Johannes Rothe Der Ritterspiegel
Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Christoph Huber und Pamela Kalning
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Johannes Rothe Der Ritterspiegel
Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Christoph Huber und Pamela Kalning
Walter de Gruyter
Johannes Rothe Der Ritterspiegel
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Johannes Rothe Der Ritterspiegel Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Christoph Huber und Pamela Kalning
Walter de Gruyter · Berlin · New York
Gedruckt mit Unterstützung der deutschen Forschungsgemeinschaft.
앝 Gedruckt auf säurefreiem Papier, 앪 das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-11-020819-1 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. 쑔 Copyright 2009 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Laufen Satz: Thomas Hilarius Meyer und Susanne Borgards Druck und buchbinderische Verarbeitung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen
Vorwort Die vorliegende Ausgabe wurde durch ein von der DFG gefiirdertes Projekt (2006 -2008) ermoglichl, hal aber eine Hingere Vorgeschichle. Tiibinger Lehrveranstaltungen, vor allem ein Hauptseminar gemeinsam mit Siinke Lorenz im SS 1998 und die Arbeit zahlreieher Hilfskrlifte sind mit eingel1ossen. Flir die Einriehtung der Transkription der Kasseler Handsehriti in Tustep ist Paul SappIer und Annegret Fiebig zu danken. Henrike Uihnemann war von Anfang an mit im Boot. Einen deutliehen Schub in der Phase vor dem Projekt gab es dureh die Mitarbeit von Anne Auditor und Matthias KirehhotI, der mil Hilte eleklronischer Recherche einen groBen Teil der Auloritaten-Rcferenzen zu identifizieren half. Ihnen sci herzlich gedankt. Edilion und KOImnenlar wurden wiederholt vor den Richlersluhl des Tiibinger Oberseminars gebraeht und dort heftig kritisiert, mit groBem Gewinn fUr die Herausgeber. Die Ubersetzung wuchs sieh, je mehr die terminologische Verbindliehkeit von Rothes Text hervortrat, zur spannenden philologischen und interpretatorischen Aufgabe aus. Burghart Wachinger gab seinen Rat. Prieder Sch,mze leislele in einem komplellen Korreklurdurchg,mg unschatzbare Hilfc. Sandra Linden iibernahm den Absehluss des Literaturverzeichnisses. Um die Korrekluren haben sich Kalrin Ebinger und besonders Susanne Borgards, die mit dem Bliek auf verbliebene Unstilmnigkeiten die Sehlussredaktion lei tete, verdient gemacht. Thomas Hilarius Meyer betreute die Verwandlung der Tuslep-Dalei zur lesbaren Ausgabe. Allen sei herzlich gedankt. Von den Kollegen sind wir dem Rothe-Kenner Volker Honemann in vielen inhalt1iehen Punkten zu Dank verpflichtet. Wir danken aueh Jens Haustein, der uns groBziigig seine Tnmskriplion von RoUles 'GeisUicher Bruslspange' zur Verfligung stellte. Unser Dank gilt schlieBlich der Kasscler Landesbibliolhek, die einen Film der 'Rillerspiegel'-Handschrifl und Pholos flir die Abbildungen in der Edition zur Verfiigung stellte und mehrmals Einsicht in die Handsehrift gewillJrte. Man glaubt es kaum, aber die Beschatiigung mit Johannes Rothe war trotz jahrelanger Strapazen ein fessc1ndes und reizvolles, intellektuell forderndes Unlernehmen, das - wir hoffen es - verschiedenen hislorischen Disziplinen Einsiehten und Anregungen bereitstellen wird. Christoph Huber
Pamela Kalning
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1
Johannes Rothe, 'Riuerspiegel': Text und Ubersetzung Prolog
IOHANNES
19 20
Kapitel 1 SpiegelaUegorese Kapitel 2 Contemptus mundi und ethischer Appell Kapitcl 3 Sozialer Aufsticg
U
Kapitel 4 Kapitel 5 Kapitel 6 Kapitcl 7 Kapitcl g Kapitel 9 Kapitel 10 Kapitel II Kapitel12 Kapitel 13
Wappen und Heerschildordnung Geschichte des Rittertums Drei Arten von Rittern Standcssymbole: 1. Schwert 2. Ring 3. Knecht 4. Gold am Gewand 5. Buntes Kleid 6. Anrede 'Herr' 7. Handewaschen
C
R V Z C E B 0 R G
54 64 74 g4 94 104 116 126 136 146
Kapitel 14 Kapitcll5 Kapitcl 16 Kapitel 17 Kapitel I g
Verteidigung im gerechten Krieg Erfordernisse vor dem Kampf Ktinstc, Tugcndcn, Gcschicklichkciten AusrUstung und Ubung Regeln fUr die Schlacht
R 0 T H E
154 166 176 Igg 199
G E
208 218 228 240 248 260 272
Kapitel 19 Glaubenskrieg Kapitel 20 Entbehrungen des ritterlichen Lebens Kapitel21 Kriegstauglichkeit Kapitel 22 In der Schlacht Kapitel 23 Langere KriegszUge Kapitel 24 Aufgaben des HeertUhrers Epilog . . . . . . . . . . . . . Johannes Rothe, 'Ritterspiegel': Kommentw:-
0 N
N
A N
T
24 34 44
275
VIII
Inhaltsverzeichnis
Literaturverzeichnis
I. Hilfsmittcl 2. Texte 2.1. Werke Johannes Rothes 2.2. Weitere Primartexte
3. Forschungsliteratur
423 423
425 425 426 437
Register . . . . . . . L Register der Eigennamen im Text 2. Register der Namen, Orte und Sachen im Kommentar 3. Register der im Kommentar erliiuterten Wiirter 4. Register der Bibebtellen
449 449
Abbildungen
463
450 456 459
Einleitung
1. Zum AutOT OCT aus Kreuzburg (Thtiringen) stammende, in dem nahe gelegenen Eisenach wirkende Geistliche Johannes Rothe (ca. 1360-1434)1 war ein gelehrter Viclschreiber, dcm in der Literaturforschung cin Gcruch von Langweiligkeit anhaftct. Ob zu Recht, hangt ab von den Tnteressen und Fragcstellungcn, die eine Lekltire von Rothes Werken leiten. Diese Schriften sind ein NadelOhr, durch das breites mittc1alterliches Schulwissen ebenso wie Thtiringer RegionaltradiLion hindurchgegangen und in die spalere Uberlieferung eingeflossen sind. Seicn es die historiographischcn, die rcchtskundlichcn oder didaktischen Arbeilen,2 irnmer kann man rechl ungebrochen die in der historischen Lebenswc1t aktuellen Themen und Tendenzen greifen, zu denen der Verfasser engagiert Stellung bezieht. Als Literat, der fUr unterschiedliche Publikumsschichten schreibt, bleibt Rothe hartnackig diesseits der Schwelle von asthetischen Stilisierungen, die tiber das Funktionale hinausgehen, was man auch als Slarke sehen k<mn. Dabei isl die lilerarische Konstruierlheil seiner am Gangigen orientierten Wirklichkeitsentwtirfe und Lehrgebaude offensichllich. Um diese Bolschaften zu enlziiIern, isl somil der Literarhistoriker gefragt. Authentisch ist Rothe, indem er Literatur als Tagesgeschaft betreibt. Wichtige Lebensdaten: seit spatestens 1387 Priester in Eisenach; seit 1390/1395 als Sladlschreiber in Eisenach nachweisbar; 1393 als Notarius bezeugt; Kaplan des Bischofs, dann Vicar 1394 an del' Liebfrauenkirche in Eisenach; 1397 an del' Georgskirchc in Eisenach; Lehrer am Slifl SI. JV1aricn in Eisenach; bis 1407 (vicllcichl1412) Stadtschreibertatigkeit; zwischen 1418 lind 1421 scholasticus, d. h. Leiter del' Stiftsschulc 51. 1Vlaricn in Eisenach. Er sticbt am 5.5.1434 in Eisenach. Bewnders nahe kommt man dem historischen Autor in den von Sylvia \Veigelt untersuchten autographen Urkunden, vgl. \Veigelt 2000. Autographe Urkunden sind aus der Zeit von
Juni 1395 bis April 1427 bekannt. 2
Chronistik (z\vischen 1418 und 1421): 'Eisenacher Chronik', 'Thtiringische Landeschronik', 'ThUringische \Veltchronik'. Didaktische Arbeiten: 'Ratsgedichte', 'Ritterspiegel', 'Passion', 'Elisabcthlcbcn', 'Lob der Keuschheit', 'Geistliche Brustspange'. Rechtssammlung: 'Eisenacher Rechtsbuch', teilv,:eise auch enlhallen in der durch Johannes Pm-goldt fOltgeschriebenen Version, dem 'Purgoldtschen Rechtsbuch'.
2
Einleitung
2. Publikum und Datierung des 'Ritterspiegels' Das hier neu edierte Lehrgedicht 'Der Ritterspiegcl' (Titc! nach V. 4101 des Epilogs) bringt man in Zusmmnenhang mit Rothes Tatigkeit als Lehrer und spalerem Leiler der Sliflsschule Sl. Marien in Eisenach. Es isl in ersler Linie an ein Publikum adliger junger Mlinner gerichtet und weist der Schulbildung einen nicht geringen Stellenwert zu, z. B. im Artes-Abschnitt (Kap. 16). In den verarbcitctcn Qnellen wird jcdoch cin Horizont sichtbar, der tiber die Elemenlarausbildung hinausgehl. AuBerdem werden gesellschaftliche Aui~ gaben jenseits dcr Schulc anvisiert und in das Lcitbild des 'Ritters' intcgriert. Das Werk slelll so einen Dalenfundus bereil, der fUr die Erforschung miltelalterlicher Sozial- und Mentalitatsgeschichte von besonderem Interesse ist. Rothe bUndelt in einer Umbruchsphase alle wichtigen Traditionslinien, die in dem langlebigen, aueh die Schwelle zur Neuzeil tiberdauernden Slandesmodell des 'Ritters' zusammenlaufen. Ftir die Abfassung des Werkes kommt sOlmt die belegte Spanne von Rothes Tatigkeit in der Schule, also ein Zeitraum von 1404 bis 1421, in Betracht. Ein Verweis auf die 'Chronik' im Zusmmnenlumg lml der Rillerweihe Landgraf Ludwigs IV. (V. 89lf.) konnle auf das Vorliegen der 'Historia de Landgraviis', der 'Stadt-' oder schon der 'Landeschronik' anspielen, wo dieses Ereignis ebenfalls, wenn auch mil leichten Abweichungen, erzahlt wird 3 Die Entstehung des 'Ritterspiegels' rUckt so auf die Zeit nach 1414. 3. Auibau des Werkes Strukturiert werden die Inhalte des in kreuzgereimten Vierhebern verfassten Gedichts durch cin Initialen-Akrostichon, das den Autornamen bildct: [OHANNES UON CRVZCEBORG ROTHE GENANT. Der Vornmne [OHANNES isl rescrviert fur die Initialcn des Prologs mit der mahnendcn Anrede des Verfassers an die SchUler und der Formulierung seiner lehrhaften Inlention. Die verbleibenden 24 Initialen fonnen eine Kapitelzalll, die Symbolwert haben und auf einen swnmarischen Charakter des Werkes hin weisen diirfte. Das Worl UON bindel in den erslen drei Kapileill folgende Einheil zusmnmen: Der Spiegel wird allegorisch auf den Menschen mit Leib und Seele ausgelegt, der sieh in diesem Spiegelbild erkennen soli (1). Er nilmnt darin scin verganglichcs Wcsen wahr, kann abcr der Verganglichkeit durch das Sludium der Bticher und rechles Handeln begegnen (2). 1m Anschluss wird ein soziales Aufstiegsmodell tiber sieben Stufcn des Adc!s bis zum Konig an der Spilze entworfen und die Unbesllindigkeit des Gliickes deutlich gemachl. Tugendadel wird tiber den Geburlsadel geslelll (3). 3
Neumann, Einleitung. S. XV. Zu den Textentsprechungen Huber 2002.
Einleitung
3
Ocr Name CRYZCEIlORU umspannt zwei Gruppen von drei plus sieben Kapileln. Auf die bemerkenswerten Ausfiihrungen zur Wappenkunde (4) folgt diachron cine Geschichte des Rittertums. mit der das Thema 'Ritter' erslmals in den Vordergrund trill (5).' und synchron eine Aufgliederung in drei Arten von Rittern (6). Daran schlieBen in einem Block sieben ritterliche Standesprivilegien an: Schwert, Ring. Knecht. Goldtragen, buntes Kleid. Tite! 'Herr' und das Htindewaschen (7-13). 1m Folgenden widmet sich die Lehrschrift den spezifischen Aufgaben des Rillers. Unter dem Namen ROTHE werden behandelt: der Verteidigungsauftrag im Rahmen eines gerechlen Krieges (14); sieben vor dem Kampf zu regelnde Dinge (15); ritterliche Bildung in den sieben Ktinsten, sieben Tugenden und sieben 'Geschicklichkeiten' (16); AusrUstung, Ubung und Mut (17; ab hier wird ausfiihrlich auf den spatantiken Militarschriftsteller Vegetius rekurriert); Regeln fUr die Schlaeht, vor all em an die Hauptleute geriehtet (18). Unler GENANT finden sich weilere Anweisungen zur Kriegsfiihrung: zum Glaubenskrieg (19 und zum Teil 20), dem entbehrungsreichen Leben des Rillers, mil zeilkrilisch-salirischen Akzenlen (20 und 21), Anweisungen fUr die Schlacht (22) und fUr Kriegsziige (23), besondere Aufgaben des Heer11ihrers und RUeksiehlnahme auf astrologisehe Konslellalionen (24). Ein kurzer Epilog greift die Spiegel allegoric des Eingangs wieder auf. Unter diesen Hauptgesiehtspunkten wird freilieh nicht streng systematisch, sondern assoziativ, mit Vor- und RiickgritIen und gleitenden Ubergtingen, immer wieder ciner Kette von Autoritatenzitaten entlang argumentiert. So bemiihl sich der Didakliker, einem rolen Paden folgend, sein Publikum durch Variation bei der Stange zu halten.
4. Oberlieferung Rolhes Gedichl isl in nur einer rnillelalterlichen Handschrifl Uberlieferl (Kassel, Landesbibliothek und Murhardsehe Bibliothek, 4° Ms. poet. et roman. 8), die aueh den einzigen Uberlieferlen Texlzeugen des 'Eisenacher ReehLsbuchs" sowie einen kurzen Text tiber Handwerke 6 und ihren historischen Ursprung und einen kleinen Aussehnitt aus oem 'Frankenspiegel'7 enthaIt. 4
5 6 7
]vlit dem Begriff 'Ritter' bcginnt das 5. Kapitcl (Rillers orden del' isl gUll, V. 725), sodass der Begriff auch optisch durch die Position am Seitenanfang und die Tnitiale hervorgehobcn ist. Zum 'Eisenacher Rechtsbuch' vgl. Honemann in 2HRG I (2008), Sp. 1310-1313. Abgedmckt bei Crecelius. Sp. 273f.. 303f.; Roncli. S. 245-251. 'Frankenspiegel' III, 8. Das Textstlick behandelt die Frage. was mit einem erblichen Lchen geschieht, wenn der Lchcnsnchmer stirbt und nur Vi'cibliche Nachkommen hinterHisst: Der Anspruch bleibt erhaHen und erbt auf ktinfLige mfulllliche Nachkommen \veiter.
4
Einleitung
Ocr Text des 'Ritterspiegels' zeigt sieh dureh Erganzungen und Korrekturen sorgflilLig rerngierL Wilhelm Grimm ferLigte 1806/1807 von 'Rillerspiegel' eine detailgetreue Absehrift an (Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin - PrcuBischer KulLurbesitz, Ms, germ, qu, 905)," Beschreibung der Handschrift Kassel, LMB, 4° Ms, poet. et roman, 8: Papicr - 159 Bll. - Einband: 21 x 14,5 em; Blatter: 20,7 x 15,3 em - Thiiringen (Eisenach?) - I. Viertel 15. Jh. Lagen: (III_5)l" + 8 V SO + VIn + (V_l)"J! + 4 VI!49 + (VI-3)!ss. Modernc Blattzahlung: 1*; 1-158. Wassersehadcn. Ocr Buehbloek bestcht aus zwei Teilen: I.: BII. 1''-80' ('Ocr Rittcrspicgcl'). Lagcnzahlung: ii-viii. Wz.: Ochscnkopf mit Stauge, nichl nachweisbar. Papierschaden Bll. 76, 77, 80. Schrillraum 14-14,5 x 8,5-9 em, 25-28 Zcilen. Ocr Text des 'Ritterspicgcls' ist in eincr sehr gut lesbaren Bastarda geschrieben, die Einrichtung ist sorgfllitig. Der Tcxt bcginnt auf Bl. Fund cndet Bl. 80' untcn, dcn Text bcsehlicBen dic Worle Dca gratias. Jede Zeile enlhlill in der Regel genau einen Verso Je vier durch Kreuzreim gebundene Verse sind zu 'Slrophen' zusammengefassL Die Stropheneingange sind zum Zeilenbeginn mit einem Punkt versehen, der ersle Buchslabe jedes Verses isl mbrizierl, der zweite und vierte Vers eingeriiekt. Initialen gliedern den Text. Am Textbcginn findet sieh cine sieben Zeilen umfassende schwarze Initiale J, die lnit roten Schnlirkeln verziert ist (s. Abb. 1). Zweizeilige Initia1cn sind BI. 1'-2' zu Beginn jeder zweiten Strophe angebracht, 24 weitere Tnitialen jeweils zu Beginn einer Seite machen die Kapiteleinteilungen deutlich. Wohl aus Platzgmnden enden zwei der Kapitel mit nur einem Paarrcim (Kap.9, V. 1581f. und Kap. 10, V. 1763f. hier sind zwei Verse zusmnmen in eine Zeile eingelragen, S. Abb. 3). Aus dcm glcichcn Grund schcincn cinigc Kapitc1 durch Strophcn vcrlangcrt zu sein (z. B. das kriegstechnische Kapitel 17 durch ein zweislrophiges Augustinus-Zitat, V. 2921-2928, das unspezifiseh zum edlen Tun auffordert).' 8
Darin \vird die 'Ritterspiegel' -Handschrift folgendermaBen beschrieben: "Das Original dicscs JVls. bcfindcl sich auf der Bibliolhck zu Cassel. Es isl ein Quarl formal, auf Papier, von einer ziemlich sichern Hand, vi'ahrscheinlich irn 15. Jh. geschrieben.
ohnc wcitcrc Elcganz, nur die Anfangsbuchstabcn ciner jcdcn Zeile sind mit einem rothen Punet verziert. Es enthalt 80 Blatter::: 160 Seiten. Seitenzahlen fehlen, Signatmen sind da, indem das Ganze in Lagen von 10 BHittern abgetheilt ist, deren sich 8 finden. Papierzeichen ist del' bekannte Oehsenkopf. Alle 6 bis 8 Seiten ist ein Abschnitt, den ein gr{jj3erer Buchstabe bczeichnet, endlich ist das Ganze in vierzeiligen Strophen abgetheilt. dureh einen Punet der sich vor jeder 4. Zeile befindet; nur V. 1761 macht cine Ausnahme u[nd] bildet cine Strophe von 5 Zeilcn in dem Original, allein er isl offenbar zugeselzl, denn er reiml niehl, u[nel] isl aueh Hinger als elie Ubrigen ... ';. Lit.: Berliner Dienstkat.:uoge Bd. 10, 2; Degering Bd. 2, 1926, S. 154.
5
Einleitung
II.: BI1. 81'-158' (,Eisenaeher Reehtsbueh' und weitere Texte). Lagenzahlung: 2-5. Wz.: Ochsenkopf mil Blume, Piccard, XII 141 (1411-1414); Gloeke, Briquet, Nr. 3976 (1400--1404); Kreis, Briquet, Nr. 3116 (1398). Sehriflraum: 16-17,5 x 11-12 em; zweispaltig, liniierl; 29-33 Zeilen. Bastarda des 15. Jh.s von drei versehiedenen Handen: A: BII. 81'-90'b; B: BI. 93"; C: BII. 93"-152". BII. 119" und 153 m154" Zusatze neueren Datums. Der Text ist in Absclmitte unterteilt, Abschnittsanfange sind mit zwcizciligen roten Initialen markiert. An den Scilenrandem befinden sich Kapilelziihlungen in arabischen und romischen Ziffern. Einband: Ledersehnitteinband, Mitte 15 . .Th., dunkelbraunes Kalbsleder iiber drei Doppelbiinden. Ansalze fUr LangriemenschlieBen. Vorderdeckel und Riickendeekel je 5 Buckel (linker unterer Buckel am Riiekendeckel fehlL). Vorderdeckel: Rahmen mil Kreispunzen. 1m Millelfeld ein S-fOrmig geschwungenes B1attgebilde, Rippen geschnitten, Untergrund mit Perlpunzen. Riickendeckel: Einleilung und Rahmen wie Vorderdecke1. 1m Millelfeld groBes Vierblatt. Darubergelegt ein Diagonalkreuz. Untergrund sehralliert. 1m Einband Pergamentbllitter einer lateinisehen liturgisehen Handsehrift des 13. Ih.s als Makulalur verbunden. Herkunft: Die Provenienz der Handsehrift ist nicht sieher. Sie befindet sieh mindestens seit dem 18. Jahrhundert in Kassel und diirtic mit weiteren Handschriflen Thiiringer (Eisenacher?) Herkunfl in die BiblioUlek gelangl sein, evenluell gemeinsam mil der Handschrifl 2° Ms. poel. el roman. 5 (Lucan, Pharsalia), die sich im Besilz des Landgrafen Hermarurs I. von Thiiringen (gesl. 1217) befand und run 1632 aus der Kloslerbiblioiliek Fulda naeh Kassel gelangte. Auf B1. 1*' unserer Handsehrilt Lindet sieh ein unvollsllindiger Besitzvermerk ISle liber... , die reehle obere Eeke des Blatles ist ausgerissen. Der Besitzvermerk lihnelt vage dem in der Kasseler Handsehrift MuLB, 4° Ms. Hass.3, welche u. a. Rothes 'Elisabethleben' enthalt. Dieser Text iilmelt dem 'Ri tterspiegcl' aueh in Schrift und Ausstattung W Der Besitzvermerk ist dOft vollstandig und verweist auf die Kartause Eisenach.
()
Uihnemann (2002) envagt bei diesen knapp zusammenfassenden Verspaaren FUllung der Seite durch Schreiberzllsatz (S. 187), gegen Bech 1861, S. 54. Die FiUlstrophen m6chte man eher dem Autor zuschreiben, der dann bereits flir das Seitenlayout verant\vOltlich ware. Rechnet man bei der Gesamtverszahl die 4 Paarreimverse ab, er-
reicht man eine durch 24 teilbare Zahl (4104
~
24 x 17l; 17l
~
9 x 19; die Zahll9
steckt auch in den Prologversen: 76 :::: 4 x 19). 10 Dazu Huber I Kahling I Liihnemann 2006. Vgl. Schuberl (Hg.), Elisabelhleben, Einleitlmg. Abb. und Komment.:'1l" im Kat.:'1log 2006.
6
Einleitung
Inhalt: 1'-80' Der 'Rillerspiegel' 81'"-149'" 'Eisenaeher Rechtsbuch' - 81 "-90'b Inhallsverzeichnis des 'Eisenacher Rechlsbuches', - 91-92 leer. - 93 m Schluss eines lateinischen Rechtstextes. - 93"'-149" Text 'Eisenacher Rechtsbuch'. Dazwischcn - 109" leer; - 119" neuzeitliche Abschrift des Textes von BI. I 19'b. 149"" 'Frankenspiegel' III, 8. 150"'-152'" Text tiber die Handwerke. 152"'-152' leer. 153"'-154" neuzeitliche Ausztige aus dem 'Eisenacher Rechtsbuch'. 155'-158 leer. Lileralur: Rondi, Eisenacher Rechlsbuch, Einleilung S. IX-XI; Hilberg, in: Kahlfuss 4.2, 1993, S. 48-49; Huber / Kalning / Uihnemann, in: I'asbender 2006, S. 102-103. Zum Einband: Sehmidt-Kiinsemiiller, Nr. 127, S. 22 und 144 (mil Abbildungen von Yorder- und Rtickendeckel).
5. Lautstand lind Schrift im 'Ritterspiegel' Ocr thtiringisehe Lautstand im 'Ritterspiegel' muss in seiner graphischen Prasenlalion wallrgenommen werden. Die tiberlieferle Graphie kann Regelungen auf der Autor- und/oder der Schreiberebene wiedergeben. Haufig lreten verschiedene Schreibungen nebeneinander auf, und es isl nichl durchweg klar, welcher Lautstand der Graphie entspricht. Um diatopische bzw. diachrone Zusanunenhange anzuzeigen, wird mit der Abkiirzung mhd. auf die mittelhochdeutsche Normalform verwiesen. Die folgenden Hinweise konnen eine umfassende phonologiseh-graphematische Untersuehung des Datenbest,mdes nicht ersetzen. 1m Vokalismus der Hauptsilben tlndet sieh Brechung (,mitteldeutsche Senkung', in Yerbindung mil Dehnung)l1 bei mdh. i/f> e/e (mhd. wider> wedir mit Dehnung 143; mhd. kite! > ketile 944; mhd. wirte > werte 286; mhd. schriben> geschrebin 107; mhd. schiere > scher 199, hier Reim auf mer 197) und mhd. u > 0, auch mit Dehnung (mhd. tugent!ich > togintlich 144. Mhd. ala ist haufig zu 0/8 gerundet (mhd. warum > worum 17; mhd. wagen > wogin 35; mhd. naeh > nocl1 400; mhd. wappen > woppin 633; mhd. wan> won 1975, Reim auf dar 1'011; aber ungerundet z. B. getan 8; damach 104: mild. wan> wan 1509). 11 Vgl. Paul 2007, § E 34, 3.2.3.
Einleitung
7
Mhd. 0 kann zu u gehoben sein (mhd. ojlenbar> uffinbar 157)." Die aus dem Primar- und Sekundarum1aut von vorahd. a/Ii entslandenen mhd. Grapheme e, ii, {{' erseheinen als e (helse 35; Hende 165; wengelin 161; were 12). Die Umlaulkennzeiehnung kann rewen bei 6/(£ (hobischeit 44; moehtistu 192; bosir 34) und hei iiliu (huljle 26; mhd. iueh > ueh 23; mhd. briuten > bruthin 3016; luthe 1585),'-' Die md. hzw. nhd. Monophthongierung ist durehgefUhrt: 14 ie > f (zu mhd. dienst: dinstis 54; mhd. spiegel> spigi/ 171; mhd. tiefer> tiffir 2609; teils unler Beihehaltung der hislorischen Schreibung beriete 11; li~fJe 13, sieeh 132,1938); uo > a (gud 19, swur9, 3352; mutir 186). Mhd iie > iu erscheint unumge1aulet als u (irhube 19; tuchir 202;jilrer 1901). Der Diphthong ou ist erhalten (raubin 36, koujjin 413, gioubin 2744. houffin 2962; ougin 4105); wnge1autet erscheint er a1s oy (gegoyme 238, troyme 240; boyme 666; die Form zcoym 2053 ist Nom. Sg .• entsprechend mhd. zoum). Tm gesamtcn Mitteldeutsehen hat sieh die Dehnung von offenen Tonsilben hereils im 13. Jahrhunderl durchgeselzl/' was die Zah1 der L,mgvoka1e vermehr!. Die Lange wird nieht bezeichnet bei d (jar 58; war 60), e (fiehit 29; lerit 117; mer 197), f (dinen 42; lieht 96 zu mhd. !flUe; spigil 153; bei Monophthongicrung oft mit historiseher Sehreibung liebir 30 usw.). 0 (groj3e 38; floch 57; Ion 228; bose 227 [Adverb]; zu mhd. wagen. mil Rundung wogin 35), a (gebur 11; brudir 57). Mitunter wird e als Dehnungszeichen verwendet, so beim Langvokal a (mhd. hat> hued 213. 1925, darauf reimend mhd. Hit> iLied 1927; gebuer 509,3284, darauf reimend nathuer 511; aber: gebur 11; suer 588; huezrad 674; duez 3379) und entspreehend bei monophlhongierlem mhd. uo (muez 93. 136; ruezlar 2801); das G1eiche beim fehlenden Umlaut von mhd. iu (nuenzcendin 877; fuer 1309). Aueh der Langvokal e kann dureh ein Dehnungs-e markiert sein (heer 745 u. 0. [insgesamt 15mal]; weer 747 u. ii. linsgesamt 4mal. stets reimend auf heer(e)]; meer 940; neere 3531 [nhd. 'nlihren'J). Die einzigen Hille eines Dehnungs-e bei rJ sind die Formen hoe 115 und hoestin 1655. Hier kiinnen mehrsi1bige Wortformen wie hoer 241 und iwen 257 einwirken. Zum Graphem .1' lasst sieh zusanunenfassen: Es steht fUr kurzes i (myt 60; ynne 142; zeynnen 552; neben: mit 36; darinne 82; himmei 1129). langes f (sy 53 [mhd. sf]; bly 78; ysin 1595; rytin 3506. anerytin 1120; neben ritin 2248; myles 801 11a!. miles]; naeh Monophthongierung in: hy 4; nymandin 27; tyrin 207). im Diphthong ey. wenn ein Nasal ro1gl (keyn 131; steyne 1142; begeyne 1008), und in wenigen weiteren Fallen (gecleyde 205 neben gecleidit 209; keyser 449 neben keiser 265). 12 13 14 15
Vgl. Vgl. Vgl. Vgl.
Paul Paul Paul Paul
2007. 2007, 2007, 2007,
SE §E §E §E
34, 34, 34, 34,
3.2.4. 3.2.6. 3.2.1. 3.2.3., § L 20.
8
Einleitung
Das unbetonte mhd. e erscheint in Endsilben meist als i (herrin 41; sprechin 94; aber: defJem 93; dinel1 42 und s;l1el1 386), daneben auch als u (jogul11 26; Reim: ul1logunt 28; aber: loginl 343, 399; logil1tlichin 144; glasus 169). Es erscheinl im Prillix ge- als e (gesIeehle 2; gepr;sil liS usw.). im PrMix zer- als zcu- (zcubrechin 96; zcubrochin 174; zcuJ'lre 1617; zcuslochin 3238), im Prtifix ver- als vor- (vorterbin 14; vordinele 62). Synkope und Apokope sind, wie im Mitteldeutschen iiblich/ 6 htiufig nicht durchgeftihrt (wole 91, 166; aber dort in textlicher Nachbarschaft wol 86, 164). Synkope erscheinl im Prtifix von gl1ade 73 und in der Endung (gebrieht 23, reimend auf nicht 21). Beim KonsonanLismus IilllL auf: 1m Worl- bzw. Silbenanlaul erscheinen d als t (vorlerbin 136; getichle 2648; aber: bedeckin 1124); gals k (kegin 948; aber: gego.f3il1 78; wedirglanez 140). Germanisch I bleibt teils unverschoben (dil 66; kort 136, Reim: wort 134). Auslautverhartung wird graphisch nicht immer angezcigt (p: inrarb 7; schreib 66; abcr: wip 552; lip 165; I: land 61, Reim: hand 63; redeliehkeid 139; aber: wart 191; kinl 436; k: gnug 45, Reim: klug 47; weg 113). Alter stimmloser Plosiv im Auslaut kann ebenfalls slimmhafl erscheinen (mhd. guol > gud 19; mhd. gal> god 11; mhd. stel> sled 1814, daneben Mufiger slel 256, 391; mhd. mal> mad 3879; bci k: mhd. sac> sag 212; iiJ/g 556; dang 1937). 1m Inlaut tallt der gutturale Spirant nach r aus (jorte 2868 linsgesamt 6 Faile]; neben lorchte 335 [insgesamt 13 Faile]); I rallt zwischen Konsonaten aus: wertlich 237 (mhd. werltUeh). Der Dental t wird zwischen Vokalen / Sonoren stimmhaft (gudin 129; dannede 135; weldil 83). 1m Anlaut und zwischen Vokalen schreibl die H,mdschrift Ih, aspirierl und/oder sLilIDnhaft? (thure 755; thun 3302; luthin 48, aber Reim: trutin 46; muthe III; bethe 302 flir mhd. bitte; gOlhe 538). Die mhd. Spiranten s und z werden nicht mehr unterschieden und offensichtlich ohne Differenzierung eines Lautwerts durch Rund-s, Schaft-I (in Buchstabenverhindungen),.f3 oder auch als ss (ussin 209) oder s.f3 (.\pis.f3e 3313, entspr. mhd. spieze) wiedergegeben. Die Zeichen s und z stehen nebeneinander heim Genitiv-Morphem: Gro.f3irs adilz (193). Die dentale Atlrikate wird zc oder cz geschrieben (im Wortanlaut: zcornete 5; zcuchlin 39; zeuehl 44; im Silbenanlaul: irzcagin 33; im Auslaul: wedirgIal1cz 140; haIezworm 1613; vor lid: arezl 1338; mhd. arzatien > arczdigin 2201), selten erscheinl sie als Iz (sanw;tzke;d 390; saWe 1484). 1m Bereich der Morphologic ist zu vermerken: Beim Infinitiv kann das Endungs-n feWen (Ierne 44, Reim: geme 42; gew;nne 1028, Reim: ynne 1026; geleisle 1435, Reim: geisle 1433; aber: dinen 42; spreehin 94, Reim: zcubrechin 96; besinnen 490, Reim: gewinnen 492). Der Schreiber scheint 16 Vgl. Paul 2007, § L 52-55.
Einleitung
9
die Variante mit -n vorzuziehen: V. 3905 sehreibt er zunaehst merkin und korrigierl, wohl wei! er das Reimworl sterke V. 3907 zur Kennlnis nilmnl, zu make. In V. 4060 ist swaehe aus swaehin korrigiert. Bei gin und sten sind die zweisilbigen Formen in der Handsehrifl erheblieh hlluliger als die einsilbigen: gehit (21 mal), gegenUber get (2mal); stehin (18mal) gegenUber sten/stan (2mal); lapin (16mal) gegen Ian (2mal). Die 1./3. Sg. Pras. Ind. des Modalverbs .wllen ist in der Regel sa! 141 (im Reim auf abira!1084; abe/a! 1267; kal 1848; zeal 3952; insges. 132 Falle), selten steht die Form sol (2639, 2924, 3485, 3244, Reimworl in allen Pallen wall. PUr das Personalpronomen 3. Pers. Sg. mask. (mhd. er) steht durehweg die Form her (3 u. (i.); er 251 bezeichnel das Possessivpronomen 3. Pers. PI. (mhd. ir) oder das Temporaladverb mhd. er (nhd. 'eher', 1443); ir steht fUr die 2. Pers. PI. des Personalpronomens (21, 27, 31, 33 u. (i.). Das Possessivpronomen unser kommt in r-loser Bildung vor (unsin 295; aber aueh mit r unsirn 3180). 6. Metrik Der 'Ritterspiegcl' ist in tcndcnzicll vicrhebigen kreuzgcreimten Verscn verfassl, von denen in der Einrichlung der Kasseler Handschrifl je vier zu slrophenartigen Einheiten zusammengefasst sind.17 Diese 'Strophen' entsprechen hllufig inhaltlichen und syntaktischen Einheiten, mitunter fUhren aber auch Enjambements Uber die Vers- und Strophengrenzen hinweg. Rothes Metrik wurde am ausftihrliehsten von Neumann 1934 (Lob der Keuschheil, Unlersuchungen), und zwar nach dem Heuslerschen laklierenden Prinzip, behandeltY Dies soli im Folgenden kurz referiert werden. Neumann slelll fest, dass der Versbau von der Norm des klassischen Epenverses abweicht. Als Kadenzen setzt er dennoeh mannlieh volle (mv), klingende (k), daneben aber aueh gegen die klassische Norm weiblich volle (wv) an. Dabei ist mit der bereits vollzogenen Dehnung in otIener Tonsilbe zu rcchnen. Dies flihrt zu Analysen wie folgt: 289
Sfnt wir j!lng, wir werdin tilt, Ab wir tindirs !tinge zebln. Sint wir s!,birlieh, wir werdin obilgesta!t, Di hist w;r dueh begebin.
17 Ausnahme zwei Rcimpaare: am Ende von Kap. 9, v. IS8lf., am Ende von Kap. 10, V. 1763f. Vgl. oben Anm. 9. 18 Hans Neumann: Das Lob def Keuschheit, ein Lchrgcdicht von Johannes Rothe. Literarhistorische unci sprachgeschichtliche Untersuchungen, leipzig 1934 (Palaestra, 191), S. 120-133.
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Einleitung
Aufgrund der eindeutig klingend zu lesenden Kadenz von V. 292 ist aueh V. 290 klingend zu skandieren. Anderseils klinnlen die folgenden Verse wciblieh oder aueh klingend gelesen werden:
221
Job .'prichl, daz ,synes m,snschin febin Job sprfcht, daz eynes mel/sehin h'bin
223
in eyne rittirschujt gegebin in eyne rfttirschUfl geg,sbln
Filr folgende Slrophe wilrden sieh aufgrund der Silbenf'illle eher weiblieh volle Kadenzen empfchlen:
361
Und dez klinde ez n'-chl beg(nne Dtiz ez sich sBbir m6chle ges,'hin, Were n'-cht daz bl{ vorb6rgin darfnne Dit sci/ man an dez geistis 6ugin vorstihin.
Ocr Strophe beseheinigt Neumann in dieser Lesart einen daktylisehen Charakter. 19 Filr die Filllung des Versinneren regiSlrierl er vor allem Flexibilillil, wobei spraehliehe Lange oder Kiirze, Neben- oder Sehwaehtonigkeit nieht ins Gewieht fallen (bes. S. 122). So operiert er aueh nieht mit Elision oder Synalophe, die mr cine sinngemaBe Lektilre nieht zwingend seien (S. 124, 127). All diese Beobaehtungen bestatigen, dass der Versueh, sieh an Heuslers System auszuriehten, nieht mehr geniigen kann. Anderscits kommt man an dem Eindruek nieht vorbei, dass Rothe seine Versdiehtung metriseh bewusst stilisiert und aueh miindlieh vorgetragen hat, den 'Ritterspiegel' wohl im Sehulunterrieht. Ocr Vierheber fungiert hier als cine Art OrientierungsgroBe, die aber nieht konsequent eingehalten wird. Wie Rothe selbst sein Gedieht horen wollte, ist auf dem Stand unserer Kenntnisse weitgehend unklar. Fortsehritte waren nur von grundsatzliehen Untersuchungen zu erwarten, we1che die spatmitlclalterliehe Metrik diaehron breit aufarbeiten.") Die vorliegende Edition ni1IDUt rnetriseh bedingte Eingriffe nieht VOL 19 Vgl. Neumann, Untersllchungen, S. 122. Wollte man die Verse klingend rnetrisieren.
wi-iren in V. 362 drcisilbigcr Auftakt, in V. 363 vicrsilbigcr Auftakt und in V. 364 gar flinfsilbiger Auftakt anzusetzen. 20 Neumann macht dazll einen Anlan±". 1m Rlickgriff auf die alteren Rcimwcrkc Rothcs, VOl' aHem das (von ihm in die Frlihzeit, d. h. die 80er Jahre des 14. Jh.s gesetzte) 'Lob der KCllschhcit' , gcht er von der Notwcndigkeit vi'eiblichcr Kadenzen allS lmd beobachtet im 'Ritterspiegel' eine Verschiebwlg zum klingenden Versschluss, der in spatcren \Verkcn wieder zllliicktrcte (vgL bcs. S. 132f.). FUr dcn bcabsichtigtcn \Vcrkvergleich fallen jedoch, abgesehen von den methcx:lischen Unsicherheiten, als Storfaktoren allch die QllalitL-itslmterschiede der jev,reiligen Uberlieferungen ins Gev,richt.
Einleitung
II
7. Zu den alteren Ausgaben Die erste Ausgabe des 'Ritterspiegcls' von Karl Bartsch in den 'Mittcldeutschen Gedichlen' (1860) folgle eng der Handschrill. Barlsch Hisle erlir-Ktirzel sowie Nasalslriehe auf und normalisierle vi" und}li. An einigen Stellen glich er unsaubere Reime aus (V. 798, 984, 1008 u.o.) und konjizierte im Text oder machte Konjekturvorschlage in PuBnoten bzw. Schlussnoten (Y. 3007, 3314). In einigen Punkten aber griff er doch systematiseh in die Orlhographie der Handsehrifl ein: Anlaulendes zc gab er als z wieder, Ih als I, y als i, undft und z entsprechend dcm normalisicrten Mittclhochdeutschen als z oder s. Das Worl herre schrieb er syslemalisch mil nur einem r (Y.41 u. 0.). Mitunter hielt er metrisch bedingte Eingriffe fUr notig (V. 9, 705. 1054. 1315, 2418. 2558). Fedor Beeh identifizierte wenig spater anhand des Akroslichons Johannes Rolhe als Verfasser. 21 In seinem umf'assenden Forschungsbeitrag" setzte er sieh mit einzelnen Textstellen kritiseh auseinander und schlug Konjekturen vor. Hans Neumann schloss sich in der ATB-Ausgabe (1935) den vorlicgenden Besserungsvorschlagen zum Teil an, ging aber mil eigenen EingritIen noeh weit tiber seine Yorganger hinaus.2.1 Er machte seine Konjekturen im Text der Ausgabe gar nichl, in einem Anhang von ,,Lesarlen und Anmerkungen" (S. IUtI.) nur unvollstandig kenntlich. Anlumd der autographen Urkunden schien es ihm "durchaus moglich, die Werke Rothes in die Schreibweise des Verfassers umzuselzen" (S. XVIIIf.). "Pormvarianlen, die bei Rolhe vorkommen, aber der Handsehrift fehlen, sind gc1egentlieh eingesetzt worden, urn dem Texlbild die Bunlheil des Originals zu geben" (S. XIX). Die Anderungcn betrcffcn Falle, wo nach Neumanns Meinung "der Schreiber im Orthographischen konsequenler vorgegangen isl als der Dichler zu lun ptlegle" (ebd.). Neumanns Anderungen fUhrten so zu einem stark verfalschten Bild von Graphie und Laulsland der Handsehrifl. Besonders gravierend wirkle sieh aus, dass N eum,mn hauiig einsilbige Verb±<mnen verwendele, wo die Handschrift diese nicht zeigt (z. B. vorgell statt vorgehin V. 240). Die adverbialen KomparaLive, die in der Handschrifl als er ['eher'J und mer erscheinen, anderte Neumann systcmatisch zu e und me (z. B. Y. 122, 186). 1m Weglassen und Zuftigen kleiner Worler kOlmnl seine Passung z. T. einer freien U mdichtung gleich. \Venn Neumann den 'Ritterspiegel' als "das gepflegteste" von Rothes Reimwerken bczeichnet (Einlcitlmg, S. V), kann das hauptsachlich an der guten Uberliefcnmg dieses Textes liegen. 21 Bcch, Fedor: Uber JOhllilllCS Rothe, in: Gcrmania 6 (1861), S. 52. 22 Germania 5 (1860). S.226-247: 6 (1861). S.45-80 wld 257-287: 7 (1862). S. 354-367: 9 (1864), S. 172-179. 23 Rezension: Niewohner, Heinrich: Johannes Rothe: Der RiUerspiegel, in: ZfdA 75 (1938), S. 165-167.
12
Einleitung
8. Einrichtung dieser Ausgabe Die vorliegende Ausgabe gibt die strophisehe Einrichtung der Handsehrift wieder. Sie hillt sieh an den genauen Wortlaut, soweit dieser - und sei es mit gewissen Harten - sinnvolliesbar erscheinl. In den wenigen Hillen, in denen konjiziert wird, ist dies durch Kursivdruck angezeigt, im Lesartenapparat verzeiehnet und im KOlmnentar erlautert. Anderungen aus metrisehen Grlinden werden nicht vorgenommen. Rothes Metrik bedarf einer eigenen Untersuehung, die aueh den literarhislorischen Konlexl einbeziehl. So wird aueh auf Ausg1cich bci den Reimen verzichtet; die Handsehriti spannt hier haufig versehiedene Sehriftbilder wr Bezeiehnung des gleiehen Reimklangs wsammen (son 6 : getan 8; feldin 669 : gemelden 671; fromme 429 [Adjektivform]: kommen 431 [der Reim erfordert Infinitiv ohne -nD. Die Schreibung der H,mdschrifl wird beibehallen. Sehafl,f und Rund-s werden als s wiedergegeben. Reguliert wird die Verteilung von u und v und von i und j (u, i bei Vokalen - v, j bei Konsonanten). Einmal findet sieh w in vokaliseher SteHung (gebw V. 3736); hier haben wir zu uu normalisiert. Die Zeiehen y und .y werden dureh einfaehes y wiedergegeben. Die Kiirzel fUr er/ir und die N asalstriehe werden aufgclost24 Die Gelrennl- und Zusllimnensehreibung folgl in der Regel gleichfalls der H,mdschrift. Vom iibliehen Gebraueh der H,mdschriii abweichende Trennungen, wie z. B. dar von V. 115 und her liZ V. 2384 werden durch ZUSllillmenschreibung erselzt und im Apparal vermerkl. GelrennLschreibung wird stiHschweigend aufgehoben nach den Pralixen zeu- und ezu-, uz- und nach der Negalionsparlikel en-. Liegl ein Iniiniliv util zeu, zee vor, wird die Zusammenschreibung der Handsehrift in Getrenntsehreibung geandert. ProkliLisch oder enklilisch angehaugle kleine W(;rler werden wm besseren Texlversttindnis abgetrennt und entsprcehend markiert (garbunt > gar bunt 1904; undiren > IIndir en 3931 ['unler ihnen' D. Der Texl wird enlspreehend den Vorgaben des Akroslichons in 24 Kapilel eingeteilt, die in der Ubersetzung und im Kommentar eingetragen sind. Tnitialen werden in groLlerer Schriflarl und fell geseLzl, soweit sie wm Akrostichon gehoren. Scitenweehsel in der Handschrift wird reehts neben dem Texl in eckigen Klllinmern ,mgezeigl. Der Edition sind zwei Apparate beigegeben. Apparat 1 gibt Lesarten an. Beriicksichligl werden zunachsl aile Slellen, in denen unser Texl von der Kasseler Handsehriii (K) abweieht. AufgenOlmnen werden llier auBerdem Lesarten der beiden illteren Editionen (Bartsch: Ba; Neumarm: Ne) sowie die von l'edor Beeh vorgeschlagenen Anderungen. Nichl beriieksiehligl werden 24 V.840 \vurde Irolz des tiberj3 fehlenden er-Ktirzels aufge16st in keif3errechtin, vgl. Schneider 1999, S. 88.
Einleitung
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rein orthographisehe bzw. den Lautstand betreffende Anderungen sowie metrisch bedingte Pormvarianten der modernen Herausgeber. Keine Aufnahme in den Apparat finden aueh rcine Lesefehler (etwa Bartsch V. 13. 3217, 3851). Apparat 2 versehafft dem Leser einen ersten Uherbliek iiher die verwendeten (Iateinisehen) Quellen. Er belegt die expliziten Zitate, gibt Bibelstellen an und weist auf sprichwortliehe Wendungen hin. Wegen des Umfangs der von Rothe verwendeten Passagen blcibt es im Apparat bcim Verwcis, der gemlUe Wortlaul ±indel sich im KOlmnenlar, wo den laleinischen Slellen jeweils eine neuhochdeutsehe Ubersetzung beigegeben is!. Soweit sieh Rothes Quellenangaben nichl eindeulig veri±izieren lieLkn, wurden auch 'ahnliehe' Formulierungen aufgenommen. Man muss sich bewusst hatten, dass Rothes mittelalterliehe Vorlagen nieht den modernen Ausgaben entspreehen und oft auf Umwegen sekundar vermittclt wurden. In den Fallen, in denen uns fUr eine Autoritatennennung der Nachweis trotz intensiver Suche nichl gehmg, wird auch dies im Apparal 2 vermerkl. Nichl im Apparal erscheinen Parallelstellen aus der Chronistik: Bei historischen Ereignissen ist meisl unklar, welche Quelle Rolhe flir den 'Rillerspiegel' verwendel hal; zum Teil griff er auf das eigene Chronikwerk zuruck. Schwierig sind die Naehweise und Uberselzungen bei Bibelstellen. Die lateinisehe Bibel wurde naeh der 'Sixto-Clcmentina' zitiert; die Ubersetzungen wurden entweder der 'ZUrcher Bibe\' entnommen oder bieten einen nur maBvoll neuhochdeutseh normalisierten Luthertext von 1912. Besonders bei den hinter das Lateinische zuruckgrcifenden modem en Bibeliibersetzungen ±inden sich leils slarke Diskrepanzen zur Rolhes Verdeulschung. Da es unmoglieh ist, in die Bibelphilologie und in eine Kritik von Rothes Vorlagen einzusteigen, muG EinzeInes unausgeglichen bleiben. Das gill auch vereinzeIt fiir die Verwendung anderer Vorlagen und Ubersetzungen, die sieh von Rothes Formulierungen entfernen. Bei Vegetius etwa geniigt fUr unsere Zwecke die altere Ausgabe von Lang (1869 u. 0.; vgl. neuerdings die beiden Ausgaben von Onnerfors und Reeves mit einer Forschungskontroverse wr Textherstellung), zu der die etwas freie Dbersetzung von Pritz Wille leicht zu greifen is!. In stiirenden Fallen wurden eigene Ubersetzungen eingebracht und durch die Sigle CH oder den Verweis "nach ... " gekennzeichnel. Nicht anderweilig belegte Uberselzungen slanunen yom Herausgeber. Die Zeichensetzung der Ausgabe lehnt sich weitgehend an neuhochdeulsehe Konvenlionen an, urn dem Leser die synlaktische Gliederung problemlos zu vermittcln. Hauptsatze enden mit einem Punkt, nur selten, bei enger gedanklieher Verbindung der Satze, mit Strichpunkt. Nebensatze werden durch Kommata abgetrennt, auch wo sic die Funktion cines notwendigen Satzglieds erfiillen. Vor 'und' steht Komma bei Subjektwechsel. Bei Aufzahlungen stehen Kommata, bei eingeschobencn unabhangigcn Satztcilcn
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Einleitung
Parenthesestriehe. Metasprachliche Ausdriicke werden rungszeiehen geselzl (z. B. V. 30).
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einfache Anfiih-
9. Zur Ubersetzung des 'Ritterspiegels' Die Syntax, aus der sich Rothes Gedankenentwicklung und Assoziationstechnik unrnittelbar ablesen lassen, winl nach Mtiglichkeit im Neuhochdeutschen beibehalten und nicht gegHittet. So iibersetzen wir etwa die nachklappenden elliptisehen Satzglieder in den Versen 3297-3300: "Thr Lager ist ein rauher Acker, sehr maBig ihre Speise und ihr Trank, in der Naeht gewappnet und wach, Wasser und Brot, Fleisch selten." Syntaktische Inkongruenzen bleiben weilgehend aueh neuhoehdeulseh slehen, aueh wenn sieh milunler grammatische Harten ergeben (vgl. V. 2637-40). Fiillworler wie ouch (Y. 1271, 1273 , 1285, 1288) oder nu (V. 1255) werden in der Regel iibersetzt, um den stilistischen Duktus wiederzugeben; in Fallen, wo sie allzu sehwerfallig wirken, werden sie gestriehen. Die im mittclalterlichen Deutsch spezifische Semantik kleiner W orter wird beibehalten, auch wo sieh vielleiehl schon Ubergange zum nhd. Gebraueh andeulen (also wol im Sinne von 'gewiss, unbedingl', nichl relalivierend 'wohl'). Die Ubersetzung legt Wert auf die korrekte und mogliehst konsequente Wiedergabe von RoUles abslraklem Vokabular, das vielfaeh an laleinisehe Terminologie angelehnt ist. Fiir die Zitate aus der Schulliteratur ist das evident. Oft konnte erst lnit der Identifizierung der Vorlage fUr Rothes Aussagen der genaue gedankliche Ausgangspunkt gefunden werden, der freilich mit der Umsetzung ins Thiiringische oft neu akzentuiert und verlagert wurde. Rothes Wortschatz haiiet eine nieht restlos zu beseitigende Undeutliehkeit an. 'Redelichkeit' beispic1sweise steht flir lateinisch 'rationalitas / ratio', 'redelich' flir 'rationalis'." Aber die Worlgruppe lendierl auch in den elhisehen Bereich hinein und bewegt sieh auf nhd. 'Redlichkeit, redlich' zu. Tm Vergleieh mil den laleinisehen Quellen erii11nel sieh hier die M(igliehkeil, ein Corpus von Ubersetzungsgleichungen zu bilden und terminologiehistoriseh zu bearbeiten. 10. Autoritatenzitate und weitere Quellen Das AutIinden der Autoritatenzitate nahm viel Zeit und Energie in Anspruch. Die Moglichkciten der Suche in elektronisch verfligbaren klassisehen und millelallerlichen laleinisehen Texl-Corpora wurde wahrgenommen. Dieser Weg konnte bei Zusehreibung uneehter Texte am ehesten zum 25 Zu den Belegen lmd ihrer Diskussion vgL das Register zum Kommentar.
Einleitung
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Ziel ftihren (z. B. .,Augustinus" in Kapitc1 8, .,Platon" IApu1ciusJ in Kapitel 12). Selbstverstandlieh bezog Rothe seine Materialien aueh aus sekundaren handsehrilUiehen Quellen, wobei die genaue Texlgeslall der Vorlage unsicher b1cibt. Aueh mit aus dem Gedaehtnis zitiertem Allgemeingut aus dem Sehulunterricht ist zu reehnen. Die nachgewiesenen Zitierungen bestatigen aber, dass in der Regel langere sehriftliehe Passagen dem Bearbeiter zur Verfligung standen. Ein bemerkenswertes Beispiel flir den Umgang mit Quellen isl das Kapilel 20, welches sein gesmnles Zilalenmalerial (munenllieh als Autoritaten genannt werden Pericles und Vegetius) aus dem Brief 94 des Pelrus von Blois schopn, der als Aulorillil mil dem N mnen Peler Perle zweimal auftaueht. Die freie Verwendung der Quelle wird aus den Umstcllung en der Zitate, aus Klirzungen und vor allem Amplifikationen deutlieh. Vielleicht gehen noch weitere Kapitcl auf einen Sammclfundus zurUek. Grundsatzlieh liegt die Benlitzung von Exzerpten und Florilegien nahe. Hinzu kommen verdeckle Quellen. In den Kapileln 21 bis 24, die Vegelius aussehreiben, finden sieh aueh nieht kenntlieh gemaehte Zitierungen eingeslreuL. Auszlige aus den 'Soliloquia' Bonavenluras besLinunen offenbar weite Streeken von Kapitel 2, der Autor und die Sehrift werden aber nicht genannL. Grein ROlhe hier auI anonyme UberlieIerung wrliek? Verdeekl bzw. implizit ist oti auch der Rekurs auf Bibelzitate und Sprichworter. Wir sind bei unserer Arbeit oft nur zufallig auf Funde dieser Art gestoBen und sind uns bewusst, dass ein Teil des von Rothe verwendeten Quellengutes in dieser Ausgabe nieht erfasst ist. Fiktive Zusehreibungen sind angesiehts der inlensiven Arbeil des Verfassers mil Verblirglem und Vorformulierlem eher unwahrscheinlieh. Da die Abgrenzung der Zilale und das Ineinander unlerschiedlicher Quellen oft unsieher bleiben, wurde auf Anftihrungszeiehen verzichtet. In Einzelfallen beginnen die Entspreehungen, die wir geIunden haben, nieht soIor! nach der N amensnennung, manchmal ziehen sieh AnkHinge in die folgenden Gedanken hinein. So kann etwa ein Bibelzitat, gleiehsam durchsetzt mit Digressionen, in stark zerdehnter I'orm eine lang ere Passage generieren. 26 In all diesen Variationen gewinnt der Umgang des gclehrten Verfassers mit seinen Vorlagen Ulmiss und PlasLizilliL. Hal man die Referenzslelle einmal gcfunden, kann man Rothe bei der Arbeit glciehsarn liber die Schulter sehauen. Ein gewisse Originalillil und aueh Wilz sowie einen seharfen Blick auI die Realitaten auBerhalb der Sehulstube kann man ihm hier nicht abspreehen. Die Arbeit des Lehrers zeigt sieh von ihrer lebendigen Seite. Anderseits wird auf diese Weise Bildungswissen, das aueh liber unseren Einzc1text hinausrcicht, konkret fassbar. Einige Zitate hat Rothe mehrfaeh 26 Z. B. Lc 3,14, V. 1169-96.
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Einleitung
ausgebeutet. Wenn er z. B. Pseudo-Augustinus mit passenden Retouchen einmal im 'Rillerspiegel" filr junge Manner, einmal in der 'GeisUichen Bruslspange' fUr Nonnen verwertet, deckt das die Verfahren des Didaktikers auf. Texlbausteine verbinden den 'Rilterspiegel' auch mil den Chroniken und den Rechtsbiichern 27 Auch hier diirtkn noeh Funde zu macben sein. Eine breite (womoglich elektronisch auswertbare) ErschlieBung von Wissensmaterialien in gelehrter volksspraehlicher Literatur konnte die Prasenz und die Verteilung bestimmter Bildungskomplexe in konkreten historisehen Kontexten wie auch den lilerarischen Umgang mil diesen ,ms Lichl bringen. 11. Kommentar Nebcn philologischen ErUiutcrungen, die dem Verstandnis von Rothes Text dienen, und den erwahnlen Quellen enlhall der Konunenlar Sacherkllirungen und Angaben zum denkgeschichtlichen und Iiterarischen Hintergrund. Bereits die fUr Uberrasehungen sorgende Suehe nach den Zitaten machte auf Schritt und Tritt klar, dass die von Rothe vorgetragenen Materialien, historisch vielfach geslalTell und iiberschichlel, durch zahlreiche VermilUungsinslanzen hindurchgeg,mgen sind. Anlike und orienlalische Elemenle, Patristisches und Scholastisches, Rechtsgeschichtliches und Wissenselemente aus den verschiedensten gelehrlen Disziplinen wie auch miindlich Tradierles iiberlagern sieh in cinem komplexen Traditionsstrom und werden in dem Opusculum eng verl1ochten. Wir haben versucht, dies an konkreten Punkten vorzufUhren. Wo es von Interesse zu sein schien, haben wir die Angaben breit gehalten, ohne den Stoff zu erschopfen oder systematisch zu prasentieren. Leider konnte das iiber die Zeit Rothes hinaus in die fruhe {'ruhe Neuzeit transportierte Traditionsgut nieht vertolgt werden. Auch reizvolle bildungsgeographische Aspekle blieben auBerhalb unserer Reichweile. Wir hoffcn aber zu zeigen, dass die unambitionierte Schrift des umtricbigen Eisenacher VermilUers mil ihrem provinziellen Horizonl gerade fUr breil und langfristig wirksame Tendenzen, die sich in der Konzeption einer militarisehen Adelskultur zusammenfinden, ein durehaus reprasentatives Votum abzugeben vermag.
27 Huber 2002.
Einleitung
12. Sig1en 1m Apparat 1 werden folgende Siglcn verwendet: Ba Amn. Ba
Be K Ne am.
Ausgabe Bartsch 1860; Eingriffe, die Bartsch in seinen Editionstext aufnahm. Besserungsvorsehlage von Bartsch, aufgenOlmnen in den Apparat zur Ausgabc und im Anhang, cbd., S. 220--222. Sprachliche Anmerkungen von Bech 1861, S. 53-56. Handsehrift Kassel, LMB, 4° Ms. poet. et roman. 8. Ausgabe Neumann 1936. entspricht omittit, bedeutet Auslassung.
17
Johannes Rothe, 'Ritterspiegel' Text LInd Ubersetzung
20
Prolog
Ich horte, daz eyn edil man Von cyme groBin gesleehte Clagete, her moehte nieht gehan Also hy vor sines vatir knechte. 5
Her zcornctc darum gar sere, Daz eynes annen geburis son Irwarb richtum und groBe ere Umme den dinst, den her hatte getan.
9
Obil spraeh her und swur Und waz gar ungeduldig, Daz god beriete eynen gebur, Deme her ez nieht were sehuldig,
13
Und lieBe di armen ediln luthe Also j emerlichin vorterbin. Gar unglich gebe her sync buthe. Di ediln kundin nicht gud irwerbin.
17
Her fragete mich, worum daz were, Daz cyncn gcburis son daz gluckc Irhube und gebe em gud und ere Und di ediln nu walde vordrueke.
21
Ich antwerte: Worum tud ir nicht, Also uwir eldirn habin getan? Ocr togindc uch gar ser gcbricht, Und ncmit uch groik hochfart an.
25
Ab man uch gerne zcu gute und erin Hulffe in uwir bluwindin jogunt, Wollit ir uch an nymandin kerin Und steekit vol der untogunt.
29
[Ir]
[I v]
Ez tud uch sanfte, daz man uch flehit Und 'liebir juugherre' nennit. Mit sogetaneme spe1e if umme gehit, Uwirs bestin ir nicht irkennit.
1 edilman lVe. 4 sin lVe. 31 ummegehit Ne.
8 gelhon lVe.
24 groBir i'V'e.
27 So wollil Ea, Ne.
Prolog
Prolog kh harte, dass ein Adeliger aus eiuem groBen Gesehleeht darUber klagte, er kunne nicht l soviel J haben wie vordem die Knechte seines Vaters.
5
Er war sehr aufgebraeht darliber, dass der Sohu eiues armeu Bauern Reiehtum und groBe Ehre erlangt hatte dureh den Dienst, den er geleistet hatte.
9
Er schimpfte und fluchte und war sehr ungehalten, weil Gou fUr einen Bauern sorge, dem er es niGht SGhuldig sei,
13
und die armen Adligen so jfunmerlich zugrunde gehen lasse. Sehr ungereeht verteilc er seine GUter. Die Adeligen kunnten keinen Besitz erwerben.
17
Er fragte miGh, warum es so sei, dass das GlUck den Sohn cines armcn Baucrn
emporhebe und ihm Besitz und Ehre gebe und die Adeligen jetzt niederdrUcken wolle. 21
Ich antwortete: Warum verhaltet ihr eueh nieht, wie eure Eltern sieh verhalten habeno Es fehlt eueh sehr an Tugendcn, und ihr seid sehr hochmUtig.
25
Auch wenn man euch gern zu Besitz und Ehre
in eurer blUhenden Jugend verhelfen wUrde, wollt ihr euch doeh nach niemandem richten und steckt voller Untugend. 29
nIT Whit euch wohl,
wenn man euch anfleht und 'Lieber junger Herr' nenut. Mit so1cher Art von Spiel gebt ihr euch ab und erkenut nicht, was das Beste ftir euch is!.
21
22
Prolog
33
Nu werdit ir irzGogin
In rcchtir bosir bufcrie By den, di ere helse wogin Mit roubin und mit duberie. 37
Etzwanne di ediln, fromen aldin Ere kindir groBe toginde lartin. In solchin zcuchtin si wordin gehaldin, Daz sy zcemelichin gebartin.
41
Nicht wollit ir nu frommedin herrin Noeh fromen luthin dinen gerne, Oi uch hulffin zcu groBin erin. Ir wolt wediI zeueht noeh hobiseheit Ierne.
45
Wenit iI, daz man ueh gebe gnug Umme uwir fruntlichis trutin?
Werit iI wise und ouch klug, Ir dinet ouch frommedin luthin. 49
Ez duchte uch eyn groBe schande, Soldit ir mistin eynen stal Eyme herrin in eyme frommedin lande. Mit dcmud kommit man in den sal!
53
L2rJ
If meynit, daz nymant gud gnug sy Und uwirs annen dinstis wert.
Dez geburis son maclnt sieh henby, Darum werdit erne, wez her gert. 57
Synen brudir Esau fioch Jacob Und dynete eynundzewenzeig jar Und irwarb vel gutis und graBis lob Myt zcwelf sonen, daz ist war.
61
Joseph q uanl in egiptin land Und vordinete dez landis formundeschaft. Daz riehe stunt an siner hand. Solche ere had dinst und werdige craft.
65
Sehit, dit waz nu di sache, Daz ieh sehreib dit buehclin!
48 dinlel Ba, Ne. gch()rig.
54 uwir anne lVe.
65 Initiale in K, mehl zum Akrostichon
57-64 Gn 27-29; Gn 35,23-26; Gn 37,28; Gn 41,37-43.
Prolog
33
Heute werdet ihr erzagen in wahrhalt schlechter Biibcrci unter denen, die ihre Ha1se wagen mit Raub und mit Diebstahl.
37
Einst lehrten die edlen, elnenwerten A1ten ihre Kinder groBe Tugenden, Zu solehem Anstand wurden sic crzogen, dass sie sich geziemend verhielten.
41
Thr wollt jetzt weder fremden Herren noch anstandigen Leuten geme dienen, die euch zu graBen Ehren verhelfen wUrden. nrr wollt weder Benehmen noch hofisehes Verhalten lemen.
45
Meint ihr, dass man euch viel gebe nur fur euer freundliches Nettsein? Waret iIn weise und klug, dann dientet ihr auch fremden Leuten.
49
Es wHre in euren Augen eine groBe Schande,
wenn i1rr einen Stall ausmisten solltet fur einen Herren in einem fremden Land.
Mit Demut gc1angt man in den Saal! 53
nrr glaubt, dass niemand gut genug sei und eures annseligen Dienstes wert. Ocr Bauemsohn macht sich daran, deshalb wird ihm zuteil, was er begehrt.
57
Vor seinem Bruder Esau floh Jacob und diente einundzwanzig Jahre lang und erwarb viel Besitz und groBe Elne mit zw01f Sohnen, das ist wahL
61
Josef kanl in das Land Agypten und erdiente sich die Vormundschaft Uber das Land. Das Reich stand unter seiner Fiilrrung. Zu solcher Ehre ttilnt Dienst und edle Kraft.
65
Seht, das war nun der Grund, warum ieh dieses BUehlein sclrricb'
23
24
Kapitel 1
Kunde ieh daz mynen frundin gemaehe, Daz sy darbi gedcchtin myn 69
Dnd di hoehfart Iil>in undir wegin, Do di torheit sere hangit an! Gar grolle herrin dinstis phlegin, Dez sy ere und nieht lastir han,
73
Solche gnade gebe mir god nu, Daz ez den ediln werde nutzce, En sterke kraft und togunt darzeu, Daz sy arme luthe mogin geschutzce.
77
Uz aschin werdit eyn glaz gemacht Und heillis bly gegollin darin. So gewinnet ez danne solche macht, Daz ez gebit den wedirschin.
81
Waz man dokegin heldit, Daz sehit man wol darinne. Dez gudin gesiehtis ez weldit Dnd sterbt ouch di synne.
85
Daz herzce ez dem irfrowit, Wer subirlieh ist und wol gestalt. Den krankin luthin ez drowit Dnd den, di reeht sint wordin alt.
89
Wer sieh ouch had beremit Dnd besmerit mit ichte,
L2vJ
Daz erne nicht wole zcemit,
Oem betrubit ez daz gesichte. 93
Von dcllcm spigil muez ieh baz Mit gotis hulffe nu sprechin. Von aschin machit man daz glaz, Gar lieht ist sin zeubreehin.
97
Her bedutit dez mensch in lieham, Der von aschin ist gemacht, Darin eyn sele von gote quam,
Weich also daz bli und geslacht.
73 Tnitiale in K, nicht zum Akrostichon gehorig.
100 und om. Ne.
Spiegelilllegorese
Konnte iGh das bei meinen Freunden bewirken,
dass sie dabei meiner gediichten 69
und den Hachmut ablegten, an dem die Torheit sa sehr hangt! Wahrhaft groBe Herren stehen zu ihrer Dienstpflieht. Das bringt ihnen Ehre und nicht Schande.
73
Gatt gebe mir nun die Gnade,
dass es [das Bueh] den Adligen Nutzen bringe, ihnen Kraft und dazu Tugend starke,
damit sie armc Leutc bcschiitzen kiinnen.
Kapitell 77
Aus Asche wird Glas hergestellt und heiBes 8lei hinein gegossen.
Dadurch erlangt es eine salche Kraft, dass es widerspiegelt. 81
Was man davor haIt, das sieht man gut darin. Es sorgt daftir, dass man gut sieht,
und starkt dabei die Sinne. 85
Das Herz erlreut es dem, der schan ist und wohlgestaltet. Den schwaehcn Leutcn draht cs und denen, die schon sehr alt geworden sind.
89
Auch wer sich beschmutzt und beschmiert hat mit etwas, das ihm nicht gut ansteht, dem triibt es [das Glas] das Aussehcn.
93
tiber diesen Spiegel will ich nun genauer mit Golles Hilfe spreehen. Aus Asche macht man das Glas, sehr leicht kann es zerbreGhen.
97
Er Lder Spiegel J bedeutet den Karper des Menschen, der aus Asche gemaeht ist und in den durch GOll eine Seele kam, weich wie Blci nnd fein.
25
26
Kapitel 1
101
Waz man darkegin heldit glieh, Ez si blisc adir si gud, Eyn jungir mensehe bildit ez in sieh, Daz her vil gerne darnach tud.
105
Der meistir Aristotiles spricht, Daz gegliehit sy eynes kindis sel Eyncr tafiln, do yn gcschrcbin ist nicht Und do man in sehribit, waz man weI.
109
Czuhit man kindir zeu guthe, Daz si toginde muBin lernen,
[3r]
Si wachsin en danne in dem muthe
Also daz liecht in eyner lueernen, 113
Daz in der naeht den weg wisit, Wo man sichir sul1e gehin.
Si werdin darvon hoc geprisit Von den, di ere toginde sehin. 117
Lerit man sy abir boBheid, Dy gclernen sy gar balde. Ez kommit di zcid, ez werdit en leid, Bcginncn si darinnc voraldc.
121
Wir sint zcu sundin geneigit Vii mer dan zeu dem guthin. Vii balde sieh daz irzeeigit, Haldin wir uns nicht in huthin.
125
Mit den heiligin werdistu heilig Und mit den vorkartin vorkart, Der prophete also selig Der had ez in dem saltir gel art.
119
L3v J
Von gudin cldirn gude kinw kommen. Abrahammes kneeht swur uf sin dieeh, Daz keyn heidin worde genommen Von Ysaae. Man werdit houbtsiech
104 vilgcmc K. 107 yn aher del' Leile nachgelragen. 110 togindc] c aha durchgestr. Buchst. verbessert. 132 Ysaac folgt 7iisurzeichen.
105-108 Aristoteles. 'De anima' 111,4, 42'-Jb; 'Auctoritates' , Hamesse S. 186, NT'. 146.
117-118 Vgl. Arisloldcs, 'Nikomachischc Elhik' 1103b; 'Auclorilalcs', Hamcssc S. 234, Nr. 27. 125-128 Ps 17.26-27. 129 Sprichwo.t1ich, vgl. Walther Nr. 27299. 132-134 Sprichworllich. vgl. TPMA 'schlecht' Nr. 222-231. 130-132 Gn 24. 2-3.
Spiegelilllegorese
101
Was auch immer man davor halt, sci cs schlecht odcr gut, ein junger Mensch bildet es in sich ab, so dass er bereitwillig danach handel!.
105
Der Meister Aristoteles sagt, die See1e eines Kindes gleiche ciner Tafel, auf die noch nichts gcschriebcn ist und auf die man schreiben kann, was man will.
109
Erzieht man Kinder zum Outen, so dass sie Tugenden lernen wcrden, dann wachsen diese in ihrem Sinn wie das Licht in einer Laterne,
113
das in der Nacht den Weg weist, auf dem man sicher gehen wm. Sie werden daftir hoch gepriesen von denen, die ihre Tugenden sehen.
117
Lehrt man sie aber Bosheit, lcrnen sie die sehr rasch. Es kommt noch eine Zeit, wo es ihnen leid wird, wenn sie damit Hlter werden.
121
Wir sind den SUnden zugeneigt viel mehr als dem Outen. Sehr schnell zeigt sich das, wenn wir nicht auf der Hut sind.
125
Mit den Heiligen wirst du heilig und mit den Verkehrten verkehrt, das hat der selige Prophet in dem Psalter gelehrt.
129
Von guten Eltern kommen gute Kinder. Abrahams Knecht schwor auf dessen Schenkel, dass keine Heidin genommen werde von Isaac. Man wird sehr ott krank im Kopf
27
28
Kapitel 1
133
ViI dicke von bosir geselschaft, Dit ist eyn aldis spriehwort. Wer darmede werdit behaft, Der mnez vorterbin, daz ist kort.
137
Also nu in dem glase tud daz bly, Daz ez daz dorchsichtige werit,
Also mag ez nmme di redclichkeid sy, Di den wedirglancz gekerit. 141
An deme lichamme sal man merke,
Wo di fromikeid steckit ynne, Daz sin kraft her wedir uz werke
Mit eyme togintlichin synne. 145
Werkit her danne di truwe gancz In allin dingin, di her tud, So gebit her den wedirglancz Und irwelit vor daz bOse gud.
149
Sente Gregorius der sprich!: Wer do irkennit sine eigin gebrechin, Der tud keynerlei untogunt nicht Vnd 1crnit daz bose wcdirsprcchin.
153
Wan du in den spigil sehist Und merkist dich gar ebin, Dnd gar eigintlichin daz spehist, Waz dir god had gegebin
157
An dime libe gar uffinbar: Eyne subirliche gestalt, Gel, schone und gar kruz din har, Wol gezcirit du bist und nicht alt,
161
Rosinvar dine \vcngclin,
[4r]
Dine ougin luttir also eyn cristal, Dine lippin rod also eyn rubin Dnd wol geschickit obiral,
147 Vi'cdir glancz K. Verschreibung. al K, Sa.
153 zweiles den durchgeslrichen.
155 und umleutlich nach
160 gezcirit] ci venvischt und liber der Zeile wiederholt.
1640bir
149-152 Vgl. Gregor I., 'Moralia in lob', PL 76, Sp. 216B, CCSL 143A, S. 1097.
Spiegelilllegorese
133
durch schlechte Gesellschaft, das ist ciu altcs SprichworL Wer mit ihr in BerUhrung kommt,
der wird verderben, das gcht schnell. 137
141
Wie nun im Glas das Blei bewirkt, dass es das Hindurchsehen verwehrt, so kann cs auch mit dcr Vcrnunlt scin, die das Spiegelbild zuriickwirft. Am Korper so11 man erkennen,
worin das Gutsein steckt, so dass seine Kraft nach auGen zurUckwirkt
mit tugendhaftcr Gcsinnung. 145
Handelt er dann ganz und gar !reu in a11em, was er tut,
dann willt cr den Widcrschein zuriick und wahlt stall des Schlechten das Gute. 149
Der heilige Gregorius sagt: Wer seine eigenen Fehlcr erkennt, der handelt nicht untugendhaft und lernt, dem Bosen zu widerstehen.
153
Wenn du in den Spiegel siehst und dich sehr sorgfllitig anschaust, und im Besonderen darauf acht hast, was dir GOll
157
an deinem Korper ganz offenkundig gegeben hat: eine schiine Gestalt,
blond, schon und lockig dein Haar, schOn geschmUckt bist du und nicht alt, 161
rosig dcine Wiinglcin, deine Augen k1ar wie ein Kristall, deine Lippcn rot wic ein Rubin, und wohlgeformt iiberall,
29
30
Kapitel 1
165
Hende, arme, lip und brust, Allis gar wole gcschickit, So gewinnistu dan'on groBe lust,
Wan dich dit also anbliekiL 169
Dit ist dez glasus luttirkeid, Daz dir gebit den wedirsehin, Nu sieh in den spigil andirweid Und bedenke, waz her ouch mag gesin,
173
Von der aschin ist her wordin
U nd werdit liehtliehin zcubroehin, Du heldist ouch den selbin ordin, Also hi vor ist ouch gcsprochin. 177
Von aschin bistu kommen Und werdist zcu aschin wedir. Din schonde wcrdit dir benommcn Und vellit zcumale darnedir,
181
Von der sele c10stir meistir Hug Spricht: Mcnsehe bcdcnke dieh ebin, Bistu nu wise und ouch klug, Wi vorgcnglich si din Icbin,
185
Bedenke, waz du davor were, Er danne dich din mutir gebar, Und beschowc in diner gcbort di ere, Wi gar edelichin si ginge dar,
189
Vindistu danne ieht sundirliehkeid Vor andirn menschin kindin, Di an dinen lieham wart geleid, So moehtistu dieh wol undirwindin
193
GroBirs adilz danne di andirn Und ouch grollir hochfart Und in dcme vorhebeniBc gcwandirn Umme eyne solche edele art,
169 glasis Ba, N e, 167 dar von K, Ba. 190 menschinkindin llle.
177-178 Vgl. Eel 3, 20, 176, Sp. 1106.
176 ollch om. Ne.
[4v]
181 Von] In Ne.
181-184 Vgl. Hugo von Folieto, ''De c1austro animae', PL
Spiegelilllegorese
165
Htinde, Arme, Leib und Brust, alles wunderschan gebildet, dann hast du vie1 VergnUgen daran, wenn dich das so anblickt.
169
Das ist die Lauterkeit des Glases, welches dir das Spiegelbild zurUckwirft. Jetzt sieh [aber] in den Spiegel noch ein zweites Mal und bedenke, was er auch sein kann.
173
Aus Asche ist er entstanden und wird leicht zcrbrochen. FUr dich gilt das gleiche Gesetz, von dem oben die Rede war.
177
Aus Asche bist du entstanden und du wirst wieder zu Asche werden. Deine Schanheit wird dir genommen und fallt alsbald darnieder.
181
Vom Kloster der Seele sagt Meister Hugo: Mensch, bedenke gut, wenn du weise und klug hist, wie vergtinglich dein Leben ist.
185
Bedenke, was du warst, bevor dich deine Mutter gebar, und sieh in deiner Geburt die Ehre an, wie vollkommen edel sie ldie GeburtJ vor sich ging.
189
Wenn du irgend eine Besonderheit findest gegeniiber anderen Menschenkindern, die an deinen Karper gelegt wurde, dann Wnntest du wohl groBeren Adel
193
als die anderen beanspruchen und auch grollere Hoffart und voll Oberheblichkeit herumstolzieren wegen einer so edlen Art.
31
32
Kapitel 1
197
Nu bedenke abir vordir mer, Waz du hirnaeh salt wcrdin: Obir eyne kleyne zcid gar scher Wedir zeu asehin und zeu erclin.
201
Von bosir materien bistu kommen,
LSr]
In arme tuchir gewundin,
Waz gesmuekis du an dieh hast gcnommcn, Den hastu in zeid hi alz fundin. 205
Nu kanstu dich selbir nicht gecleyde Von clinIC eigin uf deBir erdin, Du must sy von den tyrin scheide, Von den dir cleidir werdin.
209
Bistu danne ussin gecleidit bunt, Ynnewenig doch eyn stinkindir mist, DeBir spigil tud dir daz kunt, Daz du eyn sag vol dreckis bist.
213
Tede di hued und daz kleid Di groBe hoehfart an uns werkin, Oi liebin luthe wordin wol leid, Oit sa1 man wole merkin.
217
Wan du danne gesterbist, Dinen lieham di worme freBin. Waz hilffit, daz du nu irwerbist? Din werdit gar snel vorgesBin.
221
Job spricht, daz eynes menschin lebin Sy hi uf deBeme ertrieh In eyne rittirschaft gegebin, Daz ez in Wgindin ube sich.
215
Dnd also eyn tageliiner tud, Der do dinet umme sin tagelon, Her werke bose adir gud, So werdit em sin Ion darvon.
198 Wazl dazNe.
213 Tcdc + nicht Ne.
215 Dcz libcs wordin di luthe wollcid Ne.
222 hi om. Ne.
185-218 Pseudo-Bernhard, 'Meditationes' 111,8.
221-228 lob 7.1-2.
Spiegelilllegorese
197
Nun bedenke zuvor aber auch, was du hicrnach werdcn muss!: nach kurzer Zeit ganz schnell wieder zu Asche und zu Erde.
201
Aus schleehtem Material bist du entstanden, in armselige TUcher gewickeh. was du an Schmuck an dieh genommcn hast, hast du alles voriibergehend hier gefunden.
205
Doch du kannst dich nicht seiber kleiden von deinem Eigenen auf dieser Erde, du musst es von den Tieren nehmen, von denen dir Kleider zuteil werden.
209
Wenn du dann auBen bunt gekleidet, inwendig aber ein stinkender Unrat bist, dann tut dieser Spiegel dir kund, dass du ein Sack vall Dreek bist.
213
Wenn das Fell und das Kleid die groBe Pracht an uns [nicht] hervorrufen wiirden, dann wUrden die angenehmen Menschen sicher widerniartig. Dies so11 man sich gut mcrkcn.
217
Wenn du dann stirbst, fressen deinen K6rper die Wiirmer. Was niitzt es, was du jetzt erwirbst" Man wird dich ganz schnell vergessen.
221
Hiob sagt, dass das Leben eines Menschen hier auf dieser Erde ihm als Ritterschaft aufgegeben sei, damit es [das Leben] sich in Tugenden libe.
125
Dnd wie sich ein Tageliihner verhalt, der tlir seinen taglichen Lohn dient, so wird ihm, je naehdem, ob er schlecht oder gut handelt, sein Lohn datlir gegeben werden.
33
34
Kapitel 2
229
Obir dellin spigil maehe dieh Und Ierne dieh baz irkennen! Dyne votfarn a11e anesich, Teh endarf er dir nieht nennen!
233
Ez spricht scntc Bernhard: Nicht ist deme mensehin also gud Von deme, daz noch y geward, Also daz eyn ewig blibin tud.
237
Waz sint aile wertliehe ding? Nicht mer wan cyn gcgoymc. Di do beslullit der werlde ring, Sy vorgehin glieh also di troyme.
241
Waz fromit hoehfart und hoer mud Den stolzcin jungelingin? Si vorgehin glich also der sehatin tud U nd der glockin klingin.
245
Wo sint di forstin groz genant, Oi vordackctc roBe rcthin Und hersehetin obir stete und lant Und gar vele luthe bestretin,
249
Dy do gabin riehin sold Und hoe barge heflin buwin? Wo ist cr silbir, wo ist cr golt, Uf den stunt gancz cr getruwin?
253
Wo sint si, di vele land gewunnen Und di meehtigin konnige vortrebin Und manchir ebinture begunnen, Also daz von en stet geschrebin?
257
[5vl
L6r]
Wo sint di hoen, irluchtin forstin Und er schones hofegesinde, Di sieh noeh erin lillin dorstin Und erbeittin darnaeh gar swinde?
231 ancsich] c iiber der Zeile nachgefragen. 237 wcrlllichc Ba. Zeile nachgetragen. 256 daz iiber der Zeile nachgetragen.
252 cr iiber der
233 Almlich Pseudo-Bernhard, 'Meditationes' III, 9. 234-236 Bonaventura, 'Soliloquiwll' J,46. 237-304 Bonaventura, 'Soliloquiwll' 11,3. 241-43 Vgl. Sap 5, 9.
Contemptus mundi
Kapitel2 229
Befasse dich mit diesem Spiegel und Ierne, dieh besser zu erkennen! Sieh aile deine Vorfahren an, ich brauche sie dir nicht aufzuzahlen!
233
Es sagt der hcilige Bernhard: Nichts ist fUr den Mensehen so gut, von allen Dingen, die je existierten, wie das, was ewig bleibt.
237
Was sind aile we1tlichen Dinge? Nieht mehr als ein fliiehtiger Sinneseindruek. Die Dinge, die der Erdkreis umschlieBt, vergehen wie die Traume.
241
Was niitzt Hoffart und Hoehstimmung den stolzen jungen Mannern? Sie vergehen wie der Sehatten und der Glockenkiang.
245
Wo sind die 'groG' genannten Flirsten, die mit Deeken gesehrnUekte Pferde ritten und iiber Stadte und Lander herrschten und viele Menschen mit Krieg tiberzogen,
249
die reichliehen Sold auszahlten und hohe Burgen bauen lielleno Wo ist ihr Silber, wo ist ihr Gold, auf die sic ihr ganzes Vertrauen gcsetzt haben?
253
Wo sind diejenigen, die viele Lander erobert und die machtigen Konige vertrieben haben und viele wagernutige Taten begingen, wie tiber sie geschrieben steht?
257
Wo sind die hohen, erlauchten FUrsten und ihr stattliehes Hofgesinde, die es nach Ehre dUrstete und die gewaltige Miihen dafUr auf sieh nehmen.
35
36
Kapitel 2
261
Wo ist cler wisir konnig Salomon
Und Absolon, der sehonste man, Der sterkistir herzcoge Sampson,
Aswerus, der herliehstir gctan" 265
Wo sint di gewaldigin keiser Und di romischin konnige darmede? Er gebod di heldit man nicht mer, Noeh kerit sich ouch an erin beede.
269
Korte froude, wertliche gewalt Und der begerunge suBikeid, GroBis gud, lust mannigfald, Di wcrdin gar schir hengeleid.
273
Wo edilz blud, wo schoner lip, Wo tornyrin und ouch stech in,
Wo hofirin, wo schone wip" Man had dez nu gebrechin. 277
Wo sint er groBin palm;,
Er ritter und er kncchtc, Von den eyn groBis folgin waz, Di ouch wole kundin gcfcchtc? 281
DeBe ding sint gar vorgangin Und vorlouffin gar in kortir zcid. Er stete han andir lute enphangin, Di werdin er ouch gar schere quid.
285
Wir sint hi geste, das ist war,
[6v]
Uns dunkit, wir sint werte. Unse blibin werit korte jar, Und mogin nicht lange geherte. 289
Sint wir jung, wir werdin alt, Ab wir andirs lange lebin. Sint wir subirlich, wir werdin obilgcstalt, Di lust wir ouch begebin.
269 wcrltlichc Ea.
283 andirlutc K.
261 []] Rg 10,23-24. 26211 Sill 14,25. 285 I Par 29, 15. 287 Vgl. Ps 89, 10.
263 Ide 13-16.
264 Est 1,1-9.
Contemptus mundi
261
Wo ist der weise Konig Salomon
und Absalon, der schlinstc Mann, der sUirkste HeerfUhrer Samson,
Ahaswer, der Prachtigste? 265
Wo sind die maehtigen Kaiser und die romischen Konige dazu?
llrre Gebote halt man nicht mehr, noeh kehrt man sieh an ihre F riedensordnung. 269
Kurze Freude, weltliche Macht und die Siille der Begierde, groBer Reichtum, vielfliltige YergnUgungen, die werden sehr schnell zunichte gemaeht.
273
Wo [bleibt da] edles Blut, wo sehOner Leib, wo Turnieren und Stechen, wo hiifische Werbung, wo schiine Frauen?
Daran fehlt es jetzt. 277
Wo sind ihre groBen PaHiste,
ihre Ritter und ihre Knechte, die ein groBes Gefolge bildeten, und die auch gut kampfen konnten? 281
Diese Dinge sind ganz vergangen und haben sieh vlillig aufgelOst in kurzer Zeit. llrre Stadte haben andere Leute in Besitz genommen, die sie auch rasch wieder verlieren werden.
285
Wir sind hier Gaste, das ist wahr, uns diinkt, wir seien Wirte. Unser Aufenthalt wahrt nur wenige Jalrre, und wir konnen uns nicht lange behaupten.
289
Sind wir jung, so werden wir alt, wenn wir iiberhaupt lange leben. Sind wir sehlin, so werden wir haBlieh, das Vergniigen verlieren wir auch.
37
38
Kapitel 2
293
Wir sam men gud und willin niGht, Wcmc wir vor crbcitin. Tn unsin hendin werdit ez uzgeriGht,
God wei ez andirs lcitin. 297
Bistu eyn wisir mensche nu Und vorstehist bose und gud Dnd hastu reehte vornunttc darzeu, So nem dit ebin in dinen mud
301
Dnd geb dir selbir solchin rad, Also ab dieh eyn andir darum bethe, Und richte dich gancz uf woltad, Daz ez dir ieht werde zeu "pete.
305
Enzeebistu der warheid In dellis spigils angesiGhte, Ocr mit siner clarheid Dieh etzwaz kan undirriehte,
L7rJ
309
So folge deme nicht zcu langir frist, Daz korte zeid werit gar Und deme zcufillgin bermliGh ist Dnd maehit dieh cwigis gutis bar.
313
Bistu nu in wertlichin erin, Der sieh vele luthe nemen an, So sallu dieh daran also kerin, Daz du tust, daz wole sy getan.
317
Hastu obir di luthe gewalt D nd macht, orteil zeu gebin, Bistu darum danne uzgezcalt, Daz god nicht orteile din lebin?
321
Von sundin saltu dieh seheidin, Und nem dieh der willheid an Mit ruwin und mit lcidin, So bistu eyn wol gesmuektir man.
295 unsirn Sa, unscrn Ne. dich. 309 :r.culangir K.
304 ZCllspctc K, zuspctc Ba. 311 zcufolgin K.
K.
293-294 p, 38, 7.
295-296 Vgl. Pry 16,9.
307 Dcr] folgl durchgesfr.
313 werlt1ichin Ba.
318 zcugebin
Ethiocher Appell
293
Wir sammeln GUter und wissen nicht, fUr wen wir uns abmiihcn. Unsere Rande richten es aus, wenn nicht Gatt es anders lcnken will.
297
Bist du nun ein weiser Mensch und kannst schlecht und gut unterscheiden und hast dariibcr hinaus reehte Vcrnunft, so nimm dir das genau zu Herzen
301
und gib dir seIber einen Rat, als ob dieh ein anderer darum bitten wUrde, und richte dich ganz auf gute Taten aus, damit es ftir dich nicht zu spat wird.
305
Erkennst du die Wahrheit im Anblick dieses Spiegels, der mit seiner Klarheit dich etwas lehren kann,
309
dann folge dem nicht zu lange, was nur sehr kurze Zeit wahrt und dem zu folgen beklagenswert ist und dir das cwig wahrcndc Gut nimmt.
313
Bist du nun in der Welt in hohem Ansehen, um das sieh viele Mensehen bemiihen, dann sollst du dich so verhalten, dass du tust, was recht is!.
317
Wenn du Herrschaft Uber Menschen hast und die Macht, Urteilc zu Hillen, hist du deswegen davon ausgenommen, dass Gott Uber dein Leben urteilt?
321
Von Siinden sollst du dich fernhalten, und nimm dich der Weisheit an mit Bereuen und Ertragen, dann bist du ein schOn gesehmUckter Mann.
39
40
Kapitel 2
325
Der unWginde scheme dich Und !rib ouch kcyncn ungcfug! Senftmutig und nicht gremelich, Daz ist der ediln luthe gesmug.
329
Di unediln maehit er togunt Czu aHin dingin edil sad. Thbin si di an von jogum, Si smuckit si schone obir aile wad.
333
AHe subirlichkeid si merit, Aile zeueht und aile hobiseheit; Gotis forchte sy lerit, Und sy vormidit alliz leit.
337
Sente Gregorius der spricht: Di schrift di laz din spigil sin, Di dieh zeu gotis dinst berieht. Mit diner sele ougin sich darin
341
Und beschowe dich gar ebin, Wi sieh din ynner mensehe gehabe - Daz ist din toginthaftis lebin -,
[7v]
Ab daz zcuncmc adir abc.
345
Y mynner du in den spigil sehist, Y du dieh mynner irkennist, Y du di sunde mynner vorsmehist Und doeh dieh fromer nennist.
349
Y du abir mer sehist darin
Und irkennist dine gebreehin, Y mer dir der gotlichin gnadin schin Luchtit, dit mag ich wol sprechin. 353
Ez spriehit ouch sente Bernhard, Daz ouge were gar eyn edil geled, Hette ez eyne solche ard, Daz ez sieh selbir sehe darmed
348folgt zweifes durchgeslr. doch.
337-344 Grcgorius lllibcritanus, 'In cantica canticorum', PL suppl. 1, Sp. 501; Gregor L, 'Moralia in lob' II, 1. 353-364 Ahnlich Pseudo-Bernhard, 'Meditationes' IV, 16.
Ethischer Appell
325
Sch,;me dich fUr schlechles Verhalten und begehe auch keine Unschieklichkeit! Sanftmut und nicht Missmul ist dcr Schmuck dcr Adligcn.
329
Die Unedlen macht ihre Tugend fUr aile Aufgaben hinreichend edel. Betreiben sie diesc von Jugcnd an, schmUckt sie sie schon, mehr als jede Kleidung.
333
Aile Schonheit vermehrt sie, aile Zucht und aile Hafischkcit; sie lehrt Gottesfurchl, und sic meidct alles Leid.
337
Der heilige Gregorius sagt: Die Schrift lass deinen Spiegel sein, die dich zum Dienst fUr GOll unlCrwcisl. Mit den Augen deiner Seele schau da hinein
34 1
und sieh dir ganz genau an,
wie cs urn dcinen innercn Mensch steht - das heiBt dein tugendhaftes Leben - , ob das zunimmt odcr abo
345
Je weniger dn in den Spiegel siehst, umso weniger erkennst du dich sellm, umso weniger verschmahst du die SUnde und nennst dieh doch gut.
349
Je mehr uu aber ua hinein siehst und deine Mangel erkcnnst, umso mehr leuchtet dir der Schein der gunl ichen Gnade, uas kann ich gewiss sagen.
353
Es sagt auch der heilige Bernhard, das Auge ware ein sehr edles Glied, wenn es cine solche Eigcl1schaft halle, dass es sieh selbst damit sehen kannte
41
42
Kapitel 2
357
Lgrj
Also wo1e, also ez tud andirswaz,
Daz cmc ouch kcginwcrdig is!. Daz gebit erne nu eyn spigilg1az,
Daz ez sin selbir nieht vorgist, 361
Und dez kunde ez nicht beginne, Daz ez sich selbir mochte gesehin,
Wcrc nicht daz bli vorborgin darinnc. Dit sal man an dez geistis ougin vorstehin. 365
Abo spricht ouch sente Gregorius In deme selbin synne: Dez ougin gesichte were ummesus, Steckete nicht vorborgin craft darinne.
369
Wan so der mensche gesterbit, So sehit daz ouge zcumale nicht.
Wan man bli von dem glase gescherbit, Dez spigils wedirsehin danne gebricht. 373
Wan man di schrift nicht weI vorstehin
Und sieh nieht darnach wei richte, Waz hilffit danne lesin und ansehin Und di spruehe und daz gctichte? 377
Cassiodorus spricht, daz eyn wisir man Dez begerit gar swinde, Daz her di buchir gelesin kan Und undirwisunge danne vinde,
381
Oi dez menschin nature lobelich machit
Und en edilliehin uz smuckit
[8vl
Und eme sine untoginde swachit Und en vor den andirn ufruckit.
3g5
Do vindit her danne ynne Die schonen wiBheid noch sinen begerdin Und manche behende und nutzee sinne, Do her vornunftigir von mag werdin.
357 andirs waz Ne.
367
llillIllC
sus K, Ba.
365 Grcgorius-Zitat nicht idcntifiziclt. Praefatio.
371 man + daz Ne.
377-388 Ahnlich Cassiodor, 'Dc institutionc',
Ethiocher Appell
357
so gut, wie es anderes erkennt, das mm auch gegeuUber ist. Das ermoglicht ihm nun ein Spiegel, dass es sich seiber uicht vergisst,
361
und das kiinnte es uicht bewirken, dass es sich selbst sehen konnte, wenn nicht das Bki darin verborgen ware. Das soli man in Bezug auf die Augen des Geistes verstehen.
365
So spricht auch der heilige Gregorius in gcnau dicscm Sinnc: Das Sehen mit dem Auge ware vergeblich, steckte uicht cine verborgene Kraft darin.
369
Denn wenn der Mensch stirbt, dann sieht das Auge sufort nichts mehr. Wenn man das Blci von dem Glas schabt, geht der Widerschein des Spiegels verloren.
373
Wenn man die Schrift nicht verstehen und sich nicht danaeh richten will, was nUtzen dann Lesen und Anschauen und die AussprUche und das Gedieht?
377
Cassiodor sagt, dass ein kluger Mann sehr schnell darauf begierig wird, die BUcher lesen zu konnen und dann Unterweisung zu finden,
381
welche die Natur des Menschen lobwUrdig macht und mn edel ausschmUekt und mm seine Untugenden schwacht und ihn vor die anderen aufrUcken Hillt.
385
Darin [in den BUchernl findet er dann die sehone Weisheit naeh seinem Begehren und viele brauchbare und nUtzliche Gedanken, dureh die er klUger werden kann.
43
44
Kapitel 3
389
Augustinus spricht: Wer do had Eyne luttcrc, reyne sanwitzkcid (Ez stet in dem buche von der gotis stad), Ocr straffit sine basin gewonheid,
393
Oi man eyme andirn obil spricht; Oi leBit her danne viI gerne. Dnd werdit her dez crgill undirricht, So wei her di togunt Ierne.
397
Dnd kan her der buchir nicht gelesin Adir mag der nicht gehabin, Und w01de doch gerne togintsam wesin Dnd noch gudin sethin grabin,
401
So sal her zcu eyme spigele nemen Eynen fromen, setigin, wisin man, Delle wortc und wcrkc wol gczccmcn, Und deme folgin, wo mede her kan.
405
Oit larte ouch meistir Aristotiles Konnig Allexandirn den groBin, Oaz her im solde gehorchin des Und di andirn sine gcnoBin.
409
Nu wermn ouch reehte eigin luthe Mit der hant fry wedir gegebin (Also man daz wolc mag beduthe),
[9rl
Wan ez erin herrin werdit ebin. 413
Und kouffin si glithir, di nicht sint fry, D nd vorzeinsin di sclbin glithe, So mogin si frome gebUr wol sy, Wermt redclieh danne er gemuthe.
407 irn auch als nu lesbar. iiher der Leile nachgefragen.
409 eiginluthe Ne.
410 del' aus den gebesserr, hant
412 crin] crm Sa, erme Ne.
389ff. Augustinus: Stelle nieht in 'Dc civitatc Dei'.
'Disciplina Clericalis' S. 10, 13-19.
405-408 Vgl. Petrus Alfonsi,
Sozialer
389
A.ufsti~g
AuguSlinus sagl: Wer ein laulcrcs, reinc.'S Gewisscn hal
(das steht in dem Buch Yom Gollesstaa!), der schilt seine schlcchte Gcwohnhcit, 393
die man bei einem anderen tadelt: von der laBt er dann sehr gerne "b,
Und wird er iiber da, Bose bcleM, dann will er die Tugend erlernen. 397
Und wenn er Btieher nieht lesen kann oder ,ie nieht zur Verfiigung hat und doch gerne tugendhaft sein wollie und nach guten Siuen forschen,
401
dann soli er sieh zum Spiegel nehmen einen rechtschaffenen ~ sittsamen, klugen M ann,
desscn Worte und Werke vorbildlich sind, und dem folgen, worin er karU!. 405
Das lehrte aueh Meister Aristoteles Klinig Alexander den Grol.lcn, damit er ihm darin gehorche und seine Gefahrten dazu,
Kapitel3 409
Jetzl werden auch richtige Leibcigene mit Handsehlag wieder frei gegeben (so kann man es gewiss interpretieren), wenn es ihren Herren gefallt.
41 3
Und bufen sie GUter, die nieht frei sind, und zahlen Zinscn fUr diese Giiter. dann konnen sie sieher tUehtige Bauern sein, wenn sie die richtige EiI1stellung dazu gewinnen.
45
46
Kapitel 3
417
So zcihin er kindir dan in di stete.
Er guthe si do vorsehor,in Und gebruchin der friheid darmete, Ocr si von den forstin han genoBin. 421
1st also menlich er kindir lebin, Daz sy in den herrin hofe rithin Und en sieh zeu dinste dan gcbin, Und togin zeu veehtin und zeu stritin,
425
So belenit si der herre danne Mit fryguthin, eli erne sterbin loz. Abo werdin sy der ediln herrin manne. Werelit darnaeh er habe etzwaz groz
429
Und sint er kindir togintsam und fromme Und dinsthaftig in erin tagin,
So mag cz en wol darzcu kommen, Daz si werdin zeu rittern geslagin. 433
Kommen si darnach zcu sloBin,
Oi gud und riche und veste sint, Und sint si menlich und unvordroBin,
So werdin si edil und alle er kin!. 437
Wan si di manlehin vorlihin Und di rittermeBigin undir en han, Di cris dinstis sich nicht vorzcihin Und en helffin zeu erin krigin dan,
441
So werdin er kindir zcu gratin gemacht.
[9vl
Oaz geschet en von dem riche. Werdin si darnach baz geacht, Sy mogin sich den forstin gegliche. 445
Gewunnen si eynes forstin land Adir belehnite si der konnig darmede, So werdin si geforstint alzcuhand. Wer walde da wedir rede?
449
Sterbit danne konnig adir keysere, Her mag an sine stad werde gekorin, Ab erne god had beschert di ere. Also werdit daz adil nicht angeborin
418 guthir Ne. 422 del' hen'in hafe Ne. 431 komme Ba, ,Ille. 439 sich aha der Zeile nachgetragen. 448 daVi/cdir Ne.
436 erkint K.
Sozialer Aufstieg
417
Dann ziehen ihre Kinder in die SWdte. nrrc GUtcr vcrstcucrn sic daIlll und nutzen so ihre Freiheit,
die sie von den Fiirsten erlangt haben. 421
1st das Leben ihrer Kinder so mannhaft, dass sie an den Herrenhof rei ten und sieh in ihren Dienst stellen, und taugen sie zum Kfunpfen und zum Kriegfiihren,
425
so belehnt sie dann der Herr mit freien Giitern, die dureh Tod an ihn zuriickgefallen sind. So werden sie Dienstleute der edlen Herren. Wird danaeh ihr Besitz einigermaBen groB
429
und sind ihre Kinder tugendhaft und tiiehtig und dienstfertig in ihrem Leben,
dann kann es ihnen leicht gesehehen, dass sie zu Rittern gesehlagen werden. 433
Kommen sie danach in den Besitz von Burgen,
die gut, prachtig und sieher sind, und sind sie mannhaft und unermlidlich,
dann werden sie und aile ihre Kinder adelig. 437
Wenn sie die Lehen verleihen und die RittennaJligen unter sieh haben, die den Dienst ftir sie nieht aussehlagen und ihnen dann in ihren Kriegen helfen,
441
dann werden ihre Kinder zu Grafen gemaeht. Das wird ilmen durch den Kaiser verliehen. Werden sie dann LnDeh J hoher geachtet, konnen sie den FUrsten ebenbUrtig werden.
445
Ge\vannen sie eines FUrsten Land oder belehnte sie der Konig damit, daIlll werden sie soglcieh zu Flirsten. Wer wollte etwas dagegen sagen?
449
Stirbt dann der Konig oder der Kaiser, kann er an seine Stelle gewiihlt werden, wenn ihm Gatt die Ehre besehert hat. So wird der Adel nieht angeboren
47
48
Kapitel 3
453
Czu deme erstin von anbeginne.
Ez stigit also ut" und vellit (Wer dit ebin kan besinne), Darnach man sich fromelich stellit. 457
Vellit eyner in torheit balde Und vorlusit sinen togintlichin mud Und wei wcdir wortc noch truwe haldc In allin dingin, di her tud,
461
Her werdit gar zcu nichte,
Sin herschaft snellichin vorgehit. Mit wiBheit muez her ez uzrichte, Wei her, daz sin adil bestehit. 465
Seneca der spricht also: Wiltu nicht vorterbin, So sal din gemuthe wesin fro Und noeh der willheit werbin.
469
Ristu nu wise, so besich
LlOrJ
U nd bedenke dich gar ebin Vor hen, waz anrurit dich,
Wi du darrncdc wilt !cbin. 473
Bedenke dieh, ab ez unglueke, Waz du dawedir wallist thu. Darkegin saltu dich smucke, Ab ungefelle dir kommit zeu.
477
Eyn wisir man nummer gespricht.
Wan her schadin had genommen: leh vorsach nnch dez zcumale nicht, Daz ez also v·wIde kommen. 4g[
Her ,venit nicht, her wciz vonvar,
Waz dawedir gehOrit. Darunl so werdin di liste gar Von siner willhit vorstorit.
473 ungluckc] em gluckc Be, TIU gluckc Ne. 474 wollistfolgen durchgestr. Buch475 Dar kegin K, Ba. 484 wisheit Ba, wiBheit Ne. staben.
465 Seneca-Zitat nicht identifiziert.
473--480 Seneca. 'Epistolae morales' 76, 35.
Unbe~t~indigkeit
des GHickl!s
453
Yom allerersten Anfang an , Er steigt auf und t1illt (das muss man sieh gen'\lI klar maehen), je naehdem, wie tiiehtig man sich e<weist.
457
Fallt jemand plotzlieh in Torheit und verliert er seine tugendhafte Halt ung und will weder Versprechen noch Treue halten in allen Dingen, die er tut,
46 1
dann wird er ganz und gar zunichte, seine Herrschaft vergeht sclmcll. Mi t Weisheit muss er das ausriehten, wenn er will, dass sein Adc\ Bestand hat.
465
Seneca sag!: Willst du nieht verderben, dann muss dein Gemiit heitcr scin und naeh der Weisheit streben.
469
Bist du weise, dann sieh an und bcdenke ganz genau im Vorhinei n, was auf dich zukommt und wie du dam it \cben wirst.
473
L'bed ege dir, wenn es nicht gliiekt, was du dagegen tun wirst. Entgegenstemmen sollst du dieh. wenn dir ein Ungliick Zllstollt.
477
Ein kluger Man n sagt niemahl, wenn er Schaden genommen hat: leh habe vorher nieht damit gereehnet, dass es so kommen ktinnte.
48t
Er vermutct nieht nur, er weill cos genau, \vas er dagegen tun muss. So werden die listigen AI1schHige durch seine Weisheit ganz und gar vereiteJt.
49
50
Kapitel 3
485
Wan du nu besinnest icht
Gutis zcu dcmc crstin an,
So bedenke in der selbin geschicht, Wi ez eyn ende wolle han. 489
Wiltu ieht gutis an!ribin,
LlOvJ
Daz saltu vor gar w01 besinnen
Und danne stete daran blibin, So machtu ez von gote gewinnen. 493
Enzcebistu abir icht b5sis daran,
So sallu zeuhant wedirkere Und gelimphlichin abel an. Oez hastu nutz und ere. 497
Ez sehribit abir meistir Seneca In eyme briffe sime frunde Luci110 (Undir andirn dingin gesehrebin da) Eyne rede, di lulte also:
501
Keyn konnig der lebit uf deBir erdin, Also edil von sincn naturin, Her habe ouch zcu erst sin gewerdin Und sine gcbort genom men von gcburin
505
Und si also enzeiln uf kommen Czu sime adil mit dem erstin an,
Und habe di gewalt an sieh genommen Also eyn ebinturliehir man. 509
So vindit man ouch keynen gebuer
In deBir werlde zeu reehte, Her si kommen mit siner nathuer
Von eyme konniclichin geslechte. 513
Oit had der !uthe wandilberkeid In den gezcitin also vonnengit,
Oi abc und zeu darmede !reid Und glueke und unglucke brengit, 517
Und dez selbin glichin noch wol tud Ane allirlcy irbarmen.
500 luLit Ra, lVe.
502 siner lVe.
516 Dud] daz Ne.
497-518 Seneca, 'Epistulae morales' 44,4.
LllrJ
U nbest~indigk.eit des Gliickes
485
Wenn du nun etwas vorhast
das anfiinglich gut crschcint, dann Uberlege im selben Moment, wie es enden wild.
489
Willst du etwas Gutes anstoBen, sollst du das vorher sehr genau bedenken und dann bcstandig dabci blcibcn, dann kannst du es von Gatt erlangen.
493
Bemerkst du aber etwas Schlechtes daran, dann sollst du sofort umkehren und mit Anstand davon ablassen. Davon wirst du Nutzen und Ehre haben.
497
Es schreibt wiederum Meister Seneca in einem Brief an seinen Freund Lucilius
Currter anderen Dingen, die dort geschrieben stehen) eine Bemerkung, die lautet folgendermaBen: 501
Kein Konig lebt auf dieser Erde von so edlcr Natur, dass er nicht seinen Ursprung und seine Abstammung von Bauern erlangt hHtte
505
und so als einzelner aufgestiegen ware zu seinem Adel aus diesen Anfiingen und die Herrschaft iibernommen Mtte als ein risikobereiter Mann.
509
So findet man auch tatsHchlich keinen
Bauern auf dieser Welt, der nicht seiner Natur nach aus einer koniglichen Familie gekommen wHre.
513
Das hat die Wandelbarkeit der Menschen im Lauf der Zeit so dureheinandergemiseht, die hinab und hinauf tragt und Gliick und Ungliick bringt
517
und dasselbe noch immer macht olme aile, Erbarmen.
51
52
Kapitel 3
Wan den richin abegehit er gud,
Also daz si mul,in vorarmen, 521
Wan si nicht gebruchin wisir synne Und erin und gutis nicht achtin Und der untoginde wollin beginne Und daz zeukunftige nieht betrachtin,
525
Und in den spigil nicht wollin sehin, Wi vorgangin sint di richin Und noeh allezeid vorgehin Und er edilkeid vorbhchin.
529
Konnig Saucl in sime anbeginnen, Der waz nicht eyn edil man. Her suchte sines vatir eselinnen, Do her daz konnigriche gewan.
533
Konnig David zcu erst eyn scheffer waz, Do her den resin Gohanl irslug. Her treib di schaffe vor an daz graz Und gewan do sedir adilz gnug.
537
Saucl vorloz sin konnigrichc, Umme daz her gothe waz ungehorsam
Und sime eigin willin nieht wolde entwiche.
[II v]
Darum so wart her eme gram. 541
God sach Davidis demud an Und sprach zeu den stundin: Ich habe an Davide eynen man
Noeh myme herzein fundin. 545
Der konnig Nabuehodonosor Wart edil und ante gar grolle ding. Nymant \Vllstc sincn vatir do vor.
Man spriehit, her were eyn fundeling. 549
Di Romer irslug konnig Hanibal (Und wolde ouch Rome gewinnen)
529 ,mbegil1ue Ba.
530 edilmal1 Ne.
531 eselimle Ba.
542 sprach + do Ne.
549 Dil Dcr Nc.
529-532 [Sill 9,3; [Sill 10, 1.
541-544 Act 13,22.
533-536 [Sill 17,20.
537-540 [Sill 15, 10-11.
U nbest~indigk.eit des Gliickes
Denn die Reichen verlieren ihren Besitz, sodass sie verarmen mlissen,
521
wenn sie nicht k1ugen Verstand walten lassen und Ehre und Gut nicht achten und Untugenden beginnen wollen und das ZukUnftige nicht vorausbedenken
525
und wie und und
529
Klinig Saul war von Haus aus kein Edelmann. Er suchte die Eselinnen seines Vaters, als er das KUnigreich erlangte.
533
Konig David war zuerst ein SchHfer,
nicht in den Spiegel sehen wollen, die Machtigen vergangen sind wie sie noch immer vergehen wie illr Adcl vcrblichen is!.
als cr den Riesen Goliath ersehlug. Er trieb vorher die Schafe auf die Weide und gewann dann hohen Adcl. 537
Saul verlor sein Kiinigreich, weil er Gott nicht gehorsam war
und seinen Eigenwillen nieht aufgeben wollte. Darum wurde Gatt ihm gram. 541
Gatt sah Davids Demut an und sagte da zu der Stunde: Ich habe in David einen Mann nach meinem Herzen gefunden.
545
Der Konig Nebukadnezar wurde adelig und brachte groBe Dinge zuwege. Niemand kannte vorher seinen Vater. Man sagt, er sei ein Findelkind gewesen.
549
Die Romer erschlug Konig Hannibal (und wollte auch Rom einnehmen)
53
54
Kapitel 4
Abo gar do tod obiral, Daz di wip were tin ill zeynnen, 553
Do santin si uz noch mannen \,vedir, Uf daz si di stad moehtin behaldin, Do quamen en s!ruter und hertin sedir Und wundirlieh folg zeu saldin.
557
Von den sint di ediln konnige kommen, Julius, Tiberius und Oetavian, Daz ich in warheit habe vornommen, Und mannig romisehir edeler man.
561
Er adil daz quam nieht von der gebort, Daz mag man nu hirinne merkin, Sundirn von t6gindin, also ir had gehort, Oi in der sele daz werkin.
565
Czu adil gehorin toginde vel, Wer ez reeht wei haldin. Der ieh eyn teil nu nennen wei, Also ez beschribin di aldin,
569
Wan eyn iclichir edil man Der furit an syme schilde Eynen vogil, wi der ist getan, Adir eynes tyris bilde.
573
Darbi man sal irkennen Di togunt, ill her an eme had. Noch deme sal man en nennen Adir noch siner wonestad.
577
Etzliche furin andirs waz, Daz nicht lebit uf erdin. Gliche wol bezceigit ez, daz Sy darmete gefriget werdin
[12r]
551 dol vde IVe. 552 wip + do IVe. 567 cyn teil iiber durchgestr. darzcu verbessert. 569 edilman Ne; furlt an sime K, hinter der Zeile durchgestrichen. 571 Eyncn] en aher del' Zeile nachgetragen. 576 Sa, IVe J \'i'one stad K.
Wappen und Heerschildordnung
so ausnahmslos tot,
dass die Frauen die Zinnen verteidigten. 553
Da sandten sie wieder nach Mannern aus, damit sie die Stadt halten konnten. Da kamen ihnen Rauber und Huten und wunderliches Yolk zu ihrem GlUck zu Hilfe.
557
Von denen sind die edlen Konige gekommen, Julius, Tiberius und Oktavian, das habe iGh wahrliGh vernommen,
und viele rlimisehe Edcllcutc. 561
nIT Adel kanl
nieht von dcr Gcburt,
das kann man hieran erkennen,
sondern von Tugenden, wie ihr gehlirt habt, die ihn in der Seele bewirken.
Kapite14 565
Zum Adel gehoren viele VorzUge, wcnn man ihn rceht bewahrcn will. Yon denen werde iGh nun einige nennen,
wie es die Allen beschrieben haben, 569
denn jeder Edelmann fUhrt an seinem Schild einen Vogel, \Vic immer def aussieht, oder das Bild eines sonstigen Tieres.
573
Daran soH man die Tugend
erkennen, die er an sich hat. Danach soH man ihn nennen
odef nach seinem Wolmsitz.
577
Einige fiihren [in ihrem Schild] etwas anderes, das nieht auf der Erde lebt. Glciehwohl zeigt cs an, dass sie dadurch frei gemacht werden
55
56
Kapitel 4
581
Mit a11in erin lehin guthin,
Di sy danne Iii bcsitzcin. Si sullen daz land helffin behutin Mit erin kreftin und witzcin. 585
Si sullin nieht mit dem sacke Dinen also borger und gebuer, Sundirn mit cris Iibes nacke Den herrin falgin, daz werdit en suer.
589
Von zcinsin und geschoBin
Sint si danne wordin fry. Er fromikeid han sy genollin, Daz sy wonen den forstin by. 593
Daz silbir adir galt di mullin lin Uf all in gewoppintin schildin, Wiz und gel do vor ouch syn An feldin adir an bildin.
597
Weme dellir zcweier varwe gebricht, Adir eme daz felt ist grune, Oem ist ez danne keyn woppin nicht, Wi mcnlich her sy adir wi kune.
601
Welch schilt had gudir varwe zcwo Czu deme felde und zeu dem bilde, 1st er eyn guldin, den prise ich ho Yar di andirn gemeynen schilde.
605
Welchir abir had der farwe dry, Adir eyn ding genant unedelieh, Dez woppin muBin swechir sy. Sin adil gewest ist schedelich.
609
Y mer eyn schilt der varwe had, Y mynner der wappin werdit geacht. Y mynner bilde do habin stad, Y edelichir sy sint gemacht.
613
1st eyn schilt gehalbirt glich Di twcrnist adir di lcngc,
LI2vJ
590 danne] darumme Ne. 593 Daz am. Ne. 5811ehingutin Ba, lehingulhin Ne. 598 cIlleJ wcmc Ne. 606 gcant Be; lillCdclichJ lillcndclich Ne, K korr. lillcndclich: n durchgestr.} Oberschreibung undeutlich, evtl. e. 608 schendelich Ne.
Wappen und Heerschildoni.nung
58 1
mit all ihren Lehensgiitern ,
die sie dann frei bcsitzcn. Sie sollen helfen, das Land zu schiitzen mit ihrer Kiirpcrkraft und ihrcm Verstand. 585
Sie sollen nieht mit dem Beutel dienen wie BUrger und Bauern, sondem mit illres Leibes Naeken den Herren folgen, das wird ihnen sauer.
589
Von Zinsen und Abgaben sind sie dann befreit worden. Ihrer TUchtigkeit verdankten sie es, dass sie den Fiirsten beigestellt sind.
593
Silber oder Gold miissen auf allen Waffenschilden liegen, WciB und Gclb kiinncn an ihre Stelle !reten auf den Feldern oder B ildern.
597
Wem diese beiden Farben fehlen, oder wessen Fcld griin is!, fur den ist es dann kei n LAdels-JWappen, wic mannlich cr auch sci odcr wic kUhn.
601
Wenn ein Schild zwei der guten Farben hat auf dem Feld und am Bild, und cine davon ist golden. den preise iell hoeh vor den anderen, gewiihnlichen Schilden.
605
Wer aber drei Farben tragt oder cine Darstellung, die man unedci nennt, dessen Wappen sind notwendig weniger wert, scin Adel war mit ei nem Make! behaflet.
609
Je mehr F arben ein Schild enthiilt, um so weniger wert erachtet man die Wappen. Je weniger Bilder darin vorkommen, um so edler hat man sie gemacht.
613
1st ein Schild in der Mitte geteil t quer odcr langs,
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58
Kapitel 4
Der bunt ist felt do sundirlich, Daz andir zeu bilde brenge. 617
Wer danne di reehtin sitin had Von silbir adir von golde, Der had begangin di bestin tad An dez konnigis solde.
621
Wer eynen fogil adir eyn tir
[13r]
F urit an sime sehilde, Daran suIt ir nu merkin schir (Ez sy zeanl adir wilde): 625
1st em daz antlitzee bedaekit Adir sint em di ougin vorbundin,
So waz di muthir der erin nackit, Do erne daz woppin wart fundin. 629
Adir ist eyn langir strich do dorch Mit eyner andirn varwe gestriehin, Abo dorch den ackir get eyn forch, So had sin adil zeu erst gewichin.
633
Furit her eyn sehemelieh woppin dan (Daz mir vor eynen were 1eid), So had her wedir daz riche getan Und wedir di heiligin cristinheid.
637
Di tir, di von art sint wilde,
Bedutin di reehtin manheid. Si ediln gar sere di schilde, Sint sy mit golde ummeleid. 641
Vele edelir ist eyn guldin feld Danne eyn guldin bilde. Daz silbir had daz selbe geld, Wanne man di ere gancz hilde.
645
Ab eyn man mit manheit adir mit list Irwerbit der ritter ardin, Daz silbir, daz in sime schilde ist, Ist darummc nicht guldin wordin.
649
GehOrit ouch daz golt darin Und gebruchit her nicht der ritterschaft,
615 Ocr] Dcz Ne.
627 di] sin Ne.
645 ader Ne.
[l3v]
Wappen und Heerschildordnung
dann isl der 'Bunt' L'IJ ein besonderes Feld, das andere versehe man mit einem Bild. 617
Wer dann die reehle Seite aus Silber oder aus Guld hal, der hat die beste Tat begangen im Dienst des Konigs.
621
Wenn jemand einen Vogel oder [sonsligesl Tier an seinem Schild tragt, kOnnl ihr danto sogleich folgendes erkennen (es sei zahm oder wild):
625
Ist ihm scin Gcsicht bedeekt oder sind ihm die Augen verbunden, dann war die Mutter nieht ehrenhaft, als das Wappen fUr ihn erfunden wurde.
629
Oder wenn ein langer Sirich hindurch mit ciner anderen Farbe gemall is!, wie durch den Acker eine Furche gehl, isl sein Add frtiher gewichen.
633
TragI cr ein schandliehes Wappen davon (was mir fUr einen leid tate), dann hat er gegen das Reich gehandelt und gegen die heilige Christenheit.
637
Die Tiere, die von der Natur aus wild sind, bezeiehnen die reehte Tapfcrkeit. Sie "deln die Schilde sehr, wenn sic mit Gold umlcgt sind.
641
Viel edler ist ein goldenes Feld als ein goldenes Bild. Das Silber hat den selben Wert, wenn man die Ehre vollkommen wahrt.
645
Wenn ein Mann mit Tapferkeit oder mit Klugheit den Rittcrstand crwirbt, ist doch dadurch das Silber in sei nem Schild nieht golden gcworden.
649
GeMrt aueh das Gold hinein und macht er von der Ritterschaft keinen Gebrauch,
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60
Kapitel 4
Oi gele famle salvor daz golt sin; Di bedutit ez mit ere kraft. 653
Di tir ouch, di man heldit zeam, Bedutin reehte senftmutikeid, Mit den fogeln heldit man ez alsam, Wan er nature werdit uzgeleid.
657
Furit eyner danne visehe, Di gehin in deme wallir lise, Ez bedutit sine werke risehe, Senftmutig, retig und wise.
661
Furit eyner blumen (Si sint lang adir sint kort), Daz bedutit der luthe rumen, Und daz her had eyn gudis wort.
665
Furit her bletir adir krud Adir boyme adir etzliehe fruehte, Daz bedutit, daz her obirlud Had hobiseheit und zcuehte.
669
Furit her felt in feldin, Gestuekilt adir gestriffit, Alt adil kan ez gemelden, Ah ez zewo farwe begriffit.
673
Furit man abir gezcowe Adir andirlei ding und huezrad, Daz bedutit eyne druwe Mit eyner schedeliehin tad.
677
Sibin sint der hersehilde, Also di aldin buchir uzriehtin. In den vindit man dez adils bilde, Wan man ez reeht kan uzgetiehtin.
681
Der keiser furit den adilarn, Daz der erstir herschild ist. Der konnig muez sine stad bewarn, Wo man dcz kciscrs vormist.
662 5i sin lang adir sin korl Ne. Ne. 676 schcnddicrnn Ne.
671 gemeldin Ne. 672 abez K. 681 adilarn Ne, Ba; adil am K.
L14rJ
675 drowe Ba,
Heerschildordnung
soli die gelbe Farbe das Gold ersetl.en; sic zcigt cs mit ihrcr Kraft an. 653
Die Tiere ferner, die man zahm halt, stehen fur reehte Sanftmut. Mit den Vogeln hillt man es ebenso, ,"venn ihre N atur ausgedeutet v.'i rd.
657
Tragt einer Fisehe, die sieh saaft im Wasser bewegen. bedeutet das seine lebhaften Werke, die zuglcich sanftmiitig, wohliiberlegt und weise sind.
661
Tragt einer Blumen (sie seien lang oder kurz), bedeutet das den Ruhm der Menschen. und da.-.;s er einen guten Leumund hat.
665
TragI er BHiUer oder Kri;uler odcr Biiumc oder irgendwclche Friiehte, bedeulel das, dass er bekannlermallen hofische Bildung und Erziehung bcsilzt.
669
Tragt er cin Fcld in Fcldern, gestUekeJt oder gestreift, karm das alten Adel anzeigen, wenn es zwei Farben umfasst.
673
TragI man aber Werkzeuge oder andere Dinge und Hausgcrate, bedeutel das eine Beeintri;ehligung durch cine ehrlosc Tat.
677
Sieben Heerschilde gibt es, wie die allen BUcher erklaren.
In dencn findet man das Ahbild des Adcls, wenn man es richlig inlerpretieren kann. 681
Der Kaiser tragI den Adler, was der erste Heerschild is!. Der Konig muss seine Stelle einnehmen, wo der Kaiser fehlt.
61
62
Kapitel 4
685
Ooch habin di arn eyn undirscheid: Ocz kcisers schit uf beidc sitin, Oez konnigis sin houbit treid Also vor sich an cyncr litin.
689
Den andirn konnige und erzcebischofe han, Oi forstin habin den dertin, Umme daz si sin! dcr bischofc man Wordin mit erin gefertin.
693
Den ferdin habin di grebin, Den funftin di banyrherrin, Den sechstin di ediln uzwebin, An den sibindin sieh di rittermeBigin kerin.
697
Nyman! had adil von reehte (Oaz bethe ich mir nicht V(>rkerin), Her kunne danne mit sime lehinrechte Di rittersehaft wol gemerin.
701
Wer rittermeBige luthe Czu manncn mag Vil01 gC\lIlinnc, Den schribit edil und nennit en huthe Allin endin noch deBeme synne!
705
Den rittern und knechtin Schribit man "den gestrengin", Di mit manheit und mit feehtin Der ediln dinst sullin volbrengin.
709
Also an dem sibinden gelede Di sippe nemmit eyn ende, Also muez ouch nu hinnede Der sibinde herschild wende.
713
Wcr nu von sincn cldirn \vcrc Fromelich und elichin geborn Und hette ouch sclbir behaldin ere Und warde umme manheit gekarn,
717
Oaz her lehingute beseBe, Und were frome und tagintsam, milde,
[14v]
687 houbil folgt durchgestr. vor sich. 688 an fiber durchgestr. zeu verbessert; litin nach durchgesfT. s. 689 andcrn Ne; K nach anrurn Ziisurzeichen'!. 695 Den aus Dez korrigiert. 699 sime om. Ne. 703 schribit + man Ne. 705 llnd + den Ne. 717lchinguthir jl./e.
Heerschildordnung
685
Doch gibt es zwischen de n Adlem e inen Unlerschied: Der des Kaisers sieht naeh bciden Seiten. der des Konigs Iriigl sein Hau pt vorwarts blickend. nur nach einer Scite.
689
Den zweiten LHeerschildJ haben Konige und ErzbischOfe. die FUrsten haben den drilten, wcil sic die Dicnstlclitc dcr Bischiife geworden sind mit ihren Begleitern.
693
Den vierlen haben die Grafen, den flinften die Bannerherrcn. den sechsten fullen die Adli gen aus, an den siebcnten halten sich die RittermaBigen.
697
Niemand hat rechtmaBigen Adel (das soli man mir nicht verdrehen), cs sci dClli, cr kann nach scinem Lchnsrecht den Ritterstand mehren.
701
Wer ritterm iiBige Leule als D ienstmanncn gewinncn kann. den schreibt edel lind nennt ihn heute Ubcrall in diesem Sinn!
705
An Ritter lind Knechte schreibt man mit dem Titel 'Den Gestrengen'. Sie sollen mit Tapferkeit lind im Kanlpf den Dienst fiir die Edlen ertlillen.
709
So wie mit dem siebten GIied die Sippe ein Ende nimmt, so muss auch hiermit der siebte Heerschild di e Re ihe beende n.
713
\Vcnn nun einer von seinen Ellern anstandig und ehelich geboren ware lind selbst seine Ehre gewahrt hattc und wegen seiner Tapferkeit auserwablt wiirde,
717
LehnsgUter zu besitzen, und wenn er tUchtig. tugendhafl und freigebig ist
63
64
Kapitel 5
Und SiGh gudir dinge vormeBe, Ocr quemc wol zeu dem hersehilde, 721
Oem muste eme gebin Eyn herre adir eyn [orste, Wan ez sime herrin were ebin. Daz her en furin torste.
725
Ritters ordin der ist gud Von erharn und framen luthin, Wer togintlichin darmede tud, Also ieh nu wei beduthin,
729
Wer erin ordin nu habe irtraeht,
[lSr]
Daz sagit man manchir1eie.
Noeh werdit sin mcistir wol geaeht Ane zcwifil und an gezcweie.
733
Czu deme erstin nOGh der sintflud Von Noes sone, der hiez Cham, Gewan Nemroth eynen so!chin mud, Oaz her di hersehait an sieh nam.
737
Oi luthe her do an erin dang, Der vel uf ertriche warin,
Mit gewalt zeu sime dinste twang Alz in den selbin jarin. 741
Uz sime geslechte her do laz Oi sterkistin und di kunistin man Und larte ouch di selbin daz, Wi si den andirn gesegetin an.
745
Her maehte daz allir crste heer, Oaz uf ertriehe y wart gesehin, Und stalte si zeu redcliehir weer, Wi si soldin zcu strite gehin
722 adcr Ne. 725 ordinJ folgt zweiles durchgeslr. ordin. 736 Ba, Ne] heschaft K. 745 allirerste Ne.
733-744 Gn 10,6-12.
730 DazJ dcz Ne.
Geschichte des Rittertull1<;
65
und sieh guter Taten rUhmen darf, der klinnte gewiss zu einem Heersehild kommen, 721
Den miisste ibm ein Herr oder ein FUrst geben, wenn es seinem Herrn recht ware, dass er ihn zu fUhren wagte.
Kapitel5 725
729
Der Ritterstand ist vornehm und besteht aus ehrbaren und tiiehtigen Leuten, Das gilt fUr den, der tugendhaft damit umgeht, wie ieh eueh erkHiren will, Wer ihren Stand erfunden hat, das erzahh man auf versGhiedene Weise.
Heute noeh wird sein [erster] Meister hoeh geaehtet ohne Zweifel und ohne Widerspruch, 733
Als erster hatte naeh der Sintilut, von Noahs Sohn Ham abstammend, Nemroth das Verlangen, die Herrsehaft an sieh zu reillen,
737
Gegen ihren Willen zwang er viele Menschen auf der Erde mit Ge\valt in seinen Dienst zu genau jener Zeit.
741
Aus seinem Stamm wahhe er dann die starks ten und kiihnsten Manner aus und lehrte diese, wie sic die anderen besiegen kiinnten.
745
Er stellte das allcrerste Heer auf, das auf der Erde je gesehen wurde, und formierte die Kampfer zu einer wohldurehdaehten Streitmaeht, in cler sie in den Kampf gehen
66
Kapitel 5
749
Und von dez heeris banen
Sich nicht soldin lal,in tribin. Her machte di erstin stritfanen,
Undir der si soldin blibin. 753
[ISv]
Di spitzein her recht sehiekete Vorne an sime heere.
Gar thurc her en vorstrickete Den solt umme ere weere.
757
Und den, di do menlichin tatin,
Den legite her do eyn zceichin an. Den wart do vordir ere irbothin Danne den andirn, an allin wan. 761
Hi hubin sieh an di sehilde Von den selbin zceichin.
Do nanl er iclichir eyn bilde, Daz her konde irreiehin. 765
Dit waz der ritter ordin,
Ocr sich also had irhabin. Vor Troya ist her groBir wordin
AIda von den ediln knabin. 769
Konnige, forstin vor der stad do lagin Czehin ganzce jar und lengir zcu,telde Und stetlichis slritis aldo phlagin Und irtrachtin ouch di gezcelde.
773
Oi si vor der stad ZGU ritter slugin, Den zcemete ouch daz alleyne, Daz si daz golt zcu spangin trugin (Den richin waz ez vor gemeyne),
777
781
Uf daz sy menlich werin Und deste mer noch den erin rungin Und ane alliz wedirkerin Dorch der fiende huffin drungin.
[16r]
Do Romulus Rome gebuwete, Darnach her nicht gar obirlang (In Ytalien her wenig ruwete) Di luthe her umme sich betwang.
760 me danne ,Ille. 769 Konnige + llnd Ne. 770 Ba, Ne] zcufddc K. 773 Ba, Ne] zcmittcr K. 778 Ba] dcstcmcr K, dcstc me Ne. 783 her eingeklammert Ea. 759 vordir zweites r aus n verbessert.
Geschichte des Rittertulll.s
749
lind sich nicht alls ihrer Heeresordnung vertreiben lassen sollten. Er machle die erslen Streilfahnen, unter denen sic bleibcn sollten.
753
Die Spitze bildete er vurne an seinern Heer vorteilhaft aus,
Sehr hoch setzte er ihnen [den Soldaten] den Sold till ihre Verteidigung an. 757
761
Und denen, die besonders tapfer kampften, lcgtc cr ein Zeiehen an. Denen wlIrde dann h6here Ehre erwiesen als den anderen, das ist wahr. So entstanden die ersten Semlde aus diesen Ahzeichen.
Dazu wiihlte sieh ein jcder ein Bild, das ihm vertUgbar war. 765
Das war cJer R itterstand,
der auf diese Weise seinen Anfang nalull. Vor ltoja ist er grUBer geworden
durch die cdlcn JUnglinge. 769
Kiinige [und] FUrsten lagen da vor der Stadt zehn volle Jalue und langer zu Felde und kampftcn dort bcstandig und erfanden dabei aueh die Zelle.
773
Diejenigen, die sie vor der Stadt zu Rillern schlugen , denen alleine gebiihrtc es, goldene Spangen zu tragen
(vorher war das bei den Reichen Ublich), 777
damit sie tapfer seien und desto mehr naeh Ehre strebten und ohnc zu weichen die Haufen der Feinde durchstieBen.
781
Als Romulus Rom erbaute, nicht allzu lang danaeh (in Italien melt er ganz und gar mcht stille) bezwang er die Leute rund urn sich,
67
68
Kapitel 5
785
Rome nam von erne sere zcu
Und wart cyn stad groz und wit. Dez mustin di Romer erbeit thu U nd hildin ouch gar manchin strit. 789
Di romischin borger si besantin
Und liBin er aHir namen beschribin, Di si do starg und wcrhaftig irkantin Und gerade warin an erin libin, 793
Uz tusindin si do eynen uzkorin, Ocr mcnlich waz von simc muthe Und von fromen eldirn geborin.
Den sacztin si dcn andirn zcu huthe 797
Und gabin erne sine guthe fry, Oi her enphing do zcu lehene, Daz her eyn ritter solde sy Und sterkir danne andir zcwene,
801
Sy nanten en do 'myles'.
Der name bedutit in dem latin, Daz her wole wert were des, Daz her obir di tusint sol de sin.
805
DeBir ritter wart eyne groBe sehar, Sy warin alle uzmelinge, Er manheit di wart do uffinbar An mancheme grollin dinge,
809
Julius waz der selbin eyner, Der ouch darnach eyn keiser wart, Und der waz undir en nicht eyn kleyner, Also uns sin lebin daz uffinbart.
813
Darnach, also di cristinheit Dez riehis hatte enzeabin, Do wart der ritter werdikeid Gar groillichin ouch irhabin
817
Und der werdin ritter ordin Gancz darnach vollinkommcn, Nu ist her leidir swach gnug wordin, Sin ere werdit erne benommen
796 Ba, Ne] zcuhuthe K.
797 gutir ,Ille.
798 lene Ba, Ne.
[16v]
Geschichte des Rittertulll.s
785
Rom wuchs durch ihn sehr und wurdc cinc grollc und wcillaufigc Sladt. Dadurch mussten die Romer MUhen ertragen und bestanden sehr viele Kampfc.
789
Die romischen Biirger beslellten sie ein und lieGen die Namen all derer aufschreiben, die sic als kraftig und wehrfiihig bcfanden und deren Korper gerade gewaehsen waren.
793
Aus Tausenden wHhlten sie einen aus,
der von lapfcrcr Gcsinnung war und aus einer guten Familie stammte.
Den selZlen sic als Aufseher fUr die anderen ein 797
und gaben ibm seine GUIer frei, die er als Lehen empfing, damil er Ritter sein sollIe uDd ~tarker aJs zwei andere zusammen.
80 1
Sie nannten ihn 'miles'.
Der Nanlc bcdeulel auf Lalein, dass er es zweife110s wert ware, den Tauscnd voranzustchcn.
805
Von diesen Rittern gab es bald eine grol\e Schar. Sie waren aile herausragend. TIlfC Tapferkeil wurde offcnkundig an vielen graBen ThIen.
809
Julius war einer von ihnen,
der auch spater Kaiser wurde, uDd er Will:" unter ihnen kein unbedeutender. wie uns sein Leben zeigt. ~13
Danaeh, als sieh die Chrislcnheil des Reichs angenommen hatte, nalm die Wiirde der Ritter liberaus stark zu
817
und der Stand der wiirdigen Ritter wurdc dann ganz vollkommen. Jelzt iSI er leider sehr heruntergekommen, seine Ehre wird ihm genom men
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70
Kapitel 5
821
Yon roubern und von dybin, Di sieh sere undir sy nu gebin. Di wUGhirsetzGe ZGU sere en lybin
U nd gar festc an en klcbin. 825
Hi vor wan eyner ritter "vart, Daz en eyn herre darzGu geslug. Sa waz her zeuhaut daruf gekart, Wi her sime ordin tede gnug.
829
Tn di kerchin her danne ging
Also cyn fromer cristin man.
Undir melle her den ordin enphing Von cyme pristir wol gctan. 833
[17r]
Der gebenedigete em sin swert, Sinen ritters gesmug und sporn. So \vart her vor gote cyn ritter \vcrt. Der eid def \,vart von eme gesworn,
837
Daz her di heiligin cristinheid Allczeid woldc varfcehtin Und daz em dez richis schade were leid, Noeh den bcsehrebin keiscrreehtin,
841
Ouch daz her wetwen und weisin W (ilde allezeid beschiirin Und si sehutzein var allin frcisin Und deme frefiln unrechte stUrin,
845
Oi ketzcer und ungloubigin heidin Und di audirn biisin eristin Brenge wolde zcu leidin
Und er keynen gerne fristin. 849
Sa stiez em daune an sine hand Der pristir eyn guldin fingirlin, Daz her darmcdc warde varmand, Daz her gate hilde di truwe sin.
823 wuchirschelze Be wuchirschelzce lVe. 830 cristinman Ne. 832 wolgelan Ea, 835 Ea, Ne] vorgote K. 838 vor vechtin Ne. 839 Und dez richis schade em Ne. were leid lVe. 842 K ab ii unleserlich, }vohl aus beschermin verbessert, beschefllle Ba, beschurin Be, Ne. 844 sturin Be, Ne.
Geschichte des Rittertul11'5
82 1
von R,;ubem und Dieben, die sich jetzt schr unter sie mischen. Wuchen.insen sind ihnen allzu lieb und kleben sehr fest an ihnen.
825
Wenn frtiher einer Ritter wurde, indem ein Herr ihn dazu schlug, so war er sofort darauf aus. seinem Stand Genlige zu tun.
829
Tn die Kirche ging er da als ein gutcr Christ. Wahrend der Messe wurde er in den Stand aufgenommen von einem ordentliehen Priester.
833
Der segnete ihm sein Schwer!. seinen ritterli chen Schmuck uno seine Sporen.
So wurde er vor Gou ein wiirdiger Ritter. Der Eid wurde von ihm geschworen, 837
dass er fUr die heilige Christenheit aJlczeit ldimpfen wolle und der Schaden des Reiches ihm verhasst sei, nach den aufgcschricbcncn Kaiserrechtcn,
841
auch dass er Witwen und Waisen aJlezeit verteidigen woUe und sic vor jcdcr Gcfahr schlitzen und dem freveJhaften Unrecht Einhalt gebieten.
845
dass er den Ketzern und ungltiubigen Heiden und den andcren schlcchtcn Christen Leid zufiigen uno keinen von ihnen gem e schonen wolle.
~49
So steckte ihm dann an seine Hand der Priester einen goldenen Fingerring. damit cr dadurch daran gcmahnt werde, Got! seine n eue zu halten.
71
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Kapitel 5
853
Wan dit also waz geschehin,
So wart erne daz gesatz vor recht, Daz her nicht solde uf der straBe gehin Ane diner adir ane kneeht. 857
Delle ritter irhubin sieh zcu erst also, Noch der aldin buchir sagin, Geseynit von dem babiste Silvestro Und von Constantino geslagin.
861
Dit ist der fromen ritter ordin U nd ere der werdin rittersehaft. Abo sint vel forstin ouch ritter word in, In den der eristin gloube haft.
865
Also had ouch keiser Karl der grolle Und keiser Henrich von Babinberg In der heiligin eristinheit scholle Vollinbraeht mannig edit werg
869
Und vel andir konnige und forstin, Der nieht nod hi ist zeu nennen,
L17vJ
Oi sich noch Wgindin liBin dorstin. Wir sagin von den, di wir w01 kcnncn.
873
Vou Doringin lantgrafe Lodewig, Sente Elsebefhin elichir man, Had gehaldin manehin hertin krig. Dannoch so nam her sieh dez an,
877
Daz her in sime nuenzcendin jar
In der stad zeu Ysenaehe In sente Georien kerchin vor war Liez sich zcu eyme ritter mache. 881
885
Undir der homelle dit gesehaeh. Eyn bisehof seynete erne daz swert, Mannig edclir man daz ansaeh, Her vorgab do harnaseh und pherd.
[ISr]
Czwelf junge ritter mit erne wordin. Wi mcnlieh her eyn forste waz! So enphing her gotliehin sinen ardin. An deme achtin tage geschach daz
854 gesat Bu. gesatzt Ne.
864 cristingloibe Ne.
879 vonvar Ba, Ne.
Geschichte des Rittertull1<;
853
Wenn dies gesGhehen war, durfte er naeh dem S tandesreeht niGht auf die StraBe gehen olme Diener oder Knecht
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Diese Ritter wurden zum ersten Mal so eingesetzt, wie es die alten BUcher sagen,
dureh den Segen des Papstes Silvester und den Ritterschlag Konstantins, 861
Das ist der Stand der guten Ritter und die Ehre der wiirdigen Rittersehaft So sind viele FUrsten aUGh Ritter geworden, in denen der christliche Glaube verankert war.
865
So hat aueh Kaiser Karl der GroBe und Kaiser Heinrich von Bamberg
im Seholl der heiligen Christenheit viele edle Werke vollbracht 869
und viele andere Konige und FUrsten, die man hier nicht nennen muss, die es nach Tugenden dUrstete.
Wir sprechen nun von denen, die wir gut kennen.
873
Landgraf Ludwig von ThUringen, der Ehemann der heiligen Elisabeth, hat viele harte Kriege bestanden. Danach unternahm er es,
877
sich in seinem neunzehnten Jahr
in der Stadt Eisenach, und zwar in der Sankt-Georgs-Kirche, zum Ritter wei hen zu lassen. 881
Wahrend des Hochanlts gesehah das. Ein Bischof segnete ibm das Schwert, viele edlc Manner waren Augenzeugen, er verschenkte da RUstungen und Pferde.
885
Zwolf junge Manner wurden mit ihm Ritter. Was fUr ein tapferer FUrst war cr! So empfing er nach geistlichem Ritus seinen Stand. Am achten Tag geschah das
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74
Kapitel 6
889
Sente Petirs und Paueb do, Ocr liebin apostiln beide. Tn der kronikin vindit man ez also, Di kan uns dez beseheide.
893
N u sehit abir in deBin spigil her Und lernit rechte ritter werdin Und kommit gotliehin forehtin ncr Und den togintlichin geberdin!
897
So mogit if UGh baz besGhowin, Ab uch saldin adir gutis gebricht, Und di heidenische wise abegehowin. Und schemit uch eristliehir werke nieht!
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Ez solde ouch nymant ritter slahin Danne eyn edeler, fromer ritter, Von deme man mochte Ichin enphahin Und deme di untogunt were bitter.
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Nu werdin ritter in dellin gezcitin, Dez etzliche nieht vcle ere habin Und nicht getorrin in di turney rithin. Wer weI cn der ritter cid nu stabin?
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Von den rittern muez ieh spreehin vorl. Oi vindit man wol drierlei, Also ich han gclesin und gehort. Di erstin di guldin nicht eyn ey,
913
Si haben wedir di ere noch gud. Also warin ritter, di daz begingin, Daz si vorgollin Cristus blud U nd en an daz ernzee hingin.
917
Si warin Pilatus dez richters knechte, Glich also nu die bOthile sint, Und von uncndelichcm geslechte Und darzcu dez tutilz kinl.
906 Dcz] der Ne; vel Ne. 919 unedelichern Sa.
914-922 To 19.23-24.
910 Dil def Nc.
913 eli om. Ne.
[18v]
914 warin + eli Ne.
Drei l\rten von Ritrern
889
naeh dem Fest von Sankt Peler und Paul, der bciden hochverehrten Apo, tel. Tn der Chronik fondel man das so aufgezeiehnet, die kann uns dariibcr Auskunft gebcn.
893
Nun seht wieder in diesen Spiegel hier und lernt, gute Ritter zu werden, und nahert euch der Gottesfurcht und dem tugendhaften Yerhalten!
897
Auf diese Weise kGnnt ihr euch besser erkennen lund sehen], ob cueh Hei! oder Gut fehlt. und das heidnisehe Yerhalten ausmerzen. Und sehamt eueh ehristlieher Werkc nieht!
90 l
Es sollte aueh niemand anderer den Ritterschlag erteilen als ein edler. guter Ritter. von dem man ein Lehen empfangen konnle uod dem die Untugend bitter ware.
905
Nun werden wr heutigen Zeil etliche [MUnner] Riller, die nicht vic! Ehre bcsitzen und sich nicht einmal trauen. ein Turnier zu re iten. Wer will ihnen nun den Rittercid abnehmen'?
Kapite16 909
Ubcr die Ritter mlL" ieh noch mehr sagen. Yon ihnen fondel man drei Anen, wie ieh gelesen und gehiirt habe. Die ersten waren Dieht ein Ei wert,
913
sie haben weder Ehre noeh Besitz. So waren die Riller. die Christi B lut vergossen und ibn an das Krenz hang ten.
917
Sic waren Kncchte des Riehters Pilalus, tihnlieh wie heute die BUttel, und stammten aus einem ehrlosen Gesehleeht und waren aullerdem Kinder des Teufels.
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Kapitel 6
921
Oaz prufit man bi der kleidir spel, Oaz an dcr femestad gcschach, Wan eris gutis dez waz niGht vel,
Ocr toginde und eren en gebrach. 925
In deBir basin ritter ordin Gehorin di untogintlichin man, Di do struthin und ouch mordin Und keyne ere uf erdin han.
929
Di andirn, di ouch ritter wollin sy, Di habin von den ediln er !chin, Ab nu wol er guthir sint fry, Doeh si erin ordin nieht wol begehin,
933
Wan sy sim wedir den eristin gloubin. Wetwen und weisin si al1ezcid machin,
Sy nerin sich andirs nicht wan mil roubin Und mit anOOn unerliehin sachin, 937
Wan si vor eyn dorf gerinnen Und nemen armen luthin er villi Und lip und gut en angewinnen, Di bilcher obir meer soldin zcihi.
941
Di selbin torechtin geeke La/lin da er manheid beschowin Und werdin ritter obir kuwedrecke. Oi armen sy dorch er ketile howin.
945
Nu merkit umme di freidigin degin, Wi sy darzeu er ere bewarin,
L19rJ
Wan sy den klostirnunnen enzcegin Und kegin en also rittirlichin varin, 949
Und ab sy ouch frome cristin sint, Oi clostir und kerchin wollin vorterbin Und darmede nerin ere kint Und wollin di schone beerbin!
953
Wi mogin si er ere wol bewarin
Mit tintin und mit papire, Di babist und keiser heisin sparin Und von alleme roube vyre!
933 cristingloibin Ne. 935 Ne I fehll K, Sa. 946 cr r-Bogen ver/angert, korrigierter Buchsfahe? verbessert.
938 vihe ,Ille.
940 zcihe Ne.
953 cr aher durchgesfr. \tVorl
Drei l\rten von Ritrern
92 1
925
Das sieht man an dem Spiel urn die Kleider, das an der Riehtstattc geschah, denn sie haUen nicht viel Besitz, an Tugenden und Ehre fehlle es ihnen. Zu dem Stand dieser sehlechten Ritter gehoren die tugendlosen MUnner,
die rauben und mordcn und keine Ehre auf Erden haben. 929
Die zweiten, die auch Ritter sein wollen,
haben von den Edlcn ihr Lehen, aber obwohl ihre GUter frei sind. verhalten sic sieh nieht standesgemaB, 933
delm sie handeln gegen den christlichen Glauben. Sie machen allezeit Witwen und Waisen, sic crnahren sieh dureh niehts anderes als dureh Raub und andere unehrliche Dinge,
937
wenn sie zu einem Dorf schnell hinreiten und armen Lenten ihr Vieh stehlen und ihnen Leben und Besitz rauben ,
wo sic doeh besser Uber das Meer fallren soli ten. 941
Diese Wriehten Geeken stellen da ihre Tapferkeit ZUf Schau und werden 'Ritter liber Kuhdreck·. Die Armen prligeln sie durch ihre Kittel hindurch.
945
Jetzt schaut sie euch an, die mutigen HeIden, wic sie aullcrdem ihre Ehre bewahren, indem sie den Klosternonnen die Fehde anklindigen und sich ihnen gegeniiber so ritterlich benehmen,
949
dass sic als gute Christen die KlOster und Kirchen zu Grunde rich ten wollen und damit ihre Kinder ernahren und diesen ein reiehes Erbe hinterlassen!
953
Wie konnen die ihre Ehre bewahren mit Tintc und Papier, die Papst und Kaiser zur Schonung und zum Verzicht auf allen Raub auffordern!
77
78
Kapitel 6
957
Man mag sy wol anschuwin,
Di guldin cleidir tragin an, Dy si von geistlichin jungfrowin Also ebinturlichin irfochtin han. 961
Delle genantin kuweritter Oi sint noch gar manchirlei. Ez warde en werliehin wol bittir, Retin sy in eynen torney.
965
Si word in villichte ser geslagin
L19vJ
Von fromen rittern und knechtin, Oi vornommen hettin der jungfrowin c1agin Und eyn solehis lastir bedechtin. 969
Di also gar unerliehin roubin Und basis geniBis al1ezcid waldin Und wedir er truwe noch den gloubin, Sundirn dibe und morder haldin,
973
Mit den si bute und glichin teil nemen, Und cleidin sich schlin und tragin golt Der c1eidir mUchtin si sich wol schemen, Wan god ist en gram und nymant holt.
977
Der prophete Ysaias der spricht: Sage mir rauber, waz ist din gloube? Meynstu, daz ouch eyn andir nicht Dieh wedir moge ouch beraube?
981
Von roubin werdit man seldin riche,
Wan her uf arme luthe geschet. Daz gud daz sal em wedir entwiche Und sine kindir werdin gesmehet. 9g5
Sente Gregorius schribit dar von In eyme syme meistir buche, Wi ez darumme werde gethon Noch deme gotlichin fluche:
974 schone Ne. 985 darvon Ne.
977-980 Is 33, 1.
981 roubc Anm. Ba. 986 meistirbuche Ba, Ne.
982 gcschchct Nc.
985 Gregorius-Zitat nicht identifizieTt.
[20r]
984 gcsmct Ea.
Drei l\rten von Rittern
957
Man kann sie so reGht bewundern,
wie sie goldene Klcider tragen, die sie von geistlichen Jungfrauen so hcldenhaft erkampft haben. 961
Von diesen erwahnten 'Kuhrittern' gibt es noch viele. Es wiirde ihnen wahrlich reeht bitter werden, ritten sie ein Turnier.
965
Sie wUrden womoglich hart geschlagen von tapferen Rittern und Knechten, die die Klagen der Jungfrauen vernommen htitten und eine solche Freveltat bedaehten.
969
Die so vollig ehrlos rauben und immer sGhlimmen Nutzen ziehen
und weder Treue noeh Glauben halten, sondern Diebe und Morder anstellen, 973
mit denen sie Beute machen und davon ihren Anteil nehmen, und sieh schon kleiden und Gold tragen fur diese Kleider so11ten sie siGh grUndliGh sGhamen, denn Gott ist ihnen gram und niemand hold.
977
Der Prophet Jesaja sagt: Sage mir, Rauber, was ist dein Glaube? Meinst du, dass nieht ein anderer aueh dich wieder berauben wird?
981
Durch Raub wird man selten reich, zumal, wenn er an armen Leute geschieht. Der Besitz wird ibm wieder verloren gehen, und seine Kinder werden veraGhtet.
985
Der heilige Gregorius sagt darUber in einer seiner gelehrten Schriften, wie es darum stehe
nach dem gottlichen Huch:
79
80
Kapitel 6
989
Wer nieht mit unreehte wei vorlisin In alle dem, dcz her beginnet, Der sa1 sine narunge uf erdin irkisin, Daz her sin gud mit reehte gewinnet.
993
In deme sehadin ez alliz yorterbit Den selbin luthin zeu angesiehte, Waz man suntlichin unerliehin irwerbit, Daz ez hindinnoeh werdit zeu niehte.
997
Dy dertin ritter sint edil alleyne, Di do werdin zeu den gezcitin, Wan herrin, forstin umme nutz gemeyne Und umme reehte sache stritin
1001
Adir umme eynes landis frede Adir wedir ketzcer adir di heidin Adir wedir di bosin eristin darmede, Dy den armen luthin leidin,
1005
Adir ab si zeihin zeu dem heiligin grabe U nd laBin sieh do zeu ritter seynen. Yor frome ritter ieh deBe habe, Wan salde und heil mag en begeyne.
1009
DeBe ritter werdin recht geslagin Und mogin di cristinheit gezcirin. Dy andirn halde man vor zeagin, Sy getorrin yor lastir nieht tornirin.
1013
Er galt daz ist mit kupphir gemengit, Daz sy an erin cleidirn !ragin. Wundir ist ez, daz man ez en vorhengit, Oi noch keynen erin fragin.
1017
Sullin sy ouch ymande enzeegin Und en di fede yorhen melden, Wan dannoeh er brif ist undir wegin, So rynnen si gereite in den feldin
1021
Adir bewarin sich an eyner stad Und griffin andirswo di wile zeu.
L20yJ
995 sW1Llichin + und Ne. 996 nach hindinnoch ein Buchstabe t getilgt. 999 herrin + und Ne. 1008 bcgcincn Ba, bcgcyncn Ne. 1011 vorzcagin K. 1015 Erstes cz om. Ba, Ne. 1017 enzcegin zweites e aus a korrigiert. 1018 em Ne. 1019 dan noch Ne.
Drei l\rten von Rittern
989
Wer nicht mit Unrecht Yerlust erleiden will in allem, das cr anfiingt, der soil sich seine Nahrung auf Erden so suchen, dass er sein Gut reehtmaBig erlangt.
993
Mit Sehaden verdirbt alles vor den Augen dieser Menschen, was man siindhaft und unehrlieh erwirbt, sodass es hernaeh zunichte wird.
997
AI1ein die dritten Ritter sind edel, die dann dazu werden, wenn Herren und FUrsten fUr den gemeinen Nutzen und cine gereehte Sache kiinlpfen
1001
oder fUr den Frieden eines Landes oder gegen Ketzer oder die Heiden oder aueh gegen die schlcehten Christen, die den annen Leuten Leid zufUgen,
1005
oder wenn sie zum heiligen Grab ziehen und sich dort zum Ritter segnen lassen. FUr gute Ritter halte ich diese, dcnn Seligkeit und Heil konncn ihnen zuteil werden.
1009
Diese werden reehtens zum Ritter geschlagen und konnen eine Zierde fUr die Christenheit sein. Die anderen halte man fUr Feiglinge, sie wagen es aufgrund ihrer Schiindlichkeit nicht zu turnieren.
10 13
lhr Gold, das sie an ihren Kleidern tragen, ist mit Kupfer vermischt. Es ist ein Wunder, dass man ihnen das erlaubt,
die sich nicht fUr die Ehre interessieren. 10 17
1st cs sowcit, dass sic jcmandcm ctwas strcitig machcn und diesen Leuten die Fehde vorher ankiindigen, lauf! es so: Wahrend noch ihr Brief unterwegs ist, reiten sie schon gerUstet ins Feld
1021
oder halten sich an einer Stelle zurUck und grcifcn indcsscn andcrswo an.
81
82
Kapitel 6
Er danne man den briff gelesin had, So ist von en gcl,in di ku. 1025
Dit ist alz er kupphirn golt, Do falscheit und untad ligit ynne, Mit deBin listin wei her Werrebolt Eynes b6sin ritters lob gewinne.
1029
SeneGa, der wiser, fromer 1erer U nd der edelir romischir ratisman, Der gebit den rittern solche ler Und hebit also zeu sprechin an:
1033
Wiltu dime fiende schadin tIm, So saHu uf keyne boBheit synne. Gang eme uffinberlichin zcu, Mit keyme falsche en gewinne.
1037
In nymandis schadin biz gekart Und tim, also ieh dir sage, Du hast danne dine ere an erne bewart
[21 r]
Vorhene dri ganzce tage. 1041
1st daz du mir dez nu nicht gestehist Und beginnest dines dingis unerlich, Undir frommen rittern du sehentlich gehist, vor eynen zcagin heldit man dich.
1045
Vegecius der weI beschribe, Wer gud zcu cyme ritter sy Und darzcu geschickit mit dem libe, Und rettit, man sullc en gebin fry:
1049
Eyn eliehir geborn ist zcu ritter gud, Der mit sime libe gehit uf gericht Und had eynen festin, starkin mud Und eyn wachindis angesieht.
1053
1st her an deme libe gesunt, Mit breitin schuldirn und brust,
1024 so folgt durchgestr. h. 1028 Eynes folgt zweites durchgestr. eynes. 1032 zcusprcchin K. 1046 Ramleinfrag libro sccundo. 1052 Ba, Ne] wachindins K.
1029 Seneca-Zilat nichl idenllllzierL
1049--64 Vegetius, 'Epiloma rei mililaris' I, 6.
Drei l\rten von Rittern
Bevor man den Brief gelesen hat, haben sie die Kuh schon gegessen. 1025
Das ist alles ihr kupfernes Gold, in dem Falschheit und Untat liegt. Mit solchen Listen will Herr Rauibold Lob von einem schlechten Ritter erlangen.
1029
Seneca, der weise und ehrenwerte Lehrer und edle romische Ratsmann gibt den Rittern die folgende Lehre und beginnt so zu sprechen:
1033
Willst du deinem Feind schaden, dann sollst du nicht auf Bosheit sinnen. Geh offen auf ibn zu und besiege ihn nicht durch Falschheit.
1037
Sei auf niemandes Schaden aus und tu, wie ieh dir sage, es sei denn, du hast ihm gegenUber deine Ehre zuvor drei ganze Tage gewalrrt.
1041
Wenn du mir das jetzt nicht zugestehst und du deine Sache unehrlich beginnst, dann gehst du zwischen guten Rittern schaudlich einher, und man halt dich fUr einen Feigling.
1045
Vegetius will besehreiben, wer zu einem Ritter tauge und korperlich dazu geeignet sei, und rat, man solle ibn frei geben:
1049
Ein ehelich Geborener ist als Ritter geeignet, der aufrecht geht und einen festen, starken Charakter hat und einen wachen Blick.
1053
1st er korperlich gesund, mit breiten Schultern und breiter Brust,
83
84
Kapitel 7
Had her ouch eynen warhaftigin munt
Und tud aile sine erbeid mit lust, 1057
1st eme der bueh dunne und cleyn, Oi arme lang und maBin dicke, Lang und starg hulle und beyn Und kan siGh zcu pherde gesGhicke,
1061
NiGht ZGU grolle fulle und wadin, Sine adun hart und wol gelenke Und mit fleische nicht obirladin, Ocr wcrdit rceht also ieh denkc.
1065
Zeu der rittersehaft gehorin Sibin erliche bisundirn vorteil, Oy den rittern von reehte gebiirin. Oi weI iGh uch bedutin eyn tei!.
1069
Daz erste ist, daz man en daz swert ezu teilit mit cyme slagc. Oaz tud eyn ritter, der dez ist wert, Und heil,it en nicht vorzcage.
1073
So seynit man ez eme darnach.
L21 vJ
1st her eyn gudir cristin man
Und ist erne zcu gotis dinstc gach, So nemmit her sich dez gerne an
1077
Und enphed sin swert mit ynnikeid Von eynes pristirs handin. Und werdit ez also niGht ummegeleid, Her trcgit cz zewar mit schandin,
1081
Wan her darmede von rechte vor di heiligin cristinheid sal Gothe zcu crin allezeid vechtc Und 'lor wetwen und wei sin obiral.
1085
Darumme nemmit her in di hant Oaz gehilzce, deme cruzce glich,
10680i] der Ne. 1061 Ba, Ne] zcugroBe K. 1065 Ba, Ne] rilleschafl K. 1069 enJ eme Ne. 1074 crlstinman Ne. 1075 Ba, Nel zcugotis K.
Standessymoole: Schwert
hat er auch einen wahrhaftigen Mund und tut aile seine Arbeit mit Vergniigen,
1057
hat er einen f1achen und strallen Bauch, lange und maBig dicke Arme, lange und kraftige Htiften und Beine und kann er siGh gut zu Pferd bewegen,
1061
hat er niGht zu groBe FUBe und Waden, sind seine Sehnen fest uud biegsam und mit Fleisch nicht Uberladen, daIlll passt er, wie ich meine.
Kapite17 1065
Zu der Ritterschaft gehoren sieben ehrenvolle besondere Privilegien, die den Rittern rechtm,mig zustehen. Die wi11 ich euch ein wenig er1autern.
1069
Das erste ist, dass man ihnen das Schwert zuteilt mit einem Schlag. Das macht ein Ritter, der des sen wUrdig ist. und er fordert sie auf, nicht feige zu sein.
1073
Danach segnet man es ibm. Wenn er ein guter Christ ist und es ilm zum Dienst fiir Gott drangt, dann nimmt er sich dessen gerne an
1077
und empfangt sein Schwer! andachtig von der Hand eines Priesters. Und wird es [ihmJ nicht auf diese Weise umgelegt, dann tragt er es walrrlich mit Schandc,
1081
denn er soli damit von Rechts wegen fiir die heilige Christenheit Gott zu Ehren jederzeit kampfen und fUr Witwen und Waisen Uberal!.
108S
Darum nimmt er in die Hand den Grill, der dem Kreuz gleicht,
85
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Kapitel 7
Daz erne darmede werde bekant,
Daz her sal opphirn dorch Cristum sieh. 1089
1093
Ez spriehit sente Augustin Tn deme buche von der gotis stad: God gebit gnade den rittern sin, Di en forchtin in aHir tad,
L22rJ
Daz si mit erin togint1iGhin synnen
In kunheid mit deme rechtin Und in demud di strite mogin gewinnen
Und menlichin ouch gefechtin. 1097
'In demud' had her gesprochin, Wan wo man stritit hochfertelichin, Do ist dez segis vii dicke gebrochin. Der kamph der tud dez selbin glichin.
1101
In der richter buche stet geschrebin, Daz di von Gaba zcu eyncn gezeitin Solche bollheit hattin getrebin Mit eyner frowin eyncs fromen levitin,
1105
Daz di Israllclischin woldin reche Und den von Gabaa daz nemen abo Und begundin, god darumme bespreehe, Der en di loube obir sy gab.
I lOY
Noch glichewol sy den strid vorlorin, Den si god zcwer geheiBin hatte. Er hOGhfard wart also groz irkorin, Daz cz si an def wirnmngc schattc.
1113
Do flehetin si gote in grollir demud Und begundin sich besinnen. Darnach wart er stritin gud, God der liez sy do gewinnen.
1117
Darum ab nu eyn grolle schar Wedir uch der fiende stritin
L22vJ
1093 erin Oln. Ne. 1094 kunheid] demud Ne. 1095 Und in demud Oln. Ne. 1104 cyner] der Ne. 1109 strid aha der Zeile nachgefragen. 1112 si] en Anm. Ba, Ne. 1118 der vinde wedir uch stritin Ne.
1089-96 Ahnlich Augustinus, 'De civilale Dei' I, 1.
1101-16 Ide 19,25 - 20, 35.
Standessymoole: Schwert
damit ihm dadurch deutlich werde, dass er sieh urn Christi willen opfcrn solI. 1089
Der heihge Augustinus sagt in dem Buch yom Gottesstaa!: Gott gibt seinen Rittern Gnade, die ihn in allen Taten flirchten,
1093
damit sie mit ihrer tugendhaften Gesinnung in Kiihnheit auf der Seite des Rechts und in Demut die Schlachten gewinnen konnen
und tapfer streiten. 1097
'In Demu!' hat er gesagt, denn wo man hochmUtig kampft, da hat es am Sieg sehr oft gefehlt. Mit dem Kampf ist es ebenso.
1101
1m Buch der Richter steht geschrieben, dass die Lcute aus Gabaa einst eine solche Bosheit getrieben hatten mit der Frau eines frommen Leviten,
1105
dass die Isracliten das riichen und es an denen yon Gabaa ahnden wollten. Und sie riehteten ihre Bitteu au Gott, der ihnen die Erlaubnis gab, gegen jene zu bimpfen.
1109
Doeh gleiehwohl yerloren sie den Kampf, den Gott ihnen wahrlich befohlen hatte. Ihre Hoffart wurde fUr so graB erachtet, dass es ihnen am Sieg schadete.
1113
Da flehten sie Gott in groller Demut an und begannen, sich zu besinnen.
Dauaeh wurde ihr Kiimpfen gut, Gott hell sie dann gewinnen. 1117
Darum, wenn nun eine grolle Truppe der Feinde gegen euch kiimpft
87
88
Kapitel 7
Und hoehfertlichin kommen dar Und ueh frevclieh anerytin 1121
Und er gesehrei maehin groz, Uf daz sy ueh irschreekin, God maehit ueh allir sorgin loz, Sin gnade kan uch bedeekin.
1125
Ist uwir herzce zcu gote gekart Und sehit dez swertis gehilzee an, Tr werdit daz obirwindin gel art, Wan ez daz eruzee bedutin kan.
1129
Von deme himmcl kommit der strit Mit sime obirwindin und angesegin. God vorieBit di sinen zeu keyner zeid. Oi mit rechte habin gekregin
1133
Und nieht tribin hoen mud Und laBin sieh uf er sterke, Den geschit darvone alliz gud. Daz sal man darane merke:
1137
Golianl den groBin, starkin man Mit sime harnasche und stangin, Den eyn heer nidlt torste bestan, Czu deme quam David gegangin
1141
Mit eyner slenkirn und sime steckin Und warf en tod mit cyme steyne, Do her eme saeh di sternen bleekin. Dit ted her und waz noeh kleyne
1145
Und braehte di heidin alIe zeu Jlueht, Oi mit heere do lagin zeit felde. Si filin in eyne vorzeagete sueht Und rumetin er gezeelde.
1149
Dez selbin gJichin ted Josue, Der di resin darnedir slug, Und ouch Judas genant Machabe, Di god zeu stritin maehte klug.
1122Ea, Ne] irseheekin K. 1130 sime am. Ne. 1146 mit + dem Ne; Ba, Ne] zcufcldc K.
1129-30 I Mee 3, 19. Mee 3, 18.
1137-48 I Sm 17, 4-51.
[23r]
1145 Ea, Ne] zeufluchl K.
1149-50 Nm 13,33.
1151-52 I
Standessymoole: Schwert
und LsieJ in Hoffart daher kommen und mutwillig gcgcn cuch anrcitcn 1121
und ihr groiles Geschrei machen, urn euch zu erschrecken,
befreit euch Gatt von allen Sorgen, seine Gnade kann euch beschUtzen.
1125
Tst euer Herz zu Gott gewandt und seht ihr auf den Griff des Schwertes, dann werdet ihr zurn Sieg angeleitet,
weil er das Kreuz bedeuten kann. 1129
Der Krieg kommt yom Himmel mit seinern Uberwinden und Besiegen.
Gatt verlasst die Seinen nie. Die rechtmaBig Krieg geftihrt haben 1133
und nicht Hoffart Uben und sich [nicht] auf ilrrc Starke vcrlassen, denen wird deshalb alles Gute zuteil. Das kaun man an folgendem sehen:
1137
Goliath, den graBen, starken Mann, mit seinem Harnisch und LseinerJ Stange, gegen den ein gauzes Heer nieht zu kiimpfen wagte, zu dem kam David gegangen
1141
mit einer Schleuder und seinem Steeken und warf ibn mit einem Stein tot, aIs er sah, dass seine Stirn ungeschUtzt war.
Das tat er und war noch jung 1145
und jagte die Heiden aile in die Flucht, die mit dem Heer dort zu Felde lagen. Sie fielen in ein krankhaftes Verzagen und brachen ihre Zelle abo
1149
Ebenso tat auch Josua, der die Riesen niedersehlug, und auch Judas Makkabaus, denen Gatt Klugheit im Kampf verlieh.
89
90
Kapitel 7
1153
DeBe dri ritter itzGunt genant
Sint uudir den Judin di bestin. Si habin gewunnen luthe und lant Und starke gemurete festin.
o werdir ritter,
1157
sich dit nu an! Hastu y zeu keynen stundin Gcfochtin adir hartin strid getan Und hast nicht obirwundin,
1161
Daz had gehindirt din hoehfard Adir di frevcle, unrechte sache, Und hast dieh kegin gote nieht bewart, Ocr dich starg kunde gemache.
1165
Wer sich uf sine jogunt und sterke Und harnasch ahcusere wigit,
An deme sal man daz wolc merke, Daz her ebinturlichin krigit. 1169
Und were ouch, daz Cristus lare
Di strite und vechtin hette vorbothin, So hette her nieht also uffinbare Gcsagit den rittcrn, di en bothin, 1173
Daz her en gebe sinen rad, Wi si ouch daz ewige lebin Soldin vordinen mit ere tad. Der rad wart en also gegebin:
lin
Si soldin nymandin vorterbin, Ocr en nicht obilz hette getan An libe, an gute adir an erbin, Her were danne eyn ungloubigir man.
1181
Si soldin en laBin gnugin An erin zcinsin und gefellin Und frede den armen luHrin fugin Und keyne gewalt obir si stellin,
1185
Dy arme luthe nieht beroubin Noeh worgin adir bcsehatzein,
1182 erin] er Ne.
1169-96 Lc 3, 14.
L23vJ
Standessymoole: Schwert
1153
Diese drei genannten Ritter
sind nnter den luden die besten. Sie haben Land und Leute erobert und stark gemauerte Festungen. 1157
0 edler Ritter, sieh das nnn an! Hast du einmal gekampft oder cine sehwere Sehlaeht gcl"oehten und hast nicht gesiegt,
1161
dann hat das deine Hoffart verhindert oder die vermessene, unrechte S ache, und du hast dieh nicht an Gott gehalten, der dieh stark hatte maehen kiinnen.
1165
Wer sieh auf seine lugend und seine Korperkratt und die RUstung allzu sehr verlasst, an dem \vird man sicher erkennen, dass er mutwillig klimptt.
1169
Und ware es so, dass die Lehre Christi Kriege und Kampf verboten hatte, dann hlltte er nicht so geradeheraus geredet zu den Rittern, die ihn baten,
1173
dass er ilmen seinen Rat gebe, wie aueh sie das ewige Leben mit ilnen Taten verdienen konnten. Folgender Rat wurde ihnen erteilt:
1177
Sie so11ten niemanden zugrunde richten, der ihnen niehts Sehlcehtes getan hat an Leib, Gut oder am Erbe, es sei denn, er sei ein UngHiubiger.
l1g[
Sie sollten sieh zufrieden geben mit ilnen Zinsen und Abgaben und den Armen Frieden sehaffen und nieht Gewalt gegen sie ausiiben,
1185
die armen Leute nicht berauben, knebcln oder mit iibermaBiger Steuer bclegen,
91
92
Kapitel 7
Oi do hettin den cristin gloubin, U nd mit wuchere zcu en kratzein. 1189
Si soldin nemen erin sold Und mit den forstin rithin, Den rechtin sachin wesin holt Und uf daz selbe ouch stritin.
1193
Hirinne vorbutit Cristus nicht, Daz man di swert nicht sulle bederben. Man suI Ie nymandin, also her spricht, Czu unrechte vorterben.
1197
Deme ritter gebit man ouch daz swert, Daz her suI Ie sturen bosin sundin, Wo her kan. Dez ist her wol wert Undir den fiendin adir den frundin.
1201
Bistu nu eyn fromer cristin man,
[24r]
Sprieht ouch sente Augustin, So nem dich cristlichir werke an Und laz den falsehin nanlen lin. 1205
Waz fromit ez, daz man dieh nennit Eynen rechtin, fromen cristin,
Wan man din lebin irkennit Mit suutliehin, basin Iistin? 1209
Lustit dich zcu habin den cristin namen,
So sich ebin ane din swert Und hab kegin gudin werkin nicht schamen, So bistu kegin gote eyn ritter wert. 1213
Daz swert werdit eyme ritter gegebin, Also spricht meistir Cassiodorus,
Daz her daz "oeh fnre sin !cbin Und ez nicht trage ummesus.
1217
£yn jungir ritter der sal gerne Czu deme schimphe rithin
1187 crisLil1gloibil1 Ne. Zeile nachgefragen.
Ne.
1188 mil wuchere zcukralzcin Ne. 1194 sulle tiber der 1201 cristinman Ne. 1209 Sa, Ne] zcuhabill K; cristinnamcn 1215 dazlloch K; darnoch Ba; darnach Ne. 1218 schimphe] i in K undeutlich.
1202 AugusLinus-Zila\ nichl identifizierL
1214 Cassiodor-ZiLal nichl idenLifizierL
Standessymoole: Schwert
die den christlichen Glauben haben, und nicht Wucherzinscn von ihncn einfordcrn. 1189
Sie sollten ihren Sold nehmen und mit den FUrsten reiten, den gereehten Dingen zugeneigt sein und fUr sie auch kiimpfen.
1193
FUr solche Aufgaben verbietet Christus nicht, die Schwerter zu nutzen. Man soH niemanden, wie er sagt, zu Unrecht zugrunde riehten.
1197
Dem Ritter gibt man auch deshalb das Schwer!, damit er bose SUnden bekampft, wo er kann. Daftir wird er wertgesehatzt unter den Feinden und den Freunden.
1201
Sist du nun ein guter Christ, sagt aueh der heiligc Augustinus, dann nimm dich christlicher Werke an und lege den falsehen NanlCn abo
1205
Was nUtzt es, dass man dieh einen reGhten. guten Christen nennt. wenn man dein Leben sieht, voll von sUndhafter, boser Arglist.
1209
GelUstet es dich, den Christennamen zu tragen, dann sieh dein Schwert genau an und habe vor guten Werken keine Scheu, dann bist du vor Gott ein wtirdiger Ritter.
1213
Das Schwer! wird einem Ritter gegeben, wie der Meister Cassiodorus sagt, damit er das in seinem kUnftigen Leben Whre und es nicht vergeblieh !rage.
1217
Ein junger Ritter soll gerne zurn Vcrgnligcn rcitcn
93
94
Kapitel 8
Und sal mit sime swerte Ierne
Beide vcchtin und ouch stritin. 1221
[24v]
1st daz man dit vor obirspelit, Wan man ez dan zcu nod sal han
Und sich mit deme vechtin quelit, So werdit ez unendelieh getan. 1225
Di wile daz man muBig gehit,
So Ierne man der ubunge gnug. Beitit man, biz sin nod geschehit,
So kan man sin obil werdin klug. 1229
Wi kan eyn unvorsuchtir man, Der glich ist eyme jungin welffe Dnd der wise darzcu nieht kan, Mit dem swerte sieh behelffe?
1233
Oi aldin ritter sullin en lerin, Di do sint der liste vol, Wan sich dez jungin jar gemerin,
Daz her sich kunne behelffin wol. 1237
Nu sieh abir daz gehilzce an, Daz du heldist in diner hant, Dnd Ierne, gotis forehte han; Daz eruzee maehit dir daz bekant.
1241
Alfocius der meistir dich daz lerit, In allin dingin, di du antribist, Wiltu danne blibin unbeswerit, Daz du daz cruzce vor dich schribist.
1245
Cralt uud macht wei god gcbin Sinen gloubigin, fromen ritterin, Dy du furin eyn cristlichis !cbin;
[25r]
Man sal sy allezcid gerne erin.
1221 vor + nieht Ne.
1224 lmcdclich Ba.
Ne.
1241 Alfonsius-Zital niehl identifiziert.
1244 Ba, NeJ vordich K.
1247 dul do
St<:llldessymoole: Ring
und soil lernen, mit seinem Schwert zu feehten und zu Jdimpfen. 1221
1st es so, dass man das yorher nieht ernst nimmt, wenn man es dann im Notfall braucht und sieh mit dem Kampfen qualt, so wird es Ldas KampfenJ schlecht getan.
1225
Solange man Zeit dafUr hat, Ube man sieh bestandig. Wartet man, bis es gebraucht wird, kann man dadureh anf sehlimme Weise klug werden.
1229
Wie kann ein unerfahrener Mann, der einem jungen WeI pen gleicht sieh mit dem Sehwert helfen, mit dem er nicht umgehen kann?
1233
Die alten Ritter sollen ihn unterrichten, die vall Klugheit sind, damit der junge, wenn er Wter wird, sieh damit gut hclfen kann.
1237
Jetzt sieh abermals den Sehwertgriff an, den du in deiner Hand haltst, und Ierne, Gottesfureht zu haben; das Kreuz tut dir das kuud.
1241
Alfonsius der Meister lehrt dich, dass du bei allen Dingen, die du beginnst, wenn du ohne Schaden davonkommen willst, das Kreuz vor dich schlagen solis!.
Kapitel 8 1245
Kraft und Starke will Gott seinen gJaubigen, tiichtigen Rittern geben, die ein christliches Leben fiihren. Man soil sie allezeit bereitwillig ehren.
95
96
Kapitel 8
1249
Man gebit eyme ritter daz fingirlin
Von golde und edilme gesteync. Dit mag daz andir kleynote sin,
Daz ich an cmc ouch mcync. 1253
Daz fingirlin ist a1umme zeu, Sin ring der had keyn ende. Dez ritters truwe bedutit ez nu, Di sal ouch nergin wende.
1257
Daruffe stet eyn ede1ir steyn,
Daz ist der eristin glonbe. Kegin gothe sy di truwe reyn, Und laBe sieh der nieht beronbe. 1261
Der steyn ist edil und ist ture Und ist luttir und gar feste. Her vorbornit nieht in deme fure. DeBe truwe ist di allirbeste,
1265
Dy eyn fromer ritter haldin sal Kegin gothe und der eristinheid Und nummer gethun den abefal Wcdir dorch lieb adir dorch Icid.
1269
Sine sele und sine ere Sal her vor nymandin setzein, Den eristin gloubin ouch mere Und di ungloubigin vorletzein.
1273
L25vJ
Dorchluttir und ouch reyne
Sal dez ritters gloube blibin Und feste also di ediln steyne, Und keynen bosin gloubin tribin. 1277
Keyner edcler, beBir steyn uf erdin, Spriehit sente Augustin, Noeh riehir sehaez mag gewerdin, Danne der gloube mag gesin.
1258 cristingloibc Ne. 1270 vornymandin K. Dorchlutir Ba: Dorch luttir K. 1277 Keyn Ne.
1271 cristingloibin Ne.
1277-98 Pseudo-Augustinus. 'Sermones dubii', Senno 384.
1273Ne;
St<:llldessymoole: Ring
1249
Man gibt einem Ritter den Fingerring
aus Gold und [einem] Edelstein. Das kann das zweite Kleinod sein,
auf das es mir bei ibm ankommt. 1253
Der Fingerring ist rundum geschlossen, seine Kreisform hat kein Ende.
Das bedeutet nun die neue des Ritters, die soli sieh aueh nie verkehren. 1257
Danmf ist ein Edelstein befestigt,
das ist der christliche Glaube. Zu Gatt sei die Treue rein, und er [der Ritter] lasse sieh die nieht nehmen. 1261
Der Stein ist edel und ist wertvoll, und ist klar und sehr hart. Er verbrennt nieht im Feuer. Diese neue ist die allerbeste,
1265
die ein guter Ritter halten soli zu Gott und der Christenheit und von der er niemals abfaIlen soIl, nicmandcm zulicbc noch zulcid.
1269
Seine Seele und seine Ehre soli er niemandem verptanden, den Christenglauben aueh mehren und die UngHiubigen bekfunpfen.
1273
Durch und durch lauter und auch rein soli des Ritters Glaube blciben und hart wie die Edelsteine, und er soli keinen schlechten Glauben Uben.
1277
Es kann kein edlcrer, besserer Stein anf Erden, sagt der heilige Augustinus, und kein reieherer Schatz entstehen, als es der Glaube sein kann.
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98
Kapitel 8
1281
Sin Graft di machit di sele gesunt
Und di blindin, daz si sehin, Di totin lebinde ouch zcustunt Und di lamen, daz si gehin, 1285
Di krankin her ouch sterkit Und machit di toubin, daz si horin, Den bosin menschin, daz her gud werkit, Di suuder kan her ouch vorstOrin.
1289
Her brengit en di herzce zcu ruwin
Und machit eli ungereehtin recht, Her mach it frome den ungetruwin,
Der vor ouch waz dez tufilz knechl. 1293
Her kromt di rechtin mertelere, Di gerne dorch god uf erdin lidin, Und brengit si in groBe ere, Ab si doreh god zeu reehte stridin.
1297
Her beheldit di pristir und ritterschaft In erin und ouch in werdin. Wo ist der steyn, der solche kraft Y groBir gcwunnc uf crdin?
1301
Keyn ding daz weiehit also swinde Dez eristingloubin festikeid, Also daz her stetin frede vinde Und von den ketzcern nieht tide leid
1305
Adir von den snodin heidin, Di en stetlichin veehtin an. Von deBin selbin beidin Oi cristin er obirwindin han.
1309
Wan daz fuer stille lid, Daz man ez nieht blesit noch tribit Mit den belgin zeu allir zeid, Ane grolJe hitzee ez btibit.
1313
Nu muBin wir darzcu habe
L26rJ
Blasbelge und di wedele. Di phaffin legin den ketzcern ab, Den heidin di cristin edele.
1289 di] liber der Zeile nachgetragen. Ba, Ne. 1316 cristin] ritter Ne.
1315 Be, Ne] di ketzcer K, di ketzer Ba; abe
St<:llldessymoole: Ring
1281
Seine Kraft macht die Seele gesund und die Blinden sehend, die Toten weckt sie sofort auf und Hisst die Lahmen gehen.
1285
Die Schwaehen starkt er auch und bewirkt, dass die Tauben horen. Er sargt dafiir, dass ein schlechter Mensch gute Taten vollbringt, die SUnder kann er auch beunruhigen.
1289
Er bringt ihre Herzen zur Reue und macht die U ngerechten gerecht.
Er macht den Ungetreuen rechtschaffen, der varher ein Knecht des Teufels war. 1293
Er krant die rechten Martyrer, die gerne fUr Gott auf der Erde leiden, und bringt sie zu groBer Ehre, wenn sie till Gott rechtmaJlig karnpfen.
1297
Er halt das Priestertum und die Ritterschaft in Ehre und in Wiirde. Wo gibt es einen Stein, der je groBcrc Macht auf Erdcn gcwinncn wUrdc?
1301
Nichts weicht so rasch die Bestandigkeit des christlichen Glaubens auf, als wenn er dauerhaften Frieden findet, und von den Ketzern nicht Leid erdulden muss
1305
oder von den schnoden Heiden, die ihn dauernd anfechten. Durch diese beiden LHeiden und KetzerJ haben die Christen ihren Sieg.
1309
Wenn das Feuer still liegt und man es nicht standig mit Blasebiilgen anbHist und anfacht, bleibt es ohne grolJe Hitze.
1313
Deshalb brauchen wir dazu Blasbtilge und Wedel. Die K1eriker legen den Ketzern das Handwerk und den Heiden die edlen Christen.
99
100
Kapitel 8
1317
Johannes mit dem guldin munde Had uns also beschrebin: Phaffin und ritter sint Cristus hunde, Mit den sinc fiende werdin vortrcbin.
1321
Oi ketzcer telgin di phaffin gerne, Di heidin der cristin edil luthe, Hirinne mag man daz wol Ierne, Waz obilz uns daz selbe beduthe.
1325
L26vJ
Hindirtin di phaffin di ketzcer nicht, So hettin si crin ganzcin willin. Wan der cristin ritter numme vicht,
Wer kan di heidin danne gestillin? 1329
Hettin di roubischen wolffe frede Yor den hertin und den hundin, Sy begingin sich also darmede, Oaz wenig schalle wordin fundin.
1333
Dit ist der steyn, daz fingir1in: Beide di ritter und eli phaffin, Di bieynandir soldin ,yn, Also si god darzcu had geschaffin.
1337
Oaz golt dez menschin herzce sterkit, Spricht der meistir arczt Avicenna. Oaz ez groBe ding von naturin werkit, Oez ritters fingir sal ez enpha.
1341
Darum ez der gohfingir tregit,
Wan sin adir zcu dcm herzcin gchit. Oez herzcin kraft ez bewegit, Oaz der puis mechticlichin slehit. 1345
Oit bedutit abir dez ritters truwe Und ist siner ere eyn schonis phant. Nummcr sal en daz geruwe, Waz her gelobit mit der hant.
1322 cdilluthc Nc. 1327 cristinl am. Nc. 1338 meistirarczt Ne; meistirarzt Ba.
[27r]
1333 steyn + lmd Ne.
1317-32 Ahnlich Johannes CllIysostornus, 'De Sacerdotio' IV, 4. 1337 Avicenna, 'Kilab al-Qllanun' II, II, 2, 25; Vinzcnz von Beauvais, 'Spcculmn Naturale' VII, 14.
St<:llldessymoole: Ring
1317
Johannes mit dem goldenen Mund hat cs uns so beschrieben: Kleriker und Ritter sind Christi Hunde, mit denen seine Feinde vertrieben werden;
1321
Die Ketzer wiirden die Kleriker gem vertilgen, die Heiden die christlichen Edelleute. Hieraus kann man lemen, wie schlimm das fiir uns ware:
1325
Hinderten die Kleriker die Ketzer nicht, dann konnten sie ganz ihren Willen erfUlien. Wenn der christliche Ritter nicht mehr kampf!, wer kann dann die Heiden aufllalten"
1329
Hatten die rauberischen Wolfe Frieden vor den Hirten und den Hunden, sie wiirden ein solches Leben fUhren, dass wenige Sehafe iibrigblieben.
1333
Das ist der Stein [und] der Ring: beide, Ritter und Kleriker, die beieinander sein sol1ten, wic sie Gott dazu crschaffcn hat.
1337
Das Gold starkt des Mensehen Herz, sagt der gelehrte Arzt Avicenna. Danlit es groBe Dinge durch seine Natur bewirkt, soli es der Finger des Ritters empfangen.
1341
Deshalb triigt es der Goldfinger, denn seine Ader geht zum Herzen. Er setzt des Herzens Kraft in Bewegung, soda" der Pub miichtig schHigt.
1345
Dies bedeutet wiederum die Treue des Ritters und ist ein sehones Unterpfand seiner Ehre. Niemals soli ihn das reuen, was er mit der Hand gelobt hat.
!OJ
102
Kapitel 8
1349
Daz fingir1in sa1 en vormane
Allir siner ere und gudir tete Abo dicke also her ez sehit ane, Daz her sine truwe ImIde stete. 1353
Der lerer Cassiodorus spricht: Du salt in al1e dime lebin Dine truwe und globede nieht In keyner wise begebin.
1357
Do vindit der ritter danne ynne
Sine hulffe und sine sterke, Daz her dez bestin beginne Und di toginde gerne werke. 1361
Also nu der edelir steyn ist herte, Schone und dorchsichtig,
Also sal nu sin der ritter geferte Gestrenge, togintsam und uzrichtig, 1365
Ouch feste darzcu in sime muthe,
Senftmutig in aile sime lebin, Ouch milde mit sime guthe,
Abir ane nutz ouch nicht uzgebin. 1369
Her sal weich sin also daz luttir goJt, Wer sich mit erne wei sune,
Den blisin nummer werdin holt, So ist her wise und kune. 1373
Wer den sinen ist zcu herte
U nd ungudlich zcu allir zeid,
[27v]
Der had an eme eyn bose geferte,
Sin adil in deme drecke lid. 1377
Ocr ritter sal nicht eyn lewe sy Kegin syme huezgesinde; Di em nacht und tag wonen by, Her muchte sy ungetruwe vinde.
1362Ba, Nel dorch sichtig K. 1363 dcz ritters Ne. 1378 Ne] huesgesinde Bu, huez gesinde K.
1353-56 Ahnlich Cassiodor, 'De anima' X.
1373 Ba, Ne I ZCUhCl1c K.
1377-78 Sir 4, 35.
St<:llldessymoole: Ring
1349
Der Fingerring so11 ihn ermahnen an all seine Ehre und guten Taten sooft er ihn ansieht, damit er bestandig seine Treue halte.
1353
Der Lehrer Cassiodor sag!: Du sollst dein ganzes Leben lang dcinc neue und dein Versprcchen in keiner Weise brechen.
1357
Darin findet der Ritter seinen Beistand und seine Kraft, damit er das Beste anningt und die Tugenden gerne ins Werk setzt.
1361
Wie nun der Edelstein hart ist, schon und durchsichtig, so soli auch des Ritters Verhalten sein, streng, tugendhaft und zielstrebig,
1365
darUber hinaus besWndig in seiner inneren Hahung, sanftmiitig sein ganzes Leben lang und auch groBzUgig mit seinem Besitz, aber doch nicht nutzlos verschwcnderisch.
1369
Er soli weich sein wie das reine Gold, wenn sieh jemand mit ihm versohnen will, den Schleehten memals hold werden, dann ist er weise und kiihn.
1373
Wer gegenUber den Seinen zu hart ist, und allzeit olme Giite, der hat ein schlechtes Verhalten angenommen, sein Adel liegt im Dreck.
1377
Der Ritter soli kein Liiwe sein gegenUber seinem Hausgesinde; [denn] die Tag und Naeht bei ibm sind, die konnten ibm [dann] untreu werden.
103
104
Kapitel 9
1381
Her sal sy ouch nicht zcu zcertlich zcihe, Si muchtin sich daru!" lalk Und sine undirtenikeid flihe. Her rame der rechtin maSe.
1385
Di wiBheit nemmit zcu er nicht Den ediln mit sinen sachin.
Sundirn dcn mcnschin, zcu dcm si phlicht, Den kan sy wol edil gemachin. 1389
Dy wiBheit keynen man vorsmehit, Nymandin sy ouch irwelit. Wer er mit fliBe recht nach gehit, Dez hulffe si nicht vorfelit.
1393
Dy sele sy gar edil machit, Daz gem ute sy reyne smedit, Dez libis untogunt si vorsachit, Den schadin si befredit.
1397
DeBis dich alz daz fingerlin An diner hant vormane. Wiltu eyn fromer ritter sin,
So gcdenke dicke darane!
1401
Eynen fromen knecht der ritter habe - Oit stucke ist nu daz derte Von eyner sundirlichin gabe Czu aile syme geferte,
1405
Also erne gebUrit noch siner gebort
[28r]
Czu dcmc mcistin teile,
Also ir vor wol had gehort Von dez schonen adils heile,
1409
Daz von tligindin ist kommcn zcu, Von freidikeid und von sterke, Und daz crbit uf ere kindir nu, Ab si kunnen darnach gewerke.
1382 mochlin Ne. 1383 Ba, Ne] sinen K,folgf durchgesfr. Buchsfabe d. Ne] Daz K; untogunt] togunt Ne. 1396 Den] VOl' Ne.
1395 Ba,
St
1381
Er soli LaberJ auch nieht zu naehgiebig mit ihnen umgehen, sic kiinntcn sich darauf verlassen und dem Gehorsam zu ihm entfliehen. Er trachte nach dem rechten MaG.
1385
Die Weisheit nimmt nicht den Edlen mit seinen Geschiiften bei sich auf, sondern den Menschen, mit dem sic sich verbindet, den kann sie edel machen.
1389
Die Weisheit verschmaht niemanden
und bevorzugt niemanden. Wer ihr mit Eifer auf die reehte Art naehfolgt, dem hilft sic zuverHissig. 1393
Die Seele macht sie durch und durch edel, das GemUt Hiutert sie in ihrer Schmiede der Untugend des Leibes entsagt sic, yor Schaden gibt sie Schutz.
1397
An all das soli dieh der Ring an deiner Hand erinnern. Wi11st du ein guter Ritter sein, dann denke oft daran!
Kapite19 1401
Einen tiichtigen Knecht soli der Ritter haben - das ist nun das dritte StUck cincr bcsondcrcn Gabc -, wohin er sich auch hegiht,
1405
so wie es ihm hauptsaehlich aufgrund seiner Geburt zusteht, so wie ihr das yorher schon genau gehort habt, yom Heil des schiinen Adcls,
1409
das sich durch Tugenden eingestellt hat, durch Mut und durch Kraft, und das jetzt auf ihre [der Aufsteigerl Kinder vererbt wird, wenn diese sich entsprechend yerhalten konnen.
105
106
Kapitel 9
1413
Welche abir habin dez sinnes nicht, So hilffit er sterke gar cleync; Wan en der redelichkeid gebricht, So gehin sy wolc alleyne.
1417
Aristotiles der meistir sehribit, Oaz dez mensch in sele vel edeler sy Oan der lip. Waz her ouch tribit, Oaz muez sere an der sele Iy.
1421
Dez glichit her den licham Eyme krangmutigin wihe, Der do muez in deme gehorsam Sines geistis allczeid blibe.
1425
Der geist ist glieh alzo eyn man Und gebutit, waz man sulle thu. Der lip dowedir nieht kan, Her muez dem geiste dinen darzcu.
1429
Had nu der geist di redelichkeid, Also daz her ordinliehin wcldit, Ab daz deme libe wol ist leid, Daz adil her erne beheld it.
1433
Also werdin di liehamme von dem geiste Czu herschaft uf gezeogin. Wan sy dez ratis nieht mogin gcleiste, So sint sy beide darmede betrogin.
1437
Sente Iheronimus der spricht, Also ieh daz reehte kan vorste, So ist in deme wertlichin adil nicht Uf deBir erdin gutis me,
1441
Wan di ediln sint vorbundin von nod. Er danne sy tretin von fromikeit, Sy gingin vii er in erin tod Adir ledin darumme gar grollis leid.
[28v]
1427 cnkan Nc.
1417-19 Aristotclcs, 'Dc gcncrationc animalimn' 731b. generatione animaliurn' 738b.
1421-25 Aristotclcs, 'Dc
1437 Hieronyrnus-Zitat nieht identifiziert.
St
1413
Die, die aber keinen Verstand haben, denen hilft ihre Kiirperkraft sehr wenig. Wenn es ihnen an Vernunft fehlt, dann gchcn sic gcwiss ohnc Begleitung.
1417
Der Meister Aristoteles schreibt, dass die Seele des Menschen viel edler sei als der Kiirper. Was aueh immer er treibt, das Iiegt notwendigerweise sehr an der Seele.
1421
Daher setzt er den Kiirper mit cincr willcnsschwaehcn Frau gleich, der seinem Geist immcr gchorsam blcibcn muss.
1425
Der Geist gleicht einem Mann und befiehlt, was man tun soil. Ocr Kiirpcr kann nicht dagcgcn ankommcn, er muss dem Geist zu dessen Zv.'ecken dienen.
1429
Hat nun der Geist Vernunft, sodass cr der Ordnung cntsprcehcnd herrscht, auch wenn das dem KUrper unangenehm ist, bewahrt er ihm dcn Adcl.
1433
So werden die Kiirper vom Geist zum Herrschen erzogen.
Wcnn sic dazu nicht ihrc Hilfc lcistcn kiinncn, dann sind sie beide dadurch betrogen. 1437
Der heilige Hieronymus sagt:
Wcnn ieh das rceht vcrstchen kann, gibt es beim weltlichen Adel auf dieser Erde kein groBeres Gut, 1441
als dass dic Edlen cinandcr notwendig vcrbundcn sind. Bevor sie vom Guten abfallen wiirden, gingen sic cher in ihrcn Tad oder Iitten dafUr sehr grolles Leid.
107
108
Kapitel 9
1445
Eyn edeler den ediln falgin muez Mit tiigindin nnd mit sethin. Waz eyn andir tede wol umme suz, Dez muez man en gutlichin hethin.
1449
Eyn cleyne schande en beswerit VelTe mer danne eynen andirn man. Daz man eyme andirn nicht vorkerit, Do had her sere an missetan.
1453
Tud her eyne baBheit adir eyne untad, So ist sin adil darvon vortorhin. Man spricht danne, sin muthir di had Villichte en boBliehin irworhin.
1457
Were her eynes ediln mannes kint, Her hette ouch edelichin getan. Nu had man daz an em gemerkit sint, Ez en ist em nicht geborin an.
1461
Dez libis adil ist gar gud
[29r]
Noeh deme zcidliehin guthe, Abir vel beBir ist, waz man tud Noeh cyme ediln muthe. 1465
Eyn owisigir, tummer edil man, Der sieh keynerlei dingis sehemit, 1st cyme gekrlinetin esil glieh getan, Der den hundin ist vorfemit.
1469
Waz from it eyme sin edil gebort
Mit hlisin, geburischin sethin, Der wedir wise furit noch di wort
Glimphlich an keynen stetin? 1473
Waz sehadit ouch cyme geburis art, Der redeliche wise und worte kan Dnd ist vorstandin und wol gclart? Der ist wol eyn rechtir edelir man.
1459 daz am. Ne.
1460 Nel cn K, Ba.
1465 awisigcr Ne; cdilman Ne.
1465-{)7 Sprichwortlich, vgl. TPMA 'EscI' Nr. 357-365; 'Konig' Nr. J(}-20; 'Add' Nr. 44; Johannes von Salisbury, 'Policraticus' IV, 6.
St
109
1445
Ein Edler muss den Edlen folgen in Thgcndcn nnd Sittcn; was ein anderer von siGh aus tate, um das mnss man ibn freundlieh bitten.
1449
Eine kleine Schande beschwert ibn viel mehr aIs einen anderen MensGhen. Was man cincm andcrcn nicht iibc!nimmt, ist fiir ibn eine grolle Missetat.
1453
Begeht er eine Bosheit oder eine Untat, dann ist sein Adc! dadnrch verdorben. Man sagt dann, seine Mutter hat ihn womoglieh niedrig empfangen.
1457
Ware er das Kind eines edlen Mannes, dann hlltte er auch edel gehandelt. Nun hat man aber an ihm seither gesehen, dass ibm das nicht angeboren ist.
1461
Der Adel der Geburt ist sehr gut als zeitliehes Gut, dOGh viel besser ist das, was man, aufgrund einer ed1cn Gesinnung tut.
1465
Ein nnwissender, Wrichter Edelmann, der sieh fiir niehts schamt, ist einem gekronten Esc! gleich, der Lselbst] fiir die Hunde Abschaum ist.
1469
Was nUtzt einem seine edle Geburt bei sehleehten, baurisehen Sitten, wenn er weder den riGhtigen Ton nOGh die riGhtigen Worte findet, die jeweils zur Situation passen?
1473
Und was sehadet einem seine bauerliehe Herkunft, wenn er sieh klug verhalten und reden kann und verstiindig und gut gebildet is!" Der ist doeh gewiss ein reehter Edelmann.
110
Kapitel 9
1477
Wer siGh siner eldirn ouch rum it,
Daz sy riche und gar edil warin, Sin adil her darmede vortumit Und wei sin lastir uffinbarin. 1481
Der heiligir bischof sente German Umme dez konnigis missetad Czu Britanien, den wisete her von dan Und satzte eynen herlin an sine stad,
1485
Der frome waz von naturin, Wise, gotfortig und milde,
[29v]
Und wisete den konnig zcu den geburin.
Dit laBit uch aile sin eyn bilde! 1489
Vel beBir ist ez uf deBir erdin, Von eyme armen, demutigin geslechte Czu eyme herrin adir ritter zcu werdin, Danne eynem geborn herrin zcu eyme knechte,
1493
Adir daz gar eyn edelir man Mit unzcucht daz irworbe, Daz man erne di ere gewunne an Und an deme gute vortorbc.
1497
Konnig Nero und ouch Pilatus Und J ulianus der ketzcer habin Eris richtunlmes und adilz alsus Gar schemelichin enzcabin.
1501
Waz adib mochte mit en gesy'! Eyn !cstirlich !cbin sy trebin Und warin groBir schelke dry, Daz stet von en geschrebin.
1505
Eyn meistir heiBit Boecius, Der ist schaner kunste vol, Ocr sprichit eynen spruch alsus, Den magit ir vornemen \,vol:
1488 allen Ba, Ne. geborn om. llle.
[3Dr]
1491 Ba, Ne] zcuwcrdin K. 1492 Dannc + von Ne; einen Sa; 1502 lestirlich] e iiberschrieben tiber a.
1481--ll7 Vgl. 'Legenda Aurea' (Maggioni) Kap. 103. 1497-1504 Vgl. 'Legenda 1505-16 Boclhius, 'Consolalio phiAurea' (Maggioni) Kap. 84, Kap. 51, Kap. 30. losophiae' 3, 5.
St
1477
Ooch wer sieh seiner Eltern rUhmt, dass sic rcich uud sehr cdel waren, der verwirkt dadureh seinen Adel und wird sein Laster offenbaren.
1481
Oer heilige Bischof Sankt German wies wegen der Missetat des Konigs von Britannien dicscn fort und setzte einen Hirten an seine Stelle,
1485
der von Natur am; reGhtsGhaffen war,
weise, gottesftirehtig und gro6ziigig, und sehickte den Konig zu den Bauern. Oas lasst euch allen ein Beispiel sein! 1489
Viel besser ist es auf dieser Erde, von einem armen, demlitigen GesGhlecht zu einem Herren oder Ritter zu werden, als von einem gehorenen Herrn zu einem Knecht,
1493
oder dass ein edler Mann dureh ungehliriges Verhalten bewirkte, dass man ihm die Ehre abspr'khe und ihm den Besitz cntzogc.
1497
Klinig N era und auch Pilatus und J ulianus der Ketzer haben ihren Reichtum und Adel so auf sehr sehandliche Weise ausgekostet.
1501
Was flir einen Adel konnte es an ihnen geben? Ein lasterliehes Leben flihrten sie und waren drei groBe Verhrecher, das steht tiber sie geschrieben.
1505
Ein Meister heiSt Boethius, der ist vall schliner Ktinste und sagt folgenden Ausspruch, den sollt ihr euch genau anhliren:
III
112
Kapitel 9
1509
Oaz adil ist eyn lobelichir wan Und ist cyn lrommcdc clarhcit, Den di from en luthe vordinet han. Und hastu dez nicht in warheit,
1513
So machit ez dich nicht gud darzeu. 1st daz dir der toginde gebricht Und daz du ouch cdclichin mogist gctu, So hilffit dieh diner eldirn adil nieht.
1517
Aile luthe uf delleme ertriche Di sint kommcn von cyncr gcbort Und si warin mit deme adil gliche, Also ir hi vor ouch had gehort.
1521
Darumme dir nicht kunnen gegebin Dine eldirn eyn schonis adil. Furistu eyn bosis, schentlichis !cbin, Ez werdit dir zcu eyme zcadil.
1525
Ez spricht ouch sente Jheronimus, Der groBir, heiligir !crer, Von den ediln luthin alsus, Wan her ist der toginde merer:
1529
Manchir wei uf dem ertriche Vor andirn luthin edil sy, Und meynit, daz nymant si sin gliche, Und ist doch nicht dez tufiiz fry,
1533
Wan her dynit erne zcu rechte Mit sime suntlichin !cbin Glich noch eyme eigin knechte Stetlichin ane wedirstrebin.
1537
Waz adilz mag danne der gehabe, Der mit libe und sele ist eigin Und eme aile friheit gehit abc Und di sunde en gar irsteigin?
1520 ouch om. Ne. 1533 Ne] zu fcchtc Ba, zcmcchtc K. in durchgestrichen, dariiber z,u e verbessert.
1517-18 Boethius. 'Consolatio philosophiae' 3, 6. idcntifizicrl.
[30v]
1537 gchabcl gchabin K,
1525 Hieronymus-Zitat nicht
St
1509
Der Adel ist ein eitler Ruhm und cinc von aullcn kommcndc Bcriihmthcit, den siGh die tUGhtigen Leute verdient haben, Dnd hast du den nicht wirklieh,
1513
danu macht er dich nicht zusatzlich gut. Wenn es dir an Tugenden fehlt, auch wcnn du cdc! handc!n konutcst, danu niitzt dir der Adel deiuer Eltern nichts.
1517
Aile Leute auf diesem Erdreich sind von einer [gemeinsanlen] Herkunft und hatten denselben Adel, wie ihr varher schon gehort habt.
1521
Daher konnen die deine Eltern keinen schUnen Adel geben. Fiihrst du ein sehleehtes, schandliches Leben, danu wird er Lder AdelJ dir zum MangeL
1525
Es spricht auch der heilige Hieronymus, der groBe, heilige Lehrer von den edlen Leuten dies, denn er ist ein Mehrer der Tugenden:
1529
So mandler will auf Erden edler sein als andere Menschen und hat den Anspruch, dass niemand ihm glcich sei, und ist doch nieht frei yom Teufel,
1533
denn er dient ihm in Wahrheit mit seinem slindigen Leben wie em leibeigener Knecht besWndig ohne Widerstreben.
1537
Was ftir einen Adcl kann denu der haben, der mit Leib und Seele untertan ist und dem aile Freiheit abgeht und den die Siinden iiberwaltigen?
113
114
Kapitel 9
1541
Keyn groBirs unadil uf deBir erdin Mag sieh obir eynen gcmerin, Danne wer nuch sinen bosin begerdin
Den tufil had zeu eyme herrin. 1545
Der ist alleyne edil und fry, Der do had eynen soIGhin mud, Daz her nieht undirtcnig wcl sy Der untogunt urnme keynerlei gud.
1549
Der sal ouch danne von rechte,
Wan her eyn ritter ist wordin, Eme laflin folgin di knechte; Daz hcldit danne wol sin orilln. 1553
Czu dem mynstin habe her eynen knecht, Der sin stetlichin warte,
Df daz her toginthaftig si und gereeht Und in zcucht sieh halde hatte, 1557
[31 r1
Sich hute vor der trunkinheit. Dcz sal en sin knccht vormanc Czu togindin und zcu barmeherzcikeid, Do lit aBc sin adil sere anc.
1561
Solde eyn ritter tragin sin swert Und ginge danne alleyne, So achte man en eynes bothils wert, Den ist ouch eyn swert gemeyne.
1565
Sin knecht def sal ez erne nach trage
Dnd stetliehin bi eme blibe, Und def sal ouch nicht sin eyn zcage
Noch keynen frevil tribe. 1569
Her were eme blode nieht nutzee Und frevil so maehte her gewerre. Der blodir konde en nicht gesehutzee, Der frevelir were em bellir verre.
1573
Nicht vorletzce dinen knecht, Der vornuftig ist und getruwc dar by. Dinet her dir wole und tud recht, Der sal dir also din sele lieb sy.
1552 sinen Ne. 1557 vorder K. 1574 vornunftig Ne; darbi Ne.
1560 aile] alz Ne.
1563 achtit Ne.
St
1541
Kein groBerer Unadel kann sich hier auf Erden auf cincm ansammcln, als wenn einer aufgrund seiner schlirnrnen Begierden
den Teufel zum Herren hat. 1545
Der allein ist edel und frei, der eine sokhe Gesinnung hat.
dass er der Untugcnd nicht untertanig sein will um keines Besitzes willen. 1549
Der soil dann aueh zurecht, wenn er Ritter ge\vorden ist,
sieh die Knechte folgen lassen; das ist dann seinem Stand angemessen. 1553
Mindestens einen Knecht habe er, der sich sttindig urn ihn kUrnrnert,
damit er tugendhaft und gerecht sei und sich aullerst wohlerzogen verhalte 1557
[und] sich vor Trunkenheit hUte. Deswegen soll ihn sein Knecht ermahnen zu Tugenden und zu Barrnherzigkeit,
[denn] daran hangt sein ganzer Adel sehr. 1561
Wenn ein Ritter sein Schwer! tragen und ohue Begleitung herumlaufen dtirfte, dann wtirde man i1m wertschiitzen wie einen Biittel, die haben auch immer ein Schwer! bei sich.
1565
Sein Knecht soil es ihm hinterhertragen und immcr bei ibm blciben. Dnd er soli aueh weder angstlich sein noch UbermUtig handeln.
1569
Feige ware er i1ml nicht niitzlich und iibermtitig kiinnte er ibm schaden. Der Feige kiinnte i1m nicht beschiitzen, der Ubermtitige ware besser fern von ibm.
1573
Verletze deinen Knecht nicht, der vernUnftig und zudem treu ist. Dient er dir gut und handelt recht, dann soil er dir wie deine Seele lieb sein.
115
116
Kapitei 10
1577
Du salt en in keyner wise betrigin, Hastu dincn nutz an cmc gcschin,
Und erne sinen dinst abeligin; Und laz en nicht arm vor dir gehin! 1581
Oit ist daz derte vorteil nu, Daz eyme ritter gehorit zcu.
1583
Bilche tregit der ritter an cme galt Und spangin an sime gewande, Oi luthe werdin erne bikhe holt, Wan her nieht ubit schande,
1587
Ez sprieht der meistir Rasis:
[31v]
Daz golt wechsit von der sunnen.
Eyn iclichir plancte, dez bez gewis, Had eynes erzcis begunnen.
1591
Oi sunne daz golt uzwerkit, Ocr mand daz silbir also fin, Venus daz zcen. dit merkit!
Saturnus meynet, kupphir si sin, 1595
Mars daz ysin und den stael hart Und Jupiter daz weiehe bly, Mcrcurius von siner art
WeI herre obir 'luecsilbir sy. 1599
Nu ist der edilstir planete Oy sunne mit enne golde, Daz ich nu in deBim getrete Ouch fordir lobin snide.
1603
Ez lcBit sieh also dunne ttibin, Daz man ez umme fadin spinnet.
Eyn ritter sal also frome blibin, Daz man en lieb gewinnet.
1580 K, BaJ von dir Anm. Ba, vordir Be, IVe. 1582 gcborit Ne. verliingerter Strich aber i. 1601 in] an Ne; gerete ,Ille.
1587-88 Pseudo-Rhazes, 'De aluminibus el salibus' G § 22.
1584 simel
St
1577
Ou sollst ihn in keiner Weise betrUgen, wenn du dcincn Nutzcn an ihm erkannt hast, und ihn nicht durch LUgen von seinem Dienst abhalten; und lasse ihn nieht arm vor dir gehen!
1581
Oas ist jetzt das drille Privileg, das zu einem Ritter gehort.
KapitellO 15~3
Zurecht tragt der Ritter Gold an sich und Spangen an seiner Klcidung. Die Leute werden ihm zurecht wohlgesonnen, wenn er nichts Schandliches tut.
1587
Es spricht der Meister Rhazes: Oas Gold entsteht durch den Einfluss der Sonne. Jeder Planet, dcsscn sei gcwiss, hat ein Metall hervorgebracht.
1591
Die Sonne setzt das Gold frei, der Mond das so fcine Silber, Venus das Zinn, das beachtet! Saturn will, dass das Kupfer ihm zugehore,
1595
Mars das Eisen und der harte Stahl und Jupiter das weiehe Blei. Merkur will seiner N atur nach Herr Uber Quecksilber sein.
1599
Nun ist der edelste Planet die Sonne mit ihrem Gold, was ich nun in der Vetfolgung dieser Spur noch weiter loben sollte.
1603
Es Hisst sieh so dUnn austreiben, dass man es um Faden herum spinnt. Ein Ritter muss so gut bleiben, dass man ihn lieb gewinnt.
117
118
Kapitel 10
1607
1611
Gedult und schone willheit, Wo di zeusammen werilln gewerkil, Daz bedutit wol eyn guldin kleit. DeBe bedulunge ebin merkil!
[32r]
Di schrift lobit Daviden sere Umme sine manheit und gedu1t
Dnd sagil, daz her eyn holczworm were. Deme gebit man solehir nature schult, 1615
Daz her also gar weich sy, Wanne man en lose griffit an, Oaz her zcufare also eyn bry Dnd dez nieht wole irlidin kan.
1619
Noch so ist keyn eiehin holcz Also herte noch also veste,
Her si mit biBin also stolcz, Daz her zeubricht ill este. 1623
Ez waz cler genantir konnig
Also barmeherzeig und gutig, Wer erne flehete, dem wart sin nyd
Geduldig und gar scnftmutig, 1627
Dnd wer em drowete und waz gram, Deme wart her also herte, Daz her eme lip und gud nan!. Er keyner sich dez irwerte.
1631
Oit ist nu daz guldin gewant,
Daz eyn ritter sal antragin, Also daz her sich irbame zcuhant, Wan erne di armen c1agin, 1635
[32v]
Dnd den vorgebe ere schult, Di eme gutlichin flehin, Dnd sieh ouch reelle mit ungeduld An den, ill eme wedirslehin.
1619 cicrnnholcz Ne. 1626 gcduldig aher durchgeslrichenem scnftmutig; gar folgl durchgestrichener Wortanjang gna? 1629 nam] genam Ne. 1633 irbanne Ba, Ne.
1611-13 II Sm 23,8.
1623-26 II Srn 9.
1627-30 II Srn 10.
Standes."3ymbole: Gold am Crewand
1607
Geduld und schone Weisheit, ineinander gewobcn, werden durch ein goldenes Uewand symbolisierl. Dicse Bedeutung merkt c ueh genau!
1611
Die Sehrift lobt David sehr wegen seiner Tapferkei! und Ueduld und sagt, dass cr ein Holzwurm sci. Dem sagt man eine derartige Natur naeh,
1615
dass er so zur GHnze weiGh sei. dass er. wenn man ihn nur leieht bcriihrt, \vie Brei auseinanderfalle und das nieht vertragcn kann.
1619
Doeh gibt es kein Eichenholz, das so hart und fest ware, dass der Holzwurm nicht mit seinelll kriiftigcn ZubeiBen die Aste zermalmt.
1623
Der erwiihn!e Konig [David] war so barmherzig und giitig. dass sein Groll, wenn ihn jemand anfl ehte, gcduldig und ganz sanftmiitig wurde,
1627
und wer ihm drohte und ziirnte, zu dem wurde er so han, dass er ihm Leib und Gut nahm. Keiner von ihnen LkonnteJ sieh dessen erwehren.
1631
Das is! nun das goldene Uewand, das ein Ritter an sieh tragen soli, da-;s er sich sofort erbannt ~ wenn die Arrnen ihn urn etwas bitten,
1635
und denen ihre Schuld vergibt, die ihn in reehter Weise antlehen, und sieh mit Ungeduld riieht an denen, die sieh ihm widersetzen.
119
120
Kapitel 10
1639
Dit bedutit ouch daz kleid, Daz cdclc uud daz guthc, Daz her gotis liebe treid Stetlichiu iu sime muthe.
1643
Wau wer do gotis liebe had, Der forchtit en zeu allir zeid Dnd vorgillit sin nicht an kcyncr stad, Wi ez erne ouch darurnme lid.
1647
GanzGin gloubin sal her zc-u erne han,
Daz her nicht vorlaBe sinen knecht. Keyn fient em danne gesehadin kan, Wan got ist barmeherzcig und gerecht. 1651
God ist di hoeste clarheit Und ist ouch daz hoeste gud. Her ist di hoeste warheid Und belonit, waz mau erne tud.
1655
Her heldit di hoestin milde. Darum so dinet em gcrnc Und nemit hirbi eyn bilde! Siner gnadc ist nicht zcu cnpcrnc.
1659
Nu scheme dich, waz obil ist getan, Sin lob wit uzbreite Dnd sich dine guldin spangin au, ew dinste dich erne bereite!
1663
Di ere had her dir gegebin, Du hast sy von dir sclbir nicht. Eyn andir had dieke eyn hertir lebin, Deme diner werdikeit gebrieht.
1667
Ez sprichit meistir Albracht Von deme ediln golde mer, Daz sin naturliche macht Sy weich und ouch darzcu swer,
1671
Und ist ez ungemengit blebin, So lellit ez sin klingin.
1647 Ea, Ne] zcueme K.
1670 ouch am. Ne.
1667-72 Das Zitat konnte bei Albertus Magnus nicht identifiziert werden.
L33rJ
St
1639
Das ed1e und gute K1eid bcdcutct auch, dass er Gottes Liebe bestandig in seinem Sinn tragt.
1643
Denn wer Liebe zu Gatt hat, der flirchtet ihn zu jeder Zeit und vcrgisst ilm nirgcnds, wie auch immer es um ihn steht.
1647
Vo11kommenen G1auben so11 er zu ihm haben, dass er seinen Knecht nicht verlaGt. Dann kann ihm kein Feind sGhaden, denn Gott ist barmherzig und gerecht.
1651
Gatt ist die hOchste Klarheit und ist auch das hUchste Gut. Er ist die hlichste Wahrheit und belohnt die till ilm begangenen Taten.
1655
Er hat die hOchste Freigebigkeit. Darum ment illm gerne und nehmt euch daran ein Vorbi1d! Seine Gnade kann man nicht entbehren.
1659
Jetzt sehame dich liber schlechte Taten, sein Lob breite weit aus und sieh deine goldenen Spangen an, mache dich zum Dienst till ilm bereit!
1663
Diese Ehre hat er dir gegeben, aus dir sclbst heraus hast du sic nieht. Ein anderer hat oft ein hfuteres Leben,
dem es an deiner WUrde feh1t. 1667
1671
Meister Albrecht sagt von dem edlen Gold auBerdem, dass sein natiirliehes Vermogen weich und aullerdem schwer sei, und ist es unvermischt geb1ieben, daIlll unterHisst es sein Klingen.
121
122
Kapitel 10
Abo had ouch Plinius geschrebin Von den sclbin dingin, 1675
Wi ez in deme fUfe bestehe Gancz gar mit sime gewichte, Daz sin darvone nicht abegehe, Und daz ez ouch mit nichte
1679
Der rost vorzcere, wo ez lid
In dem wallir adir in der erdin, Also sal eyn ritter zcu aHir zGid
Dcme golde geglichit werdin, 1683
Dez herzcin rost daz ist der haz, Wan her sich nieht kan gerechin. Den sal her vordruckin baz Und den b(;sin willin brechin
1687
Und dez gebin keynen lued. Mit obilsprechin slchit man daran. Di gedult ist gar eyn edilkrut, Wer ez wol vordowin kan.
1691
In dez krigis ebinture
L33vJ
Sal sin manheid nieht abenemen,
Also daz golt tud in deme fUfe. Di swerin sethe erne wol zcemen. 1695
Wo man vorgulte spangin machit, Daz golt man uf daz silbir sled. Oi wiBheit werdit hirane geacht,
Di eyn fromer ritter enphed. 1699
Ez spricht meistir Albracht, Und werdit in warheid fundin: Wan man vorgulte spangin macht, So muez man zcu den stundin
1703
Drierlei gar wol beware, Wan man ez mit dem hamir slet, Daz cler keynes komme dare, Daz silbir sin andirs nicht enphet:
1689 edil crud Ne.
1695 machl Ba, lVe.
1673-80 Plinius. 'Natural is historia' 33, 19. J\tlagnus nieht gcfundcn werden.
1699 Die Stelle konnte bei A1be.tns
St
So hat aUGh Plinius gesGhrieben von dcnsclbcn Dingcn, 1675
dass es im Feuer erhalten bleibe mit seinem ganzen Gewicht, sodass davon nichts verloren gehe, und dass es auch keineswegs
1679
der Rost verzehre, wenn es im Wasser oder in der Erde liegt. So soli auch ein Ritter jederzeit mit dem Gold zu vergleichcn sein,
16g3
Der Rost des Herzcns ist der Hass, der entsteht, wenn er sich nicht rachen kann. Den soli er zuriickdrangen und den bosen Willen brechen
1687
und keinen Laut davon geben. Mit bliscn Wortcn schlagt man daran. Die Ausdauer ist ein sehr edles Kraut, wenn man es gut verdauen kann.
1691
In der Bewahrungsprobe dcs Krieges soli seine Tapferkeit niGht abnehmen, wie das Gold im Feuer. Diese schwere Lebensform steht ibm gut an.
1695
Wo man vergoldete Spangen macht, schlagt man Gold auf das Silbcr. Daran erkennt man die Weisheit, die ein gutcr Ritter cmpfangt.
1699
Meister Albrecht spricht, und man findet es in Wahrheit so: Wenn man vergoldetc Spangen macht, dann muss man dabei
1703
dreierlei unbedingt verhindern, wenn man cs [das Silbcr] mit dem Hanlmcr schlagt, darf nichts von folgendem hinzukommen, weil das Silber cs [das Gold] sonst nieht annimmt:
123
124
Kapitel 10
1707
Oaz sint der stoub und der wint Und darzcu daz naBe. Wo deBe dri darmede sint, Do kan ez keyn golt gefaBe.
1711
Also ist ez werlieh ouch getan Umme di ediln, zeartin wiBheid: Keyn mensche di gefallin kan, Oer vol steekit der girheid,
1715
Oy sieh deme stoube wol gliehit, Oaz mit fuBin werdit getretin; Ab wol di girheit etzwaz wiehit, Noch tregit sy lastir in erin relllin.
1719
Waz ist nutzce di erbeid, Der man wedir god beginnet? Sy brengit sorge und !cid, Er gud snellichin zeurynnet.
1723
Ez maehit dieke di girheid, Oaz man gotis wenig acht, Und lip und sele werdit hen geleid, Und daz di ere darzcu swachit.
1727
Oaz andir, daz eli wiBheit vorterbit, Oaz ist der wint der hochfart. Oy had nu di erbarn luthe beerbit, Oaz er willheit sere ist vorkart.
1731
Mit hoehfart werdit man nieht edil, Mit hochfart ouch nicht riche. Oi hoehfart ist der torheid wedil, Arme hoehfard ist bufin gliehe.
1735
Wan sich schcmit cyn armer man,
Oaz her nymande dinen wei Und wclliebir gebrechin han, Oaz ist der geekerie spel. 1739
L34rJ
[34v]
Ez wndirt ouch di fuehtikeid Oaz silbir von dcmc golde. Also tud di unzcemeliche unkuscheid. Oi gebit eyme ritter zeu solde,
1716 Daz] del' Anm. Ba, Ne. 1721 nach und durchgestr. ouch. 1725 \verdin Ne. 1729 bccrbit aher durchgestrichenem v0l1crbit. 1734 bubill 1726 swacht Sa, Ne. Ne.
St
1707
Das sind der Staub und der Wind und dazu das Nassc. Wo diese drei dabei sind, kann es [das Silber] kein Gold aufnehmen.
1711
So ist es wahrlich aueh mit der edlen, zarten Weisheit: Kcrn Mcnsch kann sic crfasscn, der voller Gier steekt,
1715
die dem Staub gleicht, der mit FiiBen getreten wird; aUGh wenn die Gier etwas naGhHisst,
rat sic doeh zum Laster. 1719
Was ntitzt die Miihe, die man gegen Gatt aufwendet? Sic bringt Sorge nnd Leid, ihr Gut zerrinnt schnell.
1723
Oft sorgt die Gier dafUr, dass man auf Gatt wenig aehtet, und Leib und Seele werden aufgegeben, und das schwaeht zudem die Ehre.
1727
Das zweite, das die Weisheit verdirbt, ist der Wind der Hoffart. Diese hat hentzutage die ehrbaren Lente beerbt, sodass ihre Weisheit v6llig verdreht ist.
1731
Durch Hoffart wird man nicht edel, dnreh Hoffart anch nieht reich. Die Hoffart ist ein Wedel der Torheit, armselige Hoffart gleicht dem kindischen Verhalten.
1735
Wenn ein armer Mann sich schamt, sodass er niemandem dienen will und lieber Mangel lcidet, dann ist das ein Possenspiel.
1739
Auch die Feuchtigkeit !rennt das Silber vom Gold. Ebenso macht es die ungehOrige Unkeusehheit. Sie gibt einem Ritter zum Lohn,
125
126
Kapitei 11
1743
Daz her sele, ere und lip Und aile wWheit, ill her kan, Begebit dorch eyn snodis wip Und werdit zeu cyme ruffian.
1747
Delle dri vorterbin vel Stolzcir jungin und fromer degin: Hochfard, hure und worftil spel, Daz si der torheit phlegin.
1751
Salomon spricht: Di gewaldigin stu Ie, Do ill hoehfertigin uffe sitzein schone, Oi kan god gar scher umme gewule
Und andir luthe darmede belone. 1755
Darum so werdit ez illeke gesehin, Daz ere sloz und ere gerichte
Und er ges!cchte zeu grunde vorgehin Und werdin ganez zeu niehte. 1759
Gud win und schone frowin han Manchin wisin man zcu torin gcmacht.
Der worffil daz ouch viI wole kan, Daz man clef sc1c noch clef ere nicht acht.
1763
Dit ist daz ferde stucke, Daz eynen ritter sal smueke.
1765
Obir eynes ritters licham GebOrit sieh wol eyn bUlitiS kleid. Ez bedutit, daz her si bollheit gram Und habe heb di fromikeid
1769
Und sieh von bosir geselschatt zcy, Wo her mage adir kunne, Und schande und ouch lastir fly, Den framen ouch gutis gunne.
1749 wmfilspcl Ba, wortIilspcl Ne. Ziisurzeichen. s. Abb. 3.
1751-54 Sir 10, 14.
[35r]
1763 und 1764 in einer Leite, nach 1763
St<:llldessymbole: Buotes Kleid
1743
dass er Seele, Ehre und Leben und aile Weisheit, iiber die er verfiigt, fUr eine schnade Frau fortgibt und zu einem Hurenboek wird.
1747
Diese drei verderben viele stolze junge Miinner und tUchtige Krieger: Hollart, Hurerei und WUrfclspicl, sodass sie sieh der Torheit hingeben.
1751
Salomon spricht: Die StUhle der Miichtigen, auf denen die Hoehmiitigen so herrlieh sitzen, kann Gott ganz plOtzlich umwerfen und andere Leute damit bclohnen.
1755
Darum sieht man ott, dass ihre SchWsser und GerichtshMe und ibre Gesehleehter zugrunde gehen und ganz zunichte \,verden.
1759
Guter Wein und schane Frauen haben viele weise MaIlller zu Toren gemacht. Der Wiirfel kann auch sehr gut dazu flihren, dass man auf die See1c und die Ehre nieht aehtgibt.
1763
Das ist das vierte Stiiek, das einen Ritter schmiieken soiL
Kapitelll 1765
Am Karper eines Ritters ist ein huntes Gewand sehr angemessen. Es hedeutet, dass er der Bosheit gram sein
und die Reehtsehaffenheit licb haben 1769
nnd sich von schlechter Gesellschaft fernhalten soli, wo er das vermag oder kann, nnd Sehande nnd Laster fliehen und den Rechtschaffenen auch Gutes gannen soIl.
127
128
Kapitel 11
1773
Oit rurit meistir Socrates,
Do her spricht: Ou fromir man, Ou salt dich allezcid besinnen des: Wau dieh ieht groBis viehtit an, 1777
So laz bose [uthe bose sin Und gehald dich zcu den fromen. Er gcwerb do brieh dieh nieht yn, Ez moehte dir zeu sehadin kommen.
1781
Frommedir luthe bose sache Oi laz sy alleyne uztragin, Ou mochtist sy and irs dyr eigin mache. Keynen dang kanstu bejagin.
1785
Aristotiles ouch also sprieht, Daz eynen togintsammen man
Machit eyn togunt alleyne nicht, Oi her ubit und tribit an. 1789
Eyn swalbe ouch nicht brengit Den lenzein, wan sy kommit geflogin. Eyn togunt ouch nicht alleyne vorhengit,
[35v]
Daz cyncr in wiBhcit wcrdit gczcogin,
1793
Noeh den sommer brengit eyn wanner tag Adir zcwene adir dry, Sundirn wan der vcle gesin mag, So sal ez danne eyn sommer sy.
1797
Eyn farwe nicht alleyne vorhengit, Oaz eyn korsse geheiBin sy bunt, S undirn grau in daz wiBe gemengit,
Also daz zcu Norweyen wol ist kunt. IgOI
Wanne vcle swalbin komen Von dem sudin her geflogin, So \lilcrdit def lcnzcc vornommcn, Dez sint wir danne unbetrogin.
1776 gruzis Be.
1781 Fremmcdir Nc.
1802Ne] den K, Ba.
1773 Sokratcs-Zitat nicht idcntifiziclt. 1789-96 Aristotclcs, 'Nikomachischc Ethik' 1, 6; 'Auctoritates', Hamesse S.233, NT'. 11; auch sprichwol1lich, TPMA 'Schwalbe'
Nr. 1-276.
St<:llldessymbole: Buotes Kleid
1773
Das meint der Meister Sokrates, wcnn cr sag!: Du rcchtschaffcncr Mann, du sollst allezeit daran den ken: Wenn dich etwas Bedcutendcs anficht,
1777
danu lass die schlechten Menschen schlecht sein und halte du dich an die Rechtschaffenen. Nimm nicht tcil an ihrcm Tun, es konute dir schaden.
1781
Fremder Menschen schlechte Sachen lass sie alleine austragen, du konntest sie dir sonst zu eigen machen. Dadurch kannst du dir keinen Dank erjagen.
1785
Aristoteles sagt auch, dass einen tugendhaften Mann nicht cine [cinzige] Tugend allcin ausmacht, die er ausiibt und betreibt.
1789
Eine Schwalbe bringt auch nicht den Friihling, wcnu sic gcflogen kommt. Eine Tugend allein bewirkt noch nicht, class einer in Weisheit erzogen wird,
1793
so wenig wie ein warmer Tag den Sommer bringt oder zwei oder drei, sondern \venn es viele sein kOIlllen, so wird es dann ein Sommer sein.
1797
Eine Farbe allein erlaubt es noch nicht, einen Pelzrock bunt zu nCIlllcn, sondern Grau unter das WeiB gemischt, wie das in Norwegen wohlbekannt ist.
1801
Wenn viele Schwalben aus dem Siinden hergeflogen kommen, erkcnut man daran den Friihling, darin ttiuschen wir uns dann nicht.
129
130
Kapitel 11
1805
Yele kunste und behendikeid, Di machin cyncn \visin man. An wen vele Wginde sint geleid, Ocr tregit bilche bunte cleidir an.
1809
Dez sal eyn ritter vel t6ginde habe, WeI her togintsam sy genant, Dnd an den crin ouch nieht snabc, So werdit bunt al sin gewant.
1813
Der selbe meistir also sprich!: Dy togunt in eyme mittil sted. Dez vorsten ouch vele luthe nicht, Wan en nicht uzlegunge gesched.
1817
A1lir gudin werke, der eyn man Uf deBir erdin beginnet, Sal do hangin togunt an. So ist nod, daz her besynnet,
1821
Wi her gefure eyn rechtis zee1 D nd halde dez rechte maSe Und thu sin zcu ~,j.!enig noeh zcu vel, Kan her cz andirs gc1aBc.
1825
Glich also di sehutzein schyBin Czu eyme zeele an eyne want, Also mag her der togunt geniBin, Weme reehte malle ist bekant.
1829
Eyner schuBit do pobir ho, Ocr andir schuSit dar undir, Der derte zcu den sitin do, Dnd dit daz ist keyn wundir.
1833
Also ist cz ummc cyn werg gctan, Do di reehte togunt ane lid: Czu wenig, zcu vel wel ez nieht han, Dnd wer darmede gehit besid.
1811 Ba, Nel nich K. 1815 Daz Ne. zcuwenig K. 1824 andirs + nicht llle.
L36rJ
1823 tim] cnthu, en durchgesfrichen K; 1825 schyBin] y liber anderem Buchstaben.
1829 Eyncr] r iiber del' Zeile eingefiigl.
1813-14 Arislolcics, 'Nikomachischc Elhik' II, 5-6. 'Nikornachische Ethik' I, 1.
1825-32 Vgl. Arislolcics,
St<:llldessymbole: Buotes Kleid
1805
Viele Kenntnisse und Fertigkeiten machcn cinen \vcisen Mann aus. An wen viele Tugenden gelegt sind,
der triigt zurecht bunte Klcider. 1809
Daher muss ein Ritter viele Tugenden haben, wenn er tugendhaft genannt werden will, und [er dart] an den Ehren auch nicht stolpern, dann wird sein ganzes Gewand bunt.
1813
Derselbe Meister sagt: Die Tugend ist eine Mitte. Das verstehen viele Menschen nicht, wenn es nicht ftir sie ausgc!egt wird.
1817
Aile guten Werke, die ein Mann auf dieser Erde anHingt, miissen mit Tugend verbunden sein. Daher ist es notig, dass er iiberlegt,
1821
wie er ein rechtes Ziel anvisiere
und dabei das richtige MaS halte und weder zu wenig noch zu viel tue, wenn er das irgend vermeiden kann.
1825
So wie die Schiitzen auf ein Ziel an einer Wand schieBen, so kann der in den Genuss der Tugend kommen, dem das rechte Mall bekannt ist.
1829
Einer schieBt hoch darUber, der andere schieGt darunter, der dritte an der Seite vorbei, und das ist kein Wunder.
1833
Ebenso ist es mit einem Werk, an dem die riehtige Tugend liegt: Weder zu wenig noch zu vic! will es haben, und aueh nicht, dass man damit an der Seite vorbeigeht.
131
132
Kapitel 11
1837
1st eyner alzGu milde, Ocr hciBit obirgiftig, Deme ist di togunt dannoGh wilde, Dez zcclis ist her noch nicht triftig.
1841
Waz her danne gutis vorgebit, Dez had her werlichin keynen dang. Ab her sieh dez wol vorhebit, So ist di togunt doeh zcu krang.
1845
Wer do gebit ane malle, Und do her nicht gebin sal, Der mochte ez vii liebir laBe, Wan gutis und dankis werdit her kal,
1849
Glich ouch also eyn buntis vel,
[36v]
Daz sine har had vorlorn, Kommit von stine nutzcc sncl
Und had di werdikeid vorkorn. 1853
Gebit her danne ZGU kleyne, So nennen en eli luthe karg. Daz ist abir der untogunt eyne,
Und di ist ouch eyn lastir starg. 1857
Der tritfit abir dez mittils nicht, Sundirn blibit alz dar hindir. Siner gabetogunt erne gebricht, Und missetud danne swindir.
1861
Her entheldit, do her solde gebin, Und di luthe werdin erne gram. Her kan dez nieht gerarnen ehin, Her muez darvone lidin scham.
1865
Wer do gebit, do her gebin sal, Und heldit, do her sal haldin, Und weiz dez zcid und stunde obir al Und wi her dez sal waldin,
1869
Der triffit daz mittil und daz zcel Und kan daz lastir uzgescheidc.
1858 darhindir Ne.
1859 gabe logunl Ne, Ba.
1837--48 Aristoteles, 'Nikomachische Ethik' IT, 7.
[37r]
1867 obira! Ne.
St<:llldessymbole: Buotes Kleid
1837
Ist einer allzu freigebig, den nennt man versclnvenderisch,
dem ist die Tugend noch fremd, das Zicl hat er noeh nicht getroffen. 1841
Was er da an Gut fortgibt, dafUr dankt man ihm wahrlich nicht. Wcnn er sieh auch stark damit iibcrhcbt, so ist die Tugend dennoch zu schwach.
1845
Wer ohne Mall gibt, und dann, wenn er nicht geben sollte, der sollte es lieber sein lassen, denn an Gut und Dank wird er kahl,
1849
ebenso wie ein bunter Pelz, der seine Haare verI oren hat,
bald nicht mehr benutzt wird und seinen Wert eingebiillt hat. 1853
Gibt er aber zu wenig,
so nennen mn die Lcute knauserig. Das ist wiederum eine Untugend, und sie ist auch ein starkes Laster.
1857
Dieser triff! wiederum die Mitte nicht, sondern bleibt ganz dahinter zurUck. Es fehlt ihm bei seinem Geben an Tugend, und er handelt schnell falsch.
1861
Er halt zurUck, wo er geben sollte, und die Leute werden mm gran!. Er kann nicht richtig darauf zielen
und muss dadurch Schande erleiden. 1865
Wer da gibt, wo er geben soll, und bellalt, wo er behalten soli, und weill daftir stets den richtigen Zeitpunkt und wie er damit umgehen soli,
1869
der trifft die Mitte und das Ziel und kann das Laster vcrmcidcn.
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134
Kapitel 11
Wan wez zcuwenig ist und zcuvel,
Di zcwci sin! lastir ouch beide. 1873
Wer zcwene adir dry louffit an, Oi erne sint glich, ane libis nod,
Der heiBit danne eyn tUllmer man Und suchit Wrliehin sinen tod. 1877
Wer sinen gliehin fluhit Und getar sich eme nicht werin, Sin herzee sieh blodicliehin sehuhit Und wcl sich nicht irncrin.
1881
Ocr abir had eynen solehin mud, Daz her sinen glichin tar bestehin
Und in notin vordir were tud, Der heiBit kune, dez muez ieh ihehin. 1885
Also ist ez ouch mit andirn dingin:
Wclehirlci di nanlCn han, So sal man noch deme mittil ringin,
So man allir meiste kan. 1889
Seneca dcr wisir Romer spricht Von der ediln, sehonen togunt, Di Wge ane den !liz ouch nicht,
[37v]
Man muez si ubin von jogunt. 1893
Wan man nicht fliBis darzcu had,
So werit sy nicht lange zcid. Si vellit in eyne bose tad, Er schones kleid also gelid. 1897
Di togunt werdit swerlichin fundin, Abir schalgheit ge1ernit man schere. Togunt had maGe zcu allin stundin, Untogunt darf man nymandin lere.
1901
Di togunt wei eynen furer han, Und daz mag wol sin di wiBheid,
1881 Der] }oigt durchgestr. is!. 1874 wlglich Ba, Ne. 1884 ihehin erstes h verschriehen? K. 1887 So] Do Ne; salman K. 1888 allinncistc Ne.
1873-84 Aristotclcs, 'Nikomachischc Ethik' HI, 9-11. 1889-91 Seneca, 'Epistolac morales' 89, 8. 1898-1900 Vgl. 'AuClOrilaleS', Hamesse S. 234, Nr. 27; 1PMA 'schlecht' Nr. 70-77. 1899 Seneca, 'Epistolae morales' 66,9.
St<:llldessymbole: Buotes Kleid
Denn was zu wenig ist und zu viel,
ist beides aueh Laster. 1873
Wer gegen zwei oder drei anrennt, die ihm gleich sind, ohne dass sein Leben in Gefahr ist, den nennt man einen dummen Mann,
und er sucht auf Wrichte Weise seinen Tod, 1877
1881
Wer vor einem Gleichstarken flieht und nieht wagt, sieh gegen ibn zu verteidigen, dessen Herz scheut sich aus Feigheit und will sieh nicht retten. Der aber, der so gesonnen ist, dass er gegen SeinesgleiGhen standzuhalten wagt
und in Gefahren in vorderster Reibe Widerstand leistet, den nennt man mutig, das muss ich sagen. 1885
So ist es auch mit anderen Dingen:
Wie sie auch alle heWen, man soli nach der Mitte streben, so gut man kann. 1889
Seneca, der weise Rlimer, sagt Uber die edle, schone Tugend, sie habe olme Fleir, keine Kraft, man mlisse sie von Jugend an einliben.
1893
Wenn man nicht FleiG dazu aufwendet, ist sie nicht von langer Dauer. Sie schlagt in eine schlechte Tat urn, ihr seMnes Klcid liegt dann darnieder.
1897
Die Tugend findet man schwer, aber Bosheit lernt man schnell. Tugend ist immer maBvoll, Untugend braueht man niemanden zu lehren.
1901
Die Tugend braueht einen Fiihrer, und das kann gewiss die Weisheit sein,
135
136
Kapitel 12
Di si wole uzgerichtin kan, Daz gar bunt wcrdit cr klcid. 1905
Der ist riche und selig nicht, Den di lute selig nennen - Von selikeid ouch manchir spricht, Der si wenig kan irkennen -,
1909
Sundirn der ist selig, der tOginde had Gesamment wo1 in sime muthe Und furit di wort und ouch di tad, Wi geringe hcr si von guthc.
1913
Recht ist ez und gar bilch darzcu, Daz man en 'herre' nennit.
Hcr sal ouch also herlichin tim, Daz man sine ritterschaft irkennit. 1917
'Herre' ist eyn name gud,
Wan ouch gud ist sin lcbin. Edil nennit man sin blud U nd sin herzce, merkit dit ebin! 1921
Man spricht nicht: Du edilz houbit, Edele fuBe, arme und hen de. Czu sprcchin ist daz nieht irloubit, Wi doch deBe gelede sint genende.
1925
Man spricht nicht: Du edele hued, Buch, f1eisch und ouch gebeyne. Daz blud und herzce habin den lued, Dez andirn vorgiBit man reync.
1929
Daz aelil, daz der licham tregit, Daz ist gesuntheit und schone gestalt Und di jogunt, eli en bcwegit, Und daz her starg ist und baIt.
1933
Dez libis adil adilt also nicht Und had dez ouch keyne ere. Deme heham dez zeuhant gebrieht, Wan ez sieh bcginnet kcrc.
1904 Ba, Ne] garbunt K.
1913 Ba, IVe I garbi1ch K.
L38rJ
St
die sie in eine gute RiGhtung bringen kann,
damit ihr Klcid rccht bunt wird. 1905
Nicht derjenige ist reich und gliicklich, den die Menschen glUekl ieh nennen - von Seligkeit sprechen auch einige, die sie kaum erkennen konnen -,
1909
sondern der ist glUeklieh, der Tugenden in seinem Herzen gut gesammelt hat und die [entspreehenden] Warte und Taten ausflihrt, auch wenn er wenig Besitz hat.
Kapitel12 1913
Recht und billig ist es, dass man ihn 'Herr' nennt.
Er soli auch so hcrrcnm[mig handcln, dass man seine RittersGhaft wahrnimmt. 1917
'Herr' ist ein guter Name,
wenn auch sein Leben gut ist. Edel nennt man sein Blut und sein Herz, das bedenkt genau! 1921
Man sagt nicht: Du edler Kopf, edle FUlle, Arme und Hande. Das zu sagen ist nicht erlaubt, abwahl diese Glieder kUhn sind.
1925
Man sagt nieht: Du edle Haut, Bauch, Fleisch und auch Knochen. Blut und Herz haben diese Bezeiehnung, die andcrcn Teilc vcrgisst man glatt.
1929
Dcr Adcl, dcn dcr Klirpcr an sich hat, ist Gesundheit und schline Gestalt und die Jugend, die ihn bewcgt, und dass er stark ist und kUhn.
1933
Der Adel des Karpers adel! so nicht und hat da von auch keine Ehre. Oem Karper fehlt das bald, wenn sein Zustand sich zu tindern beginnt.
137
138
Kapitel 12
1937
An sinen dang so werdit eyn man Beide sicch, krang und ungestalt. Ane dang di ere nymant kan Vorliesin, her si jung adir alt.
1941
Worum man abir daz adil zcu Lege dem herzcin und dem blute, Daz mucz ich ueh sagin uu: Di sele had darinne er hute.
1945
Tn deme blute steck it der geist, God had ez sclbir gesprochin. In clem herzcin wunit her a11irmeist, Biz daz ez werdit gebroehin.
1949
Daz erste, daz sin lebin gewinnet, Daz ist dez menschin herzce, Und wan her dez todis beginnet, So ist do ouch der leste smerzee.
1953
Dit ist eyn zceichin, wi daz adil Kommit von der scle dar Und nicht von dez libis dradil Noch allir wisin mcistir lar.
1957
Wil nu daz adil kommit her Von der sele und nieht deme libe, So besinnet und betrachtit dit ncr, Weme ir ez sullit zcusehribe.
1961
Man nennit eynen ritter 'herre' Nicht umme sin gelis, krusis har, Man irbutit erne solche ere Umme sine Wginde, daz ist war.
1965
L39rJ
Und ist her danne untogintsam, Man erit en wol und meynit sin nicht, Wan frome luthe di sint em granl Und haldin en also eynen bosin wicht.
1938 slech iihergeschr. c.
1940 vorlicsin iihergeschr. c.
1945 Lv 17, 11 und 14; Dt 12,23. natura rerum' 1,47, 1.
1949-50 Vgl. Thomas von Chantimprc, 'Liber de
St
1937
Unfreiwil1ig wird ein Mann krank, schwach und auch hiil,lich. Unfreiwil1ig kann die Ehre niemand verliereu, egal ob cr juug oder alt ist.
1941
Warwn man aber den Adel dem Herzen und dem Blut beilegt, das sage ich euch jetzt: Die Seele ist darin aufgehoben.
1945
Tn dem Blut steck! der Geist, Gott sclbst hat cs gcsagt. In dem Herzen wohnt er am meisten, bis es gcbrochen wird.
1949
Das erste, was Leben eriangt, ist des Menschen Herz, und wenn er dallinstirbt, ist dart auch der letzte Schmerz.
1953
Das ist ein Zeichen daflir, dass der Adel von der Seelc dorthin kommt und nicht yom auBeren Schmuck des Korpers nach cler Lehrc al1er weisen Meister.
1957
Da nun der Adel von der Seele herkommt und nicht yom Leib, so iibcrlegt und schaut es cuch genaucr an, wem ihr ihn zuschreiben wollt.
1961
Man nennt einen Ritter 'Herr' nicht wegen seines blonden, gclockten Haares, Lsondern J man erweist ihm solche Ehre wegen seiner Tugenden, das ist wahr.
1965
U nd ist cr dann untugcndhaft, ehrt man ihn sehr, aber meint es nicht, denn gnte Menschcn sind ihm gram und schatzen ihn als Bosewicht ein.
139
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Kapitel 12
1969
Waz lobis mag em daz gesy,
Wan man cn darmcdc hlinit Und man em hindirwert gebit 'phy', Daz man vor cme bcschiinit. 1973
Seneca der spricht darvon: Eyn schonir lieham maehit nieht gud Eyncn man, noch mymc won, Hat her nicht eynen framen mud.
1977
lst abir sin sele t6ginde vol Und had der vcle bcgangin, So ist sin licham gezcirit wol Und had schones adil enphangin.
1981
Ez schadit eyme ediln manne nicht, Ab her ist swarcz und obil gestalt; Wan eme der toginde nicht enpricht, So ist sin ere gar mannigfalt.
1985
Der selbe meistir ouch 1erit,
Wi di ediln sullin gebarin, Daz sy zcurechte werdin geerit
Und nicht Icstirlichin farin.
[39v]
1989
In syme huse si her frolich, Nieht also eyn here her brymme, Daz zcirit sine sethe gar hiilich. Nieht gremelieh sy sin stymme,
1993
Mit sime gesinde kurt sin zcorn,
Und mit senftin, ernstin wortin, Ane scheldin und ungesworn,
So brengit her sy zeu fortin. 1997
Hobisch sal man uf der straBe sy, Di luthe gruBin, en spreehin zeu Und gebin eynen fruntlichin schin, Und in allin dingin daz beste thu,
2001
Czu der kerchin gerne gehin,
Gotis dinst ungcrnc vorsumcn,
1973 Bel dar von K, Ba.
1996 brenge lVe.
1973-76 Seneca, 'Epistolae morales' 66,2-3.
1997 sy] sin Anm. Ea, Ne.
1985 SenecJ-Zitat nicht identifiziel1.
Standes:'3ymbole: Anrede 'H¢rr'
1969
Was fur e in Lob kann ihm das sein, wenn man ihn dadureh vefMhnl und ihm hinter seinem ROcken 'Pfui ' gibt,
was man vor ihm bcschonigt? 1973
Seneca sagt dartiber: Ei n schaner Korper macht ei nen Mann nicht gut. ,"lie mir scheint,
wenn er nieht eine gute Gesinnung hat. 1977
lst aber seine Seele vall von Tugenden und hat er von ilinen viele verwirklicht, dann ist sein Korper schon geziert
und hat scMnen Adcl empfangcn. 1981
Es schadet einem edlen Mann nicht. wenn er schwan. und huBI ich ist;
wcnn es ihm an den Tugenden nieht fehlt, dann ist seine Ehre vielfattig. 1985
Derselbe Meister lehrt auch, wie dic Edlen sieh bcnchmen sollen. damit sie zurecht geehrt werden
und nieht lastcrhaft Iebcn. 1989
In seinem Hans sei er frohgemut und brumme nieht wie ein Bar, das ziert seine Sitte sehr.
Seine Stimme sei nicht grimmig. 1993
sein Zorn mit seinem Gesinde sei kurz, und mil ruhigen, ernslen \Vortcn,
ohne zu schimpfen odef zu f1uchen, floBt er ihnen Ehrfurchl ein. 1997
Hoflich soli man auf def Stra(\c scin. die Leute grtillen und zu ihnen sprechen, und sich ilmcn gcgeniihcf ffeundlich gebcn und in allen Angeiegenheiten das Beste tun,
200 I
gerne zur Kirche gehen,
den Gottesdiensl ungern vcrsaumcll,
141
142
Kapitel 12
Yor eme in groBir demud stehin U nd er deme ende nieht rumen. 2005
Kommit her daune zeufelde Gegangin arlir gerethin,
Sin manheid sal sieh melde, Daz wo1e do werde gestretin. 2009
Nu lobe eynes fromen ritters lebin Mit deme, daz sin sele had, Daz erne eyn andir niGht mag gegebin,
Daz ist eyne togintliehe tad! 2013
Nieht sin huez noeh sin kleid, Noch sine schonen pherde, Sundirn sine togunt und redeliehkeid
[40r]
Oi machin sinen namen werde.
2017
Lobistu, spricht Plato, eynen man, Daz her kommen si von ritters slacht, Daz her edil sy und nicht kan, Dez lobis wermt wenig geaeht.
2021
Also lobistu sine cldirn und en nieht. Lobistu danne sinen richtum.
Daz ist sin glucke, daunoeh em gebrieht Dez reehtin lobis, der werdikeid rum. 2025
Lobistu en frisch und ouch geil, Di krangheit benemmit em sehere daz Und der subirlichkeid entei1. Daz aldir tud uf erdin nieht baz.
2029
Lobistu en, her si gesunt und starg Und freidig an deme libe, Ez mag mit erne wol werdin arg, Wei her vele unfur tribe.
2033
Lobistu daune sin rithin und stechin U nd sin freimgis tornirin,
2017 var der Zeile 10. 2019 kan] unciirlan Ne. korrigierl. 2032 \-Vel] wan Ne.
2025 ouch
aus etHY1S Gnderem
2009-16 Seneca, 'Epistolac morales' 41, 7 und 8. 2017-44 'Auctoritatcs', Hamcssc S. 298, Nr. 11; Apuleius. 'De Deo Socralis' XXIII, 34, 1. 12-21.
St
vor ihm in groBer Demut stehen
und nieht vor dem Ende gehcn. 2005
Kommt er dann zu Felde gegangen oder geritten,
soll sieh seine Tapferkeit melden, damit dart gut gekiimpft wird. 2009
Nun lobe das Leben eines tUchtigen Ritters fUr das, was seine Seele besitzt und das ihm kein anderer geben kann,
namlieh cine tugendhafte Tat! 2013
Weder sein Haus noeh seine Kleidung, noch seine schonen Pferde,
sondern seine Tugend und Vernunlt machen seinen Namen ehrenwert.
2017
Lobst du, spricht Platon, einen Mann, weil er aus eincm rittcrlichen Gesehlccht kommt, [und] edel sei, faber] nichts kann, dieses Lob wird wenig wertgesehatzt.
2021
[Denn] so lobst du seine Eltern und nieht ilm. Lobst du seinen Reichtum, das ist sein Gliiek, doeh fehlt ihm das reehte Lob, der Ruhm fUr seinen inneren Wert.
2025
Lobst du ihn als frisch und frohlich, nimmt die Krankheit illm bald das und einen Teil seiner Schonheit. Das Alter macht es auf Erden nicht besseL
2029
Lobst du ihn, weil er gesund und kraftig und von mutiger Erscheinung ist,
kann es mit ihm noch sehr schlimm werden, wenn er viel Unfug treiben will. 2033
Lobst du nun sein Reiten und Stechen und scin mutigcs Turnicrcn,
143
144
Kapitel 12
Ez gewinnet wole den gebrechin, Wan di krcfte en numme zcirin, 2037
DeBe gehorin aile dem libe zeu, Also ich vor habe gesprochin, Sy mogin nieht edeliehin gethu, 1st en der togunt gebrochin,
2041
Lobistu en, her sy togintsam, Vornunftig und darzeu wise Und sy den b6sin luthin gram, Alrest sallu en prise,
2045
1st her danne von gudir ard Und feste in dem gudin synne Und zeu gotliehin dingin gekard Und daz her gotis hulde gewinne,
2049
Milde, kune, frolich und gutig (Dit gehorit alliz der sdc zeu), Wise, fruntlich, warhaftig, demutig,
Alrest ist her gclobit nu, 2053
Eyn guldin zeoym der maehit eyn phert N icht beBir, danne ez 'lor waz.
Also tud oueh eyuen ritter wert Sin kleid; sin togunt zeirit en baL 2057
Dit ist nu daz sechste vorteil,
Daz eyn fromer ritter had, Oaz man en lobit dorch sin heil Und heiBit en 'herre' an allir stad 2061
Nieht von sime geslechte, Sundirn von eigener fromikeid. So stet sin lob zeureehte Und sin name werdit groz und breid,
2040 del' toguntl di rnogunt Ne.
2053-54 Seneca, 'Epistolae morales' 41, 6.
L40vJ
Standes:'3ymbole: Anrede 'H¢rr'
wird das sicherlich weniger werden ~
wenn die Krane ibn niehl mehr sehmlieken. 2037
AJle diese Eigenschaften gehoren zum Korper, wie ich vorher sagte.
Sie konnen nieht edel handeln, wenn es ihnen an Tugend fehll. 2041
Lobst du ihn, weil er tugendhaft ist. verniinftig und aullerdem weise und den schlechlen Menschen gram ist, dann erst sollst du ihn prciscn.
2045
Wenn er von guter Art ist und fest in seiner gulen Einstellung und religiosen Dingen zugewandt und darauf aus, Gotles Huld zu gewinnen,
2049
fre igebig, kuhn, frohlich lind giitig (alles das geh()rt zur Seclc), wei se~ freundlich, wahrhaflig, demUtig,
dann erst ist er gclobt. 2053
Ein goldenes Zaumzeug maeht cin Pfcrd nicht besser, als es vorher war.
Ebenso[ wenig] maeht auch einen Ritter seine Kleidung wiirdig; seine Tugend ziert ibn besser. 2057
Das ist nun das sechste Privileg.
das ein guter Ritter hat, dass man ihn lobt urn seines Heils willen und ibn liberall 'Herr' nennt 206(
nieht wegen seiner Abstammuog. sondem wegen seiner eigenen TUchtigkeit.
Dann bestcht scin Lob zurccht und sein Name wird grol.\ wId weithin bckannt.
145
146
Kapitel 13
2065
Geb waBir nUGh deme tisehe Oem fromen ritter obir sine hant! An eyne reyne twelin her sieh wisehe! Bi deBeme stucke si eme bekant
2069
Daz sibinde vorteil und di ere, Di eme werdit biIGhe gegebin, An keyne bose wip her sieh kere Und folge deme reehtin elichin lebin.
2073
Sine hende wasGhe her reyne
L41 rJ
Von bosir girheid und unkuseheid, Di niGht der sele sehadin alleyne, Sundirn tun dem libe und den erin lcid. 2077
Nymandin sal her beroubin, Der sines krigis nicht zcu schickin had.
Ez ist wedir den eristin gloubin, Und siner sele werdit nieht rad. 2081
Darvon spricht sente Augustin:
Er danne der rouber etzwaz gewinnet, So muez her selbir vorlorin sin,
Und ouch cr her dez bcginnet, 2085
Daz her eynen unsehuldigin vehit, So werdit her von dem tulil gefangin. Sieh sclbir her ouch irslchit, Er sin mort werdit begangin.
2089
Der ritter sal nieht stelin Noeh dez naehtis uzgrabin. Sine fede sal her niGht helin
L41 vJ
Und anendeliche sache darzcu habin. 2093
Wer sieh zeu reehte kegin eme irbutit, Daz sal her gerne von em nemen. 1st daz her sieh nieht henwedir bedntit, Her mag sich dez ummer schemen.
2078 Ba, Ne] zcuschickin K.
sich.
2079 cristingloibin Ne.
2087 ouch] folgl durchgeslr.
2095 henwedir] hen liber der Zeile eingefiigt.
2081 Augustinus-Zitat nicht identifiziel1.
2082-88 Vgl. Is 33, I.
Standessymbole: Handewaschen
Kapitel 13 2065
<.Jib Wasser naeh dem Essen dem ttiehtigen Ritter tiber seine Hiinde ! An ei nem sauberen Handtuch troekne er siehl Darnn erkenne er
2069
das sicbtc Privilcg und die Ehre, die ibm wrecht zuteil wird. Er wende sieh keinen sehleehten Frauen zu und folge dem reehten ehelichen Leben.
2073
Seine Hande wasehe er rein von sehtimmer Gier und Unkeuschheil, die nieht allein der Seele schaden, sondern [aueh] dem Leib und der Ehre niehl gUI lun.
2077
Er soli niemanden bcrauben, der mit seinem Krieg niehts zu scbatfe n hat. Das ist gegen den Christcnglaubcn, und seine Seele wird [dann] nieht gerettet.
20R I
Davon sagt der heilige Augustinu s: Bevor der RHuber ctwas erbcutct,
ist er zwangsHiufig selbst verioren, und bevor er anflingt, 20g5
einen Unsehuldigen zu fangen, wird er vom Teufel gefangen. Er ersebHigl aueb sieh sdbst, bevor sein Mord bcgangen wird.
2089
Der RiUer soli weder stehlen noch in der Naehl [elwas] ausgraben. Seine Febde soli er niebt verbergen und keinen unerlaubten Grund daftir haben.
20\l3
Wenn jemand ibm den Reebtsweg vorsehliigt, soli er das bereitwillig von ibm annehmen. Wenn er sieh dem nieht seinerseits stellt, soli er sieh immer daftir ,ehamen.
147
148
Kapitel 13
2097
Wan her nicht weI sin gerecht, Und sal doch daz gcrichte sterke, Sa machte her liebir blibin eyn knecht, Wei her di togunt nicht werke.
2101
1st her eyn wolgeborner man, So thu her nymande leide, Der eme nicht lcide had getan, Mag man en dez bescheide.
2105
Besitzcit her sines fiend is erbe U nd had her en gefangin, Her sal en niGht zGugrunde vorterbe,
Sundirn waz her kan irlangin 2109
Und waz daz erbe gegeldin mag, Daz sal von rechte sin schatzcunge sin.
1st her erbar, her gebe em tag Und mane en, warme her wolle, yn. 2113
Nymandin sal her schatzGin bloz,
Daz her muSe bethil gehin. Wer daz tud, der werdit erloz Und eyme strutcr glich gesehin. 2117
Wuchirt ouch eyn ritter gud, So sint eme di hende unreyne. Sugit her der armen luthe blud, So werdit sin adil gar kleyne.
2121
Den Judin sal her ez befelin Und kawcrzcincrn, den bosin eristin,
Di ez lachinde den luthin stelin Und brechin ez en abe mit listin. 2125
Her werdit der ritter eyner, Oi do speletin umme Cristus gewant, Und darmoeh vel bosir und kleyner, Und werdit mit dem gesuehe gesehant.
2129
Sin sunde schriet zcu gothe, Wan her dcn armen wuehir tud.
2112 ynl in Ne.
2114 beliln Ba.
2129-30 Vgl. Ex 22,22-25.
[42r]
StandessymlXlle: Hindewaschen
2097
Wenn er nicht gerecht sein will, wo er doch das Gericht st[irken soll, sollte er lieber ein Knappe bleiben, wenn cr die Tugend nicht ins Werk setzen will.
2101
1st er ein edel geborener Mann, dann tue er niemandem Leid an, der ihm kein Leid angetan hat, wenn man ihn davon in Kenntnis setzen kann.
2105
Hat er das Erbe seines Feindes im Besitz und hat er ilm gefangen, soli er ihn nicht vollig zugrunde richten, sondern was er erlangen kann
2109
und was das Erbe abwirft, das soli ihm als Ertrag rechtmaBig gehoren. 1st er ehremvert, dann setze er ihm cine Frist und mahne ilm, wenn er will, ein.
2113
Niemanden soH er bis zur Nacktheit mit Zins belasten, sodass er bettcln gehen muss. Wer das tut, der wird ehrlos und wie ein Rauber angesehen.
2117
Wenn ein Ritter Besitz erwuchert, dann sind seine Hande uruein. Saugt er das Blut der armen Leute, dann wird sein Adel sehr gering.
2121
Den Juden soli er es Uberlassen und den auslandischen Wucherern, den schlcchten Christen, die es lachend den Leute stehlen und es ihnen mit List abluchsen.
2125
Er wird einer derjenigen Ritter, die um Christi Rock spieiten, und noch vic! schlechter und geringer, und gerat durch den Wucherzins in Schande.
2129
Seine SUnde schreit zu Gott, wenn er den Armen Wucher antut.
149
150
Kapitel 13
Obirtretit her solche gebothe, So sctzce man cme uf den judin hud. 2133
Der wuchir ouch nicht swigit Undir den fromen luthin, Dannede her ouch irkrigit Di schande und fingirduthin.
2137
Wer ouch wettit di slalle Mit zcinsin und mit gerichte, Der sal di luthe bi erme rechtin lolle Und sy vordir beswerin mit nichte.
2141
GenuBit her er obir daz recht Und obir er aldin gewonheid Etzwaz, daz en ist nicht sleeht, Ez mag erne darnach werdin leid.
2145
Ez ist erne ummer wuchirs gnug Und ouch dez roubins al darzeu, Her sal ez geldin, ist her clug. Wi wcl her daz den armen gethu?
2149
Nicht werdit her darvone riche, Ab her ez samment sinen kindin. Ez kommit ouch hirnach sin gliche, Der ez eme kan abegeschindin.
2153
Di arme [uthe also vorterbin
[42v]
Und nemen en zcu umechte er habe, Uf den dertin si daz nicht erbin, Wan ez gehit en wedir bozlichin abc. 2157
Von stelin, wuchir und von roubin Druet keynes mannes geslechte. Vcle luthe habin den gloubin, God schicke ez wedir zcurechte.
2161
WeI eyn ritter sine hende Reyne waschin und ouch triickin,
2132judinhud Ne. 2137 sioze Ba, slalk jl./e. 2141 er om. Ne. 2143 Elz waz K. 2158 DlUe!] 2145 Ez 0111. Ne; urnmcr] nummer Ne. 2153 Ba, Ne] armcluthc K. duret Anm. Bu.
2153-56 Sprichw6rllich, TPMA 'Gut' (Subs!.) Nr. 239-244; 'Gewinn' Nr. 154-171; Wander 'Gut' Nr. 253-267; Luther WA 51, 398.
StandessymlXlle: Hindewaschen
Obertritt er sokhe Gebote, dann setze man ibm den ludcnhnt auf. 2133
Der Wucher bleibt aueh nieht verborgen vor den rechtschaffenen Menschen. Dadurch erlangt er auch Schande, und die Leute zeigen mit dem Finger auf ihn.
2137
AUGh wer die Burgen aIs Pfand nimmt mit Zinsen und Gericht, der soli den Leuten ihr Recht lassen und sie keinesfalls dariiber hinaus belasten.
2141
Nutzt er sie [die Burgen] tiber das Recht hinaus und tiber die lange getibte Gewohnheit, so, "vie es ihnen nicht angemessen ist, kann ihm das spater leid werden.
2145
Er hat einmal 'lorn WUGhern genug
und auch vom Stchlcn, [dann] soli er es zurtickzahlen, wenn er klug ist. Wie will er das bei den Armen bewerkstelligen? 2149
Er wird davon nicht reich, wenn er es fUr seine Kinder sammelt. Auch kommt danach einer, der ihm iihnlich ist und es ihm wieder mit Gewalt abjagen kann.
2153
Die, die arme Leute so zugrunderichten
und ibnen zu Unrecht ihre Habe nehmen, vererben das nicht in die dritte Generation,
denn es geht ihnen auf schlcchte Weise wieder verloren. 2157
2161
Aufgrund von Diebstahl, Wucher und Raub gedeiht keines Mannes Geschlecht. Viele Leute glauben, Gott fiige es, dass es wieder recht wird. Will ein Ritter seine Hande rein \vaschcn und auch trockncn,
151
152
Kapitel 13
So sal her deBin spigil bewende Und en haldin mit sinen stuckin. 2165
2169
Daz ewangelium daz sprieht, Her suI Ie em laBin gnugin Daran, daz eme sin erbe uzricht Und waz erne god zeu weI fugen
L43rJ
Von sime dinste an deme sol de,
Der eme werdit gegebin Beide an silbir und an golde,
Also em daz wol ist cbin. 2173
Ab daz nu wcrmt zeu geringc, Wi sal her erne danne thu?
Sal her danne eyn hantwerg dingeO Daz geborit erne doch nicht zcu! 2177
Sy kunnen ouch nieht aile zeu hofe kommen Noeh der forstin anlehte irkrigin, Nemen sy danne keynen frommen
Und eren gcbrcchin vorswigin. 2181
IvIit cyme mag her ancstchin: Der etzwaz koufsehatz tribit Und varlusit darnmme nicht sin lehin, Eyn gudir ritter her wal blibit.
2185
Furit der kaufman in di lant Phcrdc, worzee adir win, Waehz, ledir adir gud gewant, Dcz mag her cyncn teil wol ncmcn yn.
2189
Wez her bedarf in syme huez, Dez laBe her erne ouch brengin. Sin gel! had her gegebin uz, Dez winnunge sal dit irlengin.
2193
Pherde mag her wale kauffin Und di jung nf stallin Und eyne winnunge daruz slouffin, Wan em daz mag gcfallin.
2177 Ba, Ne] zcuhofe K.
2165-72 Lc 3, 14.
2180 Dnd + sullin Ne.
[43v]
2190 Dez] daz Ne.
StandessymlXlle: Hindewaschen
dann soli er diesen Spiegel anwenden und sieh nach ihm in scincn cinzelncn Tcilcn riehtcn. 2165
Das Evangelium sagt, er salle sich begnUgen mit dem, was sein Erbe ibm bereitstellt und was Gatt ihm zuteilen will
2169
fUr seinen Dienst mit dem Sold, der ibm gegeben wird in Form von Silber wie von Gold, wic ihm das zustcht.
2173
Wenn das nun zu gering ausfallt, wie soli er sich dann verhalten? Soli er ein Handwerk betreibenO Das sehickt sieh doeh nieht fUr ihn!
2177
Sie konnen auch nicht alle an den Hof kommen odcr cin Ann bci cincm FUrstcn crlangcn, [selbstl wenn sie daraus keinen Nutzen ziehen und ihren Mangel vcrschweigen.
2lg1
Mit einem kann er seinen Anstand wahren: Wenn er etwas Handel treibt und deswegen sein Lehen nicht verliert, bleibt er gewiss ein guter Ritter.
21 g5
Bringt der Kaufmann Pferde, GewUrze oder Wein ins Land, Wachs, Leder oder gute Stoffe, kaIlll cr davon cincn Tcil an sich nchmcn.
2189
Was er fUr seinen Haushalt braucht, davon lasse er sich auch bringen.
Sein Geld hat er ausgegeben, doch der Gewinn soli es vermehren. 2193
Pferde kann er gut kaufen und diese j ung aufziehen und daraus einen Gewinn erwirtschaften,
wenn ihm das gelingt.
153
154
Kapitei 14
2197
Keynerlei hantwerg sal her ubin, Wan em daz nieht wolc zecmit. Synen pherdin abir an erin huhin
Adir ab sy werin vorlemit, 2201
Den mag her wole arczdigin, Had her ieht dez gelernit. Her dart sieh ouch dez nieht vorzcigin, Wanne her sin korn in ernit.
2205
Her griffe in cler schunen zcu,
Daz ez werdc gclcgit. Ouch mag her uf sime roBe daz thu,
Daz sin lant werdit geegit. 2209
Dit ist gud den reiBigin pherdin An fuBin und an beynen, Daz si gehin in frischir erdin. Mit philin und ouch mit zceynen
2213
Und kochern mag her umme gehin,
Und sin geschutzcc stellin an, Buchsin giBin, bohcin drehin
Und dez glichin, waz her kan. 2217
Di vihezcueht ist ouch gar nutzce, Beide rindir, schaffe und di swin. Hirmedc her sincn kummer schutzce Und laBe dit eyn hantwele sin.
2221
Rynnen di fiende in eyn land Und wollin ez beroubin Und thun darinne mord und brand Villichte umme den cristin gloubin
2225
Adir ummc crin groBin obirmud
Ane reehte, redeliche sache, Adir daz si gcrne hetlin gud Adir wi sich daz mag gemache,
2221 Ba, Nel cynland K.
2224 cristingloibin Ne.
L44rJ
Verteidigung im gerechten Krieg
2197
2201
Keinerlei Handwerk soli er ausUben, dcOll das zicmt sich nicht fUr ilm. Seine Pferde aber darf er an ihren Hufen oder wenn sie lahmcn sollten, sehr wahl verarzten, wenn er davon etwas ge1ernt hat.
Er braueht auch nicht darauf zu vcrzichtcn, wenn er sein Korn einhringt, 2205
in cler SGheune zuzugreifen,
damit cs eingclager! wcrde. Auch darf er auf seinem Ross dafUr sorgen, dass scin Land geeggt werdc. 2209
Das ist till die Kriegsrosser gut an den Hufen und den Beinen,
dass sic in frischer Erdc gehcn. Mit Pfeileisen uud Schaften 2213
und Kochern darf er umgehen und sein SchicBzcug hcrstcllcn, BUchsen gieBen, Bolzen drehen und dcsg1cichen, nach scincm Konnen.
2217
Die Viehzucht ist auch sehr nUtzlich, Rinder, Schafe und Schweine. Damit schlitzc er sich vor Sorgen und lasse dies ein Handtuch sein.
Kapitel 14 2221
Wenn die Feinde in ein Land stUrmen
und cs ausrauben wollen und darin Mord und Brand aruichten viclleicht wcgcn des christlichcn Glaubcns 2225
oder wegen ilncs graBen Ubcrmuts ohne einen reGhtmaBigen, vernUnftigen Grund,
oder weil sie gernc Besitz hiitlcn oder aus welcher Ursache auch immer,
155
156
Kapitel 14
2229
So ist dez landis herrin nod, Oaz her da wcdir feehle Und danne zcu hulffe neme god Und frome ritter und kneehle.
2233
Den selbin sa! her gUlliehin thu Mit lihin und ouch mit gebin, Oaz sy gerne rithin darzeu Und wogin bi eme er lebin.
2237
Gud sint eyme herrin di soldener, Oi manschaft di ist nutzeir vel, Wan si habin zcu vorlisin mer;
Selbir get si ouch an daz spel. 2241
Si sint undir dem herrin gesel.lin Und erne mit eidin vorbundin.
Dcr zcwcicr si nicht vorgcBin,
Si gedenkin er zeu a!lin stundin. 2245
Dez sal eyn herre milde sin Kcgin sincn gctruwin mannen. Stetlichin zcu were sy hi em lin, Wan di soldcncr ritin von dannen.
2249
L44vJ
Oi slerke und ouch di were, Sprieht sente Ambrosius, Oi man tud mit strit eme here, Di ist zcumale nicht umme sus
2253
Kegin den ungloubigin luthin Adir welchirlci di sint genanl, Und wollin der fiende habe buthin Und ouch behaldin er vatirlant
2157
Und di unsehuleligin irnerin, Beide wibe, kindir und eli man, Vor den, di si wollin beswerin Und en nemen, waz si han.
2247 Ba, Ne] zcuwcrc K; Ba, Ne] bicm K. tiber der Zeile eingefiigt.
2251 Be] stritcmc K, Ba, Ne.
2249-54 Ahnlich Ambrosius, 'De officiis ministrorum' I, 27 und I, 35.
2252 niehl
Verteidigung im gerechten Krieg
2229
dann muss der Landesherr dagcgcn Jdimpfcn und dann Gott zur Hilfe nehmen und tiichtige Ritter und Knechte.
2233
Dieselben soli er freundlich behandeln durch die Vergabe von Lehen und durch Geschenke, damit sic gcrnc hcrbcircitcn und fUr ibn ihr Leben aufs Spiel setzen.
2237
Gut sind fUr einen Herrn die Soldner, doch niitzlicher ist die Lehnspflieht, denn sie haben mehr zu verlieren; aus eigenem Interesse kimpfen sie mit.
2241
Sie \,varen unter ihrem Herrn ansassig und sind ihm durch Eide verbunden. Dies beides vergessen sie nieht, sie denken immer daran.
2245
Deswegen so11 ein Herr freigebig sein gegenUber seinen getreuen Dienstleuten. Dauerhaft zur Verteidigung wei len sie bei ihm, wenn die SOldner von dannen reiten.
2249
Die Starke und auch die Wehr, sagt der heilige Ambrosius, die man im Kampf in einem Heer ausiibt, ist vor allem nicht vergebens
2253
gegen die ungHiubigen Leute oder wie sie auch genaIlllt werden, wenn Ldie SoldatenJ die Habe der Feinde erbeuten wollen und auch ihr Vaterland schUtzen
2257
und die Unschuldigen retten, Frauen, Kinder und die Manner, vor denen, die ihnen Leid zufUgen wollen und ibnen nehmen wollen, was sie haben.
157
158
Kapitel 14
2261
Oi gerechtikeid ist vollinkommen, Wo si sieh irbutit zeu dem rechtiu, Und werdit er danne daz benommen, So mucz man von nod darummc fcchtin.
2265
£yu sogetau werg ist ouch gud, Wo man dez also beginnet, Daz man cz zcu vordirst doreh god tud Und den cristin gloubin besinnet
2269
Kegin den ketzcern, Judin adir heidin Und kegin den andirn biisin cristin, Oy uns den rechtin gloubin leidin Mit crin falschin, bosin listin,
2273
1st ez abir umme audir illnge, Also spricht sente Bernhard, Di do sint ctzwaz gcringe, So ist ouch der strit etzwaz hard,
2277
Wan her geschit dorch obirmud Und so man wcl nicht rcchtis phlcgin, So werdit def strid nummer gud, Daz weI ich vorwar ouch scgin.
2281
1st abir di sache etzwaz groz Und geschit doch noch dem unrechtin, So sal man ill ouch ane vordroz Gar hertlichin wedirfechtin
2285
Mit kamphe adir mit stritin, Wi sich daz wcl machin, In den selbin gezcitin, Wanne man recht volgit den sachin.
2189
Nu sprichit scnte Augustin Von dem selbin ouch sin wort: Wau di sache dez krigis also sin, Also ir itzcum had wol gehort,
2268 cristingloibin Ne.
L45rJ
2282 doch] ouch Ne; unrcchtin] rcchtin Ne.
2273-76 Ahnlich Bernhard von Clairvaux, 'Dc laude novac militiac' 1, 2. gustinus-Zitat nieht identifizieTt.
2289 Au-
Verteidigung im gerechten Krieg
2261
Die Gerechtigkeit ist vollkommen, wo sic sieh zum Rcehtswcg bcrcit crkHirt, und wird ihr dann das verwehrt, dann muss man notwendigerweise dafiir ktimpfen.
2265
Ein solches Werk ist auch gut, wenn man es so beginnt, dass man es in erster Linie wegen Gott tut und den Christenglauben im Sinn hat
2269
gegen die Ketzer, Juden oder Heiden und auBerdem gegen die sehleehten Christen, die uns den rechten Glauben verleiden mit ihren falsehen, iiblen Absiehten.
2273
1st es aber till andere Dinge, so sagt der heilige Bernhard, die eher unbedeutend sind, dann ist aueh der Kampf ziemlieh sehwierig.
2277
Wenn er aus Ubermut geschieht und wenn man sieh nieht um das Recht kiimmern will, dann wird der Kampf niemals gut, das will ieh aueh flirwahr sagen.
2281
1st aber die Sache eher grolJ und geschieht sie aus Unreeht, dann soli man sic olme Verdruss mit grOilter Harte bekarnpfen
2285
mit Kampf oder mit Krieg, wie sieh das ergibt in der Situation, wenn man die Angelegenheiten rechtmiiBig verfolgt.
2289
Nun auGert sieh der heilige Augustinus aueh daw: Wenn die Griinde fiir den Krieg so sind, wie ihr jetzt genau gehOrt habt,
159
160
Kapitel 14
2293
Daz sy habin er beginnen
Von den unrechtin dingin, Und wo11in also gud gewinnen
Und meynen, en sulle darane gelingin, 2297
2301
So ist der strid danne gar swer. Wer danne hilffit und ritit darzcu, Der moehte vel ]jebir wcdirker, Danne daz her wei daz obil thu.
[45v]
Keyn gud man do irwerbit.
Daz mag man darby irkisin: Wer also in dem strite sterbit,
Der muez darum di sele vorlisin. 2305
1st abir di saehe wnme daz recht, So sted ez wole zcu lidin.
Her sy ritter adir sy knecht, So mag her frilichin slridin. 2309
Ist daz her danne lidit nod Und muez darumme sterbin, So gewinnet her eynen ediln tod Und mag darmcdc irwcrbin,
2313
Daz eme god sine sunde vorgebit Dorch gemeynen nutz der luilie, 1st daz her darumme dez todis enzcebit, Also ich uch mag beduilie.
2317
Wan unsir herre Jhesus Crist
Der enphing ouch sinen tod alsus, Daz wir darvone wordin gefrist Und wir irworbin der sunde bus. 2321
Her dirloste uns darmede, Daz her vor uns leid di pin, Und irwarb uns den ewigin frede. Gelobit mulle her ummer sin!
2325
Wer umme den frede werdit irslagin Und umme den nutz gemeync,
L46rJ
Den sal man nieht zcu sere clagin
Und alzcuvel beweyne.
2301 Ba, Ne] rnando K.
2306 Sa, Nel zculidin K.
2327 Ba, lVe] zcusere K.
Verteidigung im gerechten Krieg
2293
dass sie ihren Anfang nehmen aus den unrcchten Dingen, uno wenn man so B esitz erlangen will
und glaubt, man wiirde danlit Erfolg haben, 2297
dann ist der Kampf sehr schwer. Wer dann hilft und hinzureitet, der sollte besser umkehren. als das Sehleehte tun zu wollen.
230 1
Man erwirbt dort niehts Gutes. Das kann man daran crkcnnen: Wer so in dem Kampf stirbt, der wird daftir seine Seek verlieren.
2305
1st aber der Grund rechtmal3ig, dann ist es angem essen, zu leiden.
Gleich, ob cr ein Ritter ist oder cin Knecht. kann er dart ohne Zaudern kampfen. 2309
Wenn er dann Not erleidet und dcshaIb sterben muss, dann erlangt er einen edlen Tod
und kann dadurch erwerben, 2313
dass ihm Gatt seine Siinde vergibt um des gemeinen N utzens der Leute willen, wenn cr deshalb den Tod crleidet, wie ich euch zeigen kann.
2317
Den n unser Herr Jesus Christus empfing auch seinen Tod so, dass wir dudu[{;h gerettet \.vucden und Vergebung unserer Sunden erlangten.
232 1
Er erl()stc uns dadureh. dass er tUr uns Schmerzen erlitt, und erwarb ftir uns den e'Nigen Frieden. GeLobt sei er immer!
2325
Wer urn des Friedens willen erschl agen wird und fUr den gcmeinen Nutzen,
den soli man nieht zu sehr bekJ agen und allzu viel beweinen.
161
162
Kapitel 14
2329
Her had sin lebin wol angelegit, Wan her a!so seheidit von hinnen, Ist ez abir, daz her gesegit U nd mag den strid gewinnen,
2333
Wi her daz gethun kan, Mit listin adir geferdin.
Oaz sa! her danne nicht sehin an, Ez mag eme keyn sunde werilln, 2337
Heymelichin adir uffinbar, Mit a!lirlei uf,"etzcin, Daz schadit nicht also umme eyn har. Oaz recht kan en dez irgetzcin,
2341
Wan her darumme viehtit, Daz her dez unrechtin weI sture, Oaz man untognnt uzriehtit Mit mordin adir mit dem fure.
2345
Ist ez abir umme andir ding, Oi gotis frede nieht tretin an, Adir daz man eynen frevil beging Adir wei dez landis herschaft han,
2349
So sa! man ere vor di liste setzcin Und den strid uffinberliehin gewinnen Und mit untogindin nymandin lctzein Adir mit bosin, fa!sehin sinnen.
2353
Beide sunde und ouch schande Muez man darvone habe, Gewinnet man ill luthe mit brande Und leGit di ere also snabe.
2357
Allexander sine truwe brach, Oi her ture hatte vorsworn, An deme, der keiser Oarium irstach Und hatte sinen herrin obil vorlorn.
2361
Oem liez her daz houbit abe slahin Alzcu der sclbin stunde
2338 Ba, Ne] uf selzcin K. Ba, abcslan Ne.
2343 Oaz] Do Ne.
2344 dem 0111. Ne.
L46vJ
2361 abe sian
2357--68 Vgl. Vinzcnz von Beauvais, 'Spcculmn Historialc' IV, 44; Tubach, Nr. 108.
Verteidigung im gerechten Krieg
163
2329
Er hat sein Leben gut angelegt, wcnn cr so von dcr Welt gcht. Siegt er aber und kann den Kampf gewinnen,
2333
wie ihm das moglich ist, mit List oder Hinterhalt, dann soli er darauf nicht schen, es kann ihm nicht als SUnde angelastet werden.
2337
Heimlich oder offen, mit allcrlei Hinterlisten, das schadet nicht urn ein Haar. Das Recht kann ihm das wiedergutmachen,
2341
wenn er deshalb kampft, um dem Unrecht Einhalt zu gebieten, wo man Verbrechen begeht mit Morden oder mit Feuerlegen.
2345
Geht es aber um andere Sachen, die den Gottesfrieden nieht berUhren, oder wenn jernand einen Frevel beging oder die Herrschaft Uber cin Land haben will,
2349
dann soli man die Eltre vor die List setzen und den Streit offen gewinnen und niemanden auf tugendlose Weise schiidigen oder mit schlechten, falschen Absichten.
2353
SUnde und Schande wird man davon haben, wenn man die Leute dun:h Brandschatzung besiegt, und die Ehre so zu Fall bringt.
2357
Alexander brach seine Treue, die er hoch uud heilig geschworen hatte, dem, der Kaiser Darius erstach und der seinen Herren auf boshafte Weise zugrunde gerichtet hatte.
2361
Dem lieB er das Haupt abschlagen noch zur glcichen Stunde
164
Kapitel 14
Und wolde dez keyn lastir han, Umme daz her der bor,heit begunde 2365
Dnd sinen eigin herrin irmorte,
Der em geted ny keyn leid, Dez brach em Allexander di worte Und darzcu den gesworin eid.
2369
Wer sine truwe gebrochin had, Deme breehe man wedir di truwe. Wer di ere heldit mit siner tad, Den laBe man mit crin fmvc.
2373
Wer do werdit truwcloz, Deme sal man keyne truwe haldin,
Di sache si kleyne adir groz, Man laze dez danne god waldin. 2377
[47r]
Gliche wer do bricht sin geleite, Daz erne eyn herre gegebin had, Der had daz ouch albereite,
Daz en nymant sehutzee umme di tad. 2381
Und wer do bricht den gotis frede In eyme gewyhetin gotis huez, Deme ferit man ouch also mede, Daz her ane ficede kommit heruz.
2385
Eyme herrin sal man truwe halde,
Wil daz her dy truwe ouch hcldit. WeI her abir der untruwe walde, Siner manne untruwe sieh mcldit. 2389
Ez gebOrit abir sieh also nicht, Daz sine truwe zcu deme erstin an
Eyner an sime herrin brieht, Wan ez ist \,vedir sinen eid getan.
2393
Her sal sieh dez irclagin Alrest an dez herrin rethin Und an andirn sinen magin, Und daz vor en wcrde gebefhin.
2382 hus Ea, gotishuz Ne. 2384 her uz K. 2385 Ba, Nel salman K. man def untrmvc ollch wcldit Ne. 2389 gcboritj b aus h korrigierl.
2388 sin
Verteidigung im gerechten Krieg
lind wollte dadllr~h keine S~hand e haben, weil diescr die Bosheit begangen 2365
und seinen eigenen Herrn ermordet hane, der ihm nie Le id zugefUgt hatte. Deswegen brach ihm Alexander das Wort lind aliGerdem den ges~hworenen Eid.
1369
Wer seine Trelle gebrochen hat, dem breehe man ebenfalls die Treue. Wer die Ehre in seinen Taten aufrechterhUlt, den lasse man ehrenvoll in Frieden.
2373
Wer treulos wird, dem so11 man keine Treue halten, die Saehe sei klein oder groB. man Uberlasse das dann Gott.
1377
Ebenso, wer gegen das Geleit versroBt, da, ibm ein Herr gegebcn hat, der kann damit rechnen, dass ibn wegen der Tat niemand sehUtzt.
23g 1
Und wer den Gottesfrieden brieht in ei nem geweihten Gotteshaus, mit dem vertiihrt man aueh so, dass er ohne Frieden herauskommt.
2385
Ei nem Herren so11 man die Tre ue halten, solange er die Treue auch halt. Will er aber Untreue walten lassen, datm meldet sieh auch die Untrcue seiner LchtlSmauner.
2389
Es gebUhrt sieh aber nicht in der Art, dass e iner seine Treue zuerst an seinem Herrn bricht, deun damit wUrde er gegen seinen Eid handeln.
2393
Er soli sieh das einklagen Zllerst bei den Raten des Herro lInd bei anderen aus seinem Gefolge, und [darallf hinwirkcn,] da,s man fUr ilm bitte.
165
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Kapitei 15
2397
Und weI erne der herre nicht gnade thu Noch gliche und noch rechte, So muez her deme herrin sprechin zcu,
Daz nymant sine ere vordcchtc.
2401
o werdigir ritter sich nu daz an,
[47v]
Er du dez stritis beginnest, Oaz du wol sibinncrlei must han, Darrnede du den strit gewinnest: 2405
Gotis forchte, reehte sache,
Gudin rad und di wiBheid; Bereitschaft und ubunge kunnen ez gemache;
Oaz sibinde: gehorsanl und eyntrechtikeid! 2409
Hastu gotis forchte nicht Und wilt nicht rechtis phlegin, Oi hochfard dine sterke bricht, God weI dir wedirsegin.
2413
Wiltu nicht rad darobir habe Und folgist dime eigin sinne, So gehin dir vornunft und wiBheit abe; Wi wiltu den strid gewinne?
2417
Und hastu danne nicht bereitschaft, Seide den harnasch und phert, Wo blibit danne din groBe kraft? Di ist dir nieht eyner bonen wert!
2421
Hastu dich nicht vor geubit
Beide zcu pherde und zcu fuBe, So scheidistu darvon betrubit; Oaz werdit dir danne zcu huGe. 2425
1st din volg ungehorsanl Und nicht darzcu eyntrechtig, Wi fcle er ist, sy lidin scham, Di fiende werdin uwir mechtig.
[4gr]
2399 mucz aus musz korrigiert. 2400 nymanl] am Wortanfang en durchgestrichen. 2402 Er] e daz Ne. 2418 und + daz Ne. 2422 Ba, Ne] zcupherde K. 2424 Ba, N e1 zcubullc K.
Erfordernisse vor dem Kampf
2397
Und will ihm der Herr keine Huld erweisen nach Billigkeit und Recht, dann soli er [selbst] zu dem Herren sprechen, damit niemand seine Ehre in Zweifel ziehl.
Kapitel15 240 I
Oh wiirdiger Ritter, beachte nun. bevor du den Kampf beginnst, dass du unbedingt sicbenerlei haben musst. damit du den Kampf gewinnst:
2405
Gottesfurcht, gerechte Sache, guten Rat und die Klugheit: Ausliistung und Ubung konne n dafUr sorgen; das siebte: Gehorsanl und Eintracht!
2409
Hast du keine Gottesfurcht und will st dich nicht urn das Recht kUmmern, dann bricht die Hoffart dcinc Kraft, Go tt wird dir den Krieg erkHiren .
141 3
Will st du nieht darUber urn Rat fragen und folgst du deinem eigenen Datlirhalten. dann fehlen dir Vernunft und Klugheit; wic willst du [so] den Kampf gewinnen?
2417
Und hast du daliiberhinaus keinc AusrUstung, weder Harn isch noeh Pferd, was wird dann aus deiner groBen Kraft? Die isl die niehl eine Bohne wert.
1411
Hast du dieh nieht vorher geUbt zu Pferd und auch zu FuB, dann wirst du betrUbt davongehen; das wird dir dann Schaden bringen.
2425
lst dein Kriegsvolk ungchorsanl und nieht eintrtiehtig dazu, wic viele sie auch sein mogen, sie ernten Schande, die Feinde Uberwaltigen euch.
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Kapitel 15
2429
Ez spriGhit sente Gregorius: Gar ser dez folkis mennigc nnd stcrke Ist ZGU deme strite gar umme sus (Oit sal man ebin merke),
2433
Wanne nicht gudir rad darzeu Mit wiBheid kommit geriehte, Daz man alle ding uf daz beste thu, So werdit der strid zcu nichte.
2437
Man sal irfarin so meist man kan, Wi ez di fiende vor wollin nemen, Und waz ouch da wedir si gethan, Dcz sal man wiBlich rellen.
2441
Ez spricht der meistir Seneca, Gar eyn wisir, fromer heidin, Der vel gudis dingis da Kan wole undirscheidin,
2445
Daz kleyne ist der luthe sterke UBewenig an den libin, Wo wisir rad nicht kan gewerke, Waz nutzcis di luthc antribin.
2449
Wo nicht ist eyn wiser man, Der daz ebin kan besinne, Waz wol adir obil si gethan, Und wei dez slritis beginne,
2453
Deme hilffit sin groBe sterke nieht Und di mennige der stritbarn Inthe. 1st daz en der willheit gebricht, So kommen erin fiend in zeu buthe
2457
Und vorlisin lip und gud Gar snel in kortin stundin, Ab man nicht wiBlich darzcu tud; Daz ist gar dicke dirfundin.
2431 gar am. Ne.
2439 si aha der Leite eingefagl.
2429-40 Gregor der GroBe, 'Moralia in lob' I, 32. morales' 8, 6.
[4gv]
2456 So] Sic Ba, si Ne.
2441-48 Vgl. Seneca, 'Epistolac
Erfordernisse vor dem Kampf
2429
Der heilige Gregorius sagt: Des Kricgsvolks Zahl und Stiirke ist zum Kampf ganz unni..itz
(das soli man sieh gul merken), 2433
wenn nieht guter Rat mit Klugheit unverzUglieh daw kom ml, sodass man alle Dinge besmliiglich tue. sonst wied der Kampf verloren.
2437
Man soH herausfinden, so gut man kann, was die Feinde vorhaben, und um;h, was dagegen getan werden kann. danach soli man klug streben.
2441
Es sagt der Meister Seneca, e in sehr weiser, ti..ichtiger Heide, der viele gutc Dinge vortrefflieh zu erkUiren weill,
2445
dass die Kraft der Leute klein ist, die sic auBcrlich an den Kiirpern haben, wo kluger Verstand niehl ins Werk selzen kann. was sic an Zic1cn vcrfolgcn.
2449
Wo kein kluger Mann ist, der gut iiberlegen kann, was gut oder schlecht zu lun sci. wenn er Krieg anfangen will,
2453
dann hilft ihm seine groBe Kraft niehl und die groBe Zahl der kanlpftaugliehen Lcule. FeWI es mnen an Klugheil, dann werden sie ihren Feinde n eine Beule
2457
und verlieren Leben und Gut sehr raseh in kurzer Zeit, wenn man dabei nichl klug handel!. Das hat man sehr oft erleb!.
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Kapitel 15
2461
Tulius der Romer spricht (Oit sal man wale mcrkin): GroBe ding, di kan man nicht Mit sncllikeid gewcrkin
2465
Und mit dez !ibis kreflin, Daz si ZGU nutzce kommen. Mit wWhcid mucz man sy heftin Und mit rate, daz sy gefrommen.
2469
Ez spricht ouch Salustius Von gudcmc rathc zcu ncmcn: In allin dingin halt dich alsus, Daz du rad ncmist ane schcmcn.
2473
Er danne du etzwaz hebist an, Do dir macht ane lit, So saltu rad darobir han Von eyme, der dez dingis phlit.
2477
Dnd wan du den rad hast geant, So saltu dcz stille danne swigin Und thu daz beste alzcuhant. Ungcrnc sa1tu krigin.
2481
Kanstu dez danne umme gegehin Mit erin und mit guthe, So cz din ding wiBlieh gcsehehin. Stant nicht noeh mensehin bluthe.
2485
Tulius sagit abir an, Oaz der rad sy unmaBin gud, Und en lerne, wo man kan; Her sterkit ser dez mannis mud.
2489
Wan di aldin wisin Riimer, Di zcu Rome gingin in den rad, Di anrin mit crin rcthin mer Oanne ill ritter mit ere tad
2470Ba, Ne] zcuncmcn K.
2483 czl ist Nc.
L49rJ
2490 Ba, Ne] zcmomc K.
2461--66 Cicero, 'Dc scncctutc' VI (17). 2469-79 Sallust, 'Coniuratio Catilinac', Prooerniutn I, 6. 2485-88 Cicero, 'De officiis' I, 22.
Erfordernisse vor dem Kampf
2461
Tullius, der Romer, sagt (das soil man sieh gut merkcn): GroBe Dinge kann man nicht
mit Schnelligkeit bewirken 2465
und mit K6rperkraft, sodass sie nUtzlich werden, Mit Klugheit muss man sic bcfcstigcn und mit Rat, damit sie nUtzen,
2469
Es sagt aueh Sallust Uber das Einholcn von gutem Rat: In allen Dingen haIte dich so, dass du dieh beraten Hillt, olme dieh [daftirJ zu seMmen,
2473
Beyor du etwas beginnst, das in deiner Macht liegt, sollst du darUber Rat einholen von jemandem, der sieh in der Saehe auskennL
2477
Und wenn du den Rat eingeholt hast, sollst du darUber Stillsehweigen wahren und das Beste unverzliglich tun.
Ungcrn sollst du Krieg fUhren, 2481
Wenn du das umgehen kannst unter Wahrung von Ehre und Besitz, dann ist deine Angclegenheit klug geregclL Giere nieht naeh mensehliehem BluL
2485
Tullius verkUndet aullerdem, dass Rat tiber aile MaBen gut sci und LmanJ ihn lernen solie, wo man kann; er sWrkt sehr die Gesinnung des Mannes.
2489
Denn die allen, klugen Rlimer, die zu Rom in den Rat gingen, die vollbrachten mit ihren Raten mehr als die Ritter mit ihrer Tat
171
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Kapitel 15
2493
Und di weppener zcu den gezcitin, Di si von Rome mit en santin, Mit groBir arheit in erin stritin;
Dez si selbir daruaeh bekantiu. 2497
Vegeeius der meistir sprieht: Wan man dez stritis weI beginne.
So sal man dcz vorsumcn nieht, Man sulle vel dingis besinne. 2501
Ab infal komme, wi man erne thu,
Daz man nieht groBin sehadin neme. Yele wisir luthe neme man darzcu,
Eris ratis man sich nicht scheme. 2505
Wanne man danne den rad gehorit Und wole daruz gelernit, Dnd den zcwifil alz vorstorit Und di willheid in geernit,
2509
So sal her mit sinen frundin
[49v]
(Ocr nieht sy alzcu vele) Daz beste danne uzgrundin
Dnd in dem synne wol obirspcle. 2513
Socrates sprieht: Df snelliu rad Sal nymant alzeu ser getruwe, Do kommit dieke naeh eyn tad, Di manche zcid mag geruwe.
2517
Der zcorn der ist gar ser do wedir,
Daz man nieht gutis ratis beginnet. Der zcorn der druckit di willheit nedir, Daz man nicht den schadin hesinnet. 2521
Dcr zcorn ist zcu def fache sncl,
Der weI zeu keynen gezcidin Horin dez wisin ratis spel Dnd geduldiclichin sieh mydiu.
2509 her] man Nc.
2524 myelin] lidin Ne.
2497-2500 Vcgctius, 'Epitoma rei milit.'u"is' lll, 9. 2513-28 Sprichw(htlich; bei Yinzenz von Beauvais lind Jacobus de Cessolis Sokrates zugeschrieben; TPMA 'Rat' Nr. 27-47.
Erfordernisse vor dem Kampf
2493
und die Waffentrager damals, die sic von Rom aus mit ihncn schicktcn, mit groBer MUhsal in ihren Kriegen; das gaben sie spater selbst zu.
2497
Vegetius der Meister sag!: Wenn man den Kampf beginnen will, dann soli man cs nicht vcrsaumen viele Dinge vorher zu bedenken.
2501
Wenn ein pWtzliGher Angriff komme, wie man dem begegne,
damit man nieht groBen Schaden erleide. Viele kluge Menschen ziehe man hinzu, fill ihren Rat soli man sieh nieht sehamen. 2505
Wenn man dann den Rat geMrt [hat] und gut daraus ge1ernt und den Zweifel ganz ausgeraumt und die Klugheit geerntet lhat] ,
2509
dann solI man mit seinen Freunden
(vou denen man nicht allzu viele habe) das Beste ergrlinden
und im Geist gut Uberdenkcn. 2513
Sokrates sag!: Auf sehnellen Rat soli sieh niemand allzu sehr verlassen, es kommt oft danaeh eine Tat, die noeh lange Zeit reuen kann.
2517
Der Zorn steht dem sehr entgegen, dass man guten Rat ausftihrt; der Zorn drUckt die Klugheit nieder, sodass man den Schaden niGht in Erwagung zieht.
2521
Der Zorn ist sclmell zur Rache, er will nie die Worte des klngen Rates hliren und sieh geduldig zurUekhalten.
173
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Kapitel 15
2525
Der zcorn und der snel1 ir rad
Sint der wWhcid wedir sere, Man sal sich hutin vor der tad, Di todlichin mag beswere. 2529
Der wisir konnig Salomon In eyme syme buche Ocr redit eynen sprueh hir von; Wen ez Ius tit, der mag en suehe.
2533
Her spricht also: Tn zcwen dingin, Di man hi uf erdin ubit, Darinne di fromen luthe ringin, Do werdit myn herzce betrubit;
2537
Dmme daz derte valle ieh in zcoru, Dez kan ich nicht vormyde: Wo eyner ist zeu dem sehilde geborn, Und muez groBin darffetum tide
2541
Dnd wole mit deme strite kan Dnd starg gnug ist von libe Und keynen harnasch mag gehan, Daz her daz moge gctribe;
2545
Dnd wo do ist eyn wisir man, Dez ratis nymant gehorchin wei, Dnd sieh nymant dez nemmit an, Her rathe wenig adir vel;
2549
Dnd der sich rechtis wol vorstehit, Dnd leGit tliginde und ere Und deme unrechtin alz nach gehit Und sundigit wedir god sere.
2553
Meistir Tulius der sprieht: Wiltu wisin rad halde, So tlm en unbedaeht nieht Dnd sprieh en nicht uz balde.
2557
Dryerlei bedenke gar ebin: Hobisch, nutzce und gud.
2538 vormide Ne.
2533-52 Sir 26. 25-27.
2549 dec aus dez verbessert.
2553 Cicero-Zitat nicht identifiziert.
[SOr]
LSOvJ
Erfordernisse vor dem Kampf
2525
Der Zorn und der schnelle Rat stehen der Klugheit sehr entgegen. Man soil sich vor der Tat hUten, die t6dlich betriiben kann.
2529
Der weise Konig Salomon sagt in einem seiner BUcher
einen S pruch dariiber; wer Lust hat, der kann ihn suchen. 2533
Er sagt folgendes: Durch zwei Dinge,
die man hier auf dieser Erde regclmaGig tut, mit denen sich die tUchtigen Leute abmUhen, wird mein Herz traurig. 2537
Wegen eines dritten werde ieh zornig, das kann ich nicht vermeiden:
Wenn einer zum Schild geboren ist und graBen Mangel leiden muss 2541
und gut kHmpfen kann
und korperlich sehr stark ist, aber keinen Harnisch haben kann, urn dies zu betreiben;
2545
und wo ein kluger Mann ist, auf dessen Rat niemand hOren will und dem niemand Beachtung schenkt, ob er nun wenig oder viel rat;
2549
und wo jemand sehr wahl weiB, was recht ist, und Tugend und Ehre verlaGt und ganz dem U nrechten nachgeht und gegen Gatt schwer sUndigt.
2553
Meister Tullius sagt: Willst du klugen Rat geben, dann auBere ihn nicht unbedacht und sprich ihn nicht zu schnell aus.
2557
Dreierlei bedenke gut: Hofisches, NUtzliches und Gutes;
175
176
Kapitel 16
Darnach saItu dinen rad gebin,
Mit wclchcm man allirbest tnd. 2561
Had di sache del>e aile dry, Den nutz, di togunt und di ere, So merke welch darundir daz beste sy; Darnach dinen rad dan kere.
2565
Und welch nu yor sul1e gehin, Daz saltu wole wegin; Wan dit von dir ist geschehin, Alrest mnen rad uzsegin.
2569
Ocr had gar eynen gudin syn, Der sine werke bedenkit wol Und er ende und er anbegin, Und wi her sich eris schadin moge irhol.
2573
Torlich ist eynes ritters rede Und schit sich ouch wcnig Yor, Wan her herschit yon sime frede Und had dez allezcid wenig kiir.
2577
Her muez dez sin bereite, Welche zcid her werdit obirzcogin, So kan her danne nicht gebeite, Her muBe sine were mit glueke wogin.
2581
Tulius der edelir Romer, Freidig, wise, vornem und dug, Der gebit uns manche gude ler Und in allin mngin undirwisunge gnug.
2585
Ocr relit, man sulle gerne Di kindir in der jogunt Di buchir laBin Ierne Und manchirhande togunt.
2563 danmdir
0111.
Ne.
2572 efis am. Ne.
2581 Cicero-Zit.:'1t nicht eindeutig identifiziert, vgl. Cicero, 'De officiis' 11, 1.
[51 r]
Kiinste, Tugenden, Gesdticklichkeiten
demenv;pre<:hend sollst du deinen Rat geben, nach dcm man bcs tml)glich handell. 2561
Hat die Angelegenheit aile diese drei. den N utzen, die Tugend und die ElIre, dann liberlege, welches davon das Beste sei; danach richte deinen Rat aus.
1565
Und welches nun den Vorzug haben soli, sollst du gut abwagen. Wenn du dies getan hast, dann erst [sollst du 1 dcinen Rat ausspreehen.
2569
Der hat einen gutcn Verstand, der sei ne Taten genau Uberlegt, ihr Ende und ihren Anfang. und wie er bei ihnen Schaden vermeiden kann.
1573
Toricht ist die Planung eines Rillers uod aueh wenig vorausschaucnd. wenn er von seinem Frieden aus herrscht und des wegcn allezeit wenigc Heerscharcn hat.
2577
Er muss darauf vorbcrcitet scin, dass er, ,"venn er lmit KriegJ Uberzogen winJ. nicht warten kann und bei der Verteidigung sein GlUck wagen muss.
Kapitel16 258 1
Tullius, der edle Romer, mutig. weise. vornehm und klug, gibt uns viele gute Lehren und in allen Angclegenheitcn rcichlich Untcrwcisung.
2585
Er riit, man solie cifrig die Kinder in der J ugend die Blicher lernen lassen und vielerlei Tugenden.
177
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Kapitel 16
2589
Daz werdit en sere nutzGe,
Wy wcnig sin ctzlichc aehtin, Oi sich mit tum men redin schutzGin
Und kunnen den nutz nieht betraehtin. 2593
Der meistir Cassiodorus Der straffit sogetane leyen. Di do mcyncn, daz cz si ummcsus; Mit den gelartin si sich zcweien.
2597
Her spricht: Tn der werlde ist keyn glucke, Wy man daz mag genennen, Oi schrift di kunne ez uzgesmucke Und lerit ez recht irkennen.
2601
Und wiltu danne di warheit han, Oi dyne jogunt nu smuckit reyne, So nem dich der lare frolieh an; An si toug alle din willheid kleyne.
2605
Ez sted eyme gudin ritter wol Kunne geschribin und gelesin; 1st her gelart und kunste vol, Gar selig mag her wcsin.
[SlY]
2609
Y tiffir man suehit kunst und togunt, Y herlichir sy werdin fundin, Und waz man nicht lernit in der jogunt, Ez kommit darnaeh wol zcu den stundin,
2613
Wanne man ez gerne kunde, Daz man sin danne mucz cnpcrin. Kunst und togunt di sint frunde, Dy vele nutzGis kunnen geberin.
2617
Di konnige, di forstin und edele man Hallin dy wise vor jarin, Daz sy sich namcn def kunstc an Und gar wol gelart warin.
2589 zu nutzill Anm. Ba, nutzcill Ne. Ne.
2594lcicn Nc.
2597-2600 Cassiodor, 'Variarum' X, 111,4.
3; vgL TPMA 'lemen' Nr. 121-125.
2606 kunne + her Anm. Ba,
2611-14 Cassiodor, 'Variarurn' I, XXIV,
Kiinste, Tugenden, Geschicklichkeiten
2589
Das wird ihnen sehr nUtzen, aueh weun viele dics geringsehiitzcn, die sich hinter dum men Reden verschanzen und den N utzen nicht crkennen kiinncn.
2593
Der Meister Cassiodor tade1t derartige Laien, die meinen, das sci iibcrt1iissig; mit den Gelehrten streiten sie sieh.
2597
Er sagt: Tn der Welt gibt es kein GlUck, wic [aueh immer] man das benennen mag, das nicht die Schrift bereichern kiinnte und reeht zu crkcnnen lehrte.
2601
Dnd willst du dann die Wahrheit haben, die deine Jugend jetzt in schUner Weise schmUckt, dann nimm dieh friihlieh der Lehre an; ohne sie taugt all deine Klugheit wenig.
2605
Es steht einem guten Ritter wohl an, schreiben und !esen zu klinnen; wenn er gelehrt und '1011 von Kenntnissen ist, kann er vollkommcn glUcklich scin.
2609
Je hefer man nach Kunst und Thgend sucht, umso herrlieher werden sie gefunden, und wenn man in der Jugend ctwas nicht !ernt, kommt sieher spater die Zeit,
2613
zu der man es gerne konnen wUrde und dann ohnc cs auskommcn muss. Kunst und Tugend sind Freunde, die viel Nutzen hervorbringen konnen.
2617
Dic Kiinige, dic Fiirsten und die edlen Manner hatten friiher die Gewohnheit, sieh der Kiinstc anzunehmen und sehr gelehrt zu sein.
179
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Kapitel 16
2621
Darumme sGhreib Aristotiles
Oem gror,in konnige Allexandro Und vormanete en fliBelichin des Mit syme briffe der lutle also: 2625
Konnig, du salt nemen in dinen rad Eynen vornunftigin, fromen man,
Ocr setig sy in anir siner tad, Und der di sibin fry kunste kan, 2629
2633
Und habe ouch sybin fromikeid, Oy her gerne ane tribe, Und kunne di sybin behendikeid, Oy ieh dir hirnaeh schribe.
[52r]
Welchir deBe stucke zcureehte kan, Der ist edil von naturlichir ard,
Und her heiBit eyn follinkommen man, Und du bist mit erne wol beward. 2637
Oy sibin kunste wei stu wol, Noch so mucz ich sy rcclrin: Wer schribit und lesit also her sol Vnd kan latin wol gcsprcchin.
2641
Oi andir ist, wer do wol vorstehit In den redin der wortir macht, Und mit behendikeit di dorch gehit, Und er falscheit und warheit acht.
2645
Dy derte, daz her gesmuckte rede Hobischlichin kan uzgerichte Und manchirlei geryme darmede
Und schone materien getichte. 2649
Oy ferde, daz her singit Noch den nolin, waz her wei, Und ab her darnach ringit, So kan her orgiln und seilin spel.
2653
Daz funfte muez ich uzsprechin,
Oi kunst fromit ouch vcle:
26241ulel Anm. Ba. Ne.
2647 Und folgen durchgestr. Buchstaben ga ('1).
2621-36 Petrus Alfonsi, 'Disciplina c1cricalis' S. 10, 13-19.
2652 orgil
Kiinste, Tugenden, Geschicklichkeiten
2621
Daher schrieb Aristoteles dem groBen Konig Alexander und ermahnte ihn immer wieder daran in seinem Brief, def so lautete:
2625
Konig, du sollst in deinen Rat einen klugen, tUchtigen Mann aufnehmen, der in aHem, was er tm, anstiindig ist und der die sieben freien Ktinste beherrseht
2629
und der auch die sieben Tiichtigkeiten besitzen soli, dencn er gernc folgt, und iiber die sieben Fertigkeiten verfiigt, die ieh dir inl Folgcnden aufschreiben werdc,
2633
Wer diese Sachen richtig kann, der ist edel von natUrlicher Art, und er wird als cin vollkommener Mann bezeiclmet; mit ibm bist du gut beraten.
2637
Die sieben Kiinste kennst du gut, dennoeh muss ieh sie aufziihlcn: LErstensJ wenn einer schreibt und liest, wie er solI, und Latcin gut sprechcn kann.
2641
Die zweite ist, wenn man die Macht der Worte beim Reden gut kennt und sic mit Gesehiek durchdringt und auf ihre Falsehheit und Wahrheit achtet.
2645
Die dritte, dass er schmuckreiche Rede auf hlifischc Art ausfiihren und vielerlei Reimwerke und schone Stoffe bearbeiten kann.
1649
Die vierte, dass er singt nach Noten, was immer er \,vill, und wenn er danach strebt, dann beherrscht er Orgeln und Saitenspiel.
2653
Das FUnfte muss ich nennen, dicsc Kunst niitzt auch oft:
181
182
Kapitel 16
Daz man wol kan gereGhin
L52vJ
Und balde und mcistirlieh gezecle. 2657
Di sechste kunst kan gemellin Und meistirlich gewegin;
Der sal ieh nieht vorgellin, Oi hantwerg er sere phlegin. 2661
Di sibinde lerit zcukunftige dinge Von dez hymmelz ummegange. DeBe kunst ist nicht geringe, Wer sy recht kan irlange.
2665
Di sibin toginde habe her da by, Also ieh si dir weI bewise: Dy erste ist, daz her meBig sy An tranke und ouch an spise.
2669
Oy andir, daz her nicht spele Umme rcdclich gelt und andir habe, Und phlege dez geme und vele U nd si girig und rille alz abe.
2673
Dy derte, daz her nieht vel tribe Oi basin, unzcemeliehin unkuscheid Mit eyme frommedin, bosin wibe, Daz untoginde brengit mit siner tuscheid.
2677
Dy ferde, daz her bose gewalt An keynen menschin lege, [53r]
Her si danne also gestalt.
Daz en untad darzcu bewege. 2681
Dy funlte, daz her nicht lyge Noeh geme di luthe aflirkose Und si sehelglichin betryge Und mit wortin schentlichin bose.
2685
Dy seehste, daz her sieh flille daran, Daz her nymande daz sine neme; Und waz wedir ere sy getan,
Daz her sich dez sere scheme.
2668 Ba, Ne] anspise K.
2673 vel] wei Ne.
2679 Her] Ez Ne.
2665-92 Ahnlich Petrus Alfonsi, 'Disciplina Clerical is' S. II, 10-12.
Kiinste, Tugenden, Geschicklichkeiten
dass man gut reGhnen kann
und schnell und mcisterlieh ziihlen. 2657
Die seehste Kunst kann messen und meisterliGh wiegen;
diese darf ieh nieht vergessen, in den Gewerben nutzt man sie regelmaBig.
2661
Die siebte lehrt zukUnftige Dinge anhand des U mlaufs der Gestirne. Diese Kunst ist nicht unbedeutend, wenn man sic sich richtig aneignen kaIlll.
2665
Die sieben Thgenden habe er auBerdem, wie ich sie dir zeigen werde:
Die erste ist, dass er maBvoll sei beim Trinken und auch beim Essen.
2669
Die zweite, dass er nicht spiele um ehrlich erworbcncs Geld und anderen Besitz, und dies womoglich gerne und oft tue und gierig sci und alles an sieh reiBe.
2673
Die drille, dass er nie schlechte, ungebUhrliche Unkeuschheit treibe mit einem fremden, sehleehten Weib, das mit seiner Tausehung Untugenden bring!.
2677
Die vierte, class er unrechte Gewalt keinem Menschen antue, er sei denn in einer sokhen Verfassung,
dass cine Untat [anderer] ihn dazu bewege. 2681
Die fiinfte, dass er nieht Jtige, noch gerne die Menschen verleumde
und sic boshaft betrUge und mit Worten auf sehandliehe Weise Unreeht tue. 2685
Die seehste, dass er sieh dessen befleiBige, dass er niemandem das Seine nehme; und wenn etwas der Ehre entgegensteht,
dass er davor sehr zurUekseheue.
183
184
Kapitel 16
2689
Oaz sibinde, daz her guthe sethe Czu allin gczcitin ouch habe Und volge der gerechtikeid methe Und nemc darumme nicht gabe.
2693
So sint dit di sybin behendikeid, Oi do werdin zcu allin gezGitin
An cynen follinkommcn man gclcid: Her sal kunne wol geritin, 2697
Snel uf und abe gesitzcin, Wol gcdrabin und gerinnen, Umme gekerin und mit witzcin
Von def crdin ctzwaz gcwinncn. 2701
Oy andir, daz her kan geswwnme Und in dem waBir getuche,
Sich gcwende und gckrumme Uf dem rucke und uf dem buche. 2705
[53v]
Oi derte, daz her kan geschillin Mit armborstin, buchsin und bogin; Dez mag her danne wol geniBin
Kcgin forstin und den herzcogin. 2709
Oy ferde, daz her kan gestigin Ane leittern, ab dez nod tud, Oaz werdit wol nutzce in den krigin, An stangin, an seilin, daz ist ouch gud.
2713
Oy funfte behendikeit, mag ich sprechin, 1st, daz her kunne wol tornyrin, Gestritin und ouch gestechin
Und redelichin und recht geschustirin. 2717
Oy sechstc behendikeit: mit dcm ryngin Beide geschermen und gefechtin, Vor andirn luHlin wit gespringin, Mit der linkin ham also mit der rechtin.
2701 gcswimmcn Anm. Ba, gCS\virnmc Ne. 2705 derte] unklarer Schnorkel am 1.
2703 gckrimmcn Anm. Ba, gccrimmc Nc.
2693-2724 Ahnlich Petrus Alfonsi, 'Disciplina Clerical is' S. 11,7-10.
Kiinste, Tugenden, Geschicklichkeiten
2689
Das Siebte, dass er jederzeit gute Sittcn habe und der Gerechtigkeit nachfolge und dafUr kein Gaben annehme.
2693
Das Folgende sind die sieben Fertigkeiten, die allezeit einen vollkommenen Mann ausmachcn: Er soli gut reiten k6nnen,
2697
schnell auf- und absitzen, gut !raben und galoppieren, wenden und geschickt von der Erde etwas aufheben.
2701
Die z\,veite, dass er sch\,vimmen kann und im Wasser tauchen, sieh wenden und kriimmen auf dem Riicken und auf dem Bauch.
2705
Die dritte, dass er schiellen kann mit Armbriisten, Biiehsen und Bogen; das kann er dann gut nutzen bci FUrsten und Hcrzogen.
2709
Die vierte, dass er klettern kann auf Leitern, wenn das n6tig ist das wird im Krieg sehr niitzlich werden -, LundJ an Stangen und Seilen, das ist auch gut.
2713
Die flinfte Fertigkeit, kann ich sagen, ist, dass er gut turnieren kann, kampfen und stechen und klug und fair tjostieren.
2717
Die seehste Fertigkeit: beim Ringen sieh sowohl verteidigen als aueh angreifen, weiter als andere Leute springen, mit der linken Seite wie mit der rechten.
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186
Kapitel 16
2721
Dy sibinde: wol gedinen zcu tische, Gctanzcin ouch nnd gchotircn, Daz bredspel em nicht laBin entwische U nd alliz, daz en mag gezcirin.
2725
Boeeius, der meistir gud, Spricht, daz di lar der willheit Si eyn schatz also gar frud Und der edilstir, den di werlt trei!.
2729
Keyn ding mag sich em gegliche, Daz man had uf deBir erdin; Her mach it di luthe selig und riche Noeh allim willin und erin begerdin.
2733
Von dem fure werdit her nicht vorbrant,
L54rJ
Noch von dem waBir irtrenkit,
Gar edil madrit her den bekant, Der en den luthin schenkit. 2737
Di kunst benemmit keyn gewah, Danne gotis gewalt alleyne; Wo sy in eyme had eren enthalt, Dcz 1cbin machit sy gar rcync.
2741
Dy dybe sy licht gestelin kunnen, Noeh di rouber eyme geroubin, Von den muttin werdit si nieht enkunnen, Dez han ieh ganzcin gloubin.
2745
Von allin lutin saltu Ierne, Sprieht Seneca, waz dir ist nnkundig Ungeschemit und ouch gerne, So werdistu wise und mundig.
2749
Wan wer dez spotlit, der etzwaz kan, Der had di willheit begebin Und nemmit sich der geckerie an Und furit eyn armes lebin.
2748 wcrdistu] r iiher del' Leite eingefiigl.
2725 Bocthius-Zitat nieht idcntifizicrt.
2727-31 Vgl. Sap 7, 8-11 und 14.
2746 Seneca-Zitat nicht eindeutig identifiziert, vgl. Ep. 76. 3, Ep. 88, 33, Ep. 123, 16.
Kiinste, Tugenden, Geschicklichkeiten
2721
Die siebte: Gut bei Tisch bedienen, auch tanzcn und hoficrcn, das Brettspiel sich nicht entgehen lassen und alles, was ibn zieren kann.
2725
Boethius, der vollkommene Meister spricht, dass die Lehre der Weisheit cin schr niitzliehcr Schatz sci, und zwar der edelste, den die Welt tragt.
2729
Nichts kommt ihm gleich, das es auf dieser Erde gibt; er macht die Leute glUcklich und reich nach aHem Willen und ihren Wiinschen.
2733
Vom Feuer wird er nicht verbrannt, yom Wasser nicht ertrankt, als sehr cdc! macht er den bekannt, der diesen Schatz den Leuten sehenkt.
2737
Keine Macht kann diese Kunst wegnehmen
als Gottes Macht alleine; wo sie in jemandem ihren Aufenthalt hat, macht sic dessen Leben ganz makel1os. 2741
Die Diebe kiinnen sie nieht stehlen, noch die Rauber jemandem rauben, mit Seheffc!n wird sic nicht gemessen, das glaube ieh fest.
2745
Von allen Leuten sollst du lemen, sagt Seneca, was dir unbekannt ist, ohne Scharn und auch gerne, dann wirst du weise und frei.
2749
Denn wer dariiber spottet, wenn jemand etwas kann, hat die Weisheit fortgegeben und nimmt sieh der Torheit an und fiihrt ein armseliges Leben.
187
188
Kapitel 17
2753
Had eyn ritter der geritschaft nicht, Wan her sal zcu strite gehin,
[54v]
Wi werdit ez danne uzgericht,
Daz her wole moge bestehin? 2757
Darummc sal man mcrkin nu:
Also spricht der meistir Valerius, Daz deme strite gehorit zcu Fierley, daz man nu habin mus. 2761
Daz erste daz sint starke knechte
N ahe bi dez ritters sitin, Di eme kunnen helffin gevechte
Und wol kunnen mit den stritin. 2765
Daz andir ist harnaseh und swert, Gewoppint uz biz zcu fulle, DeBe di machin eynen ritter wert Und muez ez habin zeu bulk
2769
Daz derte ist spise und trang, Daz her darvon gczccrc,
Ab sin harrin warde lang, Do her lit in deme heere. 2773
Daz ferde, daz her kunne gewiBe, Waz vorteils si darinne,
Kunst, ubungc und bckcntcniBe, Wi daz her den strid gewinne. 2777
Aristotiles der spricht Von deBin genantin fier stucken,
Also di werdin uzgericht,
L55rJ
Daz si eynen ritter wole smuckin. 2781
Dry ding di machtin vor jarin, Daz di Romer alz obirwundin
2753 gcrcitschaft Ba, Ne. 2759 vor gchorit durchgesfr. Buchsfahen be. 2762 vor dez zweites durchgestr. dez. 2764 den] dem Ne. 2767 di] dine Anm. Ba. ding Ne. 2771 worde] folgen durchgestr. Buchstahen do. 2778 stuckin Ne.
2758 Valerius-Zilal niehl idcntifizicrl.
2777 Arisloldcs-Zilal nichl icicnlifizicrl.
Ausriistung \lnd Obung
Kapitel 17 2753
Hat ein Ritter keine Au sri.i s lung~
wenn er in den Kampf gehen soU \vie \vird es dann vollbrae-ht, dass er gut bestehen kann? 2757
Darum soli man jetzt anfmcrkcn: Meister Valerius sagt, dass zum Krieg vier Dinge gehOren, die man haben muss,
2761
Das Erste sind starke Kriegsknechte nallc an der Seite des Ritters, die ibm beim Kampfen helfen konnen und sich mit dem Krieg gut auskennen.
2765
Das Zweitc sind Harnisch und Schwcrt, ganz und gar gewappnet bis an die Hille, dic.')C machen cincn wiirdigen Ritter aus,
und er braucht sie als Hilfsmittel. 2769
Das Dritte si nd Speise und Trank, damit cr davon zchrc,
falls sein Warten lang wiirde wenn er im Reer liegt.
2773
Das Vierte, dass er wissen kiinne, welche Art von Vorteil darin sei, Kunst, Dbung und Kenntnis, wic cr dcn Kricg gcwinncn kann.
2777
Arisloteles sagt tiber diese genannten vier Dinge,
wie sie ausgeftihrt werden, damit sie einen Ritter gut schmiicken. 27g I
Drei Dinge bewirktcn einstmais, dass die Romer alles iiberwanden
189
190
Kapitel 17
Und daz si zcu stritin louftig warin Und gar wol darmcde kundin:
2785
Si hattin gudis gezcigis sad Und warin eyntrechtig und getruwe, Daz er eyner uf dez andirn tad Wol friliGhin mochte gebuwe.
2789
VegeGius der weI OUGh segin Von dez gudin ritters harnasche, Her sulIe ez laBin schone fegin, Daz daranc si wcdcr fast noeh asche.
2793
Sin ficnt darvon irschrickit, Wan ez schone ist und reyne Und ez also eynen spigil anblickit, So achtit her den ritter niGht kleyne.
2797
Wer gloubit, daz eyn ritter sy Starg, kune und ouch stritbar Und sines gemutis freidig und fry, Wan sin harnasch ist unfrutig gar,
2g0 1
Swarcz und ruczfar gestalt, Also ez in dem 'Iuate si fundin, Und zeuriBin und ouch alt, Und habe sieh dez ermelieh undirwundino
2805
Keyn vestir, se1igir, lobelichir land (Achtc ich in myme sinnc) Wart uf der erdin ny bekand, Dan do vel ritter wonen YIlllC,
2809
Di wale kunnen gefeehtin Und habin gereitschaft darzcu gnug Und stchin noch frede mit dem rcchtin Und sint zeu striten wise und klug.
2813
Der meistir genant Cassiodorus Sagit von dez slritis gewonheid Und undinvisit unz alsus: Sy si trostlich den lutin und den fiendin lcid.
2795 ez] en Ne; eynen] eyn Ne.
L55vJ
2812 Ba, lVe] zcustriten K.
2789-96 Vegetius, 'Epitoma rei militaris' TT, 14. finert.
2813 Cassiodor-Zitat nicht identi-
AusrUstung und Obung
191
und dass sie im Kampf bewandert waren
und sich schr gut damit auskanntcn: 2785
Sie hatten gute Ausriistung in hinreichender Menge und waren eintrachtig und treu,
sodass jeder von ihnen auf die Tat des anderen unbesorgt bauen konnte. 2789
2793
Vegetius will auch sprechen vom Harnisch eines guten Ritters, dass er ihn schon fegen lassen soli, sodass daran weder Rost noch Asche sei. Sein Feind erschrickt davon, wenn er so schon und rein ist und er in ibn wie in einen Spiegel blickt, dann achtet er den Ritter nicht gering.
2797
Wer glaubt, dass ein Ritter stark, kiihn und auch strcitbar sci und in seinem Herzen mutig und frei,
wenn sein Harnisch ganz verdreckt ist, 2801
schwarz und ruBfarben aussieht, als ob er im Kot gefunden worden sei.
dazu zerrissen und alt, als habe er sich diesen aus Annut angelegt? 2805
Kein sichereres, glUeklicheres, IOblieheres Land (das meine ieh) wurde auf Erden je bekannt als cines, in dem viele Ritter leben,
2809
die gut kfunpfen konnen und dafUr hinreichend AusrUstung haben
und auf Seiten des Reehts auf den Frieden aus sind und zum Kampf erfahren und klug sind. 2813
Der Meister namens Cassiodorus sprieht vom richtigen Kampfverhalten und unterweist uns folgendermallen: Es sei den [cigcnen] Leuten hoffnungspcndend und den Feinden leid.
192
Kapitel 17
2817
Irsehreglieh ist ez den luthin sere, Oi dez seldin habin gcph!cgin, Daz si siGh su11en an strite kere. Oi sint abir darzeu irwegin,
2821
Oy daz dieke han angetrebin Und der ubunge vel begunnen Dnd sint von jogunt da bi b!cbin Und di wise wole kunnen.
2825
Wer in der jogunt daz antribit, In dem aldir her darmede kan; Gar unherferit her gar wol blibit, Wan her ez sal abir tribin an.
2829
Vegeeius sagit abir andirweit, Waz do gehore zcu deme strite, Oaz si ubunge und gewonheit, Man gehe zeit fuBe adir rite.
2833
Her spricht; Zeu strite gehOrit, Oaz man di wise wole kan; Daz foIg werdit scher vorsWrit, Wo di unvorsuchtin sich dcz nemen an.
2837
Oi gewonheid zeu den stritin 1st beBir danne di sterke, Oy kan zeu allin gezeitin Oaz gewinnen wol gewerke.
2841
Tede di gewonheid und di lar Dnd der gudir harnaseh an dem libe, Und 'Iueme eyn starkir gebur ouch dar, Her s61de groBis wundir tribe;
2g45
Dnd hette her spise di gnuge Und eyne flegiln in siner hant, Mer dan eyn ritter her wol sluge, Wan ez em \,vere also gewant.
[S6r]
2827 Gar] \Vcr Ne; her am. Ne. 2828 abli- am. Ne. 2832 Ba, 2819 stritcn Ne. Ne] /,cufuBe K. 2837 dem Ne. 2841 di] dil niehl Ne. 2843 Und am. Ne. 2846 cyncn ±legil Nc. 2848 em am. Ne.
2829-48 Vgl.
VCgC~llS,
'Epitoma rei rnilitaris' J, 8; J, 9; II, 23.
AusrUstung und Obung
2817
Es ist fUr die Leute, die das bisher selten gctan haben, schr erschreckcnd, dass sie sich zum Kampf begeben sol1en, Diejenigen sind aber dazu entschlossen,
2821
die das oft betrieben und haufig geUbt haben und von Jngend an dabei gcblieben sind und die Teehnik gut konnen,
2825
Wer das in der Jugend betreibt, kann es im Alter. Ganz unerschrocken bleibt er, wenn er wieder damit beginnen soIL
2829
Vegetius sagt wiederum an anderer Stelle, was zum Kampf gehUre,
das sei Ubnng und Gewohnheit, egal ab man zu Full gehe oder reite, 2833
Er spricht: Zum Kampf geMrt, dass man die Technik gut beherrscht Das Kriegsvolk wird rasch in Verwirrung gebracht, wo sich die Unerfahrenen darin versuchen.
2837
Die L'!bung im Kampfen ist wichtiger als die korperliche Kraft Sie kann jederzeit zuverHissig den Sieg herbeifiihren,
2841
Ware nicht die Gewohnheit und das Fachwissen und der gute Harnisch am Lcib, so brauchte nur ein starker Bauer daherkommen,
er wUrde grolle Wunder vol1bringen, 2845
Dnd hatte er genug Speise und einen Dreschflegel in seiner Hand, wUrde er gewiB mehr dreinschlagen als ein Ritter unter diesen U mstanden.
193
194
Kapitel 17
2849
Cassiodorus der spricht: Oi reehtin, mutigin, starkin man Oi harrin noch dem strite nicht.
Si wOldin alz liebir frede han 2853
Und ouch der ruwe phlegin, Wo en daz mochte geborin; Sy gebin ill wise mit den wegin, Wo si gewunnen und nicht voribrin.
2857
Oi se1bin sint gerne senftmutig Mit den wortin in ere [cdc, Hobisch, togintsam und ouch gutig; Oi gereehtikeid und den frede
2861
Habin sy lieb zeu allir zeid,
L56vJ
Und sint doch in den stritin irwegin
Dnd thun daz ane falseh und nyd, Wan si habin sin dieke gephlegin. 2865
Dy abir vel gezcenkis irhebin Dnd steekin vol groBir worte, In den starkin stritin sy irbebin Dnd kommen in grollc forte.
2869
Oi mit der rede gar lreizlieh sint, Wo sy undir den luthin wandirn, Oi stellin sieh danne also di kint Und togin mynner danne ill andirn.
2873
Oy arme luthe vel beroubin Dnd kunnen si wol gesehindin, Czu den so habe ich keynen gloubin, Daz si in stritin obirwindin.
2877
2881
Oi vcle nngereehtikeit tribin, Oy sint werlieh reehte zeagin; An der spitzein si nummer blibin, Sy laflin sieh snel vorjagin.
[57r]
Nummer sal eyn man geflihin, Also spricht mcistir Tulius,
2856 Wol daz Ne.
2849 Cassiodor-Zitat
nicht
eindeutig
identifiziert,
2881-2900 Ahnlich Cicero, 'Dc officiis' J, 24.
almlich
'Variarum'
10,
22.
AusrUstung und Obung
2849
2853
Cassiodorus sprieht: Die reehten, mutigen, starken Manner warten nieht auf den Kampf, Sie willden vic! lieber Frieden haben und sieh ausruhen, wenn ihnen das SGhiGklich ware.
Sie willden [den Kampf] als Mittel und Weg aufgeben, wenn sie l so J gewonnen und nieht verioren. 2857
Dieselben sind gerne sanftmUtig
mit den Worten in ihrer Rede, hofisch, tugendhaft und aueh freundlieh. Die Gereehtigkeit und den Frieden 2861
haben sie jederzeit Iieb, und doch sind sie in den Kampfen unverzagt
und tun das ohne Falsehheit und Hass, denn sie haben dies oft getan. 2865
Die aber oft Streit anfangen
und voller groBer Worte steeken, erzittern in den heftigen Kampfen und gcratcn dann in groBc Furcht.
2869
Die mit den Worten hliehst furehteintlliBend sind, wenn sie unter den l eigenenJ Leuten umherwandern, stellen sieh dann an wie die Kinder, und taugen weniger als die anderen.
2873
Die, die arme Leute oft berauben und gut darin sind, sie zu sehinden, von denen glaube ieh nieht, dass sie im Kampf siegen.
2877
Die standig Ungereehtigkeit liben, die sind in Wirkliehkeit reehte Feiglinge. An der Spitze bleiben sie nie, sie lassen sieh schnell verjagen.
2881
Niemab sol1 ein Mann f1iehen, sagt Meister Tullius,
195
196
Kapitel 17
Wan her sal zcu strite zcihin, Adir ist darummc kommcn us, 2885
Daz man en icht also eynen zcagin Hindinnoch al1ezcid halde Und obir en komme eyn bose clagin Und schande mit der unsalde.
2889
Man sal abir flihin alsust, Wan der strid ist gancz vorlorin, Und sieh nicht gebin in di vorlust, Wan daz banir ist zcumale vorkorin.
2893
Wan man dcz stritis mag ummcgegen Und dez kreyz ist geswegin, Uf daz man kune werde gesehen So ist danne gud syn vorzcegin.
2897
Wer danne do hindin blibit Anc redclichc, groBc sache Und eyne bisundirn were tribit, Dcz torheit mlichte man wol lache.
2901
Dcr had eynen starkin mud, Der sich wol kan geubin, Und sin stetikeid ist ouch gud, Wen scharffe ding nicht betrubin,
2905
Ab en di biwilin rurin Mit cyner groBin clage, Und so her di hertikeid muez volfurin, U nd darum nicht wei vorzcage;
2909
S undirn daz her sich in hlite Aldiwile feste heldit Und trostit sich in dem mlite Und eynes gudin ratis weldit.
2913
Vegecius spricht abir: Wo man Di bloBin an di spitzcin schickit,
L57vJ
2883 Ba, IVc] zcuslrite K. 2890 vorlorin] ifehlt, iiber rn Nasalstrich. 2891 nieht Ne. 2893 mnmcgchcn Ba. 2895 Vf 0111. Ne; kLUnc Be; gcschcn] gcsch Ne. 2907 Und 0111. llle.
0111.
2913-20 VegeLius, 'Epiloma rei mililaris' I, 20.
AusrUstung und Obung
wenn er in den Kampf ziehen sol1,
oder er ist mit dem Zicl ausgezogeu, 2885
dass man ihn etwa spater al1ezeit fUr einen Feigling hahe
und tiber ihn ein erniedrigendes Klagen und Schande mit UnglUck komme. 2889
Man soil aber dann fliehen, wenn der Kampf ganz verloren ist, und sich nicht der Niederlage ausliefern, wenn das Banner bereits aufgegeben is!.
2893
Wenn man den Kampf umgehen kann und das Kampfgeschrei verstummt ist, dann kann man auf einen, der als kUhn angesehen werden will, gut verzichten.
2897
2901
Wer dann zurUckbleibt olme einen verntinftigen, bedeutenden Kriegsgrund und allein weiterkampft, tiber dessen Torheit kann man wohllachen. Der hat einen starken Mut, der seine Krafte gebrauchen kann
und dessen Bestandigkeit sieh aueh im Guten bewahrt und den heftige Dinge nieht betriiben, 2905
wenn ihn die bisweilen anrUhren
mit einer groBen Klage, und wenn er die Harte vollfUhren muss und darUber nieht verzagen will, 2909
sondern sieh al1ezeit bestlindig in acht nimmt und sich triistct in scincm Sinn
und sieh immer reeht zu helfen weill. 2913
Vegetius sagt wiederum: Wo man die Ungesehtitzten an die Spitze sehickt,
197
198
Kapitel 18
Oi niGht gudin hanasch habin an,
Wi fcste man en daz vorstrickit, 2917
So flihin sy gerne zeu den stundin, Wan er gesellin blibin tod Und enzcebin selbir ouch grollir wundin Und lidin in der were groBe nod.
2921
Ez schribit sente Augustin Eyme ediln manne, den her wol Kante bi deme namen sin: Eyn ritter sin adil merkin sol
2925
Dnd nunlmcr anedelich gethu Mit werkin adir mit wortin. Daz geborit erne von rechte zcu, In togindin und gotis fortin.
2929
Es schribit abir Vegecius: Welch herzcoge fredis ser begert, Der mach it sich mit sime folke uz Dnd bereitit zcu ,\trite sine phert.
2933
Welch herre wei gerne obirwinde, Der Iere sine ritter und knechte, Wan her sy kan muBig vinde, Wi sy in stritin sullin vechte.
2937
Eyn wisir herzcoge ouch gerne macht Mit brifin und mit gereitin gelde Undir sinen fiendin di zcweitracht, Wo sy kegin erne lcgin zcufclde.
2941
Wol daz man dcl,is achtit klcync, So werdit ez doch den fiendin swer, Dnd ist doch groz, also ieh meyne. Wan keyn ding schad it en also ser,
2915 harnasch Sa, IVe. Ne; Ea, Nel zcustrite K.
2925 tillcdclich Anm. Ba.
2931 machcNe.
2932 hcrcitc
2921 AugusLinus-Zila\ niehl idenLifizierL 2929-36 VegeLius, 'Epitoma rei mililaris' 2937-48 Vegetius, 'Epitoma rei militaris' III, 10. III, Prolog.
Regeln fUr die Schlacht
die keinen guten HarnisGh tragen, kann man sic noch so fest cillbinden, 2917
sie fliehen dann trotzdem gerne, wenn ihre Gesellen tot [auf dem Feldl bleiben und wenn sie seIber auch grollere Wunden erleiden und in der Yerteidigung grolle Not.
2921
Es schreibt der heilige Augustinus an einen edlen Mann, den er gut bei seinem Namen kannte: Ein Ritter soli auf seillen Adel achten
2925
und nie unedel handeln, weder mit Werken noch mit Worten, Das gebUhrt ibm zureeht, in Tugenden und Gotlesfurcht.
Kapitel18 2929
Es sGhreibt wiederum Vegetius: Wenn ein Heerfiihrer den Frieden sehr ersclmt, macht er sich mit seinem Kriegsvolk auf und bereitet seine Pferde fiir den Kampf VOL
2933
Wenn ein Herr gerne siegen will, lehre er seine Ritter und Knechte, wenn er sie miiBig findet, wie sie im Krieg kampfen sollen,
2937
Ein kluger Herzog sat auch gerne mit Briefen und Bargeld unter seinen Feinden Zwietracht, wenn sic gegen ibn zu Felde liegen.
2941
Obwohl man das gcring aehtct, wird es doch den Feinden beschwerlich, und ist doeh wichtig, wie ieh meine. Denn niGhts schadet ihnen so sehr,
199
200
Kapitel 18
2945
Also daz man eyne zcweitracht Von den, di zcu fdde ligin, Abo vorborgintlichin macht, Oaz sy danne undireynandir krigin,
2949
Harte, veste, starke man, Oi gefochtin habin gar dicke, Oi sal der hcrzcoge vorne an Czu eyner spitzcin schicke.
2953
Wan di do seldin adir ny gesahin
Oi [uthe stechin adir howin Und groBe, tiffe wundin slahin Dcz stritis wise anschowin, 2957
So kommen si in varchte zcuhant. Dez sal man sy danne beringin. Si worelin lichte in eyne flucht gewant, Kunelin sy darvon gedringin.
2961
Darum sal man si schickin
[58v]
Millin in den [lOuffin. Gar hart ez daz vorstrickin, Oaz sy nergin su11in louffin. 2965
Dnd wan eyn houptman der t1ucht enzcebit, So sal her eyne andir partige han, Er danne sieh eli flucht irhebit, Di sich dez stritis ouch neme an.
2969
ViI lichtlichir her daz danne end it, Oanne her di kunne wedir gcloekin, Und vele er dan her si umme gewendit, Oi von dem strite sint irschrockin.
2973
Wan si dannc ctz\vaz gcruwin Und sieh ouch baz besinnen, Villichte si danne uf er getruwin Oez stritens wedir an beginnen.
2946 Von] In Ne; v1/orllrennung Ba, Ne] zcufddc K. 2947 vorborginlichin Ne. 2950 Bu. Ne] gardicke K. 2956 Dez] So di des Anm. Ba. 2962 houffin] beim DiplllllOng v iiher der Zeile nachgetragen. 2963 cz] en Ne. 2970 Dannc] daz Ne. 2971 her si om. llle.
2949-52 Vegetius, 'Epitorna rei rni1itaris' III, 14. 2953-59 Vegetius. 'Epitorna rei 2965-76 Vgl. Vegetius, 'Epiloma rei mililaris' III, 25. mililaris' III, 10.
Regeln fUr die Schlacht
2945
wie dass man eine Zwietracht unter denen, die zu Felde licgen, heimlich verursacht, sodass sie sich daIlll untcrcinandcr bckricgcn.
2949
Standhafte, kraftige, starke Mfumer, die bereits sehr oft gekampft haben, soil der Heertlihrer vorne zu einer Spitze formieren.
2953
Wenn die, die bisher selten oder nie die Leute stcehen oder hauen und groBe, tiefe Wunden schlagen sahen, das Geschehen im Kampf ansehaucn,
2957
beginuen sie rasch, sieh zu flirehten. Deshalb solI man sie umringen. Sic willden sieh leieht zur Flueht wenden, wenn sie davondrangen konnten.
2961
Darum solI man sie mitten in dcn Haufen hineinstcllen. Diese feste Einbindung bezweckt, dass sic nicht irgcndwohin fortlaufcn.
2965
Dnd wenn ern Hauptmanu von der Flucht etwas bemerkt, danu soli er eine andere Abteilung haben, bevor die Flucht beginnt, die sich des Kampfes zusatzlich annimmt.
2969
Viel leichter bringt er es dann zuwege, dass er sic dann wieder anlockt, und viel eher wendet er die wieder herwn,
die durch das Kampfgeschehen erschrocken sind. 1973
Wcnn sic daIlll cin wenig ausruhcn und es sich noch einmal Uberlegen, beginuen sie vielleieht zuversiehtlich den Kampf wieder.
201
202
Kapitel 18
2977
Welch houptman mit sinen witzcin Wei zeu eyme strite gehiu Dnd wel setzcin sine spitzcin, Ocr sal dri diug da vor besehin,
2981
Oi sunnen, den staub und den wint, Daz her sich darvone gekere, Si maehin eme andirs ill sinen blint Und hindirn sy gar sere.
2985
Wer do kegin der sunnen stehit, Oem schinet sy in di ougin zcuhant,
[59r]
Und wo wint stoub in di ougin wehit, Do had man sieh obi!c hen gewant. 2989
Dnd muez her daz von nod han In den selbin gezcitin,
So wende man sieh, ab man kan, Und treffe sy zeu der sitin. 2993
Oi fiende sint bose zcu schiBin In stoube und in winde, Wan di ougin obirtliBin;
Daz hindirt darzcu swindc. 2997
Thlius sprieht: Wo ouch eyn man An ill spitzein freveliehin gehit, Ocr mit dem swerte etzwaz kan, Und sieh sere daruf [emt
3001
Dorch rum und dorch itelichkeid Dnd wogit do sin !cbin, Oaz ist eyn torliche erbeid, Dnd mochte di wol begebin.
3005
Abir wan dez sclbin tede nod, Und queme dan dahen zeu statin Dnd trete danne in eyne solche nod, Oaz moehte en allewege gebatin,
[59v]
2985 Ba, Ne] dcz K, slmncnfolgl durchgestr. schit. 2987 wint + lmd Ne. 2993 Ba, 3006 dan om. Ne. 3007 eyne so1che nod] den tot Anm. Bu. den Ne] zcuschiBin K. tod Ne.
2977-96 Vcgctius, 'Epiloma rei mililaris' III. 14. officiis' I, 22.
2997-3004 Vgl. Cicero, 'Dc
Regeln fUr die Schlacht
2977
Wenn ein Hauptmann mit seinen Kenntnissen
in cincn Kampf gehcn und seine Spitze aufstellen will, dann soli er drei Dinge vorher beachten, 2981
die Sonne, den Staub und den Wind, und sich davon abwenden,
sic machen ihn sonst die Scincn blind und behindern sie sehr. 2985
Wer gegen die Sonne steht, dem scheint sic sogleich in die Augcn, und wo Wind Staub in die Augen weht, da hat man sich ZunI Schaden hingewendet.
2989
Dnd muss er [der Hauptmann] das in Kauf nehrnen in denselben Zeiten,
dann wende man siell, sobald man kann, und Ireffe sie l die Feinde J von der Seite. 2993
Die Feinde sind schwer zu treffen im Staub und im Wind, wenn die Augen tranen;
das ist cin gcwahigcs Hindcrnis.
2997
Tullius spricht: Wenn ern Mann auch iibenniitig an die Spitze geht, der mit dem Schwert ein wenig umgehen kann und sieh sehr darauf verlasst
300 I
aus Ruhmsucht und Eitelkeit und da scm Leben aufs Spiel setzt, das ist eine torichte Miihe,
und er sollte die gewiss unterlassen. 3005
Aber wenn dasselbe nlitig ware, und er dann dorthiu zur Hilfe kame und sich in so cine Gcfahr beg abc, klinnte ihnen [den Bedrangten] das durehaus niitzen,
203
204
Kapitel 18
3009
Wan beBir ist ez gestorbin Dorch gcmeyncn nutz uud frede, Danne sGhadin und schande irworbin
U nd uf en eyne bose nachrede, 3013
Ez spricht meistir Seneca Von etzlichin erbarn luthin, Di also weich wcrdin irzcogin da Glich den zcartin, jungin bruthin.
3017
Nicht unseligirs menschin mag werdin,
Danne wo da ist eyn erbar man Undir den andirn uf der erdin, Der keynerlei gclidin kan 3021
Und deme noch ny leid geschach Von keynerhande dingin
Und weiz nicht zcu sagin ummc ungcmach;
Wi solde deme nu gelingin? 3025
Wan her ist gar unirfarin
In allirhandin der luthe sachin Und glichit sich eyme rechtin narrin Adir cyme wibc mit simc machin.
3029
Ez spricht der meystir Plato Ouch von dez follis stritin
L60rj
In cyme simc buchc also:
Ab ez kommit zcu gezcitin, 3033
Daz der houptluthe werdit me Danne eyner do alleyne, So sullin si zcusammen ge Und sich gar gancz voreyne,
3037
Daz si icht kommen undireynandir Czu zcweitracht und zcu krigin. Di jungin di sullin also wandir, Daz si den eldistin vorswigin.
30 II Ba, Ne 1 schandcirworbin K. 3023 Ba, Ne 1 zCllsagin K. 3025 auf gar folgl unklarer Buchstabe garn (?). 3034 eyner] r liber der Zeile eingefiigt.
3013-24 Ahnlich Seneca. 'De ira' 2, 21. 3029-56 Cicero, 'De officiis' I, 25. Die Stelle gchl zmlick auf Platon, "Polilcia' 488b--488c.
Regeln fUr die Schlacht
3009
denn es ist besser, fUr den gemeinen Nutz und Frieden zu sterben, als Schaden und Schande zu erwerben und iiblc Naehrcdc dazu.
3013
Es spricht Meister Seneca von etl ichen ehrbaren Leuten, die da so weich erzogen werden gleich den zarten, jungen Brauten.
3017
Es gibt keinen unseligeren Menschen, als einen ehrbarcn Mann unter den anderen auf der Erde, dcr gar niehts aushaltcn kann
3021
und dem noch nie Leid geschah von keinerlei Dingen und dcr keine Unannchmliehkcitcn kcnnt. Wie soli der jetzt Erfolg habeno
3025
Denn er ist ganz unerfahren in viclcn mcnsehliehcn Angclcgcnheitcn und gleicht einem rechten Narren oder einem Weib in seinem Handc1n.
3029
Es spricht der Meister Plato auch von Streitigkeiten des Kriegsvolkes in einem seiner BUcher folgendes: Wenn es zuweilen geschieht,
3033
dass es mehr als nur einen Hauptmann gibt, dann sollen sie zusarnmen gehen und sich ganz und gar vereinen,
3037
damit sic nieht untcrcinandcr Zwietracht und Streit anfangen. Die Jungcn sollcn sieh so verhaltcn, dass sie den Altesten ruhig zuhoren.
205
206
Kapitel 18
3041
Erin rad sullin si doch gebin, So si allirbcste daz mogin. Ist her den eldistin danne nicht ebin, So sullin sy sin alsa gezcogin,
3045
Daz si gerne volgin den aldin Und nicht do wedir sprechin. Darmcde sy den seg behaldin Und bewarin graBin gebreehin.
3049
Di schifluthe dicke undir gehin, Wan si varin in def zcwcitracht
Und darumme zcu krige stehin. GewiBlichin danne er schade wacht. 3053
Wanne eyner falgit dem andirn nieht, Wi wo11in si danne gefarin?
Also worde dit auch uzgericht, Walde man ez nieht bewarin. 3057
Aristotiles der sprich!: Wan man hanptlnte wei kisin, So sal man der jungin nemen nicht, Man mochtc and irs vorlisin.
3061
Wer wole ist irfarin Und had ez dieke getrebin an, Den sal man mit nichte sparin, Man sal en zeu farmunden han.
3065
Der jungir laBe erne nicht Yorsman,
Ab der eldir ist nicht riche Adir nicht also edil noch sime wan. Her sal erne gerne entwiche, 3069
Wan daz enist keyn schande, Daz eyn aldir, armer, erbar man Danne formundit eyme lande Und eyn edeler daz lellit, der sin nieht kan.
3073
Dez ritters truwe irschinit sere,
Der daune umme dcz landis frcdc
3049 wldirgen Ne.
3057-59 Aristoteles, 'Topica' 3,2; 'Auctoritates' S. 325, NT'. 47.
L60vJ
Regeln fUr die Schlacht
3041
Ihren Rat soli en sie jedoch geben, so gut sie konnen. Tst er den Altesten dann nicht recht, daIlll sollcn sic so wohlcrzogcn scin,
3045
dass sie den Alten gerne Falge leisten und nicht widersprechen. Damit erreichen sie den Sieg und schtitzen sieh var graBen Verlusten.
3049
Die Schiffsleute gehen oft unter, wcnn sic in Zwictracht untcnvcgs sind und sich deshalb untereinander streiten.
Sieher entsteht mnen dann Schaden. 3053
Wenn einer dem anderen nieht falgt, wie wollen sie dann vorankommen?
So wtirde es aueh rim Heer] geschehen, wenn man es nicht verhiiten wiirde. 3057
Aristoteles sag!: Wenn man Hauptleute auswahlen will, dann solI man keinen der Jungen nehmen, man konntc sonst vcrlicrcn.
3061
Wer sehr erfahren ist und es oft betrieben hat, den soli man keineswegs tibergehen, man soli ihn zum Vorgesetzen nehmen.
3065
Der JUngere soli es nicht gering schtitzen, wenn der ALtere nicht machtig ist oder nicht so adelig nach seiner Einschatzung. Er solI ihm gerne den Vortritt lassen,
3069
denn es ist keine Sehande, wenn ein alter, armer, ehrbarer Mann
dann einem Land vorsteht und ein Adliger das zuHisst, der es nicht kann. 3073
Die Treue des Ritters kommt glanzvoll zur Gehung, wenn er dann fUr den Frieden des Landes
207
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Kapitel 19
Czubreit schon dez folkis ere Und machit daz obirwindin mede, 3077
Also daz di liende vorzeagin, Wan her den strid wiBl ich uzricht, Und daz si gefangin werdin und irsiagin, Wan man da ordinliGhin 'licht.
3081
Gar gude ritter sint di man, Di arme luthe nieht roubin,
[6lr]
Sundirn di sich stritins nemen an
Umme den eristin gioubin. 3085
Ez spriehit sente Augustin In sime buche von der gotis stad (Ir werdin ritter, nemit dit in Und helffit, daz sin werde rad!):
3089
Dez menschin sele had nicht frede, Wil daz der lib lidit ungemach; Sy irquickit mit nichte di gelede, Di darvone sint wordin swaeh.
3093
Also tud der geist der eristinheid: Oi wile daz si zcu den gezcidin
Beide ungemaeh und herzecleid Muez von heidin und ketzcern lidin, 3097
So mag der cristin nicht mit ruwin
Gotis dinst reeht vollinbrengin Mit ynnikeid und mit ganzcin truwin,
Got wolle ez danne vorhengin. 3101
Er danne man zeu "trite gehit Kegin ketzeern und heidin, Den cristin ez gar wale stehit, Daz si sich vor sundin scheidin
3075 Czubrcitit Ne.
3090 Will di wile Ne.
3080 da Jolgt durchgestr. z. 3084 cristingloibin Ne. 310 1 Ba, Ne] zcustrite K. 3104 von Anm. Ba, Ne.
3089-92 Augustinus, 'De civitale Dei' XIX, 14.
Glaubenskrieg
die Ehre des Kriegsvolkes wirkungsvoll verbreitet und am Sieg beteiligt ist, 3077
sodass die Feinde verzagen, wenn er den Kampf klug lenkt, und dass sie gefangen werden und erschlagen, wenn man da nach den Regeln kHmpft.
Kapitel19 30~1
Schr gute Ritter sind die Manner, die arme Lente nicht bcrauben, sondern sich des Kampfes fUr den Christenglauben annehmen.
3085
Es spricht der heilige Augustinus in seinem Buch von der Stadt Gottes (Ihr ehrenwerten Ritter, vernehmt dies und helft, damit dem Abhilfe geschaffen wird!):
3089
Des Menschen Seele hat keinen Frieden, solange der Lcib Ungemach lcidct; sie erquickt mitnichten die Glieder, die davon schwach geworden sind.
3093
Ebenso geht es dem Geist der Christenheit: Solange diese Ungemach und Kummer von Heiden und Ketzern lei den muss,
3097
kann der Christ nicht mit Ruhe seinen Gottesdienst recht feiern mit Innigkeit und ganzer Treue,
es sei denn, Gott Hisst es zn. 3101
Bevor man in den Kampf gegen Ketzer und Heiden geht, steht cs den Christen sehr gut an, da" sie sich von LihrenJ SUnden befreien
209
210
Kapitel 19
3105
Mit biGhten und mit ruwin, Und nemen den lieham Cristi yn. So sullin si dez gote getruwin,
[61v]
Her vorgebit en sunde und pin. 3109
Wol daz ez zeu allin gezeilin sy nod, Wan man stritin weI adir vechtin, Daz man an ruffe den lebindin god Umme huille noeh deme rechlin
3113
Und eyn iclichir sin ding beriGhte Und bereyte sieh uf eyn sterbin Mit warir ruwe und mit biehte, Daz her gnadc mogc irwcrbin,
3117
So ist ez doeh vel nothir danne Umme vorgebunge allir sunde Czu thunc von cyme cristin manne,
Daz her sieh voroo zcu gothe vorbunde. 3121
Der genantir 1erer vordir sagit: o mensehe, hastu in der zeid Dyne sunde mit ruwin nicht gedagit, Und also gcgangin hen in den strit
3125
In hochfart, hal>e und obirmuthe Und den sttid villiehte an dieh genommen, Uf daz du quemist zeu groBirme guthe Und nemist von den luthin frammen,
3129
Hastu in diner herschaft di sterke gar
Und din groBis volg besunnen, Di do machin eyne hreite schar, Meynistu danne, du hast gewunnen? 3133
Neyn, god wei ez nieht also han! Her had ouch dines sttitis macht. Wer sine hulffe nieht ruffit an, Dez werdit von erne cleyne geaeht.
3137
Wer siGh uf sine sterke let Und uf sin groBis gcsinde,
3111 anruffe Ne.
3121 Augustinus-Zitat nicht identifiziel1.
[62r]
Glaubenskrieg
3105
durch Beichte und Reue und den Lcib Christi einnehmen. So so11en sie Gott darin vertrauen, dass er ilmen Siinde und Strafe vergibt.
3109
Obwohl es immer notig ist, wenn man ktimpfen oder fechten will, dass man den lebendigen Gott anrufe um Hilfe fiir das Recht
3113
und ein jeglicher seine Angelegenheiten regie und sich auf die Mligliehkeit des Sterbens vorbereite mit echter Reue und mit Beichte, damit er Gnade erwerben kilnne,
3117
so ist es doch viel notiger in dieser Situation, sieh um Vergebung aller Siinden zu bemiiben fiir einen Christen, damit er sieh vorher mit Gott verbinde.
3121
Der genannte Lehrer sagt weiter: o Mensch, hast du nicht rechtzeitig deine Siinden mit Reue beklagt und bist so in den Kampf gegangen
3125
in Hattan, Hass und L'!bermut, und Lhast J den Kampf moglieherweise beg onnen, damit du zu grli/lerem Besitz kommst und den hraven Leuten etwas wegnimmst,
3129
Lund] hast du in deinem Hochmut die SWrke und die GrliBe deines Kriegsvolks erwogen, das eine breite Schar bildet, glaubst du dann, dass du gewonnen hast?
3133
Nein, Gott will es nieht so haben! Er hat aueh iiber deinen Kampf die Macht. Wer seine Hilfe nicht erbittet, der wird von ibm veraehtet.
3137
Wenn jemand sieh auf seine SWrke verHiBt und auf sein groBes Gcfolge,
211
212
Kapitel 19
Ez kommit, daz en eyn krenkir slet, Und kan dcz nicht vorwindc. 3141
Her mag nummer obil gesterbin, Wer noch gotis gnadin ringit. Her mag wol nutz und ere irwerbin, Gar snel erne ouch gelingit.
3145
Furit her danne eyn togintsam lebin
Und weI den strid wedir di ungloubigin thu, God weI em sin riche gebin U nd der mertcler kronen darzeu. 3149
Ab her umme den eristin gloubin Tn dem strite werdit irslagin,
Nymant mag en dez beroubin, Also di heiligin lerer sagin. 3153
Der sterbit ouch gar seldin wol, Der nicht stchit noch dcm rechtin Und ist grollir sunde vol; Deme werdit swer zeu jCchtin.
3157
Isidorus spricht: Solchir luthe tod Sal man in der cristinheid alleyne Clagin und ere lange nod In eyme medelidin beweyne,
3161
Di ane ruwe dit habin begangin U nd villiehte vordinit di helle Und gotis licham nicht han enphangin Noeh woldin sieh darnach stelle.
3165
Man sal sich abir nicht betrubin
[62v]
Umme di zcu gothe wendin sich
Und sich in siner liebe ubin, Der tod ist zcumale lobelich. 3169
Gregorius uns lerin weI,
Daz man den ketzcern sullc sture
3149 crisLil1gloibil1 Ne. 3161 Ba, Ne] ancruwc K.
315613a, Ne] zcufechLin K. 3166 Ba, Ne] zCllgothc K.
3158 Ba, Ne] Salman K.
3141-56 AllgllStinUS, 'Dc disciplina christiana' XlI, PL 40, Sp. 676. 3149 Vgl. Bernhard von Clairvaux, 'De laude novae mililiae' III, 4. 3157 Isidor von Sevilla, 'Scntcntiac' 30, 1. 3169 Grcgorius-Zitat nicht idcntifizicrt.
Glaubenskrieg
kommt es 'lor, dass ihn ein Schwacherer schHigt und er das nicht verschmcrzen kann.
3141
Der kann niemals schlecht sterben, der naeh Gottes Gnade ringt. Er wird gewiss Nutz und Ehre erwerben, und er hat aueh raseh Erfolg.
3145
FUhrt er dann aueh ein tugendhaftes Leben und will gegen die UngJaubigen kampfen, wird Gatt ihm sein Reieh geben und die Mfutyrerkrone dazu.
3149
Wenn er ftir den Christenglauben im Kampf geWtet wird, kann ihm das niemand gewaltsam nehmen, wie die heiligen Lehrer sagen.
3153
Der stirbt aueh selten gut, der nieht naeh dem Rcchtcn trachtct und vall von groBer SUnde ist; dem wird der Kanlpf schwer.
3157
Isidor spricht: Nur den Tod solcher Mensehen soli man in der Christenheit beldagen und ihre lange dauernde Not mit Mitleid beweinen,
3161
die dies ohne Reue getan haben und wahrseheinlieh die Holle verdient haben und den Leib Gotles nieht empfangen haben und sieh nieht danaeh ausriehten wollten.
3165
Man soli aber nieht traurig sein Uber die, die sich Gott zuwenden und sieh in der Liebe zu ihm iiben, LdennJ deren Tod ist in jeder Hinsieht zu loben.
3169
Gregorius will uns lehren, dass man den Ketzern Einhalt gebieten muss
213
214
Kapitel 19
(Do her schribit obir Ezechiel) Mit dem swerte und mit dem fnre. 3173
Her sprieht ouch: 1st, daz wir unz darin Mit alleme fliBe setzGin, Daz wir en angelegin pin Und di basin cristin geletzcin,
3177
Daz su11in wir ane forte thu, Wan si sint gotis dinern gram. Do weI her uns ouch helffin zcu, Habin wir zcu unsirn sundin scham.
3181
Mer dcr selbe !erer sprieht: Sehistu eynen fromen cristin man, Den saltu irzeornen nicht. Du salt gotis forchte han,
3185
Uf daz en god icht reche, Ocr in simc hcrzcin ist, (Nu merke waz ich spreche) Und schone sin zeu allir frist.
3189
Tucstu cmc unfrcdc, Du beschemist dinen gloubin Und irzeornist god darmede; Der kan dich wol beroubin
3193
Libis, gutis und cler erin Gar in kortin stundin. Dez had man noch deBin lerin Di warhcid diekc fundin.
3197
Nymant kan wol gemerke, Do nicht sint strite adir krige, In dcmc frcdc sine sterkc; Manchir muste er geswige.
3201
Gliehir wise nymant gesprechin kan, Her wcrdc dan von den kctzeern gctrcbin,
3177 forte] vorchle jl./e.
3182 cristil1man 13a, jl./e.
[63r]
3185 rechee, Dveites e
durchgesfrichen.
3173 Grcgorius-Zitat nicht idcntifiziclt.
3181 Grcgorius-Zi1..'11 nicht idcntifizicrt.
Glaubenskrieg
Cwo er tiber Hesekiel sehreibt) mit dem Schwer! uud mit dem Feuer. 3173
Er sagt auch: Wenn wir uns daran mit aHem FleiB machen,
dass wir mnen Pein zufUgen und den sehleehten Christen sehaden, 3177
sollen wir das ohne Fureht tun, denn sie sind den Dienern Gottes feindlich gesonnen. Dazu will er uns helfen, wenn ,vir uns fill unsefe SUnden schamen.
31 g1
Weitcr sagt dersclbe Lehrer: Siehst du einen guten Christen,
sollst du den nicht in Zorn versetzen. Du sollst Gotlesfureht haben, 3185
damit ihn Gatt nieht rHehe, def in seinem Hefzen ist jetzt achte danmf, was ich sage! und schone ibn immer!
31g9
Tust du ihm Unfrieden [an], dann besehiimst du deinen Glauben und erzUrnst Gott dadurch, der dich in sehr kurzer Zeit
3193
des Leibes, des Gutes und der Ehren berauben kann. Dass diese Lehren wahr sind,
hat man oft erfahren. 3197
Niemand kann irn Frieden, wenn es keine Kampfe oder Kriege giht,
seine StHrke richtig einschatzen. Mancher sollte besser von ihr schweigen. 3201
Ebenso kann niemand sagen, dass er ein bestandiger Christ sci,
215
216
Kapitel 19
Daz her si eyn bestendigir cristin man. So mag her dannc gantz enzcebin, 3205
3209
Daz her umme sinen lip und lebin Den cristin gloubin walde behalden Adir den umme di pin begebin Und kamme in ewige unsalde,
L63vJ
Sint di nu gotis kindir genant,
Di gerne dez landis frede machin Und di armen schutzcin und daz lant Mit manchirhandc sachin, 3213
Anc zcwifil di do wcdir sint Und den frede varterbin Dez b6sin, vorfluchtin tufils kim Und sine rechtin erbin.
3217
Abir spricht her: Etzliche heillin ritter, Di nicht fele han gestretin, Di erheid were en gar bitir, Bcgundc man si dcz bcthin.
3221
Etzlichc hciBin ouch cristin, Di der werke nicht begehin, Di ouch mit erin listin Crist us lare wedir stehin.
3225
Si habin beide dy namen, Ocr si sich schone vorhcbin. Der werke hahin sy eynen schamen, Dcr sy gar seldin cnzccbin.
3229
Dez ist er ere gar kleyne, Oi sy darvone irnierbin. Er \Verdit vorgcBin rcync Von gothe wanne sy gesterbin.
3203 cristinman Ea, Ne. 3206 cristingloibin Ne; bchaldc Ba, Ne. 32080 vor der Zeile. 3215 DezJ Sint dez Anm. Ba, Ne. 3217 heiBi iiber der Zeile undeutl. nachgefragen. 3222 bcgcn Ne. 3224 wcrurslcn Ne. 3226 vorhcbin] c tiber einem z,u e verbesserten a. 3231 Er] r lIUS z verbessert.
3217 Gregorius-Zitat nicht identifiziert.
Glaubenskrieg
wenn er nicht von den Ketzern getrieben wird.
Dann erst kann er wirklich herausfinden, 3205
ob er unter Einsatz von Leib und Leben am Christenglauben festhalten wUrde oder den wegen der K6rperqual aufgeben und in ewige Unseligkeit kommen will.
3209
HeiBen die nun Gottes Kinder, die gerne im Land Frieden stiften und die Armen und das Land schUtzen mit mancherlei Taten,
3213
dann sind olme Zweifel die, die dagegen handeln und den Frieden zerstOren,
Kinder des b6sen, vertluchten Teufels und seine rechtmaBigen Erben.
3217
Wiederum sagt er: Etliche heiBen Ritter, die nicht viel gekiimpft haben. Die MUhe wHre ihnen recht bitter, wenn man sie darum bitten
3221
3225
~,tirde.
Etliehe heiBen auch Christen, die die Werke nicht tun, oder die mit ihren Listen der Lehre Christi widerstehen. Sie haben beide die Namen,
Uber die sie sieh lcichtsinnig hinwegsetzen. Vor den Werken schHmen sie sich, die sie sehr sellen tun. 3229
Davon ist ihre Ehre sehr klein, die sie dadurch ernierben.
Sie werden von Gatt giinzlich vergessen, \,venn sie sterben.
217
218
Kapitel 20
3233
Ez spricht der meistir Pericles, Oaz keynerlei golt noeh gud gewant (Vor war saHu mir gloubin des) Machit eynen gudin ritter bekant,
3237
Noeh keyn buntwerg noeh edil gesteync, Sundirn wan sin schilt ist zeustochin Dnd der bort ist zcuhowin reyne Dnd sin helm ist zcubrochin
3241
Und sin swert had grolle schrundin, So ist der ritter gezcirit wol. Had ouch sin antlitzce blutige wundin, Bi1che man en danne lobin sol.
3245
Petrus Perle also sprich!: Keyn betrupliehir ding man sehit An eyme ritter, dez sit berieht, Oanne daz her stetlichiu mullig gehit.
3249
Darmede her der gudin gewonheit Siner rittcrschaft gar vorgissit Und kommit danne in yordrollinheit, Oi erne di ritterschaft friBit
3253
Dnd maehit eme oueh sinen mud Unlustig und unfletig, Oaz her dannc nicht nutzlichis tud Dnd wcrdit gar unrCtig.
3257
Di ritter, di von dem rechtin
[64r]
L64yJ
Soldin uhin er mannis sterke
Und wedir dez cruzcis fiende yechtin, An den mag man daz nu merke.
3261
Daz si vcchtin mit dcmc win Dnd ubin den reehtin muezgang Dnd wollin vol gudir spise sin Dnd suchin den allir bestin trang.
3262 muziggang Ba, muBiggang Ne.
3233-44 Petrus von Blois, 'Epistola' 94, PL 207, Sp. 296B. Blois, 'Epistola' 94, PL 207, Sp. 2940.
3245--64 Petrus von
Entbehrungen des ritterlichen Lebens
Kapitel20 3233
Meister Perikles sagt, dass weder Gold noch kostbare Kleider (wahrlich, das sollst du mir glauben!) einen guten Ritter berUhmt machen,
3237
kcinc Pclzc und kcinc Edclstcinc, sondem wenn sein Schild zerstochen und der Rand ganz zerhauen ist und sein Helm zerfetzt
3241
und sein Schwert grolle Schrunden hat, dann ist ein Ritter wohlgeziert. Hat er auch im Gesicht blutige Wunden, dann soli man ihn zurecht loben.
3245
Petrus Perle sag!: Nichts Betriiblicheres sieht man an einem Ritter, das sei euch gesagt, als dass er standig miiBig geht.
3249
Dadurch vergisst er die gute Gewohnheit seiner Rittersehaft vollig und kommt dann in eine Verdrossenheit, die ihm die Ritterschaft auffrisst
3253
und ibm dabei seinen Geist lustlos und unrein macht, sodass er nichts NUtzliches tut und ganz unvcmiinftig wird.
3257
Die Ritter, die von Rechts wegen ihre Kampfkraft Uben wllten und gegen die Feinde des Kreuzes kampfen, an denen kann man nun feststellen,
3261
dass sie mit dem Wein feehten und rechten Miilliggang ausiiben und voll guter Speisen sein wollen und die allcrbesten Getrtinke suehen.
219
220
Kapitel 20
3265
Si werdin a11e ritter genant, Gar ungJich ist cr !cbin. Di ritterschaft blibit ungeant, In untogindc sy sich gcbin.
3269
Erin spangin man nu nachkaft. Lewin sint sy in erme huez, Si lcstirn ser di rittcrschaft, Si sint hasin, wan si kommen
liZ.
3273
Si rithin uf den feldin, Do wollin si alz di hasin hetzcin. Beginnen si di fiende danne meldin, So sullin si cr swcrtc dan fioch wctzcin.
3277
Eyn kleynes ungemach tud en we, Dez si gar ungewonit sint. Wan er wollust nicht mag geschc, So betrubin sy sich also di kim.
3281
Unnutzce ist dez ritters lebin, Spricht der mcistir Vegecius, Oi sich in zcartheit wollin gebin, Oi gcbucr di tribin si hirnach us.
3285
Si furin wipJiche wise Mit kleidirn und mit tranke Dnd gebruchin kleynlichir spise Adir wollin darumme kranke.
3289
Dnd wanne sy sullin herferte thu Mit crin genoBin zcu jCldc, So sint si nicht geschickit darzcu, Wer in der budin nuch in dem gezcelde.
3193
Di hcrlin ritter an dcr sunnen Dez schatewans han wenig gephlegin, Manchir erbeit han si begunncn Dnd willin von badin nicht zcu segin.
[6Sr]
3270 hus Ba, huz Ne. 3275 si] sich Anm. Ba, Ne. 3276 sullin] wollin Ne; dan aha 3283 Di] Kringel liber i. 3290 Ba, lVe] zcufelde K. der Zeile nachgetragen. 3292 Wcrl wedir Nc. 3296 Ba, Ne] zCllscgill K.
3270-72 Sprichwortlich, vg!. Luther, WA 43, S. 451, 40. 3281-3320 Petrus von Blois, 'Epistola' 94, PL 207, Sp. 2958; Vegetius, 'Epitorna rei militaris' 1,3.
Entbehrungen des ritterlichen Lebens
3265
Sie werden aHe Ritter genannt, doeh ihre Lcbcnsweise entsprieht dem nieht. Die Rittersehaft bleibt unverwirklieht, sie geben sieh den U ntugenden hin.
3269
lhren Spangen gaff! man jetzt nacho Lowen sind sie in ihrem Haus. sic maehen dcr Rittersehaft groBe Sehande, Ldenn J sie sind Hasen, wenn sie herauskommen.
3273
Sie reiten auf den Feldern und wollen dart immer nur die Hasen hetzen. Beginnt man dann, das Nahen der Feinde zu melden, mlissen sic erst noch ihre Schwerter wetzen.
3277
Eine kleine Unannehmliehkeit tut ihnen weh, die sie liberhaupt nieht gewohnt sind. Wenn sie ihr Vergnligen nieht bekommen kiinnen, dann sind sie traurig wie Kinder.
3281
Nutzlos ist das Leben der Ritter, sprieht Meister Vegetius, die sieh der Verweiehliehung hingeben wollen, die Bauern jagen sie schlielllieh fort.
3285
Sie verhalten sieh weibiseh in ihrer Kleidung und beim Trinken und brauehen feinste Speise, sonst werden sie krank.
3289
Und wenn sie eine Heerfahrt tun sallen mit ihren Kameraden zu Felde, dann sind sie darauf nicht vorhereitet, weder in der HUtte noeh im ZeIt.
3293
Die harten Ritter an der Sonne haben sieh wenig um Sehatten geklimmert, vielerlei MUhen haben sie auf sieh genommen und kennen das Bad nieht.
221
222
Kapitel 20
3297
Er legir ist eyn scharffir ackir, Gar mcBig cr spise uud er trang, Dez nachtis gewoppint und wackir, WaBir uud brod, fleisch obirlang.
3301
Titfe grabin si umme sieh maehin Und thun rnanche groBe erbeid, Stcync si tragin, dez naehtis si wachin, Wan sieh di zcertelinge han geleid.
3305
Di laBin er zcartheit nicht undilWegin,
Si habin gudis bettegewant. Er nachtruwe sy suBlichin phlegin, Oi badehemmede sint en wol bekant. 3309
L65vJ
Oaz er harnasch salde sin, Er swerte und ouch er schilde,
Oaz ist gudir methe und win, Gebrothin, zcam und wilde. 3313
Er gleven daz sint ysirn spisBe,
Oaran eli gense und di bratin. Der wollin si viI mer geniBe, Danne hi vor cr cldirn tatin.
3317
Si haldin sieh in allir malJe, Also ab si zcu eyner haehzeid gingin, Mit sanftem !cbin und mit quaBe; Noeh keyme strite wollin si ringin.
3321
Petir Perle abir nuch me
Von den rittern clagit, Daz er orde wolle vurge;
Er lebin erne nicht behagit. 3325
Her spricht: Oer fromen ritter ordin, Beide undir jungin und den aldin, Dcr ist nu gar zcu nichtc wordin, Oi togunt werelit wenig gehalelin.
3300 obir lang Ne. 3310 ouch om. Ne. 3323 orden Anm. Ba, llle.
3314 nach zweifem di + hlllcr Anm. Ba, Ne.
3309-14 Petrus von Blois, 'Epistola' 94, PL 207, Sp. 2Y6A. Blois, 'Epistola' 94, PL 207, Sp. 294A.
3325--40 Petrus von
Entbehrungen des ritterlichen Lebens
3297
Ihr Lager ist ein rauher Acker, sehr mallig ihre Speise uud ihr Trank, in der Nacht gewappnet und waeh, Wasser und Brot, Fleisch sellen.
3301
Tiefe Grahen ziehen sie um sieh herum und nehmen viele groBe MUhen auf sieh, Stcinc tragcn sic, nachts \vachcn sic, wenn sich die Weichlinge hingelegt hahen.
3305
Die geben ihre Verweiehlichung nicht auf, sie haben kostbares Bettzeug. Sie halten sUBe Nachtruhe, die Badehemden sind ihnen gut bekannt.
3309
Was ihr Harnisch sein sollte, ihr Schwert und ihr Schild, das ist guter Met und Wein, Gebratenes, zahm und wild.
3313
Thre Lanzen sind eiserne Spielle mit Gausen und Braten daran, Die wollen sie viel mehr nutzen, als es frUher ihre Eltern taten.
3317
Sie verhaTten sieh immer so, aTs ob sie zu einem Fest gingen, mit sanftem Leben und mit Sehlemmerei. Nach keinem Kampf verlangt es sie.
3321
Peter Perle klagt weiter liber die Ritter, dass ihr Stand zu vergehen drohe; ihr Leben behagt ihm nieht.
3325
Er sag!: Der Stand der gnten Ritter, sowohl unter den J ungen als aueh den Allen, ist nun ganz zunichte geworden, die Tugend wird nieht im geringsten bewahrt.
223
224
Kapitel 20
3329
WeI' aller sGhernlichst nu swerit Und ist bosir worte vol Und undir en also eyn tore ferit Mit buferie, der gefellit en woL
3333
Wer god nieht forchtit in siner tad Und gotis diner obil gedenkit Und uf geistliehe luthe tribit spod Und den eristin gloubin krenkit
3337
Und sin unreGht heldit feste, Ocr werdit nu 'gestrenge' genant Und heillit undir en del' beste. Her werdit abir zeulcst geschant.
3341
Der ritter zcucht di ist nu
[66r]
UZ,
Von den dellir spigil uffinbart, Also von en schribit Vcgccius
Und di andirn rneistir wol gelart, 3345
Wi togintlichin si siGh soldin haldin. Nu ist er togunt vorswundin. Si kunnen wedir libis noch mutis gewaldin, Sy habin andir wise nu fundin.
3349
Etzwan waz ez also gesehickit, Wan erne di ritterschaft wart zcugeleit, Daz her sieh zeu den rittern vorstrickit Und swur darobir eynen eid,
3353
Daz her noch erin begerdin Bcschcrmcn walde den gcmcyncn liutz Und gotis ritter also werdin Und der cristinheid merin schutz,
3357
Wetwen und ouch di weysin Bescherrnen, wo her kunde, Vor unreehte und vor fteiBin, Ez tedin fiende adir frunde,
3336 cristingloibin Ne. vorfreiBin K.
3345 sich aha der Zeile nachgefragen.
3341--ll1 Petrus von Blois, 'Epistola' 94, PL 207, Sp. 2948.
[66v]
3359 Sa, Nel
Entbehrungen des ritterlichen Lebens
3329
Wer nun am allerschiindlichsten f1ucht und voller Ubler Reden ist und unter ihnen wie ein Narr daherkommt mit BUbcrci, dcr gcfallt ilmcn gut.
3333
Wer Gatt nieht fiirehtet in seinen Taten und Uber Gottes Diener schlecht denkt und Uber geistliehe Lcute spottet und den Christenglauben sehwaeht
3337
und an seinen Unrecht festhiilt, dcr wird nun 'gcstrcng' gcnannt und gilt unter ihnen als der Beste. Er wird abcr zuletzt bcstraft.
3341
Der Anstand der Ritter ist jetzt vergangen, von denen dieser Spiegel deut1 ich macht, wic von ilmcn Vcgctius sehrcibt und die anderen hoehgelehrten Meister,
3345
wie tugendhaft sie sich benehmen sallten. Jctzt ist ihrc Tugcnd vcrsehwundcn. Sie konnen weder ihren Korper noch ihren Geist beherrschen. Sic haben nun cine andere Lcbensweise gefunden.
3349
Frilller war es so, dass, wenn ilun die Rittersehaft zugeteilt wurde, cr sieh dcn Rittcrn gcgcnUbcr vcrpfliehtctc und darUber einen Eid seh w ur,
3353
dass er nach ihrem Begehren den gemeinen Nutzen sehlitzen wolle und so Gottes Ritter werden und den Schutz der Christenheit mehren,
3357
Witwcn und aueh Waiscn beschUtzen, wo er kanne, vor U nrceht und vor Grausamkcit, sei es von Feinden oder von Freunden,
225
226
Kapitel 20
3361
Und Yurne an cler spitzcin stehin, Wan man umme recht wolde stritin, Und nicht f1ihin noch abegehin Dannc zcu rcchtin gczcitin,
3365
Und daz her sinen lip und sin lebin Dorch den heiligin cristin gloubin Und dorch gemeyncn nutz wolde ufgebin, Und dez solde en nymant beroubin.
3369
Tn di kerchin si etzwanne quamen
Und enphingin von den pristirn den segin. Er swerte si von deme aHir namen,
Di sclbin fromcn gotis degin, 3373
Und bekantin, daz si gote zeu erin Der cristinheit kindir werin wordin, Und woldin sieh an keyne boBheit kerin, Sundir haldin der fromen ritter ordin.
3377
Si woldin beschermen di gotis huez Und daz an den obiltetern rechin, Und ouch der armen luthe duez, Wo sy irkentin solchin gebrcehin.
3381
Sy woldin irlosin er vatirland, Czu welchin gezeidin dez tede nod. Nu had ez sieh a1z unlfilCgewand, Sy meynen, si habin keynen god.
3385
Sy werdin nu ritter uf den feldin, Wan si der wetwen kuwe tribin Mit obilsprechin, f1uchin und scheldin, Und slahin sich mit den armen wibin.
3389
Kerehin und klostir sy nu sehindin, Cristum sy sines erbis beroubin, Der weisin gutis si sieh undirwindin, Also ab sy ny gewunnen eristin gloubin.
3362Ba, Ne] ummcrccht K. 3366 cristingloibin Ne. 3377 gotishuez Ne. 3371 altirfolgen durchgestr. Buchstaben. Ne.
3383-90 Pell'lls von Blois, 'Epislola' 94, PL 207, Sp. 294C.
L67rJ
3370 pristcm Ne. 3392 cristingloibin
Entbehrungen des ritterlichen Lebens
3361
und vorne an der Spitze stehen, wenn man till das Recht kiimpfen wolle, und nicht f1iehen oder zurUckweichen, auBcr zur reehten Zeit,
3365
und dass er seinen Leib und sein Leben fUr den heiligen Christenglauben und fUr den gemcincn Nutzcn opfcrn wolle, und dass ibn niemand davon abbringen sollte.
3369
Tn die Kirche kamen sie frUher und empfingcn von den Priestern dcn Segcn. Ihre Schwerter nahmen sie vom Altar, diese tlichtigen Gottesstreiter,
3373
und bekannten, dass sie Gott zu Ehren Kinder der Christenheit geworden seien und sich an keine Bosheit kehren wollten, sondern die Standesregeln der guten Ritter einhalten.
3377
Sie wollten die Gotteshauser beschUtzen und das [die Ubergriffc] an den Ubcltiitcrn riichen und auch die Klausen der armen Leute lschlitzenJ, wo sic so1che Note erkennen wUrden.
3381
Sie wollten ihr Vaterland betreien in Zeiten, zu denen das n6tig ware. Jctzt hat es sieh viillig verkehrt, sie meinen, sie hatten keinen Gott.
3385
Sie werden nun Ritter auf den Feldern, wenn sic die KUhe der Witwen forttrciben, schimpfend, fluchend und scheltend, und sich mit den armen Frauen prUgeln.
3389
Kirchen und Kliistern tun sic jetzt Gewalt an, Christus berauben sie seines Erbes, das Gut der Waisen nehmen sic in Besitz, als ob sie nie den Christenglauben gewonnen hatten.
227
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Kapitel 21
3393
Sy obirsetzGin di armen
Mit blisir gcwalt und ungcrichtc Ane gotis forte und aIz irbarmen
Und machin si ouch gar zcu nichte, 3397
Uf daz sy er hochfart getribin Und gehofiren den schonen frowen, Ab sy daz langczcid nu antribin, Daz mag man darnach wol schowin:
340 I
Lip, gud, sele und ere, Di werdin also darvon vorletzcit; Waz had der mensche uf erdin mere, Daz en hirobir hergetzcit"
3405
Nu sprichit abir Vcgccius Tn syme erstin buche Von der ritterschaft alsus,
[67v]
Wer dez nu we1 gebruche, 3409
Yon den rechtin heiBin landin, Do wonen blade luthe ynne. Der sunnen hitzce had daz vorhandin, Daz sy nicht blutis mogin gewinne.
3413
Er lichanlme di vortrockin Von fuchtikeid und von blute, Darummc si daIlllc also vorstockin, Daz si blode werdin in dem mute.
3417
1ch gloube wol, daz keyn man Lebe zcwar uf deBir erdin, Der nicht zcwifele daran, Eyn gebuer der mochte werdin
3421
Czu dem woppin bequemclichir Danne eyn andir hantwergiz man,
33991angc zcid Ne. 3422 hantwergsman Ne.
3404 irgctzcit Ne.
3409-16 VegeLius, 'Epiloma rei mililaris' I, 2. rnilitaris' I, 3.
3409 Ne Konj. Von ::,u In.
3417-29 VegeLius, 'Epiloma rei
Kriegstmlglichkeit
3393
3397
Sie bedrtingen die Armen mit schlimmcr Gewalt und Unrceht ohne Gottesfurcht und jegliehes Erbarmen und machcn sic auch ganz zunichtc, um ihre Hoffart zu treiben und den schonen Damen den Hof zu machen.
Wcnn sic das nun lange Zeit betreiben, kann man danaeh gewiss sehen: 3401
Leib, Gut, Seele und Ehre werden dadureh vcrwundet. Was hat der Mensch auf Erden sonst noeh, das ihn danach daftir entsehiidigt?
Kapitel21 3405
Nun sagt wiederum Vegetius in seinem ersten Buch von der Ritterschaft folgendcs fur den, der das heutzutage nutzen will,
3409
Uber die sehr heiBen Ltindern: Dart wohnen zagbafte Menschen. Die Hitze der Sonne hat die Wirkung, dass sie nicht [vicll Blut bildcn kljnnen.
3413
llrrc Kiirper troeknen aus von Feuehtigkeit und von Blut. Darum crstarrcn sic dann so, dass sie verzagten Sinnes werden.
3417
1ch bin mir sieher, dass wahrlich kein Mann auf dieser Erdc !cbt, der daran zweifel!, dass cin Bauer zum Waffcndienst
3421
tauglicher werden kljnnte als ein Mann, der eine andere Tatigkeit ausUbt,
229
230
Kapitel 21
Her were groBir, sterkir adir richir,
Wan her sieh dez ritens neme an, 3425
Umme daz her sich hartir erbeid Von jogint uf had generit. Der sunnen hitzee her vortreid, Di grobin spise her zcerit.
3429
Her had nicht nod umme di bad, Der di zeertelinge phlegin. Von wallir und brote werdit her sad. Ouch uf der erdin gclegin,
3433
In deme harnaschc tag und nacht, Mit erbeid [!etra[!in und [!ehabin, Wenig geslaffin und vel gewacht, Dez had her vor dicke enzcabin.
3437
Wer mynner lust uf erdin had, Der forchtit ouch mynner den tod.
[68r]
Wer quaBis nummer werdit sad,
Deme tud gar we eyn cleyne nod. 3441
Di rittirliche frolichkeid Mit louffin und mit springin Mannig hobischis spel zcn wege treid Mit schill in, werffin uud ringin.
3445
Man sal sich wole vorsuchin
Mit manchirlei bewegin Und umme gemach entruchin
Und nicht wiplichin vorlegin. 3449
Di snellikeid, di eyn man ubit Von jogunt uf mit dem I ibe, Di werdit wol unbetrubit, Wo si daz fechtin sal tribe,
3453
Wan wo du sehist eynen wisin man,
Kune, risch und ouch irwegin, Und der wol gefechtin kan, Der ist cyn rechtir dcgin.
3434 Ne] gehabin und getragin K, Ba.
3437-38 Vegetius. 'Epitoma rei rnilitaris' T, 3.
L68vJ
Kriegstmlglichkeit
ware er auch groBer, sWrker oder stattlicher,
wenn er sieh mit dem Reiten bcfasste, 3425
wei! er sieh von J ugend an durch harte Arbeit ernahrt hat. Die Hitze der Sonne vertragt er, die grobe Speise isst er.
3429
Ihm sind die Bader nicht notwendig, die die Weichlinge gewohnt sind. Von Wasser und Brot wird er satt.
Auch auf der Erdc zu licgcn, 3433
im Harnisch zu scin, Tag und N acht, mit MUhsal zu tragen und zu heben, wenig zu schlafen und viel zu wachen, all das hat er vorher oft erlebt.
3437
Wer weniger YergnUgung auf Erden hat,
der fiirehtet aueh weniger den Tod. Wer [dagegen] vom Schlemmen nie genug bekommt, dem tut cine kleine Entbchrung sehr weh. 3441
Dic ritterliche Friihlichkeit beim Laufen und Springen bringt vielerlei hiitisehes Spiel zuwege mit Schiellen, Werfen und Ringen.
3445
Man so11 sich immer wieder Uben in verschiedenen Arten von Be\vegung und sich nicht urns Ausruhen kUmmern
und nicht weibisch dcr Tragheit hingebcn. 3449
Die Beweglichkeit, die ein Mann von Jugend an korperlich Ubt, bleibt viillig unbeeintrachtigt, wenn sie sich im Kampf bewahren soli,
3453
denn wo du einen klugen Mann siehst, kUhn, hurtig und unverzagt, der auBerdem gut kampfen kann,
der ist ein reehter Held.
231
232
Kapitel 21
3457
Und ab her wole niGht ist groz, Had her dcz !ibis sterkc, Her ist eynes gudin ritters genoz; Dit sal man an eme merke.
3461
Vele bellir sint die behendin, Di wiBheid und sterke habin, Dannc di gror,in an allin cndin; Dez had man dicke enzeabin.
3465
Di fischer und ouch di fogeler Und di daz tueh kunnen gewebin, SGhuchartin, snyder, butheler Und di stetliehin in fullede !cbin
3469
Und di er hantwerg ubin also, Daz sy darzcu sti11e sitzcin,
Ocr werdit man seldin zeit strite fro; Si togin nieht an di spitzein. 3473
Di smede di sint alliz gud Und di mit deme ysin umme gehin Und di do habin eynen so!chin mud, Daz si zcu ere crbcid stchin.
3477
Di zeimmerluthe und tleisehower, Di giller und di steynmetzcin, Di meBerer, becker und lower, Di jeger, di daz wilt hetzein,
3481
Dy herzce und hindin vahin, Di bern stechin und di wildin swin Und wolffe und andir wilt irslahin, Di sullin hirzGu gerechint sin.
3485
Wer di lant beschermen sol Und di strite zcurechte uzriehte, Ocr bedarf willheid und gluekis wol Und daz en god ouch phlichte.
3471 Ba, Ne] zcustritc K.
3474 urnmcgcn Ne.
3457--64 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' 1, 5 lmd 1, 6. rei rnilitaris' 1,7.
[69r]
3476 sten Ne.
3465-84 Vcgctius, 'Epitoma
Kriegstmlglichkeit
3457
Und auch wenn er nicht graB ist, aber Karperkraft besitzt, tut er es einem guten Ritter gleich, Das wird man bei ihm feststellen,
3461
Viel besser sind die Wendigen, die Klugheit und Kraft besitzen, als die am ganzen Karper Grolkn, das hat man oft bemerkt
3465
Die Fischer und auch die Vogel flinger und die, die Stoffe weben klinnen, Schuster, Schneider, BUltner und aile, die stiindig in Uberfluss !cben
3469
und die ihr Handwerk so ausiiben, dass sie dabei sti11 sitzen, die kann man im Kanlpf sellen gut gebrauchen, sie eignen sieh nicht till die Spitze,
3473
Die Schmiede sind sehr gut und die, die mit Eisen umgehen und eine so1che Einstel1ung haben, dass sic bei ihrer Arbeit stchen.
3477
Die Zimmerleute und Fleischhauer, die GieBer und die Steinmetzen, die Messerschmiede, Backer und Gerber, die Jager, die das Wild hetzen,
3481
die Hirsche und HirschkUhe fangen, die Biiren erlegen und die wilden Schweine und Wolfe und anderes Wild erschlagen, die sallen hierzu mhlen.
34g5
Wer die Lander schiitzen soli und die Schlachten richtig sehlagen, der braueht gewiss Klugheit und Gliick und Gottes Beistand.
233
234
Kapitel 21
3489
1st her danne wol geborin
Und had gczeugis di gnuge Und ist mit den sethin uzirkorin, God mag erne gnade fuge. 3493
Di hobiseheid machit den ritter gut Und ouch sin menliche zcucht, Dy sehcmedc, daz her missetud Und nicht vorzeagit noeh tud flueht.
3497
Griffit her ez nicht homutlichin an Und sin bestis reehte wol besinnet, Her mag sokhe gnade darvon gehan, Daz her aile strite gewinnet.
3501
Keyn ding zeirit di rittersehaft Also wole und also swinde.
Also daz man si mit ganzeir kraft In dem gehorsamme vinde, 3505
Tn den husirn und uf der straBe, Si sitzein, gehin adir rytin, Daz sy der sethe habin maGe
L69vJ
Tn cyntracht zcu a11in gczcitin
3509
Und nieht an eyme huftin Louffin dorch eyn andir Mit sehrien und mit juffin, Also di gebuer von dem trauke wandirn.
3513
Hi prufit man erin gehorsam bi,
Also ab sy ezu fclde lcgin, Wi ez danne wnme si mochte gesy
Und wi sy er wise phlegin. 3517
Den sweristin sehadin, den man had Und von den fiendin lidit, 1st wan eli ordenunge nieht had stad Und ane eyntraeht strielit.
3495 her + nieht Ne.
3510 cynandir Ne.
3512 wandir Nc.
3493-96 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' 1, 7. rnilitaris' 1,9.
3520 Und + man Ne.
3517-20 Vcgctius, 'Epitoma rei
Kriegstmlglichkeit
3489
Ist er zudem wohlgeboren und hat ausrcichcnd Ausriistung und herausragende Sitten, kann Gott ihm Gnade zuwenden.
3493
Das hOfische Verhalten maeht einen Ritter vollkommen und aUGh seine mannliGhe Disziplin,
die Seham vor Ubcllatcn und die Abneigung gegen Feigheit und Fluchl. 3497
Beginnt er es nicht hochmUtig und Uberlegt er sein Bestes ganz genau, dann kann er dadurGh die Gnade erlangen,
dass er jeden Kampf gewinnt. 3501
Nichts ziert die Ritterschaft so gut und so stark,
wie dies, dass man sie in ihrer ganzen Kraft gehorsam findel, 3505
und das sie in den Hiiuser und auf der StraEe, beim Sitzen, Gehen oder Reiten in ihrem Verhalten MaE halten eintraehtig zu jedcr Zeit,
3509
und dass sie nicht in einer Horde durcheinanderlaufen, schreiend und grolcnd, wie Bauern, die von einem Besaufnis kommen.
3S 13
Hieran erkennt man ihren Gehorsam
fund] wie es, wenn sie zu Felde [agen, um sie stehen wiirde, und wie sie siGh verhalten wUrden.
3517
Den sehwersten Schaden, den man hat und von den Feinden erleidet, ist, wenn die Ordnung nicht da ist und [man] ohne Eintracht kampft.
235
236
Kapitel 21
3521
Wan siGh daz folg also teilit
Und bi cynandir nicht wei blibin Und in hoen muthe geilit Und den ungehorsanl tribin, 3525
So nemen sy dieke graBin schadin, Er danne man dez werdit gewar,
Und wcrdit dannc also beladin, Daz ez uz def were kommit gar. 3529
Dy houptluthe ouch in deme heere, Di dcz stritcs ncmcn war, Oi sal man richlichin neere
U nd mit gute haldin gar, 3533
Abir di andirn und di geringin, Di do keyner ubunge phlegin, Di sal man mit solchin kostliehin dingin Wale do laBin undir wegin.
3537
Ez ist viI gud, daz man ez kan
[70r]
Und !ernit mit wiBheit veehtin Und sich der ubunge nemmit an
Undir den rittern und kncehtin. 3541
Wan nymant stetliehin forehtit sieh vor deme, daz her wole kan. Ez ist erne gar gewonlieh, Waz wol gelernit had eyn man.
3545
Waz ist der tregir ritter nutzce,
Der ungeubit erbeitit ungerne? Her kan wedir lant noch lute geschutzce, Her weI ouch keynerlei gutis Ierne. 3549
Vorlorn zeugrunde ist der solt, Den man erne von hofe gebit. Man solde erne nummer werdin holt, An deme man salehis enzcebit.
3524 lmd + weI Ne.
3529-36 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' 1, 13. rnilitaris' I, 1.
3541-42 Vcgctius, 'Epitoma rei
Kriegstmlglichkeit
3521
3525
Wenn sieh das Kriegsvolk auf diese Weise teilt und nieht bcicinandcr blcibcn will und in Hoehmut UbermUtig wird und sieh ungehorsam verhaIt, danu erleidet es oft graBen Sehaden, bevor man des sen gewahr wird,
und [cs1 wird dann so bccirangt, dass es sieh gar nieht mehr verteidigen kann. 3529
Aueh soli man die Hauptleute in dem Heer, die die Sehlaeht lcnken, reichlich ernahren und gut entlohnen.
3533
Aber die anderen und die Niedrigen, die nicht rege1maBig trainieren,
denen soli man so kostspielige Dinge vorenthalten. 3537
Es ist sehr gut, wenn man es kann
und mit Verstand kampfen lcrnt und sich dem Training unterzieht
unter Rittcrn und Kneehtcn. 3541
Denn niemand fiirehtet sieh auf die Dauer vor dem, das er gut kann. Was ein Mann gut gclernt hat, ist ibm ganz selbstverstandlieh.
3545
Was ist ein trager Ritter nUtze,
der ungeUbt ungern MUhen auf sieh nimmt? Er kann weder Land noch Leute schUtzen und will aueh nichts Gutes lernen. 3549
Restlos verloren ist der Sold, den man ihm yom Hof gibt. Man sollte dem niemals gewogen werden, an dem man solches walunimmt.
237
238
Kapitel 21
3553
In allin stritin fromit baz
Dannc di mcnnige tud di sterkc Und di wiBheit, merkit daz, Mit der god ouch wei werke. 3557
Vele luthe, wo di sint unvorstandin, Oi hindirn undir eyn andir sich.
Wer ieht rcdcliehis had vorhandin, Der thu darnaeh und merke mich. 3561
[70v]
Di freidigin ritter di sint gud,
Noch beBir sint di getruwin, Oi wiBheit vor di sterke tud, Di aldin gehin vor di nuwin. 3565
Eyn getruwir ritter zeu den stundin, Also spricht sente Bernhard, Ocr wei nicht clagin sine wnndin, Wan eme daz werdit geuffinbard,
3569
Adir sinen herrin anesehit,
Daz her vorwundit ist sere Und also blutig vor em stehit, So c1agit her dannc nicht mere.
3573
Salustius der spricht also, Daz di eyntrechtikeid si gar gud, Und den gehorsanl achtit her ho, Wanne man etzwaz trefliehis tud.
3577
GroBe hulffe si dicke brengit Mit gar wenig luthin, Wan der gehorsarn dez vorhengit,
Daz si stehin wol zcu bedutin. 3581
Da wedir ist di zeweitraeht Und der eygener wille, Di gar graBin schadin macht, Wo man ez nieht kan gestille.
3558 cynandir Ne.
3553-54 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' 1, 8. 3557-58 Vcgctius, 'Epitoma rei rnilitaris' I, 1. 3566 Bernhard-Zitat nicht identifiziert. 3573-84 Sallust, 'Bellum Illgurthimun' X, 6.
Kriegstmlglichkeit
3553
In allen Kampfen nUtzen mehr als die graik Zahl die Starke, und die Klugheit, bedenkt das, durch die Gott auch wirken will.
3557
Viele Leute, die ohne Verstand sind, behindern sich gegenseitig. Wer etwas VernUnftiges vorhat, der handle entspreehend und aehte auf mieh.
3561
Die mutigen Ritter sind gut, noch besser sind die treuen. Die Klugheit geht der SWrke voran, Dic Alten haben den Vorzug vor den Neuen.
3565
Ein treuer Ritter, so sagt der heilige Bernhard, wird seine Wunden nicht beklagen, wenn ibm das kundgetan wird
3569
oder er an seinem Herren sieht, dass er sehr verwundet ist und so blutig vor ihm steht, dann klagt er nicht mehr.
3573
Sallust sagt, dass die Eintracht sehr gut sei, und den Gehorsam achtet er hoch dann, wenn man etwas Vortreffliches tut.
3577
GroBe Hilfe bringt sie oft mit sehr wenig Leuten, wenn def Gehorsam sie dazu bringt, dass sie leicht zu wei sen sind.
35g[
Dagegen verursachen die Zwietracht und der Eigenwille sehr graBen Schaden, wenn man sie nicht unterdriicken kann.
239
240
Kapitel 22
3585
Abir spricht Vegecius mere In sime andirn buehclin Und weI di fromen ritter lere, Daz si su11in eyntrechtig sin:
3589
Von nod so werdit gar spete Oez stritis eyn obirwindin, Wan sieh der zeweitraeht gerethe Undir en so lellit !"indin.
3593
Oi zcweitracht kommit von hochfard Adir von groBir torheit, Und werdit di nicht wol beward, So geschet dem folke grollis leit.
3597
Oi hochfart toug nicht in stritin, Und ouch di torheit al darzcu. God vorwaBit si zcu allin gczcitin, Und man mag var er nieht gud gethu.
3601
Wo der luthe arbeid ist groz Und di woppin swcr zcu tragin, Oer geniez kleyn und dankis bloz, Oi zcucht herte und wol zcu c1agin,
3605
Do werdit von daz heer gar cleyne, Wanne dit di lenge also werit. Di cynungc vorgchit ouch rcync, Wan man dez fredis begerit.
3609
Vii liebir hulffin si darzw, Wo di erbeit deyne were Und wa man en gutlichin wolde thu Und en den solt ouch mere.
3613
[71 r]
[7Iv]
Oi aldin ritter sullin nicht Uz den stritin blibin. Oi wile daz en nichtis gebricht Von kreftin an erin libin,
3592 so] do /Ile. Ne] zcuc1agin K.
3598 Ba, Ne] aldarzcu K. 360213a, Ne] zCLLlragin K. 3604Ea, 3607 vorget Ne. 3608 fredis + nieht Ne. 3609 Sa, NeJ dar zcu
K.
3589-92 Vegetius, 'Epiloma rei militaris' II, 2. 3601--06 VegeLius, 'Epiloma rei rnilitaris' 11,3. 3613-22 Vegetius, 'Epitoma rei militaris' II, 10.
In def Schlacht
Kapitel22 3585
Weiter spricht Vegetius in seinem zweiten Bliehlein und will die tiichtigen Ritter lehren, dass sie eintdichtig sein so11en:
3589
Notwendigerweise wird der Sieg im Kampf sehr spat erreicht, wenn sieh der Rat der Zwietraeht unter ihnen linden lass!'
3593
Die Zwietracht entsteht aus Hoffart oder aus groBer Torheit, und wird sie nicht sorgfhltig verhindert, dann geschieht dem Kriegsvolk groBes Leid,
3597
Die Hoffart ist in Sehlaehten nieht zu gebrauehen, und die Torheit ebensowenig, Gatt riehtet sic zugrunde, und man kaun durch sie nieht gut handeln,
360 I
Wo die Anstrengungen der Leute groB sind und die Waffen schwer zu tragen, der Lohn gering ist und der Dank ausbleibt, die Disziplin hart und beklagenswert,
3605
davon wird das Heer sehr klein, wenn das lauge so bleib!, Die Einigkeit vergeht auch ganzlich, da mau den Frieden begehrt,
3609
Viellieber willden sie sich dort beteiligen, wo die MUhsal gering ist und wo man gut mit ihnen umgeht und ihnen auch mehr Sold gib!'
3613
Die alten Ritter sollen dem Kampf nieht fernbleiben, Solange ihnen die korperliche Kraft nieht fehl!,
241
242
Kapitel 22
3617
Daz si den harnasGh mogin getragin
Und zeu phcrdin wol gcritin, So sint si dannoch in erin tagin
Gar nutzcc in groBin stritin.
3621
Si kunnen gudin rad gegebin, Der fromit danne gar swinde.
Wollin di jungin darnach !cbin, Sy mogin wale obirwinde. 3625
Czu dem erstin sint di schutzcin gud, Wan man dez slritis bcginnet. Gar we man vorne cler spitzcin tud,
Welch schutzec daruf sinnet; 3629
Und wer daz panyr furit, Werdit danne der ouch geletzcit Und ab man den houbitman rurit, Dit si aile in engiste setzcit.
3633
Di spitzce benemmit en den trost, Werdit si zcidlichin gcbrochin, Und werdit daz panyr danne gelost,
L72rJ
TrschoBin adir irstochin,
3637
Adir dez stritis houptman, Wer den kan danne gemerke, So ist ez snel darumme getan. Gar wenig hilft danne er sterke.
3641
Daz snelle und gud geschutzce Ocr fiende ougin vorblendit; Czu dem erstin ist ez gar nutzce,
Den frechin mud ez wendit. 3645
Czu bcidin sitin sullin si sin, Di dez geschutzcis phJegin. Sy wandirn ouch wol uz und in, Darnach ez en is! gelegin.
3649
Waz man in andirn dingin Vorsumit adir vorlaBit,
3617 Daz] vVan Ne; harnasch + niehl lVe. 3636 Ba, Nel if schoBin K.
3649--60 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' I, 13.
3625 am Rand Vegetius libm lenio.
In def Schlacht
3617
sodass sie den Harnisch tragen konnen
und zu Pferde gut reiten, dann sind sie noch im Alter sehr niitzlieh in bedeutenden Kampfen. 3621
Sie konnen guten Rat geben, der nUtzt dann sehr rasch.
Wollen sieh die Jungcn danaeh riehten, konnen sie gut siegen. 3625
3629
Am Anfang sind die SchUtzen gut, wenn man die Sehlaeht beginnt. Sehr schadet man vorne der Spitze, wenn es ein Schiitze darauf anlegt, und wenn der, der das Banner fUhrt, dann auch verletzt wird,
und wenn man den Hauptmann !rifft, versetzt sie das alle in Angst. 3633
Es nimmt ihnen die Zuversicht, wenn die Spitze bald durchbroehen wird, und geht das Banner nieder, crschosscn odcr crstochcn,
3637
oder der Hauptmann der Sehlaeht, wenn man den ausfindig maehen kann, so ist es sclmell entsehieden. Sehr wenig hilft dann ihre Kraft.
3641
Das schnelle und gute GeschUtz blendet die Augen der Feinde. Zu Beginn ist es sehr niitzlich, den kUhnen Mut bricht es.
3645
Zu beiden Seiten sollen sieh die befinden, die sieh um die GesehUtze kUmmern. Sie bewegen sieh auch leieht hinaus und hinein, so wie es ihnen passt.
3649
Was man in anderen Angelegenheiten vcrsaumt odcr untcrHisst,
243
244
Kapitel 22
Da mag man wedir geringin,
Wan man ez andirweit vorfallit. 3653
Waz man abir in stritin VorlaBit und vorsumit,
Daz kan man in den gezcitin Nicht wedir brengin, wan ez gerumit.
3657
3661
Oar seldin kommit ez also dar, Wanne man zeu erst danedir lit Und der vorlust ouch werdit gewar, Daz man darnach gewinnc den strit.
[72v]
Darumme ist di vorbesieht Tn den stritin zcumale gud,
Di wiBheid di trugit den ritter nicht, Daz her daz zcu dem erstin tud. 3665
Schillin, swummen, stigin Sal eyn ritter wole Ierne, DeBe dri stucke in groBin krigin Mag man werlichin kunnen gcrnc.
3669
Man mag nicht wol gehabin Obir aile waBir schone bruckin, Man muez ouch obir di tiffin grabiu Vii dicke gar hertlichin ruckin.
3673
Keyn ding ist zcu thune swer, Daz man heldit in der gewonheit. Darum sal man dit ubin ser
Do hcymc, do man stetlichin wonit. 3677
Man sal ouch lernen veehtin Gar wole zcu beidin sythin, Mit der linkin also mit dcr rcchtin. Dit hilffit sere in den stritin
3681
Und ouch in deme rynnen, Wan man mit beidin hendin Sich werit mit wisin synnen,
Czu den sitin beidin end in.
3651 Daz, z durchgestr. K. 3653 Ea] instrilin K; in + den Ne. 3676 dohcymc mit stctlicrnr crbcit Ne.
3669-72 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' I, 10.
3665 swimmen Ne.
In def Schlacht
das kann man nachbessern,
wenn man es auf andere Weise anpackt. 3653
Was man aber in Sehlaehten versaumt oder unterHisst,
das kann man nieht reehtzeitig rUckgangig machen, wenn es einmal begonnen hat.
3657
Sehr selten kommt es deshalb dazu, dass man, \,venn man anfangs unterlegen ist
und die Verluste bemerkt, danach noch die Schlacht gewinnt. 3661
Darum ist die Planung in den Schlachten besonders wichtig. Diese Weisheit !rtigt den Ritter nieht, dass er das als erstes tun muss.
3665
SchieBen, schwimmen, klettern soil ein Ritter gut lernen, diese drei Dinge wird man
in groBen Kriegen wirklieh gerne beherrsehen. 3669
Man kann nieht gut tiber aile Gewasser schOne BrUcken haben, man muss auch tiber tide Graben sehr oft miihsam vorriicken.
3673
Nichts ist schwer zu tun, das man regclmaBig tut. Darum so]] man das daheim,
wo man dauerhaft wohnt, fleiBig tiben. 3677
Man soli auch sehr gut kampfen lernen mit beiden Handen, mit der linken wie mit der rechten. Das him in der Schlacht sehr
3681
und auch beim Sttinnen, wenn man sieh mit beiden Handen klug zur Wehr setzt nach beiden Seiten hin.
245
246
Kapitel 22
3685
Wo man had eynen kunen man,
Ocr starg ist und ouch wise
[73r]
Und gudin harnasch tregit an,
Oer mag eyn heer geprise, 3689
£ynes forstin panyr gefurin Und allin endin daz beste gethu, Oi ficnde zeu dcm erstin gerurin. Oeme sal man sine glichin sehiekin zcu,
3693
Di danne zcurechte uf en wartin Und en habin in ere hiifhe, Oi mit erne stehin in deme hartin
Und daz ende brengin zcu guthe. 3697
Und ab her do icht vorswne, Oaz eyn andir daz vollinbrenge; Und ab her di stad muste mme, Daz man ez vort danne irlenge.
3701
Wo swerlich ist daz legir Vor den fiendin mit dem heere, Do sal man ouch kisin daz wegir, Wi man kan, mit clef wcere
3705
Und sich alumme wol begrabin, Ab en dez nachtis felete di hufhe, Oaz man doch were mochte gehabin Und en der grabe queme zcugufhe.
3709
Vor aHin dingin ist daz gud,
Oaz man daz wol bestellit, Oaz dem folke nicht irschrecke der mud, Ab man si snellichin obirfellit 3713
[73v]
Oez nachtis adir von ungeschicht, Oaz danne daz heer wol geordint sy Und gereite wol uzgericht, Wer deme andirn sulle wesin by
3696 Ba, Ne I zcuguthc K. 3697 vorsumc] nichl ganz deutlich, vorsinnc Ne. 3706 felete] erstes e aus a verbessert.
3701--08 Vegetius. 'Epitoma rei rnilitaris' 1,21.
In der Schlacht
3685
Wenn man einen tapferen Mann hat, dcr stark ist und auch klug und einen guten Harnisch tragt der kann einem Heer Ruhm bringen,
3689
eiues Ftirsten Banner tlihren und Uberall das Beste tun, lauch] mit dcn Fcindcn bci Schlachtbcginn zusanllllCntrcffcn. Diesem soli man ebensolche an die Seite stellen,
3693
die ihm dann zureeht gehorehen und illll schUtzen, die mit ihm im Kampf stehen und cin gutes Ende herbeifiihren.
3697
Und wenn er etwas nicht schaffen sollte, dann so11 das ein anderer zu Ende bringen; und \VeIlll er die SHiUe raumen mlisste, dann soli man es weitertlihren.
3701
Wo es sehwierig ist, vor den Feiuden mit dem Heer zu lagem, da so11 man das Glinstigere wahlen, wie man es eben kann, zur Verteidigung
3705
und sieh ruudum gut mit Griibeu umgebeu, damit man, wenn man naehts ungesehiitzt ist, sieh doeh verteidigen kiinne und einem der Graben zugute komme.
3709
Vor allen Dingen ist es gut, dass man daftir Vorsorge !rifft, dass das Kriegsvolk nicht def Mut veriasst, wenn man es plOtzl ieh Uberfallt
3713
iu der Naeht oder unter ungliieklichen Umstanden, dass dann das Heer wohlgeordnet sei und in guter Aufstellung bereit, lauch] wer wem beistehen salle
247
248
Kapitei 23
3717
An der spitzcin und bi deme panyr, Und ouch zeu wclehir sithin, Hindin, 'lome daz deckin schir Und ouch zeu pherden rythin.
3721
Dnd ouch ab eyn ungefelle An di spitzcin und an daz panyr queme. Daz man daz also wol bestellc, Daz eyn andir daz snel an sieh neme.
3725
Wan Aristotiles der spricht, Daz eyn cleyner erretum in dem beginne, Wan ez nicht wol werdit uzgericht, Mag gar eyn groBis erresal gewinne,
3729
Er danne ez kommit zeu deme ende. Oit sal nu eyn wi sir houptman Vorhen besinne und abewende Dnd bewarin, ab her ez kan.
3733
Dicke werdit gar eyn grollis fUr Von cyme gar kleynen fnnkin, Und wan man em nicht zcidlichin weI stlir, So ist clef gcbuu zcuma1c vorsunkin.
3737
N u spricht abir eyns also In sime dertin buche Vegecius: Eyn fromer ritter werdit fro, Wan her dorch frede zcuhit us.
3741
Sal man den frede gewinne, Man mucz darummc vastc rithin Dnd uf dy herferte dieke synne Und biwilin ouch darnmme stritin,
3720 pherde Sa, Ne. 3727 Wan dahinter radiertes z. 3737 cyns] s aus zwei anderen Huchstahen verhessert.
3736 gebu Ba, Ne.
3725-29 Aristotclcs, 'Dc caclo ct mundo' 271h; 'Politica' 1303b 29; 'Auctoritatcs' S. 161, Nr. 19. 3733-34 Sir 11,34. 3739-40 Ahnlich Vegetius, 'Epitoma rei militaris' Ill, Prolog.
Uingere KriegszUge
3717
an der Spitze und bei dem Banner, und aneh naeh welcher Seite hin lund nach] hinten und yarn die rasche Deckung, und aueh der Einsatz der Pferde [crfolgen solie].
3721
Und iiberdies, wenn ein Ungliiek der Spitze und dem Banner zusWBt, dass man das so gut yorbereite, dass ein anderer dieses sogJeich an sich nehme.
3725
Denn Aristoteles sagt, dass ein kleiner Irrtum ani Anfang, wenn man es nicht gut einriGhtet,
zu einem groBen Schaden werden kann, 3729
ehe es zum Ende kommt. Oas son nun ein kluger Hauptmann yorhcr bedenkcn und abwcndcn und verhindern, \,venn er es kann.
3733
Oft entsteht ein sehr groBes Feuer aus cincn winzigcn Funkcn,
und wenn man ihm nicht rechtzeitig Einhalt gebietet, dann ist das Haus auf cinmal in sich zusammcngcfallcn.
Kapitel23 3737
Wiedcrum sagt Vcgctius in seinem dritten BUGh:
Ein tiichtiger Ritter wird froh, wenn er fill den Frieden auszieht. 3741
Will man Frieden erlangen, dann muss man dafiir bestandig reitcn und oft auf Heerfahrt sinnen und bisweilcn auch daftir IJimpfen,
249
250
Kapitel 23
3745
Mannig hertis legir ouch danne Habin tag und nacht zcu fClde, Und darumme fechtin, si wiBin nicht, wanne Sich di fiende wollin mclde.
3749
Sy mullin lidin hungir und dorst, Vii dicke ouch gar grolle hitzce D nd von rcgin und winde frost, Von donner, wettir und von blitzee.
3753
Ab en darnach di ere enstet Vor andirn, borgir und gebuer, Ummesuz daz werlichin nicht geschet, Wan cr wage ist groz und wcrdit en suer.
3757
Nieht sal man sieh laBin vordriBin, Wo man mit heere zcu felde lid, Daz di waBir di nicht mit strame fliBin, Der man do zcu nutzein phlid.
3761
Di sal man gar wol bewarin, Daz si nicht vorgiftigit werdin; Groz schade mochte en wedirfarin Beide an luthin und an pherdin.
3765
Ez twingit dez hungirs gebreehe mer Daz folg zeu manchin gezcidin, Den si dicke gewinnen in dem heer, Dan daz stonnen adir daz slridin.
3769
Der hungir ist eyn scharffis swert Dnd obirwindit ane erbeid, Her machit, daz man dez fredis gert. Darum so biz zcu dem erstin bereid,
3773
Daz du spise gnug irwerbist, Di man dir stetlichin brenge, Dnd nicht mit dime folke vorterbist, Wo du zeit felde blibist di lenge.
L74vJ
3746 Ba, Ne] zcufcldc K. 3751 forst Ba, Ne. 3752 donncnvcttir Ba, Ne. 3754 andir Ne. 3755 Ba, Ne] Umme suz K. 3765 mereNe. 3767 Ra, lVe] indem K; here Ne. 3768 Dan aus Daz verhessert. 3776 Ba, Ne] zcufcldc K.
3761-64 Almlich VCgCLillS, 'Epiloma rei mililaris' III, 2. rei militaris' 111,3.
3765-80 Vegetius, 'Epiloma
Uingere KriegszUge
3745
dann auch so manches harte Lager
beziehen Tag und Nacht im Feld, und dafur kampfen; sie wissen nicht, wann die Feinde sieh ankiindigen wollen, 3749
Sie miissen Huuger uud Durst leiden, sehr oft auch UbermaBig groBe Hitze und Kaite dureh Regen uud Wind, durch Donner, Gewitter und vom Blitz.
3753
Wenn ihnen dadurch Ehre zuteil wird vor anderen, Biirgern uud Bauern, geschieht das wahrlich nicht grundlos, denn ihr Einsatz ist groB uud wird ihnen sauer.
3757
Man darf nicht dariiber unwillig werden, wenn man mit einem Heer zu Felde liegt, dass das Wasser nieht in Strlimen flieBt, das man dort zu benutzen pflegt.
3761
Das muss man sehr gut beschUtzen, danlit es nieht vergiftet wird. GroBer Schaden kiinnte ihnen widerfahren, an Mcnschcn wic auch an Pfcrdcn.
3765
Das Erdulden des Huugers, der ihnen im Heer oft zustoBt, bezwingt das Kriegsvolk mitunter mehr als das Stiirmen oder das Kampfen.
3769
Der Hunger ist ein scharfes Schwert und iiberwindet miihclos. Er sorgt dafUr, dass man den Frieden wiinscht. Darum sei von Anfang an darauf bedacht,
3773
dass du ftir genug N ahruug sorgst, die man dir regelmallig bringe, und du nieht mit deinem Kriegsvolk zugrunde gehst, wenu du lange iru Feld bleibst.
251
252
Kapitel 23
3777
Kanstu dez ouch gedenkin, Daz dinc licnde keync spisc han, Du macht si dannede so sere krenkin, Du gewinncst en lip und gud an.
3781
Nymant kan behaldin sin gud, Danne mit gudin rittern und knechtin,
Di wol getrost sin und habin mud Und ez werin und wedirfechlin. 3785
DaTum sal man di 1ieb han, Di wole darmede kunne. Dy mennige dez folkis dez nicht kan, Wan si sint darzcu unvorsunncn.
3789
3793
Di kunst di gehit der mennige vor Mit wiBheil und mit kreflin. Dy mennige dieke daz wol verWr, Wan di irfarnen daz nicht beheftin.
L75rJ
Daz werdit gar sichir fo11inbracht,
Dez sieh di fiende nicht vorschin Und wenig daruf habin gedacht, Daz cz cn ummcr sulle gcschchin. 3797
Darumme sin! di lisle gud, Der man heymelichin beginnet, U nd di ufsetzee, di man tud, Und di huthe, wer di wol besinnet.
3801
Gar groBe ding di lin daran,
Ab man den strid sulle vorzeihin, Adir ab man en hebe zcustunt an, Wo man nicht vone mag geflihin.
3805
Man meynet dicke, di herfard Sulle scoo eyn ende habe, So wcrdit cz danne lengir gcspard Und gehit nicht zcidlichin abe.
3779 Sa, Ne I dar mcdc K.
3781-92 Ahnlich Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' lll, 9. getius, 'Epitoma rei militaris' III, 19.
3793-3800 Ahnlich Vc-
3801-12 Vegetius, 'Epitoma rei militaris' 111,9.
Uingere KriegszUge
3777
Kannst du auch dafUr sorgen,
dass dcinc Feinde kcinc Nahrung habcn, dann kannst du sie damit so sehr schwHchen,
dass du ihnen Leib und Gut abgewinnst. 3781
Niemand kann seinen Besitz bewahren, auBer mit guten Rittern und Knechten,
die zuvcrsichtlieh und mutig sind und ibn schiitzen und mit Waffengewalt verteidigen. 3785
Darum sollen einem die lieb sein,
die das gut konnen. Die Masse des Kriegsvolkes kann das nicht,
denn sic sind nieht verstandig genug dazu. 3789
Das Konnen geht der Menge [an Kampfern] vor, in Bezug auf K1ugheit und auf Korperkrafte. Die Masse wlirde gewiss oft etwas verlieren,
wenn die Erfahrenen es nicht siehern wiirden. 3793
Das wird erfo1greich fertiggebracht, womit die Feinde nieht rechnen und wovon sie nicht en.vartet haben, class es ihnen je geschehen konnte.
3797
Darum sind Listen gut, die man heimlich anfangt, und Fallen, die man stellt, und der Hinterhalt, wenn man ibn klug plant.
3801
Vie1 1iegt in der Entscheidung darUber, ob man den Kanlpf hinauszogern soli oder ibn S()gleich beginnen, wenn man ihm nicht ausweichen kann.
3g05
Man meint oft, die Heerfalrrt werde bald ein Ende haben, und sie danert dann doch langer und endet nieht in der geplanten Zeit.
253
254
Kapitel 23
3809
Also lidit man danne gebreGhin
In den stclin adir in dcn sloBin Vnd kan daz nicht danne vorbrechin; Dit maehit di luthe vordroBin. 3813
3817
Darum ist illt ill reehte wise, Wo man siGh dez herb vorsehit. Daz man sieh riehte vor uf spisc, Er danne ez also gesehet.
L75v J
Wo man mit here zcu folde lid, Do ist ez darmede nieht sad, Daz man sich uf di se1bin zcid
Lagirt an eyne beBir stad. 3821
Kan man noeh eyne bellir vindin, Oi sal man zcuhant nemen yn, Vf daz der ieht uudirwindin Di fiende, di do kegin en lin.
3825
Wo man zcu den sitin nicht kommit zcu,
Do ist dez heris legir gut, Und hindin und vorne mag were gethu, Do wcrdit cz liehtliehin behu!. 3829
Ez meynen etzliehe weppenere, Di slritis nieht vel habin gephlegin, Wan man di fiende kunne beswere, Daz si in solehir maJle werdin belegin
3833
Von geberge, waBirn adir grabin, Do sy vor en lcgin ynne, Do si keyne flucht mogin gehabin Und en nicht mogin entrinne,
3837
Daz sy zenmale unmaBin nntzee, Wo man sy also kunne ummeringe. Sy lernen sieh dez wolc sehntzee Von deme selbin herlin dinge.
3811 nicht dannc] dannc nicht Ne. 3822-24 Am Rand 3817 Ba, Nel zell fcIdc K. nachgetragen anstelle des gestrichenen Verses Mit vorteile di man kegin en wollin lin tut. 3823 daz + sieh Ba, Ne; iehtl nicht Ne. 3835 Dol Daz Ne. 3840 vor Ne.
3817-24 Vcgclius, 'Epiloma rei mililaris' III, 8. militaris' 111,21.
3829-56 VCgCLillS, 'Epiloma rei
Uingere KriegszUge
3809
So leidet man dann Mangel in den StMten oder auf den Bnrgen und kann dem dann niGht abhelfen; das maeht die Lcute verdrossen.
3813
Darum ist das das richtige Vorgehen, wenn man das Heer versorgt, dass man vorher an den Proviant denkt, bevor es dann so gesehieht.
3817
Wenn man mit einem Heer im Fe1d liegt, dann ist es nieht ausreiehend, dass man siGh zu einer bestimmten Zeit an einem besseren Ort lagert.
3821
Kanu man einen noeh besseren tinden, dann soIl man den sogleich einnehmen, danlit ilm nieht die Feinde besetzen, die gegeniiber zu Felde liegen.
3825
Wo man von den Seiten nicht herankommt, dort lagert ein Heer gut, und wenn man es hinten und vorne verteidigen kann, kann man es dort leicht schUtzen.
3829
Es meinen manclle Waffentrager, die nicht oft gekampft haben, \VeIlll man es den Feinden schwer machen kanne, sodass sie so umgeben sind
3833
von Gebirge, Wasser oder Graben, wo sie ihnen gegeniiber rim Fcld] liegen lund J wo sie keine Fluchtmoglichkeit haben und ihnen niGht entrinnen konnen,
3837
das sei immer iiber aile MaBen niitzlieh, \'VeIlll man sie so umringen konne. Sie lemen faber], sieh gut zu schiitzen aufgrund dieser schweren Lage.
255
256
Kapitel 23
3841
Ez wechsit dicke di kunheid Von cngistin und von missctrostc, Wan ez en also herte werdit geleid, Oaz si danne daz selbe loste:
3845
Also wan si sabin er vorterbin, Und daz si nicht kundin darvone kommen, So woldin si dannc crlichin stcrbin Und irkregin darvone graBin frammen.
3849
DaTum so sprach her Scypio,
L76rJ
Dcr frcidigir romischir ratisman: Man sal den fienden stad laBin also,
Oaz er folg von dannen geflihin kan. 3853
Wan wer do von dem strite tluhit, Sine frunde her sere irschreckit; Oi zeageheid darvon uzbluhit, Oy kunheit der fiende her dirweekit.
3857
Und wo man groBe sichirheit had Und sieh keynes sehadin vorsehit, Do gewinnet di flucht di groBtin stad, Wan man clef ficndc zcukunft vorstchit.
3861
Wer uf den sehonen wesin il,it Und slehit sine pherde an daz graz, Gar sere sieh danne der vorgiBit In siner reise wnme daz.
3865
Her forchtit sich villichte gar kleyne Und mliehte graBin sehadin enphan. Oy unbesorgetin ieh hi meyne, Oi eris dingis keyne achte han.
3869
Dy nemen biwilin groBin sehadin Und werdin darzeu der luthe spod. Si wollin in allin waBirn badin Und kerin sieh an nymandis gebod.
3873
[76v]
Keyn groBir schade dem folke geschet, Oaz sieh nieht wei besorgin
3846 kommisl (?) K, komen Ba, kommin Ne. 3853 Ba, Ne] werdo K, 3871 Ba, Ne.! Loch im Btaff K. 3872 Ba, Ne] Loch im BlaH K. 3873 gcschchit Ne.
3873-76 Vgl. Vegetius, 'Epitoma rei ntilitaris' III, 10.
Uingere KriegszUge
3841
lDennJ es wHehst oft die KUhnheit aus Angst nnd Mangel an Zuvcrsicht, wenn es ihnen so schwer gemacht wird, dass gcnau das sic rcUc!.
3845
Wenn sie nfunlich ihr Verderben sahen und dass sie nicht entkommen konnten, dann wolltcn sic [zumindcst] chrcnhaft stcrbcn, und erkfunpften sieh dadureh graBen N utzen.
3849
Darum sagte Herr Scipio, def mutige riimische Ratsmann: Man solI den Feinden Raum lassen, danlit ihr Yolk cntflichen kann.
3853
Denn wer aus dem Kampf flieht, erschreckt seine Kameraden sehr. Die Vcrzagfhcit erwiichst daraus, die KUhnheit der Feinde erweekt er.
3857
Und wenn man sieh sehr sieher wHhnt und keincn Sehadcn crwartct, dann ergibt sieh zur Flueht die beste Gelegenheit, sobald einem klar wird, dass die Feinde kommen.
3861
Wer auf den schiinen Wiesen speist und seine Pferde don anbindet, wo es Gras gibt, dcr vcrgisst sieh dadureh sehr auf seinem Kriegszug.
3865
Er fUrehtet sieh leieht sehr wenig und kann dadureh groBcn Schadcn erlangcn. Die Unbesorgten meine ich hier, die auf ihre Angelegenheiten nieht aeht geben.
3869
Dicsc nchmcn bisweilen groBcn Sehadcn und werden auBerdem zum Gespott der Leute. Sic wollen in allen Wasscrn baden und kehren sieh an niemandes Belehl.
3873
Kein groBerer Sehaden gesehieht dem Kriegsvolk, als wenn es kcinc Vorsorge treffen will
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Kapitel 23
Und alz mit lustin ummegehet Beide den abunt und den margin. 3877
Wer achte danne uf di selbin had Und si stormlichin irschreckit, Der maehit si mit c1eynen dingin mad; Also werdit ir schade irweckit.
3881
Nummer sal man dez beginnen, Daz di fiende gerne sehin, Sundirn allezcid daruf synnen, Wi nutz und frome moge enstehin.
3885
Keyn homud sal uns darzeu brengin, Daz wir icht la13in undirwegin Und ieht vorkortin adir voriengin, Dez wir noch nutzce mogin gephlegin.
3889
An di spitzcin setzce man nicht Eynen ritter, ab her sin begert, Deme zcu stritin kuntschaft gebricht, Wi frome her si adir wi wert.
3893
Ez hilffit da wedir adil noch gud, Schonheit, kunheit adir frunde, 5undirn eyn starkir, wisir mud. Und wer wol darmede kunde
3897
Und were vel darbi gewest U nd hette god lieb und sine ere, Der dorfte nicht machin groz gebrest, God hulffe em harte schere.
3901
Ez sprichit sente Augustin: Wan du wilt zcu deme strite gehin U nd tust an daz woppin din, 50 saltu daz ouch wol vorstehin
3905
Und daz di wile merke, Daz god din hiiestis woppin ist,
3875 ummegel Ba; wmnegehit Ne. 3890 Ba, IVe] abher K. K. 3903 wappin Ne. 3905 merkel c aus in verhessert.
rnr]
3891 Ba, IVe] zCllslrilil1
3889 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' lll, 14. 3901 Augustinus-Zitat nicht idcntifizief!, vgl. 'Enarrationes in Psalmos', PL 36, Sp. 323.
Uingere KriegszUge
und nur nach Lust und Laune herumHiuft am Abend wie am Morgen. 3877
Wer es auf diese abgesehen hat und sie durch einen Angriff erschreckt,
der setzt sie mit geringem Aufwand matt; so entsteht ihnen Schaden. 3881
Nie soH man das anfangen,
was die Feinde gerne sehen, sondern jederzeit danmf aus sein,
wie [einem sclbst] Nutzen und Gewinn entstehen kann. 3885
Kcin Hoehmut soli uns dazu bringcn, dass wir etwas unterlassen und etwas liberstiirzen oder hinauszogern, aus dem uns noch N utzen erwachsen kann.
3889
An die Spitze setze man keinen Ritter, auch wenn er das mlichte, dem die Erfahrung im Kampf fehlt, wie tiichtig cr aueh sci oder wic wiirdig.
3893
Es hilft da weder Adcl noch Besitz, Schlinheit, KUhnheit oder Freunde, sondern [allein] Starke und Klugheit. Und wenn sieh einer gut damit auskennt
3897
und vie! dabei gewesen ist und Gott und scinc Ehre licbt, der brauchte keine graBen Verluste zu erleiden, Gott wiirde ihm schr raseh hclfen.
3901
Es spricht der heilige Augustinus: Wenn du in den Kampf gehen willst und dcine Riistung anlegst, dann sollst du genau wissen
3905
und immer daran denken, dass Gott deine hliehstc Waffe ist,
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Kapitel 24
Der dir gebit dez libis sterke Und dich behutit zcu allir frist. 3909
Her gebit dir ouch di willheid, Daz du den seg wol beheldist, Ab sich din hoffin zcu em treid Und dine hende kegin eme feldist.
3913
Du macht dine fiende obirwindin, Ab dir wol der sterke gebricht, Und zGeichliGhin sine gnade irfindin, Ab din munt sin lob di wile spricht
3917
Und din herzce stet in cyme gctruwin, Also daz her dich nicht vorlaGe. Dine sunde di laz dich ouch ruwin, Und daz du sy mer wollist vorwalle.
3921
So hab keynen zcwifil daran, God hilftit dir danne fechtin Und wel dich mit nichte vorlan, Stchistu noch dcm rcchtin.
3925
Trostlich sal eyn herzcoge sin,
[77v 1
Wackir, nuchtirn und wise,
Und alle sache nemen yn, Sin folg haldin in solehir wise, 3929
Daz her beware di zcweitracht, Daz di nicht neme obirhand. Wo di undir en werdit gemacht, Dez sal her sturin alzcuhand.
3933
Den strid hebe her mit nichte an, Ab her den kan wol gelaBe, Wan di sinen zcweitracht han, Biz her di wol gesaGe.
3921 habc Nc.
3927 Sa, NeJ allcsachc K.
3925-44 Vegetius, 'Epitoma rei militaris' Ill, 9.
3931 Sa, Ne J undircn K.
Autgaben des Heerllihrers
der dir Korperkraft gibt uud dich allczcit schlitzt. 3909
Er gibt dir auch Kiugheit, damit du den Sieg erringst, wenn dein Hoffen sich auf ihn richtet und du deine Hande zu ihm faltest.
3913
Du kannst deine Feinde Uberwinden, auch wenn es dir an Starke fehit, und durch ein Wunder seine Gnade finden, wenn dein Mund sein Lob wiihrenddessen spricht
3917
und dein Herz inl festen Vertrauen steht, dass er diGh niGht verHisst. Deine SUnden bereue auch mit der Absicht, sie in Zukunft auszutilgen.
3921
Zweifle also niGht daran, Gatt him dir dann kiimpfcn und wird diGh mitniGhten verlassen, wenn du ftir das Rechte eintrittst.
Kapitel24 3925
Zuversichtlich soli ein Heerftihrer sein, wachsam, nUchtern und klug, und aile Angclegenheiten genau erkunden, sein Kriegsvolk so fUhren,
3929
dass er die Zwietracht verhindere, damit sie nicht liberhand nehme. Wo diese unter ihnen lseinen LeutenJ angestiftet wird, muss er dem sofort Einhalt gebieten.
3933
Dcn Kampf bcginnc cr kcincsfalls, wenn er ihn auch unterlassen kann, solange die Seinen Zwietraeht haben, bis er diese vollkommen beigelegt hat.
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Kapitel 24
3937
Keynen strid sal her besprechin Czu haldiu uf eyucn bestaeketin tag, Her irkenne dan siner fiende gebreGhin,
Daz her en wol angescgin mag. 3941
Ez kommit dicke, daz eyn deynes heer Eyn groBis, stark is obirwindit Dnd tud mit listin sine weer, Daz ez sine fiende sehindit.
3945
Dit ist eynes wisin herzcogin schult,
Der daz kan wol uzgetiehtin Und mit gotis forchtin ist irfult Dnd sin folg kan angeriehtin. 3949
Ez ist gar sere unglieh Czu der zcid wan man stritin sal,
[78r]
Daz di mudin maehin sieh An di geruwetin mit gliehir zeal, 3953
Eyn betrubetir kegin eyme frolichin Dnd eyner, der do louffit bloz, Kegin eyme gewoppintin richin, Eyn krankir kcgin cyme met sterke groz.
3957
Dnd wan man danne stritin sal, So sal eyn herzeoge kune und wise Irforschin in simc heer obiral
Heymeliehin und lise, 3961
Waz sine ritter danne c1agin,
Ab sy sieh darzeu gchabin wol, Adir ab sy dar kegin vorzcagin. Darnach sal her sich ratis irhol.
3965
Au erin antlitzein mcrke her daz
Und ouch an erme gange. Dy rede mcldin cz vcle baz,
Ab en darzeu ist bange.
3959 Sa, Nel obir al K.
3963 darkcgin Ne.
3949-52 Vcgctius, 'Epitoma rei militaris' lll, 11. militaris' III, 12.
3957-80 Vcgctius, 'Epitoma rei
Autgaben des Heerllihrers
3937
Keinen Kampf soli er fUr einen festgcsctztcn Tcrmin vcreinbaren, ohne seiner Feinde Schwachen zu kennen, sodass cr leicht liber sie siegen kann.
3941
Es gesehieht oft, dass ein kleines Heer ein groBes, starkes Uberwindet und sieh listcnrcieh znr Wehr setzt, sodass es seine Feinde aufreibt.
3945
Die ist das Verdienst eines klugen HeerfUhrers, der das gut planen kann und von Gottesfureht erfUl1t ist und sein Kriegsvolk zu fiihren vermag.
3949
Es ist eine groBe Ungleiehheit wenn zur Zeit des Kampfbeginns Mlide gegen Ausgeruhte in gleicher Anzahl antreten,
3953
ein BedrUekter gegen einen Frohliehen und ciner, der unbewaffnet daherkommt, gegen einen bewaffneten Machtigen, cin Schwachcr gcgcn cincn schr Starkcn.
3957
Uud weun man dann kiimpfeu muss, so soli ein klihner und kluger Heerfiihrer in seinem Heer liberall heimlieh und leise erforschen,
3961
worUber seine Ritter gerade klagen, ob sie zuversiehtlieh dazu eingestellt sind oder ob sie Angst davor haben. Dementspreehend soli er sieh Rat holen.
3965
An ihren Gesiehtern erkenne er das und auch an ihrem Gang. Dicsc Anzcichcn vcrratcn cs vicl bcsscr, wenn sie Angst davor haben.
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Kapitei 24
3969
Nieht strite her, daz rathe ieh, Wan en s\vcr darzcu ist;
Ez anyt den luthin siehirlieh, Wan sy eris gluckis han vormist. 3973
Getruwe nieht alzeuser darzeu, Ab di jungin ritter stritis begern;
Noeh den wol vorsuehtin saltu tim, Di jungin mogin dieh nicht gewern. 3977
Wan cler herzcoge vormanunge tud,
Daz hilffit daz folg gar swindc, Oi sterke weehsit und der mud Und helffin em obirwindc. 3981
[78v]
AIz mittin in den striten Sa1 der herzcoge mit siner gewa1t
Czu der rechtin hant do ryten, Uf daz sin volg werde wol bestal!, 3985
Czusehin den, di zeu pherden sint, Und den ouch, di zcu jilBe gchin, Di her also zcusammen hint
Und hciBit si dannc feste stchin. 3989
Do ist her allirbest bewart Und mag sin folg geschicke, Eyncn iclichin noch siner art,
Und di sinen vonnanen dicke. 3993
Eynen rad sal der herzeoge ouch heymlieh maehe Umme eyn ding, dez her nicht willin hat, Und la/le danne eynen meldin di sache Und thu di wile eyne andir tad,
3997
Daz nicht vel luthc wiBin Und do em nutz mag von enstehin. Also werdin sine fiendc bcschiBin, Wan man eyme andirn nach wei gehin.
3985 Sa, Ne] zcuphcrdcn K.
3986 Sa, Ne] zcuful.lc K.
3981-92 Vcgctius, 'Epitoma rei nlilit.'1lis' Ill, 18. militaris' 111,9.
3987 also] aIle Ne.
3993-4000 Vcgctius, 'Epitoma rei
Autgaben des Heerllihrers
3969
NiGht kiimpfe er, das rate iGh, cs sic hart ankommt; die Leute haben sicher eine Ahnung davon, wenn es ilmen an Gliiek mangelt. \VCIlll
3973
Yerlasse dieh nieht allzusehr darauf, wenn die jungen Ritter den Kampf wollen; naeh den Wohlerprobten sollst du dich richten, die J ungen konnen dieh nieht verteidigen.
3977
Wenn der HeerfUhrer ermunternde Worte spricht, hilft das dem Yolk schnell, die Smrke wiichst und die Zuversicht, und [sie] helfen illm zu siegen.
3981
Wiihrend der Schlacht selbst solI der Heerflihrer mit seiner Macht auf der rechten Seite reiten, damit sein Yolk gut gelenkt werde,
3985
lund zwar] zwischen denen, die zu pferd sind, und denen, die zu FuB gehen, die er auf diese Weise verbindet und dann fcstcn Widcrstand 1cistcn Hisst.
3989
Da ist er [selbst] am besten geschiitzt und kann sein Yolk befehligen, einen jeden naeh seiner Art, und die Seinen immer \\fieder anfeuern.
3993
Einen Rat soli der Heerflihrer auch heimlich fassen wcgcn ctwas, das cr gar nicht machcn will. Dann lasse er jemanden die Sache melden und tue unterdessen etwas anderes,
3997
von dem nicht viele Lcute wissen
und woraus ilun N utzen entstehen kann. So werden seine Feinde betrogen, wenn man etwas anderem nachgehen will.
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Kapitel 24
4001
Und wan man iGht ernstlichis weI beginne,
Do hcischc man vcle luthe zeu Und bethe rad und daruf synne Und eynen icliehin sin bestis tim. 4005
Wan der herzcoge danne had gehort Den rad von den sinen aHin. So achtc her eyncs icliehin wort Und laze em di wale gefallen.
4009
Daz beste sal her danne uzirvo,l ele
[79r]
Noeh sime eigin synne und rathe Und mit sinen getruwin obirspele, Und tim darnaeh danne drathe. 4013
Etzliche ramen gudir zcid Noeh dez himmels louftin, Wan si sullin haldin den strid. Dit habin di ungetouftin,
4017
Di wi sin babilonischin zcu dem
en~tin
fundin
U nd wise j udin mit den heidin, Di dez gesternes kunste w01 kundin; Dit vindit man von cn bcidin.
4021
Moses und ouch Abraham Kundin di kunst gar wole, Abir god en mer zcuhulffe quanl Und Iiez syner gnade sy sich irhole.
4025
Ab wol der himmel wedir sy waz, Dannoch sy di strite gewunnen. Dez himmels meistir machte daz, Den sy al1ezcid wol besunnen.
4029
Den konnig Daviden und Josuen God selbir stritin larte, Wi sy darmede soldin unlme gehin. Er iclichir darnach gebarte.
L79v J
4017 babiloruscrnn iiher durchgeslr. hcidin und schwer z,u lesen. 4020 man + gcschrebin Ne. 4022 di] deBe llle; wole] wol Ne. 4024 irhole] irhol Ne. 4031 ummc gcn Ba, mnmcgcn Ne.
4021-22 Gn 11,31; Gn 15,5; vgl. Petrus Comes lor, 'Hisloria Scholastica', PL 198, Sp.10Y2f. 4023-28 Vgl. Ex 17.9-16; Ex 14. 4029-32 David: 11 Srn 5, 19-23,11 Sm 22, I, II Sm 22, 35-37, Ps 17. Josua: los 8, 1-8.
Autgaben des Heerllihrers
4001
Und wenn man etwas Gefahrliches unternehmen will, bitte man viele Lcute dazu und bitte um Rat und richte seine Anstrengungen danmf und [bittc] cincn jcdcn, sein Bcstcs zu tun.
4005
Wenn der Heerflihrer daun den Rat von all den Seinen gehort hat, so beachte er die Worte cines j eden und nehme diese daukbar au.
4009
Das Beste so11 er dann auswahlen nach scincm cigcnen Vcrstaud und Rat und mit seinen Getreuen durchspielen, und daun setze cr es schnell in die Tat um.
4013
So mauche suchen nach einem guten Zeitpunkt entsprechend dem Lauf der Gestirne, zu dem sic den Kaulpf abhalten wllcn. Das haben die Ungetauften,
4017
die wei sen Babylonier zuerst entdeckt und weisc J uden samt den Heiden, die die Wissenschaft von den Stemen sehr gut beherrschten; das findet man bei ihnen beiden.
4021
Moses und auch Abraham beherrschten diese Wissenschaft sehr gut, aber Gott kam mnen [noch] mchr zur Hilfe und hell ihnen seine Gnade zuteil werden.
4025
Obwohl der Himmel gegen sie war, gewannen sic dcnnoch dic Schlachten. Der Meister des Himmels bewirkte das, den sie allezeit fest in ihrem Sinn hatten.
4029
Die Klinigc David und Josua lehrte Gatt selbst das Kfunpfen, wie sic daulit unlgehen solltcn. Jeder von ihnen handelte danach.
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Kapitel 24
4033
Judaz Machaheus genant Der streid manehin cbintnrliehin strit, Der ritter ordin her sere vant, Sin hoffin zeu gothe waz allezcit.
4037
Vel nutzcir der J udin gehorsam waz, Den si aIz zcu gothe trugin. Danne di lune, di man den heidin laz, Di sy ane were irslugin.
4041
Noch so ist ez gud darmede, Wer solche kunste wolc kan, Abir god gebit den seg und den frede Wedir daz gesterne, wem her ez gan.
4045
Dez muez ich eyn wenig sehribin Ouch von den selbin kunstin, Df daz ieh ouch moge blibin In myner jungin herrin gunstin
4049
Dnd der andirn myner frunde, Den ieh deBin spigil sehenke Und gesmuckete, ab ich daz kunde, Daz sy myn gutlich woldin gcdenke.
4053
Wan der mand in den zewillingin ist Adir in dem krebille adir sehutzein, Mit gotis hulffe zcu der frist Den luthin si danne nutzein,
4057
Oi dez stritis beginnen, Habin si darzeu reehte sache Und in demud mit gotis hulffe gewinnen; Do sal er mud nicht ane swache.
4061
In S atnrnus und in Martis stundin, , Wer di wole kan gereehin, Der erst zeu fclde danne werdit fundin, Der gewinnet, also di mestir spreehin.
[80r]
4035 Der] Dcz Ne; sere vant] sich undirwant Ne. 4059 mit iiher der Zeile nachge4060 swache] e aus in tragen: gewinnen liber durchgestrichenem bisinnen verbessert. verhesserl. 4064 mcistir Ne.
4033 I Mee 3, 1-3.
Autgaben des Heerllihrers
4033
Judas mit dem Beinamen Makkabaus
kampfte viele gctahrliehe Kampfe, den Ritterstand begrUndete er mit groBem Einsatz, sein Hoffen richtete sich allezeit auf Gott. 4037
Viel niitzlieher war der Gehorsam der luden, den sie Gott immer leisteten, als die Konstellation, die man den Heiden erreclmete, welche sie ohne Gegenwehr ersehlugen.
4041
Zwar ist es gut, wenn einer diese Wissensehaft gut beherrseht, aber Gott gibt den Sieg und den Frieden gegen die Sterne, wem er es giinnt.
4045
So muss ieh trotzdem ein wenig sehreiben von dieser Wissenschaft, danlit ieh aueh in meiner jungen Herren Gunst bleiben kann
4049
und meiner anderen Freunde, denen ieh diesen Spiegel sehenke und ausschmUckte, so gut ich das konnte, damit sie meiner im Guten gedachten.
4053
Wenn der Mond in den Zwillingen steht oder im Krebs oder Sehiitzen, mit Gottes Hilfe niitzen sie Ldie SterneJ dann in dieser Zeit den Leuten,
4057
die den Kampf beginnen, vorausgesetzt, dass sic dazu einen reehten Grund haben und demiitig mit Gottes Hilfe gewinnen; davon solI ihr Sinn nicht ablassen.
4061
Wtihrend der Einflusszeiten von Saturn und Mars, man muss sie nur richtig berechnen konnen,
wird derjenige, der sich zuerst auf dem Kanlpfplatz einfindet, gewinnen, wie die Meister sagen.
269
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Kapitel 24
4065
Wan Saturnus ist hi der sunnen Adir Mars mit Mercurio sted, , So werdit der strid von deme gewunnen, Der zcu dem erstiu darzcu gehit.
4069
Dit sal geschen ane hochfard Und alz ane graBin obirmud Dnd daz man zcu gothc si gekard Und nicht yorgille unschuldigis blud.
4073
Wan Mars in deme tarande were, Wer krigisch heu danne bi eme truge, Den sterkete ez danne unmaBin sere, Daz her sine fiende vinge und sluge.
4077
Ysere zcu eyme schapeile gemachit Phlag uf zcu tragene Hercules. Daz glueke en danne anlachit, In sinen stritin enzcub her des.
4081
Johannes mit dem guldin munde Furit ouch cync solchc rcdc, Der man erne zcu etzlichir stunde Gar wole mag gefolgin medc:
4085
Ez tluhit dicke eyn kuner man, Wan sin fechtin ist obirwegin D nd wan her sehit, daz her nicht kan Der winnunge wol gephlegin.
4089
Dnd daz ist keyn schande ouch nicht In eyner so!chin malle. Eyn tore dicke yorgebins ficht Dnd mochte ez wol gel aBe.
4093
Mag her abir darvon nieht kommen, Daz en der schade wei drucke, So were her sich zcu }tommen, Villichte mag ez em glucke.
4068 get Ba, ged Ne. 4075 danne om. llle. c/lenes Eyn eingefiigl.
[BOy]
4074 krigisch her Ba, krichisch hell Be, crichisch hOVi'C Ne. 4077 schapele Ne. 4090 Tn] nachtriiglich vor durchgestri4095 Ba, Ne] zcufrommcn K.
4081 Johannes Chrysoslomus-Zilal nichl idcntifizicrl.
Autgaben des Heerllihrers
4065
Wenn Saturn bei der Sonne oder Mars beim Mcrkur stcht, wird der Kampf von dem gewonnen, der als crster angrcift.
4069
Das soll ohne Hoffart geschehen und ganz und gar ohne jede Oberheblichkeit und sa, dass man Gatt zugcwandl ist und kein unschuldiges Blut vergiellt.
4073
SoBte Mars im Skorpian stehen, wiirde das den, der Griechisehcs Hcu bei sieh triige, ganz auBerordentlich starken, sodass cr scine Feinde finge und schliigc,
4077
Efeu, zu einem Kranz gewunden, pflegte Herkules auf dem Haupt zu tragen. Das Gliiek laehlc ihm dann zu, in seinen Kampfen merkte er das.
4081
Johannes mit dem goldenen Munde macht auch eine entsprechende Aussage, in der man ihm zuweilen mit Gewinn folgen kann:
4085
Es tlieht Ofl ein kiilmer Mann, wenn sein Kampfen iibertroffen wird und cr sieht, dass er den Sieg nicht gewinnen kann.
4089
Und das ist auch keine Schande unter salchen Bedingungcn. Ein Tor kampft oft vergebens, und konnte es gut unterlassen.
4093
Kann er sieh aber dem nieht entziehen, dass ihn der Schaden iiberwaltigen will, dann wehre er sich zu seinem Nutzen, vielleicht kann es ibm dach gelingen.
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Kapitei 24
4097
Vii dicke ist ouch daz geschen, Daz cyncr bestum starkir dry, Wan her en nicht mochte engehen,
Und bleib vor en dez schadin fry, 4101
Dit ist nu der ritter spy gil, Darinne si sich su11in beschowin,
Bcfcstim mit der Wgindc sygil. God laBe en der wol gezeowin! 4J05
Weme sine ougin triffinde sin
Und had lastirblattirn darinne, Der sal nummer gesen hirin, Her mochtc darvonc flcckin
gCWiIlllC.
, : Deo gratias : '
4097 Sal vilclicke K: Vel clicke Nc.
4106 Sa. NeJ lastir blattirn K.
Aufgaben des HeerfUhrers
4097
Sehr oft ist auch das geschehen, dass ciner sich drci Starkcren entgcgcnstclltc, wenn er ihnen nicht ausweichen konnte,
und dass cr von ilmcn kcincn Schadcn nahm. 4101
Das ist nun der Spiegel der Ritter, in dem man sich betrachten solI,
gestarkt mit dcm Siegel dcr Thgcnden. Gatt lasse ilmen diese zustatten kommen! 4105
Hat [aber] jemand Triefaugen und findct cr Lastcrblattcrn darin, der soli niemals hier hineinschauen, cr kiinntc Flcckcn davontragcn.
273
Johannes Rothe, 'Ritterspiegel' Kommentar
276
Prolog
Prolog, Y, 1-76 Der Verfasser, dessen Vorname 'Johannes' das Akrostichon des Prologs hildet, beriehtet von den Klagen eines jungen Adligen, Gott lasse seine Standesgenossen im Gegensatz zu den S6hnen armer Bauern nicht zu Gut und Ehre kommen. Der Lehrer halt dem entgegen, sie hatten die Tugenden ihrer Eltern verloren und seien nieht mehr bereit zu dienen. Das Gespraeh habe den Verfasser angeregt, das vorliegende BUchlein fUr seine 'Freunde' abzufassen, damit sie von Torheit und Laster ablassen und ihre Standespfliehten erfiillen. Er bittet um Gottes Hilfe, dass dieses Erziehungsziel erreicht werde.
Stellenkommentar: 1 Der Prolog entwirft eine fikti ve Lehrsituation. Dureh die Verbindung des Pronomens Ieh mit dem Beginn des Akrostichonwortes 'JOHANNES' identifiziert sieh Rothe als Lehrer mit dem in der fikti yen Lehrsituation Angesprochenen und legitimiert und motiviert so sein didaktisches Werk. - Hintergrund ist ein Standeskonflikt zwischen verarmendem Adcl und anfsteigenden Bauern. Die MiigIiehkeit eines Abstiegs in der sozialen Position steht yor Augen und wird hier unmittelbar mit der Notwendigkeit tugendhaften Verhaltens verknUpft. Zur wirtsehaftlichen Situation des Adels siehe Andermann 2005; zur Darstellung im 'Ritterspiegel' Ulbrich 1994. Zu den Moglichkeiten des sozialen Aufstiegs vg1. Kap. 3, Kommentar zu V. 449.
3-4 Neumann konjiziert sines vatir zu sin vatir: Der Adlige klage darUber, nicht wie sein Vater Knechte haben zu kljnnen. 5-8 Zum Aufstiegsgedanken vgl. unten V. 409-452. 15 buthe (F): mnd. fUr 'Tausch, Wechsel, Verteilung', auch 'Beute', Schiller / LUbben I, S. 462.
27 sick kerin an: 'aehten auf, sieh kUmmern um' (Lexer J, Sp. 1553). 34 b'iferie (stF): md. Variante zu buoberie (Lexer J, Sp. 3g5). Vgl. Rothe, 'Wcltchronik' , Kap. 689 (bezieht sich auf GeiBier-Umtriebe in Erfurt 1349).
48 dine!: 2. PI. Konjunktiv Prasens zu dinen (swV), vgl. Paul 2007, § M 69; Neumann denkt mit seiner Konjektur yom Nhd. her.
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52 'Saal': Aufenthaltsort Gottes und der Seligen, vgl. OWb 14, Sp. 157K
55 henby: wohl rtiumlich zu verstehen. 57--{)O Jakob flieht, nachdem er seinem Bruder Esau durch eine List das Erstgeburtsrecht genom men hat, (Gn 27-2B). Er dient zwei mal sieben Jahre, urn Rahel zur Frau zu bekommen, (Gn 29,20 und Gn 29,27f.). und danach noch weitere sieben Jahre bei seinem Schwiegervater Laban, (Gn 29,30). Seine zw61f Sohne werden Gn 35,23-26 aufgelistet.
61--{)4 Joscph wird von seinen BrUdcrn nach Agypten verkauft, (Gn 37,2S). Er wird wegen seiner Weisheit yom Pharao aIs Statthalter Uber ganz Agypten ein-
gesetzt, (Gn 41,37-43).
62 formundeschaft (stF): entspricht (Gn 41,41): Ecce, constitui te super universam lerram Aegypli. ("Siehe, ieh setze dieh hiemit Uber das ganze Land Aegypten.") - Zum Begrifffonnundeschaft s. a. 'Lob der Keuschheit', V. 257. 65-76 Prologtopik: Motivation fUr das Schreiben des Buches in den Versen 65-66; Wirkung bei Adressaten (SchUler, Freunde) 67-72; inspirationsbitte und Anrufung Gottes 73; Nennung des Erziehungsziels 74--76.
68 gedechtin myn: Moglieherweise klingt hier der prologtypisehe memoria-Topos an.
71 dinstis phlegin: hier im weiteren Sinne Pflichten innerhalb des Lehnsstandes.
Kapitel 1, V. 77-228 Aus der Herstellung und aus verschiedenen Funktionen des Spiegels werden durch aUegorische Auslegung die Elemente gewonnen, die den Prozess der menschlichen Erziehung ausmachen. Oas aus Asche hergestellte und zerbrechliche Glas bcdeutct den Klirper (95-9S). Oas hintcrlegte Blci mit der Eigcnsehaft 'Weichheit' wird auf die Seelc ausgelegt (99-100). Oie vor den Spiegel gehaltenen Gegenstande entsprechen den auBeren Eindriicken, die der junge Mensch in sich anfnimmt (101-104); Modell der tabula rasa des Aristoteles (lOS-lOS). Erziehung kann hier zum Guten oder zum Schlechten fUhren (109-136). Oas Reflektieren des Spiegels durch das Blei wird verglichen mit der RationaliUit und der Entscheidung zum tugendhaften Handeln (137-152). Sodann wird in Verbindung mit der Reinheit des Glases der Blick in den Spiegel und die Wirkung eines schonen Spiegelbildes erortert (153-172). Oagegen weist der Werk-
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Kapitel 1
stoff Asche auf die Vergtinglichkeit und Schlechtigkeit des Leibes hin (173-220). Hier rekurriert der Text nach dem zitierten Hugo de Folieto auf einen pseudobernhardischen Memento-mori-Trakta!. Das Kapitel schlieBt mit einem Ausblick auf das Leben als Rittersehaft (lliob), auf Bewahrung in den Tugenden und den dafLir zu erniartenden Lohn.
Stellenkommentar: 77-82 Spiegel aus Olas sind im Mittelalter seit dem 9. Jahrhundert durch schriftliehe Quellen belegt und waren wohl viel gebrauehlieher als solehe mit einer Spiegeltl;iche aus Metall (Krueger 1990, S.240). Zur Produktion des Olases benutzte man in der Tat meist Asche, oft utit anderen Stoffen, vor allem mit Sand vennischt. Die Riick.-;eite des heiBen Glases wurde dann mit einer Schicht aus Blei bezogen, um die Spiegelwirkung zu erzielen (Okken 19B3, S.55-5B; Krueger 1990, S. 236-240). Seltener scheint hierfUr Zinn oder Peeh verwendet oder dem Blei zugefUgt worden zu sein (Okken 19B3, S.57; Krueger 1990, S.237 und 241; vgl. Wolfranl, 'Parzival', V.20-22: zin allderhalp mile glase ge/eichel. / und des blinde" troum.! die gebe,,! antlutzes roum; Konrad von Megenberg 'Bueh der Natur', Pfeiffer, S.99: die .Ipieglaer die .Ipiegelglas hintell hedeckent mit plei und mit peeh). - Vgl. zur Herstellung von Glas auch Georg Agricola, 'Dc re metallica' Buch XII, 470. 83-92 Die unterschiedlichen Wirkungen des schonen oder htisslichen Spiegelbildes auf den Betrachter, die hier einfUhrend aufgelistet werden, gliedern aueh die folgende Auslegung.
93-94 Auslcgungssignal, Anrufung der Hilfc Gottes. - Spiegel werden in der lateinischen Tradition kontextabhiingig unterschiedlich ausgclegt, hiiufig stehen sic fUr (weibliche) Hoffart, Hochmut, Eitelkeit und Verganglichkeit, fill Selbsterkenntnis, Klugheit und Wissen sowie fUr Reinheit, Lauterkeit und Tugend (mit Bezug auf Maria). Rothe nimmt in seiner komplexen Auslegung durch den mehrfachen Blick auf den Spiegel, seine Herstellung und seine Wirkung verschiedene Komponenten auf. - In der Auslcgung des Spiegels liegt gleichzeitig eine Reflexion der literarischen Oattung 'Spiegel' (vgl. Epilog V. 4101), denn der Spiegel, in den man blickt, ist gleichzeitig das Buch (Augustinus, 'Speculum ecdesiae', 'Speculum doctrinale', 'Speculum historiale', 'Speculum humanae salvation is' , u. v. m.). Ais 'Spiegel' wird auch die Heilige Schrift bezeichnet (unten V. 33B; z. B. auch Alanus, 'Distinctiones', Sp. 950). Das Versttindnis des Spiegels als Buch wiederum stellt die Verbindung zur Erziehung her: Aus dem Spiegel, dem Buch, kann man lesen und lernen. - Zur Verwendung cler Spiegelmetapher 1m 'Ritterspiegel' Janota 1995, S.359; Uihnemann 2002, S.180--185.
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100 geslaeht: 'wohlgeartet, fein' (Lexer I, Sp.916). Oder liegt eine variante Form zu Mhd. geslecht vor, das sowohl iiulkrlich ('glatt') als auch inucrlich ('schlicht, aufrichtig') verstanden werden kann (Lexer T, Sp. 917)'1 Neumann tilgt das und im Sinne von 'von weicher Art wie Blei'. 105-108 'Auetoritates Aristotelis', Hamesse, S. I g6, Nr. 146: Tmelleetus possihilis est primo tamquam tahula rasa in qua nihil est depictum" possihilis tam,en depingi. ("Der intellectus possibilis ist zuerst wie eine leere Tafel, in die nichts hineingeschrieben ist, in die man aber hineinschreiben kann.") Entspricht Aristoteles, 'De anima' TTT, 4, 429b, lateinische Dbersetzung in der Version von Wilhelm von Mocrbckc: Aut pati quidem secundum commune aliquid diuisum
est prius, quonialll poteneia quodalll modo est intelligibilia intellectus, set actu nichil. ante quam imelligat. Oportet autem sic sicut in tabula nichil est actu scriptum, quod quidem accidit in intellectu. (Theiler, S. 59, 7-12: "Aber was das Er1eiden auf Grund eines Gemeinsamen anbetrifft, ist frUher auseinandergesetzt
worden, daB irgendwie der Mogliehkeit nach der Geist die denkbaren Dinge sei, aber in der Erflillung LWirklichkeitJ keines, bevor er denkt, der Moglichkeit nach in dem Sinne wie bei einer Sehrcibtafcl, auf der nichts in Wirklichkeit geschrieben ist; was beim Geist der Fall is!.") Die altere Obersetzung des Tacobus Veneticus iibersetzt ausgereclmet den zeutralen Begriff 'Ypa>l/.1U~~lOV ('Tafe!') nicht ins Lateinische. - Die Werke des Aristoteles waren, mit Ausnahme der 'Eudemischen Ethik' und der 'Poetik', im Mittc1alter bekannt und weit verbreitet, vgJ. Dod iu: 'Cambridge History of Later Medieval Philosophy', S. 45. 'De anima' wurde wahl in der Zeit zwischen 1125 und 1150 erstmals ins Lateinische iibertragen uud ist in 144 Textzeugeu beleg!.
112-114 Liehtmetapher. Rothe verglcicht die zur Tugend erzogeuen Kinder mit einem Licht, das langsam groBer wird und den rechten Weg weist. 117-118 Schlechtes lernt man leichter als Gutes, Neigung zum Bosen: AristoteJes, 'Nikomachische Ethik' II03b 23-25 (in der Obersetzung von Wilhelm von Moerbeke): NOll parum igitur d(ffert sic vel sic ex iuvelle cOl~feslim assuesci, set IIlUltUIIl, magis autem omne. (Dirlmeier, S. 29: "Ob wir also gleich von Jugend auf in dieser oder jener Richtung uns formen - darauf kommt nicht wenig an, sondern sehr viel, ja alles. ") Entsprechend 'Auctoritates Aristotelis', Hamesse, S. 234, Nr. 27: NOll parum, d~nert sic vel sic. id est belle vel male puerum, in juventute assuesci immo lIlultum. - VgJ. auch 'Nikomachische Ethik' 1106 b 31-32, bei Harnesse, S.235, Nr. 40: Malum est facile, honum autem dijJicile. ("Das Bose ist leicht, das Gute jedoch schwer.") 125-128 Ps 17,26-27: Cum, sancto sanctus eris, et cum viro innocellte inllocells eris. et cum electo electus eris. et cum perverso perverteris. (Luther 1912, Ps
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Kapitel 1
I g,26-27: "Bei den Heiligen bist du heilig, und bei den Frommen bist du fromm, und bei den Reinen bist du rein, und bei den Verkehrten bist du verkehrt. ") 129 Saepe salel similisfilius esse palris. ("Oft pflegt der Sohn dem Vater ahn!ich zu sein.") Sprichwort!ieh, Walther Nr. 27299. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema, insbesondere zum Verhaltnis zwischen Geburts- und Tugendadel, findet sich bei Thomas von Aquin, 'Sententia !ibri po!itieorum' 1,4,11-13; vgl. Knapp 1995, S. 100.
130-132 Gn 24,2-3: Dixitque LAbrahamJ ad servum seniarem damus suae. qui praeerat omnibus quae habebat: Pone manum luam, suhter femur meUIn, at adjurem. te per Dominutn. Deum caeli et terrae, ut non accipias ux:orem fi/ia mea defiliabus Chanallaearum. inler quas habila [... J ("Nun spraeh Abraham zu dem altesten Knechte seines Hauses, der Verwalter aller seiner GUter war: Lege doch deine Hand unter meine HUfte; ich wi11 dich schw(jren lassen bei dem Herrn, dcm Gatt des Himmels und dem Gatt der Erde, dass du meinem Sohne kein Weib nehmest von den Tochtern der Kanaaniter, unter denen ich wohne [.. .]") 132--134 SprichwOft, vgl. Reinmar von Zweter 183,4: Von ungesellell wirl der man/ vii dieke llOubetsiech; Frauenlob VlJ, ':'33: Ein sprueh was bi den alten: / geselleschaft. die bosheil lam, / von der l'virt houbetsiech ein man; 'Dcr magczoge', V. 249-250: baeses gesellen L... J / wirt mall gerne haubetsiech; Hadamar von Laber, 'Jagd' 279, 6: dO hast doeh ie gehOret. daz man von baesen gesellen dicke sieche; Meissner X, 8: boeser geselleschqft engildet man vii dick.e. Wcitcrc Nachweise TPMA 'schlecht' Nr. 222-231, Roethe 1887, Anmerkung zu Lied 183, 4; RSM, Register 'Gesellschaft'. 138 daz darchsichtige werit: vgl. Diefenbach Ig57, S.593: tramparens. Also eigentlich: 'das Durchscheinende hindert'. 139 redelichkeid (stF): 'Ratio, Vernunft'. Vgl. Diefenbach Ig57, S. 4g5. So auch unten V. 1415, 1429, 'Weltchronik', Kap. 696 (Storchen gebrichl der redelichkeit) und 452 (Elisabeth reagiert auf die Nachricht vom Tod des Gatten ap sie Ilichl mer redelichkeil helle.). Daneben steht die Bedeutung von redelich als 'tugendhaft' (vgl. nhd. 'redlich'): 'Lob der Keuschheit', V.418, 421, 1773, 2091. Zahlreiche Belege lassen sich nicht eindeutig auf die cine oder die andere Bedeutung festlegen: 'Ritterspiegel' V.416, 747, 1474, 2015, aullerdem V. 2226, n9g und 3559 (redeliche sache fUr iusta causa), V. 2670 (redelich gell), V. 2716 (redelichill geschuslirin [Ijoslieren]). Haufig verwendet Rothe den Begriff auch in der 'Geistlichen Brustspange'.
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141 Die Vorstellung, man kunne am Kurper den Zustand der See1e erkennen, war auch im Mittclalter prasent, siehe z. B. Thomasin von Zerclaere, 'Ocr waIsehe Gast', V. 912-914: Derifp wandelt sich ndeh dem muot.! des lfbes gebaerde uns dicke bescheit, / hat ein man /ieb ode leit. Vgl. auch ebd., V. 923-926 und 947. Sie findet sich noch im 'Cortegiano' Baldassar Castigliones (1506), vgl. dart Kap. XXVII. Vgl.: Wenzel 1990, S. Igl. 142 fromikeid: Rothe verwendet den Begriff from noch nicht in der neuhochdeutschen Bedeutung, die ausschlieillieh mit dem Glauben verkniipft ist,from ist beispielsweise aueh Seneca, V. 1029,2442. Er bedeutet 'tugendhaft' oder 'gut', was aber selbstverstandlich mit dem richtigen christlichen Glauben einhergeht. Mitunter wird die Bedeutung von from priizisiert: V. 1201 einfromer christinman, V. 1246 gloubige frome ritter; V. 3372 frome gotis degin, V. 2626 eynen vemunftigin, fromen man. Den Begrifffromikeid verwendet Rothe V. 2629 synonym mit Tugend (vgl. V. 2665). 143 her ist hier als Adverb zu verstehen. In V. 145 und 147 ist her dagegen
wieder Personalpronomen. 148 Die Stelle spielt auf die freie Wahl zwischen Handlungsoptionen (Willensfreiheit) an, die auch impliziert, dass man sich zurn Outen entscheiden kann.
149-152 Gregor, 'Moralia in lob', CCSL 143A, S. 1097 (Liber XXII, IV.7); PL 76, 216B: !ngenii itaque virtutem ad cognoscendam propriam infinnitatem dirigullt. atque ex iI~firm.itatis suae me/ius cognitione cOllvalescunt. ("Die Tugend des Geistes lenken sie [die Wei sen] auf die Erkenntnis der eigenen Schwiiche, und aus der Erkenntnis ihrer Schwache werden sie umso starker. ")
153-169 Die Reinheit des Glases (169) wird mit der Makellosigkeit des Kiirpers gleichgesetzt. 154 ebin (Adv.), hier: 'sorgfaItig', s. a. V. 182, 300, 341,455,470, 1210, 1610,
1920,2432,2450,2557. Anders verwendet V. 412,723,1863,2172,3043. 155 eigilltlichin (Adv.), hier: 'sorgfaltig', proprie, accurate (vgl. DWb 3, Sp. 102). -In diese Richtung geht auch: 'Lob der Keuschheit', V. 54, vgl. 49-54: III der heilgen scrifft han ichtimdell / das mall di kuscheit l ... j! glichit dissen gemalten slocken / die der kuscheit bilde hy smocken. / da man ir reinen IOgend Ylllle / eychentlichen Miot mach besYlllle. 169 glasus: Der Vokal u kommt in unbetonten Endsilben haufiger vor, z. B. togunt V. 75, abunt V. 3876.
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Kapitel 1
173-174 Mit dem Werkstoff Asche und der Eigenschaft Zerbrechlichkeit wird V. 95f. wiedcr aufgegriffcn. 175 orden trier in der Grundbcdeutung verwendet, im Smne von Gcsetz, Naturgesetz. Dagegen ven.vendet Rothe den Begriff orden / ordin im 'Ritterspieger sonst fill die Zugehorigkeit zu einem Stand oder einer Gruppe: V. 646, 725, 729, 765, 817, 828, 831, 861, 887, 925, 932, 1552, 3323, 3325, 3376, 4035. - Zur Verbindung von Naturgesetz und Stand vgl. z. B. Thomasin von Zcrclaere, 'Ocr wiilsehc Gast', V. 2603-25, V. 2611-14: ein ieglfeh dine sin orden MI., I duz isl. von der naftire nit, / clne alters eine der man / der sfnen ordn niht /wlten lain.
176 Vg1. V. 96f. 177 Ahnlich Ec 3,20: De terra facta sunt, et in terram pariter revertuntur, ("aBe sind sie aus Staub geworden, und aBe werden sie wieder zu Staub,"), Tab 34,15: Deficiet onmis carD sinwl, et Iwnw in cinerem revertetur. C"verscheiden mUsste aBes Fleisch zumal, und zum Staube kehrte der Mensch zurUck,") - Die SteBen werden aueh bei lnnozenz III., 'De miseria conditionis humanae' l, 2 zitiert (PI. 217, Sp. 703B, dort auBerdem Gn 3, lob 30; vgl. aueh 702C: Fonnul.us esl. homo de pulvere, de lulo. de dnere [... J). - Ahnlieh Ps 102,14: [... J reeordul.us esl. quonium puh·is sumus. (103,14: ,,[ ... J er gedenkt daran, dass wir Staub sind."); Ps 103,29: [... J w{teres ,~piritum eorwn. et dlflcient, el in pulverem suum revertentur. (104,29: ",[ ... J nlllmst du ihren Odem hin, so verseheiden sic und werden wieder zu Staub."), Sir 33,10: et omnes homines de solo et ex terra unde creatus est Adam. ("Aueh die Mcnschen alle stammen aus dem Erdboden und aus der Erde, woraus Adam erschaffen wurde," CH). 181-184 Hugo de Folieto, 'Dc claustro animae', PI. 176, Sp.lI06A: Fuge, inquit, in Aegyptum, id est, allende mundwn, considera teipswn, reduc ad men(em tenebras 'veterum delictorwn, tit si vanae gloriae stimulis inciteris, qua lis in mundo fiu'sfi humiliter mediteris, et esto ibi usque dum diaun tibi. id est. non avertas oculos mentis ab intuitu mundani casus, et d~fectu propriae fraflilitatis L... J ("Fliehe, sagte er, nach Agypten, d. h. achte aufmerksam auf die Welt, betraehte dieh selbst, erinnere dieh an die Dunkelheiten der alten SUnden, dam it, wenn der Staehel der vergangliehen Ehre dieh aureizt, du demUtig Uberdenkst, wie du in der Welt warst, und bleibe dort, bis ieh es dir sage, d. h. wende die Augen des Geistes nieht ab vom Anblick der weltlichen Wechseltillle und vom Mangel der eigenen Gebreehlichkeit. ") 181 VOIl der sele clostir: Neumanns Konjektur zu In ist nicht nUtig, wenn sich Rothe nieht auf den Titel der Sehrift, sondem auf die Seele als Thema bezieht.
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185-220 Rothe verwendet hier Contemptus mundi-Argumente, um das Bewusstscin adJigcr tihcrlcgcnhcit zu untcrgrabcn. V. 187-188 sind ironisch gcmcim. Grundgedanken bei Pseudo-Bernhard, 'Meditationes piissimae de cognitione humanac conditionis' III, 8 (PL 184, Sp. 490A): Attende. homo, quid jitisti ante ortuIn (185), et quid es ah ortu usque ad occasum, atque quid eris post hane
vitam (197-19B). Profecto fuit quando non eras: postea de viii materia factus, et vilissimo panllo involutus (201-202). menstruali sanguine in utero materno luisti nutritus, et tunica tua fuit pel/is secundina (20S-20B) [... J Nihil aliud est homo quam !o,penna .tetidum. saccus stercorum. cihus vemliwn (209-212) [... J Cur ergo superbis. homo, (214) [... J postea vennis et cibus vennium futurus in lumulo (217-218)7 Quid superbis, purvis el cinis, cujus conceptus culpa, nasci miseria, vivere poena, mari angustia? ("Sieh an, Mensch, was du vor der Geburt warst, und was du bist von der Geburt bis ZunI Tod, und was du sein wirst nach diesem Leben. Tatsachlich gab es eine Zeit, in der du nicht warst. Dann wurdest du aus schlechtem Material gemaGht und in ein armseliges TUGh gewiGkelt, von
Menstruationsblut wurdest du im Leib der Mutter genailrt, und deine Tunica war die Nachgeburt L... J Nichts anderes ist der Mensch als ekelhafter Same, ein Sack voll Unrat, cinc Spcisc fUr WUrmcr [... J Was brllstcst du dich, Mcnsch, dcr du hinterher Wurm und FraB fUr WUrmer im Grab sein wirst? Was brUstest du diGh,
Staub und Asche, dessen Empfangnis Schuld, Geburt Elend, Leben Pein und Tod Angst ist?''') AhnliGhe Gedanken in der Memento-mori-Literatur, z. B. 'Von des todes gehugede', V. 4~B-491; Tnnozenz TTT., 'Dc miseria conditionis humanae' 11,37; Johannes von Tepl, 'Der Ackermann', Kap. 24. Zur Auffassung der
Ernahrung im Mutterleib ab hiiBlich und ekelhaft vg1. Pseudo-Bernhard, 'Meditationes' II, 4 (PL 184, Sp.487) und Innozenz III., 'De miseria conditionis humanae' I, S (PL 217, Sp. 704): Sed al/ende quo dbo conceplus nulrialur in utero. Profecto sanguine menstruo, qui cessat ex jemina post conceptum, ut ex eo conceptus nutriatur in jemina. Qui fertur esse tam detestabilis et immundus, ut ex ejus contactu fruges non genninent. arescanl arbusta, moriantur herbal', amittant arbores foetus, et si canes inde cmnederint in rabiem eJfenmtur. ("Aber
sieh dir an, mit was fUr Nahrung der Hitus im Uterus genahrt wird. NatUrlich mit dem Menstruationsblut, das nach der Empfangnis nicht mehr aus der Frau austritt, damit mit ihm der Hitus in der Frau genahrt wird. Von diesem sagt man, es sei so ekc1haft und unrein, dass durch seine BerUhrung die Feldfriichte nicht keimen, die StrauGher vertroGknen, die Krauter eingehen, die Baume ihre FruGht
verlieren und die Hunde, wenn sie davon fressen, tollwUtig werden.") 204 in zcid: gemeint ist das zeitlich begrenzte Leben auf dieser Welt. 213-216 Tede leitet einen Exzeptivsatz ein, was Neumann in seiner Konjektur auszudrUGken sucht; in mit ne eingeleiteten Exzeptivsatzen kann die Negation ne ersatzlos fehlen, "wenn der iibergeordnete Satz negiert ist" (Paul 2007, § S 159). Eine fonnale Negation fehlt hier.
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Kapitel2
221-228 lob 7,1-2: Militia est vita homillis super terram, et sicut dies mercenarii dies ejus. ("Ist nicht ein Kriegsdicnst des Menschen Los auf Erdcn" sind nicht wie S61dners Tage seine Tage'?"). - Der von Rothe V.224 formulierte Zweck dieser Rittersehaft, die Ubung des Menschen in Tugenden, ist in der zitierten Stel1e des Buchs Hiob nicht vorgegeben. Er Uisst sich aber aus dem
Kontext der Gesehichte Hiobs ableiten.
Kapitel2, V. 229-408 Das Kapitci fordert dazu auf, die Verganglichkeit des Menschen und der wcitlichen Dinge zu erkennen und sich angemessen dazu zu verhalten. In einer 'wo
sindT -Reihe wird die Hinfalligkeit der Machtigen und ihrer Besitztiimer vorgefUhrt (245-284). Der Mensch ist im Diesseits nur ein kurzer Gast und kann iiber seinen Besitz letztlich nicht verfUgen (2gS-296). Vor diesem Hintergrund fordert der Didaktiker zu tugendhaftem Handeln auf (297-336). Ein Gregorius-Zitat mahnt, die Heilige Schrift als Spiegel zu studieren; mit Bernhard und Gregorius wird zum geistigen Schen aufgefordert, unter Riickgriff auf Cassiodor das Studium der BUcher empfohlen. Den Schriftunkundigen, die ihre Untugenden bekampfen wollen, rat der Text unter Verwendung cines Augustinus-Zitats, dem Vorbild weiser Menschen nachzueifern. Flir diese Lehre wird auch Aristoteles
als Gewiihrsmann angefUhrt (337-40g). Als Quelle verwendet Rothe Uber weite Streeken Bonaventuras 'Soliloquium'.
Stellenkommentar:
231 Die Aufforderung an den Adressaten, sich seine Vorfahren anzusehen, ist ein Hinweis auf dessen adJige Herkunft. Nur in diesem Stand ist cine Kenntnis von def eigenen Ahnenreihe selhstverstandlich vorauszusetzen.
233 solie Bernhard: Die folgende liingere Passage zitiert Rothe aus Bonaventuras 'Solilo'luium'; sie geht aber letztlich auf die pseudo-bernhardinischen 'Meditationes piissimae de cognitione humanae conditionis' zurUck, die Rothe
bereits oben Kap. 1 zu V. 201-218 verwendet. Der Text wird in vielen Handsehriften Bernhard von Clairvaux zugesehrieben, vgl. PL 184, Sp. 48S1486. Namentlieh erwiihnt wird Bernhard auch bei Bonaventura, 'Soliloquium' I, 1 (Opera Omnia VllI, S. 30), II, 2 (S. 45) u. O.
234-236 Bonaventura, 'Solilo'luium' 1,46 (Opera Omnia VIII, S. 44, zitiert aus
l... J CUllcta, quae hie transitorie possidet, velut aliena negligit, cum nihil esse suum, propriutn, nisi quod secum, permaneat, a!?l1oscit.
Gregor, 'Moralia in lob'):
V.229-408
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("l ... J alles, was er hier vorUbergehend besitzt, vernachHissigt er als etwas Fremdes, da er erkennt, dass nidlls sein Eigentnm ist, anrkr was bei ibm blcibt. ") 237-304 Bonaventura, 'Soliloquiwn' 11, 3 (Opera Omnia Vlll, S. 45): l ... J quid sun! mundana olnnia nisi quaedam. valla sotrlnia? (237-240) Quid pro/ilil superhia aut divitiarum iactantia amatoribus .'luis? (241f.) Transierunl enim. omnia lcmqumn umbra (243) [... J Ubi sunt principes gentium (245). et qui dmninati sunt super bestias, quae sunt super {erram, qui argentum thesaurizaverunt et aurum congregaverunt. qui civitates et caslra exslruxerunl, reges el regnu be/lando devicerunt? (249-254) Ubi sapiens, ubi scriba, ubi conquisitor /zuius saeculi? (nicht libcrsctzt) Ubi Salomon sapientissimus? ubi Alexander potentissimus? Ubi Samson jbrtissimus? ubi Absalom speciosissimus? Ubi Assuerus gloriosissimus: Ubi caesares potentissimi: (261-265) Ubi reges et principes inclyti: (266) Quid profuit illis inanis gloria. brevis laetiria. mundana potentia (269). magna familia, camis voluptas (271), divitiarumfalsitas (271), collcupiscentiae suavitas? (270) Uhi risus. uhi laetitia. uhi iactantia, uhi arrogantia, uhi generositas sanguinis, uhi pulcritudo corporis. (273) forma elef!,ans, iuvenilis decor. praedia magna, palatia immensa (277). mundi sapientia? De mundo sunt haec omnia. et mundus quod suum est diligit. et tamen haec omnia cum, m.undo non diu subsistunl. Transibil enim m,undus et concupiscentia eius. lil ergo, .'Ii recte sapis (297-299), si tecum lumen oculorwn est. desine sequi quae consequi miserum, est L... J ("Was sind al1e we1tlichen Dinge anderes als Ieere Traume? Was nUtzte Hoffart oder Stolz auf ReichtUmer ihren Verehrern? Denn alle sind wie ein Sehatten vergangen [... ] Wo sind die Herrseher der Volker und die, die liber wilde Tiere herrschten, die auf der Erde leben, die Silber und Gold sammelten, die Stadte nnd Bnrgen erbanten, Klinige nnd Reiche durch Krieg besiegten? Wo ist der WeiseO Wo der SchriftkundigeO Wo der Eroberer dieser Welt? Wo der allerweiseste Salomon? Wo Alexander, der Machtigste? Wo Samson, der Starkste? Wo Absalom, der SchOnste" Wo Ahaswer, der Ruhlmeiehste" Wo sind die al1ermachtigsten Kaiser? Wo die ruhmreichen KUnige und FUrsten? Was hat ihnen der leere Ruhm genUtzt, die kurze Freude, die weltliehe Macht, der groBe Hofstaat, die Lust des Fleisehes, die Falsehheit der Reichtlimer, die Slilligkeit der Begierde? Wo ist das Lachen, wo die Freude, wo das PrahIen, wo die Eitelkeit, wo die edle Abknnft des Blntes, wo die Schlinheit des Korpers, die elegante Erscheinung, die jugendliche Zier, die groBen LandgUter, die riesigen PaHiste, die Weisheit der Welt'? Aus der Welt sind aile diese Dinge, und die Welt Iiebt das Ihre, und dennoeh bestehen aile diese Dinge mit der Welt nieht lange. Die Welt wird namlich vergehen und ihre Begehrlichkeit. Du aber, wenn du reeht weise bist, wenn mit dir das Licht der [erg.: inneren] Augen ist, hlire auf dem nachzujagen, das zu gewinnen elend ist. ")
286
Kapitel2
238 gegayme (stN): Intensivbildung zu gaume (stF): 'prUfendes Aufmerken' (Lcxer I, Sp, 106lf.), vgL gOUlnen (swV): 'cine Mahlzeit halten, schmccken' (Lexer T, Sp. 1062), gemeint ist ein kurzer Sinneseindruck (aller sinne gawne: 'Sinnestauschung'). 1m Hintcrgrund steht die Vorstellung, daB die Ratio der sinnlichen Wahrnehmung Uberlegen ist. Sinneswahrnehmungen unterliegen 1m Gegensatz zu rationalen UberJegungen der Gefahr der Tauschung. 239 der werlde ring entspricht lat. arbis terrarum. Die Formulierung hat, soweit ersichtlich, keine Parallelen in einem der verwendeten Contemptus mundi -Texte.
241-243 Sap 5,8-9: Quid nobis profitil superbia? aul diviliarum jaclunlia quid cantulit nobis? Transierunt onrnia ilia tmnquam umbra l ... J ("Was hat uns unsre Vermessenheit gentitzt, und welchen Vorteil hat uns der Reichtum mitsamt der Hoffart gebracht? Verschwunden ist das alles wie ein Schalten L... r), zitiert tiber Bonaventura, vgl. Kommentar zu V. 237-304. - Mit sie sind also Hochmut und Hochstimmung, nicht die Jtinglinge gemeint. - Nmlich Ps 108,23: SicUi umbra cum declinat oblatus sum L... J (109,23: "Ich schwinde dahin wie ein Schalten, wcnn er sich neigt [... r); zitiert bei Innozcnz III., 'Dc contemptu mundi' III, I (PI. 217, Sp.735). - T Par 29,15: Dies nastri quasi umbra super terram. ("wie ein Schalten sind unsre Tage auf Erden.") Siehe zn dieser Stelle nnten V. 285. Vgl. auch Ps 10 1,12: Dies mei sieut umhra declinoverunt L... J (Ps 102, 12: HMcinc Tagc ncigcn sich wic cin Schatten."); Sap 2,5: Umbrae enim transitus est tempus nostrum.. ("ein vorliberziehender Schatten ist unsere Lebenszeit. ''') 244 Das Bild vom GlockenkJang (Sterbeglocke?), der vergeht, konnte anderweitig nicht nachgewiesen werden. 245-280 Ubi-sunt-Reihen sind haufig Bestandteil von Contemptus mundi-Texten. Der Topos ist biblisch: Is 33,18: ubi est littemtus? ubi legis verba ponderans? ubi doctor parvulorum? ("Wo ist der Gelehrte, wo der, der die Worte des Gesetzes abwog, wo der Lehrer der Jugend?" CH - Luther und die ZUrcher Ubersetzung haben hier wohl eine andere Vorlage oder tibersetzen freier.) Bar 3,14-1 lJ: Disce ubi sit prudentio, ubi sit virtus, ubi sit intel/ectus, ut scias simul ubi sit longiturnitas vitae et victus, ubi sit lumen oculorum. et pax. Quis inveni! locum ejus? et quis intravit in thesauros ejus? Ubi sun! principes gentium, et qui dominantur super beslias quae sunt super terram? qui in ({vibus caeti ludunl, qui argentum thesaurizant, et aurum. in quo conjidunt homines, et non est jlnis
acquisitionis eorum? qui argentum fabricant, et solliciti sunt, nee est inventio operwn illorum? Extemltnati sunt, et ad i11feros descenderunt, et alii loco eo rum surrexerunt. (Luther 1912: "So Ierne nun rechte Weisheit, auf daB du erfahrest, wer es sei, der langes Leben, GUter, Freude und Frieden gibt. Wer weiB, wo sie wohnt? Wer ist in ihr Kfunmerlein gekommen? Wo sind die Flirsten der Heiden
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und die, so tiber das Wild auf Erden herrschten, die da spielten mit den Vogeln des Himmels, die Silber und Gold sammelten, darauf die Mensehcn ilrr Vertrauen setzen, und konnen sein nimmer satt werden? (Denn sie erwerben Geld und sind geflissen darauf, und doch ist alles vergeblich.) Sie sind vertilgt und zu den Toten gefahren, und andere sind an ihre Statt gekommen. ") I Cor 1,20: Uhi sapiens? ubi scribal ubi conquisitor hujus saeculi? (,,\Va ist der Weise? Wo der Schriftkundige? Wo der Eroberer dieser Welt°" CH). - Unmittelbare Vorlage fUr die Ubi-sunt-Reihung ist hier Bonaventura, 'Solilo'luium ' , S. 45, s. o. zu V. 237. - A1mlich Isidor, 'Synonyma' II, 91 (PL 83, Sp. 865): Brevis est hujus mundi felicitas, modica est hujus saeculi gloria. caduca est et fragilis temporalis potentia. Die ubi sunt reges? ubi principes? ubi imperalores? ubi locupletes rerum? ubi potentes saeculi? ubi divites mundi? quasi umbra transierunt, velut somnium evanuerunt. ("Kurz ist die Freude dieser Welt, begrenzt ist der Ruhm dieser irdisehen Zeit, hinthlLig und zerbreehlieh ist die zeitliehe Macht. Sag, wo sind die Konige, wo die FUrsten? Wo die Herrscher? Wo die an Besitz Reichen? Wo die Machtigen dieser Zeit? Wo die Reichen der Welt? Wie ein Schatten sind sie vergangen. wie ein Traum sind sie entschwunden.") - Vgl.: Gilson 21955, S. 31-38; Hiiltgcn 1959; Liborio 1960.
252 getruwin: 'Glauben, Vertrauen'. Orientiert sieh die Formulierung Rothes an Me 10,24: d{fficile est, cOl~fidentes in pecuniis, in regnum Dei introire? 255 Der Begriff ebinture (aventiure) kommt im 'Ritterspiegel' auBerdem vor V. 50g, 960, 116g, 1691 und 4034, immer auf den Krieg bezogen, z. B. V. 960 ehinturlichin iifochtin han, V. 1691 dez krigis ebinture.
261-264 Salomon, Samson und Absalom: Diese drei N anlCn sind geradezu sprichwortlich miteinander verbunden. Ahaswer ist aIs weiterer in dieser Reihe nur bei Bonaventura aufgenommen, zitiert oben zu V. 237. - Pseudo-Bernhard: 'Cur mundus militatl De eontemptu mundi' (PL 184, Sp. 1315; die Stelle ist auch enthalten in 'De mundi vanitate', S. 147): Dic, ubi Salomon. olim tam nobilis? / Vel ubi Samson est. du.x in vincibilis? / Vel pulcher Absalon. vultu tnirabilis? / Vel dulcis Jonathas, multum amabilis? Bernhard von Morlas, 'De contemptu mundi', S. 9 ztihlt ncben Absalom, Salomon und Samson noeh Caesar, Moses und Mefhusalem auf. - In der mittelhoehdeutsehen Lclrrdiehtung vgl. z. B. Freidank, 'Beseheidenheit' 104, 22-24: Addm und Sams6n, / Davit und Salom6n / die heten wil-heit unde kraf!; Vintler, 'Blumen der Tugend', V. 7243-45: hiet ainer aUe weisheit f!ar, / die David het und Salomon. / und wiir als starck als Sampson; Wittenwiler, 'Der Ring', V. 4112-16: Wo ist der weis her Salomon. / Mit seiner schdni Absolon. / Samson mit der f!rossen crafl. / Des !when Alexanders macht, / Aristotel mit seinr list? - Zu Materialien im Sangsprueh vgl. RSM, Bd. 16 (Register), Namen 11.
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Kapitel2
261 Salomons Weisheit: 111 Rg 10,23-24: Magnificatus est ergo rex Salomon super omnes reges terrae diviliis el sapientia. EI universa terra desideraba{ vultwn Salomonis, ut audiret sapientiam ejus, quam dederat Deus in corde e.jus. ("So wurde der Konig Saloma grosser an Reiehtum und Weisheit als alle Konige auf Erden. Und alle Welt begehrte Saloma zu sehen, um seine Weisheit zu horen, die ibm Gatt ins Herz gelegt hatte. ") - Siehe auch III Rg 11,41; II Par 1,11; II Par 9,22; Mt 12,42. 262 Absaloms Schonheit: IT Sm 14,25: Porro sicut Absalom. vir non erat pulcher in olnlli Israel, et decorus nimis: a vestigia pedis usque ad verlicem. non eral ill eo uUa macula ("In ganz Israel aber war kein Mann um seiner Sehonheit willen so zu preisen wie Absalom: von der FuBsohle bis zum Seheitel war kein Fehl an ibm. ") 263 Samsons Starke: Ide 13-16. Die SWrke Samsons wird durch die Proben Delilas gepriift (Ide 16,6-14) und zeigt sieh besonders daran, dass Samson nur mit seinen Handen ein Haus zu Fall bringt (Ide 16,28-30). 264 Ahaswers Reiehtum zeigt sieh an einem prachtvollen Festmalll, vgl. Est 1,1-9. 269-272 Die Stelle geht letztlieh auf die 'Meditationes piissimae' des PseudoBernhard zuriick, Rothe zitiert aber wohl indirekt aus Bonaventuras 'Soliloquiunl', S.45, wo sie leicht abgewandelt wiedergegeben ist, vgl. oben zu V.237-297. In den 'Meditationes' III, 9 (PL 184, Sp.491B) heisst es: Quid profuir illis inanis gloria. brevis laeliria. mundi potentia, camis voluptas, falsae divitiae, magna familia, et mala concupiscentia? l ... J De ilia exsultatione ceciderant in magnam. miseriam., in f!,randem. ruinam. et in nWR'la tonnenta. ("Was niitzte ihnen der leere Rnhm, die kurze Freude, die weltliehe Macht, die fleisehliehe Begierde, falseher Reiehtum, eine groBe Familie und schlimme Begierde L... J. Aus dieser Ausgelassenheit helen sie in groBes £lend, in gro/les Ungemaeh und gro/le Folter. ") 285 I Par 29,15: Peregrini enim. sumus coram fe, et advenae, sieut omnes patres nostri. Dies Ilostri quasi umhra super terram., et nulla est mora. ("Denn wir sind
Gaste und F remdlinge vor dir wie alle unsre Vater; wie ein Sehatten sind unsre Tage auf Erden, ohne Hoffnung.") - Ps 118,19 (Septuaginta): 1l1cola ego sum in lerra L... J (Ps 119,19: ,,leh bin ein Gast auf Erden L... J") 286 Vgl. Hugo von Langenstein, 'Martina' 145,72-73: Mensche dv hist hie ein gast / Vnde wenest sin ein wirt.
V.229-408
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287 Ps g9, 10: L..• J dies annorum nostrorum in ipsis septuaginta anni. Si autem in pOlentatibus octoginta (mni, et amplius eorwn labor et dolor; quonium supervenit mansuetudo. et corripiemur CPs 90,10: .,Unser Leben willITet sicbcnzig Jahre, und wenn es hoeh kommt, sind es achtzig Jahre, und das meiste dran ist Miihsal und Besehwer; denn eilcnds geht es vorUber, und wir fliegen dahin.") 288 geherle (swV): 'dauern, ausdauern, sich behaupten'. Vgl. 'Weltchronik',
Kap. 164, 'Lob dcr Kcuschhcit', V. 3378. 293-294 Ps 38,7 (Septuaginta): Verumtamen in imagille pertransit homo; sed et frustra conturbatur: thesaurizat, et ignoral cui congregabil ea. (Ps 39, 7: "Nur wie ein Schatten geht der Mensch einher, macht Uirm um ein Nichts, Muft zusammen und weiss nicht, wer einsammeln wird. ") Zitiert auch bei Hugo de Folieto, 'De claustro animae', PL 176, Sp. 10280. Vgl. Mt 6,19. 295-296 Vgl. Pry 16,9: Cor homillis dispollit viam suam, sed Domini est dirigere gressus ejus. ("Des Menschen Herz denkt sich einen Weg aus, aber der Herr lenkt seinen Schritt. ") Denkbar ware, dass in V. 295 eine Verschreibung vorliegt und es heiBen sollte in unsin herczin. 295 ullsin: Zur r-losen Bildung des Possessivpronomens unser im Mitteldeut-
schen vgl. Paul 2007, § E 34 (3.3. Nr. 1) und § M 43, Anm. 2.; vgl. auch aben 287. Das r taucht dagegen auf V. 3180. 305 Enzcebistu zu mild. entseben: 'wahrnehmen', vgl. Lexer I, Sp. 585. RUck-
bezug auf die Spiegelmetapher in Kapitel I. 313-328 Ocr Text richtct sich hier explizit an Machtige und nahert sieh deutlicher als sonst der Fiirstenspiegcltradition. 329-336 Auch Nichtadlige steigen durch Tugend auf, vgl. ausftihrlich Kapitel 3. Tugend fOrdert hier nicht nur religiose, sondern auch deutlich sakulare Werte. 33() edele sad: 'hinreichend edel', sad ist Adverb, entsprechend lateinisch satis, vgl. Diefenbach 1857, S. 514. A1mlich unten V. 3818. Sa auch verwendet bei Luther, vgl. Register zur WA 'satt' Ill. 333 subirlichkeid ist als abgcleitctes Substantiv so nur bei Rothe bclcgt, vgl. V.2027, 'Lob der Keuschheit', V. 339, Ilg6. Suber hat sowohl eine iisthetische wic auch cine moralischc Qualitat. Einc latcinischc Entsprcchung ist ncbcn pulcher auch sincerus, Diefenbach 1857, S. 536.
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Kapitel2
337-344 Gregorius l11iberitanus (Bischof von Elvira 359-3(2), 'In cantica canticorum', PL suppL 1, Sp. 501: Sciptura sacra quasi quoddam ,~peculwn mentis opponilur, ut inlenw noslra ipsa videcmtur [... J (.,Man stcllt sich die Hciligc Sehrift wie einen geistigen Spiegel gegeniiber, damit man sein Inneres selbst sehen kann [... ]") (vgL Sehleusener-Eiehholz 1975, II, S. 873). Ganz iihnlieh bei Gregor dem GroBen, 'MoraIia in lob' II, I (PL 75, Sp.553): Sciptura sacm mentis oculis quasi quoddam speculum opponitur L••. j, ut intema nostrafacies in ipsa videatur. Vgl. 'Geistliche Brustspange', V. 2007-09: sich in den spigel der heylgen schritft, L... j unde erkenlle dyner sele antzlice dar yllne. VgL wm Thema 'spirituelle Wahrnehmung' Largier 2003. 353-364 VgL Pseudo-Bernhard, 'Meditationes piissimae' IV, 16 (PL 184, Sp. 496): 0 quam felix esses. si spiritualibus ondis semel in/ueri posses. ("Oh, wie glUcklich wHrest du, wenn du mit geistlichen Augen einmal anschauen konntest. ") 365 SeTUe Gregorius: Die Stelle konnte nieht naehgewiesen werden. 371 gescherhit: mhd. scharhen, scherhen. schirhell (swV), sind allesamt mit der Bedeutung 'in Stiicke brechen' belegt, vgL Lexer II, Sp.662, 707 und 754. Eventuell ist gemeint, dass die Spiegelwirkung verloren geht, indem das Glas zerbrieht; damit wird die makellose Bleisehieht zerstiirt. 1m Rahmen der Spiegelallegorie verweist das Bild auf den Tad (die Seele wird vom Korper getrennt). 375-376 Die Stelle lasst sieh aueh auf den 'Ritterspiegel' selbst beziehen, till den damit eine sehriftliehe Rezeption angesetzt ware. 376 Zu dae getichte vgL V. 2648, dort verbaler Ausdruck. 377 Ahnlieh Cassiodor, 'Dc institutione divinarum et saeeulariunl litterarunl', Praefatio (PL 70, Sp. lI08C): [... ] legite (precor) assid"e. recurrite diligenter. Mater est enim intelligentiae frequens et intenta meditatio L... j Quapropter oremus ut nohis aperiantur iUa quae clausa sunt, et ah studio legendi nullatenus ahscedamus ("leh bitte euch, lest bestandig, und lest aufmerksam wriick. Denn die Mutter des Verstehens ist ein haufiges und aufmerksames Meditieren iiber den Text L... j. Lasst uns deshalb beten, dass uns das erMfnet werde, was verborgen ist, und dass wir vom Studium des Lesens nie ablassen. ") 389-392 So nicht in 'De civitate Dei' enthalten; vielleicht rekurriert die Stelle iiber ein Sekundarzitat auf XXII, 23, wo es ausftihrlich um den Kampf des Menschen gegen Versuchungen und Laster geht.
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390 sanwitzkeid (stF): 'Gewissen', LehnUbersetzung zu conscientia. Zur Verwendung des Begriffs bei Rothe vgl. 'Lob der Keuschheit', V. 589, 1443,3796, 5609. Haufig auch in der 'Geistlichen Brustspange'. 393-394 Vg1. Augustinus, 'De civitate Dei' XXll, 23: l... J Ile illprohum aut indecens uerbum libenter audiatur [... ] (,,[ ... J dass nieht ein ruehloses oder unschickliches Wort mit Beifall geMrt werde l .. T). 400 grabill (stV): hier in der Ubertragenen Bedeutung 'nach etwas l"rschen', vgl. DWb g, Sp. 1554.
401 Zur Stelle Uihnemann 2002, S. 194. 405-408 Vgl. Petrus Alfonsi, 'Disciplina Clericalis', S. 10, 13-19): Vt. l ... J AristatUes in epistola sua quanl Alexandra regi c01nposuit meminit: qui cwn ab eo quereret quem sihi ex hominibus cOllsiliariuln facerel, taliter per epistolam re-
spondit: Accipe. oil, talem, qui septem liberalibus artibus sit instructus, induslriis seplem eruditus, septem ecimn probitatibus edoctus, et ego heme estimo
perfectam esse nobilitatem. (,,[ ... J wie Aristoteles in seinem Brief an den Konig Alexander erwillmt. Als dieser ihn fragte, wen er von seinen Leuten zum Ratgeber nehmen solle, antwortete er ihm brieflich so: Nimm einen, der in den sieben freicn KUnstcn bcwandcrt, in den sieben Gcschicklichkcitcn crzogcn und
in den sieben Tugenden unterwiesen ist, das halte ieh tlir vollkommenen Adel. ") Auf die Stelle greift Rothe unten V. 2621-36 in grollerem Umfang zurUck. 407 Die Form fm taucht im 'Ritterspiegel' sonst nicht auf; flir das Personalpronomen im Dativ steht die Form eme, V. 56 u. o.
Kapitel3, V. 409-564 Das Kapitel behandelt die Mogliehkeiten sozialen Aufstiegs (oder Abstiegs). FUr den Aufstieg 'lom Leibeigenen zum Konig wird folgendes Sieben-GenerationenModell vorgclegt: Lcibeigene werden freigclassen und kaufen unfreie Giiter, die sie als reehtsehaffene Bauern bewirtsehaften (409-416). Ihre Kinder ziehen in die Stadte und dienen an den Hiifen der Herren. Wenn sie sieh im Kanlpf als tauglieh erweisen, bclclmt ihr Herr sie mit freien Giitern (417-427). Deren Kinder wiederum konnen, wenn der Besitz einigermaBen groB ist und sie dienstfertig leben, zu Rittern geschlagen werden (4n-432). Erwerben sie Burgen, dann steigt die Familie in den erblichen Adelsstand auf (433-436). Wenn sie Lehen verleihen konnen und rittermaBige Manner unter sich haben, die bereit sind, ihnen zu dienen, werden ihre Kinder zu Grafen erhoben (437-442). Als nachstes
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Kapitel3
konnen sie durch Belehnung oder durch eine andere Weise des Erwerbs von llirstlichem Landbesitz zum Fiirsten werden (443-448). Stirbt dann der Klinig oder Kaiser und wird neu gewHhlt, kann, wenn Gottes dies will, der letzte Schritt dcs sozialen Aufstiegs vollzogen wcrden (449-451). Die Beschreibung des idealen Aufstiegs in sieben Generationen kommentiert Rothe mit def Bemerkung, man konne ehenso rasch auch wieder sozial ahstei-
gen, wenn man sieh Wricht yerhalte, untugendhaft sei und Versprechen und Treue nicht halten wolle. Bestand garantiere allein die Weisheit (452-464). Dies gibt Anlass, Hinger tiber die Weisheit zu reflektieren (465-496). Liber die Wandelbarkeit des GlUckes habe bereits Seneca geschrieben (497-52g), und auch Saul, David und Nebukadnezar seien aus sozial niedrigem Stand zum Klinigtum aufgestiegen (529-54g). Hannibal habe Rom mithilfe der romischen Frauen und von Raubcrn und Hirten verteidigt, von denen viele cdlc Klinigc und anderc Adlige abstammten (549-560). Das Kapitel endet mit einem Restime zur graBen Bedeutung des Tugendadels (561-564). Zum Kapitel siehe Kopp Ig19, S. 1-42; Petersen 1909, S. g9-94.
Stellenkommcntar: 409 Die 1. Generation: Lcibcigcnc werden frei gclasscn und sind dann frcic
Bauern. Eine solche Freilassung war moglich als Gnadenakt, ohne Entgelt, oft fUr hesondere Leistungen, oder aber gegen Entge1t (Henning, Art. 'Leibeigen-
schafl', in: lHRG 2 [1978], Sp. 1770). 410 Die Formulierung mil der hant fry gebin diirfte sieh an das latcinische e nwnu mittere anlehnen. Ob es sich urn eine Rechtsgeste analog dem Handgang bci der Belehnung handelt (commenda!io) oder cinen einfaehcn Handschlag, konnen wir nieht nachweisen. 412 ebin (AdY.): 'passlich', ygL V. 2172: sUbir und L... ] golde, Also em daz IVai ist ebin, Hhnlich V. Ig63. Sonst kommt ebin im Text in der Bedeutung 'sorgfiiltig' vor (Kommentar zu V. 154). - erin: Neumann und Bartsch konjizieren ohne Not yom Plural zurn Singular.
413 Ein 'unfreies Gut' ist mit Abgabepfliehten belastet, im Gegcnsatz hierzu friguthir (vgl. V. 426). - "Bauern spielten im Reichslehenswesen keine Rolle, doch sind sie in einer Reihe von Territorien als Lehnsinhaber in groBerer Zahl nachweisbar. Sie hielten so genannte Zinslehen inne, von denen sie anstel1e militlirischer Dienste einen jahrlichen Geld- oder Naturalienzins leisteten. Obwohl sieh der Rechtseharakter dieser Zins- oder Beutellehen somit stark an die
V.409-564
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Ublichen bauerlichen Leiheformen anlehnte, wurden sie wie echte Lehen behandelt uud mit diesen zusammen in den LclmsbUehern verzeiclmet." (SpielJ 2002, S.24). - giithir: variante Formen im 'Ritterspiegel': gUthe (V.414), guthe (Y.418). 417 Warum Rothe in der 2. Generation die Kinder der freien Bauern in die Sttidte ziehen laBt, geht aus dem Text nieht eindeutig hervor. Denkt er an den Tapas, dass "Stadtluft frei macht",? (Petersen 1909, S. 91) - Ist mit dem Adjektiv redelich (V. 416) eine besondere Qualittit (,VernUnftigkeit, Tugendhaftigkeit') zur Begriindung aufgetlihrt? 418 vorschojJin: 'schose von etwas geben, Abgaben lcisten', vgl. DWb 15, Sp. 1596, und 25, Sp. 1146; vgl. zur Etymologie auch Kopp Ig19, S. 19. Offenbar handelt es sieh bei dem Lehen, das der BUrger der Stadt innehat, aueh noeh um ein abgabepflichtiges Lehen (siehe hierzu Goez / SpieB, Art. 'Beutellehen', in: 'HRG 1 l2008J, Sp. 558/559). Der 'Saehsenspiegel' stand der Belehnung von Biirgern ebenso wie von Bauern ablehnend gegenUber (Spiell, Art. 'Lehnsfahigkeit', in: 'HRG 2 l1978J, Sp. 171Of.), doeh in der Praxis war fiir Stadtbiirger die Erlangung eines Lehens sehr wahl moglich (Spiell 2001, S. 10111). Biirgerlehen waren zumeist Passivlehen und die Lehensobjekte nutzbare Reehte wie Hafe, Hufen, Zins- und Zelmtrechte (Schulze 42004, S. 86).
42() Fiirsten garantieren die stadtische Freiheit. 421 Die 3. Generation ist nun waffenfahig, und ihre Vertreter dienen an einem Herrenhof. Sie sind sogenannte 'Mittelfreie' (lat. Entsprechung: liberti"us, DWb 12, Sp. 2397; auch: mediocriter liheros). 422 Neumann konjiziert den zu der in Anpassung an den Plural in V. 423: en sieh zeu dinste dan gebin. Bei Rotlles oft inkonzinner Syntax nieht natig. 426 Vnter einem 'Freilehen' oder 'Freigut' versteht man ein privilegiertes, von allen oder manchen Abgaben und Dienstptlichten befreites Lehen (DRW III, Sp. 748 und 789), vgl. 'Saehsenspiegcl' 73 § 2: ein .ii-ie gud, da nymanl ezinsrechl ane en had. Der Tod des Herrn Wste ebenso wie der des Vasallen den Riiekfall des Lehnsgutes aus, sodass das Lehen erneuert werden musste (sog. 'Mutung'), vgl. Schulze 42004, S. g2. Vererbung war moglich, aber der Tad eines Yasallen ohne Erben ein hHufiger Anla" fUr das Freiwerden eines Lehens (SpieB 2002, S. 49). Er eroffnete die Chance fur bisher nicht mit Freilehen ausgestattete Ritter, ein sokhes zu erlangen. Vgl. zur Vergabe von Freilehen an Ritter Y.797-798.
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429 In der 4. Generation werden die Kinder zu Rittern geschlagen. Voraussetzung hicrfiir ist cin grolkrcr Bcsitz. Ocr Bcsitz ist nicht nur zur Entfaltung von Pracht erforderlich. Mit ihm gehen Herrschaftsrechte einher, wie Vogtei-, Gerichts-, Bann- oder Jagdrcchte (SpieB 2001, S. 10). Ocr Besitz war auch notig, urn die mit dem Rittertum verbundenen Aufgaben fLir die Landesverteidigung wahrnehmen zu konnen. FUr die Aufnahme in den Ritterstand werden aullerdem hei den Kindern hestimmte Charaktereigenschaften gefordert. 432 Der Ritterschlag setzt sich in Deutschland erst im 14. J ahrhundert durch, Ublich war zunachst die UmgUrtung mit dem Schwert, vgl. Spangenberg 1594, f. 333b; Erben in: Zcitschrift ftir Historische Waffcnkundc 8 (1918-20), S. 113; zur Schwertleite s. u. zu V. g25-g60. 433 Die 4. Generation erwirbt nach der Ritterweihe SchlOsser (Rittergut,feudum militare). Solche Burglehen (vgl. Spiell 2002, S. 35) verpflichteten nicht zur allgemeinen UnterstUtzung des Lehensherren, sondem waren vor allem mit der Pflicht zur Verteidigung der Burg verknUpft. Burgmannengenossenschaften konntcn bcsondcrc Privilcgicn crlangcn. Nach wcitcrcr Bcwahrung crhti!t dic Generation erst hier das Attrihut edil, womit nur hoher Ade1 gemeint sein kann. 437 Unter einem manlehin versteht man ein unter der mannlichen Nachkommcnschaft crblichcs Lehen (Lexcr T, Sp. 2033; DRW TX, Sp. 141-143).
441-444 Die 5. Generation bekommt den Grafentitel verliehen. Er setzt neben der mit dem Besitz einer Burg einhergehenden aktiven Lehensfahigkeit auch voraus, class man sich im Kriegesdienst bewHhrt hat. Rothe geht hier von der a!ten Vorstcliung aus, dass Grafen nur yom Reich crnannt werden konnen, da sic Amtstrager sind. Einige dieser Grafen werden 'FUrstengenossen', d. h. sie stehen im gcselischaftlichcn Verkeltr mit Fiirsten auf einer Ebenc. 439 sich vorzcihin: 'sich entfernen' (Lexer TTl, Sp. 319).
445 Der Ubergang zum Fiirstenstand wird nicht ausdrucklich in eine neue Generation hineinverlegt. Nachdem bereits die Grafen eine tUrstengleiche Stellung einnehmen konnten, ist die Belehnung durch den Kiinig die Voranssetzung tUr die Aufnahme in diescn Stand. 448 Flickverso Adressatenauredeo Oder wird ein Rechtsproblem angesprocheno 449-451 In der 7. Generation kann eine Wahl zum Konig oder zum Kaiser eIfolgen; damit ist der Aufstieg abgeschlossen. - Die Darstel1ung Rothes ist in der vorliegenden Form, in sieben aufeinander folgenden Generationen yom
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Leibeigenen zurn Konig oder Kaiser, sicher nicht realistisch. Wohl aber sind
einzclnc Schriuc des sozialcn Aufstiegs auch aus anderen Quellcn bclegbar. SpieB 2001 nennt Beispiele fUr den Aufstieg vom Soldknecht zum Ritter infolge der Bewahrung im Kampf, auBerlich deutlich durch die Bclehnung mit einem Rittergut (5. 3-4), aber auch die Moglichkeit des Aufstiegs durch Bildung (S.4-6) und den Aufstieg in den Adel aus dem sttidtisehen BUrgertum heraus. Der sozialen Wirklichkeit entspricht es auch, dass Rothe den Aufstieg sehrittweise in mehreren Generationen darstellt (vgl. SpieB 2001, S. g-9, 19-20; Hemmerlin, 'De nobilitate', f. 60v). Der Aufstiegswille wird in der zeitgenossischen Bewertung keineswegs nur positiv beurteilt (Schreiner 1997, S.244-246, 250-253, 256-257). Dagegen ist die Erhebung aus einer niedrigen Position durch den Willen Gcttes ein beliebter Topos, vgl. Lc 1,52: Depasuit patentes de sede. et exaltavit humiles und Ps 112,7: Suscitans a terra inapem. et de stercare erigens pauperem, vgl. Schreiner 1987, 5.247-248. - Sozialer Aufstieg ist in der Literatur als utopisches Gegenmodell zur SWndegesellschaft wei taus hiiufiger als in der Realitat zu finden (Honemann 2001, S. 27-48, vgl. de la Cuadra 2000). Schreiner 1997, S. 256, hiilt wie Petersen 1909, S. gl, die Oarstellung Rothes till wirkliehkeitsfremd. Tn den Quellen finden sich verschiedene Einteilungen des Adels, z. B. Hemmerlin, 'Dc nobilitate' , Kap. 12. Er favorisiert Kap. 14 glcichfalls cine siebenstufige: I. K(inige, 2. Fiirsten (principe,,) 3. Grafen (comites), 4. Barone, 5. proceres (vasalli), diese konnen andere Adlige zu Lehnsleuten haben, 6. Niederadlige, die zwar lehnsfahig sind, aber keine Vasallen haben konnen, 7. Briefadlige, Gives nobiles, adlige BUrger, die aufgrund ihrer LebensfUhrung und ihrer Herkunft Adelsrang beanspruchen konnen. Der 'Sachsenspiegel', Art. III teilt anders ein: 1. Konige, 2. Bischofe und Abte, 3. LaienfUrsten, 4. Freie Herren, 5. Schiiffenbarfreie und Oienstleute Freier Herren, 6. deren Oicnstleute.
452 Rothe wendet sich gegen das Konzept cines (ausschlieBlichen) Geburtsadels. 454 Mit der Kenntnis von den Aufstiegsmoglichkeiten verbindet der Autor sogleich auch die Moglichkeit des Wiederabstiegs. Adel steigt auf und fililt. Oas Bild vom Rad der Fortuna klingt bereits hier an; vgl. unten Kommentar zu V.513. 457 Torheit, Verlust der Tugendhaftigkeit und Bruch der neue sind die zentralen Fehler, die in Rothes Darstellung zum Verlust der Herrschaft flihren. 463 uzrichte: entspricht lat. instruere, apparare, exsequi, mhd. selten belegt, vgl. OWb I, Sp.935-938. Bei Rothe aueh V.295, 1903,2646,2755,3055,3486, 3715,3727; 'Landeschronik', S. 1, Z. 4 u. 0.; 'Lob der Keuschheit', V. 95 u. o.
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1m folgenden fUhrt Rothe in sein Konzept von Tugendadel als zentralen Wert die Weisheit ein, die den Bestand des Adels siehern soil. 465 Die auf die Nennung Senecas als Autoritat folgende Stelle gibt Senecas Generalthemen Gelassenheit und Streben nach Weisheit wieder. Eine genaue Entsprechung der Stelle konnte nicht ausfindig gemacht werden. Vgl. 'Purgoldt'sches Rechtsbuch', Buch IX, Kap. 68: Seneca ,Ipricht: [... J eyn weyser man sail im [dem Geist] seyn lieb undt seyn leydt nymmerzcu nahe genemen [ ... J Nur vage llimIich ist Seneca, 'Dc tranquilitate animi' II, 3-4: Quod desideras autnn magnum et summum est deoque 'vicinum, non coneuti. [ ... J Ergo quaerimus quomodo animus semper aequali secundoque cursu eat propitiusque 8ihi sit et sua laetus (l,~piciat et hoc gaudium non interrumpat[ ... ] (.,Was du am mcistcn
und hochsten und Gatt Nahes begehrst, ist die Seelenruhe. l ... J Also fragen wir, auf welche Weise der Geist immer in gleichmtilliger und glUcklicher Bahn Hiuft und sich se1bst gewogen ist und das Seine fruhlich anschaut und diese Freude nicht unterbricht. ") 471 vor hen: temporaIes Adverb 'vorher, zuvor' (Lcxer III, Sp. 469).
473-480 Ahnlich Seneca, 'Epistolae morales ad Lucilium', Ep.76, 35 (Reynolds, S.244): Ideo sapiens adsuescit ji.f(uris malis, et quae alii diu patiendo leviafaeiunt, hie leviafaeit diu cogitando. Audimus aliquando voces inperitoruln dieentiwn; 'seiebam hoc mihi restare': sapiens seit sibi omnia restare; quidquid
factum est, dicit 'scieham' (Rauthe, Buch IX, S. 33: "Deshalb gewohnt sich der Weise an zukUnftige Ubel, und was andere durch langes Ertragen leicht machen, macht dieser durch langes Bedenken lcicht. Wir hliren manehmaI Stimmen von Unerfahrenen, die sagen, 'leh wullte, dall mir dies noch bevorstand.' Der Weise weill, daB ibm noeh alles bevorsteht; was aueh immer gesehehen ist, er sagt 'leh wuBte es. "') Die Stelle ist leicht verandert aufgenommen bei Martin von Braga, 'De quattuor virtutibus eardinalibus" S.239: Si prudens esse cup is, in futura prospeetum intende, et quae possunt canting ere, animo tuo euneta propane. Nihil tibi subitwn sit sed totum ante pnMpicies. Nam qui prudens non dicit:
" Non putavi hoc fieri, " quia non dubitat sed exspectat, nee suspicatur sed eavet. ("Wenn Du klug sern willst, richte den Blick auf Kiinftiges und stelle Deinem Geist alles, was eintreten kann, vor Augen. Niehts treffe Dieh unerwartet, viel-
mehr wirst Du alles voraussehen. Denn der Kluge sagt nieht 'leh daehte nieht, dass das kommt', weil er nieht zweifelt, sondern erwartet, nicht argwlihnt, sondern sieh hUtet.") Zusehreibungen des Textes an Seneca sind seit dem 10. Jahrhundert belegt, Henkel in 'VL 8 (1992), Sp. 1083-84. - unglucke (swV): Ais Verb nur spatmittelaIterliche Belege, vgl. Lexer lJ, Sp. 1846.
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475 smucke (swV): Intensivum zu smiegen (vgl. Lexer II, Sp. 1017); daher hier 'sieh gegen das Ungliiek stemmen'. 483 lisle: hier schon im neuhochdeutsehen Sinn gebraueht CHinterlis!') (so auch V. 1027, 1208,2124,2272 und 3223), nieht i. S. v. 'Klugheit' (wie noch V. 645, 1234, 3943). - Gemeint sind vielleicht die Listen, die der Feind im Kampf anwendet und die ein weiser Feldherr schon im Vorfeld erahnt (vgL unten V. 2334, 2349 und 3797). 495 gelimphlichill (Adj.): zu gelimpf (sIM): 'angemessenes Benehmen'.
497-518 Seneca, 'Epistolae morales ad Lucilium', Ep. 44, 4 (Reynolds, S. 114): Platon ait neminem regem non ex seJ1Jis esse oriundwn. neminenl non seJ1.'um ex regibus. Omnia ista Zonga varietas miscuit et sursum deorswn fortuna versavit. (Loretto, Bueh V, S. 13: "Platon sagt, keinen Konig gebe es, der nicht (auch) von Sklaven, keinen Sklaven, der nicht (auch) von Konigen abstamme. All dies hat eine lange Reihe von Wechseltillien durcheinandergewirbell und der Zufall murrter und miiber gebracht.") Die Stelle ist auch zitiert bei Hamesse, 'Auctoritates Aristotelis', S. 278, Nr. 79, und geht zuriick auf Platon, 'Theaitetos' 174e175a. Zur Stelle s. a. Petersen 1909, S. 55. 500 luue: Unmotivierter Sprung yom Prasens ins Prateritum. 502 sinen naturin: Plural ungewOlmlieh, eher Singular wie Neumann, vgl. V.511. 505 enzciln: mittcldeutsche Variante zu einzel (Monophthongierurrg lei! zu lei, vgl. Paul 2007, § E 34 Nr. 1). 'Einzc!n' ist wahl als Kontrast zur Fanlilie als Gruppe gemeint, auf die sich ja der Adcl sonst stiitzl. 506 mil detn erslin all: ahnlich V. 486. Bartsch argumentiert in den Anmerkungen zu seiner Ausgabe (S. 221) datur, an als Praposition ahnlich wie in V. 2390 zu schen; cs als avus zu vcrstchcn, .,v.."chrc die dann niitigc starke Flexion". 508 ehinturlich: vgL auch V. 960, 1168,4034. Die Angabe von Lexer 1, Sp. 106, zu avenliurlich: 'voll ungewohnlicher dinge' passt in keinem Fall. Hier ist wohl eine Charaktereigenschaft des Adligen, etwa im Sinne von 'risikofreudig', in Anlehnung an ritterliche avellliuren gemeinl. - DWb I, Sp.27: ,,Mit diesem abenteuer nun verkniipft sich stets die vorstellung eines ungewohnliehen, sellsamcn, unsichcrn crcignisscs oder wagnisscs, nicht nur cines sch\vcrcn, ungcheuern, unglticklichen, sondern auch artigen und erwiinschten. '"
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513 wandilberkeid: lat. varietas, vgL Diefenbach I gS7, S. 607. Zitiert noch bei DWb 27, Sp, 1573; dagcgcn wundel: variabitilas, 'Wandclbarlieh' stellt das DWb zu varie, mobiliter, mutabiliter, - Die UnbesUindigkeit des GlUckes ist ein antikes Motiv. Es ist bereits da mit dem Bild des Rades verbunden, an dem die personifizierte Fortuna dreht und so ein Auf und Ab in der sozialen Hierarchie verursaeht. Die antike Vorstellung wurde von den frUhen Kirehenviitern (Tertullian, Laetanz) bekiimpft. Dureh Boethius' 'Consolatio Philosophiae' wird die Vorstellung von Fortuna mit dem GlUcksrad als Vollzieherin des gottlichen Willens im ehristliehen Mittelalter populiir und ist weit verbreitet. - Zum Mati v der Fortuna in der Literatur vgl. die Beitrage bei Haug / Wachinger 1995.
528 edilkeid (stF); im 'Lob der Keuschheit', Y. 3092, 3700 'Yartrefflichkeit', V. 5060 'Kostbarkeit'.
529-560 1m folgenden gibt der Text Exempla fUr den Aufstieg durch Fortuna und Yerdienst an und zeigt, wie man durch mangelnde Tugend wieder absteigen kann. Biblisch sind die Geschichten von David und Saul, aus der Historiographie cntlchnt ist die Abstanlmung dcr riimisehcn Konige Julius, Tiberius und Oktavi an von Rliubern und Hirten und wahrscheinlich auch Nebukadnezars Findlingsstatus. - Aueh Bonaventura, 'Commentarium in Evangclium Lueae', e. I (Opera Omnia 7, 1895, S. 33, zu Lc 1,52) stellt die alttestamentliche K(inige Saul und David als Beispic1c fUr die Erhcbung der Nicdrigen dureh Gatt vor. Ebenso Hemmerlin, 'De nobilitate', f. 61v. Ygl. zum Aufstieg eines Hillen zum Konig auch V. 14gl-gg. Eine Aufziihlung verschiedener biblischer Stellen zum Aufstieg findet sieh auch im Purgoldt'sehen Rechtsbueh, Bueh IV, Kap. 1.
529-532 Sauls Aufstieg: I Sm 9,3: l'eriemnl uulem asinae Cis palris Saul: el dixit Cis ad Saulfilium suum: Tolle tecum unum de pueris. et consurgens vade. et quaere usinas. ("Nun gingen einst Kis, dem Vater Sauls, die Eselinnen verloren. Da sprach Kis zu seinem Sohne Saul: Nimm doch einen von den Knechten mit dir und mache dich auf, geh und suche die Eselinnen. ") Die Suche nach den Eselinnen fiihrt sie in die Stadt zum Seher Samuel. Der Herr hat Samuel bedeutet, Saul zum Herrscher zu machen (I Sm 9,17), was er spiiter auch tut, I Sm 10,1: Tulit aaton Samuel lenticulam olei, et effudit super caput l?;jus: et deosculatus est eum, et ait: Ecce Uluit te Dominus super haereditatem suam in prillcipem l ... J ("Dann nahm Samuel die Oelflasehe und goss sie tiber sein Haupt aus, ktisste ihn und sprach: Hat dieh nieht der Herr zum Fiirsten tiber sein Yolk Israel gesalbto")
533-536 I Sm 17,20: Surrexit itaque David mane. et cOllunendavit greflem custodi: et onustus ahiit, sicut praeceperat ei lsai. Et venit ad locum Magala, et ad exercitum., qui egressus ad pugnam voc~leratus erat in certamine. ("Da machte
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sich David am Morgen in cler FrUhe auf und Uber1iess die Schafe einem HUter,
dann Iud er auf und ging hin, wie ihm Isai geboten hatte. Er kam eben znr Wagenburg, als das Heer sieh in Schlachtordnung aufstellte und man das Kriegsgesehrei erhob. ") Zu Davids Kanlpf gegen Goliath s. u. V. 1137-48.
537-540 Sauls Absetzung wird besehrieben T Sm 15,10--11: Factum est autem verbum Domini ad Sam.uel, dicens: Poenitet m,e quod constituerim Saul regem: quia dereliquit rne, et verba lnea opere non irnplevit. C.,Oa erging das Wort des
Herrn an Samuel: Es reut mieh, dass ieh Saul ZUllI Konig gemaeht habe; denn er hat sich von mir abgewandt und meine Befehle nicht vollzogen.") Vg1. auch T Sm 15,19 und I Sm 15,22.
541-544 Act 13,22: [... ] et amoto illo, suscitavit illis David reg em: cui testimonium perhibens, dixit: Inveni Davidfilium. Jesse. virum. secundum, cor meum,
quifaciet omnes voluntates meas. ("Und naehdem er ihn [Saul] verstossen hatte, setzte er ihnen den David zum Konig ein, fUr den er aueh Zeugnis gab und sprach: 'ich habe David, den Sohn des Isai, als einen Mann nach meinem Herzen
erfunden, der allen meinen Willen tun wird. "') 541 Davidis demud: Davids Verhalten wird in der Bibcl sclbst nieht mit dem Attribut der Demut versehen. Eine sokhe Verbindung legt aber z. B. Bonaventura (wic obcn Kommentar zu V. 529-560) nahe, wenn er den alttestament1ichen Herrseher in eine gedankliche Verbindung zu Lc 1,52 bring!. Dort auch Lc
14,11: quia omnis, qui se exaltat. humiliabitur: et qui se humiliat, exaltabitur. Davids Demut zeigt sich vor allem irn Kontrast zum Hoehmut Goliaths und der Philister, vg1. z. B. 'Glossa ordinaria' zu TIT Rg 17: Goliath vera superbiam diaboli signi:ficat [ ... J David [... J Christus [... J Provocavit superbia hwnilitatem
diabolus Christum. S. a. Bernhard von Clairvaux, 'Dominica IV post pentecosten Dc David et Golia, et quinque lapidibus', VIII, S. 474-481. 545 Nabuchodonosor: Gemeint ist hier wohl der Konig von Babel, vg1. Dn 1-5. Der Findlingsstatus Nebukadnezars ist nicht biblisch, nieht bei Petrus Comestor in der 'Historia Scholastica', nicht in der 'Weltehronik' und nicht in der 'Landeschronik' zu linden. - Nebukadnezar ist als Exempcl fiir die Wandclbarkeit der herrscherliehen Macht generell gut geeignet, aueh ftir den Verlust der hohen Wiirde und des Verstands, vgl. Dn 5,18-20: 0 rex. Deus altissimus regnum el magnijicentimn, gloriam et lwnorem dedit Nabuclwdonosor patri tuo. Et propter
magn{{icentiam, quam dederat ei, universi populi, tribus, et linguae trenwbant, et metuebant eum: quos volebat, inteJficiebat: et quos !'olebat. percutiebat: et quos volebat, exaltabat: et quos vole bat, humiliabat. Quando autem elevatum est cor ejus, et spiritus illius ohfirmatus est ad superhiam, depositus est de solio reglli sui, et gloria ejus ahlata est: et a filiis hmnillum ejectus est, sed et cor ejus
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cum bestiis
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POSitUiIl
est l ... J (,,0 Konig! der hOchste Gott hatte deinem Vater
Nebukadnezar Kiinigswiirde und Griisse, Ehre und Majestat gegeben, und ob der Grosse, die er ihm verliehen, zitterten und bebten vor ihm die Volker aller Nationen und Zungen: er Wtete, wen er wollte, und liess am Leben, wen er wollte; er erhohte, wen er wonte, und erniedrigte, wen er wollte. Ouch als sich sein Herz Uberhob und er hochmUtig ward his zur Vermessenheit, wurde er von
seinem konigliehen Throne gestiirzt, und seine Ehre ward ihrn genommen. Er wurde aus der Gesellschaft der Menschen ausgestossen, sein Sinn wurde dem eines Tieres gleieh. ")
546 ante: 3. Sg. Prat. zu enden (swV). 549 Di Romer irslug: NeunJann konjiziert zu einem partitiven Genitiv (Der Romer irs lug). Die in def Handschrift verwendete Formulierung passt besser zum weiteren Geschehen und der Argumentation Rothes: Da Hannibal im 2. Punischen Krieg aile hoehrangigen Romer Wtete, konnen die kiinftigen romischen Herrscher von mannlicher Seite her nur von den zu Hilfe genommenen
Hirten und Raubern abstammen. - In der 'Wcltehronik' , Kap. 56, sprieht Rothe von 44.000 toten Romern.
552 verteidigung Roms durch Frauen: 'Weltchronik', Kap. 57: Alsso Rome gestanden hatte funif hundert "nde 43 jar. do qwam aber Hanibal vor Rome "nde Hiolde is gewynnen unde vorstoren. do qH!Omen die Ratner yn f!,rosse }llrchte. unde die l-veibissnalnen troten uf die 1nuwern zu were. 555 'Weltchronik', Kap.57: Scipio habe in der hoehsten Not die den GOttern geopferten Harnische aus den Tempcln genommen und damit die Leibeigenen, also Hirten, Marder und StraBenrauber bewaffnet unde nwchte die zu rittenl alsso Romulus ouch vor getlwn hatte. unde gap on die reichen Romerynnen zu der ee, L... J. do gnvan die vorzweyvelte stat ~'veder trost. Nu spricht alsso Urosius: Wer zu der zeit die r01nischen ritter gesehn unde gekant hette, der were do von zu schem,eden komen, ~'venn is Mias ent?)1.Jer eyn kynt ader eyn fundelyngk
ader eyn kouffelingk ader eyn morder ader eyn b"se ader eyn scherer ader vorschulde, eyn logener ader der gleichen. - Einc andere Siehtweise auf die Entwicldung in Rom zeigt V. 781-812: Dort wird die Entwicldung des RittertunIS und seine Vorbildlie1tkeit in Rom geschildert. Die niedrige Herkunft der bedeutenden Fcldherren und Kaiser findet dort keine Erwaltnung mehr, stall dessen wird Julius als einer der ausgezeichneten vorbildhaften Ritter dargestellt. Petersen 1909, S.75, kritisiert Rothes Umgang mit vorbildern aus Rom als "kompilatorische Inkonsequenz." Es sollte allerdings beriicksichtigt werden, dass die Textstel1en einander nicht widersprechen: Die Herkunft der RUmischen Kaiser von Hirten ist ja auch hier nicht als Makel dargestellt.
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558 Julius (100-44 v. Chr.), Tiberius (Kaiser von 14-37 n. Chr.), Oktavian (*63 v. Chr.; Kaiser von 27 v. Chr. bis 14 n. Chr. unter dem Namen Augustus). Die chronologisehc Abweichung ist wohl reimbedingt. 563 Tugendadel ist das zentrale Konzept, das hinter den Aufstiegstiberlegungen steht. Tugendadel steht dem Geburtsadel nicht entgegen, vielmehr erganzen sich beide Konzepte. Wer von Geburt her adlig ist, wird durch die Vorbilder tug endhafter Aufsteiger sclbst zu standesgcmallcm tugendhaften Verhalten motivicrt. Thgend ist fUr Rothe etwas, was in der Seele wirkt. Vgl.: Borck 1978; Honcmann 1984; Oexle 1990; Knapp 1995; Schreiner 1997; Graf 2005.
Kapitel4, V. 565-724 Tn diesern Kapitel werden heraldische Fragen und die Heerschildordnung behandell. Grundsatzlich sind Wappen Zeichen till die Zugehorigkeit zum Adelsstand (579-592). In mehreren Anlauten werden die auf Wappen auftauchenden Farben, abstrakten Zeichen und konkreten Bilder erortert. Am wichtigsten ist hier das Thema der hierarchischen Abstufung (vgl. 593-612). Grundgedanken referiert Rothe in diesem Kapitel sehr waluscheinlich nach dem Wappentraktat des Bartolus de Saxoferrato. Zur konkreten Wappengestaltung werden diverse Regcln angcftihrt. Neben neutralen Kombinationsregcln (613-616) nennt Rothe als Motivation flir die Bildwahl Tugenden des Tragers (573f.; verschiedene Tierund Pflanzenbilder 637-668). Die Abstarnrnung oder bestirnrnte Taten schlagen sich in Ehren- und Schandwappen nieder (Ehrenwappen 617-620; Bastardwappen 621-628; Schandwappen 629-636, 673-676; alter Adel 669-672). Uber den Adler irn kaiserlichen und koniglichen Wappen leitet das Kapitel Uber auf die sieben Heerschilde mit ihrer Systematisierung der gesamten Adelspyramide (677-712), an deren Basis ein frei und ehelich Geborener aufgrund von Verdienst eingegliedert werden kann (713-724). Quellen werden nicht genannt. Zurn Kapitel siehe Petersen 1909, S. 95-112; Huber 2009.
Stellenkommentar: 565 Zu den Herrschaftsrechten Adliger gehort auch das FUhren von Wappen (Paravicini 1994, S. 14-16 und Register; SpieB 2002, S. 13). Dabei scheint in Deutschland das FUhren von Wappen nicht klar geregelt gewesen zu sein. Die vorliegende Beschreibung Rothes hat Quellencharakter. Es handelt sich urn die erste literarische Niederlegung heraldischer Regeln in deutscher Sprache.
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Kapitel4
Quellenfrage: Die Auslegung der Wappen, die sag. Wappenblasonierung, wird traditioncll von Herolden vorgenommen, ihre Kunst miindlieh tradiert. Mittclalterliche deutschsprachige Quellen gehen nur punktuell auf heraldische Fragen cin (Zips 1966), am umfassendsten noeh Konrads von Wiirzburg 'Trojancrkrieg'. Das iiltcstc Wappcngcdieht, der lateinisehc 'Clipearius Teutonieorum' Konrads von Murc (vor 1264, enthaltcn in Hemmerlins, 'Dc nobilitatc' ) ist auf die kunstgereehte Wiedergabe rnogliehst vieler Wappen konzentriert, besehreibt aber nicht die Regeln der Auslegung und kommt als Quelle hier nicht in Betracht. Der Mitte des 14. Jahrhunderts entstandene Traktat 'De insigniis et armis' des Bartolus de Saxoferrato diirfte Rothe bekannt gewesen sein, bietet aber gleiehfalls keine systematische Auslegung der auf Wappen verwendeten Symbolik. Die friiheste schriftliehe Oberlieferung der Interpretation von Wappen ist, neben dem 'Ritterspiegel', der "fraite du Blason', nach 1416, und des Herolds Sieille (Jean Courtois) 'Le blason des eouleurs', 1435. Rothe geht auf die Interpretation von Wappen aueh im 'Lob der Keusehhcit' V. 4924-5599 cin. Dort konzcntricrt cr sieh auf die Ausdeutung cinzclner Wappcnticrc und nimmt auf konkrctc Einzclwappen Bczug. 567 eyn lei!: Vollstandigkeit bei der Auflistung heraldiseher Regeln ist offenbar dureh den Autor nieht intendiert. 568 Also ez heschrihin di aldin: Der Yerweis auf sehriftlich ll'adiertes ist hier nicht eindeutig zu beziehen. Er kiinnte die These meinen, dass zum Adel Tugenden gehoren. 1m Sinne des Wappenrechts konnten die bei Bartolus de Saxoferrato gebotenen Belegcorpora oder altere sehriftliehe (oder miindliehe) Wappenbeschreibungen anzitiert sein (vgl. Huber 2009).
573-574 Die Auslegung der Wappen !auft auf Tugenden zu, S. a. Y. 565. Diese Zuspitzung ist in der mittelalterlichen Wappenkunde sonst nieht iiblieh. Auslegung einzelner Wappenbilder in diesem Sinne unten Y. 653-676. 575-576 Man benennt den Adligen nach seinem Wohnort oder nach seinem Wappentier. Zwischen heiden Formen der Namengebung sind Interferenzen moglich - so kann die Wahl des Wappentieres auf einen vorher gepragten Orts-
namen zuriickgehen. Die Wahl des Wappentieres naeh dem Familiennamen, die in der Forsehung als ilaufiger Fall angesehen wird (Galbreath/Jequier, dt. Neubecker 1990, S. 92 und 275), gibt Rothe nieht an. 577-578 Rothes Einteilung der Wappenzeichen in Bilder von Tieren (Y. 572), von Pflanzen (Y. 661ff.) oder von nicht Lebendigem (Y.577f.) usw. hat Entsprechungen bei Bartolus de Saxoferrato (Huber 2009, Anm.29).
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578-592 Oas Tragen eines Wappens gleich welcher Farbe und Symbolik signalisiert fUr Rothe die Zugehiirigkeit zum Adcl. Dem steht die Existenz von BUrger- und Bauernwappen entgegen: Wappen bUrgerlicher Familien lassen sich
ab dem 13. lahrhundert naehweisen (Biewer 1998, S. 172). Diese sind haufig mit Werkzeugen oder Haushaltsgegenstiinden bebildert (Seheibclreiter 2006, S. 81). Rothe legt solche Wappen als Schandwappen aus, V. 673-676. 580 gefriget werdin: Rothe fasst das Wappen seiner Herkunft nach als eine Auszeichnung auf, die mit der Erhebung in den Adclsstand einhergeht. Dagegen kennt Bartolus de Saxoferrato (Cavallar, S. 110) auch die freie Wahl des Wappens, ebenso Spangenberg 1594, f. 304b.
580-592 Exkurs: kurze Zusammenfassung von Informationen aus Kapitel 3. Zum Adcl zahlcn nur Personen mit freien Lehnsgiitem, die das Land verteidigen. Sie leisten ihren Beitrag zur Gesellschaft nicht durch Steucm, sondem durch persiinlichen Einsatz im Kampf. Entsprechend Bartolus de Saxoferrato werden hier Wappen als insignia dignit"tis vel officii aufgefasst (Cavallar, S. 109,7). Vgl. Huber 2009, Anm 27. 585 sack: hier in der engeren Bedeutung 'Gcldbeutcl', gemeint ist also das Zahlcn von Abgaben.
593-612 Zur Terminologie: Auf Wappen sind sieben Tinkturen zugelassen: flinf Farben (rot, blau, grUn, schwarz und purpur) und zwei Metalle (Gold und Silber). Rothe verwendet den Begriff 'Farbe' tlir aile Tinkturen, auch tlir die beiden Metalle (vgl. V. 597). Aul>erdem kann ein Schild mit Pelzwerk verziert sein; bei Rothe spiel! dies jedoch keine Rolle. Die Farben kiinnen sich auf der Grundflache (dem 'Feld') oder auf dem Wappenbild CBild') befinden. Als 'Fcld' bezeiclmet man sowohl den Hintergrund eines Bildes als auch cine Flache ohne Bild. 593-596 Gold und Silber sind de facto auf allen Schilden vorhanden (GaIbreathlJCquier, dt. Neubecker 1990, S. 92), soweit es sich nicht urn Phantasiewappen handel! (Scheibeireiter 2006, S. 35). Es gilt die Regel ,,Farbe auf Metall, Metall auf Farbe". Die Griinde ftir diese Regel sind nicht klar, oft wird die bessere Sichtbarkeit angetlihrt (z. B. Galbreathllcquier, dt. Neubecker 1990, S. 56; Seyler I WlO, S. 127). Scheibelreiter 2006, S. 35, nennt als weitere Maglichkeiten "ins Sakrale gehende Bedeutungen" und handwerklich-praktische GrUnde. Rothes hier ausgeflihrte Begrlindung ist dagegen normativer Natur: Nur Wappen, die Gold oder Silber enthalten, gelten als Adelswappen. Gold und Silber kannen durch gelb und weill ersetzt werden.
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Kapitel4
597-616, 641-644 Der Text enthiilt Regeln fur die Struktur von Wappenbildern. Die Anordnung der versehiedenen Elemente auf dem Wappen weist auf die unterschiedliehe DigniWt ihrer Trager. So ergibt sieh eine Rangfolge der Trager untersehiedlicher Wappen. 597 Vg1. Bartolus de Saxoferrato, 'De insigniis et armis' 24, S. 117, mit Autorittiten. Silber ist dart nieht aufgezahlt. 598 Auf alten Sehilden ist grtin sehr sellen (GalbreathlJequier, dt. Neubecker 1990, S. 92; Scheibelreiter 2006, S. 39). Theoretische Schriften maehen zur Farbe 'griin' untersehiedliehe Aussagen: In Bartolus' Traktat 'Dc insigniis et armis' ist 'grUn' als Wappenfarbe nicht mit aufgelistet. Ocr 'Trait6 du blason' legt ihr spezifische Tugenden bei, S. 324: Synople, en vertu, signifie Amour, Honneur et Courtoise. Der Herold Sicille zahlt grUn als Wappenfarbe mit auf, erwahnt aber auch die Tatsache der GeringschHtzung: La den/iere couleur en annoirie est verd, qu'o" diet sinople; qui signifie boys, prez, champs et verdure. Et pour ce qU'elle n'est 1n)-'e comprise ne comptie es quatre es!ernens, elle est reputie par auleull" Ie moins nohle (Cocheris 1860, S.46). ("Die letzte Wappenfarbe ist griin, die man aueh sinople nennt; sie symbolisiert Holz, Friichte, Feld und Laub. Und weil sic nicht zu den vier Elementen gehort und zahlt, wird sic von einigen als weniger edel angesehen.") - Allerdings ist griin aueh die Farbe der Stauffer (Becker 1978; Cavallar 1994, S. 81). Sie ist folglich in italienischen Stadtwappen haufig zu finden. Diese sind jedoeh keine Adelswappen. 601 gudir varwe zewo: Entweder sind die oben eingefiihrten zwei Metalle gemeint oder alle Farben mit Ausnahme von 'griin'. Gold und Silber konnen entgegen der Regel durehaus gemeinsanl auf einem Wappen vorkommen; das bekannteste Beispiel hierfiir ist das Wappen des Kreuzfallferstaats Jerusalem (goldene Kreuze auf silbernem Grund). Auch hierbei handelt es sich jedoeh nicht um ein Adelswappen. Seyler 1890, S. 127, gibt an, Gold und Silber auf einem Wappen vereint bedeute, dass der Trager sich in einem Kreuzzug ausgezeiclmet habe. 605 So aueh Seyler 1890, S. 126. Wappen mit mcllf als zwei Farben sind auf alten Sehilden selten (Galbreath/J6quier, dt. Neubecker 1990, S. 99; Scheibclreiter 2006, S. 36). - Ocr thiiringische landgrafliche Leiwe, weill und rot gestreift in blauem Schild (vgL Siebmacher, Bd. I, I. Abteilung, 4. Teil, S. 41-43), verstOllt mit seinen drei Farben gegen das Ideal Rothes. Es ist jedoeh kaum anzunehmen, dass Rothe dieses Wappenbild abwerten will. Yermutlieh war sieh Rothe der Konsequenzen der Anwendung seiner heraldisehen Regeln auf den landgraflichen Uhven nicht bewusst, und das Landeswappen stand flir ihn Uber der Kritik.
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606 Was unedle GegensUinde sind, gibt unser Text exemplarisch Y. 673-676 an. - Die Handschrift hat urspriinglieh unendelich, dies wird aber dort korrigiert in unedelich. Neumann dagegen korrigiert hier zurUck und setzt unendelich ('wertlos') uud als cntsprcehcnden Reim V. 608 schendelich ein. Darnit vcrschiebt cr die Akzentuierung. 607 Die Yerwendung des Plurals bezieht sieh auf versehiedene Abbildungen des Wappens.
608 schedelich: 'Schaden bringend, schtidlich' (lat. noxius; noxialis; damnosus; obf"clurus. pemiciosus). Der Unterschicd zu schendelich ist nur graducll. - Vgl. auch Y. 676. 613-620 FUr geteilte Wappen nennt Rothe hier Regeln der Gestaltung. Fraglich ist,ob es hier wirklich nur noch urn die Interpretation vorhandener Wappen geht,
oder ob nicht eher die Produktion eines moglichst hochwertigen Wappens beschrieben wird. Adressaten wtiren dann Personen, die die Macht haben, Wappen zu vergeben oder zu erhohen.
613-616 Die Strophe ist nicht leicht zu verstehen, problematisch ist insbesondere Y. 615: Der hunt ist felt do sundirlic". Zentral ist der Begriff hunt: Bech liest biunt, cine Bczeichnung fur die Umfriedung eines GrundstUckes, hier vcrstanden als die Zusarnmenfassung der beiden Schildhalften, Bech in: Germania 6 (1 g61), S. 54. Dagegen argumentiert Uberzeugend Petersen 1909, S. lOS. Petersen versteht staU dessen hunt als eine "im Ubrigen nicht belegte Bezeichnung der oberen Schildhtilfte" (S. 106, so auch Neumann, S. 112) und interpretiert folgendcrmaBcn: "Wcnn dcr Schild gcteilt wird, sei es quer odcr der Uinge nach, dann ist entweder die obere Htilfte oder die rechte Seite die vornehmere. Da aber Fcld vornchmcr ist als Bild (V. 64lf.), so blcibt der vornehmere Tcil Fcld. Und da die vornehmste Frn-be gold ist, so ist das Wappen das vornehmste, das in
seiner oberen oder rechten Htilfte ein goldenes Feld hat." Entsprechend wUrde er Y. 615f. Ubersetzen: ,,1st der obere Teil ausschlieBlich 'Feld', lege auf den anderen ein Bild." Zur Yornehmheit von oben bzw. rechts Bartolus (Cavallar, S. 116f., Z. 292f.): premitto. quod locus prior et locus superior est nohilior iI~feriori et posteriori. ("Ich schicke voraus: der vordere und h6here Platz ist edler als der untere und hintere.") - Die Deutung bleibt hypothetisch, solange hunt nicht sicher zu bestimmen ist. - Unabhlligig hiervon ist die Konjektur Neumanns zu sehen, die versucht, den syntaktischen Anschluss von Y. 615 eindeutiger zu fonnulieren.
617-636, 645-652 Wappen kUnnen verandert werden (vg1. Scheibelreiter 2006, S. 119-121). Zu unterscheiden sind die Individualisierung eines Farnilienwap-
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Kapitel4
pens einerseits und die WappenHnderung infolge von YerHnderungen des so-
zialcn Prestiges andererseits. Rothe nennt im folgenden aussehlicl,lich A.nderungsgrUnde, die in der Person des Tragers liegen und mit seinen Taten oder seiner Ehre zusammenhangen. Seine Auswahl von Ehrenzeiehen und Symbolen der Sehande ist sclektiv. 617-620 Ehrenzeichen: Langs geteilte Sehilde zeigen mr Rothe eine ehrenhafte Tat des nagers an, wenn die reehte Seite mit Silber oder Gold besetzt is!. Die heraldiseh reehte Seite ist aus der Perspektive des Betraehters die linke. 621-636 'Schandwappen' signalisieren in der Regel die uneheliehe Abstammung. Rothe zahlt zu i1men auch Wappen, die infolge einer Tat gegen das Reieh oder die Christenheit verschlechtert wurden. Die uneheliehe Abstammung wird normalerweise dureh den 'Bastardbalken' dargestellt (Seheibeireiter 2006, S. 91; Galbreath/Jequier 1990, S. 240; Fox-Davies 1969, S. 89). Rothe gibt als Zciehen fUr Niehtehclichkeit die verbundenen Augen des Wappentieres an. Dies scheint eine lokale Besonderheit zu sein: Landgraf Albrecht von Thiiringen Iiell 1287 seinen illegitimen Suhn Apitz durch den Konig fUr ehelich erkHiren und ihm das Wappen den bunten doryngischen lel1-'eJl mit eyme he/me obir das houpt gesturzt zu eyme ullderscheide der unelichen gebort geben CWeltchronik', Kap.545). Rothe nimmt im 'Ritterspiegcl' auf das Ereignis zwar nieht ausdrUeklich Bezug, dUrfte aber daran gedaeht haben. Diese Kennzeiehnung ist sonst nieht Ublieh. 628 Das Wappen ist zwar grundsatzlieh ein ererbtes Zeiehen, doeh wurde es bei mHnnliGhen Familienmitgliedern individualisiert. Nur das Familienoberhaupt behiclt das Wappen unverandert, wahrend seine S6hne und BrUder es dureh 'Beizeiehen' CBrisuren', franz. brisures) mehr oder weniger abanderten (Galbreath/Je(IUier 1990, S. 235; Scheibelreiter 2006, S. 89-91). 629-632 Es ist nicht klar, ob der Strich durch den Schild an das Vorausgehende ansehliellt und ebenso wie die verbundenen Augen des Wappentieres als Bastardsymbal anzusehen ist oder ob er mr Rothe auf eine schlechte Tat hinweist, wie sie in den folgenden Versen 633-636 genannt wird. Der 'Bastardbalken' tlihrt von (heraldiseh) links aben naeh rechts unten. Er wurde allerdings selten benutzt, stattdessen konnte sich der Bastard auch ein eigenes Wappen wahlen, das sich deutlich von dem des Vaters untersehied (Fox-Davies 1969, S. 89). Vgl. zum Bastardbalken z. B. Spangenberg 1594, f. 313r: sonslfind"l man oifi,
das zu ernidrigung eines Stamms oder Gesell/eeilts dure" dos Erbwappen ein strich, bende oder strusse von der rechlen herab schlimms bi;/J untenzur lincken eingefiiret und also ~vas im Schilde stehet mercklichen zerschnitten worden.
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632 zeu erst: gemeint sein kann 'vor der Geburt' oder 'mit der Tat'.
637-676 Rothe ordnet einzelnen Wappenbildern symbolische Bedeutungen zu. Dies tut beispiclsweisc auch Spangenbcrg 1594, f. 334v-337v: Vim bedeutung der l-Vapell vnd was sieh die VOIl Adel ein jeder he.", seinem wapen erinnern sol. Die Bedeutungen einze1ner EiJder unterscheiden sich dort aber stark von denen bei Rothe. Die neuere Forschung zur Heraldik steht der Existenz einer eindeutigen symbolischen Bedeutung der verschiedenen Wappenbilder einhellig skeptisch gegeniiber (Biewer 1998, S. 131; Scheibelreiter 2006, S. 150; Seyler 1890, S. 135). Die Zeichen seien aber wohl mit Bedacht gewtihlt (Seyler, ebd.). Scheibclreiter 2006, S. ISO: "Am besten fahrt man wohl, wcnn man in solchen Wappen die Yeranschaulichung positiver Werte des Rittertums siehl. l ... J Einfache Glcichsctzungen von der dargcstcllten Figur und danlit vcrkiirpcrtem Wert sind jedenfalls kaum miiglich." Rothes Art der Interpretation bestatigt diese These. Die Auswahl der interpretierten Bilder durch Rothe erfolgt nach Kategorien, deckt aber insgesamt ein breites Spektrum der moglichen Wappenbilder abo Auf Hhnliche Weise wie hier, allerdings unter Bezugnahme auf eine groBere Zahl von einzclnen Bildern und auf konkrete Wappen, verfiihrt Rothe im 'Lob der Keuschheit', V. 4924-5599. 637-640 Wilde Tiere stehen fUr Tapferkeit (reehle mallheid), signalisieren also cine zcntra1c rittcr1ichc Tugcnd. 641-644 Die Passage schlieBt inhaltlich an V. 616 an. Die Beschreibung der Struktur eines Schildes und der darnit verkniipften Dignitat des Wappens wird fortgefUhrl. 643-648 Gold und Silber sind fUr Rothe anntihernd gleichwertig; jedoch kann auch durch Vcrdicnst das Silber auf dem Schild nicht in Gold verwandclt wcrden. Petersen 1909, S. 125f., gibt an, Gold stehe dem Ritter als Zeichen nach der Schwertleite zu, Silber dagegen sei das Symbol ererbten Rittertums. Rothe denke dabei vielleicht an die bei den Ritterorden geltende Auffassung, dass Silber dem Knecht, Gold dem Ritter zukommt, und dass sich mit dem Ritterschlag Silber in Gold wandie (Petersen 1909, S. 107). 645-652 Anschluss an Y. 620. Leistung fUhrt zur ZugehOrigkeit zum Stand (ordill), aber nicht zur Berechtigung, als Standeskennzeichen die Farbe 'gold' zu tragen. - List ist positiv konnotiert: 'geistige Leistung, Konnen'; zum Begriff S. a. Kommentar zu Y. 483. 649-652 Rothe will ein nicht ausgeiibtes Rittertum durch Deklassierung im Wappen anzeigen. Die Ansicht, dass die Farbe 'gelb' eine Minderung des ei-
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gentlich in das Wappen gehorigen Goldes anzeigt, ist anderweitig nicht belegt, in Wappenbeschreibungen ist immer nur von 'gold', nie von 'gclb' die Rede. Die Wahl zwischen den Alternativen scheint vielmehr yom venvendeten Material abhangig zu sein (Fox-Davies 1969, S. 55).
653-656 Anschluss an V. 640 (wilde Tiere). Zahme Tiere und Vogel stehen flir se!~ftmutikeid
(lat. hlandities, lenimen. mansuetudo, m.itea). Mit dieser Aussage geht eine Akzentverschiebung im Adelsbild einher; jetzt ist nicht mehr der Kampfer, sondem der gute Herrscher dargestellt, abnlieh unten V. 1607-38. rechte
657-660 1m Gegensatz zu dem Symbolgehalt der zahmen und wilden Tiere ist die Bedeutung der Fische nicht unmittelbar einleuchtend. Yerschiedenes wird verbunden. Der Trager des Wappens handelt schnell, samt und klug. 659 riseh (Adj.): 'hurtig, schnell' (Lexer IT, Sp. 457); s. a. V. 3454.
661-664 Blumen stehen fUr Ruhm. Yg1. die Anspielung auf laudative CgeblUmte') Rede. 665-668 Blatter, Krauter, Baume und Friichte stehen allgemein ftir Hljfischkeit und Zuch!. 667 obirlud: Der Begriff verweist darauf, dass diese Qualitaten offentlieh besWtigt werden.
673-676 Werkzeuge und Hausrat weisen auf bUrgerliche Wappentrager hin (Galbreath/Je(IUier 1990, S. 44f.). Wahrscheinlich zielt Rothe auf die Abgrenzung des Adels zum Biirgertum ab. Handwerkliche Tatigkeiten sind dem Adligen grundsatzlich nicht erlaubt, vgl. unten Y.2197f. - druwe entspricht mhd. drouwe (stF): 'Bedrohung, Kummer', vg1. Lexer J, Sp. 469. 677 Die Heerschildordnung bezeichnet eine vor allem fUr das Lehensrecht maBgebliche Rangordnung innerhalb des Ade1s. Entsprechend den sieben Weltaltern kennt der 'Sachsenspiegel', Art. III, sieben Stufen innerhalb der Heerschildordnung: 1. Konige, 2. Bischofe, Abte und Abtissinnen, 3. weltliche Reichsflirsten, 4. Freie Herren, 5. Schoffenbarfreie, Dienstleute der freien Herren, 6. deren Dienstleute. Der siebte Heerschild ist nicht eigentlich dem Adel zuzurechnen. Sehr ahnlich wie der 'Sachsenspiegel' stellt auch der 'Schwabenspiegel' die Heerschilde dar. - Rothe weicht von dieser Darstellung deutlich ab. Bei ihm sind die sieben Stufen: 1. Kaiser und Konig, 2. ErzbischOfe, 3. Fiirsten, 4. Grafen, 5. Bannerherren, 6. Edle, 7. RittermaBige. - Altere Darstellung zum Heerschildsystem im 'Ritterspiegel' bei Petersen 1909, S. 79-94. - Zahlreiche mittelhochdeutsche Quellen sind zusammengestellt bei Seyler 1890, S. 3-13.
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678 di aldin buchir: Vermutlich bezieht sich dies auf die Vielzahl von Rechtsbiiehern, die auf die Heersehildordnung eingehen.
68() uzgeticillil1: Die Wortwahl ist uugewohnlich. Vielleicht soli eine Parallele zur Interpretation der Wappenfarben und -bilder angedeutet werden. 681 Der den Kaiser vertretende Doppeladler erscheint in den Siegeln der ReichssUidte seit dem 12. Jahrhundert und auf den Miinzen Kaiser Friedrichs IT., aber der Unterschied zwischen dem doppelkopfigen Adler des Kaisers und dem einkopfigen Adler des romischen Konigs festigt sich erst in den Siegeln seit 140 I, obwohl er schon in der Walford Roll von 1275 erscheint (Gritzner 1902, Korn 1969). Die Stelle wird fUr die Datierung des Ritterspiegels herangezogen: Petersen 1909, S. 42-45. Allerdings argumentiert Petersen mit dem Verhalten Konig Siegmunds nach seiner Wahl 1410. Er verzichtete auf den bisher gefiihrten Doppeladler und festigt so nach Auffassung Petersens die eindeutige Zuweisung des Doppeladlcrs an den Kaiser. 683 Tn den Rechtsbiichern ist der Konig der Tnhaber des ersten Heerschildes. Warum wird der Kaiser, der keine weitere lehensreehtliche Kompetenz hatte als der Konig, hier ausdrtickiich erwahnt? Petersen 1909, S. 84f., vennutet eine Erkiarung in der Politik Karls IV., "der das Ansehen der Kaiserkrone [... ] zu starken suchte und der wieder, wie es zum letztenmal Friedrich II. getan hatte, zu seinen Lebzeiten neben sich in Wenzel einen deutschen Konig kronen lieB." Vgl. Konrad von Mure, 'Clipearius Teutonicorum', und 'Seifried Helbling', Kap. VIII, V. 355f[ 688 litin: eigentlich 'Bergabhang, Halde', auch 'Htifte' (Lexer I, Sp. 1939). 1st gemeint, dass der Adler hinuntersieht? Oder liegt in der Korrektur ein Fehler, und es muss doch site heiGen, auch \,venn so zwei identische Reimworter VO[liegen?
689 Der Vers nennt den Konig aus dem 1. Heerschild auf der 2. Stufe noch cinmal. Neumann, def die Ncnnung im Text bcHisst, rcchnct S. 113 unter Vcrweis auf das 'Purgoldt'sche Reehtsbueh' und die Ubertlillung des Verses mit einem sekundaren Einschub. Petersen 1909, S. 84--86 denkt bei den Konigen (Plural!) an die hinter dem romischen Konig zuriickstehenden "auswiirtigen Konige, die von Frankreich, Spanien, Ungarn, Bohmen, England, Marokko, Jerusalem usw." (S. gS), wie sie im heraldischen Kontext der 'Clipearius Teutonicorum' Konrads von Mure nennt; zur Zeit der Luxemburger seien vor allcm die ostlichen Konigreiche Ungarn und Polen als Koukurrenten aktuell.
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690-692 Die Herabstufung der LaienfUrsten hinter die geistlichen FUrsten wird vou Rothe uaeh aIterer Traditiou (vgl. 'Sachseuspiegcl') lcheusrechtlich begrUudel. Vgl. 'Purgoldt'sches Rechtsbuch': Die leyet!fursten seien in den 3. Heerschild gcrlickt, sint dem mal dass sie der bischoffe, der epte, unnd eptissen man wordin sin! (Buch I, Kap. 34). 693 Purgoldts Reehtsbueh stellt auf dieser Stufe die grafen ulld die fryhell hem nebeneinander (Buch T, Kap. 34). 694 banyrherrin: lat. duces, entspricht wohl dem Herzog; DWb I, Sp. 1117: "Barmcrhcrr: baro, def cin cigcncs Banner crhchcn kann odcr mit cinem fremden Banner be1ehnt ist", 695 uzwebin: Die Wortwahl ist uicht uumittelbar eiuleuchteud. Vielleicht Bezugnahme auf die Produktion einer Fahne, oder hat es etwas mit dem AusfUllen der mit dem Staud verbuudeueu Pfliehteu zu tuu O
696 Ritter der uutersteu Stufe, soust als einschille riller bezeiclmet, weil sie keine aktive Lehensfiihigkeit besitzen, heiBen bei Rothe die rittermejJigin. Wer ilmeu Leheu gibt, mehrt die Ritterschaft, deuu er gibt ilmeu Gclegeuheit, eiu ritter1iches Leben zu fUhren. Damit macht er sie aber noch nicht wirklich zu Rittern; Rothe unterscheidet ausdrUeklieh auf dieser Stufe ritter und knechte, V. 705. - Der 'Saehseuspiegel' Hisst iu Aualogie zu der Siebeuzahl der Welteu und der erbschaftsfiihigen Verwandtschaftsgrade den siebenten Grad offen; der 'Schwabeuspiegel' dagegeu fonnuliert aImlich wie uuu aueh Rothe dell sibellden herschilt den hefet ein ieglich man der von ritterlicher art geborn ist unde ein (!kinl isl. - Beispicle ftir 'eiusehilte Ritter' , die dieseu 7. Heerschild repraseutieren, bei Seyler I g90, S. 130-132. 697-704 Abgrenzung des 7. Heerschildes: Zum Adel im engeren Sinne zahlt Rothe nur Personen, die zur Vergabe von Lehen berechtigt sind. Zudem ist notig, dass sie vou diesem Recht Gebraueh macheu uud Lehusmauuer fUr sieh gewiuueu kouueu. Dies setzt eiueu guteu Ruf voraus. - VgJ. 'Purgoldt'sehes Reehtsbueh', Bueh VI, Kap. 2: das nymant edel heisl von rechl noch edel isl, der dissen freyen guler nichl ji.trdt zcu vorlyhen hatt. und der kein riettem1essige man under bn haft.
703 Dell schribil edil: Hier geht es wahl um die korrekte Auredefonn, speziell iu Briefeu, ebeuso V. 706.
706 Den RittermaBigen kommt die Benennung gestren!?e Oat. strenuus) zu, vgl. DRW IV, Sp. 590.
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709-710 Darstel1ungen, naGh der die Sippe mit dem siebten Glied ein Ende nimmt, tinden sich z. B. im 'Corpus Iuris Civilis', Institutionen 3.6. Siehe auch 'Purgoldt'sches Rechtsbuch', BUGh T, Kap. 27 und 29. 713-724 Rothe fasst die wesentlichen Bedingungen fUr die Gewinnung eines Heerschilds und darnit die Aufnahme in den Adel zusarnmen: Voraussetzung ist,
dass man von seinen Eltern ehelieh und reehtmallig geboren ist, sieh selbst ehrenhaft verhaIten hat, wegen seiner Tapferkeit Lehengiiter erlangt hat, anBerdem tugendhaft und gro/lziigig ist und gute Dinge in Angriff nimmt. 717 lehin guthill: zur Grammatik s. o. Kommentar zu V. 413. 721-724 ModaliUiten der Verleihung des Heerschildes.
Kapitei 5, V. 725-908 In diesem Kapitel erlautert Rothe die Entstehung und Entwicklung des ritterlichen Standes. Als Ertinder des Heerwesens nenn! er Nilmod (733-766), einen Naehkommen Noahs, der die sozialen Strukturen von Herrsehaft und Dienst und die ersten kriegstechnischen Einriehtungen eingcfiihrt habe (Gn 10,6-12). Nimrod habe die erste Streitfahne gemaeht und herausragende Kampfer dnrch Abzeiehen geehrt. Weiter entwiekelt habe sieh der Ritterstand vor Troja (767-780). Dart siedclt Rothe bereits den ersten Ritterschlag an, der zum Tragen von goldenen Spangen berechtigt habe. In Rom sci dann die Rekrutierung der wehrfiihigen Manner systematisch erfolgt, wobei aus tausenden einer, der besonders tapfer und aus guter Familie war, als 'nliles' tiber die anderen gesetzt und durch Freilehen ausgezeichnet worden sei (nl-gOg). Als Forderer des Ritterstandes wird Julius Caesar genannt (g09-g12). Den Hohepunkt habe das Rittertum in der ehristliehen Rittersehaft gefunden, die sieh heute allerdings nieht mehr ihrer Wiirde entspreehend verhalte (813-824). Ausfiihrlieh besehreibt Rothe die Sehwertleite (825-856) mit den dazu gehOrigen symbolisehen Handlungen (Kirchgang, Segnung von Schwer! und Sporen, Anlegung cines Fingerringes) und dem Rittereid. Den Beginn des christliehen Rittertums sieht Rotlle in den Sehwertleiten, die Kaiser Konstantin nnter Mitwirkung des Papstes Silvester dnrchgeftihrt habe; hervorragende Taten batten Karl der Grolle und Heinrieh von Babenberg und andere vol1bracht (gS7-g71). Als dem Publikum bekannte Ritterweihe wird die Schwertleite des Landgrafen Ludwig IV. von ThUringen vor Augen gefUhrt (gn-g92). Das Kapitel endet im RUGkgriff auf die Spiegelal1egorie mit einer erneuten Ermahnung zu tugendhaftem Leben und dem Ausdruck
der Enttauschung Uber ehrlose Ritter in der Gegenwart (893-908).
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Kapitel5
Zum Kapitel siehe Petersen 1909, S. 6g-n.
Stellenkommentar: 729-818 Nicht die Entstehung des Adels, sondern die Entstehung des Rittertums steht hier im Zentrum der Darstellung Rothes. Die Auszeiehnung und damit der Adelsstand wird als Folge der ritterlichen Bewtihrung angesehen (vgl. bes. V. 757-760,793). Die Entstehung der verschiedenen Stande, die auf das unterschiedliche Verhalten der Suhne Noahs angesichts seiner Trunkenheit zurUckgeftihrt wird (vgL GrubmUller 1979), ist demgemaB nicht Teil der Darstellung Rothes. 729-732 In Analogie zur gangigen Nenuung des ersten Meisters bei Darstellungen der Septem artes liberales und anderer KUnste wird der erste Kriegsherr, Nimrod, als 'Meister' bezeichnet (V. 731). Vgl. zu den Artes-Reprasentanten Stolz 2004, S. 2gS. - Rothe flihrt Nimrod hier positiv ein, Hisst aber auch ambivalente ZUgc anklingen. Bereits in der Bibel wird er als habgierig beschrieben (s. u. Kommentar zu V. 733), ebenso in der Chronistik (z. B. 'Weltchronik', Kap. 21: her was der erste. der sich gel,valt an nmn uJf disser erden unde die lewte zwang) und anderweitig (z. B. Seffner, 'Ain ler von dem streitten', S. 224, Z. II: Ninus was als geittig). Er stiflet den Turmbau zu Babel an CWeltchronik', Kap. 21; so auch bei Petrus Comestor und in anderen Geschichtsquellen), was mit der TodsUnde der superbia konnotiert is!. Berthold von Regensburg T, S. 260, Z. 36-39, macht Rauber und UnterdrUcker zu seinen Anhangern: 1r ri;uiJer ulld ir unrehten gewaltesaere, die dil anne liule verderbent und verdruckent mit ir unrehtem gel1-'ulte. iUlver hervanen [Nimrod bckannt als Erfindcr def Hccrfahnen'?] hangent bf hem Nemr6t, dil ir bviclfche under brinnen miiezet. In Thomasin von Zerclaeres 'wiilschem Gast', V. 6104, muss er neben Kain als SUnder in der Holle biiBen. Seine Raubgier wird durch die Umgestaltung seines Namens in Nhnbrot illustriert, vgl. Tsidor, 'Etymologiae' VII, vi, 22: Nembroth interprelatur tyrannus. Positiv gewendet \,vird er als Organisator des Heerwesens beschrieben; zweckrational gedacht ist sein milittirisches Handeln erfolgreich. Das 'Pnrgoldt'sche Rechtsbuch' (Buch V, Kap.2) tasst auch die weltliche Rechtspflege von ibm ausgehen; er ist dort der erste Gesetzgeber als Grunder des babylonischen Reiches, des ersten der vier Wcltreiche. In der 'Wcltchronik' (Kap. 21f.) wird, wie auch sonst oft in der Chronistik zu finden, Nimrods Geschlecht weiter verfolgt; mit Ninus, dem Sohn Bels und Vater Trebetas (GrUnder der Stadt Trier), ist auch die deutsche Stammessage an die Person des Nimrod geknUpf!. - RUckprojektionen der Anfange des Ritterstandes ins Alte Testament nennen sonst meist Judas Makkablius als ersten Kriegsherrn CProsalancelot',
Steinhoff, Bd. 1, S. 332-340; Kluge, Bd. 1, S. 120-123. - Huber 2002, S. 168).
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730 Neumann konjiziert von do:. zu del.: 'davon sagt man vie1erlei'.
732 Ane zcwifil "nd an gezcweie: alliterierende Paarformel, bekrtiftigend. 733-744 Vgl. Gn 10,6-12: Filii (lutern Cham: Chus. et Mesraim, et Phuth. et Chanaan [... J Porro Chus genuit Nemrod: ipse coepit esse patens in terra. et erat robustus venator cormn D01nlno. Ob hoc exivit proverbium: Quasi Nenlrod robustus venator cormn Domino. Fuit autem prine/pium regni ejus Babylon, et Arach et Achad. et Chalanne, in terra Sennaar. De terra illa egressus est Assur, et aed~ficavit Niniven, et platens civitatis. et Chafe. Resen quoque inter Niniven el Chale: haec esl civilas magna. ("Die S6hne Hams sind: Kusch, Mizraim ld. i. Aegypter], Put und Kanaan. [... J Kusch aber zeugte den NillliOd; der war der erste Gewaltherrscher auf Erden. Dieser ward ein gewaltiger Jager vor dem Herrn. Daher sagt man: ein gewaltiger Jager vor dem Herrn wie NillliOd. Dnd der Anfang seines Reiehes war Babel, Erech, Akkad und Kalne im Lande Sinear [d. i. Babylonien]. Von diesem Lande zog er aus naeh Assur und baute Ninive, Rehoboth-Ir und Kelall, und Resen zwischen Ninive und Kelah; dies ist die grosse Stadt. ")
747 Zu redelich s. o. Kammentar zu V. 139. Hier wahl ahne maralische Qualitat. 749 dec heeris bal1el1: Wahl zu 'Heerbalm', eine breite StraBe, auf der das Heer
unterwegs ist (DRW Y, Sp. 512), oder einfach die Marschardnung. 751 stritfanen: Akk. Sg. zu stritfane, im Mitteldeutschen Femininum, hier
schwach flektiert, vgl. valle (Lexer 111, Sp. 18). 753 'pilzein (Akk. Sg.):
'keilflirmige Schlachtordnung' , (leies (Lexer II, Sp. 1102); vgl. unten V.2979. DWb 16, Sp.2593 versteht darunter auch "die vorderste Abteilung einer Truppe auf dem Kriegsmarseh". - Die 'pitzi' schicken: Als feste Wendung im DWb 16, Sp. 2593: aciem s(r"ere.
756 solI: Lohn flir geleistete Dienste (Lexer II, Sp. 1055). Die Bezeiehnung ist
inl Mittelhoehdeutschen nicht auf den Lolm, den Smdner fiir den Kriegsdienst gezahlt bekommen, besehrtiukt. 757-760 Das Anlegen eines Abzeichens (Ordens), das die besonders herausragenden Kampfer zu tragen berechtigt sind, hebt sie aus der Masse heraus und soli die Trager wie auch diejenigen, die sie noch nicht tragen diirfcn, zu besseren Leistungen anspornen.
314
Kapitel5
761-764 RUckbezug auf das vorangegangene Kapitel zu den Adelswappen. Auch hier ist nicht eindemig, ob Wappenbilder vom Ttiiger sclbst gewiihlt oder verliehen werden. Ein unterschiedlieher Wert der Bilder und Zeichen wird VOfausgcsctzt. 767 Der Anschluss der Geschichte des Rittertums an Ttoja ist vor allem in der exponierten Einleitungspassage des 'Moriz von Craun' belegt, V. 1-205. 768 Imabin: Der Begriff knabe wird hier wahl in der Bedeutung 'junger Mann' Uuvenis) verwendet. Rothe benutzt dagegen kneeht fUr einen jungen Mann, der dem Adligen als Begleiter zur Seite steht, vgl. Kap. 9.
769 Asyndetisehe Aufzahlung. Neumanns Erganzung ist nieht notig. 770 Zur IO-jahrigen Bclagerung Trojas vgJ. 'Wcltehronik' , Kap. 35. 772 FUr die These, dass die Zelte Zeit vor Troja erfunden wurden, konnten keine weiteren Nachweise gefunden werden. Die Vermutung liegt aber angesichts der ausgiebigen Belagerung nahe. In der 'Weltchronik', Kap. 36, sind bei der Belagerung von Troja Zelte bereits vorhanden, ihre Erfindung wird nicht erwiihnt. 775 Das Privileg der Ritter, goldene Spangen zu tragen, wird in Kap. 10, V. 15B3ff. ausfUhrlich erlautert. 781 Zur GrUndung Roms vgl. 'Wcltehronik', Kap. 41-46. 784 her hier zum dritten Mal wiederholt; es karmte aus den beiden vorangegangcncn Vcrscn cingcdrungcn scin. Dass Romulus als crstcs scincn cigcncn Bruder bekiimpft, liisst der Autor hier weg, vgJ. aber 'Wcltehronik', Kap. 46. 789 besantin: 3. PI. Pdit. zu besendin (swV): 'einbestellen, durch Boten holen lassen' (Lcxer I, Sp. 213). - Si: die Romer.
790 Das romische Heer war auf einer allgemeinen Wehrpflicht aufgebaut (vgl. z. B. 'Der kleine Pauly', Bd.2 (1979), Sp.479-4B2 LArt. 'exercitus'J). - beschribin: LehnUbersetzung zu lat. conseribere: 'in Listen eintragen'. 791-792 Aufgeschrieben werden alle, die kraftig und zum Kriegsdienst fahig sind. Tndikator hierfUr ist die aufreehte Korperhaltung bzw. ein gerader Wuchs, vgJ. V. 1050 und Rothes 'Eisenacher Chronik' , S. 109 (Uber Landgraf Ludwig): Her was l ... J yn (vner rechtin !nape e.vn uf! J?ericht man.
V.725-908
315
793-796 Kriterien fUr die Auswahl des HeerfUhrers sind Charakter und ehrbare Abkuntt. 797-S00 Foige der Auswahl als HeerfUhrer ist die Zuteilung cines von Abgaben freien Besitztums, das daran erinnern soH, dass der Ritter starker als zwei andere MHnner ist. Der rechtliche Status def Geadelten scheint aus def Gegenwart auf die Antike zurUckprojiziert zu werden. Rothe benutzt fUr die Beschreibung des Status dieselben Farmulierungen wie aben V. 413, 426. SOl Zur Etymalagie mille-miles vgl. Tsidar, 'Etymalagiae' TTl, iii,S: Mille autem de multitudine, unde de militia, quasi multitia: inde de milia, quae Gnwci mutata littera myriada vacant. Die Etymalagie wird in der Chronistik haufig wieder aufgenommen, z. B. Eike von Repgow, 'Zcitbuch', S.77; Jakob Twinger von Konigshofen, 'Chranik', S. 319; Martin von Troppau, 'Chronik' I, Kap. 8: Mille etiam pugnatares elegit: quos a millenaria numera milites appellavit. S06 uzmelin[le: Adjektivbildung zu azmalen (swY), vgl. Bech in: Germania 5 (1860), S. 246; 6 (1861), S. 56; 7 (1862), S. 495. S09 Julius: Gemeint ist Julius Caesar, vgl. zu V. 558. SI4 enzcabin: Partizip zu entseben (stV) 'wahrnehmcn', vgl. DWb 3, Sp. 61KDen Hohepunkt der Geschichte des Rittertums sieht Rothe in der Christianisierung des Reiches. SI9 Rothe verbindet die Geschichte des Rittertums mit zeitkritischen Elementen. Die Klage iiber den Niedergang des Rittertums ist topisch. S23 wuchirsetzce zu wuocher,mz (sfM): 'das Auslcihen auf Wueher' (BMZ 11,2, S. 345). Benecke en-vagt als "weniger wahrscheinlich" eine Form ~'vachirschetze; Bech (1861, S. 54) konjiziert sa, nach ihm auch Neumann (mit Anm. S. 113); Lexer Ill, Sp. 1002 verzeichnet zur Stelle auch wuocherschaz 'wucherschatz'. Mit den Yeranderungen im Handelsverkehr wurden ab dem 13. Jh. die kanonischen Yerbote, Geld auf Zinsen zu verleihen, allmahlich aufgehoben. Als Wucher bezeichnete man nicht generell das Nehmen von Zinsen, sondern das Verlangen von iibermallig hohen Zinssatzen (Spufford 2004, S. 33-36). - Ygl. zum Thema 'Wucher' aueh unten Kap. 13. S25-860 Das Aufnahmeritual der Schwertleite wird hier auf die pasitiv gesehene Yergangenheit zurUckgefUhrt. Zu einer Schwertleite gehoren in der Regel die Umglirtung mit dem Schwer! durch einen Yertreter des Standes, der Kirchgang und der Bid, den der Ritter schwort. Rothes Darstellung legt einen Schwerpunkt
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Kapitel5
auf die Beteiligung der Kirche. Er gibt bereits hier einen Einblick in den symbolisehen Gehalt der ritterlichen Standesinsignien, die ab Kap, 7 einzcln ausgelegt werden. - Vgl. zur Schwertleite: Hechberger 2005, S. 436-441; Orth 1990, S. 128-170; Flori 1986; Erben in: Zeitsehrift ftir Historisehe Waffenkunde 8, 1918-20 (Ietzteres eine umfassende Materialsammlung); zur Darstellung im Ritterspiegel s. Petersen 1909, S. 155-164. Vgl. auch Pietzner 1934; Massmann 1932.
826 herre: An dem Ritual der Sehwertleite ist neben dem Geistlichen auch ein weltlicher Herrscher beteiligt. Vgl. unten V. 901-904. 829-835 Die einzelnen Bestandteile der zur Schwertleite gehorigen Messe werden aufgezahlt. Es gehiiren dazu die Segnung von Sehwert, ritterlieher Ausstattung (gesmug) und Sporen, die Ablegung des Rittereides und das Anlegen eines Fingerringes. - Die beim priesterlichen Schwertsegen gesproGhenen Worte variieren, vgl. Flori 1986, S. 369-377. Zu den Inhalten der ritterlichen Verpfliehtung siehe Gautier 'lg95, S. 33-100 und 245-340. 836 Der Eid ist ein konstitutives Element der Schwertleite. Die Formulierung des Rittereides wird erneut unten V. 3352-82 wiedergegeben. 840 Naeh den besehrebin keijJerrechtin: Mit dern Begriff 'Kaiserrecht' wird zwneist die Rechtssammlung des 'Schwabenspiegels' bezeichnet, vgl. Munzel, Art. 'Kaiserrecht', in: lHRG 2 (I9n), Sp. 563-565. 849-852 Zum Ring als Standessyrnbol s. u. Kap. g, V. 1245-1400; dart aueh Auslcgung auf die Treue ZunI christliehen Glauben. 853-856 Zum Knecht als Standessymbol s. u. Kap. 9, V. 1401-1582. 854 gesatz: Ausfall der Flexionsendung -I. Weigelt 1999, S. 364, fUhrt diese gelegentlich auftretenden Falle auf NachHissigkeit des Schreibers wrUck. Moglich ware auch ein Reflex der gesprochenen Sprache. 855 Es handel! sich also nicht nur urn ein Recht, sondern urn eine Pflicht des Ritters, auf der StraBe immer den Knecht dabeizuhaben. 857 Wechsel auf die diachrone Ebene. Der historische Beginn des christlichen Rittertums wird auf die Segnung von Rittern durch Papst Silvester, Papst (314-335) und den Ritterschlag durch Konstantin den GroBen (306-337) zurUckprojiziert. Die 'Weltchronik', Kap. 146/147, berichtet von einem derartigen Ereignis nicht, beschreibt aber die Taufe Konstantins durch Papst Sit vester und
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Konstantins Gesetze, die das Christentum fOrderten. - irhubin zu erheben (stV): 'anhcbcn, bcginncn'.
863-864 forstin L... J ill den der christin gloube haft: Die Stelle ist eutweder subjektiv zu versteheu (die FUrsten waren christlichen Olaubens) oder objektiv (durch die FUrsten, die Ritter wurden, ist der christliche Olaube befestigt worden). 865 Rothe nennt exemplarisch Karl den GroBen (Kaiser BOO-BI4) und Heinrich II. (Konig / Kaiser 100211 0 14-1024) als Exponenten christlichen Rittertums.
872 di wir wol kennen: Exemplariseh wird von der Ritterweihe Ludwigs IV. von 111Uringen bcriehtet, da er dem Publikum bekannt ist und Vorbildcharakter hat. 873 Landgraf Ludwig IV. von Thtiringen (geb. 1200, gest. 1227) war der Solm des Literaturma.zens Hermann von 111iiringen. 1217 tritt er des sen Naehfolge an. 1221 wird er mit Elisabeth von Ungarn verheiratet. Er stirbt 1227 anf dem Weg naeh Jerusalem in Otranto (Apulien) (Schwarz 1993; Weigelt 1994). 875 Dies entsprieht der politisehen Leistung Ludwigs IV. VgJ. Schwarz 1993, S.56-63. 876-892 Zur Darstellung der Ritterweihe des Landgrafen Ludwig IV. von Thiiringen hier, in Rothes Chroniken und irn 'Elisabethleben' vgl. Huber 2002. Parallelstellen: 'Reinhardsbrunner Annalen', MOH Script. 30, 1, S. 591; 'Eisenaeher Chronik', Weigelt, S. 110; 'Landesehronik', ebd., S. 52; 'Weltchronik', Kap.429; 'Elisabethlcben', V. 1457-71.
876 Dannoch: Die Schwertleite findet erst statt, nachdem Ludwig sieh bereits in Kriegen bewahrt hat. 877 Die Ritterweihe Ludwigs findet in dessen 19. Lebensjahr, also im Jahr 121B statt. 888 Das Fest der Apostel Peter und Paul wird ani 29. Juni begangen (Bieritz, "2001, S. 254). FUr die Oktav dieses Festes ist also der 6. Juli anzusetzen (Orotefend, Bd. I, S. 153, Bd. 2, S. 40). In der 'Weltehronik', Kap. 429, nennt Rothe den St. Kilians-Tag (B. Juli) als Datum der Ritterweihe. 1m Jahr 121B war der 6. Juli ein Freitag, der K Juli ein Sonntag (Grotefend, Ed. I, S. (4)-(5); es ist also anzunehmen, dass sieh die Ritterweihe des Landgrafen iiber mehrere Tage erstreekte; vgl. Huber 2002, S. 169-170.
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Kapitel6
891 In der kronikin: Gemeint sein kann Rothes 'Eisenacher Chronik' (bald nach 1414), die 'Landesehronik' odcr cine dcr latcinischen Qncllen CPistoriana', 'Eccardiana', 'Historia de lantgravis', 'Reinhardsbrunner Annalen'), vgl. Huber 2002, S, 169, Die 'Weltehronik' datiert auf das Jahr 1421 und ist somit vermutlich jiingeren Datums als der 'Ritterspiegel'. 893-900 Erneute Aufnahme der Spiegelallegorie, vgJ. oben Kap. 1, V. 77-228. 898 Das Substantiv gut kann im 'Ritterspiegel' sowohl 'Besitz' als aueh 'etwas Gutes' meinen. Die Formulierung ab uch saldin adir gutis gebricht Hisst zwei miigliehe Interpretationen zu: I. Der Ritter soli sieh fragen, ob ihm etwas fehlt. Dieses kann Heil oder Besitz oder beides betreffen. 2. Heil oder Besitz sind Alternativen. Es handelt sieh dann um cine rhetorisehe Frage; selbstverstandlieh ist das Heil wichtiger als def Erwerb von Besitz. 899 ahege/lOwin: 'das heidnisehe Verhalten ausmerzen'. Das Priifix ge ist intensivierend, es handelt sich nicht um ein Partizip. Mit heidnischem Verhalten kann gemcint scin: I. die hcidnisehc Vcrgangenhcit des Rittcrtums, wic im Kapitel 5 vorher dargestellt; 2. die SUnde generell, jede Form von nichtchristlichem Handeln; 3. die Besitzgier, s. u. Kap. 6, V. 912-996.
901-904 Berechtigt zur Erteilung des Ritterschlagcs sind aktiv Ichnsflihigc Adclige mit einem guten Leumund. 90S-908 Zeifkritik. 906 Dez: Neumann andert in das spraehlieh glattere der. Man kann den Genitiv Singular der Handschrift auf den ganzen Satz beziehen. 908 eid ... stabin: 'die Eidesformel vorsprechen'. Eideshelfer werden vor Gericht eingesetzt, urn die formale Korrektheit cler gesprochenen Eidesformel sicherzu-
stellen. Hier wohl in ilbertragener Bedeutung zu verstehen: 'den Eid abnehmen'. Die Person, die bereit ist, einem jungen Mann den Rittereid abzunehmen, verbUrgt sieh aueh fUr dessen moralisches Potential.
Kapitel6, V. 909-1064 In diesem Kapitel unterscheidet Rothe drei Arten von Rittern. Zur ersten Gruppe whit er die Knechte des Pilatus, die Christus ans Kreuz brachten, und andere tugendlose Manner, die rauben und morden (912-928). Die der zweiten Art sind zwar mit freien Giltem belehnt, halten sich aber nicht an Recht und Gesetz
V.909-1064
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(929-996). Die Kritik an ihrem Yerhalten wird mit Zitaten (Je,,~a, Gregorius) uutermauert. Iu die dritte Kategorie sehlicillich gehoren ehristliche Ritter, die fUr den gemeinen Nutzen unter einem FUrsten ktimpfen, sieh fiir den Landesfrieden einsetzen, gegen Ketzer oder Heiden zu Fcld ziehen, gegen Straftater vorgehen oder zum Heiligen Grab ziehen (997-1010). Allcin sie sind wirklieh adelig. Das Kapitcl endet mit einem Seneea-Zitat, das dazu ermahnt, dem Feind offen gegenUberzutreten, und einem Yegetius-Zitat Uber die Eigenschaften eines guten 'Ritters'.
Stellenkommentar:
909 Die Quelle fUr Rothe, Darstellung ist bislang unbekannt. Tendenzen, den Ritterstand qualitativ zu gliedern, sind verbreitet, siehe z. B. Weigand 2002, S. 95-100. Vg1. zur Stelle Petersen 1909, S. 66. 910 Di: Syntaktiseh glatter ist die Form der, zu der Neumann konjiziert.
914-922 10 19,23-24: Milltes ergo cum cruci;fixissent etim. acceperunt vestimenta {jus (et fecerunt quatuor partes, unicuique militi partem) el tunicum. Erat (lulem tunica inconsutilis. Jest/per contexta per lolwn. Dixerunt ergo ad invicem: Non scindmnus eam. sed sortiamur de ilia cujus sit. VI Scriptura imp leretur, dicens: Parfiti sunt vestimenta mea sibi: et in vestem memn miserunt sortem. Et milites quidem haec ji'ceru"t. ("Als nun die Soldaten Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und maehten vier Teilc daraus, fUr jeden 501daten einen Teil, und den Rock. Der Rock war aber ohne Naht, von oben an aIs Ganzes gewoben. Da sagten sie zueinander: Lasset uns ihn nicht zerteilen, son-
dem darum losen, wem er gehOren soli! - damit das Schriftwort erfUlIet wtirde: 'Sie haben meine Kleider unter sieh verteilt und tiber mein Gewand das Los geworfen.' Die Soldaten nun taten dies.") - Die Evangelien verwenden in der Yulgatafassung mehrfaeh den Begriff miles (Mt 27,27, Me 15,16, Lc 23,36, 10 19,2 und 10 19,23). Ihre soziale Stellung ist dort nieht naher besehrieben. 918 Mthile: Ein Btittel, lat. pedellus, ist ein Gerichts- oder Gemeindediener, speziell auehjemand, der Geriehtsurteile vollstreekt, vgL DRW II, Sp. 663-666. Der Begriff wird bei Hugo Cardinalis (Glosse zu 10 19,23) fUr die Soldaten, die
an der Kreuzigung beteiligt sind, verwendet: Unde palel, quod mililes tUIlC eralll hedelli. 919 ullelldelich: 'unttichtig, liederlich' (Lexer II, Sp. 1818); vg1. Y. 1224,
Y. 2092 und Kommentar zu Y. 606.
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Kapitel6
922 femestad: 'RiehtsWlte' (Lexer III, Sp, 63), 930 ediln: Gemeint sind hier wahl hohe Adlige, vgl. V, 436, 933-944 Zum 'Raubrittertum' siehe Rliseuer 1982, mmsehueider 1974. 940 ohir meer ... zcihi: 'an einem Kreuzzug teilnehmen', vgL Leiter I, Sp. 2107. 944 Di annen sy doreh er ketile howin: D. h. die Armen sind nieht dureh eine RUstung gesehUtzt. 945-968 Zur Darstellung des Verhaltens der Raubritter wird ein iranischer Tan verwendet. 947 enzcegin: entspricht mhd. en/sagen, 'die Freundsehaft ab- u. Fehde ansagen' (Leiter I, Sp. 582-583), vgL V. 1017 enzcegin reimend auf undir wegin V. 1019. 954 Mit tintin und mit pap ire: 'Mit auf dem Papier stehenden Titeln.' Die sogenannten 'Adelsbriefe' setzen unter Karl IV. 1360 ein. Es handel! sich um Urkunden, die den Empfanger in den Stand des Adels erheben und ibm die dem Stand entspreehenden Reehte zuerkennen. In einigen Formularen wird die Ritterbiirtigkeit durch den Brief 'verliehen' (vgL SpieB 2001, S. 22). Dieser Form der Nabilitierung begegnete man in den Reihen des alten Adcls aft mit Skepsis, die saziale Akzeptanz war nur mit dem Brief kelleswegs gewahrleistet (vgL SpieB 2001, S. 23).
955-956 Di babisl und k.eiser heisin ~parin Und von alleme roube vyre: Die Bedeutung der Stelle ist nieht ganz klar. Kaiser und Papst sind wahl van heisin abhtingige Objekte. 'parin mhd. spam: 'schanen, bewalrren' , vgL DWb 16, Sp. 1922; Lcxer II, Sp. 1071. V.956 bezieht sich wahl auf die voriibergehend pausierenden Raubritter. 956 vyre zu vfren (swV), eigentlich: 'feiern, ausruhen'. 961 Parallele in der 'Weltehranik', Kap. 551: Alsso phlaflk man zu den flezeiten from,e ritter zu machen unde nicht obir basser rouherey obir kuwen unde zeRo? IInde ohir annen gehllren, a/sso man nu an etlichen steten thut. VgL zu der Stelle Honemann 1987, S. 515. 963-968 Den Raubziigen wird das ritterliche Thrnier, bei dem man auf cbenbtirtige oder iiberlegene Gegner triff!, gegeniibergestellt.
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977-980 Is 33, I: Vae qui praedaris! nanne et ipse praedaberis! et qui spemis, nonne et ipse ,~penu.'ris? Cum consumnwveris depraedationem, depraedaberis; cum fati~atus desieris contenrnere, contemneris. (.,Wehe dir, Rauber! Wirst du nicht auch sclbst beraubt werden? Und du Verachter, WITst du nicht sclbst auch verachtet werden? Wenn du den Raub vollbracht hast, wirst du beraubt werden. Wenn du mUde von der Verachtung abgelassen hast, wirst du verachtet werden." eH).
985-986 Sente Gn'gorius: Das Zitat konnte nicht identifiziert werden. - meistir buehe als Kornpositum DWb 12, Sp. 1966: "Buch, das unter anderen hervorragt". Vermutlich ist der 35 BUcher umfassender Hiobkommentar gemeint (,Moralia in lob'). Einen ahnlichen Tenor wie unsere Stelle hat 'Moralia in lob', IX, 34 (PL 75, Sp. 887-890). 988 naeh deme gatlichin fluche: Gerneint ist vielleicht die Vertreibung aus dem Paradies, Gn 3,17-19: Adae vem dixit: Quia audisti vaeem uxaris tuae L... j maledicta terra in opere tuo: in laboribus comedes ex en cunctis diebus vitae luae. Spinas et tribulos gemlinabit libi, et comedes herbam terrae. in sudon.'
vultus tui vesceris pane [... J ("Und zurn Menschen sprach er: Wei 1 du auf deines Weibes Stimme gehiirt [hast, ... J so ist um deinetwillen der Erdboden verflucht. Mit MUhsal sollst du dich von ihm nahren dein Leben lang. Domen und Disteln solI cr dir tragcn, und das Kraut des Fc1des sollst du essen. Tm Schweisse deines
Angesichts sollst du dein Brat essen L.. .]")
993 In deme schadin ez alliz varterbit: Die Stelle ist unklar, eventuell noch Teil des Gregorius-Zitates. Vielleicht lehnt Rothe sich an Sir 5,10 an: Noli anxius esse in divitiis i1'~justis: non enim praderunt tibi in die abductianis et vindictae. (Luther: "Auf unreehtes Gut verlaG dich nieht; denn es hilft dir niehts, wenn die Anfechtungen kommen werden.")
998 FUr die dritte Gruppe halt Rothe Bewahrungen tiber die formale Aufnahme in den Stand hinaus fUr erforderlich (vgl. V. 932). 999 Der Begritf 'Gemeiner Nutz' bezeichnet eigentlich alles, was der Gemeinschaft niitzlich ist. 1m Kante"t des Kriegswesens sind dies diejenigen Kriege, die der Verteidigung dienen. Zum Begriff und seiner Verwendung im 'Ritterspiegel' siehe Peters 1983, S. 242-248. Hier in Verbindung mit der causa iustu der KriegsfUhrung (V. 1000). 1005-06 Die Erteilung der Ritterweihe am Heiligen Grab kommt im spaten Mittelalter hHufiger vor, z. B. wurde Herzog Albrecht TV. von Osterreich 139B bei einer Pilgerfahrt ins Heilige Land zurn Ritter gemacht; weitere Beispiele bei Erben in: Zeitsehrift fiir Historische Waffeukunde 8 (1918-20), S. 140f.
322
Kapitel6
1012 Zum Turnier vg1. oben Y. 907, Y. 963-96B. 1013 Zur Bedeutung des Goldes als Adelsprivileg siehe V. 1337-52 und Kap. 10, V. 1583-1694. Das Bild der Misehuug des Goldes mit Kupfer ist aus der Praxis der MUnzpragung genommen. MUnzen, die aus einer Mischung zwischen Gold und Kupfer hergestellt wurden, waren von geringerem Wert als solche aus reinem Gold, vgL Braunstein, 'Kupfer', in: LexMA 5, Sp. 1576. 1017 enzcegin entsprieht mhd. en/sagen: 'die Freundschaft ab- u. Fehde ansagen' (Lexer T, Sp. 5B2-5B3).
lOIS Die Pllicht, eine Fehde drei Tage vorher anzukUndigen (,Fehdeabsage', dijjidatio), war in den kaiserlichen Landfriedensverordnungen, wie sic aueh im 'Sachsenspiegel' Aufnahme gefunden hatten, festgeschrieben. Sie wurde in der 'Goldenen Bulle' neu befestigt und war fUr das Fehderecht von allgemeiner Geltung. Die schlechten Ritter kennzeichnet, dass sie diese Pflicht nieht einhalten oder umgehen. - Zur Fehde siehe auch Y.2091. Ygl.: Brunner 1939 u. 0.; kritisch gcgcnUbcr dcr Darstcllung dcr Fchdc bei Brunner KortUm 2007.
1024 So ist von en ge}Jin di ku: 'Die Kuh ist gegessen'. Anspiclung auf die 'Kuhritter' (Y. 943,9(1)0 Sprichwortlich nicht nachgewiesen, zu denken ist an cine Bedeutung wic "Die Sachc ist schon cr1cdigt, man kann nichts mchr daran
andern."
1027 Petersen 1909, S. 163, meint, die EinfUhrung des Herrn Werrebolt als Personifikation der Unruhestifterei weise auf unbekannte poetisehe Vorbilder oder auf spriehwortlichen Gebraueh im Volbmund hin, ahnlieh Wankclbolt inl 'Seifried Helbling' und Werenbolt bei Neithart. 1029 Seneca: Das Zitat konnte nicht nachgewiesen werden. 1036 gewil1lle mit Akk. aueh 'gegen jemanden gewinnen', vgL DWb 6, Sp.5937-38. 1040 Zur Dreitagesfrist fUr die Fehdeabsage s. o. Y. 1018. 1045 Flavius Renatus Vegetius verfasste wenig vor 383 cine theoretische Sehrift Uber das Kriegswesen, die 'Epitoma rei militaris'. Der Text war im europaischen
Mittelalter sehr verbreitet, zum Text siehe Schmidtchen 1990, S. 106-1n; FUrbeth I Leng 2002; Kalning 2006, S. 19-25; zur Oberlieferung Wisman 1979; Shrader 1979; zur Rezeption Springer 1979; speziell im deutschsprachigen Bereich Fiirbeth 1995, 2000 und 2002. Zur Aufnahrne des Textes im 'Ritterspiegel'
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V.909-1064
siehe Kalning 2006, S. 100-122. Wir zitieren nach der Ausgabe von Lang I gg5, wieder abgedruckt und mit einer deutschen Obersetznng versehen dnrch Wille 1994. Die an der Herstellung des ursprUnglichen Textes, nicht aber an der mittclalterlichen Rczeption interessierten neueren Ausgaben von Onnerfors 1995 und Reeve 2004 sind fLir unsere Interessen nicht weiteIfUhrend.
1046 Der Randeintrag in der Handschrift ist fehlerhaft. 1048 gebinfry: 'aus einem Abhangigkeitsverhalmis entlassen', vgl. oben V. 410. Das DWb 4, Sp. 109 gibt den Begriff 'Freigebung' fUr lat. manumissio an. Der Ausdruck ist fiir die Ritterpromotion sonst nicht gebrauchlich.
1049-64 Vegetius I, 6 (Lang, S. 10, 3): Sed qui dilectum acturus est uehementer intendat, ut ex ualta. ex oculis. ex otnlli
cOl~formatione
membrorum eos elif!,at,
qui implere ualeant bellatores. [... J Sit ergo adulescens Martio operi deputandus uigilanlihus oeulis (1051), erecla ceruice (1050). lola pectore (1054), Itmeris museulosis (nicht Ubersetzt), ualentibus braehiis (105 g), digitis longioribus, uentre modicus (1057), exilfor clunibus (nicht libcrsctzt), suris el pedibus non
superflua came distentis sed neruorum duritia collectis (1061-63).
CUIll
haec in
tirone signa deprehenderis, proceritatem non magno opere desideres. Utilius est
enim fortes milites esse quam grandes. (Wille, S. 33 und 35: "Der Aushebungsoffizicr muss sich aufs liusscrstc bcmUhcn, urn am Gcsichtsausdruck, an den
Augen und der gesamten SteHung der Gliedmassen jene zu erkennen, die als Kiimpfer geeignet sind [... J, Der zum Kriegsdienst bestimmte JUngling soli daher einen lebhaften Blick, eine hohe Stime, eine weite Brust, muskulOse Anne, lange Finger, einen massigen Bauch und schlanke Beine haben; Waden und
FUsse wilen olme UberflUssiges Fett dnrch starke Sehnen verbunden sein. Findest Du Rekruten mit diesen Merkmalen, so ist die Korpergrosse nicht mehr entscheidend. Krtiftige Rekruten eignen sich besser als grosse.")
Kapitel 7, V. 1065-1244 Mit diesem Kapitcl beginnt die Auslegung sieben ritterlicher vorleile (Standesprivilcgien). Jedem Vorteil wird ein eigenes Kapitcl gewidmet. Ihr symbolischer Gehalt ist auf Tugenden ausgerichtet. Es stehen das Schwert fiir Gottesfurcht und Demut, der Ring flir Treue gegenUber Gott und den Mitmenschen, der Knecht fUr die Einhaltung der Standespflichten, das Tragen von Gold fUr Geduld und Weisheit, ein buntes Gewand fUr die Yielzahl von Tugenden, die ein Ritter haben muss, die Bezeichnung 'Herr' fur die Ehre, die ihm aufgrund seiner Tugenden zuteil wird, und das Handewaschen nach dem Essen fUr Keuschheit und maBvoUes Verhalten, im Besonderen die Venneidung von Besitzgier.
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Kapitel 7
Als erstes Privileg wird in Kap. 7 das Schwert als Symbol fUr Gottesfurcht ausgedeutet. Keine Rolle spiel! die sonst verbreitete Bedeutung des Sehwertes als Bild ftir Macht und Gerechtigkeit. Das Ritual der Sehwertlcite und die Kreuzform mahnen den Ritter, sieh fiir ehristliehe Ideale einzusetzen und Demut zu iiben (1069-1216). Das wird durch Autoritatenzitate und Bibelverweise sowie die drei alttestamentliehen Exempel David, Josua und Judas Makkabaus ausgefUhrt. Gegen Kapitelschluss wird ein praktisch orientierter Abschnitt Uber die Ausbildung und das Training der jungen Ritter eingefUgt (1217-36). ZunI Zusammenhang der Kapitel 7-13 siehe Petersen 1909, S. 113-141. Zum Kapitel 7 siehe Petersen 1909, S. 117-119; zum Gedankengang Huber 2009.
Stellenkommentar: 1065 Die an der Siebenzalll orientierte Zusanlmenstellung ritterlieher Standesprivilegien diirfte auf rcalen Vorrechten fuBen, die Auslcgung strebt jedenfalls keine Systematik an. Eine Reihe von Vorrechten wie die Befreiung von Steuern und der Wappensehild wurden an anderer Stelle ausgefUhrt, weitere typisehe Kcnnzcichcn wic die RUstung odcr das Pfcrd werden nur am Rande crwllhnt. -
Die allegorische Auslegung def RUstung und ihrer einzelnen Bestandteile ist biblisch (Eph 6,13-17) und in der mittelalterliehen didaktisehen Literatur verbreitet, vgl. z. B. Thomasin von Zerclaere, 'Der Walsehe Gas!', V. 7369-7596 (Huber 1988, S. 63f.). Weitere Texte bei Arentzen-Ruberg, S. 142-151.
1069 Die EinfUhrung des Schwertes als Standessymbol erfolgt vermittels der Schwertleite; Rikkbezug auf Kap. 5. 1085 Die Form des Sehwertgriffs als Kreuz wird in der Literatur des 6fteren dargestellt (z. B. 'Waltllarius', V. 1160; implizit 'Wigalois', V. 6517; 'Prosalaneelot', Steinhoff, Bd. 5, S. 218, Iff.).
1088 her sal opphirn dorl'h Crislum sil'h: Das Schwer! soli den Ritter an die Pflieht erinnern, sein Leben ftir Christus hinzugeben (vgL im Kapitel unten V. 1126, 1210, 1237), 1089-1100 Vielleicht eine Paraphrase zu Augustinus, 'De eivitate Dei' I, 1. In den Folgekapiteln werden die Kriegsbrauehe der Heiden angeprangert. 1101 Von dem Ereignis beriehtet Ide 19,25-30. Die Frau des Lcviten wird vergewaltigt und ermordet.
V. 1065-1244
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lI05 Ide 20,14: sed ex cunetis urbibus. quae sortis suae erant, convenerunt in Gabaa, ut fllis ferren! (luxilium, et contra universwn populwn israel dimicarent.
(,,[ ... J sondern versammelten sieh aus ihren Stadten in Gibea, um zum Kampf mit den Israeliten auszuziehen. ") - daz: die Angclegenhei!. 11()6 l1emen ab: 'etwas ahnden', vgl. DRW I, Sp. 192. 1I07 Ide 20,1 B: Qui surgentes venerunt in domum Dei, hoc est. in Silo: consulueruntque Deum, atque dixerunt: Quis erit in exercitu nostro princeps certaminis contrafilios Benjamin? Quibus respondit Dominus: Judas sit du.x: vester. ("Und die lsraeliten maehten sich auf, zogen naeh Bethel, befragten Gatt und sprachen: Wer von uns soll zuerst hinaufziehen, um wider die Benjaminiten zu streiten? Der Herr antwortete: Juda zuers!.") 1I09 Ide 20,20-21: et inde procedentes ad pugnam contra Benjamin. urbem oppu[!,llare coeperunt. Egressique filii Be!~iam.ill de Gabaa. occiderunt de filiis Israel die ilia viginti duo millia virorum. ("Und die Manner von Israel zogen aus, mit Benjamin zu streiten, und stellten sieh wider sie in Schlachtordnung gegen Gibea hin. Die Benj aminiten aber braehen aus Gibea hervor und streekten von den Israeliten an jenem Tage 22000 Mann zu Boden. ") - Griinde tUr die Niederlage der Israeliten nennt der Bibeltext nieht. Sie nnternelunen einen zweiten Angriff, Ide 20,22-25.
lIlO cover: kontrahierte und umgelautete Form zu zeware 'in Wabrheit', vgl. Lexer III, Sp. 688 (Lemma war). 1Il3 Ide 20,26: Quam oh rem omnes .filii Tsrael venerunt i/1 domum Dei, et sedentes flebant coram Domino: jejunaveruntque die illo usque ad vesperam. et obtulerunf ei holocausta. atque {Jac~ficas vietimas. ("Da zogen alle lsraeliten,
das ganze Yolk, hinauf nnd kamen naeh Bethel. Dart weinten sie und blieben vor dem Herrn: sie fasteten an jenem Tage bis zum Abend und braehten vor dem Herrn Brandopfer und Heilsopfer dar.") - Der Begriff humi!ilas fallt im lateinisehen Bibeltext nicht. 1115-16 Ide 20,35: Percussitque eos Dominus ill conspectu .filiorum Israel, et interfecerunt ex eis in illo die viginti quinque millin, et centum viros. omnes bellalores el educenles gladium. ("So Iiess der Herr die Benjaminiten den lsraeliten erliegen, und die lsraeliten maehten an jenem Tage 25.100 Benjaminiten nieder, lauter sehwertbewehrte Manner.") 1117-28 Projektion der biblisehen Gesehiehte auf die Gegenwart.
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Kapitel 7
1129-30 I Mee 3,19: quoniam non in multitudine exercitus victoria belli, sed de caeio filrlitudo est. ("Denn nieht anI' der Grosse des Heeres beruht der Sieg in der Sehlaeht, sondem yom Himmel kommt die Starke.") 1131-35 Direkte Apostrophe an das Publikum und Wiederholung der wiehtigsten im Kapitel bisher genannten Aspekte. 1136 Das Gotteskampfertum wird im Folgenden an den alttestamentliehen Beispielfiguren David, Josua und Judas Makkabiius ausgefUhrt, vg1. V. 1153. Die lhas wird wieder aufgenommen unten Kap. 24, V.4029-36. 1137-48 Die Stelle fasst I Sm 17 zusanmlCn. 1137-38 Zur biblisehen Besehreibung Goliaths siehe I Sm 17,4-7. 1139 Die Furcht der Israeliter vor Goliath wird in der Bibel zweimal besehrieben: I Sm 17,11: Audiens autem Saul et omnes lsraelitae semlOnes Phi!isthaei hujuscemodi, stupehant, et metuehant nimis. ("Da Saul und ganz Israel diese Rede des Philisters harten, entsetzten sie sieh und fiirehteten sieh sehr") und I Sm 17,24: Omnes uutem lsraelilae, cum vidissent virum. fugerunt (l facie ejus, limentes eum valde. ("Abcr jcdcrmann in Israel, WCIlll cr den Mann sah, floh cr vor ibm und fiirehtete sieh sehr. ") 114() David bietet an, selbst zu kfunpfen: I Sm 17,32: Ad quem cum fuisset adduct us. locutus estei: Non concidat cor cujusquam. in eo: ego servas tuus vadam, et pugnabo adversus Philisthaeum. ("Und David spraeh zu Saul: Es entfalle keinem Menschen das Herz um deswillen; Dein Kneeht soli hingehen und mit dem Philistcr streiten. ") 1141 Zur Ausstattung Davids siehe 1 Sm 17,40. 1142-43 T Sm 17,49: Et misit manum suam in peram, tulitque unum lapidem, et funda jecit, et circumducens percussit Phi/isthaeum in fronte: et infixus est lapis in frollte l?;jas, et cecidit in faciem suam super terram. ("Und David tat seine Hand in die Tasehe und nahm einen Stein daraus und sehleuderte und traf den Philister an seine Stirn, daB der Stein in seine Stirn fuln und er zur Erde fiel auf sein Angesieht. ") 1145-48 T Sm 17,51: Videntes autem Philisthiim quod mortuus esset fortissimus eorum, fitgerunt ("Da aber die Philister sahen, dass ihr Starkster tot war, tlahen sie. ")
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1149-50 Bezieht sieh wohl auf die Stelle Nm 13,32-33, in der die Bewohner des Westjordanlandes als Riesen bcsehrieben werden: populus, quem u,\peximus, procerae staturae est. fbi vidbnus nwnstra quaedmn filiorum Enac de genere giganteo: quibus cmnparati, quasi lucustae videbamur. ("Das ganzc Yolk, das wir darin sahen, besteht aus hochgewachsenen Leuten. Wir sahen dort auch die Riesen, die Enakiter aus dem Riesengeschlecht, und wir kamen uns vor wie
Heuschrecken, und so erschienen wir auch ihnen.") 1m Bueh 'losua' wird von der Eroberung dieses Landes dureh Josua beriehtet.
lISl-52 T Mee 3,1 gf,: Et ail Judas: Facile est concludi multos in manus paucorum: el non est dUferentia in con.~peclu Dei Clleli liberare in multis, el in paucis: quoniam non in multitudine exercitus victoria belli, sed de caelo fortitudo est. (,,Judas aber sprach: Es ist ein leiehtes, dass eine grosse Zahl von einer geringen iiberwunden werde; und vor dem Himmel macht es keinen Unter-
sehied, dureh viele oder dureh wenige Rettung zu sehaffen, Denn nieht auf der Grosse des Heeres berubt der Sieg in der Sehlaeht, sondern yom Himmel kommt die Starke,")
lIS3-56 David, Josua und Judas Makkabiius galten als die drei wiehtigsten alttestamentlichen Hclden, vgl. Hoitgen in: Anglia 77 (1959), S. 279-309. lIS7-64 Dirckte Apostrophe an das Publikum, 1162 unrechte sache: FUr den Krieg muss ein anerkannter Rechtsgrund gegeben sein, vgl. unten V. 2226 zur bellum iuslum-Lehre. 1163 sich ... bewurn: 'seine Pfliehten [gegeniiber jemandem] erfiillen' (Lexcr !,
Sp, 253, 4), 1168 ebinturlichin: zu aventiure, vgL oben Kommentar zu V. 508, hier pejorativ
gebraueht.
1I69-96 Paraphrase von I.e 3,14: lnterrogabant autem eum et milites, dicentes: Quid fClciemus et nos? Et ait illis: Neminem cOlleutialis. neque calumniam fClciatis: et contenti estote stipendiis vestris. ("Es fragtcn ibn abcr auch Soldatcn:
Und was sollen wir tun? Und er sprach zu ihnen: Begehet gegen niemand Gewalttat noch Erpressung und begniiget eueh mit eurem Solde!") - Die Stelle wird zu der Frage, ob einem Christen das KriegfLihren erlaubt sei, immer wieder angefUhrt, vgl. z. B. 'Corpus luris Canonici', 'Decretum Gratiani' II, C. 23, q. 1,
e, 5 (Friedberg Bd, I, Sp, g(3) oder Augustinus, Epistola 13g, 15 (PI. 33, Sp. 531): Nam .'Ii christiana disciplina omnia hella cu/paret, hoc potius m.ilitibus cOllsiliutn. salutis petentihus in Evangelio diceretur, ut a/~iicerellt anna. seque
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Kapitel 7
omnino militiae subtraherent. Dictwn est autem eis: Neminem concusseritis. nulli calumniam feceritis; st{tJicia{ vobis stipendium vestrum. (.,Ocnn \Venn die GhristliGhe Lehre jeden Krieg verbote, ware den Soldaten im Evangelium gesagt worden, sie sollten die Waffen fortwerfen und sich ganz vom Kriegsdienst fernhalten. Es wurde ihnen aber gesagt: Tut niemandem zu Unrecht Gewalt an, verdreht niemandem das Recht und begntigt euch mit eurem Sold.") - Cristus lare ent'pricht lat. christiana doctrina. Obwohl die Zusage im Lukasevangelium durch Johannes den Taufer crfolgt, handelt es sieh hier cindcutig urn cine HcilsIcI1fe. (Kritisch Petersen 1909, S. 56 und 173: Rothe verfalsche die Worte des Herrn.) 1180 Die Ausnahme der Unglaubigen von der Schonung fehlt sowohl bei Lukas als auch in der Wiedergabe durch Augustinus. 1188 kratzcin: 'kratzen' DWb II, Sp. 207B (TT,3b): 'Geld zusammensGharren'.
Luther WA 24, 349, 9-10: das man allein alles was man kan. zu sick kratzet. VgL auch die Bezeichnung kratzkart fUr 'Wucherer' (Lexer I, Sp. 1713). 1194 bederben (swV): 'nutzen, gebrauehen' (Lexer I, Sp. 265f.; BMZ I, Sp.362a).
1201 Augustinus: Das Zitat konnte nieht identifiziert werden. - Nmlich Augustinus, 'Dc aetis cum Felice Maniehaeo', PL 42, Sp.536: Haedis dicet, qui in sinistra parte sunt: Recedite (l me, qui operati estis iniquitatem: nomen enim meum hahuistis. sed opera non fecistis; ite in ignem aetenuun, qui paratus est diabolo et angelis ~ius. Qui sunt qui nomen Christi habent, et mittuntur in ignem aeternutn. cum, diaholo et allf!,elis l?;jus; et ad quam parton pertinent isti, quihus Christas non permiscetur. et nmnen ejus portant? ("Den Bocken auf der linken Seite wird er sagen: 'Weichet von mir, die ihr Unrecht getan habt. Denn ihr habt meinen Namen getragen, aber die Werke nicht getan. Geht in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist!' Wer sind diejenigen, die den Namen Christi tragen und in das ewige Feuer mit dem Teufel und seinen Engeln geschickt werden" Und zu welcher Gruppe gehoren diejenigen, denen Christ us nieht zugesellt wird, obwohl sie seinen Namen tragen?"). Es handel! sieh urn eiue erWuterndc Paraphrase zu Mt 25,41. 1208 Listen: list ist hier negativ konnotiert, vgL aber positiv V. 1234.
1214 Cassiodorus: Das Zitat ist niGht identifiziert, eventuell eine Paraphrase zu PL 70, Sp. 123. Es handelt siGh dort urn eine ltingere Passage liber die symbolische Bedeutung des SGhwertes.
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1215 Die Konjektur von Bartsch und Neumann liegt inha1tlich nahe: "damit er entsprechend [wie oben gesagt] sein Leben fiihre." Die Identifizierung des Zitats konnte die Konjektur sWtzen oder widerlegen.
1217-25 Ubung in der Jugend und in Friedenszeiten ist eine zentrale Voraussetzung fUr den Erfolg im Kriegsfall. Der Gedanke wird spiiter (V.2B20-40, 3534-52) auf der Grundlage der 'Epitoma rei militaris' des Vegetius wieder aufgenommen. 1221 obirspelit: der Begriff ist unten V. 2512 und 4011 im Sinne von 'Uberdenken' verwcndet, vgl. Bech in: Gcrmania 6 (1861), S.57. Hicr viellcicht 'oft einUben' oder 'leichtfertig behandeln.'
1237-40 Die Strophe nimmt V. 1085-86 wieder auf. 1241 Das Kreuzzeichen als schiitzendes Zeichen ist im Christentum schon frlibzeitig aufgekommen und war weit verbreitet; es kam hei den versGhiedensten Tiitigkeiten zum Einsatz (vgl. HWA, Bd. V, Sp.535-562; Gretser, 'De cruce Christi', bes. TV, 9: crucemferendam esse constanter - durt aher keine Bezugnailme auf cinen Alfonsius). - Zur bildlichen Darstcllung von Kreuz und Corpus vgl. Petrus Alfonsi, 'Dialogus', PL 157, Sp. 670c: Neque enim idolafahricamus, nee adoramus, Irno crucemfacil1ws et ei imaginem hominis superponimus, et per crucem, quidem altare. per imaginem sacr~flcium quod super altare est designamus. [, .. J Ita et nos ante crucem ?,enua flectentes, nequaquam crucent illam aul imaginem superposilam, imo Deum Patron et Filium suum JesutrI, Chrislum adormnus (,Wir machen keine Bilder, noch beten wir sie an, sondern wir machen cin Kreuz und lcgen darauf das Bild cincs Menschen, und durch das Kreuz bezeichnen wir den Altar, durch das Bild das Opfer, das auf dem Altar liegt. [ ... ] So beugen WIT vor dem Krcuz die Knic, doch nicht das Kreuz oder das darauf gelegte Bild, sondem Gott Vater und seinen Sohn Jesus Christus beten wir an.") 1243 ullbeswerit: 'unbelastet, nicht gedriickt, unbelastigt' (Lexer II, Sp. 1767; BMZ 11,2, Sp. 814a).
Kapitel 8, V. 1245-1400 Als zweites Symbol fUhrt Rothe den Ring ein, den der Ritter nach der Schwertleite an seinem Finger tragen solI. Er steht mit seiner gesGhlossenen Form, die
keinen Anfang und kein Ende hat, fUr die Treue des Ritters (1253-56). Der Edelstein, der in den Ring einge1egt ist, ist zudem ein Symbol fur die Treue
gegeniiber Gott (1257-76). Uber ein langeres Pseudo-Augustinus-Zitat zum
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Kapitel8
Glauben als Edelstein und dessen Wirkungen (seelische und leibliche Gesundheit, Reue, Mfutyrertum, 1277-96) wird auf die eiuauder erganzenden Aufgaben von Klerikern und Rittern fUr die Erhaltung des christlichen Glaubens Uberge!citet (1297-1336), Mit Bcrufung auf Aviccnna wird die naturkundliche Wirkung des Goldes eingefUhrt (Smrkung des Herzens) und auf die Treue des Ritters bezogen (1337-60). Weiter werden die Hiirte des Steines und die Weichheit des Goldes ausgedeutet, zunaehst allgemein (1361-72), dann speziell im Hinblick auf das Leben des Ritters mit seinen Hausgenossen, das Strenge und NaGhsicht verbinden muss (1373-84). Das Kapitel mUndet so in den Gedanken, dass Weisheit den Adel seelisch begrUndet (13B5-1496). Zum Kapitel siehe Petersen 1909, S. 119-121. Zum Gedankengang Huber 2009.
Stellenkommentar: 1249 Der Ring ist hier ein Zeichen der Zugehorigkeit zur Ritterschaft. Bei Spangenberg 1594, f. 300a, symbolisiert er die Zugehlirigkeit zum Adcl. 1251 daz andir kleynote: Der Begriff kleynot wird hier auf jcdc Art von Schmuck oder Abzeichen ausgeweitet, das erste kleYllot ist das Schwert, das im vorigcn Kapitcl vorgestcllt wurde. Zur Bcgriffserwcitcrung vgl. Lcxcr T, Sp. 1617.
1253--60 Der Ring als Symbol fUr neue umfasst weltliehe und geistliche Aspekte. Die geschlossene Form weist auf die weltliche Treue hin, der Stein auf die Treue zu Gott. Beide Bedeutungen entsprechen dem lateinischen Begriff{tdes. Die unterschiedlichen Akzentuierungen wechseln im Folgenden abo Nach der geistlich ausgerichteten Passage Y. 1257-1336 dominieren weltliche Aspekte ab Y. 1337. - Tm 'Lob der Keuschheit', Y.3476-Bl weist der Ring auf das Versprechen, das die Nonne bei der Konfess gegenUber Gott abgibt: Tnll des hi/des lincken hand sal sin I ein schones guldenfingerlin. / ess hedutit das vortruwen zu gate / unde gelohede nach der M!isen rate / das van den kuschen meiden gesehet. / der herlze zu gotes Liebe slehl't. 1257-76 Edelsteine spielen in der mittelalterlichen Allegorese eine wichtige Ro11e. Sie lassen sich in vielfliltiger Weise ausdeuten, auslegungsfHhig sind u. a. ihre Eigenschaften, Farben, Namen, ihr Wert sowie ihre Wirkung im medizinischen und magischen Bereich (vgl. die Monographie von Meier 1977). - Der in Gold gefasste Edelstein ist auch im 'Schachzabelbuch' Konrads von Ammenhausen ein Symbol fUr Treue: wan edel f!estein in f!alde 1ft / verwurket, ietweders dem andem f!ft / f!ezierde, das man laht ir heider scMn. / sus sol ein riter f!etruwe sfll: / das ziert in, ols dell stein dos f!olt (Y. 6167-71).
V. 1245-1400
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1268 Wedir dorch lieb adir doreh leid: rechtssprachliche Wendung, vgl. DRW VIII, Sp. 1141-43, 1145. Sic bczcichnct das Unbccintlusstsein von persiinlichcn BeweggrUnden bei der Entscheidungsfindung. 1270 var ... setzcin entspricht mhd. viir setzen: 'als Pfand hingeben' (Lexer II, Sp. B95f.).
1277-98 Pseudo-Augustin us, 'Sermones dubii', Sermo 3B4 (PL 39, Sp. 16(0): Nullae quippe sunt majores divitiae, nulli thesauri, nulli honores, nulla mundi hujus major substantia, quam est fides eatholiea (I 277-BO), quae peccatores homines salval (1281), caecos illuminal (1282), infinnos cural (1285), calech-
umenos baptizat, fidelesjustificat, poenitentes repamt (12BB), justos augmentat, martyres coronat (1293), virgines, viduas et conjugates casto pudore conservat, clericos ordinat, sacerdotes cOllsecrat (1297-98), rq?llis coelestibus praeparat, in aetenw haereditate cum Angelis sanctis communicat. (HDenn es gibt keine groBeren Reichttimer, Schatze, Ehren, keine groBere Substanz in dieser Welt, als es der katholische Glaube ist, der die SUnder rettet, die Blinden erleuchtet, die Krankcn hcilt, die Katcchumcncn tauf!, dic Glaubcndcn rechtfcrtigt, dic Rcuigcn wiederherstellt, die Gerechten fOrdert, die Martyrer kront, die Jungfrauen, Witwen und Ehefauen in reiner Schamhaftigkeit bewalrrt, die Geistlichen einsetzt, die Priester weiht, auf das himmlische Reich vorbereitet und im ewigen Erbe mit den hciligcn Engc1n vcrcint.") Auch ziticrt in clef 'Gcistlichcn Brustspangc',
V. 2065-78. - Die Predigt nimmt Mt 11 ,5 auf: Caeei videllt, claudi ambulant, leprosi mundantur, surdi audiw/t, mortui resur?,unt, pauperes evan?,elizan.tur. 1277 keyner: Die Flexionsendung -er in der Handschrift beruht wohl auf einer Versehreibung, veranlasst durch die Endungen der beiden folgenden Adjektive.
1297 Priester und Ritterschaft: Beide Gruppen lcisten auf versehiedene Weise einen zentralen Beitrag zur Verteidigung des christlichen Glaubens, die Priester
durch ihr Predigen, die Ritter durch den bewaffneten Kampf, 1301 weichit hier transitiv: 'weich machen'. Gedanke: Frieden stumpf! ab und macht dekadent. 130S snbdill zu mhd. : hier wohl 'vermessen', moglich aueh 'bosartig'. 1309-14 Das Bild yom Feuer, das durch BlasbaIge in Gang gehalten wird, liegt fUr das Mittelalter aus der Alltagserfahrung nahe, Die Verbindung zwischen Feuer und Glauben findet sich vor all em im Matthtiusevangelium, Dort wird die durch Christus vorgenommene Taufe als Feuertaufe dargestel1t, Christus treibt das Feuer durch einen Blasbalg an: Mt 3,11-12: ipse vas bapthabit in Spiritu
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Kapitel8
Sancto. et igni. Cu;us ventilabrum in manu sua L... J ("Jener wird euch taufen mit dem Heiligen Geist und mit Feuer, dessen Blasbalg in seiner Hand [.. .]"). Die Glosse bei Nikolaus von Lyra gibt zu baptizabit an: Quia sanctificat a peccatis et a('('endit amore Dei. ("Denn er heiligt durch Befreiung von Siinden und entziindet mit der Liebe Gottes.") Mt 25,1-13 nimmt das Bild vom Feuer des Glaubens im Gleichnis von den klugen und den Wrichten Jungfrauen wieder auf. Die 'Glossa ordinaria' gibt zu lampades suas an: Opera. quae secundum COIltinentiamfiunt ("Werke, die entsprechend der Keuschheit geschehen"). Die Yerbindung der angeziindeten Lampen mit christlichen Werken findet sich in der Glossierung mehrfach. Ahnlich Hugo Cardinalis zu Mt 3, II: in Spiritu Sanetu. qui est ignis, in quo fit inflamnwtio ad bonum (.,mit dem Hciligcn Geist, def cin Feuer ist, durch das das Entztinden zum Gutes geschieht"). Vgl. auch Lc 12,49 Ignem veni mittere in terram [... ] (,,Bin Feuer auf die Erde zu bringen, bin ich gekommen.") - Zu wedele siehe V. 1733. 1315 Die Konjektur folgt Bech und Neumann. Ab legin (entspricht abe ligen) mit Dativ der Person: 'oben liegen, obsiegen, tiberwinden' (Lexer 11, Sp. 129). Genau diese Konstruktion ist fUr den folgenden, sytaktisch angegliederten Y, 1316 belegt. 1316 Neumanns Konjektur verdeutlicht zwar, dass es Ritter sind, die gegen die Heiden kampfcn, clef Text ist aber auch in def Ubcr1icfcrtcn Form sinnvoll, wcnn
Rothe wie an anderen Stellen den Akzent auf das Adelsmerkmallegen will, vgJ. Y,1322, 1317 Ein Yergleich zwischen Priestern und Rittern findet sieh bei Johannes Chrysostomus, 'De Saeerdotio' , IY, 4, wobei aber mehr der Untersehied betont wird und die Hundemetapher nicht explizit auftaucht. (PG 4g, Sp. 666; beruht auf der Ausgabe von Montfaueon 1718-38): Quas [haereses] omlles nisi pastor sciat probe refellere, vel per unam. possit lupus ma.ximam oviutn. parlem devorare. Sane cwn de militibus agitur, ab iis qui stant et dimicant, sive victoria, sive clades expectanda est: hic vera lange secus. Saepe namque aliorum. pugna. eos qui ne ab initio quidem congressi sunt, quique nullum suscepere laborem, quiescentes sedentesque victores constituit. (.,Wenn def Hirte sic [die Haresien] nicht aile enefgisch zurlick\vciscn kann, dann kiinntc sogar durch cinc cinzigc der Wolf den griiBten Teil der Sehafe verzehren. Wenn es um die Soldaten geht, so ist von denen, die Widerstand leisten und kampfen, entweder Sieg oder Nieder1age zu erwarten. Hier aber ist es anders. Denn oft hat der Kampf anderer diejenigen, die nicht von Anfang an gekHmpft haben und keinerlei MUhe auf sich
nahmen, Ruhende und Sitzende zu Siegern gemacht.") Vgl. auch 'De Sacerdotio' 11,2. - 'Geistliche Brustspange', V. 4247-48 tiber Geistliche: gude hracken sint dye selben, / sye sullen der cristenheyt fiende me/den. - Zum Vergleich von
V. 1245-1400
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Priestern mit Hunden siehe 'Glossa ordinaria' zu Is 56,10: sicut canes !?regem, sic prada Ii debenl cus/odire ph'bem; Hugo von Ihmberg, 'Solsequium' T, 39 (Ausgabe StrauB 2002, S. 156-157), 'Der Renner', V. 2g63-6g; Pseudo-Hugo v. St. Victor, 'De bestiis et aliis rebus' 2, 17; 3, II (PL 177, Sp. 65-66, 87). - Die Dominikaner werden in Anlehnung an die Ikonographie des heiligen Dominikus, def mit einem Hund zu seinen PUBen dargeste11t wurde, auch domini canes 'Hunde des Herrn' genannt. Dies bezieht sich auch auf die Wachsamkeit beim Erkennen von Ketzern. Vg1. Kobele 2002, S. 4g. 1321-22 Ob Ketzer und Heiden oder Priester und Ritter die grammatischen Subjekte sind, ist nieht eindeutig und auch aus dem Kontext nicht zu entseheiden. 1330 Das Bild des Priesters als Hirten (pastor), der seme Schafe weidet, ist biblisch, vg1. To 10. Dort wird To 10,12 auch die Gefahr durch den Wolf geschildert. VgL oben zu V. 1317.
1331 begingin sich: sich began 'das Leben fiihrcn, sieh erniihrcn' (Lcxcr T, Sp. 143). 1336 Zum Stand als von Gott geschaffener Ordnung vg1. Thomasin von Zerdacre, 'Dcr wHlschc Gast', V. 2603-76; Berthold von Rcgcnsburg, 'Prcdigtcn' T, S. 140-156 (Predigt X 'Von zehen koeren der engele unde der kristenheit'). 1337-38 Avicenna: 'Kitab al-Quanun fi t-tibb' COer Kanan, Die Satzung'), Bueh IT, Summe IT, Abteilung 2, Abschn. 25 (Mitteilung von Prof. Ullmann vom 18.9.2005). Ausgabe Plcmp 1658, 306a: Auris [... J Cordis doloribus el palpi/utioni eondueit; et recreat animum, ("Das Gold [ ... J hilft gegen Herzschmerzen und Herzk10pfen und erfrischt den Mut"); attfgenommen z. B. bei Vinzenz von Beauvais, 'Speculum Naturale' Vll, Cap. XlV: Auicenna 2. cap. medicinae. Aurum est aequale subtile, confortat oculum in alcofol positum. Confert etiam dolorihus cordis ac tremori eius. - Der arabische Universalgelehrte Avicenna (Abu Ali al-Husain ibn Abd Allah ibn Sina, ()gO-l037 n. Chr.) wurde auch im lateinischen Mittelalter stark rezipiert (zur Rezeption vg1. Alverny 1994). Sein Werk umfasst tiber 100 Schriften, davon 40 aus dem Bereich der Medizin. Eintlihrend Ullmann 1970, S.152-156; Weissner 1989; zu den medizinischen Schriften Siraisi 1987. 1341 Der Goldfinger (lat. diflitus anularis, deutsch auch 'Herzfinger' oder 'Arztfinger' genannt) ist der Ringfinger, vg1. DWb g, Sp. 771; 14, Sp. 1010. 1m 'Lob der Keuschheit', V.3529-33, definiert Rothe nur den Ringfinger der linken Hand als Goldfinger: den reiff stecke all dills hertzen finfler! / wallne di ader flet
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Kapitel8
dem hertzm zu / da man den refft sal an thu. / dar unune ist her der golt finger genant, / nehest den deinen an der Lincken hanl. 1348 gelabil mil der hant: formelhafte Wendung fUr das Verspreehen. das mit einer Sehwurgeste verkntipft ist, vgl. DRW 4, Sp. 1555. Vielleieht auf den Sehwur bei der Sehwertleite bezogen: spraehlieh ebenso moglieh ist ein Bezug auf jede Art von Verspreehen oder aueh die Untersehrift unter einem Vertrag (vgl. DRW 4, Sp. 1546). Gemeint ist mit der hanl wohl nieht die Hand, die den Goldring tragI: Als Sehwurhand wird in der Regel die rechte Hand genannt. 1353 Mnlieh Cassiodor, 'De anima', Cap. X, 'De eognoseendis malis hominibus' (PL 70, Sp. 1298A): Omnes igitar animae sine recla fide leterrimae sunt. [... J ('Es sind also aile Seelen ohne den reehten Glauben abseheulieh.") 1361-72 Auslegung der QualiWten des Ringes auf ritterliche Tugenden: Der
Ritter sei vor allem hart wie der Edelstein und weieh wie das Gold. 1361--{i4 Neben anderen (gegensatzliehen) Bedeutungen steht die Eigenschaft
des Edelsteins, hart zu sein, im Mittelalter oft fUr die Festigkeit im Glauben. Nieht alle Edc1steine haben diese Eigensehaft: als hart wird vor allem der Diamant angesehen, vgl. Meier 1977, S. 270-272. - Es korrespondieren die Eigenschaften mit Tugenden, herte mit f!,estrellf!,e, schone mit togintsam und dorchsiehlig mit uzriehtig (einleuehtender ware ulrichtig, eventuell Sehreibfehler). 1362 dorchsichtig: Die Durehsiehtigkeit wird, auch infolge der etymologisehen ErkHirung Isidors, als eine zentrale Eigenschaft des Edelsteines angesehen. Isidor, 'Etymologiae' 16,6,2: Gemmae vacatne quod instar gummi transluceant. ("Edelsteine heillen sie, weil sie nach der Art von Gummi LHarzJ durchscheinend sind.") Vgl. zu dieser Eigensehaft der Edelsteine Meier 1977, S. 236-241. 1363 der ritter: Gen. PI. Neumanns Konjektur nieht notig, da Rothe haufig zwischen Singular und Plural syntaktisch inkonzinn wechselt. - g4erte (stN): 'Fahrt, Reise', auch 'Lebensweise', vg1. Lexer I, Sp. 960-961. 1364 gestrenge entspricht lat. strenuus, Epitheton omans des Adels, vgl. oben zu V.706. 1365-72 Wie V. 1361-64 werden drei Eigensehaften aufgezahlt. Fesle ist wohl assoziativ an herte in V. 1361 gebunden. Neu eingetUhrt wird mit den Eigensehaften senfimutig und milde die Weichheit, die V. 1369 als Eigensehaft des Goldes allegorisch genommen wird.
V. 1245-1400
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1367-68 Ablehnung eines Zuviel an Freigebigkeit. Wird hier auf die aristotelische Vorstellung von der Thgend als einer Mitte angespielt? Vgl. Kap. II , V.IBI3-BB.
1372 wise und kune als Paarformel auch V. 3685-86. Vorbereitung des Themas 'Weisheit' unten V. 13B5-96. 1373-84 Das rechte Verhalten gegenUber dem Hausgesinde liegt im rechten MaE zwischen Weiehheit und Harre.
1377-78 Sir 4,35: Noli esse sicut leo in dmno Iua, evertens domeslicos tuos, et opprimens sub;ectos tibi. ("Sei nicht wie ein Uiwe in deinem Hause und kein Wiiterieh gegen deine Hausgenossen. ") Zum Motiv s. a. V. 3270. 1381-83 Ahnlich Sir 33,26: Operatur [servus} in disciplina, et quaerit requiescere: taxa manus illi, et quaerit liherlatem.. ("Lass den Sklaven arbeiten, so verlangt er lnurJ naGh Ruhe; lass seine Hande feiern, so verlangt er nach Freiheit. ") 1385-96 Das reehte Verhalten zwischen Strenge und Weiehheit fiihrt mit dem Thema 'Weisheit' zu einem yom Anfang des Kapitels stark abweichenden Akzcnt.
1392 dez: Genitivus objectivus zu huifte.
Kapitel 9, V. 1401-1582 Das dritte Privilcg ist der Knecht, der den Ritter beglciten solI. Er steht ihm aufgrund seiner Herkunft zu, entsprechend dem 'Adelsheil', das Rothe als eine Art vererbten Tugendadel deutet, der nicht nur korperliche, sondern auch intellektuelle Vorziige umfassen muB (1405-16). Das Thema Herr-Knecht beleuchtet Rothe dann anhand von Autorittitenzitaten von verschiedenen Seiten. Nach Aristoteles wird es auf die Herrschaft des Geistes iiber den Klirper bezogen (1417-36). 1m Anschluss an Hieronymus wird weltlicher Adel als Verpflichtnng herausgearbeitet, der VerstoB gegen diese ftihrt zur sozialen Herabstufnng (1437-80). Darauf folgen illustrierende Exempel: St. German, der den britisehen Konig durch einen Hirten ersetzt, und aIs negative Beispie1e Nero, Pilatus, Julianus Apostata (14Bl-1504). Ober Boethius und Hieronymus wird Geburtsadel dann erneut auf Tugend gegrUndet. Ein sUndiger Adliger ist in Wahrheit nicht frei, sondern ein Knecht des Teufels und der Untugend (1505-52). Insofern sol1in Umkehrung des standischen Verhaltnisses - der dem Ritter folgende Knecht
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Kapitel9
Wiichter Uber dessen Tugendhaftigkeit sein (1553-66). Daraus folgen Anforderungen an den Charakter des Kneehts und an dessen Behandlung durch seinen ritterlichen Herrn (1567-g0). Zum Kapitel siehe Petersen 1909. S. 121-124. Zum Gedankengang Huber 2009.
Stellenkommentar:
1401 Der Begriff 'Knecht' (frz. ecuyer) bezieht sich entweder auf einen sozial niedriger gestellten Diener, der fiir den jungen Ritter niedere Tatigkeiten Ubernimmt, oder auf einen Edelknecht, also einen gleichfalls ritterbUrtigen jungen Mann, der lediglich aufgrund seines Alters die Ritterweihe noch nieht erhalten hat. Allgemein zum Begriff 'Knecht' siehe Schmidt-Wiegand, in: iHRG 2 (19n), Sp. g95-g9g; zu den historischen HintergrUnden und den Aufgaben des Kneehtes oder Knappen vgl. Fenske 1990. - Zum Knecht als Adelsattribut s. a. Rothe, 'Passion', V. 60g-61O: So was Pylotus kamin dorl Ane dynir vnd ane knechte, / Also ab vnedil were !o.J)!n geslechte.
1403 sundirliche gabe: Synonym zu vorteil, ahnlich wie V. 1251 kleynot 'Geschenk', vgl. DWb 4, Sp. 1112. Oder ist der gesamte Vers als Attribut zu kneeht aufzufassen, gabe im Sinnc von 'Begabung' (DWb 4, Sp. 1115) zu verstchcn? Gegen die zweite Mogliehkeit spricht, dass VO/1 V. 1403 vennutlieh lateiniseh de entspricht. 1407-12 Also ir var wal had gehart: Der Verweis zielt wahl auf die AusfUhrungen zum Aufstieg in den Adcl nnd zum Tugendadcl, vgl. Kap. 3, V. 409-564. 1408 heil: Grundbedeutung 'Gesundheit', hier wahl im Sinne von 'Wohlcrgehen' verwendet. Der Begriff 'Adelsheil', der von der Forschung in Analogie zurn Begriff 'Konigsheil' geprHgt wurde und auf die Legitimitation der Herr-
schaft verweist, ist im Mittelalter nicht gebriiuchlich, vgl. Hechberger 2005, S. 59 und 65-60. 1415 redelichkeid: 'Vernunft' , 'Ratio', s. o. Kommentar zu V. 139.
1415-16 Die Vernunft wird als der stmdige Begleiter des Ritters gefordert. Sie ist wichtiger als korperliche Kraft. Den Gedanken, dass die Weisheit ein stmdiger Begleiter des Christen sein sollte, formuliert auch Sir 14,20-27. 1417-19 Aristoteles, 'De generatione animalium', 731b 29-31: Seele melius autem anima quidem corpore, Gnimatutn aaton inanimato propter animam. et
V.1401-1582
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esse eo quod non esse et vivere eo quod non vivere. - Ygl. 'Auctoritates Aristotclis', Hamcssc, S.224, Nr. 188: Anima nobilior est corpore el animalum inanbnato-, vivum mortua et ens non ente. ("Die See1e ist adliger aIs def Karper uud das Beseclte list adliger] als das Unbeseclte, das Lebende als das Tote und das Sein als das Nicht-Sein.") - Vg1. auch: Rosenplenter 1982, S. I I Off.; Aegidius Romanus, 'De regimine principum' IT, 10.
1420 Iy entspricht dem Tnfinitiv Ifn (kontrahierte Form von ligen). n-Ausfall beim Infiniti v ist fiir das Thiiringisehe kenuzeiehuend.
1421-25 Aristotcles, 'Dc generatione animalium', 738b 26-27: l::;s/ au/em corpus quidem exfemella, anima autem ex maseulo, vg1. 'Auctoritates Aristotelis', Hamesse, S. 224, Nr. 194: Corpus anima lis est ex jemina, anima ex mare ("Der Korper kommt von der Frau, die Seele vom Mann. ") Die Stelle gibt die Rolle der beiden Geschlechter im Zeugungsprozess an. Rothe stellt den Gedanken ein wenig anders dar: Aristoteles setze den Korper mit der sehwaehen Frau, die See1e mit clem Mann gleich. Der Zusammenhang Yom YerhHltnis zwischen Kar-
per nnd Seek znm Vcrhiiltnis zwischen Frau nnd Mann ist bereits in der crsten Aristotelesstelle angelegt und kommt in dem Kapitel immer wieder zur Sprache. 1432 one: Der syntaktische Bezug ist unklar, Ubersetzt werden kUnnte 'sich' (Geist) oder 'ihm' (Korper). Da im Kontext die Dominanz des Geistes Uber den Korper im Vordergrund steht, liegt das zweite naher. 1434 herschafi: 'Herrenwiirde' (Lexer I, Sp. 1261). 1m Hintergrund steht der Gedanke, dass die Bereehtigung zur Herrschaft sieh auf Vernunft (und damit aueh auf ein Gatt gefiilliges Vcrhalten) stUtzt.
1437 Hieronymus: Das Zitat konnte nieht identifiziert werden. 1438 Also ieh daz reehte kan vorste: Syntaktisch ist es naheliegend, den Vers als Teil des Hieronymus-Zitats zu verstehen. Da diese Relativiernng am Anfang der Aussage das Argument schwHcht und in der Vorlage eindeutig nachzuweisen ware (vielleicht Teil einer Rothe vorliegenden Sekundarzitierung), kUnnte man
auch einen syntaktisch locker eingebundenen Vorbehalt des Didaktikers ansetzen.
1447-48 umme suz: 'ohne Grund, umsonst', lat. frustra, gratis (BMZ n,2, Sp.757b). 1m 'Lob der Keuschheit' im Sinne von 'vergeblich' benutzt, V. 23gl-g2: di lilie l... J / umme suss si sich doch miiet. - giitlich bitten: formelhafte Wendung, vgl. DWb 9, Sp. 1463 (dort ohne klare Bedeutungsangabe).1st gemeint, dass die Form im Umgang gewahrt bleiben muss; def Adlige wird
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Kapitel9
nur tatig, wenn er auf die richtige Art und Weise angesprochen wird? Oder steht im Hintergrund, dass Niehtadligc Dingc tun, olme auf den Verdicnst zu achtcn (was in diesem Fall negativ bewertet ist), dagegen der Adlige bei jedem Verhalten darauf achtet, ob es seine Ehre erhiilt und fOrdert? 145S--{iO Fehlverhalten des Adligen zieht den Vorwurf der illegitirnen Geburt nach sich und fiihrt nieht nur zu einem Ehrverlust der eigenen Person, sondern auch der Mutter.
1462 zcidliches guthe: entspr. lat. bonum tempora/e. - Der Geburtsadel ist gegeniiber dem Gesinnungs- bzw. Tugendadcl nur nach MaBgabe zeitlicher Giiter etwas Wertvolles und kein Wert an sich. 146S--{i7 Entspricht Johannes von Salisbury, 'Policraticus' IV, 6 (Ausgabe Webb 524d): rex illiteratus est quasi asinus coronatus. Das Sprichwort wird hier Yom Konig auf den Adligen generell tibertragen. Zur Verbreitung siehe Grundmann 1959, S. 50-52; TPMA 'Ese!' Nr. 357-365; 'Konig' Nr. 10-20; 'Ade1' Nr. 44.Literarizitat dient dem Erlcrnen von moralisehcm Verhalten.
1465 owisigir entspricht Normalmhd. mVlonger. Almlich 'Wcltchronik', Kap.330, 'Lob der Keuschheit', V. 3230, 'Elisabethleben', V. 3386. 1472 glimphlich: 'angemessen', vgl. V.495. 1474 wise und >varle: 'Reden und Tun, Wort und Verhalten', formelhaft gebraucht, vg1. DWb 2g, Sp. 1071 (hier anders gebraucht als in der spezielleren Verwendung in der Lyrik). 1479 vortumit entspricht mhd. vertiiemen (swV): 'verurteilcn, verdammen' (Leiter Ill, Sp. 277; BMZ Ill, Sp. 134a). 1481--87 Vgl. 'Legenda Aurea' (Maggioni, Kap. 103, S. 692: Dum in Britannia predicaret et sibi et sociis rex Britannle hospitium denep,asset, subulcus rep,is regressus (l pascuis acceptam prebendam in palalio ad luguriwn proprium referens uidit beatum Genncmum cum sociis fame et frig()n~ /aborantem; quos in domo sua benigne recepit et tinicum uitulwn quem habebat lW!o,pitibus occidi mandauit. Post cenmn sanctus Gennanus omnia ossa uituli super pellon componi fecit et ad eius orationem uitulus sine mora surrexit. Sequenti die Gernwnus regi festinus occurrit et cur ei hospitium denegauerit potenter inquirit. Tunc rex uehententer attonitus sibi respondere non potuit et ille: "Egredere. inquit, et regnum. meliori dimitte!" Germanus if?itur dei mandato suhulcum cum ux:ore uenire fecit et uniuersis stupentihus ref?em. constituit et ex tunc ref?es ex
V.1401-1582
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subulci genere prodeuntes dominantur genti BritoHwn. (Pawlik in: Weidinger, S. 293: .,Als dcr heilige Germanus in Britannien prcdigtc, verweigerte der Kiinig von Britannien ihm und seinen Begleitern die gastliGhe Aufnahme. Da kam
gerade der Sehweinehirte des Kiinigs von der Weide und wollte das Essen, das er im Palast erhalten hatte, in seine Hlitte tragen. Als er sah, daB der heilige Germanus und seine Begleiter Hunger und KHlte litten, nahm er sie freundlich in
seinem Haus auf und sehlaehtete tUr seine Gaste das einzige Kalb, das er hatte. Naeh dem Essen lieB der heilige Germanus aile Knochen des Kalbes auf das Fell legen, und auf sein Gebet hin sprang sogleich das Kalb wieder auf die Beine. Am folgenden Tag ging Germanus eilends zum Kiinig und fragte ihn eindringlich, warunl er ibm die gastliehe Aufnalmle verweigert hatte. Da ersehrak der Konig sehr und konnte nicht antworten. Da sagte Germanus: "Geh und UherlaB
dein Kiinigreich einem Besseren, als du es bist!" Dnd Germanus lieB auf Gottes Gebot hin den Schweinehirten und seine Frau kommen und machte ihn zurn Konige, so daB aHe Anwesenden sich wunderten. Seitdem regieren Konige, die
von dem Saubirten abstammen, tiber Land und Leute von Britannien. ") - Zum Aufstieg yom Hirten zum Kiinig vgl. oben V. 57-64, 409-451, 529-54K 1497-1504 tiber Nero, Pilatus und den Ketzer Julianus wird gleiehfalls in der 'Legenda Aurea' berichtet. - Nero: Die 'Legenda Aurea' stellt die Hitung der Apostel Petrus und Paulus besonders heraus. AuBerdem werden dort genannt: Die Morddrohung an Seneca, in dessen Konsequenz jener sich sc1bst tOtet, die
Tiitung der eigenen Mutter, Neros widernattirlieher Wunsch naeh einer Schwangerschaft und die Anstiftung des GroBbrands in Rom (vgl. Maggioni, Kap. g4, 'De saneto Petro apostolo', S.563-572; Kieslinger-Henke in: Weidinger, S.227-232). Oder bezieht sieh Rothe auf den Weg, dureh den Nero zum Herrscher geworden ist? Dazu heiBt es, seine Mutter habe nach dem Tod des Vaters den Herrscher Claudius geheiratet und dafUr gesorgt, dass ihr Sohn sehr rasch den ersten Platz in der Thronfolge innehatte. In diesem Punkt illmelt die DarsteHung zu Nero den Geschiehten urn Pilatus und J u1ianus. - Pilat us: Neben seiner Beteiligung an der Kreuzigung Christi ist nach der Version der 'Legenda Aurea' vor aHem die Totung seines Bruders und spater seines Kameraden aus Neid zu nennen. Pilatus wird zur Strafe als Regent zu dem als unregierbar
geltenden Volk auf der Insel Pontus gesehiekt, das er wider Erwarten untcrwirft (vgl. Maggioni, Kap. 51, 'De passione domini', S. 348-350; s. a. Rothes 'Weltehronik' Kap. 76-79 und Rothes spater ent,tandene 'Passion'). - Julianus: Der Ketzer Julianus (Julianus Apostata, riimiseher Kaiser 361-363, *331 in Konstantinopel) ist der Legende nach non quidem saneWs sed seeleratissimus ("kein Heiliger, sondern der allerbosesten Menschen einer"). Laut der 'Legenda Aurea'
verschafft er sieh zu Unrecht eine groBe Menge Goldes, erkauft sieh das Amt des Rornischen Konsuls und wird spater zurn Kaiser. Er gilt als Zauberer und Feind
Christi. (Maggioni, Kap.30, 'De Sancto luliauo', S.214-217; Weidinger,
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Kapitel 9
S. 111-113; ausflihrlieh dargestellt bei Cassiodor, 'Historia Tripartita' VI,I, CSEL 71, S. 305-373). 1500 enzcabin; 'wahrnehmen', s. o. V. 814. Gemeinsam ist den drei Personen aber aueh, dass sie ihren Ade1 auf sehandliehe Weise erlangt haben.
1505-16 Boethius, 'Consolatio Philosophiae' 3, 5 (BUchner 1977, S.50): lam vero quam sit inane, qumnfuttile nobilitatis tlO1nen, quis non videat? Quae si ad claritudinem nfertur, aliena est; videtur namque esse nobililas quaedam de 1neritis vetliens taus parentwn. Quadsi claritudinem praedicatio facit, Uti sint dari necesse est, qui praedicantur; quare ,~plendidum teo si lumn non habes, aliena claritudo non efficit. Quodsi quid est in nobi!itate bonum, id esse arbitror solum. at imposita nobilibus necessitudo videatur. ne a maiorum ·virtute degeneret. (BUchner 1971, S.94: "Wie eitel gar, wie nichtig das Adelspradikat ist, sieht jeder. Wenn man es auf Ruhm zurUekfUhrt, so ist es ein fremder. Adel ist doeh offenbar ein Lob, das von den Verdiensten der Eltern riihrt. Wenn nun RUhmen BerUhmtheit versehafft, sind notwendigjede berUhmt, die gerUhmt werden; deshalb macht dich fremde Beriihmfheit nicht angesehen, wenn du nieht deine eigene hast. Wenn Uberhaupt im Adel etwas Gutes liegt, so ist es, glaube ieh, das eine allcin, daB den Adhgen der Zwang auferlegt scheint, in ihrer Art nicht die Vollkommenheit der Vorfahren zu verleugnen!''') - Bei Diefenbach 1g57, S. 125, cntsprieht lat. claritudo mhd. edilkeit. 1515 Oder ist gemeint: .,kannst du noch so adlig tun'?" 'Tun' als 'so tun als ob' ist bereits friihneuhochdeutseh nachgewiesen, DWb 21, Sp. 454 (IV, 5). 1517-18 Aile IUlhe [... J sinl kommen von eyner geborl: Boethius, 'Consolatio Philosophiae' 3,6 (BUchner 1977, S. 50): Omne hominum genus in terris simi!i surgit ab ortu; unus enim rerum pater est, unus cuncta ministrat. ("Aller Mcnschen auf Erden Geschlecht ist von Stamm ahnlichen Ursprungs. Einer ist Vater niimlieh der Welt und al1ein lenkt er das Ganze. ") Eine ausflihrliehe Argumentation zu dieser Frage findet sieh im 'Saehsenspiegel', Landrecht Ill, 42, dazu Kolb 1974, vg1. aueh GrubmUller 1979, S. 99-119. - Ohne Kenntnis dieser Quelle heBe sich der Satz aueh auf die These von der Herkunft aller Adhgen aus der Bauernsehaft beziehen; hierfUr spricht der exphzite Bezug auf vorher Gesagtes V. 1520, der vielleieht erneut auf V. 409-564 verweist. - Almheh aueh Pseudo-Hieronymus, Epistola 148 (PL 22, Sp. 1214,21): [... J nee interest qua quis conditione natus sit, cum 011'lneS in Christo aequaliter renascmnur. Nam et si obliviscin'lUr, quia ex uno omnes generati sunrus l ... J ("Es ist nicht von Bedeutung, wer unter we1chen Bedingungen geboren ist, denn alles wird gleichermaBen in Christus wiedergeboren. Auch wenn wir vergessen, dass wir alle aus einem entstanden sind L... ],,)
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1524 zcadil: 'GebreGhen, Mangel', var a11em von Lebensmitteln, vgl. Lexer III, Sp. 10 17. Rothe rcimt auf adil. - Almlieh SiWkiud von 1hmberg (Rcim edel / zedel), Lied 1 (Kraus, S. 421): Swer adellie-hen Inol, den wi! ieh han jur edel. / ,n-vie man sfns adds Gehlel nicht gen eimezedel. Die Strophe stellt wic Rothe hier die Pilieht des Adcligen zu tugendhaftem Verhalten dar und endet: .\Wer nicht sf von lu)hem nmnen / und siell untugende welle schamen. / dar zuo sfn selbes dine zem besten kan flezamen. / den heize ieh ede!. swier nieht sf von ade!
der flehome. (Y. 11-14). 1525 Hieronymus: Das Zitat konnte nieht identifiziert werden. 1531 meynil im 'Ritterspiegel' schon wie tthd. gebraucht, z. B. V. 53. So auch
'Weltchronik', Kap. 683. 1540 irsteigin zu mhd. erstfgen: 'durch Steigen erreiGhen' (Lexer T, Sp.677)
oder zu mhd. ersteiflen: 'aufsteigen machen' (Lexer 1, Sp. 676, hier: "den die SUnden hoch aufsteigen lassen", im Kontext eher erste Moglichkeit). 1549 Erst ab hier geht der Text auf den Knecht als realc Person ein. 1553 Zum Knecht als Ratgeber vgl. 'Der deutsehe Cato', Zarncke, S.46, V. 369-370: Dins k.nechtes nit ,--'en-vifi niht. / dUe er dir mil triw'ven iht. 1557-60 Almlich 'Konig Tirol', Sir. 44: Luillmeisler. nim dtns ilerrell war / doz er mil rehlen siten var / [ ... ] / vor trunkenheit er sich bel/,mr. Warnung vor
'Itunkenheit z. B. auch bei Thomasin von Zerclaere, 'Der walsche Gas!', V.4285-92; 'Der deutschc Cato', S. 56/57, V. 563-571. 1558 Der Vers bezieht siGh sawahl auf den V. 1557 als auch auf V. 1559. 1563 Zum Biittcl
S. O.
zu V. 'ilK
1567 Das riehtige Verhalten des Kneehts liegt in der Mitte zwischen Feigheit und Ubermut, dies entspricht der aristotelisehen Bestimmung vonjiJrlilndo. Zur Tugend als Mitte unten V. 1813-84. 1574 venuiftig: vemuji haufig vorkommende Variante zu venulIlji. DWb 25, Sp. 927 gibt es als mnd. Variante an. 1579 abeligin entspricht abeliegen (Reim zu belriegen): 'durch Liigcn wovon abhalten' (Lexer 1, Sp. 4).
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KapitellO
1580 Die Uberlieferte Lesart ist im Kontext sehwierig. Naeh V. 1565 geht der Knecht hinter seinem Herrn. Oreht Rothe hier die Abfolge um, wo der Knecht 'vernUnftig' auf seinen Herrn achtet und diesem 'wie seine See1e' lieb sein soH'!
Kapitel 10, V. 1583-1764 Oas vierte Privileg des Ritters ist die Erlaubnis, Gold am Gewand zu tragen. Nach einer naturwissenschaftliehen Beschreibung der Verbindung zwischen einzelnen Planeten und Metallen (Pseudo-Rhazes) legt Rothe versehiedene Eigenschaftcn des Goldes in mehreren Auslegungsdurchgangen auf Tugendcn hin aus. Oas Gold, das dUnn ausgetrieben und um Eiden herumgesponnen wird, symbolisiert Geduld und Weisheit (1603-10). Dies zeigt sich in dem riehtigen Verhalten als Herrscher: Weich sein soH der Konig gegeniiber denen, die ihn um etwas bitten, hart aber gegenUber den en, die ihn anfeinden wo11en. Dies wird am Vorbild Konig Davids illustriert (1611-38). Oas golddurchwirkte Kleid bedeutet zudem das Edle und Gute, und dass der Ritter Liebe zu Gott und Gottesfureht in sieh tragt (1639-66). Oesweiteren geht Rothe auf die natiirlichen Eigenschattcn des GuIdes ein und legt diese am;: Es wird yom Rust nicht verzehrt, wie ein guter Ritter nieht yom Hass verzehrt wird. Es verliert im Feuer sein Gewieht nicht, wie ein guter Ritter im harten Kampf seinen Mut nieht verliert (1667-94). AuBcrdcm muss man, wcnn man vcrgoldctc Silbcrspangcn machcn moehte, clamuf achten, dass Staub, Wind und Feuchtigkeit nicht storen, so wie der gute Ritter sieh nieht dureh Geiz, Hoffart und Unkeusehheit beirren lassen salle (1695-1746). Ais weitere Laster werden Hoffart, Hurerei, WeingenuB und Wiirfelspiel angeprangert (1747-62). Oas Kapitel beruft sieh fUr naturwissenschaftliche Zusammenhange auf Rllazes, Albertus Magnus und Plinius. Zunl Kapitcl siehe Petersen 1909, S. 124-127. Auf das Kapitcl wird als historische Quelle verwiesen bei Lehmann-Langholz 1985, S. 126; Krall 2006, S.157-15K
Stellenkommentar:
1583 ZunI Gold als Adclsattribut vgl. Herold Sicille (Cocheris 1860, S. 21): L't pour ce que l'or en sa proprihe est compare en plusieurs choses au soleil, ordonnerent les anciennes loix que nul ne portasf or ne dorure, s'il n'estoit noble et chevalier. ("Und weil das Gold in mehreren seiner Eigensehaften mit der Sonne vergliGhen wird, haben die alten Gesetze angeordnet, dass niemand Gold oder Vergoldetes tragen dlirfe, es sei denn er sei adlig und Ritter.") - Db es sieh bei dem Tragen von Gold an der Kleidung tatsachlieh um ein althergebrach-
V.1583-1764
343
tes Adelsprivileg handelt oder nur um eine giingige Praxis, ist unklar. Kleiderordnungen ge- und verboten im spaten Mittclalter verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen das Tragen bestimmter Farben und Stoffe, siehe dazu BrUggen 1989, Kap. 9. - Rothe selbst gibt oben V. 773-776 an, das Privileg des Ritters, goldene Spangen zu tragen, gehe auf die Zeit des Trojanischen Krieges zurUck. 1584 spangin: Auch hier dUrften nieht jede Art von Spangen, sondern nur goldene gemeint sein.
1587 Rhazes (Abu Bakr Muhammad b. Zakariya'ar-Razi), 865-925 n. Chr., war ein arabischer Arzt und Alchemist; er gilt als bedeutendster Arzt der Bliitezeit der islamischen Kultur. Seine Werke waren friih auch im lateinischen Mittelalter bekannt und verbreitet. Zur Einfiihrung siehe Ullmann 1970, S. 128-136. 1587-98 Die Verbindung zwischen Metallen und Planeten findet sich so nicht bei Rhazes (Mitteilung von Prof. Ullmann vom 18.9.2005). Quelle fUr Rothe ist wahl der Text 'De aluminibus et salibus', der in der handschriftlichen Uberliefcrung wie aueh bei Vinzenz von Beauvais ('Speculunl Naturale', Buch VII, Cap. VI) Rhazes zugeschrieben wird. Vg1. 'De aluminibus et salibus', Ausgabe Ruska 1935, G § 22: in aum [... J Et ipsum est ex parte so/is. ("vom Gold [... ] und dieses entspricht der Sonne'''). Der Text nennt auch die Verbindung zwischen
Silber und dem Mond (G § 31), Eisen und dem Planeten Mars (G § 39) sowie Blei und Saturn (G § 58). Die lateinischen Ubersetzungen verwenden zur Beschreibung des Zusammenhanges zwischen Planeten und Metallen nehen dem
Ausdruck ex parte auch de sectione, beidem liegt der astrologisehe Ausdruck gr.: KAfjpO~, arab.: qism zugrunde (Ruska 1935, S. 19). Hintergrund ist die Entsprechungslchre mit der Vorstellung, dass die makrokosmisehe Ordnung in der mikrokosmischen der Welt abgebildet ist. Rothe umschreibt dies durch verschiedene Verben. - Bei der Zuordnung von den Metallen zu Planeten handelt es sich um astrologisches Allgemeinwissen, vgL Haage 1996, S. 27. Dies und die naturwissenschaftlichen ZusammenhHnge sind erHiutert bei Albertus Magnus,
'Mineralium' Ill, I (Borgnet Bd. V, S. 66). 1599 Die Vorstellung, dass die Sonne der edelste Planet ist, ist gleichfalls Allgemeinwissen, vgl. Rhazes, 'De aluminibus et salibus', G § 22: Et scias. quod ipsum LaurumJ est Dominus lapidum et corporum et Rex L... J Et sic est aurum inter corpora sicut Sol inter sidera. ("Und wisse, dass es Ldas Gold] der Herr und Konig der Steine und der Metallkorper ist L... ] Und so ist das Gold unter den Metallkorpern wie die Sonne unter den Gestirnen. "). S. a. unten zu V. 1673. 1601 getrete: collectivum zu trat 'das Treten', vg1. Lexer I, Sp. 947, auch Bech in: Gennania 9 (1864), S. 176.
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KapitellO
1603~4 Metallgespinste, die um einen textilen Grundfaden herumgesponnen werden, bezeiehnet man aueh als 'Lalmen' (Sprandcl, 'Draht', in: LexMA 3, Sp, 1352, vgl. auch DWb 12, Sp, 77 und g, Sp. g09), angelehnt an frz. lame, Sie werden zur Herstellung von Goldstoffen, vor allem Diasper, verwendet. Die moderne Bezeichnung 'Brokat' ist im Mittelalter nicht geIaufig. - Beschrieben ist die Herstellung z, B. bei Hieronymus, Epistola 64 (PL 22, Sp, (15): Auri laminae, id est. hracteae, mira tenuitate tendulltur, ex quibus seeta fila torquelllur [",J el effieilur palliolum mirae pulchritudinis, (,,Es werden Seheiben, d, h. Blattehen aus Gold von auBerster Feinheit gezogen, aus denen Faden geschnitten und gedreht werden [".J und so entsteht cine Hiillc von wunderbarer Sehiinheit. ")
Die beiden Verse wirken wie FUll verse, ein Zusammenhang zu V. 1603-04 wird nieht deutlieh. 1605~6
1607 Geduld: Der Herold Sicille fUhrt als Bedeutung des Goldes an ('Le blason des wuleurs', Cocheris I g60, S.25): signifiant aux Rays la vertu de patience. force el constance en loutes adversitez et trihulations (,,Es bedeutet fUr die Kiinige die Tugend der Geduld, Starke und Standhaftigkeit in allem Ungliick und in allen Widrigkeiten. ")
1611-13 IT Sm 23,K Haec nomina fortium David. Sedens in cathedra sapientissimus princeps inter tres, ipse est quasi tenerrimus ligni vemliculus, qui octingenla.'! interfecit impetu UIlO. ("Diese Namen stehen am meisten David ZU, der am allerweisesten auf dem Thron sitzt als erster unter dreien. Er selbst ist gleichsam ein sehr zartes HolzwUnnchen, das auf einen Schlag achtzig geWtet hat.")Vgl. aus der Auslcgung bei Hugo Cardinalis zu lenerrimus lig"i venniculus: Vennis mol/is est, cum tangitur; sed a~per quando tangit. [... J item debet esse tenerrimus venniculus ligni, tenerrimus quidem, per mansuetudinem. venniculus per humilitatem [... J ligni autem dicitur, quia venniculus licet parvus tamen lignumj()rtissimwn terebat, in quo zeiusjustitae. ("Oer Wurm ist weich, wenn er berUhrt wird, aber hart, wenn er berUhrt. l ... J So muss er ein ;iuBerst weicher Holzwurm sein, weich wegen der Sanftmut, Wurm wegen der Demut L... J Von Holz wird jedoch gesprochen, weil der Wurm trotz seiner Kleinheit doch das starkste Holz durchbohrt, das bedeutet den Eiler in der Gerechtigkeit.") Diese Auslegung kennt auch Luther, WA 26, 273, 21. - Die Eigenschaften des Holzwurmes finden sich dagegen so nicht bei Thomas von Chantimpre im 'Liber de natura rerum' und nicht bei Konrad von Megenberg. 1614 gehit ... schult: Die Stelle wird zitiert bei BMZ 11,2, Sp. I 84b, Z. 30/31, die genaue Bedeutung wird dort nicht deutlich.
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V.1583-1764
1623-26 Davids Barmherzigkeit ist dargestellt II Sm 9,1: Et dixit David: Pulasnl' est aliquis qui remanseril de domo Saul. til fllCimn cum eo misericordiam
propter Jonathan? ("Und David sprach: 1st noch jemand vom Hause Sauls Ubriggeblieben? So will ieh Barmherzigkeit an ihm Uben urn Jonathans willen.") und II Sm 9,7: Et ait ei David: Ne timeas, quia laciensfaciam. in te misericor-
diam propter Jonathan patrem tuum, et restituam tibi omnes agros Saul patris tui: et tu com.edes panem in mensa mea semper. ("David sprach zu ihm: Flirchte
dich nicht; denn ich will Barmherzigkeit an dir Uben urn deines Vaters Jonathan willen, und ieh will dir den ganzen Grundbesitz deines [Gross-]Vaters Saul zurUGkgeben; du aber sol1st a11ezeit an meinem TisGhe essen.") S. a. Ps 131,1; TT
Par 6,42.
1627-30 Davids Harte wird II Sm 10 illustriert: David raeht die unehrenhafte Behandlung seiner Leute durch die Ammoniter mit einem verheerenden Kriegszug. 1631-38 Zusammenfassung des Bildgehaltes des goldenen Gewandes. Die beiden entgegengesetzten Thgenden Barmherzigkeit und Harte wurden schon oben Kap. B, V. 1369-B4 angesprochen. 1639-58 EinfUhrung geistlicher Tugenden (Gottesliebe, Glaube) gung des Klcides.
In
die Ausle-
1655-58 Gottes Gnade ist Vorbild fUr die Freigebigkeit des Ritters. Zur Verbindung von mille und gottiieher SchOpferkraft vgl. Heinrich von MUgeln, 'Der me ide kranz', V. B: dins mUden herzen sark, dazu Volfing 1997, S. 19-20. 1659 scheme dich: Appelliert wird an das EhrgefUhl des Ritters, das ihn dazu bringt, keine biisen Taten zu begehen.
1667 Vgl. 'Geistliche Brustspange', V. 1B9-196: efJ spricht ouch meister Alhrecht: / 'das golt hal grosse machte. / ~v'a!l eJ3lvn iSI unde ouch reyne. / so iSI eft SI1!erer dan der ertz keYIl / eft isl ouch gesmydiger unde weycher vel/ [... J unde ltJ3it sich auch alzo dunne triben, / das man dor mede mag schryben / unde dclj3 gemolcze schone belegin ... '
1672 So leftit ez sin klingin: Der Vergleieh mit dem Verzicht auf bose Worte 1687-88 Iasst vermuten, dass hier "unterlasst es sem K1ingen" gemeint is!.
1673-80 Plinius, 'Naturalis historia', Bd.33, Cap. XIX (Konig / Winkler, S.48-50): LAurumJ nec pOlldere aut facilitate m.ateriae praelatum est ceteris metallis, cum cedat per utrumque plumho, sed quia rerum, ulli nihil iRlle deperit,
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KapitellO
tuto etiam in incendiis rogisque. quin imnw quo saepius arsit, proficit ad bonitatem. aurique experimentum ignis est, ut simili colore rubeat ignescatque et ipswn; obrussam vocant. [, .. J super cetera non robigo ulla, non aerugo, non aliud ex ipso. quod COTIsumat bonitatem minuatve pondus. (Winkler, S. 49-51: "LOas Gold] wird auch nicht wegen seines Gewichts und der Leichtigkeit der Bearbeitung den llbrigen Metallen vorgezogen - in diesen beiden Eigenschaften steht es dem Blei naeh -, sondem weil ihm als einzigem Stoff niehts dureh das Feuer, sieher aueh bei Branden und auf Seheiterhaufen, verloren geht. Vielmehr, je after es gegliiht hat, desto mehr gewinnt es an Gllte, und das Feuer dient als Probe fUr das Gold, indem es ebenfalls die tlammend rote Farbe des Feuers annimmt; man ncnnt dies die 'Feuerprobe'. [... ] AuBerdem bildct [das Gold] an sich weder irgcndcincn Rost noch GrUnspan noch irgcnd ctwas andcrcs, was seine Gllte beeintrachtigen oder das Gewicht vermindern konnte.") - S. a. Albertus Magnus, 'De mineralibus et rebus metallicis', TV (Borgnet VIT, S.92, entspricht Jammy IT, S. 265): aurum sit incorruplibilius omni metallo, et ma!!is sustinens ignem propter fortissimmn sui connnixitionenl in mixtura. ("Das Gold sei weniger verderblich als jedes andere Metall und halte das Feuer besser aus, wegen seines sehr starken Zusammenhalts bei einer Misehung.") - Vgl. Sir 2,5: quoniam in igne probatur aurum et argentum, homines vero receptibiles in camino hwniliationis. ("Denn vilie das Gold durehs Feuer, so vilerden aueh, die Gott gefallcn, durchs Feuer der Triibsal erprobt. ") - Die Pliniusstelle ist auch ziticrt in Rothe, 'Geistlichc Brustspange', V. 123-130: Pliinius. der grope meyster ,~pricht: / fist das golt gerecht unde vomlischet nicht, / so stehet (if) gar lange ezyt in der glut, / dai] ei] keyn abenemen /lummer thut. / {if] bUbet alleezjt also swer. / also ab es yn deme Jure /licht e/lwere. / eiJ verrauche! ouch /lichl in der zcyt, / also eyn onder ertz phlyt. / liP beremit unde malet ouch nicht / also eyn anderp, ah man eJ] an stricht.' 1683 Der Hass ist der hier durch das Gold hauptsachlich symbolisierten Geduld entgcgcngesetzt (vgJ. oben V. 1607). Das Bild verwendet auch Berfhold von Rcgensburg, ed. Pfeiffer I, 106: in izzet der IUlz in dem herzen als der rost tuol fsen. Ahnlich 'Winsbecke' 27, 1: wie der rot / daz fsen viulet und den stGl: / also tuot unhescheiden spot / des mannes herze sunder twd!. und Albrecht von Scharffenberg, 'Jiingerer Titurel', Str. 5911, Z. 3: alsam dae rot den "tahel und /zen izzet. / also tuot leit demo herzen, swa liebe rehter trhve niht verg/zzet. 1689-90 Ahnlich das Sprichwort Geduld isl ein edel Kraut, wiichst aber nichl in allen Giirten (Ollringsfeld Bd. 1, Nr. 54g). Ollringsfeld weist auf die Qualittit der Geduld als Tugend im Kampf hin. - V. 1690 ist nicht Teil des Sprichworts, wiewohl in dem genannten Sprichwort eine einschrlinkende Bedingung, die besagt, dass der Verzicht auf Rache vielen nicht leicht fallt.
V.1583-1764
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1691 ebinture: zum Begriff s. o. V. 255 und 50K 1699 meistir Albracht: Die Stelle konnte bei Albertus Magnus nicht gefunden werden.
1700 werdi! in warheid fundin: vermutlich eine Bekriiftigungsformel und kein Hinweis auf die Quelle. 1703 Apokoinu; der Vers bezieht sieh sowohl auf das zuvor Gesagte, als aueh auf das Foigende. Vgl. Paul 2007, § S 233. l71l-50 Auslegung der Verarbeitung des Goldes auf Spangen: Die EinflUsse, die eine erfolgreiehe Vergoldung von Silber verhindern, werden mit Lastern verglichen, die der rechten Weisheit entgegenstehen: Gier entspricht dem Staub, Hoffart dem Wind, Unkeuschheit der Feuchtigkeit. 1725 Neumanns syntaktische Angleichung ist nicht notig. - Zu hinfleleit vgl. hinleger (sIM): 'Vcrnichtcr, Zcrs!lircr' (Lcxcr I, Sp. 1299). 1733 wedil entsprieht lat. venti!abrum, vgl. Lcxer III, Sp. 627. Gedacht ist also an ein Gerat, mit dem man beim Getreidedreschen die wert10se Spreu vom Korn trcnnt. 1747 Ahnlich, aber ohne Benennung der Hoffart (statt dessen wird der Wein als drittes genannt) Freidank, 'Beseheidenheit' 48, 9: lrriu wip, zern ullde spi! / diu machent tumber liute vii; 'Der deutsche Cato', V. 557-569 (Z1rneke, S. 56): mft ba:siu ).t'lp unde ,~pil: / die verderbent Junger llute viI. / irriu ll'fp und ,~piles liebe / machent mat!eflen man ze diebe. Vgl. auch unten V. 1759-62. 1751-54 Sir 10,14: Sedes ducum superborum destruxit Deus, et sedere fecit mites pro eis. ("Der HochmUtigen Throne hat Gott gestUrzt und die DemUtigen an ihre Stelle gesetzt"). Die Vernichtung des ganzen Geschlechts konnte sieh an Sir 10,1 B-21 anlehnen. - Die Weisheitslehren im Buch 'Jesus Sirach' wurden im Mittclaltcr Salomon zugcschricbcn, vgl. Mattcjict, 'Salomo' , in: LcxMA 7, Sp. 1310. Rothe zitiert unten V.2529-52 eine weitere Stelle aus Sirach unter dem Nanlen Salomons. 1763-64 Zwei FUllversc aullcrhalb der Strophe, in der Handschrift am Ende von fol. 34v, in einer Zeile (s. Abb. 3).
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Kapitel 11
Kapitelll, Y, 1765-1912 Als flinftes Privileg nennt Rothe die bunte Kleidung des Ritters, Das Gewand wird so gedeutet, dass sich der Ritter mit Gutem, d. h. vor allcm mit guter Gesellschaft umgeben soli (1765-84). Die Buntheit verweist auf die notige Vielzahl von Tugenden, die nach Aristoteles gefordert wird ("Eine Schwalbe macht noeh keinen Sommer", 1785-1812). Gleiehfalls mit Aristoteles definiert Rothe die Tugend als eine Mitte und illustriert dies zunachst mit dem der Nikomachisehen Ethik entstammenden Gleiehnis yom Bogenschiitzen, der nieht zu hoch und nicht zu tief und auch nicht rechts oder links am Ziel vorbeischiellen darf, urn das Zicl zu treffen (1813-36). Ebenfalls aus der Nikomachischen Ethik stammen die beiden beispiel haft ausgefUhrten Tugenden der Freigebigkeit (1837-72) und der Tapferkeit (1873-88). Mit Seneca beschreibt Rothe die Tugend schlieBlich als etwas, das man sich mit FleiB von Jugend an erwerhen und um das man sich standig bemUhen muss (I gg9-1(00). Dabei salle man sich von der Weisheit fiihren lassen (1901-04); rechte Gliickseligkeit finde man nur in der Tugend, nicht in materiellem Besitz (1905-12). Zum Kapitel siehe Petersen 1909, S. 127-131.
Stcllcnkommcntar:
176S--{)6 buntis kleid: Gemeint sein kann mit dem Begriff prinzipiell ein vielfarbiges Gewand jeglicher Art oder auch nur das als bUill bezeichnete mehrfarbige Fell des EichhOrnchens, das zu Pelz verarbeitet und als Mantel getragen wird (vgl. die Bezeichnung bunlwerk). FUr die zweite Alternative sprechen V. 1797 (ein Pelz wird als 'bunt' bezeichnet, wenn Grau in das Weill gemischt ist), V. 1849 (bildhaft ist von einem bunten Fell, das seine Haare verloren hat, die Rede) und V. 1797-1800 (Bezug auf norwegische Pelze). Die Auslegung V. I g07-1 2 zeigt aber, dass Rothe zumindest auch an die erste Variante denkt (al sill gewalll V. 1812). - Die bunte Kleidung des Ritters ist wahl urspriinglieh ein Ausdruck von Reichtum, auf jeden Fall aber auch ein Reprasentationsmittel. Fcinhcit von Material, Farbigkeit und StoftfUllc bci der Kleidung wurdcn bercits im 12. lalrrhundert als Vorrecht des Adcls angesehen. Die 'Kaiserchronik' verweist unl 1150 auf ein angebliches Gesetzeswerk Karls des GraBen, das ftir Bauern schwarze oder graue Kleidung vorschreibt und die ftir die Klcidung verwendete Stoffmenge begrenzt (14791-g02). 1m 'Seifried Helbling' (Kap. IT, V. 70-77) ist den Bauern vorgeschrieben, werktags graues Loden zu tragen, an Feiertagen ist ein blauer Wall stoff erlaubt. Reale Kleiderordnungen sind seit der Mittedes 13. lahrhunderts belegt (vgl. BrUggen 1989, S. 141-148; Bumke 1986, Bd. I, S. 172-175). Rothes Darstellung wird in der Forschung als zentrale Quel-
V. 1765-1912
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Ie fUr die positive Bewertung farbiger Kleider angefUhrt (Lehmann-Langholz 1985, S. 126-127, 169; Bumke 1986, Bd. 1, S. 181). Petersen 1909, S. 129: ,,[ ... ] noch aus dem Jahre 1423 findet sieh in den WeistUmern (T, 465) eine Verordnung des Mainzer Erzbischofs, daB in seinem Wildbann zu Lorseh niemand jagen dlirte, auGer daz ein ritter quem,e mit hunden cleidern L... J" Bunte Gewander sind Ex n und 29 die heiligen Kleider der Priester. Orientiert sieh die bunte Gewandung des Ritters an diesem biblischen Vorbild? 1767 Der Gedankengang ist locker: Die Farben am Gewand werden positiv gewertet und sind insofern ein Bild fUr Tugenden. 1773 rurit zu mhd. riieren (swV), hier: 'anrUhren, berUhren' (Lexer 11, Sp. 531). - Socrates: Die Stelle konnte nicht identifiziert werden.
1776 vichtit an zu anevechten: 'anfeehten, beunruhigen ' (Lexer T, Sp. 64). 1784 Der Gedanke "es lohnt sieh nieht, fUr einen Bosen Gutes zu tun" ist sprichw6rtlieh verbreitet, vgl. TPMA 'schlecht' Nr. 289-304. Ocr Begriff dung wird hier schon wie im Neuhochdeutsehen gebraueht, s. a. V. I g42. Ahnlieh 'Lob der Keusehheit', V. 1314. 1785-88 Einc entsprcehende Formulicrung konntc bci Aristoteles nieht ausgemacht werden. Rothe spricht eine Grundvoraussetzung der aristotelisehen Tugendlehre an, wie in den folgenden Zitaten zu V. I g 13, I g25 und I g37 deutlieh wird. - Vgl. Thomasin von Zerclaere, 'Der walsehe Gast', V. 4359-62: eil1 tltgent Mit niht die kraft / daz si mache tugenthaft: / swer tugenthaft sfn wi!. / der muuz huben tugende vil. 1788 tribit an: im Zusammenhang mit Tugenden aueh V. 331 verwendet. Wird irnpliziert, dass die Tugend im aristotelischen Sinn als Ttitigkeit verstanden wird, in der man sich besmndig Uben muss? 1789-96 Aristoteles, 'Nikomaehisehe Ethik' 1,6 (109ga 15-20, 'Aristoteles Latinus' XXVI, 1-3, S. 151): Si (lulem sic, humanum bonum anime operacio fit secundum virtulem. Si (lutnn plures virlutes, secundum perfectissimam et optimam. Amplius autem in vita pefj'ecta. Una enim irundo \-'er non fcwit, neque una dies. Ita utique neque beatwn et felicem una dies neque paucum tempus. (Dirlmeier, S. IS: ,,[ ... ] so gewinnen wir sehlieBlieh als Ergebnis: das oberste dem Menschen erreiehbare Gut stellt sieh dar als ein Ttitigsein der See1e im Sinne der ihr wesenhaften TUehtigkeit. Gibt es aber mehrere Formen wesenhafter TUehtigkeit, dann im Sinne der vorzUglichsten und vollendetsten. Beizuftigen ist noch: 'in einem vollen Menschenleben'. Denn eine Schwalbe macht noch keinen Friih-
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Kapitel 11
ling und aUGh niGht em Tag. So macht auch nicht em Tag oder eine kleine Zeitspanne den Mensehen gliicklieh und selig.") - Die Stelle ist auch aufgenommen in den 'Auctoritates Aristotelis', Hamesse, S.233, Nr. II: Felicitas est perfectio animal' secundum virtutem peJjlxtmn. Sieut una hirundo non facit 'ver, nee una dies calida aestatem, sic nee una dies vel m.odicum. tempus facit hominem felicem. ("Das GlUck ist die Vollendung der Seele aufgrund der Vollendung der Tugend. So wie eine Schwalbe nieht den Frtihling macht, und ein warmer Tag keinen Sommer, so macht nicht ein Tag oder kurze Zeit den Mensehen gliieklich.") - Zur Verbreitung als Spriehwort vgl. TPMA 'Schwalbe' Nr. 1-276. 1793-96 Noch Aristoteles, 'Nikomachische Ethik' I, 6, zitiert oben zu V. 17g9. Die Stelle wird auch aufgenommen im 'Purgoldt'sehen Reehtsbuch', Buch IV, Kap.2. 1797-1800 Das 'bunte' Fell der EichhOrnchen variiert geographiseh und jahreszeitlich. In Europa nimmt der Anteil dunkler Varianten von SUdwesten nach Nordosten hin ab, in Nordosteuropa und Sibirien waren Eiehhiirnehen einfarbig grau (Reallexikon der germ. Altertumskunde, Art. 'Eichharnchen'). Felle aus Skandinavien waren ein Handelsartikel in Mitteleuropa (Reallexikon der germ. Altertumskunde, Art. 'Handel' Hid). Offenbar kennt man speziell zweifarbige, grau-weiBe norwcgischc Pclzc in Mittcldcutschland und schrcibt ihncn cincn haheren Wert zo. 1798 korsse entsprieht mhd. kursit: 'Pelz'. Ein Pelz kann die Bezeiehnung 'bunt' tragen, s. o. zu V. 1765-66.
1811 snabe: 'eine schnelle, schnappende Bewegung machen', auch: 'stolpern, straueheln' (Lexer II, Sp. 1022). 1813-14 Aristoteles, 'Nikomachische Ethik' IT, 5/6 (1106b 36-1107a 7, 'Aristoteles Latinus' XXVI, 3): £;sl ergo virtu."! hahitus electivus in m,edietate existens que ad nos determinata racione; et ut utique, sapiens detenninabit. Medie las autem duarum maliciarum, huius quidem secundum superhabundanciam, huius autem secundum dlfectum. fA adhuc huic, has quidem deflcere. has autem superhabundare ab eo quod oportet, et in passionibus et in operacionibus; virtutem autem, medium et invenire et eligere. Propter quod secundum substancimn quidem et racionent quid est esse dicentem, 1nedietas est vinus; secundum optimum autem et bene. extremitas. (Dirlmeier, S. 37: "So ist also sittliche Werthaftigkeit eine feste, auf Entscheidung hingeordnete Haltung; sie liegt in jener Mitte, die die Mitte in bezug auf uns ist, jener Mitte, die durch den richtigen Plan
festgelegt ist, d. h. durch jenen, mit des sen Hilfe der Einsichtige l die MitteJ
V. 1765-1912
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festlegen wUrde. Sie ist Mitte zwischen den beiden falschen Weisen, die durch Ubermar, und UnzuHingliehkeit eharakterisiert siud, und weiter: sie ist es dadurch, daB das Minderwertige teils hinter dem Richtigen zurUckbleibt, teils darUber hinausschieBt und zwar im Bereiche der irrationalcn Rcgungen und des Handelns - wohingegen die sittliche TUchtigkeit das Mittlere zu finden weiB und sich dafLir entscheidet. Wenn wir daher auf ihr immanentes Wesen und die begriffliehe Darstellung dieses Wesens sehauen, so ist die sittliehe Vortreffliehkeit eine Mitte, fragen wir jedoch nach Wert und gUltiger Leistung, so steht sie auf hOehster Warte.") Das Konzept wird knapp zusammengefasst in den 'Auetoritates Aristotelis', Hamesse, S. 235, Nr. 3g; Omnis virtus consistit in medio, scilicel inler de/i'elum el excessum. Siehe auch 'Nikomaehischc Ethik' IV, 2; IV, 10-12. Aufgenommen auch im 'Purgoldt'schen Rechtsbuch', Buch VIII, Kap. 7.
1825-32 BogenschUtzen als Bild fUr die feehte Tugend bei Aristoteles 'Nikomachische Ethik' I, I (1094a 23; 'Aristoteles Latinus' XXVI, 3, S. 142): !gitur et ad vitam cognicio eias, magnum habet increm,entutn. Et quem.admodum sagittatores signum habentes. magis utique adipiscemur. (Dirlmeier, S. 5: "Hat nun nieht auch fUr die Lebensf1ihrung die Erkenntnis dieses Gutes ein entseheidendes Gewicht und kOnnen wir dann nicht wie BogenschUtzen, die ihr Ziel haben, lcichter das Richtige trcffcn?") - Nicht in den 'Anctoritates Aristotclis'. 1829 pobir kontrahicrt aus bi obir: 'oberhalb'. 1832 FUllvers. 1837-48 Aristoteles, 'Nikomachische Ethik' IT, 7 (1107b B-IO, 'Aristoteles Latinus' XXVI, 3, S. 173): Circa dacionem (lutem pecuniarum et (lccepcionem, medietas quidem, liberalitas; superhabundancia autem et defectus, prodigalitas et iIIiberalitas. (Dirlmeier, S. 38: "In Hinsicht anf das Gebcn und Nehmen von Geld ist GroBzUgigkeit die Mitte. Das Zuviel und das Zuwenig heiBt Vefschwendungssucht und kleinliches Knausern.") Detailliert ist der Gedanke ausgef1ihrt im Buch IV, 111% 21-1122a 17. Rothe paraphrasiert stark. 1838 obirgitlig: wie mhd. iibergijiic, 'allzumilde, verschwenderiseh' (Lexer II, Sp. 1618). 1843 Rothe bleibt mit dem Verb verheben, 'sieh Uberheben' (Lexer lll, Sp. 125) irn Bild: Es kann auf das zu hohe Ansetzen des Bogens hin verstanden werden. 1848-52 gutis und dankis werdit her kal: bildhaft, gemeint ist wohl "Er verliert Geld und Ehre vollsttindig". - Zur Bezeichnung 'bunt' fUr ein Fell s. o. V. 1765-66 und 1797-98.
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Kapitel 11
1853-72 Erneuter RUckgriff auf Aristateles, zum Beleg s.a. zu V. Ig37. Der Gedanke wird ab V. 1865 positiv gewendet.
1863 geramen: 'als ZiC! ins Auge fassen' (Lexer I, Sp. 870); vgL unten V. 2440 und 4013. 1873--84 Die Tapferkeit ist die erste austlihrlieh von Aristoteles vorgetlihrte Tugend, 'Nikamachische Ethik' TTl, 9-11 (1115a 6 - 1117b 20; 'Aristateles Latinus' XXVI, 3, S. 190-196; Dirlmeier, S. 57-63, Gigon, S. 163-171). 1889-91 Seneca, 'Epistolae morales ad Lueilium', Ep. 89, 8 (Reynolds, S. 326): Philosophia studitun virtutis est, sed per ipsam virtutem: nee virtus Gutenl esse sine studio sui potest nee virtutis studium sine ipsa. ("Philosophie ist das Studium der Tugend, aber durch die lpraktische J Tugend selbst; Dabei kann weder die Tugend ahne [philasaphischesl Studium sein nach ihr Studium ahne Tugend. ") - Die Seneca-Stelle ist zweifellos die Quelle des Rothe-Zitats. Wahrend Seneca aber auf die wechselnde Bedingtheit van Maralphilasaphie und TugendUbung, von Theorie und Praxis abziclt, pickt sich Rothe nur die cine Seite heraus, die Abhangigkeit praktischer TugendUbung vam maralphilasaphischen Studium. Lat. studium Ubersetzt er als jUz, sodass sieh die Aussage versehiebt: Tugend hat Bestand nur bei dauernder Ubung, der Aspekt der theoretischen Erkenntnis entfiillt. 1898-1900 'Basheit lernt man schnell': 'Auctaritates Aristatelis', Hamesse, S. 234, Nr. 27, zitiert schon oben zu V. 117-118. Auch sprichwortlich verbreitet, TPMA 'schlecht' Nr. 70-77, z. B. Wittenwiler, 'Der Ring', V.9446: Bosshait lert sich seiber lvoL 1899 Seneca, 'Epistolae morales ad Lucilium', Ep.66, 9 (Reynolds, S. 183): Omnis in modo est virtus; modo certa mensura estl.J (Rauthe, Euch Vll, S. 35: ,,Jede Tugend beruht auf dem Mall; das Mall hat eine bestimmte Begrenzung.") 1901~2
Weisheit als FUhrer: Die Stelle nimmt das Thema des varangegangenen Kapitels wieder auf. Zur Rolle der Weisheit bei Aristoteles siehe 'Nikomachisehe Ethik' V; bei Hamesse, S.240, Nr. 113: Sapielltia est cognitio rerum divinarutn. habens caput inter om.nes alias scientias. ("Weisheit ist die Kenntnis der gottlichen Dinge, die die Spitzenstellung unter allen anderen Wissenschaften einnimmt." CH). Zur Weisheit als Kardinaltugend bei Cicero und Ambrosius, 'De otticiis ministrorum', siehe Becker 1984. 1905-12 Das Prablem mangelnden Besitzes eines Adligen und die Folgen werden unten Kap. 13 ausflihrlieh dargestellt.
V.1913-2064
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Kapitel 12, V. 1913-2064 Das seehste Privileg des Ritters ist die Anrede 'Herr'. Diese Ehrenbezeigung steht dem Ritter nur dann zurecht zn, wenn er auch ein gutes Leben ftihrt (1913-18). Am Spraehgebrauch des Adjektivs 'edel' erHiutert das Kapitel den Untersehied zwischen Karper- und Geistes- bzw. Seelenadel. Blut und Herz werden als edel bezeichnet, weil sie der Sitz der Seele sind (1919-56). Mit Rekurs auf Seneca wird ausgefUhrt, dass der Ritter fUr seine Tugenden geehrt wird (1973-84). Daran schliellt sieh eine praktische Verhaltenslehre an (19g5-200g), die auf das Thema yom Vorrang der Tugenden zurUckfUhrt (2009-43). In einem langen Platon- (eigentlich Apulcius-)Zitat wird noeh einmal das Lob auf innere vorzUge gegrUndet und mit Tugenden verbunden (2044-56). Zwei Strophen fassen diese Grundgedanken abschlieBend zusanlmen (2057-64). Zum Kapitel siehe Petersen 1909, S. 131-134.
Stcllcnkommcntar: 1913--14 Zur Anrede 'Herr' vgl. Hemmerlin, 'De nobilitate', f. 60v-6Ir; Hemmer1in polemisiert dort gegen BauernsUhne, die sich, sobald sie def nohilitas clericalis angchorcn, von ihrcn bauer1 ichcn Standcsgcnosscn mit domine, domine anreden lieBen. 1924 genende: 'kiihn, mutig', vgJ. Lexer I, Sp. 855; BMZ II,I, S. 379.
1933--40 AufnalmlC des Contemptus mundi-Gedankens aus Kap. 2. 1941-42 WiederaufnalmlC der Wendungen 'edles Blut' und 'edles Herz' aus V. 1919-20. Sie werden auf die nohilitas I1nimi bezogen. 1944 !Jute: entspricht mhd. ilUote. 1945 Lv 17,11: [... J quia anima canTis in sanguine est: et ego dedi iUum vobis. ut super altare in eo expielis pro aninwbus veslris, et sanguis pro animal' piaculo sit. ("Denn die Seelc des Flcisehes ist im Blute, und ich habe es euch ftir den
Altar gegeben, dass man euch damit Siilme erwirke; denn das Blut ist es, das dureh die [in ihm wohnendel Seele SUhne erwirkt.") - Lv 17,14: Anima enim omnis canlis in. sanf!,uine est: unde dixifiliis Israel: Sanf!,Uinenl universae can/is non c01nedetis, quia aninw canlis in sanf!,uine est: et quicwnque comederit ilIum, interihit. ("denn das Blut ist die Seele alles Fleisches. Darum habe ieh den lsraeliten geboten: Von keinem Fleisch dUrft ihr das Blut essen; denn das Blut ist
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Kapitel12
die Seele alles Fleisches. Ein jeder, der es isst, soil ausgerottet werden. ") - Dt 12,23: Hoc solum cave. ne sanguinem comedas: sanguis enim eorwn pro anima est, et idcirco non debes animam comedere cum carnibus [... J ("Nur halte daran fest, dass du das Blut nicht essest; denn das Blut ist die Seelc, und du sollst die Seele nicht mit dem Fleisch essen.") - Vgl. auch Aristoteles, 'De anima' I, 2, 405b 5-B, Ubersetzt von Tacobus Veneticus: Et nmnque arguit sanguinem dicentes animam, quoniam genitura nOll est sanguis, hane autern esse primam ani1nmn. Alii auton sanf!,uinem quemadmodwn Cretins, ipsum sentire anime maf!,is proprium opbumtes, hoc (lulem inesse propter naturam sanguinis. (Theiler. S. II, 17-21: "Denn er widerlegt jene, die sagen, die Seele sei Blut; die SamenfiUssigkeit sci nicht Blut, diese aber sci die ursprUngliche Seelc. Andere erklarten sie fUr Blut, wie Kritias; sie nahmen an, die Wahrnehmung sei der See1e am eigentUmlichsten. Diese aber komme ihr zu vermlige der Natur des Blutes.") 1949-50 Vgl. Thomas von Chantimpre, 'Liber de natura rerum' T, 47, I (Ausgabe Boese, S. 49): Cor principium est vile, Ul dicit ArislOteies, et est principiuln omnis motus et o11'lnis sensus in corde. ("Das Herz ist der Ursprung des Lebens, wic Aristotclcs sagt, und dcr Ursprung jcdcr Bcwcgung und jcdcr Sinncswahrnehmung ist im Herzen. ")
1955 dradil: Bech in: Germania 6 (1861), S. 57 stellt das Wor! zu trade (swMF) und versteht es als 'Zierat, K1ciderschmuck in Troddc1n oder Fransen bestehend'. VgL zu trade Lexer II, Sp. 1488. 1956 Nocll allir wisin meislir lar: Aimlich formulier! Thomas von Chantimpre, 'Liber de natura rerum' T, 29, 1: Sanguis, ut dicit Augustinus et onrnes philosophi, sedes est anime. 1966 meynit zu mhd. meinen (swV): 'gegen jemanden eme gute Gesinnung hegen', vgL BMZ II,I, S. 107. 1973-76 Seneca, 'Epistolae morales ad Lucilium', Ep.66, 2-3 (Reynolds, S. IBI): Errore mihi visus est qui dixit 'fvatior et pulchro veniens e corpore virtus'. Non enim ullo lwnestamento eget: ipsa magnum sui decus est et corpus suum consecrat. Aliter certe Clanmum nostrum coepi intueri: j()mwsus mihi videlur el tam rectus corpore quam est animo. Polest ex casa vir magnus exire, potest et ex dej()nni humilique corpusculo j()rmosus animus ac magnus. Quosdam itaque tnihi videtur in hoc tales natura generare, ut adprobet virtutem omni loco nasci. (Rauthe, Buch VII, S. 31: "Zu irren scheint mir, der gesagt hat: 'Angenehmer ist die sittliche Yollkommenheit, wenn sie aus einem schonen KUrper kommt.' Sie braucht namlich keine YerschUnerung: sie selbst ist die groBe Zierde ihrer selbst und gibt ihrem Karper die Weihe. Anders begann ich
V.1913-2064
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allerdings unseren Claranus zu hetrachten: wohlgesta1tet erscheint er mir und ist klirperlich so aufrecht, wie er geistig is!. Es kaun aus einer Hiitte ein grolkr Mann herauskommen, es kann auch aus einem miBgestaheten und kleinen KOfperchen ein wohlgcstalteter und groBer Geist kommcn. Mauchc Menschcn scheint mir deshalb die Natur zu erschaffen. urn zu en.veisen, daB die sittliche Vollkornmenheit an jedern Ort entstehen bnn.") Siehe zur grolleren Bedeutung des Geistes gegeniiber dem Karper auch 'Epistolae morales ad Lucilium', Ep. IS.
1978 Vielzahl von Tugenden: bewusster RUekbezug auf Kap. II '? 1985 Das Zitat konnte bei Seneea nieht gefunden werden.
1992 gremelich: 'grimmig' (Lexer I, Sp. 1078). 1997-99 Zur Haflichkeit vgl. Haferlaud 1988, S. 173-179; zum GruB Burrow 2002, S. 20-3g, Haferland 1999, S. 143-150. 2004 Vg1. Hugo von Trimberg, 'Der Renner', V. 2200g-ll: Doch ist ein unzimlicher site, / Der noch genu()c liuten )--,olget mite. / Die man siht ze messe sfe,z / Und nfich dem evangeli6 gen/ 7£ dem luoder oder anderswar l ... J ("Doeh ist es cine unzicmlichc Gcwohnhcit, die vic1en Menschen zucigcn ist, die man bci clef Messe stehen und nach der Lesung des Evaugeliums zum Lotterleben oder anderswohin gehen sieht.") 2009-16 Seneca, 'Epistolae morales ad Lucilium', Ep. 41,7 und g (Reynolds, S. 110): Propria virlus est in vite ferlililas; in homine quoque id laudcmdwn est quod ips ius est. FamWam fonnonsam habet et domum pulchram. multum serit, multum fenerat: nihillwrum in ipso est sed circa ipsum. Lauda in illo quod nec eripi potest nee dari, quod proprium. hom.inis est. Quaeris quid sit? animus et ratio in animo perfecta. (Loretto, Bueh TV, S. 61: "Der wesensgemiil.le Wert im Weinstock ist seine Ergiebigkeit; auch am Menschen mul.l man das loben, was ihm eigen ist. Er hat eine ansehnliche Dienerschaft und ein schones Haus. er baut viel an, verleiht viel Geld auf Zinsen: niehts von dem ist in ihm selbst, sondern nur um ihn herum. Preise an ihm. was weder genom men noch gegeben werden kann, was das spezifische Merkmal des Menschen is!. Du fragst, was es sei? Der Geist und die im Geist vollkommene Vernunft. ") 2017-44 Die Stelle entsprieht inhaltlieh, aber nieht im Wortlaut Apuleius, 'De deo Soeratis', Ausgabe Baltes, S. gg-g9. Der Text ist in Teilen aufgenommen in den' Auetoritates Aristotelis', Hamesse, S. 298, Nr. II: Si {audas aliquem, quia generosus est, parentes ejus laudes (2021). Si quia dives, fortunae hoe debetur
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Kapitel13
(2022-23), sed si quia fOn/LOsus aut validus est, aegritudine fatigabitur (2025-26). Si quia pemix, in seneetute (2028) aut quia .lim is, expeeta pauU'per et nan erit (2029-31, 2035-36). Sed si laudes eum dicenda quad bonis artibus doctus est et valde eruditus et in quantum licet homini. sapiens est: .,Tunc ipsum vere [nudas (2044). quia hoc non est a patre hereditarium, nee casu pendulum.. nee corpore caducwn, nee aetate mutabile. " (,;\Venn du jemanden lobst, wei1 er von edler Abkunft ist, dann dtirftest du seine Eltern loben. Wenn du es tust, weil er reich ist, ist das dem GlUck geschuldet, aber wenn du es tust, weil er wohlgestaltet oder kraftig ist, wird er durch Krankheit geschwacht werden. Wenn du ihn lobst, weil er behende ist, wird er im Alter geschwticht, oder weil er stark ist, warte ein wenig, und er wird es nieht mehr sein. Aber wenn du ihn lobst, indem du sagst, dass er in den schanen KUnsten gelehrt und sehr gebildet ist, und soweit es dem Mensehen zukommt, weise ist, dann lobst du ihn wahrhaft, denn das ist nicht vom Vater ererbt und nicht vom GlUck abhangig, und ist nicht durch den Karper hinfiillig und nicht durch das Alter vertinderlich.") Tn den 'Auetoritates Aristotelis' wird Apuleius als Schiller Platons eingefUhrt: Sequ/ltur auc-
toritates Appulei africani, Platanici linflua latina dactissimi, qui succedens Platoni floruit Athen;s. Dass Rothe Apulcius dirckt ziticrt, ist sehr unwalrrscheinlicll. (Zur Apuleiusrezeption KarfikoV<1 2004, S. 162-1 BY; Hiifner 2004, S. 190-210; KUenzlcn 2004, S. 48-58). Johannes von Salisbury, der die Stelle im 'Policratieus' VI, 28 aufnimmt, kommt angesichts betrtichtlieher Abweichungen im Wortlaut als Vorlage fUr Rothe nicht in Betraeht. - Rothe wandelt das Zitat deutlich ab: Er erganzt das Lob fUr die rillerlieh-adlige Herkunft (2018-19) und das Lob fUr gute Leistungen im Turnier (2033-34). Die tatsachlich lobenswerten Kenntnisse formuliert er um; stall auf die Ausbildung zu verweisen, gibt er das Ergebnis der Bildung, namlich Tugenden, Weisheit und Vernunft an. 2019 /lieht kan: Die Stelle fasst den Tenor des Apuleius-Zitats zusammen: Ehre
gebUhrt dem, der sich Bildung aneignet. Neumanns Konjekturvorschlag wird dureh den Quellenfund nieht besUitigt. 2053-54 Seneca, 'Epistolae morales ad Lucilium', Ep. 41,6 (Reynolds, S. 109): Non filCiunt meliorem equum aurei Feni. ("Vergoldete ZUgcl machen ein pferd nicht besser.") Ocr Vcrg1cich gcht, allcrdings in cincr andcrcn und umfangrcieheren Formulierung, der oben V. 2017-44 zitierten Stelle bei Apuleius voraus. Aufgenommen auch in den 'Auctoritates Aristotclis', Hanlesse, S. 276, Nr. 47. Vgl. zur Wendung TPMA 'pferd' Nr. 205-211.
Kapitel 13, V. 2065-2220 Das siebte Privileg des Ritters ist das Hiindewaschen nach dem Essen (2065-70), das den Ritter dazu ennahnen soH, sich von Gier freizumachen. N ur kurz er-
V. 2065-2220
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wHhnt Rothe die Unkeusehheit (2071-76) und konzentriert sieh dann auf die Besitzgier: Der Ritter soil niemanden berauben, nicht stehlcn und nicht in der Naeht ausgraben (2077-92). Er soil Fehden offen fUhren und die geriehtliehe Auseinandersetzung nieht seheuen (2093-2104). Hat er vom Feind Land erbeutet, dann muss er diesem lassen, was er zum Leben braueht (2105-12). Das Zinsnehmen moge er den Juden, AusHindern und schlechten Christen Uber1assen
(2113-24). Solche Ritter gleiehen den Soldaten, die urn den Leibrock Christi wUrfelten (2 125-n). Besonders getadelt wird das Zinsnehmen von Armen (2129-36). Rothe erwagt die Riiekerstattung und dass dem Wueherer sein Gewinn wieder genom men wird und nicht in die dritte Generation vererbt werden
klinne (2137-60). Stattdessen solie sich der Ritter mit seinem Erbe und dem Lohn fUr seine Dienste begnUgen (2161-72). Ab V. 2173 geht Rothe auf die Frage ein, wie ein Ritter sich verhalten soil, wenn sein Sold und das, was sein Besitz abwirft, zum Leben nicht ausreichen. Nicht jeder konne sich schlieBlieh erfolgreieh um ein Amt bei Hofe bemUhen. Zwar sei es dem Ritter grundsHtzlieh nicht erlaubt, ein Handwerk auszuiiben, doch konne er in Mallen Handel treiben und sieh auch mit der Aufzucht von Pferden ein Einkommen versehaffen. Gut sei es, beinl Einbringen von Korn selbst mit Hand anzulegen und sein Kriegspferd zum PflUgen einzuspannen - das sei zudem fUr das pferd gesund. AuBerdem konne der Ritter Waffen herstellen und Viehzucht betreiben (2173-2217). Zum Kapitcl siehe Petersen 1909, S. 134-141.
Stellenkommentar: 2065 Das Handewaschen nach den Essen war im Mittelalter weit verbreitet und galt fUr aile Stiinde gleichermaBen. Das besondere ritterliche Vorreeht bestand darin, das Wasser bei der Tafel benutzen zu diirfen, wahrend Nichtritter die Reinigung abseits vorzunehmen hatten. Thomasin von Zerdaere, 'Der whlsche Gast', V. 519-526: der wirt nach den! ezzen sol/ daz wazzer geben, daz stat waf. / dii sol sich dehein kneht / denne dM!ahen, daz iSi rehl. / wit sich dwahen ein
juncherre, / der sol gan einhalp verre / von den rftm und dwahe sich tougen: / daz ist hi{f,~'ch und guot zen ougen. 'Thcsmophagia' in: 'Hofischc Tischzuchtcn' , S. 33, V. 712-721: Noeh dem gelerl isl haffvnnd pjann, / Do mil nympl man das wasser schon. / Das soli glich ~:tfdas essen gon, / Wie es dar vor geschehen ist. / Nit das der spise vt st~fers brist, / Sunder das sie getTet werd do mit. / Es ist ouch
gar ein hoflieh syt, / Doch nit eim yeden solliehs zimbt. / Allein der herr das wasser nynlpt, / Dem gehort es zu von reeht allein. / Dar naeh gibt man es oueh in gemein. Die Notwendigkeit, sich nach dem Essen zu reinigen, wird mit der Gefahr begrUndet, die Augen konnten verunreinigt werden, wenn man sie mit
schrnulzigen Handen reibl, vgl. Petrus Alfonsi, .Disciplina Clericalis', S. 40,
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Kapitel13
27-30: Post prandium manus ablue. quia phisicum est et curiale; ob hoc enim mullorum oculi deterioranlur, quonimn post pnmdia manibus non ablutis tergunlur. (.,Nach dem Essen wasche die Hiinde ab, denn das ist gesund und hlifisch. Davon namlich verderben sich viele ihre Augen, weil sie sic nach dem Essen mit nicht gereinigten Hiindcn reiben.") Wolfram crgiinzt im 'Parzival' 487,3 diesen Rat noch durch die Warnung vor fischigcn Handen. AuBerdcm soli man sieh na!Drlieh auch vor dem Essen die Hiinde waschen, vg1. Wernher der Gartemere, 'Helmbrecht', V. 784-785, 861; Veldeke, 'Eneit', V. 6203; Wolfram, 'Parzival' 486,5; 'Willehalm' 133,23. Auch hier gilt fUr niedere Stande die Pflicht, dies abseits des Tisches zu tun, vgl. 'Der deutsche Cato', S. 136: Vor herren zwach die hende nicht. Weitere Naehweise zum Hiindewaschen bei Homolka 1983, S. 354.
2066 sine hanl: grammatisch Singular. Als Pluralform verwendet Rothe hend", vgl. V. 2073.
2068-76 Die Auslegung kniipft an den Reinigungsvorgang selbst und an die Reinheit des Handtuehs an. Sie bezieht sieh auf das bose Begehren, das sieh in Unkeuschheit und Besitzgier ausdriickt, vgl. die enge Verkniipfung der beiden SUnden im Rahmen der Zehn Gebote, Ex 20,17: NOll cOlleupisces dOlnuln proxbni tui. nee desiderabis uxorem ejus, non servum, non ancillmn, non bOl.'enl, non asinum, nee omnia quae filius sunl. ("Du sollst nicht begehren nach dem Hause deines Niichsten: du sollst nieht begehren nach dem Weibe deines Niichsten, nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin, nach seinem Rinde oder seinem Esel, naeh irgend etwas, was dein Nachster hat. ") 2078 sehickin: vgl. mit einemzu schick.en lwhen: 'mit ilrnl ctwas zu tun, [... ] zu schaffen haben' (Lexer IT, Sp, 719), - Tm Krieg ist die Wegnahme fremder Besitztiimer also prinzipiell erlaubt, aber nur zum Nachteil des Kriegsgegners, nicht gegeniiber Personen, die damit nichts zu tun haben. Ob damit in erster Linie unbeteiligte Bauern gemeint sind, geht aus dem Text nicht eindeutig herVOf.
2080 werdit rad: 'wird Hilfe zuteil' (Lexer II, Sp. 347). 2081 Augustinus: Das Folgende konnte als Zitat des Augustinus nicht identifiziert werden. Bezieht sich die Autoritatenangabe hier ausnahmsweise auf das vorher Gesagte?
2082-88 Vgl. Is 33,1, aufgenommen oben V. 977-980.
V. 2065-2220
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2090 Ahnlich Augustinus, 'In lohannis Evangelium tractatus' VII, 12, 19 (CSSL 36, S. 74, zu 10 1,37): Latro qui procedit adfaucem occidere hominem, quanta illi me/ius erat ut aegrolaret? Qui noctu surgit ad fodiendum parietem alienum, quunlo illi melius si febribus iacturelur? (,,Ein Rauber, der an einen EngpaB geht, um cincn Mcn:schcn zu tiitcn, um wicvicl bcsscr ware cs fill ilrn, '~lCIlll cr
krank ware? Wer naehts aufsteht, um cine fremde Wand aufzugraben, um wievicl besser ware es fUr den, wenn er von Fiebern gesGhUttelt wUrde'!''') - Was wird ausgegraben? I. Geld oder Schatze allgemein (so z. B. 'Weltchronik', Kap. 688: wer gestolin uss gegrabin geroubet ader gewuchirt hatte); 2. Grabbeigaben, abnlich Thomas von Aquin, 'Summa contra gentiles' 3, 92, per. 12, 27 und 38 ad/odiendum sepulcrum; 3. Bin Grenzpfahl auf Kosten des Naehbarn (um sein Feld zu vergrol3ern), Bartsch, S. XXX; abnlich 'Purgoldt'sches Rechtsbuch', Buch II, Kap. 123: howet her holtz, das gesatzt ist l ... J adder grehet her ,>feyne uss, diezu maelsteyn gesatzt seinl [ ... J. 2091 Zur 'Fehdeabsage' vgl. oben V, 101 B.
2092 anendelich: unendelich, 'unnUtz, erbarmlich' (Lexer IT, Sp. I BI B); vgl. 'Wcltchronik' Kap. 751: do satzten sie konigk Wi'nze/aum abe [... J alsso eynen Gnendelichen unde vorsumenden konigk der dor zu nichl entochte.
2093 sieh zeu reehte erbieten: 'sich zu einer rechtlichen Auseinandersetzung bereiterkHiren, den Rechtsweg vorschlagen' (DRW III, Sp. 86). 2095 sich henwedir beduten: vermutlich ein j uristischer Fachterminus fUr die Bereitsehaft, vor Gericht seine Sicht auf den Fall zu begrUnden, sieh also auf das Angebot zur gcrichtlichen Auscinandcrsetzung einzulassen. bediulen: 'etwas crkHiren' (DRW T, Sp. I 34B). 2098 Die Ptlicht des Ritters zur Starkung des Gerichts ist Bestandteil der For-
meln, die bei der Schwertleite verwendet wurden, vgl. zur Schwertleite oben Kap. 5, V. 825-908. 2103 nichl hier wahl: 'irgendein'; vgl. Paul 2007, § S 145 und 147. 2104 bescheiden + Gen.: 'jd. Beseheid geben, benachrichtigen' (BMZ lI/2, S.101: 7b); vgl. DRW I, Sp.69-76: 'Bescheid, bescheiden'. Auch in dieser Wendung dUrfte eine rechtliche MaBnahme (ein 'Bescheid', eine Benachrichtigung) empfohlcn werden, die nach Miiglichkeit ein gewalttatiges Vorgehen crsetzt.
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Kapitel13
2105-10 Die Gefangennahme des Gegners, fUr dessen Freilassung ein (in aHer Regel schr hohes) Liiscgeld gefordcrt wurde, war im Kricgsfall gangige Praxis, vgJ. Keen 1965, S. 137-188; Bittmann 1991, S. 98-110. 2105 hesilzcil: 'einnehmen' (Lexer I, Sp. 217). - erhe: 'Grundeigentum im Gegensatz zum Lehen und zur bewegliehen Habe' (Lexer I, Sp. 609). Das Land macht den wirtsehaftlich wiehtigsten Teil des Erbes aus.
2109 waz daz erbe gegeldin mag: moglich auch: 'was das Erbe wert ist'.
2110 schatzcunge: 'Auferlegung von Abgaben', exactio, vgJ. Lcxer II, Sp. 673-674, DWb 14, Sp. 2290. 2111 lag geben: 'cine Frist setzcn' (Lcxer II, Sp. 1385), vgJ. 'Weltehronik', Kap. g3: do gap on godt jirzigk jar tagk, ap sie rawe umbe die sunde haben wolden. Rothe pliidiert also dafiir, den im Kanlpf gefangengenommenen Gegner freizulassen und ibm fiir die Zahlung der geforderten Summe eine angemessene Prist zu setzen.
2112 yn manen: ausstehende Leistungen einfordern, gegebenenfaHs durch Freiheitscntzug sanktioniert. Das DRW unterscheidet 'ausstehende Lcistungen einfordem' (DRW II, Sp. 1428-29) und 'zum Einlager auffordem' (DRW II, Sp. 1413). Unter 'Einlager' versteht man die Verpflichtung, an einem vereinbarten Ort Quartier zu nefunen, bis eine bestimmte Schuld bezahlt ist, lat. obstaf!,ium. Die zweite Lesart kann also als Unteraspekt der en~.ten verstanden wer-
den. 2117 Ocr Begriff 'Wucher' bezeiclmete zunaehst jede Art von Ertrag oder Gewinn. In seiner negati ven Bedeutung bezieht er sich in erster Linie auf das Nehmen von Darlehenszinsen. Strenge Zinsverbote wurden im christlichen Mit-
telalter auf Lv 25,36 sowie auf Le 6,35 gegrundet; sic sind im 'Decretum Gratiani' (046 c. 9,10; 0 47 c. 1-8; C 14 g.1 c.2; g.3 c. 1-4; gA c. 1-12) festgchaltcn. Dicsc Zinsvcrbotc werden zum spatcn Mittclaltcr hin al1mahlich aufgehoben; verboten blieb das Nehmen von iiberhlihtem Zins. VgJ.: Stratz, Art. 'Wucher', in: 'HRG 5 (1998), Sp.1538-39. Das 'Purgoldt'sche Rechtsbuch' setzt sieh Buch VIII, Kap. 30-106 umfassend mit Fragen des Wuchers auseinandeL - In der mittelhochdeutschen didaktischen Literatur ist Wucher auch anderweitig ein Thema: Thomasin von Zerc1aere, V. 9291-<)g warnt vor der Erzie-
hung zum Wucher, Freidank 27, 1-28, 14 bcschreibt dic Natur des Wuchers und die Foigen; Suchenwirt XXI, 90: Chain ritter scholnicht w&her phlegn.
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2119 Der Bezeichnung eines gierigen Menschen als 'Blutsauger', lat. sanguisuga, ist biblisch, Pry 30,15: Sanguisugae duae sunt.tiliae, dicenles: AfJer. aft;". Tria sunt insaturabilia, et quartum quod numquam dicit: Sufficit. ("Der Blutegel hat zwei nichter: Gib her! Gib her! Drei Diuge siud es, die uieht salt werdeu, ja viere, die nie sprechen: Genug!"). Das Bild wird z. B. im Exempel "Fliegen am GeschwUr" ausgefUhrt und auf den gierigen Statthalter angewendet bei Konrad von Ammenhausen, V. 8980-9028 und Anm. 268; vgl. Tubaeh, Nr. 2087.
2121 betdin: 'iiberlassen' (Lexer I, Sp. 248). 2122 kawerzciner (auch 'Kawerschen', 'Lombarden'): Biirger der italienischen Stadt Asti, die seit dem 13. Jahrhundert in ganz Europa Geld- und Pfandleihgeschafte betrieben (Kisch 1978, S. 109). Die Bezeiehnung 'Kawerziner' geht wahrscheinlich auf die siidwestfranzosische Stadt Cahors zurUck. Erfolgreiche Grollkaufleute aus dieser Stadt waren in England infolge von Handelsmanipulationen und ihrer engen Beziehung zu Heinrich 111. als konigliche Kaufleute, Kreditgeber und Steuereintreiber zur Zielscheibe des Volkszorns geworden. Eine ahnliehe Entwicklung fand wahl auch auf dem Kontincnt stall (Sehlunk, Art. 'Kawer(t)schen', in: LexMA 5, Sp. 1090-91). - Zur rechtlichen Beurteilung und zum Verglcieh mit den luden vgl. 'Purgoldt'sehes Rechtsbuch', Buch VIII, Kap. 30: Es .'lint auch etzliche cristenleut offenbar wucherer, dye heyssell kawerzaner, und haben schutz und sthwr l.'on den !ursten, under den sie gesessen .'lint, umb ir gelt. Disse kawerZGner nemen tef!,lichen gesuch wff'plande, borRen, ader briffe, als dye iuden, und darumb sint sye uffenbar sunder und sindt beraubt der heilgen sacrament; sy Iwben dan ralV darumb, und yr busse InUS affenbar sey; urld darulIlb so sint sye ouch rechtlas und erlas var geistlichem und lvenztlichem gerichte. Sy seint der fursten kmnerkneehte gleich also ~}' iuden, dyweil sy das wucher antriben, an das sy mit den Iybenn nicht eYRen sint. fr gut ist bose gut, wan es wirt suntlieh gewonnen und sint es ji.lr gote schuldig wider zeu gehen. 2124 abe brechin: 'rauben' (Lexer T, Sp. 2; BMZ T, Sp. 242a, 2). 2125 VgL oben V. 912-928; Bezugnahme auf 10 19,23-24.
2128 gesuche, mhd. gesuoch: 'Erwerb, Gewinn, Zins von ausgeliehenem Geld' (Lexer 1, Sp. 937). - geschant: Part. Prato zu schenden 'zusehanden machen, confundere' . 2129-30 Ex 22,22-23 und 25: Viduae et pupilla non nacebitis. Si laeseritis eas, voe~ferabuntur ad trI.e, et ego audiam clamorem eorum. l ... J Si pecuniam mutuam dederis populo mea pauperi qui habitat tecum, non urf!,ebis eum quasi exactor,
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Kapitel13
nee usuris opprimes. (••Witwen und Waisen sol1t ihr nicht bedrUcken. Wenn du sic doch bcdrUckst. und sic schrcicn zu mir, so wcrdc ich ihr Schrcicn gcwiss erhoren. [ ... ] Wenn du [einem aus] meinem Volke Geld leihst, einem Armen ncbcn dir, so handle an ibm nicht wie ein Wucherer; ihr sollt ibm kcinen Zins auflegen.") Zum Himmel schreien auch das Blut Abels, Gn 4,10, die SUnde der Sodorniten, Gn 18,20 und 19,13, die Klage des in Agypten unterdrtickten Volkes, Ex 3,7-10, und der den Arbeitern vorenthaltene Lohn, Dt 24,14-15, lac 5,4. Vgl. 'Purgoldt'sches Rechtsbuch', Buch VII, Kap. 73. 2132 Die Kennzeichnungspflicht durch ludenhut oder ludenfleck wurde durch das 4. Laterankonzil (1215) verpflichtend eingeflihrt. Der ludenhut ist aber schon deutlich frtiher als Teil der Tracht jtidischer Manner vor al1em in Deutschland verbreitel. VgL: Kisch 1979, S. 117-119; Battenberg I, S. 102-103, 162; Qucllcnnachwcisc in DRW VI, Sp. 548-549. Fiir die rcchtlichc Situation in Eisenach siehe 'Purgoldt'sches Rechtsbuch', Buch VIII, Kap. 102: Allen enden sullen dye iuden underscheit haben [... J: dy man sullen k.eyne kogeln {ragen, sundem hoer fUtzhut. Dos schribt der babst [nnnocentius [sic!] der erste. Daruf sso stehet auch geschriben in dem v,/ichpildsrechte, dus kein iude us seyner schule ader us seyme huse gehen sulle uf die strasse ane huett. - Die auch fUr den jUdischen Glauben vcrbindliche Bibclstel1c Lv 25,36 wird dort so verstanden, dass das Verbot des Darlehengebens gegen Zinsen nur gegeniiber Personen derselben Religionsgemeinschaft, gilt. Das 'Purgoldt'sche Rechtsbuch', Buch VIll, Kap. 31 dagegen subsumiert, wie in der christlichen Auslegung tiblich, Christen und luden zusammen unter den Lv 25,35 gebrauchten Begrifltrater: c's stet geschreben in don dritten huche Moysi, in dem XXV capite!. das got sprach also: din gel! saltu nicht usgehen zeu Yr!ucher wider dynen ebentn,enschen. nach dyne fruchte. Von gotes rechte sal kein iude vvucher nemen von iuden nach von cristen, sundenz got hat es yn erleubt von den heyden, da ehr ,~prach: ir solt nicht "",-'ucher nhemenn von keynen menschenn, sunder von den fromden, wan dye
heyden sint fromde von gote und beten fromde gote an, das sint dye abgote, das thun dye cristen nicht. dye beten an den untotlichenn ewif!en f!ot also dy iuden. Zur Rechtsstellung der Juden in Eisenach siehe 'Purgoldt'sches Rechtsbuch', Buch VIII, Kap.59-106.
2136 Zurn vingerdiuten oder vingerzeic als Gebardc des Tadcls oder Hohns vgl. die Beispiele bei Lexer TIT, Sp. 355 und 357.
2137 wettit: zu wettin 'als pfand nehmen', lal.: pigneror (DWb 29, Sp. 690). 2138 f!erichte: Gemeint ist wohl die Drohung, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen.
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2147-48 Der Gedankengang ist hier nicht einfach. Unser Ubersetzungsvorschlag ist folgcndermal3en gemeint: Solltc der Rauber sich besinncn, muss er klug genug sein, das Geraubte zurUGkzugeben. Wie ist das bei den Armen sinnvoll zu machen? Es ist gar nicht zu machen, weil sie in ihrer Existenz verniehtet sind. Oder muss man Her sal ez geldin mit "er wird es bUBen mUssen'" (namlich im JUngsten Gericht) Ubersetzen, danach einen Punkt setzen und den Rest des Verses zu V. 2148 ziehen und lesen: "Wenn er k1ug ist, warum tut er den Annen das an'!" 2153-56 Sprichwortlich: De male quesitis non gaudet tertius heres ("Uber das unrecht Erworbcne freut sich nieht der dritte Erbe. "), vgL z. B. Luther WA 51, 39g, 2-4; Hugo von Trimberg, 'Der Renner', V. 6445; TPMA 'Gut (Subs!.)' Nr. 239-244, 'Gewinn' Nr. 154-171; Wander 'Gut' Nr. 253-267.
2158 druet entspricht mhd. triiejen: 'wachsen, gedeihen' (Lexer IT, Sp. 1537); Beeh in: Germania 6 (1861), S. 56; vgl. DWb 2, Sp. 1456 'druhen'. Sprichwortlich Luther, WA 51, 39g,3: das vnrecht gut driihet nach erbet nicht. 2163-64 defJin spigil ... haldin: wohl Ubertragen gemeint: die Vorschriften des 'Ritterspiegc!s' einhalten. 2165-72 Paraphrasiert und crwcitert Lc 3,14: lnterragabant autem eum et milites. dicentes: Quidfaciemus et nos? Et ait iUis: Neminem cOllcutiatis, neque calumniam faeiatis: et contenti estate stipendiis vestris. ("Es fragten ihn aher aueh Saldaten: Dnd was sallen wir tun? Dnd er sprach zu ihnen: Begehet gegen niemand Gewalttat noch Erpressung und begnUget eueh mit eurem Solde!") Vgl. oben zu V. 1169. - V.2171 sehlieSt syntaktiseh an laflin gnugin/ Daran, V. 21 66f., an. 2173-2220 Die Darstellung Uber die erlaubten Erwerbsmoglichkeiten fill Adlige hat Quellencharakter. Vermutlich geht Rothe hier auf reale Probleme ein. Es wird deutlieh, dass zum intendierten Publikum aueh weniger begUterte Adlige gehoren.
2175 dingen: hier wohl 'eine Arbeit gegen Entgelt Ubernehmen, emen Werkvertrag abschliellen', vgl. DRW lJ, Sp.961. Gemeint ist die AusUbung eines Handwerks. 2181-84 Die ausdrUckliche Erlaubnis zum Gelderwerb und zur kaufmannischen Bemtigung ohne Verlust des Lehens ist eine Besonderheit des 'Ritterspiegels'. Unstrittig ist, dass mit der Aufnahme von kaufmlinnischen Tlitigkeiten die RitterbUrtigkeit nicht verloren geht, vgl. 'Gorlitzer Landrecht', Kap. XLV, § 23
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Kapitel13
(Eckhardt 2, 1, S. 211): Sume liute wallint ab ein ritter in das annuot be valle also sere daz er geburlich werk ube. daz er dar wnme ridtars rech! verlonI habe; das 11 'ist !licht. ~Virt der ritter cOl4"in.an. so hat er so getan reht verlorn. dus zo der ritterscluifi gelwrit. unde doch sine geburt nicht gecrenkit; wande die ritterschaft, die ne merit !loch ne minrit des mannis edilcheit, sundir daz len daz hagerit des mannis ritterschaft. Zur Lehensflihigkeit s. o. zu V. 421.
2185-92 Der Ritter darf mit Kaufmannswaren in begrenztem Umfang Handel treiben, ohne dadurch sein Lehen zu verlieren. Ziel des Handels ist explizit die Gewinnerzielung, V. 2191-92. 2188 nemen yn: 'entgegennehmen' (DRW II, Sp. 1432). Zu denken ist entweder an den Ankauf der Waren oder an eine Art Besteuerung. 2192 winnunge: 'Gewinn', entspricht lal. cultura (Lexer Ill, Sp. 911). - irlengin zu mhd. erlangen: 'erreiehen' (BMZ 1, S. (33).
2194 '{{ stallin entspricht lal. stabulare (Lexer IT, Sp. 1172). Gemeint ist die Aufzucht und Pflege der Pferde im StalL 2195 sla'{[fin: 'schlUpfen machen' (Lexer IT, Sp. 9g6). 2196 gefallin: 'zufallen, zuteil werden', vg1. DRW 111, Sp. 1403-04; s. a. '1.andeschronik' , S. 72, Z. 18 u.O. 2204 in emit: zu emen / amen: 'ernten' (Lexer T, Sp. 96 und 659).
2214-15 'BUchsen' nannte man die seit dem spiiten 14. Iahrhundert aufkommenden Feuerwaffen. Sic wurden aus Eisen gesehmiedet oder aus Bronze gegossen und je nach der Art der mit ihr abzufeuernden Gesehosse als Stein- oder BleibUchsen bezeichnel. V. 2215 und V. 2706 sind die einzigen Stellen im Text, die auf die neuen kriegsteehnischen Entwicklungen und die Erfindung der Feuerwaffen hinweisen. Vg1. zur Entwicklung und Handhabung von Feuerwaffen: Rathgen 1928 (1987); Sehmidtehen 1977; Leng 2002. 2214 stetlin an: hier wohl ganz allgemein 'vorbereiten' , vgL DWb I, Sp. 482. 2215 balczin drehin: Gemeint ist die Herstellung von Pfeilen, wie sie in ArmbrUsten verwendet wurden (vgL DWb 2, Sp. 234); die werden gedrechselt (vgL DWb 2, Sp. 1364).
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2220 Das Bild vom Handtuch wird neu aufgenommen. - Die Erwartung, dass ein ausreichendes Einkommen, welches den Lcbensunterhalt siehert, vor Gier schiitzt, ist fiir die didaktische Literatur des Mittclalters nicht sclbstverstandlich, siehe z. B. das Exempcl vom armen und vom reichen gierigen Richter, Valerius MaxinlUs, 'Facta et dicta memorabilia' VI, 4, 2; Tubach, Nr. 841; Konrad von Ammenhausen, V. 4469-4506.
Kapitel 14, V. 2221-2400 Mit diesem Kapitel beginnt ein neuer Absehnitt im Text. Dies wird formal mit dem Beginn eines neuen Akrostiehonwortes markier!. Inbaltlieh konzentriert sieh Rothe nun auf die Kriegssituation. In diesem Kapitel geht er darauf ein, welche Kriege zulassig sind und aus welchen mau sich fernbalten solie. Er setzt ein mit der Besehreibung einer Situation, in der der Landesherr zur Verteidigung gezwungen ist (2221-30). In einem solchen Fall beniitigt er auEer Gottes Hilfe die Unterstiitzung dureh Dienstleute, die er sieh deshalb yorher dureh die Vergabe von Lehen und durch Geschenke treu verbunden haben sollte (2231-46). Diese seien zuverlassiger als Siildner (2247-48). Sodaun behandclt Rotlle versehiedene Moti ye, aus denen Kriege gefiihrt werden, und bewertet sie: Ein Ambrosius-Zitat eriiffnet cine uneinbeitliche erste Reihe, die auf den Grundsatz der causa iusta zulauft (2261-64). Es folgen religiiise Griinde (2265-72). Dagegen sei ein Krieg aus anderen GrUnden, am; Ubermut und Unrecht oder urn
Besitz zu erwerben, nicht erlaubt und kaunl erfolgversprechend (2273-80). Dem ungereehten wird der gereehte Krieg entgegengehalten (2281-2356). Wer in einem ungerechten Kaulpf sterbe, verliere seine Seele, wahrend dem, der sein Leben in einem gereehten Krieg yerliere, das ewige Leben sieher sei (2301-30). In einem gerechten Krieg um des gemeinen Nutzens willen (2314, 2325f.) seien Listen und Hinterhalte erlaubt (2331-44). Dagegen solie man bei auderen rechtmaJligen Kriegsgriinden die Ehre vor die List setzen und offen kampfen (2345-56). AnschlieBend wechselt Rothe zur Treuepflicht iiber und beginnt dieses Thema mit dem Exempel A1exanders des GraBen, der sein Wort gegeniiber einem der Manner brach, die Darius hinterhaltig ermordeten (2357-6g). Ausgehend von diesem Exempcl werden generelle Uberlegungen zur Vasallentreue und zu Situationen aufgefiihrt, in denen der 1feuebrueh erlaubt oder gar geboten ist (2369-gg). FUr die Aufkiindigung der Treue zu einem Herren werden Schritte eines ehrenyollen Verfalnens genannt (2389-2400).
Stellenkommentar:
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Kapitel14
2221-28 Rothe stellt den Krieg als Yerteidigung gegen einen Angriff von aullen dar. Fiir diescn werden unterschicdliehc Kricgsgriinde erwillmt (Glaubc, Ubcrmut, Besitzgier usw., V. 2224-2B). 2226 rechte ... sache (causa iusta): Ein Krieg ist nach der helium iustum-Lehre
nur erlaubt, wenn drei Voraussetzungen vorliegen: Erstens muss die auctoritas prillcipis gegeben sein, d. h. ein Herrscher muss diesen Krieg geboten haben. Es muss zweitens eine causa iusta, ein 'gerechter Grund', vorliegen; ein Krieg ist gerecht, wenn er eine vorangehende Reehtsverletzung bestraft oder siihnt. Drittens muss die intentio recta vorhanden sein, def Krieg daff nicht mit cler fa1schen Haltung geftihrt werden; Begierden, die beim Kriegfiihren entstehen, sind zu bektimpfen. Die aus der romischen Antike (z. B. Cicero, 'De officiis ' I, 36; 'De re publica' III, 23, 34-35) in die christliche Ideologic iibernommene bellum iustum-Lehre ist pragnant bei Thomas von Aquin, Die deutsche Thomas-Ausgabe 17B, IT-IT quo 40 zusammengestellt (Vgl.; Beestermoller 1990; Hertz 2000; Russell 1975). Zum Umgang Rotbes mit der helium iustum-Lehre im 'Ritterspiegel' Kalning 2006, S. 126-134. 2228 wi sich daz kann.'
ma~ ~emache
wortlich; 'Wie immer das sich machen I ergeben
2234 Mit liilin und ouch mit gebin: Dureh die Vergaben von Lehen und durch Geschenke. 2236 hi eme: 'unter seiner Leitung'. 2237 Rothe stellt sieh hier gegen die veranderte Situation seiner Zeit und propagiert das mittelalterliche Lehnssystem. LehnsmHnner seien mit dem Herrn sHirker verbunden als Smdner und batten ein eigenes Interesse an dem Erfolg der Schlacht. Zur Stelle Ulbrich 1994, S. 43. 2238 lIlanschati entspricht lat. lWlllagium: 'Lehnspflicht, Lehnshuldigung, Lehuseid' (Leiter I, Sp. 2036).
2240 spel: md. fiir mhd. spi!; der Begriff ist als Bezeichnung fiir 'Kampf' ahd. und mhd. verbreitet, vgl. DWb 16, Sp. 2291 (II 3 c). 2249-54 Ahnlich Ambrosius, 'De officiis ministrorum' Buch T, Cap. 27, Abschnitt 129 (PL 16, Sp. 61): fartituda L... J, qua, vel in bello tuetur a barbaris patriam. vel dami defendit it!fimlOs, vel a latronibus socios, plena sit justiciae. ("Die Starke, die im Krieg das Vaterland vor den Barbaren schUtzt, oder zu Hause die Schwachen verteidigt oder die Gefilluten gegen die Rauber, sei voll
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Gerechtigkeit.") Zur Ableitung der fortitudo aus der iustitia vgl. auch Ambrosius, 'Dc officiis ministrorum' I, 35 (PL 16, Sp. 74f.). Dic Anmcrkung (Sp. 73f.) zitiert Erasmus und andere, wekhe die Berechtigung fLir Christen, Krieg zu ftihrcn, ahstrcitcn mit folgcndcr Einschrankung: Verum ipsemet ita mentem explicat suam,. at sola Christiano rum in Christianos hella penitus damnet, Christianorwn autem contra Barbaros eatenus dicat se approbare cum Ambrosio, ut simul adm.oneat hax ipsa puritatis evangelica: nOll esse. ("Aber er selbst entfahet seine Ansicht so, die Kriege cler Christen gegen Christen ganz und gar verdammt, aber er soll sagen, dass er den Kriegen der Christen gegen die Barbaren mit Ambrosius aber insoweit billigt, als er zugleich daran erinnert, dass das der Reinheit des Evangeliums nieht entspreehe.") - Zur Stelle Petersen 1909, S. 175.
2255-56 Bezug schwierig: Die Erbeutung des Besitzes der Feinde ist kein gerechtes Kriegsziel, steht hier aber am Anfang der und-SHtze, die das Verteidigungsprinzip formulieren. Wahrseheinlich ist der Gedankengang pragmatisch auf die Stimmung im Heer bezogen. 2261-64 Die Strophe beschreibt die Forderung, zunachst den Rechtsweg zu besehreiten, bevor zum Krieg als letztem Mittel gegriffen werden darf. 2261 vollinkommen: Variante zu volkomen, vgl. Lcxer TIT, Sp.444. 2262 irbutit: zu erbieten, eventuell fachsprachlich wie oben V. 2093: sich zcu rechle erhieten: 'sich zu einer rechtlichen Auseinandersetzung bereiterkHiren, den Reehtsweg vorschlagen', DRW TIT, Sp. g6 (anders zu dieser Stelle noeh Kalning 2006, S. 127f.). 2268 hi'sin"et zu besinnen: 'erkennen', vgl. 'Lob der Keuschheit' , V.54, 666, 3660,4040; 'bedenken', vgl. 'Lob der Keuschheit', Y.2847; 'Uberlegen, betrachten', vgl. 'Weltchronik' Kap. 6g9.
2269 luden, Ketzer und Heiden bilden seit lahrhunderten eine feste Zusammenstellung, die schon im 'Buch der RUgen' (Y. 1007) an Stelle des lateinischen pagano rum repugnator in der Aufzahlung der Ritterpflichten eingetreten ist. Ygl. z. B. 'Corpus luris Canonici', 'Decretum Gratiani' II, C. 2, q.7, c.25 (Friedberg Bd. I, Sp. 489): Heretici, Iudei vel pagani Christianos accusare non possun/. Db Rothe hier tatsachlich eine Yerfolgung der ortliehen 1 uden propagiert, ist zweifelhaft. S. a. Petersen 1909, S. 174.
2273-76 Die Gedanken finden sieh in umgekehrter Wendung bei Bernhard von Clairvaux, 'De laude novae militiae' 1, 2: Si honajllerit causa pugnantis, pUg/we
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Kapitel14
exitus malus esse non poterit L.•. J (Winkler Bd. I, S. 273: "Wenn nun die Sache des Kampfenden cine gerechte ist, da wird ihr Ausgang nieht schlecht sein konnen.")
2282 Neumann liest entgegen der Handschrift (und wohl in Orientierung an V. 3154): und geschit ouch noch dem rechtin, also 'geschieht dern Recht gemall'. Aueh der Text der Handschrift ist sinnvoll, wenn man /loch als 'entsprechend' versteht. 2283 ane vordroz: Nimmt die Formulierung Bezug auf die innere Einstel1ung?
2289 Das Augustinus-Zitat konnte nicht gefunden werden. Die folgende Stelle ist syntaktisch schwierig und olme Kenntnis der Vorlage kaum verstandlieh. 2290 wort: 'Rede', gerneint ist also nicht unbedingt ein einzelnes Wort, sondem das Gesagete allgemein, vgl. Lexer Ill, Sp. 978.
2292 Bezieht sieh Rothe mit diesem Einschub auf semen eigenen Text oder Ubersetzt er etwas, was seine Vorlage bietet? 2314 dare" gemeynen nutz: Zurn Begriff s. o. zu V.999. 2329 angelegit: Part. Prat. zu one legin: 'anwenden' (BMZ I, S. 991).
2331-44 Zu der Fragc, ob es erlaubt ist, im Krieg einen Hinterhalt zu legen, ist im 'Decretum Gratiani' IT, C. 23, q. 2 (Ausgabe Friedberg Ed. T, Sp. g94) formuliert: Cum Gutenl iustwn bellum susceperit, utrwn apene pUf!,net, an ex insidUs, nichil ad iusticiam interest. ("Wenn man aber einen gerechten Krieg unternom men hat, ist es flir die Beurteilung dieses Krieges a1s gerecht egal, ob man offen kampft oder aus dern Hinterhalt.") Die Stelle nirnrnt Augustinus, 'Quaestiones in Heptateuchum' VI, 10 (CSEL 33, 319) auf. Zur Hinterlist s. a. unten V. 2338. In einem gerechten Krieg istjedes Mittel erlaubt, vgl. aben zu V. 2272. 2338 ufsetzcin zu afsaz: 'Hinterhalt', insidiae, vg1. 'Weltchronik', Kap. 64K gross irrethum under den fursten [... J wart unde grosser bosser u{satz. 2340 irgelzcin: 'verges sen maehen, entschtidigen' (Lexer I, Sp. 630).
2345-56 Rothe differenziert hier zwischen zwei Arten von Kriegen: SolGhen, fUr die (Wieder-)Herstellung des Rechts notig sind (2305-44) und so1chen, erlaubt sind, aber weniger allgemeinen Tnteressen dienen (2345-56). FUr zweite Kategorie fordert Rothe offenes Vorgehen und verbietet den Rittem, sten zu verwenden und Hinterhalte zu legen.
die die die Li-
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2346 tretin an: 'betreffen, berUhren', vg1. Lexer I, Sp. 64. - gotisfrede: Bezieht sich wohl auf die Bestimmungen zum Gottesfrieden, der treuga dei, der Waffenruhe an bestimmten WOGhen- und Feiertagen, vgl. 'Corpus luris CanoniGi',
'Dccrctalcn' I, tit. 34, c. 1 (Fricdberg Bd. II, Sp.203). Vgl. hierzu Konrad von Ammenhausen, V. 7416--51 und Anm. 210. Es ist fraglich, wie weit diese Bestimmungen im spaten Mittelaher noch GUhigkeit haben. Die Glossatoren des kauonischen Rechts betonen ihre praktische Belanglosigkeit, vgL Achter, Art. 'Gottesfrieden', in: lHRG 1 (1971), Sp.1762-65. Zum Gottesfrieden s. a. V.2381.
2347 frevil: 'Straftat, Rechtwerletzung' (DRW III, Sp. 881-883). 2351 Ictzcin: 'schiidigcn', vgl. Lcxer I, Sp. 1892. 2352 sitmen: Oat. PI. zu sinne: 'Uberlegungen, Absichten', vg1. Lexer IT, Sp.927. 2356 snabe entspricht mhd. ,\naben (swV): 'stolpern, strauchcln', Wle oben V.1Sl!. 2357-68 Der Bericht Uber Alexanders Umgang mit den untreuen Gefolgsleuten des Darius ist in clef Chronistik zu findcn, wird aber auch in Excmpc1sammlun-
gen inseriert, vgL Tubach, Nr. 108. 'Weltchronik', Kap. 106-107: Zwene sevner fursten, do sie vomomen. das Allexander qwam, do worden sie des eyn, das sie yren herrell Dariutn. Lieber erslahen 11 olden, denn das sie unde yre frunde unde das ganlze lantvolk dar obir erslagen worde. unde gingen zu am mit baren Sll'er{en uJ}' das pallas unde slochen ynn on unde liessen on vor tot legen [... J Alsso her begraben wart, do sprach Allexander ., [... J unde die meynen vient Dariwn erslagen habin, die habin mir eynen grossen dinst gethcln, die VI/il ieh wirdigen unde on das gross befonen, das swere ich bei der ere meynes vater unde muter. " Das erhorten die zvv'ene Jursten unde melten sieh, die liess her an eynen hoen galgen hengen. 1)0 heteidingitlen ."lie on umb seynen eid. do sprach her "Sogethane eide ssal n)-'mant halden." Vinzenz von Beauvais, 'Speculum Historiale' IV, Kap.44 (unter Bezugnahme auf die 'Historia de prcliis' 75): Historia Alexandri. Alexander cum scire vellet qui Darium regem interj'eeerant; ait: gaudeo me hosterH maximum subiugasse, et lieet ipse exeeutus non sim, habeo gratimn eondignam reprehendere his, qui beneuolentiam suam erga me protestati sunt: hortor igitur vt se prodant: iuro igitur patris nwtrisque 1neae maiestatem: sublimes ilIos. et notissimos me facturum. Quo audito Bessus et Nabarzanes se produnt, quos Alexander in altissimo loco iussit crucifigi, dicens ."Ie iuramentum non transf!,redi, nec ."Ie esse rerum periurU, quia suhlim,es eos ac notissimos omnibus Jecerat. - Hatte Rothe eine Version der Geschichte vorliel
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Kapitel14
gen, bei der Alexander nur einen der beiden Murder, deren Wege sich nach der Tat getrennt haben, entlarvt und tiiten liisst (so z. B. bei Walter von Chiltillon, Kreuzigung des Bessus, 'Alexandreis' VTTI, 335-354)? 2363 Ulld wolde dez keyn lastir han: Gemeint ist wohl ein allgemeiner Grundsatz, dass dem Herrn durch die Totung des treulosen Vasallen keine Schande entsteht. Hier wird er als Uberzeugung Alexanders dargestellt.
2377 geleite: Begleitung mit dem Ziel, gegen Beraubung oder Behinderung zu schUtzen; auch: Friedenspflicht, DRW TTl, Sp. 15g 1; Koehler, Art. 'Geleit', in: iHRG 1(1971), Sp. 1481-89. 2379 albereite (Adv.): cigcntlich: 'ganz und gar bcrcit', vgl. Lcxcr I, Sp. 34.
2381 Hier versteht Rothe unter Gottesfrieden das Verbot, OotteshHuser mit Krieg zu iiberziehen. 2385 Irllwe: die unter Eid versprochcnc Treuc, fides; dcr Begriff bezicht sich auf
die Gesamtheit der Verpflichtungen im Lehnsverhtiltnis, vg1. Oanshof 1977, S. 27-30, 35-36. 2389-2400 Pcrspcktivcnwcchscl: Es gcht nun urn dic Moglichkcit dcr Bccndigung des Lehnsverhaltnisses durch den Vasallen. Dies ist seit der Zeit Karls des OroBen nur bei schwerwiegenden Pflichtverletzungen moglich. Dazu zHhlen Angritf auf Leib und Leben, StockschHige, Schandung oder VerfUhrung von Frau und Tochter, Einziehung des Eigenguts des Vasallen, seine Erniedrigung ZunI Unfrcicn, Angriff mit crhobcncr Waffc und VcrnachHissigung dcr Schutzpflicht (Oanshof 1977, S. 31). 2392 eid: gemeint ist der Lehnseid, der bei der BegrUndung des Lehnsverhalt-
nisses geleistet wird. Zum Eid formuliert der 'Auctor vetus de beneficiis' T, K Hom.o domino suo certum facial iuramenta, quod sihi aden ii·delis ."Iii et amicus. sicul homo est domino suo debitus, quamdiu homo suus sit et beneficia ab eo habuerit; quod qumndiu homo non fecerit, testis esse non poleril file in sui domini iure beneficiali. Exhibeat etlean domino suo debitum honorem et sen/lthon. (,,Bin Gcfolgsmann soli scincm Hcrrn durch cincn Eid schwlircn, dass cr ilrnl so treu und crgcbcn sci, '~lic cs cin Gcfolgsmann scincm Hcrrn von Schulden sein muss, solange er sein Mann ist und Lehen von ihm hat. Solange ein Gefolgsmann das nicht getan hat, kann er nicht Zeuge beim Lehensgericht seines Herrn sein. Er soll auch seinem Herrn wie geschuldet Ehre und Dienst erweisen." CH). Dies entspricht dem 'Q(ir1itzer Rechtsbuch', 2 § 3: £in mall sol sweren sime herrin. daz. her ime also getru~'ve unde also holt si; also ein man ."lime
V. 2221-2400
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herrin durch recht sol, at di wile her sin nwn sie tlnde len von ime habe; unde luo{ he des nihl, so ne mag he niem(ln.~' geziuch an sines herrin lenrechte (sin). 2393 sich dez irclagin: 'die Saehe einklagen', ygl. ORW III, Sp. 219. - Oas V. 2393-99 beschriebene Verfahren der Lehensaufsage bei Reehtsverletzungen durch den Lehnsherrn erinnert an die Vorsehrift des Sachsenspiegels 49 § 1, Gorlitzer Rechtsbuch 1, 116: Nimet ouch der herre sin g& Gn recht. oder mit unrechte l-veigerl hne sin gut zo line, odir sin wer nicht wesen l-vil an deme len daz er von ime hat, daz sol man clagin deme obirrin herrin. Dass es hier strenge Verfahrensvorsehriften gibt, ist communis opinio, Ganshof 1977, S. 104: "seit der ersten Hiilfte des 12. lahrhunderts ist es [... J moglich, daB ein Vasall seine Bindungen lOst, vorausgesetzt, daB er seine Entscheidung unter Beachtung einer bestimmten Form bekanntgibt und auf sein Lehen yerzichtet." 2397 gnade: Oas Spektrum der Bedeutung ist breit, hier kommt vor aHem 'Huld ' in Betracht, denkbar ware auch 'Ermessen, schtitzende Aufnahme', vgL ORW IV, Sp. 965-969. 2398 Nach gUche und nach rechle: Paarformel: 'Recht und Gesetz' (ORW TV, Sp. 929). rechl bezeichnet die Gesamtheit der Rechtsnormen, gliche die Billigkeit (aequitas), die im Einzelfall Korrekturen ermoglieht. 2399 sprechin zeu: Gemeint ist wohl die mtindliche Erklarung, das Verhattnis zu lOsen. 2400 vordechte: 3. Sg. Priit. zu verdenken: 'Obles denken' (Lexer TTl, Sp. (2).
Kapitel15, V. 2401-2580 Tn diesem Kapitel zahlt Rothe zunachst sieben Dinge auf, die man vor Beginn des Krieges beachten muss, urn diesen gewinnen zu konnen (2401-08). Er mhrt die Reihe knapp aus (2409-2B) und konzentriert sieh dann auf einen Punkt. 1m Rtickgriff auf zahlreiche Autoritaten (Grcgorius, Scncca, Cicero, Sal1ust, Vegetius, Sokrates, Salomon) stellt er die Wichtigkeit kluger Vorausplanung, besonders die Bedeutung der Ratgeber und das richtige Verhalten in der Beratungssituation heraus (2429-2568). So soli man herausfinden, was die Feinde YOfhaben, und sieh entsprechend vorbereiten (2437-39), das Ergebnis der Beratung soH man versehweigen und stattdessen umgehend danaeh handeln (2477-79). Den Ritter sol1 es nieht zu sehr naeh dem Krieg verlangen (24BO-B4). Er sol1 sieh liberlegen, was er im Falle eines pWtzlichen Uberfalls tun kann (2501-02). AuBerdem dtirfe er nicht zu viele Vertraute haben (2510), soli dem Rat genug
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Kapitel 15
Zeit lassen (2513-16 und 2525) und siGh im Rat nicht von Zorn Ieiten lassen (2517-28). Der Ratgeber soli sich nicht unbedacht und zu schnell aullern (2553-56), er soli sich bei seiner Entscheidung an Hofischkeit, Nutzen und Gut oricntieren und abwagen, was den griiBeren Wert hat (2557-68). Am Kapitclschluss lenkt Rothe auf den Anfang zurUck und betont die Notwendigkeit von Voraussicht und Planung fUr den Kriegsfall bereits in Friedenszeiten (2569-g0).
Stellenkommentar: 2403~8
Petersen 1909, S. 176 vermutet, dass die Zusammenstellung der sieben Dinge, mit denen man den Streit gewinnen kann, Rothes eigene Konstruktion ist. Ebenso denkbar ist, dass er auch hierftir eine lateinische Vorlage verwendet hat. Es sind dies Gottesfurcht und gerechte Sache, guter Rat und Klugheit (zwei komplemenWre Faktoren), AusrUstung und Dbung; als siebenten Punkt nennt Rofhe erneut zwei Begriffe: Gehorsam und Eintracht. Dass somit acht Dinge aufgeziihlt werden, kann der Schematik der StrophenfUllung gesGhuldet sein. Es kann damit auch ein einheitliches Konzept des Zusanlmenhalts im Heer, fUr den die hierarchische Ordnung unverzichtbar ist, anvisiert sein (vgl. V. 2425f.). 2406 w{jJheid wird hier und im Folgenden, wo es urn praxisbezogenes Wissen
geht, konsequent mit 'Klugheit' Ubersetzt; cs cntspricht lateinisch prudentia, vgl. Diefenbach 1857, S.469. 2408 Zwei Dinge oder eines? Vgl. oben zu V. 2403-08. 2410 rechtis phlegi": Die Formulicrung bezieht sich auf den gerechten Kriegsgrund, die causa iusta, vgl. V. 2405. 2412 wedirsegin: hier in der speziellen Bedeutung 'die FreundsGhaft auf-, Fehde ankUndigen I absagen [diffidare]" (Lexer TTl, Sp. g51).
242() Bohne als Minimalwert: Sprichwortiich, vgl. TPMA 'Bohne' Nr. 6-18; 'Deutsch' Nr. 22-25. 2424 zeu bufie werden: 'Foigen haben' (Lexer I, Sp. 389 Imoze: 'Besserung, Heilmittel, VergUtung, Strafe'). Hier sind diese Foigen negativer Art, der Ritter wird den Krieg verlieren. 2428 uwir wie iuwer (Pers.-Pron. 2. Pers. Gen. Pl.), syntaktisch nicht ausgeglichen zu V. 2425, Bezug aufs Kriegsvolk. - werdin ... mechtif!, mit Gen.: 'erlangen Macht Uber', vgl. DWb 12, Sp. 1409.
V. 2401-2580
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2429-40 Gregor, 'Moralia in lob' 1,32 (Adriaen CCSL 143, S.49; PL 75, Sp. 547C): et uuldejimiludo destruitur nisi per consiliumjulciatur. ("Die Starke wird vollig vernichtet, wenn sie nicht durch Rat gestUtzt wird.") Vg1. 'Purgoldt'sches Rcehtsbueh', Buch X, Kap.51: Sandt Gregorius der "pricht: dye stercke H,yrt zcumall verstoret, dye nicht gezcyret w}'rlh mit ~'ve_vssheyt.
2434 gerichte: 'geradewegs' (Leiter I, Sp. 880). 2440 remen: zu ramen 'als Ziel ins Auge fassen', vgl. V. 1863. 2441-44 Rothc stell! hicr Seneca besonders naehdriicklich heraus, der im gcsamten Text zu den am haufigsten genannten AutoriWten geMrt (acht ausdrUckliehe NCIllmngcn; vier wcitcrc vcrdccktc Zitate konntcn nachgcwicscn werden.) 2445-48 Ahnlich Konrad von Ammenhausen, V. 5514-23: Seneca der meister gila, / kein ding werd ze rehl volbrdht. / wan das man vorhin hal heddht / mit
betrahtun[l reiller beseheidenheit. / er spricht noch mere unde seit, / das etZicher, den man nihl wiirken siht. / mit betrahtung er siell doch verpjliht, / dus er schciffe grossen! ding, / denn alter oder jungeling, / die man siht wiirken starklieh gar, Die Stelle geht dort tibcr Jacobus de Cessolis auf Seneca, 'Epistolac morales ad Lucilium', Ep. 8, 6 zurUck: Milli crede, qui nihil Gf!,ere videntur maiora agunt, hwnana divinaque simul fractant ("Glaube mir, die nichts zu 1cisten scheinen, leisten Grolleres: Sie beschtiftigen sich mit Menschliehem und Gottlichem zugleich,") Rothe verwendete vermutlich ein Seneca-Florileg. - S, a, Pry 24,5-6: Vir sapiens fortis est, et vir doctus rohustus et validus: quia cum, dispositione initur bellum, et erit salus ubi multa cons ilia sunt. (HDer Weise vermag mehr als der Starke, und der Einsiehtige mchr als der Kraftvolle. Dcnn untcr klugcr Leitung kannst du Krieg fLihren, und wo viele Rat wissen, ist der Sieg.") 2455-56 In der Handschrift fehlt ein grammatisches Subjekt, Neumann konjiziert daher grammatisch richtig. Der Satzanschluss so der Handschrift ist aber syntaktisch einleuchtender; vielleieht ist ein si ausgefallen. 2461-66 Cicero, 'Dc senectute' VI (17) (Falconer, S. 26): Non viribus aut velocitate aut ce/eritate corporum res Tnagnae geruntur, sed consilio auctoritate sententia [... J ("Nicht dureh Kraft und Schnelligkeit des Kiirpers werdcn groBe Dinge vollbracht, sondem durch Rat, EinfluB und Urteilsvermiigen. ") Aufgcnom men bei Vinzenz von Beauvais, 'Speculum doctrinale' TV, 26 und 'De morali principis institutione' XI, 53 (CCCM 137, S. 61). Vg1. auch Cicero, 'De officiis' 1,23 (79): Omnino illud honestum, quod ex animo exeelso magnifieoque quaerimus, animi efficitur, non corporis virihus. Exercendum tamen corpus et ita afflciendum est, ut ohoedire consilio rationique possit in exsequendis negotiis
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Kapitel 15
et in labore tolerando. Honestum autem id, quod exquirimus, tatum est pasitum in animi cura et cogitatione; in quo non minorem utililatem afferunt, qui togati rei publicae praesum. quam qui bellum gerunt. (Gunermann, S. 71: "Dberhaupt wird jenes Ehrenhafte, das wir auf erhabene und hohc Gesinnung zuriickftihrcn, durch die Kraft des Geistes, nicht des K(;rpers verwirklicht. Dennoch ist der Karper zu Uben und in so1chen Stand zu setzen, daB er auf Einsicht und Vernunft horen kann bei der Austlihrung von Ditigkeiten und dem Ertragen von Mtihe. Die Ehrenhaftigkeit aber, die wir suchen, beruht ganz im Sorgen und Sinnen des Geistes. In dieser Hinsicht steuern diejenigen nicht geringeren N utzen bei, die in cler Toga das Gemeinwesen leiten, als sokhe, die Krieg fLihren.") 2465 libis kr~ftin: entspricht lat. corporis viribus, die den Geisteskrtiften, vires animal', gcgcniibergcstcllt werden, vgL Cicero, 'Dc officiis', zitiert oben zu V. 2461, und 'De inventione' I, 2. 2469-79 Sallust, 'Coniuratio Catilinae', Prooemium I, 6 (Ausgabe Reynolds, S. 5): Nam et prius quam incipias consulto et, ubi consulueris. mature facto opus esl. ("Denn bevor man bcginnt, ist Rat vonnaten, und nachdem man sich beratcn hat, die rasch ausgefUhrte Tat.") Die Stelle bezieht sich explizit auf milittirische Entscheidungcn; sic findct sich auch bei Vinzenz von Beauvais, 'Speculum doctrinale' IV, 26. Parallel en in der deutschsprachigen didaktischen Literatur: Wcrnher von Elmendorf V. 75-BO: dez warnit dich alsus / der wise man Salustius, / her spricht: 'so gach si dir zu keiner tat, / dune suches e diner frunde rat. / du tust anderes lichte. daz dir nicht touck'; Thomasin von Zcrclaerc, 'Ocr wtilsche Gast', V. 13161-62: ietwederez sfn reht Mit. / longer rat und snel getdt. Der Gedanke wird bei Thomasin weiter ausgeflihrt V. 13149-6B.
2477 geanl: 'bcendet' , wie V. 546, 2491. 2481 gegehin eventuell verschrieben aus gehin.
2483 ez: mittcldeutschc Form ftir iSI, vgL Paul 2007, § M 107 (is statt is!) und § E 34, 3.2.3 (mittcldeutschc Senkung). 2484 Stant nicht noch: zu mhd. stan nach 'streben nach' (Lexer II, Sp. 1135).
2485-88 Cicero, 'De officiis' I, 22 (74) (Gunermann, S.66): vere autetn si
volumus iudicare, niultoe res extiterunt urbanae maio res clarioresque quam bellicae. (Gunermann, S. 67: "Wenn wir aber wahrheitsgemtilJ urteilen wollen, so haben sich viele Taten des Friedens als groBer erwiesen und glanzvoller als solche des Krieges.") Die Stelle wird frei aufgenommen unten V.2997-3004. Vg1. auch 'De officiis' I, 23 (79) zitiert oben zu V.2461. Entfernt tihnlich Cicero, 'De senectute' 6, 19.
V. 2401-2580
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2491 Zu antin s. o. zu V. 2477. Haufig auch in der Bedeutung 'einen Prozess zu Ende fiihren, einen Streit beilegen' (DRW II, Sp. 1529). 2497-2500 Almlich Vegetius Ill, 9 (Laug, S. 86, 9): Ideo omnia anle cogilanda sunt. allie temptanda, ante facienda SUIll, quam ad ullimum uenialur abruptum. (Wille, S. 187: "Deshalb muss mau alles bedenken, alles versuchen und alles unternehmen, bevor man zum letzten, endgiiltigen Mittel greift. ") 2504 Sachlich ahnlich sind die bei TPMA 'Rat', Nr. 155-161 zusammengestellten Redensarten, z. B. Nr. 155: Utere consilio, licet omnia noveris arte. (,,Lass dir raten, auch wenn du alles professionell beherrschst. ")
2512obirspele: 'Ubcrdcnken', vgl. Beeh in: Gcrmania 6 (lg61), S. 57; Lcxer II, Sp. 1661 iiberspiln, vg1. V. 4011. 2513--28 Sprichwiirtlich vcrbreitct: Ve/ox consilium sequitur poenilenlia, Publilius Syrius, 'Sententiac' U 35; TPMA 'Rat' Nr. 27, 29-32, 33, 37, 47-49. Scdulius Scotus, 'Collcctauea' 80, VI, Nr. 6 (CCCM 67, S. 321) bcginnt den Absclmitt, in dem die Scntcnz mit aufgefiihrl ist, mit einer Zuschreibung an Sokratcs. Man kann dies dort so vcrstchcn, als ob al1c folgcndcn Scntcnzcn von Sokrates stammen. Diese Zuschreibung findet sich dann auch bei Vinzenz von Beauvais, 'Speculum Doctrinale' IV, 26, 316E: Socrates. L... J Idem. Velox con.'Ii/fum sequitur paenitentia, ma.ximeque consilio sunt contraria. festinatio et ira. ("Sokrates. L... J Derselbe. Schnellem Rat folgt Reue, am meisten dem Rat entgegen sind Ungeduld und Zorn."), s. a. ebd., IV, 94, Sp. 353B. Aufgenommen bei Jacobus de Cessolis, 'Schachzabelbuch', Sp. 1951196: Socrales dicil, quod duo nwxime sun! contraria iudicio: festinalio et ira; Konrad von Ammenhausen, V. 5262-67: Socrates spricht ouch alsa. / dus zwei ding widern!ertig sint / rehtem geriht, und machent blint / die riluer: zorn ist das eine; / zuo dem andern ieh meine / gacheit, ais dft var ouch stat. Tn 'De montli prinGipis institutione' XTT, 36 (CCCM 137, S. 66) schreibt Vinzenz dasselbe Sprichwort Seneca zu.
2517-25 Der zcorn viennal am Versaufaug: thematische Anapher. 2523 spel (stN): 'Erzahlung, Rede' (Lexer II, Sp. 1077). 2524 sich mydin: 'sich enthalten' (Lexer T, Sp. 2133). 2532 Wen ez luslil, der mag en suche: Fiillvers? Oder haudelt es sich urn eine didaktische Strategic, will Rothe seine Schiller ermutigen, die Bibclstelle nachzuschlagen?
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Kapitel 15
2533-52 Sir 26,25-27: Tn duabus cantristatum est cor meum, et in tertia iracundia mihi adveni!: vir bella{or def1ciens per inopiam; et vir sensatus contemptus; et qui transf!,reditur a justitia ad peccatwn. Deus paravit eum ad rompheam ("Zweier Dinge wegen ist mein Herz bekUmmert, und nm des dritten willen steigt Zorn in mir auf: wenn ein machtiger Mann verarmt und darben muss und wenn angesehene Leute in Verachtung geraten; wenn sich aher einer von der Gereehtigkeit zur SUnde wendet, so wird ibn der Herr fills Schwert bestimmen, ") Zur Zuschreibung der Weisheitslchren des Buehes Siraeh an Salomon s, 0, zu V, 1751-54. Rofhe erweitert das Bibelzitat stark. Hat er hierftir cine Vorlage" 2553 Meistir Tulius: Eine entsprechende Stelle konnte bei Cicero nicht gefunden werden. 2554 Wiltu wisi" rad Iwlde: Angesprochen ist nun der Ratgeber, nicht der Ratsuchende. 2558 Hobisch, nutzce und gud entsprieht in V. 2562 ere, IIUtz und togullt (umgeordnet). Zur Systematik im Hintergrund siehe ebd. 2562 Den flUtz, di togullt und di ere entspricht lat. utiUtas, virtus, honestum. Eventuell bezieht sich Rothe mit der Aufzahlung auf Cicero, 'Dc officiis' II, 3 (9): Hoc (lutem de quo nunc agimus., id ipswn est, quod utile appellatur. In quo verbo lapsa consuetudo dejlexit de 'via sensimque eo deducta est. ut honestatem ab utilitate secemens constitueret esse honestwn aliquid. quod utile non esset, et utile, quod non honestum, qua nulla pernicies maior h01ninum vitae potuit afJerri. (Gunermann, S. 149: "Der Gegenstand, den wir jetzt behandeln, ist genau das, was als das NUtzliche bezeichnet wird. Bei diesem Wort ging der Sprachgebrauch in die Irre, bog vom rechten Wege ab und wurde unmerklich dahin geflihrt, daB er Ehrenhaftigkeit Yom Nutzen trennte und feststellte, das Ehrenhafte sei etwas, das nicht nUtzlich, und das NUtzliche etwas, das nicht ehrenhaft sei - die verderblichste Fehleinschatzung, die in das Mensehenleben gebracht werden konnte.") Vgl. im Anschluss an diesen Wilhelm von Conches, 'Moralium dogma philosophorum', Prooemium (Holmberg, S. 6): Ihplex est cupiendi consilii deliberatio: prima est de honesto tantum. secunda de utili tantwn, terc!a de conflictu utriusque. Der Begriff 'Tugend' kann, wie 'Ehre' , dem lateinischen honestus entspreehen, so bei Wilhelm von Conches, 7, 10 (Holmberg, S.7): Virtus if!,itur et honestum nomina diversa (sunt), res auton subiecta prorsus eadem. Problematiseh ist die Systematisierung der drei Begriffe aIs GUtertrias. Bin triadisehes System wurde kontrovers in der Diskussion um das sog. ritterliche Tugendsystem er(irtert. Vgl. Eifler 1970. - Rothe macht die Entscheidung des Ratgebers nieht von einer Hierarchie der differenten Werte abhangig.
V.2581-2752
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2572 irhol: zu erlwln: 'wiedergutmaehen', vgl. Lexer I, Sp. 637. 2575 herschit: 'sieh rUhmt', Neumann Anm. zu V. 2575. Vgl. 'Lob der Keusehheir, V. 5416-17: l-1-'er herschen wit 'van sinen eren. / der sal herschen in deme herren, zu II Cor 10,17: Qui autem. gloriatur, in Domino glorietur. 2576 kbr entspricht wohl mhd. kiir.
Kapitel 16, V. 2581-2752 Oas Kapitel befa"t sieh mit den Kenntnissen und Fertigkeiten, die ein junger Mensch erlemen sollte. Am Anfang steht ein generelles Lob auf das Lemen; erlernt werden sullen Wissensinhalte und Tugenden (Cicero, Cassiodor,
25gl-2620). Rothe stellt als Bildungskanon, den bereits Aristoteles seinem SchUler Alexander empfohlen habe (2621-36), die sieben freien Ktinste, sieben Tugenden und sieben ritterliehe Fertigkeiten vor. Bei den sieben freien KUnsten ncnnt cr Grammatik, Rhctorik, Dichfkunst, Musik, Mathematik, Geometric und Astrologie (2637-64). Die sieben Tugenden sind Uberwiegend negativ formuliert, es sind MaBhalten beim Essen und Trinken, nicht spicIen, sich nicht der Unkeuschheit hingeben, niemandem zu Unrecht Gewah antun, nicht lUgen und vcrlcumdcn, nicmandcm das Seine nchmcn sowic clef Gcrcchtigkcit folgen und sieh nicht bestechen lassen (2665-92). Die sieben Fertigkeiten (2693-2724) sind Reiten, Schwimmen, SchieBen, Klettern, Tunieren, Ringen sowie verschiedene
hOlisehe Fertigkeiten (gut bei Tisch bedienen, tanzen und sich galant verhalten, Brettspiele). Das Kapitel endet mit einem Lob der Weisheit (2725-52). FUr die Darstellung der freien Ktinste, Tugenden und Fertigkeiten bildet die 'Disciplina Clericalis' des Petrus Alfonsi den Rahmen, Rothe weicht aber in den Einzelheiten deutlich davon abo
Stellenkommentar:
2581 Das Cicero-Zitat ist sehr a11gemcin gchalten; eine Quclle konntc nieht ausfindig gemacht werden. Nmlicher Gedanke in 'De officiis' II, 1 (4): Nihil agere (lutern cum animus non possel., in his studiis ab initio versatus adulis existimavi lwnestissime molestias posse deponi. si me ad philosophiam retulissent. (Gunermann, S. 145: ,~eil aber mein Geist nicht unUitig bleiben konnte, so
glaubte ich, von Anbeginn der Jugend an vertraut mit diesen Studien, am ehrenhaftesten diese Yerbitterung loszuwerden, wenn ich mich wieder der Philosophie zuwandte."') Aufflillig ist die Zitierweise: Rothe nennt zweimal hintereinander dieselbe Autoritat namentlieh (werst Y. 2553) und eharakterisiert sie im zweiten
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Kapitel 16
Zitat (anders V. 1g13ff.). Hiingt die Wiederholung der Namen mit der Kapitelgrenze als Zlisur zusammen? Schliellt die Stelle an das, glcichfalls nieht identifizierte, Zitat V. 2553 an? Oder ist der Neuansatz ein Tndiz dafUr, class unter-
schiedlichc Quellen bzw. Vorlagen benutzt wurden? Wiihlt Rothe womliglich die Autoritatennennung nur, urn den BedUrfnissen des Akrostichons zu entsprechen,
und ohne eine konkrete Que1!e im Blick zu haben? 2593-96 Hinflihrung zum Cassiodor-Zitat in V. 2597ff. 2597-2600 Zitiert aus Cassiodor, 'Variarum' X, TIT, 4 (CCSL 96, S. 3g6): fbi pruden,y inuenit, unde sapienlior flat: ibi bel/alor reperil., unde animi uirtute
roboretur: inde princeps accipit, quemadmodum populos sub aequalitate componat: nee a/iqua in !nundo potest esse fortuna, quam litterarum non augeat gloriosa flotitia ("Dort findet def Kluge heraus, wodurch er weiser wird, dort ermittelt der Kriegsmann, wie er an Geistestugend zunimmt, von dort empfangt der FUrst, wie er die Vli!ker auf gerechte Weise ordne!. Und es kann auf der Welt kein GlUck geben, welches die ruhmreiche Kenntnis der Wissenschaften nicht vermehren wtirde. ") Zur Bedeutung der Heiligen Schrift iiullert sich Cassiodor in 'De institutionibus divinarum et humanarum literarum" Teil 1, zu den Artes im zweiten Teil dieser Schrift.
2598 Ocr FU1!vers vcrweist auf die unterschiedlichcn Erschcinungsformen von Gltick und deutet vielleicht auch ein begriffliches Prohlem an. 2599 Rothe giht den lateinischen Plural lilterarum no/i/ia CKenntnis der Wissenschaften') im Oeutschen mit dem Begriff schrift wieder, der weltliche und geistliche Schriftkultur umfasst (Lexer II, Sp. 798); vgl. oben V. 2597-2600 zu Cassiodor. 2606 Der Satz ist vollstandig, wenn man kunne als von sted ... Hiol abhangigen
Infinitiv auffa,,!. Bartsch und Neumann reparieren ihn jedoch durch die Einfligung eines her.
2609 kunst entspricht lateinisch ars; haufig ist die Zusammenstellung mit virtus, z. B. 'Auctoritates Aristotelis', Hamesse, S. 235, Nr. 33: Circa ditficilia semper est ars et virtus.; entsprechend Aristoteles, 'Nikomachische Ethik' 1105a 9.
2611-14 Cassiodor, 'Variarum' I, XXIV, 3 (CCSL 96, S. 32): [... J quod in iuuentute non discitur, in lnatura aetate nescitur. ("Was man nicht in der Jugend lernt, weiss man im reifen Alter nich!.") Ahnlich Sir 25,5: fnjuventute tua non congregasti, quomodo in senectute tun invenies? ("Hast du in deiner Jugend nicht LEinsichtJ gesammelt, wie solltest du's in deinem Alter erreichenT) und
V.2581-2752
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Ambrosius, 'Expositio psalmi II B', Psalm 13 (CSEL 62, S.290): quad in iuuenlute sua non adquisierat, in senectute inuenire non potuil. Zur sprichwlirtlichen Verbreitung vg1. TPMA 'lemen' Nr. 121-125, in der nicht negierten Variaute ebd., Nr. 91-120. 2617-20 Der Gedanke wird auch ausgefUhrt bei Thomasin von Zerc1aere, 'Der walsche Gast', V. 9197-9208; Beispiele fUr die Gelehrsamkeit beriihmter Herrscher ebd., V. 9209-3B. 2621-36 Petrus Alfonsi, 'Disciplina Cleriealis', S. 10, 13-19): VI, [... ] Aristatiles in epislola sua quam Alexandro regi composuit meminit: qui cum ab eo quereret quenl sibi ex h01ninibus cansUiorium faceret, taliter per epistolam respondit: Accipe. ait. ta/em, qui septem liberalibus artibus sit instructus. industriis septem eruditus, septem eciam prohitatibus edoctus, et ego hane estimo perfectam esse nabilitatem. ("Wie [... J Aristoteles in seinem Brief an den Konig Alexander erwahnt. Als dieser ihn heagte, wen er von seinen Leuten zum Ratgeber nehmen solIe, anwortete er ihm brieflich so: Nimm einen, der in den sieben freien KUnsten bewandert, in den sieben Gesehiekliehkeiten erzogen und in den sieben Tugenden unterwiesen ist, das halte ieh fUr vollkommenen Ade1.") Rothe folgt hier noch der Reihenfoige, die sieh bei Petrus Aifonsi findet, stcilt aber spater die Zuordnung urn und nennt zuerst sieben Tugenden, danach die sieben Fertigkeiten, vgl. unten zu V.2665. Ist dcr Bezug der Lchrinhalte auf die Ratgebcr, und nieht auf den Herrseher selbst, von Rothe beabsiehtigt? Zu Stelle und Quelle Petersen 1909, S. 152-153. 2634 edil van naturlichir ard: Ist gemeint, dass Bildung die fehlende Genealogie crsctzt? 2638 rechin: Variaute zu rechnen: 'aufzahlcn', entsprieht iat. enumerare, Petrus Alfonsi, 'Diseiplina Cleriealis', S. 10, 37.
2639-64 Rothe nennt die drei spraehliehen Artes (Trivium) und die vier rechnenden KUnste (Quadrivium). Zum Quadrivium ztihlt er Musik (singen, Gesang Orgci spicien, Saiteninstrumente spicien, 2649-52), Arithmetik (reehnen und ziihlcn, 2653-56), Messen und Wiegen (2657-60) und Astroiogie (2661-64). Beim Trivium gibt er Graulfilatik (2639-40), Dialektik (2641-44) und Rhetorik (Dichfkunst) au (2645-48). Martianus Capella teilt nur wenig auders ein, 'De nuptiis Philologiae et Mercurii' Kap. TIT-IX. Er nennt als die sieben Artes liberales Grammatik, Dialektik, Rhetorik, Geometrie, Arithmetik, Astronomie und Musik (hamlOnia). Diese Definition der Artes ist im Mittelalter sehr verbreitet. Vg1. Cassiodor, 'Institutiones' Teil 2 (PL 70, Sp. 1149-1220). Petrus Alfonsi weicht dagegen von der verbreiteten Tradition ab, 'Disciplina Clericalis',
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Kapitel 16
S. 10, 37-11, 7: He sunt artes: dialectica, arithmetiea, geometria. phisica, musica, (lstroTlomia. De septima tiero diuerse plurimorwn sunt sentencie quenmn sit. Philosophi qui prophecias non sectanfur, aiunt nif!,romanciam esse septimean. Aliqui ex illis videlicet qui propheciis et philosophie credunt, uolunt esse sciencimn que res naturales tiel elementa mundana precellit. Quidam qui philosophie non student, grammaticam esse ajJirmant. ("Dies sind die Artes: Dialektik, Arithmetik, Geometrie, Physik, Musik, Astronomie. Uber die siebte gehen die Ansichten der meisten auseinander. Philosophen, die keine Prophetien annehmen, sagen, die Nigromantie sei die siebte. ManGhe von ihnen, die, wie es seheint, an Prophetien und die Philosophie glauben, wollen, es sei die Wissensehaft, die die nattirlichen Dinge oder die weltliehen Elemente iibersteigt. Andere, die sieh nicht um die Philosophie bemiihen, meinen, es sei die Grammatik.") Vgl.: zu den ArIes Curtius 1948 (1993), S. 46-70; Koch 1959; Dolch 1965, S. 99-155; Huber 1992; Schafer 1998; Schafer 1999; Stolz 2004; Haage / Wegner 2007; zu Norm und Praxis adliger Bildung im spaten Mittclalter Miiller 2005; zur Stellc Dolch 1965, S. 131-132; Stolz 2004, S. 83-85; Miillcr 2005, S. 143-144. - Rofhe zeigt keine praktischcn Anwcndungsmoglichkciten der Artes fiir spezifisch rittcrliche Tatigkeiten auf, stattdessen geht er auf den Nutzen dieses Wissens fUr Handwerker ein (V. 2660).
2639-40 Lesen und Schreiben ist IIier, wie im Mittelalter iiblich, mit Lateinkcnntnis (sprechcn!) verbunden; cs nimmt den Platz der Granllliatik cin. 2641-44 Die zweite ars bei Rofhe entspricht wohl der Dialektik, er nimmt aber die vis verborum hinein, die man auch dem Bereich der Rhetorik zuordnen kann. Nllllich Thomasin von Zerclaere, 'Der wrusche Gas!', V. 8922-25: Dialelidi bescheidt daz slehle / vome krumben, die lvdrheit / vom va/seize; Ret/wried ldeil/ unser rede mit varlve sellline[.]
2643 dorch gehit zu mhd. durchgan: 'durchdringen' (Lexer I, Sp. 480).
2645-48 An dritter Stelle nennt Rothe die Rhetorik, der Terminus gesmuekte rede entspricht dem lateinischen oratio ornata (Redeschmuck). Diese Kunst ist bei Rothe aber auch Dichtkunst, er gibt beispielhaft das Reimen (geryme) an.
2648 materiel!: Stoff der Dichtung. materia ist cin grundlegendcr Terminus in den lateinischen Dichtungslehren, z. B. Galfredus de Vino Salvo, 'Poetria Nova', V. 55f. (Faral 1962, S. 199): eireinus interior mentis praecircinet omne/ Materiae spatium und passim. Chrestien de Troyes, 'Lancelot', V. 26 spricht von materie et san. Vgl. fUr das Deutsche Z. B. Frauenlob XII1, 7,1: swer der mate(jen clelt e [!,ah.
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2649-52 Rothe beschreibt die Musik als eine praktische Ars, die theoretischen Grundlagen, dic in der Ttadition auch cinc wichtige Rollc spielen, Hisst er weg. Musikpraxis gehort zur Rittererziehung, vgl. z. B. bei Konrad von WUrzburg, 'Der Welt Lohn', V. 26-35. Der Ritter gliinzt dort durch Jagd, Schaeh und Beherrschung von Saiteninstrumenten. Musik gehort auch zu Tristans Erziehung,
vgl. Gottfried von StraBburg (Ausgabe Ranke), V. 2094. Zum Verhaltnis zwischen Theorie und Praxis in der ars musica siehe Haas 1999, Hirschmann 1999. 2652 orgiln: Ob es sieh hier um ein Verb oder ein Substantiv handel!, ist aus der Form nicht entscheidbar. - Das Spielen von Saiteninstrumenten gehort traditio-
nell zum Kanon herrscherlicher Fertigkeiten; Lyra oder Harfe werden Kiinig David als Attribut beigegeben. Dass Adlige auch das Orgelspiel erlernen soli ten, konnte nicht belegt werden. Die Orgel soli bereits um 250 v. ehr. von Ktesibios aus Alexandria erfunden worden sein. Zum integrierten Bestandteil des christlichen Gottesdienstes wurde sie im 13. Jahrhundert. Dass sie hier als Teil des adJigen Bildungsprogramms mit aufgefiihrt wird, ist tiberraschend. Vielleicht ist mit orgeln bei Rothe aber auch der lateinische 8egriff organwn wiedergegeben, dcr jede Form des Musikinstrumcnts bezcielmct. Vgl.: Art. 'Orgel' in MGG 7; Restle, Art. 'Musikinstrumente', in: LexMA 6, Sp. 965-967; Apel 1949; Bowles 1962.
2661-64 Die Astronomic wird als Astrologie vcrstanden (traditionell kcine VOIl dez hymmelz ummegange bezeichnet die Umdrehung des Fixsternhimmels. Tn der Astrologie sind aber gerade die Planeten wichtig. Zur Rolle der Astrologie till die Bestimmung des gtinstigsten Zeitpunkts fUr eine Schlacht s. u. zu V. 4013-15 und ff.
Ttennung). Der Terminus
2665-92 Ahnlich Petrus Alfonsi, 'Disciplina Clericalis', S. II, 10-12: lndustrie sunt: Nl' sit UOrr.lX, potator (2667-68), luxuriosus (2673-76), violentus (2677-80), mendax (2681-84), auarus (2672, 2685-88) et de mala cOlluersaeione (26g4). Die Aufz[;hlung ist keine etablierte Tugendreihe; es tauchen aber traditionell bekannte Laster auf (gula, luxuria, avaritia). Die Bezeichnung il1dustriae in der Edition der 'Disciplina Clericalis' und der dieser zugrunde liegcndcn Handschriften ist iibcrraschcnd; nahelicgcndcr ware cs, dicsc Aufziihlung mit probitatl's zu benennen und die dritte Siebenergruppe als industrial' zu bezeiclmen. Vermutlich liegt in den Handschriften, auf denen die Ausgabe basiert, cine Verderbnis VOL Bei Rotlle sind die Bezeichnungen ausgetauscht; er bezeichnet die zweite Gruppe mit dem Begriff tOf!,inde bzw. fromikeid (2629), was gerade dem lat. probitates entspricht, und die dritte als behendikeid. Ob er das aus seiner Vorlage Ubernimmt oder se1bst eine Korrektur vornimmt, kann
hier nicht entschieden werden. Wie in der 'Disciplina c1ericalis' sind die Tu-
genden auch bei Rothe negati v formuliert. luhaltlich iindert Rothe wenig: Er
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Kapitel 16
fasst Fressen und Saufen sowie LUgen und Uble Nachrede jeweils in eins zusammen. Neu lUgt er an zweiter Stelle das Verbot des Gliieksspicls ein (2669-72). Am Ende der Aufziihlung (2689-92) gibt er als siebte Tugend ganz generell die guten Sitten an und verweist erneut auf die aristotelisehe Konzeption der Tugend als einer Mitte (s. o. Kap. II, V. 1813-84). 2672 rif3e abe: entsprieht nhd. 'abreissen' zu lat. abscindere 'gewaltsam abtrennen', vgL OWb I, Sp. 88. 2673 nicht vel: Litotes, gemeint ist 'nie'. 2679 gestalt: Partizip zu "tellen, hier im Sinne von 'besehaffen sein', vgL Lexer II, Sp. 1172.
2677--80 Oas Gewaltverbot wird entspreehend der gangigen Lehre naeh Le 3,14 modifiziert, vgL zur Bibclstelle obcn V. 1169-96 und V. 2165-72. 2692 gabe: gemeint sind solche Gaben, die als Gegenleistung eine Reehtsbeugung oder reehtswidriges Handeln fordern. Zum Thema 'Besteehliehkeit' siehe z. B. Jacobus de Cessolis, 'Sehachzabclbuch', Sp. 1711172-1751176.
2693-2724 Tn diesem dritten Block werden ritterliche Fertigkeiten aufgeziihlt, zu denen einerseits solehe whlen, die fUr den Kampf wichtig sind, andererseits aber aueh Hofkiinste. A1mlieh Petrus Alfonsi, 'Oiseiplina Cleriealis', S. 11, 7-10: Prabilales vera he sunl: Equilare (2696-2700), nalare (2701-04), "agil/are (2705-06), cesli/JUs cerlare (2713-16), aucupare (nieht iibersetzt), schachi,\' ludere (2723-24), versificari (nieht iibersetzt). Auch hier ist Rothes Oarstellung ein wenig anders: Oas Oiehten hat er bereits bei den ArIes liberales aufgefiihrt. Die Vogclstellerei nennt er nieht. Stattdessen fiigt Rothe an vierter Stelle die Fertigkeit des Kletterns ein (2709-12), cestibus certare wird durch die Turnierkunst wiedergegeben (2713-16). An sechster Stelle steht bei ibm der Ringkampf und das Springen (2717-20), Oas Schachspiel wird bei Rothe Teil einer Darstellung verschiedener Fertigkeiten, die bei Hof wichtig sind (2721-24). 2706 mit annborstin, buchsin und bogin: Mit Armbrust und Bogen verweist Rothe auf traditionellere, besonders verbreitete Fernwaffen (Sehmidtehen 1990, S. 166--179), die BUchsen sind der neueren technischen Entwicklung zu verdanken (vgl. oben zu Y. 2214-15). Aile drei eint die schwierige Handhabung, die neben Geschicklichkeit auch regelmtillige Obung erfordert. Man kann aus der gemeinsam Nennung dieser drei (hier wie bereits oben Y. 2213f.) schlieBen, dass sie von Bedeutung fill das Kriegsgeschehen iIll friihen 15. lahrhundert waren.
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2713 Yg1. zum Turnier generell Fleckenstein 1995; zur Darstellung im 'Ritterspiegel' Petersen 1909, S.165-170. Zum Thrnier bei Rothe siehe auch V. 963-96g und 1012; die Bedeutung regelmaBiger Dbung in Waffentechniken von Jugcnd an betont Rothc V. 1217-36, 2421-24 und 3449-52. Dic kritische Haltung, wekhe die Kirche zum Turnier einnimmt, wird bei Rothe nicht angesprochen. Dies kann mit seiner Intention zusammenhangen, die Notwendigkeit regeimillliger Ubung till den Ernstfall in den Yordergrund zu stellen, kann aber auch dadurch bedingt sein, dass die Kritik am Turnier im frUhen 15. Jahrhundert nachgelassen hat. 2723 Das bei Petrus Alfonsi konkrct gcnannte Schachspicl wird durch dcn Obcrbegriff Brettspiel ersetzt. Zur Kritik der Kirche am Schachspiel Petersen 1909, S. 154. - lajJin entwische; Die Wortwahl ist ungewohnlieh. Fiillvers? 2725 Die folgende Stelle konnte bei Boethius nicht konkret nachgewiesen werden. Handel! es sieh um ein Sekundarzitat, das den auch in der 'Consolatio Philosophiae' Buch I zentralen Gedanken vom Nutzen der Bildung paraphrasiert, oder unl cine Fehlzuschreibung? 2726--44 Vgl. zum Lob der Weisheit gcnerell Sap 7-14. 2727-31 Ahnlich Sap 7,g-ll: [ ... ] divitias nihil esse duxi in comparatione illius. Nee comparavi illi lapidem pretiosum. qaoniam omne aurum, in comparatione illius arena est exigun [... J Venerunt autem mihi omnia bona parifer cwn ilia, et illllumerahilis hOllestas per manus illius. (,,[ ... ] Reichtum achtete ieh fUr niehts ihr gegenUber. Auch unsehatzbaren Edelstein stellte ieh ihr nieht gleich; denn alles Gold ist ncben ihr nur ein Hauflein Sand [ ... ] Zuglcich mit ihr abcr sind mir alle GUter zugefallen, und unermesslicher Reichtum war in ihren Handen."). Sap 7,14: fnjinitus enim thesaurus est hominibus[.] ("Denn ein unersehopflichcr Schatz ist sie fill den Menschen. "). Das Bild von der Weisheit als Schatz findet sich auch Sir 20,32: Sapientia absconsa, et thesaurus invisus, quae utilitas in u/risque: (Sir 20,30: "Yerdeckte Weisheit und vergrabner Schatz, was bringen die beiden fUr N utzenT) 2733-34 Die Stelle erinnert an Mt 6,19: Nolite thesaurizare vohis thesauros ill terra: uhi aerugo, et tinea dem.olitur: et uhifures nOll effodiunt. etfurantur. ("lhr sollt euch nicht Schatze sammeln auf Erden, da sie die Molten und der Rost fressen und da die Diebe nachgraben und stehlen."), vgl. oben zu Y. 293.
2743 kunnen: hier Yollverb 'kennenlernen, erforschen, prUfen' (Lexer I, Sp. 1779). - Neumann (Anm. zu Y. 2743) schHigt vor, stalt enkullllell entgunllen zu lesen.
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Kapitel 17
2745 Das Seneca-Zitat konnte in dieser Formulierung nicht nachgewiesen werden. Die Forderung nach bestiindigem Lemen lindet sich in den 'Epistolae morales ad Lucilium' vielfach, z. B. Ep. 76, 3; Ep. gg, 33; Ep. 123, 16. Ahnlich 'Purgoldt' sches Rcchtsbuch', Buch I, Kap. 3: Seneca, der romischer mtisman, spricht also: Ilum.er salta ahf!,elassen wissheidt zeu lernen, togunt and gerech-
tikeyt [.. ,J unnd was du nicht kanst noch eygentliehen nicht weyssest, das saltu nicht hergen. noch dich schetnen zcu fragen ulllld zeu lenzell, sundern eynen, der oss kan, guttlichen bethen dieh leren und underwiesen, unnd das ouch fruntlichen vordienen.
Kapitel 17, V. 2753-2928 Das Kapitel behandelt Ausriistung und fachrniinnisches Verhalten in der Schlach!. Zur Vorbereitung auf den Kampf gehOren vier Dinge: gute Kriegs!mechte, eine vollstiindige Riistung, ausreichende Verpflegung und Ubung im Umgang mit den Waffen (2753-g0), Diese Voraussetzungen werden sodann ergiinzt durch die Forderung nach Eintrachtigkeit und neue, die den Riimem zu ihren Siegen verhalfen (2nl-gg), Die einzelnen Punkte werden im Folgenden vertieft (2789-2848). Zudem betont Rofhe, dass gute Ritter nicht um jeden Preis nach dem Kampf verlangen, aber, wenn es notig wird, tatsachlich mit ganzer Tatkraft zur Stelle sind (n49-64), Dagegen sci ein streitsUchtiger und grollsprecherischer Ritter oft in der Schlacht kawn zu gebrauchen. Dieser beschaftige sich zudem gerne mit unehrenhaften RaubzUgen gegen Arme (2g65-g0), Ab V. 2877 konzentriert sich Rothe auf die Flucht, die zwar grundsatzlich nicht zuHissig, aber bei verlorener Schlacht unumganglich sei eng 1-2(00), Schlielllich kommt er emeut auf die rechte Einstellung und die RUstung zuruck, welche Bedingungen daflir sind, dass der Ritter nicht flieht (2901-20), Ein AugustinusZitat setzt einen ethischen und rcligilisen Schlusspunkt (2921-2928).
Stellenkommentar:
2753 geritschaft: vg1. 'Landeschronik', S.86, 24: all gereitschafft lluentufJent gulden. 2758-76 Valerius: Die Stelle konnte bei Valerius MaxinlUS, 'Facta et dicta memorabilia', nicht gefunden werden; auch die auf Valerius beruhenden Dicta, die Heinrich von Auxerre zllsammenstellte, entha1ten ein sokhes Zitat nicht. Das 'Collectaneum' des Sedulius Scotus enthalt AuszUge aus Valerius Maximus, aber gleichfalls nicht unsere Stelle. Vermutlich handelt es sich um ein Sekundarzitat oder eine Fehlzuschreihung. In Frage kame eine Verschreibung des Namens
V. 2753-2928
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aus Yegetius. Zwar Hisst sich die Stelle auch in den 'Epitoma rei militaris' nicht als Zitat nachweisen, doch die Inhalte, die Fordcrung nach starkcn Kricgslcuten, einer guten RUstung, der Vorsorge fUr Verpflegung und Kenntnis in der Kriegstcclmik sind dort ausfUhrlich abgehandclt. 2761 Zurn Begriff kneeht s. o. zu V. 1401. Hier sind Kriegsknechte gerneint, die dem Ritter in der Schlacht zur Seite stehen. 2767 Bartschs Anderung von di zu dine ist plausibel, ein Schreibfehler gut vorstellbar.
2768 buJ3e: entweder zu buoz (stM): 'Besserung, Abhilfe' (Lexer I, Sp.3g9), oder zu huoze (sfF): 'Besserung, Hcilmittcl' (Lexer I, Sp. 389). Dic Formulicrung ze bufJe geht tiber einen bloB praktischen Aspekt des Schutzes fUr den einzelnen Ritter hinaus. Spielt Rothe hier auf das Ziel des Krieges, eine Rechtsverletzung wiedergutzumachen, an? 2772 lil in deme lleere: cr liegt im Hcer, d. h. 'er licgt als Glicd des Heercs zu Felde', vgl. DWb 10, Sp. 752. 2777-80 Auch bei Aristoteles kann eine Aufzahlung der vier AusrUstungspunkte nicht nachgewiesen werden. Die Doppelung cler AutoriWtennennung weist vic1leicht auf ein Sekundarzitat. 2781-89 Oberraschender Obergang zu einer weiteren Aufzahlung von diesmal drei Dingen, die fUr den Kampferfolg notig sind. Handelt es sich auch hier urn cin Zitat?
2783 Imiftig: 'kundig, bewandcrt' (Lexer I, Sp. 1968f.). 2785 sad: entspricht wohl lat. satis, wie oben V. 330 und unten V. 3g1 K 2788frilichin: 'ohne Zaudern, mutig, kUhn ' (Lexer III, Sp. 5Ig).
2789-96 Vegetius II, 14 (Lang, S.48, 2): [... ] decurio [... ] possit [... ] eosdem [suos equiles] cogere loricas suas uel calqfraclas, contos el cassides frequenler tergere et curare (2790-92). Plurimum enim terron's lwstibus annorum !o,plendor inportat (2793-96). Quis credat militem bellicosum, cuius dissimulatione situ ac robigine anna foedantur? (2797-3004) (Wille, S. 109: "Der Decurio l ... J muss von ihnen lseinen ReiternJ fordern, dass sie f1eissig ihre Platten- und Schuppenpanzer, Spiesse und Helme reinigen, instand setzen und polieren. Der Glanz der Waffen tragt nfunlich erheblich dazu bei, den Gegner zu schrecken. Wer wollte
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Kapitel 17
auch einem Soldaten, der seine Waffe nicht in Ordnung hiilt und durch Rost vcrdcrben liisst, kricgerischcn Geist zutraucn?")
2805-12 Preis cines Landes mit ttichtigen Rittern. Handelt es sieh um ein neues ZitatO 2811 Zum Frieden als Kriegsziel siehe Kommentar zu V. 2929, zur causa iusta Kommentar zu V. 2226. 2813 Cassiodor: Das Zitat konnte nicht gefunden werden. 2816 trostlich: hier wohl 'Zuversicht gebend', vg1. V. 3925. 2820 irwegin: 'entschlossen, unverzagt', Parlizipialadjektiv (Lexer 1, Sp. (97); vg1. V. 3454.
2825 Zu diesem Dictum in der negierten Variante s. o. zu V. 2611; dort wohl ein Cassiodor-Zitat, 'Variarum' I, XXIV, 3 (CCSL 96, S. 32): [... J quod in iuuentute non discifur, in matura aetate nescitur. (.,Was man niGht in der Jugend lernt, weiss man im reifen Alter nieht. ") 2827 unherferit: Schreibvariante zu mhd. unervaeret: 'unerschrocken ' (Lcxer IT, Sp. 1825); mehrfach zu finden in der sieh auf die Landesgesehichte Thiiringens beziehenden 'Kreuzfahrt Ludwigs des Frommen' (MGH Dt. Chr. TV, 2, V. 366, 6393 u.o.).
2829-48 Die standige Ubung mit Waffen ist ein Grundgedanke, der sieh durch die gesamte 'Epitoma rei militaris' des Vegetius zieht. Besonders deutlich ist er in Kapitel I, 8, I, 9 und II, 23. Vgl. II, 23 (Lang, S. 59, 6): Postremo sdendum est in pURlla usum amplius prodesse quam aires; flam sf doctrina cesset armorum,. nihil paganus distat a milite. ("SchlieBlich muss man wissen, dass in der Sehlacht Ubung mehr ntitzt als Kraft. Denn wenn die Unterweisung in den Watfen nachlassen sollte, gibt es keinen Untersehied mehr zwischen Bauern und Soldaten." CH). Keine der Stellen in den 'Epitoma' passt genau auf die Formulierung Rothes. Verweudet er ein Sekundiirzitat?
2841 Tede wohl wie mhd. entaete. Neumanu audert, indem er spater im Satz eine Negatiou eiufiigt. 2846 eyne flefliln: vleflel ist sonst als Maskulinum belegt, auch im Niederdeutschen. Gibt Rothe hier lat. trihula wieder und kommt so zu einer Anderung des Genus?
V. 2753-2928
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2849-52 Ahnlich Cassiodor, 'Yariarum' X, XXII, I (CCSL 96, S, 404): Pacem siquidem sub omni sinceritate petimus, qui cuusus certmninis non habemus ("Frieden erbitten wir in voller Aufrichtigkeit, wenn wir keine [rechten] GrUnde ftir den Strcit habcn").
2855 di wise mit den wegin: Die Paarformel 'Weg und Weise' bezeichnet im friihen Neuhochdeutsch die Yerfahrensart, aber auch die Moglichkeit oder Gelegenheit (DWb 27, Sp.2(13). Ahnlich verwendet in der 'Weltchronik', Kap.543 und Kap. 567, vgL Bech in: Germania 6 (1861), S. 55. 2881-2900 Ahnlich, wenn auch knapper, Cicero, 'Dc officiis' I, 24 (83): Numquam omnino periculi fUf!,a committendum est. ut inbelles timidique videamur, sed jilgiendum illud etiam. ne ojjeramus /lOS periClllis sine causa, quo esse /lihi! patest stultius. (Gunermann, S. 72/73: "Uberhaupt darf man es beim Meiden der Gefahr nie dahin kommen lassen, daB wir unkriegerisch und Hngstlich erscheinen, aber zu meiden ist auch, daB wir uns grundlos in Gefahren stUrzen; denn das ist das DUmmste, was es geben kann.") 2884-88 Tronisch. Bei fehlender Vorlage ist die Obersetzung des Satzes nicht ganz klar.
2894 krey (stM): 'Gcschrei' wic krfe (Lexcr T, Sp. 1725).
2901-12 Handelt es sich hier um eine Zusammenfassung zu Cicero, 'De officiis' I,25-26? 2913--20 Vcgetius I, 20 (Lang, S.22, 13): ita jil, ul non de pugna sed de jilga cOf!,itent qui in acie nudi exponuntur ad vulnera. (Wille, S. 59: "Deshalb den ken diejcnigcn, die in dcr Schlacht mit bios scm Leib dcr Verwundung ausgesctzt sind, nur an Flucht statt ans Kfunpfen. ") 2921 Augustinus: QueUe konnte nicht nachgewiesen werden.
Kapitel 18, V. 2929-3080 Das Kapitci behandcit ausftihrlich die Vorbereitungen zu Schlacht. Rothc bcginnt mit dem Dictum, wer den Frieden wUnsche, mUsse sich auf den Krieg vorbereiten (2930-36). Wichtig sei der Yersuch, zwischen den Feinden Zwietracht zu sHen (2937-4g). Dann HuBert er sich zur Aufstellung der Soldaten: An die Spitze des Heeres solIe man erfahrene Ritter stell en, unerfahrene mUsse man in die Menge so einbinden, dass eine Flucht nicht moglich ist (2949-64). FUr
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Kapitel 18
Stellen, an denen dennoch eme Flucht ausbricht, solle der HeerfUhrer einen anderen Truppenteil bereithalten. Dies kiinne aueh dem tliiehtigen Teil wieder Mut machen und einen Gesamtsieg herbeifUhren (2965-76). Bei der Wahl des Kampfplatzes solie der HeerfUhrer darauf aehten, dass Sonne und Wind (Staub) nicht von vorne kommen (2977-96). Es folgen Anweisungen zum Verhalten der Soldaten an der Spitze, zu einer nicht zu weichlichen Erziehung junger Manner und zur inneren Einigkeit des Heeres, vor a11em bei RivaliUiten urn FUhrungs-
positionen: Man solle nicht aus Ruhmsucht und Eitelkeit in den Kampf gehen, wohl aber, wenn man an einer wichtigen Schlacht teilnehmen muss, bereit sein, fUr die gute Sache den Tod in Kauf zu nehmen (2997-3012). Wenig Nutzen kame von einem Mann, def zu weich erzogen sei und nie Unbequemlichkeit
erlitten habe. Er gleiche Narren und Weibern (3013-28). Am Ende des Kapitels kommt Rothe wieder auf die Bedeutung der Erfahrung zurUek: Wenn es mehrere Hauptleute gibt, sollten die sieh untereinander einigen nnd bei untersehiedlieher Einsehatzung der Situation auf den [[testen hliren. Alte solie man mitnichten im Hccr vcrschmahcn, und cs sci kcinc Schandc, auf sic zu horen, auch wcnn sic den Jiingeren nieht in Reichtnnl und Adcl ebenbiirtig seien (3032-72). AbsehlicBend wird gesagt: Es sei die Ptlieht des Ritters, im Dienste des Friedens den Sieg tiber die Feinde durehzusetzen (3073-BO). Als Quelle wird umfassend auf Vegetius' 'Epitoma rei militaris' Buch TTl zurUekgegriffen (2929-96), ferner werden auch Cicero, Seneca, Platon und Aristoteles mit kurzen Zitaten genannt.
Stellenkommentar: 2929-36 Vegetius TTl, Prolog (Lang, S. 65, 9): Tgitur qui desiderat pacem, praeparet bellum (2930-32); qui uictoriam cupit. milites inbuat di/igenter (2933-36); qui secundos optat euentus. dimicet arte, non casu. (Wille, S. 145: "Wer den Frieden wUnscht, cler bereite siGh auf den Krieg 'lor. Wer aber den Sieg erringen
will, der bilde seine Krieger sorgtaltig aus. Wer den Krieg gliiekiich beenden will, der verlasse sieh auf sein Konnen und nicht auf den ZufalL") Die Fonnulierung wird zitiert bei Johannes von Salisbury, 'Polieratieus' VI, Cap 19 (Ausgabe Webb II, S. 55, Sp. 24) und bei Sedulius Seotus, Tolleetanea' XX, Nr. 6. Der Topos ist in varianten Formulierungen weit vcrbreitet. Der Akzent liegt auf der Notwendigkeit zur Riistung schon in Friedenszeiten oder auf dem Frieden als Zicl der Kriegsftihrung, vgL z. B. Cicero, 'De offieiis' I, 23 (80) (Gunermann, S. 70): Bellum autem ita suscipiatur, ut nihil a/iud nisi pax quaesita videatur. (Gunermann, S. 71: "Einen Krieg aber nehme man nur in der AbsiGht auf sich,
daB der Friede offenbar erstrebt werde.") Der Gedanke ist breiter ausgeflihrt bei Augustinus, 'De civitate Dei' XIX, 12. Zurn Frieden als Kriegsziel im 'Ritterspiegel's. a. V. 2811,3739-42.
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2931 machit sich ... uz: 'maeht sieh auf', vgl. Lexer II, Sp. 2026; so auch in der Deutsehordenschronik des Nikolaus von 1croschin verwendet. 2937-48 Vegetius III, 10 (Lang, S. 92, 2): Inter Iwstes discordiarum serere causas sapientis est ducis (2937-39). Nulla enim. quam,uis minima flatio patest
ab aduersariis perdeleri, nisi propriis simultatibus se ipsa consumpserit (2944---48). Nam. ciuile odium ad inim.icorum perniciem praeceps est. ad uti/itatem suae defensionis incautum. (naeh Wille, S. 197: "Der erfahrene FUhrer wird Gelegenheit suchen, um berm Feind Zwietraeht zu saen. Denn auch das kleinste Yolk kann von seinen Feinden nur verniGhtet werden, wenn es durch innere Zwietracht geschwaeht ist. Denn die Uneinigkeit ihrer eigenen Reihen stUrzt die Feinde ins Yerderben, weil sie beim Nutzen der eigenen Yerteidigung unvorsiehtig macht. ") - Aegidius Romanus, 'De regimine principum' III, III, 14 widerspricht dieser Aussage ausdriicklich: Sed haec cautela licet ponat eam Vegetius, non l1witwn est appretianda: quia repugnaret bonis nwribus. - Die Beilegung von internen Streitigkeiten ist eine in Kriegslehren immer wieder auftauehende Pflicht des Heerflihrers. Einen Strafkatalog bietet Seldeneck, S. 87-89. Zum Thema vgJ. unten V. 3029-80 und 3573-3612. 2938 mit gereitin gelde: gen'it in Verbindung mit 'Geld, bereitgelegtes Geld, Bargeld' (Lexer I, Sp. 877; DWb 5, Sp. 3624). 2941 adUit kleyne: mhd. achten entspricht nhd. 'beachten', aber noch nicht 'aehten, verehren' (BMZ T, S. 16; Lexer T, Sp. 30f.). Moralische Vorbehalte, wie sie bei Aegidius Romanus dargestellt sind, enthait Rothes Fonnulierung nicht. 2949-52 Vegetius III, 14 (Lang, S.97, 10): instructionis lex est, ut in primo exercitati et ueteres milites conlocentur (2949-53), quos antea principes uocabunt, in secundo ordine circumdati catafractis sagittarii et optimi milites cum spiculis uellanceis ordinentur, quos prius hastatos uocahant. l ... J In his duobus ordinibus et aetate mawri et usu conlidentes et numiti etiam grauioribus armis collioeantltr. (nach Wille, S. 209 und 211: ,,£s ist ein Grundsatz fUr die Heeresaufstel1ung. bewahrte und altgediente Leute, man nannte sie Principes. ins erste Glied zu stellen. Ins zweite Glied soli man Bogenschiitzcn in Riistung und gicichfalls bewahrte, mit Spiess und Lanze ausgeriistete Soldaten stellen, die frUher Hastati hiessen. [... ] In diese zwei Glieder wurden gereifte, kampferfahrene und schwerbewaffnete Leute gestellt. ") - Die Bedeutung der Erfahrenen fUr die Sehlachtreihen wird im Mittelalter oft durch das Vorbild Alexanders des GroBen illustriert. Alexander verdankte seine herausragenden Sehlaehterfolge der Tatsache, dass er sieh ausschliell1ieh auf die alten Heerflihrer, die bereits unter seinem Yater Philipp gedient hatten, verlieB. Entspreehende Texte sind aufgefiihrt bei Tubach, Nr. 95.
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Kapitel 18
2952 Zum 8egriff spitzce s. o. Kommentar zu Y. 753. 2953-59 Yegetius TIT, 10 (Lang, S. 91, 12): Nam qui ante longum tempus aut omnino numquam uiderunt homines uulnerari ue! occidi (2953-56), cum primum, aspexerint, perhorrescunf (2957) et pauore cOl~fusi defuf!,a trIa!?is quam de conflictu incipiunt cogitare (2959). (nach Wille, S. 197: "Leute, die seit langem nicht oder noch nie gesehen haben, wie Menschen verwundet oder getotet werden, werden das erste Mal dureh diesen Anblick ersehreekt und den ken eher an die Flucht als an den Kampf. ")
2958 beringin (swV): 'umringen' (Lcxer T, Sp. 193). 2960 gedring;n: 'drangen' (Lexer T, Sp. 464). 2962 houIfin: 'Haufen', Grundbedeutung auch im Mhd. 'Anhiiufung von Gegenstanden'. hier speziell eine Schar Bewaffneter, vgJ. Lexer I, Sp.1377; DWb 10, Sp. 5gs. 2963 ez md. fUr ist, zur sprachlichen ErkHirung s. o. zu V. 24g3. 2965-76 RatschHige fUr den Fall, dass ein Teil des Heeres flieht, finden sieh auch bei Vcgctius TIT, 25 (Lang, S. 11 g, 17): Sciendum uero est, si pars exercitus uicerit et parsjllgerit. sperandutn. (2965-66), cum in eiusmodi necessitate ducis constantia tatam sibi possit uindicare uictoriam. [... J (Lang, S. 120,1): Sed quocumque euentu colligendi sunl superslites, hello erigendi adhorlalionibus COIlgruis et amwrwn instauratione refouendi. (nach Wi11e, S. 253: .,Man muss sich vor Augen halten, dass es kein Anlass zur Verzweiflung ist, wenn ein Teil der Armee siegt, der Rest aber flieht, da in einer so1chen Krisensituation die Standhaftigkeit des FUhrers den endgilltigen Sieg immer noch herbeifUhren kann. [... ] Die Oherlebenden mlissen, wie immer der Kampf ausgeht, gesammelt, zum Kampf dureh entsprechende Ermahnungen angefeuert und dureh die Wiederherstellung der Waffen wieder kampftUchtig gemacht werden.") 1m Detail unterscheidet sich Rothes Text deutlich von Vegetius. Greift er auf eine andere Quelle zuruck?
2966 partige: zu lat. partitio oder frz. partie: 'Abteilung' (Lexer II, Sp. 209). 2977-96 Vegetius TIT, 14 (Lang, S.96, 20): Ordinaturus aciem tria debet ante prospicere, solem puluerem uentum (2977-g4). Nam sol antefaciem eripit uisum (29g5-g6), uentus contrarius tua inflectit ac deprimit. hostium adiuuat tela. puluis a frame collgestus oeulos implet et claudit (2987-88 und 2994--95). (Wille, S. 209: "Drei Dinge mUssen beaehtet werden, bevor man sieh zur
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SGhlaGht aufstellt: Sonne, Staub und Wind. Die Sonne in den Augen nimmt die Sieht; der Gegcnwind lenkt dic eigenen Gcsehossc ab und drUckt sic zu Boden, wiihrend die feindlichen Geschosse durch ihn begUnstigt werden. Von vorne herangewirbcltcr Staub dringt in dic Augcn und verschliesst sic.") 2997-3004 1m Ansatz iihnlich Cicero, 'De officiis'l, 22 (74) (Gunermann, S. 66): Sed cum plerique arbitrentur res bellicas maio res esse quam, urbanas, minuenda est haec opinio. Multi enim bella saepe quaesiverunt propter gloriae cupiditatem, atque id in magnis animis ingeniisque plerwnque contingit, eoque magis, sf sunt ad rent militarenl apti et cupidi bellorum gerendorwn; vere autem sf volwnus iudicare. Tnullue res extiterunt urbanai' nwiores clarioresque quam bellicae. (Gunermann, S. 67: "Aber wenn die meisten glauben, dall die Taten des
Kricgcs grli/ler seien als solehe dcs Friedens, so ist diese Vorstellung cinzuschrfulken. Denn viele haben oft Kriege gesucht aus dem Streben nach Ruhm, und es triff! siGh dieses Verhalten bei Leuten von hoher Gesinnung und Begabung sehr haufig, und zwar urn so mehr, wenn sie zum Soldatendienst geeignet und fUr die KriegfUhrung begeistert sind. Wenn wir aber wahrheitsgemii/l urteilen wollen, so haben sich viele Taten des Friedens als grlillcr crwiescn und glanzvoller als solehe des Krieges.") - Zu dem Gedanken, dass man sich nicht zu sehr auf die eigene Stiirke vcrlassen soil, siehe auch unten V. 3901-24. Vcrlassen solIe man sich auf Gottes Beistand.
2998frevelichin hier wie aueh sonst im 'Ritterspiegel' negativ konnotiert: 'UbermUtig, vermessen'. Vg1. V. g44, 1120, 1162, 156g, 2347. 2999 etzwaz: 'ein wenig', vg1. V. 2275. 3000 lehit: Der Form nach zu ligen Ilihen (swV): nhd. 'liegen'; dem Sinn nach cher zu legen. Als 3. Sg. Pras. zu legen bcnutzt Rothe sonst im 'Ritterspiegcl' die Form legit (V. 758, 2206, 2329). Oder handelt es sich bei lehit urn eine Variante zu lehenet: 'er gibt zu Lehen',! 3001 rum: 'Ehre', ilelichkeid: 'Leerheit, Nichtigkeit', inanilas (vgL Diefenbach 1857, S. 290: lnanitus - idelhei!). - Ziel dieses Ritters ist die Erlangung welt-
lieher Ehre oder nichtiger Dinge, also wahl Besitz. 3008 gehatin: 'nUtzen, helfen' (Lexer 1, Sp. 748). Intensivbildung zu dem ndd. Verb halen (Schiller I LUbben 1, Sp. 160a). Neumann, S. 119 gibt als Ubersetzungsvorschlag 'Vorteil bringen' an und verweist auf hallen (DWb 1, Sp. 1158). 3013-24 Ahnlich Seneca, 'De ira', 2, 21, 6 (Rosenbach, S. 186): Dahimus aliquod laxamentum, in desidiam uero otiumque non resoluem,us et procul a con-
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Kapitel 18
tactu deliciarwn retinebimus; nihil enim maRis facit iracundos quam educatio mollis et blanda: ideo unicis quo plus indulgetur, pupillisque quo plus licel, corruptior animus est. (Rosenbach, S. 1g7: .,Wir werden etwas Entspannung gewiihren, in MiiBiggang aber und Niehtstun werden wir es nieht ausarten lassen, und fern von der Beriihrung mit Geniissen werden wir ihn halten; nichts niimlich macht mehr jiihzornig als weichliche Erziehung und entgegenkommende: deswegen - je mehr man einzigen Kindern nachsieht, und je mehr man unmUndigen Knaben erlaubt, desto verdorbener ist die See1e.") 3024 nu: im Krieg. 3029-56 Die Stelle geht indirekt auf Platon, 'Politeia' 488b-488e zuriick. Platon bezieht sich dort jedoch auf die richtige Lenkung eines Gemeinwesens und nicht cxplit auf die Kricgssituation. Auch von Jung und Alt ist nieht ausdriieklich die Rede, wohl aber von Erfal1fenen und Unerfahrenen. Zitiert bei Cicero, 'Dc officiis' I, 25 (87) (Gunermann, S. 76178): Miserrimu omnino est !IInbitio Iwnorwnque contentio, de qua praeclare apud eundem est Platonem "similiter jClcere eos, qui inter se contenderent, uter potius rem publicam administraret, ut si naulae ceJ1arent, quis eorum potissimum gubemaret." (Gunermann, S. 77179: "Das groBtc UnglUck ist in jcdcr Hinsicht dcr Ehrgciz und der Wettstrcit um Amter, iiber die treffend eben falls bei Plato steht: "Ahnlich handelten diejenigen, die untereinander stritten, wer eher das Staatswesen verwalten solle, wie wenn Seeleute darum stritten. wer von ihnen am besten das Steuer fiihrte. ") Ahnlieh wie hier im 'Purgoldt'sehen Rechtsbuch', Bueh X, Kap. 17: L... J meyster Plato. do er spricht dye radtsmeyster :wllen beM!aren, das ."lye sich nicht under eynGIlder krygen umb dy aussrichtung des gemeynen IlUCZS, wen in geschee anders alsso denn fergen. dye sich wnb dye meysterschqIJi alsso lange krygen, dus sye ertrincken.
3037-38 Rangstreitigkeiten im Heer werden auch bei Bartolus, 'De insigniis' (9) erwiihnt, dort aber naeh der Dignitat des Wappens entsehieden, Cavallar, S. 112: [... J .'Ii essen! in exercitu vel alia loco et quereretur quis deberet precedere. debent precedere illius amUl que (l principe conceSS(l sunt. (,,\Venn sie im Heef oder an einem anderen Ort waren und man fragte, wer den Vortritt haben sollte, dann mUssen die Wappen dessen vorausgchcn, die yom FUrstcn vcrlichcn sind.") 3039 walldir: 'wandern', hier im iibertragenen Sinn: 'sich verhalten'.
3040 vorswigin: 'zuhOren', entspr. lat.: auscultant. Zur Stelle Bech in: Germania 6 (1861), S. 55 (Lexer III, Sp. 263). Dahinter steht die allgemeinere Bedeutung 'schweigend geschehen lassen' (Lexer III, Sp. 264).
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3043 ebin: 'passlich', vgl. oben Y. 412, Ig63, 2172. 3048 bewarin grojJin gebrechin: Der Dativ im Zusammenhang mit bewarn bezciclmct normalcrwcisc die Person, die in Schutz gcnommcn wird. 1st hier cine Praposition (vor) ausgefal1en? 3049-52 Noeh Platon, wie oben zu Y. 3029. Als Spriehwort aufgenommen bei Wander, Nr. 132: "Wenn ein Schiff scheitern soli, so gib ihm zwei Steuermiinnef. "
3052 waclll: zu 'waehen, erwaehen' (Lcxer III, Sp. 625). 3055 uzgericht: hier wohl 'ausftihren' (Lexer II, Sp. 2028). 3057-60 Hamesse, 'Auctoritates Aristotelis', S. 325, Nr. 47: Nemo eligat juvenes in duces, quoniam. non contingit eos esse prudentes. ("Niemand namlich wiihlt junge Miinner als FUhrer, weil nicht feststeht, dass sie klug sind.") Entsprcchcnd Aristotclcs, 'Topica' III, 2 (117a). - Ziticrt auch im 'Purgoldt'schcn Rechtsbuch', Buch X, Kap.46 (Uber die Eignung zum BUrgermeister): er sal nicht zeu iunek seyn; dus meynet Aristotiles, do er ,~pricht: dy iungen togen nicht zeu ZH,'Ile Lsic!J undt redlichen dingen, wanne sve seyndt ey/?enwilli/? andt UI1vorsuchet. 3064 Zu fonnund vgl. oben V. 62. 3072 lej3it: Es sind mehrere Bedeutungen moglich: 'zulassen' (dann ist mit daz die Ubernahme der FUhrung durch den Alteren gemeint) oder 'unterlassen' (dann verweist das Demonstrativum auf die Tat des JUngeren). 3073-80 Die letzten beiden Strophen weisen nur einen losen Bezug zu dem vorher Gesagten auf. Sind sie zur FUl1ung der Seite eingefugt worden? 3073 tnlWe: Was ist hier gemeint? ZuverHissigkeit i. S. v. Ptlichtbewusstsein oder LoyalitatO Oder spiel! der Begriff auf die Treueverptlichtung aus dem Lehensverhaltnis an? 3074 Ocr Begriff 'Landfriede' verweist zum einen auf den Frieden im Land im Allgemeinen, zum anderen auf die Gesamtheit von Rechtsnormen, die den Frieden gewahrleisten sollen und die fUr die einzelnen FUrsten einen Yerzicht auf gewaltsame Rechtsdurchsetzung und die Beschreitung des Gerichtswegs bedeuten (Ygl.: Kaufmann, Art. 'Landfrieden 1', in: lHRG 2 L1978J, Sp. 1451-65). Hier dlirfte die allgemeine Bedeutungskonnotation gemeint sein.
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Kapitel 19
Kapitel 19, Y, 3081-3232 In diesem Kapitel formuliert Rothe Anweisungen fUr den Ritter im Glaubenskampf (3081-84). Mit Augustinus' 'Dc civitate Dei' rechtfertigt er diesen nach dem Leib-Seele-Modell (3085-3100). Die Vorbereitungen auf den Tod durch Beichte und Kommunion gelten fill den Kampf allgemein ebenso wie die fill den 'gereehten Krieg' notigen Intentionen, wobei im Glaubenskrieg die Mtirtyrerkrone als besonderer Lohn bereitsteht (3101-52). Uberhaupt sone man den Tod eines Menschen nur im Hinblick auf sein Verhhltnis zu Gott beklagen oder preisen (3153-68). Schonung wird nicht gegeniiber Ketzem und schlechten Christen, sondern nur bei guten Mitchristen gefordert (3169-96). Eine eehte Bewiihrung im Glauben sci nur im Kampf gegen Ketzer durch den Einsatz des Lebens moglieh (3197-320g). Daran schliellt sieh eine Unterseheidung der Ritter in Kinder Gottes und Kinder des Teufels (3209-16) sowie in solche, die ihren Glauben im Kampf bewiliren, und solche, die dies vermeiden (3217-32). Ais Quel1en werden neben Augustinus Tsidor und Gregorius genannt.
Stellenkommentar:
3081-84 Mit dem Gegensatzpaar sehlcchte Ritter, die arme Leute ausrauben, gegeniiber guten, die sieh dem Kampf fUr den ehristliehen Glauben widmen, nimmt Rothe einen Gedanken aus Kapitel 6 wieder auf. Anders als dort aber spielt hier der Kampf unter einem FUrsten fUr den Landesfrieden oder der Einsatz gegen Straftatef keine Rolle, sondem es wird ausschlieBlich def Glaubenskampf gegen Ketzer und Heiden als Ort der Bewtihrung genannt. 3087-88 Anspraehe an das Publikum, wohl eine Zutat Rothes. 3088 und helffit. daz sin werde rad: Was genau Objekt des Satzes ist, wird erst in dem naehfolgenden Zitat erHiutert.
3089-92 Augustinus, 'Dc civitate Dei' XIX, 14 (CCSL 4g, S. 6g0): pax corporis prodesset pad animal'. Sf enim desit pax cotporis, impeditur ethan inrationalis animae pax:, quia requiem appetitiollum, consequi non potest. ("Korperlicher Friede ntitzt dem Frieden der Seelc. Wenn ntimlich der Friede des Korpers fehlt, wird aueh der Frieden der nieht rationalen Seele behindert, weil sie namlieh die Ruhe der Triebe nieht erreiehen kann.") Die Stene findet sieh aueh in dem Augustinus fiilsehlicherweise zugcschriebcncn Text 'Contra philosophos' , CSSL 58, S. 334, Z. 1440-42.
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3093-3100 Die Obertragung der Aussage V. 30g9-92 auf die Christenheit als Ganzes ist uieht bei der Augustinus-Stelle zu finden. 3100 vorhengil1: eigentlieh: 'haugen lassen', tibertragen: 'zulassen, gestatten' (Lexer Ill, Sp. 128). 3101-20 Beichte und Kommunion vor dem Kampf sind im christliehen Mittelalter die Regel. Auch in der Literatur wird dies hllufig dargestel1t, vgl. Pfaffe Konrad, 'Rolandslied', V. 3407, 3436-39; Augustinus, 'De civitate Dei' V, 26; Seffner, 'Ain ler von dem streitten', S.227; Witten wiler, 'Der Ring', V. g107-24. Vgl.: Kalning 2006, S. 71, 132-134, 175. 3104 Die in der Handschrift zu findende Formulierung scheidin var ist anderweitig nieht bclegt; der Konjekturvorsehlag von Bartseh und Neumann liegt nahe. 310S pin aus lateinisch poena: 'Strafe', in diesem Zusammenhang wohl 'Stindenstrafe' .
3117-19 ist ez ... czu thane: faciendum. est, 'es muss getan werden', vgl. DWb 21, Sp. 447. - cristin manne: Hier muss eine besondere Art von christlichern Kampfer gemeint sein, der sieh von dem nonnalen Ritter, der im ehristlichen Glauben steht, wesentlich unterscheidet. 1st ein Bezug auf speziel1e Ritterorden beabsiehtigt, oder bezeiehnet Rothe mit (Tislin man den Ritter, der sieh auf einen Kreuzzug aufmacht? 3121 Die Augustinus-Stelle konnte nieht gefunden werden. Die Formulierung vardir deutet an, dass in Rothes Quel1e das Zitat in der Nllhe des vorigen Zitats zu finden war.
3126 villichte, vi/lihle: 'sehr leichtfertig', aber auch die Bedeutung 'moglicherweise' ist schon friih belegt, vgl. Lexer I, Sp. 1918f. 3129 herschafi: Ob hier mhd. herschaJi: 'Kriegersehaft' oder hersclwfi: 'HerrenwUrde, Hoheit, Hochmut' (vgl. V. 3125) anzusetzen ist, ist sprachlich und aueh saehlich nicht eindeutig; wenn die Stelle noeh zum Zitat gehlirt, kiinnte dessen Identifizierung weiterhelfen. Vgl. zu beiden Lemmata Lexer I, Sp. 126lf. 3130 besunnen: Part. Prat. zu besinnen: 'tiber etwas naehdenken' (Lexer I, Sp.216).
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Kapitel 19
3140 vorwinde wie venvinden mit Genitiv der Sache 'etwas verwinden, verschmcrzcn' , hier wahl 'bcsicgen', vgl. Lcxer III, Sp. 309.
3141-45,3153-56 Vgl. Augustinns, 'Dc disciplina christiana', Cap. XII (PL 40, Sp. 676), ohne Bezug auf die Kriegssituation: 'Mors hona, .'Ii vita hOlla praecessit.' lllud potius time, quod si nolis, non erit. Quid? Peccare. Peccare time. quia ."Ii amaveris peccata, in aliam. nwrlem irrues; quo posses nOll venire. ."Ii non amares peccata. [... J Plus [... J amas mortem tuam, quam vitam tuam. Mori male limes, male vivere non times. Corrige male vivere, time male mori. Sed noli timere: non patest male mori, qui bene vixerh. (.,Der Tod ist gut, wenn ein gutes Leben vorangegangen ist. Das ftirchte mehr, das, wenn du es nicht willst, nicht sein wird. Was? SUndigen. FUrchte zu sUndigen, denn wenn du die SUnden liebtest, wirst du in einen anderen Tad hineinrennen; wollin du nicht kommen konntest, wenn du die SUnden nicht Iiebtest l ... J Mehr l ... J Iiebst du deinen Tod als dein Leben. Schlecht zu sterben fUrchtest du, schlecht zu leben fUrchtest du nicht. Andere es, wenn du schlecht lebst, tlirchte, schlecht zu sterben. Aber fUrchte dich nicht: es kann nicht schlecht sterben, wer gut lebte. ") - Vg1. Augustinus, 'Scrmones de scripturis', Sermo 102,3 (PL 38, Sp. 612): Vivile bene, ne male moriamini. ("Lebt gut, damit ihr nicht schlecht sterbt!") - Vg1. 'Geistliche Brustspange', V. 3588-91: [... J sancUts Augustinus ,pricht: / der mensche kan uhi! gesterhin nicht, / des lehin uff erdin ist gotliche unde gud. / ohir kume sterbit he wol, wer ubi! thud. 3149-51 Die Aussage, dass man im Kampf fUr den christlichen Glauben sicher stirbt, macht z. B. Bernhard von Clairvaux in 'De laude novae militiae', Winkler Bd. I, S. 276: Miles [... ] Christi securus interimit, interil securior. ("En Ritter Christi [... J Wtet mit gutem Gewissen, noch ruhiger stirbt cr.") Rothes Angabe di heiligin ferer weist darauf hin, dass diese Meinung von vielen Autoritaten geteilt wird. 3154 nicht stehit noch don rechtin: Gemeint ist wohl, dass der Ritter nicht fLir das Recht eintritt, sondern andere, eigene Interessen verticht. Die Wendung benutzt Rothe auch V. 3924.
3157--{)8 !sidor von Sevilla, 'Sententiae' 30, 1 (PL g3, Sp. 599-600): Non faciet in futurum cor miserum justorum c01npassione damnatorum condolendi affectia. ubi tanfum· erit sanctorwn de Dei contemplatione gaudium" ut tristitiae nullus trihuatur introitus. ("Es wird in Zukunft der Affekt des Mitleids durch das Mitgeflihl mit den Verdammten das Herz der Gerechten nicht traurig machen, wo so viel Freude sein wird tiber die Betrachtung Gottes durch die Heiligen, dass der Traurigkeit kein Zugang gestattet wird. ") Die Stene nimmt wahl Bezug auf Gregor, 'Homiliae in Hiezechihelem prophetam' I, Hom. IV, Nr. 10 (CSEL 142, S.55).
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3162 vordinit: elliptische Konstruktion, habin (Y. 3161) ist mitgedacht. 3168 zcumale: ursprUnglich 'gleichzeitig', im Ubertragenen Sinne besUirkt es die Aussage des Satzes, vgl. DWb 32, Sp. 532.
3169-72 Die Gregorius-Stelle und die Folgezitate konnten nicht nachgewiesen werden. Die einzige Stelle aus Gregors des GraBen Homilie tiber Hesekiel, die den Begriff 'KeIZer' benutzt, ist folgende: Gregor, 'Homiliae in Hiezechihelem praphetam' II, Hom. X, Z. 293 (CSSL 142, S. 387): Qui ilaque sacerdoles sunl qui templum Dei eustodiunt, nisi hi qui orando, praedieando, spiritalibus aClibus uigilando. sanctum Ecclesiam (l Tnalignorwn ,~pirituum immissionibus., (l prauorum suasionibus, ab haeretieorum erroribus defendunt? ("Wer sind deshalb die Priester, die den Tempel Gottes bewachen, wenn nicht diejenigen, die dnrch Beten, Predigen oder Wachsamkeit im geistlichen Tun die Heilige Kirche vor den EinflUssen der bosen Geister, den RatschHigen der Schlechten, den TrrtUmern der Haretiker verteidigenT) Liegt Rothe ein Yerweis auf diese Stelle in anderem Kontext 'lor? Zitiert er einen anderen Gregorius'!
3173 Gregorius-Zitat nicht nachweisbar,
3177forle: Ausfall des h nach r auch Y. 2868 und 3395, neben der Formforchte V. 335 u. o. So aueh im 'Elisabeth1cben' be1cgt. 3181-86 Gregorius-Zitat nicht nachgewiesen. Ahnlich wle hier im 'Purgoldt'schen Reehtsbueh', Bueh IX, Kap. 120: lis sprichl Sandi Gregorius: fromme anne togentsame lewlhe sail mann allezceyt erbarlieh halden durch gotes wyllenn das der iela erzconwt ll'erde, der in irenn herzcen ll'onel. 3182-88 Das Schonungsgebot wird nnr auf Mitchristen bezogen. Znr Gegnerschonung im ritterlichen Kampf und im Heiligen Krieg vgl. Huber 1996. 3197 Themenwechsel: Der Text kommt nun wieder auf die Notwendigkeit zurUck, seine Bestandigkeit im Glauben in einem Kampf gegen Nichtchristen zu beweisen. 3207 pin hier korperlich, nicht 'SUndenstrafe' wie V. 3 10K
320S ewige uflsalde: Der AMall vom christlichen Glauben ftihrt in die ewige Yerdammnis. 3217-28 FUr 'Ritter' und 'Christen' wird parallel die Differenz zwischen Name und Werk kritisiert. - Gregorius-Zitat nicht nachgewiesen.
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Kapitel20
3227 schamen: zu schame (swM) (Lexer II, Sp, 647), 3228 seldin auch als Litotes lesbar: Sie tun die Werke nie.
Kapitel 20, V. 3233-3404 Das Kapitel baut mit seinen sWndesatirischen Klagen Uber die zeitgenossische Ritterschatt auf Petrus' von Blois (hier: Pelrus Perle) Brief 94 auf, in dem sich auch aHe Ubrigen AutoriWtenzitate versammelt finden. Rothe ordnet aber neu:
Einen guten Ritter erkenne man nicht an seinen prunkvollen Gewandem, sondern an den Spuren des Kampfes. die sich an seinen Waffen und seinem Karper zeigen (3233-44). Nichts Beklagenswerteres gebe es als einen Ritter, der nicht kiimpft (3245-56). Rothe baut die Darstellung des verweichlichten Ritters mit komisehen EinschUben aus (32S7-g0). Dieselbe Tendenz bestimmt auch das nachfolgende Vegetius-Zitat (3281-3320). Der Ritterstand drohe infolge der lasterhaften LebensfUhrung seiner Repriisentanten sieh aufzulOsen (3321-4g). 1m Gcgcnsatz hierzn wird an die Gcltnng des Rittcrcides zu friiheren Zeitcn und an seine Tnhalte im Einzelnen erinnert (3349-gZ). Die aktuellen MisssWnde bilden dazu den Kontrast (3383-3404). Quellc: Petrus von Blois, Epistola 94.
Stellenkommentar: 3233-44 Petrns von Blois 3233-3404, PL 207, Sp. 296B: RefiTI Pericles non picturam, non aurum et lapides. sed scutum divulsum, fractam flaleam. hebetem gladium. fadem vulneratam cedere militibus ad onwtwn. (.,Pcriklcs sagt, dass nieht die Bemalung, nicht Gold und Edelsteine, sondem ein zerhauener Schild, ein zerbrochener Helm, ein stumpf gewordenes Schwert und ein velWundetes Gesicht den Rittern zum Schmuck gereichen.") - Zur Uberlieferung der Briefe des Petrus von Blois siehe Wahlgren 1993. 3236 Gemeint ist, dass diese Dinge dem Ritter einen guten Ruf verschaffen.
3245-56 Petrus von Blois, PL 207, Sp. 294C-D: Nihil damnabilius est in milite quanl otium, per quod usus annorum dediscitur, nutritur pusillanhnitas, vires fatiscunt, obrepit inertia, et ad immunditiae actus animus occupatur. ("Niehts ist verdammungswUrdiger bei einem Ritter a1s der MUBiggang, durch den der Ge-
brauch der Waffen verlernt wird, der Kleinmut genahrt wird, die Krafte ermatten, die Tragheit sieh einschleicht und der Geist dureh die Besehiiftigung mit
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unreinen Handlungen besetzt wird.") Vgl. Petersen 1909, S. 16Bf. Die Obersetzung betruplich V. 3246 akzcntuicrt anders als das lateinisehe damnabilis. 3257-64 Petrus von Blois, PL 207, Sp. 294C: Qui contra inimicos crucis Christi vires suas exercere dehuerant, [Jotibus et ehrietatihus {Jugnnnt, vacant otio marcent crapula, vitamque degenerem in innnunditiis transigentes nomen et officium militiae dehanestant. ("Die, die ihre Krafte gegen die Feinde des Kreuzes Christi einsetzen sollten, kampfen mit Getrtinken und Rausch, sind tatenlos im MUBiggang, ersehlatlen dureh Essen und entehren den N amen und das Amt der RittersGhaft, indem sie ein verkommenes Leben in Ausschweifungen ftihren.") 3270-72 Sprichwortlich, zum Umgang mit der Ehefrau bei Luther, WA 43, 451, 40: [... ] ut dicitur: dami leones. joris lepores (zitiert bei TPMA 'Hase' Nr. 18). Der erste Teil des Sprichworts ahnelt Sir 4,35, wie "ben zu V. 1377. VgL SiJonius, Epistola 5, 7, 5: Cum situ in praetoriis leones, in castris lepores.
3275 sic Wer das Eintreffen der Feinde meldet, wird nicht gesagt. Die Uberlieferte Lcsart setzt cincn Subjektwechscl voraus. Entsprcehend der Wendung in V. 374B triff! die Konjektur von Bartsch und Neumann (sich) wahl das Richtige ("beginnen sieh die Feinde dann anzukUndigen ... "). 3281-3320 Petrus von Blois, PL 207, Sp.295B: Vegetii Renali testimonio inutilis est omnino militiae Ilutritus tenere, et deficiis assuctus (3281-83); eum autem censet praeliis aptiorent, qui sub diva et sale nutritur, laboris patiens, umhrae negligens, balneorum nescius, aeque jerens frigoris injurias et caloris, rudis in causis, sbnplex in actibus, ciba nwderatiore cantentus; qui non erubescit fossmn ducere, reparare aggeres. ferre lapides et caementwn, lignorumque materiam comportare. (3293-3303) ("Nach dem Zeugnis des Vegetius Renatus ist viillig unniitz im Kricgsdicnst ciner, der sieh fein ernahrt und an Geniisse gewohnt ist: er halt denjenigen fill geeigneter in Schlachten, der unter freiem Himmel und in der Sonne aufgezogen wird, indem er MUhsal erduldet, den Sehatten nieht aufsueht, das Bad nieht kennt, gleiehermaBen die Kraukungen von KHlte und Hitze ertrHgt, in ReGhtsangelegenheiten unerfahren ist, einfach und klar in seinen Handlungen. mit ziemliGh besGheidener Speise zufrieden; der sich nicht scheut, Graben auszuheben, Oamme zu reparieren. Steine und Zement zu tragen und Holz als Baumaterial herbeizuschaffen. ") Petrus von Blois modifiziert die zugrundeJiegende Stelle aus Vegetius I, 3.
3292 wer: kontrahierte Form zu l-vedir? Kontraktionen Uber d sind zwar selten. aber kommen mhd. durchaus vor, vgl. Paul 2007, § L 7B und 79; § M 91 Anm. 5. - hudin: hier wohl eine einfache befestigte Schutzhiitte, zur Bandbreite des Begriffes vgl. Ellenneyer in: LexMA 2, Sp. 902-903, 'Buden'. Zur Verwendung
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von Zelten und HUtten im Feldlager siehe Schultz, Bd, 2, 21gg9, S, 247-253 und 265, 33000hirlang: 'uach geraumer Zeit, von Zeit zu Zeit' (Lexer 1, Sp, 1818), 3306 bettegewant: Znr Ausstattnng cines Bcttes, wie es reichere Lcute hatten, gehorten weiche Kissen eben so wie warme Decken, z. B. aus Pelzen, und prachtige BettbezUge, fUr die gerne Seidenstoffe verwendet wurden, vgl. Schultz, Bd. I, 'I gg9, S. g4-g9. An ein spezielles KleidungsstUck ist wahl nicht zu denken, vgL ebd" S, 222,
3308 Das badehemmede ist ein groBe Teile des Kiirpers abdeckendes KleidungsstUck, das man sich nach dem Badcn anlcgt und in dem man sich ausruht, wahl ahnlich unserem Bademantel, vgl. Schultz, Bd, 1,21 gg9, S. 22K 3309-14 Petrus von Blois, PL 207, Sp.296A: Quod si militl's nostros ire in expeditionem quandoque oporteat, summarii eorwn non ferro., sed 'vino, non hmceis. sed ease is. non ensibus, sed utribus, non hastis. sed verubus onerantur. ("Wenn aber unsere Ritter einmal auf einen Fcldzug gehen mUssen, werden ihre Lastpfcrdc nicht mit Waffen, sondcrn mit Wcin bc1adcn, nicht mit Lanzcn, sondem mit Kase, nicht mit Schwertern, sondern mit Schlauchen, nicht mit Speeren, sondern mit Bratspiellen."). Die Stelle ist auch aufgenommen bei Hemmerlin, 'De nobilitate', Cap. 3, f. Xl v: L... J mulas L... J eo rum onemtas 11011 armis, sed vina L... J. nOll lallcei.~, sed easeis el sinapio, nOll ensibus sed utribum el butiro. NOll hasli.~ etc. credentes transire ad domain con vi vii, non ad bellum occidii. 3313 Zur Beschreibung einer 'Glefe' (gleve) siehe Schmidtchen 1990, S. 190f.; Boeheim 1890, S. 342-347; zur Bandbreite des Begriffs DWb 7, Sp. 7928-33. 3325-40 Petrus von Blois, PL 207, Sp. 294A: Porro ordo militum nunc est, ordinem non tenere (3325 und 3327). Nam cujus os majore verborwn ,~purciti(l polluitur. qui detestabilius jurat (3329-30). qui minus Deum timet (3333), qui millistros Dei vilificat (3334), qui Ecclesiam non veretur (3336). iste hodie in coetu militum fortior et nominatior reputatur (3338-39). ("Ferner besteht der Ritterstand heute darin, die Standesordnung nicht einzuhalten. Denn wer am meisten seinen Mund mit unmitigen Worten besudelt, wer am abscheulichsten !lucht, wer am wenigsten Gatt fiirchtet, wer die Diener Gottes verachtlich macht, wer die Kirche nicht ehrt, der wird heute im Kreise der Ritter als der tiichtigste nnd beriihmteste geachtet. ") 3328 wenig: Litotes: 'gar nicht'.
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3331-32 Erweiterung Rothes; zu buferie vgl. Y. 34. 3338 Zur Bezeiehnung gestrenge (strenuus) s. o. zu Y. 706 und 1364. 3340 Zu den Konse
3363--64 dunne zeu reehtin gezci!in: Ob diese einschrllnkende Bedingung fiir das Fluchtverhot so in einem Rittereid vorkommen konnte, scheint zweifelhaft. Rothe erganzt vermutlich aus anderen Zusammenhangen. Vg1. oben V, ng9-2900,
3383--90 Petrus von Blois, PL 207, Sp. 2948: Porro res in contrarium versa est (3383); nmn ex quo lwdie militari cingulo decorantur, statim insurgunt in christos Domini, et de,meviunt in patrimonium Cruciflxi (3390). Spoliant et praedantur subjectos Christi pauperes, et miserabiliter, atque immisericorditer jligunt miseros. ut in doloribus alienis illicitos appetitus et extraordinarias impleant voluptates, ("Nun aber hat sieh die Saehe ins Gegenteil verkehrt. Denn sobald sie heute mit dem RittergUrtel gesehmUckt sind, erheben sie sieh gegen die Gesalbten des Herrn und wUten im Erbland des Gekreuzigten. Sie plUndern und berauben die armen Diener Christi, und sie unterdrUcken auf e1ende und unbarmherzige Weise die Elenden, um durch den Schmerz anderer ihre uner-
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laubten Begierden und ausgefallenen GelUste zu befriedigen.") Vgl. Petersen 1909, S. 163. - AuBerungen gegen das Raubrittertum ziehen sieh dureh den ganzen 'Ritterspiegel' (V. 34, gI9ff., 925ff., 1027ff., 33g3ff.) 3401~4
Die das Zitat erweiternde Strophe ist schwer zu verstehen und vermutlieh zur Seitenftillung eingeftigt.
Kapite121, V. 3405-3584 Das Kapitcl besprieht mit Berufung auf Vegetius (3405-08) zuniichst die kijrperliche Tauglichkeit zum Kriegsdienst (3409-g4) und geht dann auf charakterliehe und andere Qualitiiten liber: Weisheit, Gliick, Gottes Gnade und weitere (3485-3500), Gehorsam (3501-16), Eintracht (3517-28 und 3573-84). Weitere Themen sind die bevorzugte Behandlung der Hauptleute (3529-36), die Wichtigkeit der regelmalligen Waffenlibung (3537-52), Klugheit (3553-60) und Treue (3561-72). Das Kapitel geht in wei ten Teilen auf Vegetius' 'Epitoma rei militaris', Bueh I zurlick. ZunI Kapitcl siehe KaIning 2006, S. 111-114.
Stellenkommentar: 3405-07 Vegecius / 111 syme erstill buche / VOIl der rillerschaJi: Hier und iu den Folgekapiteln erweisen sich Rothes Angaben als riehtig. Der Name der Autoritiit wird nur einmaI am Kapitclanfang genannt; der Beginn neuer Zitate naeh eigenen EinschUben Rothes wird im Text dann nicht mehr markiert. - Von der ritterschaji libertragt die lat. Bezeiehnung De re militari.
3408 Will der Autor mit diesem Vers das Publikum ansprechen und die praktisehe Verwendbarkeit der Lehren des Vegetius andeuten? 3409-16 Vegetius I, 2 (Lang, S. 6, 15): Omnes nationes, quae uicinae sunt soli, nimio ca/ore siccatas. amplius quidem sapere. sed minus habere sanguinis dicunt ae proplerea constcmtiam (Ie fiduciam comminus non habere pugncmdi, quia metutint uulnera qui exiguwn sculguinem se habere nouerunt. Contra sept-
entrionales populi, renwti a solis ardoribus, inconsultiores quidem, sed tamen Zarflo sanguine redundantes, sun! ad bella promptissimL (Wille, S. 29: "l".J dass niimlich aile VOlker, die unter der heissen Sonne wohnen, durch die zu grosse Hitze ausgetrocknet sind; sie verfUgen wohl Uber mehr Wissen, sie haben jedoch zu wenig Blut. Sie sind deshaIb im Kampf weniger standhaft und zuversichtlich,
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denn sie fLirGhten Yerniundungen, weil sie wissen, dass sie zu wenig Blut haben. Die Volker des Nordens, die der Sonnenhitze nieht ansgesetzt sind, sind dagegen wohl ungebildet, daftir aber vollbliitig und iiusserst kriegsliistern. ") 34()9
VOIl
hangt noeh ab von sprichil (V. 3405).
3411 varhandin: wahrscheinlieh zu mhd. verhanden, alter viir handen: 'wirklich da, gegenwartig' (Lexer TIT, Sp. 124). Ahnlieh unten V. 3559. Vgl. DWb 26, Sp. 1153, zur Verbindung mit 'haben' Sp. 1 I 59f., 3a. 3417-29 Vegetius I, 3 (Lang, S. 7, 6): Sequitur. ut, utrum de agris an de urbibus utiliar tiro sit, requiramus. De qua parte numquam credo patuisse dubitari aptiarem amlis rusticam plebem (3417-21), quae sub diua el in labare nutrifUr (3425-26). solis paliens (3427). umbrae neg leg ens, balnearum nescia (3429), delieiarum ignara. [... ]. (Wille, S. 29: "Weiter wollen wir untersuehen, ob sieh Rekruten vom Land besser eignen als solche aus der Stadt. Es wurde wahl nie bezweifelt, dass sieh das unter freiem Himmellebende Landvolk besser eignet; es ertragt Sonnenglut, ohne sich naeh Schatten zu sehnen. Weder Bader noch andere Vergntigungen sind ihm ein Bediirfnis.")
3434 Konjektur: Die heiden Partizipien mlissen wegen des Reimes ausgetauscht werden. 3437-38 Vegetius I, 3 (Lang, S. 8, 4): Ex agri,\' ergo subplendum robur peaecipue uidetur exercitus; nescio quomodo enim minus mortem timet qui minus delieiarum nauit in uita. (naeh Wille, S. 31: "Deshalb soli das Heer seine Krafte aus dem Landvolk erganzen. Irgendwie ist nlimlich der, der die Annehmlichkeiten des Lebens wenig kennt, dem Tod gegentiber furehtloser.")
3439 quo]] vgl. V. 3319. 3441-56 Der Themenweehsel wirkt abrupt. Rothe folgt dem gedankliehen Ablauf, den man im ersten Bueh der 'Epitoma rei militaris' findet, bemtiht sieh aber anscheinend urn eine stiirkere Anbindung an die ritterliche Lebenswclt. 3447 enlruchin: negierte Form zu ruochen: 'sich kiimmern urn'.
3451 ullbelrubil eigentlieh: 'nieht betrtibt, klar, heiter' (Lexer II, Sp. 1768f.), zu lat. lurbare, DWb 1, Sp. 1719. 3454 Zu risch s. o. V. 659.
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3457--{)4 Vegetius I, 5 (Lang, S. 9, 19): Si ergo necessitas exigit. non tam stalurae ratlonem conuenit habere quam uiriwn. l:;t ipso Homero teste non fallilur,
qui Tydeum tninorem quidem corpore sed fortiorem armis ftlisse
si~nl;licat.
(Wille, S. 33: "Wenn Mangel herrscht, muss man nieht so sehr auf die Kiirpergrosse, als auf einen kraftigen Wuchs achten. Das bestatigt Homer, der sagt, Tydeus sei nicht gross gewesen, jedoch tUchtig im Umgang mit Waffen.") Vegetius I, 6 (Lang, S. 10, 19): Utilias est enim fortes milites esse quam grandes. (Wille, S. 35: "Kriiftige Rekruten eignen sich besser aIs grosse.")
3463 an allin endin: 'Uberall' (Lexer T, Sp. 549f.). 3465-84 Vegetius I, 7 (Lang, S. 10, 20): Sequitur, ut. cuius ortis uel eligendi ael
penitas repadiandi sint milites. indagemus. Piscatares aucupes dalciarias linteones omnesque, qui nliquid tractasse uidehuntur ad gvnaecea pertinens, longe arbitrar pellendas a castris (3465-72); fabras ferrarias carpentarias, macellarios et ceruorum aprorumque uenatores cOlluenit saciare mililiae (3473-80). (Wille, S. 35: ,,1m folgenden soli untersucht werden, aus we1chen Berufen die Rekruten stanlmen sollen und welche Bcrufsarten ganzlich ungeeignet sind till den Dienst. Fischer, Vogel steller, Zuckerbiicker, Leinenweber kurz alle, die mit dem Fraucngcmach zu tun habcn, mlisscn meiner Meinung naeh Vileitab vom Lager vertrieben werden. Hufschmiede, Wagner, Metzger, Hirsch- und Wilds aujager sind vorzugsweise im Reer einzustel1en.") 3485-92 Eigene Ergiinzung Rothes, wieder den Dbergang auf das niichste Vegetius-Zitat vorbereitend. 3493-96 Vegetius I, 7 (Lang, S. 11, 12): iuuenlus enim, cai det'ensio prouinci-
arum, cui bellorum est connnittenda fortuna, et !tenere, si copia suppetat, et moribus debet excellere. Honestas enim idoneum militem reddit. uerecundia, dum prohibetfitgere. facit esse aictorem. (Wille, S. 35 und 39: "Die Jugend, der die Verteidigung der Provinzen und das KriegsglUck anvertraut ist, muss so weit wie moglich nach Herkunft und guten Sitten hervorsteehen; das Ehrgefiihl schaff! den guten Soldaten, Furcht vor Schmach hiil! ihn Yom Fliehen ab und liisst ihn so zum Sieger werden.") - Rothe gibt lat. honestas mit hobischeid (,hOfisches Verhalten') wieder. Zum Aspekt des Hofischen vgL V. 3550. 3501-16 Der Absehnitt ist um den Begriff Gehorsanl (lat. Ubersetzungsmiigliehkeiten abtemperatia, abaediencia. officium, madestia) herum arrangiert. Gibt es fUr die Stelle eine andere Quelle, lehnt sich Rothe an Vegetius I, g an (wo der Tenor freilich ein anderer is!), oder handel! es sich wieder urn den Versuch, einen sinnvol1en Ubergang zur nachsten Vegetius-Stel1e zu schaffen? Was genau mit Gehorsam gemeint ist, bleibt bis zum anschlieBenden Vegetius-Zitat unklar.
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3511 juffin mhd. guften, guffen, guffen (Lexer I, Sp. 1II2f.); entspricht nhd. jaufi'n: 'SpOll treiben' (DWb 10, Sp. 2271).
3517-20 Vegetius 1, 9 (Lang, S. 13, 17): Periculum enim ab hostibus semper grauissimuln sustinel diuisus et inordinatus exercilUS. (Wille, S.41: "l ... J vor dem Feind ist ein ungeordnetes und aufgelOstes Heer stets grosster Gefahr ausgesetzt.") Die Stelle wird in V. 3521-25 paraphrasierend ausgeweitet. 3529-36 Vegetius T, 13 (Lang, S. 17, 4): Tta autelll seuere apud maiores exercitii discipiina seruata est, ut et doctores armorum, duplis remunerarentur annonis et milites, qui parum in ilia pro/usione profecerant, pro frumento hordeum cogerentar accipere, nee anle eis in trilieD redderetur anllona, quam suh praesentia praefecti legionis. lrihunorum, uel principiorutn experimentis datis ostendissent se omnia, quae erant in militari (lrte, conplere. (Wille, S.47: "Bei unseren
Vorfahrcn erhicltcn die Instruktoren der Sehwerbewaffneten doppclten Sold, das zcigt, welchcn Wert sic auf diesc Ausbildung legten. Anderseits muss ten sich die Soldaten, dic in dieser Ausbildung zu wenig fortgeschrillen waren, mit Gcrste stall mit Getreidc bcgniigcn. In Wcizcn wurde den Soldatcn die Mundportion erst dann ausgeliefert, wenn sie in Anwesenheit des Legionskommandanten, der Tribunen und Hauptleute bewiesen, dass sie alle Kampfarten beherrschten. ") 3535 Iwstlichin dingin: E, schwingt auch die Bedeutung 'wohlsehmeekcnd' mit, vg1. Lexer T, Sp. 16ggf.
3536 Zu laf3in ulldir wegill vgl. BMZ I, Sp. 947a, 22-27, s. a. oben V. 69. 3541-42 Vegetius I, 1 (Lang, S.6, 4): L... j netno facere metuit quod se bene didicisse confidit. (Wille, S. 25: "Niemand fiirchtet sich das zu tun, was er griindlieh gelernt hat.") - stetlichin: sonst im 'Ritterspiegel' 'stets', vgl. V. 771, 1306 u. O. Meint Rothe hier, dass die Fureht selbstverstandlich immer vor dem Kampf da ist, aber bei erfahrenen Kfunpfern wieder versehwindet? 3553-54 Vegetius I, 8 (Lang, S. 12, 15): In omlli ellim conflictu non tam prodest multitudo quam uirtus. (Wille, S. 39: "Im Kriege entscheidet weniger die Anzahl aIs die Tiiehtigkeit. ") 3557-58 Vegetius T, 1 (Lang, S. 6, 5): Etenim in certamine bellorum exercitata paucitas ad uictoriam promptior est, rudis et indocta multitudo exposita semper ad caedem. (Wille, S.25: "Eine kleine geschulte Schar erringt in der kriegerischen Auseinandersetzung meist den Sieg, wlihrend eine noch so grosse. aber rohe und ungebildete Schar imIller der Vernichtung ausgesetzt ist. ")
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Kapitel22
3559 vorhandin vgl. V. 3411.
3565-72 Die Stelle konnte bei Bernhard von Clairvaux nicht gefunden werden. Vielleicht handelt es sich um eine Zusammenfassung von 'De laude novae militiae' 1, 1: Gaude. fortis athleta, .'Ii vivis el villcis in Domino; sed magis exsulta et g/oriare, .'Ii moreris et iUllgeris l)omino. Vita quidem, fructuosa, et victoria gloriosa; sed utrique mors sacra iure praeponitur. Nam sf beati qui in Domino moriuntur. non multo magis qui pro Domino Tnoriuntur. (Winkler 1, S.273: ,,Freue dich, starker Kampfer, wenn du im Herrn lebst und siegst! Aber noch mehr frohlocke und riihme dich, wenn du stirbst nnd dich mit dem Herrn vereinst. Das Leben ist frnchtbringend [an Werken], nnd der Sieg ist rnhmvoll. Beiden aber wird ein seliges Sterben zu Recht vorgezogen. Denn wenn schon die selig sind, die im Herrn sterben, sind es dann niGht vielmehr jene, die fUr den Herrn sterben?") Nur auf geistliche Wunden bezieht sich Bernhard von Clairvaux, 'Sermones in cantica canticorum', PL 183, Sp. 1079. - zcu dell "Iundin: 1m Ernstfall" Oder ist der Moment gemeint, in dem der eigene Tad bevorsteht" 3568 geuffinbard: 1st eine religiose Offenbarung der Wnnden Christi gemeint?
3573--84 Sallust, 'Bellum lugurthinum' X,6 (Reynolds, S. 60): Nam concordia paruae res crescunt, discordia nwxwnae dilabuntur. (nach Lindauer in Eisenhut 1985, S. III: "Denn durch Eintracht wachsen auch kleine Staaten [eig.: Dinge], durch Zwietracht zerfallen sogar die groBten. ")
Kapitel22, V. 3585-3736 Das Kapitel flihrt die Mahnung zur Eintracht (35BS-3600) und zu einer gnten Behandlung der Truppe (3601-12) weiter aus. Mit dem Einsatz alterer Ritter leitet es zur Organisation der Schlacht selbst Uber (3613-24). Hier werden behandelt: Die Aufstellung der SchUlzen (3625-48), die Foigen von Versaumnissen (3649-64), die Ubung der Soldaten im SchieBen, Schwimmen, Klettern und in beidhandiger WaffenfUhrnng (366S-B4), die Rolle des HeerfUhrers (3685-3700) und die Verteidigungsbereitschaft durch die Anlage des Lagers und die gnt vorbereitete Aufstellung (3701-24). Am Schluss steht mit Verweis auf Aristoteles und biblische Weisheit der Gedanke, dass kleine Fehlcr zn Beginn eine verheerende Wirkung am Ende haben konnen (3725-36). Die Inhalte entstammen zum groBen Teil Vegetius' 'Epitoma rei militaris', Bnch 11 nnd 1. Zum Kapitel siehe Kalning 2006, S. 114-117.
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Stellenkommentar:
3589-92 Vegetius IT, 2 (Lang, S. 35,20): Necesse est autem tardius ad uietoriam peruenire qui discrepanl, alllequam dimieenl. (Wille, S. 87: ,,zwaugslaufig konnen diejenigen, die varher nieht einheitlich gesehult werden, nur schwerlieh siegen. ") Rothe interpretiert hier die Uneinheitlichkeit als Zwietracht.
3591 gerethe: zu mhd. geraete (stN): 'Rat', vgl. Lexer T, Sp. g71. 3593 Durch die Verbindung der Zwietracht mit Hoffart und Torheit fiihrt Rothe die Moralisicfung des Vcgctius v."citcr aus.
3599 vorwa}Jit: cutspricht mhd. verwazen (stV): 'vcrdcrbcn', vgl. Lexcr III, Sp.2961. 3601-06 Vegetius II, 3 (Laug, S. 37, 5): /:;.1'1 el alia causa, cur adlenualue sinl legiones: nW/?llus in iUis labor est militandi. !?rauiora anna, plura munera, seuerior disciplina. Quod uitantes plerique in auxiliis festinam militiae sacramenta percipere, ubi et minor sudor et maturiora sunt praemia. (Wille, S. 89: "Noeh aus anderen Griinden verlieren die Legionen ihre Kampfkraft. Der Dienst ist streng, die Ausriistung schwer, Befiirderungen sind langsam und die Disziplin ist sehr hart; deshalb drangen sieh die meisten zu den Hilfstruppen, wo weniger Schweiss fliesst und die BefOrderung rascher geht. ") 3607-08 Erneut nimmt Rothe auf die innere Einheit des Heeres Bezug, die Vegetius nicht nenn!. Ocr Vcrs mm man dez jredis begerit ist schwierig. Neumaun bezieht 'Frieden' auf die Eintraeht innerhalb des Heeres und fiigt ein niehl ein. Will man die Konjektur vermeiden, hat man eynun/!e wahl auf die Kampfbereitsehaft zu beziehen, die nieht Frieden um jeden Preis will (vgl. Friedenswunsch im Heer aufgrund von Hunger, V. 3771). Mit dem Frieden als Ziel des gereehten Krieges hat dieser Gedanke nichts zu tun (vgl. oben zu V. 2929). Oder ist mit frede ein Rechtszustand im Heer gemeint, dessen Ausbleiben die innere Einheit geflihrdet? 3613-22 Vegetius 11, 10 (Lang, S. 45, 1) iiber den Lagerprafekten: Ts post /011gam probatamque militiam peritissimus omnium legebatur, ut reete doeeret alios quod ipse cum laudeti'cissel. (Wille, S. 103: "Zu diesem Amt bezeiehnete mau den, der nach langer, erfolgreicher Dienstzeit der Kriegserfahrenste von al1en war; musste er doeh die iibrigen in dem, was er sdbst mit Erfolg verriehtet hatte, unterweisen. ")
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Kapitel22
3625-48 Vegetius erwiihnt zwar auch die Bedeutung der SehUtzen in der Schlacht (I, 15 und I, 20), kommt aber als QueUe hier nicht in Frage, vgl. Kalning 2006, S. 116. 3635 Das Banner steht hier wahl fUr den BannerfUhrer.
3638 gemerke zu merken: 'wahrnehmen'. Gemeint ist, dass man den Heertlihrer in der Menge finden soli, urn ihn lOten zu konnen. 3649--{)O Vegetius T, 13 (Lang, S. 17, 16): Deinde in aliis rebus. sicut ait Cala, si quid erratum est, potest postmodwn corrigi; proeliorwn delicta emendationem non recipium, cum poena statim sequatur erroremL.J (Wille, S. 51: "Auf allen andcrcn Lebensgebieten, sagt Cato, kann man begangene Fehlcr beheben. In der Schlaeht aber sind lrrttimer nieht wiedergutzumaehen; denn die Strafe folgt auf dem Fuss. ")
3652 vorf'lf3it: vermutlieh zu mhd. vervahen, vervan 1m Sinne von 'zuwege bringen, ausrichten'; vgl. nhd. 'verfassen', DWb 25, Sp. 310 (Iat. Entsprechung suscipere). 3656 gerumit: wohl zu mhd. /?erumen: 'den Platz raumen, von der Stelle weichen ' (Lexcr T, Sp. gg9f.).
3669-72 Vegetius T, 10 (Lang, S. 14, 17): Natandi usum aestiuis mensibus omnis aequoliter debet tiro condiscere. Non enbn semper pontibus jlwnina transeuntur. sed et cedens et insequens natare cogitur frequenter exercitus. Saepe repentinis
bnbribus uel niuibus solent exundare torrentes. et ignorantia non solum ab hoste, sed etiam ah ipsis aquis discrim.en incurrit. (Wille, S.43: "Jeder Rekrut muss in den Sommermonaten sGhwimmen lemen. F1Usse konnen nicht immer auf BrUeken Uberquert werden. Deshalb sind im RUckzug wie in der Verfolgung oft ganze Truppenkorper gezwungen zu schwimrnen. Oft schwellen Wildbache bei heftigen Regen- und Schneethllen an. So kann dem des Schwimmens Unkundigen nicht nur vom Feinde, sondern auch durch Wasser schwerer 5Ghaden zugefUgt werden.") 3674-76 Reim gewonheit: wonit gestOrt; eine kontrahierte Form gewonit ist in Rothes Texten sonst nieht zu finden.
3676 slellicilin (Adv.): 'ruhig, bequem', vgl. Lexer II, Sp. 1147. 3677 Die Fiihigkeit, die Waffen mit beiden minden zu fUhren, kann im Kampf lebenswichtig sein. Diese Konkretisierung der Waffenfertigkeit ist nieht bei Vegetius zu finden.
V. 3585-3736
409
3685-3700 Der Autor fasst die wichtigsten Fiihigkeiten eines guten Kiimpfers zusammen und erlautert die zentrale Bedeutung seiner Genassen, die ihm im Kampf zur Seite stehen sallen.
3695 in defne hartin: zu mhd. diu herte (stF!): 'das Kampfgedrange' (Lexer I, Sp. 1265).
3701-08 Vegetius T, 21 (Lang, S. 24, 21): Castrorum quoque munitionem debet tiro condiscere; nihil enim neque tam sa/ulare neque lam necessarium inuenitur in bello; quippe, si reete constituta sunt castra, ita intra uallwn securi milites dies noclesque peragunt, e{lam si hoslis obsideat. quasi Tnuratum ciuitatem uidennfur secwn ubique portare. S'ed huius rei scientia prorsus intercidit; nelno enim iam diu ductis jossis praejixisque sudibus castro cOllStituit. Sic diurno uel Hoefurno sUfJeruentu equitum, harharorum multos exercitus scimus frequenter adjlictos. (Wille, S. 65: "Die Rekruten mUssen auch lemen, wie ein Lager befestigt wird. Es zeigt sich, dass dies im Krieg eine entscheidende Notwendigkeit is!. Die Soldaten verbringen niimlich Tag und Nacht in Sicherheit, wenn das Lager riehtig aufgesehlagen wird. Wenn sie gar darin yom Feind bclagert werden, so ist es, als ob sie eine von Mauern umgebene Stadt mit sich flihrten. Diese Kunst ist jcdoch ganzlich verloren gegangen. Seit langem erstellt niemand mehr ein Lager mit Wall und Graben. Bekanntlich wurde schon manches Heer bei Tag oder Nacht durch barbarische Reitcrscharen Uberfallcn und geschlagen.") 3709-24 Die Aufstellung der Truppe ist ein wichtiger Bestandteil militiirischer Fachliteratur, vgl. Schmidtchen 1990, S. 246--263. 3725-29 Aristoteles, 'De caelo et mundo' 1,5, 271b, lat. Ubersetzung Wilhelm von Moerbeke: [... J quod in principio modicum in fine fit multum maw,um. ("Anfanglich Kleines wird am Ende groG. ") Nmlich Aristoteles, 'Politica' V, 4 (1303b 29): L... J in principia enim fit peccatum. principium autem dicitur dimidium esse totius, quare et quod in ipso pal1'um peccGtum proportionale est ad ea quae in aliis parliiJus. (Ubersetzung des griechischen Textes von Schtitrumpf, S. 56,25: "denn am Anfang wird der Fehler begangen, der Anfang gilt aber als die H;;]fte des Ganzen, und daher ist ein geringftigiger Fehler, der zu Beginn gemacht wird, so schwerwiegend wie die in spateren Stadien (zusammengenommen)." - 'Auctoritates Aristotelis', Hamesse, S. 161, Nr. 19: Parvus error in principia, maxima.'! erit in fine. ("Ein kleiner lrrtum zu Beginn wird sehr groB am Ende"). - Das Zitat wird aufgenommen bei Aegidius Romanus, 'De regimine pricipum' Ill, 1,9, und bei Johann von Vippach, 'Kafherina divina' I, 2, 7. 3733-34 Sir 11,34: A scintilla una augetur ignis (Luther 1912 Sir 11,33: "A us einem Funken wird ein groBes Feuer"'). Zur sprichwortlichen Verbreitung siehe
410
Kapitel23
TPMA 'Feuer' Nr. 132-1 gK Ahnlich lac 3,5: Ecce quantus ignis quam magnam silvam incendil, ("Siehe, ein kleines Feuer, was till eillen graBen Wald ziindet es an !")
Kapitel 23,
V,
3737-3924
Das Kapite1 fasst einen Hinger dauernden Kriegszug ins Auge, auf dem man in
standiger Erwartung feindlicher Angriffe lebt (3737-48). Die Ritter miissen Hunger und Durst, Hitze und KHlte ertragen; die Wasserversorgung und eine
langfristige Verpflegung miissen gesichert werden (3749-80). Der Erfolg auf dem Kriegszug ist nicht durch das gewohnliche Kriegsvolk, sondern nur mit erfahrenen Rittern erreichbar (3781-92). Die Feinde sollen iiberrascht und iiberlistet werden (3793-3800); zu entseheiden ist, ob man die Schlaeht besser raseh herbeifUhrt oder hinauszogert; in letzterem Fan muss fLir Belagerungen voraus-
geplant werden (3801-16). Es folgen Ratschlage till die Auswahl des Lagers und die Warnung Javor, den Feind einzukesse1n und so zu Verzweiflungstaten zu
bewegen (3817-60). Grundsatzlieh wird vor Unvorsichtigkeit gewarnt (3g61-gg). Tn den vorderen Reihen soil en die erfahrensten, sttirksten und klUgsten Ritter stehen, nieht die von hiiehstem Adcl oder griiBtem Reichtum (3889-3900). Bis dahin orientiert sich Rothe an Vegetius' 'Epitoma rei mil itaris' , Buch TIT. Am Ende gibt er dem Kapitel unter Verweis auf Augustinus cine religiose Wendung. Er erinnert daran, dass Gatt der wichtigste Schutz des Ritters ist; Gottesfurcht und Reue Uber die SUnden wUrden zum Sieg verhelfen (3901-24). ZunI Kapitcl siehe KaTning 2006, S. 117-120.
Stellenkommentar:
3739-40 Ahnlich Vegetius TIT, Prolog (Lang, S. 65, 9): Tf!itur qui desiderat pacem, praeparet bellum [... J (Wille, S. 145: "Wer den Frieden wUnscht, der bereite sich auf den Krieg vor. ") - Zum Frieden als Ziel des Kriegs s. o. zu V. 2929. 3747 Unvermittclter Ubergang zur 3. Person Plural. 3751frost bezeichnet weniger die abjektive Katte als die subjektive Emptindung der Katte, vgl. DWb 4, Sp. 255-256.
3753-56 Die Strapazen, die der Ritter im Krieg auf sieh nimmt, berechtigen ihn, nehen seinen Erfolgen, zu Pri vilegien und zu Ehre und Anerkennung.
V. 3737-3924
411
3756 suer: 'bitter, beschwerlich', vgl. DWb 14, Sp. lB63.
3759 Zweites di eventuell streichen (Bartsch und Neumann belassen es). Tn der vorliegenden Formulierung ist der Vers syntaktisch locker zwischen Vorausgehendes und Folgendes gesetzl. 3761-64 Ahnlich Vegetius Ill, 2 (Lang, S. 68,5): Nee pemiciosis uel palustribus aquis utatur exercitus; nam 1nalae aquae potus, ueneno similis, pestilentiam bibenlibus general. (Wille, S. 149: "Im Heer soli aueh kein verseuchtes Sumpfwasser vervo, endet werden. Schlechtes Wasser zu trinken wirkt wie Gift und erzeugt Seuchen. ") - en: gemeint sind nun die Leute, die an dem Kriegszug teilnehmen. l
3765-71 Vegetius Ill, 3 (Laug, S.69, 5): Saepius enim penuria quam {Jugna consumit exercitum, et ferro saeuior fames est. (Wille, S. 151: "Heere werden ofter dureh Hungersnot als in der Schlaeht aufgerieben; der Hunger ist weit flirchterlicher als das Schwerl.") Vgl. 111,26 (Lang, S. 124,7): Magna dispositio est lwstem Jcane magis urguere quam ferro. (Wille, S. 263: "Den Gcgncr mchr durch Hunger als mit clem Schwert zu bedrangen, ist ein gutes Verfahren.") 3772-80 Vegetius III, 3 (Lang, S. 69, 9): Tn orrIni expeditione unum est et maximum te/um, ut tibi su.!ficiat uictus (3772-73), hastes frangat inopia (377B-BO). (Wille, S. 151: "In jedem Feldzug muss ein Hauptziel verfolgt werden: Selbst immer genUgend Lebensmittel zu haben und den Feind durch Hungersnot zu bcsicgcn. ") 3774 stetliehin: stuetidiehe (Adv.) entsprieht lal. continue. erebre, frequenter, Diefenbach 1857, S. 147, 156,247.
3781-3804 Abrupter Themenwechsel. Is! die Reihenfolge der Verse durcheinandergeraten, soli ten die Verse 3805-16 nach V.3780 eingefligt werden und 3781-3804 ursprUnglich nach V. 3804 oder naeh V. 3828 stehenO Eine sprunghafte, versehaehtelte Anordnung der Themen findet sieh aueh in Kapitel 21. 3781-92 Ahnlich Vegetius TIT, 9 (Lang, S. B6, 15): Praecipua ars et utilitas duds est, tit adhibitis ex uniuerso exercitu scientibus belli et sapientibus uiris de suis et hostium copiis saepius tractet, otrlni, quae plurimum nocet, adulatione summa to [... J (nach Wille, S. I B7: "Zu Nutz und Frommen des HeerfUhrers dient es, wenn er am; dem ganzen Heer Leute, die in der Kriegskunst bewandert und erfahren sind, zu Rate ziehl. Mit ihnen soli er ofters die Moglichkeiten besprechen, die sich bieten. Jede Schmeichelei muss dabei ausgeschlossen sein, denn mit ihr wird das grosste Unheil angerichtet.") Die Stelle wird auch aufgenommen V. 4001-12.
412
Kapitel23
3789-90 kunst wird hier auf geistiges und korperliches Yermogen bezogen. 3791 daz wal als Substantiv 'das Wohlergehen' ab dem IS. Jahrhundert nachgewiesen, DWb 30, Sp. 1070. In der Ubersetzung wird wol als Adverb aufgefasst, doz als korrespondierend zu daz Y. 3792 gesehen. 3793-3800 Almlich Yegetius Ill, 19 (Lang, S. 104, 13): Tamen ars belli non minus in hoc aperto conflictu quam in accultisfraudibus adiuuat eruditos. (nach Wille, S.223: "Die Kriegskunst kommt jedoch dem erfahrenen FUhrer in der offenen Feldschlacht ebenso zu Hilfe wie bei heimlichen Ttiuschungsmanovern.")
3797 list bedeutet irn 'Ritlerspiegcl' konsequent 'Hinterlist', vgL V. 645 u. O. 3800 huthe: denkbar auch die Bedeutung 'Vorsicht'. 3801-12 Yegetius 111, 9 (Lang, S. g7, II): Vel maxime autem tractandum est. utrum expediat necessitalem protrahi an celerius dimicari; interdwn enim ~penll aduersarius expeditionenl cito posse finiri et, si dilatus fuerit in [ongum, aut penuria nwceratur aut desiderio suo rum reuocatur ad propria aut nihil magnum faciens per desperationem ahire conpellitur. (Wille, S. 187 und 189: "Man muss auch gcnau crwHgcn, ob cs den Umstandcn nach bcsscr ist, die Entschcidung hinauszuschieben oder den Kampf rasch herbeizufiihren. Hoff! nfunlich der Gegner, den Feldzug rasch beendigen zu konnen, so wird er, lang hingehahen, entweder durch Mangel bedrmgt, oder auf Verlangen seiner 'fruppe zur Heimkehr gezwungen. Der Gegner, der nichts Wesentliches ausrichten kann, wird schliesslieh verzweifcln und veranlasst abzuziehen.") VgL Vegetius III, 3 (Lang, S. 69, I g): Frequenter autem necessitas geminatur et obsidia saepe .fit langiar. quam putaris [... J (nach Wille, S. 153: "Oft nmllich verseharft sieh cine Krisenlage, und oft dauert eine Belagerung Imger, als man vorsah L.. .j"). 3805-16 Die Stelle knUpft inhaltlich an den Gedankengang aus V. 3765-g0 an.
3811 vorbrechin: 'zerbrechen, zunichte machen, zerst6ren' (Lexer III, Sp. 81). 1st an das Durchbrechen der Belagerung zu denken" 3814 sich vorsehit: 'Yorsorge treffen', vgl. oben Y. 3794.
3817-24 Yegetius 111, g (Lang, S. g2, 9): Tn metandis castris non sufJicit locum bonwn legere, nisi talis sit, ut alter eo non possit 1nelior inueniri, ne utitior praetermissus a nobis et ah aduersariis occupatus adportet inconunodum.. (nach Wille, S. 177 und 179: "Es genUgt nicht, lediglich einen guten Lagerplatz zu
V. 3737-3924
413
wHhlen; man muss sich so lagern, class Uberhaupt kein hesserer Platz gefunden
werden kann. Wenn man namlich den besser geeigneten Platz ausser aeht lasst und wenn dieser dann Yom Feind hesetzt wird, so kann danlUs so manche Unannehmlichkeit entstehen. ") 3818 Zu sad vgl. oben V. 330. 3825-28 Nicht bei Vegetius. 3829-56 Vegetius TIT, 21 (Lang, S. 111, 5): Plerique rei militaris ignari pleniorem uictoriam credunt. sf aduersarios aul loco rum cmgustiis aut anna{orum
multitudine circumdederint. ut aditum non inueniant abscedendi (3g29-35). Sed clausis ex desperatione crescit audacia (3839-42). et cum spei nihil est. sumit anna formido. Lihenter cupit commori qui sine duhio scit ."Ie esse nwriturum (3g47). ldeoque Scipionis laudata sententia est, qui dixit uiam hostibus. qua fugerent, munielldam (3849-52). (Wille, S. 235: "Viele uuerfahrene Heerfiihrer glauben, der Sieg sei dann am grossten, wenn es gelingt, den Feind durch unwegsames Gclande und mit den eigenen Ttuppen so in die Enge zu treiben, dass er sich nicht zurUckziehen kann. Tn der Verzweiflung nimmt dagegen def Mut der Eingeschlossenen zu, und in der Hoffnuugslosigkeit greift der Furchtsame zu den Waffen. WeT weiss, dass er sterben muss, sieht dem Tod frei ins Angesicht. Dcshalb ist der Grundsatz des Scipio beherzigenswert, der lautet, man mUsse dem Feind immer einen Fluchtweg offenhalten.") - weppenere (3829): 'Waffentrager, Schildknappe' (Lexer TIT, Sp. 6g5), die per definitionem unerfahren sind. 3835 NeUUlann ander! unnotig das hier lokale do in ein konsekutives duz.
3840 von: Bezug auf lemen. Neumann iindert unnotig in vor, Bezug auf schutzceo 3844 loste: Wechsel ins Prateritum (in der Dbersetzung ausgeglichen) im Hinblick auf die folgenden, in der Vergangenheit liegenden Erfahrungstatsachen. 3848 irkregin zu mhd. erkriegen: 'erstreiten' (Lexer I, Sp. 645). Wechsel zuriick ins Prasens (in der Obersetzung ausgeglichen), 3853-60 Ausgestaltung Rothes; ab V.3857 Uherleitung zum nachsten Thema
'Sorglosigkeit' . 3861 Wer ut'den schollen wesin ifJit: Die schOne bzw. lippige Wiese (faetum pratum) steht haufig fUr das Angenehme, vgl. DWb 29, Sp. 158lf. Die Verbin-
414
Kapitel23
dung der Wiese mit dem Laster luxuria geht zurUck auf die Bibelstelle Sap 2,K Coronemus nos rosis cmtequam marcescant; nullum pratwn sit quod non pertranseat luxuria nostra ("Wir v·w11en uns mit Rosen bekranzen, bevor sie verwelken. Es gibt keine Wiese, die nieht ganz vorUbergeht mit unserer Genusssucht."). In der patristischen Tradition Ambrosius von Mailand, 'De Tobia' Y, 17 (CSEL 32,2, S. 526); Augustinus, 'Sermones', Sermo 150, PL 3B, Sp. B11 u. O. 3865 villichte gar kleyne: Litotes, er fUrchtet sich Uberhaupt nicht. 3871 in allin wa}Jim badin: RUckbezug auf Kap. 20 und 21 (V. 3296 und 3429); die Badenden gclten als verweichlicht. 3873-76 Zum Uberfall auf die sorglose feindliche Truppe vgl. Vegetius III, 10 (Lang, S. 91, 2): His, at oportet, curatis, cum dispersi ad praedandum. securi aberrant hastes, tunc probatos equites siue pedites cwn tironibus aut inferioribus millal. Ul ex occasione L... J (Wille, S. 195: "Ist einmal alles gehorig eingerichtet, wird der Feldherr, sobald der Feind sich in Sicherheit wiegt und plUndernd seine Ordnung aunost, erprobte Reiter und Infanteristen zusammen mit Jungen Rekruten ausschicken, damit sie die gebotene Gelegenheit benUtzen [... J"). 3881 Vg1. Vegetius TIT, 26 (Lang, S. 120, 12): Tn omnibus proeliis expedition is condicio talis est, ut quod tibi prodest aduersarium Iloceat L... J (Wille, S. 255: "Tn allen Schlachten und auf allen FeldzUgen liegen die Verhaltnisse so, dass das, was Dir nUtzt, dem Gegner schadet [.. .]") Ab V. 3885 Amplitikation Rothes. 3889-3900 Wiederaufnahme der Aussage aus V. 2949-60, dort ein Zitat aus Vegetius 111, 14, Hier wird die VorzugswUrdigkeit der erfahrenen Ritter fUr die vorderen Schlachtreihen noch verdeutlicht, indem explizit gesagt wird, dass Adel, Besitz und andere YorzUge keine Rolle bei der Entscheidung spielen diirfen, ob ein Ritter vorne kiimpfen darf, sondern ausschlieBlich Smrke, Klugheit und Erfabrung. - Zum Begriff spillee s. o. zu Y. 753. 3901 Augustinus-Zitat nicht cindcutig nachgewiescn, vgl. aber 'Enarrationcs in Psalmos', PL 36, Sp. 323: Si Deus pro nobis, 'luis conlra nos (Rom. Vlll, 31)? 1::1 unde hoc nobis praestat Deus? Apprehende. inquit, anna et scutum, et exsurge in adjutoriwn mihi. Magnum ~pectaculum est. videre Deum armatum pro fl'. [, .. J Anna Gutenl ejus, quibus non solum nos muniat, sed etiam percutiat inimicos, si bene profecerimus, et nos erimus. Sicut enbn nos, ut amrel1'lUr, ab ilia haben'lUs. sic ipse annatur de nobis. ("Wenn Gott mit uns, wer ist dann gegen uns? Und wie gewahrt Got! uns das? Nimm, sagt er, Waffen und Schild, und erhebe dich zu meiner Hilfe! Ein groBes Schauspiel ist es, Gott fUr Dieh gewappnet zu sehen
V. 3737-3924
415
l ... J. Seine Waffen aber, mit denen er nicht nur uns ausrlistet, sondern auch die
Feinde besiegt, werden, wenn wir Fortschritte gemacht haben, wir sclbst sein. Wie namlich wir das, womit wir gerUstet werden, von ihm haben, so wird auch
er sclbst von uns gerUstet. ") 3915 zceichlichin: 'worin ein Zeichen oder Wunder liegt' (Lexer ITT, Sp. 104gf., lat.: typicus). Ahnlich gebraucht in der 'Landesehronik', S. 35, Z. 26 und in der 'Weltchronik', Kap. 444: (Landgraf Ludwig wird von einem entlaufenen Lowen angefallen, der sieh ihm aber raseh friedlieh zu FUllen leg!) lis meynen vii lewte, der herre habe sente Elsebethin unde seyner togunde gein gate gnossen, das her on alssozeichlichen behute. 3920 vorwajJe: zu verwazen 'verderben', wie oben V. 3599. Die Bedeutung des Verses bleibt unklar, Moglichkeiten waren: 'die Folgen der SUnde bereinigen', 'die SUndenstrafen tilgen ' oder 'SUnden kUnftig vermeiden ' . 3924 stehistu Hoeh dem rechtin: Erneut ein Him.veis danmf, class der Krieg, in dem gekampft wird, ein gereehter Krieg sein muss. Zur Formulierung s. a. V. 3154; zum gerechten Krieg Kommentar zu V.2226.
Kapitel 24, V. 3925-4108 Generalthemen des letzten Kapitels sind die Eigenschaften und das Verhalten eines guten Heerllihrers (3925-28). Behandelt werden die Streitsehliehtung innerhalb der Truppe (3929-32) und die Wahl des gUnstigsten Zeitpunkts fUr eine Fcldsehlacht (3933-48). Dabei soli der Heerftiltrer auf die Stimmung inl Heer achten und den Zustand der Truppe berUcksichtigen (3949-72), sich auf die Erfahrenen verlassen (3973-76) und ermunternde Worte sprechen (3977-80). Es folgen Anweisungen zum Verhalten in der Schlacht selbst (3981-92) und bei Beratungen (3993-4012). ErHiutert werden auBerdem die Rolle der Astrologie till die Bestimmung des richtigen Sehlaehtzeitpunktes (4013-73) und der Einfluss bestimmter Pflanzen, die den Ausgang der Schlacht begUnstigen sollen (4074--80). Dabei beton! Rothe, dass Gottesfurcht und Gottes Beistand mehr ins Gewicht fallen als die richtige Planetenkonstellation und weist erneut darauf hin, wie wichtig es ist, dass der Ritter fUr die richtige Sache und in Demut kampft (4023-44,4055-60,4069-72). Das Kapitcl endet mit Uberlegungen zur Flucht in einer nicht erfolgversprechenden Lage und cler These, dass man auch in aus-
weglos scheinenden Situationen, in denen kein Fluchtweg offen steht, unbeschadet aus dem Kampf herauskommen kann (40g1-4100). Als Quellen stUtzt sich Rothe fur die erste Hli1fte des Kapitels auf einze1ne Passagen aus Vegetius'
Buch ilL Eine Quelle fUr das astrologische Wissen konnte nicht ausfindig ge-
416
Kapitel24
macht werden. Der Epilog nennt den Titel des Gedichts und greift die Spiegelallegoric mit ihrem didaktischen Ansprueh absehliclknd auf (410 1-08).
Stellenkommentar: 3925-44 Vegetius Ill, 9 (Lang, S. 89, 9): DIL< itaque uigilans sohrius prudens (3925-26), tamqumn de ciuili causa inter parIes iudicalurus. adhibito consilio de suis et aduer,mrii copiis iudicet. Et si multis rebus superior inuenitur, oportunum sibi non dijj{~rat inire conjlictum. Si uero aduersariwn intellegit fortiorem. certmnen publicum uitet (3933--40); nmn paueiores nwnero et inleriores uiribus superuenlus (3941--42) et insidias facientes suh hOllis ducihus reporlauerunt saepe uictoriam (3943-44). (Wille, S. 191: "Der Oberbefehlshaber soli waehsam, ntichteru und klug sein; er Hisst sieh beraten und beurteilt seine und des Gegners Mittel gleich, wie er eine zivile Streitsache beurteilen wtirde. Wenn er feststellt, dass er an Mittcln weit tiberlegen ist, so zligert er nieht, einen Zusammenstoss mit dem Feind zu suehen; sieht er sieh jedoeh als den Schwachern an, so wird er den offenen Kampf meiden. An Zahl und Kraften unterlegene Truppen haben unter guten Ftihreru mit Uberfallen und aus dem Hinterhalt heraus oft gesiegt. ") 3925 lrostlich: 'zuversichtlich, 'Itost bringend'. Die beiden Bedeutungsvarianten schlieBen einander nicht aus. Die Wortwahl hat keine gemme Entsprechung bei Vegetius und geht auf die Bediirfnisse des Akrostichons zuriick (vgl. aber die Nebenbedeutung von vigilalls als 'fiirsorgend', Georges II, Sp. 3484.) Rothe schlieBt mit der Begriffswahl an das am Ende des vorhergehenden Kapitels (3901-21) gcforderte Gottvertrauen an; er verwendet den Begriff auch V. 2816, vgl. Kap. 23, V. 3n3.
3927-32 1st das Thema Streitschlichtung bei Rothe angeregt durch die Formulierung tamquam de ciuili causa inter partes iudicaturus in der o. g. (3925-44) Vegetiusstelle? Zur Streitschlichtung innerhalb der 'Ituppe vgl. oben V. 2937-48 und V. 3029-g0. 3927 nemen J'n zu mhd. fnnemen: der Terminus bezeichnet die KIarung eines Sachverhalts durch Befragung der Beteiligten (Lexer I, Sp. 1439); vgl. DWb 3, Sp. 2381". (Nr. 7).
3932 slurin wie sliuren: 'steuern', hier in iibertragener Bedeutung 'Einhalt tun' (Lexer II, Sp. 1204).
V.3925-4108
417
3933 Die Kampfvermeidung ist bereits bei Vegetius III, 9 erwHhnt, Rothe verandert jedoeh den Blickwinkcl: Wahrend Vegetius augibt, unter welchen Umstanden der Kaulpf begonnen werden sollte, rat Rothe vom Kampfbeginn bei maugclnder Einigkeit abo Bezieht er sich hierbei auf zeitgeniissisehe Probleme und Erfahrungen? 3936 gesafJe
W
sazen (swV): 'setzen', hier wahl im Sinne von 'Einhalt tun'.
3945-48 Zusatz Rothes. 3949-52 Vegetius III, II (Laug, S. 95, 3): Inpar enim condicio est lassUln cum requieto, sudantem cum alacri. currentem cum eo, qui steterit, subire conjlictum. (Wille, S. 205: "Die Kampfbedingungen sind unglcieh, wenn der ErschOpfte mit dem Ausgeruhten, der Schweissbedeckte mit dem Frischen, der in Hast Daherkommende mit dem ruhig Abwartenden zusammenstOsst.") - Rothe fligt dem Zitat weitere Gegensatzpaare hinw, V. 3953-56. 3957-80 Vegetius III, 12 (Laug, S. 95, 5): Ipsa die. qua certaturi sun! milites (3957), quid sentiant (3961-63). diligenter explara (39Sg-60). Nam jiducia uel fannida ex uultu uerbis incessu matibus cemitur (3965-6g). Ne canfidas satis, si tiro proelium cupit (3973-74,3976); inexpertis enim dulcis est pugna; et noueris te oportere differre, si exercitati bellatores metuunt dimicare (3969-70, 3975). Monitis tam,en et adhortatione ducis exercitui uirtus adcrescit et anim.us, praecipue ."Ii jiuuri cerlaminis talem acceperilll rationem. qua sperelll ."Ie facile ad uicloriam peruenluros (3977-80). (Wille, S.205: "Du sollst genau ergrtinden, was die 'fruppe au dem Tag, au dem sie kfunpfen muss, empfindet. Vertrauen und Fureht lassen sieh am Gesiehtsausdruck, an der Redeweise, am Gang und an den Gebarden erkennen. Verlass Dich jedoch nicht allzu sehr darauf, wenn Rekruten den Kampf ersehnen, denn dem Unerfahrenen scheint der Kampf wUnschenswert. Ou wirst erkennen, dass Ou die EntsGheidung hinausschieben musst, wenn erfahrene Krieger sieh vor dem Kampf flirehten. Zuversicht und Mut im Heere werden durch Ermahnungen und Anspraehen des FUhrers gesWrkt: Besonders dann. wenn die Truppe daraus erkennt, wie zweckmassig die getroffenen Massnahmen sind und wie leicht damit der Sieg errungen wird.''') 3964 irha/: zu mhd. erhalen: 'einbringen, erwerben' (Lexer T, Sp. 637f.); ratis erholen: 'einen Rat einholen'. 3972 vonnisf: zu vemlissen: 'verfehlen' (Lcxcr III, Sp. 181; BMZ II,I, S. 190). 3976 gewem: 'verteidigen' (Lexer I, Sp. 988).
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Kapitel24
3979 mud: hier bereits wie 'Mut' im Neuhochdeutschen gebraucht. 3981-92 Vegetius TTl, 1g (Lang, S. 102, 23): Dux. qui praecipuam sustinet potestatem (3982). inter equites et pedites (3985-86) in parte dextra sture (3983) cOllsueuit. Hie enim locus est, in quo tota acles guhernatur (3990), ex quo rectus est liberque procursus. Ideo auton inter utrosque consistit, ut et consilio reg ere et auctoritate tam equites quam, pedites ad pugnam passit hartari (3991-92). (Wille, S. 221: "Der Oberbefehlshaber stellt sich gewohnlich zwischen Fussvolk und Reitern auf die reehte Seite. Von diesem Punkt aus wird die ganze Armee geflihrt, von hier hat er Uberallhin direkten und ungehinderten Zugang. Er stellt sich aueh darum zwischen diese beiden Heeresteile. weil er hier mit Uberlegung fUhren und durch personliche Einflussnahme Reiterei und Fussvolk zum Kampf anfeuern kann. ") - Zur Aufstellung der Truppen siehe Schmidtchen 1990. S.221-238. 3993-4000 Vegetius Ill, 9 (Lang, S. 86, 11): Bani enim duces 110n aperlo pro-
elio, in quo est commune periculwn, sed ex occulto semper adtemptant, ut inlegris suis, quantum possunt, hostes interinwnt tiel eerte terreant [... J (Wille, S. 197: "Die guten Heerftihrer suchen deshalb nicht die offene Feldschlacht, die fiir beide Armeen glciche Risiken in sich schliesst; sic entziehen sich viclmehr dem Zugriff und suchen ohne eigene Verluste aus dem Verborgenen moglichst viele Feinde zu schlagen und abzuschrecken.") Rothe verschiebt die Akzente und ist konkreter. 3999 beschif3il1 zu lat. COl1cacare, vgl. Lexer I, Sp. 208. 4001-12 Das schon V.3993 eingefillute Thema 'Rat' , das im feudalcn Herrschaftsverband von Bedeutung ist, wird hier detailreich erortert. Nach Vegetius III. 9 (Lang. S. 86, 15): Praecipua ars et utilitas ducis est. ut adhibiti'\" ex uniuerso exercitu scientihus belli et sapientibus uiris de ."luis et hostium copiis saepius traetet, omni, quae plurimum nocet, adulatione summota [ ... J (Wille, S. 187: .,Zu Nutz und Frommen des Heerfiihrers diem es, wenn er aus dem ganzen Heer Leute, die in der Kriegskunst bewandert und erfabren sind. zu Rate ziehl. Mit ihnen soli er ofters die Moglichkeiten bespreehen, die sieh bieten. Jede Schmeichelei muss dabei ausgeschlossen sein. denn mit illr wird das griisste Unheil angerichtet.") Vgl. auch oben V. 3nl-92. 4011 obirspele, vgl. V. 2512. 4013-17 Astrologie wird von Beginn an auch fUr die politische Entscheidungsfindung genutzt; dies bleibt auch im europaischen Mitte1alter beliebt (Mentgen 2005; Stierlin 1986; fill England Carey 1992), auch wenn die Astrologie als
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Wissenschaft nieht unumstritten war (vgl. Stuekrad '2007, S. Ig6-206; Whitfield 200 I, Kap. 3). Am thiiringischcn Landgrafcnhof ist cin Astrologc untcr dcr Herrschaft Friedrichs T. naehgewiesen (Mentgen 2005, S. 205). Gerade die Wahl des giinstigsten Kriegszeitpunktes scheint sich hiiufig auf die Mondkonstellation zu beziehen (Mentgen 2005, S. 367). Konkrete Quellen fUr Rothes sehr einfache Darstellung konnten nicht ausgemacht werden. Tn den 'Secreta secretorum' TTT, 20 werden giinstige Sehlaehtzeitpunkte auf komplexere Weise aus der Planetenkonstellation ermittelt. Zur Einftihrung in die wissenschaftliche Astrologie Stuckrad 22007; s. a. North 1986, 1988, Teil I und 1989; Annaherung tiber bildliche Darstellungen bei Blume 2000. 4013 ramen; 'als Ziel ins Auge fassen', vgl. V. Ig63.
4016-20 Die Anfange der Astrologie werden aueh heute nDeh in Mesopotamien (tiltere Quellen spreehen von Chaldtia) gesehen, Stuckrad '2007, Kap. 2 und 3; Whitfield 2001, Kap. 1 und 2. 4018 heidin; Es klinntcn am chcstcn antikc nichtchristlichc TI-aditioncn gcmcint sem. 4020
VOIl
en beidin: Entweder 'tiber sie' oder 'von ihnen liber1iefert'.
4021-22 Die Vorstellung, dass Abraham stemenkundig war, stiitzt sieh auf Gn 11,31 (Abraham lebte unter den Chaldtiern, bevor er nach Kanaa zag) und Gn 15,5 (Gatt forden Abraham auf, seine Nachkommensehaft an den Stemen zu ztihlen). Die Verbindung Abrahams mit der mesopotamischen Astrologie wird aufgenommen bei Petrus Comestor, 'Historia Scholastica' PL 198, Sp. 1092-93; Flavius Josephus, 'Antiquitatum Judaicarum', ed. Niese Igg7, S. 167; Rudolf von Ems, 'Alexander', V. 171-176 (iiber die Agypter); swaz irdischiu wisheit / VOIl astronomie Reseit / unde VOIl der sternen kraft, / daz. kunden ."lie nach meisterschaft / von Abrahdmes !ere gar. / als er sf !erte und brdhte dar. - Astrologisehe Kenntnisse des Moses sind uns nicht nachweisbar, vgl. aber V.4023-28. 4023-28 Vgl. Ex 17,9-16 (Moses kampft als Feldherr mit Gottes Unterstiitzung), Ex 14 (Flucht der Israeliten durch das Rote Meer), speziell Ex 14,25; Dixerunt ergo Aegyptii: Fugiamus Israelem: Dominus enim pUR/Jaf pro eis contra nos. ("Da spraehen die Aegypter: Lasst uns vor Israel fliehen; denn der Herr streitet fill sie wider Aegypten. ") 4024 irhole: vg1. mhd. er/lOln (Lexer I, Sp. 637f.). Wie oben V. 3964. Ref!. mit Gen. im Sinne von 'Kraft sehlipfen durch .. .'.
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4025 Gottes Beistand hilft in der Schlacht: Wiederaufnahme des Schlussgedankens aus Kap. 23, V. 3900, 3905-08, 3915-23. 4029-36 Die Rolle Gottes ftir Davids Sehlaehterfolge ist beschrieben II Sm 5,19-23, II Sm 22,1, II Sm 22,35-37 und Ps 17. Gottes Rat gegeniiber Josua ist dargestellt Dt g,I-K Zu Judas Makkabiius siehe z. B. T Mee 3,1-3. Zur Vorbildfunktion der drei alttestamentliehen Feldherren s. o. V. 1136-56 und Kommentar. 4035 sere (Adv.): 'mit Schmerzen, gewaltig' (Lexer IT, Sp. gg9). 4048 Tn mynerjungin herrin gunstin / Und der andim mynerfrunde: Adressaten des Textes sind also nieht nur Adlige, sondern aueh andere (junge) Manner.
4053-76 Eine Quelle fUr Rothes Darstellung der fUr die Schlacht gUnstigen Konstellationen konnte nieht ausgemacht werden. Greif! Rothe auf (miindliehes) Schulwissen zurUck? 4058-59 Mit der causa iusta und der intentio recta wird erneut auf die Lehre vom gereehten Krieg (bellum iustum) angespiclt: Gott hilft nur in gerechten Kriegen. Zum Thema s. o. zu V. 2226. 4074 krigisch heu: Griechisches Heu'. Vgl.: Steinmeyer! Sp. g02-g06; Dilg,
Trigollella foellum-graecum Legumillosae: 'Bockshornklee, Die Pflanze wurde im Mittelalter als Heilmittel verwendet. Sievers III, S.488, 529, 541; Wein 1955; Marzell IV, Art. 'Bockshornklee' in: LexMA 2, Sp. 305.
4077 Ysere zeu eyme schapeile ~emachit: Herkules trHgt hier einen Kranz aus Efeu oder Eisenkraut, der ihm ZunI Sieg verhilft. Dem Eisenkraut (verbena 01' .tieinalis; def deutsche Name ist eine Ohersetzung von lat. ferraria) wurden im Mittela1ter vielfliltige magische KrHfte zugeschrieben. DarUber hinaus sol1te die
Pflanze zur Eisenhartung menen (Dilg, Art. 'Eisenkraut', in: LexMA 3, Sp. 1756). Ein mit Eisenkraut bekriinzter Herkules ist anderweitig nicht nachweisbar, seine Attribute sind normalernieise RUstung, Keule, Schwert oder Bo-
gen und ab dem 7. Jh. vor allem das Uiwenfell. Zur Bekranzung eines Siegers (und zur Dichterkronung) werden Buchsbaum, Efeu und Lorbeer genannt, nicht aber Eisenkraut. Vgl. zu Herkules: Kleiner Pauly, Bd. 11, Sp. 1049-52; Panofsky 1930; Wutfke 1964; Brommer 1972; Galinsky 1972; Ross 1989. 4081 Johannes mit dem guldin munde: Johannes Chrysostomus wird im 'Decretum Gratiani' oft lohannes as aureum, genannt. Das Zitat konnte bisher nicht nachgewiesen werden.
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4086 Bech in: Germania 6 (1 g61), S.56, Ubersetzt: ,,[ ... J wenn er 1m Kampf besicgt worden ist [ .. .]". 4101-08 Epilog mit einer Wicderaufnahmc dcr Spiegclallcgoric aus Kap. 1, V.77-220. 41()4 gezcowin (swV): 'von statten gehen, gelingen', nieht in den l.exika, vgl. aber 'E1isabeth1eben', V. 241g. 4106 lastirblattirn: RUckbezug auf V. g9-92? Ahn1ich 'Ratsgedichte' F 722-724: t.yn ji.lrste sal sich wole )/orsehen, / Daz iell! in sinen rat gehen / Dy mit laster b~flecket sint. 4107 hirin wortlich: 'herein', d. h. in dieses Buch. 41()S gewinlle: d. h. er nimmt vorhandene Flecken wahr. Der Ratschlag, nicht in den didaktischen Spiegel zu schauen, ist ironisch gemeint.
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AuszUge in: Erzahlende Dichtungen des spaten Mittelalters, hg. und erl. von Felix Bobertag, Band 10: Johannes Rothe, Das Leben der Hciligcn Elisabeth, Berlin und Stuttgart 1884 (Klirschners deutsche Nationalliteratur, 10). S. 217-236. Das Leben der Hciligcn Elisabeth, hg. von Max Rieger, TUbingcn 1868 (Bibliothck des Litterarischen Vereins Stuttgart, 90). Johannes Rothcs Elisabcthlcbcn, aufgrund des Nachlasscs von Helmut Lomnitzcr hg. von 1\1artin J. Schubert und Annegret Haase, Berlin 2005 (DTM, 85). Geistliche Brustspange: In Auszligcn in: Liber dcvotac animac. Ein nelles \Verk Johannes Rothcs. Vorstudicn Zll einer Ausgabe des Gedichts, hg. von Ludwig Ahrnling, Hamburg 1933. NCllcdition in Vorbcrcitlmg dmch Jens HausLcin, lena. Lob der Keuschheit: Das Lob der Keusehheit, hg. von Hans Neumann, Berlin 1934 (DTM, 38). Passion: Johannes Rothes Passion, hg. von Alfred Heinrich, Nachdruck der Ausgabe Breslau 1906, Breslau 1977 (Germanistische Abhandlungen, 26). Ralsgedichte: Rothe, Johannes: Von der stele ampten und von der./ilrslen ralgeben . Ein deuLsches Lchrund Spl1lchgedicht aus dem Anfange des XV. Jahrhundelts, hg. von August Friedrich Christian Vilmar, JVlarbmg 1835. Johannes Rothes Lehrgedicht Des rc1tis z-cucht : erster Teil, zum ersten lvTale kritisch hg. von Alfred Heinrich, Berlin 1913. Johannes Rothes Ratsgedichte, nach den Handschriften hg. von HerbeTt Wolf, Berlin 1971 (Texte des spL-iten 1vlittclalters und der friihen Neuzeit, 25). Ritterspicgcl: Rothe, Johannes: Der Ritterspiegel, in: l'vlitteldeutsche Gedichte, hg. von Karl Bal1sch, Slullgm'L 1860 (Bibliothek des Lillerarischen Vereins in SLullgm'l, 53), S. 98-229. Rothe, Johannes: Der Ritterspiegel, hg. von Hans Neumann, Halle a. d. Saale 1936 (ATB, 38).
2.2. Weitere Primartexte Aegidius Romanus: De regimine principum libri III, hg. von Hieronymus Samaritanus. Nnchdruck del' Ausgnbe Rom 1607, Anlen 1967. Agricola, Georgius: De re metallica libri XII (Bergbau und HOttenkunde, 12 BUcher), iibersetzt und bearbeitet von Georg Fraunstadt und Hans Prescher, Berlin 1974. Alanus ab Insulis: Distinctiones dictionum theologicalium, in: PL 210, Sr. 685-1012. Albeltus Magnus: Opera Omnia, hg. von Pierre Jammy, 21 Bande, Lyon 1651, neu bem'beitet von Auguste Borgnet, 38 Bande, Paris 1890-1899.
2. Texte
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Albrecht von Halberstadt und Ovid im Mittelalter, hg. von Karl Bartsch, Quedlinburg 1861 (Bibliothek der gesammtcn deutschen National-Literatur von der illtesten auf die neuere Zeit, L 38). [Albrecht von Scharfenberg] Albrechts Jiingerer Titurel. Nach den Gnmdsatzen von \-Verner vVolf kritisch hg. von Kurt Nyholm, 4 Bande, Berlin 1955-1995 (DTM, 45, 55/61,73,79),
Einhard: Vita Caroli 1\1agnL nach der Ausgabe von Georg Heinrich Pertz besorgt von Georg \Vailz, neu herausgeben von Oswald Holder-Egger, Hannover 1911, Neudruck Hannover 1922 (MGH, Scriptores rerum Germanicarum, 25). Ambrosius von l\tlailand: De officiis ministrorum, in: PL 16, Sp. 9-184. De Tobia, in: Sancti Alllbrosi Opera, hg, von Karl Schenk!, Band 2, Wien 1962 (CSEL, 32,2), S, 517-573. Expositio psalmi llS, in: Sancti Ambrosi Opera, hg. von Karl Schenkl, Band 5, hg. von Michael Patschenig, 2. Autlage besorgt von Michaela Zelzer, Wien 1999 (CSEL,62), Apuleius: De Deo Socratis (Uber den Gott des Sokrates). Eingeleitet, Ubersetzt und mit interpretierel1den Essays versehen von l\tlallhias Baltes u. a., Darmstadt 2004 (Sapere, 7), Arisloleles: [griech.llat.J De anima, in: Aristotelis opera, hg. von Immanuel Bekker, Neuausgabe besorgt von 010f Gigon, Berlin 1960. [lat.] De anima, libersetzt v. \Vilhclm von 1vloerbeke s. Themistius. [lat.] De anima, Guillelmus de 1\10rbeka reuisor translationis Aristotelis secundum Aquinatis Librum - Dc anima (translatio 'noua' Iacobi Venetici, Aristotcles Latinus Database (ALD), http://clt.brepolis,netialdlDefauit,aspx, - Stand: 28,01.2009, rdt.] Uber die Seele, libers. von "Tilly Theiler, Darmstadt 1959 (Aristotcles: \\-'erke in deutscher Ubersetzung, begr. von Ernst Grumach, hg. von Hellmut Flashar, 13). [lat.j Dc caclo et mundo, Guillelmus de !vlorbeka translator, Aristotcles Latinus Database (ALD), hllp:lldLbrepolis,nctialdIDcfauILaspx, - Stand: 28,01.2009, [lat.] De generatione animalimn. Translatio Guillclmi de Moerbcka, hg. von Hendrik J. Drossaart-Lulofs, Brligge lmd Paris 1966 (Aristotcles Latinus, hg. von Lorenzo Minio Paluello, XVII,2,V), [lat.j Ethica Nicomachea. Translatio Roberti Grosseteste Lincolniensis sive Liber Ethicorum. A. Recensio Pura edidit Renatus Antonius Gauthier, Leiden / Brlissel 1972. [dt.j Nikomachisehe Ethik, libersetzt von Franz Dirlmeier, Darmstadt 1956 (Aristoteles: Werke in deutscher Ubersetzung, beg!'. von Ernst Grumach, hg. von Hel1mut Flashar, 6). [lat.j Politica, Guille1mus de Morbeka translator, Aristoteles Latinus Dat.:'1base (ALD), http://clt.brcpolis,netialdIDefault,aspx, - Stand: 28,01.2009, [dt.j Politik, libersetzt von Eckart SchlUtrumpf, Darmst.'1dt 1991ff. (Aristotcles: \Verke in deutscher Ubersetzung, begr. von Ernst Grumach, hg. von Hcllmut Flashal', 9), [lat.j Topiea. Translatio Boethii, fragmentum recensionis alterius, et translatio anonyma, hg. von Lorenzo Minio Palucllo, Brlisscl und Paris 1969 (Aristotcles Latinus, hg. von Lorenzo 1vlinio Paluello, V, 1,111).
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[Pisloriana] Hisloria Erphesfordensis anonymi scriptoris de landgraviis Thuringiae, in: Rerum Gennanicarum scriptores aliquot insignes [... .1 primum collectore Joanne Pistorio Nidano [... J Burcard GOllhelf Struve '1726. Platon: Polileia (Dec Staal), griech./dL, hg. von Thomas Szlezik und RUdiger Rufener, DUsseldorf und ZUrich 2000. Theaitetos. Dec SOphiSL Der Staatsmann, bearbeitet von Peter Staudacher, griech. Text von Auguste Dies, dt. Obers. von Friedrich Schleiermacher, 2. Aufl., Darmstadt 1990 (Plat on, Werke, hg. von Gunther Eigler, 6). Plinius Secundus del' Altere: Historia natural is, lat./dt .• hg. von Rcxlerich Konig und Gerhard \Vinkler, Darmstadl 1984. Prosalancelot: Nach del' Heidelberger Handschrift Cod. Pal. germ. 147. hg. von Reinhold Kluge, erganzt dul'ch die Handschrift Ms. allem. 8017-8020 del' Bibliotheque de l' Arsenal Paris, Ubersetzt, kornmentiert und hg. von Hans-Hugo Steinhoff, 5 Bande, FrankfLU~ a. M. 1995-2004 (Bibliothck des Mittclalters, 14-18). Publilius Syrius: Sententiae, hg. von Wilhelm Meyer, Leipzig 1880. Pmgoldt, Johannes: Das Rechtsbuch, hg. von Friedrich Ortloff, Nachdruck der Ausgabc Jena 1860, Aalcn 1967 (Sammlung deulschcr Rechlsquellcn, 2). Reinhardsbrw1l1er Annalen, hg. von Franz Xaver \Vegele, Jena 1854 (Thtiringische Geschichtsquellen, 1). Cronica Reinhardsbrunnensis a. 530-1338, in: MGH Scriplores 30,1, hg. von Oswald Holder-Egger, Hannover 1896 (Neudruck Stullgarl 1976), S. 490-656. [Reillllar von Zv,:eler] Die Gedichte Reinmars von Zweler, hg. von Gustav Roethe, Nachdruck der Ausgabc Leipzig 1887, Amsterdam 1967. Rhazes, Ps.-: De alwninibus el salibus. Das Buch der A1awle und Salze. Ein Grundwerk der spatialeinischen i\lchemie, hg., tibersetzt und erlaulerl von Julius Ruska, Berlin 1935. Rudolf von Ems: Alexander. Ein hofiseher Versroman des 13. JahrhundeTts, hg. von Victor Junk, 2 Bande, Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1928/29, Darmstadt 1970. Sachsenspiegel. Land- und Lehnrecht, hg. von Karl August Eckhardt, 2. Aufl .. Hannover 1955/56 (MGH. Fontes iuris gennanici antiqui n.S., 1,1) Sallust. Gaius C.: [lat.] Catilina, Tugurtha. Historiarum fragmenta selecta, Appendix Sallustiana, hg. von Leighton D. Reynolds, Oxford 1991. llat.ldt.J Werke, hg. von Werner Eisenhut und Josef Lindauer, MUnchen 1985. Secreta secretorum cum glossis et notulis, hg. von Robert Steele, Oxford 1920. Sedulius Scotus: Collectaneum Miscellaneum, hg. von Dean Simpson, Turnhout 1988 (CCCM,67).
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2429,3169 Ham, Noahs Sohn 734 Hannibal 549 Heimich II., Kaiser 866 Herkulcs 4078 Hieronymus 1437, 1525 Hiob (Joh) 221 Hugo [von Folieto] (Hug) 181
Isaak 132 [sidor lvon SevillaJ 3157 Israeliten (di Israhelischin) 1105
Jakob 57 Icsaja 977 Johannes Chrysostornus (Johannes mit dem guldin mum/e) 1317,4081 Joseph 61 Josua 1149,4029 Judas Makkabaus 1151,4033 Juden 1154, 2121, 4037 Julianus 1498
Darius 2359 David 533, 541. 543,1140,1611.4029 Elisabeth, L'1ndgrafin von ThUringcn 874
Julius [Caesar] 558, 809 Karl d. Gr. 865 Konstantin 860
Esau 57 Ezechiel 3171
Gabaa 1106 Georg, SI., Kirche 879 Germanus, HI. 1481 Goliath 534 Gregorius, HI. 149,337,365,985,
Lucilius (Lueiflus) 498
Ludv,:ig IV., Landgraf von Thliringen 873 Moses 4021 Nebukadnezm 545
450
Register
Nero 1497 Nimrod 735 Oktavian 558 Paulus, Apostcl 889 Perikles 3233 Petrus Alfonsi (Alfacias) 1241 Petrus von Blois (Petrus Perle) 3245. 3321 Petrus, A:[X)stel 889 Pilatus 917, 1497 Platon 2017, 3029 Plinius 1673 Rhazes (Rasis) 1587 Romer 549, 787, 2489, 2782 Romulus 781
Sallust (Sah"lills) 2469, 3573 Salomon 261, 2529 Samson 263 Saul 529, 537 Scipio 3849 Seneca 465, 497,1029,1889,1973, 2441, 2746, 3013 Silvester, Papst 859 Sokrates 1773, 2513
Tiberius 558 Valerius 2758 Vegetius 1045,2497,2789,2829,2913, 2929, 3282, 3343, 3405, 3585, 3625, 3738
2, Register der Namen, Orte und Sachen im Kommentar
Abraham 130-132, 4021-22 Absalom 237-304, 261-264, 262 Abstieg, sozialer 454 Add, Eintcillmgcn 449-451 Adelsbriefe 954 Adrcssalcn 4048 Aegidius Romanus 1417-19, 2937-48, 3725-29 Agricola, Georg 77-82 Ahaswcr 237-304,261-264,264 Ahnen 231 Akros~chon 1, 2581, 3925 Alanlls ab Tnsulis 93-94 Albcrlus Magnus 1587-98, 1667, 1673-80, 1699 Albrecht IV. von Ostcrrcich 1005-06 Alexander 237-304, 405-408, 2357-68, 2363, 2621-36, 2949-52 Altgediente 2949-52 Ambrosius 1901--02, 2249-54, 2611-14, 3861 Apuleius 2017-44 Aristoteles 105-108, 117-118,405-408,
1417-19,1421-25,1785-88, 1789-96,1793-96,1813-14, 1825-32, 1837-48, 1853-72, 1873-84,1901--02,1945,1949-50, 2609, 2621-36, 2777-80, 3057-60, 3725-29 Arithmetik 2639-64 Armbrust 2215, 2706 Artes liberales 405-408,2621-36, 2639-64 Astrologie 2639--{)4, 2661-64, 4013-76, 4013-17 'Auctor vetus de beneficiis' 2392 'AuctoritaLcs ArisLoLclis' 105-108, 117-118,497-518,1417-19, 1421-25, 1789-96, 1813-14, 1825-32, 1898-1900, 1901--02, 2017-44,2053-54,2609,3057-60, 3725-29 Aufstieg, sozialer 1, 5-8, 329-336, 409-451, 409, 529-560, 713-724, 954, 1407-12 Auge, geistiges 337-344, 353-364
2. Register der Nanlen, Orte und Sachen im Konunentar
Augustinus 1180, 1956,2081,2289, 2921, 3089-92, 3093-3100, 3121 - . 'De actis cum Felice Manichaeo'
1201
451
269-272,529-560,541 Brettspicl 2723 'Buch der Rligen' 2269 Blichsen 2214-15, 2706
- . 'De civitate Dei' 389-392, 393-394.
1089-1100,2929-36,3089-92, 3101-20 - , 'De disciplina christiana' 3141-45, 3153-56 - , 'Enarrationes in Psalmos' 3901 - , Epistola 138, 1169-96 - , 'In Iohannis Evangeliwll tractatus'
2090 - , 'Quaestiones in Heptateuchum'
2331-44 - , 'Sennol1es' 3861 -. 'Sermones de scripturis' 3141-45.
3153-56 Allgllstinlls (Pselldo-), 'Serrnones dllbii'
1277-98 Avicenna 1337-38
B,mnherzigkeit 1623-26 Bartolus de Saxoferrato 565, 568.
577-578, 580, 580-592, 597, 598, 613--{j16,3037-38 Bastardbalken 621--{j36, 629-632 Bouern 413,417 Beichte 3101-20 bellum iustum 1162,2226,4058-59 Bernhard (Pseudo-) 185-220,233, 261-264, 269-272, 353-364 Bernhard von Clairvaux 233, 541, 2273-76, 3149-51, 3565-72 Bernhard von :Morlas 261-264 Berthold von Regensburg 729-732, 1336, 1683 'Bestechlichkeit' 2692 Blei 1587-98 Blut 1941-42, 1945 Blulsaugcr 2119 Boethius 513,1505-16,2725 Bogen 2706 BogenschUtzen 1825-32 Bohne 2420 Bonaventura 233, 245-280, 261-264,
Caeslli'261-264, 558, 809 Cassiodor 377, 1214, 1353, 1497-1504, 2593-96,2597-2600,2599,2611-14, 2639--{j4, 2813, 2825, 2849-52 'Calo, det deulsche' 1473, 1557--{j0, 1747,2065 causa irma 999, 2226, 2410, 2811, 4058-59 Chrestien de Troyes 2648 Cicero 1901--D2, 2553 Cicero, 'De officiis' 2226, 2461--66, 2465,2485-88,2562,2581, 2881-2900, 2901-12, 2929-36, 2997-3004, 3029-56 Cicero, 'De re publica' 2226 Cicero, 'De senectute' 2461-66,2485-88 Contemptus rnundi 177. 185-220, 233-294, 233, 245-280, 1933-40 'Corpus Turis Canonici' 1169-96, 2269, 2346 David 529-560, 533-536, 541-544, 541, 1136, 1140-48, 1140, 1153-56, 1611-13, 1623-26, 1627-30,2652, 4029-36 'De aluminibus et salibus' 1587-98, 1599 'Decretalen' 2346 'Decretum Gratlani' 1169-96, 2117, 2269,2331-44 Dialektik 2639-64, 2641-44 Domil1ikal1er 1317 Doppeladler 681 Edelsteine 1257-76 Efeu 4077 Ei ke von Repgow 80 I Einheit 3607--D8 Einschildritter 696 Eintracht 3607-08 Eisen 1587-98
452
Register
Eisenkraut 4077
1673-80,1683,1711-50 'Goldene Bulle' 1018
Elisabeth von TIlliringen 873
Goldfinger 1341
Erwerbsm,;glichkeiten 2173-2220 Esau 57--{)0 Exempla 529-560
Goliath 533-536, 541, 1137-38, 1139 Gottesfrieden 2346, 2381 Gottesliebc 1639-58 Gottfried von StraBburg 2649-52 Graf, Tile! 441-444 Grammatik 2639--{)4, 2639-40 Gregor t, d, Gr. 149-152,234-236, 337-344, 365, 908, 985-986, 2429-40, 3157--{)8, 3169-72, 3173, 3181-86,3217-28
Eisenach 2132
Fehde 1017, 1018, 1040,2091 Fehdeabsage 2412 Ferligkeilen, sieben 405-408, 2621-36, 2693-2724 Feuer 1309-14 Feuelwaffen 2214-15
Fingerzeigen 2136 Flavius Josephus 4021-22 Fluchl 2965-76, 3363-64, 3829-56 Fortuna 454, 513, 529-560 FrauenJob, Heinrich 132-134, 2648 Freilehen 426 Freidank 261-264,1747,2117 Freigebigkeit 1367-68, 1655-58 Freigebung 1048
Frieden 2811, 2849-52, 2929-36, 3607--08, 3739-40 FUrstcnspiegcl 313-328 Flirstenstand 445 Galfredus de Vino Salvo 2648 Gcburt, illcgitimc 1455--60
Geburtsadel 452, 563, 1462 Geduld 1683, 1689-90 Gehorsam 3501-16 Geist 1432 Gesang 2639-64 GesimlUngsadel 1462
Gewahverbot 2677-80 Glas 153-169, 173-174 Glaube 863-864, 1277-98, 1361-64, 1639-58 Glaubenskampf 3081-3232 (Kap, 19), 3081-84 Glockenklang 244
Gluck 2598 GIUcksspiel 2665-92 Gold 775,1013,1583,1587-91, 1587-98, 1599, 1603--04, 1607, 1667,
Gregorius Illiberitanus 337-344 Griechisches Heu 4074
GruB 1997-99 Glitertrias 2562
Hadamar von Laber 132-134
Ham 733-744 Handwerk 2175, 3465-84 Harfe 2652 Hfu1e 1627-30 Hass 1683 Hauptleute 3529-36 Hausgesinde 1373-84 Heelfuhrer 793-796, 797-800, 3925-4012, 3925-44 Hccrschildordmmg 677-724, 677 Heiden 2269 Heinrich ll., dt. Kaiser 865 Heinrich von Auxerre 2758-76 Heinrich von Mligcln 1655-58
Heinrich von Veldeke 2065 Hemmerlin, Felix 449-451, 529-560, 565,1913-14,3309-14 Herkules 4077 Hermann von TIlliringen 873
'Herr' , Anrede 1913-14 Hieronymus 1437, 1525, 1603-04 Hieronymus (Pscudo-) 1517-18 Hinterhalt 2331-44 Hofkunste 2693-2724 H6flichkeit 1997-99 Holzvi'unn 1611-13 Hugo (Pseudo-) v. St. Victor 1317
2. Register der Nanlen, Orte und Sachen im Konunentar
453
Hugo Cardinal is 918,1309-14,1611-13 Hugo de Folieto 181-184,293-294
Konrad von Megenberg 77-82,1611-13 Konrad von Mure 565, 683, 689
Hugo von Langenstein 286
Konrad von \Vlirzburg 565, 2649-52
Hugo von Trimberg 1317, 2004, 2153-56 Hunger 3765-71, 3772-80 Tacobus Veneticus 105-108
Konrad, PfalIe 3101-20 Konstantin der GroBe 857 'Kreuzfahrt Ludwigs des Frornmen'
2827
Innozenz IlL 177, 185-220,241-243
Kreuzzeichen 1241
intentio recta 2226. 4058-59
Kuhritter 961, 1024 Kunste, sieben freie 405-408,2621-36, 2639--{j4
Isaak 130-132 Isidor von Sevilla 245-280,729-732, 801, 1362, 3157-68
Lactanz 513
Jacobus de Cessolis 2445-48, 2513-28, 2692 Jakob 57-60 Jakob Twinger von Konigshofen 801 JOhill1l1 von Vippach 3725-29
Landfriede 3074 'Legenda Aurea' 1481-87, 1497-1504 Lehen 413, 418, 2181-84, 2185-92, 2234, 2237, 2389-2400 lehel1saufsage 2393
Johannes Cluysostomus 1317,4081
Lehnseid 2392
JOhill1l1eS der Taufer 1169-96
leibeigel1ef 409
Johannes von SalisblllY 1465-67, 2017-44,2929-36 Johannes von Tcpl 185-220 Joseph 61-64 Josua 1136, 1149-50, 1153-56,4029-36 Judas Makkabaus 729-732, 1136, 1151-52, 1153-56,4029-36 Juden 2122, 2269 Judenhut 2132 Julianus 1497-1504 Julius 529-560 'JOngerer Titurel' 1683
Lektlire 377 Lichtmetapher 112-114 Liisegc1d 2105-10 Ludwig TV. von Thliringen 791-792,
872, 873, 875, 876-392, 876, 877, 3915 Luther 1188, 1611-13,2153-56,2158 Lyra 2652 'magezoge, der' 132-134
Mars 1587-98 Martianus Capella 2639--{j4 Martin von Braga 473--480
'Kaiserchronik' 1765--{j6
Martin von Ifoppau 801
Kaiserrecht 840
Meissner, clef 132-134 Memento-mori-Literatur 185-220
Karl d, GI', 865, 1765-66, 2389-2400 Kaufmann 2181-84, 2185-92 Ketzer 34,1317,2269,3169-72 Kleid, bunles 1765-66 Kleiderordnungen 1583, 1765-66 Knecht 853-856, 855, 1401, 1473, 1549-32, 1549
MeWle 1587-98 Methusalem 261-264 mille-miles (Elymologie) 801
M ittelfreie 421 Mond 1587-98 'Moriz von Craun' 767
Konigswahl449-451
Moses 261-264, 4021-22 Musik 2639-64, 2649-52
Konrad von Ammenhausen 1257-76.
Musikinstrumente 2652
Kommunion 3101-20
2119,2220,2346,2445-48,2513-28
454
Register
Nebukadne/.ar 529-560. 545 Nero 1497-1504 Nikolaus von Jeroschin 2931 Nikolaus von Lyra 1309-14 Nimrod 729-732. 733-744 Ninus 729-732 Nutz, gemeiner 999, 2314 Oktavian 529-560, 558 Orden 757-760 Orgel 2639-64, 2652 Paulus 1497-1504 Pelz 1765-66, 1797-1800, 1798 Perikles 3233-44 Petrus 1497-1504 Petrus Alfonsi 405-408, 1241,2065, 2621-36, 2638, 2639-64, 2665-92, 2693-2724, 2723 Petrus Comestor 545, 729-732, 4021-22 Petrus von Blois 3233-3404 (Kap. 20), 3233-44 Pfand 2137 pfeile 2215 Philister 541 Pilatus 1497-1504 Planeten 1587-98 Platon 497-518, 2017-44. 3029-56, 3049-52 Plinius 1673-80 Priester 1297, 1317, 1330 Prologtopik 65-76, 68 Publilius Syrius 2513-28 'Purgoldt'sches Rechtsbuch' 465, 529-560, 689, 690-692, 693, 697-704,709-710,729-732, 1793-96,1813-14,2090,2117,2122, 2129-30,2132,2429-40,2745, 3029-56, 3057-60, 3181-86 3029-56, 3037-38 Rat 4001-12 Ratgeber 1473,2621-36 Raubrittertum 933-944, 945-%8, 3383-90 Rechts\veg 2261-64 Rallgstrei~gk.citen
'ReinhardsbrUllner Annalen' 891
Rcinmar von Zwctcr 132-134 Rha/es 1587. 1587-98, 1599 Rhetorik 2639-64, 2645-48 Ring 849-852.1249-72, 1249 Rittereid 829-835, 836, 908, 3349-82, 3363-64 RillergUter 433 Ritterschlag 429, 432, 857, 901-904 RiUerlwll, Geschichle 767 Ritterweihe 857, 876-892, 877, I005-D6 Rom 549, 552, 555, 781 Romulus 784 Rothe, 'Eisenacher Chronik' 791-792, 876-892, 891 - , 'Elisabethlebell' 876-892, 1465 - , 'Geistliche Bl1lstspange' 337-344, 390, 1317, 1667, 1673-80,3141-45, 3153-56 - , 'Landeschrollik' 463, 876-892, 891, 2196,3915 - , 'Lob del' Keuschheit' 62. 155, 288. 390, 463, 528, 565, 637-676, 1447-48. 1465, 1784 - , 'Passion' 1497-1504 - , 'Ratsgedichte' 4106 - , 'Vlcltchronik' 34, 288, 552, 555, 621-636. 729-732, 770. 772, 781, 784,857,876-892,888,961, 1465, 1497-1504, 1531, 2090. 2091, 2111, 2338, 2357-68, 3915 Rudolf von Ems 4021-22
'Sachsenspiegel' 690-691, 1018, 1517-18 Saiteninstnunente 2639-64, 2649-52, 2652 Sallust 2469-79, 3573-84 Salomon 237-304, 261-264, 261, 1751-54 Samson 237-304, 261-264, 263 Samuel 529-532 Saturn 1587-98 Saul 529-560, 529-532, 537-540 Schachspiel 2693-2724, 2723 Schonuug 3182-88
2. Register der Nanlen, Orte und Sachen im Konunentar
Schwert 1069, 1085, 1088, 1214 Schwcrlgriff 1085 Schwertleile 432, 825-860, 1348, 2098, 3349-82 Schwur 1348 'Secreta secretonun' 4013-17 Sedulius Scotus 2513-28, 2758-76, 2929-36 Seele 1417-19, 1421-25 Seffner, Johann 729-732, 3101-20 'Seifried Helbling' 683, 1765-66 Seneca 142,465,473-480, 1029, 1497-1504,1985,2441-44,2513-28 - , 'De ira' 3013-24 - . 'Epistolae rnorales ad Luciliurn' 473-480,497-518, 1889-91, 1899, 1973-76,2009-16,2053-54, 2445-48, 2745 Sicille, Herold (Jean Courtois) 565, 598, 1583, 1607 Silber 1587-98 Silvester, Papst 857 Sokrales 1773,2513-28 Soldner 2237 Sonne 1599 Spangenberg, Cyriacus 432, 580, 629-{i32, 637-676, 1249 Spiegel 77-82, 83-92, 93-94, 337-344 Spicgclallcgoric 371, 893-900, 2163-{A, 4101-D8 Sprichwort 129, 132-134, 1024, 1465-{i7, 1689-90, 1784, 1789-96, 1898-1900, 2053-54, 2153-56, 2158, 2504,2513-28,2611-14,3049-52, 3270-72, 3733-34 Stadtblirger 417, 418 Slal1desinsignien 825-860, 829-835 Standesprivi1egien 1065 Slreitigkeilen, il1l1ere 2937--48 Streitschlichtung 3927-32 Sludiwll in der lugcnd 2581 Suchenwin 21 17 tabula rasa 105-1 08 Tapferkeil 637-640, 713-724, 1873-84 Tettullian 513
455
TIlOmas von Aquin 129, 2090, 2226 Thomas von Chantimpr6 1611-13, 1949-50, 1956 Thomasin von Zcrclaere 141, 175, 729-732, 1065, 1336, 1557-60, 1785-88,2065,2117,2469-79, 2617-20,2641-44 Tiberius 529-560, 558 Tischzuchten 2065 Torheil 3593 'Traite du Blason' 565,598 neue 1253-60, 1257-76 Treuebruch 457 ninkwasser 3761-{i4 Troja 770 Tugend 1785-1912, 1785-88 Tugend als Mitte 2665-92 Tugeudadel 463, 563, 1462 Tugenden, sieben 405-408, 2621-36, 2665-92 Tugendsystem, ritterliches 2562 Turnier 963-968, 1012, 2693-2724, 2713
Ubi-sunt-Reihen 245-280 Ubung mil Waffcn 1217-25, 2706, 2713, 2829-48 Unetfahrcnc 2953-59 Valerius Maximus 2220, 2758-76 Vegetius 1045, 1049-{i4, 1217-25, 2497-2500, 2758-76, 2789-96, 2829-48, 2913-20, 2929-36, 2937-48, 2949-52, 2953-59, 2965-76, 2977-96, 3281-3320, 3405-D7, 3409-16, 3417-29, 3437-38, 3457-64, 3465-84, 3493-96,3517-20,3529-36, 3541-42,3553-54,3557-58, 3589-92, 3601-D6, 3613-22, 3625-48, 3649-60, 3669-72, 3701-D8, 3739-40, 3761-{i4, 3765-71,3772-80,3781-92, 3793-3800,3801-12,3817-24, 3825-28,3829-56,3873-76,3881, 3889-3900, 3925-44, 3925, 3927-32, 3933, 3949-52, 3957-80, 3981-92,
456
Register
3993-4000,4001-12 Vernunft 1415, 1415-16, 1434 Vintler, Hans 261-264 Vinzcnz von Beauvais 1337-38, 1587-98,2357-68,2461-66, 2469-79, 2513-28 vis ve rborum 2641--44 'Von des lodes gehugede' 185-220 WafIen 2713, 2789-96, 2829-48, 3245-56, 3457-64, 3677, 3829-56, 3901 Waffenruhe 2346 Waller von Chiitillon 2357-68 Wappen 565-676, 563, 761-764, 3037-38 Wehrpllicht 790 Weisheil 463, 1372, 1385-96, 1415-16,
I 901--02, 2726-44 \Vcrnhcr der Gm1cmerc 2065 \Vernher von Elmendorf 2469-79 Wiese 3861 Wilhelm von Moerbeke 105-108,
1l7-IIS \Villensfreiheit 148 'Winsbecke' 1683 Wittemviler, Heinrich 261-264, 1898-1900,3101-20 Wolfram von Eschenbach 77---82, 2065 Wucher 823, 2117
Zeilkritik 905-908 Zeit 772 Zeugungsprozess 1421-25 Zinsverbote 2117 Zwielrachl 2937-48, 3589-92, 3593
), Register der im Kommentar eriiiuterten W6rter
abe brechin 2124 abegehowin 899 an tretin 2346 an Iribin 1788 ane legin 2329 anendelich 2092 anevechten 1776 anslellin 2214 badehemmede 3308 banyrherrin 694 bederben 1194 beduten, s;ch 2095 betdin 2121 hegan sich 1331 hehendikeid 2665-92, 2693 heringin 2958 bescheiden 2104 heschifiin 3999 beschribin 790 hesendin 789 besinnen 2268, 3130 hesitzcen 2105
bettegnvant 3306 bewari n 3048 bewam, sich 1163 bolczin drehin 2215 bOthil 918 bude 3292 buferie 34 bulie 2424 buthe 15 durchgen 2643 dorchsichtig 1362 dradil 1955 druen 2158 druwe 673--676, 675 ehin 154, 412, 3043 ebinture 1691 ehinturlich 508, 1168 edil 2634 edilkeid 528 eid 2392 eid ... staNn 908
3. Register der im Kommentar erHiute lte n Wolter
dginrliel/in 155 entrucltin 3447 enzcebin 305. 8 14, 1500 enzcegin947 , I0 17
enzeiln 505 abe 2105 erbieten, ~· i eh 2093 etzwaz 2999 iemeslad 922 flegil 2846 }liz 1889- 9 1, 189 1 Jormund 3064 fo rmu/?deschaf f 62 Jreve/ie/lin 2998 }i-eI'iI 2347 Jri/ie/lin 2788
from 142 Jromikeid 142 }i-ost 375 1 Jrr gebin 1048 gahe 2692 gube, sundirliche 1403 geharin 3008 gedringin 2%0 geJaliin 2196 geferte 1363 gegoyme 238 geilerte!n} 288 geleite 2377 gelimpltlicllin 495 gemerke(n) 3638
gemeyner nutz 99'), 23 14 genende 1924
getrete 160 1 g,,"ern 3976
geulinnin 1036 gewoniteil 3674 gezcowin 4 I 04gle\'e 3313 glimphlich 1472 gl10de 2397 grahin 400 grell/elieh 1992 gut 898 glllh, zcidliches 1462
guttiehin bethin 1447-48
heais bonen 749 heidin 40 18 heil 1408 herre 826 herse/uYI 1434. 3 129
Ilerschen 2575 IloNscheid 3493- 96. 3493 houjfin 2962 hute (hwile) 1944, 3800 in. (yn) llemen. 2188 in ernen 2204 irhutin 2262 irc/agin 2393 irgel'lcin 2340 irholen 2572. 3964, 4024 irkregin 3848 iriengin 2192 irsJeigin 1540
irwegin 2820 itelicllkeid 300 1
geramen 1863 gereit 2938 gericilt 2138 gerichte 2434 gerilse/uyt 2753
gerumen 3656 gesql3e( n} 3936 gescherhin 37 1 geslrenge 706. 1364, 3338 gesucile 2128 getiehte 376
juffrn 3511 kawerzciner 2122 kleynote 1251 knobe 768 knechl 768. 276 1 kijr 2576 kow'e 1798 kosl/ie" 3535 kratzcin 1188
457
458 kunnen 2743 kunsl 2609, 3789-90 laSlirhlalfirn 4106 lehingut 717 leloein 2351 list 483, 1208, 3797 lite 688 loultig 2783 manen 2112
manlehin 437 m"nsdwlt 2238 mate rie 2648 meynin 1531, 1966 milde 1365-72, 1367 mud 3979 f1'I}/din, sich 2524
Register
sanwitzkeid 390 schame 3227 schatz,cunge 2110 schedelich 608 scheidin vor 3104 schenden 2128 schnlt 2599 ~chult gebin 1614 seldin 3228 ,el1ftmutig 1365-72, 1366 sere 4035 ~etzcif1 var 1270 slouffin 2195 unucken, sich 475 snabe(n) 1811, 2356 mode 1305 solt 756 ~pange
1584
obirgitiig 1838 ubirlang 3300 obirlud 667 ohirspde(n) 1221, 2512, 4011 urdin 175 orgiln 2652 mvisigir 1465
sparin 955-956, 955 ,pel 2240, 2523 spitzce 753, 2952, 3889-3900 stetlichin 3541-42, 3676, 3774 slriifane 751 sturin 3932 suhirlichkeid 333 suer 3756
partige 2966 pin 3108 pobir 1829
tag geben 2111 lrosllieit 2816, 3925 truwe 2385, 3073
qU'if3 3439
iff stallin
rad 2080 ramen 4013 redlin 2638 redelieh 417, 747 redelichkeid 139, 1415 riseh 659, 3454 rittersdwlt 3407 rum 3001 rurin 1773
sache, unrechte 1162 sack 585 sad 330, 2785, 3818
2194 uj,aloc 2338 umme suz 1447-48, 1447 ummegang 2662 unbeswerit 1243 unbelrubit 3451 unedelich 606 unendelich 606, 919 unglucke(n) 473-480, 473 unherferif 2827 uzrichten 3055 uzgetichtin 680 uzmachen, sich 2931 uzmelinge 806 uzrichte 463
459
Register
uzwebin 695
wedil 1309- 13 14. 1314, 1733 lllcllirsegin 24 12 Iveichin 130 1
versehen, sic:h 38 14 vit/icltle 3126 liullinkummen 226 1
weppenere 3829- 56, 3829 wer (wedir) 3292 werlde ring 239 wenin 2 137 winnuJ1ge 2192 wise miT den wegin 2855 wise und kune LJ72
\ior hen 47L
vUlf'!fJen 3652 vorhandin 3411, 3559 vorhengin 3 100 Formissen (vormist) 3972 vorsc:fioj3in 41 8 Forswigin 3040 vurtumin. 1479 vOM,,!Je(n) 3599, 3920 vvrwinden 3 140 lIon ihin, sich 439 vyre(n) 956
wise und
~v{)rle
1474
2290 wu(:hirsetz(:e 823
worf
:rnnemen 3927 ZClu/i1 1524 ..ceiclilicllin 39 15
,cum 2517- 25 zcumale 3L68
wachen 3052 wandilberkeil/ 5 13 wandi,. 3039
?cwer 111 0
4. Register der Bibelstellen Go3
177
Gn 3,1 7- 19
988 Go 4,10 2129- 30 Gn 10,6- 12 72 1- 724, 733-744 Go 11 ,31 402 1-22 Gn 15.5 402 1- 22 Go 18,20 lIDd 19, 13 2129-30 Gn 24.2--3 130-132 Go 27- 28 57-60 Gn 29,20 57-60 Go 29.271'. 57-60 Go 29,30 57,,(,0 Go 35,23- 26 57-60 Gn 37,28 61,,(>4 Go 4 1,37-43 61- 64 Gn 41,4 1 62 Ex 3,7- 10 2 129-30 Ex 14 4023- 28 4023-28 Ex 14,25 Ex 17,9-16 4023-28
Ex 20, 17 2068-76 Ex 22,22- 23 li nd 25 2129-30 Ex 28 und 29 1765-66 Lv 17, 11 1945 Lv 17, 14 1945 Lv 25,35 2 132 Lv 25,36 2 11 7, 2132 Nm 13,32--33 114'1- 50 01 8, 1-8 4029-36 01 12,23 1'145 0124. 14- 15 2 129-30 Ide 13-16 263 Ide 16,6- 14 263 Ide 16,28- 30 263 Ide 19,25- 30 1101 Ide 20, 14 1105 Ide 20,18 1107 1109 Ide 20,20-21 Ide 20,22- 25 11 09 Ide 20,26 1113
460
Register
1115-16 Ide 20,35 ISm 9,3 529-532 I Sm 9.17 529-532 I Sm 10,1 529-532 ISm 15,10-11 537-540 I Sm 15,19 537-540 I Sm 15,22 537-540 I Sill 17 1137-48 1 SOl 17,4-7 1137-38 I Sill 17,11 1139 1 SOl 17,20 533-536 I Sill 17,24 1139 1140 1 SOl 17,32 I Sill 17,40 1141 1 SOl 17,49 1142-43 I Sill 17,51 1145-48 11 SOl 5,19-23 4029-36 II Sill 9,1 1623-26 1623-26 11 SOl 9,7 II Sill 14,25 262 11 SOl 22,1 4029-36 IT Sm 22.35-37 4029-36 II Sm 23,8 1611-13 TTl Rg 10,23-24 261 III Rg 11,41; II Par I,ll; II Par 9,22; Mt 12,42 261 III Rg 17 541 I Par 29,15 241-243,285 11 Pm' 6,42 1623-26 Est 1,1-9 264 lob 7,1-2 221-228 177 lob 30 lob 34,15 177 Ps 17 4029-36 125-128 Ps 17,26-27 Ps 38,7 (Septuaginta) 293-294 Ps 89,10 287 Ps 90,10 287 Ps 101,12 241-243 Ps 102,12 241-243 Ps 102,14 177 Ps 103,29 177 241-243 Ps 108,23 Ps 112,7 449-451 Ps 118,19 (Septuaginta) 285 Ps 131,1 1623-26
Prv 16,9 295-296 Prv 24,5-D 2445-48 Prv30,15 2119 Ee 3,20 177 Sap 2,5 241-243 Sap 2,8 3861 Sap 5,8-9 241-243 Sap 7-14 2726-44 Sap 7,8-11 2727-31 Sap 7,14 2727-31 Sir 2,5 1673-80 Sir 4,35 1377-78,3270-72 Sir 5,10 993 Sir 10,14 1751-54 Sir 10,18-21 1751-54 Sir 11,33 3733-34 Sir 11,34 3733-34 Sir 14,20-27 1415-16 Sir 20,30 2727-31 Sir 20,32 2727-31 Sir 25,5 2611-14 Sir 33,10 177 Sir 33,26 1381-83 Is 33.1 977-980, 2082-88 Is 33,18 245-280 Is 56,[0 1317 Bar 3,14-19 245-280 Dn 1-5 545 Dn 5,18-20 545 I Mee 3,1-3 4029-36 1 Mee 3,18f. 1151-52 I Mee 3,19 1129-30 Mt 3,11 1309-14 M13,11-12 1309-14 MI6,19 2733-34 Mt 6,19 293-294 MI 11,5 1277-98 Mt 25,1-13 1309-14 M125,41 1201 Mt 27,27 914-922 Me 10,24 252 Me 15,16 914-922 Lc 1,52 449-451, 529-560, 541 Lc 3,14 1169-96,2165-72,2677-80 Lc 6,35 2117 Lc 12,49 1309-14
4. Register der BibelsteUen
Lc 14.11 54 1 Lc 23,36 914-922 10 1,37 20'10 10 10 1330 10 10, 12 1330 10 19,2 9 14-922 914-922,9Ig 10 19,23
10 19.23- 24 9 14-922,2 125 Act 13,22 54 1-544 Eph 6. 13-17 1065 lal' 3,5 3733-34 lac 5,4 2 12'1- 30 I Cor 1,20 245-280 " Cor 10, 17 2575
461
Abbildungen aus der Handschrift Kassel, Landesbibliothek und Murhardsche Bibliothek, 4 0 Ms. poet. et roman. g, fo1. F_gov
Abbildungen
Abb. l:
'lhlbeginn mit Akrostichon )OHA, 'Rilterspiegel', V. 1-25, Kassel LMB, 4° Ms. poel. el roman. 8, fol. 1".
465
466
Abbildungen
•
•
Abb.2:
Anfang des ersten Kapilels mit Initiale U, 'Kiu.erspiegel', Y. 77-101, Kassel LMB, 4° Ms. poet. et roman. 8, fo1. T.
467
Abbildungen
Abb.3:
Am Kapi\e1ende :lwei Verse (V. 1763f.) in einer Leile, . c' . . I' Y 17J"-6" K""scI LMB 4° Ms. poct. ct roman. 8, to1. 34. 'Rlucrsplcgc,. {l
..... ,
".,.
,
468
Abbildungen
•
I f
Abb.4:
Am Rand neL"'len V. 3625 Yegetills-Verweis, 'Kiuerspiegel', Y. 36lO--34, Kassel LMB, 4° Ms. poet. ct roman. 8, fo1. 71 ' .
469
Abbildungen
, I
I I
Abb.5:
Am Kand Naciltrag der Verse 3822-3824 flir einen geslricilenen Vers, 'Rillerspiegel', V.J816-44, Kassel LMB, 4° Ms. poet. ct roman. 8, fo1. 75'".
470
Abb.6:
Abbildungen
Schluss des 'Kiuerspiegels' , Y. 4081-4108, Kassel LMB, 4° Ms. poet. et roman. 8, fo1. 80' .