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Die Fernsehserie jetzt im Goldmann Taschenbuch! Der phantastische Dr. WHO mit seinem unmöglichen Raumschiff auf Abenteuersuche im Weltall! Als der Doktor und seine Begleiterin Romana auf einem verlassenen Planeten landen, machen sie eine furchtbare Entdeckung: Sie befinden sich auf Skaro, dem Heimatplaneten der Daleks! Die Daleks sind auf der Suche nach ihrem Schöpfer, dem ebenso genialen wie wahnsinnigen Erfinder Davros, der ihnen zum endgültigen Sieg über ihre Todfeinde, die Movellaner, verhelfen soll. Und dann wird Romana von den Daleks gefangengenommen und der Doktor von unbekannten Wesen entführt … DEUTSCHE ERSTVERÖFFENTLICHUNG
Aus der Reihe Dr. WHO sind im Goldmann Verlag erschienen: Dr. WHO und die Invasion der Daleks David Whitaker • 23611 Dr. WHO und das Komplott der Daleks Terrance Dicks • 23612 Dr. WHO und der Planet der Daleks Terrance Dicks • 23622 Dr. WHO Tod den Daleks! Terrance Dicks • 23623
TERRANCE DICKS
UND DER SCHÖPFER DER DALEKS
GOLDMANN VERLAG
Deutsche Erstausgabe Aus dem Englischen übertragen von Peter Tuscher Originaltitel: Dr. Who and the Destiny of the Daleks erschienen bei Target Books, W. H. Allen & Co.
Der Goldmann Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann Made in Germany • 7/90 • 1. Auflage © des Fernsehdrehbuchs 1979 by Lynsted Park Enterprises Ltd., London © des Romans 1979 by Terrance Dicks © der Serie »Dr. Who« 1979 by British Broadcasting Company © der deutschsprachigen Ausgabe 1990 by Wilhelm Goldmann Verlag, München Umschlaggestaltung: Design Team München Umschlagillustration: Target/Schlück, Garbsen Satz: IBV Satz- und Datentechnik GmbH, Berlin Druck: Eisnerdruck, Berlin Verlagsnummer: 23625 Redaktion: Christoph Göhler/SK Herstellung: Peter Papenbrok ISBN 3-442-23625-8
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Die tote Stadt Durch eine der geheimnisvollsten Regionen des Universums, eine Art Spiralnebel, in der Raum und Zeit zu einer Einheit verschmelzen, raste eine Telephonzelle, die keine war. Tatsächlich stellte sie eine komplizierte Raum-Zeitmaschine dar, deren Name Tardis sich aus den Initialen der Bezeichnung Time and relative dimensions in Space zusammensetzte. Da also die Tardis auch räumlich transzendent war, entzogen sich ihre Ausmaße unserem auf dreidimensionalem Denken beruhendem Vorstellungsvermögen. Deshalb war nach herkömmlichen Maßstäben ihr Kontrollzentrum für das kleine Raumschiffäußere viel zu groß. In der Mitte des Raumes befand sich eine achteckige Konsole, neben der sich ein Mann von auffallend großer Statur am Hals eines Roboterhundes zu schaffen machte. Der Roboterhund hörte auf den Namen K9, und der Mann, der sich redlich bemühte, ihn zu reparieren, war der geheimnisumwobene Reisende durch Raum und Zeit, den man den DOKTOR nannte. Er trug bequeme, weite Kleidung, einen Schlapphut und eine unglaublich große Krawatte in schreienden Farben. Zerstreut murmelte er vor sich hin, während er sich an der Gurgel des Roboterhundes zu schaffen machte: »Wie um Himmels willen kann ein Roboter Halsentzündung bekommen? Das ist doch wohl nicht im Sinne des Erfinders.« Aber K9 antwortete nicht. »Romana!« rief der Doktor, ohne aufzublicken. Daraufhin betrat eine junge Frau den Raum. Sie schleppte, obwohl ihr dies einige Schwierigkeiten bereitete, einen mannshohen Spiegel mit sich herum. »Was gibt’s, Doktor?«
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Der Doktor blickte auf und blinzelte verblüfft. Denn was er zu Gesicht bekam, war ganz und gar nicht das Mädchen, das er erwartet hatte, zumindest hatte es keinerlei Ähnlichkeit damit. »Verzeihung, ich dachte, Sie wären Romana. Haben Sie sie vielleicht gesehen? Und überhaupt, was machen Sie eigentlich hier?« »Ich habe mich nur etwas regeneriert. Na, wie sehe ich aus?« »Unsinn! Nur die Herren der Zeit haben die Fähigkeit, sich zu regenerieren. Sie sind doch Prinzessin Astra, und soweit ich mich entsinnen kann, haben wir Sie auf Atrios zurückgelassen.« Dann besann sich der Doktor auf seine gute Kinderstube. »Natürlich freut es mich, Sie wiederzusehen, Prinzessin Astra. Aber wie sind Sie auf die Tardis gekommen? Sie sind doch nicht etwa durchgebrannt?« »Wie ich schon sagte, Doktor, ich bin Romana.« Das Mädchen stellte den Spiegel in einer Ecke auf und betrachtete sich voller Hingabe darin. Der Doktor starrte sie fassungslos an. Das Gesicht, der Körper, die Stimme, alles erinnerte an Prinzessin Astra, aber da war noch etwas anderes… Das ganze Wesen, die Persönlichkeit… was das betraf, stand Romana vor ihm. Dem Doktor wurde schlagartig klar, daß er es mit seiner Begleiterin, der Herrin der Zeit, zu tun hatte, die im Körper der Prinzessin Astra, oder, um genau zu sein, in einer genauen Kopie desselben steckte. Die Erklärung dafür war einfach, zumindest für den Doktor. Die Herren der Zeit besaßen die Fähigkeit zur vollständigen physischen Regeneration. Sie konnten einen verletzten oder ausgemergelten Körper mit Hilfe eines komplizierten Verfahrens auf Molekularebene komplett auswechseln. Obwohl sie nicht eigentlich unsterblich waren, durchliefen sie auf diese Weise im Laufe ihres erstaunlich langen Lebens immer neue Stadien der Wiedergeburt. 8
Was den Doktor so in Erstaunen versetzte, war weniger Romanas Regeneration an sich als vielmehr die Beiläufigkeit und vor allem Leichtigkeit, mit der sie sie zu betreiben schien. Seine eigenen Regenerationen, die er im übrigen nur in Krisenzeiten durchführte, glichen eher einer Lotterie, denn es war reine Glückssache, welchen Körper er als Ersatz erhielt. Romana dagegen schien ihre körperlichen Hüllen zu wechseln wie andere Leute ihre Hemden. Nur war der Körper, den sie sich diesmal zu eigen gemacht hatte, die exakte Kopie eines anderen. Der Doktor runzelte die Stirn, als ihm einfiel, daß Romana auf der Akademie der Herren der Zeit rein akademisch betrachtet mit einem weitaus höheren Grad abgeschlossen hatte als er selbst. Das erklärte natürlich einiges. »Diesen Körper können Sie unmöglich tragen!« belehrte er sie. »Warum denn nicht? Der Prinzessin Astra hat er doch auch gut gestanden.« »Aber Sie können doch nicht in einer Kopie herumlaufen!« »Warum denn nicht?« Sie drehte eine Pirouette vor dem Spiegel, um die Wirkung des Körpers und des Kleides ihrer Wahl zu prüfen. »Ich meine, es wäre natürlich ziemlich peinlich, falls Sie und ich, ich meine, wenn wir beide gleichzeitig und im gleichen Körper auf einer Party auftauchen würden, aber da wir ja sowieso nicht nach Atrios zurückkehren…« Der Doktor schüttelte den Kopf. »Nein!« meinte er entschlossen, »das geht einfach nicht. Suchen Sie sich gefälligst etwas anderes aus!« Romana rümpfte beleidigt die Nase und marschierte aus dem Zimmer. Der Doktor machte sich wieder an die Arbeit. Nach einiger Zeit kam ein kleines Mädchen hereinspaziert und pflanzte sich vor dem Spiegel auf. »Der gefällt mir eigentlich ganz gut, obwohl er ein bißchen kurz geraten ist.« 9
»Nun, dann machen Sie ihn eben etwas länger«, riet ihr der Doktor, ohne sie auch nur eines Blickes zu würdigen. Das kleine Mädchen verschwand, und der Doktor hatte eine Weile seine Ruhe. Mit dieser Ruhe war es schlagartig vorbei, als jemand in die Zentrale polterte. Der Doktor wandte sich an den immer noch schweigsamen K9. »Sonderbarer Drang, immer in andere Körper schlüpfen zu wollen. Pure Eitelkeit. Die Menschen messen Äußerlichkeiten zu viel Bedeutung bei. Die inneren Werte zählen.« Als er aufblickte, beugte sich ein hünenhaftes Weib über ihn. »Nein, nein, nein, viel zu groß!« urteilte er zerstreut. Die abermals verwandelte Romana ging wieder nach draußen. Der Doktor setzte seine Arbeit fort. Kurz darauf erschien eine exotische Schönheit aus einer fremden Rasse. »Oje! Gehen Sie mir aus den Augen!« sagte der Doktor. Die Erscheinung zog sich schnellstens zurück. Der Doktor seufzte tief. »Nun sehen Sie mal«, rief er ihr nach. »Sie sollten etwas Warmes, Ansprechendes tragen, das Ihnen steht, natürlich mit etwas Stil und Klasse, versteht sich…« Seine Ansprache blieb ohne Echo. Statt dessen erschien wieder ein Mädchen. Sie trug einen langen Mantel, hohe Stiefel, einen sehr langen, buntgemusterten Schal und einen Schlapphut, der fast ihr gesamtes Gesicht verdeckte. »Ist es vielleicht so recht, Doktor?« Der Doktor schaute auf und begann zu strahlen, auch wenn ihr Aufzug ihm irgendwie vertraut vorkam. »Nun, das trifft es schon eher! Das ist ja wie für Sie geschaffen! Ich wußte gar nicht, daß Sie über einen solch ausgezeichneten Geschmack verfügen.« Das Mädchen baute sich mit verschränkten Armen vor ihm auf. »Ich dachte, Äußerlichkeiten zählen nicht, Doktor?«
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»Das ist richtig, aber es schadet trotzdem nicht, sich etwas zurecht zu machen, wie jetzt zum Beispiel.« Der Doktor hob die Krempe des Schlapphuts an, schaute darunter und blickte in ein vertrautes Gesicht. Romana war am Ausgangspunkt ihrer Verwandlungen angelangt: Sie war wieder zu Prinzessin Astra geworden. »Bitte nicht schon wieder«, seufzte der Doktor. »Was ist denn, gefällt es Ihnen etwa doch nicht? Ich glaube, es steht mir ausgezeichnet: schöne Stirn, gepflegtes Haar, entzückendes kleines Kinn. Nur die Arme sind etwas zu lang geraten, aber ich kann sie jederzeit etwas einfahren.« »Nein, die Arme sind vollkommen in Ordnung«, meinte der Doktor erschöpft. »Es ist nur…« Er seufzte und ergab sich seinem Schicksal. »Gut, machen Sie, was Sie wollen.« »Das ist mir nur recht! Jetzt werde ich erst mal diese lächerlichen Textilien ablegen.« »Aber mir gefällt diese Kleidung!« »Grämen Sie sich nicht«, versetzte Romana ironisch. »Es zählen doch nur die inneren Werte!« Bevor sie ging, drehte sie sich noch einmal um und fragte: »Nebenbei, wohin geht denn die Reise?« »Keine Ahnung. Das entscheidet der Zufallsgenerator, haben Sie vergessen?« Bei ihrem letzten Abenteuer wären Romana und der Doktor beinahe in eine Falle getappt, so daß der grausame Wächter des schwarzen Reiches in den Besitz des »Zeitschlüssels« gelangt wäre. In letzter Sekunde hatten sie Teile des Schlüssels an das andere Ende des Kosmos transferieren können. Um der fürchterlichen Rache des Wächters zu entgehen, hatte der Doktor einen Zufallsgenerator in den Navigations-Schaltkreis der Tardis eingebaut. Der Wächter des schwarzen Reiches würde das Ziel ihrer Reise wohl kaum erraten können, wenn es nicht einmal dem Doktor selbst bekannt war.
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Romana erschauerte, denn sie wußte, daß sie das Fegefeuer der Rache des Wächters eingetauscht hatten gegen eine Hölle unbekannter Gefahren, die auf sie lauern würden. Aber sie lächelte tapfer. »Nun, wo auch immer es uns hinverschlagen sollte, rufen Sie mich, wenn wir angekommen sind.« Sie ging endgültig, und der Doktor wandte sich wieder K9 zu. Die Landschaft war nicht gerade einladend. Die trostlose Steinwüste war mit seltsamen rechteckigen Felsen übersät. In dem dunklen, fremdartigen Himmel grollte Donner; grelle Blitze schossen wie Pfeile herab, und der Boden selbst schien zu erbeben. Am Fuße eines Berges von losen Felsbrocken hatte sich ein überhängendes Felsendach gebildet. Ein Pfeifen und Knirschen mischte sich mit dem Donnern des Himmels, und die Tardis materialisierte sich unter lautem Getöse in dieser Felsengruft. Der Donner grollte, der Boden erzitterte, und eine mächtige Steinlawine ergoß sich auf das Dach der Tardis. Der Doktor studierte seine Instrumente. »Wir sind da, Romana«, rief er. »Wie sieht’s draußen denn aus?« flötete es aus dem Nachbarraum. »Ungiftige Atmosphäre, dafür aber auffallend hohe seismische Aktivität.« »Was meinen Sie mit geistigen Aktivitäten? Gespenster?« »Jede Menge Erdbeben!« »Oh, seismisch, ich dachte, Sie hätten ›geistig‹ gesagt.« Der Doktor hörte nur mit halbem Ohr hin. »Geistlich?« murmelte er leicht verwirrt. Irgendwie schien die Unterhaltung nicht so recht vom Fleck zu kommen. »Romana, wenn Sie den Wunsch haben, mit mir zu sprechen, dann kommen Sie bitte etwas näher, das würde die Sache doch sehr erleichtern.« 12
Romana betrat den Kontrollraum. Sie steckte immer noch im Körper von Prinzessin Astra, aber sie trug nun maßgeschneiderte Kleidung. »Hier, wie finden Sie das?« »Ganz nett«, meinte der Doktor beiläufig und reichte ihr zwei Pillen. »Würden Sie die bitte einnehmen?« »Wozu?« »Sie werden Sie vor unliebsamen Strahlen schützen. Die Strahlungsintensität dort draußen ist außerordentlich hoch.« Dann übergab er ihr ein Metallgerät, das einer Eieruhr glich. »Hier ist ein Piepser. Er schaltet sich ein, wenn Sie eine neue Dosis brauchen.« Romana schluckte die zwei Pillen und verstaute das Warngerät in ihrer Gürteltasche. Sie war erleichtert, daß der Doktor bei der Vorbereitung ihrer Exkursion offensichtlich ausnahmsweise einmal Sorgfalt walten ließ. »Dann sehen wir mal nach, wo wir hier überhaupt sind.« Sie schaltete einen Bildschirm an: Nichts außer einer kahlen Felswand. »Oh, das ist ja sehr vielversprechend«, meinte der Doktor. »Wir sollten lieber rausgehen und uns die Sache mit eigenen Augen ansehen.« »Das will ich meinen.« Der Doktor nahm K9s Robotergehirn und montierte es an seinen Platz. Von einer Sekunde auf die andere begann der Roboterhund rückwärts zu rasen und Geräusche von sich zu geben, die an eine alte Dampflokomotive erinnerten. Der Doktor stürzte sich auf K9, vollführte einige rasche Handgriffe, und der Hund blieb abrupt stehen. Romana sah ihn mit großen Augen an. »Was ist denn in den gefahren?« »Ich befürchte, ich habe die wichtigste Grundregel vergessen, die mir mein Kybernetiklehrer beigebracht hat.« »Und die wäre?« »Sollte ein Robotergehirn ausgewechselt werden, so ist darauf zu achten, daß der Pfeil ›A‹ immer nach vorne zeigt!« 13
Der Doktor erhob sich und öffnete die Türen der Tardis. Sie standen vor der Tardis und schauten sich um. Es gab nicht viel zu sehen außer einer schier endlosen Ebene, auf der Felsbrocken umherlagen, die sich in der rasch hereinbrechenden Dämmerung zusehends verloren. »Nicht gerade besonders einladend, nicht wahr, Doktor?« »Wissen Sie was«, meinte der Doktor leise, »ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, schon einmal hier gewesen zu sein.« Dieses dumpfe Gefühl, allgemein bekannt als Déjà vu, ist bei Zeitreisenden ein weitverbreitetes Phänomen. »Ist das nur ein Gefühl, oder können Sie sich konkret an etwas erinnern?« »Nicht direkt. Ich habe nur das Gefühl, es riecht hier aufdringlich nach…« »Unannehmlichkeiten?« »Genau das. Dann haben Sie es also ebenfalls bemerkt?« »Sollten wir nicht besser zur Tardis zurückkehren und unser Glück anderswo versuchen?« Der Doktor dachte einen Moment darüber nach. Es wäre sicherlich vernünftiger, zurückzukehren, aber ihn plagte die Neugierde doch zu sehr, und außerdem war er der Auffassung, sich dem Schicksal stellen zu müssen. Zufallsgenerator oder nicht, der Doktor hatte das seltsame Gefühl, es sei ihm bestimmt gewesen, auf diesem Planeten zu landen. Er warf Romana einen etwas abschätzigen Blick zu. »Zurück? Und ich würde nie herausfinden, wo ich nun eigentlich gewesen bin? Ich könnte nachts kein Auge mehr zutun!« Mit entschlossener Miene marschierte der Doktor von dannen. Romana folgte ihm, wenn auch etwas widerspenstig. Während sie sich auf den Weg machten, lösten sich wieder einige lockere Felsbrocken und donnerten auf das Dach der Tardis.
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Geraume Zeit wanderten sie über die trostlose Ebene, und bald wurde die Tardis von der hereinbrechenden Dunkelheit verschluckt. Aus dem dunklen und fremdartig erscheinenden Himmel grollte bedrohlich klingender Donner, und der Boden unter ihren Füßen schien wie als Reaktion darauf zu erbeben. Der Doktor blieb stehen, hob einige Kieselsteine auf und betrachtete sie nachdenklich. »Interessant.« »Wertvolle Steine?« »Nur archäologisch betrachtet – aber so gesehen könnten sie wertvoller als Diamanten sein.« Er blickte sich um. »Ich brauchte mehr davon, um sicher zu sein. Aha, da haben wir ja schon, was wir suchen.« Der Doktor zeigte auf einen quadratischen Felsen, der halb aus dem Boden herausragte. Er kniete sich davor nieder und räumte das Geröll beiseite. Dann rieb er ein paar Flechten von der glatten Felsoberfläche. »Ich hatte recht – wie immer!« »Wie bescheiden, Doktor.« »Dann wollen wir einmal sehen, was Ihnen zu der ganzen Sache einfällt«, forderte sie der Doktor auf. Romana bückte sich und studierte den Felsen. »Das scheinen verschiedenartige Materialien zu sein… Kies in Verbindung mit Kalk und Ton.« Der Doktor nickte zustimmend. »Und Kalk und Ton ergeben…?« »Zement.« »Genau! Und wenn man Kies hinzufügt, bekommt man…?« »Beton?« »Gratuliere, Romana! Sie haben das Zeug zu einer erstklassigen Bauarbeiterin! Beton also, oder zumindest etwas, das diesem Werkstoff sehr nahe kommt und auf diesem Planeten produziert wird. Der Punkt ist, er wurde hergestellt, Romana! Gemacht!« Der Doktor zeigte auf die felsenbedeckte Ebene um sie herum. »All diese Felsen und Steine, all das herumliegende 15
Gestein wurde künstlich hergestellt. Ziegelsteine, Zement, Mörtel, Beton, zerstampft und in seine Bestandteile aufgelöst, bis nichts als Schutt und Asche übrigblieb.« Er richtete sich auf. »Wir stehen auf den Überresten einer einst großen Stadt. Einer Riesenstadt, die vollkommen zu Staub zerfallen ist. Aber wodurch?« Ein erneutes Donnern war die einzige Antwort.
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Schrecken aus dem Untergrund »Und was ist mit den Menschen, die hier einst wohnten?« fragte Romana. »Wo sind sie?« Ihr Blick schweifte über das trostlose Grau um sie herum, dann blickte sie den Doktor fragend an. »Diese Beben, die wir bemerkt haben… Vielleicht haben sie etwas mit der Zerstörung der Stadt zu tun?« Der Doktor hörte nicht einmal zu. Mit leicht geneigtem Kopf stand er da und lauschte angestrengt. Neben dem klagenden Heulen des Windes drang ein hohes, beinahe wimmerndes Geräusch an sein Ohr, als würden in einiger Entfernung mächtige Maschinen arbeiten. »Hören Sie das?« »Es scheint von dort drüben zu kommen.« Romana zeigte in die entsprechende Richtung. »Dann gehen wir dorthin!« Nachdem sie scheinbar eine halbe Ewigkeit über die endlose Ebene marschiert waren, fanden sie sich am Fuße hoch aufgetürmter Betonblocks wieder, die vollkommen planlos über die Landschaft verstreut waren, so als hätte ein Riesenbaby mit ihnen gespielt. Es war offensichtlich, daß es sich hier um die Überreste eines kolossalen Gebäudes handelte. »Häuser dieser Größe fallen nicht grundlos in sich zusammen. Vielleicht war es doch ein Erdbeben.« »Was es auch immer war, es hatte einige Energie. Und vergessen Sie nicht die Radioaktivität…« Der Doktor unterbrach sich, denn die Erde begann erneut unter ihren Füßen zu beben. Das sirrende Geräusch der Maschinen war wieder zu hören. Romana konnte ihre Nervosität nicht mehr verbergen. »Jetzt werden wir offensichtlich gleich erfahren, was es war.«
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»Es ist schon ziemlich nahe«, schrie der Doktor, und das war es tatsächlich. Die Quelle des ohrenbetäubenden Lärms schien sich nun direkt unter ihnen zu befinden. Das Wimmern wuchs sich zu einem wahren Heulen aus, und der Boden vibrierte so heftig, daß jeder Nerv davon erfaßt wurde. Losgelöste Steinbrocken krachten auf den harten Boden, die Betonblöcke rissen und spalteten sich. Romana und der Doktor klammerten sich verzweifelt aneinander, um sich gegenseitig zu stützen. Das Kreischen um sie herum erreichte eine fast unerträgliche Lautstärke, um dann von einer Sekunde zur anderen abzubrechen und einer lähmenden Stille Platz zu machen. Der Doktor schüttelte sich wie ein nasser Hund und steckte sich die Finger in die Ohren. »Ist irgendwas passiert?« »Nur meine Nerven sind gerissen! Ich habe das Gefühl, ich muß meine Knochen einzeln zusammensuchen. Das waren doch Bohrgeräusche, nicht wahr?« »Vielleicht stehen wir auf einer unterirdischen Zahnarztpraxis. Schnell weg hier, bevor es wieder losgeht!« Über zerschmetterte Zementblöcke hinweg hasteten sie weiter. Hinter ihnen heulte der unterirdische Bohrer wieder auf, und sie beschleunigten ihren Schritt noch, um dem Erdbeben und dem markerschütternden Kreischen der Maschinen zu entgehen. Schließlich erstarb das Geräusch hinter ihnen wieder. Der Doktor führte sie um einen großen Zementblock herum. Plötzlich ging er in Deckung und gab Romana ein Zeichen, sich nicht von der Stelle zu bewegen. Vorsichtig spähte er um die Ecke, und Romana pirschte sich hinter ihm heran. Ein seltsames und unheimliches Schauspiel bot sich ihnen. Direkt vor ihnen befand sich ein offener Platz, eine Art Amphitheater, eingerahmt von gezackten Blöcken. Quer über diesen Platz wanderte eine seltsam anmutende Gruppe langsam 18
und schweigend auf sie zu. Es waren tatsächlich Menschen, oder zumindest doch menschenähnliche Wesen. Insgesamt waren es sechs an der Zahl. Sie trugen die zerfetzten und schmutzigen Überreste einer Kleidung, die einst als Uniform gedient haben könnte. Das Merkwürdigste an ihnen war allerdings die Farbe ihrer Haare und ihrer Haut, deren unnatürliches Weiß an Leichen erinnerte. Eine Frau, die eine rußig flackernde Fackel hielt, führte die kleine Prozession an. Ihr folgten vier Männer, die eine Art primitiver Bahre auf ihren Schultern trugen. Auf ihr lag ein Körper. Das Schlußlicht dieser gespenstischen Prozession bildete wieder eine Frau, die sechste Person. Auch sie trug eine brennende Fackel. Es war unschwer zu erraten, worum es hier ging. Eine ähnliche Szene konnte sich auf unzähligen Planeten und in allen erdenklichen Gesellschaftsformen abspielen. Der Körper auf der Trage war eine Leiche, und das Ganze war eine Beerdigung. In der Mitte des offenen Platzes kam die Prozession zum Stillstand. Die Bahre wurde sanft zur Erde hinabgelassen. Die Frauen standen bewegungslos an Kopf und Fuß der Leiche, während die vier Männer begannen, ein Grab aus losen Zementbrocken zu errichten. Sie arbeiteten mit unübersehbarer Hast, und es dauerte nicht lange, bis der leblose Körper vollständig unter den Steinen verschwunden war. Als das Grab fertig war, nahm eine der Frauen einen flachen Stein, ritzte mit einer scharfen Felskante einige Symbole in seine Oberfläche und lehnte ihn an das Kopfende des Grabes. Eine Weile verharrten die vier Männer und zwei Frauen noch mit gesenktem Kopf an der Grabesstätte, schweigend in stiller Trauer, dann drehten sie sich um und verschwanden in der Finsternis.
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»Warum lassen sie ihre Toten an der Erdoberfläche und bedecken sie mit Steinen, anstatt sie zu begraben?« flüsterte Romana. »Reine Anpassung an die örtlichen Gegebenheiten. Versuchen Sie mal, ein Loch in Beton zu graben.« »Sie haben keinen Laut von sich gegeben, Doktor. Sie bewegten sich fast wie lebende Leichen.« »Lebende Leichen«, wiederholte der Doktor leise. »Zombies! Vielleicht sind wir auf einen Planeten von Zombies gestoßen!« »Hören Sie auf!« »Kommen Sie mit mir?« »Wohin?« »Wir wollten doch einiges über diesen Planeten herausfinden, oder? Jetzt haben wir eine Gelegenheit dazu.« »Welche Gelegenheit?« »Die Gelegenheit, diese Leiche zu untersuchen.« »Aber Doktor, Sie können doch nicht…« »Warum nicht? Abgesehen von einem grundsätzlichen Unterschied sind die Toten den Lebenden recht ähnlich.« »Ihre Begründung klingt nicht unlogisch, Doktor aber ich werde doch lieber hierbleiben und Wache halten, wenn Sie nichts dagegen haben.« »Ich weiß das zu würdigen.« Der Doktor entfernte sich, blieb aber nach einem Moment noch einmal stehen. »Übrigens, sollten Sie auf einen von ihnen stoßen… einen echten Zombie erkennt man an seiner Haut. Sie fühlt sich eiskalt an.« Der Doktor entschwand. Romana zitterte, als wäre sie bereits von einer kalten Hand gepackt worden. Diese Legende war auf allen erdenklichen Planeten und in zahlreichen Kulturen verbreitet: die lebenden Toten, die aus ihren Gräbern aufstanden und in ihrer grauenhaften Existenz dazu bestimmt waren, irgendwelchen übergeordneten Wesen als Sklaven zu dienen. Aber das war natürlich nur eine Legende – oder? 20
Der Doktor marschierte schnurstracks auf den Grabhügel zu. Er lächelte zufrieden, wenn auch nicht ganz frei von Gewissensbissen. Vielleicht war es nicht ganz fair gewesen, Romana solche Angst einzujagen, aber ihr arrogantes Gehabe als Herrin der Zeit war ihm schon lange auf die Nerven gegangen. Er hatte der Gelegenheit nicht widerstehen können, sie ein bißchen von ihrem hohen Roß herunterzuholen. Endlich hatte er das Grab erreicht und begann, die Felsen auf die Seite zu räumen. Bald war der Gedanke an irgendwelche irrationalen Ängste seiner wissenschaftlichen Neugier gewichen. Kurz darauf lag der Kopf des toten Mannes frei. Das Gesicht war knochig und ausgemergelt, Haut und Haar leuchteten in gespenstischem Weiß. Er entfernte noch einige Steine, um auch den Oberkörper freizulegen. Wie er bereits vermutet hatte, war der Overall eine mit militärischen Abzeichen versehene Astronautenuniform. Vorsichtig öffnete der Doktor eine Tasche und entnahm ihr eine Brieftasche aus Kunststoff. Er überprüfte kurz ihren Inhalt und nickte bedächtig. Er steckte die Brieftasche ein, dann machte er sich auf den Rückweg. Romana hatte sich in der Zwischenzeit an einen Felsblock gehockt und versuchte sich einzureden, daß all die leisen aber unheimlichen Geräusche um sie herum ganz natürlichen Ursprungs seien – es gab keinen Grund, Angst zu haben. Sie warf einen Blick hinüber zum Grabhügel und bemerkte, daß der Doktor verschwunden war. Wahrscheinlich war er bereits auf dem Rückweg zu ihr und wurde von einem der aufragenden Hindernisse verdeckt. Nichtsdestoweniger war sein Verschwinden alles andere als beruhigend. Sie drehte sich langsam um und starrte in die Dunkelheit. Was bewegte sich da unaufhörlich auf sie zu? »Doktor?« rief sie mit versagender Stimme. »Doktor, sind Sie das?« 21
Eine kalkweiße Hand packte sie an der Schulter… Sie fuhr herum, ein Schrei des Entsetzens schnürte ihr die Kehle zu – direkt vor ihr stand der Doktor, der um den großen Felsblock geschlichen war. »Ich wünschte, Sie würden solche Scherze unterlassen«, versetzte sie gereizt. »Oh, Verzeihung, habe ich Sie erschreckt?« »Aber wie kommen Sie denn darauf? Doktor, sehen Sie sich mal Ihre Hände an!« Der Doktor betrachtete seine gespenstisch weißen Hände. Er schlug sie gegen seinen Mantel, und feiner weißer Staub stieg auf. »Nun, haben Sie etwas gefunden?« Er präsentierte die Kunststoffbrieftasche. »Der Verblichene war Raum-Major Dal Garrant, ein Militärpilot. Er diente in der dritten Galaktischen Flotte, sein Heimatplanet war Kantra.« »Kantra? Das ist ein tropischer Planet, völlig verschieden von diesem hier.« »So ist es. Ein bißchen feucht für meinen Geschmack, aber auf seine Art ganz nett.« »Und warum lebt, oder besser gesagt, stirbt ein Bewohner von Kantra hier?« »Reichlich sonderbar, nicht wahr? Gestorben ist er übrigens an einer Kombination aus schlechter Ernährung und Erschöpfung.« »Kein Wunder in dieser Umgebung!« »Abgesehen davon, daß er eigentlich längst vorher an radioaktiver Verseuchung hätte sterben sollen«, bemerkte der Doktor bedächtig. Er brachte die Schachtel mit den Pillen zum Vorschein. »Auf biotechnischem Gebiet sind die Kantrianer noch nicht soweit, daß sie…« Ein lautes Kreischen und Röhren unterbrach ihn, das diesmal aber nicht von unten, sondern von oben kam. Eine giftigblaue Stichflamme schoß vom Himmel herab. 22
»Ein Raumschiff!« sagte Romana. »Stimmt! Und es landet auf der anderen Seite dieser Anhöhe. Los!« Sie kamen gerade rechtzeitig auf dem Hügel an, um die Landung des Raumschiffs beobachten zu können. Es handelte sich um eine fliegende Untertasse, die sich so rasend schnell um ihre eigene Achse drehte, daß Details nicht zu erkennen waren. »Erkennen Sie den Typ, Romana?« »Das ist schwer zu sagen. Aber der Größe und Form nach zu schließen, handelt es sich hier um einen intergalaktischen Raumkreuzer mit Zeitkrümmungskapazität. Wahrscheinliche Herkunft: Sternensystem 4X Alpha 4.« »Nun, ich trage leider mein VERZEICHNIS DER RAUMSCHIFFE gerade nicht bei mir, aber über den Daumen gepeilt denke ich, Sie haben recht.« Das Raumschiff berührte die Oberfläche des Planeten und wirbelte eine riesige weiße Staubwolke auf. Als sich der Staub etwas verzogen hatte, stellten die beiden Zuschauer zu ihrem Erstaunen fest, daß das Schiff noch immer um seine eigene Achse wirbelte, wobei es tiefer und tiefer im Boden versank. Als die Untertasse schließlich zur Ruhe kam, ragte nur ein kleiner Turm aus der Erdoberfläche empor, der an das Periskop eines Unterseebootes erinnerte. »Interessante Technik«, bemerkte der Doktor nachdenklich. »Damit schlagen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: Tarnung und Schutz.« Romana blickte auf den unverdächtigen Hügel, der das riesige Raumschiff vollkommen versteckte. »Nun, für einen so leblos wirkenden Ort ist hier aber einiges los.« Der Doktor grinste. »Wahrscheinlich beginnt gerade die Touristensaison. Wie weit, würden Sie schätzen, ist das Schiff von uns entfernt?« »Höchstens eine Meile.« »Gerade die richtige Distanz für einen Spaziergang!« 23
»Wollen Sie etwa hinübergehen?« »Es wäre unhöflich, unsere Besucher nicht zu begrüßen. Wir können ja immer noch sagen, wir seien vom Fremdenverkehrsamt.« Dann begannen sie mit dem Abstieg. Falls es wirklich nur eine Meile zum Schiff war, so war diese reichlich großzügig bemessen, dachte Romana. Sie stapften über die Ebene, aber auf seltsame Weise schien ihnen das Schiff nicht näher zu kommen. Romanas Aufmerksamkeit richtete sich auf eine beeindruckende Silhouette zu ihrer Linken. Zunächst nahm sie an, es seien weitere riesige Blöcke, wie sie sie bereits gesehen hatte, aber bei näherer Betrachtung entpuppten sie sich als richtige Gebäude, wenn auch zerstört und ohne Dach, so doch immer noch deutlich erkennbar. Aus irgendeinem Grund schien die Zerstörung, die den ganzen Planeten überzogen hatte, an diesem Ort nicht ihre volle Kraft entfaltet zu haben. Gerade als sie dem Doktor vorschlagen wollte, diese Ruinen zu untersuchen, gab es eine ungeheure Explosion. »Für meinen Geschmack war das etwas zu nahe«, sagte Romana unangenehm berührt. »Was könnte das wohl gewesen sein?« »Eine vergrabene Mine vielleicht – oder gar eine Bombe.« Schon krachte wieder eine Explosion, und kurz darauf die nächste. Sie kamen immer näher. »Sehen Sie doch!« schrie Romana. Die Serie der Explosionen bewegte sich in gerader Linie auf sie zu, als hätte jemand gerade die beiden Wanderer als Zielscheibe gewählt. »Wir gehen besser in Deckung!« rief der Doktor. »Dort hinüber!« schrie Romana, während sie schon zu den Ruinen lief. Der Doktor hastete ihr hinterher, aber die Explosionen schienen sie geradezu zu verfolgen.
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Sie stolperten in eine weite, von Säulen umgebene Halle, deren Dach teilweise abgedeckt war, und verkrochen sich hinter einer halb eingestürzten Mauer. Die Serie der Explosionen kam näher, immer näher… Die ganze Halle begann zu vibrieren. Schließlich stürzten die ersten Pfeiler in sich zusammen, ein Teil der Wand fiel einfach um, so nah, daß Staub und Schutt ihre Schuhe bedeckten. Die Explosionen kamen immer noch näher – um dann an ihnen vorbei in der Entfernung zu verschwinden. Romana stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Was hat das alles zu bedeuten, Doktor? Hat man uns vom Raumschiff aus unter Feuer genommen?« »Das glaube ich nicht. Diese Explosionen sind nur ein Nebeneffekt. Irgend jemand bläst mit Hilfe von Hochgeschwindigkeitsbohrern diese Ruinen hier weg.« »Aber es liegt doch jetzt schon alles in Schutt und Asche.« »Trotzdem. Es werden auch kaum die ursprünglichen Bewohner dieses Planeten sein. Ich habe eher den Eindruck, als wäre diese hochentwickelte Technologie importiert worden.« In diesem Moment gab einer der Tragpfeiler des Raums, durch die Explosionen stark beschädigt, seine Funktion auf und kippte beinahe majestätisch, einen Teil des Dachs mit sich reißend, in Richtung der beiden. »Achtung!« schrie Romana. Aber es war bereits zu spät. Der Pfeiler brach in sich zusammen und begrub sie unter einem Haufen Schutt.
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Die Daleks Romana versuchte verzweifelt, sich zu befreien. Zu ihrer eigenen Überraschung bereitete ihr das keine besonderen Schwierigkeiten. Sie hatte ein paar blaue Flecken abbekommen und zitterte, aber sie schien nicht ernsthaft verletzt zu sein. Der Doktor hatte beträchtlich weniger Glück gehabt. Der untere Teil des herabstürzenden Pfeilers war quer über seinen Körper gefallen und fesselte ihn auf diese Weise an den Boden. Er lag da wie tot, seine Augen waren geschlossen. Romana bahnte sich ihren Weg zu ihm. »Doktor, hören Sie mich?« Der Doktor bewegte sich nicht und gab keinen Laut von sich. Romana versuchte mit aller Kraft, die Säule hochzuheben, aber sie war um einiges zu schwer für sie. Dann packte sie den Doktor an den Schultern, um ihn aus seiner mißlichen Lage zu befreien. Während sie sich schwitzend und keuchend abmühte, schlug der Doktor die Augen auf und murrte verdrießlich: »Kann man denn hier nicht mal in Ruhe schlafen?« »Ist alles in Ordnung, Doktor?« »Schwer zu sagen. Ich kann mich in dieser Lage kaum selbst untersuchen.« Er wackelte mit den Zehen. »Meine Beine scheinen in Ordnung zu sein. Ich habe keine Schmerzen, aber ich bin eingequetscht. Könnten Sie diese Säule denn nicht wenigstens ein bißchen lüpfen? Dann könnte ich mich heraus winden.« Romana versuchte von neuem, den Pfeiler hochzustemmen, aber sie bewegte ihn nicht einmal um einen Millimeter. Sie bemerkte den Steinhaufen, der um den Doktor herumlag. »Ich glaube, Sie sind weniger eingequetscht, als vielmehr in einen Spalt eingezwängt. Das Hauptgewicht 26
scheint auf diesem Betonbrocken hier zu lagern. Glück gehabt, mein Lieber, sonst wären Sie jetzt nämlich platt wie eine Flunder. Ich habe auch etwas Angst, eine falsche Bewegung meinerseits könnte den Felsblock ins Rutschen bringen, dann würde Sie der Pfeiler am Ende doch noch begraben.« Der Doktor dachte eine Weile nach: »Es sieht fast so aus, als kämen wir ohne fremde Hilfe nicht recht weiter. Aber K9 würde mich bestimmt freibekommen. Denken Sie, Sie könnten ihn herholen?« Der Doktor setzte ein verschmitztes Lächeln auf. »Ich würde ja gerne selbst gehen, aber wie Sie sehen, werde ich durch außerordentlich bedrückende Umstände daran gehindert.« »Natürlich. Ich werde mich beeilen. Werden Sie’s aushalten ohne mich?« »Wer kann das wissen?« sagte der Doktor fast leidend. »Wer kann das schon wissen? Aber ich wäre Ihnen dennoch sehr dankbar, wenn Sie sich beeilen würden.« »Ich werde so schnell zurückkommen, wie ich kann, Doktor. Aber laufen Sie ja nicht weg!« Der Doktor zuckte zusammen. »Ich hatte gehofft, Sie würden der Versuchung widerstehen, diese Bemerkung zu machen! Und vergessen Sie nicht, der Pfeil ›A‹ muß nach vorne zeigen!« »Also, bis gleich!« Romana eilte davon, und der Doktor richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Da der obere Teil seines Körpers nicht eingezwängt war und er so gut wie keine Schmerzen verspürte, konnte er es sich leidlich bequem machen. Er fischte sich einen passenden Stein als Kopfkissen, holte sich eine Kopie des Buches Die Entstehung der Zehnten Galaxie aus seiner Tasche und fing an, darin zu lesen. Nach einigen Seiten legte er es mit verächtlichem Lachen zur Seite. »Der Mann ist ein Narr! Natürlich! ›Die Entstehung der Zehnten Galaxie‹! Warum fragt er eigentlich nicht jemanden, der dabei war?« 27
Romana ging genau den Weg zurück, den sie mit dem Doktor gekommen war, über die öde, graue Betonwüste, den großen offenen Platz, auf dem der Tote bestattet worden war – das Grab war eine brauchbare Orientierungshilfe. Die Expedition war schon an der Seite des Doktors grausig genug gewesen, aber nun war sie völlig auf sich selbst gestellt, und die Stimmung kam ihr unerträglich vor. Das entfernte, hohe Sirren der unterirdischen Bohrungen war immer noch deutlich zu hören, ebenso der Lärm der Explosionen. Dazu heulte ein unheimlicher Nachtwind. Romana hatte das immer stärker werdende Gefühl, verfolgt zu werden. Einmal fuhr sie herum und bildete sich ein, eine schemenhafte Figur in Deckung gehen zu sehen. Sie wartete einen Moment, doch die unheimliche Gestalt tauchte nicht mehr auf. Also hastete sie weiter. Nach einiger Zeit war sie so von Angst erfüllt, daß sie blindlings durch die Nacht stolperte, immer wieder ausglitt, hinfiel und sich wieder hochrappelte, um ihren grauenhaften Marsch fortzusetzen. Sie taumelte weiter, bis sie vor Erschöpfung zusammenbrach. Eine Weile lag sie auf dem Boden, unfähig, sich auch nur zu bewegen. Mit letzter Kraft stand sie noch einmal auf und erblickte die Tardis, nicht weit von ihr, unter dem Felsvorsprung. Mit neuen Kräften wollte sie darauf zulaufen, aber eine ganze Serie von Explosionen in dem Gebiet zwischen ihr und der Tardis schleuderte sie wieder zu Boden. Sie krümmte sich zusammen, und Schutt und Asche regneten auf sie herab. Schließlich verstummte der Lärm der Explosionen, und sie hob vorsichtig den Kopf. Zu ihrer Erleichterung sah sie, daß das Gelände zwischen ihr und der Tardis zwar durch die Explosionen aufgewühlt worden war, daß sie es aber dennoch ohne Schwierigkeiten überqueren konnte. Als sie aber die Tardis erreicht hatte, erwartete sie eine böse Überraschung: 28
Durch die Erschütterungen der Explosionen hatte sich der überhängende Fels gelöst und die Telephonzelle zur Hälfte unter sich begraben. Die Tür ließ sich keinen Millimeter öffnen. Romana kletterte über die Felsen und hämmerte gegen die Wand der Tardis. »K9!« rief sie. »K9, hörst du mich?« Keine Antwort. Natürlich versuchte Romana, die sperrigen Felsentrümmer auf die Seite zu schaffen, aber die riesigen Steine waren viel zu schwer für sie. Also kletterte sie wieder herab, um zu überlegen, was sie als nächstes unternehmen sollte. Plötzlich vernahm sie ein scharfes Pfeifen, das aus ihrer Gürteltasche kam – der Piepser, den sie vom Doktor erhalten hatte, meldete sich. Es war Zeit, die nächste Pille gegen die radioaktive Strahlung einzunehmen. Romana kramte in ihrer Gürteltasche, aber obwohl sie den Piepser hatte, hatte die Pillen der Doktor bei sich. Niedergeschlagen machte sie sich auf den Rückweg. Sie war viel zu erschöpft und deprimiert, um die große, düstere Gestalt wahrzunehmen, die ihr über die graue Ebene folgte. Der Doktor schluckte eine der Anti-Strahlenpillen und verstaute die Flasche in seiner Tasche. Es war ihm klar, daß es auch für Romana Zeit war, ihre Pille einzunehmen, aber er erwartete sie jeden Moment zusammen mit K9 zurück, und eine kleine Verzögerung würde keinen Schaden anrichten. Die schiere Langeweile brachte den Doktor dazu, sich wieder in sein Buch zu vertiefen. Der Verfasser war ein aufgeblasener Historiker, ebenfalls ein Herr der Zeit, um den sich der Doktor normalerweise nicht die Bohne scherte. Nun bereitete es ihm ein gewisses Vergnügen, die vielen Irrtümer und Fehler aus dem Werk herauszupicken. Zur eigenen Erheiterung las er sich die entscheidenden Stellen laut vor: »Die Bedingungen auf dem Planeten Magla erlauben keinerlei 29
Form lebender Existenz! Ha! Dem alten Narr ist offensichtlich noch nicht zu Ohren gekommen, daß der Planet selbst ein Lebewesen ist, eine Amöbe mit einem Durchmesser von achttausend Meilen, die sich mit einer harten Schale schützt.« Auf der Suche nach neuen Irrtümern blätterte der Doktor ein paar Seiten weiter. Im gleichen Augenblick hörte er Schritte. »Schön, daß Sie wieder zurück sind, Romana. Wo waren Sie denn so lange?« Er erhielt keine Antwort. Statt dessen erblickte er zwei Fremde, einen Mann und eine Frau, die beide groß gewachsen und von auffallender Schönheit waren. Beide trugen einfache Militäroveralls. Ihre Strahlenwaffen waren direkt auf den Doktor gerichtet. Der Doktor lüftete seinen Hut. »Einen schönen guten Abend wünsche ich Ihnen! Entschuldigen Sie, wenn ich mich nicht erhebe…« Die beiden Fremden lächelten nicht einmal. Mit bedrohlichen Mienen kamen sie auf den Doktor zu… Kurze Zeit später kam Romana in die Ruine gerannt. »Doktor, ich habe es nicht geschafft…« Verdutzt hielt sie inne. Der Pfeiler, der den Doktor an den Boden gefesselt hatte, lag noch da, ebenso sein aufgeschlagenes Buch. Der Doktor selbst aber war verschwunden. Vielleicht hatte er sich doch aus eigener Kraft befreien können, spekulierte Romana. Er hatte sie also den ganzen Weg zurückgeschickt und sich dann einfach aus dem Staub gemacht! Das sah ihm wieder einmal ähnlich! »Doktor!« rief sie in die Nacht. »Doktor, wo stecken Sie denn?« Kein Laut war zu hören.
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Dann hörte sie Schritte am Eingang. Da sie annahm, es könne sich nur um den Doktor handeln, ging sie in Richtung der Tür, um ihm entgegenzukommen. Doch dann zögerte sie. Diese Schritte klangen überhaupt nicht wie die des Doktors – sie waren leise, verstohlen. Und wenn es der Doktor war, warum antwortete er ihr nicht? Sie drückte sich an die brüchige Wand und wartete ab. Eine große, finstere Gestalt tauchte im Eingang auf. Wie die Mitglieder des schauerlichen Begräbnisses, dessen Zeuge sie gewesen waren, hatte auch sie weiße Haut und schneeweißes Haar. In den tiefen Augenhöhlen saßen dunkle Augen, die mit stechendem Blick den Raum absuchten. Romana wich Schritt für Schritt in die Dunkelheit zurück, bis ihr mit einem Schlag der Boden unter den Füßen weggezogen wurde und sie mit einem Schrei des Entsetzens in ein finsteres Nichts fiel. Ihr Verfolger hatte sich vorsichtig genähert und starrte in den Schacht, in den Romana gefallen war. Hilflos schlitterte Romana in die Tiefe. Die Wände bestanden aus glattem Gestein, so daß sie sich nirgends festhalten konnte. Schließlich schoß sie aus dem Schacht heraus, flog ein paar Meter durch die Luft und prallte ziemlich schmerzhaft auf hartem Stein auf. Eine Weile saß sie benommen am Boden, unfähig, sich zu bewegen. Dann begann sie ihre Gelenke zu überprüfen. Sie war hart aufgeschlagen, zu ihrer Erleichterung schien sie sich jedoch nichts gebrochen zu haben. Sie befand sich in einem von Steinmauern umgebenen Raum, dessen einzige Öffnung der Schacht bildete, durch den sie hereingekommen war. Die Öffnung des Schachts war direkt über ihr. Sie versuchte, sich an dem Stein hochzuziehen, aber ihre Finger glitten an dem glatten Fels immer wieder ab, bis sie schließlich erschöpft auf den Boden zurückfiel. 31
In der Zwischenzeit hatte die unheimliche Gestalt in der Halle ein Seil entrollt, das sie um ihren Bauch gewickelt hatte. Das eine Ende befestigte sie an einem Balken, während sie sich mit dem anderen der Grube näherte. Romana versuchte mehrmals, in den Schacht zurückzugelangen, doch es war hoffnungslos. Ihre Hände konnten keinen festen Halt finden. Schließlich schaute sie sich entmutigt in ihrem Gefängnis um. Es gab ohnehin nicht viel zu sehen, nur vier glatte Steinwände und die Öffnung zum Schacht, verführerisch nahe und doch unerreichbar. Kurz darauf erschütterten Vibrationen den Raum. Sie konnte deutlich spüren, wie die Wände bebten, und sie vernahm wieder das Heulen der Maschinen. Es kam näher. In der Wand ihr gegenüber zeigten sich die ersten Risse. Sie bildeten langsam die Form eines Bogens, und kurz darauf stürzte der mittlere Teil der Wand nach innen. Zurück blieb ein schwarzes Loch. Mit unglaublicher Geschwindigkeit glitten zwei metallene Geschöpfe durch diese Öffnung herein. Ihre Form erinnerte an überdimensionale, blecherne Pfefferstreuer, sie besaßen eiserne Arme, und am Ende eines Metallstiftes saß eine Art Fotolinse. Sie fielen über Romana her, drückten sie gegen die Wand und ließen ihr keine Chance zu entrinnen. Ihre blechernen Stimmen dröhnten durch den Raum: »Keine Bewegung! Keine Bewegung, oder Sie werden vernichtet! Sie sind ein Gefangener der Daleks!«
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Die Movellaner Wie durch eine Nebelwand und starr vor Schreck hörte Romana die schnarrenden Befehle. »Die Gefangene nach Waffen durchsuchen!« krächzte einer der Daleks. Der zweite Dalek näherte sich ihr und glitt mit seinem Metallarm an ihrem Körper entlang. Ein leises Summen ertönte nach der Prozedur. »Die Gefangene ist unbewaffnet.« Der erste der Daleks schnarrte: »Sobald ich es befehle, marschieren Sie los. Jeder Fluchtversuch wird schwerstens bestraft, und zwar ohne weitere Warnung. Verstanden?« Romana nickte benommen. »Haben Sie das verstanden?« kreischte der Dalek aufgebracht. »Sie sollen sprechen, sprechen, sprechen!« »Ja«, schrie Romana. »Ich habe verstanden.« »Die Gefangene wird zum Verhör abgeführt. Folgen Sie mir!« Einer der Daleks glitt durch die schwarze Öffnung in der Wand, der andere ließ Romana nicht aus den Augen. Widerstandslos ging auch sie durch die Öffnung, dann folgte ihr der zweite Dalek. Der geheimnisvolle Fremde hing an seinem Seil im Schacht und beobachtete die Szene. Nachdem alle den Raum verlassen hatten, kletterte er zurück an die Oberfläche. Das fremde Mädchen war also von den Daleks aufgegriffen worden. Nun konnte er nichts mehr für sie tun. Im Moment konnte ihr niemand helfen. Das Kontrollzentrum des vergrabenen Raumschiffs war riesig groß, in gleißendes Licht getaucht und von bestechender funktionaler Einfachheit. Als der Doktor sich umsah, wurde ihm sofort klar, daß diese schlichte Eleganz in der Tat von hochentwickelter Technologie zeugte. Auf dem Deck 33
wimmelte es von Männern und Frauen, die erstklassige Raumanzüge trugen. Sie waren hochgewachsen, wohlproportioniert und sahen sehr gut aus. Wer auch immer seine Befreier sein mochten, dachte der Doktor, auf jeden Fall waren sie auffallend attraktive Wesen. Er rekapitulierte die Geschehnisse. Als sich die beiden Fremden davon überzeugt hatten, daß der hilflose, eingeklemmte Doktor wohl keine ernsthafte Gefahr für sie darstellte, hatten sie ihre Waffen verstaut und sich ihm genähert. Mit erstaunlicher Kraft und Koordination hatten sie dann den Pfeiler angehoben, so daß er unversehrt darunter hervorkrabbeln konnte. Auf seine Dankesworte und Fragen reagierten sie nicht, statt dessen führten sie ihn aus der Felsenhalle über die graue Ebene zum Eingang ihres vergrabenen Raumschiffs. Und da war er nun. Der Doktor bemerkte, daß sich einige aus der Mannschaft in einer Art Prozession zu einem computergesteuerten Verteiler begaben, wo sie schlanke, silberne Röhrchen entgegennahmen, die sie in ihre Gürtel steckten. Werkzeuge, ein wichtiges Nahrungsmittel? Oder vielleicht Pillen gegen die radioaktive Strahlung? Nun, die Frage war im Augenblick nicht so wichtig. Einer der Fremden kam auf ihn zu. Er war genauso groß und schön wie die anderen, aber die Abzeichen auf seiner Uniform deuteten auf einen höheren Rang hin. Seine Stimme war tief und sanft: »Ich bin Commander Sharrel.« Dann zeigte er auf die beiden Retter, die ihm quer durch das Kontrollzentrum gefolgt waren. »Das sind Lan und Agella. Ich bin froh, daß sie Ihnen helfen konnten.« »Reizende Leute, die beiden«, bestätigte der Doktor höflich. »Und sehr kräftig. Sie haben diesen Pfeiler hochgehoben, als wäre er ein Streichholz. Ich würde gerne wissen, wo sie ihre Muskeln verstecken. Man nennt mich übrigens den Doktor.«
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»Die gesamte Mannschaft der Movellaner ist in ausgezeichneter Form«, erwiderte der Commander ernst. »Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Ausbildung.« Der Doktor beobachtete das geschäftige Treiben um ihn herum. Eine beträchtliche Anzahl von Movellanern saß vor Bildschirmen. Sie trugen Kopfhörer und konzentrierten sich auf zuckende Lichter, die über die Schirme huschten. »Und was machen sie jetzt? Videospiele?« Commander Sharrel lächelte zwar höflich, antwortete aber nicht. Unbeirrt fuhr der Doktor fort: »Ich möchte nicht neugierig erscheinen, aber gegen ein paar nützliche Informationen hätte ich nichts einzuwenden. Was tun Sie überhaupt hier auf…? Nebenbei, wie heißt dieser Planet überhaupt?« »Sie wissen nicht, wo Sie sich befinden?« »Nun, nicht ganz genau. Mein Navigationssystem bereitet mir einige Schwierigkeiten.« »Ich verstehe. Dann mußten Sie also notlanden?« »So könnte man es nennen.« »Nun gut. Auf den movellanischen Sternenkarten wird dieser Planet unter der Bezeichnung D 5 Gamma Z Alpha geführt.« »Ich fürchte fast, das sagt mir nicht allzuviel. Ich bin in diesen Dingen etwas altmodisch und ziehe Namen vor. Was hat Sie eigentlich hierher verschlagen?« »Es tut mir leid, Doktor. Der Zweck unserer Mission unterliegt der Geheimhaltung. Ich nehme an, Sie haben dafür Verständnis.« »Aber selbstverständlich. Ich dachte nur, ein gegenseitiger Informationsaustausch könnte außerordentlich nützlich sein.« »Möglicherweise. Haben Sie denn seit Ihrer Landung etwas in Erfahrung gebracht?« »Nicht viel«, gestand der Doktor. »Allerdings war ich Zeuge einer Beerdigung. Der Tote war ein Kantrianer.« 35
Der Commander ließ sich keine Informationen entlocken. »Würden Sie sagen, daß dieser Planet Kantria heißt?« »Nein, Kantria kenne ich. Außerdem waren einige Worte in seinen Grabstein geritzt… Ich verstehe genug Kantrianisch, um sie zu übersetzen: ›Fern seiner Heimat‹.« »Was konnten Sie noch beobachten?« »Eine beträchtliche Anzahl von Explosionen auf der Oberfläche des Planeten. Meiner Ansicht nach handelt es sich hierbei um künstliche Eruptionen, die durch unterirdische Bohrungen verursacht werden.« Der Doktor machte eine Geste des Bedauerns. »Ich fürchte, das ist alles.« Commander Sharrel schwieg. Sein Blick schweifte zu Lan und Agella. »Ich denke, eines kann ich Ihnen anvertrauen, ohne ein Geheimnis preiszugeben. Wir sind hier, um gegen eine Spezies vorzugehen, die unter dem Namen Daleks bekannt ist…« »Die Daleks?« Der Doktor sprang auf wie von der Tarantel gestochen. »Es sind bösartige Maschinenwesen…« »Über die Daleks brauchen Sie mir nichts zu erzählen. Ich weiß mehr über sie, als mir lieb ist.« Jetzt war Commander Sharrel verblüfft. »Sie kennen die Daleks?« »Allerdings kenne ich die Daleks«, antwortete der Doktor. »Und zwar besser, als Sie sich vorstellen können.« Die Daleks hatten ihren Stützpunkt tief unter der Oberfläche des zerstörten Planeten errichtet. Sie waren sowieso keine Freunde von Frischluft und Tageslicht und zogen deshalb ein unterirdisches Dasein vor. Die Daleks brachten Romana in einen grell erleuchteten, riesigen Raum, auf dessen Boden in unregelmäßigen Abständen wissenschaftliche Instrumente installiert waren. Die architektonische Gestaltung des Stützpunktes war von einer 36
abstoßenden Kälte gekennzeichnet, die durch die blanken Metallwände noch verstärkt wurde. Das Ganze erinnerte eher an ein improvisiertes Feldlager. An den Metallwänden waren beleuchtete Vergrößerungen irgendwelcher Pläne oder Karten befestigt, die aussahen wie architektonische Entwürfe. Die Daleks wieselten zwischen ihnen und den Instrumenten hin und her, überprüften dort etwas und studierten da etwas. Man befahl Romana, sich vor eine geheimnisvoll anmutende Maschine zu stellen. Es war ein skelettartiger Metallrahmen, der auf einer Konsole befestigt war. In Schulterhöhe befanden sich Armstützen, an deren Enden leuchtende Metallkugeln installiert waren. »Nehmen Sie diese Kugeln fest in Ihre Hände«, befahl ein Dalek. Romana war eingeschüchtert und tat alles, was von ihr verlangt wurde. Sie verspürte keinen Schmerz, nur eine schwache elektrische Spannung rieselte durch ihren Körper. Dann bombardierten sie die Daleks mit einem Hagel von Fragen. Wer sie denn sei? Aus welchem Grund sie auf diesen Planeten gekommen sei? Wer ihre Begleiter wären? Was sie nun machten? Es waren auch zahlreiche Fragen darunter, deren Sinn Romana nicht verstand und auf die sie keine Antwort zu geben wußte. »Antwort!« brüllte der Dalek. »Antwort! Antwort!« »Ich weiß darauf nichts zu antworten«, rief Romana verärgert. »Ich habe ja nicht einmal die Fragen verstanden. Warum lassen Sie mich nicht in Frieden?« Ihrem Wutausbruch folgte erstauntes Schweigen. Die Daleks am Kontrollschirm des Lügendetektors studierten aufmerksam die flackernden Lichter und Zeichen. »Detektor zeigt an, daß wahrheitsgemäß geantwortet wurde.« Der offensichtlich Verantwortliche für die Untersuchung erklärte: »Wir fahren fort!« Müde und erschöpft rieb Romana sich die Augen. Der Arm des Daleks, der mit einem Saugnapf versehen war, packte ihr 37
Handgelenk und zwang sie, von neuem die Kugel zu umfassen. »Lassen Sie Ihre Hände gefälligst auf den Kugeln!« Der Dalek machte eine Pause, als wollte er sich sein weiteres Vorgehen zurechtlegen. »Ich stelle fest: Es war Ihre Absicht, die Operationen der Daleks zu sabotieren. Ja oder Nein?« »Ich wußte überhaupt nichts von irgendwelchen Operationen der Daleks auf diesem Planeten«, begann Romana. »Antworten Sie!« kreischte der Dalek. »Antworten Sie! Ja oder Nein! Antworten Sie! Antworten Sie! Antworten Sie!« »Nein!« schrie Romana. »Der Detektor zeigt eine wahrheitsgemäße Antwort an!« »Ich stelle fest: Sie sind hier, um im Auftrag einer feindlichen Macht aus dem All die Daleks auszuspionieren! Ja oder Nein?« »Nein! Nein! Nein!« schrie Romana. »Hören Sie endlich auf und lassen Sie mich in Ruhe!« »Detektor zeigt wahrheitsgemäße Antwort an! Das Standardverhör ist hiermit abgeschlossen.« Aus der Konsole tönte ein Schwirren und Klicken, und eine Reihe von Lämpchen flackerte auf. »Teilen Sie uns das Ergebnis der Antwortanalyse mit!« »Gemäß der Analyse fällt das Subjekt in Kategorie Neun.« »Subjekte der Kategorie Neun stellen für die Daleks kein Sicherheitsrisiko dar. Die Gefangene wird den Lügendetektor nun verlassen!« Erleichtert nahm Romana ihre Hände von den Metallkugeln. »Heißt das, ich kann gehen?« »Als Vertreter der humanoiden Rasse können Sie niedere Dienste leisten. Ansonsten sind Sie für uns wertlos. Sie werden einer Strahlenschutzbehandlung unterzogen und dann Ihrer Arbeitseinheit unterstellt.« »Ich denke nicht daran, für euch zu arbeiten!« 38
»Sie haben den Anordnungen der Daleks unverzüglich Folge zu leisten. Sie werden täglich Ihr vorgeschriebenes Arbeitspensum erfüllen. Wenn Sie dies tun, bleiben Sie am Leben. Sollten Sie sich einen Fehler zuschulden kommen lassen, werden wir Sie liquidieren.« Die Daleks standen jetzt in einem bedrohlichen Kreis um Romana. »Gehorchen Sie den Befehlen der Daleks!« »Gehorchen Sie unverzüglich!« »Gehorchen Sie, ohne Fragen zu stellen!« Die grellen, metallischen Stimmen schienen sich gegenseitig hochzuschaukeln. Es klang, als brüllte ein gespenstischer Roboterchor. »Gehorchen! Gehorchen! Gehorchen!« Romana hielt sich verzweifelt die Ohren zu, aber die kreischenden Stimmen drangen ihr bis ins Mark. »Den Daleks gehorchen! Gehorchen! Gehorchen! Gehorchen!« »Bitte, Commander Sharrel, Sie müssen mir glauben. Es ist von außerordentlicher Bedeutung, daß Sie mir anvertrauen, was Sie über die Mission der Daleks auf diesem Planeten wissen. Ich habe eine nicht unerhebliche Erfahrung, was ihre Methoden anbelangt. Mit Sicherheit kann ich Ihnen helfen. Aber dazu muß ich unbedingt wissen, warum sie hier sind.« »Doktor, genau dies wollen wir herausfinden –« Commander Sharrel wurde von Agella unterbrochen, die auf ihn zustürzte. »Ja, was gibt es?« »Entschuldigung, Commander, aber die Wachpatrouille hat jemanden aufgegriffen. Er ist in der Umgebung des Raumschiffs umhergeirrt. Wollen Sie mit ihm sprechen?« »Bringen Sie ihn herein!« Zwei Movellaner betraten den Raum. Zwischen ihnen befand sich eine sonderbare Gestalt. Es war ein großer und 39
hagerer Mann mit auffallend weißem Gesicht und ebenso weißem Haar. Er trug die zerschlissenen Überreste einer Art Raumanzug. Fassungslos bestaunte er die hochtechnische Einrichtung, die ihn umgab, die hell erleuchteten Armaturen und vor allem die Movellaner, die in ihren eleganten Uniformen flink und diszipliniert durch den Raum eilten. Er wirkte, als würde er sich plötzlich wieder an etwas längst Vergessenes erinnern, während er sich umsah. Schließlich stand er vor Commander Sharrel. Mit einer etwas hilflosen, fast mitleiderregenden Geste bat er um dessen Aufmerksamkeit. »Ich bitte um Ihre Angaben! Name, Rang, Herkunftsplanet sowie Bezeichnung der Flotte, in der Sie dienen. Was ist Ihr Auftrag auf diesem Planeten?« fragte Commander Sharrel knapp. Mit brüchiger, leiser Stimme antwortete der Neuankömmling: »Bordingenieur Tyssan, Sir. Mitglied der intergalaktischen Raumflotte des Planeten Erde. Vor zwei Jahren geriet ich in Gefangenschaft…« Seine Stimme schien zu versagen und begann zu beben. Kaum hörbar fuhr er fort: »Seitdem bin ich ein Gefangener der Daleks…« Der Versuch, einen präzisen militärischen Rapport abzugeben, war zuviel für den Ingenieur Tyssan. Er schwankte plötzlich und kippte um, steif wie eine gefällte Pappel. Der Doktor sprang auf ihn zu, bekam ihn gerade noch zu fassen und ließ ihn sanft zu Boden sinken. Dann untersuchte er den Bewußtlosen. »Was ist los mit ihm?« fragte Commander Sharrel. »Oh, nichts Besonderes! Er ist nur unterernährt, total erschöpft und radioaktiv verseucht.« Der Doktor blickte mit besorgter Miene hoch. »Oder anders ausgedrückt: Er ist halb verhungert, ist gezwungen, unter menschenunwürdigen Bedingungen zu leben, und hat sich halb zu Tode geschuftet.
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Er hat Sie nicht belogen, Commander. Wir haben einen Gefangenen der Daleks vor uns!«
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Sklaven der Daleks Man führte Romana in eine riesige unterirdische Höhle, in der sternförmig mehrere Tunnels zusammenführten. In dem Gewölbe lagen haushohe Schutthaufen, das sichtbare Ergebnis der dalekschen Bohrungen. Menschen und menschenähnliche Wesen waren damit beschäftigt, den Schutt in Körbe abzufüllen, diese auf ein Förderband zu hieven und sie so wegzuschaffen. Alle waren dürr und ausgemergelt, Kleider, Gesicht und Haare waren von weißem Staub bedeckt. Romana glaubte, in einer Geisterbahn gelandet zu sein. Die Daleks hatten Wachtposten abgestellt, die im Raum patrouillierten. Unsanft wurde Romana von einem der Daleks in die Höhle gestoßen. »An die Arbeit!« Sein Arm mit dem Sauger deutete auf mehrere leere Körbe. Romana nahm einen von ihnen und begab sich zu den übrigen. Eine Weile arbeitete sie schweigend, aber sie wartete nur auf einen unbeobachteten Moment. Sobald als möglich machte sie sich an die anderen Gefangenen heran. Es waren ein Mann und ein Mädchen, die sie ansprach: »Ich bin Romana. Wer seid ihr?« »Veldan. Und das ist Jall«, flüsterte das Mädchen. »Wie lange seid ihr schon Gefangene der Daleks?« Veldan rieb sich den Staub aus dem Gesicht. »Mir kommt es wie eine Ewigkeit vor.« »Wie bist du in Gefangenschaft geraten?« »Sie haben unsere Kolonie auf Sirrian überfallen. Ungefähr fünfzig unserer Leute haben sie mitgenommen.« »Wie war es bei dir, Jall?«
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»Ich war Passagier auf einer Space-Shuttle. Die Daleks haben uns angegriffen und allesamt eingesackt. Mannschaft, Passagiere, einfach alle.« »Ihr wurdet an unterschiedlichen Orten gefangengenommen und seid beide hier gelandet?« »Zunächst wurden wir in einer weitentfernten Galaxie auf einen Gefangenentransporter verfrachtet. Zu Hunderten wurden wir wie Ölsardinen in winzige Metallkabinen gezwängt. Man konnte froh sein, wenn man das überlebte. Dann haben sie ungefähr fünfzig von uns ausgewählt und hierhergebracht.« Jall lachte verbittert auf. »Wir dachten noch, wir hätten Glück! Wir bildeten uns ein, vielleicht eines Tages fliehen zu können. Seit dieser Zeit sind schon eine Menge von uns draufgegangen.« »Warum könnt ihr nicht fliehen? Vorhin habe ich eine Beerdigungsprozession beobachtet. Sie wurde nicht einmal bewacht.« Nun antwortete Veldan. »Zunächst einmal, wohin sollten wir denn fliehen? Der ganze Planet ist eine einzige Ruine. Es gibt nichts zu essen, kein Wasser, rein gar nichts. Ohne die Anti-Strahlen-Pillen, die die Daleks ausgeben, stirbt man innerhalb weniger Tage. Und sollte doch einmal jemand türmen, so töten die Daleks zur Strafe einen aus unseren Reihen. Fluchtversuche erfreuen sich keiner großen Beliebtheit mehr.« Romana beobachtete all die schuftenden Menschen um sie herum. »Die Daleks haben euch nur zum Arbeiten hierhergebracht? Warum benützen sie nicht einfach Maschinen?« »Sie haben ja Maschinen, riesige Maschinen für die Bohrungen«, erklärte Jall. »Aber diese Säuberungsarbeiten erledigt niemand so gut wie wir Humanoiden.« »Billig, strapazierfähig, leicht zu ersetzen«, ergänzte Veldan verbittert. »Wenn ein paar sterben, holt man sich eben einen Schwung Neue.« 43
»Vielleicht finden die Daleks Gefallen daran, die Humanoiden zu unterjochen«, bemerkte Romana nachdenklich. »Schließlich waren sie ja einst selbst natürliche Wesen.« »Wie kommt es, daß du so genau über sie Bescheid weißt?« Aber bevor Romana antworten konnte, näherte sich ein Wachtposten der Daleks. »Ruhe! Es ist absolut verboten, miteinander zu sprechen!« Jall und Veldan begannen wieder, ihre Körbe mit Felsen zu beladen, und Romana folgte ihrem Beispiel. Doch nachdem sie eine Weile gearbeitet hatte, befiel sie Benommenheit und Schwindel, so daß sie ihre Arbeit unterbrechen mußte. »Was ist mit dir?« flüsterte Veldan. »Ich bin noch etwas wacklig auf den Beinen. Ich habe eine gehörige Dosis Radioaktivität abbekommen, bevor ich in Gefangenschaft geriet, und ich glaube, sie wirkt noch nach. Ich werde bald wieder in Ordnung sein. Die Daleks haben mir ein paar Pillen gegeben.« Schließlich nahm sie sich zusammen und fuhr mit ihrer Arbeit fort. »Hört zu, ihr beiden, ich muß weg von hier! Habt ihr Interesse?« »Das kannst du dir gleich aus dem Kopf schlagen!« versetzte Jall kühl. »Ich habe dir doch gesagt, was passiert, falls einer von uns versucht zu fliehen. Willst du schuld sein am Tod Unschuldiger?« Eine zweite Welle der Übelkeit überkam Romana, so daß sie, ohne auf Jalls Frage eingehen zu können, vornüberkippte und auf ihrem Korb landete. Veldan und Jall stürzten zu ihr, um sich um sie zu kümmern, aber einer der Daleks verscheuchte sie. »Weg da!« »Sie ist krank!« protestierte Veldan. »Bleibt weg von ihr!« Der Dalek kam auf Romana zu. Seine Waffe war direkt auf sie gerichtet. »Weiterarbeiten! Wer zu schwach ist für die Arbeit, wird liquidiert!«
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Mit übermenschlicher Anstrengung kam Romana wieder auf die Beine und begann von neuem, Gesteinsbrocken in den Korb zu werfen. »Ist schon in Ordnung«, murmelte sie. »Es geht schon wieder.« Der Dalek behielt sie eine Weile im Auge, dann entfernte er sich wieder. Romana arbeitete so langsam, wie sie glaubte, es sich erlauben zu können. Dabei ließ sie ihren Blick durch die Höhle schweifen, um sich die Positionen der Wachtposten einzuprägen. Wenn sie warten würde, bis sie wieder bei Kräften war, und dann auf einen der Tunnels zurannte… Veldan kam zu ihr. »Romana, vergiß die Flucht! Glaube mir, diesen Raum verläßt man nur als Leiche…« Romana starrte sie an. Die letzten Worte des Mädchens hallten ihr im Kopf. »Diesen Raum verläßt man nur als Leiche…« Inzwischen war der entflohene Gefangene Tyssan medizinisch versorgt worden, man hatte ihm zu essen und zu trinken gegeben. Er hatte das Bewußtsein wiedererlangt und beantwortete, so gut er es in seinem gebrechlichen Zustand konnte, die Fragen des Commanders und des Doktors. »Können Sie sich vorstellen, wonach die Daleks eigentlich bohren?« fragte der Doktor. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung«, antwortete Tyssan leise. »Sie ziehen die Gefangenen nicht ins Vertrauen.« »Auf welche Weise konnten Sie entkommen?« wollte Commander Sharrel wissen. »Ich bin während der Arbeit einfach zusammengebrochen. Es stand ziemlich schlecht um mich, sie dachten wohl, ich sei bereits tot. Als ich wieder zu Bewußtsein kam, waren alle Wachtposten verschwunden. Sie haben mich einfach liegengelassen. Mit etwas gestohlenem Proviant und Wasser
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habe ich es bis zur Oberfläche geschafft. Allerdings hat mir das auch nicht viel genutzt.« »Weiter!« Tyssan nickte dem Doktor zu. »Ein paar Tage bin ich umhergeirrt, bis ich schließlich Sie und das Mädchen traf.« »Warum haben Sie uns nicht angesprochen?« »Ich glaube, daß ich mich zu diesem Zeitpunkt bereits im Delirium befand. Angst hatte ich auf alle Fälle, denn ich wußte ja nicht, wer Sie sind und wie Sie mich empfangen würden. Ich folgte Ihnen eine ganze Weile, verlor Sie aus den Augen und stieß schließlich wieder auf das Mädchen. Es gelang mir nicht, sie anzusprechen, da sie vor mir weglief. Schließlich fiel sie in einen der Schächte in den Ruinen.« »Hat sie sich verletzt? Warum haben Sie ihr nicht geholfen?« »Das habe ich versucht… Ich bin ihr in den Schacht nachgeklettert, aber ich kam zu spät… Die Daleks hatten sie schon erwischt.« Der Doktor sprang auf. »Was? Sind Sie sich da ganz sicher?« »Absolut sicher. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen.« Der Doktor begann sofort, Pläne zu schmieden. »Ich nehme an, sie werden sie einer eingehenden Befragung unterziehen. Sie werden herausfinden wollen, woher sie kommt. Tyssan, ich muß in den Stützpunkt der Daleks. Können Sie mir zeigen, wie ich am besten hineingelange?« »Ich denke schon«, antwortete Tyssan, wenn auch zögernd. »Aber es ist äußerst riskant.« »Das wäre nicht das erste Mal. Werden Sie es schaffen, Tyssan? Wollen Sie mir helfen?« Die Entschlußkraft und der Enthusiasmus des Doktors waren einfach ansteckend. »In Ordnung. Ich werde es versuchen«, meinte Tyssan. »Großartig! Also los, wir haben keine Zeit zu verlieren!« 46
Der Doktor war schon an der Tür, als der Commander ihm nachrief: »Einen Moment, Doktor!« Der Doktor drehte sich zu ihm um. »Sie werden vielleicht Hilfe brauchen. Wir werden Sie begleiten. Agella, geh und stelle die nötigen Waffen zusammen!« Mit der Bedächtigkeit, die allen Movellanern eigen war, machte sich Agella auf den Weg zur Tür, nicht ohne eines der kleinen silbernen Röhrchen aus dem Computerverteiler zu entnehmen, das sie sich an den Gürtel heftete. »Bitte, beeilen Sie sich doch«, drängte der Doktor. Aber Agella ignorierte seine Bitte und setzte ihren Weg ohne jede Hast fort. In der unterirdischen Höhle war es mittlerweile wieder vollkommen ruhig. In sich zusammengesunken und erschöpft verrichteten die Gefangenen ihre Sisyphusarbeit. Die Dalekwachen schoben sich mechanisch durch den Raum. Plötzlich taumelte Romana. Sie stolperte noch einige Schritte vorwärts, bis sie schließlich der Länge nach auf den Boden fiel. Veldan wollte ihr zu Hilfe eilen, aber ein Wachtposten scheuchte sie weg. »Weg von der Gefangenen! Zurück an die Arbeit!« »Aber sie ist krank…!« »Zurück an die Arbeit!« Widerstrebend gehorchte Veldan. Der Dalek glitt an Romana heran und ließ seinen »Sauger«, in Wirklichkeit ein hochempfindlicher variabler Sensor, über ihren Körper gleiten. »Atemstillstand, Herzstillstand. Die Gefangene ist tot.« Der Dalek wandte sich ab. »Ihr könnt sie doch nicht einfach hier liegen lassen!« rief Jall. »Wir wollen sie wenigstens beerdigen!«
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Der Dalek wirbelte herum und zielte mit seiner Waffe auf ihn. »Die Gefangene ist tot. Sobald die Arbeit hier beendet ist, werdet ihr die Erlaubnis erhalten, über sie zu verfügen. Zurück an die Arbeit! Gehorcht!« Jall gehorchte. Tyssan ließ sich vorsichtig am Seil hinab in den Schacht. Der Raum war nun vollkommen leer. In einer Wand klaffte das Loch, das die Daleks gebohrt hatten. Tyssan sprang auf den Boden hinab und rief nach oben: »Es ist niemand hier. Ihr könnt runterkommen.« Nun seilte sich der Doktor ab, gefolgt von Agella, Lan und schließlich Commander Sharrel. Tyssan zeigte auf das Loch in der Wand. »Hier sind die Daleks hereingekommen, also muß dies der Weg zu ihren Anlagen sein.« Er zitterte wie Espenlaub. Die Angst vor der Hölle, der er erst vor kurzem entronnen war, schien ihm noch in den Knochen zu sitzen. Der Doktor bemerkte, was in ihm vorging. »Sie haben uns einen großen Dienst erwiesen, indem Sie uns diesen Weg gezeigt haben, Tyssan. Glauben Sie mir, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar dafür. Aber jetzt gibt es eigentlich keinen Grund mehr für Sie, dieses Risiko einzugehen. Warum kehren Sie nicht zum Raumschiff der Movellaner zurück? Dort wird man sich um Sie kümmern.« Tyssan schien mit sich zu ringen, aber schließlich schüttelte er den Kopf. »Ich bleibe. Ich habe nichts zu verlieren. Von dem Zeitpunkt, an dem man mich hierher verschleppte, war mir eigentlich bewußt, daß ich auf Skaro sterben würde.« »Skaro? Der Ursprungsplanet der Daleks?« »Natürlich, Doktor. Haben Sie das nicht gewußt?« Der Doktor blickte Commander Sharrel an. »Stimmt es, was er sagt?« »Auch wir nehmen das an, Doktor.« 48
Der Doktor war erstaunt. »Dann sind die Daleks also auf ihren Ursprungsplaneten, auf Skaro, zurückgekehrt. Ich hätte es mir eigentlich denken können…« »Aufgrund Ihres defekten Navigationssystems konnten Sie das natürlich nicht wissen.« »Ich spreche nicht von meinen Instrumenten. Die Atmosphäre des Bösen, mein Gefühl, früher schon einmal hiergewesen zu sein… Ich hätte mich mehr auf meine Intuition verlassen sollen.« Der Doktor richtete sich auf und starrte durch das Loch in die Finsternis. »Warum? Warum vergraben sie sich in den Ruinen ihrer Stadt? Wozu das alles?« Er hielt inne. »Nein!« flüsterte er mit weit aufgerissenen Augen. »Nein, das kann doch nicht sein. Es wäre absurd, selbst für die Daleks…« »Was wäre absurd?« wollte Commander Sharrel wissen. Der Doktor zuckte mit den Achseln. »Nur so eine verrückte Idee von mir. Wahrscheinlich ist gar nichts dran. Wie dem auch sei, die Antwort auf diese Frage werden wir spätestens in der Kommandozentrale der Daleks erhalten.« Er ging allen voran durch den Ausgang. Im Kontrollzentrum bewegten sich die Daleks roboterhaft zwischen ihren Instrumenten hin und her. Sie arbeiteten ohne Hast, aber effektiv. Ein Dalek, bei dem es sich offensichtlich um einen Ingenieur handelte, betrat den Raum durch den bogenförmigen Eingang und kam direkt auf den Anführer zu. »Der Vertikalbohrer auf Ebene Drei ist in Position!« »Der Durchstoß zu den unteren Ebenen hat unverzüglich zu erfolgen. Ordnen Sie an, daß die Bohrungen bis zum vollständigen Durchstoß nicht unterbrochen werden!« »Zu Befehl.« In diesem Moment ertönten an einem der Kontrolltische Alarmsignale. Der Anführer wandte sich an das Kontrollpersonal. »Meldung!« 49
»Die Sicherheitssensoren melden unbefugte Personenbewegungen in Abschnitt sieben.« »Einheiten vier und sechs sollen der Sache nachgehen!« »Zu Befehl!« Der Techniker begab sich zu einer Art Fernsprechapparat und sandte eine Folge von Signalen aus. In der benachbarten Sicherheitszentrale machten sich zwei Daleks auf, um nach den Eindringlingen zu suchen.
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Die Flucht Der Doktor und seine kleine Schar arbeiteten sich langsam und vorsichtig durch einen frisch gegrabenen Tunnel vor. Immer wieder mußten sie über Felsbrocken klettern, die ihnen den Weg versperrten. An einem engen Spalt hielt Tyssan schließlich an. »Dieser Seitentunnel ist ungefähr tausend Meter lang und verbindet diesen Tunnel hier mit jenem, der direkt zum Hauptquartier führt. Auf diesem Weg bin ich auch geflohen.« Dann meinte Commander Sharrel: »Lan, Sie bleiben hier und halten am Eingang Wache. Es ist möglich, daß wir uns sehr schnell zurückziehen müssen.« »Jawohl, Sir!« Lan stellte sich seitlich in Position, während Commander Sharrel, der Doktor, Tyssan und Agella in der Dunkelheit des Tunnels verschwanden. Lan blieb allein zurück. Mit gezogener Waffe stand er abwartend da, aufrecht und höchst konzentriert. Seine schönen, fast edlen Gesichtszüge verrieten nicht die Spur von Angst. In der großen unterirdischen Höhle durchdrang das Heulen einer Sirene die Totenstille. Die Gefangenen ließen sich erleichtert neben ihren Körben auf den Boden fallen. Endlich erhielten sie ihre Pillen, bekamen gerade soviel zu essen und zu trinken, um am Leben zu bleiben, und konnten einige Stunden in den Nebenhöhlen schlafen, die notdürftig in Unterkünfte umfunktioniert worden waren. Nach einigen Stunden würden sie unsanft von dem gellenden Geschrei der Daleks aufgeweckt und wieder an die Arbeit getrieben werden. »Arbeitsphase beendet«, verkündete ein Wachtposten überflüssigerweise. »Die Gefangenen kehren in den Erholungsbereich zurück.« Dann begab er sich zu Romana, die 51
zusammengekrümmt, bewegungslos und von allen allein gelassen auf dem Boden lag. »Die Leiche kann fortgeschafft werden. Machen Sie mit ihr, was Sie wollen. Sie haben hiermit die Erlaubnis zur Beerdigung.« Zwei Gefangene erschienen mit einer primitiven hölzernen Bahre, auf die sie Romanas Körper legten. »Helft ihnen!« Nun erschienen zwei weitere Sträflinge. Diese vier hievten die Bahre auf ihre Schultern und brachten Romana fort. Auf dem Monitor des Dalek-Anführers flackerte ein helles Licht auf. Der Dalek berührte mit seinem Saugarm einen Knopf. »Meldung!« »Die Suche nach den Eindringlingen ist bis jetzt ergebnislos verlaufen.« »Suche fortsetzen und das Gebiet der Nachforschungen ausweiten! Unterrichten Sie mich unverzüglich über Neuigkeiten!« »Zu Befehl!« Der Dalek-Anführer entfernte sich. Das Kontrollzentrum war jetzt wie leergefegt, aber das sollte sich schnell ändern. In einem der Zugänge tauchte der Doktor auf, schaute sich kurz um und winkte dann seine Begleiter herein. Commander Sharrel, Agella und Tyssan gesellten sich zu ihm. »Und was nun, Doktor?« wollte Commander Sharrel wissen. »Oh, wir werden uns etwas umsehen«, erklärte der Doktor vage. »Man kann nie wissen, was es zu entdecken gibt, bevor man nicht danach gesucht hat.« »Agella, Sie bewachen den Haupteingang!« befahl Commander Sharrel.
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Agella bezog Stellung als Wachtposten, und die anderen begannen damit, sich die Zentrale näher anzusehen. Am neugierigsten schien der Doktor zu sein. Er war offensichtlich von allem, was er erblickte, fasziniert. Er öffnete einen Metallschrank und fand darin ein Regal voll stummeliger Eisenzylinder, die mit Zeitzündern verbunden waren. »Nanu, was haben wir denn da?« staunte er. Tyssan kam zu ihm herüber. »Bomben, Doktor. Hochexplosive Ladungen mit Zeitzündern. Sie haben eine enorme Sprengkraft. Damit werden die Höhlen in den Stein gesprengt.« Der Doktor nickte nur, und schon verschwand eines der Bömbchen in seiner geräumigen Tasche. Dann suchte er weiter. Sein Blick blieb an einer der beleuchteten Karten hängen, und er begann, sie sorgfältig zu studieren. »Das könnte sehr aufschlußreich für uns sein. Interessant… wirklich sehr interessant!« Nun kam Commander Sharrel zu ihm. »Was hat das zu bedeuten, Doktor?« »Es scheint sich hier um die Pläne der alten Stadt Kaled zu handeln.« »Kaled?« »Dalek, nur andersherum. Es würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen, das jetzt alles zu erklären.« Er deutete auf den Plan. »Dies hier ist die erste unterirdische Ebene, auf der wir uns übrigens gerade befinden. Und hier folgt die zweite. Ich nehme an, sie sind schon bis dahin vorgedrungen.« Sein Finger wanderte die Karte entlang nach unten. »Und hier ist Ebene drei… Dieses Zeichen markiert offensichtlich ihr Operationsziel.« Der Doktor zeigte auf ein umkreistes Kreuz. »Wenn es tatsächlich ihr Ziel ist, wofür steht dann dieses kleine Kreuz?«
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»Das ist mir selbst noch nicht ganz klar«, erwiderte der Doktor. Er schien etwas auszubrüten. »Ich frage mich, warum die vierte Ebene nicht eingezeichnet ist.« »Die Originalkarten müssen sehr alt sein«, meinte Tyssan. »Vielleicht sind die Pläne für das vierte Geschoß verlorengegangen.« »Möglich. Das würde auch erklären, warum sie von oben nach unten bohren. Wenn sie von der Existenz der vierten Ebene wüßten, könnten sie sich einen Zugang verschaffen und von unten nach oben bohren, was ihnen die Arbeit wesentlich erleichtern würde.« Der Doktor kramte Papier und Bleistift aus seiner Tasche und begann, eine ungefähre Skizze zu zeichnen. »Wenn dies der einzige Plan ist, den sie besitzen, dann gibt es einiges, was sie über diese Stadt nicht wissen. Aber ich weiß es!« Lan hatte bemerkt, daß sich weiter hinten im Tunnel etwas bewegte, und ging nun in der Felsspalte in Deckung, indem er sich platt an die Wand preßte. Ein Dalek kam den Haupttunnel entlang, glitt näher und immer näher… und schließlich, offensichtlich ohne ihn bemerkt zu haben, an ihm vorbei. Lan wartete einen Moment ab, trat dann aus seinem Versteck und spähte in die Richtung, in der der Dalek verschwunden war. Plötzlich vernahm er ein kaum hörbares Geräusch hinter sich und wirbelte herum. Ein zweiter Dalek hatte sich leise von hinten an ihn herangeschlichen. Bevor Lan feuern konnte, traf ihn der Strahl aus dem Blaster des Daleks. Lan krümmte sich im grellen Schein dieser enormen Energieentladung zusammen und drehte sich langsam um seine eigene Achse, bis er schließlich zu Boden stürzte.
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Nun kam der erste Dalek den Tunnel zurück. Die beiden gedrungenen Metallwesen starrten auf den bewegungslosen Körper. »Meldung an Kontrollzentrum: Eindringling geortet und liquidiert«, schnarrte der erste Dalek. Ein Gerät begann einen konstanten Piepston von sich zu geben. Der Doktor und seine Begleiter sahen sich erschreckt an. Jetzt würde sicher gleich ein Dalek erscheinen. »Daleks, von dort!« rief Agella. »Nichts wie raus hier!« zischte der Doktor. Er rannte auf die Tür zu, durch die sie den Raum betreten hatten, blieb aber ruckartig stehen. »Hier kommt auch einer. In Deckung!« Alle vier verschanzten sich hinter einem massiven Wall aus allerlei Gerätschaften. Durch jeden der zwei Zugänge betrat nun ein Dalek den Raum. Der Anführer begab sich zu dem immer noch piepsenden Gerät: »Meldung!« »Eindringling aufgespürt und liquidiert. Wir kommen in den Kontrollraum zurück.« »In einigen Augenblicken wird es hier ein Gewimmel geben wie in einem Ameisenhaufen«, flüsterte der Doktor. »Wir müssen hier raus!« Er gab den anderen ein Zeichen, die zustimmend nickten. »Jetzt!« rief der Doktor, sprang aus seiner Deckung und rannte auf den Ausgang zu. Die Daleks reagierten sofort, wirbelten herum und eröffneten das Feuer. Aber da war der Doktor schon im Tunnel verschwunden, die andern dicht an seinen Fersen. Hinter ihnen röhrten die Waffen der Daleks. Sie hörten das wütende Kreischen der Maschinenwesen: »Alarm! Alarm! Eindringlinge im Kontrollbereich! Sie dürfen nicht entkommen! Sofortige Liquidierung!«
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Der Doktor und seine Begleiter liefen so schnell sie konnten den Haupttunnel entlang und bogen dann in den Seitentunnel ein, um so bald wie möglich zu der Felsspalte zu gelangen, durch die sie gekommen waren. Als sie sie erreicht hatten, stolperte der Doktor über eine weiche, zusammengekrümmte Gestalt, die am Boden lag. Agella blickte hinunter. »Es ist Lan«, sagte sie ohne ein Anzeichen von Gefühl. »Ich werde ihn mir mal ansehen. Vielleicht kann ich ihm helfen. Ich bin Arzt.« In ungewöhnlich barschem Ton hielt Agella ihn zurück. »Nein, Doktor! Er ist tot!« »Sind Sie sich dessen so sicher? Lassen Sie mich zumindest einmal nachsehen…« Nun stellte sich ihm auch Commander Sharrel in den Weg. »Wir sind Movellaner, Doktor. Fremden ist es nicht gestattet, unsere Toten zu sehen. Das wäre gegen unseren Ehrenkodex…« Der Commander warf einen Blick zurück in den Tunnel. »Wir müssen weiter. Die Daleks sind sicher dicht hinter uns.« Der Doktor und Tyssan wurden freundlich, aber bestimmt gezwungen, Lans Körper liegen zu lassen. Erst als sie an dem Toten vorbei waren, folgten ihnen die Movellaner. »Was hatte das zu bedeuten, Doktor?« murmelte Tyssan. »Keine Ahnung. Aber es wäre doch sehr interessant zu wissen, oder?« Eilig hasteten sie weiter, über die verstreuten Felsbrocken stolpernd, bis sie schließlich den unterirdischen Raum erreichten, in dem immer noch Tyssans Seil aus dem darüberliegenden Schacht herabbaumelte. »Los! Sie als erster«, sagte der Doktor. »Beeilung!« Tyssan faßte nach dem Seilende, dann zögerte er. »Was passiert mit dem Mädchen, Ihrer Freundin? Wir hatten doch vor, sie zu retten.«
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»Machen Sie sich darüber keine Sorgen, wir werden sie schon finden.« Die Stimme des Doktors klang zuversichtlich. »Wir sind hier noch nicht fertig.« Tyssan verschwand im Schacht, und der Doktor winkte die Movellaner heran. »Nach Ihnen.« »Nein, nach Ihnen, Doktor«, meinte Commander Sharrel zuvorkommend. »Wie freundlich!« Der Doktor zog sich behende am Seil empor, dann folgten die Movellaner. Schon glitten drei Daleks den Tunnel entlang, überrollten Lans leblosen Körper und betraten die unterirdische Kammer. Energiesalven blitzten auf, und todbringendes Feuer durchzuckte die Kammer. Aber der Raum war leer. Die Daleks bezogen unter dem Schacht Stellung und eröffneten das Feuer nach oben… Als Reaktion hörte man ein leises Rascheln, dann fiel das Seil neben ihnen auf den Boden. »Ihr glaubt wohl, ihr seid die Herrenrasse des Universums! Na los, dann klettert uns doch nach!« Es war die Stimme des Doktors, die spöttisch den Schaft herunterhallte. Der Anführer der Daleks gab neue Befehle aus: »Position beibehalten! Wir erstatten Meldung an Kontrollzentrum!« Zwei der Daleks entfernten sich, während der dritte seinen objektivbewehrten Augenstab den Schacht hinauf richtete, in der Hoffnung, einen Feind zu erspähen, der längst entwichen war. Der Doktor, Tyssan sowie die beiden überlebenden Movellaner hasteten aus den Ruinen ins Freie und über die Ebene davon. Als sie den offenen Platz erreichten, erstarrte der Doktor vor Schreck. Das Hünengrab, das er untersucht hatte, war immer noch vorhanden. Aber daneben befand sich jetzt ein zweites.
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Den Doktor beschlich eine schreckliche Ahnung. »Nein! Doch nicht Romana!« In aller Eile begann er, das Grab freizulegen.
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Das Geheimnis der Daleks Der Doktor arbeitete wie ein Besessener, erfüllt von Verzweiflung und der Furcht, er könnte gerade das finden, was er vermutete und fand niemanden, das Grab war leer! »Suchen Sie etwas Bestimmtes, Doktor?« ertönte eine Stimme hinter seinem Rücken. Der Doktor drehte sich um. Vor ihm stand Romana. Sie sah krank und erschöpft aus und war über und über mit dem unvermeidlichen Staub bedeckt, aber sie lebte. Der Doktor sprang vor Freude in die Luft und umarmte sie herzlich. »Romana! Wissen Sie, daß ich einen Augenblick dachte, Sie seien…« »… ich sei in diesem Grab? Nun, das war ich auch kurze Zeit. Zu sterben war die einzige Möglichkeit, den Daleks zu entkommen. Also bin ich gestorben. Glücklicherweise ist ihnen nicht bekannt, daß ich von Gallifrey stamme.« Der Doktor klopfte ihr auf die Schulter. »Braves Mädchen.« Nachdem er Romana den anderen vorgestellt hatte, wollte Tyssan wissen: »Was hat denn Gallifrey mit Sterben und Wiederauferstehen zu tun?« »Ich habe in der Schule gelernt, wie man einen künstlichen Atem- und Herzenstillstand hervorruft.« »Herzen? Wieviel Herzen haben Sie denn?« »Zwei, eines für den Alltag und eines für besondere Anlässe.« Der Doktor war schon wieder in das Studium einer Karte vertieft, die er aus seiner Tasche gefingert hatte. Plötzlich stürzte er auf eine der Ruinen zu. »Wohin laufen Sie denn, Doktor?« rief ihm Romana nach. »Daleks jagen«, erwiderte der Doktor grimmig und verschwand im Inneren des Gebäudes. 59
Als die übrigen ihn eingeholt hatten, steuerte der Doktor bereits auf einen Haufen loser Felstrümmer zu, die in einer Ecke des Raums aufgetürmt waren. »Wenn mich nicht alles täuscht, existiert an dieser Stelle ein Schacht, der direkt zur vierten Ebene führt und von dem die Daleks nichts wissen.« Die anderen halfen ihm, die Steinbrocken zu entfernen, und nach ein paar Minuten harter Arbeit hatten sie eine verrostete Eisentüre freigelegt. Der Doktor rüttelte am Griff und hob sie vorsichtig hoch. Mit einem widerspenstigen Ächzen gab sie schließlich den Schacht frei. »Da haben wir’s!« triumphierte der Doktor. »Wenn die Daleks wirklich das suchen, was ich vermute, so haben wir die besten Chancen, vor ihnen dort zu sein.« Dann wandte er sich an die zwei Movellaner. »Es ist eigentlich nicht nötig, daß wir alle zusammen gehen. Warum gehen Sie beide nicht zum Schiff zurück und warten dort auf uns?« Commander Sharrel überdachte diesen Vorschlag mit der ihm eigenen Ruhe. »Nein. Ich werde zum Schiff zurückkehren – man könnte mich dort brauchen. Aber Agella wird Sie begleiten. Wir sind ebenso erpicht darauf wie Sie, Doktor, das zu finden, wonach die Daleks suchen. Bleib bei ihm, Agella!« Das Mädchen nickte bedächtig. »Natürlich, Commander.« Commander Sharrel machte auf dem Absatz kehrt und spazierte davon, ohne sich besonders zu beeilen. »Einen Moment noch«, sagte Tyssan. »Vielleicht brauchen wir das hier.« Aus einem Versteck in der Ecke holte er eine primitive Harzfackel hervor, die er mit einem Feuerzeug entzündete. »Das habe ich auf meiner Flucht entwendet.« »Na, dann los!« rief der Doktor. Er ging durch die Tür und den steil nach unten führenden Gang hinab. Es wurde ein langer und ermüdender Marsch, hinunter in die Katakomben des tiefsten Teils der Stadt. Im flackernden Schein der Fackel erblickten sie eingebrochene Seitenkorridore, die voller Schutt, Gerümpel und alter 60
Spinnweben waren. Sie kamen an düsteren Kellern und Vorratsräumen vorbei und ließen riesige Hallen hinter sich, in denen seit langem stillstehende Maschinen ihr rostiges Grab gefunden hatten. Nicht selten war der Weg durch herabgefallene Steine vollkommen versperrt, und sie mußten ihn sich buchstäblich freischaufeln. Nachdem sie wieder einmal eines dieser Hindernisse überwunden hatten, ließ sich der Doktor auf einem Mauervorsprung nieder und wischte sich über die schweißnasse Stirn. »Wir haben es bald geschafft. Wir haben uns eine kleine Pause verdient.« Erschöpft setzten sich auch die anderen. Alle bis auf Agella, die nach wie vor so frisch und munter schien, als befänden sie sich auf einer Urlaubsreise. Romana registrierte nicht ganz ohne Neid, daß sie offensichtlich nicht einmal außer Atem war. »Wissen Sie wirklich genau, in welche Richtung wir uns bewegen, Doktor?« wollte Tyssan wissen. »Woher kannten Sie eigentlich den Weg hierher auf diese Ebene?« »Man könnte es als Ortskenntnis bezeichnen – einst habe ich diese Stadt regelrecht studiert. Übrigens, Romana, wäre es nicht an der Zeit, wieder eine Pille zu nehmen?« »Aber ich habe doch schon sechs von diesen Dingern geschluckt!« protestierte Romana. »Mir geht es gut, Doktor, ehrlich!« »Das will ich aber auch hoffen. Sie haben mir mit Ihrem Beerdigungstheater einen gehörigen Schrecken eingejagt.« Romana lächelte. Es gefiel ihr irgendwie, daß der Doktor sich ernsthaft um sie gesorgt hatte. Von einer Sekunde auf die andere setzte das inzwischen vertraute Bohrgeräusch ein. Der Lärm kam nun von oben, und die Quelle schien gar nicht weit von ihrem Standpunkt entfernt zu sein. »Sie haben ihre Arbeit wieder aufgenommen«, sagte der Doktor. »Die Zeit drängt!« 61
»Wonach suchen wir denn eigentlich?« fragte Romana. »Wir suchen dasselbe, was die Daleks auch suchen.« »Und das wäre?« »Das kann ich Ihnen erst sagen, wenn ich mir selbst ganz sicher bin. Um ganz ehrlich zu sein – ich hoffe beinahe, unrecht zu haben.« Der Doktor seufzte. »Leider behalte ich in den meisten Fällen recht. Und nun hier lang!« Mit diesen Worten ergriff der Doktor die Fackel und marschierte allen voran in die Dunkelheit. Der Anführer der Daleks wirbelte herum, als ein Späher die Kommandozentrale betrat. »Meldung!« »Die Kampfeinheiten setzen intensive Suche fort. Bislang keine weiteren Ergebnisse.« »Der Feind muß aufgespürt werden! Befehl an alle Patrouillen! Suchen, festsetzen, ausradieren!« »Zu Befehl!« Der Späher entfernte sich, um einem Dalek-Ingenieur Platz zu machen. Wie eine Gebetsmühle schnarrte der Anführer von neuem: »Meldung!« »Bohrung wieder aufgenommen! Nach den Berechnungen des Computers steht der Durchbruch zum Zielpunkt unmittelbar bevor.« Nun wandte sich der Anführer der Daleks an den Nachrichtentechniker: »Teilen Sie dem Kommandanten der Raumflotte mit, daß unsere Mission kurz vor dem Abschluß steht.« Mit diesen Worten begab sich der Anführer zu einer Karte und richtete seinen Augenstab auf die Stelle, die das Ziel markierte – ein Kreuz in einem Kreis. Der Doktor hatte seine Schar mittlerweile in einen weiteren unterirdischen Raum geführt. Er war ausladend und glich einer riesigen, mit allerlei Gerümpel und dicken Spinnweben 62
überladenen Höhle. Konsolen mit den verschiedensten Instrumenten standen verlassen herum. Sie hatten sicherlich schon bessere Zeiten gesehen. Es hatte den Anschein, als wäre hier einmal ein Laboratorium oder eine Kommandozentrale untergebracht gewesen. Der Doktor hielt die Fackel hoch über ihre Köpfe und blickte sich um. »Wenn mich nicht alles täuscht, so ist das, was wir suchen, ganz in unserer Nähe.« Dann steuerte er zielsicher auf eine Ecke zu, die von einer undurchsichtigen Spinnwebenschicht beinahe eingemauert war. Der Doktor teilte den klebrigen Vorhang, indem er die Spinnweben mit bloßen Händen auseinanderriß. »Genau das habe ich vermutet!« »Was ist denn?« fragte Romana. Der Doktor hielt die Fackel hoch. Romana erblickte eine menschliche Gestalt, die zusammengekauert in einem äußerst kompliziert scheinenden Rollstuhl saß. Oder besser gesagt, sie sah etwas, das einmal ein menschliches Antlitz besessen haben mußte. Der verschrumpelte, alte Körper war in einen hochgeschlossenen Kunststoffoverall gehüllt und hing an Schläuchen und Kabeln. Nur eine verwitterte, alte Hand blieb sichtbar. Sie umfaßte krampfhaft einen Hebel mit Kontrollknöpfen, der an der Lehne des Stuhls befestigt war. Den erschreckendsten Anblick aber bot das Gesicht. Die matte Haut spannte sich wie altes Pergamentpapier über die knochigen Wangen, die Augen lagen tief in ihren Höhlen, der Mund sah aus wie eine grauenhafte, klaffende Wunde. Aus einem Helm, der über den Kopf gestülpt war, entsprang ein Gewirr von Drähten und Plastikschläuchen. Selbst wenn der Mensch am Leben gewesen wäre, so hätte man sein Leben wohl kaum als solches bezeichnen können, dachte Romana. Die Lunge, das Herz, ja, das ganze Gesichtsfeld einschließlich 63
des Gehörs, alle lebenswichtigen Funktionen waren offensichtlich künstlich aufrechterhalten worden. Dies war kein Mensch, dies war eine lebendige Intensivstation gewesen. Nun drängten auch die anderen heran, um sich die Leiche näher anzuschauen. »Wer ist das?« flüsterte Agella. »Davros, der schreckliche, geniale Schöpfer der Daleks.« »Er hat die Daleks geschaffen? Ein Humanoide?« »So ist es und ich hätte ihn daran hindern können.« »Sie? Wie hätten Sie das schaffen sollen?« fragte Tyssan erstaunt. »Dieses Ding ist seit Jahrhunderten tot.« »Ich weiß. Die Zeit kann einem so manches Schnippchen schlagen.« »DANACH also suchen die Daleks«, mischte sich Agella ein. »Diesen Humanoiden, ihren Schöpfer. Aber wozu brauchen sie –?« Der Rest der Frage ging in einem ungeheuren Dröhnen unter, gefolgt vom Lärm berstender Mauern, und Agella verschwand unter einem Haufen Schutt. Ein beträchtliches Stück der Decke, das plötzlich heruntergebrochen war, hatte sie unter sich begraben. Als sich die dicken Staubwolken gelichtet hatten, war Agella so gut wie von der Bildfläche verschwunden. Nur eine Hand ragte noch aus dem Schutt hervor und bot einen bizarren Anblick. Hustend und keuchend rannte der Doktor zur Unglücksstelle, um die Hand zu ergreifen und Agella zu befreien. Es war ein hoffnungsloses Unterfangen. Doch dann hielt er unvermittelt inne und musterte mit erstauntem Gesichtsausdruck die Hand. »Ach, so ist das also…«, murmelte er. Währenddessen rumorte es weiter über ihnen. Die Öffnung in der Decke wurde immer größer, und bald prasselten Steinund Betonbrocken auch auf sie herab.
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»Das sind die Daleks!« schrie Tyssan. »Sie haben den Durchbruch geschafft.« Der Doktor, Romana und Tyssan versuchten durch den dicken Staub hindurch etwas zu erkennen. Dabei übersahen sie, daß mit der Gestalt im Rollstuhl etwas Eigenartiges vor sich ging. Der in sich zusammengesunkene Körper hatte sich etwas aufgerichtet. Die Finger krümmten sich und umklammerten die Armstützen des Rollstuhls. Der Kopf hob sich, der Mund schloß sich, und die Augen öffneten sich: Davros erwachte zu neuem Leben.
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Der Gefangene Sie hörten ein knarrendes Geräusch und drehten sich um. Davros, der nun vollends zum Leben erwacht war, näherte sich ihnen in seinem Rollstuhl. Die Stimme, mit der er zu ihnen sprach, klang hohl und brüchig, weil er so lange stumm gewesen war. »Nun also ist endlich der Vorhang der ewigen Dunkelheit zerrissen. Das unendlich erscheinende Warten hat ein Ende gefunden. Die von mir vorhergesagte Auferstehung hat stattgefunden.« »Sie werden mir sicherlich verzeihen, wenn ich mich nicht in der Lage sehe, Ihre große Freude über diesen Tatbestand zu teilen«, versetzte der Doktor trocken. »Offengestanden würde ich Sie lieber tot sehen.« »Tot?« erwiderte Davros verächtlich. »Götter sterben nicht! Lassen Sie sich das gesagt sein! In der ganzen Geschichte des Universums ist dieser Vorfall, dessen Zeuge wir hier sind, einzigartig. Davros lebt!« »Ich bemerke zu meinem Bedauern, daß nicht einmal die lange Zwangspause Sie von Ihrem Größenwahn geheilt hat«, fuhr der Doktor fort. Aber ein ohrenbetäubender Lärm, der aus der Dunkelheit hinter ihnen drang, unterbrach ihn. Ganze Steinlawinen schienen sich in den Raum zu ergießen, dann herrschte Stille. »Sie haben mit den Bohrungen aufgehört«, flüsterte Tyssan. »Ja – nun sind sie endgültig durch!« bestätigte der Doktor. Der Anführer der Daleks wartete mittlerweile ungeduldig auf Neuigkeiten. Einer seiner Assistenten glitt auf ihn zu. »Der Zugang zu Ebene Vier liegt nun frei.« »Ausgezeichnet! Alle Einheiten sofort in Ebene Vier vordringen! Anti-Schwerkraftscheiben ausgeben!« 66
»Zu Befehl!« Aus allen Richtungen strömten nun die Daleks in die Ebene Vier. Auf ihren Anti-Schwerkraftscheiben schwebten sie durch die große Öffnung aus Ebene Drei herab. Es war ein gespenstischer Anblick. Schließlich erreichte ein erster Spähtrupp den Platz, nach dem die Daleks so lange gesucht hatten – Davros’ unterirdisches Hauptquartier. Es war leer. »Der Karte nach muß der gesuchte Punkt sich genau hier befinden. Areal absuchen!« befahl der Führer der Truppe. Die Daleks schwärmten aus, und es dauerte nicht lange, bis einer der Daleks Meldung erstattete: »Veränderte Oberflächenstruktur. Fußabdrücke menschlicher Wesen!« Die Daleks untersuchten den Boden mit ihren unvorstellbar empfindlichen Augenlinsen. Sie erkannten die Fußabdrücke in der dicken Staubschicht, die sich samt Reifenabdrücken eines Rollstuhls in der Entfernung verloren. »Verfolgen! Sofort verfolgen!« befahl der Leiter der Patrouille. »Verfolgen! Verfolgen! Verfolgen!« Die Daleks schwärmten aus. »Alle Einheiten in höchste Alarmbereitschaft! Alarm! Alarm! Alarm!« Der Doktor führte seine Schar einen dunklen Korridor entlang. Die Fackel hielt er hoch über ihre Köpfe. Er schien über einen untrüglichen Orientierungssinn zu verfügen, denn er steuerte sein Ziel an, ohne auch nur eine Sekunde zu zögern. Tyssan und Romana, die ihm dicht auf den Fersen blieben, schoben den Rollstuhl vor sich her. Romana bemerkte, daß der Doktor nur solche Korridore auswählte, von denen er annehmen konnte, daß sie zur Oberfläche führen würden. Davros schien dieser Ausflug gar nicht zu gefallen. »Sie werden mich auf der Stelle freilassen!« kreischte er. »Sie werden mich unverzüglich zu den Daleks zurückbringen!«
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»Sie sollten lieber ruhig sein, oder ich werde Ihnen den Saft abdrehen!« versetzte der Doktor grimmig. Sie hasteten weiter. Als sie eine Kreuzung erreichten und gerade nach links abbiegen wollten, blieb der Doktor abrupt stehen. Eine Abteilung von Daleks glitt am anderen Ende des Korridors vorüber. »Sofort zurück in die andere Richtung«, flüsterte der Doktor, und sie eilten wieder dorthin, wo sie hergekommen waren. Der Alptraum wollte kein Ende nehmen. Endlos erscheinende Gänge rannten sie entlang, immer bestrebt, so schnell wie möglich die rettende Oberfläche zu erreichen. Schließlich stießen sie auf eine sich in Spiralen nach oben windende Rampe. »Los, da hinauf«, befahl der Doktor und packte mit einer Hand Davros’ Rollstuhl. Es kostete sie fast übermenschliche Anstrengung, den massiven Rollstuhl die enorme Steigung hochzuhieven, aber sie mußten es schaffen. Nach einiger Zeit kamen sie an einem ersten, dann an einem weiteren Ausgang der überdimensionalen Wendeltreppe vorbei. »Das waren das dritte und das zweite Stockwerk«, brummte der Doktor. »Der nächste Ausgang sollte uns eigentlich auf die erste Ebene bringen.« Schließlich waren sie am Ende der langen Rampe angelangt. An ihrem Ausgang lag ein endlos scheinender, neuer Korridor vor ihnen. Der Doktor bugsierte sie den Tunnel entlang. »Ich nehme an, daß wir uns jetzt an der Oberfläche befinden. Wir müssen nur noch einen Weg nach draußen finden.« Der Gang führte geradewegs in eine große Halle, an deren einem Ende sie eine Reihe verrosteter Eisentüren erblickten. Die Türen waren alt und offensichtlich seit langer Zeit nicht benutzt worden, aber aus einem Spalt zwischen einer von ihnen und der Wand drang ein hoffnungsvoller Schimmer Tageslicht. »Du paßt auf, was hinter uns passiert, Tyssan. Los, Romana, wir müssen die Türe freilegen!«
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Der Doktor betrachtete kurz den Haufen Schutt, der ihnen den Zugang zur Türe versperrte. »Ich glaube, wenn wir diesen Balken hier fortschaffen, könnten wir einen Großteil bereits zur Seite räumen…« Er rüttelte heftig an dem Träger, der sich in der Tat ein wenig bewegen ließ. »Los, Romana, hilf mir ein bißchen!« Sie stemmten sich mit den Schultern gegen den Balken und hoben ihn ein wenig an. »Es funktioniert!« rief der Doktor triumphierend. »Er bewegt sich.« Eine letzte Anstrengung, und der Balken kam frei. Der Schutt stürzte mit großem Getöse in sich zusammen. Unglücklicherweise führte diese Erschütterung zum Einsturz einer offensichtlich schon vorher etwas schwachen Deckenkonstruktion, deren Trümmer einen noch größeren Berg von Schutt verursachten. Nun war die Tür noch vollständiger blockiert als zuvor. »Ich befürchte, das war keine besondere Glanzleistung«, bemerkte der Doktor etwas betrübt. Tyssan rannte auf sie zu: »Daleks, am anderen Ende des Korridors!« »Anscheinend sitzen wir in der Falle«, meinte der Doktor nachdenklich. Er blickte sich um. »So wie wir hier stehen, geben wir vorzügliche Zielscheiben ab. Also in Deckung!« Das einzige, was überhaupt als Deckung dienen konnte, war ein kleiner Raum, der sich seitlich des blockierten Ausgangs befand. Der Raum war winzig und vollkommen leer. Seine verbeulte Eisentür war aus den verrosteten Angeln gefallen und lag nun nutzlos neben dem Eingang. Das einzige, was Anlaß zur Hoffnung geben konnte, war ein mit Querstreben versehenes Fenster, das hoch über ihnen in der Wand eingelassen war. Grelles Tageslicht fiel durch die zerborstenen Scheiben.
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»Versucht, die Tür wieder an ihrem alten Platz zu befestigen«, befahl der Doktor. »Wir müssen auf jeden Fall eine Barrikade errichten!« Nach diesen Worten erklomm er einen Schutthaufen und spähte ins Freie. Vor ihm breitete sich die für Skaro typische Landschaft aus: endlose, schuttübersäte Ebenen, in der Gebäuderuinen die einzige Abwechslung darstellten. Der Doktor sprang wieder herab, um den anderen zu helfen. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen schließlich, die Tür an ihren ursprünglichen Platz zurückzuheben. Dann stützten sie sie mit Trümmern einer zerstörten Wand ab. Davros betrachtete ihr Treiben mit spöttischem Grinsen. Schließlich richtete Romana sich auf und massierte ihren schmerzenden Rücken. »Besser kriegen wir das nicht hin, Doktor – aber diese Konstruktion würde nicht einmal eine entschlossene Maus abhalten können, hier einzudringen.« »Das muß trotzdem genügen«, antwortete der Doktor grimmig. »Nun hört mir zu, ihr zwei. Ich habe euch etwas zu sagen. Ich will, daß ihr beide durch dieses Fenster von hier verschwindet und so schnell wie möglich zum Raumschiff der Movellaner zurückkehrt. Sagt ihnen, sie sollen eine kampfstarke Truppe zusammenstellen, um nötigenfalls einen Angriff ausführen zu können. Es ist von allergrößter Wichtigkeit, daß wir Davros von hier wegbringen, bevor die Daleks ihn zu fassen kriegen!« »Und was ist mit Ihnen?« Der Doktor warf einen Blick auf das schmale Fenster. »Nun, ich könnte mich schon da hindurchzwängen, aber ihn bekämen wir auf diesem Weg nicht hinaus.« Er machte eine Kopfbewegung in Davros’ Richtung. »Deshalb werde ich wohl hierbleiben und dafür sorgen müssen, daß die Daleks ihn nicht bekommen.« »Aber wir können Sie doch nicht so einfach hier zurücklassen«, protestierte Romana. 70
»Ihre Solidarität rührt mich zwar, hilft uns aber leider keinen Schritt weiter«, beschied ihr der Doktor brüsk. »Bitte tun Sie, was ich Ihnen gesagt habe!« Romana versuchte noch etwas einzuwenden, aber der Doktor ließ sie gar nicht erst zu Wort kommen. »Wenn es etwas gibt, das ich hasse, so sind dies Leute, die ihre gesellschaftliche Stellung und ihr Alter dazu benützen, um ihren Willen durchzusetzen – also zwingen Sie mich nicht, das zu tun. Keine Diskussion mehr, ich bitte Sie!« Mit diesen Worten wies der Doktor auf Tyssan, der den Schutthaufen bereits erklommen hatte und nun durch die enge Fensteröffnung kletterte. »In Ordnung, Doktor«, willigte Romana ein. »Machen wir’s so, wie Sie es für richtig halten. Aber versprechen Sie mir, daß Sie kein unnötiges Risiko eingehen werden, ja?« »Nur, wenn es sich nicht vermeiden läßt«, versprach der Doktor feierlich. »Wenn die Daleks mich in Frieden lassen, werde ich sie ebenfalls nicht belästigen. Und nun ab mit Ihnen!« Dann half er Romana, den Schuttberg zu erklimmen. Sie zwängte sich durch das Fenster und sprang auf der anderen Seite zu Boden, wo Tyssan sie bereits erwartete. Sie winkten dem Doktor zum Abschied noch einmal zu und machten sich schnellstens auf den Weg. Der Doktor stand am Fenster und blickte ihnen nach, während sie am Horizont verschwanden. Anschließend ging er zu der improvisierten Barrikade und lugte vorsichtig durch einen Spalt. Draußen in der Halle rührte sich nichts. Es war mucksmäuschenstill. Also wandte er sich wieder Davros zu. »So, nachdem wir jetzt etwas Zeit für einen kleinen Plausch haben, kann ich Sie über einige wichtige Ereignisse unterrichten, die während Ihres langen Schlafs vorgefallen sind. Was hätten wir denn da… Die Erde hat die INTERGALAKTISCHEN OLYMPISCHEN SPIELE gewonnen… Betelgeuse unterlag knapp und landete 71
auf Platz zwei. Mit der Wirtschaft in Algol geht es steil bergab, die Inflation galoppiert, wie Sie sich vorstellen können…« Die knarrende, eingerostete Stimme Davros’ unterbrach das Geplauder des Doktors. »Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, daß Ihre lächerlichen Bemühungen mich von meinem göttlichen Auftrag werden abbringen können.« »Nun, ich würde mich nur gern etwas einmischen, wenn ich einmal so sagen darf.« Der Doktor kramte in seinen Taschen. Er war die Ruhe selbst. Dann holte er einen stummelförmigen, mit Sprengstoff gefüllten Behälter hervor, brachte einen Schraubenzieher zum Vorschein und schraubte die äußere Hülse ab, wie jemand, der, um sich die Zeit zu vertreiben, mit irgend etwas herumspielt. Davros aber steigerte sich in eine lange, leidenschaftliche Rede hinein. »Ein höherer Auftrag, Doktor, ein göttlicher Auftrag! Unbeschreibliche, vorherbestimmte Tatsachen! Macht, die unweigerlich in noch größerer Macht kulminiert. MEINE Macht. MEINE Unbesiegbarkeit. MEIN perfekter Plan, das gesamte Universum zu beherrschen!« »Ja, ja, das habe ich alles schon mal gehört«, versetzte der Doktor geduldig. »Aber seien Sie doch bitte so nett und halten Sie jetzt den Mund. Sie sehen doch, daß ich mich konzentrieren muß.« Aber Davros war nicht mehr zu bremsen. Jahrhundertelang hatte er mit niemandem reden können, und er war entschlossen, sich diese Gelegenheit nicht entgehen zu lassen. »Die Irrtümer und Konstruktionsfehler der Vergangenheit werden berichtigt werden. Ich werde einige wichtige Elemente in den Elektronikkreislauf der Daleks einfügen. Ihre nun noch verwundbaren Stellen werden zu unverwundbaren Bollwerken. Ich werde die Daleks mit den modernsten Waffen ausstatten, die eine derartige Durchschlagskraft besitzen werden, daß ihnen keiner mehr standhalten wird können. Ich werde sie mit
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Computern versehen, in denen das gesamte Wissen des Universums gespeichert ist. Ich werde…« Der Doktor blickte von seiner Arbeit auf. »Wozu all die Mühe? Die Daleks können all das genauso gut selbst erledigen.« »Aber ich bin ihr Schöpfer. Die Daleks brauchen mich!« »Die Daleks haben sich schon vor Jahrhunderten aus Ihrer Abhängigkeit befreit. Sie haben ihnen ja schon die Fähigkeit verliehen, sich eigenständig zu entwickeln, auch zum Bösen hin. Genau aus diesem Grund haben sie sich schließlich gegen Sie gewandt und Sie sogar dem Tod überlassen.« Er warf Davros einen nachdenklichen Blick zu. »Warum, glauben Sie also, sind sie Ihretwegen zurückgekommen? Welche Gründe kann es geben, daß die Daleks nun ausgerechnet Ihre Hilfe wieder in Anspruch nehmen wollen?« Davros hatte dazu nichts zu sagen. Commander Sharrel saß in seiner Zentrale und verfolgte die Bilder, die auf dem Schirm vorüberhuschten. Er sah die Korridore, die hinter seinen Freunden herjagenden Daleks… und er sah Davros. Das allerletzte Bild zeigte ihm einen Regen aus Dreck und Schutt, dann blieb der Bildschirm dunkel. Die Bilder waren durch Agellas Augen übertragen worden. Sharrel wandte sich an seine Mannschaft. »Die Daleks haben ihr Ziel erreicht.« Dann erschien ein Portrait Davros’ auf dem Schirm. »Name: Davros. Wichtige Daten: Schöpfer der Spezies der Daleks, humanoid, verkrüppelt, ist auf hochentwickelte Intensivmedizin angewiesen, möglicherweise mutiert auf Grund einer Überdosis radioaktiver Strahlungen. Zum Zwecke zukünftiger Planung werden diese Daten gespeichert.«
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Ein Späher der Daleks huschte vorsichtig durch die große Halle. Die Spur war kaum zu übersehen. Menschliche Fußabdrücke und die Reifenspuren von Davros’ Rollstuhl. Die Spur führte geradewegs zu einer Tür, die allerdings verbarrikadiert schien. Der Dalek wartete ab. Von der anderen Seite der Tür drangen gedämpfte Stimmen an sein Mikrophon-Ohr. Langsam glitt er heran und stellte sein Audiosystem auf maximale Empfangsbereitschaft. Er lauschte eine Weile und entfernte sich dann lautlos. Die Gesuchten waren geortet. Tyssan und Romana hetzten über die weite Ebene. »Wie weit ist es noch?« fragte Romana und schnappte nach Luft. Tyssan legte eine kurze Verschnaufpause ein. »Nun, wenn mich nicht alles täuscht, befindet sich das Raumschiff der Movellaner direkt hinter dem nächsten Hügel. Es kann also nicht mehr weit sein.« Sie setzten sich wieder in Bewegung und erreichten bald darauf einen Punkt, an dem der holprige Pfad sich eng an ein Gebäude anschmiegte. Tyssan spähte vorsichtig um die Ecke der Ruine und zuckte sofort zurück. »Daleks! Zwei Posten bewachen den Weg.« »Was sollen wir denn jetzt tun?« »Nun, wir könnten zurück und den Hügel auf der anderen Seite umgehen.« »Wie lange würde das dauern?« Tyssan zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen. Es dürfte unsere Reise um mindestens eine Stunde verlängern, vielleicht sogar um mehr.« Romana mußte an den Doktor denken, der hinter der schwächlichen Barrikade dafür zu sorgen hatte, daß die Daleks ihr Opfer nicht fanden. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. 74
Irgendwann werden die Daleks den Doktor aufspüren. Wir müssen ihm helfen, und zwar so schnell wie möglich.« »Also gut«, meinte Tyssan. »Sehen Sie diese Ruine dort hinten?« Er deutete auf ein halbverfallenes Gebäude auf der anderen Seite des Wegs. »Sie gehen dort drüben in Deckung. Ich zeige mich den Daleks und versuche, sie abzulenken.« »Das kann ich nicht zulassen, Tyssan. Es wäre zu gefährlich.« »Sehen Sie denn eine andere Möglichkeit? Wie Sie vorhin selbst richtig bemerkten, dürfen wir keine Zeit verlieren. Sollte ich es schaffen, ihnen zu entwischen, werde ich schnellstens zum Schiff nachkommen.« Romana nickte. Sie mußte Tyssans Begründung akzeptieren. »Viel Glück!« sagte sie und rannte auf die Ruine zu. Sie sah, wie Tyssan ohne jede Deckung um die Ecke bog. Es war anzunehmen, daß er inzwischen im Gesichtsfeld der Daleks war, obwohl sie ihn nicht mehr sehen konnte. Einen scheinbar unendlich langen Moment passierte gar nichts… Tyssan beobachtete die beiden Daleks, die auf und ab patrouillierten. Dabei erfüllte ihn der Gedanke an seine eigene düstere Prophezeiung, daß er auf Skaro sein Leben lassen würde. Plötzlich erblickte ihn einer der Daleks. Seine Strahlenwaffe schnellte hoch, und dicht neben Tyssans Kopf schmolz ein Stück Wand. Tyssan machte auf dem Absatz kehrt und rannte um sein Leben. Die Daleks verfolgten ihn mit beachtlicher Geschwindigkeit und feuerten aus vollen Rohren.
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Die Geisel Tyssan rannte geduckt davon und schlug Haken, so gut er konnte. Um ihn herum explodierte der felsige Boden und ging in Rauch und Flammen auf. Romana sah ihn an ihr vorbeihasten, dicht gefolgt von den beiden Daleks, die aus ihren Waffen feuerten, was das Zeug hielt. Plötzlich strauchelte Tyssan, fiel und landete direkt hinter einem großen Geröllbrocken. Einer der Daleks zielte exakt, feuerte, und der Riesenstein zerbarst in tausend Stücke. Wie durch ein Wunder schaffte es Tyssan, wieder auf die Beine zu kommen, und floh aufs neue. Mit Riesensätzen jagte er den Abhang hinunter, dicht verfolgt von den Daleks. Im selben Moment verließ Romana ihr Versteck und eilte zum Raumschiff der Movellaner. Der Doktor hatte seine Arbeit an dem Behälter beendet und steckte seinen Schraubenzieher zurück in die Tasche. »So, das dürfte genügen.« Schließlich konnte Davros seine Neugier nicht mehr zügeln. »Wozu soll diese Vorrichtung gut sein, Doktor?« »Nur eine kleine Lebensversicherung. Und worüber sollen wir uns jetzt unterhalten, ich meine, zum Zeitvertreib?« »Vielleicht über Ihr Ende, das immer näher rückt und unausweichlich ist?« »Nein. Darüber haben wir bereits anläßlich unseres letzten Zusammentreffens gesprochen. Viel mehr als meine Vernichtung würde mich interessieren, wie Sie überlebt haben. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie die Daleks Sie praktisch weggeputzt hatten.« 76
Die Genugtuung in Davros’ Stimme war nicht zu überhören. »Ich hatte mit einem heimtückischen Anschlag gerechnet und mich deshalb rechtzeitig mit einem Schutzschild umgeben. Er wurde von den Strahlenwaffen zwar völlig zerstört, erfüllte aber dennoch seinen Zweck. Auch das System, das mich künstlich am Leben hielt, wurde nicht unerheblich beschädigt. Aber das automatische Ersatzsystem sprang sofort ein. Beschädigtes Gewebe wurde sofort durch synthetisches ausgetauscht, und die natürlichen Organe stellten ihre Tätigkeit ein.« Der Doktor schüttelte den Kopf. Halb beeindruckte, halb belustigte ihn der geniale Wahnsinn, mit dem Davros sein Überleben sichergestellt hatte. »Ich würde sagen, Sie haben die Begrüßungszeremonie damals gut überstanden. Sie verstehen offensichtlich, die Zeichen der Zeit zu lesen!« »Den Luxus eines ewigen Friedens werde ich mir erst leisten können, wenn die Vormachtstellung der Daleks im gesamten Universum gesichert ist«, erklärte Davros pathetisch. »Es wird mir aber eine Ehre sein, diesen Luxus Ihnen zu überlassen.« »Was sind Sie doch nur für ein großzügiger Bursche!« Nun wurde Davros fast feierlich: »Seit meiner Beerdigung, wenn ich das so bezeichnen darf, habe ich keine Nachricht über die Aktivitäten der Daleks erhalten können. Wie ist es, Doktor, haben sie in der Zwischenzeit vieles erreicht?« »Das kann man wohl sagen«, erwiderte der Doktor grimmig. »Sie haben Elend und Zerstörung über die zehn Galaxien gebracht. Sie sind schuld am Tode zahlloser Unschuldiger. Sie gleichen den Viren, die Seuchen und Pest verbreiten. Ihre Daleks sind nichts weiter als lästiges Ungeziefer, Davros. Irgendwann wird man sie einfach im Staub zertreten.« Davros lächelte überheblich. »Bis jetzt haben Sie ja nur den Anfang mitbekommen! Aber nun bin ich zurückgekehrt, und 77
der Eroberungsfeldzug der Daleks wird nun in ein entscheidendes Stadium treten. Es war ein langer Schlaf, aber nun bin ich wieder am Leben. Der Zeitpunkt ist nicht mehr fern, an dem mir das gesamte Universum zu Füßen liegen wird.« »Da haben Sie den armen, alten Napoleon aber falsch zitiert«, korrigierte ihn der Doktor spöttisch. »Erinnern Sie mich bei Gelegenheit daran, dann werde ich Ihnen erzählen, wie er endete.« Aber Davros war nicht mehr zu bremsen. »Mit Hilfe modernster Waffensysteme werden wir alles zerstören, was sich uns…« Nun war der Doktor mit seiner Geduld am Ende. »Jetzt reicht’s aber. Wie wäre es, wenn Sie Ihre Pläne etwas leiser schmieden würden?« Davros verfiel tatsächlich in Schweigen, aber ein bösartiges Grinsen blieb auf seinem Gesicht. Die Nerven des Doktors waren jetzt zum Zerreißen gespannt. Der Doktor sprang auf, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Die Ebene lag menschenleer vor ihm. Weit und breit war kein Movellaner zu sehen. Er wünschte sich, sie würden, der amerikanischen Kavallerie gleich, mit ihren Strahlenwaffen heranstürmen, um ihn zu retten. Bei diesem Gedanken begann der Doktor, sich in seiner Haut nicht mehr recht wohl zu fühlen, sondern etwa so wie seinerzeit General Custer. Ungeduldiger Kerl, dieser Custer, hatte alle Warnungen in den Wind geschlagen… Der Doktor hatte keine Gelegenheit mehr, seinen historischen Gedankengang fortzuspinnen, denn die Barrikade wurde von einer kolossalen Explosion in Stücke gerissen. Die Daleks waren da. Der Doktor sprang mit einem Satz neben die Tür und preßte sich gegen die Wand, wobei er versuchte, durch den Rauch hindurch etwas zu erkennen. 78
Eine beachtliche Anzahl Daleks hatte sich in Reih und Glied vor der Tür aufgestellt. Ihr Anführer glitt näher. »Sie werden sich nun nach draußen begeben! Wenn Sie nicht binnen fünf Sekunden gehorchen, werden Sie liquidiert.« Der Dalek begann zu zählen: »Eins… zwei… drei…« Der Doktor schoß wie eine Rakete quer durch den Raum und verschanzte sich hinter dem Rollstuhl, in dem Davros saß. Unerbittlich schallte die Stimme des Daleks durch die Türöffnung. »Vier…« »An Ihrer Stelle würde ich mit dem Zählen aufhören«, rief der Doktor, wobei er ein bißchen an Davros’ Stuhl rüttelte. »Los, Davros, sagen Sie ihnen, was ich hier in der Hand habe! Sagen Sie’s ihnen!« »Er hat einen Sprengsatz bei sich«, rief Davros. »Da hat er recht«, ergänzte der Doktor. »Eine falsche Bewegung, und das Ding geht los, und zwar unter dem Stuhl Davros’. Es wird ihn und seine ganze medizinische Apparatur in Schrott verwandeln. Und nun zurück, und zwar alle!« »Tut, was er sagt«, befahl Davros. »Er will ja nur etwas Zeit gewinnen.« Nach einer langen Pause erklärte der Dalek: »Zu Befehl!« Die Daleks wichen zurück, aber nur wenige Schritte. Der Doktor atmete auf. »Ich glaube, auf der Erde nennt man so etwas Waffenstillstand.« »Es wird wohl ein befristeter sein«, erwiderte Davros ruhig. »Wie lange, glauben Sie, können Sie Ihren Vorteil gegen diese Übermacht ausspielen?« »Das würden Sie wohl gerne wissen«, mokierte sich der Doktor. Er warf einen kurzen Blick auf das Fenster über ihm und murmelte: »Aber wenn ich es mir recht überlege, dann würde ich es selbst gern wissen.« Das Warten nahm kein Ende, und die Zeit schlich träge dahin. 79
Romana schaffte es schließlich, das Raumschiff der Movellaner zu erreichen, rannte die Rampe zum Eingang hoch, stürzte in die Kommandozentrale und brach dort erschöpft zusammen. Commander Sharrel eilte herbei, und mit Hilfe zweier Männer aus seiner Crew legte er Romana auf eine Couch. »Was ist passiert?« »Der Doktor braucht unsere Hilfe. Er hat sich in der Stadt in einem winzigen Raum verschanzt…« Romana hielt erstaunt inne, als sie Davros’ Bild auf dem Bildschirm erblickte. »Woher haben Sie das? Wissen Sie bereits etwas über Davros?« »Wir verfügen über unsere eigenen Informationsquellen«, bemerkte Commander Sharrel kurz angebunden. Dann wandte er sich an einen seiner Männer: »Stellen Sie eine bewaffnete Patrouille zusammen und marschieren Sie so bald wie möglich los.« Die Mannschaft versorgte sich mit Strahlenwaffen, die an den Wänden bereithingen, und versammelte sich am Ausgang. Romana versuchte, sich aufzurichten. »Ich komme mit Ihnen.« Commander Sharrel drückte sie sanft in den Stuhl zurück. »Nein, Sie müssen sich erst ausruhen. Sie haben Ihren Teil der Aufgabe erledigt. Um den Rest kümmern wir uns.« »Ich danke Ihnen«, flüsterte Romana schwach. »Aber bitte beeilen Sie sich. Der Doktor befindet sich in allergrößter Gefahr.« »Bitte sagen Sie meinen Männern, wo sie den Doktor finden können«, bat der Commander, und Romana beschrieb ihnen den Weg. Commander Sharrel gab noch einige Befehle, dann marschierte die Patrouille los. Romana starrte fasziniert auf das Bild, das Davros zeigte.
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Commander Sharrel bemerkte ihren Blick. Er beugte sich vor und schaltete den Bildschirm ab. Der Doktor begann sich, eingezwängt hinter Davros’ Stuhl, nun doch etwas beengt zu fühlen. Die Daleks hatten seit längerer Zeit keinen Laut mehr von sich gegeben, dafür drangen allerlei Geräusche und Stimmen, sonderbarerweise menschlicher Natur, an sein Ohr. Plötzlich war die schrille Stimme des anführenden Daleks wieder zu vernehmen: »Achtung! Achtung! Alles, was von nun an geschieht, geschieht auf Ihre Verantwortung. Wir werden mit unserer Aktion fortfahren, bis Sie sich ergeben haben.« »Aktion? Welche Aktion?« dachte der Doktor. Er war etwas irritiert. Sollte das etwa bedeuten, daß sie das Feuer von neuem eröffnen würden? Und warum kündigten sie dieses Vorhaben erst an? Er veränderte seine Position etwas, so daß er mit behutsam vorgestrecktem Kopf über die zusammengebrochene Barrikade hinweg linsen konnte. Gerade wurde eine Gruppe von Sklaven auf der anderen Seite der Tür zusammengetrieben. Sie standen unter strengster Bewachung der Daleks. Der Anführer der Daleks deutete auf einen unter ihnen. »Du da, nach vorne!« Der Gefangene wurde vor die Türöffnung gestoßen. »Eliminieren!« Zwei Daleks eröffneten das Feuer. Der Gefangene wirbelte kurz im Feuerstoß der Waffen herum und fiel dann leblos zu Boden. Gleich darauf wurde ein weiterer Sklave vorwärtsgestoßen. »Eliminieren!« Wieder feuerten die Daleks, und der zweite Gefangene erlitt das gleiche Schicksal wie sein Vorgänger. Nun wurde die dritte Geisel nach vorne gestoßen. Diesmal war es ein junges Mädchen. Jetzt sprang der Doktor auf. »Halt!« rief er. »Hört auf damit!«
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Der Anführer näherte sich ihm. »Heißt das, Sie ergeben sich?« »Ich bin damit einverstanden, daß Sie Davros mitnehmen, aber ich stelle einige Bedingungen.« »Nennen Sie die Bedingungen!« »Alle versklavten Arbeiter sind sofort freizulassen und erhalten freien Abzug aus der Stadt.« »Weiter!« »Keiner betritt diesen Raum, bevor ich ihn nicht mit einem angemessenen Vorsprung verlassen habe.« »Wird nicht akzeptiert! Die Exekutionen werden fortgesetzt!« Von neuem richteten die Scharfschützen ihre Waffen auf die Gefangene. »Halt!« rief der Doktor. »Sollte noch ein einziger getötet werden, lasse ich die Bombe hochgehen! Noch ein toter Gefangener, und Davros stirbt.« Der Dalek dachte einen Moment lang nach. »Unakzeptable Logik. Die Detonation würde auch Sie zerstören.« »Ich weiß es und nehme es in Kauf. Das hatten Sie in Ihre Kalkulation nicht mit einbezogen, habe ich recht?« »Freiwilliger Opfertod unlogisch und daher auch unmöglich«, erwiderte der Dalek. »Exekution fortsetzen!« Der Doktor hob die Bombe. »Akzeptiert!« kreischte Davros. »Akzeptiert seine Bedingungen! Er wird seine Drohung wahrmachen. Er ist ein Humanoide. Die humanoide Logik wird durch irrationale Gefühle stark behindert. Akzeptiert seine Bedingungen. Ich, Davros, befehle es euch!« Nach einer kleinen Weile ertönte die Stimme des Daleks: »Zu Befehl!« Der Doktor wagte einen Blick über die Barrikade. Die Daleks zogen sich zurück, während die verblüfften Gefangenen noch etwas unschlüssig herumstanden. Als sie schließlich ihr
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Glück begriffen, drehten sie sich um und liefen, so schnell sie nur konnten. »Die Gefangenen sind auf freien Fuß gesetzt«, erklärte der Dalek. Der Doktor erhob sich. »In Ordnung. Ich benötige aber trotzdem noch etwas Zeit.« Er klemmte den Sprengsatz hinter die Lehne des Rollstuhls und wedelte mit seinem UltraschallSchraubenzieher vor Davros’ Nase herum. »Ich hatte bereits erwähnt, daß dieser Sprengsatz meine Lebensversicherung darstellt. Ich habe ihn so präpariert, daß ich die Zündung auch durch Fernbedienung auslösen kann. Ich muß nur auf diesen Knopf hier drücken und bumm!« »Sie müssen mir das gar nicht näher erklären, Doktor.« »Ich will nur, daß Sie mich auch richtig verstehen.« Der Doktor kletterte ans Fenster. »Nun, es war sehr nett, einen alten Bekannten wiederzutreffen, aber ich fürchte…« »Es gibt noch ein Wiedersehen, Doktor«, rief Davros ihm nach. »Zweifellos wir werden uns wiedersehen.« Der Doktor verschwand durch das Fenster. Sofort versuchte Davros mit seinem ihm verbliebenen gesunden Arm nach der Bombe zu greifen. Es gelang ihm nicht. Also bewegte er seinen Rollstuhl in Richtung der Tür, um den herannahenden Daleks entgegenzukommen. »Der Sprengsatz! Entfernt den Sprengsatz! Schnell – der Doktor wird ihn zur Explosion bringen. Schafft die Bombe fort!« Der Doktor rannte, so schnell er konnte, über die Ebene. Er hielt erst inne, als er sich in sicherem Abstand wähnte. Dann warf er einen raschen Blick zurück auf das Gelände, das er eben verlassen hatte. Schließlich schaute er auf seinen UltraschallSchraubenzieher, als hätte er eine äußerst unangenehme Aufgabe zu erledigen.
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Der Doktor seufzte. Er hatte schon einmal gezögert, damals, als er durch einen einzigen Knopfdruck die Erschaffung der Daleks von vorneherein hätte verhindern können; eine Explosion, hervorgerufen, indem er einen Stromkreis schloß. Wer weiß, welches Grauen er dem Universum erspart hätte. Die Daleks waren nun stärker als je zuvor, und mit Davros’ Hilfe… Es gab keinen Grund mehr zu zögern. Der Doktor drückte auf den Knopf.
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Der Köder Davros schoß mit seinem Stuhl nach draußen in die Halle. »Entfernt den Sprengsatz«, kreischte er. »Er ist in der Rückenlehne meines Stuhls eingeklemmt.« Zwei der Daleks kamen ihm zu Hilfe. Während Davros ihnen mit immer hektischer werdenden Bewegungen Anweisungen gab, gelang es ihnen schließlich, das gefährliche Objekt mit Hilfe ihrer Saugnäpfe zu entfernen. »Weg damit«, schrie Davros. »Entfernt dieses Ding augenblicklich!« Gehorsam zogen sich die beiden Daleks an das äußerste Ende der Halle zurück. Die Bombe hatten sie in ihre Mitte genommen. In diesem Moment drückte der Doktor auf den Knopf. Die folgende Explosion war zwar von großer Intensität, ihr Zerstörungsradius war jedoch nur gering. Die beiden Daleks wurden augenblicklich ein Opfer der Flammen. Davros beobachtete vom anderen Ende der Halle aus, wie sie verglühten. Augenblicklich wandte er sich dem Anführer der Daleks zu. »Los, wir haben eine Menge zu erledigen! Du mußt mir alles von den großartigen Siegen der Daleks erzählen, die während meiner Ruhepause errungen wurden… und natürlich auch von den Niederlagen. Wir müssen aus den Fehlern lernen. Die Daleks müssen zu perfekten Wesen werden, sie werden unbesiegbar sein. Die Daleks werden das gesamte Universum beherrschen!« Dann entfernte sich Davros mitsamt seinem Gefolge. Niemand hatte auch nur einen kurzen Blick für die beiden hingeopferten Daleks übrig, die am Ende der Halle noch immer ausbrannten. 85
Romana saß mit Commander Sharrel in der Zentrale und erzählte ihm aus ihrer Sicht die Geschichte und den Werdegang des Doktors. Der Commander hörte ihr mit höflichem Interesse zu. »Ich glaube nicht, daß es irgend jemanden gibt, der mehr über die Daleks weiß als der Doktor. Er hat sie über all die Jahre hinweg studiert. Er weiß, wie sie arbeiten, er kennt ihre Verhaltensweisen und versteht, wie sie denken. Aber darüber hinaus ist er ein Spezialist in allen Fragen, die Roboter betreffen…« Romana unterbrach sich. Sie war froh, daß der Doktor nicht anwesend war. Er war auch so schon eingebildet genug. »Wir können doch nicht einfach hier rumsitzen und reden. Wissen Sie etwas Genaueres über Ihre Patrouille?« »Sobald sie ihn gefunden haben, werden sie mich benachrichtigen. Aber bis jetzt gibt es keine Neuigkeiten.« Romana erhob sich. »Ich glaube, ich mache mich auf den Weg, um ihnen zu helfen. Vielleicht haben sie ihn einfach noch nicht aufgespürt.« Commander Sharrel umfaßte ihren Arm und drückte sie vorsichtig in den Sitz zurück. »Nein! Sie sind hier besser aufgehoben und in Sicherheit.« »Es geht mir nicht darum, in Sicherheit zu sein, sondern darum, zu sehen, was mit dem Doktor passiert ist.« »Sie werden hierbleiben.« Romana glaubte, etwas Bedrohliches aus seiner ruhigen, tiefen Stimme herauszuhören, und bekam es mit der Angst zu tun. »Nehmen Sie Ihre Hände weg! Ich gehe – und zwar jetzt!« Sie sprang auf und konnte sich aus dem eisernen Griff des Commanders befreien. In diesem Moment tauchten zwei Movellaner hinter ihr auf. »Haltet sie auf!« befahl der Commander kurz.
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Romana wirbelte herum. Der Anblick der zwei Movellaner ließ ihr den Atem stocken. Vor ihr standen Lan und Agella. Lan war von den Daleks erschossen worden, Agella war unter einem herabstürzenden Felsen begraben. Und doch standen sie beide vor ihr. Romana wich entsetzt zurück. »Ihr seid doch tot«, flüsterte sie. »Ihr seid ums Leben gekommen…« Wortlos nahm Agella Romana am Arm, setzte den Lauf ihres Gewehres an ihren Hals und drückte ab. Eine Art elektrischer Entladung war die Folge, und Romana stürzte auf den Boden. »Ich habe Entladungsstärke drei benutzt, Commander«, meldete Agella ruhig. »Sie wird eine ganze Weile bewußtlos bleiben.« »Gut. Nun hören Sie beide mir zu. Bis zum jetzigen Zeitpunkt war es unser einziges Ziel auf diesem Planeten gewesen, nach demselben zu suchen wie die Daleks. Was auch immer dies sei, unsere Aufgabe bestand darin, es den Daleks abzujagen. Wir haben gehofft, daß es auch für uns von Nutzen sein könnte.« Commander Sharrel hielt kurz inne. »Mittlerweile wissen wir, daß Davros das gesuchte Objekt darstellt – aber Davros würde sich niemals bereit erklären, den Movellanern zu dienen. Davros nützt uns nichts, also kann es uns nur darum gehen, ihn aus dem Weg zu schaffen.« Dann wandte er sich Lan zu. »Sie werden die ›Nova Device‹ einsatzbereit machen. Mit ihr werden wir diesen Planeten völlig zerstören wenn wir unser Objekt in Sicherheit gebracht haben.« Agella war verdutzt. »Aber wenn Davros nicht unser Objekt ist…« Statt einer Antwort schaltete Commander Sharrel den Monitor-Bildschirm wieder an. Davros’ Porträt war verschwunden. Statt dessen war ein Mann zu sehen, der einen
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großen, auffälligen Schal trug. Unter seinem ausladenden Schlapphut schaute langes, gewelltes Haar hervor. »Dies hier ist unser neues Objekt«, kommentierte Commander Sharrel. »Der Doktor!« Der Doktor wußte noch nichts von seinem Glück, ein derart begehrter Mann geworden zu sein. Auf unbequemste Art und Weise zusammengekauert lag er eingezwängt in einer engen Felsspalte und wagte kaum zu atmen, in der Hoffnung, nicht von zwei Daleks entdeckt zu werden, die den Weg entlang patrouillierten. Die Tatsache, daß ihm eine besonders häßliche Erscheinung der skarotischen Fauna ihre Aufwartung machte, verschaffte ihm in seiner Situation nicht gerade Erleichterung. Ein pulsierender, grüner Schleimklumpen krabbelte seinen Arm aufwärts. Es war wohl eine Art aufs Festland abgewanderter Qualle, und der Doktor hoffte sehr, daß es sich um kein fleischfressendes Exemplar handeln würde. Während es immer weiter an seinem Arm aufwärts kroch, stieg in ihm die Angst hoch. Er würde wohl nicht mehr lange ruhig verharren können und so unter Umständen doch noch entdeckt werden, spätestens, wenn das Untier sein Gesicht erreicht hätte. Mittlerweile hatte der Schleimklumpen seine Schulter erklommen und befand sich nun auf der Zielgeraden zu seinem Ohr. In diesem Moment verschwanden die beiden Daleks hinter einer Häuserruine. Der Doktor ging in die Hocke, schnippte das Tier von seiner Schulter und beförderte es sanft, aber bestimmt zurück in die Felsspalte. »Ab mit dir, alter Knabe«, murmelte der Doktor. »Wahrscheinlich eine mutierte Abart der Kaleds… auch die Daleks waren ursprünglich mutierte Kaleds!« Er lüpfte höflich seinen Hut und verabschiedete sich von dem grünen Klumpen, der schleunigst in seiner Felsspalte verschwand. »Allerbesten
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Dank, lieber Freund. Ich denke, durch dich habe ich begriffen, warum die Daleks Davros brauchen.« Plötzlich tauchte ein Schatten neben dem Doktor auf. Jemand hatte sich von hinten an ihn herangeschlichen. In Panik wirbelte der Doktor herum und lächelte, als er zu Tyssan aufblickte. Er sprang auf die Füße und streckte ihm seine Hand entgegen. »Tyssan! Was tun Sie denn hier?« »Unter anderem suche ich Sie.« Tyssan erzählte ihm kurz von seiner Flucht mit Romana und auch von seinem gelungenen Ablenkungsmanöver den Daleks gegenüber. »Irgendwann bin ich ihnen entkommen. Dann habe ich versucht, zum Raumschiff zurückzukehren, wahrlich kein Kinderspiel. Die Daleks sind überall.« »Das mußte ich leider auch feststellen«, bemerkte der Doktor nicht ohne Bedauern. »Nun haben wir sie wohl alle aufgescheucht und auf dem Hals, nicht wahr?« »Ich habe einige der freigelassenen Sträflinge angetroffen. Sie haben mir erzählt, was Sie für sie getan haben. Sie sind Ihnen sehr dankbar dafür.« »Wo befinden sie sich jetzt?« »Die meisten haben sich irgendwo versteckt. Sie haben einiges an Lebensmitteln entwendet. Wenn wir irgendwo Waffen auftreiben, könnten wir eine schlagkräftige Truppe aufstellen.« »Das wäre vielleicht nicht das Schlechteste. Am besten führen Sie mich zu ihnen…« Eine metallisch knarzende Stimme unterbrach ihn: »Keine Bewegung!« Tyssan und der Doktor blickten sich um. Ein Dalek stand hinter ihnen und hielt sie mit seiner Waffe in Schach. »Ihr werdet vor mir hergehen. Beim ersten Versuch, zu fliehen, werdet ihr eliminiert. Also bewegt euch!«
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Der Doktor und Tyssan blickten sich an, während sie abzuschätzen versuchten, ob Widerstand einen Sinn haben würde. »Vorwärts!« kreischte der Dalek. Es bestand kein Zweifel, daß er beim geringsten Anlaß feuern würde. Der Doktor zuckte mit den Achseln, und die beiden Männer setzten sich in Bewegung. Plötzlich ertönte über ihnen das unverkennbare, ohrenbetäubende Geräusch einer Strahlenwaffe. Der Dalek explodierte wie eine Ladung Dynamit und ging augenblicklich in Flammen auf. Der Doktor richtete seinen Blick nach oben. Auf einem erhöhten Punkt stand ein Movellaner mit einer Strahlenwaffe in der Hand. Der Movellaner sprang in großen Sätzen den Abhang hinab und kam direkt auf sie zu. »Das war sehr nett von Ihnen«, bedankte sich der Doktor. »Wir sind Ihnen schrecklich dankbar, daß Sie…« Die Waffe des Movellaners war direkt auf den Doktor gerichtet. »Sie werden mich zum Raumschiff begleiten!« »Alles zu seiner Zeit, lieber Freund. Vorher muß ich noch einige Leute treffen.« »Ich glaube, Sie haben mich mißverstanden. Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. Also los!« Der Doktor ging auf den Movellaner zu, stolperte über einen Stein und strauchelte. Um Halt zu finden, packte er den Movellaner an der Hüfte und riß ihm dabei die blinkende Metalldose vom Gürtel. Der Movellaner taumelte und ließ sein Gewehr fallen. Seine Bewegungen wurden zusehends langsamer und unkontrollierter. Er ruderte kurz noch hilflos mit den Armen, dann stürzte er zu Boden.
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Eine Weile zappelte er noch ein bißchen, wobei er einem auf dem Rücken liegenden Käfer glich, bis er sich schließlich überhaupt nicht mehr rührte. »Was ist denn hier los, Doktor?« fragte Tyssan mit verblüfftem Gesichtsausdruck. »Sind die Movellaner nicht mehr auf Ihrer Seite?« »Ich bin mir nicht einmal sicher, ob sie das jemals waren. Am besten sehen wir uns diesen Kameraden einmal näher an. Sollte meine Theorie sich bestätigen…« Der Doktor kniete sich neben den Movellaner und öffnete seine Uniform. »Aha, genau wie ich dachte«, meinte er selbstzufrieden. Tyssan staunte. Der Körper des Movellaners bestand nicht aus Fleisch und Blut, sondern aus Metall. Eine Metallklappe, die der Doktor geöffnet hatte, gab den Blick frei auf komplizierte elektronische Schaltkreise. »Eine Roboterrasse also. Sie unterscheiden sich gar nicht so sehr von den Daleks. Ich glaube, es gibt eine Möglichkeit, wie wir uns die Movellaner zunutze machen können.« Mit diesen Worten öffnete der Doktor die silberne Büchse und betrachtete interessiert die darin enthaltenen Stromkreise. »Sehen Sie sich das einmal an, Tyssan…« Nicht weit davon entfernt stellte eine Gruppe von Movellanern wissenschaftliches Gerät auf. Die Apparatur bestand aus einer kleinen Metallbox mit Kontrollinstrumenten. Dieses Gerät wiederum war in einem durchsichtigen Behälter untergebracht, so daß das Ganze aussah wie ein überdimensionaler Glaskolben, wie er für chemische Experimente benutzt wird. Lan überprüfte die korrekte Aufstellung des Geräts und versiegelte es anschließend. Dann wandte er sich an seine Begleiter. »Die meisten von Ihnen kennen die Wirkungsweise der ›Nova Device‹ noch nicht. Sie stellt eine der neuesten Errungenschaften der movellanischen Technologie dar. Ich werde sie nun erklären. 91
Das Gerät verändert die molekulare Struktur der Atmosphäre und sorgt auf diese Weise dafür, daß sich die Luft in leicht entzündliches Gas verwandelt. Die Moleküle werden durch eine kleine, aber heftige Explosion umgewandelt, was eine Kettenreaktion nach sich zieht.« Lan machte eine dramatische Pause. »Wir werden das Gerät nun innerhalb eines Schutzschirmes testen. Würden wir dieses Gerät ohne besagten Schutzschild zur Explosion bringen, würde sich die gesamte Atmosphäre in ein einziges Flammenmeer verwandeln und von dem Planeten nichts als ein Haufen Asche übrigbleiben.« Anschließend befestigte er einen Auslöser an der unteren Seite der Vorrichtung. »Zurücktreten bitte!« Die Movellaner zogen sich zurück und warteten. Bereits nach einigen Sekunden füllte ein blendend weißer Blitz das Innere des Schutzschildes. Der ganze Behälter erstrahlte in gleißendem Licht. Es war unmöglich, mit bloßem Auge in dieses Inferno zu blicken. Lan nickte befriedigt. Das Gerät hatte perfekt funktioniert. Agella blickte von ihrem Bildschirm auf. »Lan meldet soeben die volle Funktionstüchtigkeit der ›Nova Device‹.« »Das sind gute Neuigkeiten«, bemerkte Commander Sharrel. »Weniger angenehm ist allerdings, daß unsere Suchtrupps den Doktor bis jetzt nicht aufstöbern konnten. Die Einheit, die ihn in Gewahrsam nehmen sollte, mußte feststellen, daß er sich bereits aus dem Staub gemacht hatte. Unsere Kräfte mußten sich unter schwerem Beschuß seitens der Daleks zurückziehen. Darüber hinaus haben wir einen weiteren Mann verloren. Wir müssen den Doktor irgendwie aus seinem Versteck locken.« Er warf einen kurzen Blick auf Romana, die noch immer bewußtlos in ihrem Stuhl hing. »Und ich könnte mir schon vorstellen, wie wir das schaffen könnten…«
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Die Entscheidung des Doktors war klar: Er würde zum Raumschiff der Movellaner zurückkehren, allerdings aus freien Stücken, keinesfalls als ihr Gefangener. Was auch immer die wahren Motive der Movellaner waren, er war auf alle Fälle mit ihnen verbunden, wenn nicht gar auf sie angewiesen, schon aufgrund ihrer gemeinsamen Feinde, den Daleks. Der Doktor war sicher, daß man eine gütliche Einigung treffen konnte. Im Grunde hatte er ja gar nichts gegen Roboter… Als der Doktor und Tyssan die Bergkuppe überschritten hatten, zu deren Füßen das Raumschiff der Movellaner lag, blieben sie wie angewurzelt stehen. Sie standen direkt vor der von Lan installierten Höllenmaschine. Romana befand sich innerhalb des Schutzschirms, der eigentliche Sprengsatz lag genau vor ihren Füßen. Der Doktor rannte mit Riesenschritten zu der Vorrichtung. Er hatte zwar keine konkrete Vorstellung von ihrer Wirkungsweise, allerdings zweifelte er nicht daran, daß es sich hier um eine Art Bombe handeln mußte. Er konnte sogar einen Chronometer entdecken, der sich auf der Abdeckung des Sprengsatzes befand und aller Wahrscheinlichkeit mit einem Zeitzünder verbunden war. Sollte sich in diesem abgeschlossenen, engen Raum eine Explosion ereignen, würde Romana atomisiert werden. Der Doktor machte sich an der einzig möglichen Öffnung des Schutzschirms zu schaffen, fand sie allerdings fest verschlossen. »Sie läßt sich keinen Millimeter bewegen«, jammerte er. »Nicht einen Millimeter!« Besorgt beobachtete er durch die Abschirmung den Zeiger, der gnadenlos die Sekunden abhakte. Offensichtlich waren es weniger als dreißig Sekunden, die ihnen als Frist zugestanden wurden.
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Das Patt Der Doktor versuchte immer noch verzweifelt, Romana aus ihrem durchsichtigen Gefängnis zu befreien. Seine Hände aber rutschten immer wieder an dem glatten, transparenten Material ab. Plötzlich fühlte er etwas Kaltes an seinem Nacken, er verspürte einen elektrischen Schlag und fiel bewußtlos zu Boden. Commander Sharrel und Agella schauten auf ihn herab. Die »Nova Device« gab ein Surren und Klicken von sich: Die Zeit war abgelaufen. Aber die Explosion blieb aus. Commander Sharrel runzelte die Stirn. »Ist etwas schiefgegangen, Agella?« »Nein, Commander. Der Sprengsatz war nicht scharf geladen. Da es unser Ziel war, dem Doktor eine Falle zu stellen, erschien mir dies vernünftiger.« »Ausgezeichnet! Bringen Sie sie zurück zum Schiff!« Aus einem sicheren Versteck heraus beobachtete Tyssan, wie die Movellaner den Doktor, die »Nova Device« sowie die eingeschlossene Romana zum Schiff zurückbrachten. Wie ein König thronte Davros inmitten des Kontrollzentrums, und wie Höflinge bildeten die Daleks einen ehrfürchtigen Kreis um ihn. »Geben Sie den Befehl an die Zentrale, daß mein Abtransport von diesem Planeten unverzüglich in die Wege geleitet wird.« »Das ist bereits geschehen«, erwiderte der Anführer der Daleks. »Ein intergalaktischer Raumkreuzer befindet sich auf dem Weg hierher.« »Wann wird er Skaro erreicht haben?«
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»Schätzungsweise handelt es sich um sechs planetarische Stunden.« »Sechs Stunden?« brüllte Davros. »Das ist zu lange! Mit jedem Moment, den wir länger auf Skaro bleiben, steigt die Gefahr eines movellanischen Angriffs. Wie viele Daleks sind noch voll einsatzfähig?« »Sieben.« Davros seufzte. »Sieben! Sie werden Wache halten, bis ich an Bord des Kreuzers und in Sicherheit bin, verstanden?« »Es wird alles nach Ihren Anordnungen geschehen!« »Das allererste, um das Sie sich nun zu kümmern haben, ist meine Sicherheit, mein Leben. Um mich zu schützen, muß jedes, aber auch jedes Opfer gebracht werden!« »Zu Befehl!« »In Ordnung. Jetzt möchte ich über den Zustand und die Stärke der Dalek-Kampfflotte unterrichtet werden. Außerdem interessieren mich die vergangenen Kriegszüge gegen die Movellaner.« »Uns steht ein Computerprogramm zur Verfügung, das alle wichtigen Daten enthält. Es wurde extra für den Obersten Dalek erstellt.« »Für den Obersten Dalek?« schnaubte Davros. »Über diesen Titel und Status werden wir uns zu gegebener Zeit noch einmal unterhalten. Ich habe die Daleks erschaffen! Ich werde über ihr Schicksal bestimmen! Ich bin der Oberste Befehlshaber! Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?« »Ich habe verstanden. Zu Befehl!« erwiderte der Dalek tonlos. »Ausgezeichnet! Nun holen Sie mir das Computerprogramm und lassen Sie mich dann alleine!« Unverzüglich glitt ein Dalek mit einer leuchtenden, durchsichtigen Kugel heran, die auf einem rollbaren Ständer montiert war. Man postierte das Ganze dicht vor Davros’ Stuhl,
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und auf einen ungeduldigen Wink Davros’ hin entfernte sich der Dalek. Davros ließ ein Kabel ausfahren, mit dem er sich an die Datenbank ankoppelte. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und sog die Flut der Daten begierig in sich auf. Agella kam auf Commander Sharrel zu. »Die Atomreaktoren arbeiten mit voller Kraft. In genau zweiunddreißig Sekunden werden wir startklar sein.« »Geben Sie den Befehl zum Countdown!« Den Doktor und Romana, die beide noch bewußtlos waren, hatte man in zwei bereitstehende Stühle verfrachtet. Aber als wollte er wieder einmal aller Welt beweisen, wie schnell er sich von allen Tiefschlägen erholen könne, schlug der Doktor die Augen auf und stöhnte. Commander Sharrel warf ihm nur einen kurzen Blick zu und wandte sich dann wieder an Lan. »Ist die ›Nova Device‹ wieder funktionsbereit?« »Jawohl, Commander!« »Um ganz sicherzugehen, wäre es besser, wenn die Explosion von Hand ausgelöst würde. Falls wir uns auf den Zeitzünder verließen, bestände die Möglichkeit, daß die Daleks den Sprengsatz entdecken und ihn außer Betrieb setzen. Die Apparatur muß bis zum allerletzten Moment bewacht werden. Unglücklicherweise wird derjenige, der zurückgeblieben ist, sich selbst eliminieren. Diese Aufgabe fällt Ihnen zu, Lan!« Lan akzeptierte sein Todesurteil mit Gleichmut. »Jawohl, Commander!« »Postieren Sie den Sprengsatz an der dafür vorgesehenen Stelle und erstatten Sie Meldung, sobald dieser Vorgang abgeschlossen ist. Auf mein Signal hin bringen Sie den Sprengsatz zur Detonation.«
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»Jawohl, Commander!« Lan nahm den Sprengsatz, der ohne den Schutzschild wesentlich leichter war, und marschierte los. Inzwischen hatte der Doktor sich aufgerichtet und massierte sich den Nacken. »Wissen Sie, ich wäre bestimmt sehr beeindruckt von diesem Akt der Selbstverleugnung und Selbstaufopferung – wenn ich nicht genau wüßte, daß es sich hierbei um eine programmierte Verhaltensweise handelt und ihm somit gar keine andere Wahl bleibt.« »Herzlich willkommen!« erwiderte Commander Sharrel. »Herzlich willkommen im Reich der Lebenden? Das kann doch wohl nicht sein. Roboter bekämpfen Halbroboter. Ich ahnte es. Das Schicksal des Universums war mit der Erfindung der Waschmaschine besiegelt.« Der Doktor beugte sich zu Romana und tätschelte sanft ihr Gesicht. Sie bewegte langsam den Kopf und stöhnte. »Keine Angst, Doktor, sie wird sich schnell erholen«, bemerkte Commander Sharrel sachlich. »Aber erklären Sie mir eines. Wann haben Sie herausgefunden, daß wir Roboter sind?« »Den ersten Verdacht schöpfte ich, als Sie es mir verwehrten, Lans Körper zu untersuchen. Aber sicher war ich mir meiner Sache erst, als Agella unter dem Betondach begraben wurde. Eine Hand ragte noch aus dem Schutt. Sie regenerierte sich vor meinen Augen. Das ist bei humanoiden Wesen ein Ding der Unmöglichkeit.« »Vollkommen richtig!« versicherte Commander Sharrel. »Fehlfunktionen, von Ihresgleichen Tod genannt, resultieren bei uns nur aus einer massiven Fehlschaltung im Stromkreislauf. Wir sind den Humanoiden unendlich überlegen!« »Sind Sie das wirklich? Das hängt doch wohl von den Kriterien ab, die Sie zugrunde legen, nicht wahr?« »Wir funktionieren nach den vollkommenen Gesetzen der Logik«, verkündete der Commander stolz. 97
»Und genau dies ist der Grund dafür, daß Sie die Daleks niemals werden besiegen können!« triumphierte der Doktor. »Lassen Sie mich Ihnen das etwas näher erläutern. Romana, wir machen ein kleines Spielchen.« Der Doktor setzte sich neben sie. »Nun, fühlen Sie sich etwas besser?« »Ja, Doktor.« »Das freut mich. Können Sie sich noch an das alte Spiel erinnern, das ich auf dem Planeten Erde kennenlernte und Ihnen zeigte?« Davros kappte seine Verbindung zum Computerprogramm wieder und warf einen Blick auf die Daleks, die in respektvollem Abstand um ihn herumstanden. »Zumindest sind die Daleks auf einen ebenbürtigen Gegner gestoßen. Auf die Movellaner, eine Roboter-Spezies!« Der Anführer der Daleks wagte sich einige Meter nach vorne. »Die Überlegenheit der Daleks wird uns den endgültigen Sieg bringen. Die Movellaner werden vernichtet werden!« »Diesem Computerbericht zufolge bekämpft ihr die Movellaner bereits seit Hunderten von Jahren, ohne daß die Daleks den Sieg davongetragen hätten. Zwei gigantische, computergesteuerte Kampfflotten, die in der Tiefe des Raumes operieren. Tausende von intergalaktischen Schlachtkreuzern, die um die jeweils besseren Positionen wetteifern, und das seit Jahrhunderten. Und die ganze Zeit über wurde kaum ein Schuß abgefeuert.« »Wir werden erst angreifen, wenn wir den größtmöglichen Vorteil auf unserer Seite wissen.« Davros lachte grimmig auf. »Und sie werden natürlich dasselbe tun. Aber dieser Augenblick sicherer Überlegenheit wird für keinen von euch kommen. Ihr befindet euch in einer logischen Sackgasse.« 98
»Sie werden unsere Kriegscomputer umprogrammieren! Die Movellaner müssen vernichtet werden!« Davros’ bleiche, dünne Lippen verzogen sich zu einem fahlen Lächeln. »Aus diesem Grunde also seid ihr nach Skaro gekommen, um euren Schöpfer wiederzuerwecken!« »Papier«, sagte der Doktor und streckte gleichzeitig seine offene Hand vor. Im selben Moment streckte ihm Romana ihre geschlossene Faust entgegen und sagte: »Stein.« »Das Papier wickelt den Stein ein«, triumphierte der Doktor. »Ich habe gewonnen! Noch mal! Schere!« »Stein! Der Stein schleift die Schere!« erklärte Romana. »Diesmal habe ich gewonnen, Doktor!« Nun wandte der Doktor sich den erstaunten Movellanern zu. »Nehmen wir einmal an, wir stellen zwei sich bekämpfende Kriegscomputer dar, so wie es bei Ihnen und den Daleks der Fall ist. Beide versuchen, einander auszustechen. Also, versuchen Sie es!« »Ich sehe keinerlei Sinn darin, Doktor.« »Versuchen Sie es!« Schließlich setzten sich Sharrel und Agella, um mit dem Spiel zu beginnen. »Stein!« riefen beide gleichzeitig. Es war ein Unentschieden. »Los, noch mal!« Auf die Sekunde genau riefen beide: »Schere!« Auch der dritte Versuch brachte keinem einen Vorteil. »Papier«, kam es wie aus einem Mund. »Und noch einmal!« »Stein!« stießen beide zum exakt gleichen Zeitpunkt hervor. »War das nun deutlich genug? Romana und ich haben jeweils unseren eigenen Willen. Das schließt natürlich nicht aus, daß es ab und an zu einem Unentschieden kommen kann, 99
aber normalerweise gibt es einen Sieger. Ihr beiden dagegen seid Roboter, und eure Gedankengänge folgen starren, logischen Strukturen, die sich vollkommen gleichen. So ist es also nur logisch, daß in diesem Fall ein Unentschieden die Regel darstellt. Nun sind aber die Daleks ebensolche Roboter wie ihr, also passiert genau das, was wir eben erlebt haben. Der Versuch, sie auszubooten, wird mit Sicherheit fehlschlagen.« Der Doktor lachte. »Zwei der größten Kampfflotten des Universums halten sich selbst durch ihre vollkommene Logik in Schach. Es ist ein Patt. Man könnte fast sagen, hier wurde die Zauberformel für die Schaffung immerwährenden Friedens geschaffen. Meine Glückwünsche!« Commander Sharrel schlug mit der Faust auf den Tisch. »Unser Ziel heißt nicht Frieden, Doktor, sondern Sieg! Am Ende muß die totale Zerstörung der Dalek-Flotte stehen!« Wild gestikulierend demonstrierte er, wie eine Schere ein Blatt Papier zerschneidet. »Unseren Computern müssen neue Programme eingegeben werden, die uns zu einem noch so kleinen Vorteil verhelfen. Dieser Vorteil könnte bereits das Zünglein an der Waage sein.« »Genau das wollen auch die Daleks erreichen. Es ist der eigentliche Grund für ihre Reise nach Skaro und die Wiederbelebung Davros’.« »Etwas in dieser Richtung haben wir auch befürchtet. Sobald ein einzelnes Schiff die Flotte der Daleks verließ, folgten wir ihm hierher. Zu unserem Glück trafen wir Sie hier an, Doktor. Romana hat uns viel über Ihre Vergangenheit erzählt, auch über Ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten. Sobald wir wieder zu unserer Flotte gestoßen sind, werden Sie unsere Computer neu programmieren.« »So, werde ich das?« antwortete der Doktor unwillig. »Die Flotte der Daleks wird ausradiert werden. Der totalen Beherrschung der Galaxie durch die Movellaner wird nichts mehr im Wege stehen.« 100
»Sie sprechen um keinen Deut besser als die Daleks«, meinte Romana voller Abscheu. »Es hört sich fast noch schlimmer an!« Der Doktor erhob sich. »Ich gebe da etwas zu bedenken. Selbst wenn ich damit einverstanden wäre, Ihnen auf diese Weise zu helfen – was ich im übrigen keinesfalls bin –, dann würde Davros danach trachten, genau dasselbe für die Daleks zu tun. Der Mann mag vielleicht völlig wahnsinnig sein, aber er ist ein Genie, und was seine Fähigkeiten anbelangt, mit Computern umzugehen, so kann er mir fast das Wasser reichen.« Romana lächelte. »Sie sind zu bescheiden, Doktor.« »Dessen bin ich mir bewußt. Bescheidenheit war schon immer eine meiner herausragenden Eigenschaften.« »Dieses Problem wird sich gar nicht stellen«, warf Commander Sharrel ein. »Sobald wir den nötigen Sicherheitsabstand gewonnen haben, wird die ›Nova Device‹ zur Explosion gebracht werden, und dieser Planet wird in seiner eigenen Atmosphäre verglühen. Davros wird ein für allemal erledigt sein.« Der Doktor starrte ihn entsetzt an. »Aber auf diesem Planeten leben immer noch Dutzende von Gefangenen der Daleks. Was soll mit ihnen geschehen?« Commander Sharrel wandte sich ab. »Es tut mir sehr leid, Doktor, Ihnen das sagen zu müssen, aber ohne Opfer geht diese Geschichte nicht ab.« Lan saß in einer Felsenhöhle, die ›Nova Device‹ stand neben ihm. Er wartete geduldig auf das Signal, das letztlich das Ende für einen ganzen Planeten, aber auch für seine eigene Existenz bedeuten würde. Ganz in seiner Nähe vernahm er das Geräusch eines rollenden Steines. Er sprang auf die Füße. »Wer ist da?« Niemand antwortete ihm. Mit der Waffe in der Hand ging Lan in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Auf 101
der anderen Seite des Felsens entdeckte Lan Tyssan. Der Mensch lag hingestreckt auf dem schmalen Pfad. Lan kniete sich neben ihn, um ihn genauer zu untersuchen, als ein weiterer Sklavenarbeiter auf der Anhöhe auftauchte. Lan wirbelte herum und riß gleichzeitig seine Waffe hoch. Blitzschnell erwachte Tyssan zu neuem Leben, sprang auf und riß Lan die silberne Dose vom Gürtel. Lan stolperte, zuckte einige Sekunden unkoordiniert herum und brach schließlich zusammen. Tyssan öffnete den Verschluß der Metalldose und legte eine verwirrende Ansammlung kleinster Schaltkreise frei. Tyssan war vor seiner Gefangennahme ein ausgezeichneter Ingenieur gewesen, und sein Spezialgebiet war Robotertechnik gewesen. Er holte einige Werkzeuge aus seiner Gürteltasche und machte sich an die Arbeit. »Aha, da hätten wir also das, und dies führt nach da«, murmelte er vor sich hin. »Und wenn ich nun diese beiden Schaltkreise vertausche…« Er bastelte noch eine Weile vor sich hin und kehrte schließlich zu dem leblos daliegenden Lan zurück. »Nun wird sich ja herausstellen, ob der Doktor recht hatte.« Ein Bote überbrachte dem Anführer der Daleks eine wichtige Nachricht. »Unsere Bildschirme zeigen an, daß das Raumschiff der Movellaner startklar ist. Die Zeitspanne bis zum Start wird auf etwa einundzwanzig Minuten geschätzt. Außerdem haben unsere Abhöranlagen Stimmen innerhalb des Raumschiffes geortet, die nicht von Movellanern stammen. Unsere Computer haben die Stimmen als die des Doktors und seiner Begleiterin identifiziert.« »Der Doktor!« rief Davros erregt. »Die Movellaner müssen unter allen Umständen aufgehalten werden! Der Doktor könnte die Computer der Movellaner genauso gut umprogrammieren wie ich die euren. Er würde jeden von mir erreichten Vorteil
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wieder zunichte machen. Die Movellaner dürfen nicht entwischen!« »Unsere gegenwärtige Stärke erlaubt uns keinen offenen Angriff. Uns stehen nur sieben funktionsfähige Einheiten zur Verfügung.« Die verwitterte, weiße Haut spannte sich um Davros’ knochige Hand. »Das Schiff der Movellaner muß zerstört werden, koste es, was es wolle!« »Die verfügbare Feuerkraft würde gegen den Schiffsrumpf der Movellaner nichts ausrichten.« »Dann werden wir uns eben mehr Feuerkraft verschaffen müssen!« Davros begann, unruhig mit seinem Rollstuhl in der Kommandozentrale auf und ab zu fahren, während er sich sein Gehirn über das neu entstandene Problem zermarterte. Als er schließlich an dem Wandschrank vorbeikam, in dem die explosiven Stoffe aufbewahrt wurden, hielt er ruckartig an. »Halt! Ich hab’s! Packt das Dynamit aus!«
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Das Himmelfahrtskommando Alle Movellaner waren mittlerweile mit den Vorbereitungen zum Start beschäftigt. Nur zwei von ihnen waren zur Bewachung des Doktors und Romanas abgestellt worden. Die beiden Gefangenen hatten sich zur Zerstreuung wieder in ihr »Schere und Stein«-Spiel vertieft. »Schere!« rief Romana triumphierend, indem sie das Papier des Doktors zerschnitt. »Denken Sie nicht, daß ich Ihr Papier mittlerweile schon arg zerschnipselt habe? Sollten wir nicht lieber von hier verschwinden, Doktor?« »Das denke ich auch«, meinte der Doktor düster. »Das Schlimme ist nur, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie wir das anstellen könnten.« »Unternehmen Sie doch etwas, irgend etwas!« »In Ordnung. Machen Sie sich darauf gefaßt, abzuhauen, wenn ich Ihnen ein Signal gebe.« Der Doktor erhob sich und ging auf Commander Sharrel zu. »Entschuldigen Sie, Commander.« Im gleichen Augenblick spürte der Doktor die Mündung einer Waffe an seinem Hals und beeilte sich, wieder Platz zu nehmen. »Was ist denn nun aus Ihrem Plan geworden?« flüsterte Romana. »Nun, zugegeben, da gab es einige Startschwierigkeiten. Aber wir werden bald starten, falls Sie nichts unternehmen.« Romana streckte ihm ihre Hand entgegen. »Papier!« »Gummibärchen!« sagte der Doktor und drückte ein Gummibärchen in ihre offene Hand. Romana staunte nicht schlecht. »Gummibärchen?« Der Doktor grinste. »Unberechenbarkeiten! Mit anderen Worten: Humanoide überlisten Roboter!« 104
Sie beobachteten, wie Agella zu Commander Sharrel ging, um ihm eine Mitteilung zu machen. »Verzeihung, Commander, ich habe soeben Lans Kommunikationssystem überprüft. Er antwortet nicht!« Commander Sharrel runzelte die Stirn. »Es ist von außerordentlicher Wichtigkeit, daß wir mit ihm in Verbindung bleiben. Am besten, Sie überprüfen das sofort.« »Sofort, Commander!« Agella entfernte sich, und Commander Sharrel wandte sich wieder den Startvorbereitungen zu. »Alles klarmachen zum Countdown!« »Der Countdown läuft jetzt!« Als Agella die Schiffsrampe verlassen hatte, entdeckte sie ein kleines, silbernes Röhrchen am Boden. (Sie konnte nicht wissen, daß es sich hierbei um jenes Röhrchen handelte, das der Doktor einige Zeit vorher einem Movellaner vom Gürtel gerissen hatte.) Verwirrt wollte sich Agella nach ihm bücken, doch in dem Moment, in dem sie ihre Hand ausstreckte, wurde sie von hinten gepackt. Sie kämpfte verzweifelt, doch all die mechanische Kraft, die ihr zur Verfügung stand, reichte nicht aus. Noch bevor sie ihre Lippen öffnen konnte, um nach Hilfe zu rufen, hielt ihr eine Hand brutal den Mund zu. Agella bemerkte, daß es die Hand eines Roboters war, wie die ihre auch. Sie war von einem Movellaner angegriffen worden. Tyssan schoß hinter einem Felsen hervor und riß das silberne Röhrchen von Agellas Gürtel. Die eiserne Klammer um ihren Körper löste sich, sie taumelte ein paar Schritte vorwärts und fiel schließlich zu Boden. »Gut gemacht, Lan«, lobte Tyssan und klopfte dem Roboter auf die Schulter. Er öffnete Agellas Röhrchen und änderte blitzschnell einige Schaltkreise. Lan schaute ihm gleichgültig zu. Mittlerweile war auf der Anhöhe eine Gruppe abgerissener und ausgemergelter Menschen aufgetaucht – es waren die 105
versklavten Arbeiter der Daleks, die sich nun entschlossen hatten, für ihre Freiheit zu kämpfen. Geduldig warteten sie, bis Tyssan mit seiner Arbeit fertig war. Auf Davros’ Befehl hatten sich sechs der Daleks im Halbkreis um ihn aufgestellt. »Also, damit wir uns klar verstehen, ihr weicht kein Jota von eurer Aufgabe ab, ganz gleich, was auch geschehen mag!« Er inspizierte seine Truppe. Jeder der Daleks trug einen Schutzpanzer, der mit einer zweifachen Reihe von Bomben versehen war. Auf diese Weise wurde jeder von ihnen zu einer wandelnden Bombe. Davros fuhr fort: »Laßt euch durch nichts aufhalten! Sobald ihr das Schiff der Movellaner erreicht habt, stellt ihr euch so nah wie möglich an dessen Rumpf. Dann gebt ihr mir das Signal, daß ihr in Position seid.« Davros machte eine dramatische Pause. »Und denkt immer daran, daß das Opfer, das ihr bringt, den Daleks zum totalen Sieg verhelfen wird. Zu einem überwältigenden Sieg im Kampf gegen die Movellaner! Nun geht und führt meine Befehle aus!« Die Daleks entfernten sich. Nur einer blieb im Kontrollzentrum zurück: Der Anführer der Daleks war nun der Leibwächter Davros’. Alle anderen waren Todgeweihte, sie wurden den Plänen Davros’ geopfert. »Ein überwältigender Sieg der Daleks«, wiederholte Davros leise. »Aber damit nicht genug. Ich werde sie zu immer neuen Eroberungsfeldzügen führen. Und sie werden mir folgen!« Davros’ Kopf fiel vor Schwäche zurück, und er ließ sich in seinen Stuhl fallen, um von den immerwährenden Siegen der Daleks zu träumen. Nachdem Agella das Raumschiff verlassen hatte, war die Türe offen geblieben. Als nun der Doktor kurz zum Ausgang 106
blickte, sah er zu seiner freudigen Überraschung Tyssan dort stehen. Tyssan legte einen Finger auf die Lippen und deutete auf einen Wächter, der den Eingang bewachen sollte. Glücklicherweise blickte dieser aber in das Innere des Raumschiffs, um die Startvorbereitungen zu verfolgen. Wie von der Tarantel gestochen sprang der Doktor auf und funkelte Romana böse an. »Wagen Sie es nie wieder, so mit mir zu sprechen! Sagen Sie das nie wieder zu mir, nie wieder, hören Sie!« Nun erhob sich auch Romana und blickte ihn mit großen Augen erstaunt an. »Aber was habe ich denn gesagt?« »Gummibärchen«, schrie der Doktor. »Wie bitte?« Nun kamen die Wachen näher, um den Streit zu schlichten, aber der Doktor brüllte: »Ihr haltet euch da raus!« Inzwischen näherte sich auch die Wache, die neben dem Eingang postiert gewesen war, offensichtlich, um den anderen Movellanern zu Hilfe zu kommen. Der Doktor schrie aber auch diesen an: »Das gilt auch für Sie! Dies ist eine Privatangelegenheit, also kümmern Sie sich gefälligst um Ihre eigenen Angelegenheiten!« Langsam kam Romana dahinter, welchen Plan der Doktor verfolgte. »So ist’s recht, Doktor, sagen Sie’s ihnen!« »Das geht auch Sie nichts an, Romana!« »Was?« Der Doktor bemerkte aus den Augenwinkeln, daß Lan und Agella am Eingang auftauchten. Sie hatten ihre Strahlenwaffen gezogen. »Runter!« rief er, warf sich auf die Erde und riß Romana gleich mit sich. Über ihren Köpfen entbrannte ein wütender Kampf. Ohne mit der Wimper zu zucken, erschossen Lan und Agella ihre früheren Kameraden. Abgerissene Männer mit behelfsmäßigen Waffen stürmten in das Schiff, und ein Movellaner nach dem anderen wurde entweder erschossen oder einfach erschlagen. 107
Der Doktor rappelte sich auf und bahnte sich einen Weg durch das Getümmel. Er setzte sich in Sharrels nun leeren Kommandosessel und bediente blitzschnell einige Knöpfe und Schalter. Kurz darauf jagte ein gellender Ton durch den gesamten Kontrollraum, gleich einer akustischen Rückkopplung. Im gleichen Moment stürzten alle Movellaner, die Kopfhörer trugen, aber auch viele, die keine aufhatten, wie von einem epileptischen Anfall getroffen zu Boden, um dort hilflos liegenzubleiben. Das Eingreifen des Doktors hatte das Blatt gewendet, und bald darauf waren die Movellaner endgültig geschlagen. Tyssan lief zu Romana und dem Doktor, und es gab ein kurzes, aber herzliches Wiedersehen. »Eines verstehe ich nicht ganz«, sagte Romana verwirrt. »Warum haben dir Lan und Agella geholfen?« Der Doktor hob ein kleines Silberröhrchen auf, das von einem gefallenen Movellaner stammte. »Weil sie Robotergehirne besitzen, so wie dieses hier – und ein Robotergehirn läßt sich umfunktionieren, und zwar mit einem Schraubenzieher. Stimmt’s, Tyssan?« Romana starrte auf das Röhrchen. »Das soll das Gehirn eines Movellaners sein?« »Nun, ein Gehirn ist es nicht gerade. Es ist eher eine kleine Energiezelle, in die wichtige Verhaltensweisen des Roboters einprogrammiert sind.« »Aha, ich verstehe. Es enthält sozusagen den Tagesbefehl und die nötige Energie, um ihn auszuführen!« »Ja, so ungefähr«, erwiderte der Doktor. »Auf alle Fälle haben Sie gute Arbeit geleistet, Tyssan, alter Freund. Gibt’s was Neues von Davros?« »Nichts, Doktor.« »Ich könnte mir vorstellen, daß die Daleks ein Schiff schicken werden, um ihn von hier abzuholen. Das muß auf alle Fälle verhindert werden!« 108
Tyssan blickte traurig um sich. »Schauen Sie sich meine Truppe an, Doktor. Zwei umgepolte Roboter und ein Häufchen halbverhungerter ehemaliger Sklaven. Ich weiß nicht, wie wir damit einen Kreuzer der Daleks aufhalten sollen.« »Das weiß ich leider auch nicht«, gestand der Doktor. »Ich glaube, es ist besser, wenn ich alleine gehe.« »Nein, Doktor«, protestierte Tyssan. »Erlauben Sie es wenigstens mir, Sie zu begleiten.« Der Doktor schüttelte den Kopf. »Manchmal kann es sehr gefährlich sein, mich zu begleiten, besonders dann, wenn ich nicht weiß, was ich als nächstes tun werde. Sie bleiben besser hier und ordnen das Chaos. Sie werden dieses Schiff brauchen, um nach Hause zu kommen. Bis später, Romana!« Romana nickte. Sie respektierte die Entscheidung des Doktors. »Grüßen Sie Davros von mir!« Dann hatte der Doktor das Schiff verlassen und befand sich auf dem Weg über die steinige Ebene, um schnellstens die Stadt der Daleks zu erreichen. Gerade als er im Begriff war, den Einstiegsschacht hinunterzuklettern, stiegen aus einem anderen Ausgang mit hochexplosiven Bomben bewaffnete Daleks, die geradewegs auf das Raumschiff der Movellaner zumarschierten. Auf seinem Weg zum Kontrollzentrum kreuzte niemand den Weg des Doktors. Alles schien wie ausgestorben. Auch im Kontrollzentrum selbst waren keine Daleks zu sehen. Nur Davros hockte in seinem Rollstuhl in der Mitte des riesigen Raums und brütete vor sich hin. Er blickte kurz auf, als er die Schritte des Doktors vernahm. »Kommen Sie herein, Doktor, kommen Sie herein. Ich habe Sie schon erwartet.« Zögernd und vorsichtig kam der Doktor näher. »Vielen Dank. Ich habe nicht erwartet, Sie so schnell wiederzusehen. Es scheint hier eine unglaubliche Dalekknappheit zu herrschen.« 109
»Ich fürchte, daß die Truppe der Daleks dank Ihrer Bemühungen einige Verluste zu beklagen hat. Die wenigen, die übrigblieben, sind gerade unterwegs zu ihrer letzten Mission.« »Ich verstehe. Und Sie warten währenddessen auf das Schiff, das sie von hier wegbringen soll. Ist es nicht so?« »Bevor ich diesen Ort verlasse, habe ich noch eine Kleinigkeit zu erledigen, Doktor. Aber das wird nicht viel Zeit in Anspruch nehmen.« Davros lächelte. »Es scheint fast, als wurde uns auf Skaro einiges abverlangt, nicht wahr, Doktor?« Der Doktor lehnte sich wie zufällig an die Instrumentenkonsole dicht neben Davros’ Stuhl. »Aber es ist doch gut, wenn man gebraucht wird, oder?« »Lassen Sie uns unsere kleinen Differenzen für eine Weile vergessen, Doktor, und sprechen wir von Wissenschaftler zu Wissenschaftler. Wir haben doch in diesem Fall ein faszinierendes Problem vor uns, stimmt’s?« »Dem ist in der Tat so. Es existieren zwei gewaltige Computersysteme, die sich in ihrer Struktur so sehr gleichen, daß keines dem anderen überlegen ist.« Davros nickte. »Die Folge davon ist, daß zwei Raumflotten völlig lahmgelegt werden. Sie wissen natürlich, wie man aus dieser Sackgasse wieder herauskommt, nicht wahr? Und wie auf diese Weise eine der beiden Seiten den sicheren Sieg in der Tasche haben könnte?« »Aber selbstverständlich!« Davros schien amüsiert zu sein. »Ich wußte, daß Sie die Lösung klar vor Augen haben. Es ist so einfach, so offensichtlich… aber Sie werden es niemals begreifen. Hätten Sie es den Movellanern verraten?« »Nein.« »Das habe ich mir fast gedacht. Aber ich wollte kein Risiko eingehen. Ich mußte die Movellaner hindern, Sie mitzunehmen.«
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»Aber Sie haben sie nicht daran gehindert«, wies ihn der Doktor zurecht. »Tyssan und die ehemaligen Gefangenen haben mich befreit. Sie werden mit Hilfe des movellanischen Raumschiffs zur Erde zurückkehren.« Davros lächelte triumphierend. »Ich fürchte, dieses Raumschiff wird niemals starten. In Kürze werden sich sechs mit mehr als einer Megatonne Sprengkraft beladene Daleks gegen die Außenhülle des Schiffes pressen. Sobald sie in Position sind, werde ich diesen Hebel hier drücken, und alles wird in die Luft fliegen.« »Das können Sie nicht tun! Romana und alle befreiten Gefangenen befinden sich noch an Bord.« »Welch ein Jammer, Doktor«, versetzte Davros spöttisch. Der Doktor machte einen Schritt auf Davros’ Rollstuhl zu. »Und was ist, wenn ich nun den Hebel bewege? Dann fliegen Ihre Daleks in die Luft, bevor sie das Schiff erreicht haben. Wie werden Sie mich davon abhalten?« »Ich werde Sie gar nicht davon abhalten«, erwiderte Davros mit immer noch spöttischem Unterton. »Das werde ich übernehmen, Doktor«, schnarrte eine metallische Stimme. Die Waffe direkt auf den Doktor gerichtet, glitt der Anführer der Daleks langsam auf den Doktor zu. »Sehen Sie?« meinte Davros nun sanft. »Jetzt können Sie gar nichts mehr aufhalten. Dieses Schiff fährt zur Hölle.«
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Die Sprengung Die Körper der außer Gefecht gesetzten Movellaner waren säuberlich in einer Reihe auf den Boden gelegt worden. Nun gingen Tyssan und seine ausgemergelten Kameraden daran, das Schiff noch einmal startklar zu machen. Romana schritt die lange Reihe der Roboter ab und schaute sich jeden ganz genau an. Als Tyssan dies bemerkte, ging er zu ihr: »Was ist los? Wir haben sie doch alle erwischt, oder?« »Und was ist mit Commander Sharrel?« »Ist er denn nicht dabei?« »Ich kann ihn nicht entdecken.« »Nun, das ist ja nicht weiter schlimm, oder?« meinte Tyssan etwas ungehalten. »Ich meine, selbst wenn er uns entwischt sein sollte, so kann er doch, so auf sich allein gestellt, kein größeres Unheil mehr anrichten…« »Eigentlich nicht, aber…« Romana unterbrach sich, denn ihr fuhr plötzlich ein beängstigender Gedanke durch den Kopf. »Der Sprengsatz! Er wird versuchen, ihn zur Explosion zu bringen… und der Doktor ist noch immer außerhalb des Schiffs. Wo, sagten Sie, haben Sie Lan mit der ganzen Apparatur gesehen?« Tyssan erklärte ihr auf die Schnelle den Weg, und Romana rannte aus dem Schiff. Commander Sharrel war zwar im Kampfgetümmel verletzt worden, aber weit davon entfernt, außer Gefecht zu sein. Auf allen vieren kroch er langsam, aber stetig über die Felsen zu dem Platz, an dem Lan den Sprengsatz postiert hatte.
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Tyssan traf gerade die letzten Vorbereitungen für den Start, als ein Späher in das Schiff stürzte. »Daleks! Ein halbes Dutzend Daleks kommen genau auf uns zu!« Nun erhob Tyssan seine Stimme. »Alle herhören! Die Daleks wollen unser Schiff angreifen. Nehmt an Waffen, was immer ihr finden könnt! Wir müssen sie zurückschlagen! Und denkt daran: Wenn überhaupt jemand aus unseren Reihen nach Hause zurückkehren soll, so ist das nur möglich, wenn wir dieses Schiff verteidigen!« Die Sklaven rissen die Strahlenwaffen der Movellaner an sich und rannten in Richtung Rampe. Die Sklaven stellten sich den Daleks am unteren Ende des Abhangs entgegen. Ohne zu zögern begannen sie zu schießen und deckten die Daleks mit Feuersalven ein. Aber die ehemaligen Gefangenen waren geschwächt, halb verhungert und die meisten unter ihnen zudem Zivilisten, die keinerlei Erfahrung im Umgang mit Waffen hatten. Die Daleks rückten vor wie disziplinierte Zinnsoldaten und belegten dabei die Angreifer mit heftigem Gegenfeuer. Nicht wenige der Gefangenen fielen bei diesem ersten, fürchterlichen Schlagabtausch. Trotz Tyssans Beteuerungen begann der Rest zurückzuweichen. Der Marsch der Daleks auf das Schiff war zwar verzögert worden, aber offensichtlich nicht aufzuhalten. Schließlich war es Commander Sharrel gelungen, sich zum Sprengsatz vorzuarbeiten. Er rastete eine Weile, um seine restlichen Energien zu sammeln. Als er versuchen wollte, auf den Auslöser zu drücken, sprang Romana auf ihn zu und schlug seine Hand weg. Es folgte ein verzweifelter Kampf. Trotz seines geschwächten Zustands besaß der Commander noch erstaunliche Kraft. Er warf Romana zur Seite und versuchte erneut, den Hebel zu erreichen. Romana rappelte sich auf und landete einen zielsicheren Tritt. Sie traf das silberne 113
Röhrchen am Gürtel des Commanders. Dieser kippte nach hinten um, schlug ein paar Sekunden wild um sich und blieb schließlich regungslos liegen. Romana nahm die schwarze Box, in der genug Energie gebündelt war, um einen ganzen Planeten zu zerstören, und setzte sich erschöpft, aber glücklich auf einen Felsbrocken. »Natürlich werden Sie mich begleiten, sobald das Schiff der Daleks angekommen ist, Doktor«, erklärte Davros mit einer Stimme, als hätte er Kreide verschluckt. »Die Daleks werden es sicherlich zu schätzen wissen, einen derart guten Fang gemacht zu haben.« »Sie werden mich bestimmt mit offenen Armen empfangen«, erwiderte der Doktor feierlich. »Zumindest, wenn sie welche hätten. Also sagen wir, mit offenen Saugnäpfen…« Während er derartigen Unsinn von sich gab, bereitete der Doktor seinen nächsten Schachzug vor. Unvermittelt riß er sich seinen Hut vom Kopf und stülpte ihn über den Augenstab des Daleks. Derart erblindet fuchtelte der Dalek mit seiner Waffe hilflos in der Gegend herum. »Hinter dir!« schrie Davros, und der Dalek feuerte wild drauflos. Aber der Doktor stand mittlerweile schon wieder woanders. »Rechts von dir!« Der Dalek feuerte von neuem im wahrsten Sinne des Wortes blindlings drauflos und verfehlte sein Ziel. Ein ganzer Mauerabschnitt dicht neben dem Doktor schmolz unter den Feuerstößen zusammen. Wie der Blitz durchquerte der Doktor den Raum und rannte in den Raum, in dem die Explosivstoffe aufbewahrt wurden. Es war nur noch eine Bombe übrig. Der Doktor riß sie von der Wand, stellte den Auslöser so ein, daß sie nach einigen Sekunden explodieren würde, und brachte sie auf den Weg in Richtung des Daleks. Die Bombe rollte den Boden entlang und 114
kam direkt vor dem Dalek zum Stillstand. Sie explodierte sofort und mit ihr der Dalek, dessen metallene Umhüllung in einem Flammenmeer versank. Der Doktor ging entschlossen auf Davros zu, der verzweifelt mit seinem Rollstuhl nach hinten auszuweichen versuchte. »Kommen Sie nicht näher! Kommen Sie keinen Schritt näher!« Der Doktor streckte seine Hand aus und legte sie auf den Auslöser. »Ich bedauere nur, daß ich mir dieses Spektakel nicht persönlich ansehen kann.« Er drückte den Knopf. Die Gefangenen hatten schon begonnen, sich in alle Winde zu zerstreuen, als die Daleks am Fuße des Hügels eine kleine Pause einlegten, um sich für den entscheidenden Angriff auf das Schiff zu sammeln, und gleichzeitig in einem wahren Feuersturm explodierten. Die Gefangenen starrten ungläubig auf dieses Spektakel. Sie konnten es nicht fassen, daß diese metallenen Geschöpfe vor ihren Augen zerschmolzen. Schließlich war das Schiff der Movellaner endgültig startklar. Der Doktor hielt Davros noch eine Abschiedsrede. Dieser saß, umgeben von einer aberwitzigen Konstruktion aus Schaltkreisen, auf dem Kommandodeck. Aus irgendeinem Grund wollte der Doktor Davros erklären, warum er auf dem Holzweg war. Für Romana lag es klar auf der Hand, daß dies reine Zeitverschwendung war. »Also«, sagte der Doktor. »Alle Elefanten sind rosa. Nellie ist ein Elefant. Also ist Nellie rosa. Logisch?« »Vollkommen logisch«, erwiderte Davros mit matter Stimme. »Aber, so sehen Sie doch! All das basiert auf falschen Prämissen, also nützt Ihnen die Logik in diesem Fall überhaupt nichts. Es bleibt trotz allem barer Unsinn. Und wissen Sie, was ein Mensch dazu sagen würde?« »Was?« 115
»Reden Sie keinen Quatsch! Elefanten sind nicht rosa!« »Menschen verstehen nichts von Logik«, zischte Davros verächtlich. »Sie verstehen sie zwar, sie unterwerfen sich ihr aber nicht. Jedenfalls nicht in der Weise, wie Daleks und Movellaner dies tun. Das ist der Grund für die Rückkehr der Daleks auf diesen Planeten. Sie erinnerten sich an ihre ›organische‹ Vergangenheit und daran, daß sie einst zu Intuition, zu irrationalen und emotionalen Regungen fähig gewesen waren. Sie wollten diese Qualitäten von Ihnen zurückhaben. Sie wollten ihre logische Mausefalle wieder verlassen.« »Auf alle Fälle habe ich versagt«, sprach Davros mit weinerlichem Unterton. »Was geschieht mit mir?« Es war Tyssan, der ihm antwortete. »Ich hatte bereits Kontakt mit der Erde. Es ist ein intergalaktischer Kreuzer unterwegs, der uns aufnimmt. Sie werden zur Erde gebracht und wegen Ihrer Verbrechen an intelligenten Lebensformen vor Gericht gestellt werden.« »Auch ein intergalaktischer Kreuzer wird mich nicht aufhalten«, schnaubte Davros. »Diese Vorrichtung wird Sie aber aufhalten«, erklärte der Doktor und zeigte auf die quadratische Konstruktion, die Davros umschloß. »Es handelt sich um eine Apparatur, die alle Molekularbewegungen vorübergehend gegen Null absinken läßt. Nicht einmal Sie können daraus entwischen.« Er berührte einen Schalter, und kurze Zeit später verwandelte sich die Luft um Davros’ Stuhl in solides Eis. »Auf Wiedersehen, alter Junge«, verabschiedete ihn der Doktor sanft. »Ich hoffe, Sie haben Ihre Wintersachen an.« Tyssan blickte befriedigt auf die schemenhaften Umrisse des tiefgefrorenen Davros. »Auch Sie werden auf der Erde dringend gebraucht, Doktor. Sie müssen bei Davros’ Gerichtsverhandlung als Zeuge auftreten.«
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»Was?« meinte der Doktor mürrisch. »Ich soll meine Zeit in einem miefigen Gerichtssaal verplempern?« »Sie müssen mitkommen. Es ist Ihre Pflicht!« »Ja, natürlich«, gab der Doktor zu. »Wir suchen uns nun besser unsere Kabinen aus.« Tyssan hatte sich bereits zur Kommandobrücke begeben. »Alle Systeme in Betrieb. Fertigmachen zum Start!« Er bemerkte gar nicht, wie Romana und der Doktor sich heimlich aus dem Staub machten.
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Der Abflug Mit Schaufeln bewaffnet, beobachteten der Doktor und Romana den Start des movellanischen Raumschiffs. Das Schiff stieg rasch höher und höher, bis es in der grauen Wolkendecke Skaros verschwunden war. »Was geschieht, wenn sie herausfinden, daß wir nicht mehr an Bord sind?« wollte Romana wissen. Der Doktor grinste nur. »Wen kümmert’s? Jetzt können sie uns nicht mehr finden. Also los, wir haben einiges freizuschaufeln!« Der Doktor und Romana machten sich auf den Weg zurück zur Tardis und begannen, den Schutt beiseite zu räumen. »Nun sagen Sie mir bitte eins, Doktor«, begann Romana. »Hätten Sie wirklich die Probleme der Movellaner lösen und den Krieg für sie gewinnen können – vorausgesetzt, Sie wären dazu überhaupt bereit gewesen?« »Aber natürlich hätte ich das vermocht.« »Und wie?« »Mein liebes Mädchen, die Antwort liegt auf der Hand.« »Oh, tut sie das?« »Ja! Beide Seiten waren mehr oder weniger Roboter. Ihre Kriegführung wurde jeweils durch Computer gesteuert, stimmt’s?« »Stimmt!« »Also unterlagen ihre Strategien immer der strengen Logik. Beide Computer waren in der Lage, den Schritt der anderen Seite vorherzusagen und sofort zu konterkarieren. Das führt unweigerlich zu einem Patt.« »Ja, das weiß ich bereits, Doktor«, erwiderte Romana mit Engelsgeduld. »Aber wie wollten Sie dieses Patt aus dem Gleichgewicht bringen?« 118
»Nun kommen Sie, Romana, das ist doch ganz einfach! Wenn jede Seite die Schachzüge der anderen Seite vorhersagen kann, die ja wie gesagt auf strenger Logik basieren dann muß die erste Seite einfach ihren Computer abschalten und etwas ganz und gar Unlogisches tun…« »… und gewinnt den Kampf!« »Ganz genau! Man macht Fehler, um den Gegner zu irritieren.« »Brillant! Ist das der Grund dafür, daß Sie immer der Gewinner sind, Doktor?« »Ist was der Grund, warum ich immer gewinne?« »Weil Sie so viele Fehler machen«, versetzte Romana mit einem Unschuldslächeln. Die Reaktion des Doktors war äußerst unwillig, und er machte Romana mit allem Nachdruck klar, daß er es so auf gar keinen Fall gemeint hatte. Während dieses Gesprächs hatten sie die Türe der Tardis freigelegt. Er suchte geistesabwesend nach dem Schlüssel. »Fehler machen? Ich soll Fehler machen?« Und nach einer kleinen Pause: »Na ja, vielleicht unterläuft mir dann und wann ein kleines Versehen, Sie verstehen schon. Ich würde sagen, pro Jahrhundert eines, im Durchschnitt…« Schließlich öffnete er die Türe, und sie betraten ihr Schiff. Einige Minuten später ertönte ein hohes Pfeifen, und die Tardis dematerialisierte sich. Aber einen Sekundenbruchteil später materialisierte sie sich wieder. Im Inneren des Kontrollraums war Romanas geduldige Stimme zu vernehmen: »Nein, nicht diesen Hebel, Doktor, den da drüben!« »Was? Ach ja, natürlich.« Er grinste sie an. »Sehen Sie? Das beweist, was ich vorhin gesagt habe!« Die Tardis dematerialisierte sich von neuem, diesmal mit dauerhaftem Erfolg. Der Doktor und Romana waren unterwegs zu neuen Abenteuern. 119