Der Schwarm
Der Schwarm Band 1
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Das Jahr 3438: Als Perry Rhodan von einer Fernexpe...
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Der Schwarm
Der Schwarm Band 1
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Das Jahr 3438: Als Perry Rhodan von einer Fernexpedition in die MilchstraÄe zurÅckkehrt, wird er Zeuge eines atemberaubenden Schauspiels. Tausende von Sonnen und Planeten tauchen auf, gehÅllt in riesige Blasen - es ist der Schwarm. Dann verlassen gigantische Raumschiffe, die so genannten Manips, das kosmische Gebilde. Eine Strahlungswelle eilt ihnen voraus, die den Intelligenzen der MilchstraÄe den Verstand raubt. Ein RÅckfall beginnt, der alle galaktischen Kulturen in ein todbringendes Chaos stÅrzt. Nur wenige Menschen und AuÄerirdische erweisen sich als immun, dar unter Perry Rhodan. Verzweifelt nehmen sie den Kampf gegen den Unter gang auf...
Alle Rechte vorbehalten
Ç 2005 by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
www.moewig.de
Redaktion: Klaus N. Frick
Titelillustration: Dirk Schulz
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, PÉÄneck
Printed in Germany 2005
www.perry-rhodan.net
ISBN 3-8118-5540-9
Prolog
Die MilchstraÄe im Jahr 3438. Nach langen, harten KÅmpfen ist es dem Solaren Imperium gelungen, die Invasion der Takerer zurÇckzuschlagen. Mit knapper Not: Pluto, der ÅuÄerste Planet des Heimatsystems der Menschheit, wurde vernichtet; die Çbrigen Planeten entgingen nur durch eine glÇckliche FÇgung diesem Schicksal. WÅhrend der Kampf um das Solsystem wogte, trug Perry Rhodan mit seinem Flaggschiff, der MARCO POLO, den Kampf in die Heimat der Invasoren. Nach erfolgreicher ErfÇllung ihrer Mission befindet sich die MARCO POLO auf dem RÇckflug aus der viele Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis Gruelfin. Perry Rhodan und seine GefÅhrten glauben, einer Zeit des Friedens und des Wohlstands entgegenzufliegen - ein furcht barer Irrtum ...
1. Juli 3438
MARCO POLO
ÑWie benehmen sich Ihre Wandeltaster?Ö
Oberstleutnant Dr.-Ing. Nemus Cavaldi, Leitender Ingenieur der MARCO POLO, lachte. ÑWie guterzogene Kinder, Sir. Alles in Ordnung. Ich glaube nicht, daÄ wir nochmals mit Schwierigkeiten zu rechnen haben. Das wÜre innerhalb der Dakkarzone auch nicht wÅnschenswert. Ende, Sir.Ö Perry Rhodan schaltete die Bildsprechverbindung ab. Cavaldis feistes Gesicht verblaÄte. ÑEin tÅchtiger MannÖ, stellte Atlan fest. Der Regierende Lordadmiral der USO saÄ neben Rhodan im zweiten Kommandeursessel des Ultraschlachtschiffes MARCO POLO, das sich auf dem Heimflug zur MilchstraÄe befand. ÑEin KÉnner!Ö verbesserte Rhodan. ÑDu solltest mit deinem Lob nicht so sparsam umgehen.Ö Atlan runzelte die Stirn. Er schaute sich prÅfend in der groÄrÜumigen Zentrale des terranischen Superriesen um. WÜhrend des BrÅckenschlags durch die Dakkarzone zwischen der fÅnften und sechsten Dimension hatten alle drei Emotionauten ihre ManÉverplÜtze eingenommen. Oberst Elas Korom-Khan flog das Schiff. Der Erste Kosmonautische Emotiooffizier, Oberstleutnant Senco Ahrat, Åberwachte die auf geistiger Ebene aufgenommenen SchaltvorgÜnge des Kommandanten. Major Mentro Kosum, Zweiter Emotiooffizier der MARCO POLO, saÄ einsatzbereit im dritten Kontursitz. Ebenso wie seine beiden Kollegen trug er eine SERT-Haube, deren Impulstaster die befehlsgebenden GedankenstrÉme der parapsychisch begabten MÜnner abnahm, sie weitergab und die entsprechenden GerÜte zur Reaktion zwang. >Simultane Emotio- und Reflex-Transmission< nannte man diesen erstaunlichen Vorgang. Nicht einmal die als reaktionsschnell
bekannten Haluter oder Ertruser waren fÜhig, die gedankenschnelle Schaltgeschwindigkeit der Emotionauten annÜhernd zu erreichen. Atlan schwenkte seinen Kontursitz herum und schaute erneut auf die groÄen Bildschirme der Panoramagalerie. Dort drauÄen war alles und nichts. Das dunkelrote Wabern und Wallen, in dem zahllose RiesenmolekÅle zu schwimmen schienen, war der optisch erkennbare Teil eines dimensionalen áberlagerungsraumes, der bislang nur rechnerisch erfaÄt werden konnte, und das nur vage. Atlan wuÄte lediglich, daÄ die MARCO POLO mit milliardenfacher Geschwindigkeit des Lichts durch ein Kontinuum raste, das mit dem gewohnten und begreifbaren Einsteinschen Weltraum nichts mehr zu tun hatte. Rhodans Frage nach der FunktionstÅchtigkeit des derzeit eingeschalteten Pralitzschen Wandeltasters war daher berechtigt gewesen. Diese GerÜte waren die wichtigsten Teilaggregate des Dimesextatriebwerks, mit dessen Hilfe man die gigantischen Entfernungen zwischen den Galaxien Åberwinden konnte. Bedeutsam an dieser technischen Neuentwicklung war die Tatsache, daÄ die MARCO POLO das erste von Menschen erbaute Raumschiff war, das Åber derartige Maschinenanlagen verfÅgte. Atlan entschloÄ sich zu einer verspÜteten Antwort. ÑAlso schÉn, dann ist Cavaldi eben ein KÉnner. Einverstanden! Wenn er das Schiff diesmal programmgemÜÄ bis zur MilchstraÄe bringt, will ich ihm sogar noch mehr ehrenvolle Bezeichnungen zubilligen. ábrigens, gilt der letzte Befehl immer noch?Ö Atlan klopfte mit dem Zeigefinger bedeutungsvoll an den zurÅckgeklappten Panzerhelm seines Schutzanzuges. ÑEr gilt noch!Ö bestÜtigte Rhodan knapp. ÑFunksprechverbindung bleibt zusÜtzlich zum Interkomkontakt bestehen.Ö Atlan seufzte in sein vorgeschwenktes Helmmikrophon. Mentro Kosum lachte. Dieser Mann war in der Lage, trotz seiner angestrengten TÜtigkeit auch noch die GesprÜche auf der Interkom- und Funkfrequenz zu verarbeiten. ÑBitte keinen KnÅttelvers, Mr. KosumÖ, warnte Rhodan. ÑSie haben uns damit ausreichend strapaziert.Ö ÑWie Sie meinen, SirÖ, ertÉnte eine Stimme aus den Helmlautsprechern.
ÑDas meine ich nicht nur, sondern das ist eine begrÅndete VorsichtsmaÄnahme! In der Dakkarzone fÅhle ich mich so wohl wie in einem dunklen Keller. Ich wÜre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie meine Auffassung teilen wÅrden.Ö ÑGenau, genau, so sprach der Richter, erging es meinem Lieblings dichter. In Klammern SchÅller.Ö Rhodan holte tief Luft. Das unterdrÅckte GelÜchter aus etwa achttausend Kehlen klang in seinem Helmlautsprecher wie ein Donnergrollen. ÑIch bitte um RuheÖ, rief der GroÄadministrator. ÑUnd Sie, Mr. Kosum, Sie sollten sich endlich abgewÉhnen, sich fÅr einen Historiker und Altsprachenforscher zu halten. Der Dichter hieÄ nicht SchÅller sondern Schiller. AuÄerdem kann ich mich nicht erinnern, aus seinem Munde jemals etwas derart Absurdes gehÉrt zu haben.Ö ÑAh, den haben Sie noch persÉnlich gekannt, Sir?Ö Rhodan grinste. Kosum war in seiner Art unschlagbar. ÑKosum, Sie sind ein verkanntes GenieÖ, sagte Atlan. ÑMelden Sie sich nach der Heimkehr bei der USO. Ich kann Ihnen auf alle FÜlle eine wesentlich bessere Bordverpflegung bieten.Ö ÑSchmutzige Abwerbung eines auf Kosten des Solaren Imperiums geschulten MannesÖ, klang es aus den HelmgerÜten. ÑJa, runzle nur nicht die Stirn, alter Arkonide. Hier spricht Sonderoffizier Guck, auch Gucky genannt. Von wegen unsere besten Leute mit deiner lÜcherlichen USO-Bordverpflegung kÉdern. Mein Freund Kosum wird dir etwas husten.Ö TatsÜchlich hÉrte man ein Husten. Danach Kosums Stimme, die infolge seiner SERT-Haube verzerrt wurde. ÑVerzeihung, Herr Mausbiber, aber ich habe mich soeben entschlossen, das Angebot eines ehrenwerten Mannes mit allen Konsequenzen zu Åberdenken. Wenn man an diese dehydrierten Nahrungsmittel in terranischen Kampfschiffen denkt, kÉnnte ein kluger Mann sehr wohl zu der Auffassung kommen, daÄ...Ö ÑHalt ja den MundÖ, vernahm man Guckys schrille Stimme. ÑKein Wort mehr, oder ich bin die lÜngste Zeit dein Freund gewesen.Ö Atlan rÅttelte am HalsverschluÄ seines Anzugs. ÑVerflixtes Ding! Wann werden die Terraner endlich Kombinationen bauen, die ihre
TrÜger nicht erwÅrgen. Was das Angebot betrifft: Es gilt, Mr. Kosum.Ö Rhodan achtete nicht mehr auf den Meinungsaustausch. Er wuÄte nur zu gut, daÄ die achttausend MÜnner der MARCO POLO wÜhrend des riskanten Fluges nichts besser gebrauchen konnten als Ablenkung und nochmals Ablenkung. Atlan, Kosum und Gucky verhielten sich sehr geschickt. NatÅrlich waren sie ebenfalls Åber sie psychologischen Gefahrenmomente orientiert, die eine solche Reise mit sich brachte. Rhodan duldete das WortgeplÜnkel. Auch Korom-Khan unterbrach es nicht, obwohl es seine Aufgabe als Kommandant gewesen wÜre, an Bord des von ihm gefÅhrten Raumschiffes die unerlÜÄliche Disziplin aufrecht zu erhalten. Rhodans und Atlans Blicke kreuzten sich. Beide MÜnner schmunzelten. Sie hatten sich wortlos verstanden. Captain Verso Honadri, Erster Streifenoffizier vom Dienst an Bord der MARCO POLO, kÅmmerte sich weder um die Gefahrenmomente der Dakkarreise noch um das GeplÜnkel. Er hÉrte es ebenso wie die anderen MÜnner der Besatzung, nur dachte er nicht daran, seine Aufgabe auch nur eine Sekunde lang zu vernachlÜssigen. Zu seiner Streife gehÉrten zehn Mann des Wachkommandos und fÅnf Kampfroboter, die er mit Hilfe eines tragbaren SpezialgerÜtes jederzeit umprogrammieren konnte. Die Kontrolltrupps waren wÜhrend der turbulenten Ereignisse in der Galaxis NGC 4594 zusammengestellt worden, als takerische Pedotransferer versucht hatten, unauffÜllig einzusickern und besonders die fÅhren den MÜnner des Schiffes geistig zu Åbernehmen. Das war auch der Grund dafÅr, daÄ die Roboter und zusÜtzlich zwei Spezialisten GerÜte mitfÅhrten, die einen von Transferern Åbernommenen Menschen orten konnten. Eine weitaus bessere Entwicklung war unterdessen auf der Erde herangereift. Honadri befand sich mit seinem Trupp in HÉhe der 22. Etage, Zwischendeck II. Hier lagen die kleineren StaurÜume fÅr hochwertige BedarfsgÅter.
Im Labyrinth der GÜnge, AufzÅge und Lagerhallen, den benachbarten MaschinenrÜumen und Ersatzteildepots muÄte man sich schon auskennen, um sich nicht rettungslos zu verirren. Die Raumfahrersage berichtete vom Tod eines neuen Besatzungsmitgliedes, das sich derart verlaufen hatte, bis der Mann schlieÄlich verhungerte. Das aber sollte sich an Bord eines Superschiachtschiffes zu getragen haben. Das Kugelschiff hatte 1,5 Kilometer durchmessen, die MARCO POLO jedoch durchmaÄ 2,5 Kilometer. Dennoch herrschte in dieser gewaltigen Kugelrundung eine drangvolle Enge. Sie wurde durch die Konstruktion an sich, die MaschinenrÜume, Lagerhallen, Hangars und tausend andere Einrichtungen hervorgerufen. Es war daher nicht verwunderlich, daÄ sich Captain Verso Honadri Åberwiegend auf seine vielfÜltigen OrtungsgerÜte verlieÄ. Sie arbeiteten auch in der Dakkarzone, denn die UmwelteinflÅsse des fÅnf- und sechsdimensionalen Raumes wurde von dem Sextadimschirm des BrÅckenschlagtriebwerks reflektiert. ÑOrtung Energiestrahl, SirÖ, meldete einer der Kampfroboter. ÑGeringe Leistung. Wahrscheinlich Desintegrator. Handfeuerwaffe.Ö Honadri blieb stehen. Mit einer unbewuÄten Bewegung umklammerte er den Griff seiner Dienstwaffe. Es war ein Kombistrahler. ÑEinpeilen, sofort.Ö ÑPeilung steht. Auswertung nach programmiertem Lageplan beendet. Raum VALO-III-sechs. Erneute Energieentwicklung.Ö Captain Honadri begann zu rennen. Die Halle III-sechs war ihm sehr gut bekannt. Dieses Deck glaubte er wie seine Notration zu kennen, was sich aber gelegentlich als Irrtum erwiesen hatte. Niemand konnte die RÜumlichkeiten dieses Ultragiganten genau registrieren. Nach drei Minuten kam das Kommando vor dem Sicherheitsschott der kleinen Lagerhalle an. Die beiden davor stationierten Kampfroboter lagen bewegungsunfÜhig am Boden. Sie hatten sich erstaunlicherweise selbst zerstÉrt. Honadri zog wortlos die Waffe. Das MikrofunkgerÜt des Helms schaltete er ab. Ein hinweisender Wink wurde von seinen MÜnnern
verstanden. Niemand sprach ein Wort. Die Roboter standen reglos im Hintergrund. ÑFunksprechverbotÖ, ordnete der Streifenoffizier an. ÑNur normale VerstÜndigung. Wenn dort drinnen jemand ist, wird er auf jeden Funkpiepser lauschen, der ihm eventuell gefÜhrlich werden kÉnnte. Darasch, Éffnen Sie die Schleuse mit Katastrophenimpuls. Los schon!Ö Er war hochgewachsen, schmal und wirkte zerbrechlich. Blonde Haare quollen unter seinem zurÅckgeklappten Helm hervor. Seine Stirn war hochgewÉlbt, vertrÜumt wirkende Augen visierten durch die Optik einer kleinen Waffe sein Ziel an. Er schoÄ. Der fÅnfte Dakkarkom lÉste sich unter dem flimmernden Energiestrahl des Desintegrators. Das GerÜt zerfiel in seine molekularen Bestandteile. Er lÜchelte, sah sich prÅfend um und steckte die Waffe durch den geÉffneten MagnetverschluÄ seiner Schutzkombination in eine AuÄentasche seiner normalen Borduniform. Ein Fauchen lieÄ ihn zusammenfahren. Lohende Atomglut zischte an ihm vorbei. Die Strahlbahn schlug in die Wandung, wÉlbte einen kleinen Vulkan aus sofort verflÅssigtem Material auf und ÅberschÅttete ihn mit einem Schauer aus winzigen Glutperlen. Sie hÜtten ihn sofort getÉtet, wenn er nicht den Panzerhelm geschlossen und die Magnethalterung verankert hÜtte. Ein glÅhender Luftwirbel schleuderte ihn zur Seite. Er stolperte Åber ein Ersatzteil, fiel zu Boden und blieb reglos liegen. ÑGenauso bleiben, HÜnde nach hinten strecken, keine Bewegung, oder ich verwandle dich in eine Gaswolke. Liegenbleiben, habe ich gesagt!Ö áber sich, aber noch einige Meter entfernt, gewahrte er das verzerrte Gesicht eines Captains. Die MÅndung seiner Energiewaffe flammte ultrablau. Ein winziger Druck auf den Feuerknopf und ... ÑDer Kerl hat alle fÅnf DakkarkomgerÜte mit einem Desintegrator zerstrahlt, SirÖ, vernahm er die Stimme eines anderen Mannes.
ÑDas - das kann es doch nicht geben, Sir! Jetzt bekommen wir nie mehr Funkkontakt mit Ganjo Ovaren und der Galaxis Gruelfin. Du verdammter...Ö Er schrie. Er hatte geglaubt, niemals in seinem Leben schreien zu mÅssen. Jetzt schrie er trotzdem in Todesangst. Der zweite Mann kam mit schuÄbereiter Waffe auf ihn zu. ÑIch schieÄe dich nieder...!Ö ÑRuhe, Sergeant!Ö schrie der Captain. ÑBeherrschen Sie sich. Oldert, Peytcher, richten Sie den Saboteur auf. Schutzanzug entfernen, nach Waffen durchsuchen.Ö Er fÅhlte sich von vier krÜftigen MÜnnerfÜusten hochgerissen. Dann stand er wieder auf seinen Beinen, doch dicht vor seinem KÉrper flammte immer noch die MÅndung einer Waffe. Captain Verso Honadri hatte seine Fassung zurÅckgewonnen. Er hatte den StrahlschuÄ abgefeuert, doch jetzt stand er einer neuen Situation gegenÅber. Er fÅhlte, daÄ sich seine MÜnner kaum noch beherrschen konnten. So sprang Honadri zwischen den Saboteur und Sergeant Daraschs Waffe. Nur langsam lieÄ der schwer atmende Mann den Strahler sinken. ÑSirÖ, sagte er. ÑWarum lassen Sie mich diesen Kerl nicht...Ö ÑWeil es hier nach den Gesetzen der Solaren Flotte ein Bordgericht gibt, Darasch. Deshalb! Kommen Sie zu sich! Sichern Sie vor allem Ihre Dienstwaffe. Na, alles wieder in Ordnung?Ö Darasch nickte nur. Ein Blick des Hasses traf den Saboteur. Jetzt erst hatte der Wachoffizier Gelegenheit, seinen Gefangenen eingehend zu mustern. ÑAch, Sie sind das! Captain Ricod Esmural, Dimesexta-Ingenieur, Mitglied des Schaltmeisterteams aus Dr. Cavaldis Garde. Warum haben Sie sich in diesen Lagerraum geschlichen und die fÅnf DakkarfunkgerÜte zerstÉrt? Warum, Mann? Sind Sie wahnsinnig geworden?Ö Der Wachoffizier schrie. Esmural Åberwand seine Todesangst schneller, als sie ihn Åbermannt hatte. ÑEs steht Ihnen nicht zu, mir Fragen zu stellen. Schon gar nicht in einem solchen Tonfall.Ö
Honadri beherrschte sich mÅhsam. Er drehte sich um, ging zum nÜchsten Interkom-AnschluÄ hinÅber und drÅckte auf die rote Notruftaste. ÑWas? Sind Sie betrunken? Ein Saboteur...?Ö Oberst Toronar Kasom, Ertruser und Zweiter Stellvertretender Kommandant der MARCO POLO, war mehr verblÅfft als schockiert. Etwas hilflos sah er zu der Empore mit den groÄen HauptschaltgerÜten hinÅber. Rhodan war aufmerksam geworden. ÑWas ist? Schwierigkeiten?Ö ÑEs sieht so aus, Sir. Ein gewisser Captain Esmural, DimesextaIngenieur, soll die fÅnf DakkarkomgerÜte zerstrahlt haben. Er wurde von der Streife gefaÄt.Ö Atlan und Perry Rhodan handelten gleichzeitig. Ihre HÜnde berÅhrten sich auf der Umschalttaste, die eine Verlegung des InterkomgesprÜches auf die Bildschirme der zentralen SchiffsfÅhrung bewirkte. Honadri wurde eingeblendet. ÑWen haben Sie verhaftet?Ö fragte Rhodan mit unheimlich wirkender Beherrschung. ÑBerichten Sie.Ö Captain Honadri wiederholte seine Meldung. Der Saboteur wurde von zwei MÜnnern des Streifenkommandos vor die Aufnahmekamera des Lagerraumes gestellt. Rhodan kannte ihn nur flÅchtig. Atlan war besser informiert. Er beugte sich weit vor. ÑEsmural! Ein AuÄenseiter. Keinerlei Kontakt mit anderen MÜnnern der Besatzung. Und er hat die unersetzbaren DakkarkomgerÜte vernichtet? Ich ...Ö ÑUnterbrechungÖ, drang eine andere Stimme aus den Lautsprechern. ÑWichtige Meldung. Psychologische Abteilung, Dr. Eysbert spricht. Ich habe die Meldung mitgehÉrt Ich darf die SchiffsfÅhrung darauf aufmerksam machen, daÄ Esmurals Psychogramm sehr eigentÅmlich ist. Seine Verhaltensweise ist...Ö ÑEbenfalls UnterbrechungÖ, warf Rhodan ein. Seine Stimme klang lauter als sonst. ÑKommen Sie zur Sache. Ihr wissenschaftlicher Kommentar kann spÜter erfolgen. Was gibt es dringend zu sagen?Ö
Thunar Eysbert, der Chef-Kosmopsychologe der MARCO POLO, galt als Åberlegener SpÉtter, der sich selten grob ausgesprochenen Anweisungen unterwarf. Diesmal war er dazu bereit. ÑIn Kurzform: Esmurals Intelligenzquotient liegt nahezu hundert Prozent Åber der Norm. ZurÅckhaltender, abweisender Typ. Er besitzt an Bord nur einen Freund und Vertrauten. Sein Name und Rang: Terso Hosputschan, Captain und Hyperphysiker. GehÉrt zum Waringer-Bordteam. Es wÜre zu Åberlegen, ob der Sabotageakt des Verhafteten isoliert zu betrachten ist. Ich denke an die Tatsache, daÄ wir vor einiger Zeit vergeblich versuchten, zur MilchstraÄe zu starten. Die Wandeltaster versagten aus bislang ungeklÜrten GrÅnden. Ende.Ö Rhodan bewies erneut, daÄ man ihn nicht umsonst einen Sofortumschalter nannte. Seine Anweisungen kamen umgehend. Sie wurden gleichzeitig Åber Helmfunk und Interkom in jede Abteilung Åbertragen. ÑAn Kommandant - Dakkarflug sofort unterbrechen. ZurÅck in den Normalraum. Maschinenhauptleitstand - blockieren Sie alle manuellen Sonderschaltungen aus den Notsteuerzentralen. Nur die Emotionsbefehle durchlassen. AusfÅhrung!Ö Rhodan war aus seinem Sessel gesprungen. Seine HÜnde bebten kaum merklich, als er einige VerschlÅsse seiner Kombination Éffnete und den Helm zu Boden fallen lieÄ. ÑSir, wir liegen exakt auf ZielkursÖ, vernahm er Korom-Khans Stimme. ÑRaus aus der Dakkar-Halbspur!Ö schrie Rhodan. ÑWer sagt Ihnen, daÄ der laufende Wandeltaster einwandfrei funktioniert? Schalten Sie.Ö Korom-Khan befolgte die Anordnung. Gedankenbefehle wurden von der SERT-Haube aufgenommen und auf die ausfÅhrenden Positroniken Åbertragen. Die Positronik zeigte Rotlicht. Sie war lahmgelegt worden. Die beiden anderen Emotionauten griffen in die vielfachen SteuervorgÜnge ein. Sicherheitsschotte schlugen zu. Die normalen Impulstrieb werke des Schiffes sprangen an, noch ehe die optischen Effekte der Dakkarzone auf den Bildschirmen verblaÄten. Der Dakkarflug wurde unvermittelt beendet.
Die MARCO POLO stÅrzte in das Einsteinsche Normaluniversum zurÅck. Rhodan wandte den riesigen Bildschirmen der Panoramagalerie den RÅcken zu. So konnte er nicht sofort sehen, daÄ die MARCO POLO nicht wie erwartet dicht vor der MilchstraÄe stand, sondern inmitten der trostlosen EinÉde zwischen den Welteninseln. Weder die Galaxis NGC 4594 noch die Heimat der Menschen konnte auf Anhieb und mit bloÄen Augen erkannt werden. Auf den Schirmen glÜnzten nur zahllose Leuchtpunkte und milchig strahlende Sternballungen. Vor dem RaumflugkÉrper Éffnete sich weit die SchwÜrze des interkosmischen Leerraumes. Atlan sprang auf. Fassungslos schaute er auf die Schirme. Rhodan hatte inzwischen die Lage erfaÄt und gehandelt. Nur Sekunden nach dem Schock materialisierte Gucky vor ihm. ÑWohin?Ö Rhodan riÄ den nur einen Meter groÄen Mausbiber mit dem linken Arm hoch, drÅckte ihn gegen seine Brust und erklÜrte mit jener seltsamen Ruhe, die fÅr ihn in derartigen Augenblicken typisch war: ÑIn den Hochenergieraum, wo der zur Zeit eingesetzte Wandeltaster aufgehÜngt ist. Schnell, Kleiner. Atlan, du kommst mit Ras Tschubai nach.Ö Ehe Gucky und Rhodan aus der Zentrale verschwanden, bemerkte der Arkonide noch, daÄ Perry seine Waffe feuerbereit in der Rechten hielt. Tschubai materialisierte ebenfalls in der Steuerzentrale. Es geschah in dem Augenblick, als sich Mentro Kosum eigenmÜchtig entschloÄ, die wichtigsten Maschinenanlagen der MARCO POLO durch eine Notschaltung stillzulegen. Das war nur in Gefahrenmomenten erster GrÉÄenordnung erlaubt. ÑBesser ist besserÖ, erklÜrte Kosum. Er schien die Ruhe selbst zu sein. ÑWenn hier schon sabotiert wird, dann wenigstens nicht bei laufenden Kraftwerken.Ö Rhodan und Gucky materialisierten im Ultraenergie-Wandelraum. Die glockenfÉrmig konstruierte Halle wurde von halbmeterstarken WÜnden aus Ynkelonium-Terkonitstahl von der nebenan installierten Haupteinheit des Dimesextatriebwerks abgeriegelt.
Drahtlose Dakkarpulsleiter endeten mit ihren isolierenden Sextadim-RÉhrenfeldern an den WandelempfÜngern. Sie nahmen die KrÜfte des Wandeltasters auf und lenkten sie in die Schirmstrahler des Dimesextatriebwerks. Inmitten der Kuppelhalle hing in tragenden KraftfeldsÜulen der kugel fÉrmige Pralitzsche Wandeltaster. Das Material der AuÄenverkleidung hatte sich wÜhrend der Betriebsschaltung dunkelrot verfÜrbt. Als Rhodan eintraf, mÜÄigte sich das kalte GlÅhen bereits. Ein hochgewachsener, zerbrechlich wirkender Mann stand mit schuÄbereiter Waffe vor einer geÉffneten Wartungsklappe. Rhodan schoÄ, ehe der Saboteur sein Vorhaben vollenden konnte. Captain Terso Hosputschan wurde von dem LÜhmstrahl voll getroffen. Er versuchte, mit letzter Muskelkraft den Finger zu krÅmmen, doch da traf ihn ein zweiter SchuÄ. Sein KÉrper versteifte sich. Mit glasig werdenden Augen erkannte er den Mann, der nur wenige Meter von ihm entfernt so plÉtzlich aufgetaucht war. Neben ihm stand ein nichtmenschliches Wesen. Hosputschan stÅrzte schwer zu Boden. Rhodan stand noch immer an der gleichen Stelle. Nur Gucky trippelte einige Schritte nach vorn. ÑVorsicht! Nicht zu nahe an die Energie-TragstÅtzen herangehenÖ, warnte Rhodan mit beherrschter Stimme. Der Mausbiber war verwirrt. Er schaute erst auf den paralysierten Wissenschaftler, dann hinauf zu dem Wartungsluk und wieder zurÅck auf Hosputschan. ÑWenn du mich nicht sofort gerufen hÜttest, wÜren wir zu spÜt gekommenÖ, stellte Gucky fest. ÑKein Mensch hÜtte diesen Raum schnell genug auf normalem Wege erreichen kÉnnen.Ö ÑJa!Ö ÑIst das alles, was du zu der unglaublichen Geschichte zu sagen hast?Ö Rhodan steckte seine Waffe in die GÅrteltasche zurÅck. Als er die hinderlichen VerschlÅsse seines Anzugs noch weiter Éffnete, bemerkte Gucky das Beben seiner HÜnde. Der Kleine lachte humorlos auf.
ÑDas geht auch einem Rhodan an die Nerven, wie? Frag mich nicht, wie es in mir aussieht. Ich komme mir vor wie narkotisiert. Der wollte doch tatsÜchlich in den Wandeltaster hineinschieÄen. Angenommen, wir wÜren noch in der Dakkarzone gewesen: Was wÜre dann passiert?Ö Rhodan trocknete sich die schweiÄbedeckte Stirn ab. ÑNichts, Kleiner, gar nichts! Wir wÜren lediglich in den Normalraum zurÅckgefallen. Mir ist es aber wesentlich lieber, diesen Effekt mit einem intakten Wandeltaster bewuÄt einzuleiten als mit einem zerschossenen in zwangslÜufiger Form.Ö Der Afroterraner Ras Tschubai traf zusammen mit Atlan ein. Jenseits der Stahlschotte wurden GerÜusche vernehmbar. Das Streifenkommando nÜherte sich. Atlan betrachtete den Saboteur und die klaffende Wartungsklappe. Dann schob auch er seine Waffe in die Tasche zurÅck. Er schaute Rhodan in die Augen. ÑNicht jedem Terraner kann man trauen, wie? Es ist mir rÜtselhaft, wie die beiden MÜnner durch die Endkontrollen schlÅpfen konnten. Wieso ist ihre Geisteshaltung nicht bemerkt worden? Wir haben vor dem Start der MARCO POLO einige Dutzend Tests durchgefÅhrt.Ö Rhodan fÅhlte sich plÉtzlich schwach und zerschlagen. Er suchte nach einem Sitzplatz. Weiter drÅben fand er vor der Kontrollschalttafel einige ausklappbare Wandhocker. ÑWer sagt dir, daÄ Esmural und Hosputschan schon damals die Absicht hatten, unsere Heimreise zu verhindern?Ö Atlan winkte unwirsch ab. Er beachtete kaum die aufgleitenden Sicherheitsschotte. Captain Honadri sprang zuerst in den Hochenergie raum hinein. Als er Rhodan und Atlan bemerkte, senkte er seine Waffe. Rhodan lieÄ ihn nicht zu Wort kommen. ÑBringen Sie den Saboteur zusammen mit dem anderen in die Haupt zentrale. Nein, bitte keine Fragen. Ich kÉnnte sie nicht beantworten. Ich kann Ihnen zu diesem Zeitpunkt lediglich verbindlich sagen, weshalb wir am 2. Juli 3438 nicht zur MilchstraÄe starten konnten. Die Pralitzschen Wandeltaster sind nicht auf dem Planeten First Love fehlgeschaltet worden, sondern von diesem Herrn dort.Ö
Honadri bemÅhte sich, einigermaÄen Haltung zu bewahren. Rhodans bitteres Auflachen verriet ihm genug Åber den GemÅtszustand des Expeditionsleiters. Rhodan schien gedankenverloren. Er bemerkte auch nicht die Wissenschaftler, die nacheinander den Raum betraten. Es handelte sich um einige Sektorchefs der MARCO POLO, unter Ihnen Professor Geoffry Abel Waringer, Dr.-Ing. Cavaldi und der Chef der Mathelogischen Abteilung, Professor Eric Biehinger. ÑDa fliegt man nun mit einem Prototyp unter allen mÉglichen Gefahren zu einer Millionen Lichtjahre entfernten Galaxis, um dort zu versuchen, eine fÅrchterliche Gefahr fÅr die Menschheit abzuwenden, aber dann, wenn man wieder nach Hause will, tauchen plÉtzlich zwei Wahn sinnige auf und vernichten jene GerÜte, ohne die man diese Riesendistanz nicht Åberwinden kann. TrÜume ich?Ö Rhodan sah sich um. Niemand antwortete. Wiringer stand lÜngst vor der Wartungsklappe des Wandeltasters. Nebenan rumorte der kleine Schwarzschildreaktor, der fÅr die Energieversorgung der Tragfelder zustÜndig war. Es war eine der wenigen Kraft anlagen, die Kosum nicht abgeschaltet hatte. Die MARCO POLO glitt mit annÜhernd lichtschneller Fahrt und im freien Fall durch das absolute Nichts zwischen den Galaxien. Waringer drehte sich um. Alle sahen ihn an. Atlan rÜusperte sich. ÑNun, Geoffry, wie sieht es da drinnen aus? Kann man das noch ein mal reparieren, oder sind wir dazu verdammt, bis in alle Ewigkeit mit Unterlicht durch das Universum zu treiben, um dann vielleicht in vielen Millionen Jahren die MilchstraÄe zu erreichen?Ö Waringer, schlaksig und unbeholfen wirkend wie immer, zerrte unschlÅssig an seinen Fingern. Es knackte. ÑLaÄ das seinÖ, bat Rhodan mÅde. ÑIch kann es nun einmal nicht hÉren. Also, wie lautet das Urteil des Fachwissenschaftlers?Ö ÑGanz so dramatisch wÅrde es wohl nicht seinÖ, erklÜrte Waringer. ÑIn der Dakkarzone werden wir immerhin eine gewisse Strecke zurÅckgelegt haben. AuÄerdem wÜre die restliche Reichweite der Linearkonverter zu berÅcksichtigen.Ö ÑWortspielereienÖ, wehrte Atlan unwillig ab. ÑFunktioniert der Wandler noch?Ö
ÑAnscheinend ja. Es sieht alles gut aus. Dennoch bin ich sicher, daÄ Hosputschan eine Manipulation vorgenommen hat. Welche, kann ich jetzt noch nicht sagen. Wenn man mich vielleicht in Ruhe arbeiten lieÄe...Ö Rhodan stand auf. Honadris Roboter trugen den paralysierten Saboteur hinaus. ÑArbeite, Geoffry, arbeite so schnell und gut wie nie zuvor. Komm aber bitte nicht auf die Idee, dieses GerÜt durch ein Reserveaggregat aus tauschen zu lassen. Ich ahne, daÄ die drei Reservewandler nur noch TrÅmmerhaufen sind. Die wird sich Hosputschan zuerst vorgenommen haben. HÜtte er den eingeschalteten Wandler, also diesen hier, sofort zerstÉrt, hÜtte er wohl kaum noch Gelegenheit gefunden, auch die Ersatzeinheiten unbrauchbar zu machen. Wir hÜtten sehr schnell eingegriffen. Logisch, nicht wahr?Ö Es dauerte nur eine Minute, bis ein Techniker aus Cavaldis Stab den Tasterraum betrat. Der junge Ingenieur war blaÄ. Rhodan schaute ihn prÅfend an, ehe er fragte: ÑNun, wie grÅndlich sind die ErsatzgerÜte unbrauchbar gemacht worden?Ö ÑErledigt, SirÖ, berichtete der Ingenieur niedergeschlagen. ÑMit Bord mitteln kÉnnen die SchuÄschÜden keinesfalls behoben werden. Auf einer irdischen Spezialwerft aber sicherlich.Ö ÑDa mÅssen Sie erst einmal hinkommen. Meine Herren, ich erwarte Ihren detaillierten Bericht. Keine BeschÉnigungen bitte. Stellen Sie auch fest, wie weit wir uns bereits von Gruelfin entfernt haben. Ja - noch etwas...Ö Rhodan blieb im Schleusenluk stehen und drehte den Kopf. Waringer wuÄte, welche Bemerkung nun fallen wÅrde. ÑIch mÉchte gerne erfahren, welche Zeitspanne seit dem EintauchmanÉver in den Dakkarraum vergangen ist. Der Eingriff der Dilatation dÅrfte ja allgemein bekannt sein, nicht wahr? Versuchen Sie wenigstens eine annÜhernd exakte Berechnung.Ö Rhodan ging. Zweiundzwanzig betroffene MÜnner blieben zurÅck.
2.
Jedem Kommandanten eines terranischen Raumschiffs stand es zu, ein Bordgericht einzuberufen, den Vorsitz zu Åbernehmen und ein straffÜllig gewordenes Besatzungsmitglied abzuurteilen. Das Bordgericht hatte laut Gesetz aus fÅnf Personen zu bestehen. Dem Angeklagten war ein Verteidiger zur VerfÅgung zu stellen. Als AnklÜger hatte ein Offizier der SchiffsfÅhrung zu fungieren. Juristische Kenntnisse waren erforderlich. Im Fall der Saboteure Ricod Esmural und Terso Hosputschan hatte der Kommandant der MARCO POLO die Anklagevertretung Åbernommen. Zum Verteidiger war der Chefmathelogiker Professor Dr. Eric Biehinger berufen worden. GroÄadministrator Perry Rhodan war zum Vorsitzenden ernannt worden. Vier weitere Bordrichter hatten ihn in der Urteilsfindung zu unter stÅtzen. Ihre Stimmen waren gleichberechtigt mit der des Vorsitzenden. Mit Oberst Korom-Khan war fÅr die Saboteure ein harter AnklÜger erschienen. Korom-Khans Intellekt war nicht zu unterschÜtzen. In dem Mathelogiker hatte er jedoch einen ernstzunehmenden Gegner mit her vorragenden geistigen FÜhigkeiten gefunden. Die MARCO POLO glitt noch immer im freien Fall durch den interkosmischen Leerraum. Die Gutachten der SachverstÜndigen lagen bereits vor. Erstaunlicherweise hatten die beiden Angeklagten ihre Vergehen unumwunden zugegeben. Sie hatten es gelassen und im vollen BewuÄt sein der drohenden Konsequenzen getan. Im Gegensatz zum Zivilrecht des Imperiums, das die Todesstrafe nicht mehr kannte, war es mÉglich, an Bord eines im Kampfeinsatz stehenden Raumschiffes (und bis zur Ankunft in der MilchstraÄe galt dies noch fÅr die MARCO POLO) die Todesstrafe zu verhÜngen. Das aber war auch nur dann zulÜssig, wenn die Straftat das Leben aller Besatzungsmitglieder, die Existenz der Menschheit und Åberdies das betreffende Raumfahrzeug eindeutig gefÜhrdete.
Das war hier der Fall. Die vorliegenden Berichte der wissenschaftlichen SachverstÜndigen waren vernichtend. Die achttausend MÜnner der MARCO POLO waren so gut wie verloren. Das Ultraschlachtschiff war am 16. Juli 3438 Standardzeit mit Heimatkurs gestartet. Nun zeigten die Borduhren den 17. Juli 3438, 3:56 Uhr an. Ob diese Zeitmessung noch richtig war, konnte niemand sagen. Der in Betrieb gewesene Pralitzsche Wandeltaster hatte wÜhrend des Dakkarfluges zwar funktioniert, aber die groÄe Frage war, wie er gearbeitet hatte. Nach einem nahezu einstÅndigen Dakkarflug, immer nach der gÅltigen Bordzeit gerechnet, hÜtte man sich der MilchstraÄe schon so weit genÜhert haben mÅssen, daÄ sie als eindeutig erkennbarer Leuchtball von Åbergeordneter Ausdehnung sichtbar gewesen wÜre. Auf den Bildschirmen waren aber nur Lichtpunkte zu erkennen. Jeder davon war eine Galaxis. Die Saboteure waren verhÉrt worden. Die Zeugenaussagen lagen vor. Perry Rhodan als Vorsitzender des Bordgerichtes hatte sich bislang schweigsam verhalten. Die EinfÅhrungsphase des Prozesses war beendet. Rhodan schien bedrÅckt zu sein. Die groÄe Offiziersmesse, die als Verhandlungsraum gewÜhlt worden war, war ÅberfÅllt. Besatzungsmitglieder aller Dienst grade hatten sich in den Raum gedrÜngt. Jene, die keinen Platz gefunden hatten, verfolgten die Verhandlung an der bordeigenen Interkomanlage. Esmural und Hosputschan saÄen vor der improvisierten Richterempore. Vor Rhodan lagen die Gutachten. Er Åberflog die schriftlich nieder gelegten Texte, verzichtete jedoch vorerst darauf, sie wÉrtlich vorzulesen. Er sah zu den beiden Saboteuren hinÅber. ÑDie Gutachten der SachverstÜndigen liegen zwar schriftlich vor, aber das Gericht legt Wert darauf, die darin enthaltenen Aussagen in direkter Form zu hÉren. Ich darf Professor Geoffry Abel Waringer bitten, seine Feststellungen in Gegenwart aller Beteiligten wÉrtlich zu wiederholen. Vorher noch eine Frage an die Herren Esmural und Hosputschan: Warum haben Sie diese Sabotageakte begangen? Warum? Ihr Herr Verteidiger mÉchte Sie als unzurechnungsfÜhig hinstellen. SchlieÄen Sie sich dieser Auffassung an?Ö
Weder Hosputschan noch Esmural beantworteten die dominierende Frage. Sie beschrÜnkten sich auf das SekundÜre. Hosputschan erklÜrte lÜchelnd: ÑWir widersprechen sehr entschieden dieser Definition. Es liegt weder eine geistige Erkrankung noch eine Affekthandlung vor. Wir haben die MaÄnahmen als unerlÜÄlich angesehen und sie daher durchgefÅhrt.Ö Rhodan achtete nicht auf das Raunen der EmpÉrung. Atlan fÅhlte die innere Verwirrung des Freundes. Es war der seltsamste ProzeÄ, dem er jemals beigewohnt hatte. ÑEine unglaubliche ArroganzÖ, flÅsterte ihm Mentor Kosum zu. ÑDie Burschen reden sich um ihren Kopf.Ö ÑWÜhrend meiner Zeit hÜtten sie zehn Minuten nach dem Verbrechen die Schleuse passiert, aber ohne Schutzanzug.Ö ÑSie urteilen hart, Admiral!Ö ÑDeshalb bin ich auch nicht als Richter zugelassen worden. Saboteure, die ein Schiff mit achttausendkÉpfiger Besatzung gefÜhrden, verdienen den Tod. Das ist jedenfalls die Meinung eines alten Arkonidenadmirals und Imperators.Ö Professor Waringer trat vor den Richtertisch. Rhodan sprach ihn an. Diesmal verzichtete er darauf, den ehemaligen Gatten seiner vor tausend Jahren ermordeten Tochter zu duzen. ÑBitte, fassen Sie sich kurz. Ihre schriftliche ErklÜrung wird noch vor der UrteilsverkÅndung in vollem Wortlaut verlesen. Welche SchÜden sind aufgetreten?Ö Waringer strich sich Åber die Haare. ÑEs dÅrfte jedermann klar sein, daÄ nach der Vernichtung der fÅnf DakkarkomgerÜte eine Funkverbindung mit Ovaron nicht mehr mÉglich ist. Die MeÄergebnisse beweisen, daÄ wir uns etwa zwÉlf Millionen Lichtjahre von der Galaxis Gruelfin entfernt haben. Die maximale Reich weite der MARCO POLO betrÜgt im Einsatz ihrer vier Ultrakomp-Linearkonverter ebenfalls zwÉlf Millionen Lichtjahre. Infolge der zahlreichen LangstreckenflÅge wÜhrend des vergangenen Einsatzes ist der derzeit installierte Konverter mit etwa fÅnfzig Prozent seiner Leistung ausgeàbrannt. Wir haben keine Chance mehr, im Linearflug NGC 4594 zu erreichen. Eine Hilfeleistung durch Ganjo Ovaron ist infolge der fehlenden Funkverbindung aus-
geschlossen. Wir stehen mit immer noch fast licht schneller Fahrt im Normalraum. Die MilchstraÄe ist etwa noch vierundzwanzig Millionen Lichtjahre entfernt, also weit auÄerhalb unserer Reichweite. Diese Distanz kann nur mit dem Dimesextatriebwerk Åber brÅckt werden.Ö ÑIst ein Hyperfunkkontakt zu Ovarons weit vorgeschobenen Flotteneinheiten mÉglich?Ö Waringer erwiderte: ÑAusgeschlossen! Dazu benÉtigen wir die etwa zwanzigfache Sendeenergie als vorhanden.Ö ÑUnsere Chancen, Professor?Ö ÑGleich Null, es sei denn, es wÅrde gelingen, die Justierungsverschiebung innerhalb des einzigen nicht durch StrahlschÅsse zerstÉrten Wandeltasters zu beheben. Wir bemÅhen uns. Die Hilfeleistung von Captain Hosputschan wÜre unschÜtzbar wertvoll. Er weiÄ als einziger Mann sehr genau, in welcher Form und mit welchen Manipulierungsdaten die Fehlleistung hervorgerufen wurde.Ö Rhodan sah erneut zu den Saboteuren hinÅber. ÑCaptain Hosputschan, sind Sie bereit, dem Physikerteam des Schiffes mit genauen Angaben behilflich zu sein?Ö Hosputschan lÜchelte nur. Zu einer anderen âuÄerung lieÄ er sich nicht hinreiÄen. ÑWir mÅssen uns wohl selbst helfen, Professor. Bitte, fahren Sie fort!Ö ÑAll dies ist noch das geringste ábel. Viel schwerer wiegt die Frage, welche Zeitspanne tatsÅchlich vergangen ist. Die Borduhren zeigten eine Dakkarflugdauer von neunundfÅnfzig Minuten und achtzehn Sekunden an. Der Wert ist sicherlich irrefÅhrend.Ö ÑWeshalb?Ö Rhodan hatte Waringer selten so humorlos auflachen hÉren. ÑInfolge der Fehlschaltung des Pralitzschen Wandeltasters erzeugte das Dimesextatriebwerk ein Abschirmfeld, dessen Energiewerte weit von der errechneten und erforderlichen Norm abwichen. Das steht fest. Wir bezeichnen den Effekt als >AbsorptionsUndichte<. Das Feld wurde gewissermaÄen perforiert. Infolge der Undichte kam es innerhalb der Dakkarzone zu einer Erscheinung, die das hyperphysikalische Team mit dem Begriff >HochenergieImpulsstromwiderstand< charakterisiert. Es ist vergleichbar mit
dem altertÅmlichen Wellen- und Reibungswiderstand am Rumpf eines alten Seeschiffes, das nicht Åber eine geeignete und hemmungsmindernde Unterwasserformgebung verfÅgte.Ö Rhodan wuÄte bereits aus dem Bericht, welche Folgeerscheinungen diese Absorptions-Undichte mit sich bringen wÅrde. Er fragte dennoch danach. Waringer biÄ sich auf die Lippen. Seine ineinander gekreuzten Finger knackten in den Gelenken. Niemand achtete darauf. ÑDas PhÜnomen der sogenannten Zeitdilatation ist seit Einstein bekannt und durch die nachfolgende Raumflugpraxis erwiesen. Es darf nicht angenommen werden, daÄ der Dilatationseffekt ausschlieÄlich und nur im Normaluniversum eintritt, und zwar dann, wenn sich ein RaumflugkÉrper der einfachen Lichtgeschwindigkeit nÜhert. Die dadurch bedingte totale VerÜnderung der bordeigenen Bezugsebene im VerhÜltnis zur Bezugsebene anderer Beobachter, die beispielsweise auf einem HimmelskÉrper vom Range der Erde leben, muÄ in unserem Falle ebenso als gegeben eingestuft werden. Es ist dabei unwesentlich, daÄ wir uns in einer physikalisch fremden Dimension befanden. Die Fehlschaltung des Wandeltasters bewirkte zweifellos eine Zustandsform, die mit einem Einsteinschen Dilatationseffekt identisch ist.Ö ÑUnd Sie glauben, daÄ wir einer Ühnlichen Erscheinung unterworfen wurden?Ö ÑJa!Ö bestÜtigte Waringer. ÑNur mit dem Unterschied, daÄ die Erfahrungswerte des Normaluniversums in unserem Falle ungÅltig sind. Wir waren mit einem manipulierten Wandeltaster neunundfÅnfzig Minuten und achtzehn Sekunden innerhalb der Dakkarhalbspur unterwegs. Die zurÅckgelegte Distanz ist bekannt, nicht aber die dafÅr benÉtigte Zeit. FÅr uns sind nicht mehr als diese neunundfÅnfzig Minuten vergangen. Welche Zeit unterdessen auf der Erde verstrichen ist, kann niemand beantworten. Es kÉnnen drei Wochen Standard sein, hundert Monate oder auch zweitausend Jahre. Unsere PrÜzisionsinstrumente wurden dem Effekt ebenfalls ausgesetzt. Die Borduhren zeigen genau jene Zeit an, die sie im EinfluÄbereich der Dakkar-Dilatation messen muÄten. Es ist zwecklos, zu versuchen, die Erscheinung in ihrer Gesamtheit zu deuten, oder sie gar berechnen zu wollen. An Bord der MARCO POLO gibt es nichts,
was sich vor dem Effekt hÜtte verstecken kÉnnen. FÅr uns sind neunundfÅnfzig Minuten vergangen!Ö Rhodan sah auf dem vor ihm stehenden Mikromonitor der Rundumerfassung erregt aufspringende MÜnner. Es war in allen Abteilungen das gleiche Bild. Den Ton hatte er ohnehin abgeschaltet. Er wuÄte aus den Berichten der Sektorleiter, wie angespannt die Situation war. Zu diesem Zeitpunkt versuchte Gucky erneut, den Geistesinhalt der beiden Saboteure auf telepathischer Ebene zu erfassen. Es gelang ihm nicht. Terso Hosputschan stand unvermittelt auf und hob die Hand. Im Saal wurde es still. Die Diskussionen verstummten. Achttausend MÜnner verfolgten hÉchstinteressiert den Vorgang auf ihren Abteilungsbildschirmen. In Rhodan erwachte eine unsinnige Hoffnung. ÑWollen Sie unseren Wissenschaftlern nun doch behilflich sein? Sie kennen jetzt die Situation.Ö ÑDeshalb verlange ich sofortige Aufmerksamkeit, Perry Rhodan.Ö Der GroÄadministrator stÅtzte die HandflÜche auf die Tischkante und erhob sich. Es wirkte auf die Beobachter, als wÅrde er sich mÅhevoll hochstemmen. ÑBitte? Sie verlangen etwas?Ö ÑEs wÅrde Ihrer Arroganz keinen Schaden zufÅgen, wenn Sie den Vor sitzenden mit dem ihm zustehenden Titel anredeten, Captain Hosputschan!Ö warf Professor Kaspon ein. Er fungierte als beigeordneter Richter und war Chef der chirurgischen Abteilung innerhalb der MARCO POLO. Hosputschan blickte ihn nachdenklich an. Dann lÜchelte er wieder. ÑDas widersprÜche meiner MentalitÜt, Kaspon. Nichts kann mich dazu bewegen, Sie oder Rhodan so anzureden, wie Sie es aus dem Munde bedauernswerter Menschen der Gattung des Homo sapiens gewohnt sind.Ö Wenn Rhodan und die ZuhÉrer bislang noch nicht verblÅfft gewesen waren, dann waren sie es nach dieser ErklÜrung. Nur ein Mann begann blitzschnell zu begreifen. Es war der Kosmopsychologe Thunar Eysbert.
Er hegte seit Stunden einen gewissen Verdacht. Nun glaubte er ihn bestÜtigt zu sehen. Eysbert, der SpÉtter und Zyniker, erhob sich von seinem Sitz. ÑIch bitte den Vorsitzenden des Bordgerichts ums WortÖ, sagte er. Perry Rhodan beherrschte sich, so gut es ihm mÉglich war. Er winkte dem Kosmopsychologen zu. Eysbert schritt nach vorn. Wenige Meter vor den Saboteuren blieb er stehen. Diesmal zeigte er das gleiche Åberlegene LÜcheln, das bisher nur auf den Lippen der Angeklagten zu bemerken gewesen war. ÑSie gebrauchten soeben den Begriff >Homo sapiens< in betont diskriminierender Form. Damit bezeichneten Sie den heute lebenden Menschen der bekannten Gattung. Darf ich demnach annehmen, daÄ Sie sich als die Vertreter einer anderen und vielleicht besseren oder groÄartigeren Menschengattung betrachten?Ö Hosputschan verfÜrbte sich. Er stand abrupt auf. Sein gebieterischer Blick war unÅbersehbar, aber seine Haltung wirkte lÜcherlich. ÑVorsichtÖ, warnte Professor Eysbert in seinem sÅffisanten Tonfall. ÑFallen Sie bitte nicht um, wenn ich ausatme.Ö Nun stand auch Ricod Esmural auf. ÑIch warne Sie!Ö sagte Hosputschan. ÑSie sprechen mit zwei Vertretern der neuen Menschengattung; dem Homo superior! Ich erklÜre mich nunmehr zu dieser Auskunft bereit, weil Waringers Auswertung Åber die hyperphysikalischen VorgÜnge an Bord dieses widerlichen Vernichtungsinstrumentes, das Sie MARCO POLO nennen, meinen Berechnungen entsprechen. Sie sind verloren!Ö Rhodan fiel bei diesen Worten in seinen Stuhl zurÅck. ÑNein, nicht das!Ö stÉhnte er. Auf das Stimmengewirr im Messesaal achtete er nicht. PlÉtzlich glaubte er, die Situation unter ganz anderen Gesichtspunkten betrachten zu mÅssen. ÑIch bitte um Ruhe!Ö drang seine Stimme aus einigen tausend Lautsprechern. ÑRuhe bitte! Die Verhandlung sollte nicht stÜndig gestÉrt werden. Captain Hosputschan, wollen Sie bitte einige Schritte nÜher treten.Ö Die beiden Saboteure verstÜndigten sich mit einem Blick. SchlieÄlich befolgten sie die Aufforderung.
AuÄer Rhodan war der beisitzende Bordrichter, Major Ataro Kusumi, die Ruhe selbst. Er beobachtete ohne jede erkennbare Emotion. ÑHosputschan, ich bin bereit, mich Ihrer Auslegung der persÉnlichen Anrede anzuschlieÄenÖ, sagte Rhodan. ÑSie geben sich als Vertreter einer neuen Menschengattung aus, als Vertreter des Homosuperior. Ihre erstaunlichen Individualdaten, deretwegen Sie zur Besatzung der MARCO POLO zÜhlen, sind der Schiffsleitung bekannt. Mir wird jetzt klar, weshalb Sie versucht haben, die Heimkehr dieses Raumschiffes zu verhindern. Sie sind keine Saboteure aus niederen BeweggrÅnden, sondern áberzeugungstÜter. Wenn Sie so groÄen Wert darauf legen, die Maschinenanlagen des Schiffes derart zu manipulieren, daÄ wir weder nach Gruelfin zurÅckkehren noch die MilchstraÄe erreichen kÉnnen, dÅrfte das eigentlich nur in einer Ursache begrÅndet sein.Ö ÑSie sehen mich beinahe neugierig.Ö Hosputschan lÜchelte. Der GroÄadministrator lieÄ sich nicht beeindrucken. ÑAls man Ihren Kollegen Ricod Esmural ertappte, zeigte er Symptome echter Todesangst. Sie sind weder kÉrperlich noch psychisch sehr widerstandsfÜhig.Ö Hosputschan machte eine Handbewegung. Es war, als wolle er diese Bemerkung hinwegwischen. ÑDiese Dinge sind fÅr Geisteswissenschaftler der waren Reinheit nebensÜchlich.Ö ÑSehr schÉn. Akzeptiert. Das Bordgericht setzt sich nicht aus Unmenschen zusammen.Ö ÑAber aus treu ergebenen Dienern eines despotischen Diktators, der es versteht, die Menschheit zu unterjochen und sie derart zu manipulieren, daÄ er etwa fÅnfzehnhundert Jahre lang seine absolute Herrschaft erhalten konnte. Ich spreche von Ihnen, Perry Rhodan.Ö Perry betrachtete den Angeklagten mit gesteigertem Interesse. ÑIch verstehe. Warum sind Sie plÉtzlich bereit, die Fragen des Bordgerichtes offen zu beantworten?Ö ÑDas sollten Sie erfaÄt haben. Ich weiÄ jetzt sicher, daÄ die MARCO POLO nicht mehr zur Erde zurÅckkehren kann. Meine Geheimhaltungsvorschriften sind somit hinfÜllig geworden. Ricod
Esmural und ich haben unser Ziel erreicht. Sie werden niemals mehr die Erde betreten. Sollten Sie jedoch die restliche Entfernung im einfachen lichtschnellen Flug zurÅcklegen, werden Ihre Untertanen und Sie nur um wenige Monate altern. Ich erinnere an Waringers AusfÅhrungen. Der Dilatationseffekt wird Ihnen diese Gnade gewÜhren. Auf der fernen Erde werden aber unterdessen einige Millionen Jahre vergehen. Zeit genug fÅr uns, Ihre technischen und militÜrischen Anlagen vÉllig zu demontieren, den normalen Menschen von der aggressiven Wissenschaft zu entfernen und ihn zu seinen Wurzeln zurÅckzufÅhren. Sie werden nach so langer Zeit keine Chance mehr haben. Deshalb meine Aussage.Ö ÑAber Sie haben Furcht vor der Hinrichtung nach Artikel 25 des Flottengesetzes!Ö Hosputschan erblaÄte. Esmural wechselte ebenfalls die Gesichtsfarbe. Eysbert lauschte angespannt auf die Dialoge. ÑBeleidigen Sie uns nicht, Rhodan! Auf der Erde existieren bereits zwei Millionen Vertreter des Homosuperior. Wir sind nur langsam herangereift. Wir haben uns verborgen, weil wir wuÄten, daÄ Sie uns andernfalls ausrotten wÅrden.Ö ÑDa irren Sie sich aber gewaltigÖ, entgegnete Rhodan. ÑSchÉn, Sie wollen also das Solare Parlament stÅrzen, mich ausschalten und sÜmtliche technischen sowie militÜrischen Anlagen des Solaren Imperiums demontieren. Habe ich richtig verstanden?Ö ÑNein. Sie Åbersehen wesentliche Details. Der Mensch an sich muÄ geÜndert werden. Jedwede Regierungsform wird abgeschafft. Nur das Individuum hat Åber sich selbst zu bestimmen. Der Mensch aus der Gattung des Homo sapiens wird zum gesunden Ackerbau zurÅckgefÅhrt. Alle GÅter der Erde gehÉren jedermann. Friede fÅr jedermann. Ihre Diktatur nÜhert sich ihrem Ende, Mister Rhodan! Ich darf Ihnen versichern, daÄ Sie infolge der Zeitdilatation innerhalb der Dakkarzone schon viel lÜnger unterwegs sind, als es Ihre Bordinstrumente anzeigen. Wir, die Vertreter des Homo superior, werden nur noch den Geisteswissenschaften dienen. Die Primitiven dÅrfen in gesunder Luft arbeiten. Wir werden fÅr sie sorgen.Ö ÑUnd wenn eines Tages ein wenig friedfertiger Flottenchef der galaktischen Springer landet - was machen Sie dann? Meditieren?Ö
ÑDas lassen Sie unsere Angelegenheit sein!Ö erklÜrte Hosputschan. Professor Eysbert erhob die Hand. Rhodan nickte ihm zu. ÑIch bitte das Bordgericht, die Verhandlung um vier Stunden zu vertagen. Ich mÉchte die Aussagen der beiden Herren auswerten und das Ergebnis dem Gericht vorlegenÖ Rhodan stand auf. ÑDem Antrag wird stattgegeben. Die Sitzung wird fÅr vier Stunden unterbrochen.Ö Nach der Fortsetzung des Verfahrens hatte Eysbert als SachverstÜndiger auszusagen. Sein Gutachten basierte nicht nur auf seiner Meinung, sondern auf der eines Gremiums von Fachwissenschaftlern. Eysbert stellte fest, daÄ die beiden an Bord anwesenden Vertreter des terranischen Homo superior keinesfalls die Endphase dieser Menschengattung reprÜsentieren konnten. Zweifellos wÅrde es auf Terra eines Tages einen Neuen Menschen geben, jedoch einen, der es kraft seiner Åberragenden Intelligenz verstehen wÅrde, hohe Ethik und Moral mit zwingenden Notwendigkeiten in Einklang zu bringen. ä Die derzeitigen Vertreter des Homo superior seien in ihrem jetzigen Entwicklungsstadium noch keinesfalls in der Lage, die harten Erfordernisse der Praxis annÜhernd zu erfassen. Ihre Intelligenz sei unbestritten, nicht aber ihre Lebensauffassung, die in einem totalen Pazifismus und unrealistischen Planungen bestÅnde. Allein ihre erklÜrte Absicht, Kraftwerke zu demontieren, die ausschlieÄlich zur Stromversorgung der solaren BevÉlkerung dienten, sei im hÉchsten Grade besorgniserregend. Ihr Vorhaben, nach der Art der Haluter individualautark, also ohne jede Gesetzgebung zu leben, wÜre mit einem Selbstmord identisch. AbschlieÄend fÅhrte Eysbert an, der derzeitige Homo superior wÜre gut beraten, wenn er sich mit Billigung des Solaren Parlamentes auf einen anderen Planeten zurÅckziehen und dort seinen Neigungen nachgehen wÅrde. Die Flotte des Imperiums wÅrde den erforderlichen militÜrischen Schutz fÅr diese Aussiedlungswelt Åbernehmen.
Hosputschan und Esmural lÜchelten nur. Sie sprachen kein Wort mehr. Sie wuÄten, daÄ die MARCO POLO verloren war. Diese Meinung Ünderte sich genau zweieinhalb Minuten vor der UrteilsverkÅndung. Waringer, der sich lÜngst wieder in der Stationierungshalle des fehlgeschalteten Pralitzschen Wandeltasters aufhielt, rief Åber Interkom an. Rhodan, der soeben das Urteil verlesen wollte, schaute zu dem Bild schirm hinÅber. Waringer grinste. SchlieÄlich sagte er betont: ÑSo schlau, wie mein Kollege Hosputschan zu sein glaubt, war er nun doch nicht! Wenn er es vermieden hÜtte, aus reiner Vorsicht auch noch den Åberlichtschnellen Leitstrahlprojektor im Kugelfeldtrafo TP-4 kurzzuschlieÄen, hÜtten wir den eigentlichen Fehler nie gefunden. Zuviel Vorsicht ist manchmal ungesund.Ö ÑKann der Wandler repariert werden?Ö rief Rhodan aufgeregt zu den Mikrophonen hinÅber. ÑSelbstverstÜndlich. Er wurde ja nicht zerschossen wie die drei ErsatzgerÜte. Der Kugelfeldtrafo war eine unÅbersehbare Spur zum eigentlichen Tatort, wenn ich so sagen darf. Die Justierungsverschiebung er folgte in der Ausgangsschaltung. âuÄerst kompliziert. Mein Herr Kolàlege kann wirklich etwas! Die BeschÜdigung im Leitstrahlprojektor sollte eine zufÜllige Neuprogrammierung durch die Dakkarpositronik verhindern. Das wÜre zwar niemals mÉglich gewesen, aber unser Freund konnte es nicht unterlassen, noch ein ZusatzgerÜt zu beschÜdigen. Eine Fehljustierung ist nÜmlich keine BeschÜdigung im Sinne des Wortes. Wir werden die Neujustierung und die kleine Reparatur in etwa fÅnf Stunden beendet haben.Ö Hosputschan brach zusammen. Er weinte wie ein Kind. Eysbert sah ihn nachdenklich an. AnschlieÄend verkÅndete Perry Rhodan das Urteil. ÑIm Namen des gesetzgebenden Solaren Parlamentes und der von ihm vertretenen Menschheit, diese wiederum vertreten durch das Bordgericht des Ultraschlachtschiffes MARCO POLO, ergeht folgender BeschluÄ: Das Bordgericht muÄ aufgrund der Verhaltensweise beider Angeklagten und ihrer âuÄerungen auf eine Aburteilung im Sinne des Flottengesetzes verzichten. Captain Ricod Esmural und Captain Terso Hosputschan sind nicht nur als verbreche-
risch handelnde Personen an Bord eines terranischen Kampfschiffes zu betrachten, sondern auch als gefÜhrliche Sabo teure am Fortbestand der Menschheit. Das Bordgericht hat sich daher entschlossen, die beiden Offiziere zu inhaftieren und sie nach der Heimkehr dem Obersten Solaren Gerichtshof zur endgÅltigen Aburteilung zu Åbergeben.Ö Die beiden Vertreter des Homo superior brachen endgÅltig zusammen. Sie wurden von Medorobotern sofort in die Bordklinik eingeliefert. Rhodan beendete die Verhandlung. ErschÉpft begab er sich zu seiner Kabine, wo Atlan bereits auf ihn wartete. Der Arkonide reichte dem Freund einen Becher Kaffee. ÑNun, wie fÅhlst du dich?Ö ÑWie eine aus dem Wasser gezogene Katze.Ö ÑHm ... Hast du Åberhaupt noch erfaÄt, daÄ Korom-Khan die Todes strafe nach Artikel 25 forderte?Ö ÑAllerdings. Es schlug mir auf den Magen.Ö ÑAber, aberÖ, spÉttelte der Lordadmiral. ÑEinem Despoten von deiner Art mÅÄte es doch Befriedigung bereiten, zwei Saboteure hinrichten zu lassen, die nicht nur sein kostbares Leben, sondern auch das von achttausend treu ergebenen Sklaven bedrohten! Ferner hÜtte ein Diktator jetzt schon zu Åberlegen, wie er die Vertreter des Homo superior nach seiner RÅckkehr zur Erde schleunigst ausrotten kann. Ein Psychofeldzug sollte vorbereitet werden! In jedem Normalmenschen mÅÄte abgrundtiefer HaÄ gegen den Neumenschen entfacht werden. Das wÜre doch Åberhaupt kein Problem. Warum tust du das nicht, mein Freund?Ö Rhodan stellte den Becher zur Seite. Seine Augen waren ohne Glanz. ÑEntweder du fÅhrst sofort eine andere Sprache, oder du bist in drei Sekunden aus meinen PrivatrÜumen verschwunden.Ö Atlan schnallte seinen WaffengÅrtel ab. ÑMit dem Mann kann man aber auch wirklich nicht vernÅnftig redenÖ, grinste er. ÑIn Ordnung, Terraner, wann ist Waringer mit der Reparatur fertig?Ö
WÜhrend der Gerichtsverhandlung war die Fahrt der MARCO POLO auf ein Zehntel der einfachen Lichtgeschwindigkeit gedrosselt worden. Rhodan hatte weitere unerwÅnschte Dilatationseffekte innerhalb des Einsteinschen Normalraumes vermeiden wollen. Vor einer knappen Stunde waren die Ergebnisse der durchgefÅhrten Abstimmung bekanntgegeben worden. Die Problemstellung hatte gelautet: Soll die Besatzung das Schiff zur Galaxis Gruelfin zurÅckfliegen, um dort eine vÉllige Wiederherstellung der Pralitzschen Wandeltaster zu versuchen; oder soll augenblicklich die Weiterreise zur Heimatgalaxis angetreten werden? Das Resultat der Wahl hatte keine Zweifel aufkommen lassen. Kein Mitglied der Besatzung hatte darauf bestanden, NGC 4594 erneut aufzusuchen. Der Grund dafÅr war einleuchtend gewesen. Wenn der vom Waringerteam reparierte und neujustierte Wandeltaster Åberhaupt noch funktionierte, war es relativ gleichgÅltig, welche Distanz damit zurÅckgelegt wurde. Entweder er arbeitete einwandfrei, oder er versagte vollstÜndig. So hatte man sich entschlossen, den Dakkarsprung bis zur MilchstraÄe zu riskieren. Niemand hatte gegen den Vorschlag der SchiffsfÅhrung protestiert. Rhodans VerantwortungsgefÅhl war noch mehr als bisher belastet worden. Er war sich darÅber klar, welches Wagnis er auf sich nahm. Dazu warf sich fÅr ihn die quÜlende Frage auf, ob jedermann an Bord der MARCO POLO die Sachlage so eindeutig erfaÄt hatte, um seine Meinung wirklich individuell ÜuÄern zu kÉnnen. Rhodan hatte das unbestimmte GefÅhl, als hÜtten sich mindestens siebentausend Besatzungsàmitglieder blindlings auf seinen Vorschlag eingestellt und daher ihre Ja-Stimme abgegeben. Atlan ahnte, was in dem Freund vorging. Er saÄ wiederum neben Rhodan im zweiten Kommandeursitz. Vor einer Minute hatte die MARCO POLO Fahrt aufgenommen. Das DrÉhnen der normallichtschnellen Impulstriebwerke war fÅr eine Unterhaltung hinderlich. Die SchutzanzÅge waren erneut angelegt worden. Die Funksprechanlagen arbeiteten zuverlÜssig. Wenn Bildsendungen aus anderen Abteilungen ankamen, wurde der Ton automatisch auf die Helmlautsprecher Åbertragen.
Im Maschinenhauptleitstand schaltete und beobachtete der Leitende Ingenieur mit gewohnter PrÜzision. Das EintauchmanÉver in den Dakkarraum stand dicht bevor. Achttausend Menschen wuÄten, welches Risiko sie auf sich nahmen. Die MilchstraÄe war immerhin noch vier undzwanzig Millionen Lichtjahre entfernt. Oberst Korom-Khan leitete das ManÉver ein. Die Emotionauten Senco Ahrat und Mentro Kosum Åberwachten jeden Schaltvorgang. Korom-Khan arbeitete zuverlÜssig. Die Absprunggeschwindigkeit zum Dakkarraum war mit genau 2,35967 Prozent Unterlichtfahrt berechnet worden. Das entlastete den Wandeltaster, der als einziges GerÜt seiner Art Åberhaupt noch funktionieren konnte. ÑKlar zum HalbspurmanÉverÖ, ertÉnte Cavaldis Stimme. Sein Gesicht war auf den Interkombildschirmen zu sehen. Die Panoramagalerie zeigte dagegen die SchwÜrze des interkosmischen Leerraumes. Die Heimatgalaxis war noch weit entfernt. Sie war als Zielpunkt in die Dakkarpositronik eingespeist worden. ÑWenn es diesmal nicht gelingt, dÅrften die Saboteure ihr Ziel erreicht habenÖ, erklÜrte Rhodan. ÑIch bin nicht daran interessiert, mit einem Dilatationsflug Millionen Jahre unterwegs zu sein und dabei selbst nur wenige Monate zu altern. Eine erschreckende Vorstellung.Ö Das Tosen der Impulstriebwerke verstummte plÉtzlich. Ein seltsames Wispern erklang. Die SchwÜrze des Normaluniversums verschwand. Auf den Bildschirmen tauchte wieder das dunkelrote Wallen auf. Tausende von Universen, jedes einem RiesenmolekÅl gleichend, fesselten den Blick. Im Gegensatz zur Hinreise klang das MaschinengerÜusch anders. Das DrÉhnen der hochgefahrenen Kraftwerke schien in seiner LautstÜrke stÜndig zu variieren. Cavaldi meldete sich erneut. ÑMaschinenhauptleitstand. Professor Waringer ist bei mir. Die MeÄdaten sind einwandfrei. Die neue Justierung steht. Keine VerÜnderungen. Das absorbierende Dakkarfeld um die Schiffszelle ist spannungsstabil. Wir kommen durch! Ende.Ö Rhodan atmete tief ein. Mentro Kosum drehte sich um. Er lÜchelte ihm zu.
ÑSiehste, sagte der Wissende, drei und drei ergibt dennoch sieben.Ö Die Stimmung an Bord besserte sich von Minute zu Minute. Eine halbe Stunde nach dem Einbruch in die 6-D-Halbspur kamen neue Meldungen durch. Der Pralitzsche Wandeltaster arbeitete nach wie vor zufriedenstellend. Die Zielpositronik rechnete stÜndig mit. Jenes blasenartige Leuchtgebilde, das anscheinend >unter< dem Schiff hing, war das Universum, zu dem die MilchstraÄe und auch die Galaxis Gruelfin gehÉrten. Die ursprÅnglichen BefÅrchtungen, unter UmstÜnden in einem fremden Universum herauszukommen, hatten sich als unbegrÅndet erwiesen. Die energetische Artverwandtschaft des Schiffes verbot es von selbst. SchlieÄlich war es soweit. Waringer meldete sich nochmals. ÑIch bin jetzt wieder in der physikalischen Zentrale. Der RÅcksturz steht bevor. Nach Zielanmessung wird es in drei Minuten geschehen. Ich wÅrde vorschlagen, vorsichtshalber die Sicherheitsgurte anzulegen. Wenn der Wandeltaster doch noch TÅcken zeigen sollte, kÉnnte es zu starken Vibrationen kommen.Ö ÑDer Vorschlag wird als Anweisung an alle Abteilungen weitergeleitetÖ, entgegnete Rhodan. ÑDrÅckt die Daumen, Freunde. Die Zentrale ist klar, Cavaldi. Der Kommandant wird sofort nach dem RÅcksturz in den Einsteinraum ein BremsmanÉver einleiten. Lassen Sie die Emotiodirektschaltung offen, und verzichten Sie auf eigene MaÄnahmen.Ö Man hatte etwas Ungewisses erwartet. Atlan hatte mit einem DonnergetÉse gerechnet, Rhodan mit diesen seltsamen FlÅstererscheinungen, andere MÜnner mit starken ErschÅtterungen oder gar schweren MaterialbrÅchen. Nichts dergleichen geschah. Die MARCO POLO fiel sanft in das Normaluniversum zurÅck. PlÉtzlich strahlten die Bildschirme auf. Das Raumschiff raste auf eine sternfunkelnde Galaxis zu. Milliarden Sonnen, die wegen der anscheinend noch groÄen Entfernung wie eine dichtgeballte, ineinander verschmolzene Masse von hoher Leuchtkraft wirkten, bewiesen, daÄ man angekommen war. Dennoch erkannten die erfah-
renen Kosmonauten sofort eine UnregelmÜÄigkeit, die infolge der Steuerjustierung nicht hÜtte auftreten dÅrfen. ÑIch bitte um RuheÖ, rief Rhodan. Als das Stimmengewirr in seinem Helmlautsprecher immer lauter wurde, Éffnete er den Schutzanzug, klappte den Helm zurÅck und lieÄ ein Mikrophon der Rundrufanlage vor seinen Mund schwingen. ÑRhodan an alle. Seien Sie doch vernÅnftig! Ich sehe ebenfalls, daÄ wir nicht in, sondern vor der MilchstraÄe herausgekommen sind.Ö ÑIst das die MilchstraÄe, Sir?Ö fragte jemand. Die erregten Diskussionen verstummten. ÑIch hoffe es. Warten wir ab, was die Astronomen und Astrophysiker zu sagen haben. Achtung, Polobservatorium: Haben Sie bereits mit den Messungen begonnen?Ö ÑSelbstverstÜndlich, Sir. Wir geben die optischen Erfassungsdaten soeben in die Vergleichspositronik ein. In drei Minuten wissen wir mehr. Es sieht aber ganz so aus, als hÜtten wir die MilchstraÄe erreicht.Ö In den vielen Abteilungen, den fÅnfzig Korvetten und den fÅnfzig Leichten Kreuzern der Planetenklasse herrschte beklemmende Stille. Die Astrophysiker meldeten sich. Ihre Radioteleskope waren ausgefahren worden. ÑWir empfangen die Impulse eines Radiosterns. Auswertung kommt soeben an. Es ist ein Pulsar. AuÄenrandsonne vom EinzelgÜngertyp. GehÉrt jedoch noch zur Galaxis. Sekunde bitte ...Ö Einen Augenblick spÜter war der Radiostern identifiziert. ÑOrtung steht fest. Es handelt sich um das Sonnenleuchtfeuer Hyperon-Gal-SÅd, ein roter Riese. Seine Entfernung vom Solsystem betrÜgt 24 300 Lichtjahre. Die Distanz zwischen uns und dem Leuchtfeuer macht etwa 8000 Lichtjahre aus. Wir sind zu Hause, Sir.Ö Wenig spÜter hatten die Astronomen mit ihren riesigen Energiefeld-Linsenteleskopen den Stern erfaÄt. Es war das berÅhmte Leuchtfeuer Galaxis-SÅd.
Rhodan gab dem Kommandanten einen Wink. Korom-Khan schaltete. Die mÜchtigen Triebwerke der MARCO POLO brÅllten erneut auf. Das vorgesehene BremsmanÉver wurde eingeleitet, um die fast lichtschnelle Eintauchfahrt zu reduzieren. Das war auch zur Erzielung genauerer MeÄàergebnisse unerlÜÄlich. Der normale Bordbetrieb begann wieder. Achttausend grenzenlos erleichterte Menschen beglÅckwÅnschten sich. Die SchutzanzÅge wurden abgelegt und verstaut. Rhodan reichte seine Kombination einem herbeieilenden Roboter. Perry schritt zu den Sitzen der Emotionauten hinÅber. ÑMr. Kosum, lÉsen Sie den Kommandanten ab. ábernehmen Sie die SchiffsfÅhrung. Und Sie, meine Herren, sollten jetzt schleunigst Ihre Kabinen aufsuchen. Sie sind ÅbermÅdet. Kommen Sie!Ö Korom-Khan und Ahrat schwenkten die SERT-Hauben zurÅck. Die Spuren der ErschÉpfung waren in ihren Gesichtern eingegraben. Senco Ahrat war an der Grenze seiner LeistungsfÜhigkeit angekommen. Korom-Khan fÅhlte sich etwas besser. ÑDas ist der schÉnste Befehl, den ich je erhalten habeÖ, erklÜrte der Emotionaut. ÑMarschieren wir los, Senco. Unser Frischling wird den Rest besorgen.Ö Sie lachten Mentro Kosum an. Er, der nur als Beobachter fungiert hatte, grinste zurÅck und sagte: ÑHuch, wieherte das SchÜfchen, schon wieder zwei Ochsen weniger.Ö ÑDiesen Menschen sollte man einsperrenÖ, klagte Ahrat. ÑHaben Sie schon einmal wiehernde Schafe gesehen?Ö Korom-Khan nickte ungerÅhrt. ÑHier in der Zentrale. Dort sitzt ein solches Monstrum.Ö Er deutete auf Kosum, dessen Gesicht soeben bis zur HÉhe der Nasen wurzel unter der SERT-Haube verschwand. Die MARCO POLO verminderte weiterhin ihre Eintauchfahrt. Die kosmonautischen Positroniken errechneten bereits den gÅnstigsten Anflugkurs zum irdischen Sonnensystem. Nur wenige MÜnner erinnerten sich in diesen Minuten an den von Waringer prophezeiten Zeitverschiebungseffekt wÜhrend des ersten Dakkarfluges. Man war zu Hause!
Rhodan dachte in dieser Hinsicht in anderen Bahnen. Niemand auÄer Atlan bemerkte seine Sorgen. Der GroÄadministrator schwieg jedoch.
3. Der Schwarm Der Hyperraum riÄ in jenem Augenblick auf, als Mentro Kosum die Schwarzschildreaktoren der Impulstriebwerke hochfuhr und die Andruckneutralisatoren mit Arbeitsstrom aus den separaten Kraftwerken versorgte. Das DrÉhnen der Triebwerke und Energieanlagen war plÉtzlich nicht mehr zu hÉren. Ein anderes, viel mÜchtigeres GerÜusch brach wie eine Sturmflut Åber das Schiff herein. Die in der Zentrale stationierten Strukturtaster schlugen unter ohrenbetÜubendem Krachen durch. Die GerÜte wurden mitgefÅhrt, um die Transitionen von den alten áberlichtantrieben anmessen zu kÉnnen. Noch vor zwÉlfhundert Jahren hatten sie zur StandardausrÅstung eines jeden terranischen Raumschiffes gehÉrt. Nun wurden sie plÉtzlich zu einer Gefahrenquelle. Die herausfliegen den Sicherungseinheiten wurden durch enorme HochenergiestrÉme Åber brÅckt. Die Strukturtaster explodierten. Die Kugelzelle der MARCO POLO wurde bis an die Grenzen der Bruchfestigkeit belastet. Es war, als begÜnnen zehntausend Bronzeglocken zu drÉhnen. Rhodan wurde von den gewaltigen ErschÅtterungen zu Boden geschleudert. Dies rettete ihm das Leben. Der junge Mathematiker, neben dem er soeben noch gestanden hatte, wurde von einem glÅhenden BruchstÅck explodierender Strukturmesser durchbohrt und getÉtet. Im Flaggschiff der Solaren Flotte brach die HÉlle los. Atlan war eben falls zu Boden gerissen worden. Die Zelle vibrierte immer noch. Eine StrukturerschÅtterung von bisher noch nie beobachteten AusmaÄen muÄte stattgefunden haben.
Atlan sah Rhodans Mundbewegungen. Er schien mit voller LautstÜrke zu schreien. Wahrscheinlich wollte er Anweisungen geben. Niemand hÉrte ihn. Mentro Kosum hatte mit der fÅr einen Emotionauten typischen Reaktionsgeschwindigkeit die Sachlage rascher erfaÄt als jeder andere Mann an Bord. Kosum schaltete die mit Vollschub laufenden Triebwerke sofort ab. Die zwÉlf GroÄkraftwerke wurden dagegen mit ihren insgesamt sechs undneunzig mÜchtigen Schwarzschildreaktoren auf Maximalleistung hochgefahren. Der somit erzeugte Kraftstrom - es handelte sich um neunhundertsechzig Millionen Megawatt - wurde im gleichen Sekundenbruchteil auf den Paratronschutzschirm geleitet. Seine Projektoren sprangen an. Als eine zweite StrukturerschÅtterung Åber das Schiff hereinbrach, stand der 5-D-Schirm mit voller KapazitÜt. Die auftreffenden Energien wurden reflektiert und in den Hyperraum abgeleitet. Gleichzeitig liefen die Triebwerke und Andruckneutralisatoren aus. Jedes Watt Kraftstrom wurde nun fÅr den mÜchtigen Energieschirm benÉtigt. Kosum hatte die Abwehrschirme der anderen Gattungen nicht eingesetzt. Sie hÜtten nur Energie verzehrt und wÜren innerhalb dieses hyperphysikalischen Infernos nutzlos gewesen. Rhodan richtete sich auf. StÉhnend betastete er den angeschlagenen HÅftknochen. Verletzte schrien um Hilfe. Die weiÄglÅhenden Bruch stÅcke der explodierten Strukturtaster hatten wie die Splitter einer detonierenden Granate gewirkt. Die Medoroboter waren bereits unterwegs. Sie hatten durch Kosums Gedankenbefehl Katastrophenalarm erhalten. Bevor Rhodan zu dem Platz des diensthabenden Emotionauten taumeln und sich an dessen Sitzlehne festklammem konnte, erfolgte die dritte StrukturerschÅtterung. Diesmal war sie so heftig, daÄ der Paratronschirm bis zu neunundneunzig Prozent seiner AbsorptionskapazitÜt belastet wurde. Wieder riÄ der Hyperraum auf, diesmal jedoch durch die von dem Energiefeld abgestrahlten WirkungskrÜfte. Die MARCO POLO schlingerte im freien Fall durch den Raum. FÅr einige Augenblicke trat der Zustand der Schwerelosigkeit auf. Rhodans Beine flogen nach oben. Er wÜre durch die Zentrale getrie-
ben worden, wenn er sich nicht an Kosums Sessellehne hÜtte festhalten kÉnnen. Aber auch diese Situation wurde von dem Emotionauten sofort erkannt. Die Notstromaggregate sprangen an. Kosum fÅhrte den Projektoren zur Erzeugung einer kÅnstlichen Gravitation die Energie so vorsichtig zu, daÄ sie nur allmÜhlich mit ihrer Leistung einsetzten. Somit wurden die hilflos umhertreibenden MÜnner von einer langsam ansteigenden Schwerkraft behutsam zu Boden gezogen. Die Interkomanlagen waren Åberlastet. Jedermann wollte wissen, was eigentlich geschehen war. Rhodan muÄte erneut um Ruhe ersuchen. Als es in den Lautsprechern stiller wurde, erkundigte er sich schwer atmend: ÑKosum, was war das? Haben Sie eine ErklÜrung?Ö Der Emotionaut antwortete zÉgernd. Er muÄte sich nach wie vor voll auf die Maschinenanlagen konzentrieren. Seine Stimme klang leise und stockend. ÑDrei Strukturschockwellen. Die letzte war die stÜrkste. Etwas muÄ nach der Art unserer alten Transitionsraumschiffe aus dem Hyperraum gekommen sein.Ö ÑAlso keine Linearflugsymptome?Ö ÑAuf keinen Fall. Wir wÜren durch die Gewalt der Schockwellen bei nahe vernichtet worden.Ö Rhodan begab sich zur Rundrufanlage. Atlan war schon dort. Er unter hielt sich mit Dr. Cavaldi. Ñ ... alles in Ordnung, Sir. Die VibrationsdÜmpfer aller Maschinenanlagen sind robotgesteuert angelaufen. Das war unser GlÅck. Ich lasse bereits die Reaktorfundamente ÅberprÅfen. Es kÉnnten Kapillarrisse auf getreten sein. Sie kÉnnen sich auf uns verlassen. Sorgen Sie bitte dafÅr, daÄ kein Triebwerk eingeschaltet wird, ehe meine Technikerteams die Festigkeitsmessungen beendet haben. Ich mÉchte keinen Brennkammerreaktor querkant durch das Schiff sausen sehen. Es wÜre peinlich.Ö ÑVerstanden. Kosum, haben Sie mitgehÉrt?Ö Der Emotionaut hob bestÜtigend die Hand. ÑAlles in Ordnung, Dr. CavaldiÖ, rief Atlan zurÅck. ÑWir warten Ihre Meldung ab.Ö
Rhodan drÅckte auf die Ruftaste zur Ortungszentrale. Major Ataro Kusumi erschien auf dem Bildschirm. ÑHaben Sie feststellen kÉnnen, wer uns da so freundlich empfangen hat?Ö Der Ortungschef lachte grimmig auf. ÑUnd ob, Sir! In einer Entfernung von nur eineinhalb Lichtjahren sind insgesamt drei Pulks aus dem Hyperraum gekommen. Sie verwenden jene Transitionstriebwerke, die wir schon vor tausend Jahren auf den Schrotthaufen geworfen haben. Der erste Pulk war der kleinste. Etwa zwanzigtausend RaumflugkÉrper von vÉllig verschiedenartiger GrÉÄenordnung und ÜuÄerer Gestaltung.Ö ÑWas? Wieviel?Ö ÑZwanzigtausend. Eher mehr als weniger. Der zweite Pulk war dreimal so groÄ. Der dritte umfaÄte die mehr als zehnfache Menge an Objekten aller Art. Ganz in unserer NÜhe rasen demnach einige hunderttausend unidentifizierbare GegenstÜnde mit etwa halber Lichtgeschwindigkeit durch den Raum auf die vor uns liegende Galaxis zu. Das ist heller Wahnsinn! Ich habe die Schiffe, oder was es sonst sein mag, auf meinen Reliefschirmen. Die Konturen sind gut auszumachen. Konstruktionen sind darunter, die ganz sicher mehrfach grÉÄer als die Erde sind.Ö Allans Augen trÜnten, ein Zeichen fÅr seine NervositÜt. Rhodan schwieg fassungslos. Dann reagierte er seine Erregung mit einigen krÜftigen FlÅchen ab. ÑSchalten Sie Ihre Reliefbilder auf die Panoramagalerie. Passen Sie weiterhin auf. Orten Sie, was Sie mit Ihren áberlichtgerÜten erfassen kÉnnen. Sind die FlugkÉrper selbstleuchtend?Ö ÑEinige davon: erstaunlicherweise, Sir! Ich habe noch nie ein Raum schiff gesehen, das wie eine Sonne strahlt. Die Åberwiegende Zahl der Dinger ist jedoch so schwarz und optisch unsichtbar wie der Leerraum. Triebwerksimpulse kÉnnen wir aber stÜndig anmessen.Ö ÑAlso ein ganzer SchwarmÖ, erklÜrte Atlan, der seine innere Ruhe wiedergefunden hatte. ÑWoher kommt dieses Gewimmel? Ich - oh, der Herr Mausbiber ist auch schon da.Ö Gucky materialisierte unvermittelt. Ras Tschubai folgte ihm. Die Mutanten Takvorian, Merkosh der GlÜserne und Fellmer Lloyd tra-
fen durch die Rohrverbindungen der NotausgÜnge ein. Takvorian fluchte. FÅr seinen PferdekÉrper war selbst die grÉÄte RÉhre zu eng gewesen. Er massierte seine Vorderbeine. Zu diesem Zeitpunkt kam die vierte Schockwelle. Wieder brach der Paratronschirm beinahe zusammen. ÑNochmals mindestens hunderttausend FlugkÉrperÖ, meldete Kusumi. ÑAllmÜhlich glaube ich an Geister.Ö Ein Interkomschirm leuchtete auf. Das Gesicht eines Afroterraners wurde erkennbar. ÑOberstleutnant Menesh Kuruzin, Chef Erste Kreuzerflottille an Expeditionsleiten Ich wÅrde mir diesen Schwarm gerne einmal aus der NÜhe ansehen. Kann ich mit meinen zehn Kreuzern ausgeschleust werden?Ö ÑErlaubnis verweigert. Sie bleiben hier. Wenn Sie drauÄen von einer fÅnften Schockwelle erfaÄt werden, sind Sie rettungslos verloren. Sie haben ja wohl bemerkt, daÄ sogar die MARCO POLO beinahe zertrÅmmert worden wÜre.Ö ÑVerstanden, Sir. Ende.Ö ÑBesondere Anweisungen?Ö erkundigte sich Mentro Kosum. Rhodan schÅttelte den Kopf. Er beobachtete immer noch die Bild schirme, auf denen zahllose grÅne Leuchtpunkte zu sehen waren. Da meldete sich die Ortung erneut. ÑSelbst wenn Sie mich fÅr einen Narren halten, Sir: Innerhalb dieses riesigen Schwarms befinden sich strahlende Sonnen.Ö ÑVerrÅckt!Ö ÑIch Åberspiele Ihnen die MeÄergebnisse. Sir, dort drÅben fliegen Sonnen mit!Ö Atlan nahm im nÜchsten Sessel Platz. Auf der Stirn des Arkoniden bildete sich eine groÄe Beule. ÑDas haben wir ja wieder einmal glÜnzend gemachtÖ, stellte er fest. ÑDa ist man kaum dem gruelfinschen Hexenkessel entkommen, da hat man mit MÅhe und Not zwei Saboteuren einen Strich durch die Rechnung gemacht, und nun, dicht vor der MilchstraÄe, fliegen uns sage und schreibe hunderttausende fremde FlugkÉrper vor die Nase. Ist das nichts?Ö ÑIronie jeder Art ist zur Zeit unangebrachtÖ, wies ihn Rhodan zurecht. ÑSind die Verletzten versorgt?Ö
ÑNatÅrlich. Das haben die Ertruser Toronar Kasom und Hartom Manis organisiert. Icho Tolot versucht, den voraussichtlichen Kurs des Schwarms festzustellen. Es sieht ganz danach aus, als wollten die Herrschaften unsere Galaxis durchqueren. Warum sie das vorhaben, solltest du mich allerdings nicht fragen. Die MARCO POLO raste mit nur fÅnfzig Prozent der einfachen Lichtgeschwindigkeit auf das Sonnenleuchtfeuer Hyperon-Gal-SÅd zu. Ehe Rhodan einen EntschluÄ fassen konnte, meldete sich die Ortung wiederum. ÑKusumi spricht. Wir haben ein Raumschiff auf den Schirmen. Sehr nahe, kaum zwei Lichtstunden entfernt. HÜlt ungefÜhr unsere Fahrt, auch etwa den gleichen Kurs. EinzelgÜnger Weitab vom Schwarm. KÉnnte das ein vorgeschobener Beobachter sein? Das Konturbild der Åberlichtschnellen Reflextaster ist seltsam. Das Ding gleicht einem irdischen Meerestier.Ö ÑWelchem?Ö ÑEtwa einem Stachelrochen, Sir. Nur fliegt es mit dem Stachel voran. Genaue GrÉÄendaten kÉnnen noch nicht ermittelt werden. Der Rochen ist aber auf alle FÜlle wesentlich kleiner als die MARCO POLO.Ö Rhodan entschied sich in wenigen Augenblicken. ÑAchtung, an alle. Wir fliegen das fremde Raumfahrzeug an. Ich mÉchte wenigstens annÜhernd erfahren, mit wem wir es zu tun haben. Klar Schiff zum Gefecht. Feuerleitzentrale, peilen Sie den Fremden vorsichtshalber an.Ö ÑWelche Waffen sollen notfalls eingesetzt werden, Sir?Ö fragte der Erste Feuerleitoffizier, Major Pedro Cuasa, zurÅck. ÑNotfalls - ich betone den Begriff notfalls! - alles, was wir haben. Mr. Kosum, Sie fÅhren weiterhin das Schiff. Korom-Khan und Ahrat sind zu erschÉpft. Trauen Sie sich das zu? Wir mÅssen unter UmstÜnden blitz artig fliehen.Ö Kosum nickte. Eine neue Ortungsmeldung kam durch. ÑDer Schwarm hÅllt sich energetisch ein. Die Ortung wird schwierig, jetzt ist sie fast unwirksam geworden. Alles wirkt verschleiert, schemenhaft.Ö ÑUnd das ausgemachte Einzelschiff?Ö
ÑNoch klar erkennbar. Es bleibt stur auf Kurs.Ö ÑWoraus zu folgern wÜre, daÄ wir mit einer fÅnften Hyperschockwelle nicht mehr zu rechnen habenÖ, meldete sich Professor Waringer. ÑDer Schwarm hat sich abgesichert. Wenn man dort noch andere Einheiten erwartete, hÜtte man den Aufbau der Schutzfelder sicherlich noch verzÉgert.Ö ÑLogisch. Nehmen Sie Kurs auf das Rochenschiff, Mr. Kosum. Und passen Sie auf. Ich mÉchte mich nicht mit einigen hunderttausend fremden Raumflugobjekten anlegen.Ö Die MARCO POLO stieÄ aus der Librationszone in den Normalraum vor. Die Besatzungen der Korvetten und der Kreuzer der Planetenklasse waren klar zum Ausschleusen. Rhodan hatte sich jedoch noch nicht entschlieÄen kÉnnen, die groÄen Beiboote schon vor dem ersten nÜheren Kontakt mit der unbekannten Schiffsbesatzung aus den Hangars schieÄen zu lassen. Das terranische Flottenflaggschiff erschien nur zehntausend Kilometer von dem Unbekannten entfernt im Einsteinschen Raum. Die Ortung meldete sich sofort. ÑKlares Reliefbild. Messungen sind jetzt mÉglich. Der Fremde gleicht in der ÜuÄeren Form tatsÜchlich einem Rochen. Der als Stachel bezeichnete Auswuchs scheint ein relativ dÅnnes, bewegliches Gebilde von der Art eines Tentakels zu sein. LÜnge siebzig bis achtzig Meter. Dreieck form der Zelle. Die Spannweite der Schwingen betrÜgt zirka hundert fÅnfzig Meter. Sehr flach, kaum dreiÄig Meter stark. VerhÜltnis Spannweite zur RumpfhÉhe etwa eins zu fÅnf. Keine erkennbare Angriffsabsicht. Ende.Ö ÑFeuerleitzentraleÖ, meldete sich Major Pedro Cuasa. ÑBitte an SchiffsfÅhrung: nicht nÜher herangehen! Wenn ich das Wirkungsfeuer erÉffnen muÄ, sind die zehntausend Kilometer Distanz zwischen uns und dem Ziel bereits gefahrbringend. Eine Transformbreitseite kann uns im Åberlappenden Kugelausdehnungseffekt noch erfassen.Ö ÑVerstanden, Cuasa. Wir bleiben auf SicherheitsentfernungÖ, erwiderte Rhodan. ÑSchiffsklinik: Wie ist das Befinden der Emotio-
nauten Korom-Khan und Senco Ahrat? KÉnnen Sie denn nichts unternehmen?Ö Professor Shenko Trestow, Chef der Abteilung fÅr Innere Medizin, wurde auf den Schirmen der Interkomanlage sichtbar. Sein dunkelhÜutiges Gesicht war unwillig verzogen. ÑDie beiden MÜnner, die ich vor kaum einer Stunde in einen gesundheitsfÉrdernden Tiefschlaf gelegt habe, kann ich jetzt nicht gewaltsam herausreiÄen.Ö ÑEntschuldigen Sie.Ö ÑNa alsoÖ, meinte Trestow. ÑDie Patienten sind fÅr fÅnfzehn Stunden dienstuntauglich. Wenn Sie schon fremde Raumschiffe anfliegen wollen, mÅssen Sie mir das frÅher sagen.Ö Der Arzt schaltete ab. Atlan lachte verhalten. Perry Rhodan rief die Hyperfunkzentrale. ÑMajor Donald FreyerÖ, kam die Antwort. ÑAnweisungen, Sir?Ö ÑJa. Peilen Sie den Fremden mit Ihren Richtstrahlern ein. Hyperfunkspruch. Vorerst in Bild und Interkosmo. Wenn er nicht darauf reagiert, versuchen Sie es mit normallichtschnellen Anrufen auf den gelÜufigen Frequenzen. Spricht er darauf auch nicht an, wenden Sie die alten Morsezeichen an.Ö ÑSymbolgruppen auf mathematisch begreifbarer Ebene, Sir?Ö ÑGenau das. Intelligente Wesen mÅssen es verstehen. Fragen Sie nach Art und Herkunft der Besatzungsmitglieder. Stellen Sie uns vor, und betonen Sie, daÄ wir lediglich neugierig sind. Stellen Sie weder aggressive Fragen noch ein Ultimatum. Alles klar?Ö ÑVollkommen, Sir. Ich schalte in die Hauptsteuerzentrale um. HÉren Sie bitte mit.Ö Nur eine Minute spÜter begann Donald Freyer mit seinen Anrufen. Er erklÜrte, es handle sich um ein terranisches Raumschiff auf der RÅckreise zur Heimatgalaxis, stellte den Kommandeur vor und bat die Fremden um nÜhere AuskÅnfte. Der Spruch wurde auf zehn verschiedenen Hyperfrequenzen wieder holt. Niemand antwortete. Atlan pfiff gedankenverloren vor sich hin. Es war eine uralte Melodie. ÑMuÄ das sein?Ö ÑEh ...?Ö Atlan schaute Rhodan verwundert an. ÑAch so, entschuldige. Ich stÉre wohl. Da drÅben scheint man taub zu sein. Oder kennt man noch keinen Hyperfunk?Ö
Rhodan blickte unverwandt auf die groÄen Bildschirme. Auf ihnen glÜnzte ein scharfgezeichnetes Reliefbild. ÑDie hÉren uns! Wesen, die mit solchen FlottenverbÜnden durch den FÅnf-D-Raum springen, kennen auch den Hyperfunk. Freyer, versuchen Sie es mit scharfer LaserbÅndelung auf Ultrakurzwelle. AusfÅhrung.Ö Wieder wurde der gleiche Text gesendet. Keine Antwort. Der Schwarm zog unterdessen unbeirrt seines Weges. Seine GesamtgrÉÄe war nicht annÜhernd abzuschÜtzen. ÑMorsen Sie jetzt, Freyer.Ö Die MÜnner der MARCO POLO sahen sich stumm an. Das Verhalten des Unbekannten war eigenartig. Gucky materialisierte in der Zentrale. Er trug seinen speziellen Kampfanzug. Er trippelte auf Rhodan zu und blieb neben dem Sessel stehen. ÑKeinen Kommentar, bitteÖ, schnitt er Rhodan das Wort ab. ÑIch habe mich kostÅmiert, weil ich die Absicht habe, mich drÅben einmal umzusehen.Ö ÑDu bleibst hier!Ö befahl Rhodan mit ungewohnter SchÜrfe. ÑDas ist eine dienstliche Anweisung, Mr. Guck! Die Unbekannten werden mir allmÜhlich unheimlich. Freyer redet mit Engelszungen. Milder und behutsamer kann man wohl kaum noch einen friedlichen Kontakt anstreben.Ö Atlan rief Åber sein KommandogerÜt einen Roboter herbei und lieÄ sich ebenfalls seinen Kampfanzug bringen. Er legte ihn an, ohne ein Wort zu verlieren. Rhodan beobachtete ihn unverwandt. ÑDarf man fragen, was der Herr Lordadmiral beabsichtigt?Ö ÑNoch nichts. Ich mÉchte nur nicht gebraten werden. Einschlagende HochenergieschÅsse haben die Åble Eigenschaft, beachtliche Temperaturen zu entwickeln. Das kennst du doch, oder?Ö Rhodan schwieg verbissen. Freyer morste und sprach immer noch. Die Automatik tastete alle bekannten FrequenzbÜnder ab und benutzte sie fÅr die wortgleichen Sendungen. ÑDas sollte wohl wieder einmal ein Hinweis auf meine Åberspitzte HumanitÜt sein, nicht wahr?Ö Atlan lachte trocken auf.
ÑGenau, mein Freund, genau! LaÄ dir von einem erfahrenen Flottenchef sagen, daÄ dein Vorgehen unsinnig ist. SelbstverstÜndlich hÉrt man uns drÅben. Willst du warten, bis dir die Unbekannten eine bittere Lektion erteilen? Ich bezweifle allmÜhlich deine ...Ö ÑOrtung spricht!Ö schrie jemand erregt dazwischen. ÑDas Rochen schiff dreht bei gleichbleibender Fahrt und Kurs um seine Hochachse. Die FlÜchenkonturen wandern aus. Der Stachelauswuchs bewegt sich.Ö ÑKlar zur FeuererÉffnungÖ, ordnete Rhodan an. ÑObjekt-Zielortung steht, ist eingepeilt; Positronik schwenkt die GeschÅtze nach Kurs, Fahrtstufe und eventuellen AusweichmanÉvern des Unbekannten mitÖ, berichtete der Erste Feuerleitoffizier. ÑEnergieentwicklung!Ö teilte die Ortung mit. ÑWelche? StrahlbeschuÄ?Ö ÑDas kÉnnen wir nicht feststellen, SirÖ, antwortete Kusumi zÉgernd. ÑWas soll das heiÄen?Ö fragte Rhodan ungeduldig zurÅck. ÑWenn Sie schon eine Energiefreigabe ausmachen kÉnnen, dann sollten Sie auch wissen, was es...Ö ÑUnterbrechung, dringend. Etwas trifft unseren Paratronschirm. Er wird aber keineswegs belastet. Verstehe ich nicht, Sir! Die bei uns ankommenden KrÜfte sind so schwach, daÄ ich sie normalerweise ignorieren wÅrde. Es ist, als schÉsse jemand mit einem Luftgewehr gegen eine Panzerwand.Ö ÑWaringer sprichtÖ, meldete sich das hyperphysikalische Genie der Menschheit. ÑKÉnnt ihr mich in der Hauptzentrale sehen? Ich stehe ziemlich verdeckt hinter einem MeÄgerÜt.Ö ÑJa, wir sehen dich. Was gibt es, Geoffry? Konkrete Feststellungen?Ö ÑJa und nein. Der Fremde scheint etwas hilflos zu sein. Die auftreffen den Impulse sind auf alle FÜlle nicht mit einem gefÜhrlichen Waffen strahl vergleichbar. In gewisser Weise hat Kusumi recht.Ö Rhodan schwenkte seinen Sitz herum und rief die Feuerleitzentrale erneut an. ÑCuasa, lassen Sie unter diesen UmstÜnden die Finger von Ihrer Feuer orgel. Ich mÉchte nicht zum MÉrder werden. Die ...Ö
ÑUnterbrechung, dringend, Stufe einsÖ, hÉrte man die aufgeregte Stimme des Leitenden Ingenieurs. ÑKosum, brechen Sie sofort das ManÉver zur Fahrtangleichung ab. Sie wissen, daÄ bei einem so harten Gegenschub die Andruckneutralisatoren unter Vollast laufen. Die GerÜte beginnen zu strahlen, zeigen falsche MeÄwerte an und erzeugen hier, in unserer unmittelbaren NÜhe, eine Art von BetÜubungseffekt. Noch schlimmer reagieren die Gravitationsabsorber. Sie sind ohne jeden Schaltbefehl angelaufen und strahlen ebenfalls, jedoch mit grundfalschen Ausgangsdaten. Schalten Sie ab, oder fliehen Sie. Schnell, Kosum! Verdammt, hÉrt mich denn niemand?Ö Rhodan sprang zu dem Emotionauten hinÅber. Mentro Kosum saÄ, seiner Eigenschaft entsprechend, wie versteinert in seinem Sessel, Seine HÜnde hatten nichts zu tun. Nur sein Geist arbeitete. ÑBefolgen Sie den Ratschlag!Ö schrie Rhodan. Er bÅckte sich, nÜherte seine Lippen dem Rand der SERT-Haube und rief nochmals: ÑKosum, Bremsschub aufheben! Alle GerÜte abschalten! HÉren Sie?Ö ÑIch hÉre, Sir. Befehl wird bereits ausgefÅhrt.Ö Das Donnern der mit Umlenkschub arbeitenden Triebwerke verstummte schlagartig. Kosum arbeitete mit der PrÜzision eines Roboters. Oberst Hartom Manis, Stellvertretender Kommandant, rannte durch die Zentrale. Hinter ihm folgte Kasom. Wenn Kosum ausfallen sollte, waren die beiden reaktionsschnellen UmweltangepaÄten fÜhig, die MARCO POLO in abgestimmter Teamarbeit zu steuern. ÑKosum!Ö drang Cavaldis Stimme aus den Lautsprechern. ÑKosum, Sie Narr! Handeln Sie doch. Ich finde meine Schalter nicht mehr, oder ich hÜtte lÜngst eingegriffen, Rhodan ich - ich finde meine Schalter nicht mehr. Perry...Ö Cavaldi schrie verzweifelt. AnschlieÄend begann er zu kichern und wie ein Kind zu singen, was mit dem Singsang eines FÅnfjÜhrigen endete. ÑRingelreih, ringelreih, schon kommt unsere Mutti bei; da liegt unser Ball, da hinten, Mutti wird ihn wiederfinden, ringelringelreih...Ö
Dr.-Ing. Nemus Cavaldi sang weiter. Seine Stimme wurde immer schriller. SchlieÄlich kreischte er wie ein Kleinkind auf, rief nach einem imaginÜren Hund, der ihn beschÅtzen sollte, und begann zu weinen. ÑWaringer spricht. Ruhe, zuhÉren. Gefahrenstufe einsÖ, brÅllte der Hyperphysiker Åber das Interkom. ÑUnser Paratronschirm wird manipuliert, desgleichen die Andruckneutralisatoren und Gravitationsabsorber. Sie strahlen am hÜrtesten. Der Schirm blieb in seiner Gesamtheit stehen, aber er unterliegt einer fÅnfdimensionalen StrukturverÜnderung. Abschalten das Ding, sofort abschalten. Perry, Feuer erÉffnen! Wir wer den mit einer unbekannten Waffe angegriffen. Die Leute beginnen zu verdummen. So schieÄt doch endlich!Ö Rhodan rannte zu seinem Platz zurÅck. Fast fiel er Åber den Schwenkarm des Kommandomikrophons. ÑMajor Cuasa, Feuer frei. SchieÄen Sie den Angreifer ab!Ö Der Erste Feuerleitoffizier antwortete nicht Dagegen schalteten sich unverhofft einige Stationen ein, deren Meldungen fÅr die Schiffsleitung schon immer von untergeordneter Bedeutung gewesen waren. ÑWarum ist es hier so hell, Vati?Ö fragte jemand stockend. ÑVati, ich habe Angst.Ö Der Mann schluchzte. ÑVati, es ist zu hell.Ö Rhodan begann innerlich zu verzweifeln. Wie gehetzt schaute er sich in der riesigen Hauptzentrale um. Techniker, Wissenschaftler und Kosmonauten benahmen sich wie Irre. Viele saÄen stumpfsinnig auf ihren PlÜtzen. Andere lallten unsinnige Worte. Eine dritte Gruppe wankte durch den Raum. Einige krabbelten auf allen vieren. ÑKosum!Ö schrie Rhodan. ÑKosum, sind Sie noch klar? Ich spÅre nichts von dem Effekt, Kosum!Ö ÑVÉllig in Ordnung, SirÖ, lautete die Antwort. ÑIch bin als Emotionaut indirekt mentalstabilisiert. Wir - zum Teufel - jetzt spielt Cavaldi verrÅckt. Er schaltet die direkte Emotio-Blocksteuerung ab, Sir...Ö Von Kosums Gesicht waren nur ein Teil der Nase, Wangen- und Mundpartie zu erkennen. Sie waren plÉtzlich schweiÄbedeckt. Er aktivierte all seine KrÜfte. Es nÅtzte nichts.
Der Ertruser Hartom Manis begann plÉtzlich zu toben. Bei ihm ÜuÄerte sich der fremde EinfluÄ auf andere Art. BrÅllend riÄ er sich die Anschnallgurte vom Leib, sah sich mit stupiden Augen um und kam auf Atlan zu. Der Arkonide rief nach Gucky, der nach dem von Rhodan ausgesprochenen Einsatzverbot beleidigt verschwunden war. Jetzt wankte der zweieinhalb Meter groÄe Ertruser auf den Arkoniden zu. Ein Mann der Zentralebesatzung lief Manis Åber den Weg. Der UmweltangepaÄte blieb fÅr eine Sekunde stehen, blickte den jungen Sergeanten an und schlug ihn dann mit einem fÅrchterlichen Hieb nieder. ÑHunger!Ö drÉhnte die Stimme des Kolosses. ÑIch habe Hunger. In meiner HÉhle ist es dunkel, und die Fleischkammer ist leer. Hunger! Du Hund!Ö Er rannte auf Atlan zu. Der Lordadmiral wich in letzter Sekunde zur Seite, stÅrzte, wÜlzte sich blitzschnell herum, zog den Kombistrahler und schaltete ihn auf ParalysebeschuÄ. Der Ertruser schrie wie ein angeschossenes Raubtier. Er sprang. Seine HÜnde waren weit nach vom gestreckt. Ehe er auf den Lordadmiral fallen konnte, schoÄ Atlan. Der LÜhmstrahl traf den Stellvertretenden Kommandanten im Gesicht. Hartom Manis stÅrzte neben Atlan zu Boden, schrie noch einmal auf und erstarrte. Atlan richtete sich keuchend auf. Rhodan paralysierte soeben einen tobsÅchtig gewordenen Programmierer, der mit einem aus der Wand gerissenen Arbeitshocker auf eine Rechenpositronik einschlug. ÑKÅmmere dich um Kasom!Ö schrie Perry. Atlan rannte mit schuÄbereiter Waffe zum Steuersitz des zweiten Ertrusers hinÅber. Kasom schaltete und schaltete, jedoch kein einziges BestÜtigungssignal kam durch. ÑWaffe wegÖ, sagte er mit seiner drÉhnenden Stimme. ÑIch bin eben falls mentalstabilisiert. Beherrschen Sie sich Atlan. Hier scheint nicht jedermann verrÅckt geworden zu sein. Kosum hat recht. Im Maschinenhauptleitstand ist der Teufel los. Die MÜnner scheinen ihre Freude daran zu haben, mit allen mÉglichen Schaltern und
KnÉpfen zu spielen. Je bunter und auffallender sie sind, um so mehr werden sie betÜtigt. Wir sind manÉverunklar.Ö Atlan atmete auf. Er entschuldigte sich hastig. ÑIn Ordnung, Sir. Jetzt kommt aber noch eine weitere Tatsache hinzu! ZusÜtzlich zu unseren verdummten MÜnnern beginnen all jene Positroniken falsch zu reagieren, die einen organisch lebenden Plasmazusatz besitzen. Mein Rat: Setzen Sie ausschlieÄlich vollpositronische Roboter ohne biologisch lebende Teilaggregate ein. Die werden wohl noch einwandfrei funktionieren.Ö In dieser Sekunde traf Ras Tschubai in der Zentrale ein. Rhodan atmete auf. Zugleich erfolgte eine schwere Explosion. Irgend jemand hatte eine Maschine oder gar eine Waffe eingeschaltet, die diese Behandlung nicht vertragen hatte. Die MARCO POLO stand kurz vor der Selbstvernichtung. Beinahe achttausend Menschen, die mehr oder weniger verdummt waren, handelten wie spielende Kinder. Niemand schien mehr zu begreifen, vor welchen Steuer- und Schaltanlagen er saÄ. Jene Besatzungsmitglieder, die von dem Verdummungseffekt nicht so schwer betroffen waren, saÄen wie benommen auf ihren ManÉver- und GefechtsplÜtzen. Sie betasteten zÉgernd ihre Schalter und Instrumente. Dennoch waren auch sie gefÜhrlich. Ihre restliche Intelligenz sagte ihnen, daÄ sie diesen oder jenen Befehl auszufÅhren hÜtten. Nur wuÄten sie nicht mehr, wie die Anweisung befolgt werden konnte. Weitere Explosionen erfolgten. PlÉtzlich begannen zwei Triebwerke zu tosen. Im Maschinenhauptleitstand schien jemand die Notschalter zur Erzeugung einer Rotationsbewegung um die Polachse betÜtigt zu haben. Die MARCO POLO begann zu kreiseln. Hohe AndruckkrÜfte wurden fÅhlbar. Perry Rhodan, der gerade mit Ras Tschubai springen wollte, wurde zusammen mit dem Mutanten hinweggeschleudert. Beide MÜnner schlitterten durch die Zentrale und schlugen gegen ein SteuergerÜt. Diesmal erhielt Mentro Kosum eine Chance. Die Kontrollautomatik zum Ausgleich solcher ManÉver war vollpositronisch. Sie rea-
gierte auf seinen Gedankenbefehl, blockierte die Manuellsteuerung der Maschinen zentrale und hob durch einen kurzen Gegenschub die Rotation auf. Rhodan war besinnungslos. Die entstandenen BeharrungskrÜfte hatten bereits sechseinhalb Gravos erreicht gehabt. Bevor Perry Rhodan wieder zu sich kam, wurde er von Ras Tschubai hochgerissen. Der Afroterraner war ebenfalls unempfindlich gegen die Verdummungsstrahlung. Er teleportierte mit Rhodan in den Maschinenhauptleitstand, ein kaum zu Åbersehendes Labyrinth verschieden groÄer Hallen, Schaltstationen und Kontrollpulten. Hier, zehn Decks unterhalb der inneren Kommandokugel, war die HÉlle los. Die einigermaÄen intelligent gebliebenen Ingenieure saÄen auf ihren PlÜtzen. Andere MÜnner sprangen wie ausgelassene Kinder umher, drÅckten hier und dort auf Schalter und zerschlugen dabei die Sicheàrungshauben von wichtigen Einheiten. ÑKommen Sie zu sich, SirÖ, drÜngte der Teleporter und schlug mit den flachen HÜnden krÜftig gegen Rhodans Wangen. Sekunden spÜter wurde Perry wieder aktiv. Er erfaÄte die Sachlage blitzartig. Ohne zu zÉgern, paralysierte er achtzehn MÜnner, die es besonders toll trieben. Tschubai erÉffnete ebenfalls das Feuer. Dann nÜherte sich ein dreieinhalb Meter groÄer Gigant. Icho Tolot besaÄ einen sehr hohen Intelligenzquotienten und Åberdies zwei Gehirne, das OrdinÜrgehirn fÅr seine motorischen KÉrperfunktionen und ein Planhirn fÅr mathematische Aufgaben. Beide Gehirne schienen miteinander zu kÜmpfen. FÅr einen Augen blick entstand der Eindruck, als ob der Haluter Rhodan begrÅÄen wollte. Dann aber schien sein OrdinÜrgehirn wieder die Oberhand zu gewinnen. Klagend tappte er nÜher. ÑKleines, mein Kleines!Ö schrie er. ÑWarum richtest du deine Waffe gegen mich? Liebe ich dich nicht? Bin ich nicht ein Freund der Menschen? Mein Kleines, du wirst doch nicht auf einen Freund schieÄen. Perry ...Ö
ÑSo handeln Sie dochÖ, rief Rhodan dem Teleporter zu, der vor dem Riesen bereits in Deckung ging. ÑEin Haluter vertrÜgt die zwanzigfache Paralysedosis.Ö Beide MÜnner schÉssen. Sie feuerten mehrmals auf den KÉrper des Kolosses, aber er wollte nicht besinnungslos werden. BrÅllend, seine vier Arme ausgestreckt, sprang er nÜher. Erst die drei letzten StrahlschÅsse brachten ihn zu Boden. Rhodan richtete sich schweiÄÅberstrÉmt auf. Tschubai paralysierte noch drei Ingenieure, die versuchten, den Anlaufschalter der zwÉlf GroÄkraftwerke nach unten zu drÅcken. Endlich sprach ein Interkom an. Kosum meldete sich aus der Zentrale. ÑSind Sie unten, Sir? Wenn ja, heben Sie die Emotio-Blockade auf. Das sind die beiden Kippschalter vor Cavaldis Sitz. Sicherungshauben anheben und auf die rote Markierung tippen.Ö Rhodan rannte zum nÜchsten Mikrophon. ÑVerstanden, Kosum. Der Ingenieur liegt mit dem OberkÉrper darauf. Haben Sie neue Meldungen erhalten?Ö ÑJa, von Waringer. Die fÅnfdimensionale Energiekonstante unserer Schutzschirme, Neutralisatoren, vor allem aber jene der kÅnstlichen Schwerkrafterzeuger ist durch den Waffenstrahl des unbekannten Schiffes manipuliert worden.Ö ÑSonst noch etwas?Ö ÑJa! Alle Personen, die entweder mentalstabilisiert oder natÅrlich mutiert sind, sprechen auf die Verdummungsstrahlung nicht an! Das gilt auch fÅr AktivatortrÜger wie Sie und Atlan, sowie fÅr alle Emotionauten. Die Mutanten sperren die Verdummten ein oder betÜuben sie. Oberst Joak Cascal kÅmmert sich um die Hangars der Beiboote. Dort ist allerhand los. Ein Kommandant wollte starten. Er ist gegen die Schleusentore geknallt. Cascal hat ihn paralysiert. Lord Zwiebus und Alaska Saedelaere sind in der Bordklinik. Dort beschieÄt sich das Personal mit Medikamenten aus Hochdruckspritzen. Die MunitionsrÜume werden von Takvorian und Merkosh abgeriegelt. Ich habe sÜmtliche vollpositronischen Roboter umprogrammiert und eingesetzt. Sie betÜuben jedermann, der ihnen Åber den Weg lÜuft.Ö ÑMein Gott!Ö Üchzte Rhodan. ÑWo ist Atlan?Ö
ÑUnterwegs zur Feuerleitzentrale. Er kommt aber nicht durch, da er immer wieder von Verdummten aufgehalten wird. Gucky war vorÅber gehend bewuÄtlos. Jemand hat ihm etwas Åber den SchÜdel geschlagen. Er ist bei mir in der Zentrale. Er sagt mir soeben, in wenigen Augenàblicken kÉnnte er zu Atlan springen und ihn zur Feuerleitzentrale bringen.Ö ÑIn Ordnung. Tschubai bleibt bei mir. Ich werde jetzt Ihre Emotioschaltung wieder klarmachen.Ö ÑIn Ordnung, Sir. Aber schnell, wenn es geht.Ö Gucky traf bei Atlan ein. Der Lordadmiral befand sich in einem Handgemenge mit Verdummten, die ihm unbedingt ihr neuestes Spielzeug vorfÅhren wollten. Es handelte sich um eine schwere Transformkanone vom Kaliber viertausend Gigatonnen TNT. Drei MÜnner hantierten an den manuellen AuslÉsungsschaltungen. Dabei entluden sie das GeschÅtz. Der VerschluÄ sprang auf, und die zur Abstrahlung gedachte Bombe glitt auf den Entladungsschienen aus der Entmaterialisierungskammer nach unten. Dort blieb sie liegen. Sie war scharf! Gucky kam noch rechtzeitig genug an, um den Spieldrang der groÄen Kinder mit LÜhmstrahlen zu beenden. Atlan richtete sich stÉhnend auf, sah sich um und hob seine Waffe vom Boden auf. ÑZum Teufel, wo bleibst du denn? Ich muÄ zur Feuerleitzentrale. Komm!Ö Er riÄ Gucky hoch und entmaterialisierte mit ihm. Major Cuasa, der schlanke Terraner, saÄ vor dem Hufeisenpult der Feuerleitorgel. Er hÜtte nur auf die richtigen KnÉpfe zu drÅcken brauchen, um dem Spuk ein Ende zu bereiten. Atlan riÄ den hilflos umhertastenden Mann aus dem Sitz und nahm selbst Platz. Gucky paralysierte jene MÜnner, die sich nicht so ruhig verhielten wie Cuasa. Der groÄe Erfassungsschirm der Zielortungspositronik leuchtete hell und klar. Das Rochenraumschiff war konturscharf auszumachen. Die Justierung war richtig. Die Vollautomatik hatte jede noch so winzige Kursabweichung des Fremden verfolgt, sie berechnet und auf die GeschÅtze Åbertragen.
Atlan drÅckte auf die grÅnmarkierten KnÉpfe der Steuerbordseite. Er schoÄ ausschlieÄlich mit den Transformkanonen. Die MARCO POLO wurde erschÅttert und nach Feuerlee abgetrieben. Die Åberlichtschnell abgestrahlten Transformgeschosse materialisierten ohne jeden Zeitverlust vor, Åber und neben dem Ziel. Dort zÅndeten sie. ZweiunddreiÄig Ladungen zu je viertausend Gigatonnen TNT traten augenblicklich in den KernprozeÄ. Eine ultrablau flammende Sonne entstand. Sie breitete sich so schnell aus, daÄ Atlan unwillkÅrlich die Sessel lehne umklammerte. Das fremde Schiff war verschwunden. Diesen ungeheuren Gewalten hatte es nicht standhalten kÉnnen. Genau zu dem Zeitpunkt hatte Rhodan seine Schaltung beendet. Die Maschinen reagierten wieder auf Kosums Emotiobefehle. Atlan hÉrte das AufbrÅllen der Aggregate. FÅr einen Moment kamen einige Gravos als Andruckbelastung durch. Dann hatten sich die Absorber eingespielt. Kosum ergriff die Flucht! Er wich dem rÜtselhaften Gegner und den Gewalten der eigenen Transformsalve aus. Das stÜrkste Schiff der Solaren Flotte floh vor einem Gegner, den man nicht einmal hatte identifizieren kÉnnen. Atlan drehte sich um. Jemand hatte ihm auf die Schulter getippt. Hinter ihm stand Major Pedro Cuasa. Seine Augen blickten wieder klar. ÑSir, Sie werden verzeihen, aber ich habe es nicht gerne, wenn andere Leute meine Arbeit verrichten. Sie haben eine Transformsalve ausgelÉst! Was ist denn eigentlich los?Ö Atlan fÅhlte sich unendlich mÅde. Cuasa half ihm aus dem Sitz. Besorgt schaute er den Lordadmiral an. ÑCuasa, haben Sie vergessen, daÄ Sie wie ein Idiot vor Ihrer Feuerorgel saÄen und nicht mehr wuÄten, was die KnÉpfe und Schalter zu bedeuten haben?Ö Der Major schaute ihn verblÅfft an. ÑAber, Sir, wie ...Ö ÑSchon gut, Junge, schon gutÖ, winkte Atlan deprimiert ab. ÑIch nehme an, daÄ die anderen MÜnner nun auch wieder vernÅnftig geworden sind. Wenn ich das fremde Schiff nicht vernichtet hÜtte, gliche die MARCO POLO nach wie vor einem Kindergarten mit
gemeingefÜhrlichen Babys. Nein, lassen Sie mich jetzt in Ruhe. Sie erfahren alles von Perry Rhodan persÉnlich. Legen Sie Ihre paralysierten MÜnner auf bequeme Konturlager. Sie werden bald wieder zu sich kommen. Wissen Sie, wenn verspielte Kleinkinder ÅbermÅtig werden, dann muÄ man etwas unternehmen. SchlÜge auf das Hinterteil hÜtten in dieser Situation wenig genÅtzt.Ö
4. Die MARCO POLO hatte unter Kosums FÅhrung in einem groÄangelegten LinearmanÉver zirka achttausend Lichtjahre zurÅckgelegt. Kosum war planmÜÄig nahe dem Sonnenleuchtfeuer Hyperon-GalSÅd aus der Librationszone herausgekommen. Nun flog das Schiff im freien Fall und nur mit einem Bruchteil der ein fachen Lichtgeschwindigkeit wieder auf die MilchstraÄe zu. Perry Rhodan hatte den groÄen Konferenzraum gewÜhlt. Die Besatzung konnte das GesprÜch Åber Interkom mithÉren. Die Chefs der wissenschaftlichen und technischen Teams sowie die verantwortlichen Offiziere der kosmonautischen SchiffsfÅhrung waren anwesend. Zu ihnen zÜhlten auch die Kommandeure der Kreuzer- und KorvettenverbÜnde. Niemand war heiter gestimmt. Das Erlebnis mit dem fremdartigen Rochenraumschiff gab zu denken. Rhodan hatte das Wort ergriffen. ÑDie primÜre Frage lautet, ob wir zu dem sogenannten Schwarm zurÅckkehren und eine Identifizierung versuchen sollen, oder ob wir...Ö ÑDas Vorhaben lehne ich abÖ, fiel ihm Waringer ins Wort. ÑBitte lassen Sie mich ausreden. Ich wollte auch die sofortige Heim kehr zum Solsystem vorschlagen. Durch den so plÉtzlich unterbrochenen Dakkar-Funkverkehr mit Titan und Merceile wissen wir nicht, wie die Pedoinvasion verlaufen ist. Was ist aus den Sammlern und diesem Vascalo geworden? Den Schwarm kÉnnen wir noch aufsuchen, diesmal jedoch mit einem kampfstarken Verband.Ö
ÑSchon besserÖ, meinte Waringer. ÑDer Schwarm steht immerhin noch etwa achttausend Lichtjahre von den Grenzen der MilchstraÄe entfernt. Wenn sich die dortigen Kommandeure, oder was immer sie sind, nicht zu einer erneuten Transition entschlieÄen, werden die Einheiten nicht vor zirka zehntausend Jahren eintreffen.Ö ÑGeoffry, was hast du zu den Vorkommnissen zu erklÜren?Ö fragte Rhodan. ÑIch habe keine Ahnung, wie die Fremden den Manipulierungsstrahl erzeugt haben. Ich weiÄ nur, daÄ er eine geringe Energieleistung besaÄ. Dennoch reichte er aus, um unseren Paratronschirm in seinem strukturellen Aufbau zu beeinflussen. Das Paratronfeld lieÄ den Verdummungsstrahl ohne weiteres passieren, das aber nur deshalb, weil es selbst auf die SchwingungsÜnderung ansprach. Als Folge davon wurden alle GerÜte, die auf fÅnfdimensionaler Basis arbeiten, ebenfalls manipuliert. Im Schiff entstand eine kÅnstliche GravitationskÉnstante, die sowohl von den SekundÜrstrahlungen des Abwehrschirms als auch von den mit Falschwerten laufenden Andruckneutralisatoren und Schwerkraftabsorbern erzeugt wurde. Die MeÄergebnisse liegen vor. Sie sind erstaunlich. Es hat sich nÜmlich gar nicht viel geÜndert.Ö Waringer blickte sich etwas hilflos um. Es schien, als wollte er eine andere, bessere ErklÜrung hÉren. ÑWelche MeÄergebnisse?Ö fragte Rhodan? ÑDie MaÄeinheit der galaktischen Feldlinien-Gravitationskonstante wird nach meinem verstorbenen Kollegen, Professor Arno Kalup, in Megakalup ausgedrÅckt. Der Begriff war bis zur Einsatzreife des Lineartriebwerks unbekannt. Er bezeichnet die Schwingungsfrequenz Åbergeordneter, also fÅnfdimensionaler Energieeinheiten, die Åberall anzutreffen sind. Jede Sonne ist ein Hyperstrahler. Das konnte man frÅher nicht anmessen. Das Geheimnis der Gravitation beruht auf dieser dimensional Åbergeordneten Basis. Wenn nun die Feldlinien-Konstante manipuliert wird, kommt es zu einem Effekt, auf den menschliche Gehirne offenbar sehr empfindlich reagieren. Wir haben festgestellt, daÄ sogar unsere bordeigenen Versuchstiere verdummt wurden. Daraus ist zu folgern, daÄ nicht nur Menschen angegriffen werden.Ö ÑDas betrifft aber wohl hauptsÜchlich die Galaxis mit ihren vielfÜltigen EnergiestrÉmen!Ö
ÑSicherÖ, stimmte Waringer zu. ÑEs hat uns aber ebenfalls betroffen, denn jedes Schiff raumfahrender VÉlker besitzt Schutzschirme, Andruckneutralisatoren und vor allem AntigravitationsgerÜte. Wir waren also eine indirekte Kleingalaxis mit einer eigenen Gravitationskonstante. Die aber wurde um genau 852 Megakalup reduziert. Die Folgeerscheinung: Jede Person, die nicht einen mentalen Schutzblock besaÄ, mutiert war oder einen Zellaktivator trug, litt unter einer sofort einsetzenden KonzentrationsschwÜche, die sich innerhalb weniger Augenblicke zur Verdummung steigerte. Wenn dieser Schwarm in der MilchstraÄe ankommt, kÉnnte es sehr leicht geschehen, daÄ einige zehntausend Rochenraumschiffe der bekannten Art die galaktischen Feldlinien-Gravitationskonstante manipulieren und somit eine galaxisweite Verdummung der dortigen Lebewesen hervorrufen.Ö ÑDas scheint mir aber doch stark Åbertrieben!Ö wehrte der eigentliche Chefphysiker der MARCO POLO, Professor Dr. Renus Ahaspere ab. ÑBedenken Sie die gewaltige Ausdehnung unserer Galaxis.Ö Waringer ÜuÄerte resigniert: ÑIch bin wegen meiner Theorien schon immer belÜchelt worden. Ich halte es jedenfalls fÅr mÉglich, daÄ die Unbekannten die gesamte MilchstraÄe manipulieren kÉnnen. Wissen Sie auch, weshalb ich zu einer derart verrÅckt klingenden Auffassung kam?Ö ÑNein.Ö ÑDer Umformungsstrahl, der uns lahmgelegt hat, war derart energiearm und lÜcherlich schwach, daÄ ihn normalerweise kein Mensch beachtet hÜtte. Jede HÉhenstrahlung ist intensiver. Man hat einen Schiffsgiganten wie die MARCO POLO gewissermaÄen mit einem Nadelstich unbrauchbar gemacht, indem man seine Besatzung verdummte. Meinen Sie nicht auch, daÄ dieser Effekt bei Anwendung wesentlich energiereicherer Mittel auf eine Galaxis vom Range der MilchstraÄe ausgedehnt werden kÉnnte? Gravitationsfelder gibt es Åber all. Wir finden sie sogar im Leerraum zwischen den Sternen.Ö ÑAber...Ö ÑEntschuldigen Sie, ProfessorÖ, unterbrach Rhodan. ÑIch werde nach diesem Erlebnis auf alle FÜlle eine KlÜrung versuchen. Wir
sehen uns einer akuten Gefahr gegenÅber, mag es nun sein, wie es will. Jedenfalls, so glaube ich, werden die Unbekannten wohl die Macht besitzen, wenigstens ihr Durchzugsgebiet zu verdummen. Das wÜre schon schlimm genug. Lassen wir die wissenschaftlichen StreitgesprÜche. Meine Frage an Sie: Was wollen die Unbekannten? Was haben sie vor? Ist das eine Invasion? Wenn ja - gegen wen ist sie gerichtet? Gilt sie der Menschheit oder anderen VÉlkern?Ö ÑDas kann zu dieser Stunde noch niemand beantwortenÖ, behauptete der Kosmopsychologe Eysbert gelassen. ÑStellen Sie den Komplex zurÅck, Sir. Vergessen Sie bitte auch nicht die beiden Inhaftierten, die sich als AngehÉrige des Homo superior ausgeben. Wir sollten schnellstens die Erde anfliegen.Ö ÑIch glaube, ich hatte einmal etwas von einer Zeitdilatation gesagtÖ, flÅsterte Waringer. Er wurde trotzdem gehÉrt. Rhodan erhob sich. ÑWir starten sofort zum Solsystem. Die Distanz von etwas Åber vierundzwanzigtausend Lichtjahren werden wir mit GewaltmanÉvern in nur zwei Linearetappen zurÅcklegen. HÜlt das Ihr Kompensationskonverter noch aus, Cavaldi?Ö ÑIch garantiere dafÅr.Ö ÑNur sollten Sie nicht wieder mit diversen Schaltern herumspielenÖ, spÉttelte Ahaspere. Rhodan lieÄ einige Aufzeichnungen vorfÅhren, die von den automatischen Kameras der áberwachungspositronik gemacht worden waren. Sie zeigten die Schreckensszenen wÜhrend der Verdummungsperiode. Hier und da begann jemand Åber seine eigenen Streiche zu lachen. ÑIch bewundere die MenschenÖ, drÉhnte Icho Tolot. ÑWer darÅber noch lachen kann, ist seelisch und kÉrperlich gesund. Wollten Sie nicht besondere VerhaltensmaÄnahmen anordnen?Ö Tolots groÄe Augen richteten sich auf Rhodan. Er nickte. ÑJa. Ich bitte um grÉÄte Aufmerksamkeit. Die von Tolot ausgearbeiteten Details werden spÜter in Ihre Abteilungen Åberspielt. HÉren Sie trotz dem genau zu.Ö Rhodan machte eine Kunstpause. ÑWir mÅssen vorsichtshalber voraussetzen, daÄ wir nochmals einem rochenfÉrmigen Raumschiff der Fremden begegnen. Jedes Be-
satzungsmitglied, dessen ImmunitÜt eindeutig feststeht, erhÜlt fÅr den Katastrophenfall einen Einsatzplan. Alle Roboter, die biologische Zusatzaggregate besitzen, werden jetzt schon stillgelegt. Die Explosionen sind erwiesenermaÄen von den Kampfmaschinen verursacht worden. Alle normalpositronischen Roboter erhalten sofort eine Sonderprogrammierung, die im Fall einer erneuten Verdummungswelle automatisch aktiviert wird. Eine Spezialpositronik, die im Augenblick angeschlossen wird, legt gleichzeitig alle Aggregate still, die ebenfalls biologisch lebende ZusÜtze besitzen. Damit haben wir groÄe Gefahrenquellen beseitigt. Es wurde festgestellt, daÄ der Grad der Verdummung variabel ist. Menschen mit einem hohen Intelligenzquotienten benahmen sich vernÅnftiger als solche, die von Natur aus keine Genies sind. Das sollte beachtet werden. Die Roboter und solche Personen, die noch einigermaÄen klar denken kÉnnen, erhalten die Anweisung, schwerer geschÜdigte Besatzungsmitglieder sofort in sichere RÜume einzusperren. Wir nehmen die groÄen MesserÜume. Das wÜre vorerst alles. Der Einsatzplan wird, wie erwÜhnt, auf alle Bildschreiber Åberspielt. Jedermann sollte vorbereitet sein.Ö Rhodan beendete die Sitzung. Viele Fragen hatten allerdings nicht geklÜrt werden kÉnnen. Kuruzins Bitte, mit einem Kreuzer den Schwarm anfliegen zu dÅrfen, wurde abgelehnt. Rhodan wollte unverzÅglich zum Solsystem zurÅckkehren. Eine Stunde spÜter nahm die MARCO POLO Fahrt auf. Unterdessen hatten achttausend Menschen erfahren, was sie im Falle eines erneuten >Verdummungsangriffes< zu tun hatten. Und die immunen Personen wuÄten nun genau, wann und wie sie sich an ihren Einsatzorten einzufinden hat ten. Es war nichts Åbersehen worden. Die terranische GrÅndlichkeit feierte wieder einmal Triumphe. Atlan war skeptisch. Er war zum Notbefehlshaber der Feuerleitzentrale ernannt worden. ÑWo ich doch so miserabel schieÄe!Ö hatte sein ironischer Kommentar gelautet. Rhodan lauschte auf das Donnern des Waringschen UltrakompLinearkonverters. Der Zielstern glÜnzte als energetischer Reflexpunkt auf dem Librationsbildschirm der Peilautomatik.
Die hyperphysikalische Zentrale hatte soeben durchgegeben, das EintauchmanÉver in den Einsteinraum wÅrde in fÅnf Minuten und zweiunddreiÄig Sekunden erfolgen. Rhodans áberlegungen folgten absonderlichen Bahnen. Er zweifelte nicht am Gelingen der Linearetappe, die immerhin fÅnfzehntausend Lichtjahre ÅberbrÅcken sollte. Perry Åberdachte vielmehr nochmals alle Vorbereitungen. Er sah die Verdummungskatastrophe wie einen Alptraum vor seinem geistigen Auge aufleuchten. Er dachte Åber die getroffenen Anordnungen nach. Waren sie richtig berechnet worden? Hatte man verborgene Gefahrenquellen ebenfalls auf gespÅrt, waren sie berÅcksichtigt worden? Stand jeder Immune genau auf dem richtigen Platz, wenn es nochmals zu einem solchen Effekt kommen sollte? Hatte der Haluter richtig kalkuliert? War es den rochenÜhnlich geformten Fremdraumschiffen bereits gelungen, tiefer in die MilchstraÄe vorzustoÄen? Wenn ja - waren dort schon Manipulationen vorgenommen worden? Rhodans áberlegungen schweiften ab. Das Jetzt war eine erfaÄbare RealitÜt. Wie aber war der von Waringer vorausgesagte Dilatationseffekt wÜhrend des ersten, miÄglÅckten Dakkarfluges zu bewerten? Wieviel Zeit war auf der Erde tatsÜchlich vergangen? War es gelungen, die takerische Invasion aufzuhalten und Vascalos Sammler zu vernichten? Was wÅrde man vorfinden? Totales Chaos, eine andere Regierungsform, ein zerbrochenes Solares Imperium oder gar einen sterbenden Planeten? Die Fragen wurden immer quÜlender. Die seelische Belastung zeichnete sich in Rhodans Gesichtsausdruck ab. ÑBeruhige dich, FreundÖ, flÅsterte Atlan. Seine Finger umspannten Rhodans Handgelenk. ÑNichts wird so heiÄ gegessen, wie es gekocht wird. Ein altes terranisches Sprichwort. Abwarten, konzentrieren und dem Kommenden mit Ruhe und Entschlossenheit begegnen. Wir werden bald wissen, welche Zeit tatsÜchlich vergangen ist. AuÄerdem steht die Chance, einem Fremdschiff zu begegnen, eins zu zehn hoch hunderttau send! Die MilchstraÄe ist groÄ genug, um selbst zehn Millionen Fremde nicht auffallen zu lassen. Derart un-
wahrscheinliche ZufÜlle gibt es nicht. Die VorsichtsmaÄnahmen sind dennoch richtig.Ö ÑIch danke dirÖ, Rhodan sprach leise. ÑWas werden wir auf der Erde vorfinden? Menschen, die unsere Namen nur noch aus einer Sage kennen?Ö ÑAbwarten, habe ich dir geraten. Es wird dir vielleicht helfen, daÄ ich als Chef der USO fungiere. Es kÉnnte sein, daÄ ich es einmal war! Das kommt ganz darauf an, wie lange wir nach der Bezugsebene der Erde unterwegs waren. Wenn die Reise zu lange gedauert hat, werden wir von vorne beginnen mÅssen.Ö ÑOptimist!Ö ÑSchon immer gewesenÖ, bestÜtigte Atlan lachend. ÑWas bleibt einem biologisch unsterblichen AktivatortrÜger Åbrig? Oder hattest du etwa angenommen, du kÉnntest das Schicksal stets nach deinen WÅnschen und Vorstellungen beeinflussen? Wenn du das einmal in voller Konsequenz begriffen haben solltest, wirst du auch meine Einstellung verstehen. Ich bin hart geworden, alter Freund! Ich glaube nicht mehr vorbehaltlos an Ideale aller Art. In diesem Universum gibt es nichts, was vollkommen ist. Es kann im ersten Augenblick wundervoll erscheinen; aber dann kommt garantiert der Haken. Du hast jetzt nichts anderes zu tun, als dich voll und ganz auf dein Ziel zu konzentrieren. Das ist die weitverstreute Menschheit mit all ihren Nachkommen, UmweltangepaÄàten, StÉrenfrieden und VernÅnftigen. Und wenn wir tatsÜchlich nochmals einem Fremdschiff mit der ÜuÄeren Form eines Rochen begegnen sollten, dann ...Ö ÑWas dann?Ö unterbrach Rhodan. ÑSchieÄen! Sofort!Ö ÑDu siehst nicht nur hart aus, Arkonide; du bist es auch.Ö ÑDas rÜt mir mein Instinkt, den ich fÅr recht zuverlÜssig halte. AuÄer dem besitze ich bekanntlich ein Extrahirn. Es arbeitet zeitweise zufriedenstellender als deine Positroniken und Ratgeber. Abwarten, mein Freund! Tolot ist der gleichen Auffassung.Ö ÑEintauchmanÉver wird eingeleitetÖ, meldete sich Cavaldi. ÑNoch zwei Minuten.Ö
Atlan schaute sich prÅfend in der Zentrale um. Korom-Khan und Senco Ahrat saÄen unter ihren SERT-Hauben. Mentro Kosum schlief im Bereitschaftsraum der Emotionauten. ÑIch wÅrde mir Åber diesen Schwarm vorerst Åberhaupt keine Sorgen machen, Perry. Entscheidender sind die derzeitigen VerhÜltnisse auf der Erde. Wir wissen nicht, weshalb der Dakkarfunkverkehr mit Merceile so plÉtzlich abgebrochen ist.Ö ÑAngriff auf Titan!Ö vermutete Rhodan. ÑVascalo der Krumme dÅrfte wohl Ovarons dortige Geheimstation eingepeilt haben. Ich an seiner Stelle hÜtte alles darangesetzt, die unwillkommene NachrichtenbrÅcke zu Gruelfin zu zerstÉren.Ö ÑRichtig. Der Tod des Taschkars Ginkorasch und die MachtÅbernahme durch die Juclas dÅrften Vascalos Entscheidungen wesentlich beeinfluÄt haben. Taktisch und strategisch gesehen mÅÄte ihm das Solsystem von der Sekunde an gleichgÅltig geworden sein.Ö ÑMan kann sich irren, Freund.Ö Atlan winkte ab. ÑWir werden sehen. Vor allem solltest du nicht Reginald Bull, Tifflor und Deighton unterschÜtzen. Sie werden mit den Sammlern fertig geworden sein.Ö Die Linearpositronik begann zu zÜhlen. Noch sechzig Sekunden bis zum EintauchmanÉver. Dann wÅrde man endlich wieder daheim sein. Mentro Kosum wurde jetzt erst geweckt. Er war sofort munter, stand auf und eilte durch die kleine Spezialschleuse zur Zentrale hinÅber. Niemand beachtete ihn. Rhodan rief bereits die Mutanten und Mental stabilisierten an. ÑIch hoffe, Sie haben bereits Ihre PlÜtze eingenommen. Ich ... Gucky, was soll das?Ö Der Kleine war plÉtzlich erschienen. Atlan nahm ihn auf den Arm. Der Mausbiber grinste. ÑIch bringe meinen Freund zur Feuerleitzentrale, wenn du nichts dagegen hast. BerÅhmte Leute reisen heutzutage per Teleporter.Ö Kosum begab sich zu seinem Sitz. Rhodan seufzte. Alles geschah in den letzten Sekunden vor dem RÅcksturzmanÉver.
Das Tosen des Konverters verstummte. Damit erlosch auch das Kompensationskraftfeld, das die energetischen KrÜfte der vier- und fÅnfdimensionalen Zone abschirmte und dem FlugkÉrper somit erlaubte, die schmale Librationszone zwischen den KrÜfteballungen zur weit Åberlichtschnellen Fortbewegung zu benutzen. Der RÅcksturz erfolgte. Es war ein tausendfach geÅbtes, vÉllig alltÜgliches ManÉver. Niemand dachte sich etwas dabei. Das einwandfreie Gelingen war zur SelbstverstÜndlichkeit geworden. Diesmal aber kam es zur Katastrophe. Jedermann wartete mit innerer Spannung auf das unverhoffte Auftauchen eines rochenfÉrmigen Fremdraumschiffes. Die MARCO POLO war planmÜÄig ein Lichtjahr vor dem eingepeilten Zielstern herausgekommen. Der Wiedereintritt in den gewohnten Normalraum wirkte wie ein betÜubender Donnerschlag. Rhodan Éffnete erleichtert aufatmend den engen HalsverschluÄ seiner Bordkombination, die auch als leichter Raumanzug verwendet werden konnte. Vor sich sah er die Bildschirme der Panoramagalerie aufflammen. Man befand sich nach dem Åber fÅnfzehntausend Lichtjahre hinwegreichenden LinearmanÉver bereits tief in den AuslÜufern der Heimatgalaxis, und zwar in den Grenzgebieten jenes unbedeutenden Spiralarmes, in dem die irdische Sonne eingebettet lag. ÑAlles klar, Cavaldi? Hat der Konverter gut durchgehalten?Ö Rhodan erblickte auf den kleinen Bildschirmen der internen Bordverbindung ein lachendes Gesicht. ÑDu, warum ist das hier so grÅn? Darf ich da einmal drauffassen? Ach bitte ...Ö, die Stimme wurde weinerlich, Ñnur einmal draufdrÅcken. Ich mag grÅne KnÉpfe...Ö Rhodan sprang aus dem Kommandeursessel hoch. Kosum schwenkte seine SERT-Haube zur Seite, verlieÄ ebenfalls seinen Platz und zog blitz schnell die Waffe. Sie war lÜngst auf ParalysebeschuÄ eingestellt. Korom-Khan blieb ruhig sitzen. Auch er hatte fÅr den Notfall Anweisungen erhalten. Senco Ahrat stand wesentlich langsamer auf, doch dafÅr erÉffnete er zuerst das Paralysefeuer auf den Ertru-
ser Hartom Manis, der schon wieder behauptete, man wolle ihn auf diesem verfluchten Schiff verhungern lassen. Rhodan aktivierte die vorbereiteten Roboter mit seinem KommandogerÜt. Die Maschinen verlieÄen ihre frÅhzeitig bezogenen Einsatzstandorte und folgten ihrer Programmierung. Rhodan war grau im Gesicht. Fassungslos schaute er zu Kosum hin Åber, der in diesem Augenblick die mit biologisch lebenden ZusÜtzen ausgerÅsteten Spezialpositroniken stillegte. Senco Ahrat war bereits verschwunden. Er hatte das Kommando Åber die wichtige Ortungszentrale zu Åbernehmen, die hilflos gewordene Besatzung mit UnterstÅtzung der Roboter einzusperren und den Welt raum abzusuchen. Professor Waringer meldete sich. ÑIch bin im Maschinenhauptleitstand eingetroffen. Ich Åbernehme. Die physikalische Abteilung ist jetzt unwichtig. Die Roboter transportieren die Verdummten ab. Ich habe nur zwei ParalyseschÅsse gebraucht. Wie sieht es in der Zentrale aus?Ö ÑNiederschmetterndÖ, entgegnete Rhodan erregt. ÑGroÄer Gott, Geoffry, wie konnte das geschehen? Haben wir schneller Wirkungsfeuer erhalten als gedacht? Aber das ist doch unmÉglich!Ö Waringer lachte sarkastisch auf. ÑNatÅrlich ist es das. Tatsache ist, daÄ unsere Besatzung im Augen blick des Wiedereintritts in den Normalraum noch schneller und intensiver verdummte als vorher bei dem FeuerÅberfall durch das Rochenschiff. Perry, es tut mir leid, aber meine dÅstere Prognose hat sich bewahrheitet! Die fÅnfdimensionale FeldlinienGravitationskonstante der MilchstraÄe ist manipuliert worden. Viel intensiver als angenommen! Wir sind in ein Meer der Verdummung eingetaucht.Ö Rhodan setzte sich wieder. Seine áberlegungen jagten einander. Nach dem ersten Schock begann er wieder so rasch und prÜzise zu reagieren, wie man es von ihm gewohnt war. ÑGut, die Sachlage muÄ hingenommen werden. Meine Frage an dich: Weshalb trat der Effekt erst jetzt - nach dem RÅcksturz - auf? Warum nicht schon wÜhrend des Linearfluges? Dabei standen wir bekanntlich ebenfalls bereits im EinfluÄbereich der Galaxis.Ö
Rhodan hÉrte das Zischen eines LÜhmschusses. Hinter Waringer brach ein um sich schlagender Mann zusammen. ÑVerzeihungÖ, entschuldigte sich Geoffry. ÑIch muÄte mich wehren. Sind die Emotioschaltungen klar?Ö ÑAlles in Ordnung. Reaktionen vÉllig normalÖ, entgegnete Korom-Khan. Er entwickelte eine bewundernswerte Ruhe und Selbstbeherrschung. Es fiel kein ÅberflÅssiges Wort. Niemand schrie; niemand brÅllte. Jedermann behielt die Nerven. Das war gut so. ÑWas deine Frage Åber den Linearflug betrifft, Perry: Die Librationszone ist ein schmaler, energetisch neutraler Streifen zwischen der vierten und fÅnften Dimension. Wir wehren durch das Kompensationsfeld beide energetischen áberlappungseinflÅsse ab, wir reflektieren und neutralisieren sie. Daher ist die Manipulationskonstante nicht wirksam geworden.Ö Rhodan trocknete sich den SchweiÄ von der Stirn ab. Er achtete kaum auf die Meldungen, die von den einzelnen Notbefehlshabern einliefen. Ihn hatte nur das groÄe Ganze zu interessieren. Er hatte jetzt die Entscheidungen zu treffen. Die Beantwortung der eingehenden Meldungen war Kosums Angelegenheit. Die fÅr eine andere Situation vorgesehenen SicherheitsmaÄnahmen bewÜhrten sich tadellos. ÑVorsicht, Kosum, da will Ihnen jemand an den KragenÖ, warnte Rhodan geistesabwesend. Kosum schoÄ. Ein Mann brach paralysiert zusammen. Ein Transportroboter brachte ihn in die vorbereiteten VerschluÄ rÜume der Bordklinik. ÑGeoffry, das sind grauenhafte Aussichten! Das bedeutet also, daÄ sÜmtliche Besatzungen von Raumschiffen, Raumstationen, planetarischen StÅtzpunkten und auch die BevÉlkerungen aller Planeten verdummt sind?Ö Waringer nickte. Rhodan riÄ die Bordkombination noch weiter auf. ÑGeoffry, das ist die grÉÄte Katastrophe, die jemals Åber die VÉlker der MilchstraÄe hereingebrochen ist. Das darf doch nicht mÉglich sein.Ö ÑUnterbrechung. Alaska Saedelaere spricht. Ich habe planmÜÄig die Funkzentrale Åbernommen.Ö ÑJa - was gibt es? Haben Sie neue UnglÅcksnachrichten?Ö
ÑLeider, Sir. Die von Ihnen angedeutete Katastrophe scheint eingetreten zu sein. Ich habe in den vergangenen zehn Minuten etwa tausend Hilferufe aus der nÜheren galaktischen Umgebung empfangen. Es handelt sich Åberwiegend um automatische Notsender von Raumschiffen. AuÄeràdem fange ich etwa zehn Sender ein, die offensichtlich von intelligent gebliebenen Lebewesen bedient werden. Die SprÅche sind variabel, indirekte Lagebeurteilungen. Das beweist, daÄ es nicht nur auf der MARCO POLO immune Menschen gibt.Ö ÑNatÅrlich nicht. Allein die USO besitzt zahlreiche mentalstabilisierte Spezialisten. Dazu kommen noch die MÜnner und Frauen der Solaren Abwehr. Viele Kommandanten mit Sonderaufgaben sind ebenfalls mentalstabilisiert worden.Ö Rhodan umklammerte die Lehnen seines Sessels. Einige Sekunden lang kÜmpfte er mit sich, bis er die inhaltsschwere Frage aussprach: ÑEmpfangen Sie auch Notrufe aus dem Solsystem? Von der Erde? Wir sind nur noch knapp neuneinhalbtausend Lichtjahre entfernt. Die groÄen Sender von Terrania mÅÄten uns erreichen kÉnnen.Ö ÑNein, Terra schweigt. Dagegen scheinen aber viele Einheiten der Solaren Flotte zu funken. Es ist furchtbar. Soeben teilt jemand mit, er wolle Selbstmord begehen.Ö Augenblicke spÜter verÜnderte sich die Situation erneut. Atlan meldete sich. ÑIch fÅhle mich in der Feuerleitzentrale ÅberflÅssig. Hier gibt es weit und breit nichts, was mit normalen Waffen bekÜmpft werden kÉnnte. Cascal und die Mutanten haben Schwierigkeiten mit den vielen Besatzungsmitgliedern der Kreuzer und Korvetten. Ich ...Ö Ein Donnerschlag erschÅtterte die Kugelzelle der MARCO POLO. AnschlieÄend meldete sich Cascal. Er trug einen schweren Kampfanzug und hatte die Waffe in der Hand. ÑIch brauche Hilfe. Wir schaffen es nicht. Ein JÜgerpilot ist mit einer Lightning unter Vollschub gestartet. Er hat die Schleusentore durchbrochen und eine explosive Dekompression verursacht. Der JÜger ist verloren. Schicken Sie mir Hilfe.Ö Rhodans Befehle kamen rasch. Robotereinheiten, die ihre Aufgabe vollendet oder beinahe erledigt hatten, wurden abgezogen. Sie
trafen wenig spÜter in den groÄen Hangarhallen der Kreuzer und Korvetten ein. Die beiden Teleportermutanten sprangen von einem Schiff zum anderen. Sie nahmen jedesmal zwei Roboter mit, die mit Paralysewaffen ein griffen. AllmÜhlich stabilisierte sich die Situation. Es war durchaus nicht ein fach, nahezu achttausend Menschen, die Åberdies noch auf vielen Stationen und groÄen Beibooten untergebracht waren, rechtzeitig in Sicherheit zu bringen, oder sie davor zu bewahren, grenzenloses Unheil anzurichten. FÅnf Stunden vergingen, bis man die letzten Kranken versorgt hatte. Etwa zweitausend Besatzungsmitglieder hatten paralysiert werden mÅssen. Die AufnahmekapazitÜt der Bordklinik war zu klein. So wurden sie von Medorobotern in Hallen und Kabinen gebettet. Die nÜchste Aufgabe bestand darin, diese RÜume so abzusichern, daÄ die wiedererwachenden Paralysierten kein Unheil anrichten konnten. Nach acht Stunden hatten die wenigen immunen Menschen der MARCO POLO gewonnen. Es war ein bitterer Sieg. Sie trafen sich in der Zentrale. Die Mutanten Gucky, Ras Tschubai, Fellmer Lloyd, Merkosh und Takvorian waren erschÉpft. Die Mentalstabilisierten wie Joak Cascal, Alaska Saedelaere, Lord Zwiebus und Toronar Kasom verrieten deutlich ihre innere Verzweiflung. Die AktivatortrÜger wie Rhodan, Waringer und Atlan bemÅhten sich um Selbstbeherrschung. Die drei Emotionauten Korom-Khan, Ahrat und Kosum kÅmmerten sich unterdessen um die SchiffsfÅhrung. Die verdummten Besatzungsmitglieder befanden sich in guter Obhut. Sie wurden von den speziell programmierten Robotern Åberwacht und verpflegt. Viele der Raumfahrer hatten jetzt nach einer achtstÅndigen Einwirkung der Manipulationskonstante eine gewisse psychische StabilitÜt zurÅckgewonnen. Man konnte bemerken, daÄ sie nachzudenken begannen. Jene, die aufgrund ihres ursprÅnglich sehr hohen Intelligenzquotienten nicht zu sehr verdummt waren, boten ihre Hilfe an. Als
Rhodan von den Robotkommandeuren die entsprechenden Nachrichten erhielt, entschloÄ er sich augenblicklich, diesen MÜnnern und Frauen eine Chance zu geben. Die Roboter erhielten die entsprechenden Befehle. So geschah es, daÄ etwa siebenhundert Besatzungsmitglieder besondere Freiheiten erhielten. Sie versorgten die vÉllig Verdummten. Sie Éffneten Konservendosen, wÜrmten sie auf und brachten ihre SchÅtzlinge dazu, Speisen und GetrÜnke zu sich zu nehmen. Die hochspezialisierten medizinischen Roboter behandelten zahlreiche KnochenbrÅche, schwere Prellungen und Verletzungen anderer Art. Als Rhodan anschlieÄend einen Teil der aufgefangenen NotfunksprÅche durchlas, ahnte er, daÄ an Bord der MARCO POLO noch erstaunlich gute VerhÜltnisse herrschten. Das gab ihm neue Kraft. Andere Kommandeure der Solaren Flotte, besonders aber die KapitÜne der zahllosen Handelsraumschiffe, waren nicht in der glÅcklichen Lage gewesen, relativ viele mentalstabilisierte Helfer an Bord zu haben. áber sie war das Chaos mit voller HÜrte hereingebrochen. Ein Hilferuf war besonders erschÅtternd. Der Hyperfunker eines Passagierraumschiffes war als einziger Mensch immun. Er hatte sich in seiner Zentrale eingeschlossen, gefunkt und gefunkt; doch niemand hatte ihm Hilfe bringen kÉnnen. Vor etwa zwanzig Minuten war seine letzte Meldung durchgekommen. Dann hatte er das Schiff gesprengt. Die wenigen Immunen der MARCO POLO saÄen beisammen. Die technisch-wissenschaftlichen Faktoren wurden nochmals durchgesprochen. Es schien sicher zu sein, daÄ diese Rochenschiffe schon lange vor dem Schwarm in der Galaxis eingetroffen waren, um dort Vorarbeit zu leisten. Sie konnte nur in der Manipulierung der galaktischen Gravitationskonstante bestanden haben. Die Feldlinienfrequenz war wiederum um genau 852 Megakalup abgesunken. Das schien zur Verdummung eines jeden Lebewesens auszureichen. Warum das getan wurde, war nach wie vor unklar. Atlan hielt die MaÄnahme fÅr die Vorbereitung zu einem GroÄangriff.
Waringer war der Auffassung, der vermutete Gegner kÉnnte unter UmstÜnden gar nicht erfaÄt haben, welches Unheil er Åber die Galaxis gebracht hatte. Waringer gebrauchte die Begriffe ÑInstinkttriebÖ und Ñnaturbedingte HandlungsweiseÖ. Was war richtig? Genau betrachtet, wuÄten die Immunen nur, daÄ sie sich in einer Notlage befanden, die sie im letzten Moment noch hatten meistern kÉnnen. Dann sprach Perry Rhodan jene schicksalsschweren Worte aus, die mindestens Atlan und Waringer schon durchdacht hatten. ÑSie wissen, daÄ wir noch etwa neuneinhalbtausend Lichtjahre zurÅck zulegen haben, um das Solsystem zu erreichen. Ich erinnere an Waringers Feststellung Åber das Abklingen des Verdummungseffektes innerhalb des Linearraumes. Wir mÅssen aber ein letztes LinearmanÉver durchfÅhren, oder wir erreichen niemals die Erde. Sie ahnen, was ich damit sagen will?Ö ÑIch bin ein Narr!Ö rief Gucky. ÑDaran habe ich nicht gedacht. Wenn wir jetzt wieder in den Linearraum gehen, dann mÅssen unsere Kranken ja plÉtzlich wieder normal werden, oder?Ö Der Mausbiber sah sich fragend um. Rhodan strich sich mit einer Hand Åber die Augen. ÑGenau das!Ö bestÜtigte er. Seine Stimme klang heiser: ÑWenn die Vernunft zurÅckkehrt, werden unsere Leute wissen, was ihnen bei einem erneuten Eintauchen in den Einsteinraum bevorsteht. Sie werden sofort erkennen, daÄ sie dann wiederum dem Verdummungseffekt ausgeliefert sind. Wie werden sie sich verhalten? Werden sie uns mit Waffengewalt zwingen, im Linearflug die Galaxis erneut zu verlassen? Man wird sich erinnern, daÄ es im Leerraum zu keiner Beeinflussung gekommen ist. AuÄerdem hat die POLO Leistungsreserven, um noch mindestens zehn Millionen Lichtjahre ÅberbrÅcken zu kÉnnen. Das genÅgt vollkommen, um den Andromedanebel mit den dortigen terranischen StÅtzpunkten erreichen zu kÉnnen. Femer wird man sich an die mit uns befreundeten Maahks erinnern, die uns sicherlich beistehen wÅrden. Was also werden unsere Leute unternehmen, sobald sie ihre Vernunft wiedererlangt haben?Ö ÑSie werden uns steinigenÖ, stellte Atlan fest.
ÑDas ist ein historischer Begriff. Immerhin trifft er den Nagel auf den Kopf. Arkonide, wÜrest du freiwillig bereit, dich verdummen zu lassen? Oder wÅrdest du auf einem Weiterflug zum sicheren Andromedanebel bestehen? Notfalls mit Waffengewalt! WÅrdest du nicht blitzartig begreifen, daÄ ein Wiedereintauchen nahe der Erde vielleicht eine permanente VerblÉdung bewirken mÅÄte? WÅrdest du mir glauben, wenn ich dir versicherte, unsere Wissenschaftler kÉnnten dagegen sicherlich ein Heilmittel entdecken? KÉnntest du eines vagen Versprechens wegen deinen Selbsterhaltungstrieb unterdrÅcken? Nun ...?Ö Atlan Åberlegte lange. ÑNein! Ich glaube es nicht.Ö Rhodan nickte. ÑIch danke dir. Das war ehrlich. Ich kÉnnte fÅr niemand garantieren. Andererseits mÅssen wir die Erde erreichen!Ö ÑSind Sie in der Hinsicht ganz sicher, Sir?Ö warf Joak Cascal ein. Rhodan sah ihn forschend an. ÑSie haben das GlÅck, infolge einer frÅheren Kopfverletzung mental stabilisiert zu sein. Ihre Frage ist in Ordnung. Was mir weniger gefÜllt, ist Ihr sÅffisantes LÜcheln. Ja, wir mÅssen die Erde anfliegen!Ö Cascal, als Zyniker bekannt, lÜchelte weiter. ÑDas wÜre reiflich zu Åberlegen. Meiner Auffassung nach sind Sie entschlossen, wieder in den Linearflug zu gehen, die Kranken weiterhin unter VerschluÄ zu halten, um sie nach dem EintauchmanÉver erneut der Verdummung preiszugeben. Oder sollte ich mich irren, Sir?Ö ÑIhr Tonfall gefÜllt mir jetzt noch viel weniger.Ö ÑDas ist mir - mit Verlaub - in der gegenwÜrtigen Situation gleichgÅltig.Ö ÑEs steht Ihnen selbstverstÜndlich zu, Ihre Meinung zu ÜuÄern. Sie sollten allerdings nicht soweit gehen, die gesamte Menschheit zu gefÜhrden. Hier sind nur achttausend Leute an Bord. Allein auf Terra leben acht Milliarden Menschen, die sicherlich unsere Hilfe brauchen.Ö ÑSie Åbersehen den Effekt der Zeitverschiebung. Wer garantiert Ihnen, daÄ Sie die altbekannte Menschheit Åberhaupt noch vorfinden werden?Ö
ÑMein GefÅhl!Ö entgegnete Rhodan knapp. ÑLassen wir das, Oberst. Ich stelle Ihnen jedoch anheim, die MARCO POLO mit einem Åberlichtschnellen Beiboot zu verlassen, um irgendwo zu versuchen, fÅr unsere GeschÜdigten eine schnellere Hilfeleistung zu erwirken, als ich sie viel leicht arrangieren kann.Ö ÑDarum geht es mir nicht. Ich glaube, daÄ jeder Mensch an Bord dieses Schiffes nach seiner Meinung befragt werden sollte.Ö ÑDas Resultat kann ich Ihnen jetzt schon verraten, Oberst!Ö antwortete Atlan. ÑDa wir nicht wissen, wann wir eigentlich angekommen sind, wird diese UngewiÄheit fÅr die Meinungsbildung der MÜnner ausschlag gebend sein. Man wird sein eigenes, schlechtes Gewissen damit beruhigen, daÄ man ohnehin viel zu spÜt kommen wÅrde, um fÅr die gesamte Menschheit noch etwas tun zu kÉnnen. Sehen Sie das ein? Also wird man uns zwingen, Fahrt zur Andromedagalaxis aufzunehmen. Lehren Sie mich die Menschen kennen, Sie JÅngling!Ö Cascal antwortete nicht. Zehn Minuten spÜter lieÄ Rhodan abstimmen. Die immunen Besatzungsmitglieder der MARCO POLO waren dafÅr, die Kranken unter VerschluÄ zu halten, sie gut zu versorgen; ihnen jedoch wÜhrend des bevorstehenden Linearfluges keine volle Handlungsfreiheit zu gestatten. Nur Cascal stimmte dagegen. Rhodan erhob sich. AbschlieÄend erklÜrte er: ÑWir werden sehen, was wir auf der Erde vorfinden. Herrscht dort ausschlieÄlich das Chaos, und ist der Untergang nicht aufzuhalten, mÅssen wir zum Andromedanebel starten. Unsere unter Schutzhaft stehenden Besatzungsmitglieder werden dann automatisch wieder normal. Sind Sie damit einverstanden, Mr. Cascal?Ö Der Oberst wiegte den Kopf. Ein undefinierbarer Brummlaut war seine einzige âuÄerung. ÑIch deute diese Antwort als Zustimmung. Jedermann wird die Situation verstehen. Zuerst aber will ich sehen, was im Solsystem geschehen ist. Oberst Korom-Khan, legen Sie den Anflugkurs fest. Wir starten sofort.Ö Der Waringsche Ultrakompkonverter arbeitete seit wenigen Sekunden. Die MARCO POLO war bereits in den Linearraum vorgestoÄen.
Die gegen die Verdummungsstrahlung immunen Besatzungsmitglieder des Schiffes waren einsatzbereit. Den beiden Teleportermutanten war die Aufgabe zugeteilt worden, im Falle einer gefahrbringenden Situation sofort einzugreifen und Rhodan sowie Atlan mitzunehmen. Das Schiff wurde von Korom-Khan geflogen. Kosum und Ahrat hatten Bereitschaftsdienst. Drei Minuten waren bereits vergangen. In der Hauptsteuerzentrale sprach niemand ein Wort. Man beobachtete aufmerksam Åber die Bildschirme die Hallen und kleineren RÜume, in denen die Verdummten untergebracht waren. Ihre Verhaltensweise hatte sich nicht geÜndert. Es wurde gespielt, gelacht und Unfug getrieben. Andere MÜnner und Frauen saÄen schweigend auf ihren PlÜtzen. Anscheinend bemÅhten sie sich, die Situation zu begreifen. FÅnf Minuten vergingen. Keine Reaktion. Dann aber, etwa sieben Minuten nach dem erfolgten LinearmanÉver, Ünderte sich die Situation. Nahezu achttausend Menschen wurden plÉtzlich wieder normal. AnfÜnglich schauten sie sich nur verwundert um. Wenig spÜter erfaÄten sie die Sachlage und reagierten. Auf diesen Augenblick hatte Perry Rhodan mit innerer Furcht gewartet. Professor Dr. Eysbert eilte zum nÜchsten Interkom und rief die Zentrale an. Rhodan meldete sich persÉnlich. ÑSchÉn, Sie zu sehen, SirÖ, vernahm Rhodan Eysberts Stimme. ÑAuf Grund meiner bislang noch oberflÜchlichen Auswertung nehme ich an, daÄ wir von einem zweiten Verdummungsstrahl getroffen worden sind. Die besprochenen SchutzmaÄnahmen sind offenbar durchgefÅhrt worden.Ö ÑDas ja!Ö Eysbert stutzte bei dieser Auskunft. ÑWas soll das heiÄen? Sie weichen aus!Ö ÑIch hielt es vorerst fÅr richtig. Sie irren sich. Wir sind nicht von einem rochenfÉrmigen Raumschiff angegriffen worden. Waringers Theorie hat sich in schrecklicher Form bewahrheitet. Die MilchstraÄe scheint in ihrer fÅnfdimensionalen Konstante manipuliert worden zu sein. Bitte, hÉren Sie zu. Ich will Ihnen die Vorkommnisse erklÜren.Ö
Rhodan schilderte jedes Detail. Er verschwieg auch nicht die BeschluÄfassung der immunen Besatzungsmitglieder. ÑAch, so ist das!Ö entgegnete Eysbert gedehnt. Er gab sich gelassen und selbstsicher. ÑSie wissenÖ, teilte er schlieÄlich mit, ÑdaÄ alle wieder intelligent gewordenen Besatzungsmitglieder Ihre Lageschilderung mitgehÉrt haben? Sind Sie sich darÅber klar?Ö ÑJa! Ich habe die Rundumschaltung des Interkoms veranlaÄt.Ö ÑEine sehr kluge Taktik, Sir. Gedenken Sie, die BeschluÄfassung der Immunen in die Tat umzusetzen? Moment bitte ...Ö Eysbert verschwand fÅr einen Augenblick vom Bildschirm. Dann tauchte er wieder auf. Er gab sich immer noch souverÜn. ÑMir wurde mitgeteilt, daÄ mir die betroffenen Besatzungsmitglieder Vollmacht erteilt haben, mit Ihnen zu verhandeln.Ö ÑDas ist mir angenehm, Professor. Ich schÜtze beherrschte MÜnner.Ö ÑIch ebenfalls. Das Ündert jedoch nichts an der Tatsache, daÄ Sie uns bei einem erneuten Eintauchen in den Einsteinraum der Verdummung preisgeben wollen. Wir, die Leidtragenden, sind der Auffassung, daÄ Sie dazu kein Recht besitzen! Sie haben in anerkennenswerter Offenheit erwÜhnt, daÄ unsere Maschinenleistung ausreichend wÜre, den Andromedanebel zu erreichen. Das war anstÜndig, Sir! Zur Zeit sind wir jedoch inhaftiert und von Kampfrobotern bedroht.Ö ÑNiemand bedroht Sie. Ich weigere mich nur, wegen der WÅnsche von achttausend AngehÉrigen der Solaren Flotte darauf zu verzichten, die Erde anzufliegen. Dort leben acht Milliarden Menschen, auf den vielen anderen von uns besiedelten Planeten ein Vielfaches davon! Sie alle benÉtigen Hilfe.Ö Eysbert schien sich jetzt nur noch mit MÅhe beherrschen zu kÉnnen. Im Hintergrund schrien MÜnner, die von der Bildoptik nicht erfaÄt wurden. ÑJetzt geht es losÖ, flÅsterte Mentro Kosum. Rhodan gab ihm ein Zeichen. ÑSie weigern sich also!Ö stellte Eysbert fest. ÑUnsere Meinung ist Ihnen gleichgÅltig, nicht wahr?Ö
ÑDurchaus nicht. Ich bin nur der Auffassung, daÄ achttausend MÜnner und Frauen im Interesse von vielen Milliarden anderen Menschen ein nicht unzumutbares Opfer zu bringen haben.Ö ÑDas sagt der militÜrisch denkende Oberbefehlshaber der Solaren Flotte und der geschulte Politiker.Ö Rhodan atmete tief ein. Er kÜmpfte um seine innere Ausgeglichenheit. ÑSie irren sich, Professor. Das stelle ich als verantwortungsbewuÄter Mensch fest. Sie haben nicht das Recht, Ihr persÉnliches Wohlbefinden in den Vordergrund zu stellen.Ö Jemand schrie wie ein TobsÅchtiger. Ein junger Mann, den Rhodan nicht kannte, stieÄ den Psychologen zur Seite und stellte sich vor der Kamera auf. Das Gesicht des Unbekannten war verzerrt. ÑSie wollen uns wieder der VerblÉdung ausliefern, nur um Ihre politischen Ziele erreichen zu kÉnnen. Euch Immunen geht es ja gut, nicht wahr? Ihre SchÉntuerei ist Taktik, sonst nichts. Ich verlange, daÄ Sie im Linearraum bleiben, nÜmlich dort, wo ich vernÅnftig bin. Ich verbiete Ihnen, mich nochmals der VerblÉdung auszusetzen. Ich verbiete es Ihnen, Sie... Sie...Ö Eine Faust wurde schattenhaft erkennbar, die des Ertrusers Hartom Manis. Der Tobende sank besinnungslos zusammen. Manis erschien auf dem Schirm. ÑEs muÄte seinÖ, entschuldigte er sich. ÑDas alles Åbersteigt die KrÜfte des Jungen. So ergeht es Åbrigens vielen. Wie sieht es nun aus, Sir? Wollen Sie uns tatsÜchlich opfern?Ö ÑNiemand will Sie opfern, ich am allerwenigstenÖ, entgegnete Rhodan. ÑHÉren Sie zu, was die Immunen gemeinsam besprochen haben.Ö Rhodan erklÜrte den Inhalt der Sitzung nochmals und fuhr fort: ÑWenn wir wissen, wie sich die VerhÜltnisse auf der Erde entwickelt haben, sehen wir weiter. Ist die Lage unrettbar verloren, starten wir zum Andromedanebel. Vorher aber mÅssen wir erfahren, wie es im Solsystem aussieht, welche Zeit wir verloren haben und wie die Invasion der Takerer verlaufen ist. Sie werden wieder verdummen, das ist richtig. Aber haben Sie dabei Schmerzen empfunden? Hat Ihnen jemand Schaden zugefÅgt? Sind Sie etwa verhungert oder verdurstet? Abgesehen von jenen Personen, die wir paralysie-
ren muÄten, ist niemandem etwas geschehen. KÉnnen Sie nicht im Interesse der gesamten Menschheit den Manipulationseffekt nochmals auf sich nehmen? Mein Gott, Sie spÅren doch nichts davon!Ö Rhodan sprach noch etwa dreiÄig Minuten zu den mehr oder weniger deprimierten Besatzungsmitgliedern. AnschlieÄend bat er um eine Abstimmung. Die Auswertung wurde von einem Wahlgremium unter der Leitung von Professor Eysbert vorgenommen. Als das Ergebnis endlich ermittelt war, nÜherte sich die MARCO POLO bereits ihrem Flugziel - dem irdischen Sonnensystem. Eysbert benahm sich nach wie vor wie ein zivilisierter Mensch. Andere tobten. Man konnte es hÉren. Hier und da zischten ParalyseschÅsse aus Roboterwaffen. ÑSie haben gewonnen!Ö erklÜrte Eysbert. ÑAchtundfÅnfzig Prozent aller Stimmen befÅrworten Ihre Theorie, zweiundvierzig Prozent der Stimmberechtigten sind dagegen. Ich nehme an, daÄ Sie dieses Ergebnis mit groÄer Freude begrÅÄen werden.Ö Ñáberhaupt nicht, Professor! Ich beginne nur wieder, an die Vernunft und an das VerantwortungsbewuÄtsein jener MÜnner und Frauen zu glauben, die zusammen mit mir den Ganjo Ovaron nach Hause gebracht und in der Galaxis Gruelfin fÅr die gesamte Menschheit gekÜmpft haben.Ö ÑNun schÉn, dann kehren Sie in den Normalraum zurÅck. Die BlÉden grÅÄen Sie, Imperator!Ö Eysbert schaltete ab. Kosum unterbrach zahlreiche Interkomverbindungen, die von den verschiedensten Stationen aus angewÜhlt wurden. ÑEs hat keinen Zweck mehrÖ, entschuldigte sich der Emotionaut. ÑSchauen Sie nicht so unglÅcklich, Sir. Sie haben schlieÄlich keinen Hin richtungsbefehl fÅr achttausend Mann gegeben.Ö ÑDoch, indirekt! Ich mÉchte nicht in Eysberts Haut stecken. Wir sind tatsÜchlich die vom GlÅck BegÅnstigten. Hoffentlich haben wir die richtige Entscheidung getroffen.Ö Nur drei Minuten spÜter stÅrzte die MARCO POLO in das Einsteinsche Normaluniversum zurÅck. Die Verdummung der Besatzungsmitglieder begann erneut. Vor dem Schiff lag das irdische Sonnensystem.
Wenig spÜter erfolgte durch die Ortung die erste erschreckende Entdeckung. Der systemumspannende Paratronschirm existierte nicht mehr! Auch Pluto, der neunte Planet des Solsystems war verschwunden. Man ortete lediglich eine riesige TrÅmmermasse. Pluto war offensichtlich explodiert. Aber wieso? Vor allem aber: Wann war das geschehen? Die wenigen immunen MÜnner der MARCO POLO sahen bestÅrzt auf das klare Bild der Hyper-Reliefortung und der optischen Erfassung. Rhodan ergriff zuerst das Wort. ÑDas ist der Anfang der auf uns zukommenden áberraschungen, Freunde! Wenn das so weitergeht, kÉnnen wir unsere RettungsplÜne getrost aufgeben. Ja, zum Donnerwetter, kann mir denn niemand verraten, welches Datum man auf der Erde schreibt?Ö Niemand konnte es. Selbst ein Genie wie Waringer nicht. ÑKorom-Khan, lineares KurzmanÉver von einer Minute einleiten. Direkt in das System hineinfliegen. Atlan, bitte in die Feuerleitzentrale zurÅckkehren. Klar Schiff zum Gefecht, so gut es eben mÉglich ist. Schutzschirme aufbauen.Ö
5. Juni 3441
Terra
Es war fÅrchterlich. Etwa dreiÄigtausend Raumschiffe der solaren Heimatflotte trieben steuerlos durch den Raum. Ihre Funkstationen schwiegen. Rhodan fragte sich, ob die verdummten Besatzungsmitglieder noch in der Lage gewesen waren, die dehydrierten Nahrungsmittel zuzubereiten. Unter UmstÜnden waren etliche hunderttausend Mitglieder der Solaren Flotte bereits verhungert. Um so zwingender ergab sich der Verdacht, daÄ die MARCO POLO viel spÜter als gedacht heimgekehrt war. Niemand kÅmmerte sich um das mit rasender Fahrt ankommende GroÄraumschiff. FrÅher wÜre das undenkbar gewesen. Schon ein
unangemeldet einfliegender Frachter wÜre spÜtestens in HÉhe der Neptun bahn angehalten worden. Alaska Saedelaere saÄ in der Funkzentrale. Er war alleine. Er bemÅhte sich, mit der Erde Hyperkomkontakt aufzunehmen; aber niemand antwortete. SchlieÄlich erschienen Rhodan, Gucky, Takvorian und Mentro Kosum in dieser wichtigen Abteilung. Perry hÉrte sich fÅnf Minuten lang die Anrufe des Mannes mit der Halbmaske an. ÑHÉren Sie auf, Alaska. Ich hoffe, mit meiner Auswertung recht zu haben. Wenn auf der Erde Åberhaupt noch Funkstationen mit vernÅnftig gebliebenen Besatzungen existieren, dann wird man Ihre Hyperkomanrufe ignorieren!Ö ÑBitte ...!Ö entgegnete Alaska fassungslos. ÑSagten Sie >ignorieren Ich verwende seit einer halben Stunde Ihr persÉnliches Anrufsymbol! Das dÅrfte wohl fÅr jedermann ein Begriff sein. Hier, sehen Sie ...!Ö Der Automatsender war programmiert. Der GroÄadministrator winkte ab. ÑKeine falschen Vorstellungen, bitte. Wir wissen nicht, zu welcher Erdzeit wir eingetroffen sind. Unter UmstÜnden gibt es niemand mehr, der den Anruf Åberhaupt identifizieren kÉnnte. Lassen Sie mich mal an das GerÜt.Ö Die MARCO POLO raste mit fast lichtschneller Fahrt durch das Sonnensystem. Rhodan begann zu sprechen. Die Richtstrahler des Schiffes waren auf die Erde eingeschwenkt. ÑGeoffry!Ö rief Rhodan den im Maschinenhauptleitstand weilenden Hyperphysiker an. ÑFahr ein Kraftwerk hoch. Maximalleistung auf den groÄen Hyperkomsender. Wir mÅssen an LautstÜrke alles durchschlagen, was auf Terra sonst noch gehÉrt wird.Ö Das Donnern der Schwarzschildreaktoren und der angeschlossenen UmformerbÜnke war nicht zu ÅberhÉren. Waringer schaltete schnell und sicher. Jeder Meiler lieferte zehn Millionen Megawatt. Rhodan funkte insgesamt mit einer Sendeenergie von achtzig Millionen Megawatt. Das wÜre genug gewesen, um trotz des typischen Energieschwundes im Leer raum ein zehntausend Lichtjahre entferntes Sonnensystem zu erreichen.
ÑPerry Rhodan, GroÄadministrator des Solaren Imperiums, spricht. Ich rufe Terrania City oder irgendeine terranische Funkstation. Melden Sie sich. Hier ist das Ultraschlachtschiff MARCO POLO. Ich rufe Imperium-Alpha, das Hauptquartier der Flotte und die Hauptsteuerzentrale zur Verteidigung der Erde. Melden Sie sich!Ö Nach dem dritten Anruf wurde plÉtzlich eine Stimme vernehmbar. Jemand lachte trocken. Danach folgte ein leises Husten. Die Bildschirme blieben jedoch dunkel. ÑHÉren Sie, mein Bester, spielen Sie mir kein Theater vor. Ich antworte nur deshalb, weil Sie das KunststÅck fertiggebracht haben, den Riesensender eines unserer umhertreibenden Ultraschlachtschiffe in Betrieb zu nehmen. Sie sind also normal geblieben, nicht wahr? In Ordànung, Monsieur, was wollen Sie? Einen BanditenÅberfall einleiten? Wenn Sie Hunger haben, nehmen Sie sich aus den Vorratslagern der Schiffe, was Sie brauchen. Aber dann verschwinden Sie mit dem winzigen Boot, mit dem Sie wahrscheinlich gekommen sind. Das GroÄkampf schiff bleibt hier, klar? Wenn nicht, hole ich Sie mit den FestungsgeschÅtzen von Imperium-Alpha herunter, daÄ Ihnen die Ohren fortfliegen.Ö Rhodan schrie nur ein Wort. ÑRoi...!Ö Einen Augenblick herrschte Stille. PlÉtzlich flammte ein Bildschirm auf. Das schmale Gesicht eines Mannes war zu sehen. Er trug eine Flottenuniform. ÑWer kennt da meinen Namen? Parbleu, schalten Sie endlich ihre Bildaufnahme ein. Ich will Sie sehen.Ö ÑHatte ich vergessen, vÉllig vergessenÖ, sagte Rhodan erschÅttert. ÑRoi, mein Junge. Du - du bist in Ordnung?Ö ÑVater!Ö Ein Schrei tiefster ErlÉsung drang aus den Lautsprechern der MARCO POLO. ÑVater, bist du es wirklich? Kein Roboter in Maskenfolie? Vater, ich hoffe so sehr, daÄ du wirklich heimgekommen bist, aber...!Ö ÑIch bin esÖ, unterbrach ihn Rhodan. Er hatte seine Beherrschung wiedergefunden. ÑNeben mir stehen Gucky, Kosum, Takvorian und Alaska. Atlan ist in der Feuerleitzentrale. Geoffry hat den Maschinen stand Åbernommen. Alle nicht stabilisierten MÜnner sind verdummt, Roi...!Ö
Der nachfolgende Bericht nahm eine Viertelstunde in Anspruch. Rhodan konnte sich eindeutig identifizieren. Auf der Erde schien man ÜuÄerst argwÉhnisch zu sein. Jetzt erfuhr er, wieso Pluto explodieren konnte. Die Urmutter hatte den Effekt ungewollt hervorgerufen, als sie sÜmtliche Sammler vernichtete. Die seelischen ErschÅtterungen auf beiden Seiten waren vorÅber. Die RealitÜten traten wieder in den Vordergrund. ÑDa ich annehme, daÄ wir von vorne beginnen mÅssen, mÉchte ich einen Begriff gebrauchen, wie er vor fÅnfhundert Jahren Åblich war. >Okay<, mein Junge, alles klar. áber die Verdummungswelle brauchst du mir nichts zu erzÜhlen. Habt ihr bereits den Schwarm geortet?Ö ÑWas? Schwarm? Nie davon gehÉrt!Ö ÑAha! Dann wissen wir also mehr als ihr. Wir sind den Unbekannten nÜmlich genau in den Anflugkurs geflogen, oder sie in unseren. Jetzt meine wichtigste Frage: Welches Datum schreibt ihr auf der Erde?Ö ÑIch verstehe. Sitzt du sicher in deinem Sessel? Wir schreiben heute den 4. Juni 3441! Und wann bist du von Gruelfin aus gestartet?Ö Rhodan unterdrÅckte ein AufstÉhnen. Von Atlan hÉrte man Åber Interkom eine handfeste VerwÅnschung. ÑAm 16. Juli 3438. Wir sind also um fast drei Jahre zu spÜt angekommen. Gut, daran ist nichts mehr zu Ündern. Wann ist der Verdummungseffekt Åber die Erde und die MilchstraÄe hereingebrochen? Wann haben diese Rochenraumschiffe angegriffen?Ö ÑAm 29. November 3440, null Uhr dreiundzwanzig. Da ging es plÉtzlich los. Wieso Rochenraumschiffe?Ö Rhodan schilderte den áberfall im Leerraum mit allen Einzelheiten. ÑDaraus wird klar, mit wem wir es zu tun haben. Die takerische Invasion ist erledigt. Nun kommen neue Schwierigkeiten.Ö ÑSchwierigkeiten?Ö Danton lachte auf. Es klang beinahe hysterisch. ÑGalbraith Deighton ist zur Zeit mit einem ImmunenKommando unterwegs, um Banditen und PlÅnderern das Handwerk zu legen.Ö Rhodan schluckte.
ÑJaÖ, sagte Roi bitter, Ñunsere Lage ist alles andere als rosig. Auf Terra herrscht das Chaos. Es gibt immer wieder Burschen, die noch genÅgend Intelligenz behalten haben. Sie sammeln Banden von Verdummten um sich, reden ihnen alles mÉgliche ein und unterweisen sie im Gebrauch von Waffen. Ansiedlungen und StÜdte mit verdummten Menschen, die wir unter grÉÄten MÅhen zusammengefÅhrt haben, werden Åberfallen und ausgeplÅndert. Und der Homo superior, von dem du ja auch zwei Exemplare an Bord hast, verhÜlt sich passiv.Ö ÑLeisten seine Vertreter keine Hilfe?Ö ÑDoch, das schon. Aber wie! Sie zÅchten in einem neuen genetischen Schnellverfahren Pferde und Zugochsen, basteln primitive PflÅge und zeigen den Menschen, wie man einen Acker bestellt, ã la 18. Jahrhundert, versteht sich. Die riesigen Robotfabriken zur Erzeugung synthetischer Nahrungsmittel werden von hier aus gesteuert. Das nÅtzt aber nicht viel, weil die Demontagekommandos des Superior stÜndig Sabotageakte durch fÅhren. Wir haben alle HÜnde voll zu tun, um alleine diesem Wahnsinn einigermaÄen Einhalt gebieten zu kÉnnen. DafÅr aber versammeln die Superiors riesige Menschenmassen um sich und halten ihnen VortrÜge Åber die neue Philosophie. RÅckkehr zur Natur; ZerstÉrung der aggressiven Technik; Vernichtung der Raumschiffe und so weiter. Du wirst staunen, alter Herr!Ö Rhodan biÄ sich so stark auf die Unterlippe, daÄ sie zu bluten anfing. ÑVerstanden. Du hast zusammen mit Deighton das Kommando Åber die Hauptsteuerzentrale des Imperiums Åbernommen?Ö ÑAber blitzartig! Als wir in dieser Nacht vom 28. zum 29. November 3440 merkten, was los war, haben wir sofort gehandelt. WÜhrend dieser kurzen Zeit haben wir fast ábermenschliches geleistet. Vor allem haben wir sÜmtliche Immunen nach ImperiumAlpha beordert. Alle mentalstaàbilisierten Einsatzagenten der SolAb wurden zurÅckgerufen. Frag nicht, unter welchen Schwierigkeiten die MÜnner und Frauen hier eintrafen.Ö ÑIch brauche nur an unsere zu denken. Wo sind Reginald Bull und Julian Tifflor?Ö ÑSeit drei Tagen mit der INTERSOLAR unterwegs.Ö
ÑWas? Seid ihr wahnsinnig geworden! Das Ultraschlachtschiff benÉtigt fÅnftausend Besatzungsmitglieder. Das Schiff hat fÅnfzig Korvetten und fÅnfhundert Lightning-JÜger an Bord.Ö ÑExakt! DafÅr hat die INTERSOLAR aber auch vier Ultrakompkonverter und eine Linearflugreichweite von zehn Millionen Lichtjahren. Wir haben eine Notbesatzung geschult. In der Verzweiflung geht alles. Das muÄt du noch lernen.Ö ÑWie groÄ ist die Besatzung?Ö ÑDreihundertzweiundzwanzig MÜnner und Frauen mit bester Erfahrung. Bully ist unterwegs zum USO-Hauptquartier QuintoCenter. Dort scheint es noch verhÜltnismÜÄig viele immune USOSpezialisten zu geben. Wir haben FunksprÅche aufgefangen. Man kÜmpft um den Fort bestand der unendlich wichtigen Zentrale. AuÄerdem will Bully versuchen, alle Lebewesen zu bergen, die seit sechs Monaten um Hilfe funken. Die mÅssen normal sein. Aus diesem Grund haben wir die INTERSO LAR mit ihren vielen Begleitbooten gewÜhlt. Die Tests haben bewiesen, daÄ acht gute Kosmonauten und Techniker notfalls fÜhig sind, eine moderne Sechzigmeter-Korvette zu fliegen. Bully wird die Beiboote sternfÉrmig ausschwÜrmen lassen. FÅr uns ist jeder Immune wertvoll, gleichgÅltig woher er stammt.Ö ÑWie viele Menschen hast du zur VerfÅgung?Ö fragte Rhodan. ÑZur Zeit vierhundertzweiundachtzig MÜnner und zweihundertzwÉlf Frauen, also sechshundertvierundneunzig Personen. Es waren mehr, aber wir muÄten die Besatzung fÅr die INTERSOLAR zusammenstellen. Wenn der Homo superior ein biÄchen vernÅnftiger und realistischer wÜre, hÜtten wir etwa zwei Millionen Gesunde zur VerfÅgung. Die Superiors weigern sich aber, auch nur eine kÅnstlich betriebene Planierraupe zur RÜumung der Schuttberge zu bedienen.Ö ÑSchuttberge?Ö Dantons Gesicht verdÅsterte sich. ÑJaÖ, bestÜtigte er leise. ÑSchuttberge! Terrania City und andere StÜdte sind TrÅmmerhaufen. Nach Eintritt der Verdummung begann das Chaos. GebÜude explodierten, Versorgungslager wurden gestÅrmt. Hochbahnen flogen in die Luft, Kraftwerke detonierten.
Der Homo superior hat krÜftig und gezielt mitgeholfen, immer nach dem Motto: Die Technik muÄ vernichtet werden.Ö ÑUnd wenn der Schwarm ankommt, wird man gelassen auf den Tod warten, wie?Ö ÑDu bist noch immer ein kluger Mann. Ich ... Moment!Ö Es dauerte einige Minuten, bis Roi vor die Kamera zurÅckkehrte. ÑDa haben wir es. Deightons Flugkommando steht in einem harten Gefecht mit PlÅnderern. Sie schieÄen mit transportablen EnergiegeschÅtzen auf die Gleiter. Deighton hat soeben das Feuer erwidern lassen. Vater, ich sehe dir an, daÄ dir das nicht recht ist, aber wir haben keine anderen MÉglichkeiten des wirksamen Vorgehens gegen die Banditen.Ö Rhodan schwieg lange. Dann kam seine Antwort: ÑIch werde mir selbst ein Bild machen mÅssen. Ist Terrania-Space-Port noch einsatzklar fÅr die Landung eines GroÄkampfschiffes?Ö ÑDafÅr haben wir gesorgt! Bully hat mit seinem Kommando etwa zehntausend der modernsten Schiffe der Heimatflotte auf den Boden gebracht. Hier herrscht also ein ziemliches GedrÜnge. Dein Landeplatz ist aber frei.Ö ÑGut. Wir orten etwa dreiÄigtausend Einheiten nahe der Marsbahn. Wie geht es den Besatzungen?Ö ÑAlle in Sicherheit. Wir haben die Schiffe geentert, jedermann durch ein Spezialgas narkotisiert und die Leute danach durch die GroÄtransmitter der Ultrariesen zur Erde abgestrahlt. AnschlieÄend wurden die Schiffe robotprogrammiert. Sie fliegen in einer exakten Kreisbahn und im freien Fall nahe der Marsbahn um die Sonne herum. Keine Gefahr, es sei denn, man wird sie erbeuten wollen. Wer aber sollte das noch kÉnnen?Ö Rhodan sah den ersten Lichtblick. Er zwang sich zu einem LÜcheln. ÑIhr habt euch wundervoll verhalten. Ich bin trotz der verfahrenen Situation glÅcklich, solche Mitarbeiter zu haben. Nein - das ist aufrichtig gemeint! Aber jetzt fangen wir an, unseren Gegnern die ZÜhne zu zeigen. Die Menschheit ist noch lange nicht verloren.Ö Roi Danton nickte lÜchelnd. ÑNa endlich! Auf eine solche âuÄerung habe ich gewartet. Willkommen zu Hause, Perry! Wir werden den groÄen Paratronschirm
Åber Terrania-Space-Port Éffnen, sobald die Landebeine deines Schiffes noch hundert Meter davon entfernt sind. Keine Sekunde frÅher!Ö ÑSieht es denn so schlimm aus?Ö ÑUnd ob. Der Homo superior wartet nur darauf, mit seinen Einsatzkommandos an die Raumschiffe heranzukommen. Dann wÅrden sie in die Luft fliegen. Durch einen Paratronschirm kommen auch diese Genies nicht hindurch. Sie sind GeistesgrÉÄen; leider aber psychisch vÉllig fehl gelenkt. Wir sind hier unten der Meinung, daÄ dieser Typus nicht die Endstufe der Entwicklung sein kann.Ö ÑProfessor Eysbert vertritt die gleiche Auffassung. Ich beginne mit dem Landeanflug. Kurzer Linearsprung, zweimaliger Anpassungsorbit um Terra, dann Zielanflug nach Terrania. DrÅckt nicht versehentlich auf die KnÉpfe der schweren Abwehrforts. Wir haben in letzter Zeit genug einstecken mÅssen. Alles klar, KÉnig der Freifahrer?Ö ÑDie waren einmal. Alles klar. ábrigens - hier ist ein Freudentaumel ausgebrochen. WeiÄt du, alter Herr, uns ist, als kÉnnten wir plÉtzlich wieder freier atmen.Ö Die weitgespreizten Teleskopbeine, RiesensÜulen mit mÜchtigen Auflagetellern, berÅhrten den zwanzig Meter starken StahloplastBelag des Landefeldes so zart, daÄ nicht einmal ErschÅtterungen spÅrbar wurden. Das DrÉhnen der Antriebe verstummte. Der Schirm schloÄ sich. Die Maschinen der MARCO POLO liefen aus. Rhodan lÉste die Anschnallgurte und erhob sich aus seinem Sitz. ÑDie Emotionauten haben erstklassige Arbeit geleistet. Ich danke Ihnen. Kommen wir sofort zur Sache. Ich habe mir bereits einige Details Åberlegt.Ö Atlan suchte in seinen Taschen nach einem Gegenstand. Er fand ihn, fÅhrte ihn zum Mund und biÄ herzhaft hinein. ÑDer letzte Apfel aus GruelfinÖ, sagte er kauend. ÑGewissermaÄen zur Feier des Tages. Oh, Gucky, ich kann deine verlangenden Augen nicht sehen. Hier, nimm die HÜlfte.Ö Atlan brach den Apfel in der Mitte durch und warf die eine HÜlfte dem Mausbiber zu.
ÑNatÅrlich das angebissene StÅck, du BarbarÖ, entrÅstete sich der Kleine. ÑNager fressen allesÖ, meinte der Arkonide lachend. ÑDu wirst schon wieder ÅbermÅtig, eh ...?Ö fragte der Mausbiber drohend. ÑSicher! Der groÄe Terraner namens Rhodan ist dabei, seine ersten Geistesblitze zu versprÅhen. Darf man NÜheres hÉren?Ö Rhodan bedachte seinen Freund mit einem verweisenden Blick. ÑBeherrsch dich! Oberst Korom-Khan, Sie wissen, daÄ die MARCO POLO ein unersetzbares Schiff ist. Wie wir von Roi hÉrten, ist kein zweiter Prototyp dieser Klasse gebaut worden. Ich habe Sie dafÅr vorgesehen, an Bord zu bleiben, die Augen offenzuhalten und im Falle hÉchster Gefahr sofort zu starten. Bis zu einer einfachen Satellitenkreisbahn rund um die Erde schaffen Sie das alleine. Wir werden Ihnen noch einige Emotio-Sonderschaltungen installieren. Sie kÉnnen alles von hier aus kontrollieren. WÜren Sie zu diesem nicht unerheblichen Opfer bereit? Sie dÅrften Åberwiegend auf sich selbst gestellt sein. Es gibt nicht mehr genug intelligente Menschen, als daÄ Sie mit zahlreichen Besuchern rechnen kÉnnten.Ö Elas Korom-Khan Åberlegte einige Minuten lang. Dann hatte er sich entschieden. ÑIch bleibe, Sir. Ich habe keine AngehÉrigen mehr. Sie kÉnnen sich auf mich verlassen. Was soll mit den kranken Besatzungsmitgliedern geschehen? An Bord behalten?Ö ÑVorerst ja. Hier sind sie besser geborgen als drauÄen. Der Verpflegungs- und Gesundheitsdienst muÄ noch sorgfÜltiger organisiert werden. FrischwasseranschlÅsse sofort herstellen, damit die Frauen und MÜnner ausgiebig baden und duschen kÉnnen. Lassen Sie die SchlÜuche mit den Automat-Sucherventilen ausfahren. Ich nehme an, die unterirdischen Zuleitungen sind noch intakt.Ö ÑIn Ordnung, Sir. Ich kÅmmere mich darum. Hier gibt es genug zu tun.Ö ÑVielen Dank. Ich schicke Ihnen noch zwei oder drei HilfskrÜfte. Viel leicht entdecke ich unter den Immunen der Hauptzentrale einige Spezia listen fÅr Versorgungsfragen. Die sanitÜren VerhÜltnisse sollten ÅberprÅft werden. Ich mÉchte unsere Leute so lange unter guten Bedingungen an Bord behalten, bis wir Åber den Schwarm nÜhere Informationen erhalten haben. Unter UmstÜnden haben wir
mit der POLO erneut zu starten. Dann mÅssen wir sofort auf unsere Spezialisten zurÅckgreifen kÉnnen.Ö ÑIch verstehe, Sir.Ö ÑDarf ein Beuteterraner aus dem Volk der Arkoniden auch einmal etwas sagen?Ö ÑMan hatte sich soeben entschlossen, ihn anzusprechenÖ, spÉttelte Rhodan. ÑIch mÉchte dich bitten, zusammen mit Cascal einen Kreuzer der Planetenklasse fernflugklar zu machen. Das heiÄt GeneralÅberholung, genaue áberprÅfung aller GerÜte und Maschinen; Austausch des bislang installierten Waringkonverters. Es darf nichts Åbersehen werden. Das Schiff mit Maximalbedarf ausrÅsten. Notversorgung mit in den Stau plan einbauen. Waringer wird die technisch-wissenschaftlichen Arbeiten leiten. Teilt euch die jeweiligen Aufgaben ein.Ö Atlan schluckte den letzten Bissen. Er lÜchelte. ÑSehr schÉn, mein Freund. Jetzt gefÜllst du mir wieder. Cascal, ich schÜtze, wir werden das Flaggschiff der FÅnften Flottille nehmen, die CMP-41. Sie war am wenigsten im Kampfeinsatz. Den einen Konverter tauschen wir aus.Ö ÑEinverstandenÖ, sagte Cascal. Alaska Saedelaere rief aus der Funkzentrale an. ÑEin Luftgleiter kommt nÜher. Roi Danton meldet sich an. KÉnnen Sie ihm eine Beibootschleuse Éffnen?Ö Mentro Kosum nahm die notwendigen Schaltungen vor. Oberhalb des riesigen Ringwulstes glitten Stahltore auseinander. Der Gleiter flog ein und landete. Minuten spÜter begrÅÄten sich zwei MÜnner, die sich beim Angriff auf den takerischen Zentralplaneten zum letzten Male gesehen hatten. Auf Dantons Schultern klammerte sich ein MÜnnlein fest. Es war der Siganese Hart Dephin. ÑWie geht es Ihnen, Herr General?Ö begrÅÄte Rhodan den Siganesen. Lord Zwiebus begann zu grinsen. Er saÄ in einem Programmierungssessel und jonglierte mit seiner Spezialkeule. Der PseudoNeandertaler hatte die Borduniform wieder abgelegt und seinen
Fellschurz umgebunden. Er beobachtete die VorgÜnge sehr aufmerksam. Harl Dephin war sichtlich beeindruckt. ÑVerbindlichen Dank, SirÖ, rief er. Es klang dennoch wie ein Vogelzwitschern. ÑAlles in Ordnung, Sir. Paladin III muÄte leider aufgegeben werden. Ich habe aber bereits Paladin IV erhalten. Bedauerlicherweise sind meine fÅnf Kollegen nicht recht bei Sinnen.Ö ÑIch verstehe. KÉnnen Sie die schwere Maschine notfalls alleine dirigieren?Ö ÑSicher, Sir. Mit der SERT-Haube ist das kein Problem. Ich kann auch durch neuartige Schaltungen alle Bordwaffen einsetzen. Leider bin ich stÜndig gezwungen, in den anderen Abteilungen des Roboters nach dem Rechten zu sehen.Ö ÑWenn Harl mit dem Robotgiganten auftaucht, ergreifen ganze Banden die FluchtÖ, berichtete Roi. ÑEr ist unsere beste Abschreckungswaffe. NatÅrlich wollen wir Feuergefechte nach MÉglichkeit vermeiden. Wenn es aber hart auf hart kommt, dann ...Ö Roi schwieg sich aus. FÅr Rhodan begann jetzt die Unterrichtung mit Filmaufnahmen. Sie dauerte fÅnf Stunden. Rhodan lieÄ sich bis ins Detail informieren. Er erblickte zerstÉrte StÜdte, explodierte Nachschubdepots der Flotte und ausgeraubte Magazine. Die Containerverbindung zum groÄen Handelsplaneten Olymp existierte noch. Die MÜnner und Frauen im schalttechnischen Nervenzentrum des Solaren Imperiums hatten ábermenschliches geleistet. Es war ein Problem, den hohen Energiebedarf der Riesentransmitter zu erzeugen. Auch wenn sich der Homo superior nach auÄen hin friedfertig und pazifistisch gab, verzichtete er doch nicht darauf, Sabotagekommandos auszuschicken. Die verdummten Menschen waren nicht mehr fÜhig, ihren bisherigen Aufgaben nachzugehen. Es war zu einer allgemeinen Flucht auf das freie Land gekommen. Das Problem bestand aber darin, daÄ es auf einem hochindustrialisierten Planeten vom Range der Erde bei weitem nicht mehr so viel offenes GelÜnde gab, wie es erforderlich gewesen wÜre.
Die ErnÜhrungslage war kritisch. Acht Milliarden Menschen muÄten versorgt werden. Die groÄen Vorratslager der Erde wÜren noch lange nicht erschÉpft gewesen, wenn es nicht stÜndig zu PlÅnderungen gekommen wÜre. Der Drang verdummter Menschen nach NÜhrstoffen aller Art war selbstverstÜndlich. Wenn der Verstand getrÅbt war, dann reagierten die Urinstinkte. PlÅnderungen fÅr den Eigenbedarf wurden daher nicht als verbrecherische Delikte angesehen. Dazu hatte Danton zu berichten: ÑUnsere Immunen haben sich strikt an Deightons und meine Anweisungen gehalten. Wenn wir Menschen trafen, die in aufgebrochenen Depots herumsaÄen und gierig Speisen aller Art verschlangen, haben wir keinen SchuÄ abgegeben! Wir haben sie essen lassen, und wir haben sie nicht einmal davongejagt. Mehr, als sich den Magen fÅllen, kÉnnen sie schlieÄlich nicht. Dann aber entdeckten wir bewaffnete Banden. Sie scheinen den Plan zu haben, riesige Depots anzulegen. SelbstverstÜndlich ist es das Ziel der einigermaÄen intelligent gebliebenen AnfÅhrer, fÅr ihren eigenen Bedarf so viel wie mÉglich zu horten. Da haben wir hart eingegriffen.Ö ÑGab es KÜmpfe?Ö ÑDas kann man wohl sagen. Die Banditen stammen Åberwiegend aus den hier stationierten Raumlandedivisionen mit schweren Waffen. Auch ehemalige Polizeieinheiten sind darunter. Sie kÉnnen ihre Namen nicht mehr schreiben, aber sie wissen noch sehr genau, wie man mit einer Maschinenkanone umgeht. Kostbarkeiten aller Art sind fÅr die Banden ebenfalls begehrenswert. Wahrscheinlich rechnen ihre AnfÅhrer mit einem Abklingen der Verdummungswelle und nachfolgender Normalisierung. Dann wÜre es natÅrlich vorteilhaft, einiges Howalgonium, Sextagonium, Kernbrennelemente und sonstige wertbestÜndige Stoffe zu besitzen. Mein Rat, Vater: Schau dich um! áberflieg das Land. Du wirst viele Schreckensbilder sehen. Dann ist da aber noch etwas ...Ö ÑGroÄer Gott, was denn noch?Ö erkundigte sich Rhodan alarmiert. ÑEs handelt sich um die verrÅckt gewordenen Spezialpositroniken mit PlasmazusÜtzen. Wir haben eine Transmitterverbindung
zum Mond erhalten kÉnnen. Oben sind zweiunddreiÄig vernÅnftige Leute, einundzwanzig Frauen und elf MÜnner. NATHAN reagiert kaum mehr. All die Billionen Daten, die wir in die Biopositronik eingespeichert haben, sind so gut wie nutzlos. Das Plasma ist stupide geworden.Ö ÑJaÖ, bestÜtigte Rhodan. ÑIch kenne den Effekt. Das heiÄt Åberdies, daÄ einige hunderttausend wichtige Steuerelemente fÅr Fabriken aller Art auch nicht mehr funktionieren?Ö ÑSo ist esÖ, erklÜrte Danton. ÑIch bin froh, daÄ wir uns nicht aus schlieÄlich auf Biopositroniken eingestellt haben. Dann wÜren wir nÜmlich erledigt. Die vollmechanischen GerÜte, sogar die uralten Elektroniken in verschiedenen Betriebszweigen, funktionieren einwandfrei. Aber gerade darauf haben es die Kommandos des Homo superior abgesehen.Ö ÑSehr kluge Leute, wie?Ö Danton lachte bitter. ÑWenn du mich fragst: die grÉÄten áberzeugungssaboteure der Menschheitsgeschichte! Wenn Olymp nicht weiterhin liefert, wenn die Robotfabriken zur kÅnstlichen Photosynthese nicht mit Maximalleistung produzieren, werden viele Menschen sterben. Ein wirklicher Homo superior wÅrde das niemals zulassen. Man will die Massen reduzieren, um sie besser manipulieren zu kÉnnen. Kein Wunder, daÄ man dich nicht mehr auf der Erde sehen wollte.Ö Rhodan durchschritt nachdenklich die menschenleere Zentrale der MARCO POLO. Sie erschien wenigstens wie ausgestorben, obwohl sich in ihr immerhin einige Personen aufhielten. ÑWir werden wohl etwas hÜrter durchgreifen mÅssenÖ, sagte er. ÑMeine Amtszeit als Regierungschef ist noch nicht abgelaufen. Die letzte Wahl erfolgte kurz vor dem Start der MARCO POLO. Ich bin also berechtigt, von meinen besonderen Befugnissen in NotfÜllen Gebrauch zu machen. Ich werde als erstes den Ausnahmezustand erklÜren lassen.Ö ÑDamit kommst du etwas zu spÜtÖ, erklÜrte Danton trocken. ÑDas haben wir lÜngst getan! Tut mir leid, GroÄadministrator! So lautet der AbstimmungsbeschluÄ der normal gebliebenen terranischen BÅrger. Du wirst dich den Notwendigkeiten beugen mÅssen.Ö Atlan erhob sich.
ÑMeine Herren Terraner, ich glaube, wir haben genug geredet. Geben Sie mir Vollmachten fÅr ein Sonderunternehmen in Sachen Homo superior.Ö Rhodan schaute Atlan grimmig an. ÑAuf Terra wird nur dann geschossen, wenn uns keine andere Wahl bleibt. Du wÅrdest die Superiors tÉten lassen, oder?Ö ÑSchrei nicht so, Terraner! Ein Kreuzer der Planetenklasse mit einigen schnellen TrÜgerbooten an Bord wÅrde mir vollauf genÅgen. Bekomme ich den Kreuzer? Dazu einen Emotionauten, dreiÄig ausgebildete Besatzungsmitglieder und eine noch intakte Roboterdivision. Bekomme ich das Schiff?Ö Atlan schrie jetzt ebenfalls. Die beiden so verschiedenartigen MÜnner standen sich zornig gegenÅber. ÑNein!Ö Rhodan vertrat seinen Standpunkt mit Entschiedenheit. ÑIch denke nicht daran. Ich mÉchte zuerst mit diesen Leuten verhandeln.Ö ÑUm dich erneut einen Diktator nennen zu lassen, was?Ö ÑWie man mich tituliert, kÅmmert mich nicht. Ich habe zu versuchen, beide Parteien zu vereinen. Der Homo superior muÄ Vernunft annehmen.Ö ÑWenn du dich nur nicht tÜuschstÖ, wandte Danton warnend ein. Atlan winkte ab. Er drehte sich spontan um und ging zu einem GetrÜnkespender hinÅber. Der Automat arbeitete noch einwandfrei. ÑIhr Terraner lernt es nie. Ihr Helden, ihr wollt mit eurer RÅcksichtnahme am falschen Platz acht Milliarden unschuldige Menschen dem Untergang ausliefern. Gebt mir den Kreuzer und einige Kampfroboter. Na...?Ö Rhodan war leichenblaÄ. ÑNein, Arkonide! Du hast fÅr meine Begriffe viel zu lange im Zeitalter der brutalen Gewalt gelebt. Nein!Ö Atlan ging. Er sagte kein Wort mehr. Rhodan gewann schnell sein seelisches Gleichgewicht zurÅck. Seine Stimme klang kÅhl. ÑEinen Augenblick bitte!Ö rief er Atlan nach. Der Lordadmiral blieb stehen. Rhodan schaltete an seinem Armband-KommandogerÜt. Die modulationslose Stimme eines Kampfroboters wurde vernehmbar.
ÑDie beiden Gefangenen Ricod Esmural und Terso Hosputschan sofort in die Zentrale bringen.Ö ÑJawohl, Sir. In die Zentrale bringen.Ö Atlan kam langsamen Schrittes zurÅck. Er blickte den Freund durch dringend an. ÑEin netter, kleiner Rhodan-Plan, wie? Ich ahne alles. Willst du die feinen Herren freilassen?Ö Die beiden Saboteure wurden hereingefÅhrt. Perry Rhodan begann: ÑMeine Herren Besatzungsmitglieder, ich habe mir erlaubt, wÜhrend der hitzigen Diskussion Åber den Homo superior die Interkomverbindung zur Kabine der Inhaftierten einzuschalten. Die Herren sind demnach Åber die VerhÜltnisse auf Terra informiert. Besonders aber Åber Atlans >humanes< Vorhaben.Ö Der Pseudo-Neandertaler begann brÅllend zu lachen. Roi Danton stutzte, und Mentro Kosum fÅhlte den Drang in sich auf steigen, einen skurrilen Vergleich auszusprechen. Atlan fluchte in einer altterranischen Sprache. ÑMachen wir es kurz, meine HerrenÖ, ergriff Rhodan das Wort. ÑSie kennen die Sachlage.Ö Die beiden Superiors neigten die KÉpfe. ÑDem Obersten Solaren Gerichtshof kann ich Sie nicht ausliefern. Er existiert nicht mehr. Kraft meiner Befugnisse kann ich jedoch ein Gnadengesuch befÅrworten. Ich nehme als gegeben an, Sie hÜtten mir ein solches unterbreitet.Ö Terso Hosputschan Éffnete den Mund zu einer Antwort. Dann schloÄ er ihn wieder und preÄte die Lippen zusammen. ÑSie scheinen wirklich begriffen zu haben. SchÉn, hier meine Bitte an Sie. Verlassen Sie die MARCO POLO. Ich stelle Ihnen einen Fluggleiter zur VerfÅgung. Suchen Sie Ihre Freunde auf und erklÜren Sie ihnen, warum wir es nicht dulden kÉnnen, daÄ die Robotfabriken der irdischen ErnÜhrungswirtschaft zerstÉrt werden. Versuchen Sie, eine Konferenz zwischen Ihrem Regierungschef und mir zu arrangieren. Ich gebe Ihnen dreimal vierundzwanzig Stunden Zeit. Treffpunkt ist die Akademie fÅr Geisteswissenschaften am SÅdufer des Morin-gol-Flusses. Sind Sie ein verstanden?Ö Hosputschan und Esmural hatten EinwÜnde. Sie dachten an eine Falle. AuÄerdem gÜbe es in den Reihen des Homo superior keinen
Regierungschef, sondern nur eine Abordnung von fÅnfzig Personen, die sogenannten >FÅnfzig Ersten Sprechen. Es stellte sich heraus, daÄ der Hyperphysiker Hosputschan zu ihnen gehÉrte. ÑUm so besser. Der Neue Mensch sollte begreifen, daÄ er nicht zum MassenmÉrder werden darf. Sie sind aber auf dem besten Wege dazu. Helfen Sie! Ihre ehemaligen Ziele sind nichtig geworden. Die Menschheit, zu der Sie schlieÄlich gehÉren und aus der Sie hervorgegangen sind, hat ihr Existenzminimum erreicht. Helfen Sie den Verdummten und Kranken. Stellen Sie ârzteteams bereit. Vor allem aber sollten Sie sich erkundigen, ob die vielen Sabotageakte, von denen Mr. Danton berichtete, von Ihren Leuten verÅbt wurden.Ö ÑAusgeschlossen!Ö fuhr Hosputschan auf. ÑWir verabscheuen jede Gewalttat.Ö ÑWas Sie nicht daran hinderte, die DakkarkomgerÜte und drei Wandeltaster zu zerschieÄenÖ, entgegnete Atlan wÅtend. ÑGut, gut, spielen Sie nicht schon wieder die gekrÜnkten Unschuldigen. Das nehme ich Ihnen nicht ab. Setzen Sie Ihre zwei Millionen GefÜhrten nutzbringend ein, und vergessen Sie nicht, daÄ wir im freien Raum den Schwarm geortet haben. Das sollte Sie zum Nachdenken veranlassen. Die UmstÜnde verlangen es.Ö Hosputschan stimmte nach lÜngerem ZÉgern zu. ÑIch werde versuchen, Ihre WÅnsche zu realisieren. Verlangen Sie aber nicht, daÄ wir die Banditen mit der Waffe bekÜmpfen.Ö Rhodan lÜchelte verbindlich. ÑNatÅrlich nicht. Wir sollten jedoch eine fÅr alle Parteien akzeptable LÉsung zu erreichen versuchen. Oberst Korom-Khan, geben Sie den bei den Herren einen Luftgleiter. Paratronschirm Éffnen, fernsteuertechnisch Åbernehmen, damit kein Unfall geschieht. Roi, Nachricht an die Verteidigungsanlagen der Hauptzentrale Imperium-Alpha, damit die Maschine unbehelligt abfliegen kann.Ö Danton stand auf. Er seufzte. ÑSehr wohl, Papa!Ö Roi tÜnzelte in der Art eines historischen HÉflings aus der Zentrale. ÑJetzt wird wenigstens der wieder normalÖ, meinte Atlan. ÑSo, und jetzt hÜtte ich mir gerne Imperium-Alpha angesehen. Dort
scheint ja noch alles in Ordnung zu sein. Harl, meinen Sie, eine Hyperfunkverbindung mit Quinto-Center wÜre noch mÉglich?Ö Der Siganese flog mit Hilfe seines Antigravtornisters zu Atlan hinÅber und landete auf seiner Schulter. ÑEntschuldigen Sie, SirÖ, schrie der kleine Mann, um sich verstÜndlich machen zu kÉnnen. ÑWenn die groÄen Richtstrahler noch nicht in die Luft geflogen sind, kÉnnte es gelingen. Nein, halt - die Relaisstationen im freien Raum mÅÄten auch noch in Ordnung sein.Ö ÑSchÉne Aussichten. Also, gehen wir, wenn es erlaubt wird.Ö Er bedachte Rhodan mit einem trotzigen Blick. ÑIch werde dir nie Vorschriften machen, Lordadmiral!Ö ÑSchluÄ jetztÖ, mischte sich Gucky ein. ÑIch bringe dich und Harl Dephin in die Bunkerstadt. SchlieÄlich kenne ich mich ja aus. Oder gibt es mittlerweile zwischengeschaltete Paratronschirme?Ö Der Siganese verneinte. Man hatte MÅhe genug, das groÄe Schutzfeld Åber den vielen RaumhÜfen, Werften und Depots zu erhalten. AuÄerhalb liegende Kraftwerke waren ausgefallen.
6. Imperium-Alpha war das Nervenzentrum jenes riesigen Sternenreiches, das in den vergangenen fÅnfzehnhundert Jahren aufgebaut worden war. FÅr die Versorgung des Planeten Erde und der anderen solaren HimmelskÉrper waren nur relativ kleine Abteilungen vorhanden. Von hier aus konnten alle wichtigen VorgÜnge gesteuert werden, beginnend mit der kÅnstlichen Wetterregulierung bis zum planmÜÄigen Einsatz zahlloser Robotfabriken fÅr die ErnÜhrungswirtschaft. Auch andere Industriezweige konnten in den Tiefbunkern kontrolliert und programmiert werden. Den weitaus grÉÄten Raumbedarf beanspruchten die zahllosen Kommandozentralen, Funkstationen, AuswertungsrÜume fÅr jede nur denk bare raumstrategische Situation, die mÜchtigen Kraftwerke, Fabriken fÅr eine autarke Lebensmittelversorgung, Frischlufterzeugung und vor allem die Abwehranlagen.
Allein die ausfahrbaren Panzerforts rings um Imperium-Alpha besaÄen die Feuerkraft von etwa zweihundert GroÄkampfschiffen der Galaxis klasse. Tausende von weiteren Festungen dieser Art waren auf der OberflÜche der Erde verstreut. Sie konnten von Imperium-Alpha aus bedient werden. Die Riesensender der unterirdischen GroÄanlage, ihre Giganttransmitter und Nachschublager waren schon oft in der Geschichte des Solaren Imperiums entscheidend gewesen. Auch die Abwehr der drei Jahre zurÅckliegenden Invasion der takerischen Pedotransferer war von dort aus berechnet worden. Das terranische Kommandozentrum war im Verlauf der Jahrhunderte stÜndig erweitert worden. Die GrundflÜche der ersten und obersten Etage maÄ fÅnfzig mal fÅnfzig Kilometer, also zweitausendfÅnfhundert Quadratkilometer. Insgesamt waren zwÉlf Hauptetagen angelegt worden. NaturgemÜÄ hatten die Baumeister dieses terranischen >Nervenzentrums< grÉÄten Wert darauf gelegt, es vÉllig autark zu gestalten. Hier unten hÜtte eine Million Menschen luxuriÉs und sorglos leben kÉnnen. Niemand hÜtte den gewohnten Lebensstandard zu vermissen brauchen. Die Robotfabriken erzeugten alles, was der moderne Mensch benÉtigte. Die Anlagen arbeiteten nach wie vor einwandfrei. Nur solche Aggregate waren nutzlos geworden, die auf OberflÜchenRelaisstationen oder auf bemannte RaumflugkÉrper angewiesen waren. Rhodan und die anderen Immunen der MARCO POLO kamen nach Atlan in den Hauptschaltbunkern an. Noch vor sieben Monaten hatte Imperium-Alpha einem Ameisenhaufen geglichen. Beschwerden Åber verstopfte GleiterstraÄen, ÅberfÅllte TransportbÜnder und endlose Wartezeiten vor den Kontrollorganen waren an der Tagesordnung gewesen. Das war nun vorbei! Sechshundertvierundneunzig Menschen >bevÉlkerten< eine unterirdische GroÄstadt. Die weiten GÜnge, AntigravitationsaufzÅge, SpiralstraÄen und energetischen Gleiterbahnen waren verÉdet. Die Rohrbahnen waren auÄer Betrieb. Interne KurzstreckenTransmitterverbindungen waren lÜngst abgeschaltet worden. Man
hatte es nicht mehr so eilig. AuÄerdem konnte man jetzt mit den normalen Prallfeld-Energiefahrzeugen durch menschenleere Stollen rasen. Die Verkehrsregelung funktionierte nur noch an gefÜhrlichen Kreuzungspunkten. Unter acht Milliarden Menschen hatte man nur tausendachtundvierzig Immune finden und in das groÄe áberlebensprojekt einplanen kÉnnen. Dreihundertzweiundzwanzig Spezialisten waren mit der INTERSO LAR gestartet. ZweiunddreiÄig waren auf dem irdischen Mond. Sechshundertvierundneunzig Unempfindliche bedienten in aufopfernder TÜtigkeit die Riesenanlagen von Imperium-Alpha. Rhodan bot sich ein erschreckendes Bild. Hier und da wurde er von einer Frau oder einem Mann begrÅÄt. Jedermann schien auf sich selbst angewiesen zu sein. Von einer Forschungsarbeit zur BekÜmpfung der Verdummungsstrahlung konnte keine Rede sein. Dazu kam eine weitere Schwierigkeit. Sie hatte sich zwangslÜufig ergeben. Die immunen Menschen gehÉrten Åberwiegend zur terranischen FÅhrungsschicht. Hinsichtlich ihrer FÜhigkeiten war das groÄartig, aber KÉnner dieser Art waren immer auf HilfskrÜfte angewiesen gewesen. Die fehlten nun. Einem Wirtschaftswissenschaftler wie Homer G. Adams wÜre es noch vor wenigen Monaten nicht im Traum eingefallen, einfache Routinearbeiten persÉnlich durchzufÅhren. Er hatte Anweisungen gegeben. Er hatte das Wirtschaftsimperium der terranischen Machtballung geleitet, galaktische GroÄbanken gesteuert und eine Riesenindustrie kontrolliert. Rhodan fand den AktivatortrÜger und Halbmutanten in einem riesigen Rechenzentrum. Adams, der kleine, breitgebaute Mann mit dem verkrÅmmten RÅckgrat, lÜchelte zaghaft. Er stand auf. Der positronische Computer warf tausendfÜltige Ergebnisse aus, die gespeichert und auf einem Bildschirm sichtbar wurden. ÑHallo, Homer. Wie geht es Ihnen?Ö wurde er von Rhodan begrÅÄt. Beide MÜnner, die sich seit dem Aufbau der Dritten Macht in den Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts kannten und schÜtzten, umarmten sich. Adams schluckte.
ÑDanke, Perry, natÅrlich gut. Was sonst! Ich bemÅhe mich, die LieferungskapazitÜt der weltweit verstreuten NÜhrmittelfabriken festzustellen. Es sieht bitter aus. Ich kann Ihnen nicht sagen, wie ich die erzeugten Nahrungsmittel gerecht verteilen soll. Unter UmstÜnden versorge ich Landgebiete, die ohnehin von PlÅnderern besetzt sind. Ich kÉnnte notleidende Menschen Åbersehen. Es ist grauenhaft.Ö Rhodan stand erschÅttert vor diesem verzweifelten Mann. ÑFreund, wir werden etwas unternehmen. In drei Tagen treffe ich mich mit den Sprechern des Homo superior. AnschlieÄend starte ich mit einem speziell ausgerÅsteten Kreuzer. Haben Sie schon von dem sogenannten Schwarm gehÉrt?Ö ÑJa, ich bin informiert. Meinen Sie denn, Sie kÉnnten dieses Riesengebilde aufhalten?Ö Rhodan Åberlegte sich die Antwort gut. Unterdessen waren etwa zwei hundert immune Menschen im Wirtschaftsrechenzentrum eingetroffen. FÅr die psychologische Standhaftigkeit dieser MÜnner und Frauen konnte jedes Wort entscheidend sein. Rhodan blieb ehrlich. ÑNein, vorerst nicht! Wir besitzen einige zehntausend Raumschiffe, phantastische technische Einrichtungen, aber kaum noch gesunde Menschen. Homer, das ist der genau umgekehrte Vorgang wie vor etwa fÅnf zehnhundert Jahren. Damals konnten wir auf ein riesiges Reservoir von intelligenten, lerneifrigen Menschen zurÅckgreifen, aber wir hatten seinerzeit nur ein winziges Schiff. Es war das arkonidische Beiboot namens GOOD HOPE. Wir haben damals die Situation gemeistert. Wir werden auch die derzeitigen Probleme zu Åberwinden versuchen. Als Symbol fÅr diesen festen Willen werden wir unseren Kreuzer GOOD HOPE II nennen! Ich sehe mir den Schwarm an. AnschlieÄend startet ein Forschungsprogramm.Ö ÑWo und mit wem?Ö fragte ein Biochemiker. Rhodan winkte ihm zu. ÑSie alle hatten bislang genug zu tun, um unsere erkrankten Menschen versorgen zu kÉnnen. Sie muÄten Åberdies PlÅnderer bekÜmpfen. VerstÜndlich, daÄ Ihnen wesentliche Dinge entgingen. Wir haben gegen die Pedotransferer die Dakkarschleife entwickelt.
Weshalb sollte es nicht mÉglich sein, auch gegen die Manipulation ein Mittel zu finden?Ö ÑWo und mit welchem Team?Ö wiederholte der Wissenschaftler seine Frage. ÑIch bin Åberrascht, daÄ noch niemand an unsere besten Freunde gedacht hat. Die Hundertsonnenwelt der Posbis steht weit auÄerhalb der Galaxis! Das System dÅrfte daher unbeeinfluÄt geblieben sein.Ö ÑIch werd' verrÅckt!Ö flÅsterte der Wissenschaftler vor sich hin. ÑNein, bitte nicht. Wir brauchen Sie dringend. Bully und Tifflor sind unterwegs, um alle immunen Intelligenzwesen aufzusammeln. Es geht vor allem um die mentalstabilisierten Spezialisten der USO, hervorragende Fachleute aller Wissensgebiete. Wir werden schneller ein Foràschungsteam aufstellen kÉnnen, als Sie es zu dieser Stunde fÅr mÉglich halten. Und dann, meine Damen und Herren, werden wir uns dem noch unbekannten Gegner widmen. Denken Sie daran, daÄ eine Mentalstabilisierung nicht nur einen schwierigen und gefÜhrlichen neurochirurgischen Eingriff erfordert, sondern auch eine hypnosuggestive Behandlung mit einer Neurosonde. Sie alle sind geistig stabilisiert worden. Warum ...? Weil Sie zur menschlichen FÅhrungsspitze gehÉren. Wir hielten es fÅr erforderlich, Sie gegen fremde EinflÅsse zu immunisieren. Sie kennen die Prozedur also genau.Ö ÑWeshalb diese ErklÜrung, Sir?Ö erkundigte sich eine als KapazitÜt bekannte GefÜÄchirurgin. ÑUm Ihnen nochmals klarzumachen, daÄ es dem unbekannten Angreifer nicht gelungen ist, unsere besten Fachleute auszuschalten. Sie werden zuerst jene primitiv gewordenen Menschen schulen, deren frÅherer Intelligenzquotient Aussicht auf Erfolg bietet. Sie benÉtigen HilfskrÜfte, die beispielsweise bei medizinischen und biologischen Versuchen Ratten und andere Tiere fÅttern. Sie verstehen mich, nicht wahr? Das ist nicht Ihre Aufgabe! Sie haben zu forschen, und zwar auf der Hundertsonnenwelt mit Hilfe der dortigen Plasmamassen, die bekanntlich eine Åberragende Intelligenz besitzen. Wir werden auÄerhalb der Verdummungszone operieren. Aber das hat noch Zeit. Schaffen Sie hier erst einmal Ordnung. Suchen Sie nach weiteren Immunen oder solchen Menschen, die noch einiger-
maÄen intelligent geblieben sind. Sichern Sie die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Unsere Terraner dÅrfen nicht verhungern. Ob sie in zerfetzten Kleidern oder im Gesellschaftsanzug herumlaufen, ist bedeutungslos. áberleben mÅssen sie!Ö Rhodans Ansprache dauerte etliche Stunden. Man war fasziniert. Er war und blieb ein Organisator von hohen Graden. Zu diesem Zeitpunkt wurde der Kreuzer CMP-41 von Mentro Kosum in eine Spezialwerft geflogen und verankert. Die GeneralÅberholung und SonderausrÅstung begann. Sieben MÜnner und Frauen aus der Immunen-Besatzung von Imperium-Alpha programmierten die noch intakten Roboteinheiten. Diese Rechengehirne wurden mit einem Sonderprogramm fÅr den extremen Gefahrenfall betraut. Die Folge davon war, daÄ der Kreuzer nicht nur generalÅberholt wurde, sondern eine NotausrÅstung erhielt, die unter anderem die dreifache NahrungsmittelkapazitÜt, Nachbauten von alten Flugzeugen ohne Hochenergietriebwerke, Maschinenwaffen, ein aufblasbares Luftschiff mit Dieselmotoren und sogar Primitivwaffen enthielt. Die GOOD HOPE II, die ehemalige CMP-41, glich nunmehr einem fliegenden Depot, in dem sich kaum noch jemand bewegen konnte. ÑWir Terraner geben so schnell nicht auf!Ö hÜmmerte Rhodan seinen Leuten ein. ÑWir mÅssen auf alles gefaÄt sein. Wenn die Schwarzschildreaktoren nach einer planetarischen Landung ausfallen, will ich wenigstens mit einem Hubschrauber fliegen kÉnnen. Die GOOD HOPE II wird das am abenteuerlichsten ausgestattete Raumschiff der Menschheit sein. Sehen Sie zu, wie Sie Ihre Quartiersorgen bewÜltigen. Wenn man wirklich mÅde ist, schlÜft man auch auf dem RÅcken eines Kampfroboters. Und wenn mein Kombistrahler versagt, dann will ich auf eine Armbrust zurÅckgreifen kÉnnen. áben Sie! Damit kann man sogar Schutzschirme durchschieÄen. Sie sind nÜmlich alle zur Abwehr moderner Energiewaffen konstruiert. Atlan wird Ihnen zeigen, wie man im Mittelalter auf der Erde gekÜmpft hat. Wegen des Platzmangels keine Klagen, bitte. In meiner kleinen Kabine lagern drei Tonnen dehydrierte Lebensmittel. Was denken Sie wohl, wieviel Platz zum Schlafen ich habe?Ö
ÑEr ist wieder zum Risikopiloten der US Space Force gewordenÖ, erklÜrte Atlan nach dieser Ansprache. ÑLos schon, Freunde, packen wir den Plunder ein.Ö ÑSehr klug, Herr Lordadmiral, sehr geschickt!Ö lobte Rhodan den Freund. Atlan, der noch vor wenigen Stunden entschlossen gewesen war, den FÅnfzig Ersten Sprechern des Homo superior mit Kampfanzug und starker Bewaffnung gegenÅberzutreten, war in Galauniform erschienen. Von einer Waffe war nichts zu sehen. Rhodan trug Zivilkleidung. Atlan musterte den alten GefÜhrten kritisch. ÑHm - und wo hast du deine Energiespritze verborgen? Du gehst doch wohl nicht ohne, oder?Ö ÑMan wird es notfalls sehr schnell bemerken. AuÄerdem, so scheint mir, ist eine Akademie fÅr Geisteswissenschaft nicht der rechte Platz, um dort mit Erzeugnissen der modernen Vernichtungsindustrie zu erscheinen. Darf ich bitten?Ö Mentro Kosum flog den Leichten Kreuzer. Es war die CMP-1 der MARCO POLO. Alle Mutanten und Mentalstabilisierten des Ultraschlachtschiffes befanden sich an Bord. Roi Danton, Galbraith Deighton und Homer G. Adams waren ebenfalls eingestiegen. Die neue Besatzung war aus immunen Mitgliedern von Imperium-Alpha zusammengestellt worden. Es waren sechzig Mann aus den Reihen der ehemaligen Sol-Ab-Agenten. Jeder von ihnen hatte ein wissenschaftliches Fachgebiet absolviert. Fast alle waren sie in der Lage, ein modernes Raumschiff zu fliegen. ÑEhe Sie starten, Mr. Kosum: Halten Sie das RobotLandekommando in Bereitschaft. Zu vertrauensselig wollen wir nicht sein.Ö ÑAha! Der groÄe Terraner wird vorsichtig.Ö Atlan konnte sich diese Bemerkung nicht verkneifen. Die CMP-1 startete, durchbrach die StrukturlÅcke des Paratronschirms und nahm Kurs auf den weiter nÉrdlich liegenden Moringol-FluÄ. Er wurde in wenigen Minuten erreicht.
Kosum landete den hundert Meter durchmessenden Kreuzer vorsichtig. Rhodan, Atlan, Danton, Deighton und Adams bestiegen einen Fluggleiter. Er wurde ausgeschleust und flog unter Rhodans FÅhrung auf den Landeplatz der Hochschule zu. Dort waren schon mehrere Luftfahrzeuge abgestellt worden. ÑMan ist bereits angekommenÖ, stellte Atlan fest. ÑSechs Maschinen. Der Homo superior scheint doch sehr gut damit umgehen zu kÉnnen.Ö Rhodan landete, schaltete das Triebwerk ab und lieÄ die KabinentÅr aufschwingen. Fast einen Kilometer entfernt stand der Planetenkreuzer. Er Åberragte alle GebÜude. Es war ein gewaltiger Eindruck. ÑEine kleine Demonstration der Macht ist ganz angebrachtÖ, sagte SolAb-Chef Galbraith Deighton. ÑPassen Sie nur auf. Diese Leute sind absolut nicht so harmlos, wie Sie jetzt noch annehmen.Ö Rhodan nickte. Man schrieb den 8. Juni des Jahres 3441. ÑDas haben wir auf der MARCO POLO deutlich bemerkt. Bitte, richten Sie sich nach meinen Anweisungen. Nur dann sprechen, wenn Ihr jeweiliges Fachgebiet berÅhrt wird.Ö Die MÜnner gingen zum Haupteingang der Akademie hinÅber. Hier schien es nicht zu BanditenÅberfÜllen gekommen zu sein. Die Vertreter des Neuen Menschen warteten in der Vorhalle. Sie trugen weiÄe, togaÜhnliche GewÜnder. Verschiedenartige Symbole deuteten auf den jeweiligen Rang, oder auch auf das geisteswissenschaftliche Fachgebiet hin. Ein Ülterer weiÄhaariger Mann mit feingezeichneten GesichtszÅgen fiel besonders auf. Neben ihm stand der Hyperphysiker Terso Hosputschan. ÑIch begrÅÄe die Vertreter der neuen MenschengattungÖ, erÉffnete Rhodan zwanglos das GesprÜch. ÑIch bitte um Entschuldigung, aber die Lage auf Terra ist derart prekÜr, daÄ wir schnell und entschlossen zur Diskussion kommen sollten. Wie geht es Ihnen, Mr. Hosputschan? WÅrden Sie mich bitte mit Ihren Begleitern bekannt machen? Ich darf meinerseits vorstellen ...Ö
Rhodan nannte die Namen und RÜnge seiner Delegationsmitglieder. Atlan schmunzelte. Perry trat hÉflich, aber sehr entschieden auf. Hosputschan blieb reserviert. Er nannte ebenfalls die Namen seiner Freunde. Der weiÄhaarige Mann schien die wichtigste Figur in diesem seltsamen Spiel zu sein. ÑDer Meister der FÅnfzig Ersten Sprecher, der Raum-ZeitPhilosoph Holtogan Loga. Wir nehmen an, Sie sind Åber die Bedeutung der neuen Wissenschaft informiert.Ö ÑAber selbstverstÜndlichÖ, log der GroÄadministrator. ÑIch darf Sie sehr herzlich begrÅÄen, Mister Loga.Ö Der WeiÄhaarige neigte den Kopf. Rhodan begann mit seinem groÄen Spiel. Es konnte fÅr die Zukunft der Menschheit mitentscheidend sein. ÑIch bewundere die moderne Raum-Zeit-Philosophie, die letztlich die fragwÅrdigen Erkenntnisse der sechsdimensionalen Dakkarspurtechnik klar widerlegt. Ich habe mich bereits gefragt, wieso man zu der Ansicht kommen kann, der Verlust der materiellen Daseinsform fÜnde seine Inkarnation im pedotransparenten EnergiegefÅge einer rechnerisch ermittelten Dimension. Meinen Sie nicht auch, Mister Loga, das freiwerdende Sich-selbst-sein wÜre eher die Form einer gegen die aufgegebene Materie revoltierenden Erhebung im VerhÜltnis zur áberzeit-VergÜnglichkeit?Ö Holtogan Loga war offensichtlich verwirrt. Rhodan lÜchelte verbindlich. ÑMensch, du redest vielleicht einen QuatschÖ, flÅsterte Gucky. ÑWas ist das fÅr ein Ding?Ö Rhodan hatte selbst keine Ahnung, aber die willkÅrliche WortschÉpfung schien gut angekommen zu sein. ÑIch bin angenehm berÅhrtÖ, entgegnete der Meister der FÅnfzig Ersten Sprecher. ÑHaben Sie sich mit Itschipons Lehre Åber den Abglanz der endlichen Erhebung beschÜftigt?Ö Roi Danton begann zu schwitzen. Atlan hustete. ÑAber jaÖ, schwindelte Rhodan weiter. ÑAllerdingsÖ, er deutete eine entschuldigende Geste an, Ñallerdings erst dann, nachdem ich von der Existenz des Homo superior erfahren hatte. Ich wÅrde mich sehr freuen, gelegentlich mit Ihnen Åber die neue Philosophie disku-
tieren zu dÅrfen. Dies allerdings sollte unter wÅrdigeren UmstÜnden geschehen.Ö ÑIch stehe Ihnen jederzeit zur VerfÅgungÖ, beteuerte der Ültere Herr. Er schien vÉllig Åberrascht zu sein. Nur Hosputschan sah Rhodan argwÉhnisch an. ÑDÅrften wir zur Sache kommen?Ö bat Rhodan. ÑIch bin gekommen, um zu versuchen, mit Ihnen eine Vereinbarung zu treffen, die dem hohen geistigen Niveau des Homo superior wÅrdig ist.Ö Roi Danton traute seinen Ohren nicht, als Rhodan mit groÄer Zuvorkommenheit in die Akademie gebeten wurde. Man hatte sogar einen ImbiÄ vorbereitet. ÑMeine Herren Geisteswissenschaftler, ich kenne Ihre Ziele und IdealeÖ, begann Rhodan. ÑSie wÜren begrÅÄenswert und zum Aufschwung der Menschheit unbedingt fÉrderungswÅrdig, wenn wir nicht plÉtzlich und unvorbereitet von offenbar negativ denkenden und handeln den Lebewesen Åberfallen worden wÜren. Ich spreche von den noch unbekannten Wesen, die den sogenannten Schwarm steuern. Sie sind sicherlich von Hosputschan und Esmural informiert worden?Ö Loga bejahte. Rhodan Åberlegte blitzschnell. Jedes Wort muÄte abgewogen werden. Die Vertreter des Superior waren empfindlich. ÑDie mir vorliegenden Informationen berichten immer wieder von gesteuerten Sabotageakten gegen lebensnotwendige Industrieanlagen auf der Erde. Andererseits wurde mir mitgeteilt, Sie hÜtten vielen erkrankten Menschen geholfen, ein Hilfsprogramm aufgebaut und sogar Arbeitstiere wie Pferde und Zugochsen gezÅchtet. DafÅr mÉchte ich Ihnen danken. Es war eine glÜnzende Idee, primitiv gewordenen Menschen GerÜte und Tiere anzubieten, mit denen sie noch umgehen kÉnnen.Ö Die Stimmung unter den FÅnfzig Ersten Sprechern besserte sich noch mehr. ÑIch kann mich daher der Auffassung der Solaren Abwehr nicht anschlieÄenÖ, fuhr Rhodan mit betont verzÉgerter Sprechweise fort. ÑEs erscheint mir unvorstellbar, daÄ MÜnner und Frauen aus den Reihen des Homo superior Sabotageakte begehen, die letztlich zum Hungertod von Milliarden HilfsbedÅrftigen fÅhren mÅÄten. Ich
vermute, daÄ intelligent gebliebene BandenfÅhrer versuchen, Ihnen diese Untaten anzulasten.Ö ÑSie vermuten sehr richtig!Ö warf einer der Sprecher ein. ÑWir sind Gegner der aggressiven Technik, das ist richtig. Wir haben auch in den ersten Wirren einige Kraftwerke, Verteidigungsanlagen und sonstige von der psychischen Unterentwicklung zeugende Anlagen zerstÉrt. Nicht aber Nahrungsmittelfabriken.Ö ÑDann darf ich annehmen, daÄ Sie bereit sind, den Notleidenden behilflich zu sein?Ö ÑDas haben wir bereits getanÖ, entgegnete Hosputschan reserviert. ÑSie sollten nicht alles glauben, was Ihnen erzÜhlt wird.Ö Die Konferenz dauerte sechs Stunden. Danach erklÜrten sich die Vertreter von insgesamt zwei Millionen Superiors bereit, auf die ZerstÉrung weiterer >aggressiver< Techniken zu verzichten, bis man die Ursache der Verdummungswelle erkannt hÜtte. Rhodan schien einen ersten Erfolg erzielt zu haben. Man trennte sich in gutem Einvernehmen. Rhodan und seine Begleiter kehrten zu ihrem Fluggleiter zurÅck. Er startete. Atlan konnte nicht umhin zu erklÜren: ÑDu bist der unverschÜmteste Schwindler, den ich jemals gesehen habe. Das will etwas heiÄen. Die Auslegung dieser idiotischen Philosophie war ein echtes Meisterwerk, aber es hÜtte zum Platzen der Konferenz fÅhren kÉnnen.Ö ÑKein Erfolg ohne Risiko, Arkonide!Ö Atlan lachte. Danton war schweiÄÅberstrÉmt. Adams kicherte amÅsiert. Deighton schien verÜrgert zu sein. ÑHat man Sorgen, Galbraith?Ö ÑUnd ob, Sir! Die Aussage, der Homo superior hÜtte niemals NÜhrmittelfabriken in die Luft gejagt, ist eine glatte LÅge. Ich habe vor drei Monaten ein Kommando von achtzehn Mann erwischt, dann aber wieder freigelassen. Es schien mir zu gefÜhrlich, die Burschen abzuurteilen.Ö ÑDas war sehr vernÅnftig! Ein kluger Mann lÜÄt andere, die sich fÅr klug halten, immer in dem Glauben, besonders klug zu sein. Was wollen Sie, mein Lieber? Der Homo superior wird vielleicht sein Wort halten. Die Sabotageakte kÉnnten aufhÉren.Ö ÑVielleicht! Aber wenn nicht? Was dann?Ö
ÑDann werden wir die zwei Millionen ábergescheiten mit speziellen Individualtastern orten, sie aus der breiten Menschenmasse herausholen und mit einem GroÄtransporter der Flotte in fÅnf bis sechs Reisen zu einem anderen Planeten bringen. Dort sollen sie dann Ackerbau und Viehzucht betreiben sowie ihren Geisteslehren nachgehen. Sie mÅssen allerdings versorgt werden, oder sie sterben infolge ihrer LebensuntÅchtigkeit in wenigen Jahren aus. Das kÉnnen Sie als generelle Anweisung auffassen, Deighton!Ö Noch ehe der Gleiter die offenstehenden Schleusentore oberhalb des Maschinenringwulstes der CMP-1 erreichte, gab Kosum Alarm. Er wurde auf dem kleinen Bildschirm erkennbar. ÑNachricht vom Luftraum-áberwachungskommando ImperiumAlpha, Sir. Zwei verstÜrkte Roboterdivisionen, bestehend aus etwa vier zigtausend vollmechanischen Modellen, marschieren von Westen her auf Terrania City zu. Fernsteuertechnische Umprogrammierung ist miÄlungen. Die Roboter werden von einem sogenannten NoteinsatzgerÜt gesteuert. Bezeichnung dafÅr lautet >Hektor III<. Das ist eine halbkugelfÉrmige GroÄmaschine, die wir frÅher fÅr den Katastropheneinsatz benutzten.Ö Rhodan blieb vÉllig ruhig. Deighton fluchte. Der Luftgleiter landete in der Hangarhalle. ÑWir kommen in die Zentrale, Kosum. Ich kenne die Hochleistungsroboter der Hektor-Klasse. Sie sind mit PlasmazusÜtzen ausgerÅstet, nicht wahr?Ö ÑAllerdings, Sir. Deswegen spielt Hektor III auch verrÅckt. Das Riesending schwebt Åber den marschierenden Kampfrobotern. Sie schieÄen alles zusammen, was ihren Weg blockiert. Generalrichtung sind die RaumhÜfen. Hektor scheint sich an dem Paratronschirm zu stÉren. Wenn er allerdings die HÜfen umgeht und mit seinen Robotern in Terrania City einfÜllt, sterben dort Millionen Menschen.Ö Zehn Minuten spÜter erreichte Rhodan die Steuerzentrale des Kreuzers. Atlan Åbernahm stillschweigend die Feuerleitzentrale. Kosum hatte bereits unter der SERT-Haube Platz genommen. ÑAlarmstartÖ, ordnete Rhodan an. ÑAtlan, ist das Schiff voll gefechtsklar?Ö ÑWorauf du dich verlassen kannst!Ö
ÑKeine Transformgeschosse verwenden. Versuchen, das SteuergerÜt Hektor III abzuschieÄen. Impulskanonen einsetzen. Kosum, vor der FeuererÉffnung Zielanflug mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit. Das HektorgerÜt so dicht wie mÉglich Åberfliegen. Vielleicht stÅrzt es durch die Druckwelle ab. Funkzentrale: Anfrage an Imperium-Alpha. Wie dicht ist das Einmarschgebiet besiedelt?Ö Die Anweisungen wurden bestÜtigt. Sekunden spÜter meldete sich die Hauptzentrale des Imperiums. ÑKeinerlei Besiedlung, Sir. Die Kampfmaschinen kommen aus den Einsatzdepots in den westlichen Bergen. Dort gibt es nur freies GelÜnde wegen der nahen RaumhÜfen.Ö ÑDanke. Bereiten Sie sich darauf vor, die vierzigtausend Kampfmaschinen nach der ZerstÉrung der fehlgeleiteten Steuerpositronik sofort zu Åbernehmen. Wird Ihnen das gelingen?Ö ÑWir versuchen es, Sir.Ö ÑGut. Ich mÉchte die Roboter erhalten. Ende, Imperium-Alpha. Kosum, Start frei. Passen Sie auf, daÄ Sie die Akademie nicht in die Luft blasen! Selbst ein Kreuzer erzeugt enorme Druckwellen.Ö Die Schwarzschildreaktoren der drei Hochenergiekraftwerke brÅllten auf. Ihr Kraftstrom wurde vorerst zu den Gravitationsneutralisatoren geleitet. Die CMP-1 wurde schwerelos. Ein geringer Schub aus den sechs Impulstriebwerken des Ringwulstes genÅgte, um das Raumschiff abzuheben. Kosum ging auf zwanzig Kilometer HÉhe, hÉrte sich die einlaufenden MeÄergebnisse der Ortung an und nahm Fahrt auf. Ein Donnerschlag erschÅtterte das Land. Die CMP-1 verschwand innerhalb weniger Augenblicke. Die FÅnfzig Ersten Sprecher des Homo superior sahen dem Schiff nach. ÑVerachtenswert!Ö erklÜrte Holtogan Loga. ÑWie dem aber auch sei: Dieser Diktator ist ein kluger Mann. Wir werden sehr vorsichtig operieren mÅssen.Ö Hektor III schwebte fÅnfhundert Meter Åber den marschierenden Roboterdivisionen. Hektor gab widersprÅchliche Befehle. Seine intakten Positroniken standen in einem aussichtslosen Kampf gegen die organisch lebenden PlasmazusÜtze.
Hektor III ortete den anfliegenden Kreuzer im letzten Augenblick. Die Positroniken stuften den FlugkÉrper als Gefahr ein und bauten den Schutzschirm auf. Da NoteinsatzgerÜte dieser Art nicht fÅr den auÄerplanetarischen Einsatz bestimmt waren, besaÄen sie nur konventionelle Defensivwaffen. Jetzt war das Raumschiff am Ort des Geschehens eingetroffen. Es schob einen halbkugelfÉrmigen Ball weiÄglÅhender Gase vor seinen Energieschirmen her. Weit hinter ihm entstand infolge der Druckwelle eine endlos lang erscheinende Bahn emporgerissener Materie. Ein heiÄer Wirbelsturm heulte Åber den Éden Landstrich zwischen den RaumhÜfen und den westlichen Bergketten hinweg. Hektor III schwebte zum Boden hinab und landete. Die PlasmazusÜtze fuhren in plÉtzlich erwachender Panik die AnkersÜulen aus und bohrten sie in den Felsgrund. Die CMP-1 donnerte in knapp hundert Meter HÉhe Åber die Roboter und Hektor III hinweg. Allein der nachfolgende Wirbelsturm riÄ einige tausend Kampfmaschinen zur Seite. Sie erÉffneten das Feuer aus ihren Strahlwaffen, aber damit konnten sie den Paratronschirm des Kreuzers nicht durchschlagen. ÑHochziehen, Kosum!Ö rief Rhodan dem Emotionauten zu. ÑDas hat keinen Sinn. Wir vernichten nur die wertvollen Roboter. Fahrt drosseln, Zielanflug. Feuerleitzentrale: Klar zum PunktbeschuÄ aus Impulswaffen.Ö Die CMP-1 raste vierzig Kilometer in den blauen Sommerhimmel hin auf, drehte und kam mit Unterschallgeschwindigkeit zurÅck. WÅtendes Abwehrfeuer peitschte in ihre Schutzschirme. ÑAtlan, Feuer frei!Ö Hektor III versuchte, sich noch fester zu verankern. Sonnenhelle Strahlbahnen schÉssen auf ihn zu. Sie trafen seinen schwachen Schutz schirm, durchschlugen ihn und griffen seine stÜhlerne AuÄenhÅlle an. Hektor III explodierte, noch ehe seine verwirrten PlasmazusÜtze die Sachlage erfaÄt hatten. Kosum zog das Schiff wieder hoch. Nur einen Kilometer Åber der offenbar vÉllig verwirrten Roboterarmee hielt er den Kreuzer an. ÑProgrammierungszentrale Imperium-AlphaÖ, meldete sich ein Techniker. ÑEs sieht so aus, als kÉnnten wir die Roboter nunmehr
beherrschen. Wir senden die neue Programmierung auf der Notsteuerfrequenz. Wie verhalten sie sich?Ö Es dauerte nur zehn Minuten, bis die Maschinen umgeschaltet waren. Sie zogen sich in geordneter Formation zu ihren EinsatzstÅtzpunkten in den Bergen zurÅck. Deighton nickte befriedigt. ÑSehen Sie, Sir, solche Dinge geschehen hier Tag fÅr Tag. VerrÅckte Maschinen, verdummte Menschen und Banditen. Ich hoffe, daÄ wir damit auch ohne Ihre Hilfe fertig werden. Wann wollen Sie starten?Ö ÑSobald die GOOD HOPE II voll ausgerÅstet ist und ihre ProbeflÅge hinter sich hat. Die neue Besatzung muÄ eingespielt werden. Das wird noch einige Wochen dauern. Kosum, fliegen Sie die MARCO POLO an und bringen Sie den Kreuzer in seinen Hangar zurÅck.Ö
7. Die GOOD HOPE II war vor einer Stunde gelandet. Der vierte Werft-Erprobungsflug hatte bis zur blauen Riesensonne Wega gefÅhrt. Die bei den Waringschen Kompensationskonverter hatten in der Wechselschaltung einwandfrei gearbeitet. Kleine Fehlerquellen in den zusÜtzlich installierten GerÜten, die an Stelle der unbrauchbar gewordenen Biopositroniken eingebaut worden waren, hatten noch wÜhrend der Reise mit Bordmitteln behoben werden kÉnnen. Nun befand sich der Kreuzer in der Endabnahme durch das Technikerteam der terranischen Hauptschaltzentrale. Alle MÜnner und Frauen, die jemals an der AusrÅstung von Raum schiffen beteiligt gewesen waren, hatten sich zur VerfÅgung gestellt. Die kleinen Beiboote des Kreuzers, der konstruktionsbedingt nur sechs Mini-Space-Jets mit einem Aquatordurchmesser von acht Metern und zwÉlf moderne RaumjÜger vom Typ Lightning mitfÅhren konnte, waren eben falls getestet und generalÅberholt worden. Die sechzigkÉpfige Besatzung befand sich bereits an Bord. Sie war eingeflogen. Oberst Korom-Khan blieb weisungsgemÜÄ auf der
MARCO POLO zurÅck. Die neuen Zusatzschaltungen wÅrden es ihm notfalls erlauben, das Ultraschlachtschiff auf eine erdferne Kreisbahn zu bringen. Im Gefahrenfall konnte er sogar das Feuer erÉffnen. Dieses wertvollste Schiff der Solaren Flotte durfte auf keinen Fall verlorengehen. Sabotageakte, die wÜhrend der vergangenen Tage erneut beobachtet worden waren, lieÄen Rhodan an der Aufrichtigkeit des Homo superior zweifeln. Anscheinend gab es auch unter diesen Menschen Extremisten, die sich Åber Absprachen jeder Art hinwegsetzten. Rhodan kam an Bord. Er hatte eine letzte Besprechung mit den Besatzungsmitgliedern von Imperium-Alpha gehabt. Roi Danton und Galbraith Deighton begleiteten ihn. ÑGroÄer Knall von Anno 3440 - ich ziehe mich lieber in eine gefÅllte Konservendose zurÅck!Ö klagte Roi, als der die Maschinenschleuse der unteren Polklappe betrat. ÑWas ist denn das? Au ...!Ö Ein Techniker hinderte ihn am Sturz. ÑVorsicht, nicht drauffallenÖ, warnte er Roi. ÑDas ist ein ziemlich empfindlicher Rotorkopf fÅr den Hubschrauber.Ö ÑAch - und an meine empfindlichen Knie denken Sie Åberhaupt nicht?Ö Der Techniker grinste nur. ÑKommen Sie, GalbraithÖ, sagte Danton. ÑWollen wir versuchen, uns in der Art von WÅrmern bis zur Zentrale hin durchzuwinden. Diese Beladung widerspricht jeder Vorschrift. Achtung, da liegt schon wieder etwas!Ö ÑDen linken Gang zum Lift nehmen!Ö rief jemand. ÑDer rechte ist vollgestaut.Ö Die beiden MÜnner brauchten fast eine Viertelstunde, bis sie endlich in der Kommandostation der GOOD HOPE II ankamen. Rhodan war bereits oben. Er hatte stillschweigend einen anderen Weg eingeschlagen. ÑGewuÄt wieÖ, meinte er gutgelaunt. ÑWenn man es versteht, sich geschickt hier hindurchzuwinden, kommt man schnell an Ort und Stelle an.Ö Die Zentrale, im Normalfall vor Sauberkeit blitzend, Åbersichtlich und natÅrlich aufgerÜumt, glich dem Laderaum eines prÜhistori-
schen Segelschiffes nach einem schweren Sturm. Trotzdem wurde von Eingeweihtem behauptet, man kÉnne jedes Teilchen mit geschlossenen Augen finden. Rhodan gab letzte Anweisungen. Die Kommandeure der wichtigsten Stationen wurden ernannt. ÑKommandant und Expeditionschef ist ein gewisser Perry RhodanÖ, las der GroÄadministrator vor. ÑAtlan ist Stellvertretender Kommandant, gleichzeitig Chef der Beiboote. Erster Kosmonautischer Emotiooffizier Senco Ahrat. Zweiter K.E. Mentro Kosum. Chef Maschinenhauptleitstand Abel Waringer. Erster Feuerleitoffizier Toronar Kasom. Chef Ortung Alaska Saedelaere. Chef Funk Joak Cascal. Lord Zwiebus steht als Allround-Mann zur VerfÅgung. Die Mutanten Gucky, Tschubai, Takvorian, Lloyd und Merkosh bilden ein Sonderkorps fÅr EinsÜtze oder interne NotfÜlle. Das wÜren die technischen Bereiche. Alle anderen Rollen sind bereits klar. Roi!Ö Danton schlÜngelte sich zwischen spritzguÄverpackten Maschinenersatzteilen hindurch. Rhodan reichte ihm die Hand. ÑHaltet auf Terra die Stellung. Ich werde versuchen, den Funkkontakt aufrechtzuerhalten. Vielleicht finden wir einige intakte Relaisstationen. Wenn der Superior die Abmachungen nicht einhÜlt, ruhig etwas entschlossener durchgreifen. Deighton ...Ö Der Abwehrchef nickte resignierend. ÑAlles in Ordnung. Wir tun, was wir mit den wenigen Immunen Åberhaupt tun kÉnnen.Ö ÑSie und Roi haben unumschrÜnkte Vollmachten erhalten. Versuchen Sie, die Transmitterverbindung mit den Mondstationen aufrechtzuerhalten. Das ist wichtig. Wenn sich Bully mit der INTERSOLAR meldet, werden Sie VerstÜrkung erhalten. Ich bin Åberzeugt, daÄ er viele Immune finden wird. Allein auf Quinto-Center muÄ es mindestens dreihundert mentalstabilisierte USO-Spezialisten geben. So lautet wenigstens Atlans Auskunft. Die MÜnner und Frauen waren dort stationiert. Die im Einsatz stehenden Spezialisten kÉnnen sich unter UmstÜnden bis zu einer ausreichend leistungsfÜhigen Funkstation durchschlagen. Bully und Tifflor werden alles menschenmÉgliche tun. Und wir, meine Herren - wir sehen uns den Schwarm einmal aus der NÜhe an!Ö
Der Abschied war kurz. Es gab zu viel zu tun, um weitschweifige Reden halten zu kÉnnen. Roi und Deighton gingen wieder von Bord. Ihr Gleiter war jenseits der roten Gefahrenlinie abgestellt. Danton sah sich um. Aus dieser kurzen Entfernung betrachtet, wirkte sogar ein Leichter Kreuzer der Planetenklasse wie ein stÜhlerner Berg. ÑImmerhinÖ, sagte Roi leise, Ñimmerhin fliegt er diesmal mit einem wesentlich besseren Schiff los. Zwei Waringkonverter, Reichweite zwei Millionen Lichtjahre. Sehr schnell und kampfstark, dazu vierzig Meter mehr durchmessend als die erste GOOD HOPE!Ö ÑIch bewerte eine fast fÅnfzehnhundertjÜhrige Erfahrung noch hÉher. Kommen Sie, Roi, wir haben ebenfalls unsere Aufgabe zu erfÅllen.Ö Sie flogen davon und verschwanden im aufgleitenden Luk eines OberflÜchenbunkers. Es war einer der vielen EingÜnge zu Imperium-Alpha. Die GOOD HOPE II startete am 5. Juli 3441, 13:30 Uhr Standardzeit. Als sich weit Åber ihr der Paratronschirm Éffnete, liefen die Kraftwerke an. Das Abheben wirkte fast spielerisch. Erst weit Åber der strahlenden Paratronblase und der verÉdet wirken den Riesenstadt Terrania City nahmen die beiden Emotionauten Fahrt auf. Der Kreuzer verschwand mit atemberaubender Schnelligkeit. Dumpfes Grollen erschÅtterte das weite Land. Verdummte und Intelligente schauten dem davonsausenden Raumschiff nach. ÑViel GlÅck, alter Herr, viel GlÅckÖ, flÅsterte Roi vor sich hin. ÑDu kannst es gebrauchen. Nun denn, Deighton, gehen wir an die Arbeit! Acht Milliarden Menschen haben Hunger.Ö Acht Milliarden Menschen kÜmpften um ihr áberleben. Es waren acht Milliarden Einzelschicksale und tÜglich spielten sich neue, erschÅtternde Dramen ab. So wie das des Mannes, den sie den halbtoten Simon nannten ...
8.
Unmittelbar nach der Katastrophe hatte der halbtote Simon, Genimpulsregistrierter und legitimierter Warenhausdieb von TerraniaCity, sein Augenlicht verloren. Die Versorgungszelle des GebÜudes, in dem er mit sechsundzwanzig legitimierten Verbrechern lebte, war durch die falsche Schaltung eines Verdummten explodiert. Im Wohnzimmer des halbtoten Simon war ein Spalt in der Wand entstanden. Ein glÅhender Heizdraht war aus der Wand gesprungen und hatte ihn im Gesicht getroffen. Von diesem Augenblick an hatte der legitimierte Dieb seine Wohnung nicht mehr verlassen und von seinen VorrÜten gelebt. Zwar hatte er versucht, einen Arzt zu benachrichtigen, doch merkwÅrdigerweise konnte er den Telekom nicht mehr bedienen. Auch die anderen technischen Einrichtungen seiner Wohnung bereiteten ihm Schwierigkeiten. Wenn ihm nach vielen Anstrengungen jedoch ein Erfolg gelang, funktionierte das betreffende GerÜt nicht, weil es an die Versorgungszelle angeschlossen war. Etwas Schreckliches war geschehen! Der halbtote Simon, blind und mit einer schrecklichen Wunde im Gesicht, war einmal auf den Korridor hinausgetorkelt und hatte um Hilfe gerufen. Im GebÜude war es merkwÅrdig still geworden. Auch auf den StraÄen, von denen frÅher immer LÜrm heraufgedrungen war, blieb es still. Ab und zu hÉrte der halbtote Simon Menschen oder Tiere schreien, Explosionen ertÉnten oder Fahrzeuge krachten aufeinander. In der Stadt schien das Chaos zu herrschen. Eine Woche lang war der registrierte und legitimierte Dieb mit hohem Fieber im Bett geblieben, dann hatte seine gute Konstitution die Heilung der Gesichtswunde bewirkt. Doch sein Augenlicht hatte der Mann nicht zurÅckgewonnen. Der halbtote Simon hatte seine Wohnung verschlossen. Vor ein paar Tagen war drauÄen auf dem Korridor gekÜmpft worden, das zischende GerÜusch mehrerer Strahler hatte bedrohlich nahe geklungen.
áberzeugt, daÄ er verloren war, wartete der Blinde auf ein Wunder. Doch seine Schwierigkeiten sollten erst beginnen. Am Morgen des 6. Juli 3441 stellte er fest, daÄ seine VorrÜte aufgebraucht waren. Das bedeutete, daÄ er entweder verhungern oder sich auf die Suche nach Hilfe oder Nahrung machen muÄte. Sein Lebenswille war ungebrochen, und so nahm er allen Mut zusammen und verlieÄ seine Wohnung. Ein Name tauchte immer wieder in seinen áberlegungen auf: Garrigue Fingal. Fingal war Galaktopsychologe und hatte Simon wegen dessen kleptomanischer Veranlagung behandelt. Fingal hatte dem Dieb auch die Legitimation beschafft, jeden Monat im Wert bis 100 Solar stehlen zu dÅrfen. Wenn es ihm gelang, die Praxis des Galaktopsychologen zu erreichen, wÅrde man ihm vielleicht helfen. Der Blinde tastete sich mit den HÜnden an der Korridorwand entlang. Am Ende des Ganges befand sich der Antigravlift. Ab und zu blieb Simon stehen und lauschte. Im GebÜude war es still. Auf der StraÄe lief irgendein Motor. Der halbtote Simon war ein groÄer, breitschultriger Mann mit einem Gesicht, das vor der Verletzung sympathisch gewirkt hatte. Alle Halbtoten, die zusammen mit Simon im GebÜude der legitimierten Verbrecher wohnten, sahen gut aus. In den Augen ihrer Arzte waren sie seelische KrÅppel und verdienten das Mitleid jener Gesellschaft, die sie hervorgebracht hatte. Die Psychologen nannten die psychisch Kranken >Halbtote<, denn sie waren in verschiedener Hinsicht von der Gesellschaft ausgeschlossen. Im Hause Simons hatte sogar ein legitimierter MÉrder gelebt, der ein mal im Jahr einen menschenÜhnlichen Roboter ermorden durfte. ÑGarrigue Fingal!Ö sagte der halbtote Simon beschwÉrend vor sich hin. Er hatte das Ende des Korridors erreicht. UnwillkÅrlich drehte er den Kopf in alle Richtungen, die typische Reaktion eines erst vor kurzer Zeit Erblindeten. Dann verlieÄ er sich wieder auf seine HÜnde, tastete sich bis zum Lifteingang vor.
Der halbtote Simon wollte eintreten, aber seine FÅÄe stieÄen gegen einen KÉrper. Im Lift lag ein Toter. Der KÉrper war kalt, demnach lag er schon lÜngere Zeit hier. Simons HÜnde ertasteten getrocknetes Blut, stieÄen in eine groÄe Brustwunde vor. Simon gab einen unartikulierten Schrei von sich und kroch in die Ecke des Lifts. Eine Zeitlang hockte er dort. Das Nachdenken strengte ihn an. Innerhalb des Lifts war es sehr warm. Er begann zu schwitzen. Er lauschte angestrengt. Irgendwo in den oberen Etagen spielte jemand Arkna. Der halbtote Simon konnte sich nicht mehr an den Titel des Lie des erinnern, doch die Melodie war ihm bekannt. Er summte sie leise mit. Als er sich aufrichtete, Åberlegte er, ob er nach oben gehen sollte. Wenn sich dort jemand aufhielt, der Arkna spielen konnte, war Hilfe vielleicht nicht weit. Doch Simon entschied sich dafÅr, das GebÜude zu verlassen. Seine HÜnde tasteten Åber die Kontrolltafel des Lifts. Er fand den unteren Knopf und drÅckte. Er wÅrde zusammen mit dem Toten nach unten fahren. Die EnttÜuschung war groÄ. Der Lift funktionierte nicht. GlÅcklicherweise besaÄ das GebÜude eine zusÜtzliche Treppe. Sie war lediglich als Fluchthilfe und psychische StÅtze fÅr die legitimierten Verbrecher gedacht. FrÅher hatte der halbtote Simon sich oft gefragt, warum sich die offiziellen Stellen solche MÅhe gaben, um den Kriminellen eine derart perfekte Scheinwelt aufzubauen. Jetzt war er froh darÅber. Die Treppe! Er verlieÄ den Lift und drang in einen Seitengang ein. Die Arkna war auch hier zu hÉren. Ihr melodisches Schluchzen begleitete den Blinden auf seinem Weg. Dann verstummte das Spiel Jemand hustete. Er stieÄ mit den FÅÄen gegen am Boden liegendes GerÅmpel. Er geriet ins Straucheln und prallte gegen eine offenstehende TÅr. Der Arknaspieler muÄte den LÜrm gehÉrt haben. Simon schloÄ die TÅr und blieb stehen. Jemand hatte offenbar den hinter der TÅr liegenden Raum geplÅndert und dabei alle nutzlosen Dinge auf den Korridor geworfen.
Simon ahnte, daÄ der oder die Unbekannten nach Nahrungsmitteln gesucht hatten. Sein von der Verdummungsstrahlung betroffenes Gehirn konnte die ZusammenhÜnge nur mÅhsam erkennen. Er erreichte die Treppe. Mit dem sicheren Instinkt des Blinden fÅhlte er, daÄ jemand in der NÜhe war. Er blieb Üngstlich stehen. ÑWer sind Sie?Ö fragte eine Frauenstimme. Der halbtote Simon zuckte zusammen. ÑWas ist mit Ihrem Gesicht los?Ö fragte die Frau angewidert. ÑEs sieht schrecklich aus.Ö Er hÉrte das leise Schwingen einer Arkna-Saite und wuÄte, daÄ die Frau das Instrument in den HÜnden hielt ÑIch bin blindÖ, erklÜrte er. ÑIch sehe nichts.Ö Es war zum ersten mal seit der Katastrophe, daÄ er mit jemand sprach. Seine Stimme erschien ihm schwerfÜllig. Es war auch nicht leicht, die Worte richtig aneinanderzureihen. Eine dumpfe Erinnerung sagte ihm, daÄ er diese Sprechweise schon einmal angewendet hatte: in seiner frÅàhesten Kindheit. ÑHaben Sie etwas zu essen?Ö erkundigte sich die Frau. Er verneinte. ÑIch bin unterwegs zum Arzt. Zu Garrigue Fingal. Er wird die Augen nachsehen.Ö ÑFast alle Halbtoten haben das GebÜude verlassenÖ, berichtete die Frau, Ñaber ich wage mich nicht nach drauÄen.Ö ÑSind Sie die halbtote Asythia?Ö Er hatte diesen Namen einmal gehÉrt. ÑJaÖ, bekannte sie zÉgernd. ÑIch bin legitimierte Schmugglerin.Ö Simon betrat die Treppe. ÑEs gibt nichts zu essen. Im gesamten GebÜude nicht. Ich habe Hunger.Ö Asythia kicherte. ÑSchade, daÄ Sie nicht sehen kÉnnen, was auf der StraÄe los ist.Ö ÑIch will es nicht sehenÖ, erwiderte der halbtote Simon mit kindlichem Trotz. ÑIch bin froh, daÄ ich es nicht sehen kann.Ö ÑAber ich kann es sehenÖ, erklÜrte Asythia frÉhlich. ÑDie StraÄen sind leer. áberall liegen abgestÅrzte und umgekippte Fahrzeuge. Viele sind gegen HÜuser geprallt oder wurden in UnfÜlle verwickelt. Ab und zu ziehen ein paar PlÅnderer durch die StraÄen. Sie haben sich lÜngst zu Banàden organisiert.Ö
Simon lehnte sich gegen das TreppengelÜnder. Er kam sich einsam und verlassen vor. ÑWarum kÅmmert sich niemand um uns?Ö Asythia antwortete: ÑJeden Tag fliegen ein paar Gleiter Åber die GebÜude hinweg. áber Lautsprecher werden alle, die noch in Ordnung sind, dazu aufgefordert, sich in der Zentrale zu melden. Alle anderen werden zur Ruhe angehalten. Jemand versucht, alles wieder in Ordnung zu bringen. Vielleicht werden wir bald mit Nahrungsmitteln beliefert.Ö Der Blinde befand sich jetzt mitten auf der Treppe und stieg langsam hinab. ÑSoll ich Sie begleiten?Ö fragte Asythia. ÑDas ist mir egalÖ, erwiderte der Dieb. Sie begann auf der Arkna zu spielen, folgte ihm aber nicht. Unangefochten erreichte Simon die Zwischenetage. Das Spiel der Arkna verstummte. ÑSie sollten wirklich aus dem Fenster sehen kÉnnenÖ, meinte Asythia. ÑDunkle Wolken ziehen auf. Ab und zu zuckt ein feuriger Streifen Åber den Horizont. Dann ...Ö Sie unterbrach sich, denn lang anhaltender Donner drohte ihre Worte zu ÅbertÉnen. ÑExplosionen!Ö rief der halbtote Simon erregt. ÑDas sind SchÅsse.Ö ÑSie waren vorher nicht sehr intelligentÖ, sagte sie nachdenklich. ÑIch merke es an Ihrer Sprechweise.Ö ÑIch bin klÅger als Sie!Ö behauptete der Blinde. ÑEs ist das WetterÖ, meinte sie beunruhigt. ÑDas Wetter ist auÄer Kontrolle geraten.Ö Ihre Worte wurden fÅr den halbtoten Simon immer unverstÜndlicher. Er setzte seinen Weg nach unten fort. Ab und zu hÉrte er sie noch kichern, dann zog sie sich in ein Zimmer zurÅck und schlug die TÅr zu. Der Verdummte erreichte die groÄe Vorhalle. AbfÜlle, TrÅmmer und andere Hindernisse machten ihm das Vordringen zum Ausgang schwer. Eine Katze, die lautlos auftauchte und dann schnurrend um seine Beine strich, versetzte ihm einen Schreck. Mit klopfendem Herzen erreichte er die TÅr.
GlÅcklicherweise lieÄ ihn seine Erinnerung nicht im Stich. Er wuÄte genau, wie es in seiner Umgebung aussah. Die TÅr bestand aus Leichtmetall und besaÄ mehrere kristalline SichtÉffnungen. Sie glitt automatisch nach oben, wenn jemand ein- oder austreten wollte. Doch diesmal blieb das schleifende GerÜusch aus. Die TÅr Éffnete sich nicht. Die Automatik war beschÜdigt oder ausgefallen. Die HÜnde des Blinden tasteten Åber das kÅhle Material. Von drauÄen kam wieder das langanhaltende DonnergerÜusch. ÑIch will hier raus!Ö schrie der halbtote Simon. Er hÜmmerte mit den FÜusten gegen die TÅr. Sie bewegte sich nicht. Voller Panik warf der Blinde sich mit seinem KÉrper gegen die TÅr. Es war sinnlos. AllmÜhlich beruhigte er sich wieder. Ihm fiel ein, daÄ es ein paar andere AusgÜnge gab. Notfalls konnte er durch einen Luftschacht nach drauÄen kriechen. Er tastete sich an der Wand entlang bis zum Lift. Wenig spÜter stand er vor der ZwischentÅr, hinter der der zur Versorgungszelle fÅhrende Korridor lag. Die TÅr lieÄ sich Éffnen. HeiÄer Dampf quoll Simon entgegen. Der Blinde hustete. Er bekam kaum noch Luft. Hastig schlug er die TÅr wieder zu. Er lehnte mit dem RÅcken dagegen. Wahrscheinlich, Åberlegte er, war irgendwo ein Kessel geplatzt. Oder Wasser verdampfte auf beschÜdigten HeizrÉhren. Wasser! Simon leckte sich die Lippen. Abermals Éffnete er die TÅr und drang ein paar Meter in den Korridor ein. Der heiÄe Dampf zwang ihn zur Umkehr. Als Simon die TÅr wieder schloÄ, stiegen helle Qualmwolken zur Decke auf. Doch die konnte der legitimierte Dieb nicht sehen. Das langsam arbeitende Gehirn des Verdummten begann zu planen. Simon zog seine Jacke aus und riÄ einen Stoffstreifen aus seinem Hemd. Dann zog er die Jacke wieder an und preÄte den Stoffetzen vor sein Gesicht. Er zwang sich dazu, langsam zu atmen. Mit eingezogenem Kopf drang er in den Korridor ein. Er rannte, um die gefÜhrliche Strecke schnell zu Åberwinden. Hinter ihm wirbelte der Dampf in die Vorhalle. Der halbtote Simon stieÄ mit den Schultern
gegen die Wand, aber er lieÄ sich nicht aufhalten. Die Atemnot lieÄ sein Gesicht rot anlaufen. Seine Halsschlagader schwoll an. Als er glaubte, es nicht mehr aushalten zu kÉnnen, riÄ er sich den Stoffetzen vom Gesicht. Er atmete den heiÄen Dampf ein, hustete und wÅrgte. Dann prallte er gegen ein Hindernis. Er fiel zu Boden. Sofort spÅrte er, daÄ die Luft hier unten besser war. Auf allen vieren kroch er weiter. AllmÜhlich lieÄ die Hitze nach. Seine HÜnde, die nach der Wand tasteten, griffen ins Leere. Er atmete auf. Jetzt befand er sich in jenem groÄen Raum, in dem die Versorgungszelle unter gebracht war. Irgendwo tropfte Wasser. Simon ging mit ausgestreckten Armen weiter. Das Zischen des in unregelmÜÄigen AbstÜnden ausstrÉmenden Dampfes machte es fast unmÉglich, die Stelle zu finden, von der das Wasser tropfte. Der halbtote Simon stieÄ gegen die Versorgungsmaschinen und gegen Leitungen. Alles war heiÄ und feucht. PlÉtzlich fiel ein warmer Tropfen in den Nacken des Blinden. Er blieb stehen und legte den Kopf zurÅck. Mit offenem Mund fing er die Tropfen auf. Es war warmes, schal schmeckendes Wasser. Simon trank, bis sein Durst gelÉscht war. Trotzdem fÅhlte er sich danach nicht besser. Es hatte keinen Sinn, in die Vorhalle zurÅckzukehren. Er muÄte durch den Ausgang der Versorgungszelle aus dem GebÜude entkommen. Viel leicht konnte er durch den Schacht zwischen diesem und dem benachbarten GebÜude auf die StraÄe gelangen. Nach minutenlangem Suchen fand Simon endlich die TÅr der Versorgungszelle. Sie war schwer zu Éffnen. Der Blinde muÄte seine ganze Kraft aufbieten, um sie weit genug aufzudrÅcken. Hier war er noch nie gewesen. Trotzdem wuÄte er ungefÜhr, wo er her auskommen wÅrde. Er tastete sich langsam vorwÜrts. Nach ein paar Schritten stieÄ er auf ein Metallgitter. Die AbstÜnde zwischen den Stangen waren breit genug, daÄ er sich durchzwÜngen konnte. Aus der Richtung, in der er sich bewegte, hÉrte er ein eigenartiges Pfeifen.
Er fand eine halboffene TÅr und trat in den Hinterhof. KÅhler Wind fuhr ihm ins Gesicht. Das war mehr als ungewÉhnlich. Der Wind war heftig und verursachte das pfeifende GerÜusch. Der halbtote Simon hob lauschend den Kopf. GroÄe Tropfen fielen in sein Gesicht Es regnete. Ein Donnerschlag lieÄ den blinden Mann zusammenzucken. áber Terrania-City ballte sich ein Gewitter zusammen. Vielleicht das erste seit Çber tausend Jahren! dachte Simon entsetzt. Coden Opprus wehrte sich gegen das Erwachen. Er war noch unendlich mÅde. Sein KÉrper rebellierte gegen die Befehle des Verstandes. Wie lange hatte er Åberhaupt geschlafen? Bestenfalls zwei oder drei Stunden. Der Immune schlug die Augen auf und gÜhnte. Die GerÜusche in seiner Umgebung lieÄen ihn erkennen, daÄ etwas UngewÉhnliches geschehen war. Er grinste humorlos. Seit sechs Monaten geschahen stÜndig ungewohnliche Dinge. Und seit sechs Monaten hatte er nie lÜnger als drei oder vier Stunden ununterbrochen geschlafen. Er richtete sich auf. AuÄer ihm hielten sich noch vier MÜnner und drei Frauen im Schaltraum auf. Sie waren alle beschÜftigt. Ihre Gesichter sahen im Schein der Kontrolleuchten blaÄ und mÅde aus. Kein Wunder! dachte Coden Opprus. Viele von ihnen taten seit Åber vierundzwanzig Stunden Dienst. Opprus schwang die Beine von der Liege und stÅtzte den Kopf in beide HÜnde. Er muÄte ein GÜhnen unterdrÅcken. Die ZwischentÅr zum Kontrollraum schwang auf. Danton kam herein. Er war unrasiert. Sein Gesicht war eingefallen. Er sah aus wie ein Kranker. ÑWas ist jetzt los?Ö erkundigte sich Opprus mit einem Blick auf die Alarmlampen, die noch immer in regelmÜÄigen AbstÜnden aufflammten. Danton lehnte sich gegen eine SpeichersÜule. ÑDaÄ Sie schon wieder auf den Beinen sind?Ö fragte er verwundert. Opprus verzog das Gesicht. ÑIch schwebe auf rosafarbenen Wolken, Sir.Ö Rhodans Sohn winkte ab.
ÑErsparen Sie sich das, Sir. Ich werde dafÅr verzichten, Sie in Zukunft mit Oberst anzusprechen. Welche Bedeutung kÉnnte ein Rang in unserer derzeitigen Situation noch haben?Ö Coden Opprus lÜchelte grimmig und deutete in Richtung der Kontrollen, wo der fette Sergeant Gryndheim saÄ und auf einem StÅck Trockenfleisch herumkaute. ÑDaÄ ich nach wie vor meine Kaffeeportion von diesem Burschen bekomme, zum Beispiel.Ö ÑPah!Ö machte Gryndheim verÜchtlich. ÑVor einer halben StundeÖ, informierte Danton die kleine Gruppe, Ñwurde die meteorologische Hauptschaltstation von TerraniaCity Åber fallen. Jetzt ist ein Unwetter Åber die Stadt hereingebrochen. Ich fÅrchte, daÄ es noch schlimmer wird. Die Wettermanipulatoren im Orbit sind aus gefallen oder arbeiten willkÅrlich.Ö Opprus stand auf und ging mit steifen Beinen quer durch den Raum. Vor den Kontrollen blieb er stehen und schaltete einen Bildschirm ein. Auf dem Rechteck erschien das Bild eines freien Platzes mit einem kuppelfÉrmigen GebÜude dahinter. RegenbÉen wurden quer Åber den Platz getrieben. Opprus stieÄ einen Pfiff aus. ÑHaben wir das diesen Weltverbesserern zu verdanken?Ö Michael Rhodan schÅttelte den Kopf. ÑIch habe mit einem der Sprecher geredet. Sie Åbernehmen die Verantwortung fÅr diesen Zwischenfall nicht. Wir haben noch keinen stichhaltigen Grund, an der Ehrlichkeit des Homo superior zu zweifeln.Ö ÑWer hat es dann getan?Ö erkundigte sich Gryndheim. ÑEine gut organisierte BandeÖ, behauptete Danton. ÑSie haben die Besatzung der Station offenbar erschossen, denn wir bekommen keinen Funkkontakt mehr.Ö Die MÜnner und Frauen innerhalb des Schaltraums hatten ihre Arbeit unterbrochen und blickten in Dantons Richtung. ÑWir mÅssen damit rechnen, daÄ es Åberall auf Terra zu schweren Naturkatastrophen kommt, wenn es uns nicht gelingt, die Situation wie der zu beherrschen.Ö Danton rollte eine Magnetkarte aus und befestigte sie an der SÜule.
ÑDie ersten Meldungen Åber Flutwellen sind bereits aus dem Indischen Ozean eingetroffen. Auch die WestkÅste Nordamerikas ist bedroht. Es wird noch schlimmer werden.Ö ÑWas kÉnnen wir tun?Ö fragte Opprus sachlich. Er war sich darÅber im klaren, daÄ die bevorstehenden Wetterkatastrophen alles nur noch verschlimmern wÅrden. Die verdummte, unorganisierte und hungernde Menschheit wurde von einer neuen Gefahr bedroht. Wie wollten die wenigen Frauen und MÜnner, die noch richtig denken und handeln konnten, das Unheil von der Erde abwenden? ÑWir wissen nicht, wie groÄ die ZerstÉrungen sind, die wÜhrend des áberfalls auf die meteorologische Station angerichtet wurdenÖ, sagte Danton. ÑAuf jeden Fall mÅssen wir nachsehen und unter UmstÜnden die Notstation in Betrieb nehmen.Ö Janus Pohklym, bis vor sechs Monaten Agent der SolAb, erhob sich von seinem Platz und trat an die Karte heran. ÑSie sind doch MeteorologeÖ, erinnerte sich Opprus. ÑMeteorologie gehÉrt zu meinen FachgebietenÖ, bestÜtigte der schlanke Mann mit dem ernsten Gesicht. ÑJemand muÄ zur Station hinÅberÖ, sagte Danton. ÑIch schlage vor, daÄ zwei oder drei MÜnner gehen. Die Station ist zwÉlf Meilen von hier entfernt und bedauerlicherweise nicht durch Rohrbahntunnel oder U-Bahn-SchÜchte zu erreichen. Wer dorthin aufbricht, muÄ einen Teil des Weges an der OberflÜche zurÅcklegen.Ö ÑWir kÉnnen hier unten niemand entbehrenÖ, sagte Opprus hastig. ÑMeine Mitarbeiter sind ÅbermÅdet. Immer noch werden Funknachrichten aus allen Teilen der Galaxis empfangen. Sie mÅssen ausgewertet wer den, wenn wir uns ein genaues Bild von der Gesamtsituation machen wollen.Ö Es war deutlich erkennbar, daÄ Danton mit dieser Argumentation nicht zu beeindrucken war. Ein Mann, der sich vorgenommen hatte, etwas UnmÉgliches zu vollbringen, konnte offenbar Åberhaupt nicht beeindruckt werden. ÑIch werde Ihnen sagen, was wir tunÖ, erÉffnete Danton. ÑAb sofort wird nur noch die HÜlfte aller FunksprÅche ausgewertet. Jemand wird doch in der Lage sein, zu entscheiden, welche Nachrichten wichtig und welche unwichtig sind.Ö
Opprus meinte gequÜlt: ÑDas kann bedeuten, daÄ wir viele Menschen zum Tode verurteilen, weil wir ihnen nicht rasch genug Hilfe bringen.Ö Der ehemalige FreihÜndler lachte bitter auf. ÑHaben Sie schon einmal darÅber nachgedacht, wer uns Hilfe bringen kÉnnte? Solange wir die Erde nicht gerettet haben, kÉnnen wir nicht an die Menschen im Weltraum und auf den zahllosen Planeten innerhalb unserer Galaxis denken.Ö ÑDas ist bitter!Ö ÑJa, das stimmt! Aber wir mÅssen das tun, was im Bereich unserer MÉglichkeiten liegt. Ich habe bereits mit Galbraith Deighton darÅber gesprochen. Er unterstÅtzt meinen Plan.Ö Er schaute zu Pohklym. ÑWie ich sehe, will sich jemand freiwillig melden. Jemand, der glÅcklicher weise ein Fachmann ist.Ö ÑJa, ich werde gehenÖ, erbot sich Pohklym ruhig. ÑIch begleite ihn!Ö hÉrte Opprus sich rasch entschlossen sagen. ÑWenn ich meine Aufgabe hier unten nicht richtig ausfÅhren kann, verzichte ich darauf. Kalktom kann meine Arbeiten Åbernehmen. Er besitzt genÅgend Erfahrung, um alles zu leiten.Ö ÑSie nehmen besser noch jemand mitÖ, meinte Danton. ÑDrauÄen ist es gefÜhrlich. Von dem Unwetter abgesehen, mÅssen Sie sich auch vor den PlÅnderern und Banden in acht nehmen. Auch fanatisierte Sektenmitglieder kÉnnen Ihnen gefÜhrlich werden.Ö Gryndheim stemmte sich von seinem Platz hoch. ÑIch werde Sie begleitenÖ, wandte er sich an Opprus. Danton sah ihn abschÜtzend an. ÑIch habe keine Vorurteile gegen dicke Menschen, Gryndheim. Aber wenn sie so dick sind wie Sie ...Ö Unbeeindruckt deutete der Funker auf den Bildschirm, den Opprus eingeschaltet hatte. ÑDa oben stÅrmt es! Sie sollten bedenken, daÄ ein ZweieinhalbZentner-Mann nicht so schnell umgeworfen wird. Vielleicht sind meine mageren Begleiter froh, wenn sie sich im Notfall an mir festhalten kÉnnen.Ö ÑIch weiÄ nichtÖ, sagte Opprus zÉgernd. ÑEs mÅÄte ausreichen, wenn Pohklym und ich allein gehen.Ö Doch Danton hatte sich schon entschieden.
ÑGryndheim soll Sie begleiten. Es ist mÉglich, daÄ Sie in KÜmpfe verwickelt werden.Ö Die drei MÜnner bewaffneten sich und legten SchutzanzÅge an. FÅr Opprus war die Wichtigkeit dieser Vorbereitungen niederschmetternd. Sie bewiesen, wie schnell sich die VerhÜltnisse innerhalb kurzer Zeit gewandelt hatten. ÑWer Imperium-Alpha verlÜÄt, begibt sich in gefÜhrliche GebieteÖ, warnte Danton. ÑSie mÅssen sich drauÄen verhalten wie im Dschungel eines fremden Planeten. Dann kÉnnen Sie vielleicht durchkommen.Ö Opprus nickte. ÑWir werden in Funkverbindung bleibenÖ, fuhr Danton fort. ÑSobald Sie die meteorologische Station erreicht haben, ÅberprÅfen Sie das Aus maÄ der SchÜden. Wenn eine Reparatur unmÉglich sein sollte, mÅssen Sie versuchen, wenigstens die Notanlage in Betrieb zu nehmen. Wir mÅssen die Satelliten wieder unter Kontrolle bekommen, sonst wird es zur weltweiten Katastrophe kommen.Ö Er nickte den MÜnnern noch einmal zu und ging hinaus, ein erschÉpfter und von Strapazen gezeichneter Mann. Opprus wandte sich an Gryndheim. ÑSind Sie fertig?Ö Der dicke Funker reagierte unwillig. ÑFangen Sie bereits jetzt an zu drÜngen? Wir mÅssen sorgfÜltig planen und behutsam vorgehen.Ö Opprus sah ihn abschÜtzend an. ÑWir warten nicht lÜnger, Gryndheim. Kommen Sie, Pohklym.Ö Gryndheim nestelte noch immer an den VerschlÅssen seines Schutzanzugs, folgte aber den beiden anderen auf den Korridor hinaus. Mit dem mechanischen Lift fuhren sie in die nÜchsthÉhere Etage. Dort bestiegen sie einen Gleiter, der sie in die oberen RÜume von Imperium-Alpha bringen sollte. Es gab mehrere Stellen, an denen sie die Befehlszentrale verlassen konnten. Nach oben muÄten sie auf jeden Fall. Opprus wuÄte, daÄ sie eine tote Stadt vorfinden wÅrden. Coden Opprus war ein groÄer, massig wirkender Mann. Seine Bewegungen wirkten eckig, aber kraftvoll. Opprus war ein humorvol-
ler Mann. Doch seinen Humor hatte er in den letzten Monaten fast vÉllig verloren. Opprus saÄ am Steuer des Fahrzeugs, das sie durch einen breiten Tunnel trug. Neben ihm saÄ Pohklym, ernst und schweigsam wie immer. Sergeant Gryndheim hatte sich auf den hinteren Sitz gezwÜngt und schaute miÄmutig aus dem Fenster. Zu sehen gab es hier nicht viel. Vor der Katastrophe waren Tunnel wie dieser stÜndig mit Fahrzeugen und Menschen ÅberfÅllt gewesen. Jetzt waren nicht einmal die Hauptkontrollstellen besetzt. Letzten Berichten zufolge waren mehrere Tunnel auÄerhalb von Imperium-Alpha eingestÅrzt. Die Immunengruppen, die unterwegs waren, berichteten immer wieder von ZerstÉrungen groÄen AusmaÄes. Das war nicht allein auf die zunehmende BandentÜtigkeit, sondern auch auf das unkontrollierte Arbeiten eines Åbertechnisierten Apparates zurÅckzufÅhren. ÑIch mÉchte wissen, wie sie an die Wetterstation herangekommen sindÖ, Åberlegte Opprus laut. ÑSie haben schon mehrere meteorologische Stationen zerstÉrt, aber ich hatte geglaubt, daÄ sie das Zentrum nicht finden wÅrden.Ö Gryndheim beugte sich nach vorn. ÑSie denken also an eine geplante Vernichtung?Ö ÑHomo superior!Ö sagte Opprus. ÑDas wÜre gegen die Abmachungen, die Rhodan mit diesen EierkÉpfen getroffen hat. Ich denke, wir kÉnnen uns auf die Ersten Sprecher verlassen.Ö Gryndheim wurde nachdenklich. ÑIch frage mich oft, ob die Neuen Menschen mit ihrer Auffassung Åber die menschliche Weiterentwicklung nicht recht haben.Ö Coden Opprus schaute ihn interessiert an. ÑWie meinen Sie das?Ö ÑEs ist eine Sache der EntwicklungÖ, versuchte Gryndheim zu erklÜren. ÑDie Menschheit hat sich der Technik vÉllig verschrieben. Sie kann ohne diese Technik nicht mehr existieren. Jetzt beherrscht sie das von ihr geschaffene Instrument nicht mehr und wird davon vernichtet.Ö Der Wagen bog in eine lange Kurve ein. Opprus umklammerte das Steuer mit beiden HÜnden. ÑGlauben Sie, daÄ die PlÜne des Homo superior eine echte Alternative darstellen?Ö
ÑIn diesem Stadium sicher nichtÖ, erwiderte der Sergeant kopfschÅttelnd. ÑAber stellen Sie sich einmal vor, die Menschen hÜtten auf eine technische Entwicklung verzichtet und sich nur auf eine geistige Entwicklung konzentriert. Wissen Sie, wo wir heute sein kÉnnten?Ö ÑIn der HÉlleÖ, sagte Opprus finster. ÑOder im Himmel - wo immer das sein mag.Ö Der dicke Mann lehnte sich zurÅck und verschrÜnkte die Arme. ÑWir haben den Weltraum erobert und schicken Raumschiffe in fremde Galaxien. Aber dieser rÜumliche Gewinn tÜuscht. Was haben wir im Endeffekt wirklich gewonnen, Opprus? Ich meine jetzt die Summe unserer Erkenntnisse. Wir wissen, daÄ zwei und zwei vier ist. Wenn wir etwas dazulernen, glauben wir schon, die Schwelle zum allumfassenden Wissen erreicht zu haben. Dabei erfahren wir nur, daÄ vier und vier acht ist. Verstehen Sie? Wir vergrÉÄern nur die Summe von Daten, ohne wirklich etwas zu verstehen. Man kÉnnte uns mit Blinden vergleichen, die Åberall umhertasten, Dinge berÅhren, ohne sie zu verstehen.Ö ÑSie sind ja ein Philosoph!Ö sagte Opprus Åberrascht. ÑEine geistige Entwicklung hÜtte uns Åber die Grenzen des Universums hinausgetragenÖ, behauptete Gryndheim. ÑDoch dazu ist es zu spÜt. Dabei waren die Mutanten ein deutlicher Wink der Natur. Aber wir haben unsere Chance verpaÄt. Wir kÉnnen nicht mehr zurÅck und einen anderen Weg gehen. Es ist unfaÄbar, daÄ der Homo superior das nicht versteht.Ö Opprus lenkte den Wagen an die Seite des Tunnels. Er deutete aus dem geÉffneten Fenster auf eine Anzahl von Lifts. ÑHier steigen wir aus!Ö ÑHÜtten wir nicht noch ein biÄchen fahren kÉnnen?Ö beklagte sich Gryndheim. ÑIch hasse es, unnÉtig in der Gegend herumzulaufen.Ö Sie stiegen aus. Innerhalb des Tunnels war es bedrÅckend still. Die Liftkontrollen waren eingeschaltet. Sie stiegen in einen Lift und fuhren nach oben. Das Summen der Anlage verstummte, als der Tragkasten anhielt. Opprus stieÄ die TÅr auf und spÜhte hinaus.
ÑAlles klar!Ö rief er den beiden anderen zu. ÑWir kÉnnen hier raus.Ö Sie betraten eine Konferenzhalle, die noch zu Imperium-Alpha gehÉrte. Es war fast dunkel. Die leeren Sitzreihen sahen gespenstisch aus. Die Schritte der MÜnner hallten durch die SeitengÜnge. áber dem Diskussionspodium schwebten Leuchtbuchstaben. Die WÇrde des Menschen ist unantastbar, las Opprus. ÑEine kÅhne BehauptungÖ, meinte Gryndheim, der den Blick richtig gedeutet hatte. ÑEs kommt schlieÄlich auf die ÜuÄeren UmstÜnde an. Ein in Freiheit lebender Mensch kann seine WÅrde leichter wahren als einer, der Terror und Gewalt ausgesetzt ist.Ö Er stieÄ Pohklym in die Seite. ÑReden Sie eigentlich nie etwas?Ö Janus Pohklym schwieg. Sie durchquerten die Halle. Auf der anderen Seite fanden sie AusgÜnge, die zu den Lifts fÅhrten. Wie Opprus befÅrchtet hatte, waren alle Lifts blockiert. Das war eine VorsichtsmaÄnahme der Zentrale. Es sollte unter allen UmstÜnden verhindert werden, daÄ Verdummte in Imperium-Alpha eindrangen und ZerstÉrungen anrichteten. ÑWas jetzt?Ö fragte Gryndheim. ÑWir benutzen unsere Antigravs und fliegen durch die LiftschÜchte nach oben. Eine der TÅren wird offenstehen, andernfalls mÅssen wir eine zerstÉren, um hinauszukommen.Ö ÑMÅssen wir eigentlich schon jetzt an die OberflÜche?Ö ÑNein, Gryndheim. Aber wenn wir hier in dieser Etage weitergehen, verschwenden wir Zeit. Wir nehmen den direkten Weg.Ö Sie traten in den Schacht und glitten nach oben. Wie Opprus befÅrchtet hatte, muÄten sie den VerschluÄmechanismus einer TÅr zerstrahlen, um weiter oben wieder herauszukommen. Wenig spÜter standen sie in einem obenliegenden Raum. Der Blick durch die Fenster stimmte Opprus nicht gerade optimistisch. DrauÄen tobte ein Unwetter. Es war fast dunkel. Ab und zu erhellte ein Blitz die Umgebung. ÑEin GewitterÖ, stellte Opprus fest. ÑIch habe vor zehn Jahren einmal etwas âhnliches auf einer Dschungelwelt erlebt.Ö ÑMÅssen wir trotzdem raus?Ö fragte Gryndheim.
ÑHaben Sie eine bessere Idee?Ö Der Sergeant kratzte sich am Kinn. ÑNeinÖ, gab er zu. Opprus Éffnete eine AusgangstÅr. Ein WindstoÄ nahm ihm den Atem und trieb ihm Regen ins Gesicht. Er zog den Kopf zwischen die Schultern und trat hinaus. Der heftige Wind zerrte an seinem KÉrper. ÑZusammenbleiben!Ö schrie er, um das ferne Donnergrollen zu ÅbertÉnen. ÑAchtet auf unsere Umgebung.Ö Gryndheim fluchte verÜrgert. ÑDas ist verdammt ungemÅtlich.Ö Opprus blickte sich wachsam um. Keines der GebÜude ringsum war beleuchtet. Die groÄen Fenster eines kuppelfÉrmigen Bauwerks waren zertrÅmmert. Auf dem freien Platz, den sie Åberqueren muÄten, lagen TrÅmmer und Unrat. Terrania-City! dachte Opprus beklommen. Ein Dschungel aus Stahl und Beton.
9. Vor sechs Monaten und achtzehn Tagen hatte Dr. Garrigue Fingal seine Praxis zum letzten mal erÉffnet. Damals war es ihm schlecht gegangen. Sein HaÄ hatte kein Ventil gefunden. Doch das war jetzt anders. Fingal betrat jenes luxuriÉs eingerichtete Zimmer, in dem frÅher seine Patienten darauf gewartet hatten, zu ihm vorgelassen zu werden. Kollegen hatten den Galaktopsychologen, der aus der Hotte ausgestoÄen worden war, um seine gutgehende Praxis beneidet. Viele prominente und reiche Patienten wollten von jenem Fingal behandelt werden, der Psychogramme gefÜlscht und sich mit okkulten Dingen beschÜftigt hatte. In seiner Jugend hatte Fingal einen schweren Unfall erlitten. Sein Leben war gerettet worden, doch er muÄte stÜndig Mikroelektroden auf dem Kopf tragen, die verschiedene Teile seines Gehirns zur TÜtigkeit reizten. Die seltsame Konstruktion, die Fingal selbst als ÑBlechkappeÖ bezeichnete, bewahrte den Arzt vor dem Wahnsinn. Bei der Katastrophe hatte sich jedoch herausgestellt, daÄ Fingal gegen die Verdum-
mungsstrahlung immun war. Er fÅhrte dies auf das kleine Gestell in seinem Nacken zurÅck. Garrigue Fingal blieb am Eingang des Wartezimmers stehen und betrachtete voller Widerwillen die einundzwanzig abenteuerlich aussehenden Gestalten, die sich eingefunden hatten. Die meisten waren ehe malige Patienten von ihm, die jedoch in den letzten Wochen und Monaten vÉllig heruntergekommen waren. Fingal hatte sie sorgfÜltig ausgewÜhlt. Es waren vor allem MÜnner und Frauen, die vor der Katastrophe Åber Åberdurchschnittliche Intelligenz verfÅgt hatten, also jetzt immer noch halbwegs vernÅnftig handeln konnten. Doch Fingal hatte nicht nur auf die Intelligenz, sondern auch auf die psychische Veranlagung geachtet. Alle hier Versammelten galten als labil und leicht beeinfluÄbar. In der jetzigen Situation wÅrden sie alle Befehle und Anordnungen des Arztes ausfÅhren. Und Garrigue Fingal hatte groÄe PlÜne! Er wuÄte, was ein Mensch erreichen konnte, der seine Intelligenz noch besaÄ. Fingal dachte an das alte Sprichwort von dem EinÜugigen, der KÉnig unter den Blinden war. Eine Ühnliche Rolle gedachte er unter den Verdummten von Terrania-City zu spielen. Er wÅrde eine unvergleichliche Organisation aufbauen und seine Rache vollziehen. Fingal trat mitten in das Zimmer. Neben dem groÄen Tisch saÄen zwei MÜnner am Boden und spielten mit Papierfetzen. ÑHÉrt mir jetzt zu!Ö befahl Fingal langsam und deutlich. ÑWir hatten mit unserer ersten Aktion Erfolg. Das Gewitter, das jetzt drauÄen tobt, beweist es eindeutig. Unsere Freunde in ImperiumAlpha werden einige Zeit brauchen, bis sie diesen Schaden behoben haben.Ö Er lÜchelte. ÑAuÄerdem werden sie den Homo superior anklagen. Sollen sie sich mit den Narren herumstreiten, das kann nur ein Vorteil fÅr uns sein.Ö Ein paar MÜnner sahen ihn verstÜndnislos an. Er erkannte, daÄ er sich zu einer komplizierten Sprechweise hatte hinreiÄen lassen, die fÅr die meisten Mitglieder seiner Gruppe unverstÜndlich war. ÑTut immer das, was ich euch befehle!Ö sagte er ungeduldig. ÑDann kann euch nichts passieren.Ö Einer der am Boden sitzenden MÜnner kam auf ihn zu und umklammerte sein Bein.
Fingal stieÄ ihn zurÅck. ÑLaÄt das jetzt! Wir haben keine Zeit fÅr Spielereien. Das Unwetter bietet uns einmalige Chancen.Ö Prekor, der Intelligenteste der Gruppe, klatschte begeistert in die HÜnde. ÑWir werden wieder kÜmpfen.Ö ÑJaÖ, bestÜtigte Fingal grimmig. ÑDer Kampf geht los. Diesem Unwetter werden weitere folgen mit neuen Katastrophen. Die Banden werden sich nicht aus ihren Verstecken wagen. Aber wir werden losziehen. Wir werden Imperium-Alpha angreifen. Damit rechnen Danton und Deighton nicht. Sie glauben sicher nicht, daÄ es jemand wagen wÅrde, offen gegen die Zentrale vorzugehen.Ö Er Éffnete die TÅr und winkte den Verdummten zu. ÑFolgt mir jetzt in die KellerrÜume, damit ich Waffen und die anderen AusrÅstungsgegenstÜnde verteilen kann.Ö Er hob warnend einen Arm. ÑAber es wird nicht mit den Waffen herumgespielt. Denkt an Prorrish, der sich beim letzten Einsatz erschossen hat.Ö Er fÅhrte die Verdummten in den Keiler. In einem als Arbeitsraum ein gerichteten groÄen Zimmer bewahrte Fingal die Waffen auf, die er unmittelbar nach der Katastrophe aus einem Laden gestohlen hatte. Er hÜtte mit seinen BestÜnden zweihundert Menschen ausrÅsten kÉnnen. Das gehÉrte auch zu seinen PlÜnen. Er wÅrde spÜter eine Armee fÅhren und jeden Widerstand niederschlagen. Fingal hÉrte alle Funknachrichten ab, die nicht verschlÅsselt waren. Er wuÄte daher Åber die Situation auf der Erde und im Weltraum gut Bescheid. Es gab bestenfalls noch siebenhundert Menschen, die wie er die Katastrophe Åberstanden hatten, ohne zu verdummen. Sie arbeiteten bis auf wenige Ausnahmen fÅr ImperiumAlpha unter dem Kommando Dantons und Deightons. Ein paar hundert Immune hielten sich an Bord einiger Raumschiffe auf. Die Gruppen Rhodan und Bull untersuchten den mysteriÉsen Schwarm, von dem in den Nachrichten jetzt immer wie der gesprochen wurde. Oder sie suchten nach weiteren Immunen. Der Schwarm kÅmmerte den Galaktopsychologen wenig. Er wollte seine Rache vollziehen und zum mÜchtigsten Mann der Erde werden. Schon deshalb war es fÅr ihn wichtig, daÄ sich der Homo superior und die intelligent gebliebenen Terraner bekÜmpften.
Fingal beobachtete, wie die Mitglieder seiner BÜnde sich bewaffneten. Den verdummten MÜnnern bereitete der Umgang mit den Waffen ein kindliches VergnÅgen. Sie spielten mit Strahlenkarabinern und Handfeuerwaffen. Fingal muÄte scharf aufpassen, daÄ kein Unheil geschah. GlÅcklicherweise achteten die etwas intelligenteren Bandenmitglieder auf die besonders verspielt wirkenden MÜnner. ÑJetzt die Bomben!Ö ordnete Fingal an. ÑIch mÉchte, daÄ sich jeder die Taschen fÅllt.Ö Ein GerÜusch an der TÅr lieÄ den Arzt herumfahren. Am unteren Ende der Treppe stand ein groÄer Afrikaner. Der Schwarze trug nur eine vÉllig durchnÜÄte Hose. Die Fetzen seines Hemdes hielt er in den HÜnden. Sein muskulÉser KÉrper glÜnzte vor NÜsse. Er atmete schwer. ÑVerdere!Ö sagte Fingal gedehnt. ÑMrozek Verdere.Ö Sie starrten sich an, und Fingal hatte den Eindruck, daÄ der andere intelligent geblieben war. Verdere war vor der Katastrophe einer der intelligentesten Patienten des Galaktopsychologen gewesen und einer der eigenartigsten. Fingal war aus Verdere nie schlau geworden. Der Schwarze hatte es immer verstanden, sich dem EinfluÄ Fingais zu entziehen. Auch jetzt schien seine PersÉnlichkeit ungebrochen zu sein. ÑWarum kommst du erst jetzt?Ö fragte Fingal mit rauher Stimme. ÑSeit vier Monaten versuche ich, mit dir in Verbindung zu treten.Ö ÑIch war wegÖ, sagte der Schwarze. ÑJetzt habe ich Angst, Fingal. Es sind GerÜusche drauÄen und Wasser, das vom Himmel fÜllt.Ö Fingal fiel ein Stein vom Herzen. Die Sprechweise bewies, daÄ Verdere verdummt war. Wie alle anderen. Fingal brauchte sich keine Sorgen zu machen. Verdere mit seinen Åberlegenen KÉrperkrÜften wÅrde fÅr die Gruppe eine nicht zu unterschÜtzende VerstÜrkung bedeuten. Fingal deutete zum Tisch, auf dem noch viele Waffen lagen. ÑSuch dir eine aus, mein Junge.Ö ZÉgernd trat Verdere an den Tisch heran und blickte auf die Waffen.
ÑBedien dich!Ö forderte Fingal ihn auf. ÑDort drÅben liegt noch ein Kombi-Lader, der so gut wie neu ist. Endlos-Magazin und verstellbare Sicherung.Ö ÑWollen wir jagen?Ö erkundigte sich Verdere. Der Arzt lachte auf. ÑJagen? Ja, wir machen Jagd auf die Besatzung von ImperiumAlpha. Das wird dir gefallen, Mrozek.Ö Verdere antwortete nicht. Ruckartig griff er sich den KombiLader. Er hielt die Waffe weit von sich, als fÅrchtete er, daÄ etwas passieren kÉnnte. Fingal fragte sich, warum Verdere anders als die Åbrigen MÜnner der Bande reagierte. Warum besaÄ der Farbige keinen Spieltrieb? Fingal sagte sich, daÄ Verdere wahrscheinlich noch immer unter den EindrÅcken des Unwetters litt. Der Schwarze war schockiert. ÑIch habe noch eine áberraschung fÅr euchÖ, sagte Fingal zu den MÜnnern. ÑWir werden nicht allein gehen. Ich habe unmittelbar nach der Katastrophe vierzig Roboter umprogrammieren kÉnnen.Ö Er lachte wild. ÑFrÅher wuÄtet ihr, daÄ ich auch etwas von Kybernetik verstehe. Doch darÅber mit euch zu sprechen, ist wohl sinnlos.Ö ÑWo sind die Roboter?Ö fragte Prekor. ÑIn einer alten Wasnin-Kapelle, ein paar HÜuserblocks von hier entfernt. Dort wird sie niemand finden.Ö Er begann damit, die AusrÅstung eines jeden Mannes grÅndlich zu inspizieren. Das Gelingen seines Planes hing davon ab, daÄ alles so funktionierte, wie er es sich vorstellte. Deshalb muÄte er auf jede Kleinigkeit achten. Er ÅberprÅfte alle ausgegebenen Waffen. ÑNoch etwas!Ö sagte er dann. ÑEinige von euch werden drauÄen Angst bekommen, wenn sie die Blitze sehen und den Donner hÉren. Solange ich bei euch bin, braucht ihr euch nicht zu fÅrchten. Befolgt immer meine Anordnungen.Ö Er blickte sich um. ÑWir brechen jetzt auf.Ö Obwohl er glaubte, sich vÉllig in der Gewalt zu haben, fÅhlte er sein Herz heftig schlagen. Die Erregung war einfach ÅberwÜltigend. Vor sechs Monaten hatte er nicht an die MÉglichkeit einer Rache geglaubt. Der Zufall war ihm zu Hilfe gekommen.
Fingal ging entschlossen voran. Er wÅrde die Chance, die er bekommen hatte, nicht ungenutzt vergehen lassen. NatÅrlich muÄte er immer damit rechnen, daÄ die Verdummung der Menschheit nachlieÄ oder sogar vÉllig aufhÉrte. Dann wÅrde er Schwierigkeiten bekommen. Noch deutete jedoch nichts auf eine solche Entwicklung hin. Es sah vielmehr so aus, als wÜre die Verdummung endgÅltig. ÑWenn wir oben sind, halten wir uns immer in der NÜhe von GebÜuden aufÖ, befahl er. ÑDie StraÄe wird nur an einigermaÄen sicheren PlÜtzen Åberquert. LaÄt euch nicht in SchieÄereien mit anderen Banden ein, denen wir vielleicht begegnen werden. Unser Ziel ist Imperium-Alpha. Dort werden wir genÅgend Gelegenheit zum KÜmpfen bekommen.Ö Sie versammelten sich vor der AusgangstÅr. DrauÄen tobte der Sturm. Der LÜrm des Donners schien das Haus zu erschÅttern. Fingal blickte in Üngstliche Augen. ÑDenkt daran: Doktor Fingal wird euch schÅtzen, was immer passiert. So war es schon frÅher. Verdere! Du bleibst an meiner Seite.Ö Lautlos trat der Schwarze neben ihn. Wieder hatte Fingal das GefÅhl, daÄ er Verdere weder beeinflussen noch beherrschen konnte. NervÉs biÄ er sich auf die Unterlippe. Er muÄte sich von diesen Vorstellungen lÉsen. ÑHast du Angst?Ö fragte er. Der Schwarze nickte. ÑIch wÅrde gern hierbleiben.Ö ÑEs wird dir gefallen, Mrozek. Es dauert nicht mehr lange, dann wer den wir die Stadt beherrschen. Sobald wir die Stadt haben, kontrollieren wir die Erde. Wie gefÜllt dir das?Ö ÑIch weiÄ nichtÖ, antwortete der Farbige verlegen. Fingal Éffnete die TÅr. Davor befand sich eine Åberdachte Veranda, Åber die man in den Hof gelangen konnte. Fingal wappnete sich gegen Sturm und Regen und trat hinaus. Die Tropfen klatschten gegen seinen KÉrper und durchweichten seine Kleidung in wenigen Augenblicken. Der hagere Psychologe mit den tiefliegenden Augen sah jetzt gespenstisch aus. Er hob das Gesicht gegen den Regen und stemmte seine Schultern nach vorn. Dann fuchtelte er mit der Waffe herum.
ÑGarrigue Fingal ist unterwegs!Ö schrie er in den heulenden Wind. Er wandte sich zu den Patienten um, die sich scheu in der TÅr drÜngten. ÑKommt!Ö schrie er. Geduckt traten sie ins Freie, einer nach dem anderen. Zwei wagten sich nicht heraus. Fingal kÅmmerte sich nicht um sie. Es war besser, wenn sie zurÅckblieben. Sie wÅrden ihm nur Schwierigkeiten machen. Innerhalb des Sektors, in dem Fingal lebte, war es zu relativ wenig ZerstÉrungen gekommen. Das lag vor allem daran, daÄ es in diesem Gebiet keine Kraftstationen und Maschinenanlagen gab, die leicht hÜtten explodieren kÉnnen. Dreimal hatten PlÅnderer versucht, in Fingais Haus einzudringen. Der Galaktopsychologe hatte das GebÜude jedoch mÅhelos verteidigen kÉnnen. Er wuÄte, daÄ in der NÜhe niemand mehr wohnte. Die Menschen, die einmal Fingais Nachbarn gewesen waren, irrten irgendwo in der Stadt umher oder waren ins freie Land ausgewichen, um etwas EÄbares zu finden. Vielleicht waren sie auch tot; Fingal war das gleichgÅltig. Seine Leute hielten sich dicht an der Seitenwand von Fingais Haus. Sie gelangten auf die StraÄe. Die TransportbÜnder standen seit sechs Monaten still. Der ein paar hundert Meter entfernte TransmitteranschluÄ funktionierte lÜngst nicht mehr. Eine Gruppe des Homo superior hatte die davor aufgestellten Ticketspender demontiert. Fingal sah solche Aktionen als sinnlos an, aber er wuÄte zu wenig von der MentalitÜt des Homo superior, um sich klare Vorstellungen von den eigentlichen Absichten dieser Gruppe machen zu kÉnnen. Er hielt die Neuen Menschen fÅr Spinàner, die eines Tages wieder verschwinden wÅrden. Fingal blickte Åber die StraÄe. Die Sicht war schlecht. Niemals zuvor hatte der Galaktopsychologe einen derartigen Regen erlebt. Einmal, als er noch in der Solaren Flotte Dienst getan hatte, war er auf einer ådwelt in einen Sandsturm geraten. Er ahnte, daÄ die Unwetterkatastrophen, die auf der Erde bevorstanden, nicht damit zu vergleichen waren. Ganze KÅstenstriche wÅrden bei Sturmfluten Åberschwemmt werden. TÜler wÅrden unter Wasser gesetzt werden. Millionen Menschen wÅrden sterben.
Wieder fÅhlte Garrigue Fingal diese Erregung, die zu einem festen Bestandteil seines Lebens geworden war. Er hatte das Wetter dieses Planeten in Unordnung gebracht und lÉste damit weltweite Katastrophen aus. Soviel konnte er bereits heute erreichen. Was wÅrde geschehen, wenn er seine Macht erst ausgebaut hatte? Fingal Åberzeugte sich, daÄ die anderen noch bei ihm waren. Sie muÄten gegen den Wind marschieren und kamen dadurch nur langsam voran. Ein paar HÜuser weiter lag jemand auf der StraÄe. Fingal sah, daÄ es eine alte Frau war. Ihr stumpfer Blick traf Fingal, und er spÅrte die GleichgÅltigkeit dieser Frau gegenÅber ihrem Ende. Sie nahm den Tod hin, wie es ein Tier tun wÅrde, das sich irgendwo verkrochen hatte. Fingal zog ein Nahrungskonzentrat aus der Tasche und hielt es der Frau hin. Sie reagierte nicht. Er Éffnete ihr gewaltsam den Mund und lieÄ Regenwasser hineinlaufen. Dann richtete er die Frau auf und schob ihr das Konzentrat in den Mund. Sie fiel ihm gegen die Brust und Åbergab sich. Er stieÄ sie wÅtend zurÅck. ÑVerdammte NÜrrin!Ö zischte er. Die anderen gingen an der Frau vorbei, ohne sich um sie zu kÅmmern. Fingal hatte diese seltsame GleichgÅltigkeit bei fast allen Verdummten beobachten kÉnnen. Diese Menschen besaÄen keinen Gemeinschaftssinn mehr. Die Regeln des Zusammenlebens waren vergessen worden. AuÄerdem waren fast alle Verdummten ausschlieÄlich auf Nahrungssuche eingestellt. Fingal beobachtete aufmerksam die HÜuser, an denen sie vorbeikamen. Er hatte einen sicheren Instinkt dafÅr, ob sie bewohnt waren. Die Gefahr, daÄ die Gruppe in den Hinterhalt einer Bande geriet, war zwar gering, muÄte aber beachtet werden. Ein Blitz zuckte Åber den dunklen Himmel. Heftige DonnerschlÜge folgten. Fingal fragte sich, warum die Schutzschirme Åber der Stadt aus geschaltet worden waren. Entweder hatten die Anlagen versagt, oder die Verantwortlichen in Imperium-Alpha benÉtigten die knappe Energie fÅr andere Zwecke.
Fingais Gruppe erreichte ein GeschÜftsviertel. Hier war es - im Gegensatz zu Fingais Wohnsektor, wo fast nur PrivathÜuser standen - zu schweren ZerstÉrungen gekommen. Die Hoch- und BandstraÄen waren zum Teil mit TrÅmmern bedeckt. Eine RingstraÄe, die um den groÄen Komplex herumfÅhrte, war an einer Stelle eingestÅrzt und hatte die Seitenwand eines GebÜudes eingedrÅckt. Dort klaffte jetzt ein groÄes Loch, aus dem StahltrÜger und Regale hervortraten. Ein batteriegespeistes Reklamelicht hing am GebÜude herab. Fingal wuÄte, daÄ sie von nun an vorsichtiger sein muÄten. Das GeschÜftsviertel gehÉrte zum bevorzugten Aktionsgebiet der zahlreichen Banden, obwohl es in den KaufhÜusern lÜngst nichts EÄbares mehr zu holen gab. Fingal deutete Åber die StraÄe. ÑWir mÅssen Åber die HochstraÄeÖ, sagte er zu Verdere. Der Farbige blickte sich scheu um. Seine Augen wirkten unnatÅrlich groÄ. Fingal untersuchte einen umgestÅrzten GroÄtransporter. ÑWenn wir ihn aufrichten kÉnnten, wÅrde er uns sicher noch Åber die HochstraÄe tragen.Ö Ñáberall sind TrÅmmerÖ, erinnerte Verdere. ÑWir kÜmen nicht durch.Ö Der Psychologe winkte den anderen. Dort, wo die HochstraÄe begann, war ein FuÄgÜngerband geplatzt. Es hatte sich zusammengerollt und hing schlaff Åber dem SeitengelÜnder. Die Mechanik darunter lag frei. Fingal fÅhrte seinen Trupp auf die andere Seite der StraÄe. Der Regen machte den Plastikboden rutschig. Der Psychiater beobachtete, wie der Blitz in ein etwa zweihundert Meter entferntes GebÜude einschlug. Der Regen erstickte sofort die hochzÅngelnden Flammen. Auf der HochstraÄe waren auch Fingal und seine Begleiter von Blitzen bedroht. Sie hÜtten einen Umweg durch RohrbahnschÜchte und Tiefetagen machen mÅssen, wenn sie in Sicherheit bleiben wollten. Fingal war zu ungeduldig, deshalb nahm er dieses Risiko auf sich. Der Wind beutelte Fingais nasse Hosen und zerrte an der PlastikmÅtze, die er zum Schutz seines Elektrodengestells weit in den Nacken geschoben hatte.
Mit weitausholenden Schritten fÅhrte der hagere Arzt seine Helfer Åber die HochstraÄe. Er wurde angetrieben von unbÜndigem HaÄ und von dem Wunsch, Imperium-Alpha zu zerstÉren. Deighton kam herein und lieÄ sich in einen freien Sitz fallen. Roi Dan ton, der fast eingeschlafen war, schreckte hoch. In der Zentrale von Imperium-Alpha arbeiteten im Augenblick Åber einhundertzwanzig Menschen. Sie konnten die anfallenden Aufgaben nicht bewÜltigen. ÑNeue Nachrichten von OlympÖ, sagte Deighton. ÑAnson Argyris bekommt noch mehr Schwierigkeiten. Wenn es so weitergeht, wird er bald keinen einzigen Container mehr mit Nahrung schicken kÉnnen.Ö ÑWas ist passiert?Ö fragte Roi langsam. ÑBandenbildung wie bei unsÖ, berichtete Deighton. ÑRaumschiffe sind auf wichtige Anlagen abgestÅrzt.Ö Mechanisch griff Danton nach einem Becher mit kalt gewordenem Kaffee und trank. Vor ein paar Minuten erst waren neue Schreckensnach richten und Hilferufe aus allen Teilen der Galaxis eingetroffen. Aber wer wollte all den UnglÅcklichen auf einigen hunderttausend Planeten, Raumschiffen und Stationen helfen? Jede Gruppe war mit ihren eigenen Problemen beschÜftigt. Der Untergang einer Galaxis, dachte Danton benommen. ÑWenn wir nur wÅÄten, was mit dem Schwarm los istÖ, bemerkte Galbraith Deighton. Tiefe Linien hatten sich in sein Gesicht gegraben. ÑWir kÉnnen nur hoffen, daÄ Perry und Bully Erfolg habenÖ, gab Dan ton zurÅck. ÑWenn wir erst einmal wissen, woher dieses Gebilde kommt und was die Absichten seiner Besitzer sind, kÉnnen wir vielleicht etwas unternehmen.Ö ÑEs kann sich nur um eine Invasion handelnÖ, sagte Ciajon, ein in der NÜhe sitzender Mentalstabilisierter. Danton schÅttelte den Kopf. ÑEs ist etwas anderes. Die Ereignisse rufen eine unbewuÄte Erinnerung in mir wach.Ö Er preÄte beide FÜuste gegen die SchlÜfen, um sich besser konzentrieren zu kÉnnen. ÑWenn ich nur wÅÄte, woran mich dieser Schwarm erinnert. Es gibt etwas in der Vergangenheit, das Assoziationen auslÉst. Aber in meinem Kopf ist alles verschwommen. Ich mÅÄte einmal schlafen.Ö
Deighton warf Danton eine Spule mit Funknachrichten zu. ÑLassen wir den Schwann vorerst in RuheÖ, schlug er vor. ÑFÅr uns ist es vorrangig, die ErnÜhrungsprobleme der verdummten WeltbevÉlkerung zu lÉsen. Dazu mÅssen die VerhÜltnisse auf Olymp bereinigt werden.Ö Es war fÅr Danton jetzt klar, daÄ Deighton mit seinen stÜndigen Hin weisen auf Olymp ein bestimmtes Ziel verfolgte. Rhodans Sohn stieÄ sich mit den AbsÜtzen ab und rollte mit seinem Sessel zu Deighton hinÅber. ÑEs ist wegen ArgyrisÖ, sagte Deighton dumpf. ÑIch mache mir Sorgen.Ö Danton brauchte keine weiteren Fragen zu stellen. Der Vario-500 befand sich offenbar in einer Krise. Das war im augenblicklichen Stadium gefÜhrlich. Die Zukunft Olymps, des wichtigsten Nachschubplaneten Terras, konnte von Argyris' Schicksal abhÜngen. ÑSobald die Sache mit der Wetterstation geklÜrt ist, werde ich nach Olymp gehenÖ, kÅndigte Danton an. ÑIch wÅrde Ihnen diese Arbeit abnehmenÖ, erbot sich Deighton. ÑAber Sie wissen selbst, daÄ ich es nicht kann.Ö ÑSie beherrschen nicht die Spezialprogrammierung fÅr Argyris.Ö ÑSo ist esÖ, bestÜtigte Deighton. ÑFÅr diese Aufgabe kommen nur Ihr Vater, Bully, Adan, Tifflor oder Sie in Frage.Ö Danton verspÅrte wenig Lust, die Erde zum jetzigen Zeitpunkt zu verlassen. Er wurde hier gebraucht. Aber er war der einzige Mensch auf Terra, der Argyris retten konnte, indem er die Spezialprogrammierung anwandte. ÑSie sollten jetzt ein biÄchen schlafenÖ, schlug Deighton vor. ÑIch werde Sie wecken, sobald etwas Wichtiges geschieht.Ö ÑWas ist im Augenblick nicht wichtig?Ö ÑSo todmÅde, wie Sie sind, kÉnnen Sie nicht nach Olymp gehen.Ö Danton nickte und rollte mit seinem Sessel in eine abgelegene Ecke des groÄen Raumes. Dort lieÄ er die Lehne zurÅcksinken und schloÄ die Augen. Seine Åberreizten Nerven lieÄen ihm keine Ruhe. Als er schlieÄlich einschlief, begannen ihn AlptrÜume zu plagen. Deighton beobachtete den jungen Mann sorgenvoll. Auch er fÅhlte sich durch die stÜndige nervliche Anspannung erschÉpft, aber sein Zellaktivator verlieh ihm immer wieder frische Kraft und ge-
stattete ihm, mit einem MindestmaÄ an Entspannung auszukommen. Deighton rollte mit einem Sessel zu Danton hinÅber. Er beobachtete, daÄ der KÉrper von Rhodans Sohn heftig zuckte. ÑWarum bist du so verteufelt stolz?Ö fragte Deighton leise. ÑDein Vater hÜtte dir bestimmt einen der Reservezellaktivatoren Åberlassen, wenn er geahnt hÜtte, was du hier leistest.Ö Das Problem war klar. Rhodan wollte seinen eigenen Sohn in keiner Weise bevorzugen und dachte deshalb nicht daran, ihm endlich einen Aktivator zu Åberreichen. Und Danton war zu stolz, dieses Thema auch nur zu erwÜhnen. Deighton befÅrchtete, daÄ Michael einen Aktivator sogar ablehnen wÅrde. Deighton kehrte zu seinem Kontrollpult zurÅck. Er winkte einen Mann herbei. ÑSie gehen dort in die Ecke und achten darauf, daÄ Roi nicht gestÉrt wird. Er soll ein paar Stunden schlafen.Ö Der Mann zÉgerte und wies auf den Stapel Plastikstreifen auf seinem Platz. ÑAber ich...Ö, Deighton lieÄ ihn nicht ausreden. ÑSie achten auf Dantons Schlaf, das ist alles.Ö Der Mann ging davon. Deighton rollte quer durch den Raum zur Funkanlage. ÑNeue Nachrichten von Opprus?Ö ÑSie kommen nur schwer voran, Sir. Aber bisher gab es keine ZwischenfÜlle.Ö Deighton seufzte. Eine der wunderbarsten FÜhigkeiten des menschlichen Verstandes war die MÉglichkeit des vÉlligen geistigen Abschaltens. Anders hÜtte sich die Lage wohl kaum ertragen lassen. Deighton gÉnnte sich ein paar Minuten vÉlliger Entspannung, dann kehrten seine Gedanken zu den Problemen der Menschheit zurÅck. Die Immunengruppen, die von Imperium-Alpha aus aufgebrochen waren, schickten aus allen Teilen der Welt niederschmetternde Nachrichten. Hunger und Chaos herrschten. Nun kamen noch die Unwetterkatastrophen dazu. In absehbarer Zeit wÅrde ein neues Problem auftauchen: Seuchen.
Es war niemand da, der alle Verhungerten und GetÉteten bergen konnte. Zwar waren Åberall in der Welt Roboter unter der FÅhrung einzelner Immuner im Einsatz, um die Toten zu begraben, doch sie wÅrden bald nicht mehr nachkommen. Das Solare Imperium existierte nur noch dem Namen nach. Den anderen Sternenreichen erging es nicht besser. Extraterrestrische VÉlker waren ebenso von der Verdummungswelle betroffen wie die Menschheit. Deighton schreckte hoch, als jemand seinen Namen rief. ÑWir bekommen Bilder von oben!Ö rief einer der Funker. ÑDie flugfÜhigen Kameras arbeiten wieder.Ö Deighton rollte hastig zu der Bildschirmgruppe hinÅber. Die meisten der Flugkameras waren abgeschossen worden oder abgestÅrzt. Die wenigen, die noch funktionierten, arbeiteten Åber Terrania-City. Einer der Bildschirme war eingeschaltet. Deighton sah eine GebÜude gruppe von oben. Noch immer tobte das Gewitter. Der Wind hatte orkanartige Geschwindigkeiten erreicht. Jeder Blitz erhellte die SteinwÅste, Åber die die Flugkamera glitt. Dann verhielt die Kamera Åber einem von einer durchsichtigen Kuppel Åberdachten freien Platz. Der Regen lieÄ die Dinge unter dem Kuppel dach nur verschwommen sichtbar werden. Deighton glaubte Bewegungen zu erkennen. ÑSteuern Sie die Kamera tiefer!Ö befahl er. ÑIch mÉchte sehen, was unter der Kuppel los ist.Ö Das Bild verÜnderte sich, als der Roboter tiefer sank und Aufnahmen dicht Åber dem Boden machte. Deighton konnte jetzt sehen, was unter dem Kuppeldach geschah. Etwa dreihundert Menschen hatten sich dort versammelt. Sie waren damit beschÜftigt, den Betonboden aufzureiÄen. Deighton sah fasziniert zu. ÑWas bedeutet das?Ö fragte einer der Funker verwirrt. ÑWarum reiÄen sie den Boden auf?Ö Deighton antwortete nicht. Als die Kamera abermals die Position wechselte, sah Deighton einen Mann auf einer Antigravplatte, der dicht Åber den Arbeitenden schwebte und sie zu diesem sinnlosen
Tun antrieb. Ein Mann, der eine Antigravplatte steuern konnte, besaÄ entweder eine Åberlegene Intelligenz, oder er war immun. Deighton konnte beobachten, daÄ es den Verdummten gelungen war, den Beton an einer Stelle aufzusprengen. Sie warfen sich auf den Boden und wÅhlten mit den bloÄen HÜnden im freigelegten Sand. Es schien ihnen nichts auszumachen, daÄ der Wind wehte und Regen unter die Kuppel trieb. ÑWir haben Ühnliche Bilder bereits aus einem anderen Teil der Stadt empfangenÖ, erklÜrte der Funker. ÑDamals haben wir uns keine Gedanken gemacht. Warum reiÄen sie Åberall den Boden auf?Ö Deighton hatte von einer neugegrÅndeten Sekte gehÉrt, die sich den Parolen des Homo superior verschrieben hatte. Die AnfÅhrer dieser Sekte verfluchten die Technik und predigten die RÅckkehr zur Scholle noch mehr als die Ersten Sprecher der Superiors. Deighton erlebte jetzt einige Mitglieder dieser Sekte in Aktion. Die Menschen unter dem Kuppeldach hatten inzwischen ihre Arbeit wieder aufgenommen. Nachdem sie die BetonflÜche an einer Stelle auf gerissen hatten, fiel es ihnen nicht schwer, nun ganze Fetzen wegzureiÄen und das freigelegte StÅck schnell zu vergrÉÄern. Wenig spÜter warf der Immune einen prall gefÅllten Sack von der Antigravplatte. Der Sack platzte auf, SamenkÉrner quollen daraus hervor. Die Verdummten packten den Samen mit ihren HÜnden und streuten ihn im Sand aus. Deighton wandte sich erschÅttert ab. ÑSteuern Sie die Kamera in ein anderes Gebiet.Ö Das Bild Ünderte sich schnell. ÑDie Saat wird doch niemals aufgehenÖ, sagte einer der Funker verwirrt. ÑNeinÖ, bestÜtigte Deighton. ÑUnter dem Beton liegt Bausand. Wenn sie an die richtige Erde heranwollen, mÅssen sie sehr tief graben. Aber das werden sie nicht schaffen, denn dann mÅÄten sie die ganze Stadt abtragen. Sie haben nur in den groÄen Parks von Terrania-City eine Chance.Ö ÑDort werden sie auch auf Schwierigkeiten stoÄenÖ, vermutete ein ehemaliger Major der Sol Ab, der jetzt wie alle anderen Mentalstabilisierten fÅr Imperium-Alpha arbeitete. ÑSÜmtliche ObstbÜume
in den Parks sind lÜngst geplÅndert. TrÅmmer und Unrat liegen dort tonnenweise herum.Ö In einer dÅsteren Vision sah Deighton eine vÉllig verlassene Riesenstadt vor sich. Er wuÄte, daÄ es dazu kommen wÅrde, denn auf die Dauer konnte sich kein Mensch in Terrania-City halten. Aber noch gab es NahrungsvorrÜte, noch waren nicht alle Verstecke gefunden und ausgeplÅndert worden. Deighton schÜtzte, daÄ erst die HÜlfte aller KÅhlhÜuser geleert worden waren. Die Bilder, die von den fliegenden Kameras Åber mittelt wurden, erinnerten ihn immer wieder an Erlebnisse auf Welten mit untergegangenen Zivilisationen. Vielleicht wÅrden in einer fernen Zukunft fremde Raumfahrer auf der Erde landen, vor den TrÅmmern dieser Stadt stehen und sich fragen, was ihr Ende herbeigefÅhrt hatte. ÑEiner der Ersten Sprecher bittet um eine Unterredung.Ö Deighton blinzelte gegen das Licht der Kontrollen und sah einen jungen Mann vor sich stehen, der die Uniform der Solaren Flotte trug. ÑCaptain Ergroner?Ö ÑJaÖ, bestÜtigte der Raumfahrer. ÑIch wurde zum Verbindungsmann bestellt.Ö ÑIch erinnere mich.Ö Deighton richtete sich auf. ÑWissen Sie, was der Homo superior von uns will?Ö ÑEr weigerte sich, irgendwelche AuskÅnfte zu geben. Wie er mir sagte, will er nur mit Ihnen oder Roi sprechen.Ö Ein Blick zu dem schlafenden Danton Åberzeugte Deighton davon, daÄ er dieses GesprÜch allein fÅhren wÅrde. ÑKommen SieÖ, sagte er zu Ergroner. Der Captain fÅhrte Deighton in einen der zahlreichen unbesetzten NebenrÜume, die jedoch mit Funkanlagen ausgerÅstet waren. ÑHier ist es, Sir.Ö ÑSie kÉnnen jetzt gehenÖ, sagte Deighton. Als er eintrat, sah er auf dem Bildschirm das Gesicht eines der Ersten Sprecher. Es war nicht Holtogan Loga, sondern eine Frau, die ebenfalls zur FÅhrungsgruppe gehÉrte. Deighton hatte keine Veranlassung, von ihr grÉÄeres VerstÜndnis fÅr seine Probleme zu erwarten.
ÑWie ich seheÖ, bemerkte er spÉttisch, Ñbedienen sich auch die Ersten Sprecher jenes Instrumentariums, das sie so gern abgebaut wÅÄten.Ö Die Augenbrauen der Frau hoben sich. ÑSie sind aggressiv, Deighton.Ö ÑHaben Sie etwas anderes erwartet?Ö ÑIch Åberlege mir, ob ich das GesprÜch, das ich mit ihnen fÅhren mÉchte, unter diesen UmstÜnden Åberhaupt beginnen soll.Ö Deighton breitete die Arme aus. ÑDas liegt an Ihnen.Ö Er lieÄ sich vor dem Bildschirm nieder und betrachtete seine GesprÜchspartnerin. Er schÜtzte sie auf fÅnfzig Jahre, eher Ülter. Ihre Haare waren im Nacken zusammengehalten und hingen bis auf die Schultern. Ihr Gesicht sah sanft aus, aber die Augen verschwanden fast unter schweren Lidern. Ein vÉllig normales Gesicht! dachte Deighton. DafÅr war das, was sich hinter der Stirn dieser Frau abspielte, fÅr ihn sicher unverstÜndlich. ÑWie konnte es zu den Unwettern kommen?Ö fragte die Frau. ÑJemand hat die Wettersatelliten beeinfluÄt. Er bediente sich dabei einer brutalen, aber erfolgreichen Methode, indem er die Hauptstation Åberfiel. Wir dachten zunÜchst, der Homo superior wÜre dafÅr verantwortlich. Doch wir mÅssen annehmen, daÄ es zu einem Kampf gekomàmen ist und Tote gegeben hat. Das gehÉrt ja wohl noch nicht zu Ihrem Repertoire.Ö Sie schÅttelte angewidert den Kopf. ÑEs sind viele Banden unterwegs. Menschen, deren barbarisches BewuÄtsein durch die Verdummung freie Bahn bekommen hat.Ö ÑSie wollten sagen, ein paar verzweifelte Burschen, denen von halbwegs intelligent gebliebenen BandenfÅhrern der Kopf verdreht wirdÖ, berichtigte Deighton wÅtend. ÑIch habe vor ein paar Minuten einige Narren beobachtet, die mit primitiven Werkzeugen den Beton vom Bausand rissen, um Samen auszustreuen. Das sind die Erfolge einer vom Homo superior betriebenen Propaganda.Ö Die Frau senkte den Kopf. ÑSie hassen mich.Ö ÑUnsinn!Ö korrigierte Deighton. ÑIch bin nur zornig. Aber es hat wohl wenig Sinn, sich mit Ihnen zu streiten. Aufgrund Ihrer Åberle-
genen Intelligenz glauben Sie das richtige Rezept zur Erneuerung der Menschheit gefunden zu haben.Ö Eine innere Zufriedenheit lieÄ das Gesicht der Frau wieder entspannt aussehen. ÑWir haben GlÅckÖ, gab sie zu. ÑVielleicht hÜtten wir noch Jahrhunderte mit der Verwirklichung unserer PlÜne warten mÅssen, wenn uns die Katastrophe nicht eine Chance gegeben hÜtte.Ö Deighton zwang sich zur Ruhe. ÑLassen wir das jetzt! Warum sind Sie gekommen?Ö ÑIch will Sie warnen!Ö Deighton war verblÅfft. ÑWarnen? Ausgerechnet uns?Ö ÑWir halten uns an unser Abkommen. AuÄerdem wollen wir nicht, daÄ noch mehr Menschen sterben. Wir geben zu, daÄ Sie und Ihre Gruppe viel zur Stabilisierung der VerhÜltnisse auf der Erde tun.Ö Deighton machte eine mÅde Handbewegung. ÑEs ist nichtsÖ, sagte er leise. ÑNichts im Vergleich zu dem, was getan werden mÅÄte.Ö Er begann zu schreien. ÑIm Grunde genommen sind wir hilflos. Sie wissen das. Und Sie hÜtten allen Grund dazu, uns noch mehr zu unterstÅtzen.Ö Es war deutlich zu sehen, daÄ es der Frau schwerfiel, ihren Widerwillen zu verbergen. Die Kluft zwischen den Neuen Menschen und den Terranern wurde fÅr Deighton zum ersten mal deutlich spÅrbar. ÑWir wissen, daÄ Sie wieder drei MÜnner ausgeschickt habenÖ, sagte sie. ÑUnd? Was kÅmmert Sie das?Ö ÑBewaffnete MÜnner!Ö ÑNatÅrlich!Ö Deighton nickte. ÑSollen sie ohne Waffen gehen und sich umbringen lassen?Ö ÑDas tut jetzt nichts zur Sache. Uns beweist diese Aktion erneut, daÄ Sie nichts dazugelernt haben. Sie stÅtzen sich weiterhin auf militÜrische Macht. Das macht Sie zu Gegnern der Neuen Menschheit, obwohl wir aufgrund unserer MentalitÜt nicht in der Lage sind, Sie mit Ihren eigenen Mitteln zu bekÜmpfen.Ö ÑDas ist in der Tat bedauerlichÖ, erklÜrte Deighton spÉttisch.
Es entstand ein Schweigen, und Deighton hatte den Eindruck, daÄ die Frau das GesprÜch beenden wollte. Es war auch deutlich zu erkennen, daÄ ihre nÜchsten Worte sie áberwindung kosteten. ÑIch warne Sie vor einer Bande, die unterwegs ist, um ImperiumAlpha anzugreifen.Ö ÑWoher wissen Sie das?Ö fragte Deighton gespannt. ÑWir wissen esÖ, wich sie aus. ÑWie stark ist diese Bande?Ö ÑZweiundzwanzig MenschenÖ, antwortete sie bereitwillig. Dann schien ihr etwas einzufallen und sie schÅttelte, Ürgerlich Åber sich selbst, den Kopf. ÑEinundzwanzig!Ö Deighton muÄte lachen. ÑZwanzig MÜnner kÉnnen uns nicht gefÜhrlich werden. Da mÅÄte schon die zehnfache Zahl kommen.Ö ÑIch freue mich Åber Ihre Zuversicht. Aber die Bande wird von einem Immunen gefÅhrt, der frÅher fÅr die Solare Flotte arbeitete. Er ist hochintelligent und durch sein spezialisiertes Wissen ÜuÄerst gefÜhrlich. Wir vermuten auch, daÄ er bei Bedarf ein paar Dutzend Kampfroboter hinzuàziehen kann.Ö Auf Deightons Stirn erschien eine steile Falte. ÑDas kompliziert die Sache. Was werden ...Ö Er unterbrach sich, als er sah, daÄ die Frau nicht mehr am Bildschirm zu sehen war. Sie war verschwunden, ohne die Verbindung zu unterbrechen. ÑSind Sie noch da?Ö fragte er, obwohl er wuÄte, daÄ er keinen Erfolg haben wÅrde. Als keine Antwort erfolgte, fluchte er erbittert. Er verlieÄ den Funk raum. Viel konnte er nicht tun. Alle EingÜnge waren von Robotern besetzt. Mit den wenigen Menschen, die ihnen zur VerfÅgung standen, konnten Deighton und Danton Imperium-Alpha nicht vorschriftsmÜÄig bewachen. Deshalb hatten sie improvisiert. Ein kluger und eingeweihter BandenfÅhrer, der zudem Roboter besaÄ, konnte unter UmstÜnden zu einer Gefahr fÅr die gesamte Zentrale werden. Ergroner wartete drauÄen auf dem Gang. ÑIst etwas Positives geschehen?Ö Deighton sah ihn an, ohne ihn richtig wahrzunehmen.
ÑGeben Sie Alarm. Es kann sein, daÄ ein Angriff auf ImperiumAlpha unmittelbar bevorsteht.Ö ÑWird es denn niemals Ruhe geben?Ö fragte Ergroner bekÅmmert. ÑEs klingt sicher verrÅckt, aber manchmal wÅnsche ich mir, nicht immun zu sein. Die Verdummten ertragen die Katastrophe doch viel leichter.Ö ÑEs klingt nicht verrÅcktÖ, widersprach Deighton. ÑIch hatte vor wenigen Augenblicken einen Ühnlichen Wunsch.Ö
10. Zwischen zwei SÜulen, die zu den StÅtzen einer BrÅcke gehÉrten, hatte der halbtote Simon Schutz vor dem Unwetter gesucht. Er saÄ auf dem Boden und lehnte mit dem RÅcken gegen das kalte Metall. Er war vom Weg abgekommen. Seine Hoffnung, die Praxis Dr. Fingais zu erreichen, hatte sich nicht erfÅllt. Die BandstraÄen, die er frÅher benutzt hatte, funktionierten nicht mehr. TrÅmmer tÅrmten sich meterhoch auf den StraÄen. Eine HochstraÄe, die der Blinde hatte benutzen wollen, existierte nicht mehr. Als er umgekehrt war, hatte Simon endgÅltig die Orientierung verloren. DurchnÜÄt und frierend war er schlieÄlich in sein jetziges Versteck gekrochen. Er wuÄte nicht, wie lange er hier schon saÄ. AuÄer dem Toben des Orkans konnte der legitimierte Dieb nichts hÉren. Niemand schien in der NÜhe zu sein. Dabei, so vermutete Simon, lagen die nÜchsten WohnhÜuser nicht weit entfernt von hier. PlÉtzlich glaubte er eine Stimme zu hÉren. Auf allen vieren kroch er zwischen den SÜulen hervor. ÑHelft mir!Ö schrie er. ÑIch bin hier!Ö Der Sturm ÅbertÉnte seine Stimme. Simon richtete sich mÅhselig auf und lauschte angestrengt. Irgendwo schlug ein herabhÜngendes TrÅmmerstÅck gegen eine Metallwand. Der Regen prasselte auf die StraÄe.
Simon streckte beide Arme von sich und ging in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Oder hatte er nur das Pfeifen des Windes gehÉrt? Er spÅrte, daÄ die StraÄe leicht anstieg. Dann stolperte er Åber eine am Boden liegende weiche Masse. Er fand sein Gleichgewicht wieder und ging weiter. Er ging gegen den Wind und hielt den Kopf gesenkt, um Åberhaupt atmen zu kÉnnen. Trotzdem kam er nur langsam voran. Seine ausgestreckten HÜnde berÅhrten eine Wand. Sofort blieb er stehen. Eine Hauswand? Eine Begrenzungsmauer? Er tastete sich weiter und stieÄ schlieÄlich gegen eine Vertiefung. Seine HÜnde berÅhrten Glas. Der Wind verfing sich in der zerstÉrten Scheibe eines Schaufensters. Simon klammerte sich am unteren Rahmen fest und zog sich ins Innere des Ladens. Das Schaufenster war leer, lÜngst geplÅndert, von vorbeiziehenden Banden und EinzelgÜngern. Simon watete durch die GlastrÅmmer, die unter seinen Schuhen knirschten. Wahrscheinlich war der Laden vÉllig verwÅstet. Trotzdem kletterte er aus dem Schaufenster ins Ladeninnere. Er stolperte Åber zahlreiche GegenstÜnde. Hier drinnen war es wenigstens trocken. Vielleicht fand er sogar etwas EÄbares. Simon stieÄ gegen AufhÜngevorrichtungen und warf sie um. Ein Stoff ballen fiel herab und begrub ihn unter sich. Der halbtote Simon machte sich frei. Er muÄte hier heraus. Der Laden konnte zu einer Todesfalle fÅr ihn werden. Sicher gab es einen Ausgang nach hinten, der in die Privat rÜume fÅhrte. Der legitimierte Dieb wÅhlte sich durch GerÅmpel und aus Regalen gefallene GegenstÜnde. Auf diese Weise erreichte er schlieÄlich die rÅckwÜrtige Wand. PlÉtzlich sagte ihm sein Instinkt, daÄ jemand in der NÜhe war. Er blieb stehen und hielt den Atem an. DrauÄen donnerte es. Der Regen prasselte in das zerstÉrte Schaufenster. Jemand ist da! dachte der halbtote Simon. Er hatte das GefÅhl, nur einen Arm ausstrecken zu mÅssen, um den anderen zu berÅhren. Im
Nacken des Blinden begann es zu prickeln. Er fÅrchtete sich, denn er war sicher, daÄ der andere Mensch ihn beobachtete. Simon Åberlegte, daÄ es am besten war, wenn er sich nicht um den anderen kÅmmerte. Er muÄte so tun, als wÜre nichts geschehen. NatÅrlich hatte der andere schon gemerkt, daÄ der Eindringling blind war, und muÄte sich aus diesem Grund Åberlegen fÅhlen. Es fiel schwer, solche áberlegungen anzustellen, noch schwerer war es, alle Emotionen zu unterdrÅcken. Er muÄte sich zwingen, nicht sofort die Flucht zu ergreifen. Der Verdummte bewegte sich an der RÅckwand des Ladens entlang. Er muÄte immer wieder nach einem neuen Weg suchen, denn zerbrochene Regale und umgestÅrzte EinrichtungsgegenstÜnde behinderten ihn. Er gelangte bis zu einer Ecke. Die rechtwinklig wegfÅhrende Wand war nicht hoch, Simon konnte ein steil nach oben fÅhrendes GelÜnder ertasten. Eine Treppe! dachte er. Er glaubte jetzt zu wissen, wo der Beobachter sich aufhielt. Der halb tote Simon zog sich am GelÜnder hoch, setzte einen FuÄ auf eine Stufe und schwang sich Åber das GelÜnder hinweg. Als er noch nicht richtig auf der Treppe stand, erhielt er einen heftigen StoÄ gegen die Brust. Er schrie auf, kippte nach hinten und fiel in ein korbÜhnliches Geflecht. Das war sein GlÅck, denn auf was immer er da gestÅrzt war, es dÜmpfte den Aufprall und rettete ihn auf diese Weise wahrscheinlich vor schlimmen Verletzungen. ÑBleiben Sie da unten!Ö rief eine schrille MÜnnerstimme. ÑIch bringe Sie um, wenn Sie nochmals versuchen heraufzukommen.Ö Der Blinde, der gelernt hatte, feine Nuancen aus einer Stimme heraus zuhÉren, spÅrte sofort, daÄ der Fremde ebenfalls Angst hatte. Simon richtete sich auf. ÑIch will nichts tun!Ö rief er. ÑIch suche die Praxis von Dr. Fingal.Ö ÑDie ist nicht hier!Ö sagte der Mann auf der Treppe abweisend. Simon versuchte von der Stimme des Mannes auf sein Aussehen zu schlieÄen, aber das war nicht mÉglich. ÑKÉnnen Sie mir den Weg beschreiben?Ö fragte der legitimierte Dieb. ÑIch werde gehen, sobald ich weiÄ, wo ich bin.Ö
ÑDieses GeschÜft befindet sich im Kammon-HausÖ, antwortete der Mann. Seiner Ausdrucksweise nach zu schlieÄen, muÄte er die Verdummungswelle verhÜltnismÜÄig gut Åberstanden haben. Der halbtote Simon wuÄte, wo das Kammon-Haus lag. Er hatte sich nur eine StraÄe weit von seinem Weg entfernt. Die VerÜnderungen in der Umgebung hatten ihn glauben lassen, daÄ er viel weiter vom Weg abgekommen war. Er wuÄte jetzt auch, in welchem GeschÜft er sich befand. Oft genug hatte er vor dem Schaufenster gestanden und die Teppiche und Stoffe von fernen Planeten bewundert. Damals hatte er bedauert, daÄ dieses kleine GeschÜft nicht zu einem Warenhauskonzern gehÉrte. Das hÜtte ihn legitimiert, etwas daraus zu stehlen. ÑIch bin der Besitzer!Ö Der Mann auf der Treppe war immer noch voller Angst. In Simon wurde die Erinnerung an das schwarzhaarige kleine MÜnnchen wach, das er frÅher durch das Schaufenster im Innern des GeschÜfts beobachtet hatte. ÑHaben Sie etwas zu essen?Ö fragte der Mann auf der Treppe. ÑMan hat das gesamte Kammon-Haus geplÅndert.Ö Er begann zu schluchzen. ÑSeit zwei Tagen hungere ich, aber ich wage mich nicht hinaus.Ö ÑSie sind Åberhaupt nicht dumm!Ö rief Simon Åberrascht. Er erhielt keine Antwort. ÑWarum gehen Sie nicht nach Imperium-Alpha?Ö fragte der Blinde. ÑHaben Sie die Aufrufe nicht gehÉrt?Ö ÑIch gehe hier nicht raus!Ö erklÜrte der Mann auf der Treppe trotzig. ÑLieber werde ich verhungern.Ö Simon dachte angestrengt nach. FrÅher hÜtte er diesen Terraner begriffen, doch jetzt war ihm das unmÉglich. Der Dieb bewegte sich in Richtung des Ausgangs. ÑIm Seitengang steht mein FahrzeugÖ, bot der GeschÜftsinhaber an. ÑSie kÉnnen es benutzen, wenn Sie es so eilig haben, zu Dr. Fingal zu kommen.Ö Simon antwortete nicht und trat wieder auf die StraÄe hinaus. Abgesehen davon, daÄ er blind war, konnte er seit der Verdummung nur die einfachsten Maschinen betÜtigen. Das hatte er bereits unmittelbar nach der Katastrophe festgestellt.
Er Åberquerte die StraÄe. Eine WindbÉ warf ihn fast zu Boden. Aus der Ferne glaubte er eine Lautsprecherstimme zu vernehmen. Vielleicht war wieder einer der Gleiter von Imperium-Alpha unterwegs, um die verdummte BevÉlkerung Åber neue Ereignisse zu unterrichten und ihnen Hinweise zu geben. Fast alles, was der Dieb bisher aus den Lautsprechern gehÉrt hatte, war ihm unverstÜndlich geblieben, obwohl die MÜnner und Frauen in den Gleitern sich MÅhe gaben, auch fÅr vÉllig Verdummte verstÜndlich zu sprechen. Simon wuÄte, daÄ auf der dem Kammon-Haus gegenÅberliegenden StraÄenseite mehrere mechanische Lifts eingebaut waren, die frÅher Kauflustige in die nÜchsthÉhere Etage getragen hatten. Es war nicht anzunehmen, daÄ die Lifts noch funktionierten, aber es gab ganz in der NÜhe eine Treppe, die ebenfalls zum Ziel fÅhrte. Wenn Simon sie fand, konnte er schnell wieder die StraÄe finden, die in Richtung von Dr. Fingals Wohnung fÅhrte. Die Aussicht, wieder den richtigen Weg zu finden, gab Simon neuen Mut. Das Unwetter schreckte ihn kaum noch, obwohl es noch immer an IntensitÜt zunahm. Simon konnte keine Uhr zu Rate ziehen, aber er nahm an, daÄ es noch immer Tag war. Sein Erlebnis im Kammon-Haus schien das zu bestÜtigen. Er fand die Lifts. In eine der LifttÅren war ein Toter eingeklemmt. Simon schrie auf, als er aus Versehen Åber das Gesicht der Leiche tastete. Vor den anderen Lifts lag ein umgekippter Gleiter. Ob er zufÜllig hier abgestÅrzt oder als Barrikade gedacht war, lieÄ sich nicht feststellen. Simon begriff, daÄ er hier keine Chancen haben wÅrde und ging weiter in Richtung zur Treppe. Ein paar Schritte weiter hÉrte er wieder Stimmen. In der NÜhe der Treppe schienen Menschen zu sein. Es hÉrte sich an, als wÅrden sie sin gen. Wieder muÄte Simon seine Angst niederkÜmpfen. Er ging entschlossen weiter. Vor der Treppe blieb er stehen. In seiner unmittelbaren NÜhe hielten sich mehrere Leute auf. Ihr Singsang vermischte sich mit dem Heulen des Windes. Die Stimmen klangen monoton. Es gab jedoch einen VorsÜnger, der mehr GefÅhl in seine Stimme legte.
Die Gruppe schien von Simon keine Notiz zu nehmen, denn sie sang weiter, als er schon die ersten Treppenstufen erstiegen hatte. Dann brach der VorsÜnger sein Lied abrupt ab. ÑBlinder Mann!Ö schrie er. Auch die Åbrigen hÉrten jetzt auf zu singen. Es waren ausschlieÄlich stark Verdummte, wie Simon an ihren kindlich wirkenden âuÄerungen feststellen konnte. ÑWas immer dein Ziel ist, du wirst es nicht erreichen. Der Untergang lÜÄt sich nicht aufhalten.Ö Die Stimme des VorsÜngers Åberschlug sich im BemÅhen, den Sturm zu ÅbertÉnen. ÑDu kannst gerettet werden, wenn du dich unserer Gruppe anschlieÄt.Ö Der halbtote Simon ging weiter die Treppe hinauf. Sein ganzes Denken war auf Dr. Fingal konzentriert. Er muÄte sich an diesem Namen fest klammern. ÑDu Narr!Ö schrie ihm der VorsÜnger nach. ÑDu wirst dich nicht retten kÉnnen.Ö Simon begann zu rennen. Dieses Geschrei ging ihm auf die Nerven. Am Ende der Treppe fiel er Åber ein am Boden liegendes BÅndel, das sofort zu schreien begann. Ein Kind! dachte der legitimierte Warenhausdieb. Der Gedanke, daÄ dieses Kind, in durchnÜÄten Decken eingehÅllt, hilf los am Boden lag, weckte Simons Mitleid. Er beugte sich hinab, um das Kind aufzuheben. Es schrie noch lauter. Simon war ratlos. Er trug das Kind ein paar Schritte vor sich her, bis er gegen einen Mast rannte und sich verletzte. Das Kind glitt aus seinen Armen. Er hielt es wieder fest. Er konnte spÅren, wie die HÜndchen des Kindes nach ihm griffen. Es schien etwas zu suchen. Sicher hatte es Hunger. Der halbtote Simon schrie auf, legte das Kind auf den Boden und rannte weiter. Obwohl er durch die Bilder der fliegenden Kameras und die Berichte der Immunengruppen Åber die VerhÜltnisse in Terrania-City unterrichtet war, hatte Coden Opprus geglaubt, daÄ sie auf ihrem Weg zur meteorologischen Hauptstation mit mehr Menschen zusammentreffen wÅrden. Das Gebiet, das sie durchquerten, gehÉrte immer noch zu Imperium-Alpha, aber hier oben gab es weder Schutz-
schirme noch andere Sperren. Die Tatsache, daÄ hier die Zentrale lag, schien viele Verdummte davon abzuàhalten, in dieses Gebiet einzudringen. Opprus, Pohklym und Gryndheim waren auf ihrem Weg nur einem vÉllig verdummten alten Ehepaar begegnet, das ziellos herumirrte und nach Nahrung suchte. Sie hatten ihre VorrÜte den alten Menschen Åbergeben, obwohl sie sich bewuÄt waren, daÄ sie damit das Elend der beiden nur fÅr zwei oder drei Tage gemildert hatten. Das, was sie in ihrer Umgebung sahen, hatte die drei MÜnner schweig sam gemacht. AuÄerdem muÄten sie gegen Sturm und Regen ankÜmpfen, was sie viel Kraft kostete. Opprus blickte mit zusammengekniffenen Augen Åber die StraÄe, auf der sie sich bewegten. Alle TransportbÜnder standen still. Zahlreiche Fahrzeuge standen verlassen am StraÄenrand oder mitten auf der StraÄe. SchrÜg gegenÅber hatte ein abstÅrzender Gleiter eine Hauswand gerammt und war dann am Boden aufgeschlagen. Das Wrack lag vor dem Eingang einer KinderlernstÜtte, seine Insassen waren verschwunden. Opprus glaubte nicht, daÄ sie den Absturz Åberlebt hatten. In Terrania-City kamen die Bestattungsroboter mit ihrer Arbeit noch nach. Opprus blickte auf die Uhr. In zwei Stunden war Sonnenuntergang, aber von der Sonne war an diesem Tag sowieso nicht viel zu sehen gewesen. Es war schon fast dunkel. Der Oberst hatte den Eindruck, daÄ der Sturm an Heftigkeit nachgelassen hatte, aber das konnte auch allmÜhlich GewÉhnung an die WetterverhÜltnisse sein. Das Summen des FunksprechgerÜts erschreckte ihn, denn er hatte jetzt nicht mit einer Kontaktaufnahme gerechnet. ÑHier ist Deighton!Ö meldete sich der Abwehrchef aus der Zentrale. ÑWie kommen Sie voran?Ö ÑBesser, als wir dachtenÖ, erwiderte Opprus. ÑWir werden unser Ziel in einer Stunde erreicht haben, wenn nichts dazwischenkommt.Ö Deighton machte eine kurze Pause. Seine Anspannung war fÅr Opprus unverkennbar. ÑWir haben bestÅrzende Nachrichten aus allen Teilen der Erde erhaltenÖ, sagte Deighton schlieÄlich. ÑDie japanischen KÅstenstÜdte
sind vom Untergang bedroht. Das gleiche gilt fÅr Teile der nordamerikanischen WestkÅste. In Europa hat es zu schneien begonnen und das im Juli!Ö ÑDas hÉrt sich nicht gut anÖ, meinte Opprus. ÑEs wird noch schlimmer kommenÖ, sagte Deighton. ÑEs wird Zeit, daÄ wir die Wettermanipulationen im Orbit wieder korrigieren. So, wie sie jetzt arbeiten, bedeuten sie eine Gefahr fÅr die gesamte Menschheit.Ö ÑWarum werden sie nicht abgeschossen?Ö erkundigte sich Opprus. ÑDann kÉnnen sie keinen Schaden mehr anrichten.Ö ÑDas ist richtigÖ, stimmte Deighton zu. ÑAber Sie wissen ja selbst, daÄ wir das Wetter seit Jahrhunderten vÉllig kontrollieren. Auch wenn wir die Manipulatoren vernichten, wird es weiterhin zu Unwetterkatastrophen kommen, denn es wÅrde Jahre dauern, bis sich das Wetter auf der Erde wieder eingespielt hÜtte. Nein, die Vernichtung der Satelliten wÅrde uns nicht weiterbringen.Ö ÑWir werden uns beeilen und sehen, was wir tun kÉnnenÖ, versprach Opprus. Als sie weitergingen, sagte Gryndheim: ÑEs ist so, wie ich behauptet habe: Unsere AbhÜngigkeit von der Technik kann jetzt den Untergang bedeuten.Ö ÑSei doch endlich ruhig!Ö rief Pohklym mit allen Anzeichen stÜrkster NervositÜt. Er hatte lange Zeit geschwiegen, deshalb Åberraschte dieser GefÅhlsausbruch die beiden anderen MÜnner um so mehr. ÑWas nutzt jetzt das JammernÖ, fuhr Pohklym fort. ÑDie Katastrophe ist geschehen, und wir mÅssen zusehen, daÄ wir retten, was zu retten ist.Ö Opprus hob eine Hand, denn schrÜg vor ihnen verlieÄen fÅnf MÜnner ein GebÜude. Sie waren mit prall gefÅllten Beuteln beladen. ÑPlÅnderer!Ö sagte Gryndheim. ÑWir kÉnnten ihnen klarmachen, daÄ uns Schmarotzer ihrer Art nicht willkommen sind.Ö Opprus legte eine Hand auf den Arm des dicken Mannes. ÑRuhig bleiben, Gryndheim! Wir haben keine Zeit uns mit diesen MÜnnern zu beschÜftigen. AuÄerdem - was wÅrde es nÅtzen, wenn wir diese fÅnf PlÅnderer zwÜngen, die gestohlenen Sachen zurÅck-
zubringen? An einigen tausend Stellen in Terrania-City passiert in diesem Augenàblick etwas âhnliches.Ö Gryndheim grollte: ÑAlso resignieren wir!Ö Opprus antwortete nicht. Er beobachtete die PlÅnderer. Einer der MÜnner wollte seine Beute wegwerfen, doch der AnfÅhrer der kleinen Gruppe redete leidenschaftlich auf ihn ein. Opprus vermutete, daÄ der AnfÅhrer ein relativ intelligent gebliebener Mann war, der eine kleine Bande zusammengestellt hatte. PlÉtzlich blitzte es aus einem der Fenster auf der anderen StraÄenseite auf. Einer der PlÅnderer brach zusammen. Die anderen packten ihre Sachen und rannten davon. Erneut wurde geschossen, doch diesmal traf der unsichtbare SchÅtze nur das ruhende Transportband. Die vier PlÅnderer verschwanden in einem Hauseingang. ÑDort drÅben in den HÜusern hat sich jemand verbarrikadiertÖ, stellte Opprus leidenschaftslos fest. ÑWir mÅssen darauf achten, daÄ wir nicht ebenfalls unter BeschuÄ genommen werden.Ö ÑAnarchie!Ö meinte Gryndheim niedergeschlagen. Ñáberall herrscht Anarchie.Ö Sie hielten sich jetzt dicht an den HÜusern. Opprus lieÄ das Fenster, aus dem die SchÅsse abgegeben worden waren, nicht aus den Augen. Dabei war er sich darÅber im klaren, daÄ der oder die in den GebÜuden Verborgenen sich lÜngst eine andere Stelle gesucht haben konnten. ÑAchtet auf alle Bewegungen!Ö schÜrfte er seinen beiden Begleitern ein. Gryndheim deutete auf die StraÄenbiegung, auf die sie sich zubewegten. ÑDort vorn ist eine UnterfÅhrung. Wenn wir sie benutzen, gelangen wir ebenfalls in den nÜchsten Wohnsektor.Ö Opprus schÜtzte die Entfernung bis zum Eingang der UnterfÅhrung. Sie muÄten etwa dreihundert Meter zurÅcklegen, dann wÅrden sie vor SchÅssen aus dem auf der anderen StraÄenseite liegenden GebÜude sicher sein. ÑWir versuchen es!Ö entschied Opprus. ÑWir fangen auf mein Kommando an zu laufen. Los!Ö Ein Blitz zuckte Åber den Himmel und tauchte die StraÄenschlucht fÅr Bruchteile von Sekunden in helles Licht. In der grellen
Helligkeit nahm Opprus ihre Umgebung wie ein graphisches Bild auf. Die auf der StraÄe liegenden TrÅmmer schienen mit einem feinen MeiÄel ausgestanzt zu sein. Der bei Tageslicht glatt wirkende Stahlbeton der GebÜude sah schroff und rissig aus, in diesen grauen FlÜchen wirkten die Fenster wie aufgeklebte Fetzen aus schwarzem Papier. Der Donner rollte Åber die Stadt hinweg. Regen peitschte Opprus ins Gesicht. Er griff mit beiden HÜnden nach seiner Jacke und zerrte sie Åber den Mund, damit er leichter atmen konnte. Er hatte etwa hundert Meter zurÅckgelegt, als die Unsichtbaren das Feuer wieder erÉffneten. Daran, daÄ zwei SchÅsse von der gegenÅberliegenden StraÄenseite den Boden vor Opprus aufpflÅgten, erkannte der ehemalige Raumfahrer, daÄ sich mindestens zwei Menschen drÅben in den HÜusern befanden. Er konnte ihnen ihre Handlung nicht einmal verÅbeln, denn sie muÄten annehmen, daÄ die drei MÜnner auf der StraÄe zu der Bande gehÉrten, die eines der HÜuser ausgeplÅndert hatte. Opprus begann Haken zu schlagen. Ein Schatten huschte an ihm vor bei. Es war Pohklym, der unglaublich schnell lief, als gÜbe es keinen Sturm und keinen Regen, gegen die sie ankÜmpften muÄten. Opprus machte sich Sorgen um Gryndheim. Der dicke Funker war bereits weit zurÅckgefallen. Ohne lange zu Åberlegen, lehnte Opprus sich mit dem RÅcken gegen die Hauswand und gab ein paar SchÅsse auf die Fensterfront der gegen Åberliegenden GebÜude ab. Er wollte nicht treffen, sondern die Unsichtbaren nur von den Fenstern vertreiben. Gryndheim keuchte heran. ÑWeiterlaufen!Ö schrie Opprus. Der Sergeant nickte dankbar. Von Pohklym war bereits nichts mehr zu sehen. Opprus runzelte die Stirn. Das Verhalten des SolAbMannes gefiel ihm nicht. Sekunden spÜter war er gezwungen, seine Meinung von Pohklym zu Ündern, denn am Eingang der UnterfÅhrung blitzte die Strahlenwaffe des schlanken Mannes auf. Pohklym bestrich ebenfalls die Fenster und gab Gryndheim und Opprus auf diese Weise Gelegenheit, die UnterfÅhrung zu erreichen. Gryndheim und Opprus kamen fast gleichzeitig an.
ÑIch bin fertig!Ö Üchzte Gryndheim. ÑSo schnell bin ich seit meiner Jugend nicht mehr gelaufen.Ö ÑUnd das ist schon lange her!Ö versetzte Opprus bissig. Der Sergeant sah ihn miÄbilligend an. ÑLassen Sie mich erst wieder im Training seinÖ, sagte Gryndheim. ÑDann laufe ich Ihnen davon.Ö Die Spannung fiel von Opprus ab. Er blickte in die UnterfÅhrung. Die Lifts und Rolltreppen standen still. Auf der Plastiktreppe in der Mitte tÅrmten sich unnÅtze GegenstÜnde, die PlÅnderer hier abgeladen hatten. Opprus fragte ich, ob es zu Ühnlichen chaotischen AuswÅchsen gekommen wÜre, wenn die Menschheit ihre Intelligenz behalten hÜtte und von einer anderen Katastrophe mit Ühnlicher Wirkung betroffen worden wÜre. Er nahm an, daÄ sich die Menschen dann nicht viel anders verhalten hÜtten. Vielleicht wÜre es sogar noch schlimmer geworden. So schnell brÉckelte die TÅnche der Zivilisation ab. Pohklym leuchtete mit seinem Scheinwerfer in die Tiefe. Sein Atem ging gleichmÜÄig, und seine Stimme klang vÉllig ruhig, als er sagte: ÑDa ist eine Bombe explodiert. Die Decke ist herabgekommen. Ich weiÄ nicht, ob wir da durchkommen.Ö Opprus stieg ein paar Stufen hinab und sah sich um. Die UnterfÅhrung war vÉllig verwÅstet. Die Richtungshinweise hingen in Fetzen von den aufgebrochenen WÜnden. Ein groÄes, an der Decke angelegtes Aquarium war aufgeplatzt und hatte seinen Inhalt Åber die TrÅmmer ergossen. Die verwesenden Kadaver der Wassertiere verbreiteten einen unangenehmen Geruch. Opprus lieÄ das Licht seines Scheinwerfers Åber die Explosionsstelle wandern. Die Åberall angebrachten automatischen LÉschgerÜte waren durch die wÜhrend der Explosion entstandene Hitze in TÜtigkeit getreten. Die LÉschchemikalien hatten zusammen mit der AquariumsflÅssigkeit die TrÅmmer hier unten zementiert. Opprus ahnte, daÄ sie Stunden brauchen wÅrden, um sich einen Durchgang zu schaffen. EnttÜuscht ging er wieder nach oben, wo Pohklym und Gryndheim auf der Treppe kauerten und die StraÄe beobachteten.
Opprus erklÜrte seinen Begleitern, was er von der Situation hielt. ÑWir mÅssen einen anderen Weg nehmenÖ, meinte Gryndheim. ÑSelbst auf die Gefahr hin, daÄ wir weiterhin als Zielscheiben dienen.Ö Opprus schaute auf die Uhr. ÑEs wird bald vÉllig dunkel sein, dann ist die Gefahr, daÄ man uns angreift, wesentlich geringer.Ö ÑAber die meisten Banden treiben sich nachts drauÄen herumÖ, wandte Gryndheim ein. ÑBei diesem Wetter?Ö fragte Opprus skeptisch. ÑSie werden sich verkrochen haben und auf den nÜchsten Tag warten.Ö MÅdigkeit und ErschÉpfung Åbermannten ihn. Er lieÄ sich auf der Treppe nieder, Éffnete seinen GÅrtel und nahm ein stimulierendes Konzentrat zu sich. ÑGute Idee!Ö sagte Gryndheim und bediente sich ebenfalls. Opprus fragte sich, wie lange sein KÉrper noch durchhalten wÅrde. In den letzten Wochen hatte er zu immer stÜrkeren Anregungsmitteln greifen mÅssen, um mit einem Minimum von drei bis vier Stunden Schlaf auskommen zu kÉnnen. ÑIch sehe mich ein biÄchen umÖ, erbot sich Pohklym und schlich geduckt davon. Gryndheim wartete, bis Pohklym auÄer HÉrweite war. ÑWas halten Sie von ihm, Opprus?Ö Opprus sah Gryndheim Åberrascht an. ÑWie meinen Sie das?Ö Der Funker verzog das Gesicht. ÑWas wissen wir Åber ihn? Angeblich ist er von der SolAb. Aber als er zu uns kam, besaÄ er keine Papiere. Wir konnten seine IdentitÜt nicht prÅfen.Ö Opprus lachte auf. ÑWas soll das? Kein Mensch in Imperium-Alpha denkt daran, die IdentitÜt eines Immunen zu ÅberprÅfen. Wir sind froh um jeden, der zu uns kommt, um uns zu helfen.Ö Die Blicke Gryndheims blieben auf die Stelle gerichtet, wo Pohklym bis vor wenigen Augenblicken gekauert hatte. ÑIrgendwie ist mir der Kerl unheimlich. Er redet nicht viel, weiÄ Åber alles Bescheid und kann eine Menge.Ö ÑDas klingt eher nach einer Qualifikation als nach einer AbwertungÖ, meinte Opprus.
Gryndheim flÅsterte eine VerwÅnschung und schwieg. Wenige Augen blicke spÜter tauchte Pohklym am oberen Treppenrand auf und winkte ihnen. Opprus und Gryndheim erhoben sich. ÑDort!Ö sagte Pohklym und deutete auf einen umgestÅrzten Prallgleiter neben einem Brunnen. ÑZwischen den SÜulen und dem Gleiter gibt es einen Durchgang.Ö Opprus blickte sich um. Alles blieb ruhig. Vielleicht hatten die Menschen in den GebÜuden ihre Absichten aufgegeben. Im Prallgleiter lag ein toter Mann. Er hatte das Genick gebrochen. Opprus ahnte, daÄ es erst vor ein paar Stunden geschehen war. Die Polster des Flugzeugs waren in Brand geraten und sofort gelÉscht worden. Der Inhalt der LÉschautomatik klebte dem Toten wie Schnee im Gesicht und an den HÜnden. Der Brunnen funktionierte nicht mehr. Seine DÅsen, die farbiges Wasser in Antigravitationsfelder gesprÅht hatten, ragten wie erhobene Arme aus dem gefÅllten Becken. Zentrum des Beckens bildete die abstrakte Darstellung der STARDUST I, jenes legendÜren Raumschiffs, mit dem Perry Rhodan im Jahr 1971 zum Mond geflogen war. FÅr Opprus war diese Zeitspanne nicht mehr vorstellbar. Und doch gab es ein paar Menschen, die damals schon gelebt hatten. Die drei MÜnner schoben sich zwischen den BrunnensÜulen und dem Gleiter auf den freien Platz, in den die StraÄe mÅndete. Opprus wuÄte, daÄ hier frÅher eine FreilichtbÅhne existiert hatte. Doch daran erinnerten nur noch die Einzelteile von TribÅnengerÅsten, die Åberall herumlagen. Die groÄe Wand eines VerwaltungsgebÜudes im Hintergrund zeigte noch das verwaschen aussehende BÅhnenbild der letzten AuffÅhrung. Auch dieser Sektor gehÉrte noch zu Imperium-Alpha; frÅher hatten in den umliegenden HÜusern Techniker und Ingenieure aus der Zentrale gewohnt. KaufhÜuser und kulturelle Einrichtungen waren eigens fÅr die Bediensteten von Imperium-Alpha entstanden. Zu diesem Gebiet der Zentrale hatten jedoch alle Stadtbewohner Zutritt gehabt. Das Wohnviertel von Imperium-Alpha war eines der kulturellen Zentren von Terrania-City gewesen. ÑWir bleiben dicht bei den GebÜudenÖ, befahl Opprus.
Regen und die hereinbrechende Dunkelheit verhinderten, daÄ sie den groÄen Platz vÉllig Åbersehen konnten. Im Hintergrund schwebten ein paar Leuchtkugeln, die ihre Energie aus einer noch funktionierenden Energiequelle bezogen. Opprus umklammerte seine Waffe und setzte sich in Bewegung. Er war entschlossen, jedem Kampf aus dem Weg zu gehen. Ihr Ziel war die meteorologische Hauptstation. Sie muÄten sie auf dem schnellsten Weg erreichen. áber den LÜrm des Sturmes hinweg vernahm Opprus ein rhythmisches HÜmmern, das aus dem Haus kam, an dem sie gerade vorbeigingen. Gryndheim sah ihn fragend an. ÑWir kÅmmern uns nicht darum!Ö entschied Opprus. Quer Åber den Platz kamen zwei abgemagerte struppige Hunde. Sie knurrten und bellten gegen den Regen. Dann senkten sie die Nasen wie der tief auf den Boden, als witterten sie irgend etwas. Opprus fragte sich, inwieweit die Tiere von der Verdummung betroffen waren. Darum hatten sie sich noch nicht gekÅmmert, weil sie keine Zeit dazu hatten. Die Tiere besaÄen in jedem Fall noch ihren Instinkt, den die Menschen und andere hochzivilisierte VÉlker fast vÉllig verloren hatten. WÜhrend er die beiden Hunde beobachtete, Åberlegte Opprus, was mit ihren ehemaligen Besitzern geschehen sein mochte. Solange man zurÅckdenken konnte, hatten Menschen und Hunde zusammengelebt, ihre Freundschaft hatte Åber Jahrtausende hinweg angedauert. Opprus fragte sich, was Hund und Mensch miteinander verband. War es die Bereitschaft zur UnterwÅrfigkeit, die den Hund zu einem Freund der Menschen machte? Die Gedanken des Mannes wurden unterbrochen, als unmittelbar vor ihnen zwei HalbwÅchsige aus einem Torbogen traten. Einer von ihnen besaÄ einen LÜhmstrahler. Er hielt ihn, als wÅÄte er nicht genau, wie er damit umzugehen hatte. Der junge Mann zielte auf die Hunde. Er traf einen. Das Tier begann zu jaulen, als seine Beine den Dienst versagten und unter ihm wegknickten. Der zweite Hund bellte heftig. Seine Nackenhaare strÜubten sich. Als er an seinem gelÜhmten Begleiter zu schnÅffeln begann, wurde auch er von einem Strahl erfaÄt und fiel zu Boden. Er lag auf dem RÅcken, seine LÜufe zuckten konvulsivisch. Die bei-
den HalbwÅchsigen hatten Opprus und dessen Begleiter noch nicht gesehen. Sie stieÄen unverstÜndliche Schreie aus und rannten auf die Hunde zu. Jeder von ihnen ergriff sich ein Tier und warf es Åber die Schulter. ÑWas haben die vor?Ö fragte Gryndheim unsicher. Opprus musterte ihn Åberrascht. ÑWissen Sie das nicht?Ö Der Sergeant wich seinem Blick aus. ÑIch kann es mir fast denken.Ö Einer der Jungen blieb plÉtzlich stehen und stieÄ seinen Begleiter an. Er machte ihn auf die zwei MÜnner in der NÜhe des Hauses aufmerksam. Sofort lieÄ der zweite HalbwÅchsige den Hund fallen und griff nach dem LÜhmstrahler. ÑAufpassen!Ö sagte Opprus. Er hob seine Waffe und zielte sorgfÜltig. Bevor der Junge abdrÅcken konnte, hatte Opprus ihm die Waffe zerstrahlt. Die Hitze erfaÄte die Hand des jungen Mannes. Er schrie auf. ÑKommt!Ö rief Opprus und rannte auf die beiden Fremden zu. Der unbewaffnete HalbwÅchsige versuchte, seinen Hund vor den Blicken der drei MÜnner zu verstecken. Seine Unbeholfenheit machte deutlich, in welcher geistigen Verfassung er sich befand. ÑIhr braucht euch nicht zu fÅrchten!Ö rief Opprus. ÑWir tun euch nichts.Ö ÑDas ist mein HundÖ, sagte der Junge, der die Waffe getragen hatte. Er bÅckte sich und krallte seine HÜnde in das nasse Fell des bewuÄtlosen Tieres. ÑDas ist mein Hund.Ö Der zweite Junge begann zu schluchzen. ÑNehmt die beiden mitÖ, sagte Opprus leise. ÑNiemand will sie euch abnehmen.Ö ÑOnkel Bea?Ö fragte der zweite Junge schÅchtern. Er trat nÜher heran und fixierte Opprus aufmerksam. ÑOnkel Bea?Ö ÑIch bin nicht dein OnkelÖ, versetzte Opprus. ÑSag mir, wer du bist.Ö ÑPernickÖ, sagte der Junge mÅhsam. Mit dem Namen schienen sich fÅr ihn traurige Erinnerungen zu verbinden, denn er begann noch lauter zu schluchzen. Sein Begleiter packte ihn mit einer Hand und zog ihn auf das Haus zu.
ÑMancheÖ, sagte Gryndheim erschÅttert, Ñwissen Åberhaupt nichts mehr. Wie sollen sie existieren?Ö ÑWenn wir anfangen, uns darÅber Gedanken zu machen, werden wir den Verstand verlieren.Ö Sie gingen weiter. Hinter dem Wohnsektor lag ein Gebiet, das frÅher als Sperrzone gegolten hatte und nur fÅr Mitarbeiter der Zentrale betret bar war. Doch das war jetzt vorbei. Die relativ wenigen Immunen waren nicht in der Lage, die an der OberflÜche liegenden Stationen von Imperium-Alpha ebenfalls zu bewachen. Da dort keine lebenswichtigen Stationen lagen, hatten Danton und Galbraith Deighton dieses Gebiet freiwillig gerÜumt. Nur ein paar Roboter patrouillierten dort, um eventuell angreifende Banden rechtzeitig entdecken zu kÉnnen. Nun hatte sich herausgestellt, daÄ jemand, der intelligent genug war, um die VerhÜltnisse genau zu kennen, die Lage genutzt hatte und von dem gerÜumten Sektor aus in die Wetterstation eingedrungen war. Die Saboteure waren noch nicht einmal von den Robotern entdeckt worden. FÅr die Besatzung der Wetterstation muÄte der áberfall Åberraschend gekommen sein. Das lieÄ die Verantwortlichen vermuten, daÄ die verbrecherischen Eindringlinge genau gewuÄt hatten, wie sie vorgehen muÄten. FÅr Opprus war es unbegreiflich, wie jemand so etwas tun konnte. Die TÜter - es schien festzustehen, daÄ es mehrere gewesen waren - muÄten gewuÄt haben, daÄ sie mit ihrem Vorgehen Millionen Menschen den Tod bringen konnten. Opprus wurde den Verdacht nicht los, daÄ der Homo superior mit der Sabotage zu tun hatte. Als es fast vÉllig dunkel geworden war, erreichten die drei MÜnner das ehemalige Sperrgebiet hinter dem Wohnsektor. Der Regen hatte nachgelassen, aber der Sturm blies mit unverminderter Heftigkeit durch die StraÄen. Im Westen der Stadt schien eines der groÄen Vorratslager in Flammen zu stehen, denn dort leuchtete der Himmel rÉtlich. Die warmen und kalten Luftschichten in der AtmosphÜre waren in Bewegung geraten, wo sie aufeinanderprallten, kam es zu Unwettern. Opprus rechnete damit, daÄ die Gewitter tagelang oder sogar wochenlang toben und damit eine gefÜhrliche
Entwicklung einleiten wÅrden. NatÅrlich wÅrde sich das Wetter auch ohne Zutun der Menschen eines Tages wieder stabilisieren, aber dann konnte es bereits zu folgenschweren klimatischen VerÜnderungen gekommen sein. Die Energiebarrieren, die vor der Katastrophe das Sperrgebiet abgegrenzt hatten, existierten nicht mehr. Die rund um den Wohnsektor fÅhrende HochstraÄe war unbeschÜdigt. Es lagen auch kaum AbfÜlle und TrÅmmer herum. ÑHier haben sich noch nicht viele Verdummte herumgetriebenÖ, stellte Coden Opprus fest. ÑDas Wissen um die Sperrbezirke scheint noch tief in ihrem BewuÄtsein verankert zu sein.Ö Sie betraten das Sperrgebiet durch die Tore eines Wachforts. Im Innern des flachen GebÜudes brannte die Notbeleuchtung. Die Fenster waren zerstÉrt, aber das konnte auch wÜhrend des Unwetters geschehen sein. Opprus trat an eines der Fenster und blickte in das bunkerÜhnliche GebÜude. ÑEs sieht nicht so aus, als wÜre nach der Katastrophe schon jemand hier gewesenÖ, meinte er. Gryndheim trat neben ihn und deutete auf das KÅhlfach in der hinteren Wand. ÑDa sind bestimmt noch eÄbare Dinge drin.Ö ÑEs wird nicht lange dauern, dann werden die PlÅnderer ihre RaubzÅge bis in dieses Gebiet ausdehnen.Ö Gryndheim schaute ihn fragend an. ÑWollen Sie jeden hungrigen Dieb als PlÅnderer bezeichnen?Ö ÑIch weiÄ nicht rechtÖ, gestand Opprus. ÑWelche MaÄstÜbe wollen wir wÜhrend der Katastrophenzeit Åberhaupt anlegen? Haben Gesetze, die auf vernÅnftige und intelligente Menschen anzuwenden waren, jetzt noch GÅltigkeit? KÉnnen wir einen Verdummten den gleichen Gesetzen unter werfen?Ö ÑWir sind keine JuristenÖ, meinte Gryndheim. ÑIch bin auÄerordentlich froh, daÄ ich nicht entscheiden muÄ, was jetzt in einzelnen FÜllen geschehen soll.Ö Im Licht eines Blitzes leuchtete Opprus' Gesicht auf.
ÑDie Berichte der Immunenkommandos beweisen, daÄ die Menschheit sich auf dem freien Land wieder neue Gesetze zu geben beginnt. In vielen Gebieten ist es zur Lynchjustiz gekommen.Ö Opprus blieb stehen und blickte sich um. ÑWir sind jetzt im Gebiet der meteorologischen Station. Es gibt mindestens ein Dutzend EingÜnge, durch die die Saboteure in tiefere Etagen eingedrungen sein kÉnnen. Es ist also sinnlos, den richtigen Platz zu suchen. Wir benutzen den ersten intakten Lift oder jeden anderen freien Zugang.Ö Sie blieben auf der StraÄe, die quer durch den ehemaligen Sperrsektor fÅhrte. In der nÜheren Umgebung standen verhÜltnismÜÄig wenig GebÜude. In erster Linie waren es Kontroll- und SendetÅrme. Verwaltungsbauten und Maschinenanlagen unter kuppeifÉrmigen Hallen. ÑWo kÉnnen die Menschen sein, die frÅher hier gearbeitet haben?Ö fragte Gryndheim nachdenklich. ÑWarum ist noch niemand auf die Idee gekommen, sich an seinem Arbeitsplatz umzusehen?Ö ÑSie wissen, daÄ die meisten Einwohner Terrania-City verlassen habenÖ, erinnerte ihn Coden Opprus. ÑDas gilt auch fÅr die verdummten Mitarbeiter von Imperium-Alpha.Ö áberall standen Fahrzeuge herum. Einige waren umgekippt oder gegen die StraÄensperrung gefahren. Das bewies Opprus, daÄ ein paar Verdummte versucht hatten, mit diesen Fahrzeugen aus der Stadt zu fliehen. Doch sie waren nicht mehr fÜhig gewesen, die Steuerung der Wagen zu bedienen. ÑDort drÅben ist eine Liftstation!Ö rief Pohklym. ÑSie haben Augen wie eine Eule!Ö stellte Gryndheim fest. ÑIch kann nichts sehen.Ö Sie gingen in der von Pohklym angegebenen Richtung. Wenig spÜter sah Opprus im Licht der Blitze die Liftstation. Sie bestand aus vier unter einem flachen Dach liegenden Transportlifts und sechs Personenlifts. ÑWahrscheinlich mÅssen wir mit unseren Antigravprojektoren durch einen freien Schacht fliegenÖ, vermutete Opprus. ÑDie Beleuchtung der Liftstation ist auÄer Betrieb. Ich nehme an, daÄ die gesamte Station keine Energie mehr zugefÅhrt bekommt.Ö Eine schnelle Kontrolle am Ziel bestÜtigte seine Vermutung. Die drei MÜnner suchten einen Schacht, der frei war. Opprus zerstrahlte
den VerschluÄmechanismus einer LifttÅr und leuchtete in den Schacht hinab. ÑDer Tragkasten ist nicht zu sehen, wir kÉnnen also tief in die Station eindringen.Ö Er befestigte seine Lampe am GÅrtel und glitt in die Tiefe. Die beiden anderen folgten ihm. Ein paar Etagen tiefer sah Opprus eine offenstehende TÅr. Er hielt an und landete sicher im Vorraum einer groÄen unterirdischen Halle. Das Zentrum der meteorologischen Station lag noch drei Etagen tiefer, aber der Raum, den er jetzt betreten hatte, gehÉrte bereits zur zerstÉrten Anlage. Im Licht seines Scheinwerfers sah Opprus schwarze WÜnde. Hier hatte es vor ein paar Stunden noch gebrannt. Der Geruch nach verschmortem Kunststoff war unverkennbar. Opprus fragte sich, wie es im Zentrum aus sehen muÄte, wenn bereits hier SchÜden feststellbar waren. Wahrscheinlich wÜre die gesamte Wetterstation ausgebrannt, wenn es keine feuersicheren WÜnde und automatischen LÉscheinrichtungen gegeben hÜtte. Der Lichtstrahl von Opprus' Scheinwerfer huschte Åber den Boden und blieb an einem menschlichen KÉrper haften. ÑDa liegt jemand!Ö rief Gryndheim. Der fette Sergeant watschelte auf den am Boden liegenden Mann zu. ÑAufpassen!Ö warnte Opprus. Gryndheim drehte den Mann auf den RÅcken. ÑTot!Ö rief er bitter. ÑAber nicht das Feuer hat ihn getÉtet.Ö Opprus war nÜher herangekommen und sah, was Gryndheim meinte. Das Gesicht des Toten war durch einen StrahlschuÄ beinahe unkenntlich geworden. Opprus lÉschte seinen Scheinwerfer. ÑEs ist nicht mehr festzustellen, ob dieser Mann zur Besatzung gehÉrte oder zu den Angreifern.Ö ÑEr trÜgt eine UniformÖ, sagte Gryndheim. Opprus winkte ab. ÑDas ist bedeutungslos. Es ist mÉglich, daÄ die Banditen sich mit Uni formen ausgerÅstet haben, um leichter Åberall eindringen zu kÉnnen.Ö
Der Boden der Halle war blasig. Die Luft war schlecht und stickig, ein sicheres Zeichen, daÄ auch die Klimaanlagen nicht mehr funktionierten. An den hinteren EingÜngen standen zwei LÉschroboter mit schuÄbereiten LÉschdÅsen. Die TÅren waren Åber und Åber mit chemikalischen LÉsungen bedeckt. Ihrer Programmierung gemÜÄ hatten die Roboter versucht, ein ábergreifen des Feuers auf andere RÜume zu verhindern. Opprus muÄte sich gegen eine TÅr stemmen, um sie zu Éffnen. Im Korridor, den er betrat, schlug ihm kÅhle Luft entgegen. Das Licht seines Scheinwerfers fiel auf ein Schild: ZUM ARCHIV. Opprus hatte sich einen Lageplan der Wetterstation angesehen und wuÄte, daÄ von der Zentrale zahlreiche SchÜchte und Lifts zum Archiv fÅhrten. Im Archiv befanden sich nicht nur alle Wetterkarten, sondern auch die Programmierungsunterlagen fÅr die Wettersatelliten. Das Archiv, so erinnerte sich Opprus, bestand aus einem groÄen Raum mit kreisfÉrmigem GrundriÄ. Ein halbes Dutzend kleinerer RÜume gruppierten sich gleichmÜÄig um ihn herum. Die Lichter der drei Scheinwerfer tanzten Åber den Boden. Vor den MÜnnern tauchte der Eingang zum Archiv auf. Die TÅr war aus den Angeln gerissen und lag am Boden. Ein Teil der Decke war heruntergebrochen. ÑHier sind sie in Richtung Zentrale vorgestoÄenÖ, erkannte Opprus. ÑSie haben den Eingang gesprengt. Das bedeutet, daÄ sie sehr methodisch vorgegangen sind.Ö Er kletterte Åber die TrÅmmer in den nÜchsten Raum. Im Hintergrund des Raumes blitzte es auf. Opprus lieÄ sich instinktiv zu Boden fallen. Ein StrahlschuÄ streifte seine Schulter und lieÄ den Schutzanzug aufglÅhen. Gryndheim und Pohklym gingen in Deckung. Opprus hÉrte die keuchende Stimme des dicken Funkers. ÑSind Sie in Ordnung?Ö ÑJaÖ, gab Opprus zurÅck. Sie hatten ihre Scheinwerfer gelÉscht. Es war jetzt vÉllig dunkel. Opprus konnte nicht genau sagen, von wo der SchuÄ abgegeben worden war, auÄerdem war nicht anzunehmen, daÄ der SchÅtze seine Stellung beibehalten hatte.
Opprus Åberlegte, ob sich hier unten noch Saboteure aufhielten oder ob der SchÅtze zu den Åberlebenden Besatzungsmitgliedern der Wetterstation gehÉrte. Er beschloÄ, ein Risiko einzugehen. ÑHier ist Coden Opprus!Ö rief er in die Dunkelheit. ÑZwei Mitarbeiter begleiten mich. Wir kommen von Imperium-Alpha und wollen nachsehen, was hier geschehen ist.Ö Die Antwort war ein SchuÄ. Opprus kauerte sich tief auf den Boden. Er hÉrte, wie jemand an seine Seite kroch. Gleich darauf flÅsterte Pohklym: ÑIch kÅmmere mich um diese Sache.Ö Er wollte weiterkriechen, doch Opprus hielt ihn fest. ÑDas ist zu gefÜhrlich!Ö Pohklym lachte leise. ÑMeinen Sie? Ich nehme das Risiko auf mich.Ö Opprus Ürgerte sich Åber die Gelassenheit des ehemaligen SolAb-Agenten. ÑIch gebe hier die Befehle!Ö rief er erzÅrnt. Pohklym antwortete nicht. Opprus lieÄ ihn los. Sofort verschwand der schlanke Mann von seiner Seite. Opprus fluchte, denn er ahnte, daÄ Pohklym davonkroch, um seine Absichten zu verwirklichen. Neben Opprus polterte ein StÅck Metall auf den Boden. Er zuckte zusammen. ÑTut mir leid!Ö sagte Gryndheim. ÑIch habe ein biÄchen Schwierigkeiten, hier durchzukommen.Ö ÑDann bleiben Sie, wo Sie sind!Ö fuhr Opprus den Funker an. Gryndheim antwortete nicht, aber er hatte sich offenbar bis in Opprus' unmittelbare NÜhe vorgearbeitet. Opprus hÉrte den dicken Mann heftig atmen. Er fragte sich, wo Pohklym war. Solange der Meteorologe irgendwo im Archiv herumkroch, muÄten Gryndheim und er sich still verhalten. PlÉtzlich ertÉnte ein Aufschrei. Opprus sprang auf die Beine. ÑPohklym!Ö schrie er alarmiert. Er gab keine Antwort. ÑDa ist etwas passiert!Ö sagte Opprus in Gryndheims Richtung und lieÄ seinen Scheinwerfer aufflammen.
Am anderen Ende des Raumes stand Janus Pohklym. Vor ihm lag ein junger Mann auf dem Boden, die Arme weit gebreitet und einen Strahlenkarabiner unter der Brust. Pohklym grinste. ÑEr ist noch ein halber Junge.Ö Opprus' Gesicht verÜnderte sich. Er rannte in langen SÜtzen durch den Raum. ÑHaben Sie ihn umgebracht?Ö herrschte er Pohklym an. Pohklym lachte. ÑKeine Sorge! Er ist nur bewuÄtlos. Die Wunden, die Åberall an seinem KÉrper zu sehen sind, stammen noch vom Kampf gegen die Sabo teure.Ö Erst jetzt entdeckte Opprus das Symbol der Meteorologen auf den ârmeln des BewuÄtlosen. Es war die Silhouette eines Wettersatelliten vor dem Hintergrund einer hellen Sonnenscheibe. ÑDer arme BurscheÖ, sagte Gryndheim. ÑWahrscheinlich gibt es auÄer ihm keine áberlebenden mehr.Ö Die drei MÜnner betraten das Hauptarchiv. UmgestoÄene Regale versperrten ihnen den Weg. Auch hier hatte es an verschiedenen Stellen gebrannt. Opprus trat an einen Verbindungsschacht und leuchtete in die Zentrale hinab. Das Licht fiel genau auf eine Schaltanlage. Sie war explodiert und ausgebrannt. Opprus biÄ die ZÜhne zusammen. Es gehÉrte nicht viel Phantasie dazu, um sich vorzustellen, daÄ es Åberall in der Zentrale so aussah. Das bedeutete, daÄ es in den nÜchsten Monaten auf der Erde zu noch schwereren Unwetterkatastrophen kommen wÅrde. Opprus schaltete sein FunkgerÜt ein und rief Imperium-Alpha. Deighton meldete sich sofort. ÑHier ist Coden OpprusÖ, sagte der Oberst. ÑWir haben die Wetterstation erreicht. Die Zentrale ist vollkommen zerstÉrt. Wir werden jetzt versuchen, die Notanlage zu erreichen und in Betrieb zu nehmen.Ö Eine Weile blieb es still. ÑTun Sie, was Sie fÅr richtig haltenÖ, sagte Deighton schlieÄlich.
11.
Die Roboter aus der Wasnin-Kapelle hatten zu Fingais Gruppe aufgeschlossen. Garrigue Fingal gab ihnen Åber ein FunksprechgerÜt Befehle. Von Fingais Bande waren inzwischen vier MÜnner zurÅckgeblieben. Einer war von einer WindbÉ erfaÄt und Åber das GelÜnder der HochstraÄe geschleudert worden. Die drei anderen waren in der Dunkelheit verschwunden. Wahrscheinlich hatten sie sich irgendwo verkrochen. ÑWir mÅssen dichter zusammenbleiben!Ö schrie Fingal, obwohl er nicht sicher sein konnte, daÄ er von allen verstanden wurde. Er packte Verdere am Arm. ÑDu bleibst am SchluÄ unserer Gruppe!Ö befahl er. ÑIch will nicht, daÄ wir noch mehr Leute verlieren.Ö Der Afrikaner nickte. ÑWarte!Ö fuhr Fingal fort. ÑSchalte den Scheinwerfer ein. Wir werden uns Signale geben. Wenn etwas nicht in Ordnung ist, lÜÄt du dreimal das Licht aufblitzen. Ich zeige es dir.Ö Verdere begriff schnell - eigentlich viel zu schnell fÅr einen Verdumm ten. Fingal erklÜrte sich die Reaktion des Schwarzen stÜndig damit, daÄ Mrozek Verdere frÅher Åberdurchschnittlich intelligent gewesen war. Fingais Bande hatte die HochstraÄe lÜngst hinter sich gelassen und bewegte sich entlang der frÅheren Grenzen von ImperiumAlpha. Wie Fingal vermutet hatte, gab es keine Wachen. Ab und zu sahen sie ein paar Roboter, doch diese hatten offenbar den Auftrag, sich nicht um umheràstreifende Menschen zu kÅmmern. Die automatischen WÜchter wÅrden nur eingreifen, wenn ein direkter Angriff auf Imperium-Alpha zu befÅrchten war. Fingal wuÄte, daÄ er auch auf flugfÜhige Kameras achten muÄte, die jedoch bei diesem Sturm nicht mit der gewohnten PrÜzision arbeiten wÅrden. Der Galaktopsychologe war froh, daÄ sich die vierzig Kampfroboter nicht vom Sturm beeinflussen lieÄen. Seine Kenntnisse Åber die Lager und UnterkÅnfte der Solaren Flotte in Terrania-City hatten
ihm die Umprogrammierung dieser Kampfmaschinen unmittelbar nach der Verdummungswelle ermÉglicht. Diese vierzig Roboter sollten im Kampf gegen die Besatzung von Imperium-Alpha eine entscheidende Rolle spielen. Fingal war entschlossen, die Maschinen in einem Scheingefecht zu opfern. Der frontale Angriff der Roboter wÅrde die Verteidiger zu einer Massierung ihrer AbwehrkrÜfte zwingen. Das wÅrde Fingal und seiner Bande Gelegenheit geben, an einer anderen Stelle tief in die Zentrale einzudringen und dann wichtige Anlagen mit Hilfe der mitgefÅhrten Bomben zu sprengen. Fingal wuÄte, daÄ die Immunen keine Chance mehr haben wÅrden, wenn die Zentrale funktionsunfÜhig war. Fingal blieb stehen, um sich zu orientieren. Er kannte sich in dieser Gegend genau aus, denn er war oft hier vorbeigekommen und hatte Åber legt, wie er sich rÜchen kÉnnte. Die Hinweiszeichen auf dem Boden waren zum Teil unter TrÅmmern begraben, aber Fingal genÅgten die Fassaden der verschiedenen GebÜude zur Orientierung. Er lieÄ den Lichtstrahl seines Scheinwerfers Åber die HauswÜnde wandern. In dieser Gegend hatte frÅher das Verwaltungspersonal von Imperium-Alpha gearbeitet. Fingal fÅhrte seine Gruppe zwischen zwei HÜuserreihen hindurch auf das eigentliche Gebiet der Zentrale. Sie kamen an einem Landeplatz fÅr Fluggleiter vorbei. Auf der StraÄe lagen umgekippte und ausgebrannte Maschinen. ÑWir werden uns jetzt von den Robotern trennen!Ö schrie Fingal, als sie einen windgeschÅtzten Hangar durchquerten. ÑDie Maschinen wer den in diesem Gebiet LÉcher in den Boden bohren und BetÜubungsgas in die unteren Etagen blasen. Danach werden sie selbst in die tieferen Zonen von Imperium-Alpha vordringen. Das wird die Besatzung der Zentrale veranlassen, ihre KrÜfte hier zu konzentrieren. Inzwischen wer den wir an einer anderen Stelle eindringen.Ö Das Scheinwerferlicht glitt Åber mÅde, stumpfsinnig wirkende Gesichter, die kein VerstÜndnis zeigten. Fingal erkannte, daÄ es Zeit wurde, die Leute in den Kampf zu schicken. Er sprach in sein KommandogerÜt. Nachdem er sich Åberzeugt hatte, daÄ die Roboter befehlsgemÜÄ aus dem Hangar verschwan-
den, lieÄ er seinen zweiten Scheinwerfer aufblitzen. Sie muÄten sich jetzt beeilen, wenn sie ihr Ziel rechtzeitig erreichen wollten. ÑKommt!Ö schrie er. Die ehemaligen Patienten folgten ihm aus dem Hangar. Fingal begann zu rennen. Er hielt den Kopf gesenkt. Der Sturm begann ihm SpaÄ zu machen. Einen besseren VerbÅndeten hÜtte er sich in dieser Nacht nicht wÅnschen kÉnnen. Er hÉrte ein paar dumpfe GerÜusche. Das waren die Roboter, die die ersten Sprengungen und Bohrungen vornahmen. NatÅrlich wÅrde man die Explosionen auch in der Zentrale von Imperium-Alpha orten, doch es wÅrde einige Zeit dauern, bis die Besatzung merken wÅrde, was tatsÜchlich geschah. Fingal kicherte. Die Kundschafter, die Deighton und Danton ausschicken wÅrden, muÄten in die mit BetÜubungsgas gefÅllten Korridore laufen. Vielleicht hatten sie noch Zeit, um die Zentrale zu informieren. Doch auch das war im Sinne von Fingais Plan. Deighton und Danton wÅrden das vermeintlich bedrohte Gebiet mit allen KrÜften abzusichern versuchen. Dadurch wÅrde Fingal Zeit und Gelegenheit bekommen, um das Zentrum von Imperium-Alpha anzugreifen und zu zerstÉren. PlÉtzlich blitzte ein paar Meter vor Fingal ein Scheinwerfer auf. Der Arzt riÄ seine Waffe hoch. Er vermutete, daÄ sich vor ihnen ein paar Immune befanden. Es war ausgesprochenes Pech, daÄ er mit seiner Bande dieser Patrouille in die Arme lief. Ein Blitz erhellte das Gebiet Åber Imperium-Alpha. Fingal sah zwei bewaffnete MÜnner in der Uniform der Solaren Flotte vor einem flachen, bunkerÜhnlichen GebÜude stehen. ÑStehenbleiben!Ö rief einer von ihnen. ÑIdentifizieren Sie sich.Ö Fingal lachte hÉhnisch und gab einen SchuÄ ab. Das Licht aus dem Scheinwerfer eines der Raumfahrer beschrieb einen Bogen und kam erst auf dem Boden zur Ruhe. Fingal wuÄte, daÄ er getroffen hatte. Er hÉrte, daÄ der zweite Raumfahrer einen Fluch aus stieÄ.
Fingal schoÄ noch einmal, aber der zweite Mann hatte sich zu Boden geworfen und das Feuer erÉffnet. Hinter Fingal brach ein Mitglied der Bande getroffen zusammen. Fingal feuerte in die Dunkelheit, obwohl er nicht sicher sein konnte, ob er treffen wÅrde. Wieder tauchte ein Blitz die Stadt Åber Imperium-Alpha in gespenstisches Licht. Weit im Hintergrund glaubte Fingal die groÄen KontrolltÅrme der Zentrale zu sehen. Der Platz vor dem flachen Bunker jedoch wirkte wie leergefegt. Fingal murmelte einen Fluch. Wo war der zweite Mann geblieben? Ein Einzelner war unter diesen UmstÜnden in der Lage, alle PlÜne des Psychologen zunichte zu machen. ÑBleibt liegen!Ö rief Fingal seinen Begleitern zu, die inzwischen Åber all in der Umgebung Deckung gesucht hatten. Auf allen vieren begann der Arzt auf den Bunker zuzukriechen. Er zuckte zusammen, als plÉtzlich jemand an seiner Seite auftauchte, ein Mann, der mit affenartiger Behendigkeit flach Åber den Boden huschte. ÑMrozek Verdere!Ö zischte Fingal. ÑDu hast mich erschreckt.Ö Ein Blitz lieÄ Verderes Gesicht seltsam deutlich erscheinen. Es war naÄ und schwarz, aber allein der ernste Ausdruck lieÄ es wie eine Maske wirken. Verdere legte eine Hand auf Fingais Schulter. ÑWarten Sie!Ö Fingal stutzte. Der Farbige sprach deutlich und bestimmt, nicht wie ein Verdummter. ÑWas ist los, Mrozek?Ö ÑIch bin mit Ihnen gegangen, weil ich damit rechnete, daÄ Sie verschiedene Anlagen von Imperium-Alpha zerstÉren wÅrden. Ich hÜtte Ihnen dabei sogar geholfen.Ö ÑWas, zum Teufel, denken Sie, was ich vorhabe?Ö Fingal merkte Ürgerlich, daÄ er Verdere jetzt mit >Sie< anredete. ÑIch wuÄte nicht, daÄ sie morden wollenÖ, entgegnete Verdere. ÑDa mache ich nicht mit!Ö Fingal richtete sich langsam auf. Er hatte die Gefahr, die ihm von dem verborgenen Raumfahrer drohte, vÉllig vergessen. Auch Verdere erhob sich. Er lehnte sich nach vorn, um dem Sturm besser Widerstand leisten zu kÉnnen.
Er sagte etwas, aber Fingal sah nur die Lippenbewegungen, die Worte gingen im DonnergetÉse unter. Der Galaktopsychologe machte einen Schritt auf den Schwarzen zu, aber Verdere wich nicht zurÅck. Fingal leuchtete ihm ins Gesicht, lieÄ aber den Scheinwerfer unwillkÅrlich wieder sinken, als er die aufgerissenen Augen seines GegenÅbers sah. ÑHomo superior!Ö schrie Fingal mit sich Åberschlagender Stimme. ÑSie gehÉren zu diesen verdammten Narren, Verdere!Ö Der Schwarze nickte langsam. ÑVerschwinden Sie!Ö tobte Fingal, der vÉllig die Beherrschung verloren hatte. ÑSie kÉnnen mich nicht aufhalten.Ö Verdere lÜchelte ihm zu. ÑIch werde es aber versuchen. Auf dieser Welt sollen keine Morde mehr geschehen.Ö Fingal begriff, daÄ er, wenn er seine PlÜne verwirklichen wollte, Verdere aus dem Weg rÜumen muÄte. Der Schwarze wÅrde passiven Wider stand leisten. Zumindest konnte er verhindern, daÄ Fingal sein Ziel rechtzeitig erreichte. Fingal wuÄte, daÄ er ImperiumAlpha nicht entscheidend schlagen konnte, wenn er seine Aktionen nicht mit denen der Kampfroboter zeitlich abstimmte. ÑGehen Sie aus dem Weg, Mrozek!Ö sagte er drohend. Verdere richtete sich auf. ÑLegen Sie die Waffe weg, Fingal.Ö Der Arzt schoÄ. Er hatte so nahe bei Verdere gestanden, daÄ ein FehlschuÄ unmÉglich war. Verderes Augen weiteten sich vor Schmerzen. Er preÄte beide HÜnde in den Leib und krÅmmte sich nach vorn. Mit aufgerissenem Mund sah Fingal zu, wie der andere langsam auf die Knie sank. Dabei blickte er Fingal unentwegt an. ÑIch lasse mich nicht aufhalten!Ö schrie Fingal. Seine letzten Worte gingen im Donner unter. Um ihn herum blitzten Lichter auf. Die Bandenmitglieder nÜherten sich langsam und richteten ihre Scheinwerfer wie unter einem inneren Zwang auf den sterbenden Homo superior. ÑDas wird Ihnen nicht weiterhelfen, Fingal!Ö Üchzte Verdere. ÑIhre Art ist zum Aussterben verurteilt. Wir, die Neuen Menschen, werden bald allein auf dieser Welt sein. Sie sind ein lebendiges Fossil, Fingal.Ö
Fingal hatte noch immer den Lauf der Waffe auf ihn gerichtet, aber er brachte es nicht fertig, einen zweiten SchuÄ abzugeben. Zum erstenmal seit Jahren fÅhlte er sich unsicher. Er merkte, daÄ die Bandenmitglieder immer nÜher zusammenrÅckten, als wollten sie einen Schutzwall um Verdere bilden. Verdere hob plÉtzlich die HÜnde. Als hÜtte sich ein unsichtbarer Regisseur fÅr diesen Augenblick helles Licht gewÅnscht, erhellte ein Blitz die unheimliche Szene. Verderes HÜnde waren blutig. ÑFolgt ihm nicht, wenn er morden will!Ö rief der Sterbende den Verdummten zu. Er kippte langsam zur Seite und fiel in eine PfÅtze, die sich am Boden gebildet hatte. Fingal riÄ sich von dieser Szene los. ÑKommt weiter!Ö rief er den anderen zu und winkte mit seiner Waffe. Niemand folgte ihm. Nach und nach erloschen die Scheinwerfer. Die Verdummten rannten in die Dunkelheit davon. Fingal gab ein paar SchÅsse ab, aber er war nicht sicher, ob er einen der FlÅchtenden getroffen hatte. Dann war er endgÅltig allein mit dem toten Homo superior. Fingal stieg Åber Verdere hinweg. Er war entschlossen, jetzt nicht mehr umzukehren. Sein GÅrtel war voller Bomben. Allein kam er vielleicht sogar weiter wie mit diesen Narren, die bei jeder Gelegenheit die Nerven verloren. Als er weiterging, blitzte es in der NÜhe des Bunkers auf. Ein StrahlschuÄ streifte Fingal. Er warf sich zu Boden und rollte zur Seite. Der Raumfahrer, der sich irgendwo in der NÜhe versteckt hatte, war noch immer bereit, gegen jeden zu kÜmpfen, der in die NÜhe des Bunkers kam. Fingal Éffnete eine seiner GÅrteltaschen und nahm eine Mikrobombe heraus. Er drÅckte den ZÅnder, richtete sich auf und holte weit aus. Er hoffte, daÄ die Bombe trotz des heftigen Sturmes ihr Ziel erreichen wÅrde. Die Explosion fand unmittelbar vor dem Bunker statt. Eine Stich flamme zuckte Åber den freien Platz. Der Boden wurde aufgerissen. Fingal sprang auf und rannte los. Als es am Himmel aufblitzte, sah der Psychologe eine Gestalt aus einer Nische in der Bunkerwand taumeln.
Der Psychologe zielte und schoÄ. Der Raumfahrer brach zusammen. Fingal lachte irr und stÅrmte weiter. Der Wind brauste um sein Gesicht, der Regen klatschte gegen seinen KÉrper. Fingal fÅhlte sich erleichtert und entschlossen. Die Ereignisse der letzten Minuten machten ihn nur noch zuversichtlicher. Seine HÜnde tasteten Åber die Mikrobomben, die er noch in seinen GÅrteltaschen hatte. Damit und mit seinem Strahlenkarabiner konnte er ganze Explosionsserien in Imperium-Alpha auslÉsen, wenn er die Waffen an der richtigen Stelle einsetzte. Der Alarm wurde ausgelÉst in Sektor West und signalisierte den Angriff einer grÉÄeren Gruppe auf eine unterirdische Sektion von Imperium-Alpha. Deighton beobachtete stirnrunzelnd die Kontrollanlagen. Der Gegner, vom Homo superior bereits angekÅndigt, hatte sich ein verlassenes Gebiet von Imperium-Alpha fÅr seinen Angriff ausgesucht. Trotzdem muÄte etwas unternommen werden. Deighton setzte sich Åber ein FunkgerÜt mit Danton in Verbindung, der inzwischen nach Sektor SÅd aufgebrochen war, um dort einen geplanten Flug von drei von Immunen besetzten Gleitern vorzubereiten. Danton war bereits informiert. ÑIch werde zwanzig Roboter und zwei erfahrene MÜnner losschickenÖ, kÅndigte Deighton an. ÑDem AusmaÄ der signalisierten ZerstÉrungen entsprechend, sind es vielleicht hundert MÜnner, die in Imperium-Alpha eingedrungen sind.Ö ÑHundert?Ö fragte Danton verwundert. ÑMit einer so groÄen Bande habe ich nicht gerechnet. Die Frau, die Sie gewarnt hat, sprach doch von zwanzig Angreifern.Ö ÑVielleicht hat sie sich getÜuschtÖ, meinte Deighton. ÑOder sie hat absichtlich eine falsche Zahl genannt, um uns in Sicherheit zu wiegen.Ö ÑDann hÜtte sie uns Åberhaupt nicht zu warnen brauchen.Ö ÑDas ist richtigÖ, gab Danton zu. Deighton unterbrach das GesprÜch, um die notwendigen Befehle zu geben. Wenige Augenblicke spÜter brachen zwei MÜnner zu-
sammen mit zwanzig Robotern nach Sektor West auf, um die Eindringlinge zurÅckzutreiben. Dann sprach Deighton wieder mit Rhodans Sohn. ÑIch gebe Ihnen Nachricht, sobald ich Neuigkeiten erfahre.Ö Danton seufzte. ÑDiese Schwierigkeiten haben uns noch gefehlt. Ich frage mich, wie wir es auf die Dauer schaffen sollen, die Ordnung auf Terra wiederherzu stellen und gleichzeitig gegen angreifende Verdummte zu kÜmpfen.Ö Galbraith lachte humorlos. ÑGalÖ, sagte Danton leise, Ñwarum, meinen Sie, geben wir es eigentlich nicht zu?Ö ÑWas?Ö erkundigte sich Deighton. ÑWovon sprechen Sie, Roi?Ö Eine Weile blieb es still, dann sagte Danton nÅchtern: ÑWarum geben wir nicht zu, daÄ wir am Ende sind?Ö ÑDavon dÅrfen wir nicht sprechen, RoiÖ sagte Deighton schockiert. ÑAuf keinen Fall dÅrfen wir jetzt aufgeben.Ö Danton begann heftiger zu sprechen. ÑIch rede nicht vom Aufgeben. NatÅrlich machen wir weiter. Aber wir sind uns Åber unsere Situation noch nicht richtig klargeworden. Wir gehen immer noch von falschen Voraussetzungen aus.Ö ÑJaÖ, gab Deighton zu. Er strich mit den Fingerspitzen Åber die Schalt knÉpfe der Kontrollanlagen. ÑEs ist mÉglich, daÄ Sie recht haben. Viel leicht sollten wir uns von allem lÉsen, was noch da ist. Einfach die Erde verlassen und versuchen, irgendwo neu zu beginnen. So, wie es der Homo superior hier auf der Erde versucht.Ö ÑDer Homo superior ist nur ein Zwischenstadium, eine unglÅckliche LÉsung, wie sie die Natur bei solchen Katastrophen immer zu produzieren scheint.Ö Deighton fragte nachdenklich: ÑSie glauben an einen Zusammenhang zwischen dem Schwarm und dem Auftauchen des Homo superior?Ö Er erhielt keine Antwort. Danton hatte die Verbindung unterbrochen. Als Deighton sich wieder den Kontrollen zuwandte, sah er den Siganesen Harl Dephin mit Åbereinandergeschlagenen Beinen auf einem der Schalt hebel sitzen. ÑHarl!Ö rief Deighton Åberrascht. ÑWas wollen Sie?Ö
ÑIch hÉrte von den Schwierigkeiten in Sektor WestÖ, sagte Dephin, als einziger Thunderbolt nicht verdummt. ÑWas halten Sie davon, wenn ich mit dem Paladin eingreife?Ö Deighton winkte ab. ÑDas steht nicht zur Diskussion, Harl.Ö Dephin fragte entrÅstet: ÑUnd warum nicht?Ö ÑSie wissen genau, daÄ Sie den Paladin allein nicht richtig steuern kÉnnen. Es kann zu Fehlern kommen, wenn Sie in einen Kampf verwickelt werden. Was wollen Sie ohne einen einsatzbereiten Dart Hulos anfangen?Ö Es war offensichtlich, daÄ Dephin die Entscheidung Deightons nicht hinnehmen wollte. Der Siganese glaubte, daÄ der Anblick des Paladins genÅgen wÅrde, um die in Imperium-Alpha eingedrungenen Angreifer in die Flucht zu schlagen. ÑSie brauchen jeden Immunen, GalÖ, sagte Dephin. ÑSie kÉnnen auf mich nicht verzichten.Ö ÑDas ist richtigÖ, stimmte Deighton zu. ÑDoch ich wÜre ein Narr, wenn ich zulieÄe, daÄ Sie mit dem Paladin nach Sektor West aufbrechen.Ö ÑUnd was kann ich tun?Ö fragte Dephin aufgeregt. Deighton breitete die Arme aus. ÑSehen Sie sich um. Arbeit gibt es Åberall.Ö VerÜrgert verlieÄ Dephin seinen Platz an den Hauptkontrollen. Er hatte einen Antigravprojektor angeschnallt und flog nun quer durch den Raum davon. Deighton hoffte, daÄ Dephin nichts auf eigene Faust unternahm. Solange fÅnf der sechs Thunderbolts verdummt waren, hÜtte der Einsatz des Paladins ein groÄes Risiko bedeutet. Neue Nachrichten aus allen Teilen der Erde lenkten Deighton von seinen Gedanken ab. Die Informationen, die er erhielt, waren teilweise niederschmetternd. An den KÅsten Mitteleuropas war es zu verheerenden Sturmflutkatastrophen gekommen. Schiffe mit Verdummten an Bord waren gekentert und untergegangen. Aus den KÅstenstÜdten wurden VerwÅstungen gemeldet. Die Zahl der Toten konnte nur geschÜtzt werden. Verschiedene Vulkane, vor allem der Vesuv, schienen kurz vor einem Ausbruch zu stehen. Aus allen Teilen Asiens wurden Erdbeben gemeldet. Zwischen der ehemaligen
TÅrkei und Syrien war ein Erdspalt entstanden, der ganze DÉrfer verschlungen haben sollte. Deighton konnte nicht beurteilen, ob alle Berichte den Tatsachen entsprachen. Aber auch wenn er Abstriche machte, war die Lage noch immer schlimm genug. ÑWir mÅssen noch mehr Immune hinausschickenÖ, sagte er zu Homer G. Adams, der seit ein paar Minuten neben ihm saÄ. Der Halbmutant wehrte ab. ÑWir kÉnnen jetzt nicht mehr helfen. Es kommt nun darauf an, das Wetter zu stabilisieren. Danach kÉnnen wir vielleicht etwas unternehmen.Ö Das Organisationstalent des Halbmutanten sollte den Immunen helfen, auf der Erde ein funktionierendes Versorgungsnetz zu schaffen. Aber Adams hatte recht, Åberlegte Deighton. Solange sie die Wettersituation nicht beherrschten, brauchten sie nicht mit dem Aufbau einer Versorgungsorganisation zu beginnen. Wer wollte die einzelnen Versorgungsstationen erreichen, wenn Unwetter tobten? Deighton wurde abermals in seinen áberlegungen unterbrochen, als Coden Opprus sich aus der Zentrale der Wetterstation meldete. ÑHier gibt es nichts mehr zu reparierenÖ, sagte Opprus. ÑDie Sabo teure haben grÅndliche Arbeit geleistet, Sir. Vor allem die Steueranlagen fÅr die Satelliten wurden vÉllig zerstÉrt.Ö ÑUnd was ist mit der Notanlage?Ö erkundigte sich Deighton. ÑSie wollten versuchen, sie zu erreichen.Ö ÑHm!Ö machte Opprus. ÑSprechen Sie!Ö ÑDie ZugÜnge existieren nicht mehrÖ, erklÜrte Opprus. ÑEntweder sind sie zusammengestÅrzt oder hinter TrÅmmermassen verborgen. Durch Explosionen und BrÜnde hat sich das Material so miteinander verschweiÄt, daÄ ein Durchkommen unmÉglich ist.Ö ÑSie mÅssen die Notanlage untersuchen!Ö drÜngte Deighton. ÑDas ist gefÜhrlichÖ, sagte Opprus. ÑLebensgefÜhrlich. Es gibt nur eine MÉglichkeit, zu den Notaggregaten zu gelangen: Wir mÅssen uns einen Weg freischieÄen. Dabei kann es zu verheerenden Explosionen kommen.Ö
Deighton konnte sich jetzt ein Bild machen, wie es in der Wetterstation aussah. Die Bedenken, die Opprus anfÅhrte, waren vÉllig berechtigt. ÑEs wÜre SelbstmordÖ, fÅgte Opprus leise hinzu. Adams, der mitgehÉrt hatte, sah Deighton fragend an. Galbraith verstand. ÑMoment, Opprus! Adams will mit Ihnen reden.Ö ÑWir brauchen Informationen Åber die NotaggregateÖ, begann Adams ohne Umschweife. ÑWenn sie noch in Ordnung oder zu reparieren sind, haben wir eine Schlacht gewonnen, denn dann kÉnnen wir die Satelliten wieder kontrollieren und die WetterverhÜltnisse auf dieser Welt korrigieren. Sollte es in der Notstation so aussehen wie in der Zentrale, mÅssen wir aufgeben. Dann haben alle geplanten HilfsmaÄnahmen sowieso keinen Sinn.Ö Deighton und der ehemalige Chef der General Cosmic Company wechselten einen Blick. Es war beiden klar, was sie von Opprus und den beiden anderen verlangten. ÑSo eine Schweinerei!Ö rief Opprus impulsiv. ÑAber wir versuchen es. Meine Begleiter sind ebenfalls einverstanden.Ö ÑDanke!Ö sagte Adams. Deighton fragte sich, ob Adams und er das Recht hatten, jemand in den Tod zu schicken. Vielleicht grÅndete sich das Recht auf der Hoffnung, daÄ Opprus und die beiden anderen GlÅck haben wÅrden. VÉllig atemlos kam Garrigue Fingal im Windschatten eines Kontrollturms an. Er hatte ein paar hundert Meter im Laufschritt zurÅckgelegt und war dabei durch den schrÜg von hinten kommenden Wind begÅnstigt worden. Obwohl er sich noch nicht weit genug vom Einsatzgebiet der Roboter entfernt hatte, muÄte er jetzt handeln, wenn er seinen Zeitplan einhalten wollte. Er wuÄte, daÄ er nur in den Kontrollturm einzudringen brauchte, wenn er in die unteren Etagen gelangen wollte. Doch das erwies sich als schwierig. Der einzige Zugang des Turmes befand sich nicht auf ebener Erde, sondern lag weiter oben hinter einer Plattform. Trotz des Sturmes hÜtte Fingal diese Plattform erreichen kÉnnen,
wenn ein Flug- oder Antigravfeldprojektor zu seiner AusrÅstung gehÉrt hÜtte. Er leuchtete die TurmwÜnde noch einmal ab. Sie bestanden aus glattem Metall. Es war unmÉglich, an ihnen hochzuklettern. Fingal umrundete den Turm, geriet wieder in den Sturm und wurde von dem immer heftiger werdenden Wind gegen die Turmwand gepreÄt. Ich muÄ weiter! dachte Fingal. Er rannte in gebÅckter Haltung los. SturmbÉen drohten seinen hageren KÉrper umzuwerfen oder mit sich zu reiÄen. Knapp hundert Meter vom Turm entfernt lag ein anderes GebÜude. Es bestand aus einer flachen Kuppel, an die sich ein winkelfÉrmiges VerwaltungsgebÜude anschloÄ. Fingal hoffte, daÄ er dort mehr GlÅck haben wÅrde. Er wurde von einer BÉ zu Boden geworfen, lag sekundenlang atemlos da und zwang sich zum Aufstehen. Ein paar Meter neben ihm wurden dicke Kunststoffballen wie Luftballons Åber den Platz getrieben. Einer kam wie ein GeschoÄ aus der Dunkelheit und prallte gegen Fingal. Der Psychologe wurde zu Boden gerissen und von dem Paket Åberrollt. Dies mal blieb er lÜnger liegen. Der Regen prasselte auf ihn herab. Die letzten Meter bis zur Kuppel legte Fingal mehr kriechend als laufend zurÅck. Dann lag er ein paar Minuten an einer windgeschÅtzten Wand und erholte sich. Er war sich darÅber im klaren, daÄ er bei der zunehmenden Heftigkeit des Sturmes nicht mehr weiterkommen wÅrde. Er muÄte hier einen Zugang finden. Langsam tastete er sich an der Wand entlang. Wenig spÜter fiel der Lichtstrahl seines Scheinwerfers auf ein groÄes Metalltor. FrÅher waren hier wahrscheinlich Transporter ein- und ausgefahren. Fingal untersuchte das Tor. Es lieÄ sich nicht Éffnen. Nachdenklich wog der Arzt seinen Strahlenkarabiner in den HÜnden. Wenn er gewaltsam eindrang, wÅrde er ein Alarmsignal auslÉsen. Aber das lieÄ sich nicht vermeiden. Es wÅrde auf jeden Fall einige Zeit dauern, bis die Besatzung von Imperium-Alpha GegenmaÄnahmen ergreifen wÅrde.
Fingal trat einen Schritt zurÅck und brannte ein Loch in die groÄe TÅr. Die RÜnder kÅhlten schnell ab. Regentropfen verdampften auf dem Metall. Fingal zwÜngte sich durch die gewaltsam geschaffene åffnung ins Innere der Kuppel. Es war dunkel, aber im Licht seines Scheinwerfers konnte Fingal Einzelheiten seiner neuen Umgebung entdecken. Die Kuppel spannte sich Åber einer groÄen Halle ohne TrennwÜnde. Einzelne Fahrzeuge standen auf mit Leuchtstreifen und SÜulen abgetrennten PlÜtzen. Fingal erkannte, daÄ er sich in einer Garage befand. Wenn er GlÅck hatte, fand er einen Zugang in die unteren Etagen von Imperium-Alpha. Er rannte weiter. Der Lichtstrahl des Scheinwerfers glitt suchend Åber den Boden. Genau im Mittelpunkt der Halle fand Fingal einen groÄen Transportlift, der frÅher einmal Fahrzeuge in tiefere Etagen oder hierher zurÅckgebracht hatte. Neben dem Transportlift befand sich ein Personenlift. Er war abgeschaltet, aber Fingal konnte die Notleiter benutzen. Ohne zu zÉgern kletterte er in die Tiefe. Vom Sturm war nichts mehr zu hÉren, das beherrschende GerÜusch war Fingais Atem. Es dauerte einige Zeit, bis er sich an die Stille gewÉhnt hatte. Er strich Åber seine GÅrteltasche. Bald wÅrde er die ersten Bomben im Innern von Imperium-Alpha zur Explosion bringen. Roi Danton sah zu, wie ein halbes Dutzend Roboter die letzten AusrÅstungsgegenstÜnde in die Gleiter trugen. Die Immunen, die an Bord gehen sollten, waren noch nicht eingetroffen. Danton sah auch wenig Sinn darin, sie jetzt schon loszuschicken. Sie wÅrden erst aufbrechen, wenn das Unwetter vorÅber war. ÑFertig!Ö meldete der junge Mann an Dantons Seite. Er hatte vor der Katastrophe fÅr die Polizei auf Olymp gearbeitet und war zu Besuch auf Terra gewesen, als die Verdummungswelle das Solsystem erreichte. Er war nur auf Zeit mentalstabilisiert und wÅrde in einem knappen Jahr ebenso verdummt sein wie alle anderen, die nicht immun waren. Der ehemalige Polizist hieÄ Monuan und hatte sich in den letzten Wochen einen Namen als Organisationstalent gemacht.
Danton legte Monuan eine Hand auf die Schulter. ÑDas hÜtten wir! Die Gleiter sind startbereit und alle Mannschaften zusammengestellt. Sie kÉnnen aufbrechen, sobald es drauÄen ruhiger wird.Ö Er bemerkte Monuans ZÉgern. ÑWas ist?Ö ÑIch habe mich freiwillig gemeldetÖ, sagte Monuan. ÑIch wÅrde gern an der geplanten Expedition teilnehmen.Ö ÑSie werden hier gebrauchtÖ, antwortete Roi ablehnend. ÑAber das ist nicht der wahre Grund!Ö behauptete der junge Mann erregt. ÑDa niemand genau weiÄ, wann ich nicht mehr immun sein werde, wollen Sie kein Risiko eingehen.Ö ÑEs ist mÉglich, daÄ unsere Entscheidungen auch von solchen áberlegungen beeinfluÄt werden. Ich will Ihnen jedoch ...Ö In Dantons FunksprechgerÜt wurde das Alarmsignal hÉrbar. Beinahe gleichzeitig meldete sich Galbraith Deighton. ÑEs sieht so aus, als sollten wir Åberhaupt keine Ruhe mehr finden, Roi. Es gibt einen Einbruchsversuch. Auch er scheint gelungen zu sein.Ö ÑWo?Ö fragte Danton. ÑIn Ihrer NÜhe, Roi. Jemand muÄ durch die Gronor-Opol-Garage ein gedrungen sein.Ö ÑHaben Sie Informationen Åber die Anzahl der Eindringlinge?Ö ÑNein, aber ich glaube nicht, daÄ es mehr als ein halbes Dutzend Personen sind.Ö Danton Åberlegte einen Augenblick. ÑGeben Sie mir alle Daten der betreffenden Garage, damit ich schnell hinfinden kannÖ, sagte er dann. Er konnte hÉren, wie Deighton den Atem anhielt. Dann brach es aus dem SolAb-Chef hervor: ÑAber es ist vÉllig unnÉtig, daÄ Sie sich darum kÅmmern.Ö ÑIch habe Monuan bei mirÖ, erwiderte Danton. ÑWir werden uns beide dieser Sache annehmen. Oder ist vielleicht jemand noch nÜher am Tatort?Ö ÑWir kÉnnten Alsam schicken, er ist nicht weit von Ihnen entfernt und macht gerade ...Ö Er unterbrach sich und fÅgte gereizt hinzu: ÑIch kann Sie doch nicht davon abhalten.Ö
ÑNein!Ö rief Roi und lachte. Er nickte Monuan zu. ÑKommen Sie, Vlerkus! Wir nehmen den Wagen. Ich werde jeden Augenblick die Daten bekommen. Wahrscheinlich mÅssen wir weiter nach oben.Ö Vlerkus Monuan sagte: ÑAber wir sind nicht bewaffnet.Ö ÑIm Wagen liegen zwei HandfeuerwaffenÖ, sagte Danton. ÑDoch das ist nicht so wichtig. Wenn es Verdummte sind, die durch die Garage her eingekommen sind, werden wir auch ohne Waffen mit ihnen fertig.Ö Sie verlieÄen den unterirdischen Hangar. Im Korridor brannte nur die Notbeleuchtung. Dantons kleiner Elektrowagen, fÅr hier unten das am besten geeignete Fahrzeug, stand neben der Schleuse. ÑSie werden hinten aufsitzen mÅssenÖ, sagte Danton. ÑEs ist ein Ein Mann-Wagen.Ö Monuan schwang sich auf die kleine Plattform und hielt sich fest. Dan ton nahm am Steuer Platz. In diesem Augenblick meldete Deighton sich erneut. Es gab keine neuen Nachrichten, aber er hatte die Fahrtroute fÅr Danton berechnen lassen. ÑWenn Sie den angegebenen Weg einschlagen, sind Sie in sieben Minuten am Ziel.Ö Seine Stimme verÜnderte sich und nahm einen sarkastischen Unterton an. ÑViel Verkehr wird wohl dort unten nicht mehr sein.Ö Danton fuhr los. FrÅher wÜre es unmÉglich gewesen, auf einem Hauptkorridor von Imperium-Alpha mit HÉchstgeschwindigkeit zu rasen. Dan ton reichte Monuan eine Waffe nach hinten. ÑBenutzen Sie sie nur, wenn es nicht anders gehtÖ, ermahnte Roi den jungen Mann. ÑIch bin PolizistÖ, sagte Monuan ruhig. Das Fahrzeug bog in einen anderen Korridor ein. Im gleichen Augen blick flammte die Notbeleuchtung an der Decke auf. Deighton hatte schnell reagiert. Von der Zentrale aus lieÄ er alle Notaggregate, die auf Dantons Weg lagen, mit Energie versorgen. ÑGlauben Sie, daÄ es Verdummte sind, mit denen wir es zu tun haben?Ö fragte Monuan. Danton zÉgerte mit seiner Antwort. Insgeheim verdÜchtigte er noch immer den Homo superior.
ÑIch befÅrchte, daÄ wir den Kampf auf der Erde verlieren werdenÖ, sagte Monuan nachdenklich. ÑWir sind nicht zahlreich genug. Diese Welt wird frÅher oder spÜter dem Homo superior gehÉren.Ö Danton lachte bitter. ÑDa tÜuschen Sie sich, Monuan. Der Homo superior wird zusammen mit der Åbrigen Menschheit untergehen, weil er ausgerechnet jetzt versucht, seine Ideale zu verwirklichen.Ö ÑIch hoffe, daÄ wir eine neue Chance irgendwo im Weltraum bekommenÖ, versetzte Monuan. Die Worte des Polizisten bewiesen Danton, wie schnell die Menschen sich mit dem vermeintlichen Ende des Solaren Imperiums abgefunden hatten. In den Gehirnen der Immunen begannen sich bereits Vorstellungen von einem neuen Beginn zu entwickeln. Hatte es unter diesen UmstÜnden Åberhaupt noch einen Sinn, wenn die Besatzung von Imperium-Alpha versuchte, zumindest auf der Erde die alte Ordnung wieder herzustellen? ÑEs wird nie wieder so sein wie frÅherÖ, fuhr Monuan fort. ÑWir mÅssen von vorn beginnen.Ö ÑEs ist immerhin denkbar, daÄ die Verdummung ebenso plÉtzlich auf hÉrt, wie sie begonnen hatÖ, sagte Danton sachlich. Monuan antwortete nicht, aber es war offensichtlich, daÄ er an eine solche MÉglichkeit nicht glaubte. Danton muÄte sich jetzt auf den vor ihnen liegenden Korridor konzentrieren. Vor ihnen befanden sich die Lifts, die zur Garage hinauffÅhrten. Es war denkbar, daÄ die Eindringlinge auf diesem Weg nach unten gekommen waren. Danton entsicherte seine Waffe. Irgendwo vor ihnen hielten sich Fremde auf. Galbraith Deighton meldete sich Åber Funk. ÑBei den Eindringlingen in Sektor West handelt es sich um etwa vier zig Roboter, Roi. Sie haben durch vorher in den Boden geschossene LÉcher BetÜubungsgas in die unteren Etagen geblasen und sind dann ein gestiegen. GlÅcklicherweise trugen unsere MÜnner SchutzanzÅge.Ö ÑWas ist geschehen?Ö fragte Danton angespannt. ÑEs kam zu einem heftigen Kampf, bei dem in Sektor West betrÜchtliche ZerstÉrungen verursacht wurdenÖ, berichtete Deighton.
ÑIst jetzt alles vorÅber?Ö ÑNein, unsere Gruppe kÜmpft noch mit etwa zwanzig Robotern, die sich in SeitengÜngen und Nischen verschanzt haben.Ö Danton sagte Åberlegend: ÑDas kÉnnte bedeuten, daÄ Monuan und ich es auch mit Robotern zu tun bekommen. Ich mÉchte wissen, wer sie umprogrammiert hat.Ö ÑDas ist nicht so wichtig.Ö Deightons Stimme klang ungeduldig. ÑSie mÅssen sofort umkehren, Roi. Gegen ein Dutzend Roboter haben Sie keine Chance.Ö Danton steuerte den Wagen an die Seite des Korridors und hielt an. ÑHier ist alles ruhigÖ, antwortete er, ohne auf Deightons Worte einzugehen. ÑIch schicke Ihnen VerstÜrkungÖ, kÅndigte Deighton an. Er schien ein zusehen, daÄ er Rhodans Sohn nicht zur Umkehr bewegen konnte. ÑMeinetwegen!Ö sagte Danton. Er drehte sich zu Monuan um. ÑKommen Sie, wir sehen uns hier ein biÄchen um.Ö Fingal hielt es fÅr einen glÅcklichen Zufall, daÄ er schon nach wenigen Augenblicken einen fahrbereiten Wagen fand. Vielleicht gelang es ihm mit Hilfe des Fahrzeuges, schnell bis zum Zentrum vorzudringen und dort Bomben zur Explosion zu bringen. Ohne zu zÉgern, stieg er in den flachen Wagen mit dem schalenfÉrmigen Sitz. GerÜuschlos setzte sich das Fahrzeug in Bewegung. Fingal fuhr in die Mitte des Ganges. Er bog um eine Kurve. Vor ihm lag ein langer Gang. Weit im Hintergrund sah er einen Elektrowagen. Zwei MÜnner waren gerade im Begriff, ihn zu verlassen. Fingal preÄte die Lippen zusammen. Wahrscheinlich waren sie gekommen, um sich in der Garage umzusehen. Fingal beobachtete, daÄ die bei den MÜnner in seine Richtung blickten. Sie hatten ihn entdeckt. Fingal griff nach seiner Strahlwaffe, besann sich aber schnell eines Besseren. Wenn er die beiden Unbekannten beschoÄ, wÅrden sie auf jeden Fall noch Zeit haben, Åber Funk die Zentrale zu verstÜndigen. Wie Fingal die Raumfahrer kannte - um solche schien es sich zu handeln -, wÅrden sie nicht von sich aus das Feuer erÉffnen. Das gab dem Psycho logen eine Chance. Er wÅrde den Harmlosen spie-
len und den beiden entgegenfahren. Vielleicht konnte er sie Åberraschen und mit seinem Wagen rammen. Fingal sah, daÄ die beiden MÜnner den Elektrowagen bestiegen und ihm entgegenfuhren. Der Arzt triumphierte. Das entsprach genau seinen PlÜnen. Er hob einen Arm und winkte. Die beiden MÜnner sollten glauben, daÄ er mit ihnen sprechen wollte. Aber das hatte er nicht vor. Im letzten Augenblick wollte er das Steuer seines Wagens herumreiÄen und das Fahrzeug der Immunen rammen. Fingal lÜchelte triumphierend. Die Raumfahrer schienen nicht zu wissen, was er vorhatte. Sie reagierten nicht auf sein Winken. Als sie noch zwanzig Meter voneinander entfernt waren, sah Fingal, daÄ der junge Mann, der hinten auf dem Wagen stand, eine Waffe schuÄbereit hielt. ÑAnhalten!Ö schrie der Mann am Steuer. In diesem Augenblick erkannte Fingal, wer der Fahrer war. Rhodans Sohn! Fingais Puls ging schneller. Der Zufall half ihm zum zweitenmal. Er muÄte sich dazu zwingen, den beiden MÜnnern zuzulÜcheln. ÑAnhalten!Ö schrie Danton abermals und brachte eine Waffe zum Vorschein. Mit grimmiger Entschlossenheit riÄ Fingal das Steuer herum. Er sah, wie Dantons Gesichtsausdruck sich verÜnderte. Rhodans Sohn schien zu ahnen, was der Eindringling vorhatte. Er hob die Waffe, doch diese Reaktion kam zu spÜt. Die beiden Wagen prallten aufeinander.
12. Die Explosion preÄte die Luft aus Opprus' Lungen und warf ihn zu Boden. Er rang nach Atem und fÅhlte TrÅmmerstÅcke auf sich herabregnen. Das Knistern von Flammen drang an sein GehÉr. Er richtete sich auf. Rauchschwaden versperrten ihm die Sicht. Neben ihm, ein lautloser Schatten nur, tauchte Pohklym aus dem Qualm auf und winkte ihm zu. ÑWo ist Gryndheim?Ö Üchzte Opprus.
Das Licht ihrer Scheinwerfer konnte den Rauch nicht durchdringen. Opprus wuÄte, daÄ jeden Augenblick neue Explosionen erfolgen und die Decke zum Einsturz bringen konnten. Da die Klimaanlagen nicht liefen, wÅrde es einige Zeit dauern, bis sich der Rauch verzogen hatte. Opprus wuÄte nicht, ob sie sich mit ihrer letzten Sprengung einen Weg in die Notstation freigelegt hatten. Gemeinsam mit Pohklym tastete er sich in Richtung zur TÅr, die ihnen bisher versperrt geblieben war. Opprus vernahm ein StÉhnen. Er blieb stehen und lauschte. ÑDas ist Gryndheim!Ö stellte Pohklym in seiner ruhigen Art fest. Opprus blickte sich um. ÑGryndheim!Ö schrie er. Er muÄte husten, denn die rauchgeschwÜngerte Luft drang tief in seine Lungen. Pohklym war wieder im Qualm verschwunden, offenbar auf der Suche nach Gryndheim. Wenig spÜter hÉrte Opprus die Stimme des ehemaligen SolAb-Agenten. ÑIch habe ihn gefunden, Opprus.Ö Opprus bewegte sich in die Richtung, aus der die Stimme kam. Er fand Pohklym, der neben dem dicken Sergeanten kniete. Eine MetallsÜule, in die Schaltanlagen eingelassen waren, lag quer Åber Gryndheims Brust. Sie war bei der Explosion aus der Verankerung gerissen worden und hatte Gryndheim getroffen. Opprus lieÄ, sich neben den beiden anderen MÜnnern nieder und leuchtete Gryndheim ins Gesicht. Der dicke Mann schloÄ die Augen. Sein Gesicht war schmutzig und schweiÄÅberstrÉmt. Opprus griff schweigend nach der SÜule. Sie lieÄ sich nicht bewegen. Gryndheim wollte etwas sagen, aber er brachte nur ein StÉhnen zustande. ÑWir mÅssen die SÜule an beiden Enden zerstrahlen, damit wir sie bewegen kÉnnenÖ, schlug Pohklym vor. Opprus packte den anderen am Arm und zog ihn ein paar Schritte von Gryndheim weg. In ihrer unmittelbaren NÜhe prasselten die Flammen. Sie drangen nur langsam vor, denn der grÉÄte Teil der Einrichtung bestand aus feuersicherem Material.
ÑEr scheint schwer verletzt zu seinÖ, sagte Opprus leise. ÑDie SÜule hat seine Brust eingedrÅckt!Ö ergÜnzte Pohklym. ÑBestimmt hat er ein paar Rippen gebrochen. Hoffentlich hat er keine inneren Verletzungen davongetragen.Ö ÑWenn er sehr schwer verletzt ist, kÉnnen wir ihn nicht transportieren.Ö Opprus schaltete sein FunkgerÜt ein. ÑIch werde Deighton bitten, uns zwei Roboter zu schicken, die das Åbernehmen kÉnnen.Ö Sie kehrten zu Gryndheim zurÅck, der geduldig wartete, was seine bei den Begleiter unternehmen wÅrden. Opprus sprach mit Deighton und machte ihn auf die neue Situation aufmerksam. ÑIch schicke zwei RoboterÖ, versprach der ZellaktivatortrÜger. ÑWie sieht es bei Ihnen aus? Kommen Sie zur Notstation durch?Ö Opprus blickte sich um. ÑDas lÜÄt sich jetzt noch nicht sagen. Am Unfall, der Gryndheim passiert ist, kÉnnen Sie ermessen, mit welchen Schwierigkeiten wir zu kÜmpfen haben. Ich mache jetzt SchluÄ, damit wir uns um den Sergeanten kÅmmern kÉnnen.Ö Gemeinsam mit Pohklym zerstrahlte Opprus die beiden Enden der MetallsÜule. Danach gelang es den beiden MÜnnern, das MittelstÅck von Gryndheims Brust zu stemmen. ÑIch schlage vor, daÄ Sie hier liegenbleiben, bis die Roboter da sindÖ, sagte Opprus. Gryndheims Gesichtsausdruck lieÄ vermuten, daÄ der dicke Mann damit nicht einverstanden war. Der Sergeant versuchte sich auf die Ellen bogen zu stÅtzen. Jede Bewegung schien ihm starke Schmerzen zu bereiten, doch er richtete den OberkÉrper auf. Opprus wollte ihn zurÅckdrÅcken, doch Gryndheim schÅttelte den Kopf. ÑLassen Sie mich!Ö Er stemmte sich hoch. Opprus griff zu und half ihm auf die Beine. Gryndheim stand schwankend da. ÑHier ist... es zu gefÜhrlichÖ, sagte er stoÄweise. ÑIch werde im Archiv warten.Ö Opprus sah ihm nach, wie er im Qualm verschwand. ÑMachen wir weiterÖ, schlug Pohklym vor. Sie drangen bis zur TÅr vor, wo sie gesprengt hatten. TrÅmmer versperrten ihnen den Weg. Sie kletterten darÅber hinweg. In der
NÜhe der TÅr waren die Flammen wieder erstickt, denn sie hatten keine Nahrung gefunden. Ein Teil des Durchgangs lag frei. Opprus zog sich Åber eine verbogene Leichtmetallwand und lieÄ sich auf der anderen Seite hinab. ÑWie sieht es aus?Ö erkundigte sich Pohklym. Opprus leuchtete die Umgebung ab. ÑNicht viel zu sehenÖ, antwortete er knapp. ÑAlles voller Rauch.Ö Er zwÜngte sich durch einen Spalt zwischen der aus der Verankerung gerissenen TÅr und der Wand. Der Korridor, in dem er sich jetzt befand, fÅhrte zur Notstation. Opprus zog sich jedoch hustend zurÅck. ÑDa ist zuviel RauchÖ, erklÜrte er Pohklym. ÑDa kommen wir nicht durch.Ö Der SolAb-Agent zog ein Tuch aus seinem GÅrtel, durchnÜÄte es mit dem Inhalt einiger GetrÜnkekapseln und preÄte es gegen den Mund. Mit beredten Blicken forderte er Opprus auf, es ebenfalls auf diese Weise zu versuchen. Wenig spÜter drangen sie Seite an Seite in den Korridor ein. Trotz ihrer Scheinwerfer konnten sie kaum etwas erkennen. Die TÅr am Ende des Ganges stand offen. ÑStehenbleiben!Ö schrie plÉtzlich eine Stimme aus der Notstation. ÑWir werden offenbar erwartetÖ, stellte Pohklym fest. Opprus umklammerte seine Waffe, besann sich aber darauf, daÄ jeder SchuÄwechsel weitere ZerstÉrungen auslÉsen konnte. ÑWir dÅrfen es nicht auf einen SchuÄwechsel ankommen lassen!Ö raunte er Pohklym zu. Pohklym klopfte gegen seinen Strahler, der noch im GÅrtel steckte. ÑVielleicht ist es ein Meteorologe, der nach dem Angriff hierher geflohen ist.Ö ÑMÉglichÖ, stimmte Opprus zu. ÑVersuchen wir unser GlÅck.Ö Er hob seine Stimme. ÑHier sind Coden Opprus und Janus Pohklym von Imperium-Alpha. Ergeben Sie sich.Ö In der darauffolgenden Stille war nur das Knistern der Flammen zu hÉren. Vor den Scheinwerfern der beiden MÜnner zogen dunkelgraue Rauchschwaden vorbei.
Opprus seufzte. Sie konnten nicht stundenlang hier stehenbleiben. Entschlossen setzten sie sich in Bewegung und betraten die Notstation. Die Wucht des Aufpralls schleuderte Danton aus dem Elektrowagen. Dabei blieb er mit dem linken Bein an einem VerschluÄbÅgel hÜngen und wurde ein StÅck mitgeschleift. Das Fahrzeug, das Fingal benutzt hatte, besaÄ einen stÜrkeren Motor und schob den Elektrowagen gegen die Wand des Korridors. Danton versuchte verzweifelt sein Bein freizubekommen. Er drehte den Kopf und sah Monuan ein paar Schritte entfernt am Boden liegen. Von dem Fremden war nichts zu sehen. Danton vermutete, daÄ der Angreifer noch in seinem Fahrzeug hockte. Der Zusammen prall war kein Zufall gewesen. Danton richtete sich auf. Der VerschluÄbÅgel, in dem er festhing, war durch den Aufprall verbogen worden und klemmte sein Bein oberhalb der Fessel fest. Ein GerÜusch lieÄ Danton aufblicken. áber die zertrÅmmerten Wagen hinweg schob sich eine Gestalt. Es war der Fremde. Sein Gesicht war blutÅberstrÉmt. Seine seltsame Kopfbedeckung hing auf einer Seite herab. Das raubvogelÜhnliche Gesicht mit den tiefliegenden Augen war von Schmerzen entstellt. Trotzdem erkannte Danton diesen Mann. ÑDr. Fingal!Ö rief er Åberrascht. ÑWie kommen Sie hierher? Warum haben Sie das getan?Ö Fingal fixierte Danton. ÑWissen Sie das nicht?Ö Seine Stimme war nur ein FlÅstern. ÑHelfen Sie mir hier heraus, bevor einer der Wagen explodiert oder in Flammen aufgehtÖ, forderte Rhodans Sohn den Psychologen auf. Im Hintergrund wurden GerÜusche hÉrbar. Fingal drehte den Kopf zur Seite. Monuan, der am Boden gelegen hatte, versuchte sich aufzurichten. ÑIhr Freund!Ö stellte Fingal mit einem drohenden Untertan in der Stimme fest. Er zog eine Waffe unter sich hervor. Danton wurde von einer schrecklichen Ahnung befallen. Er erinnerte sich, daÄ Fingal vor Jahren aus der Flotte ausgeschieden war, weil man ihm das FÜlschen von Psychogrammen hatte nachweisen
kÉnnen. Fingal war einer der berÅhmtesten Galaktopsychologen. Sein Bild war ein paar mal in der irdischen Presse erschienen, nachdem er als Privatarzt Karriere gemacht hatte. ÑFingal!Ö redete Roi mahnend auf ihn ein. ÑMachen Sie keine Dummheiten. Sie sind vollkommen verwirrt.Ö ÑSie tÜuschen sich!Ö gab Garrigue Fingal zurÅck. ÑIch bin in Ordnung. Ich weiÄ genau, was ich tue. Auf diesen Augenblick warte ich seit Jahren.Ö Blinder HaÄ sprach aus den Worten des Psychologen. Danton begriff, daÄ Fingal sich fÅr seine Entlassung rÜchen wollte. Fingal schien immun zu sein - auf jeden Fall besaÄ er genÅgend Intelligenz, um seine PlÜne zu verwirklichen. Danton blickte zu Monuan hinÅber, der vÉllig benommen dastand und sich umblickte. ÑLassen Sie ihn in Ruhe, Fingal!Ö sagte Danton eindringlich. ÑSie haben nicht das Recht gegen uns vorzugehen. Kommen Sie zur Vernunft. Wenn Sie immun sind, werden Sie von der Menschheit gebraucht.Ö Fingal lachte wild. ÑWas bedeutet das?Ö fragte Monuan fassungslos. Er blickte sich suchend nach seiner Waffe um. Dann deutete er auf Fingal. ÑBedroht er Sie etwa?Ö ÑVerschwinden Sie, Monuan!Ö schrie Danton. ÑGehen Sie in Deckung.Ö Doch der Polizist hatte seine Waffe entdeckt, die drei Meter von ihm entfernt am Boden lag. Er ging darauf zu und wollte sich danach bÅcken. ÑMonuan!Ö schrie Danton verzweifelt. Fingal schoÄ. Monuan fiel vornÅber und begrub seine Waffe unter sich. Er bewegte sich nicht mehr. Fingal kicherte histerisch und wischte sich mit der freien Hand Åber das Gesicht. ÑMein WaffengÅrtel ist mit Bomben gefÅlltÖ, erklÜrte er. ÑSobald ich Sie getÉtet habe, dringe ich weiter ins Zentrum von ImperiumAlpha vor und bringe diese Bomben zur Explosion.Ö ÑSie mÅssen wahnsinnig sein, Fingal!Ö Dantons FunkgerÜt summte. Auch Fingal hÉrte es.
ÑSie kÉnnen sprechenÖ, erlaubte er Danton. ÑIhnen kann sowieso niemand mehr helfen.Ö ÑIst etwas nicht in Ordnung?Ö klang Deightons Stimme auf. ÑAdams spricht gerade mit Opprus. Die drei scheinen Schwierigkeiten zu haben, obwohl es ihnen gelungen ist, bis zur Notstation vorzudringen.Ö Es entstand eine Pause, dann fragte Deighton beunruhigt: ÑWarum sprechen Sie nicht?Ö Fingal, der mithÉrte, begann irre zu lachen. ÑWas ist das?Ö erkundigte Deighton sich irritiert. ÑEin VerrÅckterÖ, entgegnete Danton. ÑGalaktopsychologe Garrigue Fingal. Er ist in die Zentrale eingedrungen und will sich fÅr die vermeintliche Schmach rÜchen. Er hat Bomben bei sich, die er zur Explosion bringen will.Ö Deighton schluckte hÉrbar. ÑEr hat Monuan ermordetÖ, fuhr Danton fort. ÑUnd ich bin ihm ausgeliefert.Ö ÑOh!Ö machte Deighton entsetzt. Fingal winkte mit seiner Waffe. ÑAbschalten!Ö befahl er. Danton vernahm noch einmal Deightons Stimme, dann unterbrach er die Verbindung. ÑIch habe nicht viel ZeitÖ, sagte Fingal bedauernd. ÑSonst wÅrde ich mit Ihnen Åber meine PlÜne sprechen. Es sind interessante PlÜne, Roi Danton. Schade, daÄ Ihr Vater nicht bei uns sein kann. Er hÜtte bestimmt sein VergnÅgen an dieser Situation.Ö Danton antwortete nicht. Er beobachtete, wie Fingal die Waffe hob und auf ihn zielte. In einer letzten verzweifelten Anstrengung bÜumte Roi sich auf, um sein Bein freizubekommen. UnwillkÅrlich wich Fingal ein StÅck zurÅck und stieÄ dabei mit dem Kopf gegen ein Teil des eingedrÅckten Wagendachs. Seine Kopfbedeckung verrutschte noch mehr. Als Fingal sich wieder nach vorn beugen wollte, blieb er mit seinem seltsamen Nackengestell an einer Metall strebe hÜngen. Die Elektroden lÉsten sich von Fingais Haut. Danton konnte sehen, wie der Gesichtsausdruck des Psychologen sich plÉtzlich verÜnderte. Aus der von HaÄ entstellten Maske wurde
ein stumpfsinnig wirkendes Gesicht. Die Augen weiteten sich. Fingal schien vergessen zu haben, wo er sich befand. Er lieÄ die Waffe fallen und begann unverstÜndliche Worte zu lallen. Nur langsam begann Danton zu begreifen, daÄ er gerettet war. Fingal war verdummt. Innerhalb der Notstation hatte sich der Rauch zur Decke hin verteilen kÉnnen, so daÄ die Sicht mit einem Schlag besser wurde. Im Lichtkegel seines Scheinwerfers sah Opprus einen kleinen Mann stehen, der mit einem Thermostrahler auf ihn zielte. Erleichtert erkannte Opprus, daÄ der Bewaffnete die Uniform der SolAb trug. ÑPohklym!Ö rief Opprus. ÑKommen Sie her. Ich hoffe, daÄ Sie unseren Freund hier kennen.Ö Der Mann beobachtete miÄtrauisch, wie auch Pohklym die Station betrat. Pohklym leuchtete dem kleinen Mann ins Gesicht. ÑDas ist Snapper!Ö stellte er lakonisch fest. ÑSeinen richtigen Namen kenne ich nicht. Ich bin ihm einmal auf Kallrob begegnet. Die Leute nannten ihn Snapper.Ö ÑAber ich kenne Sie nicht!Ö rief der Mann, den man Snapper nannte. ÑEs stimmt, daÄ ich einmal auf Kallrob war. Aber was haben Sie dort getan?Ö ÑRimmicent DaklomÖ, sagte Pohklym ruhig. ÑErinnern Sie sich? Das war der Mann, der Ihre Nachrichten entgegennahm.Ö ÑWenn Sie das wissen, mÅssen Sie Rimmicent Daklom sein!Ö ÑIch bin Janus Pohklym. Aber auf Kallrob nannte man mich nur Daklom.Ö Snapper lieÄ die Waffe sinken. Er gab der MÅdigkeit nach und lehnte sich mit dem RÅcken gegen die Verkleidung einer Maschine. Er schÅttelte den Kopf, als kÉnne er nicht begreifen, daÄ die beiden MÜnner gekommen waren. ÑSie gehÉrten nicht zur Besatzung der Wetterstation?Ö fragte Opprus. Snapper verneinte. ÑIch kam vom Raumhafen aus hierher. Ohne es zu wollen, wurde ich in den Kampf um die Wetterstation verwickelt. Vielleicht war es
gut so, denn ich habe diese kleine Station gegen zwei Angreifer verteidigt und verhindert, daÄ sie vollkommen zerstÉrt wurde.Ö Opprus gab Pohklym einen Wink. ÑSehen Sie sich um. Ich spreche jetzt mit Deighton.Ö Danton wÜlzte sich zur Seite und zog die Waffe zu sich heran, die Fin gal aus den HÜnden gefallen war. Er zerstrahlte den VerschluÄbÅgel, in dem sein Bein festhing. Fingal sah teilnahmslos zu. Er schien kein Inter esse mehr an seiner Umwelt zu haben. Danton stand auf. Er konnte das verletzte Bein nicht stark belasten, aber immerhin war er in der Lage, sich zu bewegen. Er humpelte zu Monuan, konnte aber nur noch den Tod des jungen Mannes feststellen. Dann kehrte er zu Fingal zurÅck, ergriff ihn am Arm und zog ihn vom Wagen herunter. Er sprach nicht. Das FunkgerÜt summte und erinnerte Danton daran, daÄ Deighton wahrscheinlich vÉllig verzweifelt auf Nachrichten wartete. ÑEs ist alles in Ordnung, GalÖ, sagte er. ÑFingal ist verdummt. Er trug eine Art Schutz, der ihn immun machte.Ö ÑWas war es?Ö fragte Deighton wiÄbegierig. ÑVielleicht kÉnnen wir damit anderen Verdummten helfen.Ö ÑIch muÄ Sie enttÜuschenÖ, erwiderte Danton. ÑFingal erlitt in seiner Jugend eine Kopfverletzung. Der Apparat, den er trug, war auf ihn abgestimmt. Bei jedem normalen Gehirn wÅrde er die gewÅnschte Funktion nicht erfÅllen.Ö ÑIch versteheÖ, sagte Deighton. ÑWas soll mit Fingal geschehen?Ö fragte Danton. ÑIch schlage vor, ihn vorlÜufig in ein abgelegenes Zimmer einzusperren. Er ist fÅr seine Taten wahrscheinlich nicht verantwortlich zu machen.Ö Deighton war einverstanden. ÑEs gibt auch gute Nachrichten. Opprus und Pohklym befinden sich in der Notstation. Pohklym meint, daÄ wir den dort entstandenen Schaden bei grÉÄter Anstrengung in ein paar Tagen beheben kÉnnen. Das kann bedeuten, daÄ wir die Wettermanipulatoren bald wieder steuern kÉnnen. AuÄerdem sind Opprus und Pohklym mit einem Immunen der SolAb zusammengetroffen.Ö
Danton zog Fingal mit sich durch den Korridor. Er muÄte irgendwo einen abgestellten Wagen finden, mit dem er in die Zentrale zurÅckfahren konnte. ÑIch denke, daÄ ich jetzt nach Olymp gehen und mich dort umsehen kannÖ, sagte Danton. ÑWir mÅssen dafÅr sorgen, daÄ die ContainerstraÄe nicht zusammenbricht, denn nur sie kann in den nÜchsten Monaten die Versorgung der ErdbevÉlkerung sichern.Ö Der halbtote Simon war am Ende seiner KrÜfte. Er blutete aus zahlreichen Wunden. Immer wieder stieÄ er gegen im Weg liegende TrÅmmer. Regen und Wind beeintrÜchtigten seinen Orientierungssinn. Trotzdem befand er sich noch auf der StraÄe, die zur Praxis von Dr. Garrigue Fingal fÅhrte. Allein die Tatsache, daÄ er nicht mehr weit von seinem Ziel entfernt war, hielt den ehemaligen Warenhausdieb auf den Beinen. Wenn ihn seine Sinne nicht trogen, war die Nacht bald vorÅber. Es war seltsam, daÄ man als Blinder ein GespÅr fÅr diese Dinge entwickelte. Seine tastenden HÜnde fanden einen TÅreingang. Der Verdummte stolperte in den Torbogen, um sich einen Augenblick auszuruhen. Er zitterte am ganzen KÉrper. Immer, wenn ihn die SchwÜche zu Åbermannen drohte, dachte er an Dr. Fingal, der ihm bestimmt helfen wÅrde. Der halbtote Simon hÉrte, daÄ drauÄen jemand vorbeiging. Er preÄte sich eng gegen die Wand, um nicht gesehen zu werden. Die Schritte verklangen, die Gefahr ging vorÅber. Simon hÉrte sich aufatmen. Es wurde Zeit, daÄ er etwas zu essen bekam. Seinen Durst hatte er im Regen lÉschen kÉnnen. Als er sich bewegte, hÉrte er ein drohendes Knurren hinter sich. Er blieb wie angewurzelt stehen. Ein Hund! dachte er. War es ein groÄer oder ein kleiner Hund? Simon preÄte sich mit dem RÅcken gegen die Wand und lauschte. Er konnte das Tier schnuppern hÉren, wahrscheinlich kauerte es nur ein paar Schritte von ihm entfernt am Boden. Der halbtote Simon vermutete, daÄ der Hund vor dem Unwetter hierhergeflohen war und geschlafen hatte. Der Blinde hatte das Tier geweckt. Wieder knurrte der Hund.
ÑRuhig!Ö sagte der halbtote Simon mit rauher Stimme. ÑGanz ruhig.Ö Mit dem RÅcken zur Wand bewegte er sich langsam auf den Ausgang zu. Dann spÅrte er, daÄ der Hund springen wÅrde. Es war ein GerÜusch wie das Knacken einer sich entspannenden Feder. Der halbtote Simon riÄ instinktiv beide Arme vor sein Gesicht. Als das Tier gegen ihn prallte und ihn gegen die Wand warf, wuÄte Simon, daÄ es ein sehr groÄer und schwerer Hund war. Seine Kinnbacken hatten sich Åber Simons linkem Handgelenk geschlossen. Ein stechender Schmerz fuhr durch den Arm des Verdummten. Simon verlor das Gleichgewicht und stÅrzte zu Boden. Der Hund war Åber ihm, ein dumpfes Grollen kam aus seiner Brust. Der Blinde umklammerte mit beiden HÜnden den Hals des Hundes. In seiner linken Hand war kaum noch Kraft, aber es gelang Simon, den Kopf des Tieres nach unten zu ziehen und den Hals mit dem rechten Arm zu umspannen. Mann und Hund wÜlzten sich Åber den Boden. Das Tier hatte Simons Handgelenk zerbissen. Jetzt lieÄ es los und versuchte, an Simons Hals zu gelangen. Der Torbogen war vom LÜrm des Kampfes erfÅllt. Simon wuÄte, daÄ er den Hund tÉten muÄte, wenn er nicht selbst getÉtet werden wollte. Er drÅckte fester, aber der Hund war krÜftig und kam immer wieder frei. Er biÄ in Simons Schulter und zerrte daran. Simons nasse und zerfetzte Jacke bot kaum Schutz. ÑVerschwinde!Ö rief der halbtote Simon keuchend. ÑDu elendes Biest!Ö Seine Stimme schien das Tier verrÅckt zu machen, denn es verstÜrkte seine Anstrengungen, an den Hals des Mannes heranzukommen. Simon Åberlegte, ob es der Blutgeruch sein konnte, der das Tier so angriffslustig machte. Der Hund hatte aufgehÉrt zu knurren. Er konzentrierte sich jetzt voll kommen auf seinen Gegner. Der Kampf wurde immer verbissener. Der Mann spÅrte, daÄ seine Chancen mit zunehmender Dauer des Kampfes immer geringer wurden. Er muÄte eine Entscheidung herbeifÅhren, oder er war verloren. Sie rollten Åber den Boden. Simon stieÄ sich mit den FÅÄen an der Wand ab und kam Åber dem Hund zu liegen. Der heiÄe Atem
strich Åber Simons Gesicht. Er drÅckte fester. Der Hund zappelte und versuchte sich aus der Umklammerung zu befreien. Dabei schnappte er nach Simons Hals. Nach einer Weile merkte der halbtote Simon, daÄ die Anstrengungen des Tieres nachlieÄen, aber er lieÄ nicht los. Es fiel ihm jetzt leichter, den Hund festzuhalten. Dann starb das Tier. Der Blinde rollte sich zur Seite. Er fÅhlte, daÄ seine Sinne schwanden. KÜlte und Schmerzen weckten ihn zwei Stunden spÜter. Er wuÄte nicht, daÄ es drauÄen inzwischen hell geworden war. Der Wind blies in den Torbogen. Simon streckte die Hand aus und berÅhrte den toten Hund, der sich jetzt ganz kalt anfÅhlte. Simons Wunden hatten aufgehÉrt zu bluten, aber sie schmerzten stark. Der Blinde Üchzte, als er nach mehreren Anstrengungen auf die Beine kam. Dr. Fingal! hÜmmerten seine Gedanken. Ich muÄ zu ihm. Er schleppte sich ins Freie. Es war kÜlter geworden, die vom Sturm getriebenen Regentropfen stachen wie Nadeln auf Simons Haut. In einer Entfernung fiel etwas von einem Dach oder aus einem Fenster und zerplatzte mit explosionsartigem Knall auf der StraÄe. Simon schlug die Richtung zu Dr. Fingais Praxis ein. Sein Glaube an die FÜhigkeiten des Arztes waren durch die Verdummung zu einer abstrakten Vorstellung geworden. Vor Simon war das stillstehende Transportband aufgerissen. Er merkte es zu spÜt und rutschte in die Tiefe. Er schrie auf. Seine ausgestreckten Arme bekamen eine Strebe zu fassen, aber die Sehnen des linken Unterarms waren wÜhrend des Kampfes mit dem Hund zerbissen worden und konnten das Gewicht des Mannes nicht halten. So hing Simon an seinem rechten Arm, unfÜhig, sich wieder nach oben zu ziehen. Er wuÄte nicht, wie tief er fallen wÅrde. Seine KrÜfte erlahmten schnell. Er Éffnete die Finger seiner rechten Hand und stÅrzte. Er prallte auf und fiel vornÅber. Seine umhertastenden HÜnde berÅhrten geschliffenen Beton. Er vermutete, daÄ er auf dem Dach eines Hauses gelandet war.
Vorsichtig bewegte Simon sich Åber das Dach. Der Zufall fÅhrte ihn zu den Lifts. Sie funktionierten nicht, sonst hÜtten sie ihn nach oben auf das Transportband tragen kÉnnen. Doch Simon hatte GlÅck und entdeckte neben den Lifts die Notleiter. Es fiel ihm schwer, sie emporzuklettern, doch er schaffte es, indem er den verletzten Arm in die einzelnen Sprossen hakte. Als er wieder auf dem Transportband lag, war er so erschÉpft, daÄ er sich eine Stunde lang nicht bewegte. Simon wollte um Hilfe rufen, doch seine Stimme versagte ihm den Dienst. Als er glaubte, wieder krÜftig genug zu sein, um den Rest des Weges zu schaffen, richtete er sich auf und ging weiter. Er muÄte sich jetzt hÜufiger gegen eine Hauswand lehnen und ausruhen. Endlich bog er in die StraÄe ein, in der Fingal wohnte. Hier war schon immer ein stilles Gebiet gewesen. Das schien sich auch jetzt nicht geÜndert zu haben. Simon muÄte sich an den Begrenzungen der GrundstÅcke orientieren. Fingais Haus war das vorletzte in einer weit gestreuten Reihe. Die unmittelbare NÜhe seines Zieles gab Simon neue KrÜfte. Er ging schneller. Noch einmal geriet er in Schwierigkeiten, als er genau in einen abgestÅrzten Gleiter lief und sich in den TrÅmmern verfing. In wilder Hast befreite er sich. Es war ihm gleichgÅltig, daÄ er dabei seine Kleider endgÅltig zerriÄ. Als er vor dem Haus des Galaktopsychologen stand, blieb der ehemalige Warenhausdieb stehen. Er lauschte, aber auÄer dem Pfeifen des Windes und dem Prasseln des Regens war nichts zu hÉren. Vielleicht, dachte der halbtote Simon benommen, stand Fingal bereits im Eingang des Hauses und erwartete ihn. Doch die TÅr zum Vorgarten war verschlossen. Sie war nicht hoch, und der halbtote Simon kletterte darÅber. Irgendwo schlug eine offene TÅr. Mit ausgestreckten HÜnden ging Simon weiter. TrÜnen liefen ihm Åber das Gesicht, vermischten sich mit dem Regen. Die Erleichterung, endlich sein Ziel erreicht zu haben, war zuviel fÅr Simon. Er fiel auf dem schmalen Pfad, der zum Haus fÅhrte, hin. ÑDr. Fingal!Ö krÜchzte er.
Nichts rÅhrte sich, bedrÅckende Stille herrschte. ÑDr. Fingal!Ö rief der Blinde flehend. In einer Vision vermeinte er zu erkennen, wie sich die TÅr zur Praxis Éffnete und Garrigue Fingal langsam herauskam. Simon konnte sich vor stellen, wie Fingal sich umschaute, um nachzusehen, wer ihn gerufen hatte. Jetzt, in diesem Augenblick, muÄte er den halbtoten Simon auf dem Weg zum Haus liegen sehen. Simon sah, wie Fingal sich beeilte und auf ihn zukam. Jetzt muÄte Fingal ihn berÅhren - aber Fingal kam nicht. EnttÜuscht und beunruhigt kroch der halbtote Simon weiter. SchlieÄlich erreichte er die HaustÅr. Sie war verschlossen. Der halbtote Simon begann sich ernsthaft darÅber Sorgen zu machen, ob Dr. Fingal anwesend war. ÑDr. Fingal!Ö rief er. Als ihm niemand antwortete, hÜmmerte er mit einer Faust gegen die TÅr. Die dumpfen SchlÜge hallten durch das Haus, aber es klangen keine Schritte auf, die sich der TÅr nÜherten. Vielleicht ist Dr. Fingal nur kurz weggegangen, um einen Patienten zu versorgen, dachte Simon und drehte sich beruhigt auf den RÅcken. Vor ErschÉpfung schlief er ein. Ein heftiger Donnerschlag weckte ihn ein paar Stunden spÜter. Er war sehr schwach und fieberte. Niemand schien gekommen oder gegangen zu sein, sonst hÜtte man ihn bestimmt aufgehoben und ins Haus getragen. Vielleicht hatte Dr. Fingal geschlafen und war inzwischen wieder auf gewacht. Simon hÜmmerte mit der Faust gegen die TÅr. Es geschah nichts. ÑLaÄt mich hinein!Ö jammerte der Blinde. ÑIch will hier nicht liegen. Es ist kalt.Ö In einem der nahegelegenen GebÜude explodierte die Versorgungsanlage. Der LÜrm muÄte weithin zu hÉren sein. Simon hoffte, daÄ dieses GerÜusch Dr. Fingal endlich herbeilocken wÅrde. Nach einer Weile hÉrte Simon tatsÜchlich Schritte. Es waren feste Schritte. Simon erinnerte sich, daÄ Fingal sich immer fast lautlos bewegt hatte. Aber seine Zuversicht wuchs, als die Schritte am Tor verharrten.
Dann sprang jemand in den Vorgarten. Der Mann - dem Klang der Schritte nach konnte es nur ein Mann sein - blieb vor Simon stehen. ÑDr. Fingal?Ö fragte eine erstaunte Stimme. ÑSind Sie Dr. Fingal?Ö ÑWas hat man mit Ihnen gemacht?Ö fragte der Mann bekÅmmert. Simon hÉrte, wie der Fremde sich abrupt umdrehte und wieder davon ging. Wenig spÜter wurden seine Schritte vom Regen ÅbertÉnt. Der halbtote Simon war wieder allein. Er fand sich damit ab, daÄ Dr. Fingal erst heute abend zurÅckkehren wÅrde. Sicher hatte er jetzt viel zu tun. Simon erlebte die nÜchsten Stunden in FiebertrÜumen. Er blieb vor der HaustÅr liegen. Er wuÄte, daÄ er nicht mehr die Kraft haben wÅrde, sich in ein sicheres Versteck zu schleppen. Seine Wunden schmerzten. Doch der Glaube an die wunderbaren FÜhigkeiten Dr. Fingais hielt den halbtoten Simon am Leben. Er lag da und wartete. Er wartete bis zum Ende des Tages, die folgende Nacht und den darauffolgenden Tag. Aber niemand kam. Da resignierte der halbtote Simon endlich und starb. Am 8. Juli 3441 erreichte die Nachricht Imperium-Alpha, daÄ der mysteriÉse Schwarm nach einer Transition elftausend Lichtjahre tief in die MilchstraÄe eingedrungen sei. Dort, im sÇdlichsten Spiralarm und noch mehr als 40 000 Lichtjahre von der Erde entfernt, folgte er seither weiter seinem geheimnisvollen Kurs. Perry Rhodan und seine Begleiter beobachteten ihn mit der GOOD HOPE II und sammelten an Informationen, was sie nur konnten. Roi Danton machte indessen seine AnkÇndigung wahr und begab sich nach Olymp, wo er Anson Argyris mit einem neuen, von NATHAN ausgearbeiteten Programm versehen konnte. Vorher hatten militante AngehÉrige des Homo superior die pseudovariablen Kokonmasken des Vario-500Roboters zerstÉrt und Argyris dazu gebracht, sich selbst zu desaktivieren. Die Neuprogrammierung und die Zerschlagung der SuperiorOrganisation auf Olymp garantierten, wenigstens fÇr die nahe Zukunft, die weitere Versorgung Terras mit den wichtigen HandelsgÇtern von der Containerwelt. Anson Argyris trat nun als >Grauer Ritter< in entsprechender RÇstung auf.
Die Lage auf Terra und den anderen Menschheitswelten verschlechterte sich von Tag zu Tag weiter, und noch war es Perry Rhodan oder Reginald Bull nicht gelungen, mehr Çber die Fremden zu erfahren, die den Schwarm lenkten. Die Unbekannten schwiegen beharrlich. Das Riesengebilde aus Sonnen, Planeten und Raumschiffen war hinter seinem gigantischen Energieschirm wie etwas, das aus einem anderen Universum in die MilchstraÄe eingefallen war. Doch die offensichtliche Vorbereitung seiner Ankunft durch die galaxisweite Manipulation der Gravitationskonstante bewies, daÄ der Schwarm durchaus real war - und tÉdlich, wenn es nicht gelang, hinter seine Geheimnisse zu kommen.
13. GOOD HOPE II Die GOOD HOPE II tauchte zurÅck ins Einstein-Universum, um die neuen Kursdaten von den Positroniken errechnen zu lassen. Das Schiff bewegte sich mit halber Lichtgeschwindigkeit durch einen relativ sternenarmen Raum im Randbereich der MilchstraÄe. Die Fernortung stellte kein kÅnstliches Objekt im Umkreis von mehreren hundert Lichtjahren fest. Die nÜchste Sonne war sieben Lichtjahre entfernt. Ruheperiode. Rhodan hatte sich an diesem 14. Juli in seine Kabine zurÅckgezogen, um ein paar Stunden zu schlafen. Atlan hatte den gleichen Gedanken, aber irgend etwas bewegte ihn dazu, noch einmal die Hyperfunkzentrale des Kreuzers aufzusuchen, um sich nach dem letzten Stand der Dinge zu erkundigen. Captain Farside war im Dienst. Er verdankte seine ImmunitÜt hÉchst wahrscheinlich dem Umstand, daÄ seine SchÜdeldecke zum grÉÄten Teil aus einer Silberlegierung bestand. Als Atlan die Funkzentrale betrat, kam er ihm entgegen. ÑNur ein kurzer Routinekontakt mit der INTERSOLAR, Sir. Staatsmarschall Bull hat beschlossen, einen der geheimen USOStÅtzpunkte anzufliegen, der um Hilfe funkte. Bei denen scheint die Biopositronik durcheinandergeraten zu sein. Von der Erde trafen keine Nachrichten ein.Ö
ÑDanke.Ö Atlan setzte sich in einen der Kontursessel vor den Funkkontrollen. ÑIch beginne mich zu wundern, daÄ es Åberhaupt noch Funkverbindungen gibt.Ö ÑSie waren schlecht genug. Die SOS-Rufe von terranischen und anderen Schiffen, die in den Normalraum zurÅckkehrten und in den EinfluÄ der unbekannten Strahlung gerieten, reiÄen einfach nicht ab.Ö Farside setzte sich ebenfalls. ÑGibt es Anhaltspunkte?Ö erkundigte er sich. Atlan schÅttelte den Kopf. ÑKeine, Captain. Vom Schwarm wissen wir praktisch noch nichts. Sich Åberlappende Energieblasen, in denen sich zum Teil riesige KÉrper verbergen. Ein paar Vorhuten, dann die Hauptkonzentration, eine Nachhut - das alles mit einer Ausdehnung von mehreren tausend Lichtjahren. Wie gesagt, Captain, wir wissen zuwenig, und ich wage es nicht, Prognosen aufzustellen. Jedenfalls ist es etwas, das wir bisher noch niemals beobachten konnten. Es sieht so aus, als hÜtten sich Tausende von Sonnensystemen auf die groÄe Reise begeben, aber das ist selbstverstÜndlich Unsinn. Es wÜre schon rein technisch eine UnmÉglichkeit.Ö ÑWas kÉnnten wir, ein einzelnes Schiff und sechzig Menschen, gegen eine solche Gefahr ausrichten?Ö ÜuÄerte Farside pessimistisch. ÑWir sind allein, verdammt allein. Die Zivilisation einer ganzen Galaxis geht zum Teufel.Ö Atlan verstand die Verzweiflung des Offiziers nur zu gut. ÑWir sind alleinÖ, sagte er nach lÜngerer Pause. ÑAber wir sind noch lange nicht verloren. Wir kennen die derzeitige Position des Schwarms, und wir werden ihn weiter untersuchen. Wir sind immun gegen das, was wir die Verdummungsstrahlung nennen. Und vor allen Dingen werden wir vorsichtig sein, sehr vorsichtig sogar!Ö ÑDas beruhigt michÖ, meinte Farside trocken. ÑAuÄerdem haben wir ja Gucky dabei.Ö Atlan unterdrÅckte das Lachen. ÑJa. Er kann uns bereits eine groÄe Hilfe sein, wenn wir einen Planeten finden wollen, der vom Schwarm bereits passiert und zurÅckgelassen worden ist.Ö Er stand auf.
ÑSie wollen schon gehen?Ö fragte Farside, als habe er Angst davor, allein zu bleiben. ÑRuhepause!Ö erklÜrte Atlan. ÑEin paar Stunden Schlaf werden auch mir guttun. Wer weiÄ, wann wir wieder dazu kommen. In wenigen Stunden werden wir wieder den Schwarm auf den Schirmen haben.Ö ÑNatÅrlichÖ, murmelte der Funkoffizier. Atlan suchte Rhodan auf, als die GOOD HOPE II fÅr eine weitere kurze áberlichtetappe in den Linearraum gegangen war. Rhodan saÄ angezogen auf seinem Bett. ÑDu kommst aus der Kommandozentrale?Ö erkundigte sich der Terraner. ÑIch habe geschlafen, Perry, aber die UngewiÄheit lieÄ mir keine Ruhe.Ö Atlan nahm Platz. ÑKannst du mir eigentlich verraten, welche GefÅhle dich bewegen? Ich meine, wir haben schon viele Gefahren gemeinsam gemeistert, wir sind mit Problemen fertig geworden, die unlÉsbar schienen. Aber das jetzt...!Ö Atlan schÅttelte den Kopf. ÑIch bin Ülter als du, viel Ülter, aber ich kann mich nicht entsinnen, so etwas schon einmal erlebt zu haben. Etwas, das ganze Galaxien bedroht, denn die MilchstraÄe ist wohl kaum die erste, die von diesem Schwarm heimgesucht wird. Was ist er? Welche Art von Gefahr stellt er dar? Intelligente Lebewesen? Ein Naturereignis, auch wenn es sich vielleicht teilweise um Schiffe handelt, die den Schwarm bilden?Ö ÑEs sind Schiffe!Ö behauptete Rhodan. ÑEinem sind wir ja begegnet. Vielleicht werden wir bald mehr wissen, wenn wir den Schwarm wieder erreichen. Allerdings werden wir zunÜchst nicht den Schwarm selbst auf suchen, sondern den Teil der Galaxis, den er bereits durchzog.Ö Rhodan projizierte eine ábersichtskarte der MilchstraÄe, farbig und dreidimensional, auf eine weiÄe Wand. Der Eindruck war unglaublich naturgetreu, man vermeinte, die einzelnen Sterne wirklich hintereinander stehen zu sehen, so wie man sie im All mit freiem Auge sehen konnte.
ÑNach dem Eintauchen ins Normaluniversum werden wir hier sein.Ö Rhodan markierte eine Stelle der Karte. Sie besprachen noch weitere Einzelheiten ihres Vorgehens, sobald sie den Schwann erreicht hatten. Aus Erfahrung wuÄten sie, daÄ man sie relativ unbehelligt lassen wÅrde, wenn sie nicht zu nah herangingen. Aber es war ja auch diesmal nicht ihre Absicht, in den Schwarm einzudringen. Der Interkom summte. Mentro Kosum teilte mit, daÄ in zehn Minuten das EintauchmanÉver beginnen wÅrde. Die Fernortung sprach sofort an. Rhodan, Atlan, Alaska Saedelaere und Lord Zwiebus hielten sich in der Kommandozentrale auf. Sonst waren nur die diensttuenden Offiziere anwesend. Als die Orterzentrale den ersten Fernkontakt bekanntgab, eilten sie sofort in den anderen Raum, um sich keine Einzelheit entgehen zu lassen. Rhodan schaute auf die Entfernungsangaben und atmete erleichtert auf. ÑSiebzig Lichtjahre Entfernung. Der Schwarm hat also noch keine weitere Transition durchgefÅhrt.Ö Eingehend studierten sie die Angaben der verschiedenen Instrumente, um sich ein Bild machen zu kÉnnen. Es war Ühnlich wie damals, als sie den Schwarm zum ersten Mal erblickten, aber diesmal hatte sich die Situation insofern geÜndert, als sie die Gefahr kannten, die von ihm aus ging. AuÄerdem lieÄ er sich jetzt in seiner Gesamtheit Åberblicken. Seine Ausdehnung war ungeheuer. Sie verÜnderte sich andauernd, betrug jedoch im Mittel knapp zehn Lichtjahre in LÜngsrichtung. Zwei gewaltige Energieblasenansammlungen, die durch ihre áberlappung einen einzigen, kristallin schimmernden Schirm bildeten, formten die Vorhut, dann folgte der Hauptteil und schlieÄlich die Nachhut. Auf den Orterschirmen waren natÅrlich keine Schiffe zu erkennen, nur die Blasen der Energieschirme in Form von Echos. âhnlich wie beim Anblick der MilchstraÄe verschmolzen die einzelnen Punkte zu einer Einheit, kristallklar und leuchtend, im Detail nicht mehr unterscheidbar. ÑWie eine riesige Schlange, die gerade mehrere Sonnensysteme verschluckt hat und nun dabei ist, sie zu verdauenÖ, versuchte Lord
Zwiebus einen passenden Vergleich anzubringen. Er stand da, auf seine Keule gestÅtzt, rein optisch ein unglaublicher Anachronismus. ÑMir ist sie unheimlich.Ö ÑSie ist uns allen unheimlich, diese SchlangeÖ, gab Atlan zu. Immer mehr Daten kamen Åber die Fernortung herein. Der Schwarm zog schweigend mit Unterlichtgeschwindigkeit dahin, seinem unbekannten Ziel entgegen. Eine KursÜnderung war nicht festzustellen. ÑIch denkeÖ, schlug Rhodan nach einer kurzen Beratung vor, Ñwir gehen noch nÜher heran. Bis auf zehn Lichtjahre vielleicht. Und zwar ans Ende des Schwarms.Ö Atlan ging in die Kommandozentrale, um Mentro Kosum zu unterrichten. Zwei Stunden danach. Wieder hatten sie sich in der Orterzentrale versammelt, und diesmal waren auch die Mutanten dabei. Als die GOOD HOPE II in das Normaluniversum eintauchte, wurden die Echos auf den Bildschirmen wieder sichtbar, und sie hatten sich entscheidend gewandelt. Sie waren grÉÄer und nÜher. NatÅrlich war jetzt nur noch ein entsprechend kleiner Abschnitt des Schwarms zu sehen. Alaska Saedelaere trat einen Schritt vor. ÑDa steht eine Sonne, dicht hinter der Nachhut und ein wenig seitlich davon. Wenn man den bisherigen Flug des Schwarms zurÅckverfolgt, lÜÄt sich der Durchgang feststellen.Ö ÑEs war garantiert kein direkter DurchgangÖ, meinte Rhodan nach kurzem Studium der Bildschirme. ÑWenn wir festgestellt haben, um welche Sonne es sich handelt und ob sie bewohnte Planeten besitzt, haben wir genau das Beispiel gefunden, das wir suchten.Ö Er gab den anwesenden Offizieren der Ortung einige Anweisungen und fuhr fort: ÑDer Schwarm hat das System nur gestreift.Ö Wenig spÜter gaben die Computer das Ergebnis der astrophysikalischen Berechnungen bekannt. Hinzu kamen die Daten der Astronomischen Abteilung. Alles zusammen ergab die IdentitÜt des dunkelroten Sterns, dessen Strahlung merkwÅrdig dÅster wirkte. Rubin Omega!
Atlan schaute Rhodan fragend an, als die Bezeichnung bekannt wurde. Rhodan verstand sofort, aber er wuÄte auch, daÄ die Zeit der Geheimhaltung endgÅltig vorbei war. Er sagte: ÑEin geheimes System der USO. Ich weiÄ keine Einzelheiten darÅber, aber wenn ich mich recht entsinne, hat Rubin zwei Planeten, von denen der innere bewohnt ist und eine atembare SauerstoffatmosphÜre besitzt. Es werden dort wertvolle Rohstoffe abgebaut, aber um Ihnen das zu erklÜren, benÉtige ich die Unterlagen. Immerhin glaube ich, daÄ wir GlÅck gehabt haben. Wir haben einen bewohnten Planeten gefunden, der von dem Schwarm zurÅckgelassen wurde. Wir werden ihn untersuchen.Ö ÑUnd wenn wir uns irren?Ö fragte Fellmer Lloyd skeptisch. ÑEs kÉnnte doch sein, daÄ einige Schiffe des Schwarms zurÅckblieben und sofort Alarm geben, wenn wir uns dem System nÜhern.Ö ÑDas Risiko mÅssen wir in Kauf nehmen, Fellmer. Wir haben keine andere Wahl.Ö ÑAlso wieder mal Explorer spielenÖ, maulte Gucky, obwohl er einmal ausdrÅcklich betont hatte, gerade das bereite ihm ganz besonderen SpaÄ. ÑGibt es keine Unterlagen Åber das System in unserem Archiv?Ö ÑIch werde sie mir ansehenÖ, versprach Rhodan und nickte Atlan zu. ÑDu kÉnntest Kosum darauf vorbereiten, daÄ er die Etappe bis Rubin Omega berechnen lÜÄt. Wir treffen uns in drei Stunden in der Kommandozentrale.Ö In der Speicherpositronik der GOOD HOPE II waren die gewÅnschten Daten schnell zu finden. Rubin Omega war eine kleine, altersschwache Sonne mit erstaunlich dichter Masse. Der innere Planet war bewohnbar, der ÜuÄere verfÅgte nur noch Åber eine gefrorene AtmosphÜre und galt als lebensfeindlich. Sie hieÄen Hidden World I und Hidden World II. Die Daten Åber Hidden World I: ÑEs existiert eine USO-Station inmitten der wilden, ursprÇnglichen Landschaft. Die Bewohner sind Nachkommen ehemaliger Siedler des Solaren Imperiums, die in erster Linie vom Bergbau leben. Abgebaut werden Stoffe, die Eupholithe und Oliohymenopterii genannt werden.
Bei dem Eupholithe handelt es sich um die unter Druck und ohne Lichteinwirkung chemisch verÅnderten Knochenreste einer Riesentermite, die vor Tausenden von Jahren ausstarb. Die gewÉhnlichen Eupholithe sind kleiner, weniger leuchtend und - spÅter - weniger wirksam. BeÖsonders begehrt sind, wie der Bericht aussagt, die seltenen Eupholithe einer ehemaligen TermitenkÉnigin. Es gehÉren Spezialisten dazu, sie zu finden. Im allgemeinen wird ein Eupholith-Stein von Psychotherapeuten benutzt, den Patienten bei guter Laune zu halten und ihm das GefÇhl absoluten Wohlbefindens zu vermitteln. Nach zehn Jahren etwa verliert ein solcher Stein unter Einwirkung von Sonnenlicht seine merkwÇrdige Eigenschaft. Aus diesem Grund wurde Hidden World I unter den Schutz der USO gestellt. Der zweite Stoff, Oliohymenopterii, ist der organische Substanzrest der abgestorbenen Termiten, der sich im Chitinpanzer angesammelt hat. Er dient zur Herstellung von kostbarem ParfÇm. Zusammenfassend: Die Knochen der Termiten verwandelten sich in Eupholithe, und die organischen Substanzen blieben als helles, bernsteinfarbenes Ül, eben Oliohymenopterii, in dem kugelfÉrmigen Chitin panzer zurÇck.á Diese Sachlage hatte bewirkt, daÄ auf Hidden-World I etwa zehntausend Menschen lebten. Sie wohnten des rauhen Klimas wegen unter der OberflÜche, und zwar in den GÜngen und Bauten der ausgestorbenen Riesentermiten, die so groÄ wie ausgewachsene SchÜferhunde waren. In den WohnhÉhlen und Stollen hatten sie sich wohnlich eingerichtet und fÅhrten ein ruhiges und friedliches Leben. In regelmÜÄigen AbstÜnden kamen Schiffe der USO und holten die wertvollen Rohmaterialien ab. DafÅr brachten sie Lebensmittel und andere VersorgungsgÅter. So wenigstens war es gewesen, bis der Schwarm auftauchte. Dann Ünderte sich alles. Die nÜchste und vorerst letzte Linearetappe war programmiert worden. Das Ziel: Rubin Omega und seine beiden Planeten. Atlan stand neben Rhodan, als die GOOD HOPE im Begriff war, in den Linearraum zu gehen. Der Flug wÅrde nur wenige Minuten dauern. ÑGlaubst du wirklich, Anhaltspunkte zu finden?Ö
ÑWas heiÄt Anhaltspunkte, Atlan? Ich mÉchte wissen, wie eine Welt aussieht, an der dieser verdammte Schwarm vorbeizog. Ich glaube, dar aus kÉnnen wir einige SchlÅsse ziehen, die unser Verhalten positiv beeinflussen dÅrften.Ö ÑOder auch negativ.Ö Atlan machte seine Zweifel geltend. ÑWarten wir es ab. Jedenfalls halte ich es fÅr Åberaus wichtig, Informationen zu sammeln, gleich welcher Art. Wir mÅssen wissen, was geschieht, wenn der Schwarm an einer bewohnten Welt vorbeizieht, ohne daÄ er offensichtlich eine bestimmte Absicht dabei hat. Daraus kÉnnen wir schlieÄen, was er Åberhaupt plant. Verstehst du, was ich damit meine?Ö ÑNatÅrlich, ist ja einfach genug.Ö Der Interkom sprach an: ÑEintritt in den Linearraum in drei Minuten!Ö Rhodan und Atlan setzten sich in die freien Sessel. Alles verlief programmgemÜÄ. Die GOOD HOPE verlieÄ den Ein steinraum und verblieb fÅr einige Zeit im neutralen Linearraum, um dann in das normale dreidimensionale Universum zurÅckzutauchen. In dieser Zeit legte sie zehn Lichtjahre zurÅck. Auf dem riesigen Panoramaschirm erschien ein Bild. Es entstand langsam, fast zÉgernd, aber dann wurde es klar und deutlich. Genau in Flugrichtung, nur knapp zwei oder drei Lichtstunden entfernt, leuchtete Rubin Omega in trÅbem Rot. Zwei kleine, hell leuchtende Begleiter befanden sich auf entgegensetzten Umlaufbahnpositionen - Hidden World I und II. Der Schwarm war von hinten als leuchtende Wolke zu erkennen. Alle Berechnungen stimmten. Der Schwarm entfernte sich. Er schien von dem tangierten Sonnensystem keine Notiz genommen zu haben. ÑMerkwÅrdigÖ, sagte Atlan, als die GOOD HOPE ihren Flug mit knapper Lichtgeschwindigkeit fortsetzte, Ñes sieht wirklich ganz so aus, als flÉgen sie einfach in unsere MilchstraÄe hinein, ohne bestimmte Absicht, ohne einen Plan. Nur so. Verstehst du das?Ö ÑIch verstehe es nicht, also glaube ich es auch nicht. Es muÄ eine Absicht dahinterstecken! Wir werden sie herausfinden!Ö
Die ersten Meldungen aus der Orterzentrale und der Funkzentrale trafen ein. Sie besagten eindeutig, daÄ sich in der NÜhe des Systems Rubin Omega keine FremdkÉrper aufhielten und kein Funkverkehr stattfand. Auch von dem Planeten I selbst wurden keine Funksignale ausgestrahlt. Zumindest das war ein Anhaltspunkt, denn schlieÄlich befand sich auf dem Planeten eine Station der USO, die dazu verpflichtet war, in regel mÜÄigen AbstÜnden Routinesignale abzustrahlen. Diese Signale blieben aus. Das konnte nur bedeuten, daÄ die Besatzung der Station, also auch die dort vermuteten Immunen, nicht mehr in der Lage war, die FunkgerÜte zu bedienen, oder daÄ die ganze Station vernichtet worden war - wie auch immer. ÑWir werden eine tote, verwÅstete Welt vorfindenÖ, prophezeite Rhodan pessimistisch und befahl den Einflug in das System. ÑWÜre es nicht klÅger, ein Vorkommando zu schicken?Ö fragte Atlan. ÑEinen JÜger?Ö ÑNein, diesmal nicht, Atlan. Wir bleiben zusammen, wir sind nur noch sechzig Menschen. Jede Trennung bedeutet erhÉhte Gefahr. Wir werden mit der GOOD HOPE landen. NatÅrlich unter Beachtung der VorsichtsmaÄnahmen, wie sie fÅr Explorerschiffe Åblich sind.Ö ÑVielleicht genÅgt dasÖ, meinte Atlan skeptisch. ÑJedenfalls bin ich dafÅr, daÄ wir Hidden World mindestens zehnmal umrunden, ehe wir eine Landung einleiten.Ö ÑEinverstandenÖ, sagte Rhodan. Zehntausend Bewohner fÅr einen Planeten waren mehr als nur wenig. Die Zahl erschien fast unwahrscheinlich gering. Aber die Speicherpositronik gab keinen anderen Wert an. Zehntausend Bewohner, und alle auf einem Punkt konzentriert. Die Åbrige FlÜche des Planeten, mehr als neunundneunzig Prozent, galt als ådland. Dort gab es nur Pflanzen und KÜfer. Die KÜfer waren die eigentlichen Beherrscher von Hidden World I, nachdem die Termiten ausgestorben waren. Die Termiten hatten die Vegetation fast vernichtet und sich damit ihrer Hauptnahrung beraubt. Sie verhungerten und starben aus.
Die KÜfer Åberlebten, weil sie zum Kannibalismus Åbergingen. Die GrÉÄeren fraÄen die Kleineren, und lediglich die Allerkleinsten blieben Vegetarier. FÅr sie reichte der spÜrliche Pflanzenwuchs, der genug damit zu tun hatte, sich dem rauhen Klima und den ewigen StÅrmen anzupassen. Kein Wunder also, daÄ die merkwÅrdigsten Lebensformen entstanden. Da gab es, um nur zwei zu nennen, die WindmÅhlschaufler und die NachtgrÜber. Ein WindmÅhlschaufler nutzte den stetig wehenden Wind fÅr seine eigenen Zwecke aus. Da er bewegliche Wurzeln besaÄ, mit denen er seinen Standort wechseln konnte, war er nicht an einen bestimmten Platz gebunden. Statt aber nun von sich aus die Wurzeln zu bewegen und so seine langsame Wanderung anzutreten, hatte die Natur ihm geholfen, die dicken, fleischigen BlÜtter so zu formen, daÄ sie breiten FlÅgeln glichen. Diese wiederum waren derart am Stengel befestigt, daÄ sie sich gleich mÜÄig drehen und durch ihn hindurch die Wurzeln Åber ein kompliziertes ábersetzungssystem hinweg bewegen konnten. Die Folge war, daÄ die Pflanzen sich mit dem Wind von der Stelle fortbewegen konnten. Je stÜrker der Wind, um so hÉher ihre Wandergeschwindigkeit. Ein NachtgrÜber reagierte auf das Sonnenlicht. Sobald es dunkelte, grub er sich in den Sand, die Erde oder in die Vulkanasche ein, um in der wÜrmeren Tiefe des Bodens die kalte Nacht zu Åberstehen. Morgens, wenn die ersten Sonnenstrahlen den Boden erwÜrmten, kroch er an die OberflÜche empor, um das Licht in Nahrung umzuwandeln - eine Art Photosynthese. KÜfer und Pflanzen. Und dazu die wenigen Menschen. Das war Hidden World I. Immer weiter drang die GOOD HOPE II in das System ein. Es wirkte - technisch gesehen - total ausgestorben. Nicht ein einziger Funkimpuls konnte aufgefangen werden, und auch die Spezialortung konnte kein intelligentes Leben feststellen. Es war so, als hÜtte es auf dem Planeten Hidden World I niemals eine Kolonie gegeben. Der Kurs fÅhrte das Schiff weit an Rubin Omega und noch weiter an dem ÜuÄeren Planeten vorbei. Im Zielbildschirm stand Hidden
World I, ein grÅnlich schimmernder Ball, der die Konturen von Kontinenten total vermissen lieÄ. Eine weitere Stunde verging, dann leitete Mentro Kosum das BremsmanÉver ein und lieÄ die Daten der Umlaufbahn errechnen. Gucky, der schweigend den Bildschirm beobachtete, hatte inzwischen seinen Kampfanzug angelegt. AuÄer daÄ er den HelmverschluÄ betÜtigen muÄte, hatte er nun nichts mehr zu tun, falls er plÉtzlich aus dem Schiff teleportieren muÄte. Vorerst allerdings sah es nicht nach einem Åberraschenden Einsatz aus. Fellmer Lloyd saÄ neben ihm und versuchte, Gedankenimpulse aufzufangen. Dabei spielte die Entfernung vom Planeten in diesem Stadium keine Rolle mehr. ÑNichts?Ö unterbrach Rhodan das gespannte Schweigen. Der Telepath schÅttelte den Kopf. ÑIch kann nichts bemerken. Manchmal kommt es mir zwar so vor, als seien Impulse vorhanden, aber sie sind verschwommen, undeutlich, eben nicht zu identifizieren.Ö ÑUnd du, Gucky?Ö ÑGenauso! Es kommt mir so vor, als wÅrden sich die KÜfer unterhalten. Aber das ist natÅrlich Unsinn, denn KÜfer sind unter UmstÜnden noch unintelligenter als Menschen.Ö Sie waren seine bissigen Bemerkungen gewohnt und nahmen sie nicht so ernst, schon gar nicht Rhodan oder Atlan. ÑDann streng dich gefÜlligst ein wenig an. Selbst wenn die Leute verdummten - denken kÉnnen sie immer noch.Ö ÑDoch nur lauter Unsinn!Ö sagte Gucky mÅrrisch und versank wieder in seine Åbliche meditierende Stellung. Kosum hatte die GOOD HOPE endgÅltig in der Kreisbahn verankert. Antriebslos flog das Schiff in zweitausend Kilometern HÉhe um den Planeten. Die vergrÉÄernden Schirme gaben die OberflÜche in allen Einzelheiten wieder. Es gab in der Tat keine richtigen Kontinente, nur grÉÄere Seen, aber kein einziges Meer. Die zusammenhÜngende OberflÜche war mit Pflanzenwuchs in den Ebenen und mit GerÉll in den hÉher gelegenen Gebieten bedeckt. Eine trostlose, tote Landschaft, trotz der immer noch guten SauerstoffatmosphÜre.
ÑDa muÄ jemand schon verrÅckt sein, wenn er sich freiwillig auf diese Welt verbannen lÜÄtÖ, meinte Joak Cascal Åberzeugt. ÑUnd da soll es zehntausend solcher VerrÅckter gegeben haben?Ö ÑJeder Mensch hat seine eigene Vorstellung von GlÅck und ZufriedenheitÖ, wies Rhodan ihn ruhig zurecht. ÑHier waren sie die Herren einer ganzen Welt, wenn auch einer rauhen, merkwÅrdigen und total unzivilisierten Welt. Sie waren allein, und niemand machte ihnen Vorschriften. Die Berichte sprechen von Expeditionen in die unbewohnten Gebiete, von aufregenden Abenteuern in den unterirdischen Wohnanlagen der aus gestorbenen Termiten, von einmaligen NaturschÉnheiten in der Vulkanebene - von Dingen also, die wir auf der Erde nicht mehr kennen und von denen wir nur noch zu trÜumen vermÉgen. KÉnnen Sie sich nicht vorstellen, Cascal, daÄ es noch immer Menschen gibt, die das mehr reizt als Bars, moderne Erholungszentren und Frauen?Ö ÑZugegeben, aber zu der Sorte gehÉre ich eben nicht.Ö ÑMit Toleranz lassen sich sÅmtliche Seiten verstehen, auch die schein bar unbegreiflichen und sinnlosen. Denken Sie nur an die beiden MÜnner der USO, die einsam und verlassen hier ihren Dienst absolvieren. Eine Meldung nach Rubin Omega gehÉrt zu den freiwilligen Dienstleistungen. Niemand wird gezwungen, hierher zu kommen. Und nach einer gewissen Zeit werden die MÜnner abgelÉst. Also selbst dann, wenn Hidden World fÅr jemand eine EnttÜuschung sein sollte, hat er immer noch die Aussicht, den Planeten wieder verlassen zu kÉnnen. Echte Gefahren gibt es hier nicht, wie ich im Bericht feststellen konnte.Ö ÑInzwischen hat sich die Lage geÜndert.Ö ÑWir sind hier, um das festzustellen.Ö Aus dem Archiv hatte Rhodan eine primitive Karte mitgebracht. Sie war von einem Vermessungsschiff der USO hergestellt worden. ÑWo sind wir jetzt?Ö fragte Atlan nach der zweiten Umrandung. ÑWir nÜhern uns abermals der Nachtseite, und diesmal werden wir die Vulkanebene besser beobachten kÉnnen. Es soll stÜndig tÜtige Vulkane geben.Ö Sie Åberquerten ein Gebirge und tauchten in den Nachtschatten ein. Weit vom am Horizont, am Rande der OberflÜchenrundung, leuchteten einzelne Lichtpunkte auf. Die VergrÉÄerung erst zeigte,
daÄ es sich um ausbrechende Vulkane handelte, die Feuer und flÅssige Lava hoch in die AtmosphÜre schleuderten. áber der nur matt erleuchteten Landschaft lag staubiger Dunst, und soweit sich die OberflÜche Åberhaupt erkennen lieÄ, schien sie nur aus meterdicken Schichten von Lavastaub und Schlacke zu bestehen. Es gab keine Pflanzen. ÑFreundliche Gegend.Ö Joak Cascal gab damit zu erkennen, daÄ er seinen Standpunkt nicht geÜndert hatte. Gucky brach sein ungewohntes Schweigen: ÑHier gibt es Åberhaupt keine verschwommenen Impulse mehr. Alles tot und leer. Beim nÜchsten Mal werden Fellmer und ich den Bezirk genau abgrenzen, in dem es Impulse und damit Leben gibt.Ö Die GOOD HOPE flog weiter, umrundete Hidden World immer wie der, und ganz allmÜhlich begannen sich aus dem Nichts greifbare ZusammenhÜnge zu formen. Das Gebiet der USO-Station war gefunden, auch die in der NÜhe liegende Ansiedlung der Kolonisten. Letztere allerdings war nur durch die schwachen Gedankenimpulse zu bestimmen, die Fellmer und Gucky abzugrenzen versuchten. Nach der neunzehnten Umkreisung bat Rhodan den Kommandanten, das LandemanÉver einzuleiten...
14. Vorsichtig schlich Flinder Tex Gruppa weiter und lieÄ den halb verschÅtteten Stollen hinter sich. Er wuÄte, in welche Gefahr er sich begab, denn dieses Gebiet kannte er noch nicht. Die groÄen und milderen KÜfer waren nicht nur eine Plage: Wenn sie in Massen auftauchten, konnten sie sogar zu einer echten Gefahr werden. Wie Ratten fielen sie dann einen einzelnen Menschen an und versuchten ihn aufzufressen. Flinder war der sogenannte ÑErste DiggerÑ von Hidden World I. Er war hundertneun Jahre alt und trug das weiÄe Haar kurzgeschoren, schon aus praktischer ErwÜgung heraus. Die meiste Zeit seines Lebens verbrachte er unter der OberflÜche, und seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewÉhnt. Notfalls hÜtte er sogar ohne
Licht sehen kÉnnen. Sein weiÄer Schnurrbart war mit den Spitzen so nach oben gebogen, daÄ er die NasenlÉcher vor dem Åberall vorhandenen Staub schÅtzte. Er war einen Meter und siebzig Zentimeter groÄ, schien sich aber fÅr grÉÄer zu halten, denn auch dann, wenn er durch einen zwei Meter hohen Gang schlurfte, bÅckte er sich stÜndig, als habe er Angst, mit dem Kopf gegen die Decke zu stoÄen. Das viele Alleinsein trug auÄerdem dazu bei, daÄ er die Angewohnheit besaÄ, SelbstgesprÜche zu fÅhren. Dabei kam es sehr oft zu heftigen Auseinandersetzungen, und mit der Zeit stellte Flinder fest, daÄ er mit niemandem so herrlich streiten konnte wie mit sich selbst. Seine Haut war weiÄ und blaÄ. Selten nur hatte er die Sonne gesehen, und er legte auch keinen besonderen Wert darauf. Flinder war der beste AufspÅrer fÅr Eupholithe und Oliohymenopterii, den man sich vorstellen konnte. Als einzigem Siedler auf Hidden World war es ihm gelungen, die áberreste der TermitenkÉnigin zu finden, das hatte ihm seinen legendÜren Ruf eingebracht. Neunzehn dieser kostbaren Steine trug er in Form einer Kette um den Hals - fast faustgroÄe, federleichte, schillernde Kristalle. Echte Eupholithe! Flinder hielt an, als er eine bisher unbekannte WohnhÉhle der ausgestorbenen Termiten erreichte. Sein geÅbtes Auge entdeckte sofort einige Chitinpanzer, aber jetzt hatte er keine Zeit, nach Eupholithen zu suchen. Zu rÜtselhafte und unbegreifliche Dinge waren in den vergangenen Wochen auf Hidden World geschehen. Flinder setzte sich auf einen Stein, der sich aus der Decke der HÉhle gelÉst haben muÄte, und - wie Åblich - sprach er mit sich selbst. Er hatte niemanden mehr, dem er Fragen stellen konnte und der sie ihm beantworten wÅrde ... ÑEs muÄ doch dafÅr eine ErklÜrung geben, Flinder! Du kannst mir doch nicht einreden, daÄ zehntausend Menschen von einem Tag auf den anderen einfach verblÉden! Bestimmt die Sonne, was sonst ...? Ich habe sie nie gemocht, diesen verdammten rotleuchtenden Ball am Himmel.Ö ÑDu lÅgst, Flinder! Oft genug hast du dich nach der Sonne gesehnt und ...Ö
ÑDas war doch die andere Sonne, die gelbe Sonne von Terra! Du erinnerst dich doch an sie, aus Filmen und BÅchern. Das ist doch eine ganz andere Sonne!Ö ÑNa, wenn schon! Sonne ist Sonne!Ö Flinder seufzte Åber seinen eigenen Starrsinn. ÑNa gut, du sollst recht haben. Aber rekonstruieren wir doch noch ein mal, was geschah. Alles verlief vÉllig normal. Es gab keine Anzeichen dafÅr, daÄ es anders werden kÉnnte. Mit der USOStation, die wir nicht einmal kennen, hat das alles bestimmt nichts zu tun. Was meinst du?Ö ÑNein, sicher nicht. Sie kÅmmert sich nicht um uns, schÅtzt uns lediglich vor einer Landung von Intelligenzen, die hier nichts zu suchen haben. Die fÜllt also aus.Ö ÑJa, sie kann nicht fÅr das Geschehen verantwortlich gemacht werden, aber ich bin sicher, sie kann uns helfen. Wir mÅssen sie finden und dann um Hilfe bitten. Wir gehÉren noch immer zum Solaren Imperium.Ö ÑBis jetzt schon. Aber weiter, Flinder...Ö ÑGut, weiter. Eines Tages suchten wir doch Herschell Anders auf, um mit ihm einen neuen Plan zu besprechen. Wir vermuteten eine ganze Anzahl unentdeckter TermitengrÜber weiter Éstlich im Gebirge. Dazu wÜre eine áberlandexpedition notwendig gewesen. Herschell war einverstanden und wollte sie organisieren. Er als Geologe hÜtte uns eine groÄe Hilfe bedeutet und schon seinen Anteil abbekommen, wenn wir das gefunden hÜtten, was wir im Gebirge vermuteten.Ö ÑEr brachte zwanzig Leute auf die Beine, die uns begleiten wollten. Sie planten, ihre Familien in der Siedlung zurÅckzulassen, Lebensmittel mitzunehmen und mit uns zusammen ihr GlÅck zu versuchen.Ö ÑGenauso war es! Und dann brach die Katastrophe Åber uns herein, von der wir - du und ich - unverstÜndlicherweise verschont blieben. Wir sind die einzigen Menschen auf Hidden World, die ihren Verstand behalten haben, und darum liegt es auch in unserer Hand, ob etwas geschieht oder nicht.Ö ÑKein Mensch wollte plÉtzlich mehr mit ins Gebirge, und fast hÜtten sie uns erschlagen, als wir sie daran erinnerten. Selbst Her-
schell, einer der intelligentesten Siedler, redete plÉtzlich wie ein Kind daher und verlangte von uns, wir sollten ihm ein paar bunte Steine zum Spielen mit bringen.Ö Es entstand eine winzige Pause in dem laut gefÅhrten, seltsamen Dialog. Dann ging es weiter. ÑFlinder, eigendlich sind wir verrÅckt.Ö ÑWieso?Ö fragte Flinder sich selbst. ÑWeil wir diese USO-Station niemals finden werden. Sie ist geheim, das wissen wir. Es wurde unseren Vorfahren verboten, sich ihr jemals zu nÜhern, falls wir sie doch einmal entdecken sollten. Sie wacht Åber uns, aber sie hat offiziell nichts mit uns zu tun. Wir haben nicht einmal Waffen, falls man uns angreift.Ö ÑDas hat doch alles nichts damit zu tun, daÄ wir verblÉdeten! Wir benÉtigen Hilfe, und wer auÄer den Leuten von der USO sollte sie uns bringen?Ö ÑDa magst du recht haben. Also suchen wir weiter. Zuerst aber mÉchte ich mir unseren Fund betrachten. Vielleicht ist eine KÉnigin dabei!Ö ÑWir haben keine Zeit.Ö ÑEin paar Minuten nur ...Ö Flinders Kampf mit der eigenen Versuchung verlief friedlich. Er gab auf. Er drehte den Panzer auf den RÅcken und Éffnete ihn dort, wo er besonders weich war, nÜmlich auf der Bauchseite. Zu seiner eigenen áberraschung kullerten ihm gleich einige der farbigen Kristalle entgegen, die er sogleich in einem SÜckchen verstaute und in der HÉhle versteckte. Bei dem, was er plante, wÅrden die Eupholithe nur hinderlich sein. Auch Oliohymenopterii war vorhanden. Aber dann Åberwogen wieder die Sorge und die heimliche Furcht, die Flinder sich selbst gegenÅber nicht zugeben wollte. Er hatte Herschell von seiner Absicht unterrichtet, war aber auf UnverstÜndnis gestoÄen. Der Geologe wollte ihn auf seiner gefahrvollen Wanderung nicht begleiten. Also hatte sich Flinder allein auf den Weg gemacht. Seinen Berechnungen nach muÄte er nach einem weiteren Kilometer wieder auf die Stollen des bekannten Wohngebietes stoÄen. Er
hatte eine AbkÅrzung genommen, die relativ unbekannt geblieben war. Flinder kannte mehrere solcher halbverschÅtteter Stollen, um die sich niemand kÅmmerte, weil es noch genug andere gab. ÑWenn wir zurÅckkommen, holen wir uns das Zeug hier abÖ, sagte er zu seinem unsichtbaren Partner und ging weiter. ÑWollen doch mal sehen, ob unsere Vermutungen stimmen.Ö Er zÉgerte. ÑIch mÉchte nur wissen, warum wir nicht auch verblÉdeten. Warum diese Ausnahme bei einem weltumfassenden Ereignis?Ö ÑVielleicht sind wir zu intelligent?Ö ÑAngeber!Ö sagte Flinder zu sich selbst. Nachdem er abermals eine verschÅttete Stelle durchkrochen hatte, kam er wieder in das bekannte und gesÜuberte Stollengebiet. Hier brannte sogar noch elektrisches Licht, wenn auch nur sehr schwach. Es genÅgte aber vollauf fÅr Flinders empfindliche Augen. In einer der groÄen WohnhÉhlen traf er mit AngehÉrigen der Kolonie zusammen. Sie benahmen sich wie die Kinder, spielten mit den mÅhsam eingesammelten Eupholithen, als handele es sich um Murmeln. Als sie Flinder erkannten, umringten sie ihn und behandelten ihn so, als sei er ihr KindergÜrtner. Sie wollten unbedingt, daÄ er mit ihnen spielte. Flinder suchte schleunigst das Weite. Mit seinen Freunden war nichts mehr anzufangen. Ein GlÅck, daÄ sie wenigstens nicht verlernt hatten, wie man aÄ und trank. Aber eines Tages wÅrden die VorrÜte verbraucht sein, und sie wÅrden sich nicht mehr um den Nachschub kÅmmern. Einen Augenblick lang kam Flinder der Gedanke, alle Menschen in der Galaxis kÉnnten vom gleichen UnglÅck betroffen worden sein. Dann gab es keine Rettung mehr, denn mit verdummten Siedlern und ohne Verbindung zur USO muÄten sie alle verhungern. Weiter auÄerhalb kam er zum erweiterten Abbaugebiet. Hier war einst vor zehntausend Jahren vielleicht der Friedhof der Termiten gewesen. NatÅrlich handelte es sich nicht um einen richtigen Friedhof, wie Menschen ihn einmal angelegt hatten. Die Termiten verkrochen sich, wenn sie ihr Ende herannahen fÅhlten. Sie gruben einen Gang, der gerade groÄ genug war, sie durchzulassen. So bohrten sie sich regel recht in den Boden hinein, meist in waagerechter Rich-
tung, verschÅtteten den Gang hinter sich mit der gelÉsten Erde und hielten erst an, wenn sie starben. Einige der sterbenden Termiten hatten sich dabei verschÜtzt. Ihr Gang war dann oft kilometerlang, und es wurde immer mÅhsamer, solche EinzelgÜnger zu finden. Was nun den Friedhof anging, so bezeichnete dieser Begriff lediglich die Stelle, an der die meisten dieser GrÜbergÜnge begannen. Die Kolonisten hatten der Einfachheit halber damit angefangen, die ganze Wand abzutragen. Schon nach kurzer Zeit hatten sie die GÜnge freigelegt, die wie einfache LÉcher aussahen, eins neben dem anderen. Und am Ende jeden Loches hatte ein Termitenskelett auf sie gewartet, ein Chitinpanzer voller Eupholithe und Oliohymenopterii. Flinder kÅmmerte sich nicht um den Friedhof. Er hatte sich nie darum gekÅmmert, denn dies hier war Routinearbeit. Jeder Dummkopf konnte einem solchen Einzelgang nachspÅren und am Ende seine Belohnung finden. Flinder war ein einsamer JÜger. Und er hatte bisher immer die besten Funde gemacht. Als er weitergehen wollte, tauchten plÉtzlich aus einem Nebenstollen heraus ein knappes Dutzend Kolonisten auf. Sie waren mit Spitzhacken und HÜmmern bewaffnet und nahmen sofort eine drohende Haltung ein, als sie den Ersten Digger erkannten. ÑWohin willst du, Flinder?Ö Flinder war es gewohnt, daÄ man ihm mit Achtung begegnete. Er blieb stehen und sah den Sprecher erstaunt an. ÑWas fÜllt dir ein, James? Warum verstellst du mir den Weg?Ö ÑDu willst zur OberflÜche, zu den bÉsen Geistern, oder ...?Ö Flinder war ehrlich Åberrascht. Bis jetzt hatte auf Hidden World noch niemals jemand an Geister geglaubt, schon gar nicht an bÉse. ÑJa, ich will zu den bÉsen GeisternÖ, sagte er. ÑSie haben den Boden erzittern lassen, und ich werde sie bitten, es nicht mehr zu tun.Ö Erdbeben! In den letzten Wochen hatte es immer wieder Erdbeben gegeben, und gerade diese tektonischen Beben konnten Leute wie sie hier nicht gebrauchen. Sie lebten unter der OberflÜche eines ungastlichen Planeten, und jedes Beben verschÅttete hier und dort GÜnge und
Stollen. Seit es diese Beben gab, waren mehr Kolonisten gestorben als jemals zuvor. Die MÜnner beruhigten sich und lieÄen ihre primitiven Waffen sinken. ÑDu wirst mit ihnen sprechen?Ö Es war nicht das erste GesprÜch dieser Art, das Flinder in letzter Zeit fÅhrte. Er hatte versucht, den Verdummten Ursache und Wirkung eines Erdbebens zu erklÜren, aber es war ihm nicht gelungen. SchlieÄlich, um sie zu beruhigen, war er auf den Gedanken verfallen, irgendwelchen KrÜften auf der OberflÜche die Schuld zu geben. Die bÉsen Geister von oben - das war also das Resultat seines Unterrichtes! ÑJa, ich will mit ihnen sprechen und sie bitten, den Boden nicht mehr zittern zu lassen. Vielleicht gelingt es mir, sie zu besÜnftigen. Warum wolltet ihr mich aufhalten?Ö ÑDu bist klÅger als wir, und wir wollten nicht, daÄ du weglÜufst.Ö ÑWenn ich nach oben will...Ö ÑDu kehrst zu uns zurÅck?Ö Die Leute wirkten total verÜngstigt und hilflos. Und was fÅr MÜnner waren sie einst gewesen? KrÜftige, kluge und wagemutige Burschen, die durch enge Stollen krochen und sich tÜglich unsagbaren Gefahren aus setzten, um fÅr sich und ihre Familien zu sorgen. Und nun ... ÑIch werde bald zurÅck sein. Aber ich weiÄ nicht, wie lange es dauert, bis ich die Geister gefunden habe. Habt Geduld, es wird noch alles gut werden.Ö ÑKÉnnen wir nicht mit dir gehen?Ö Flinder schÅttelte den Kopf. ÑNein, bleibt hier. Es ist besser, wenn ich allein gehe.Ö ÑWarum ist das besser?Ö wollte ein anderer wissen. Wie sollte Flinder es ihm erklÜren? Er konnte ihm doch nicht mitteilen, daÄ der andere zu dumm war. ÑIch komme schneller voran, wenn ich allein bin. Ihr wiÄt, daÄ ich immer allein auf die Suche nach Termiten ging und die Gegend besser kenne als ihr. Ich kenne auch einen Teil der OberflÜche, und
dort muÄ ich die Geister ja suchen. Sie wÅrden euch vielleicht tÉten.Ö Das war ein Argument, das Åberzeugte. Die MÜnner gaben den Weg frei. ÑDas stimmt, sie kÉnnten uns tÉten. Dann geh, Flinder! Und bring uns gute Nachrichten zurÅck.Ö Er nickte ihnen zu und ging weiter, um wenig spÜter in dem breiten Stollen zu verschwinden, der - wie er wuÄte - zu einer lÜngst ausgebeuteten ehemaligen Termitenstadt fÅhrte. Von dort aus fÅhrte ein Stollen schrÜg nach oben. Die ÑStadtÖ lag fast zweihundert Meter unter der OberflÜche. Als man sie erstmals entdeckte, glaubte man, das Werk ÜuÄerst intelligenter Urbewohner von Hidden World aufgefunden zu haben. Niemand wollte Insekten ein solches architektonisches KÉnnen zuschreiben - ein GrundÅbel des Menschen, sich fÅr einzigartig zu halten. Aber die spÜteren Nachforschungen beseitigten jeden Zweifel: Die Termiten hatten diese Stadt unter der Erde angelegt, und von ihr aus fÅhrten Stollen und kleinere GÜnge in alle Richtungen zu Ansiedlungen, BrutstÜtten und Nahrungsspeichern. Ein kleiner Gang hatte zum Grab der KÉnigin gefÅhrt, und Flinder hatte ihn entdeckt. Er wuÄte, daÄ es mehrere KÉniginnen gegeben haben muÄte, und es war stets sein Ehrgeiz gewesen, auch die anderen GrÜber zu finden, bis her hatte er allerdings vergeblich gesucht. DafÅr hatte er einen anderen Stollen entdeckt - jenen zur OberflÜche. Die Stadt war von den Diggern restlos ausgeplÅndert worden. Nicht alle Termiten hatten sich ihr eigenes Grab gegraben, bevor sie starben. Als die Hungerkatastrophe Åber sie hereinbrach, hatten sie damit begonnen, sich gegenseitig aufzufressen. Die áberreste blieben liegen, wo das Drama sich abspielte - eine reiche Beute fÅr die Kolonisten. Eine riesige Halle bildete das Zentrum der ehemaligen Termitenstadt. Ringsum gab es stockweise Rundkorridore, dahinter unzÜhlige Einzelzellen. Die Vermutung lag nahe, daÄ die Termiten in solchen ÑEinzelwohnungenÖ hausten, nicht in GemeinschaftssÜlen. Sie
muÄten eine Zivilisation gekannt haben, wenn auch ohne Technik und Werkzeuge. Sie hatten alles mit ihren scharfen Klauen und FreÄkiefern geschaffen. Lebten sie noch heute, sie wÜren die erbittertsten Feinde der Kolonisten gewesen. Irgendwo war ein GerÜusch. Flinder blieb stehen und lauschte. KÜfer...? Es gab welche, die so groÄ wie Kaninchen wurden, und sie waren Fleischfresser. Noch fielen sie sich nicht gegenseitig an, sondern machten Jagd auf kleinere KÜfer. AngehÉrige der eigenen Sippe waren tabu. Wenn die groÄen KÜfer in Rudeln auftraten, und das kam oft genug vor, schreckten sie auch nicht davor zurÅck, Menschen anzufallen. Sie bildeten dann eine echte Gefahr. Zum GlÅck lebten die KÜfer fast ausschlieÄlich auf der OberflÜche, und selten nur wagten sie sich durch alte Stollen in die Tiefe, um hier nach Nahrung zu suchen. Das GerÜusch kam von rechts. Flinder huschte in einen Seitengang und verhielt sich ruhig. Mit KÜfern wurde er fertig, auch wenn er unbewaffnet war. Zwar trug er im GÅrtel seiner Arbeitskombination eine kleine Spitzhacke, aber die hÜtte niemand im Ernst als Waffe bezeichnen kÉnnen. Dann sah er den Mann. Es war der Geologe Herschell Anders. Er kam aus dem Stollen, blieb stehen und sah sich forschend nach allen Seiten um, als suche er jemanden. In der rechten Hand hielt er eine Eisenstange, auf die er sich beim Gehen gestÅtzt hatte. Flinder war wÅtend. FrÅher wÜre ihm der Geologe ein willkommener Begleiter gewesen, aber heute konnte er ihm nur eine Last bedeuten. Wie sollte er ihm erklÜren, daÄ er statt der bÉsen Geister lediglich die Station der USO suchen und die Besatzung um Hilfe bitten wollte? Jetzt war wieder ein GerÜusch zu vernehmen, aber es kam von der gegenÅberliegenden Seite. Es war auch ein ganz anderes GerÜusch als vorher, das von Flinder gleich als der Schritt eines einzelnen Mannes identifiziert worden war. Diesmal war das GerÜusch vielfÜltiger, so als wÅrde es von vielen hundert FÅÄen verursacht und...
Die KÜfer! Die ersten erschienen am Rand der Halle, handgroÄ etwa und damit nicht gerade die gefÜhrlichste Sorte. Immerhin waren auch sie in der Lage, einen Mann in ein Skelett zu verwandeln, wenn ihm nicht rechtzeitig die Flucht gelang. Die KÜfer konnten nicht sehr schnell laufen, es war nicht schwer, ihnen zu entkommen - falls man nicht von ihnen eingeschlossen und dann von der áberzahl erdrÅckt wurde. Zum GlÅck gab es von der Stadt aus genug Fluchtwege. Herschell Anders! Auf keinen Fall durfte er jetzt den Geologen sich selbst Åberlassen! Der Mann verfÅgte zwar noch Åber ein wenig Intelligenz, aber wahrscheinlich hatte er alle seine Erfahrungen vergessen und wÅrde ein leichtes Opfer der KÜfer sein. Er muÄte ihm helfen. Entschlossen zog er die Spitzhacke aus dem GÅrtel, verlieÄ seine sichere Deckung und rannte in die unterirdische Halle, auf Herschell zu. Der Mann schrak zusammen, aber dann huschte Erkennen Åber seine verwitterten ZÅge. ÑFlinder, ich habe dich gesucht!Ö ÑKomm schon, Herschell! Beeile dich! Die KÜfer sind hinter uns her!Ö FÅr ErklÜrungen war spÜter noch Zeit. Herschell begriff sofort. Er hatte also die Gefahr, die von den KÜfern ausgehen konnte, noch nicht vergessen. Immerhin ein Pluspunkt. Er nahm bereitwillig Flinders Hand und lieÄ sich von ihm fÅhren. Aber die KÜfer hatten ihre Beute lÜngst gewittert. In Scharen strÉmten sie in die Halle, verteilten sich und besetzten in kÅrzester Zeit fast alle AusgÜnge. Sie versuchten mit unbestreitbarer Intelligenz der Beute den Fluchtweg abzuschneiden. ÑNimm die Stange, Herschell!Ö rief Flinder seinem SchÅtzling zu und schlug mit der Hacke auf die ersten KÜfer ein, die sich ihnen nÜherten. Mit hÜÄlichem Krachen zersprangen ihre Panzer. ÑWir mÅssen in jenen Gang dort...Ö Es war der Stollen, der zur OberflÜche fÅhrte. Es muÄte noch weitere solcher GÜnge geben, und die KÜfer schienen sie zu kennen. Auch die sen. Mehrere Dutzend kamen aus ihm hervor und fielen Åber die beiden MÜnner her, die sich aus LeibeskrÜften ihrer Haut wehrten.
Es war ein ausgewogener Kampf. Trotz seiner Verdummung war Her schell noch immer intelligenter als die KÜfer, von Flinder ganz zu schweigen. Die KÜfer hingegen waren in der áberzahl. Tausende von ihnen muÄten es bereits sein, die quer durch die Halle auf sie zuliefen. Aber in dem Stollen, der nach oben fÅhrte, waren hÉchstens hundert von ihnen. Flinder zertrat sie mit den Stiefeln, knackte ihre Panzer mit der Spitz hacke und schleuderte sie durch FuÄtritte beiseite. Herschell schlug mit der Stange auf sie ein oder stieÄ einfach zu und durchbohrte sie. Endlich hatten sie es geschafft. Ohne sich weiter aufzuhalten, rannten sie weiter, um erst einmal einen Vorsprung zu gewinnen. Die Hauptsache war, daÄ sie nicht einer neuen KÜferarmee begegneten, die auf dem Weg von der OberflÜche zur unterirdischen Termitenstadt war. Nach fÅnf Minuten hielt Flinder atemlos an. Er setzte sich einfach auf den Boden und sah den Geologen an. ÑMensch, Herschell, bist du verrÅckt geworden?Ö ÑWarum, Flinder? Die Leute sagten mir, daÄ du zu den bÉsen Geistern willst. Es gibt doch Åberhaupt keine Geister - das hat mir mein Vater selbst einmal gesagt. Ich wollte dir das nur sagen.Ö Flinder griff sich an den Kopf, beherrschte sich dann aber. Ganz klar, daÄ Herschell so denken muÄte. SchlieÄlich war er nicht so dumm geworden wie die anderen. Aber seine Intelligenz reichte auch wiederum nicht aus, Flinders Trick zu erkennen. Ob er ihm die Wahrheit sagen sollte? ÑHerschell, hÉr zu! Ich will hinauf zur OberflÜche, um dafÅr zu sorgen, daÄ der Planet nicht mehr zittert. Wie ich das mache, muÄt du schon mir Åberlassen. Du gehst zurÅck, verstanden?Ö ÑZurÅck?Ö Nun setzte sich der Geologe auch. ÑIch soll zurÅck zu den KÜfern? Die fressen mich doch auf, Flinder!Ö ÑDu hast dich eben tapfer gehalten. Ich glaube nicht, daÄ sie dich fressen werden...Ö ÑDort oben gibt es noch mehr von ihnen, und ich kÉnnte dir helfen, sie zu tÉten. Aber allein habe ich Angst.Ö
Kindliche Logik, ganz klar. Flinder muÄte zugeben, daÄ der Geologe ihn beim Kampf gegen die KÜfer tatkrÜftig unterstÅtzt hatte. Vielleicht bedeutete er doch kein Hindernis, wenn er ihn mitnahm. ÑNun gut, du kannst mitkommen, aber unter einer Bedingung.Ö ÑJede!Ö ÑDu stellst keine dummen Fragen mehr und versuchst nicht, mir gute RatschlÜge zu geben. Ich bin der BoÄ, und was ich sage, das wird auch gemacht. Ist das klar?Ö ÑDas war immer klar, Flinder. Nur das mit den Geistern ...Ö ÑVergiÄ die Geister, Herschell! Und nun komm, wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, sonst holen uns die KÜfer doch noch ein.Ö Sie erhoben sich und schritten weiter bergan. Die Luft wurde frischer und kÅhler. Als sie die OberflÜche erreichten, war es Nacht. Der Unterschied konnte den beiden MÜnnern nicht besonders auffallen, sie waren ein Leben in stÜndiger Dunkelheit oder zumindest im Zwielicht gewÉhnt. Flinder empfand das Fehlen der hellen Sonnenstrahlen sogar als angenehm, wenn ihn die plÉtzliche KÜlte auch empfindlich stÉrte. Die Orientierung war schwer. Flinder war im Gegensatz zu den Åbrigen Kolonisten zwar oft an der OberflÜche gewesen, aber die kurzen Aufenthalte reichten nicht zur Orientierung aus. Er wuÄte nur, daÄ sein Vater ihm einmal die Stelle beschrieben hatte, an der sich die USO-Station befinden sollte. Klar aus gedrÅckt handelte es sich dabei um eine Entfernung von ungefÜhr fÅnf zehn Kilometern. Die Station stand zwischen zwei nicht sehr hohen Bergen auf dem SattelpaÄ. Berge gab es in allen Richtungen, sogar einige Vulkane, die in den letzten Wochen ihre TÜtigkeit wieder aufgenommen und die Beben verursacht hatten. Wenn er seinen Vater richtig verstanden hatte, standen die erwÜhnten Berge im SÅden, von der Kolonie aus gesehen. Wo war SÅden? Herschell packte seinen Arm. ÑDort!Ö flÅsterte er aufgeregt. ÑDa kommt etwas!Ö
Flinder schÅttelte die Hand ab und hielt die Spitzhacke bereit. Er hatte das leichte, schabende GerÜusch ebenfalls vernommen. Ein einzelner KÜfer vielleicht, der ihnen kaum gefÜhrlich werden konnte. Aber dann lieÄ er die Hacke wieder sinken. Langsam und bedÜchtig wanderte wenig spÜter im leichten Nachtwind ein WindmÅhlschaufler vorbei. Er hatte drei Wurzeln, und immer dann, wenn er die vorderste im Boden versenkte, holte er die letzte wieder dar aus hervor. Die mittlere diente inzwischen als StÅtze. Ein gespenstisches Bild, aber die Pflanze tat niemandem etwas zuleide. ÑNa alsoÖ, Flinder atmete erleichtert auf. ÑDu hast mich schÉn erschreckt, Herschell.Ö ÑIch dachte, die KÜfer kÜmen wieder.Ö Dein GlÇck, dachte Flinder, daÄ du jetzt keine Fragen stellst. Ich wÇÄte nicht einmal die Antwort darauf. Vielleicht ist es doch besser, wir warten, bis es hell wird. Aber dabei wÅrde zuviel Zeit verlorengehen. Der WindmÅhlschaufler! Flinder wuÄte, daÄ die Pflanzen stets dem Licht nachwanderten, immer in der Hoffnung, es einzuholen. Sie wanderten also nach Westen, wenn der Wind gÅnstig wehte. Erst morgens, bevor die Sonne aufging, verharrten sie am Fleck und warteten das volle Tageslicht ab. Jetzt wuÄte er, wo SÅden war! ÑWir gehen weiterÖ, sagte er zu Herschell, der Üngstlich in die Nacht hinauslauschte, um Flinder die AnnÜherung eines Feindes sofort melden zu kÉnnen. ÑNach SÅden.Ö Der Boden war weich, manchmal etwas schlackig und staubig, dann wieder streckenweise hart und felsig. Das GelÜnde stieg allmÜhlich an. Links am Horizont war ein heller Schimmer zu erkennen, dagegen hoben sich einige Berge ab. Sie schritten rÅstig aus und legten bis Sonnenaufgang fast zehn Kilometer zurÅck. Dann streikte Herschell. Er blieb stehen, sah sich suchend um und entdeckte einen lÜnglichen Lavablock. Er setzte sich.
ÑJetzt machen wir eine PauseÖ, sagte er und rammte seine Eisenstange in den Boden. ÑIch bin mÅde.Ö ÑWenn die KÜfer kommen, wirst du schon wieder munter werden.Ö Aber dann sah Flinder ein, daÄ es besser war, den Rat seines Freundes zu befolgen. Er setzte sich neben ihn und holte ein StÅck in Papier eingewickeltes Konzentrat aus der Tasche. Er teilte es mit dem Geologen. Dann marschierten sie weiter, nach SÅden, wo Flinder zwei dicht beieinanderstehende Berge entdeckt hatte, in deren Mitte der PaÄ lag. Dort schimmerte etwas silbern in der tiefstehenden Sonne. Flinder und Herschell erreichten den Pfad zum PaÄ um die Mittagszeit. Blutrot fast stand die Sonne Rubin Omega am klaren Himmel, aber es wurde nicht richtig heiÄ. Von Osten her wehte ein lauer Wind. ÑWeiÄt du ÅbrigensÖ, sagte Herschell, der sich nun vernÅnftiger benahm als anfangs, ÑdaÄ einer der MÜnner aus der Station mehrere Kolonisten getÉtet hat?Ö Flinder hatte es fÅr richtig gefunden, den Geologen einzuweihen. Hilfe von der Station - das war und blieb die einzige MÉglichkeit zur Rettung der Kolonie. ÑIch hÉrte davon, aber wenn ich mir die Geschichte zusammenreime, war der Mann im Recht. Er muÄ von unseren MÜnnern angegriffen worden sein. Der áberlebende hat bestimmt nur zu seinen Gunsten geredet.Ö ÑImmerhin wurden sechs MÜnner getÉtet. Die MÜnner in der Station sind unsere Feinde.Ö ÑUnsinn! Sie sind Menschen wie wir und gehÉren zum Solaren Imperium. Warum sollten sie unsere Feinde sein?Ö ÑDas weiÄ ich auch nicht. Jedenfalls mÅssen wir verdammt vorsichtig sein.Ö ÑNatÅrlich sind wir das. Sie dÅrfen uns nicht fÅr neue Angreifer halten. Wir werden uns rechtzeitig bemerkbar machen und ihnen zeigen, daÄ wir nur mit ihnen reden wollen. Komm, gehen wir weiter. Es ist noch ein gutes StÅck bis zum PaÄ.Ö Kurz bevor sie die BrÅcke erreichten, sahen sie zum ersten Mal die Kuppel aus der NÜhe. Sie mochten etwa vierhundert Meter von
ihr entfernt sein. Das Bauwerk schien unbeschÜdigt zu sein, aber die Åberall herumliegenden Felsbrocken sprachen eine deutliche Sprache. Ganz klar, daÄ eine Art Bergrutsch stattgefunden und die Station halb begraben hatte. Sie blieben stehen. ÑEin Beben hat die ÅberhÜngenden Felsen herabstÅrzen lassenÖ, sagte Herschell bedrÅckt. ÑVielleicht sind die MÜnner tot.Ö ÑWir wollen es nicht hoffen. Wer sollte uns helfen, wenn sie tot sind?Ö ÑWenn sie tot sind, gehÉrt die Station uns!Ö ÑWir werden kaum etwas damit anfangen kÉnnen. Gut, ich verstehe ein wenig von Funk und Technik, aber nicht soviel, um eine wahrscheinlich halbautomatisch funktionierende Station zu betreiben. Nun, wir wer den ja sehen.Ö Sie Åberschritten die BrÅcke und erreichten das Plateau. Der Vor marsch wurde nun wegen der durcheinanderliegenden Felsen immer schwieriger. Manchmal muÄten sie darÅber hinwegklettern oder sich zwischen ihnen hindurchzwÜngen. Einmal gab es sogar keine andere MÉglichkeit, als unter den aufgetÅrmten Brocken hindurchzukriechen. PlÉtzlich, dicht vor der Kuppel, blieb Flinder, der vorangegangen war, mit einem Ruck stehen. Er schaute entsetzt auf die skelettierten Beine eines Menschen, die unter einem Felsen hervorragten. Der Stoff der Uniformhose hing zerfetzt daneben. Die KÜfer! ÑDu kÉnntest recht haben, Herschell.Ö Sie suchten, aber den zweiten Mann fanden sie nicht. Er muÄte irgendwo unter den Åbrigen Felsen verborgen sein. Oder er saÄ in der Station und hatte ihre Ankunft lÜngst bemerkt. ÑHallo!Ö rief Flinder, in der Hoffnung, daÄ ihn jemand hÉrte. Keine Reaktion. Noch einmal rief er und erklÜrte, daÄ er mit dem Mann von der USO zu sprechen wÅnsche. Aber wieder erhielt er keine Antwort. ÑDer Eingang ist geÉffnetÖ, stellte Herschell fest, der zwischen den Felsen herumsuchte, um den zweiten Mann zu finden. ÑDas wÜre sicher nicht der Fall, wenn sie noch lebten.Ö FÅr einen Halbverdummten immerhin eine Intelligenzleistung.
Flinder kam zu ihm. In der Tat war die TÅr zur Kuppel weit geÉffnet, und sie konnten in das Innere blicken. Viel allerdings gab es da nicht zu sehen. Eine kahle Vorhalle, im Hintergrund einige geschlossene TÅren, und an den SeitenwÜnden einige Kontrolltafeln. Wahrscheinlich konnte man von ihnen aus die TÅr Éffnen. ÑDann wollen wir malÖ, meinte Flinder und ging voran. Herschell folgte ihm zÉgernd. Vor den Kontrolltafeln blieben sie stehen. Flinder studierte sie und versuchte, einen Sinn in die scheinbar wahllose Einteilung von Hebeln, Schaltern, KnÉpfen und Skalen zu bringen. Ganz gelang es ihm nicht, obwohl er einige Zeit in der Hauptschaltstation der Kolonie zugebracht hatte. Aber das war schon lange her. ÑDas hier ist fÅr die TÅrenÖ, meinte er schlieÄlich ein wenig mutlos, denn von Herschell hatte er in dieser Hinsicht keine UnterstÅtzung zu erwarten. Versuchen wir es ...Ö Beim dritten Versuch Éffnete sich eine der TÅren. Damit war der Bann gebrochen. Nacheinander gingen auch die anderen auf. Flinder fand sich schneller mit der technischen Anlage zurecht, als er gehofft hatte. Als erstes entdeckten sie einen halbgefÅllten Vorratsraum, der langentbehrte Dinge enthielt, darunter sogar richtige Konserven und eine KÅhlkammer mit frischem GemÅse und Fleisch. Den beiden MÜnnern lief das Wasser im Mund zusammen, und als Herschell zu guter Letzt auch noch eine Kiste mit alkoholischen GetrÜnken fand, kannte ihre Freude keine Grenzen mehr. FÅr einen Augenblick vergaÄen sie ihre Lage, und selbst Flinder hatte nichts dagegen einzuwenden, daÄ Herschell eine der Flaschen Éffnete. Ziemlich gut gelaunt untersuchten sie die anderen RÜume. Zum SchluÄ kamen sie in die genau im Kuppelzentrum gelegene Schaltzentrale und Funkstation des USO-StÅtzpunktes. Rinder konnte sich mit einem Blick davon Åberzeugen, daÄ hier alles so weitergelaufen war, wie es auch bei einer Wartung durch die beiden MÜnner der Fall gewesen wÜre. Die Station arbeitete, soweit es die Funkeinrichtung betraf, sogar vollautomatisch. Bildschirme waren ringsum an den WÜnden angebracht. Die obere Reihe zeigte Ausschnitte aus dem All, die untere die Umgebung der Station in der Art eines Panoramaschirms. Die Bilder lebten. Die
Anlage arbeitete einwandfrei. Das Erdbeben hatte keine SchÜden angerichtet. Die EmpfÜngeranlage interessierte Flinder in erster Linie. Die Skalen und Instrumente bewiesen, daÄ laufend irgendwelche Funksignale empfangen und automatisch gespeichert wurden. In der Speicherablage hÜuften sich die Aufnahmekristalle und andere DatentrÜger, sÜuberlich sortiert und mit dem jeweiligen Datum des Empfanges versehen. Selbst jetzt, in diesem Augenblick, trafen Funksignale ein. Vorsichtig trat er nÜher, um die Handkontrollen zu betrachten. Es war ihm klar, daÄ er eine Umschaltung vornehmen muÄte, wenn er selbst senden wollte, und genau das war ja seine Absicht. Die USOLeute waren nicht mehr in der Lage, die Station zu bedienen. Man konnte ihm nur dankbar sein, wenn er sich jetzt darum kÅmmerte. ÑKommst du damit klar?Ö fragte Herschell, der wieder nÅchterner geworden war. Er war dabei, den Inhalt einer Fleischkonserve zu verzehren. ÑWenn du mich fragst - ich kann dir nicht helfen.Ö ÑDanke, es wird schon gehen. KÅmmere dich lieber drauÄen darum, daÄ wir nicht Åberrascht werden. Den zweiten Mann haben wir nicht gefunden, und von unseren eigenen Leuten erwarte ich auch gerade keine Freundlichkeiten, wenn sie uns hier entdecken.Ö Nicht gerade begeistert, zog der Geologe ab, und Flinder war froh dar Åber. Er benÉtigte jetzt vor allen Dingen Ruhe, um nachdenken zu kÉnnen. Er wuÄte, daÄ er es schaffen konnte, wenn er sich genÅgend konzentrierte. Die im Augenblick eintreffenden Signale waren verschlÅsselt, und er hatte keine MÉglichkeit, sie in Klartext umzuwandeln. Sie waren auÄer gewÉhnlich stark und deutlich. Vorsichtig betÜtigte er einige Kontrollen, und zu seinem Erstaunen flammten einige bisher dunkel gebliebene Bildschirme auf. Sie saÄen ausnahmslos in der oberen Reihe mit den RaumAusschnitten. Auf einem der Schirme erkannte Flinder einen Kugelraumer. GOOD HOPE II stand Åber dem Wulstring. Der Name war ihm nicht unbekannt, wenn er auch bereits zur halben Legende geworden war. Aber nicht fÅr eine einzige Sekunde
kam Flinder der Gedanke, an Bord kÉnnte sich Perry Rhodan aufhalten. Immerhin - ein Schiff der Solaren Flotte, vielleicht sogar der USO! Aber: wo war es? Wie weit entfernt hatten es die automatischen Kameras der Station erfaÄt, oder handelte es sich einfach um ein Funkbild? Flinder hatte keine Ahnung, wie er eine Antwort auf seine Fragen erhalten sollte. Die Funkzeichen wurden schwÜcher. Gleichzeitig fiel Flinder auf, daÄ auch das Schiff auf dem Bildschirm in seinen Konturen blasser und undeudlicher wurde. Dann verstummte der Lautsprecher, und der Bild schirm zeigte nur noch StÉrungsstreifen. Flinder konnte nicht wissen, daÄ die GOOD HOPE II zur letzten Umrundung ansetzte... Eine halbe Stunde spÜter hatte er mit Hilfe einer einfachen Anleitung, die er in einer der zahlreichen Schubladen gefunden hatte, den Schaltplan der Funkstation rekonstruiert. Da keine lauten Funksignale mehr herein kamen, schaltete er um auf Senden. Das Aufleuchten einer Kontrollampe zeigte ihm, daÄ er richtig geschaltet hatte. Der Sender war in Betrieb. Ratlos stand er vor dem eingebauten Mikrophon. Er wuÄte nicht so recht, was er sagen sollte. Er hatte nicht die geringste Ahnung, welche Reichweite der Sender besaÄ und wie weit man seine Stimme hÉren konnte. Die Frequenz hatte er vorsichtshalber nicht verstellt. Er hoffte, daÄ ihn so das Schiff hÉren konnte, das er zuvor auf dem Bildschirm gesehen hatte. Es muÄte sich in der NÜhe befinden. ÑHier spricht Flinder Tex Gruppa!Ö sagte er endlich in das Mikrophon. ÑHidden World, System Rubin Omega. Die Raumkoordinaten sind mir nicht bekannt, aber auf jeder USO-Karte dÅrften sie eingetragen sein. Ich sende einen Notruf! Die Kolonie ist in Gefahr. Wahrscheinlich bin ich noch der einzige intelligent gebliebene Mensch auf dieser Welt. Die Besatzung der USO-Station wurde von herabstÅrzenden Felsen getÉtet. Wir benÉtigen dringend Hilfe! Wenn Sie antworten, dann bitte in Klartext. Ich besitze kein Kodebuch und kann auch keins finden. Ende.Ö
Zum GlÅck konnte Flinder das TonaufzeichnungsgerÜt bedienen, das unmittelbar unter dem Mikrophon stand. Er schaltete es auf Wiederholautomatik, und wenig spÜter wurde sein Notruf noch einmal gesendet, dann ein zweites Mal. Der Vorgang wiederholte sich automatisch. Flinder hielt es nach einer weiteren halben Stunde nicht mehr fÅr not wendig, auf eine BestÜtigung zu warten. Wenn jemand den Ruf empfing, wÅrde er Rubin Omega anfliegen und auf dem ersten Planeten landen, um nach dem Rechten zu sehen. Warum sollte er hier noch weiter seine Zeit verschwenden? Er wollte zur Kolonie zurÅckkehren und den Leuten mitteilen, daÄ die ÑbÉsen GeisterÖ ihnen Lebensmittel geschenkt hatten. Vielleicht wÅrde sie das beruhigen. Herschell Anders kam zurÅck. ÑIch habe den zweiten Mann gefundenÖ, sagte er und setzte sich, obwohl Flinder bereits an der TÅr stand. ÑEin Grab. Er muÄ schon frÅher gestorben und dann beerdigt worden sein. Auf dem Kreuz steht sogar sein Name: Leutnant Ferry Dickson.Ö ÑEs stimmt also: Er ist auch tot!Ö Flinder winkte dem Geologen zu. ÑNun komm schon, Herschell, wir mÅssen zurÅck zur Kolonie. Wir wollen den Leuten mitteilen, daÄ Hilfe unterwegs ist und wir Lebensmittel gefunden haben.Ö Herschell rÅhrte sich nicht. ÑDas willst du ihnen sagen?Ö Er schien es einfach nicht fassen zu kÉnnen. ÑEs sind zehntausend Menschen, Flinder! FÅr die reichen die VorrÜte gerade einen Tag, dann haben sie uns alles weggefressen. Wir beide allein kÉnnten es aber Jahre aushalten.Ö Flinder schÅttelte den Kopf. ÑDu denkst egoistisch, Herschell! In ein paar Wochen haben unsere Leute keine VorrÜte mehr. Sie kÜmen an die OberflÜche und wÅrden uns finden. Was glaubst du, was sie mit uns machen wÅrden?Ö Er schÅttelte nochmals den Kopf, diesmal energischer. ÑAuÄerdem lÜuft mein Notruf pausenlos Åber den Sender. Jemand wird ihn hÉren und Hilfe bringen.Ö ÑTrotzdem!Ö Herschell blieb ostentativ sitzen. ÑIch denke gar nicht daran, das alles hier mit den VerrÅckten zu teilen. Schon gar nicht die Kiste mit den herrlichen GetrÜnken! Nein, ich bleibe hier. Du kannst ja gehen.Ö
ÑGut, dann gehe ich allein. Aber ich werde den anderen sagen, daÄ du hier bist. Ich muÄ es ihnen sagen, Herschell!Ö ÑSage es ihnen. Ich bin bereit, sie zu empfangen.Ö Flinder kam zurÅck und sah ihn an. ÑDenke nicht an unsinnige Dinge, Herschell. Ich weiÄ, daÄ es hier Waffen gibt, aber ich warne dich: Wende sie niemals an! Empfange unsere Leute friedlich und unbewaffnet. Ich werde ihnen sagen, daÄ du hier geblieben bist, um mit den Geistern zu sprechen - oder so einen Unsinn. Jedenfalls werden sie, wenn sie kommen, den nÉtigen Respekt vor dir haben, um dich nicht anzugreifen. Benimm dich genauso vernÅnftig.Ö ÑKeine Sorge, das werde ich tun. Gehst du jetzt?Ö ÑJa. BerÅhre nicht die Kontrollen. Die Sendung muÄ pausenlos weiter laufen, sonst besteht die MÉglichkeit, daÄ sie niemand hÉrt. Verstanden? Nichts berÅhren! Halte dich am besten in den Schlaf rÜumen der beiden USO-Leute auf, meinetwegen auch in der Vorratskammer. Besauf dich, wenn du willst, aber vergiÄ hier den Kontrollraum. Versprichst du mir das?Ö ÑIch verspreche es.Ö ÑGut. Hast du Åbrigens das Impulsgewehr drauÄen liegen lassen?Ö ÑEs liegt neben dem Felsblock, der den einen Mann unter sich begrub.Ö ÑIch nehme es mit. Viel GlÅck. LaÄ dir die Zeit nicht lang werden.Ö ÑAuf Wiedersehen, Flinder...Ö Flinder verlieÄ die Station. Er machte sich auf den langen RÅckweg zur Siedlung.
15. Der Hilferuf vom Planeten Hidden World wurde Rhodan schriftlich Åber mittelt. Adan las die Mitteilung ebenfalls durch, dann meinte er: ÑDie Leute der USO sind tot, und einer der Siedler scheint nicht verdummt zu sein. Wir werden noch herausfinden, warum nicht.
Jedenfalls war er klug genug, einen Funkspruch abzusetzen und die Automatik zu bedienen. Ein Hoffnungsschimmer, wenn du mich fragst.Ö ÑIch habe Mentro Kosum gebeten, weitere Umrandungen anzuhÜngen. Vielleicht ist es mÉglich, mit diesem Tex Gruppa direkten Kontakt aufzunehmen.Ö ÑSoll ich mich in der Funkzentrale mal darum kÅmmern?Ö ÑJa, eine gute Idee. Vielleicht kann er uns auch die Landekoordinaten angeben.Ö Das allerdings war eine Hoffnung, die sich nicht erfÅllte. So sehr Captain Farside sich auch bemÅhte, die USO-Station zu erreichen, er bekam keine Antwort. Pausenlos lief der Hilferuf Åber die Automatik, aber auf Hidden World schien nur der Sender noch in Betrieb zu sein. Nichts deutete darauf hin, daÄ auch noch Sendungen empfangen wurden. Gucky hielt den Augenblick fÅr gekommen, sich wieder bemerkbar zu machen. Er materialisierte in der Kommandozentrale, nachdem Rhodan neben Mentro Kosum vor den Hauptkontrollen Platz genommen hatte. ÑGedankenimpulse gibt es nun massenweise.Ö Er setzte sich unaufgefordert in den dritten Sessel. ÑAber fragt mich nicht, was da so zusammengedacht wird. Jedenfalls existiert die Kolonie noch, wenn auch total verblÉdet.Ö Rhodan schaute ihn verweisend an. ÑDu hast die unterirdische Kolonie abgrenzen kÉnnen? Dicht dabei muÄ der ehemalige Raumhafen sein, ein Krater, glaube ich. Wir mÅssen ihn finden, um landen zu kÉnnen.Ö ÑWir kÉnnen, wenn es sein muÄ, auf jedem Misthaufen landen hat Bully einmal gesagtÖ, behauptete der Mausbiber todernst. ÑWarum also jetzt auf einmal diese ungewohnte Sorgfalt?Ö Rhodan blieb ruhig und geduldig, obwohl er andere Sorgen hatte. ÑWeil ich dem Bericht entnehmen konnte, daÄ der Raumhafen genau in dem Gebiet zwischen USO-Station und Kolonistensiedlung liegt. Damit schlagen wir sÜmtliche Fliegen mit einer Klappe. AuÄerdem gehen wir nicht die Gefahr ein, auf einem tÜtigen Vulkan zu landen. Ist das klar?Ö
ÑWie HÅhnerbrÅheÖ, gab Gucky zu und schÅttelte sich. ÑScheuÄlicher Vergleich, Åbrigens.Ö ÑDu hast ihn verwendetÖ, meinte Rhodan trocken. Mentro Kosum deutete auf die Kontrollen. ÑZwanzigste Umrundung beendet. Gehen in die einundzwanzigste.Ö Flinder hastete durch die ersten Stollen. Er hatte es vorgezogen, die OberflÜche zu verlassen, weil er an dieser Stelle unterirdisch schneller vorankommen konnte. Sehr gut kannte er diese Stollen nicht, da er ja ein EinzelgÜnger war. Hier wurde systematisch abgebaut, und damit hatte er nur wenig zu tun. Immerhin gab es einige FÉrderbÜnder und automatische Transport bahnen, mit deren Hilfe er noch um einiges schneller vorankam. Er muÄte insgesamt eine Strecke von mehr als fÅnfzehn Kilometern zurÅcklegen. Je nÜher er der eigentlichen Siedlung kam, desto unruhiger wurde er. Er hatte das merkwÅrdige GefÅhl, zu spÜt zu kommen, obwohl er nicht zu sagen vermocht hÜtte, wofÅr und warum zu spÜt. Er kam wieder in einen bekannten Stollen und schaltete das seitlich angebrachte FÉrderband ein. Es bewegte sich mit einer beachtlichen Geschwindigkeit und diente dazu, die Erde abzutransportieren, die beim Graben neuer GÜnge anfiel. Ein StÅck lief er nebenher, bis er sich gefahrlos auf das Band schwingen konnte. Er legte sich auf den Bauch, das Gesicht in Fahrtrichtung, und ruhte sich erst einmal aus. Vielleicht hatte Herschell doch recht, daÄ es nicht gerade klug war, den Diggern die Wahrheit Åber die Station mitzuteilen. Wie die Wilden wÅrden sie darÅber herfallen und vielleicht die lebenswichtigen Einrichtungen zerstÉren. Dann gab es keine Hoffnung auf Rettung mehr. Noch wurde das Notsignal ununterbrochen ausgestrahlt, und einmal muÄte es jemand auffangen und etwas unternehmen. Drei Kilometer vor den WohnhÉhlen bog das FÉrderband rechtwinklig ab. Es brachte die Erde hinauf zur OberflÜche und endete vor einer tiefen Schlucht, die allmÜhlich angefÅllt wurde.
Flinder sprang herab, um den Rest des Weges zu FuÄ zurÅckzulegen. Er lieÄ das Band laufen, denn die nÜchste Schaltstelle lag einige hundert Meter zurÅck. Seit er die Station verlassen hatte, waren mehr als drei Stunden vergangen. Er hatte keine MÉglichkeit, Verbindung zu Herschell und damit zur Station aufzunehmen, wuÄte also nicht, ob dort noch alles in Ordnung war. Auch war er sich noch nicht im klaren darÅber, wie er den Diggern die Wahrheit beibringen sollte. Er begegnete den ersten knapp einen Kilometer vor den WohnhÉhlen. Es war ein ganzer Trupp, alle mit HÜmmern, Stangen und anderen Werk zeugen bewaffnet. Als die vorderen den Ersten Digger erkannten, begannen sie auf ihn zuzulaufen. Dabei schwangen sie drohend ihre primitiven Waffen. Flinder war stehengeblieben. Er entsann sich seines Impulsgewehres. UnschlÅssig hielt er es in der Hand, immer noch gesichert. Nur im ÜuÄersten Notfall wÅrde er auf seine eigenen Leute schieÄen, wenn Åberhaupt. ÑStehenbleiben!Ö rief er ihnen entgegen. ÑWas ist passiert?Ö Sie schienen alle Hemmungen verloren zu haben. Ihre Unzufriedenheit, die schlechte Lage, Lebensmittelknappheit, die wachsende UngewiÄheit, dazu die Verdummung - das alles entlud sich nun in der Entfesselung eines Aggressionstriebes, der unbewuÄt in jedem Menschen schlummerte. ÑDu hast sie gerufen, Flinder!Ö brÅllte ihm einer entgegen. ÑStatt die bÉsen Geister zu verjagen, hast du sie gerufen! Zwei der HÉhlen sind eingestÅrzt.Ö ÑRede keinen Unsinn! Es war ein Erdbeben, nicht mehr. Ich habe oben nicht einmal etwas davon gespÅrt.Ö ÑDu bist schuld! Geh aus dem Weg oder wir tÉten dich.Ö Flinder hob das Gewehr an. ÑIch werde mich wehren. HÉrt doch zu, Leute! Ich war in der Station und habe Lebensmittel gefunden, viele Lebensmittel. Sie gehÉren uns. Herschell ist zurÅckgeblieben, damit sie uns niemand wegnehmen kann. Seid doch vernÅnftig und ...Ö Die MÜnner waren stehengeblieben, als Flinder die Station erwÜhnte. In ihrem einfachen Verstand begann es zu arbeiten, und schon hatten sie ein entsprechendes Argument.
ÑWegnehmen! NatÅrlich wollen sie uns die Lebensmittel wegnehmen, und Herschell allein schafft es nie, sie davon abzuhalten. Wir mÅssen ihm zu Hilfe eilen! Aus dem Weg, Flinder!Ö Sie gingen in drohender Haltung auf ihn zu. ÑVon wem sprecht ihr? Wer soll uns die Lebensmittel wegnehmen? Die KÜfer vielleicht?Ö ÑNein, nicht die KÜfer, Flinder, sondern die MÜnner, die eben mit dem Schiff im Krater gelandet sind.Ö Flinder stand wie betÜubt. Ein Schiff! Sein Notruf war empfangen worden. Man hatte ihn gehÉrt und war gekommen, um den Kolonisten zu helfen. Und diese VerrÅckten glaubten, sie wollten ihnen etwas wegnehmen! HÜtte er doch nur den Mund gehalten und nichts von der Station gesagt! Aber wahrscheinlich hÜtten die Digger auf jeden Fall so reagiert, wie sie es jetzt taten. ÑHalt, stehenbleiben!Ö rief Flinder verzweifelt und warf sich den MÜnnern entgegen. ÑIhr begeht einen Fehler und ...Ö Flinder verspÅrte einen stechenden Schmerz, als ihm jemand eine Eisenstange in den Oberschenkel bohrte. Er stÅrzte, und achtlos stÅrmte die Horde Åber ihn hinweg. Ein Hammerschlag traf seinen Kopf, dann verlor er das BewuÄtsein. Die Siedler kÅmmerten sich nicht mehr um ihn. Sie lieÄen ihn bewuÄt los liegen. Sie rannten weiter, um die Fremden mit dem Schiff anzugreifen. Sie sahen in jedem Lebewesen einen Todfeind, der Ñvon obenÖ kam. Der letzte der MÜnner bÅckte sich, aber nicht etwa, um Flinder zu helfen, sondern um ihm das Impulsgewehr abzunehmen. Herschell fÅhlte sich wohl. Er wanderte durch sÜmtliche RÜume der Station und kam sich vor wie der Herrscher eines kleinen KÉnigreiches. Das alles gehÉrte jetzt ihm, und er dachte nicht daran, noch einmal in die unterirdischen WohnhÉhlen zurÅckzukehren. Er nahm eine zweite Flasche aus der Kiste und Éffnete sie. Ein wenig schwankend kehrte er dann in die Kuppelzentrale zurÅck, setzte sich in den drehbaren Kontrollsessel und betrachtete die Bild schirme.
DrauÄen auf dem Plateau hatte sich nichts verÜndert. Alles war ruhig, und nicht einmal KÜfer waren zu bemerken. Noch schien die Sonne, aber sie wÅrde bald unter dem Horizont verschwinden. Auf einem der oberen Bildschirme erschien wieder das Kugelschiff. Es schien grÉÄer geworden zu sein und langsamer. Wie gebannt betrachtete Herschell den Schirm und vergaÄ sehr bald die Flasche, die er auf dem Kontrolltisch abgestellt hatte. Er sah nur noch das Schiff, das sich offensichtlich immer mehr nÜherte. Und als er dann die Rundung des Planeten darunter vorbeiziehen sah, wuÄte er, was geschah: Das Schiff setzte zur Landung an! Er wollte aufspringen, blieb aber dann wie gelÜhmt sitzen. Das Schau spiel, das vor seinen Augen abrollte, faszinierte ihn maÄlos. Es war schon lange her, seit er das letzte Raumschiff hatte landen und starten sehen. Endlich erkannte er den flachen Krater, in den das Schiff sich hinabsinken lieÄ. Die LÜhmung fiel von ihm ab. Wenn er sich beeilte, konnte er die eigentliche Landung mit eigenen Augen beobachten. Er griff nach dem elektronischen Fernglas, das er zuvor schon auf dem Wandtisch bemerkt hatte, und verlieÄ die Station. MÅhsam erkletterte er den Felsen neben der BrÅcke und war froh, als er das winzige Plateau in Talrichtung erreichte. Der Krater lag in fÅnf Kilometern Entfernung unter ihm, das Schiff stand noch einige hundert Meter darÅber und sank weiter. Er drÅckte den Knopf unter der Feineinstellung des Glases, das Stativ schob sich heraus und schnappte ein. Herschell richtete das Instrument ein, und dann sah er das Schiff so, als sei es nur wenige hundert Meter entfernt. Er konnte jede Einzelheit genau erkennen. Sanft setzte es schlieÄlich auf dem Kratergrund auf. Die TeleskopstÅtzen schoben sich ineinander, dann stand das Schiff ruhig da. Nichts rÅhrte sich mehr. Herschell blieb auf dem Felsen. Ob Flinder schon in der Siedlung angelangt war? WuÄte er Åberhaupt schon von der Landung des Schiffes? Wahrscheinlich nicht, denn wie sollte er es erfahren haben, wenn er den Stollen benutzt hatte? Herschell sah noch einmal durch sein Glas und da entdeckte er etwas, das er bisher noch nicht bemerkt hatte. Am Rande des Kraters begannen sich die KlammerlÜufer zu sammeln.
Sie waren die einzigen Pflanzen auf Hidden World, die einem Menschen gefÜhrlich werden konnten, wenn er unachtsam war. Die KlammerlÜufer erinnerten an terranische Schlingpflanzen. Von ihrem schlangenfÉrmigen Hauptstamm aus wuchsen Nebenarme nach allen Richtungen, mit denen die rÜuberischen Pflanzen ihre Beute fassen konnten. An den Enden der Nebenarme waren die SaugnÜpfe, mit denen dem Opfer der Saft ausgesaugt wurde. Die KlammerlÜufer waren zwar eigendlich Vegetarier. Sie ernÜhrten sich, indem sie langsamere Pflanzen einholten und verzehrten. Anfangs nÜherten sie sich auch den Siedlern, tasteten sie ab - und lieÄen sie wie der frei. Nur wenn sich jemand dieser schmerzlosen Untersuchung widersetzte, konnten sie bÉsartig werden. Schon mancher Digger war mit blauen Saugflecken nach Hause zurÅckgekehrt. Die KlammerlÜufer besaÄen ein wenig Intelligenz, die sich besonders in ihrer steten Neugier ausdrÅckte. Das gelandete Schiff jedenfalls weckte ihr Interesse, und Herschell war sicher, daÄ es nicht lange dauern wÅrde, bis sie es untersuchten. Da sie Gemeinschaftswesen waren, veràsammelten sie sich zu diesem Zweck. Sobald es dunkel geworden war, wÅrden sie ihren Vormarsch beginnen. Und in einer Stunde wÅrde es bereits dunkel sein. ÑEntfernung zur Station fÅnf Kilometer.Ö Rhodan nickte Farside zu. ÑDanke. Das Notsignal wird noch immer gesendet?Ö ÑAutomatisch, Sir. Es bedeutet nicht, daÄ dieser Gruppa noch in der Station ist. Unsere Aufforderung, sich zu melden, wird von ihm jeden falls ignoriert.Ö Atlan kam herein, von Lord Zwiebus gefolgt. ÑWerden wir noch vor Sonnenuntergang etwas unternehmen?Ö ÑNeinÖ, erwiderte Rhodan. ÑDas wird wenig Sinn haben. Wir wissen nicht, was hier geschehen ist und welche Gefahren drauÄen lauern. Wir mÅssen vorsichtig sein. Wir warten bis morgen. Wenn man uns erwartet, wird man auch die Landung beobachtet haben und sich melden.Ö ÑRichtig, wir versÜumen nichts.Ö
Gucky erschien in der TÅr. ÑDie Impulse sind deutlicher geworden, aber nicht intelligenter. Ein schreckliches Durcheinander. Einige Impulse verraten Zufriedenheit, andere wieder Wut und Vernichtungswillen. Ich werde nicht klug dar aus.Ö ÑUm so mehr Grund fÅr uns, vorsichtig zu sein und bis morgen zu wartenÖ, erklÜrte Rhodan abermals. ÑGucky, versuch es mal in Richtung Station. Mindestens ein Mann muÄ sich darin aufhalten.Ö Gucky machte sich an die Arbeit. Rhodan ordnete inzwischen fÅr die gesamte Besatzung eine Ruheperiode an. Einige Wachen sollten auf ihren Posten bleiben. Auf dem Panoramaschirm war nichts VerdÜchtiges zu bemerken. Die Sonne ging unter. Gucky berichtete: ÑStimmt, da ist noch einer in der Station, aber ein besonders helles Licht ist er nicht - immerhin nicht so dumm wie die anderen. Aber mit seinen Gedanken stimmt auch nicht alles. Vor allen Dingen habe ich den Eindruck, daÄ er schwankt.Ö ÑWie meinst du das?Ö ÑUm es vulgÜr auszudrÅcken - er ist besoffen.Ö Rhodan fragte weiter: ÑGlaubst du, daÄ er intelligent genug gewesen ist, den Sender der Station in Betrieb zu nehmen, oder kann es sich dabei um eine andere Person gehandelt haben?Ö ÑSchwer zu sagen. Jedenfalls werde ich noch einmal in der anderen Richtung suchen.Ö ÑRuh dich ein wenig aus, wir haben Zeit bis morgen frÅh.Ö DrauÄen war es dunkel geworden. Mentro Kosum verzichtete darauf, die Bordscheinwerfer einzuschalten. Niemand sollte beunruhigt werden, der die Landung des Schiffes vielleicht beobachtet hatte. Lediglich die nÜhere Umgebung wurde mit einem Infrarotsucher stÜndig kontrolliert. Niemand konnte sich unbemerkt dem Schiff nÜhern. Die Nacht verging ohne Zwischenfall. Als es zu dÜmmern begann, schaute der diensthabende Offizier in der Kommandozentrale verblÅfft auf den Panoramaschirm. Was sich da seinem Blick bot, war unglaublich und so grotesk, daÄ er seinen Augen nicht zu trauen glaubte.
Vier bis fÅnf Meter hohe Gestalten, dÅnn wie Lianen und auch so Ühnlich aussehend, nÜherten sich schwankend und unbeholfen dem Schiff. Sie sahen nicht gerade gefÜhrlich aus, aber auch nicht vertrauenserweckend. Es schienen Pflanzen, keine Tiere zu sein - aber wer vermochte das schon zu entscheiden? Jedenfalls bewegten sie sich. Vorsichtshalber unterrichtete der Offizier den Kommandanten. Mentro Kosum war nicht gerade erfreut, als er so frÅh geweckt wurde, aber selbstverstÜndlich tat der Offizier vom Dienst nur seine Pflicht. Aus dem Geheimbericht wuÄte er, daÄ es auf Hidden World recht seltsame Lebensformen gab, soweit es die Flora betraf. Er war daher nicht Åberrascht von der Alarmmeldung und versprach, so schnell wie mÉglich in der Kommandozentrale zu sein. Inzwischen sollte nichts ohne sein Wissen unternommen werden. In aller Ruhe wusch er sich, zog sich an und nahm den Lift. Als er den groÄen Kontrollraum betrat, galt sein erster Blick dem Panoramaschirm. ÑEs sind noch mehr hinzugekommenÖ, erklÜrte ihm der Offizier. ÑEs werden immer mehr. Ob sie einen Angriff auf uns planen?Ö ÑKaum, Leutnant. Es sind harmlose Pflanzen, und ich weiÄ auch nicht so recht, was sie von uns wollen. Neugier vielleicht.Ö Rhodan und Atlan, die spÜter ebenfalls in die Zentrale kamen, ÜuÄerten Ühnliche Ansichten. Lediglich Joak Cascal meinte, man solle ihnen mit einem Thermostrahler einheizen. Zwei Stunden spÜter beschloÄ Rhodan, das Schiff zu verlassen, um die verwaiste USO-Station aufzusuchen und sich um die Kolonisten zu kÅmmern. Atlan, Ras Tschubai und Gucky begleiteten ihn. Sie trugen leichte KampfanzÅge ohne SauerstoffausrÅstung, und als Bewaffnung nahmen sie Kombistrahler mit. Rhodan empfahl, sie auf Paralysieren einzustellen. Die KlammerlÜufer hatten inzwischen das Schiff erreicht. In dichten Scharen hatten sie sich um die Teleskop-Landebeine des Schiffes versammelt und rankten sich regelrecht daran empor. Sie umklammerten die MetallstÅtzen mit ihren NebenÜsten und tasteten sie mit den SaugnÜpfen ab. ÑDie fressen uns noch das Schiff aufÖ, meinte Gucky besorgt. ÑSoll ich sie mal erschrecken?Ö
ÑJa, zeig dich ihnenÖ, riet Atlan gutgelaunt. Gucky wollte etwas Bissiges erwidern, aber dann schwieg er verdutzt. Eine der Pflanzen hatte die vier ausgestiegenen Personen bemerkt und kam langsam auf sie zu. ÑRuhig stehenbleibenÖ, sagte Rhodan leise. ÑSie mÅssen erst feststellen, ob wir harmlos sind, dann werden wir Ruhe vor ihnen haben.Ö ÑUnd wie stellen wir fest, ob sie harmlos sind?Ö wollte Gucky wissen. Der KlammerlÜufer zÉgerte eine Sekunde, als er nahe genug herangekommen war, dann entschied er sich fÅr den Mausbiber. ÑRuhig bleiben!Ö warnte Rhodan gedÜmpft. ÑLaÄ dich untersuchen.Ö Gucky blieb bewegungslos stehen und duldete es mit Heldenmut, daÄ sich die schlangenfÉrmigen Aste um ihn wanden. Ganz wohl fÅhlte er sich bestimmt nicht in seiner Haut, aber er verlieÄ sich auf die drei MÜnner, die den ganzen Vorgang interessiert beobachteten. Die SaugnÜpfe blieben an dem Stoff des Anzugs nicht haften, und zum GlÅck kam der KlammerlÜufer nicht auf die Idee, auch noch Guckys Gesicht abzutasten. Nach einer grÅndlichen Inspektion lÉsten sich die gummiweichen âste, und der KlammerlÜufer wanderte wieder zu den anderen zurÅck. ÑPuh!Ö machte Gucky erleichtert. ÑDas war vielleicht ein GefÅhl!Ö ÑWenigstens wissen wir jetzt, daÄ sie keine bÉsen Absichten habenÖ, stellte Atlan befriedigt fest. ÑJa, weil ich noch lebeÖ, piepste Gucky empÉrt. Die anderen KlammerlÜufer kÅmmerten sich nicht mehr um Gucky und die drei MÜnner. áber Telekom nahm Rhodan Verbindung zu Mentro Kosum im Schiff auf. ÑDie Pflanzen sind harmlos und bilden keine Gefahr. Wir werden uns ein wenig umsehen. Machen Sie inzwischen einen Gleiter fÅr uns startklar. Wir bleiben in Verbindung.Ö Dicht am Kraterrand, fÅnfhundert Meter vom Schiff entfernt, entdeckten sie den Eingang zu einem unterirdischen Stollen. Noch wÜhrend sie sich ihm nÜherten, kamen plÉtzlich daraus zwei Dutzend MÜnner hervor gestÅrmt. Sie schwangen Eisenstangen und
schwere HÜmmer und machten alles andere als einen friedlichen Eindruck. Rhodan war stehengeblieben. ÑNicht feuern! Abwarten!Ö Vergeblich sahen sie sich nach einer Deckung um, aber es gab weder Felsen noch Mulden. Die Angreifer waren noch hundert Meter entfernt, aber schon kamen die ersten Steine geflogen. ÑDenen brenne ich aber eins auf den Pelz!Ö rief Gucky wÅtend und achtete nicht auf Rhodans abwehrende Handbewegung. ÑHÅpfen sollen sie!Ö Und sie hÅpften. Der Strahler hatte natÅrlich nur die lÜhmende Wirkung. Das genÅgte immerhin, den ersten Angriff so weit zu stoppen, daÄ Rhodan ihnen zurufen konnte. ÑWas wollt ihr von uns? Wir sind gekommen, um euch zu helfen.Ö ÑBÉse Geister!Ö brÅllte einer von ihnen wÅtend. ÑGeht dorthin zurÅck, wo ihr hergekommen seid!Ö ÑWir mÅssen wissen, was auf Hidden World geschehen ist.Ö ÑGeht! Wir wollen euch nicht!Ö Und erneut griffen sie an, diesmal wÅtender und entschlossener als zuvor. FÅnfzig Meter rannten sie, dann schleuderten sie ihre primitiven Waffen. Sie zielten nicht schlecht, Gucky konnte einem Speer nur mit knapper Not ausweichen, den nÜchstfolgenden packte er telekinetisch und lenkte ihn so um, daÄ er den Mann, der ihn geworfen hatte, am Kopf traf. Die anderen jedoch stÅrmten stur weiter vor. ÑParalysefeuer!Ö befahl Rhodan und schoÄ mitten hinein in die angreifende Gruppe. Die Getroffenen fielen zu Boden und blieben dann bewegungslos liegen. Sie wÅrden mindestens eine Stunde ÑschlafenÖ. In wenigen Sekunden war alles vorbei. ÑDa hat einer sogar ein Strahlgewehr, wie die USO es benutztÖ, stellte Ras Tschubai fest. ÑOb es aus der Station stammt?Ö ÑMit Sicherheit, Ras. Sehen wir uns den Gang an?Ö Gucky stand vor dem Eingang und sah hinein. ÑGedankenimpulse, ziemlich schwach und sicher weit entfernt. Der Mann hat Schmerzen und ist halb bewuÄtlos. Er denkt an die Station und an ein Schiff - vielleicht meint er die GOOD HOPE. Er
macht einen ganz vernÅnftigen Eindruck, aber er scheint verletzt zu sein.Ö ÑKannst du ihn anpeilen?Ö ÑNatÅrlich kann ich das. Soll ich ihn holen?Ö ÑBegib dich nicht unnÉtig in GefahrÖ, meinte Rhodan. ÑVielleicht sind noch weitere Kolonisten unterwegs, um uns anzugreifen.Ö ÑDenen werde ich schon helfen, verlaÄ dich darauf!Ö Und noch ehe Rhodan ein weiteres Wort zu der Angelegenheit sagen konnte, entmaterialisierte der Mausbiber. Atlan deutete zurÅck zum Schiff. ÑIch denkeÖ, meinte er eindringlich, Ñwir warten dort auf ihn. Wenn die MÜnner hier wieder zu sich kommen, kÉnnte es noch mehr ârger geben.Ö ÑGut. Dann nehmen wir den Gleiter und sehen uns die Station an.Ö Ohne etwas Greifbares herausgefunden zu haben, gingen sie zur GOOD HOPE II zurÅck. Als die von den LÜhmstrahlen auÄer Kraft gesetzten Kolonisten wieder zu sich kamen, erhielten sie unerwartete VerstÜrkung. Aus dem Stollen drangen etwa vierzig MÜnner hervor, alle bewaffnet und zum âuÄersten entschlossen. Zum GlÅck besaÄen sie nicht mehr die FÜhigkeit, sich einen wohlÅberlegten Plan auszudenken. Sie glaubten, mit ihren Stan gen, Schaufeln und anderen Werkzeugen ein Raumschiff angreifen zu kÉnnen. Nach einer kurzen Unterredung, die mehr dem Geschnatter einer Horde Affen Ühnelte, ergriffen auch die MÜnner der ersten Gruppe ihre verstreut herumliegenden Waffen und schlÉssen sich der zweiten Gruppe an. Ihr Ziel war das Schiff, keine fÅnfhundert Meter entfernt. Mentro Kosum sah sie kommen, aber der Angriff erfolgte keineswegs Åberraschend. Die Feuerleitstelle der GOOD HOPE war vorbereitet. Die KlammerlÜufer hatten sich inzwischen zurÅckgezogen. Sie wirkten enttÜuscht, als sie schwankend dem Kraterrand zustrebten und zwischen den Felsen verschwanden. Wahrscheinlich hatten sie
das Kugelschiff fÅr eine besonders schmackhafte Art von Riesenkohl gehalten. NatÅrlich hÜtten die angreifenden Kolonisten dem Schiff keinen ernst haften Schaden zufÅgen kÉnnen, aber bereits leichte BeschÜdigungen an den LandestÅtzen konnten zu zeitraubenden Reparaturen und Unannehmlichkeiten fÅhren. Paralysestrahler richteten sich auf die wild heranstÅrmenden MÜnner, und dann gab Mentro Kosum das Kommando, das Feuer auf sie zu erÉffnen. Die unsichtbaren EnergiebÅndel erfaÄten einen Kolonisten nach dem anderen, lÜhmten sein Nervensystem und lieÄen ihn sofort bewuÄt los werden. Es war eine Prozedur, bei der niemand zu Schaden kam. Joak Cascal, der die VorgÜnge auf dem Panoramaschirm beobachtete, sagte zu dem Kommandanten: ÑZuerst die laufenden GummibÜume, jetzt verrÅckte Siedler. Ich bin gespannt, was wir noch alles auf dieser Welt erleben werden. Was passiert, wenn sie wieder aufwachen?Ö ÑNichtsÖ, erwiderte Mentro Kosum. ÑWenn sie dumm genug sind, stehen sie auf und rennen weiter. Dann erhalten sie eben die zweite Lektion. Es kann aber auch sein, daÄ die Erfahrung sie klÅger macht. Dann wer den sie ihre sinnlose Absicht aufgeben und vielleicht mit uns reden wollen.Ö In diesem Moment materialisierte Gucky mit Flinder Tex Gruppa, den er bereits notdÅrftig medizinisch versorgt hatte. Sie brachten Flinder ins Hospital, wo sich die ârzte sofort um ihn kÅmmerten. Diese stellten eine GehirnerschÅtterung fest. Die Wunde im Oberschenkel erforderte eine Operation. Flinder wurde entkleidet. Seine Sachen lagen auf einem Stuhl, und als Gucky neugierig erschien, um zu sehen, wie es seinem SchÅtzling erging, entdeckte er die Kette mit den buntschillernden Eupholithen. SpÜtere wissenschaftliche Untersuchungen ergaben: Die Steine der Kette dÜmpften die Eigenimpulse der Menschen, die in ihre NÜhe kamen. Es war auch die Kette gewesen, die Flinder vor der Verdummung bewahrt hatte. Nun war er immun geworden und wÅrde die Kette nicht mehr benÉtigen. Sie hatte ihm vielleicht,
ohne daÄ er es wuÄte, das Leben gerettet. Auf jeden Fall aber war es ihr zu verdanken, daÄ er das Notsignal absenden konnte.
16. Der Gleiter landete unmittelbar an der EisenbrÅcke, am Rande des halb verschÅtteten Plateaus. Rhodan bat den Piloten, hinter den Kontrollen zu bleiben und das Fahrzeug startbereit zu halten. Dann verlieÄ er mit Atlan und Ras Tschubai das Fahrzeug. áber Felshindernisse hinweg nÜherten sie sich dem Eingang der Kuppel, die weit geÉffnet war. Obwohl sie hier oben mit keiner Gefahr rechneten, trugen sie ihre Waffen feuerbereit. Wenn Gucky recht behielt und der Mann, der sich in der Station befand, wirklich betrunken war, konnte er Schwierigkeiten verursachen. In der Vorhalle war alles ruhig. Erst als sie in die Kuppelzentrale gelangten, hÉrten sie GerÜusche, die man unschwer als Schnarchen identifizieren konnte. Sie fanden Herschell Anders vor den FunkgerÜten. Er saÄ im Sessel, den Kopf auf die Tischplatte gelegt. Vor ihm lief noch immer der Tonaufzeichner, und der automatische Sender strahlte unaufhÉrlich den gespeicherten Funkspruch ab. ÑNa also, das hÜtten wirÖ, sagte Atlan und schaltete die Automatik aus. ÑKein Wunder, daÄ wir niemals eine Antwort auf unsere Fragen erhielten.Ö ÑSoll ich ihn wecken?Ö fragte Ras Tschubai. Rhodan deutete auf die halbleere Flasche. ÑVersuchen kÉnnten wir es ja.Ö Herschell erwachte nach einigem RÅtteln und schaute die drei MÜnner verwundert an. Trotz seiner Trunkenheit stellte er fest, daÄ sie keine Siedler waren. Es muÄten die Leute aus dem Schiff sein, dessen Landung er beobachtet hatte. Kamen sie im Auftrag der USO? Stockend berichtete er dann, was geschehen war, obwohl er selbst keine ErklÜrung fÅr das PhÜnomen der plÉtzlichen Verdummung wuÄte, von dem auch er nicht gÜnzlich verschont geblieben
war. Dann schien er auf einmal wieder einigermaÄen nÅchtern zu werden. ÑFlinder! Er ist zurÅck in die Siedlung.Ö ÑWir haben ihn, Mr. Anders. Er ist in Sicherheit.Ö ÑUnd die Kolonisten?Ö ÑHaben vergeblich das Schiff angegriffen. Ich nehme an, wir werden noch mehr ârger mit ihnen bekommen, wenn wir sie nicht zur Vernunft bringen kÉnnen. Sie sollten uns helfen.Ö ÑUnd wie?Ö ÑSie kennen die Leute. Sprechen Sie mit ihnen. Es kann sehr gut sein, daÄ sie auch hierher kommen. Flinder wird sie unterrichtet haben.Ö WÜhrend sie mit Herschell sprachen, materialisierte Gucky bei ihnen. Sein plÉtzliches Erscheinen lÉste bei Herschell zwar Erstaunen aus, aber ansonsten nahm er die Situation mit Gelassenheit hin. FÅr ihn war wichtig, daÄ er vorerst keine Lebensmittelsorgen mehr hatte. ÑMindestens zweihundert Mann sind auf dem Weg hierherÖ, berichtete Gucky, nachdem ihm Herschell vorgestellt worden war. ÑSie haben den Pfad erreicht und werden in einer halben Stunde bei der BrÅcke sein.Ö ÑWir verlieren nur unsere Zeit, wenn wir uns mit ihnen aufhaltenÖ, sagte Atlan. ÑIch schlage vor, wir zerstÉren die BrÅcke, dann kÉnnen sie nicht mehr auf das Plateau. Einen anderen Weg hierher gibt es nicht, und wir haben schlieÄlich die Gleiter und unsere beiden Teleporter.Ö ÑEin guter VorschlagÖ, stimmte Rhodan zu. ÑWir werden einige Spezialisten hierherbringen, die sich um die Station kÅmmern. Ich habe den Eindruck, daÄ sie in manchen Teilen Åberholt werden muÄ. Wenn wir Hidden World verlassen, muÄ eine reibungslos funktionierende Station zurÅckbleiben, mit der wir jederzeit Kontakt aufnehmen kÉnnen. Also los, kÅmmern wir uns um die BrÅcke.Ö Er wandte sich an Gucky. ÑWie geht es Flinder?Ö ÑDie Operation ist noch nicht beendet, aber ich glaube, er kommt durch. Er ist der einzige vernÅnftig gebliebene Mensch auf diesem Plane ten.Ö Zu FuÄ gingen sie zur BrÅcke. Herschell kam mit ihnen.
Vor ihnen lag die breite Schlucht, mehrere hundert Meter tief und mit glatten FelswÜnden, die senkrecht nach unten fielen. Die BrÅcke war eine einfache Metallkonstruktion. Sie setzten drei Waffen gleichzeitig ein. Die grellweiÄen Impulsstrahlen zerschmolzen die Hauptstreben, dann lÉste sich die BrÅcke aus ihren Verankerungen und polterte mit donnerndem GetÉse in die Tiefe. Sie brach beim Aufschlag auseinander. ÑDas hÜtten wirÖ, sagte Ras Tschubai. ÑNun kÉnnen sie kommen. Der Abgrund ist fÅnfzig Meter breit. Das schaffen sie nicht einmal mit ihren Eisenstangen.Ö Sie kehrten zum Gleiter zurÅck. ÑEs wird am besten sein, wenn Sie mit uns kommen, Mr. AndersÖ, sagte Rhodan zu dem Geologen. ÑFlinder wird sich freuen, Sie zu sehen.Ö Der Gleiter erhob sich und schwebte Åber den Abgrund. Ein wenig spÜter glitt er in fÅnfzig Metern HÉhe Åber die Kolonisten hinweg, die dem Pfad zur Station folgten. Sie suchten Deckung, lieÄen es dann aber sein, als kein Angriff erfolgte. Nach einigem ZÉgern marschierten sie weiter. ÑDie werden sich wundernÖ, meinte Atlan lakonisch. Die Operation war beendet. Flinder lag in seinem Bett und gab Rhodan seinen ersten umfassenden Bericht. AllmÜhlich setzte sich das Mosaik zu einem verstÜndlichen Gesamtbild zusammen. Mit den anderen bereits bekannten Tatsachen in Verbindung gebracht, ergaben sich Antworten auf bisher ungelÉste Fraàgen und ErklÜrungen fÅr die VorgÜnge auf Hidden World. Atlan, der Rhodan begleitet hatte, deutete auf Flinders Kette. ÑSie hat Sie vor den Auswirkungen der Verdummungsstrahlung bewahrt. Sie wurden immun. WÅrden Sie uns die Kette leihweise Åberlassen? Ich habe eine Idee.Ö ÑIch schenke sie IhnenÖ, sagte Flinder und streifte die Kette ab, um sie Atlan zu Åberreichen. Rhodan fragte: ÑWas ist das fÅr eine Idee, Atlan?Ö ÑIch weiÄ nicht, ob ich recht habe. Vielleicht irre ich mich auch. Aber wenn die Eupholithe Flinder vor der Verdummung bewahrten, so bewirken sie eventuell eine Heilung bei Icho Tolot. Bekann-
tlich wirkt die Strahlung bei ihm nur zu fÅnfzig Prozent. Es wÜre doch gÅnstig, wenn wir wieder einen hundertprozentigen Haluter bei uns hÜtten.Ö Rhodan nickte. ÑEin guter Gedanke.Ö Nachdenklich betrachtete er die Kette in Atlans Hand. ÑEupholithe! Ich glaube, wir haben einen wichtigen Faktor im Kampf gegen das Unbekannte entdeckt. Icho Tolot wird unsere Hoffnungen entweder bestÜtigen - oder zerstÉren.Ö Der Haluter war trotz seiner Verdummung immer noch intelligenter als ein Normalterraner. Freudig akzeptierte er Atlans Vorschlag und legte sich die Kette um, als er darum gebeten wurde. Es trat noch keine sichtbare Wirkung ein, aber Tolot versicherte ernsthaft, er verspÅre ein wohl tuendes Kribbeln in allen Gliedern. Er versprach, die Kette nicht eher abzulegen, bis man Klarheit gewonnen habe. Mit diesem Versprechen zog er sich in seine Kabine zurÅck. Rhodan stellte eine Gruppe von Spezialisten zusammen, mit denen er am Nachmittag zur Station fliegen wollte. Flinder befand sich auf dem Weg der Besserung. Morgen wÅrde er dank der fortgeschrittenen Behandlungsmethoden der Terraner wieder auf den Beinen sein. Icho Tolot teilte Rhodan und jedem, der es hÉren wollte, am nÜchsten Tag mit, daÄ er sich wieder gesund und ganz normal fÅhle. Seine Worte waren in der Freude allerdings so laut, daÄ man sie im ganzen Schiff hÉren konnte. Einer der ÅbernervÉsen Offiziere wollte schon Alarm geben, denn er nahm an, Raubtiere wÜren in die GOOD HOPE eingedrungen. Das MiÄverstÜndnis konnte im letzten Augenblick aufgeklÜrt werden. Atlan nahm die Kette mit den Eupholithen erneut an sich. Flinder war wieder auf den Beinen. Zusammen mit Rhodan und einigen Offizieren hatte er versucht, die Kolonisten zur Vernunft zu bringen, aber die ersten Versuche waren gescheitert. Die Leute lieÄen sich nicht davon abbringen, daÄ die ÑFremden vom HimmelÖ an ihrem UnglÅck schuld waren. Nur sie konnten es gewesen sein, die einige ihrer HÉhlen verschÅttet und viele Stollen unbegehbar gemacht hatten.
Sie blieben in ihren Stellungen vor der zerstÉrten BrÅcke und hofften auf ein Wunder, das sie Åber den Abgrund brachte. Andere Gruppen hatten sich im Kraterrand verschanzt. Sie wagten es nicht, die GOOD HOPE offen anzugreifen, denn die erste Lehre steckte ihnen noch in den Knochen. Erst allmÜhlich und mit viel Geduld gelang es Flinder, sie von der Sinnlosigkeit ihres Wahns und der Unschuld der Raumfahrer zu Åberzeugen. Die Immunen zogen ein Fazit, bevor sie starteten. Im kleinen Tagungsraum der GOOD HOPE waren sie zusammengekommen. Rhodan, Atlan, Cascal, Saedelaere, die Mutanten, einige Wissenschaftler und der Kommandant. Herschell und Flinder waren als GÜste dabei. ÑVorerst besteht kein Grund zu der Hoffnung, daÄ sich die VerhÜltnisse auf Hidden World oder sonstwo wieder normalisierenÖ, begann Rhodan mit seinen AusfÅhrungen, denen eine interne Beratung vorangegangen war. ÑFlinder bleibt weiterhin Chef der Kolonie, Herschell sein Assistent. Was die GOOD HOPE und ihre Besatzung angeht, so werden wir in Zukunft vorsichtiger sein mÅssen. Wir haben GlÅck gehabt, denn auf Hidden World sind wir keiner echten Gefahr begegnet. Auf anderen Welten hingegen kÉnnte es anders sein, denn dort gibt es Waffen.Ö ÑWas die USO-Station angehtÖ, fuhr Atlan fort, Ñso sind die Aufgaben bekannt. Mit einer AblÉsung durch regulÜr ausgebildete MÜnner ist vor erst nicht zu rechnen. Auf vernÅnftige Anfragen hin sind alle verfÅgbaren Daten Åber den Schwarm bekanntzugeben. Die Landung von Schiffen ist zu verhindern, es sei denn, es handelt sich um hilfesuchende Frachter oder um militÜrische Einheiten, die unter dem Kommando eines normal gebliebenen Mannes stehen. Die von uns geborgenen Tonaufzeichnungen konnten noch nicht voll ausgewertet werden, aber wir haben Grund zu der Annahme, daÄ sie wertvolle Informationen enthalten. Die Kolonie von Hidden World muÄ versuchen, ohne fremde Hilfe auszukommen, also energiemÜÄig und in Hinsicht auf ihre ErnÜhrung autark zu werden. Es kann Jahre oder gar Jahrzehnte dauern, bis wieder ein Schiff hier ein trifft und Nachschub bringt. Der Abbau der Eupholithe und des åls muÄ weiter betrieben werden. Flinder trÜgt dafÅr die Verantwor-
tung.Ö Atlan setzte sich. ÑDas wÜre alles, was ich dazu sagen mÉchte. Ich bin Åber zeugt, Flinder und Anders werden ihre Pflicht tun. Sonst noch Fragen?Ö Flinder hatte eine: ÑWas ist mit den kÅnftig gesammelten Eupholithen, wenn niemand sie abholt? Wo sollen wir sie lagern?Ö ÑAn einem sicheren Ort, Flinder. Am besten in der USO-Station. Versuchen Sie, die Kolonisten noch mehr zur Vernunft zu bringen. Geben Sie ihnen Lebensmittel, wenn sie dafÅr Eupholithe abliefern.Ö ÑUnd eine Flasche Schnaps, wenn sie uns eine KÉnigin bringen!Ö rief Herschell Anders begeistert. Dann stutzte er, machte ein betroffenes Gesicht und meinte: ÑAch, lieber nicht!Ö Ein sicheres Zeichen, daÄ sein Verstand wieder normal arbeitete. Die GOOD HOPE startete zwei Tage spÜter. Am 28.7.3441. Hidden World blieb zurÅck. Vielleicht konnte Flinder die Kolonisten dazu bewegen, ihre Arbeit wiederaufzunehmen, vielleicht auch nicht. ÑHaben wir gelernt?Ö fragte Atlan, als Rubin Omega nur noch ein roter Stern war. ÑWir haben eine Menge gelerntÖ, antwortete Rhodan. ÑWir werden nicht mehr so schnell auf einem fremden Planeten landen. Wir werden besser doch kleine Vorkommandos schicken, die sich umsehen. GroÄe Schiffe erregen Aufsehen und bringen die Leute durcheinander. Hier haben wir noch GlÅck gehabt, aber es hÜtte auch anders aussehen kÉnnen. Jedenfalls sammelten wir Informationen, insofern hat sich also das Risiko gelohnt.Ö Nach der ersten Linearetappe sahen sie wieder den Schwarm. áber Tausende Lichtjahre hinweg erstreckte er sich und zog scheinbar unendlich langsam vor dem Gewimmel der Sterne daher. Seine Richtung schien leicht verÜndert. Atlan gab dem Navigationsoffizier kurz einige Anweisungen. Sie warteten. Dann kam das Ergebnis. Der Schwarm nahm Richtung auf die galaktische Westside - und somit die Position des Solsystems. Rhodan gab Anordnung, die zweite Etappe einzuleiten. Sie sollte die GOOD HOPE ein gutes StÅck weiterbringen. Vor den Schwarm...
17. Der Treck MÅhsam kÜmpfte sich der Mann, dessen KÉrper zu groÄen Teilen aus Prothesen bestand, die von einer Hochleistungsbatterie mit Arbeitsstrom versorgt wurden, durch die wild wuchernden GewÜchse des Hydroponikgartens; schlieÄlich riÄ er ein paar Ranken ab und warf sie in die Richtung der Kaninchen. Es gab Åber dreihundert dieser fetten, faulen Tiere an Bord dieses Schiffes. Man roch es seit siebeneinhalb Monaten. Der einzige Vorteil dieser Kaninchen war, daÄ sie sich von den zahlreichen Pflanzen des verwilderten Hydroponikgartens ernÜhrten und in einem fabelhaften Tempo vermehrten. ÑMist, verdammter! Ein Kindergarten mit Experimentalfarm ist das, aber kein Schiff!Ö fluchte der Mann. Der ehemalige Kommandant des Saturnmondes Titan ging weiter. Das ganze Schiff war vÉllig verschmutzt. Man hatte beim Bau zwar Stahl verwendet, der nicht rosten konnte, aber die Abnutzungserscheinungen zeigten sich jetzt, nach drei Wochen Flug im Normalraum, besonders deutlich. Von weiter vom hÉrte er das Quietschen der Schweine, es befand sich auch eine Schweinezucht von zwÉlf Tieren an Bord, die von den reichlich vorhandenen AbfÜllen trefflich lebten und dabei dick und schlachtreif wurden. Der Verantwortliche dieses Schiffes dachte mit dem Ausdruck der Verzweiflung darÅber nach, wie er nach dem dreiÄigsten November vorigen Jahres zwei Robotern beigebracht hatte, wie man Schweine schlachtete, aufbrach und verwertete. Das Ganze war in einer Art Unterweisungsprogramm fÅr Demontage eines Lebewesens ausgearbeitet. ÑLange halte ich das nicht mehr durch!Ö sagte er. So war es. Lange konnten das Schiff und die Mannschaft dieses unlogische und krÜfteverzehrende Verfahren nicht mehr durchhalten. Abgeschnitten von allen Nachrichten, ausgenommen die zahlreichen Hilferufe aus allen Teilen der Galaxis, war es gestartet und hatte versucht, die Erde zu erreichen - bisher vergebens. Doch halt - nicht so
sehr vergebens. Man war dem Solsystem nahe gekommen, aber schon der nÜchste Linearflug konnte diese hoffnungsvoll geringe Entfernung wieder vergrÉÄern. Die Schweine quiekten schon wieder. Sie waren hungrig. Zweiundzwanzig Tage lang war er, Edmond Pontonac, der einzige Mann an Bord des Schiffes gewesen, der seinen Verstand im vollen Umfang behalten hatte. AuÄerdem waren seit dem dreiÄigsten November die periodisch wiederkehrenden Kopfschmerzen ausgeblieben. MÅhsam, Mosaiksteinchen um Mosaiksteinchen, hatte sich Edmond zusammenreimen kÉnnen, was in dieser Galaxis geschehen war. ÑIch komme schon, Piggies!Ö sagte er zerstreut, kontrollierte die Instrumente der drei ineinandergehenden LagerrÜume, aus denen er den Hydroponikgarten gemacht hatte. Luftfeuchtigkeit, Sonnenlichtlampen, Luftzirkulation, Wasserdurchsatz, HumusnÜhrstoffe - alles stimmte, wenn auch die Pumpen hin und wieder versagten. Das Schiff zerfiel schneller, als man es reparieren konnte, und die Zeit, in der Reparaturen mÉglich waren, wurde immer kÅrzer. Pontonac sehnte sich geradezu danach, wieder einmal einige Tage lang normale, vernÅnftige Menschen um sich zu haben und keine Erwachsenen, deren Verstandespotential dem von siebenjÜhrigen Kindern entsprach. Edmond verschloÄ sorgfÜltig das Schott, klinkte das NummernschloÄ ein und verdrehte die Kombination. Schon mehr als ein mal hatten seine spielenden, herumlaufenden ÑKinderÖ die StahltÅren geÉffnet, und eine Kanincheninvasion war Åber das Schiff hereingebrochen. Die Tiere zernagten sogar die Isolierungen von Starkstromleitun gen, riefen KurzschlÅsse hervor und wurden dabei selbst getÉtet. áberall lagen Dreck, AbfÜlle, Papiere und ÑSpielsachenÖ herum. Im Normalraum arbeiteten nur wenige Roboter. Das hatte seinen Grund darin, daÄ Edmond sÜmtliche Maschinen, die noch funktionierten, wegsperrte und abschaltete. Die rund hundertzwanzig MÜnner in der GIORDANO BRUNO JUNIOR spielten gern mit den Robotern, verwirrten sie und hatten dadurch zwei Desintegrationen her vorgerufen. SorgfÜltig kontrollierte Edmond sÜmtliche SchlÉsser aller TÅren und Schotte, an denen er vorbeikam. Dann ging er in den Schweine-
stall hin ein, wo ihn betÜubender Gestank und kreischender LÜrm empfingen. Er Éffnete die Futterluke, und der zerkleinerte Brei der AbfÜlle ergoÄ sich in einen langen Trog, den Willshire im Linearraum geschweiÄt hatte. Dann Éffnete Pontonac den Wasserhahn und bemerkte bei sich, daÄ die WasservorrÜte auch nicht mehr lange reichen wÅrden, hÉchstens noch zwanzig Tage. ÑNicht mehr lange ...Ö, meinte er. Er war unausgeschlafen und gereizt. Seine Stimmung war am untersten Ende der Skala. Er konnte einfach nicht mehr. LÜnger als sieben Monate, rund zweihundertzehn Tage lang, befand er sich auf dieser Odyssee des Wahnsinns, die damit begonnen hatte, daÄ ihn Galbraith Deighton Mitte Juni 3438 als Sonderkurier des Solaren Imperiums los schickte. Mit seinem damaligen Schiff, der DARA GILGAMA, sollte er die Sternenreiche der Menschheit anfliegen und zur Hilfe fÅr das von Takerern und Sammlern arg bedrohte Imperium bewegen. Bei der FÉderation Normon und der Zentralgalaktischen Union war das relativ leicht gefallen. Nachdem Pontonac und seine Begleiter dann auch noch die UnterstÅtzungszusage des Carsualschen Bundes hatten, wurde die DARA GILGAMA von einem Schiff des Shomona-Ordens aufgebracht. Pontonac und ein Teil seiner MÜnner wurden als Pfand fÅr eine finanzielle Forderung gegenÅber Terra auf dem Planeten Caudor II interniert. Sie sÜÄen noch heute dort fest, wenn sie nicht... Er wollte jetzt nicht daran denken und sah den Schweinen zu, wie sie fraÄen und soffen, dann kontrollierte er auch die Anzeigen der Klimaanlage und des Luftdurchsatzes. Die Filter lieÄen auch schon nach, und der stechende Ammoniakgeruch der tierischen AbfÜlle verbreitete sich lang sam durch das kleine Schiff. ÑIch werde eines Tages zusammenbrechen, und dann sind wir alle verloren!Ö stellte er leise fest. Er fÅhlte sich wirklich so, er war unrasiert, ungewaschen, seine Kleidung war verschmutzt und abgerissen, unter den splitternden FingernÜgeln befand sich schwarzer Schmutz, und leider war auch die Zahnpasta ausgegangen, als einer der MÜnner versuchte, mit dem Inhalt der Tuben die kleinen Vierecke des Luftdurchlasses einer Klimaanlage zu verstopfen.
Pontonac verschloÄ den Schweinestall und ging zwanzig Meter weiter in Richtung auf die Zentrale. Er stolperte Åber leere Kisten, mit denen die Mannschaften HÜuser bauten, um sich darin zu verstecken und mit einander zu spielen. Pontonac sah auf die Uhr; noch zwanzig Minuten. Die GIORDANO BRUNO JUNIOR raste mit neun Zehnteln der Lichtgeschwindigkeit auf jenen Raumkubus zu, den man inzwischen als richtig erkannt hatte - dort befand sich Sol: in vielen Lichtjahren Entfernung. Pontonac kam schlieÄlich in die Zentrale. Von allen Teilen des Schiffes schlÜngelten sich, mit Klebeband und Drahtverbindungen gehalten, dicke Kabel aus dem Notvorrat heran. Sie endeten in primitiven, zum Teil aus anderen Anlagen ausgebauten, aber funktionierenden Schaltungen. Durch dieses Netz von Energiezuleitungen und Steuerleitungen konnte Edmond V. Pontonac die GIORDANO von seinem Sessel aus dirigieren. Er muÄte in den Linearraum gehen, obwohl auch dieser EntschluÄ wie der ein erhÉhtes Risiko darstellte. ErschÉpft setzte sich Pontonac in den Kontursessel, aus dessen NÜhten bereits der zerstÉrte Schaumstoff brÉckelte. ÑVerdammt!Ö sagte er wÅtend, stand wieder auf und schloÄ hinter sich das Schott zur Zentrale. Dann setzte er sich ein zweites Mal ruhig hin. Kaffee gab es erst wie der, wenn sie in der Librationszone waren. Pontonac wuÄte, daÄ er ein Risiko einging, aber er rechnete sich mehr Chancen fÅr ein Gelingen als fÅr ein MiÄlingen aus. Er schaltete die Biopositronik ein und betrachtete unter hochgezogenen Augenbrauen die Tastatur. Biopositroniken funktionierten im Linearraum hervorragend, nach einer Erholungszeit von zweihundert Sekunden. Im Normalraum benahmen sich sÜmtliche biopositronischen Schaltungen wie menschliche und tierische Gehirne - sie fielen in das Stadium frÅherer Kindheit zurÅck. FÅr eine Biopositronik und damit fÅr den genauen Linearkurs des Schiffes bedeutete das: abhÜngig sein vom Zufall. Langsam und in kleinsten Schritten programmierte Pontonac Erdkurs.
Er gab die genauen Koordinaten mehrfach ein, programmierte Test- und Korrekturprogramme. Dann drehte er die Regler und setzte die relative Geschwindigkeit des Schiffes herauf, wartete einige Minuten und drÅckte, als die auf elektronischer Basis funktionierenden Instrumente die wahren Werte zeigten, den Schaltknopf. Das Schiff ging in den Linearraum. Pontonac sagte, nur um wieder einmal seine Stimme, irgendeine menschliche Stimme, zu hÉren: ÑNoch zehn oder fÅnfzehn SprÅnge, dann sind die Maschinen fÅr den Linearflug restlos zerstÉrt. Und nicht ein einziges Ersatzaggregat an Bord. DafÅr haben wir eine Ladung von besten Dakkarschleifen!Ö Es war ein fabelhaftes Spielzeug, seine MÜnner machten daraus plumpe Mobiles, die sich nicht drehten, und sie verwendeten es zu allen mÉglichen Spielereien und auch dazu, um damit in winzige Schlitze von Maschinen hineinzubohren und dort VerwÅstungen hervorzurufen. Pontonac wartete einige Minuten, dann drÅckte er den Knopf fÅr Schiffsalarm. Die MÜnner wachten auf, und als erster erschien Willshire in der Zentrale, nachdem Edmond die TÅr aufgeschlossen hatte. ÑGuten Tag, Kommandant!Ö sagte er mit einem Gesichtsausdruck, der auf seine wahren GefÅhle schlieÄen lieÄ. Er war von seiner Kabine hierhergerannt und hatte unterwegs gesehen, in welchem Zustand sich das Schiff schon wieder befand. Dieser Zustand resultierte nur zu geringem Teil aus der normalen MaterialermÅdung und aus den bekannten Abnutzungserscheinungen. Am meisten waren die MÜnner daran schuld, die im Augenblick, da das Schiff sich wieder im Normalraum befand, zu Kindern wurden. Jetzt erwachten einhundertzwanzig Menschen und wuÄten, daÄ sie wieder normal waren. ÑGuten Tag, DrosenÖ, sagte Edmond. ÑEs ist wieder einmal soweit.Ö ÑWas soll ich tun?Ö Pontonac zÜhlte auf: ÑZehn Mann in die KÅche. Sie sollen den Robot abschalten und ein gutes, reichhaltiges Essen zubereiten. DreiÄig Mann reinigen das Schiff und werfen alle eÄbaren AbfÜlle in
den Zerkleinerer. Wir sind genau fÅnf Stunden im Linearraum, in dieser Zeit muÄ das Schiff wieder bewohnbar gemacht werden. FÅnf Stunden, Drosen!Ö Der ehemalige Zweite Offizier der DARA GILGAMA nickte. ÑGut. Wie steht es mit der mechanischen AusrÅstung?Ö Pontonac erwiderte: ÑVierzig MÜnner sollen Reparaturkommandos bilden. Ich habe hier eine Liste, nach der sie vorzugehen haben. Sie mÅssen die Pumpen, Turbinen und Ventilatoren schaffen, auf alle FÜlle, sonst Åberstehen wir die nÜchsten Tage nicht.Ö Drosen sah auf die Instrumente und die dunklen Bildschirme. ÑWo befindet sich die GIORDANO BRUNO?Ö fragte er kurz. ÑZuletzt waren wir dreihundert Lichtjahre von Sol entferntÖ, antwortete Pontonac. ÑWir haben immerhin einige Chancen, dem System einige gute Schritte nÜher zu kommen.Ö ÑAusgezeichnetÖ, sagte Willshire und lieÄ seine Blicke durch die Zentrale gleiten. Da hier selten jemand hineingelassen wurde, gab es hier nur wenig Unordnung. ÑChef...Ö, sagte er dann zÉgernd, Ñich werde die TÅr schlieÄen. Versuch die nÜchsten vier Stunden zu schlafen. Ich werde schon mit den Problemen fertig.Ö Pontonac sagte leise: ÑBring mir einen Kaffee, ja? Und ein groÄer Vor rat soll gekocht werden!Ö ÑDrei Minuten!Ö Drosen verlieÄ schnell die Zentrale und lief hinunter ins Zentrum der Mannschaftsquartiere. áberall war zu merken, daÄ sich die MÜnner duschten, die beschmutzte und zerrissene Kleidung wechselten, sich rasierten und versuchten, ihre chaotisch aussehenden Kabinen aufzurÜumen. Es war jedesmal der gleiche Schock: Einhundertneunzehn MÜnner erwachten und wuÄten, daÄ sie wieder zu vollwertigen Erwachsenen geworden waren. Der Schock war um so tiefer, weil er sich bisher stÜndig wiederholt hatte. Es war eine andauernde Zickzacklinie mit negativen Minima und positiven Maxima. Der Zustand des Erwachsenseins war kÅnstlich auszudehnen, aber die Konverter fÅr den Linearflug besaÄen nur eine bestimmte Lebensdauer. Pontonac muÄte zweimal eine Meuterei der Erwachsenen niederschlagen, und er tat dies mit Bedauern, aber rÅcksichtslos mit einem BetÜubungsstrahler. Willshire leistete unwahrscheinlich viel Arbeit.
Er teilte die MÜnner ein, schilderte ihnen die Schwierigkeiten. Die verschiedenen Pumpen wurden ausgewechselt und in fliegender Eile repariert. Die MÜnner in der KÅche fÅhlten sich ebenfalls fÅr die Magazine verantwortlich und rÜumten dort auf. Eine eigentÅmliche Scham beherrschte die Gedanken, obwohl die Leute wuÄten, daÄ sie fÅr ihren Zustand wÜhrend des Normalraumfluges nicht verantwortlich waren. Willshire rannte mit einer Kanne Kaffee, Dosensahne und Zucker und frisch gereinigten Bechern zurÅck in die Zentrale. Pontonac lag erschÉpft in seinem Sessel und sah zu, wie Drosen einen Becher vollschÅttete und die Zutaten hineinrÅhrte. ÑDanke, Drosen. Wie sieht es aus?Ö ÑIch habe alle einteilen kÉnnen, und die MÜnner duschen und rasieren sich in Schichten. Es sieht verdammt schlecht aus - die EÄvorrÜte nehmen rapide ab. GlÅcklicherweise ist der Alkohol inzwischen ausgetrunken, teils aus Spielerei an die Schweine ausgegeben worden. Mit Schaudern erinnere ich mich ...Ö Auch Edmond erinnerte sich schaudernd an den Nachmittag, Bordzeit, an dem die Schweine, zum Teil mit menschlichen Reitern, im Galopp durch die Korridore des Schiffes gerannt waren, betrunken und taumelnd. Die MÜnner schrien vor VergnÅgen, wenn sie abgeworfen wurden. Pontonac schaffte es, einen Becher Kaffee auszutrinken und dann einzuschlafen. Er schlief vier Stunden lang. In der ersten Stunde wurde das Essen gekocht und zubereitet. Die KombÅse des Schiffes, in der zehn MÜnner wie die Rasenden arbeiteten, verwandelte sich binnen sechzig Minuten aus einem chaotischen Bezirk voll schmutzigen Geschirrs, Speiseresten, verschÅtteten GetrÜnken und anderen AbfÜllen wieder in eine blitzende, saubere Abteilung. Schmutz und AbfÜlle wanderten in die Zerkleinerer und Konverter, und die Messe des Schiffes wurde ebenfalls gereinigt und fÅr das Essen der hundert zwanzig Menschen eingerichtet. Heruntergerissene ZufÅhrungen wurden wieder befestigt, zahlreiche Schaltungen repariert und erneuert, wobei man die Feststellung machte, daÄ sÜmtliche NotvorrÜte des Schiffes geradezu rapide abnahmen. Viele GerÜte waren derart zerstÉrt, daÄ man sie abmon-
tierte, die besten Teile aussortierte und den Rest in einen leeren Laderaum warf. In der zweiten Stunde schlachteten die Roboter die Kaninchen, nahmen sie aus und legten das Fleisch in die TiefkÅhltruhen, deren Pumpen hin und wieder aussetzten. Das Schiff war praktisch ein Wrack, das nur noch von Klebeband und von kleineren Wundern zusammengehalten wurde. Nur die eigentliche Zelle war unzerstÉrt, aber sehr ÅberholungsbedÅrftig. Im Augenblick dachte keiner der MÜnner daran, daÄ man ihnen wieder eine Gnadenfrist eingerÜumt hatte. In der dritten Stunde gelang es, die Wasseraufbereitungsanlage zu Åberholen, neue Filter einzusetzen und sÜmtliche Pumpen wenigstens provisorisch zu reparieren. Sie wÅrden es wieder einige Tage tun. Man setzte auch neue Filter in die Lufterneuerungsanlage ein und entstaubte die Klimaanlagen und ihre ZufÅhrungen. Die MÜnner verschlossen die aufgerÜumten Teile des Schiffes sehr sorgfÜltig und gingen dann weiter. Roboter und Menschen arbeiteten zusammen, um das Schiff zu reinigen. Langsam lieÄ der betÜubende Gestank nach, und StÅck fÅr StÅck arbeiteten sich die Raumfahrer dem untersten Dreck entgegen. Am Ende der vierten Stunde weckte Drosen K. Willshire den Kommandanten auf und sagte halblaut: ÑChef, kommen Sie in die Messe. Das Essen ist fertig, und wir haben soviel geschafft, wie nur gerade mÉglich war.Ö Pontonac schaute auf die Uhr. Seine Nase registrierte, daÄ der verheerende Geruch nachgelassen hatte, und schon nach einigen Metern sah er, daÄ das Schiff wieder tadellos aufgerÜumt war. PlÉtzlich graute ihm vor dem Augenblick, in dem es wieder in den Normalraum zurÅckkehren wÅrde. Dieser Augenblick war nur noch acht undfÅnfzig Minuten entfernt. ÑWo werden wir diesmal landen?Ö fragte er sich. Seine Visionen darÅber waren von sehr trÅben und niederschmettern den Erlebnissen beeintrÜchtigt. Nach dem Essen, wÜhrend die Roboter abrÜumten, stand Pontonac auf. Er fÅhlte sich alles andere als ausgeschlafen, aber etwas erfrischt hatten ihn die vier Stunden Schlaf trotzdem.
ÑFreunde!Ö sagte er laut. ÑIn wenigen Minuten gehen wir wieder in den Normalraum zurÅck, und wenn wir sehr viel GlÅck gehabt haben, befinden wir uns in der NÜhe des Solsystems. Keiner von euch wird dies bewuÄt wahrnehmen, denn ihr werdet wieder, um ein altehrwÅrdiges Buch zu zitieren, wie die Kindlein sein. Gibt es EinwÜnde?Ö Ein Mann in der hintersten Reihe stand auf und fragte etwas verlegen: ÑLÜÄt sich der Aufenthalt im Linearraum wirklich nicht verlÜngern?Ö ÑIm Moment nichtÖ, bedauerte Willshire. ÑUnsere Konverter reichen nur noch fÅr kaum mehr als fÅnfzig Stunden im Linearraum. Diese Reserve brauchen wir, um die Erde zu erreichen, wenn uns auch dieses ManÉver nicht nÜher gebracht hat - ihr wiÄt, in welchem Zickzackkurs wir durch die Galaxis getrampt sind.Ö Sie erinnerten sich, denn nur etwa hundert Mann waren aus der Stammbesetzung der alten DARA GILGAMA. Der Rest war auf vier Zwischenlandungen aufgepickt worden und gehÉrte zu anderen Schiffen, die inzwischen untergegangenen terranischen Posten oder Handelsvertretungen angehÉrt hatten. Ausnahmslos waren dies MÜnner, deren Verstand unter der galaxisweiten Welle der Verdummung litt. ÑWir haben nur zwei AlternativenÖ, sagte Pontonac deutlich. ÑDie eine heiÄt: Wir bleiben als Erwachsene so lange im Linearraum, bis die Konverter und Maschinen durchbrennen und uns in den Normalraum zurÅck werfen. Dann sind wir wieder im Stadium der Verdummung, und auÄerdem haben wir keine Chance mehr, einen weiteren Linearsprung durchzufÅhren.Ö Er schwieg, und der ehemals Zweite Offizier Willshire fuhr fort: ÑDas kann, wenn wir uns genÅgend weit von einem Planeten oder meinetwegen von der Erde entfernt haben, fÅr uns alle tÉdlich sein. Energie und VorrÜte reichen nicht lÜnger als maximal dreiÄig Tage.Ö Pontonac dachte an den DatentrÜger, auf dem er sÜmtliche FunksprÅche aufbewahrte, aus denen hervorging, daÄ die gesamte Galaxis verdummt war. Die SprÅche stammten ausnahmslos von MÜnnern oder Frauen, die unbeeinfluÄt geblieben waren. Sie schilderten unter Angabe des Ortes die besonderen Schwierigkeiten und die MinimallÉsungen, hier Abhilfe zu schaffen.
Er sagte laut: ÑDie zweite MÉglichkeit ist, weiterzumachen wie bisher. Wir haben uns zwar gegenseitig sehr strapaziert, aber wir sind bisher ohne ernsthafte SchÜden mit dem Leben davongekommen. Solange ich mich gegen eine Meuterei wehren kann, werde ich dies tun, denn ich weiÄ, daÄ die unbequemere LÉsung lebensrettend ist.Ö Die MÜnner fÅgten sich murrend, aber das war hauptsÜchlich darauf zurÅckzufÅhren, daÄ Willshire aus der Bordapotheke, die verschlossen in der Zentrale stand, eine Portion Beruhigungsmittel in den Kaffee gekippt hatte. Die Energien der MÜnner wÅrden hier und heute nicht zum Ausbruch kommen. Pontonac sagte: ÑFreunde, es tut mir leid, aber ich verspreche euch, daÄ ich nÉtigenfalls mein Leben daransetzen werde, euch zu retten. Geht zurÅck in eure Kabinen, nehmt euch etwas Sinnvolles vor, und ich werde hinter euch zuschlieÄen.Ö Er wuÄte, daÄ diese MÉglichkeit nur sehr schwache Garantien fÅr Ruhe und Ordnung an Bord bot, aber er konnte im Augenblick nichts anderes tun. ÑWillshire?Ö fragte er. ÑEdmond?Ö ÑDu kÅmmerst dich um alles, meldest dich dann bitte in der Zentrale und versuchst anschlieÄend, mit deiner eigenen Kindheit zu leben.Ö Willshire nickte und grinste bitter. ÑIch versuch'sÖ, sagte er. Edmond versuchte, wÜhrend er langsam den breiten, jetzt aufgerÜumten und nach dem letzten Reinigungsmittel riechenden Korridor entlang ging, sich die Gedanken und GefÅhle vorzustellen, die diese MÜnner haben muÄten. Sie waren jetzt nicht anders als vor dem 29. November des Vorjahres, als auf Caudor II alles schlagartig zum Stillstand kam, weil die Intelligenz der Menschen plÉtzlich und auf unerklÜrliche Weise absank oder abgesenkt wurde. Niemand hatte auch nur eine Ahnung gehabt, wer dafÅr verantwortlich war. Aber es hatte die Flucht ermÉglicht. Der Augenblick des Eintauchens in den Normalraum kam immer nÜher. ÑFertig, Chef!Ö sagte Willshire. ÑIm Moment ist alles in Ordnung, und wir sind noch alle ruhig. Wieviel Zeit bleibt noch?Ö
Pontonac beobachtete das Bordchronometer, das noch zuverlÜssig funktionierte. ÑNoch sieben MinutenÖ, sagte er. ÑHoffentlich kommen wir der Erde nÜher, Chef. Was hÜltst du davon?Ö Einmal duzten sie sich, dann fielen sie wieder, ohne nachzudenken, ins Sie zurÅck. ÑSechzig zu vierzig fÅr einen Erfolg. Ich werde wahnsinnig ... ich halte das nicht mehr lange durch, Drosen!Ö ÑWas ist nur geschehen?Ö sinnierte Drosen. ÑDie ganze Galaxis ist verblÉdet, und nur du bist, abgesehen von anderen Einzelpersonen, normal geblieben. Das war der Cappin, nicht wahr?Ö ÑDurchaus mÉglich. Keine Ahnung. Noch fÅnf Minuten.Ö Im Schiff war es noch immer still, obwohl Edmond fÅrchtete, daÄ jede Sekunde wichtige GerÜte oder Maschinen ausfallen konnten. Beide MÜnner spÅrten die Unruhe und die Unsicherheit. FÅr sie hing so sehr viel davon ab, daÄ die GIORDANO die Erde erreichte, denn nur der Heimat planet konnte den zu Kindern gewordenen Menschen eine gewisse, wenn auch wahrscheinlich sehr fragwÅrdige Sicherheit bieten. Ein Schiff im Raum, gesteuert von einem einzigen Mann, war jetzt eine tÉdliche Falle. ÑTrink aus!Ö sagte Pontonac rauh. ÑUnd dann zurÅck in die Kabine.Ö Willshire schlÅrfte den Kaffee aus, stellte den Becher zurÅck und verlieÄ schnell die Zentrale. Pontonac wartete, bis sich das Schott geschlossen hatte, dann sah er auf die Uhren und Skalen. ÑHundertachtzig Sekunden ...Ö Hatten die Biopositroniken kurz vor dem Eintritt in den Linearraum verhÜngnisvolle Fehler gemacht? Pontonac merkte, wie sein Herz schnell und hart zu schlagen begann. Er hatte feuchte HandflÜchen. Das Chronometer tickte die Sekunden herunter, und der kritische Punkt nÜherte sich ... Jetzt! Das Schiff glitt mit einem leichten SchÅtteln in den Normalraum zurÅck. In derselben Sekunde krachte irgendwo dicht unterhalb der Zentrale eine Sicherung durch. Auf den trÅben Schirmen der Panoramagalerie erschienen die Sterne.
Schweigend durchsuchte Pontonac die Sternflut nach bekannten Konstellationen. Pontonac drehte den Kontursessel, als ein Summen ertÉnte, verschÅttete den Kaffee und schaute auf den Schirm des OrtungsgerÜtes, das sie wÜhrend der ersten Linearetappe mit vereinten KrÜften hier heruntergeschleppt und angeschlossen hatten. Er zÜhlte und stellte dann fest: ÑVerdammt! Neun Echos!Ö Es waren verschiedenartige Echos. Also waren es verschieden groÄe Schiffe, die zusammenhanglos durchs All trieben. Pontonac stellte die Richtung fest, griff in die Steuerung und bremste die Geschwindigkeit des Schiffes ab, wÜhrend er auf Kollisionskurs ging. Die Raumer waren einige Millionen Kilometer entfernt, und die Impulse deuteten darauf hin, daÄ es terranische Schiffe waren. Pontonac wechselte wieder, nachdem er den Kanal der Flottenfrequenz eingestellt hatte und das FunkgerÜt eingeschaltet war, zum flackernden Ortungsschirm Åber. Er sah, wie sich langsam hinter den nunmehr grÉÄeren Echos andere, kleinere hervorschoben. Insgesamt zÜhlte er fÅnfzehn Schiffe verschiedener GrÉÄe. Sie alle drifteten in dieselbe Richtung, taten dies aber mit verschiedenen Geschwindigkeiten, und deutlich war zu sehen, daÄ zumindest an einem der Schaltpulte ein ÑKindÖ hantierte. Das Schiff schlingerte in einem gefÜhrlichen Kurs zwischen den anderen hin und her und kam ihnen gefÜhrlich nahe. ÑWahnsinn!Ö rief Edmond stÉhnend. Er konnte sich vorstellen, wie es dort im Innern der fÅnfzehn Einheiten aussah. Die Verdummten schienen die Macht Åbernommen zu haben - ein passender Ausdruck fÅr dieses Chaos, das nicht durch Aggression, sondern durch kindlichen Spieltrieb und durch die vollkommene Ahnungslosigkeit der Handelnden hervorgerufen wurde. Edmond schlug mit der flachen Hand auf das Pult, in das der Monitor eingebaut war. StÉrungen des Bildes folgten daraufhin, und der Kommandant knurrte wÅtend: ÑUnd ich schaffe es!Ö Er wollte es schaffen. Der Anblick der Schiffe hatte ihm wieder neuen Mut gegeben.
Er war in der Zentrale allein, und jetzt begann fÅr ihn die Arbeit. Er stellte das Mikrophon auf ÜuÄerste Leistung ein, desgleichen die Lautsprecher, und dann, wÜhrend er die Konstellationen mit den Sternkarten verglich, sagte er laut: ÑHier Edmond Pontonac an Bord der GIORDANO BRUNO JUNIOR. Ich befinde mich im Anflug auf die Gruppe von fÅnfzehn Schiffen. Falls mich jemand hÉrt, bitte antworten! Bitte antworten, ich befinde mich in derselben Lage wie Sie dort drÅben!Ö Er wartete. Er war jetzt nicht mehr gewillt, auch nur einen Gedanken an die Aufgabe des Schiffes und seiner freiwilligen Mission zu verschwenden. Die Informationen, die er nach dem Fluchtstart von Caudor II im System der Sonne Syordon bekommen hatte, waren wichtig fÅr Rhodan. Falls Rhodan noch lebte. Jemand antwortete. Freudiger Schreck lieÄ Pontonac zusammenzucken. ÑHier ist Davyd Leppa, ehemaliger Magaziner der PROTEUS. Ich habe Sie im Sucher, Kommandant! Kommen Sie bitte nÜher, aber bleiben Sie von diesem SelbstmÉrderschiff weg. Wir begrÅÄen Sie.Ö ÑIch begrÅÄe Sie ebenfalls, Davyd!Ö rief Pontonac. ÑSind Sie in der Lage, das Schiff zu steuern?Ö ÑIch habe schlieÄlich sechseinhalb Monate Zeit gehabt, es zu lernen. FÅr die nÜchsten zwÉlf Lichtjahre wird es reichen, hoffe ich. Dann lassen wir einen Spezialisten von der Erde kommen, der uns herunterholt.Ö Ein heiÄer Schrecken, der sich sofort in Freude verwandelte, durchfuhr den einsamen Mann in der Zentrale. ÑHeiÄt dasÖ, fragte er leise und miÄtrauisch, ÑdaÄ wir uns in ErdnÜhe befinden?Ö ÑJa. Mehr als zwÉlf Lichtjahre entfernt. Das schaffen wir notfalls zu FuÄ, Partner!Ö Pontonac atmete auf. ÑZwÉlf Lichtjahre!Ö sagte er erleichtert. Seine Knie gaben plÉtzlich unter ihm nach, und er lehnte sich schwer auf die Kante des Pultes. Seine Stirn war schweiÄnaÄ. ÑSie sagen es. Ich sehe Sie bereits. ábrigens ist die PROTEUS das grÉÄte Schiff!Ö
ÑVerstanden. Ich fliege ein ManÉver und gleiche Geschwindigkeit und Richtung an, dann unterhalten wir uns weiter!Ö ÑIst klar, Kommandant!Ö meinte der ehemalige Magazinverwalter. Pontonac lachte ironisch auf; vermutlich hatte Davyd Leppa das Schiff aus dem Handbuch zu steuern gelernt. Er war Autodidakt, und als Pontonac das reale Bild der Schiffe auf den flackernden Schirmen hatte, wuchs seine Hochachtung vor der Leistung des Mannes. Dort schwebte ein FÅnfhundert-Meter-Schiff, so groÄ wie die hochmoderne DARA GIL GAMA. Dann begriff er: Die Besatzung war ebenfalls grÉÄer. Davyd Leppa hatte noch ganz normal geklungen, aber verglichen mit Leppas Aufgabe hatte er, Pontonac, ein leichtes, angenehmes Leben. Die GIORDANO war nur ein Hundert-Meter-Schiff. Pontonac zwang sich zur Ruhe. Er setzte sich vor die Steuerung, schaltete auf Manuell um und brachte sein Fahrzeug in die gewÅnschte Position. Er schwebte jetzt zwei Kilometer vom anderen Schiff entfernt, hinter der PROTEUS, von ihm aus gesehen, drifteten die anderen Schiffe mit knapp der HÜlfte der Lichtgeàschwindigkeit. Er wartete, bis alle Werte konstant waren, dann nahm er das Mikrophon und sagte: ÑKommandant Leppa, diese Bezeichnung meine ich nicht ironisch. Ich habe eine Menge Fragen.Ö ÑNur zu, Partner!Ö meinte Leppa. ÑKÉnnen Sie ein Bild herzaubern?Ö ÑEntschuldigung!Ö rief Pontonac und nahm die entsprechenden Schaltungen vor. Zwischen den Schiffen bestand nun eine Bildfunkverbindung. ÑJetzt sehen wir uns. So anonym miteinander zu plaudern ist nicht besonders angenehmÖ, sagte Leppa. Pontonac sah einen mittelgroÄen, breitschultrigen Mann in einer schwarzen, modischen Lederjacke vor dem Pult sitzen. Leppa schien nicht besonders mitgenommen zu sein, aber er zeigte natÅrlich Spuren der Strapazen, die hinter ihm lagen. ÑIch hatte Sie mir schon fast als ein Skelett vorgestellt, KommandantÖ, bekannte Pontonac. ÑWie schaffen Sie es mit Ihren Leuten?Ö
ÑSchlecht. Im Augenblick habe ich sie eingeschlÜfert, indem ich Gas durch die Anlage blies. Sie hÜtten sonst das Schiff ruiniert. Wie wilde, ungehorsame Kinder, die sich austoben wollen.Ö Edmond nickte. ÑWir sind in ErdnÜheÖ, stellte er fest. ÑZwÉlf Lichtjahre. Welches Damm haben Sie?Ö Leppa brauchte nicht auf die Uhr zu sehen. ÑDen dreizehnten Juli.Ö ÑDann stimmen wenigstens meine UhrenÖ, meinte Pontonac. ÑWenn ich die Situation richtig einschÜtze, dann haben insgesamt sechzehn Schiffe das gleiche Problem: Wie kommen wir zur Erde?Ö ÑSo ist es. Wie kommen wir zur Erde?Ö Sie brauchten sich nicht weiter zu unterhalten, auf allen Schiffen bestand die gleiche Problematik. Eine riesige Mannschaft, die verdummt war, und bestenfalls ein oder zwei Immune. Ebenfalls gab es den Dualismus zwischen dem Flug im Normalraum und im Linearraum. Das alles war bekannt und brauchte nicht mehr diskutiert zu werden. Jedenfalls waren sie jetzt eine kleine Gruppe, und einer konnte dem anderen helfen. Edmond versuchte, einen Plan zu entwickeln, der den geringen MÉglichkeiten entsprach. ÑWarum sind Sie normal?Ö fragte er. Leppa sagte entschuldigend, als sei es ein Verbrechen gewesen: ÑEinst bei der Solaren Abwehr angefangen und dort kÅnstlich mentalstabilisiert worden. Das geschah, bevor ich mich nach einem ruhigen Job umsah.Ö ÑDen haben Sie jetzt endlich gefunden!Ö meinte Pontonac, und sie lachten beide sarkastisch. ÑIch wurde vor einigen Jahren von dem KÉnig der Pedotransferer Åbernommen und hatte seitdem Kopfschmerzen. Sie hÉrten am dreiÄigsten November auf, aber ich behielt meinen Verstand. Wie viele Normale sind wir eigentlich?Ö Leppa zÜhlte an den Fingern ab und sagte schlieÄlich: ÑFÅnfzehn. Bis auf ein Schiff befindet sich in jeder Einheit ein einziger Mann. Das ist ein Zufall.Ö Pontonac hatte noch hundert Fragen, aber er schwieg. Er Åberlegte, wie sie aus dieser Lage herauskommen konnten.
18.
FÅnfzehn Immune also. Alle sechzehn Schiffe aber hatten das Problem, mÉglichst schnell auf Terra zu landen oder auf einem anderen Planeten des Systems. Wenn die Schiffe einen gemeinsamen Sprung durch den Linearraum wagten, war es so gut wie sicher, daÄ sie, falls sie Åberhaupt nÜher ans Ziel herankamen, dies an sechzehn verschiedenen Stellen taten. ÑEine Frage, DavydÖ, meldete sich Pontonac nach einiger Zeit wieder. ÑGern, Kommandant. Was wollen Sie wissen?Ö ÑSie alle haben den Plan, zur Erde zu kommen. Richtig?Ö Leppa bejahte. ÑSehr richtig. Wir fÅrchten nur, daÄ die Biopositroniken uns im letzten Moment einen Streich spielen.Ö ÑWir haben ein Schiff voller Verdummter bei uns, das wir mitnehmen mÅssen. Wie steht es bei Ihnen mit der LernfÜhigkeit?Ö Wieder gab Leppa Auskunft, er schien sich mit allen Problemen ausgesprochen konsequent beschÜftigt zu haben. ÑGeringe LernfÜhigkeit im Rahmen der jeweiligen relativen Alters stufe. Wenig Chancen. Was planen Sie?Ö ÑAlle Schiffe zusammenzubÅndeln und in Richtung Erde zu starten. Wir kÉnnten einen Trick mit einfachen positronischen, nicht biopositronischen Rechnern versuchen, indem wir sie zusammenschalten.Ö ÑUnd bis dahin?Ö ÑFast lichtschneller Flug. Jemand muÄ in das sechzehnte Schiff hinein und den Antrieb lahmlegen.Ö Leppa schien zu Åberlegen, dann meinte er: ÑDas ginge eventuell. Aber wie wollen Sie es durchfÅhren? Es wird eine Arbeit, die uns alles abverlangen wird.Ö ÑDas ist das geringste Problem. Viel wichtiger ist, ob wir die sechzehn Schiffe zu einer Kette zusammenfÅgen kÉnnen, mit der groÄen PROTEUS an der Spitze.Ö Sie unterhielten sich noch etwa eine Stunde lang.
Niemand von ihnen, und das hatte Leppa schon festgestellt, wuÄte, was genau passiert war. Sie kannten einzelne Aspekte der Situation nur aus zufÜllig aufgefangenen FunksprÅchen. Ein Schwarm von fremden Schiffen und riesigen KÉrpern war es also, der, eingehÅllt in farblos durchsichtige runde Schirme, wie ein langgezogener Streifen von Schaumperlen schrÜg die Galaxis durchraste und vor sich her die Dummheit, die Retardierung der Intelligenzen, ausbreitete. Niemand hier wuÄte etwas von Rhodan, niemand hatte den Schwarm selbst gesehen, und sie alle befanden sich am Rand ernsthafter Nervenkrisen und kurz vor dem kÉrperlichen Zusammenbruch. Aber alle Kommandanten, ausnahmslos Mentalstabilisierte oder MÜnner mit kÅnstlichen SchÜdeldecken nach schweren Kopfverletzungen, ÑImmuneÖ also, dachten nicht daran, aufgeben zu wollen. Ihr Ziel: die Erde. Sie wollten und wÅrden es erreichen, und sie sahen auf den Ortungsschirmen und auf den Schirmen der Panoramagalerien deutlich den Stern, der als Zielfeuer diente. Sol... Dann besprachen die beiden MÜnner die Planung. Sie wollten versuchen, durch das Einschalten der Traktorstrahl-Projektoren die Schiffe durch ein unsichtbares Netz miteinander zu verbinden. Je ein Schiff hielt das andere, und dieses Verfahren, entsprechend durchgefÅhrt, wÅrde verhindern, daÄ der Verband auseinanderbrach. Langsam nahm der Plan Konturen an. Er war technisch mÉglich - dachten sie. ÑIch muÄ versuchen, vorher noch ein paar Stunden Schlaf zu erwischenÖ, sagte Pontonac. ÑIch bin total erschÉpft, und wenn ich anschlieÄend durchs Schiff rasen muÄ, um verschiedene Schaltungen vorzunehmen, dann breche ich vermutlich zusammen. Ich ...Ö Im selben Augenblick riÄ die Bildfunkverbindung ab. An dem Kabel, das sich durch die Zentrale wand und durch ein herausgebranntes Loch nahe dem Schott gefÅhrt wurde, merkte Edmond einen schweren Ruck, dann einen zweiten, und schlieÄlich flog der komplizierte, schwer isolierte Stecker wie der Kopf einer Schlange Åber den Boden. ÑSie spielen schon wieder!Ö brÅllte er. Er nahm die Waffe, deren Ladung bereits zur HÜlfte verbraucht war, riÄ das Schott auf und
stÅrmte in den Korridor hinaus. Er schob einen Mann zur Seite, der gerade versuchte, mit einem abgebrochenen Messer eine ungefÅge Zeichnung in die Kunststoffbeschichtung des Bodens zu kratzen. ÑWeg!Ö rief Pontonac und verfolgte das dicke, gelbe Kabel mit den Augen. Er ging dicht neben den RÉhren, die durch den Gang verlegt waren. Zwanzig Meter weiter sah fÅnf MÜnner, die sich aus ihren Kabinen befreit hatten und wie beim guten alten ÑSeilziehenÖSpiel an dem Kabel zerrten. In seiner Wut paralysierte er sie. Dann lief er mÉglichst schnell den Weg zurÅck und befestigte die Verbindung wieder, vertrieb noch drei MÜnner aus der Zentrale und rammte den Stecker wieder in das GerÜt hinein. Sekunden spÜter war das Bild wieder klar. Leppa vertrieb gerade mit vielen Gesten, mit lauten Worten und gutem Zureden vier seiner MÜnner aus dem Raum, die ebenfalls mit ihm spielen wollten. Das Narkosegas hatte seine Wirkung verloren. ÑDavyd! Die Verbindung steht wieder!Ö sagte Pontonac laut. Der andere Kommandant beendete seine Arbeit, drehte das Handrad der Schleusenmechanismen und ging langsam auf die Linsen zu. Er trocknete sich die schweiÄnasse Stirn ab. ÑWas war denn los?Ö fragte er. Pontonac erklÜrte es ihm. Dann fragte er: ÑFangen wir ernsthaft an? Die Lust auf einen Vormittagsschlaf ist mir allerdings vergangen.Ö Der andere Kommandant sah auf die Uhr und meinte: ÑDie Pause ist erst in zwei Stunden vorbei. Sollten wir unseren Kollegen die wenigen Stunden Schlaf nicht gÉnnen?Ö ÑNatÅrlich!Ö bestÜtigte Pontonac. ÑSehr gern. Aber mit dem Schlaf wird es gleich vorbei sein. Schauen Sie einmal auf den GrÅnsektor Ihrer Bildschirme.Ö Der Ton klang alarmierend. Leppas Kopf fuhr herum, dann schlug er mit der Faust in die flache Hand und rief: ÑWir haben es erwartet! Und wir kÉnnen nichts tun. Sie haben nicht einmal die FunkgerÜte eingeschaltet.Ö Das kleinste Schiff war jenes, in dem kein Geretteter am Steuer saÄ und sich um die MÜnner kÅmmerte. Edmond wagte nicht daran zu denken, wie es dort drÅben aussah. Das Schiff hatte sich genÜ-
hert, dann flammten die Triebwerke auf, und mit starkem Schub fegte das Kugel schiff auf ein zweites zu. Der ZusammenstoÄ stand unmittelbar bevor. Und dann erfolgte er auch. GerÜuschlos bohrten sich die BordwÜnde ineinander. Kurz vor der BerÅhrung waren die Triebwerke noch einmal stÜrker aufgeflammt und dann abgeschaltet worden. Beide Schiffe vibrierten stark. Die Bordwand des grÉÄeren Schiffes wurde eingedrÅckt, und die des kleineren faltete sich an einigen Stellen zusammen wie Stanniolpapier. Aber es sah nur aus der Entfernung so aus, in Wirklichkeit konnte dieses Ramm-ManÉver tÉdlich sein. Losgerissene GegenstÜnde konnten MÜnàner erschlagen, Luft konnte austreten, Gasleitungen konnten reiÄen. Pontonac sah zu, wie beide Schiffe nach verschiedenen Richtungen davontrieben, aber die grundsÜtzliche Richtung auf die ferne Sonne bei behielten. Dann sagte er hart: ÑDavyd Leppa - Sie befehligen die Ruine eines Kampfschiffes. An Bord sind LÜhmstrahler, die Sie ferngesteuert einsetzen kÉnnen. Bevor die armen Kerle sich dort drÅben noch ganz umbringen, sollten Sie die GeschÅtze einsetzen. Vielleicht gibt es Tote, wenn das Schiff ein anderes noch einmal rammt. Sehen Sie sich den Kurs an!Ö Leppa sagte: ÑGute Idee. Nicht gerade fein und rÅcksichtsvoll, aber besser als hundertfacher Tod. Wir werden dieses Schiff ohnehin entern mÅssen, bevor wir starten.Ö ÑEinverstanden. Beeilen Sie sich!Ö ÑIch bin gleich wieder am Bildschirm.Ö Leppa verlieÄ schnell die Zentrale, und Pontonac beobachtete weiter seine Bildschirme. Zwei davon waren ausgefallen und zeigten nur flirrende, stumpfgraue FlÜchen. Edmond versuchte, sie neu einzuregeln, gab es aber auf und schaltete die betreffenden Sektoren endgÅltig ab. Die Zeit drÜngte. Je lÜnger sie sich hier aufhielten, desto grÉÄer war die Gefahr, daÄ die Schiffe sich gegenseitig gefÜhrdeten und daÄ die spielenden Menschen wichtige Schaltungen durcheinanderbrachten. Pontonac sehnte sich geradezu danach, einige Stunden lang entweder im Linearraum oder unter ÑnormalenÖ Menschen zu sein und nicht diese
Art von Verantwortung zu spÅren. Aber dann dachte er an Davyd Leppa und ging zur RÅckwand einer Instrumententafel. Er zog einen leichten Raumanzug aus dem Schrank, breitete ihn auf dem Boden aus und begann, die einzelnen Sektoren und Aggregate zu testen. Der Anzug taugte auch nicht mehr viel, aber er funktionierte immerhin noch. MÅhsam suchte und fand Pontonac Batterien, Werkzeug und Sauerstoffflaschen. Leppa schien lange zu brauchen. ÑSehen wir einmal nach - oder besser: HÉren wir, ob sie schon wieder anfangen, das Boot zu ruinieren!Ö sagte Edmond, ging zum Schott und Éffnete es. Im Schiff war es ausnahmsweise nicht viel lauter als sonst, dieser GerÜuschpegel zeigte ihm, daÄ die wenigsten der hundertneunzehn MÜnner auÄerhalb ihrer Kabinen waren und dort Unfug anstellten. Sie lang weilten sich, das war klar, und alle Spiele, die sie hatten erfinden kÉnnen, waren inzwischen alt und bedeutungslos geworden. Sie brauchten flaches Land, um ihre Energien verbrauchen zu kÉnnen. Felder, dachte Edmond bitter, die sie bestellen kÉnnen. Langsam ahnte er, in welches wirtschaftliche Chaos diese Welle von Intelligenzverminderung die Galaxis mit allen ihren Planeten gestÅrzt hatte. Auf der Erde wÅrde es nicht viel anders sein, mutmaÄte er, aber dort gab es sicher auch den hÉchsten Prozentsatz von Geretteten. ÑWann kommt denn Leppa zurÅck?Ö fragte er verwundert. Er setzte sich wieder und dachte nach. Seine Gedanken gingen zurÅck zum 30. Juli 3438. Caudor II... Sie hatten ihren Fluchtversuch natÅrlich unternommen. Sie besorgten sich auf abenteuerlichen Wegen Uniformen der Raumflotte, fuhren getrennt und in AbstÜnden zum Raumhafen hinaus und kamen, nachdem sie den Posten weggeschickt hatten, auch in das Schiff, das sie sich aus gesucht hatten. Sie konnten auch die Maschinen starten, aber dann kam der Alarm. Auch dann hÜtten sie noch fliehen kÉnnen, aber gerade, als Pontonac die LandestÅtzen einzog und durch die LufthÅlle raste, flog ein Kampfschiff, das von einem
anderen Planeten dieses Systems kam, in Richtung auf den Raumhafen ein. Vier SchÅsse vor den Bug - dann zwang das Kampfschiff die GIORDANO BRUNO JUNIOR zur Landung. Das war der erste Versuch gewesen, und dann wurden so viele wichtige Teile aus der GIORDANO ausgebaut, daÄ ein Start fÅr die hundertfÅnf zig MÜnner mit diesem Schiff unmÉglich wurde. Und sie versuchten es, ein knappes halbes Jahr spÜter, ein zweites Mal. Sie ... Pontonacs Erinnerungen wurden abgeschnitten. ÑVierundzwanzig Stunden lang sind wir vor weiteren ManÉvern dieser Art sicherÖ, sagte Leppa. ÑIch denke, wir rufen die anderen Kommandanten.Ö Nacheinander schaltete er, und dann meinte er zu Edmond: ÑIch werde Ihnen zuerst alle Kommandanten vorstellen. Ich habe, glaube ich, im Augenblick die besten technischen MÉglichkeiten dazu.Ö ÑEinverstanden!Ö Einige Stunden spÜter stand es fest: Sie wollten die Schiffe durch die bordeigenen Traktorstrahlen aneinanderfesseln und so, im Geleitzug, einen Massenstart versuchen. Es war unter anderem die einzige MÉglichkeit, das kleine Schiff voller betÜubter MÜnner mitzunehmen. Eine Handvoll Schiffe, verstreut Åber ein kugelfÉrmiges StÅck Weltraum von hundert oder mehr Kilometern. Ringsherum die Dunkelheit des Alls, durchsetzt mit Millionen von Sternen. Einer davon war die heimatliche Sonne, das Ziel dieser Schiffe. Sie unterschied sich nicht von den andeàren Lichtpunkten, aber fÅr fÅnfzehn MÜnner nahm sie den Charakter eines Symbols an. Dorthin muÄten sie, diesen Stern muÄten sie erreichen. Alles andere schied aus. Sie hatten sich einander vorgestellt, und Edmond Pontonac hatte jetzt eine Vorstellung davon, daÄ es in allen anderen Schiffen, die sich im Raum befanden, so oder noch schlimmer aussah als in seinem eigenen Schiff. Gespannt und unruhig wartete er darauf, daÄ die PROTEUS Fahrt aufnahm. ÑPROTEUS an alle!Ö sagte Leppa. ÑIch fange an. Ich setze mich an die Spitze und nehme die TARA QUEEN in Schlepp.Ö Der Kommandant der TARA bestÜtigte mÅde: ÑEinverstanden.Ö
In der Zwischenzeit hatte Pontonac seine MÜnner beruhigt, hatte mit ihnen gespielt und ihnen Essen gegeben. Sie hatten zwÉlf Stunden lang geschlafen, dank der starken Schlafmittel im Essen. Es waren die letzten VorrÜte aus der Bordapotheke gewesen. Jetzt blieb Edmond nur noch die Waffe, wenn er fÅr Ruhe an Bord sorgen muÄte. Dieser Zeitpunkt sollte auf andere Art und Weise kommen, als er es sich vorstellen konnte. ÑStart!Ö Das grÉÄte Schiff des Pulks bewegte sich. Die Partikeltriebwerke feuerten kurz, dann erfolgten einige Richtungskorrekturen, und die FÅnfhundert-Meter-Kugel mit dem charakteristischen Ringwulst glitt langsam an den anderen Schiffen vorbei. Einige Minuten vergingen, wÜhrend Pontonac gebannt auf seine schlecht funktionierenden Bild schirme sah. Dann bremste der Mann, der das Steuern eines Raumschiffes mit Hilfe des Handbuchs gelernt hatte, stark ab. Etwas zu stark, also muÄte er wieder durch Schub auf der Gegenseite korrigieren. Dann, nach einer kleinen Kurve, befand sich das Schiff vor dem nÜchstgrÉÄten Raumschiff, der TARA QUEEN. Pontonacs Finger legten sich hart um die Lehnen des Sessels. Obwohl er tief geschlafen hatte, war er nervÉs und wuÄte aus Erfahrung, was bei diesen sechzehn ManÉvern alles schiefgehen konnte. Er kannte die Schwierigkeiten, die ein Laie wie Leppa haben muÄte. Aber Leppa hielt sich ausgezeichnet. Der Mann in der modischen, schwarzen Lederjacke sagte ins Mikrophon: ÑPROTEUS hier. Ich rufe die TARA.Ö ÑSie werden gehÉrt, Leppa. Was haben Sie vor?Ö Leppa berichtete bedrÅckt. ÑUnsere Schiffe treiben jetzt ohne Fahrt voreinander. Ich gehe in die Schaltzentrale der Traktorstrahlprojektoren und versuche, Ihr Schiff etwa einhundert Meter weit von meiner Bordwand entfernt festzulegen. Klar?Ö ÑKlar.Ö ÑVerbinden Sie Ihr NebenfunkgerÜt mit der Zentrale, in der Zentrale finden Sie die entsprechenden SchaltknÉpfe. Sie kÉnnen die ManÉver meines Schiffes auf dem Bildschirm beobachten. Nehmen Sie die blau beschrifteten SchaltknÉpfe. Darunter befinden sich ...Ö
Leppas Stimme verriet die Anspannung, in der sich dieser Mann bewegte. Er wuÄte, daÄ von seinem richtigen Handeln viel, wenn nicht alles abhing. Mehr als zweitausend Menschenleben waren es in diesem konkreten Fall. ÑDanke. Ich habe schon verstanden.Ö Dann folgte eine Pause, die genau fÅnfundzwanzig Minuten dauerte. Edmond hatte den Aufbau eines der Schiffe des DARAGILGAMA-Typs im Kopf und wuÄte, daÄ Davyd Leppa jetzt die Zentrale verlieÄ, durch die Schiffskorridore lief und den Raum der Traktorstrahlprojektoren betrat. Dort waren Hauptschalter zu betÜtigen, Nebenschaltungen, Funkleitungen und die Zieloptik des Strahles selbst. Vermutlich muÄte Leppa im Handbuch nachschlagen, das aus der linken Jackentasche des Mannes hervorsah. Endlich meldete sich Leppa wieder. ÑPROTEUS ruft TARA.Ö ÑTARA hier. Alles klar?Ö Leppa sagte schwer atmend: ÑIch richte jetzt den Strahl genau ins Zentrum Ihres Schiffes, Kommandant Teerpa.Ö ÑVerstanden.Ö Atemlos sah Edmond zu, wie sich nach kurzer Zeit die Wirkung der Anziehungskraft zeigte. Beide Schiffe trieben langsam aufeinander zu, als wÅrde man zwischen ihnen eine unsichtbare Trosse gespannt haben, die von einer Winde gedreht wurde. Wieder vergingen Minuten voller Spannung. Die Entfernung zwischen der TARA und der PROTEUS schrumpfte zusammen. Pontonac Éffnete den Mund, um Åber Funk etwas zu sagen, aber er besann sich anders. Es war wenig sinnvoll, Leppa zu stÉren. FÅnfhundert Meter... Dreihundert Meter... Dann sagte Leppa stockend: ÑIch schalte ab und arretiere den Strahl. Nach meinen Instrumenten ... Entfernung stimmt.Ö ÑVerstanden, Leppa. Jetzt komme ich an die Reihe, nicht wahr?Ö ÑJa.Ö Zwei Schiffe waren jetzt mit einer unsichtbaren Fessel verbunden. Die Raumschiffe hatten alle ihre Schutzschirme ausgeschaltet, weil erstens ihre Erzeugung sehr viel Energie verschlang und die Maschinen beanspruchte, Pontonacs Schiff war auÄerdem in einem
derart desolaten Zustand, daÄ er es nicht einmal in Momenten der unmittelbaren Gefahr gewagt hÜtte, den Schutzschirm einzuschalten. Jetzt sah er zu, wie die TARA QUEEN versuchte, ihrerseits das nÜchste Schiff mit dem Traktor strahl heranzuziehen. WÜhrend Kommandant Teerpa schaltete und sich mit der G. JARRING unterhielt, sagte Leppa mÅde: ÑEdmond ... Sie haben die denkbar schlechte Aufgabe, mit Ihrem Traktorstrahl das kleine Schiff mit der betÜubten Mannschaft abzuschleppen. Sie stehen in gÅnstiger Position, und Ihnen muÄ ich dieses schwierige ManÉver anvertrauen, weil wir nur drei wirkliche Fachleute unter uns haben.Ö Edmond winkte ab; das konnte er ohne weiteres leisten. ÑWird gemacht, Leppa. Mann, freue ich mich schon auf Terrania City! Wir werden erst einmal ausschlafen, dann besaufen wir uns gemeinsam bis zur BewuÄtlosigkeit!Ö Leppa bemerkte trocken: ÑSofern wir auf Terra dazu Gelegenheit haben. Dort herrscht ein ebensolches Chaos wie hier an Bord. Bis wir fertig werden, vergeht sicher noch ein Tag.Ö ÑSicher. Ich kÅmmere mich wieder um meine Leute.Ö ÑIch auch.Ö WÜhrend die TARA versuchte, die G. JARRING an sich heranzuziehen, verlieÄ Pontonac die Zentrale und machte einen langen Rundgang durchs Schiff. Er versorgte die Kaninchen, schaltete zwei Roboter ab, die von den spielenden MÜnnern aktiviert und mit gelber Farbe angesprÅht worden waren, gab den Schweinen, die noch Åbrig waren, Futter und Wasser. áberall wurde er aufgehalten. Die MÜnner zeigten ihm stolz die Zeichnungen auf den KorridorwÜnden, ihre Bastelarbeiten, und einer las ihm einige SÜtze aus ÑMoby DickÖ vor. Ausgerechnet! sagte sich Edmond. Ausgerechnet die Story von KÅpten Ahab und dem weiÄen Wal. Er trank Kaffee und schlief unmittelbar darauf zwei Stunden, wÜhrend sich der Verband der aneinanderhÜngenden Schiffe um drei Einheiten vergrÉÄerte. Am Ende dieses dritten Tages, zwÉlf Lichtjahre vor der rettenden Erde, bestand der Konvoi aus insgesamt neun Schiffen. Sieben andere Einheiten trieben noch weit verteilt hinter der fast gerade ausgerichteten Perlenschnur - von der Erde aus gesehen.
Edmond Pontonac war der erste, der das Energieecho auf dem Ortungsschirm bemerkte. Etwas nÜherte sich dem Konvoi. Pontonac schaltete schnell. Er drÅckte die Funktaste und rief: ÑGIORDANO BRUNO an alle! Aus dem GrÅnsektor meiner Bild schirme nÜhert sich ein FlugkÉrper unserem Konvoi. Geschwindigkeit: acht Zehntel Licht. Er kommt von schrÜg vom auf die Spitze des Konvois zu.Ö ÑPROTEUS. Ich habe verstanden. Wartet einige Sekunden, ich gehe in die Ortungsabteilung!Ö Dies war ein Marsch von dreihundert Metern, und schlieÄlich sagte Leppa aufgeregt: ÑIch habe die VergrÉÄerungen. Jetzt bremst er ab. Hier, Edmond, das Bild!Ö Er schickte die VergrÉÄerung Åber den offiziellen Flottenfunkkanal. Pontonac betrachtete verblÅfft den drei Quadratmeter groÄen, unruhig flackernden Bildschirm. Eine dunkle Ahnung Åberkam ihn, dieser Gegenstand, den er noch nie in seinem Leben gesehen hatte, schien Gefahr geradezu auszustrahlen. ÑWas ist das, Leppa?Ö fragte er. ÑKennen Sie ein solches Objekt?Ö ÑNein, aber ich vermute ...Ö Leppa machte eine lange, beredte Pause. Das gestochen scharfe Bild lieferte fÅr die Dauer von vier Sekunden eine wertvolle Information. Dann zogen wieder StÉrungsstreifen Åber den Schirm, und die Helligkeit nahm stÜndig ab und zu. Edmond hatte etwas gesehen, das wie ein nÜher kommender Rochen aussah. Ein Stachelrochen, der sich drehte, jetzt aber rÅckwÜrts ÑschwammÖ, den langen Peitschenschwanz steil und nadelfÉrmig nach vom gerichtet. Ein vergleichsweise walzenfÉrmiger, spindelfÉrmig zulaufender KÉrper mit zwei dreieckigen Schwingen. Ein tÉdlicher Metallfisch, der jetzt die Geschwindigkeit verringerte und auf Kollisionskurs nÜher kam. Das Bild sprengte mit seinen Umrissen den Schirm, und Leppa schaltete auf die nÜchstkleinere VergrÉÄerung um. Dann sagte er leise: ÑDas muÄ einer der Manipulatoren sein, von denen in den FunksprÅchen die Rede war.Ö Jetzt erinnerte sich Edmond Pontonac, er hatte diesen Begriff mehrfach gehÉrt, aber ihm eine andere Bedeutung unterlegt. Er
dachte an Wesen oder an Menschen, die etwas manipulierten ... jedenfalls hatte er niemals an einen RaumflugkÉrper mit dieser unbekannten und untypischen Form gedacht. Aber ... wenn jener Schwarm aus einer anderen Galaxis kam, dann waren auch die Formen seiner Kulturen wesentlich anders. ÑEin Manipulator!Ö sagte er. ÑWas ist die Folge?Ö ÑPontonacÖ, schrie jemand Åber Funk, Ñdas sind die Schiffe, von denen die Verdummung ausgeht!Ö Jetzt wuÄte er es. ÑLeppa - was werden wir unternehmen?Ö ÑEr ist allein. Wir lassen ihn nahe genug herankommen, dann versuchen wir, ihn abzuschieÄen.Ö Pontonac nickte. ÑVielleicht erhalten wir dadurch eine Frist, innerhalb der wir uns von hier entfernen kÉnnen. Ich versuche, meine Transformkanone abzufeuern.Ö ÑGut. Versuchen wir es.Ö Pontonac war bereits aus der Zentrale drauÄen, rannte durch das Schiff und stieÄ seine MÜnner zur Seite. Er schloÄ mit fliegenden Fingern das Schott zum Feuerleitstand auf, versperrte es hinter sich und dachte eine Sekunde lang daran, daÄ jetzt die Zentrale offen war. Er schaltete fieberhaft die Anlage ein, blickte auf den Spezialschirm der Zielerfassung und lud ein leichtes Projektil, wegen der geringen Entfernung. Dann bewegte er die Hebel und richtete das Fadenkreuz des GeschÅtzes auf den nÜher kommenden FlugkÉrper ein. Die positronischen GerÜte arbeiteten einàwandfrei, aber das GeschÅtz war weder neu noch gepflegt. AuÄerdem hatten in den ersten Tagen des Fluges die MÜnner damit herumgespielt. Das UmriÄbild wurde deutlich. ÑVielleicht schaffen wir es noch ...Ö, sagte Pontonac voller Hoffnung. Er wartete und verfolgte den heranschieÄenden Manipulator mit dem ZielgerÜt der Transformkanone. Die Form dieses Raumschiffes war wirklich ungewÉhnlich, und jetzt bremste das Schiff ab, etwa dreiÄig, vierzig Kilometer entfernt. Der lange Stachel an der Vorderseite bewegte sich und tastete wie ein Tentakel durch den Raum, deutete auf die Gruppe der aneinanderhÜngenden Schiffe. Pontonac wuÄte es nicht, aber je lÜnger er das Verhalten dieses FlugkÉrpers
studierte, desto mehr kam er zu der áberzeugung, daÄ der Manipulator robotisch war oder ferngesteuert. Aus einem Lautsprecher kam die Durchsage Leppas. ÑDie Triebwerke sind ausgeschaltet worden, der Manipulator treibt schnell nÜher.Ö ÑVerstanden. Warten Sie noch, Davyd?Ö fragte Edmond gespannt. ÑJa. Je nÜher, desto besser.Ö Beide GeschÅtze zielten auf den nÜher kommenden Manipulator. Der Stachel des Rochens bewegte sich jetzt schneller und schien nach den Schiffen greifen zu wollen. Vermutlich flutete aus einem Projektor dieses Stachels jene Strahlung, von der man wuÄte, daÄ sie fÅr die Verdummung verantwortlich war - einer der Kommandanten besaÄ diese Information und hatte sie weitergegeben. Pontonac wartete weiter. SchweiÄ lief von seiner Stirn. Seine HandflÜchen, die an den Griffen der Steuerung lagen, waren feucht. Er flÅsterte etwas UnverstÜndliches vor sich hin. Was diesen Gegner so unheimlich machte, war, daÄ man ihn nicht kannte. Falls aus dem Tentakel, aus der wild schlagenden Nadel, jene verdummende Strahlung kam, wÅrde sie nichts bewirken, denn die MÜnner in den Schiffen waren bereits ihrer Intelligenz beraubt. Und den Geretteten machte es nichts mehr aus. Sie waren immun. Leppa sagte, als das Schiff nur noch hunderttausend Meter entfernt war: ÑJetzt!Ö Fast gleichzeitig feuerten Leppa und Pontonac. Die Transformkanonen erzeugten in den Schiffszellen laute, hallende GerÜusche, und dicht vor Pontonac schlug ein meterlanger Funke durch, traf die Wand, und dann rauchte es aus einer AbzugsÉffnung. Der Zielschirm fiel aus, und sÜmtliche Zeiger fielen plÉtzlich auf Null zurÅck. Das GeschÅtz hatte nach dem ersten SchuÄ versagt, hatte sich zerstÉrt. Pontonac schaltete die Energie zufuhr ab, schloÄ das Schott auf und wieder zu und rannte in die Zentrale zurÅck. Aus dem FunkgerÜt drangen die aufgeregten Stimmen der MÜnner, die diese Treffer mit beobachtet hatten. ÑAusgezeichnet. Beide SchÅsse haben getroffen.Ö
Dann beobachtete Pontonac die Schirme. Die Geschwindigkeit des Objektes hatte sich nicht verringert, aber an beiden Seiten des Rumpfes, dort, wo er in die dreieckigen TragflÜchen Åberging, klafften LÉcher und hingen verdrehte, ausgeglÅhte Fetzen der HÅlle nach auÄen. Die Bewegung des Stachels hatte aufgehÉrt. ÑGratuliere, Davyd!Ö sagte Edmond halblaut. Sie hatten wirklich die Bomben mit der geringsten Sprengkraft abgestrahlt, sonst gÜbe es keinen Rochenraumer mehr - aber vielleicht auch keinen Treck aus Kugelschiffen. Aber die Gefahr war noch nicht vorÅber. Der Manipulator drehte sich um die LÜngsachse und kam nÜher, genau auf die VARIUS zu. Kollisionskurs? Pontonac kniff die Augen zusammen und versuchte, den Kurs des Objektes genau abzuschÜtzen. Die VARIUS, ein zweihundert Meter durchmessendes Schiff, befand sich genau in der Flugbahn. Und dann ging alles viel zu schnell. Der Manipulator schlug schwer gegen den Triebwerkswulst des Schiffes, wurde abgelenkt und drehte sich Åber zwei Achsen. Das andere Schiff wurde durchgeschÅttelt, und ein Teil der Verkleidung war aufgerissen worden, aber die SchÜden sahen hier, auf den Schirmen, nicht besonders schwer aus. Der Manipulator war langsamer geworden und krachte nach einigen Minuten hart gegen das Schiff, in dem die eingeschlÜferten MÜnner saÄen. Dadurch wurde der Rest kinetischer Energie aufgezehrt, und nur ganz langsam trieb das fremde Objekt von dem jetzt schon an zwei Stellen angeschlagenen und eingedrÅckten kleinen Kugelschiff weg. Leppa meldete sich: ÑWir sollten machen, daÄ wir wegkommen, Freunde. Fahren wir mit unseren ManÉvern fort, ja?Ö ÑVerstanden.Ö Die Kommandanten der acht anderen Schiffe hatten im Augenblick nichts zu tun und konnten sich wieder ums Innere ihrer Raumer kÅmmern. Und zwischen den noch nicht in den Verband eingegliederten Einheiten schwebte der Manipulator. Wie ein Ding aus einem anderen Kosmos, in dem unbegreifliche Gefahren lauerten. Edmond Pontonac blickte auf die Schirme der Panoramagalerie und schaute den FlugkÉrper an. Er wuÄte nicht, was jetzt geschehen
sollte. Er wartete kurze Zeit und beobachtete, wie sich die Linie der Schiffe um weitere zwei Einheiten vergrÉÄerte, dann sagte er ins FunkgerÜt: ÑIch rufe die BARRACUDA, Kommandant Lerinck!Ö Er muÄte einige Minuten warten, dann meldete sich Lerinck und fragte: ÑWer spricht?Ö ÑPontonac in der GIORDANO. Ist Ihr Traktorstrahlprojektor in Ordnung?Ö Lerinck zÉgerte etwas, dann sagte er aber: ÑIch denke schon. Was haben Sie vor, Kommandant?Ö Edmond spÅrte aus der Stimme des Mannes ZÉgern und Unsicherheit heraus, aber das war in Anbetracht der gefÜhrlichen Situation kein Wunder. Sie alle waren unsicher und fÅrchteten sich vor dem, was kommen konnte. Der Manipulator hatte zweifellos Meldung erstattet, und viel leicht muÄte man schon in den nÜchsten Minuten mit einer Aktion des geheimnisvollen Gegners rechnen. ÑHat jemand von Ihnen schon einmal einen solchen Manipulator gesehen?Ö fragte Pontonac. ÑNein, niemand!Ö Edmond fÅhlte, wie sein Herz rasend schnell zu schlagen begann. Dies konnte zu einer einmaligen Chance fÅr sie alle werden und fÅr die Menschheit. Wenn aus einem unbekannten Feind einer wurde, den man kannte, Åber dessen technische MÉglichkeiten man Bescheid wuÄte, dann war dies ein unschÜtzbarer Vorteil. Wenn es gelang ... Er dachte diese áberlegung nicht bis zum Ende durch und konzentrierte sich auf das Naheliegende. ÑEs hat dann also auch noch niemand einen Manipulator betreten und versucht, dessen Wirkungsweise festzustellen?Ö ÑKeiner von uns hier, Edmond, und wenn ich die aufgefangenen FunksprÅche richtig deute, dann wissen die meisten Immunen nicht einmal, daÄ ein solcher Raumschiffstyp Åberhaupt existiert.Ö Edmond fragte weiter: ÑKÉnnen Sie mit dem Traktorstrahlprojektor gut umgehen?Ö ÑIch denke schonÖ, meinte Lerinck. ÑTrauen Sie sich zu, dieses Objekt heranzuziehen und an einem Schiff, meinetwegen an der BARRACUDA, festzuhalten?Ö
Lerinck begriff, worauf Pontonac hinauswollte. ÑSie meinen, daÄ wir den Manipulator zur Erde mitnehmen sollen?Ö Edmond sagte hart: ÑGenau das meine ich. Falls aber vorher die anderen Manipulatoren kommen und ihrem Genossen helfen wollen, so wÜre das fatal.Ö Lerincks Stimme nahm einen beschwÉrenden, eindringlichen Charakter an. Er fragte hartnÜckig: ÑWas haben Sie vor, Edmond?Ö ÑIch werde versuchen, den Manipulator zu betreten und soviel Informationen zu bekommen, wie es mir mÉglich ist.Ö KopfschÅttelnd schwieg Lerinck. Er kannte Pontonac aus der Zeit, in der Edmond noch der Leiter des Saturnmondes Titan gewesen war. Diesem Mann war alles zuzutrauen.
19. Was er jetzt unternahm, muÄte er ganz allein tun. Niemand war in der Lage, ihm zu helfen; abgesehen von vierzehn anderen MÜnnern wÅrde ihn jedes andere Wesen in diesem Bezirk des Alls nur stÉren. Edmond Pontonac sah sich in der Zentrale um und dachte nach. Er muÄte sehr Åberlegt vorgehen. Kein Detail durfte vergessen werden. Der Raumanzug. Er hatte ihn durchgetestet und ausgerÅstet, und der Anzug war in Ordnung. ÑAber da sind noch gewisse DetailsÖ, fiel ihm ein. Zuerst ging er hinunter in den Raum, von dem aus die gesamte Luftversorgung des Schiffes kontrolliert werden konnte. Wie durch ein Wunder hatte keiner seiner MÜnner hier gespielt oder irgendwelche KnÉpfe und Schalter gedrÅckt; die Anlage funktionierte noch ausgezeichnet. Abgesehen davon, daÄ es hier nach Schweinen und verfaulendem Fleisch stank. Edmond schloÄ ein Fach auf und nahm einen flachen Kanister heraus - es war der letzte, den er besaÄ. Er schob den Kanister zwischen Halteklemmen, schraubte einen dicken, flexiblen Schlauch an die åffnung, und schloÄ den Hahn, der den Schlauch mit der Aufbereitungsanlage verband. Dann dreh-
te er das Ventil des Kanisters auf. Das Gas konnte jetzt in den Schlauch strÉmen. Edmond verband den Hahn mit einer Schaltung, die er oben in der Zentrale aktiviert hatte. DrÅckte er dort auf einen Knopf, wÅrde das Gas in den Luftkreislauf des Schiffes strÉmen. Edmond versperrte sorgfÜltig das Schott und ging weiter in eines der unaufgerÜumten Magazine hinein. Er nahm einen schweren, zweihÜndig zu benutzenden Desintegrator aus dem Waffenschrank, lud ihn neu und steckte eine zweite Energiezelle ein. Eine zweite Hochleistungsbatterie wurde in einen schweren Handscheinwerfer gesteckt, der Scheinwerfer probiert. Nur die Batterien fÅr seinen eigenen Bewegungsmechanismus machten ihm Sorgen. Er besaÄ nur noch zwei oder drei SÜtze und einige alte Batterien, die aber fast leer waren. Im Augenblick reichte die Reserve, die er in verborgenen FÜchern in seinen Oberschenkeln trug, noch aus. Er belud sich mit seiner AusrÅstung und ging zurÅck in die Zentrale. Langsam zog er den Raumanzug an, dann schnallte er sich das kleine Triebwerk auf den RÅcken, testete es kurz und steckte den Scheinwerfer an den GÅrtel, hÜngte das Seil ein, befestigte die schwere Waffe und zog die Handschuhe an. Er nahm den Helm unter den Arm und stellte sich vor die Linsen der Aufnahmeapparatur. ÑBARRACUDAÖ, sagte er. ÑIch versuche jetzt, den Manipulator zu entern.Ö Kommandant Lerinck kam auf den Schirm und fragte: ÑUnd was tun Sie mit Ihren Leuten?Ö ÑIch sorge dafÅr, daÄ sie sich ruhig verhaltenÖ, entgegnete Pontonac grimmig. Er hob die Hand, ging zum Pult und drÅckte den Schalter hinunter. Im Kontrollraum fÅr die LuftumwÜlzanlage begann das Narkosegas in den Luftstrom zu sickern. Pontonac setzte sich den Helm auf, schaltete die Anzugsversorgung ein und verlieÄ die Zentrale. ÑDas wird schwierig werdenÖ, meinte er und aktivierte das HelmfunkgerÜt. Es lief Åber die Flottenwelle, und er konnte jederzeit um Hilfe nachsuchen. Ob er sie erhielt, war indes fraglich.
Pontonac ging in seine Kabine und holte die Kamera heraus; ein recht eckiges Ding mit eingebautem Minicomputer fÅr Blende und Belichtung und der Blitzlichteinrichtung fÅr Dauerbetrieb. Er befestigte sie an seinem linken Oberarm und ging zur nÜchsten kleineren Schleuse. ÑVielleicht schaffe ich es!Ö sprach er sich selbst Mut zu. Das kleinere Schott schloÄ sich hinter ihm. Edmond schaltete alle Lichter ein, um nachher, wenn er zurÅckkam, das Schiff schneller zu finden und beim Einsteigen nicht erst lange suchen zu mÅssen. Dann rollte das AuÄenschott auf. Pontonac hatte vor sich den schwarzen Weltraum. Suchend bewegte er die Augen, und das GerÜusch seines eigenen Atems im Raumanzug kam ihm auf einmal fremd und ungewohnt vor. Dort drÅben war das kleine Schiff, und links davon, von seiner gegenwÜrtigen Lage aus gesehen, befand sich der Manipulator. Pontonac schaltete das kleine Triebwerk ein und warf sich nach vorn. Er regulierte die AntriebsstÜrke ein und steuerte vorsichtig auf den Manipulator zu. Dieses ÑDingÖ drehte sich noch immer langsam im Kreis, nur der lange Stachel, der sich tentakelÜhnlich bewegt hatte, blieb gekrÅmmt und starr. Pontonac nÜherte sich dem spitzen Teil der TragflÜche oder des Teiles, der wie eine TragflÜche aussah. Er war ganz allein. Er bemÅhte sich, seine Fluglage nicht zu verÜndern, zog die Beine leicht an und schaltete dann das Triebwerk aus. Im freien Fall flog er weiter. Die schwach von den Sternen beleuchteten Formen des Schiffes tauchten vor ihm auf, und er sah, als er den Scheinwerfer einschaltete und langsam bewegte, unter sich die stumpfschimmernde FlÜche der Metallmasse. Direkt vor Pontonac klaffte im harten Licht des Scheinwerfers das Loch, das eine der Transformbomben gerissen hatte. ÑVorsichtig nÜher gehenÖ, sagte er sich. Er gab kurzen Gegenschub, stemmte die Beine geradeaus und prallte leicht gegen die AuÄenhÅlle. Er nahm den Scheinwerfer in die rechte Hand, schwang sich, indem er sich an einem zerrissenen StÅck Material festhielt, zurÅck nach links. Der Strahl der Lampe glitt Åber die aufgerissene FlÜche zwischen dem KÉrper und der TragflÜche des Schiffes. Edmond sah den run-
den, weiÄen Kreis Åber aufgebogene Tragelemente huschen, Åber geschmolzene Materialien, und zum erstenmal glaubte Edmond zu bemerken, daÄ er sich hier nicht vor Metall befand, sondern vor einem Material, dessen physikalische Eigenschaften er nicht kannte. Aber sie mÇssen so Åhnlich wie die hochwertiger Metalle sein, dachte er. An dieser Stelle, das sah er ziemlich bald ein, kam er nicht in dieses rÜtselhafte Schiff hinein. Zerschmolzenes und zerfetztes Material und geborstene TrÜger versperrten ihm den Weg. Er berÅhrte gerade mit den Raumstiefeln die Trennlinie zwischen SchiffskÉrper und FlÅgel, ging leicht in die Knie und stieÄ sich ab. In einem weit ausholenden Kreis flog er einmal um die Mitte des langgezogenen Rumpfes herum und kam zum anderen Loch. Es war wesentlich grÉÄer, vermutlich der Treffer der PROTEUS. ÑSieht ziemlich schlecht aus!Ö sagte er. Eine ferne Stimme erreichte ihn. Es war Leppa. ÑSagten Sie etwas, Sie Risikoraumfahrer?Ö Edmond erklÜrte grinsend: ÑIhr SchuÄ hat offensichtlich gut getroffen. Das Schiff ist restlos demoliert.Ö ÑWar meine Absicht. Was wollen Sie tun?Ö Pontonacs Scheinwerfer bestrich die OberflÜche des Rochens. Edmond drehte sich langsam in der Dunkelheit, zwanzig Meter war er jetzt von dem Fremden entfernt. ÑIch suche einen Eingang!Ö ÑViel GlÅck!Ö ÑDanke. Kann ich brauchen.Ö Pontonac verwendete eine halbe Stunde und lÜnger darauf, einen Ein stieg zu finden. SchlieÄlich, nachdem er fast die gesamte OberflÜche des Rochens abgesucht hatte, entdeckte er eine Schleuse. ÑIch hab's!Ö sagte Pontonac. ÑGratuliere!Ö kommentierte Leppa. ÑKommen Sie hinein?Ö ÑNotfalls mit Gewalt!Ö ÑWie ist Ihr Luftvorrat?Ö ÑEr reicht aus!Ö Edmond Pontonac zÅndete kurz sein Triebwerk und nÜherte sich der leicht konvex gekrÅmmten Klappe. Sie hatte etwa fÅnf Meter
Durchmesser. Es waren keinerlei Griffe oder Schalter zu sehen, was Pontonacs Verdacht bestÜtigte, dieses Schiff sei robotisch. Der Tentakel war schÜtzungsweise fÅnfundsiebzig Meter lang und bildete jetzt eine Art Fragezeichen. Pontonac hatte åffnungen sehen kÉnnen, die wahrscheinlich die Aussparungen fÅr die Triebwerke waren. WÜhrend er an den Rumpf herantrieb, versuchte er die LÜnge dieses Raumfahrzeugs abzuschÜtzen. Er kam auf etwa hundertfÅnfzig Meter, die Breite betrug schÜtzungsweise ebensoviel. An verschiedenen Stellen des rochenartigen KÉrpers waren ihm halb runde warzenÜhnliche Kuppeln von goldgelber Farbe aufgefallen. Mit einiger Sicherheit entsprachen sie eingebauten Linsensystemen. Pontonac berÅhrte die AuÄenhÅlle, stieÄ sich mit den FuÄspitzen ab und trieb jetzt wenige Meter vor dem Schott. Langsam bewegte er seine Lampe. Der Lichtkreis glitt Åber die schmale Rille in der glatten FlÜche, aber es gab keine Klappe, keinen Griff, keinen Schalter. ÑMerkwÅrdig ...Ö Eine menschliche oder wie auch immer geartete Besatzung hÜtte eine MÉglichkeit haben mÅssen, das Schiff zu betreten. Vermutlich wurde das Schott oder die Luke durch einen Funkbefehl geÉffnet. Pontonac war jetzt etwas ruhiger, aber er rechnete nach wie vor mit áberraschungen. FÅr einen Augenblick wurde er abgelenkt, gerade als er den Scheinwerfer abschaltete und ihn mit dem elastischen Band wieder am Oberarm befestigte. Licht kam aus dem Bezirk jenseits des Manipulators. Ein weiteres Schiff hatte seine Triebwerke gezÅndet und gliederte sich in den Verband ein. Jetzt waren nur noch drei Schiffe frei schwebend. Das kleine Kugel schiff, die BARRACUDA und die GIORDANO BRUNO JUNIOR! Die anderen Raumschiffe wirkten tatsÜchlich wie eine Schnur von Perlen in unregelmÜÄigen GrÉÄen. Dann erlosch das Feuer der PartikelstrÉme wie der, und Edmond nahm vorsichtig die schwere Waffe von den Schultern. Er entsicherte den Desintegrator, drehte ihn herum und setzte ihn an seiner rechten HÅfte an. Dann zielte er auf die Vertiefung und drÅckte den AuslÉseknopf.
Der Strahl der vernichtenden Waffe fraÄ sich wie ein Schneidbrenner durch das Material. Es schmolz in breiten Bahnen weg, und hinter der breiten Spur wurden die Umrisse von technischen Einrichtungen sichtbar. Sie lÉsten sich ebenso auf wie das Material der SchiffshÅlle. Pontonacs Verdacht, daÄ es sich hierbei nicht um Metall handelte, wurde nunmehr zur GewiÄheit. Er hatte schon sehr hÜufig Desintegratoren gegen Metall gerichtet - dieses Material verhielt sich in der ZerstÉrung wesentlich anders. Der Spurstrahl fraÄ sich tiefer, die Rille verbreiterte sich. Die Platte hatte plÉtzlich ausgefranste, verbogene RÜnder. Pontonac hÉrte zu feuern auf, stabilisierte durch KÉrperdrehungen und durch das Einschalten seines Triebwerkes seine Position und schoÄ dann weiter. Langsam umrundete er die Konturen der SchleusentÅr. Eine Minute spÜter war die Ladung erschÉpft. Vermutlich lagerten die Hochleistungszellen schon seit dem Zeitpunkt, da das Schiff vor Jahren die Werft verlassen hatte. ÑVerdammt! Jetzt auch noch im schwerelosen Zustand nachladen!Ö stÉhnte Pontonac. Sekunden spÜter, als er das alte Magazin herausgeholt und mit einer kurzen Handbewegung weggeschoben hatte, meldete sich wieder Kommandant Lerinck. ÑProbleme, Edmond? Soll ich helfen?Ö ÑNeinÖ, sagte Edmond. ÑIch muÄ nur ein Energiemagazin auswechseln. Ich komme schon klar.Ö ÑVerstanden.Ö Er bewegte sich langsam um seine Achse, als er das Magazin hervor holte, festhielt und dann einsetzte. Dann brachte er sich wieder in Position. ÑEs geht weiter. Irgendwie werden wir den Manipulatoren schon auf die Spur kommen!Ö meinte er, jetzt seiner stÜndig ausgeglichenen GemÅtsverfassung wesentlich nÜher als vor Tagen. Er drÅckte den AuslÉser, und wieder fraÄ sich der Desintegratorstrahl lautlos in das Material. Auch das letzte Drittel wurde aufgelÉst, der Spalt breitete sich aus, die RÜnder zerschmolzen. Alles lÉste sich auf und zog wie ein leichter Nebel davon durch das Licht
des Scheinwerfers. Dann merkte Pontonac, daÄ die Luke nur noch leicht in dem zerstÉrten Rahmen hing. ÑWie komme ich hinein?Ö fragte er sich. Das war die Frage. Die anderen Kommandanten meldeten sich nicht, sie wuÄten, daÄ dies nur SelbstgesprÜche waren, mit denen Pontonac seine Nerven beruhigte. Er nÜherte sich dem Rand, klammerte sich fest und stemmte den Lauf der Waffe zwischen die beiden FlÜchen. Er sicherte sich mit einer Hand und beiden FÅÄen und benutzte die Waffe als Hebel. Da sowohl das Schiff als auch die Schleusenplatte schwerelos waren, bewegte sich der kreisfÉrmige Ausschnitt. Er bewegte sich stÜrker und hob sich endlich aus der Aussparung hervor. Pontonac lieÄ die Waffe los, sicherte sich mit dem linken Arm und verwendete seinen rechten, stÜhlernen Arm dazu, die Platte zu kanten. Er zwÜngte die Finger um eine Kante und spannte seine elektromagnetischen Muskeln an, dann zog er krÜftig. Langsam bewegte sie sich ihm entgegen und an ihm vorbei. Er atmete tief ein und gab der Platte einen StoÄ. Sie drehte sich etwas, schlug hart gegen den zerschossenen Rahmen und kippte dann zeitlupenhaft langsam aus dem Bereich des Scheinwerfers. ÑEndlich!Ö sagte er laut. Er hielt sich fest, lieÄ die Waffe los. Sie segelte lautlos der Platte nach. Dann stand Edmond Pontonac auf dem Boden der Schleuse. Er bemerkte, daÄ es keine innere SchleusentÅr gab. Vorsichtig zog er sich nach vorn, richtete den Lichtkegel nach unten und tastete sich weiter. Er schwebte langsam tiefer in das Schiff hinein. Meter um Meter ging es weiter. ÑPontonac?Ö fragte Leppa laut und alarmiert. Sein Schiff befand sich in einer Position, die es ihm nicht gestattete, zu sehen, wie Pontonac eindrang. ÑHier. Ich bin im Schiff, fÅnf Meter weit.Ö ÑAlles klar?Ö ÑIm Augenblick noch ... Achtung!Ö PlÉtzlich schaltete sich das Licht ein. Es war ein hellgrÅnes, stechen des Licht, das aus der Decke und den WÜnden kam und wie Phosphor leuchtete. Edmond konnte keine Lichtquelle feststellen. ÑGefahr?Ö
ÑLicht!Ö antwortete Edmond. ÑAber was fÅr eins!Ö ÑSie sollten sich ein biÄchen beeilenÖ, meinte Leppa. ÑWir warten nur noch auf Ihre Aktionen.Ö ÑGern, sofern mÉglich!Ö bestÜtigte Edmond. ÑAber zuerst sehe ich mir an, was ich gefunden habe. AuÄerdem bin ich mit einer ausgezeichneten Kamera gesegnet.Ö ÑMeinetwegen. Die Erde kann ja warten!Ö ÑMann!Ö sagte Pontonac fast ehrfÅrchtig. ÑIch bin in einem Luxus schiff gelandet. Im Augenblick gibt es hier sogar Schwerkraft.Ö Er wurde langsam zu Boden gezogen. Der Boden befand sich oben. Oben, das bedeutete, daÄ er sich jetzt langsam um seine Querachse drehte und plÉtzlich mit beiden Beinen auf einem glatten, schimmern den Boden stand. Sein Eintreten oder das Passieren von versteckten Lichtschranken hatte die Beleuchtung und das Einsetzen der Schwer kraft eingeschaltet. Edmond Pontonac blieb stehen, schaltete den Scheinwerfer aus und atmete langsam durch. ÑSehr schÉn!Ö Er schaute sich um. Vor und hinter ihm erstreckte sich ein etwa fÅnf Meter breiter und drei Meter hoher Korridor. Boden, WÜnde und Decke waren spiegelglatt wie Glas. Von ihnen strahlte jenes phosphoreszierende, stechendgrÅne Leuchten aus. Der Korridor war lÜnger als hundert Meter, und an seinem Ende sah er eine kleine, entfernt humanoid aussehende Gestalt. Er erschrak. War in diesem Schiff eine lebende Besatzung? Er zog die Handwaffe aus der SchutzhÅlle und wich zur Wand des Korridors zurÅck. Edmond Pontonac war keineswegs ein Mann, dessen Mut sprichwÉrtlich genannt werden konnte. Aber seit dem Tag, an dem er seine Beine verloren hatte, schÜtzte er die Gefahren des Lebens richtiger und kÅhler ein. Er wuÄte, daÄ er sich hier im EinfluÄbereich einer fremden Macht, einer vollstÜndig andersartigen Zivilisation befand. ÑPontonac an Davyd LeppaÖ, sagte er. ÑIch bin im Schiff. Es ist mÉglich, daÄ etwas passiert, was nicht im Programm geplant war. Ich melde mich sofort, wenn ich etwas sehe. Kommandant Lerinck kÉnnte inzwischen versuchen, den Manipulator mit dem Traktorstrahl heranzuziehen.Ö
Leppa sagte laut. ÑIch werde es weitergeben. Machen Sie mÉglichst viele Aufnahmen, Edmond - wir werden sie brauchen!Ö ÑIn Ordnung. Ich hatte nichts anderes vor.Ö Pontonac ging, die entsicherte Waffe in der rechten Hand, langsam auf die dunkle Figur zu. Als er fÅnf Schritte zurÅckgelegt hatte, Éffnete sich rechts neben ihm ein StÅck der Wand, sie wich einfach an beiden Seiten entlang einen Spalt zurÅck. Pontonac erschrak, sprang nach links und riÄ die Waffe hoch. Aber niemand war hinter dem Spalt, der langsam immer breiter wurde. Der Kommandant faÄte sich wieder, nÜherte sich vorsichtig der åffnung und blickte durch die Scheibe des Helmes auf die merkwÅrdige technische Szenerie, die unter dem giftgrÅnen Licht lag. ÑEin Schiff der Wunder!Ö sagte er ironisch. ÑBis jetzt noch immer menschenleer. Oder einfach leer.Ö Er nahm die Kamera vom GÅrtel, schob die SchutzhÅlle zurÅck und steckte die Waffe hinter den GÅrtel. Langsam ging er in den Raum hin ein, der sich hinter der åffnung erstreckte. Die AusmaÄe waren so groÄ, daÄ er glaubte, der Raum wÅrde unmittelbar an die jenseitige Bordwand anstoÄen. Er ging fÅnfzehn Meter geradeaus und sah sich verwundert um. Dann machte er zehn Aufnahmen. Er sah sich einer merkwÅrdigen Einrichtung gegenÅber. Wie ein surrealistisches BÇhnenbild, dachte er. Aus dem glatten Boden erhoben sich, als wÅrden sie daraus hervor wachsen, schrÜge, runde SÜulen. In diesen SÜulen, die wohl aus dem gleichen glasÜhnlichen, grÅnlich leuchtenden Material bestanden, befanden sich schwarze Fensterchen. Neben den SÜulen gab es kleine, wÅrfel fÉrmige Elemente, die scheinbar sinnlos im Raum verteilt waren. Von den WÜnden und der Decke stachen und hingen Dinge herunter, die gewisse âhnlichkeit mit geschwungenen Spitzkegeln hatten. Sie trugen an ihren sehr dÅnnen Spitzen kopfgroÄe, schwarze Kugeln mit verschieden groÄen, verschieden geformten åffnungen. Pontonac hÉrte keinen Laut und spÅrte keinerlei Vibrationen. Er ging langsam in einem Kreis durch den Raum, fertigte weitere Auf nahmen an und kam schlieÄlich zu einer Konstruktion, die den
Boden mit der Decke verband und so aussah, als habe eine Sanduhr zum Vorbild gedient. Von der dÅnnsten Stelle aus spannten sich bogenfÉrmig dicke DrÜhte und verschwanden wieder im Boden, in der Decke oder in diesen kleinen WÅrfeln. Alles leuchtete grÅn. Keinerlei Lichtreflexe, keine Uhren, keine Sitze, keine Schaltpulte. Er ahnte nicht einmal, wozu diese Dinge hier gut waren, was sie bewirkten oder ob sie einfach nur Dekoration darstellen sollten. Aber er verwarf diesen Gedanken sofort wieder. Bei einem Robotschiff, dessen einziger Zweck die Ausbreitung der Verdummungsstrahlung war, hatte eine dekorative Verzierung nichts zu suchen. Andererseits - was dachte ein fremdes Volk? Er konnte es nicht sagen. Pontonac erinnerte sich an die zeitlich begrenzte Wirkung des Narkosegases, an das Vorhaben und spÅrte, als er den Raum verlieÄ, einen schwachen Ruck. Also griff das Feld des Traktorstrahls bereits nach dem Manipulator. Er ging wieder auf den Zentralkorridor hinaus und weiter seinem Ende zu. Nach drei Metern Éffnete sich ein anderer senkrechter Spalt, diesmal auf der linken Seite des Korridors. Edmond erkannte, daÄ er mit seiner SchÜtzung recht gehabt hatte - er sah am Ende dieses Raumes die VeràwÅstungen des Treffers und zwischen den leuchtenden TrÅmmern hin und wieder ein kleines StÅck Weltall. Ausschnitte, durch die zerfetzten Bauelemente sichtbar geworden. ÑDer zweite Saal - ebenfalls unverstÜndliche Formen.Ö ÑVerstanden. Machen Sie mÉglichst viele Aufnahmen. Der Manipulator wird inzwischen an die BARRACUDA herangezerrt.Ö ÑTadellos, Lerinck!Ö lobte Edmond. ÑIch versuche, mich zu beeilen.Ö In diesem Raum gab es nur senkrechte SÜulen, die so dick waren wie BÜume. An ihnen waren schachteifÉrmige Elemente befestigt. Sie verliefen etwa in der HÉhe des RaumanzuggÅrtels und enthielten viele parallel zueinander angeordnete Reihen von dunklen LÉchern. Pontonac streckte seinen Finger aus, zuckte aber zurÅck - er konnte nicht einmal ahnen, was er auslÉsen konnte.
Ein Teil des Saales war restlos zerstÉrt, und aus den TrÅmmern eingedrÅckter, verkrÅmmter und verschobener Elemente ringelten sich viele dÅnne, schwarze FÜden. Es sah wie ein zerstÉrtes Spinnennetz aus. Als Edmond den Raum durchsuchte, fiel ihm eine groÄe, runde åffnung in der Wand auf, die von allen SÜulen aus gleich gut zu sehen war. Als er daran vorbeiging, spiegelte er sich darin. Aber ... er war nicht seitenverkehrt. Der Spiegel verhielt sich vollkommen irrsinnig, wenn Edmond die Hand hob, die rechte, dann hob sein Bild in diesem verwirrenden Zerr spiegel die Hand, die seiner linken Hand gegenÅberlag. Er filmte, wie er sich filmte. Er hob die rechte Hand mit der Kamera, drÅckte den AuslÉser und fÅhrte einen kurzen Schwenk aus. Dann nahm er die zerstÉrten Teile auf und verlieÄ den Saal wieder. Er lief jetzt langsam auf das Ende des Ganges zu und kÅmmerte sich nicht um die Spalten, die sich Éffneten, sobald er eine Kontaktschwelle Åberschritten oder einen unsichtbaren Strahl unterbrochen hatte. Nach einigen Minuten Lauf im Raumanzug, der ihm den SchweiÄ auf die Stirn trieb, war er am Ende des Korridors angekommen. Dann sah er den Gelben GÉtzen. FÅnfmal blitzte die Kamera auf. Edmond Pontonac ging nÜher heran. Es war eine Vollplastik, etwa einen Meter hoch. Sie befand sich auf einem Sockel, der wie ein Altar wirkte. Auch er wuchs aus dem Boden heraus, berÅhrte fast die Kopfwand des Korridors und hÉrte in der HÉhe von Edmonds KnieverstÜrkung auf. Der GÉtze ... Edmond blickte ihn fasziniert an. Sein Atem wurde schneller, und der SchweiÄ trocknete. Die Stirn und die HandflÜchen fÅhlten sich auf einmal eisig kalt an. Edmond stand da, vermochte nicht zu denken und war ganz von dem Anblick gefangen, der sich ihm bot. Der GÉtze ... er hatte annÜhernd humanoide ZÅge. Er kniete auf dem linken Knie und hatte den Unterschenkel hochgezogen. Die drei Zehen der rechten FuÄspitze berÅhrten den Sockel an der Vorderkante, und das rechte Knie trug, fast an die spitze Brust des GÉtzen gepreÄt, einen langen Stachel. Der Stachel
bohrte sich tief in die Brust unterhalb des Halses. Die Arme waren leicht angewinkelt. Edmond zÜhlte insgesamt neun Finger, fÅnf rechts, vier links. Sie waren ausdrucksvoll nach vorn gerichtet und sahen wie die FÜnge eines Raubvogels aus, der sich unmittelbar vor dem Augenblick befand, in dem er sich auf ein Beutetier stÅrzte. Die Fingerspitzen liefen nadel fein aus. Die Adem der Arme traten deutlich als hartes, rundes Netzwerk hervor. Aus der spitzen, bugfÉrmigen Brust wuchs ein dÅnner, kurzer Hals heraus, der einen SchÜdel von seltsamer Eindringlichkeit trug. Fast oval, mit einem sehr spitzen Kinn und groÄen, detailliert naturalistisch ausgeformten Augenpartien. Die Nase war vÉllig gerade und verlief von einem Punkt, wo die Stirn in ein GewÅrm von sich schlÜngelnden, dicken Haaren Åberging, bis knapp Åber den Mund. Der Mund und die Augen ... Es war ein grausamer Mund, irgendwie sinnlich, pervers, mit spitzen ZÜhnen dahinter. Der Mund lieÄ sich in seiner Stellung mit dem eines Psychopathen vergleichen, der sich gerade auf sein Opfer stÅrzt. Gleich zeitig waren zwei groÄe TrÜnen abgebildet, die aus den Augenwinkeln nach unten tropften. ÑIch werde wahnsinnigÖ, keuchte Pontonac. ÑEin GÉtze in einem Robotschiff.Ö Er ging drei Schritte nach links, hob die Kamera und schoÄ nochmals einige Bilder. Der Gelbe GÉtze rÅhrte sich nicht. ÑPhantastisch!Ö Rings um den Kopf des GÉtzen, wie eine Gloriole oder ein Sternenkranz, waren in die grÅnschillernde Wand neun TotenschÜdel eingelassen. Sie wirkten wie eine Halbplastik. Auch sie schienen einer entfernt humanoiden Rasse gehÉrt zu haben, aber wesentliche Merkmale waren anders. Die Kiefer trugen keine ZÜhne, die Nase bestand aus einer geraden Knochenleiste, und ausnahmslos waren diese SchÜdel gespalten. Man muÄte, als diese Wesen noch lebten, ihre SchÜdel mit einem axtÜhnlichen Gegenstand und mit aller Wucht geÉffnet haben, alte Knochen splittern auf andere Art als solche, die unter lebendem Gewebe lagen.
Edmond muÄte versuchen, sich von diesem niederschmetternden Ein druck zu lÉsen. Und gerade als er sich abwenden wollte, hÉrte er ein FlÅstern. Es war mehr ein Zischen, als wÅrden anormale Schallemissionen seinen Anzug schÅtteln. Eine Stimme, deren Charakter er nicht erklÜren oder deuten konnte, sagte: ÑDas ist der Gelbe GÉtze. Es ist Y'Xanthymr, das tÉtet und dabei rote Steine weint.á ÑTrÜume ich?Ö fragte Pontonac laut. ÑHaben Sie etwas gesagt?Ö Pontonac atmete durch und beruhigte seine fliegenden Nerven. Dann fragte er langsam und betont: ÑLeppa?Ö ÑJa?Ö ÑHaben Sie eben eine andere Stimme als meine gehÉrt?Ö ÑNein.Ö ÑDankeÖ, sagte der Kommandant. ÑDas war's.Ö Leppa schien sich jetzt ernstliche Sorgen zu machen. Er schrie: ÑEdmond - gehen Sie dort hinaus, ehe ein UnglÅck passiert! Sie hÉren schon Stimmen, die es nicht gibt! Raus, Mann, schnell!Ö ÑGut Ding will Weile haben, Kamerad. Wir haben diese Chance nur einmal!Ö Lerinck schaltete sich ein und meldete: ÑPontonac - der Manipulator ist in der NÜhe der BARRACUDA festgehalten. Und als nÜchstes und vorletztes Schiff ist Ihre GIORDANO BRUNO JUNIOR an der Reihe. Verstanden?Ö ÑKlar verstanden, Lerinck. Danke. Ich habe hier noch zu tun ... Viel leicht verlieren wir den Manipulator unterwegs. Ich hÉre nicht auf, ehe ich nicht meinen ganzen Speicher voller Bilder habe.Ö Edmond betrachtete ein letztes Mal den Gelben GÉtzen. Der grausame Mund schien eben gelÜchelt zu haben, aber dies war nur eine optische TÜuschung gewesen, hervorgerufen durch Schatten und durch Edmonds Standortwechsel. Die neun schwarzen SchÜdel - wer hatte schon einmal schwarze, wie polierter Stein wirkende SchÜdelknochen gesehen? - umgaben den GÉtzen Y'Xanthymr. ÑDas tÉtet und dabei rote Steine weint... ein GÉtze mit individualistischen ZÅgen. FrÅher pflegten unsere terranischen GÉtzen immer
hÉchst zufrieden zu grinsen, wenn man ihnen Kinder, Ochsen oder Jungfrauen opferte. Brrr!Ö Edmond schÅttelte sich. Noch immer konnte er sich dem Bann der Szenerie nicht entziehen. Auch deshalb, weil sie so sehr untypisch war. Ein menschlicher Verstand, nicht gerade einspurig, weigerte sich, die einzelnen Bedeutungen zu erfassen und erst recht ein Gesamtbild herzustellen. Langsam bewegte sich Pontonac rÅckwÜrts. Hoffentlich gelang es ihnen, diesen Manipulator nach Terra abzuschleppen. Dort wÅrden sich die Wissenschaftler dar auf stÅrzen, die zu den Geretteten zÜhlten. Pontonac wartete, bis sich neben ihm ein weiterer Spalt geÉffnet hatte. Dies muÄte ein Raum an der Spitze des Raumfahrzeugs sein. Oder am Heck? WÜhrend des Anflugs hatte der Stachel des Rochens nach hinten gewiesen, also nicht auf den Schiffsverband. Dann hatte diese Konstruktion scharf abgebremst und sich um hundertachtzig Grad gedreht; bereits an dieser Stelle hatte Pontonac gedacht, daÄ dieses Schiff unbemannt war. ZurÅck zu den SchÜdeln - es war der letzte Eindruck, den er hatte, bevor er in den Saal hineinging. Die SchÜdel hatten etwa die GrÉÄe von SchÜdeln terranischer Kinder. Nahm man ein analoges KÉrperverhÜltnis an, dann war das Volk, aus dessen Kultur der Manipulator kam, kleiner, als ein erwachsener Terraner durchschnittlich war. Die Stimme? Edmond betrachtete den Saal. Er war fast rund, und auch hier gab es keine scharfen Ecken. Boden, die halbrunden WÜnde und die Decke verliefen gerundet ineinander. Viele hundert verschieden groÄe åffnungen befanden sich in der Wand, und sie hoben sich, weil sie schwarz waren, scharf von der grÅnleuchtenden Masse ab. Im schwarzen Material befanden sich wieder unzÜhlige åffnungen, durch die man gerade einen Finger stecken konnte. Lautlos, ohne funktionelle Elemente, ohne technisches Leben, das Edmond identifizieren konnte. Er machte seine Aufnahmen und verlieÄ den Raum. Die Stimme? Wieder erinnerte er sich daran.
Wie war es mÉglich, daÄ er in einem geschlossenen Raumanzug eine eindringlich flÅsternde Stimme hÉren konnte, die zudem noch in Terranisch gesprochen hatte? Funk? Das war mÉglich, wenn er sich in das Strahlungsfeld einer Induktionsschleife hinein bewegt hatte. Aber in diesem Fall hÜtte es erst RÅckkopplungsgerÜusche gegeben, und zweitens hÜtten die anderen Kommandanten etwas hÉren mÅssen. Dies war nicht der Fall. Telepathie? In einem Robotschiff? Zweifellos etwas in dieser Art. Und zweifellos hatte seine FÜhigkeit, Unsicherheiten und LÅgen, AusflÅchte und ZÉgern bei lebenden GesprÜchspartnern aufspÅren zu kÉnnen, ihm helfen kÉnnen. SchlieÄlich hatte er eine Sonderbegabung. Dadurch war er fÅr unterschwellige Empfindungen besonders aufnahmefÜhig. Er betrat den gegenÅberliegenden Raum und spÅrte, selbst als er die Fingerspitzen gegen das Material legte, keinerlei Vibrationen. ÑWas ist das?Ö Edmond Pontonac stand vor einer Reihe von Kugeln mit einem Durchmesser von drei oder mehr Metern. Sie waren miteinander verbunden und ruhten auf rechteckigen Fundamenten, die ihrerseits wieder ohne Fugen und Kanten aus dem Boden wuchsen. Von jeder Kugel gingen etwa fÅnfzig Stacheln nach allen Seiten, wurden dÅnner und dÅnner, dann wieder krÜftiger und verschmolzen mit Decke und WÜnden. Dieser Raum vermittelte Pontonac den Eindruck von Kraft, StÜrke, Macht und Ühnlichen Begriffen. ÑDie Maschinenstation etwa?Ö Er hob die Kamera, ging einige Schritte zurÅck und filmte. PlÉtzlich knackte es im GerÜt, er spÅrte es durch das Material des Handschuhs, eine rote Warnlampe leuchtete auf, und die Schrift darauf besagte: Computer ausgefallen. ÑAuch das noch!Ö sagte Pontonac. Offensichtlich war alles, mit dem er sich umgab, derart alt und gebrechlich, daÄ es mitten wÜhrend der Benutzung ausfiel. Er hoffte, daÄ der Film trotzdem belichtet wÅrde, und schoÄ weiter einige Bilder, filmte einen Schwenk und verlieÄ den Raum. Bevor er den nÜchsten Raum betrat, blickte er durch das transparente Fenster am Handgelenk seines Raumanzugs.
Die fÅnf Stunden, in denen der letzte Vorrat von Narkosegas seine Wirkung behalten wÅrde, waren fast vorbei. Er muÄte sehen, daÄ er zurÅck in die GIORDANO BRUNO kam.
20. Nach dem verhÜngnisvollen Datum, an dem schlagartig alles auf dem Planeten Caudor II zusammenbrach, hatte sich Edmond V. Pontonac in einer eigentÅmlichen Situation befunden. Er war einer von zwei MÜnnern, die auf einem ganzen Planeten normal geblieben waren. Zuerst wuÄten sie nichts voneinander. Erst Minuten vor dem Start der GIORDANO trafen sie sich - durch einen Zufall. Pontonac hatte tagelang geschuftet, um das Schiff klarzumachen. Zuerst hatte er alle die ausgebauten Teile gesucht und schlieÄlich gefunden. Tagelang versuchte er, die SchaltkÜsten einzubauen und richtig anzuschlieÄen. Endlich hatte er es geschafft, und dann begann er mit einer grÅndlichen Inspektion des Schiffes. Es fehlten Nahrungsmittel und zahllose AusrÅstungsgegenstÜnde. Pontonac brauchte lÜnger als zwei Wochen, um die AusrÅstung zusammenzusuchen und ins Schiff zu bringen. Dann suchte er in der Stadt seine MÜnner, brachte sie im Gleiter in die GIORDANO und hatte stÜndig zu tun, um entlang seiner Wege die anderen, ebenfalls verdummten Menschen zu beruhigen, ihnen zu zeigen, wo es etwas zu essen gab. Die Stadt war an verschiedenen Stellen verÉdet, an anderen bahnte sich die langsame ZerstÉrung an, wie sie dort entstand, wo eine hochtechnifizierte Welt durch unÅberlegte und falsche SchaltvorgÜnge getroffen werden konnte. Er hatte zu tun, um die MÜnner im Schiff zu halten. Mehr als dreiÄig fand er nicht mehr, sie hatten sich in der Stadt oder in der nÜheren Umgebung verlaufen. Damals, vor mehr als sieben Monaten, war er gestartet und hatte schon bei der ersten Etappe durch den Linearraum gemerkt, daÄ offensichtlich alles organische Leben, also auch die komplizierten Biopositroniken, geschÜdigt war. Sicher fand ab einer gewissen Stu-
fe die Verdummung nicht mehr statt, also war die Voraussetzung fÅr die Wirkung jener Strahlen eine gewisse HÉhe der Evolution. WÜhrend also vielleicht WÅrmer oder niedere Tiere nicht geschÜdigt wurden, verdummte jedes hÉhere Lebewesen. Primaten, SÜugetiere und auch der Mensch. Der Homo war nicht mehr sapiens. MÅhsam fand Edmond Pontonac zurÅck in die Wirklichkeit. Er befand sich im letzten Saal oder letzten Raum dieses bemerkenswerten, fremden Schiffes. Die Kamera funktionierte nicht mehr zufriedenstellend. Jetzt hÉrte er Lerincks Stimme: ÑEdmond! Beeilen Sie sich! Wir sind in Sorge!Ö Pontonac hob die Kamera und hoffte, daÄ sich die Blende trotzdem einregelte. ÑIch bin gleich fertig!Ö sagte er. ÑAlles in Ordnung?Ö erkundigte sich Lerinck. ÑJa. Ich habe erstaunliche Beobachtungen machen kÉnnen.Ö Eine Pause entstand. Dann bat Lerinck mÅde: ÑKommen Sie zurÅck! Bald!Ö ÑJa.Ö Pontonac betrachtete den Raum. Er war ebenso unbegreiflich fremdartig wie die vorhergehenden SÜle. Die grÅnleuchtende Masse war wie ein gewaltiger, aufgeblÜhter Schwamm geformt. UnregelmÜÄig groÄe und gerundete HohlrÜume gingen zum Teil ineinander Åber, getrennt durch dÅnne WÜnde mit groÄen, runden LÉchern. Zum anderen Teil waren sie durch transparente Folien voneinander getrennt. Edmond verbrachte noch zehn Minuten in diesem Irrgarten aus Licht und halben Schatten, machte seine letzten Aufnahmen und verstaute die Kamera wieder. Wenn er im Schiff war, besaÄ er einen entwickelten und hoffentlich richtig belichteten Bild- und TontrÜger. ÑZurÅck ins Schiff!Ö sagte er zu sich. ÑBravo!Ö kommentierte Leppa von Bord der PROTEUS. In der Schwerkraft des rochenÜhnlichen FluggerÜtes, die etwa zwei Drittel der gewohnten irdischen betrug - wenigstens errechnete Edmond diesen Wert -, ging er in die halbzerstÉrte Schleuse hinein, nahm einen kurzen Anlauf und stieÄ sich ab, sobald er die Trennli-
nie erreichte. Sein RÅckentriebwerk zÅndete, und ziemlich schnell steuerte er um den Rochen herum und orientierte sich. Nur noch ein Schiff schwebte auÄerhalb der Kette. Das kleine Schiff voller betÜubter MÜnner. Auch die GIORDANO BRUNO JUNIOR war bereits herangezogen. Sie befand sich im energetischen Schlepptau der BARRACUDA, und etwa fÅnfzig Meter von Lerincks Schiff entfernt, ÑoberhalbÖ der Kette aus Schiffen, schwebte der gefesselte Manipulator. Sein Rochenschwanz berÅhrte fast die Bordwand. ÑPontonac an alleÖ, sagte Edmond und drehte sich etwas, nachdem er den Antrieb abgestellt hatte. ÑIch habe den Manipulator verlassen und befinde mich im Anflug auf die Schleuse meines Schiffes!Ö Leppa sagte: ÑEndlich. Wir warten auf Sie!Ö ÑUnd auf mich warten meine MÜnner. Sie dÅrften aus der Narkose erwacht sein.Ö ÑBleiben Sie in Funkverbindung.Ö ÑNatÅrlichÖ, sagte er. Jetzt sah er das strahlende Rechteck der offenen Hangarschleuse, steuerte darauf zu und befand sich Minuten spÜter auf dem relativ sicheren Boden seines eigenen Schiffes. Edmond erreichte die Zentrale, setzte sich und klappte den Sessel nach hinten. Im Schiff herrschte noch immer eine Totenstille. Die verÜngstigten MÜnner hatten sich versteckt. Der erschÉpfte Kommandant goÄ den letzten Rest des kalten Kaffees in den Becher. Dann stÅrzte er das GetrÜnk hinunter und schloÄ die Augen. VÉllig erschÉpft schlief er ein. Etwa eineinhalb Stunden spÜter wachte er auf und brauchte Minuten, um sich zurechtzufinden. Er war unrasiert, und als er in einen ausgeschalteten Bildschirm blickte, sah ihm ein bleiches, ausgezehrtes Gesicht entgegen, das von der ErschÉpfung gezeichnet war. AuÄerdem fÅhlte er einen Hunger, der ihn schwach werden lieÄ. Er sah auf die Uhr. Es war sehr spÜt. Vor mehr als fÅnf Tagen war er hier angekommen. FÅnf? Nein, inzwischen waren es fast sieben Tage, wie er bestÅrzt nachrechnete. Was in diesen Tagen geschehen war, schien diese Zeitspanne nicht ausfÅllen zu kÉnnen, aber die kleinen, anscheinend unwichtigen
Dinge an Bord der sechzehn Schiffe hielten auf und zwangen immer wieder zur Unterbrechung. Essen kochen oder kochen lassen. MÅhsam die spielenden, unzufriedenen und hilflosen MÜnner beruhigen, mit ihnen sprechen, auf die Probleme eingehen, die ausgesprochen kindlich waren - das hielt auf, erschÉpfte und kostete wertvolle Stunden. Dann wieder der unterbrochene Schlaf, der Versuch, etwas Ruhe zu haben. Fast hundertsiebzig Stunden... Edmond schÅttelte den Kopf; er fÅhlte sich ein wenig besser, und seine Finger zitterten nicht mehr. Er atmete durch, nickte seinem Spiegelbild zu und verlieÄ die Zentrale. Einhundertneunzehn MÜnner warteten auf ihn. Und - eine Aufgabe, die mit dem Weiterleben von einigen tausend Menschen eng verflochten war. In den nÜchsten Stunden wiederholte er mit einer an UnglaubwÅrdigkeit grenzenden Geduld, was er seit langen Monaten tat. Er versorgte seine MÜnner. Als er nach Stunden damit fertig war, war seine Stimmung dicht vor dem absoluten Nullpunkt. Das lieÄ sich weniger auf die áberlastung zurÅckfÅhren als darauf, daÄ es ihn zutiefst schmerzte, mit ansehen zu mÅssen, was aus seinen Besatzungsmitgliedern geworden war. Er wankte erschÉpft in seine Kabine und schlief, als habe man ihn betÜubt. ZwÉlf Stunden spÜter saÄ Pontonac wieder vor dem Bildschirm, der ihn auch optisch mit Kommandant Leppa an Bord der PROTEUS verband. Der Mann mit der glÜnzenden Lederjacke sagte: ÑIch glaube, in diesem Anlauf kÉnnten wir es schaffen, Edmond.Ö Pontonac war derselben Ansicht. ÑJa. Ich ziehe das kleine Schiff mit Hilfe des Traktorstrahls heran, dann beschleunigen wir und nehmen den Manipulator mit. So fÅhren wir es durch, Partner. Immerhin sind wir einige Lichtstunden nÜher an die Erde herangekommen.Ö ÑImmerhin!Ö wiederholte Edmond sarkastisch.
Er lehnte sich zurÅck und sah auf die Bildschirme. Abgesehen von den StÉrungen konnte er deutlich erkennen, daÄ fÅnfzehn Kugeln eine Reihe bildeten. ÑIch gehe also in den Leitstand des Traktorstrahls und ziehe das kleine Schiff heran, arretiere das Feld und gebe dann Vollzugsmeldung durchÖ, kÅndigte er an. Edmond verlieÄ die Zentrale, beruhigte einige MÜnner und spielte etwas mit ihnen, bis er sie in die Kabinen schieben konnte. AnschlieÄend kam er in den abzweigenden Korridor und Éffnete mit dem Impuls schlÅssel den kleinen Raum, der die Steuerung der Traktorstrahlanlage enthielt. Edmond setzte sich, drehte den Zentralschalter herum und wartete auf das Aufleuchten der Kontrollampen. Nichts. Er schaltete ein zweites Mal, kein einziges Instrument bewegte sich. Edmond stand wieder auf, und ein widersinniger Verdacht kam in ihm hoch. Er kauerte sich nieder und lÉste eine Platte an der Seitenwand, und da sah er es. ÑDaran hÜtte ich denken mÅssenÖ, sagte er leise. Der WÅrfel, in dem die elektronische Steuerung der SchaltvorgÜnge erfolgte, fehlte. Die MÜnner von Wandte Artian, dem Sicherheitschef auf Caudor II, hatten ihn vermutlich ausgebaut und versteckt, und Edmond hatte vor dem Start nicht einmal im Traum daran gedacht, nachzusehen, ob auch er fehlte. ÑAus!Ö sagte er und schaltete das Pult aus. Er verlieÄ den Raum, ohne ihn abzuschlieÄen. Er kehrte in die Zentrale zurÅck und stellte sich vor die Linsen. ÑPontonac an Kommandant Lerinck!Ö Er wartete einige Minuten, bis Lerinck erschien. ÑSie machen ein Gesicht wie der Zorn der GalaxisÖ, meinte Lerinck lakonisch. ÑIch entnehme Ihrer Miene, daÄ Sie wieder einmal Sorgen haben.Ö ÑErratenÖ, sagte Edmond. ÑAber diesmal finde ich es wirklich nicht komisch.Ö ÑSondern?Ö Die MÜnner schauten sich ernst an. Sie wuÄten, was sie von der Situation zu halten hatten.
ÑTragisch. HÉren Sie zu, Lerinck - Sie mÅssen uns helfen. Ich habe eben feststellen mÅssen, daÄ meine Traktorstrahlanlage nicht funktioniert, und ich kann sie auch nicht reparieren. Ich bin also hilflos. Schauen Sie einmal auf den GrÅnsektor Ihrer Panoramaschirme!Ö ÑIch sehe, daÄ ich mit dem bordeigenen GerÜt das kleine Schiff heran ziehen kann, aber ich kann es nicht arretieren, weil die obere PolkrÅmmung Ihres Schiffes dazwischen steht.Ö ÑUm nichts anderes wollte ich Sie bitten.Ö Lerinck zwinkerte Åberrascht und sagte, nachdem er sich gerÜuspert hatte: ÑSo weit, so gut. Aber wie wollen Sie das Schiff festhalten?Ö ÑMechanisch!Ö sagte Edmond. ÑTrefflich!Ö meinte der andere. ÑSie greifen einfach nur aus Ihrem Schiff hinaus, strecken Ihre Rechte aus und zerren das Boot hinter sich her.Ö Edmond lachte und wÅnschte sich nichts sehnlicher als einen heiÄen Kaffee. ÑGenauso, wie Sie es sagten, Partner. Bitte, fangen Sie gleich an ich bin schon auf dem Weg. Wir mÅssen endlich hier verschwinden.Ö ÑGemacht!Ö rief Lerinck. ÑKann ich mich auf Sie verlassen?Ö Lerinck erwiderte verdrossen: ÑWer kann das schon sagen in diesen unsicheren Zeiten?Ö Edmond nickte. ÑWahr gesprochen!Ö sagte er. ÑY'Xanthymr sei mit Ihnen.Ö Er erntete einen langen, nachdenklichen Blick von dem anderen Kommandanten, als er die Zentrale verlieÄ. Eine halbe Stunde spÜter stand er in der Frachtluke eines offenen Lade raumes. Er trug einen neuen Raumanzug, hatte einen transportablen Scheinwerfer in Stellung gebracht, und um ihn herum lagen Rollen und Haufen, die nicht genau zu erkennen waren. Die Frachtluke stand weit offen, und dann flammte der Scheinwerferstrahl auf. Er torkelte eine Weile durch die Dunkelheit, dann prallte das Licht gegen die Bordwand des kleinen Schiffes.
ÑTadelloses ManÉver, Kollege!Ö kommentierte Edmond. Lerinck hatte das kleine Schiff mit dem Traktorstrahl erfaÄt und zog es nÜher heran. Es bewegte sich ziemlich schnell, kam direkt auf die GIORDANO BRUNO JUNIOR zu und wurde abgebremst, als es zwei hundert Meter weit entfernt war. WÜhrend aller dieser ManÉver, auch derjenigen der letzten Woche, war die Gruppe der Schiffe weiterhin mit halber Lichtgeschwindigkeit in Richtung Sol weitergeflogen, aber der Stern blieb, was er war - ein winziges LichtpÅnktchen unter vielen anderen. ÑVon mir ist nichts anderes zu erwarten!Ö sagte Lerinck. Das kleine Schiff war abgebremst worden und zog jetzt, auÄerhalb der Reichweite aller Traktorstrahlen, gleich. Edmond hatte sich einen simplen Plan zurechtgelegt. Er faÄte das Ende eines dicken Seiles, klinkte es im GÅrtel ein und zÅndete das starke RÅckentriebwerk. Langsam flog Edmond aus der Luke hinaus, dabei spulte er das Kunst stoffseil mit Stahlkern hinter sich her. Schon vor dem Start von Caudor II hatte er darÅber nachgedacht, warum dieser Laderaum mit Seiltrommeln, Seilen, schweren Terkonitstahlketten und Åberschweren Stahltrossen fast ausgefÅllt war. Vermutlich war dies ein Teil der Ladung gewesen, die von der GIORDANO zu einem terranischen StÅtzpunkt transportiert werden sollte. Es waren keine Ladepapiere vorhanden gewesen. Langsam drehte sich die Seiltrommel im Vorlauf, wÜhrend das Triebwerk mit ÜuÄerster Leistung arbeitete. Hundert Meter... Zweihundert Meter... Die eingedrÅckte Bordwand des anderen Schiffes kam nÜher und fÅllte das Blickfeld aus. Pontonac sah seinen eigenen Schatten und den des Seiles, da er durch den Lichtkegel flog. Der Schatten wurde immer kleiner und war so groÄ wie er selbst, als der Mann die vertieft eingebauten Handgriffe neben einer unzerstÉrten Schleuse erreichte. ÑGut angekommen?Ö fragte Lerinck. Pontonac wunderte sich, daÄ die anderen Kommandanten noch nicht die Gelassenheit verloren hatten. ÑJa. Ich bin hier.Ö
Zuerst befestigte er das Seil, wÜhrend das Triebwerk arbeitete, an dem Griff. Dann tastete er sich weiter bis zu einer Vertiefung, in der sich eine dicke Plexolhalbkugel Åber einem handgroÄen Knopf, der rot war, wÉlbte. Edmond las den Text. Sprengkopf, Schleuse A III. Achtung! ÑDieser KnopfÖ, sagte er leise, Ñist eine der besten Ideen im terranischen Schiffbau gewesen.Ö Das war richtig. Ein solcher Knopf war fÅr Gelegenheiten wie diese gebaut worden. Er funktionierte unter extremen Bedingungen, allerdings auch dann, wenn die Plexolkuppel durch ein RammanÉver zerstÉrt wurde. WÜhrend sich die Hand um die beiden Knebel spannte, wÜhrend Edmond drehte, suchte er das All nach ankommenden Manipulatoren ab, nach nÜher kommenden Lichtpunkten, nach Raumschiffen er wuÄte nicht, was er suchte, wovor er sich fÅrchtete. Die SchutzhÅlle segelte aufblitzend durch den Lichtstrahl davon, dann hielt sich Pontonac mit der linken Hand fest, holte mit der rechten aus und schlug krÜftig auf den Knopf. Eine lautlose ErschÅtterung war die Folge der sofort erfolgenden Explosion. Die Stahlplatte des Schotts torkelte schnell durch den Raum, berÅhrte zweimal das Seil, das sich in leichten Windungen zwischen den Schiffen spannte. Edmond schwang sich, nachdem er das Seilende ergriffen hatte, in den Bereich normaler Schwerkraft. Dann sagte er: ÑIch bin im anderen Schiff. Hoffentlich Éffnet nicht jemand das Schott, sonst erfolgt eine explosive Dekompression, was meine Aufgabe schnell beenden wÅrde.Ö Er sah sich um. Seine Kenntnis von den BauplÜnen terranischer Schiffe hatte ihm bei seinem Plan geholfen. Er zog das Seil bedÜchtig hinter insgesamt fÅnf mannshohen und dicken TrÜgern hindurch, die von der Decke durch den Boden verliefen und zum Aufbau der AuÄenhÅlle gehÉrten. Dann befestigte er das Seilende, durchquerte die Schleuse und nahm den Strahler hervor. Methodisch verschweiÄte er an etwa zwanzig Stellen die Rahmen des Schotts mit dem Schottmetall. Von innen war diese Schleuse nicht mehr zu betreten.
Er nickte zufrieden, dann stellte er sich neben den ersten TrÜger und zog an dem Seil. Er brachte soviel Kraft auf, um etwa dreihundert Meter des drei Finger dicken Seiles von der Seiltrommel zu ziehen, die inzwischen langsam weitergelaufen war. Die nÜchste Arbeit bestand darin, daÄ er diese dreihundert Meter auch um sÜmtliche anderen StahltrÜger zog, bis sich vor der Schleuse ein riesiges SeilbÅndel ringelte und im schwerelosen Zustand bewegte wie einige schwimmende Schlangen. ÑIch komme zurÅck!Ö sagte er. Dann schaltete er die kÅnstliche Schwerkraft des Hangars aus. ÑVerstanden!Ö Er nahm das Seilende, schaltete das Triebwerk ein und schoÄ durch den Weltraum davon. Er landete in dem Laderaum, befestigte das Seil ende und atmete auf. Bis hierher war alles gutgegangen. Trotzdem hatte er seit drei Stunden ein GefÅhl, als nÜhere sich diesem kuriosen Schleppzug eine Gefahr, die noch grÉÄer war als ein Manipulator. Er dachte fieberhaft darÅber nach, was er tun kÉnnte. Zuerst lieÄ er die Seiltrommel ablaufen, anschlieÄend befestigte er das Ende des Seiles an dem letzten Glied einer Kette, deren Durchmesser fÅnfzehn Zentimeter nicht Åberschritt. Das Ende des Seiles, das er wieder mitgebracht hatte, befestigte er auf der Trommel, stellte sich daneben und lieÄ die Trommel rotieren. Die Energie bezog die Trommel vom Schiffsgenerator; Pontonac hatte sie angeschlossen. Schnell wickelte sich der Seilvorrat auf, dann spannte es sich, die Winde begann zu vibrieren, und schlieÄlich zog das Seil die dÅnne Kette aus dem Laderaum. Jetzt war es wichtig, daÄ es nicht ÅbermÜÄig beansprucht wurde. Es dauerte lange, bis die ersten Glieder der Kette die Hangarschleuse des kleinen Schiffes erreichten. Dort, im ebenfalls schwerelosen Bereich, wurden sie langsam um die stÜhlernen TrÜger gezogen, hakten sich mehrmals fest, lÉsten sich wie der, und schlieÄlich bemerkte Pontonac, daÄ die Kette wieder zu seinem Schiff herankam. Die aufgewendeten KrÜfte waren so
wenig stark, daÄ sich die beiden Schiffe um hÉchstens einige Meter aus ihrem Kurs bewegt beziehungsweise sich genÜhert hatten. Dasselbe ManÉver wiederholte er mit der schweren Kette, dann befestigte er sie um die TrÜger des eigenen Laderaumes. Beide Schiffe waren aneinandergefesselt. Und als seine Hand den Hebel berÅhrte, mit dem er die Schleuse zur HÜlfte zufahren lassen wollte, verwendete er dazu den Rest seiner Batterieenergie. Es gelang ihm noch, sich an die Wand zu lehnen und den Knopf wieder loszulassen, ehe er bewegungsunfÜhig wurde. ÑNicht ganzÖ, sagte er. Er konnte noch den linken Arm bewegen, alle Finger, er konnte den Kopf drehen und den Rumpf abknicken. Mehr nicht. Er saÄ in der Falle. In der Falle seiner eigenen Ungeschicklichkeit. Er begann lautlos zu fluchen ... Zweifellos war Drosen K. Willshire der intelligenteste Mann der Besatzung beziehungsweise derjenigen MÜnner, die frÅher einmal zur Besatzung der DARA GILGAMA gehÉrt hatten, und derjenigen, die Pontonac anlÜÄlich einiger Landungen mitgenommen hatte. Drosen besaÄ einen ausgezeichneten Verstand. Die Erinnerung daran hatte nicht gelitten, er entsann sich hin und wieder einer Zeit, in der er den Verstand besessen hatte, der seinem KÉrper entsprach. Aber was er auch immer begann oder anfaÄte, es blieb das Werk eines Kindes. Alles rutschte ins Spielerische, ins Experimentelle ab, als versuche er, die fÅr ihn neue und aufregende Umwelt zu begreifen, ihren konstanten Wert zu ertasten. So auch jetzt. Er hatte keinen Plan, er wollte nur Ed suchen, den Mann, der immer so nett zu ihm war und ihn so merkwÅrdig und traurig und mÅde anblickte. Also tat er es. Er suchte ihn zuerst in dem groÄen, runden Raum, aus dem man hin aussehen konnte und die vielen Lichter sah. Sterne nannte man sie, und die Fenster waren nicht wirklich Fenster. Drosen kam in die leere Zentrale, blickte sich um und sah Ed nicht. Es war weg. Drosen ging zu dem Sessel, in dem Ed immer zu finden gewesen war. Dort sah er eine umgefallene Kaffeekanne und leere Becher.
Auf dem Pult standen zwei schwarze KÜstchen, kleiner als seine Hand. Er nahm sie auf, versuchte, die schweren Dinger aufeinanderzustellen, um einen Turm zu bauen, aber die runden Ausbuchtungen auf der Ober flÜche verhinderten es. Was war das? Batterien. PlÉtzlich hatte er in seinem Verstand dieses Wort gefunden. Jetzt suchte er nach der Bedeutung. Wozu brauchte man Batterien? Batterien fÅr Taschenlampen, fÅr Waffen. Er kannte kein Spielzeug, sonst hÜtte er gesagt: fÅr Spielzeugrobots. Aber an die Zeit, in der er wirklich ein Kind gewesen war, erinnerte er sich nicht mehr. Er erinnerte sich nur noch daran, daÄ Ed diese Batterien wirklich notwendig brauchte. Aber wozu? Drosen steckte sie in die Taschen seiner Hose. Eine rechts, die andere links. Sie beulten den Stoff aus und zogen schwer am GÅrtel. Wo war Ed? Er ging hinaus in den Korridor, fragte seine spielenden Kameraden, die mit Messern aus dem EÄraum versuchten, die Isolation von einem langen, grÅnen Kabel herunterzuschneiden. Nachdem er zwanzigmal gefragt hatte, kam er an eine TÅr, neben der eine rote Lampe leuchtete. Solch eine Lampe wie in der Duschkabine, wenn jemand sich eingeschlossen hatte. Also befand sich Ed dahinter. Rote Lampe! Er durfte die TÅr nicht Éffnen, denn dahinter war eine verbotene Zone. PlÉtzlich reizte es ihn, sie doch zu Éffnen, aber er erinnerte sich daran, daÄ Ed gesagt hatte, jeder mÅsse sterben, der dies tat. Er las ohne MÅhe die Aufschrift auf der TÅr. Frachtraum III. ÑIch weiÄ schon, wie ich es mache! Ich will Ed sprechen!Ö sagte er. Er ging zurÅck in seine Kabine und zog den silbernen Anzug an, mit dem er schon lange nicht mehr gespielt hatte. Er erstickte fast, als er sich den Helm aufsetzte. Seine Finger bewegten sich, und er fand auch den Hebel, mit dem er Luft aus dem Anzug zaubern konnte. Dann erinnerte er sich der Batterien.
ÑIch muÄ Ed die Batterien bringen!Ö sagte er. PlÉtzlich hÉrte er Eds Stimme. ÑDrosen!Ö ÑJa, Ed?Ö fragte er. ÑDrosen! HÉr zu! Ich brauche die beiden KÜstchen, die auf dem Pult vor meinem Sessel stehen! Du hast den silbernen Anzug an?Ö ÑJaÖ, sagte Drosen eifrig. ÑIch kann sogar atmen darin!Ö ÑDie schwarzen KÜstchen, Drosen!Ö ÑDie Batterien?Ö Die Stimme Eds fragte verwundert: ÑDu weiÄt, daÄ es Batterien sind? Ich brauche sie unbedingt, Drosen!Ö Drosen sagte pflichteifrig: ÑIch bringe sie dir, Ed!Ö ÑGut. Du weiÄt, wo ich bin?Ö fragte Eds Stimme aus der Feme. ÑJa.Ö ÑGut. Komm her und bleib vor der TÅr stehen, hÉrst du? Auf keinen Fall aufmachen!Ö ÑJa, ich komme.Ö Drosen nahm die zwei Batterien in die Hand und ging. Minuten spÜter war er an der TÅr zu Frachtraum III und blieb stehen. ÑIch bin da, EdÖ, sagte er. ÑHast du die Batterien dabei?Ö ÑIch habe sie in der Hand, Ed.Ö ÑGut. HÉre jetzt genau zu. Tue nichts, ehe ich es dir nicht sage.Ö ÑJa!Ö Pontonac holte tief Atem, dann sagte seine Stimme, die gepreÄt klang und mÅde: ÑZuerst wartest du, bis ich an der TÅr bin. Ich werde klopfen. Hast du verstanden?Ö ÑJaÖ, wiederholte Drosen gehorsam. ÑIch warte, bis du klopfst.Ö ÑGut. Warte.Ö Pontonac zog sich die etwa zwanzig Meter vom Schalter bis zur TÅr. Dazu brauchte er eine Minute pro Meter, und er benutzte Schultern, sein GesÜÄ und alle seine Kraft. Dann stemmte er sich dort, wo die SchottÅr in die ebene FlÜche Åberging, in die Ecke. Er lehnte jetzt mit dem RÅcken gegen die Wand. Schwer atmend sagte er: ÑDrosen?Ö ÑJa, Ed? Wo warst du so lange?Ö ÑIch erzÜhle es nachherÖ, sagte Edmond. ÑDu unternimmst nichts, bis ich Jetzt! sage, ja?Ö
ÑIch habe verstanden.Ö ÑAlso.Ö Edmond riÄ sich zusammen. Noch zwei oder drei solcher Energieleistungen, und er starb an ErschÉpfung. ÑDu Éffnest die TÅr und hÜltst sie ganz fest. Sie wird dir aus der Hand gerissen werden, und ein Sturm wird dich in den Laderaum blasen. Du kommst schnell hinein und schlÜgst die TÅr wieder zu. Verstanden?Ö ÑJa.Ö Edmond hoffte inbrÅnstig, daÄ Willshire keine Anweisung vergessen hatte und mit der kÉrperlichen Reaktionsgeschwindigkeit eines Erwachsenen handeln wÅrde. ÑJetzt!Ö Die TÅr flog auf, ein silberner Schatten wirbelte herein, und Edmond rammte seine Hand gegen den Boden, scharrte mit der Schulter an der Wand entlang und bewegte dann seinen RÅcken gegen die TÅr. Das Gewicht von eineinhalb KÉrpern lieÄ die TÅr wieder zuschnappen. ÑSchÉn!Ö Dann fragte Edmond: ÑHast du die Batterien?Ö ÑHier!Ö sagte Drosen eifrig und stellte sie neben Edmond auf den Boden. Edmond kontrollierte mit Blicken den Raumanzug des anderen, aber instinktiv hatte Drosen alles richtig gemacht. Das lieÄ hoffen ... Edmond sagte, was Drosen zu tun hatte. Als er schlieÄlich mithalf, die Klappe in seinem Oberschenkel zu Éffnen, und fÅhlte, wie Luft durch den abgebundenen Anzug strÉmte, war er einem Ohnmachtsanfall nahe. Die neue, fast volle Batterie berÅhrte die Kontakte, und plÉtzlich konnte er sich wieder bewegen. Der Rest war einfach. Er hinkte hinaus, mit halbgeÉffnetem Raumanzug, schloÄ die SchottÅr ab und ging in die Zentrale hinein. Er half Drosen aus dem Anzug, wechselte auch die andere Batterie aus und war schlieÄlich so mÅde, daÄ er wÜhrend der Unterhaltung mit Leppa einschlief. In der Zwischenzeit schliefen auch die MÜnner seines Raumschiffes. Wieder vergingen Stunden. Und schlieÄlich brach der siebenundzwanzigste Juli an.
Edmond sah Leppa in die Augen, dann betrachtete er Lerinck, mit dem er Åber einen kleinen Monitor sprechen konnte. Er schilderte, was ihm passiert war, und zum erstenmal erfuhren die beiden MÜnner, daÄ er drei Prothesen trug. ÑJedenfalls kÉnnen wir starten!Ö sagte Pontonac. ÑWir brauchen nur noch eine sorgfÜltige Abstimmung.Ö Sie einigten sich auf eine Beschleunigungszeit von vier Stunden. Die genaue Beschleunigung beziehungsweise die Relation von aufgewandter Energie und benÉtigter Zeit sollten die kleinen Kursrechner Åbernehmen, die positronisch, nicht biopositronisch arbeiteten. Damit verbrachten sie mehrere Stunden, dann schalteten sie, nach einem erneuten Uhrenvergleich, die Triebwerke an. Die Schiffe wurden schneller. Die GIORDANO Üchzte unter der Anstrengung in allen Verbunden, als sie Fahrt aufnahm, aber sie wÅrde aushalten. Das kleine Kugelschiff am Ende wurde mitgezerrt, und auch dort bogen sich die StahltrÜger. Eine Kette von sechzehn Schiffen setzte sich entlang einer Geraden in Bewegung. Halbe Lichtgeschwindigkeit. Schneller ... aber nur ganz vorsichtig und nach den Werten der Kursrechner, die mit einem anderen Rechenprogramm gefÅttert worden waren. FÅnfzehn MÜnner beobachteten aufmerksam die Instrumente und verstÜndigten sich ununterbrochen. Die zurÅckgelegte Entfernung war unbedeutend - aber jetzt rÅckte das Ziel in greifbare NÜhe. Pontonac schwor sich, nach der Ankunft ein Schwein schlachten zu lassen. Er hatte Sehnsucht nach einem gewaltigen Schnitzel. Die Fahrt ging weiter. ZufÜllig sah Edmond auf seine Schirme, und als er den Manipulator erblickte, reagierte er wieder mit gewohnter Schnelligkeit. Er warf sich aus dem Sessel, rannte auf das betreffende Pult zu und schaltete dort die Aufzeichnung ein. Das GerÜt speicherte, was der entsprechende Bildschirm der Panoramagalerie zeigte. Er zeigte ein sehr merkwÅrdiges Bild. ÑPontonac an alle!Ö schrie Edmond. ÑSchaltet die Aufzeichner ein und beobachtet den Manipulator!Ö
ÑVerstanden!Ö ÑWas ist das?Ö ÑDas Ding brennt ja!Ö Das ÑDingÖ brannte nicht, aber es verhielt sich merkwÅrdig. Es leuchtete auf. Der Manipulator, der sich im energetischen Schlepptau des Zugstrahles befand, hing nun zwischen der BARRACUDA und der GIOR-DANO. Die ungewÉhnliche Form des RaumflugkÉrpers wurde scharf umrissen und deutlich sichtbar, denn der Manipulator begann grÅn zu leuchten. ÑEs ist das gleiche Licht, das auch im Innern herrschteÖ, sagte Edmond. Langsam drehte sich der Manipulator. Edmond dachte an kosmische Bomben und daran, daÄ jetzt vermutlich ein Sender die ZerstÉrung bekanntgab und eine Flotte der merkwÅrdigen Fremden heranrasen und die terranischen Schiffe unter BeschuÄ nehmen wÅrde. Dann erlosch das grÅne Leuchten langsam. Aber ein Kern blieb, der sich farblich verÜnderte. Das Material wurde durchsichtig, und nur der Ort, an dem Edmond den Gelben GÉtzen wuÄte, erstrahlte in einem stechenden, gelben Licht. Dann sah er auch Y'Xanthymr, das tÉtet und dabei rote Steine weint. Das Y'Xanthymr leuchtete auf, wurde grÉÄer und grÉÄer und muÄte jetzt schon an die Decke des Korridors stoÄen. ÑDas ist unmÉglich!Ö rief Pontonac erschrocken. Er stand mitten in der Zentrale und sah auf die Schirme. Aus den Augen des GÉtzen schÉssen glÅhende, rote Kugeln und rasten durch das durchsichtige Material, als ob es Papier wÜre. Das Bild wurde diffus, undurchsichtig, und die roten Kugeln zerschmetterten auf ihrem Weg die glasÜhnliche Masse. Alles zerfiel. Immer neue Kugeln schÉssen aus den Augen, rissen alles in StÅcke und schwirrten durch den Raum davon. Pontonac ging zurÅck zu seinem Pult. Er lieÄ den fremden RaumkÉrper nicht aus den Augen. Es dauerte nicht lange. Wenige Minuten spÜter trieben nur noch glÜserne, durchsichtige TrÅmmer im Raum. Keines der StÅcke war grÉÄer als etwa ein men-
schlicher KÉrper, auf keinen Fall grÉÄer als ein Kubikmeter Masse. Edmond sah es auf dem Ortungsschirm. Innerhalb weniger Minuten hatte sich das Schiff zerstÉrt, aufgelÉst, und jetzt erstarb auch das intensive Leuchten, das von dem aufgeblÜhten GÉtzen ausgegangen war. Eine Kristallwolke zerstob im All. Einige Zeit lang herrschte Schweigen. Dann meldete sich Leppa. ÑHabt ihr gesehen, was ich gesehen habe?Ö fragte er. Teerpa aus der TARA QUEEN sagte: ÑJa, aber nicht genau. Ich kam zu spÜt an die Schirme.Ö Pontonac erklÜrte: ÑIch habe die Szene aufgezeichnet. Wir haben ein einzigartiges Dokument.Ö Die sechzehn Schiffe wurden schneller. Der genaue Kurs war mit identischen Daten fÅr jedes der Schiffe, aus genommen das letzte, das an die GIORDANO BRUNO JUNIOR gefesselt war, programmiert worden. Aus der halben Lichtgeschwindigkeit wurden zwei Drittel, und die Automatiken arbeiteten ausgezeichnet. Als feststand, daÄ es mit grÉÄter Wahrscheinlichkeit keine Pannen geben wÅrde, verlieÄ Leppa als erster seinen Platz in der Zentrale. Dann folgte Pontonac. SchlieÄlich hatten alle fÅnfzehn Immunen dieses merkwÅrdigen Schiffsverbandes zu tun. Edmond erinnerte sich, daÄ sich seine MÜnner genauso hungrig fÅhlen muÄten wie er selbst. Sein erster Weg fÅhrte an einigen Schlafenden vorbei, die auf dem Boden der Korridore lagen und sich zusammengerollt hatten. Edmond schloÄ die KombÅse auf und aktivierte die Roboter. ÑDie VorrÜte gehen zur NeigeÖ, Åberlegte er laut. ÑAndererseits haben wir noch Schweine an Bord. Und tiefgefrorenes Fleisch. WÜre Gulasch eine MÉglichkeit?Ö Er programmierte die Robots, gab detaillierte Befehle und hoffte, daÄ er nichts Åbersehen hatte. Die meiste Arbeit wurde von den Maschinen verrichtet, und es war unwesentlich, ob das Essen richtig gewÅrzt war oder ob die Teigwaren vielleicht ein wenig zu pappig gerieten. Es war besser als die Konzentrate, auf die sie zum GlÅck noch immer nicht angewiesen waren.
ÑEssen fÅr hundertzwanzig Mann!Ö sagte er. Er war froh, daÄ er seine Leute nicht noch fÅttern muÄte. Nicht alle konnten zwar mit Messer und Gabel essen, aber auch hier war die Hauptsache, daÄ sie satt wurden. Pontonac Éffnete den KÅhlschrank, schnitt von einer der letzten Schinkenkonserven eine zwei Finger dicke Scheibe ab, aÄ sie und trank einen halben Liter Fruchtsaft. Dann, nachdem er eine dritte Kontrolle des Programms durchgefÅhrt hatte, ging er, um die Kaninchen zu fÅttern und den Schweinen Wasser zu geben. Stunden spÜter, als sich die Geschwindigkeit des Geleitzuges wieder um einige Prozent erhÉht hatte, saÄ Edmond Pontonac wieder in der Zentrale. In einer oder zwei Stunden war die Messe vorbereitet, und dann konnte er seine SchÅtzlinge aus allen Teilen des Schiffes zusammenholen und zum Essen fÅhren. Pontonac meinte nachdenklich: ÑEines Tages werden wir herausbekommen, wer dafÅr verantwortlich ist. Hoffentlich artet dann die Erkenntnis nicht wieder in einen blutigen Krieg aus!Ö Edmond konnte sich inzwischen ziemlich gut vorstellen, wie es auf Terra aussah, einem der bis vor kurzem hÉchsttechnisierten Planeten der Galaxis. Er betrachtete die Bildschirme, auf denen Teile des nÜchsten Schiffes zu sehen waren, das kleine Schiff, das an der schweren Kette aus Terkonitstahl hing, und auf denen die vertrauten Konstellationen erschienen waren, von denen die irdische Sonne umgeben war. Pontonac kannte nicht mehr alle Koordinaten und keineswegs sÜmtliche Daten, aber er konnte deutlich Alpha Centauri sehen. Dicht daneben Proxima Centauri. Dies waren die Sterne in ErdnÜhe. Die Schiffe befanden sich auf dem Heimweg. Minutenlang gÉnnte sich Pontonac die Ruhe, eine kurze Phase der Entspannung und der Hoffnung kam Åber ihn. Als dann einige hungrige SchÅtzlinge in die Zentrale gestÅrmt kamen und darÅber klagten, daÄ sie schon lange nichts mehr zu essen bekommen hatten, nickte Edmond nur und ging mit ihnen in die Messe.
21.
Mit einer Stimme, aus der die grenzenlose Verzweiflung ebenso wie die Erleichterung darÅber zu spÅren war, daÄ die UngewiÄheit vorÅber war, meldete sich Davyd Leppa von der PROTEUS: ÑEdmond?Ö Pontonac zuckte aus einem leichten Schlaf hoch, blinzelte und sah dann das Bild des anderen Kommandanten an. ÑJa?Ö Als er Leppas Gesicht sah, wuÄte er, ohne daÄ er die Stimmung des Mannes vor ihm zu analysieren brauchte, daÄ etwas geschehen sein muÄte. ÑWir bekommen Besuch!Ö sagte Leppa. Pontonac kippte langsam seinen Sessel nach vorn. ÑErzÜhlen Sie!Ö Leppa sagte: ÑEin ziemlich starkes Echo auf meinen Ortungsschirmen. Ich habe eben etwas Zeit und Ruhe gehabt und konnte die Instrumente der Ortungsabteilung benutzen, ohne mich mit dem Ablegerschirm hier in der Zentrale plagen zu mÅssen. Ein Objekt, fast auf Kollisionskurs.Ö Edmond nickte. Er tippte auf einen Knopf. AnschlieÄend ging er hinÅber zum Schirm der Ortung, der ununterbrochen in Betrieb gewesen war. Das Bild war leidlich scharf. ÑIch sehe es!Ö sagte er. Er schaltete den Rechner ein, und dann sah er zu, wie in den Feldern die digitalen Zahlen erschienen. Es war ein riesiges Raumschiff, erkennbar an der groÄen Masse und an der StÜrke der Triebwerksimpulse. Es war einhundertneunzig Lichtminuten entfernt, bewegte sich im Normalraum und kam auf einem Kurs heran, der es seitlich an dem Konvoi vorbeifÅhren wÅrde, in einigen hunàderttausend Kilometern Entfernung. Die Geschwindigkeit betrug neun Zehntel Licht. ÑZweihundertsiebzigtausend Kilometer in der Sekunde. Ein verdammt schwerer Brocken. Es scheint, als ob er von der Erde kÜme, aber das kann natÅrlich auch nichts zu bedeuten haben. SchlieÄlich kann man auch Kurven fliegen.Ö
Leppa meinte bitter: ÑSie haben ein goldenes GemÅt, Partner. Was sollen wir tun?Ö Pontonac breitete beide Arme aus und sagte nur: ÑNichts.Ö ÑDas ist nicht Ihr Ernst, Edmond?Ö Pontonac knurrte wÅtend: ÑHaben Sie einen besseren Vorschlag? Die Schirme einschalten? Dadurch sprengen wir unseren Verband, denn nur die wenigsten Schiffe werden mit einer Schaltung ausgerÅstet sein, mit der man den Durchmesser des Schutzschirmes derart stark erweitern kann und dennoch volle Abwehrleistung hat!Ö Leppa Åberlegte. ÑSie haben recht, EdmondÖ, sagte er dann. ÑOder glauben Sie, es wÅrde uns helfen, wenn wir alle an die Transformkanonen rennen und dieses Riesenschiff unter BeschuÄ nehmen wÅrden? Der Kommandant dort wÅrde nicht einmal lÜcheln.Ö ÑFlucht scheidet auch aus!Ö bemerkte Lerinck verstimmt. ÑEbensowenig kÉnnen wir hoffen, daÄ sie uns nicht bemerkt habenÖ, warf Kommandant Teerpa ein. ÑSie haben den besten und stÜrksten Sender, LeppaÖ, sagte Edmond. ÑFunken Sie auf der Flottenwelle. Das ist ein Test. Wenn sich jemand meldet, dann ist es mit Sicherheit ein terranisches Schiff, auf dem dieselben ZustÜnde wie bei uns herrschen.Ö Leppa stimmte zu und entgegnete leise: ÑIch werde es versuchen.Ö Edmond blickte den Schirm an, drÅckte auf einen Schalter und sah die neu ausgeworfenen Zahlen an. Das Schiff kam immer nÜher, und sie flogen genau darauf zu. Das verringerte die Entfernung drastisch. Trotzdem wÅrde es noch mehr als eine Stunde dauern, wenn der Fremde dort, jenes riesige Raumschiff mit den starken Triebwerksemissionen, nicht in den Linearflug Åberging und sich plÉtzlich hier in ihren Kurs schob. Pontonac wartete einige Minuten, dann riÄ es ihn fÉrmlich aus dem Sessel. Mitten in das Murmeln von Leppa, der die Schiff-zu-SchiffVerbindung auf geringere Leistung umgestellt hatte, kam eine klare, laute Stimme: ÑHier ist die Funkstation der INTERSOLAR unter Staatsmarschall Bull und Julian Tifflor. Wir rufen die Schiffskarawane...Ö Eine Pause entstand, dann fuhr dieselbe Stimme fort: ÑJawohl, ich hÉre!
Ich hÉre Ihren Funkspruch, PROTEUS!Ö Leppa fing an zu schreien. Er war nahe davor, durchzudrehen. ÑBull! Es ist der Staatsmarschall!Ö Teerpa schrie dazwischen: ÑDas kann eine Falle sein. Vorsicht! Ich glaube nicht, daÄ es die INTERSOLAR ist.Ö Edmond Pontonac wartete. Er verfluchte dieses Warten, dem er ausgeliefert war; nichts konnte er tun. Jede Gegenwehr war zwecklos. Und auch er konnte es nicht fassen, daÄ es Reginald Bull war, der da dem Konvoi entgegenkam. Wieder warteten sie. Was sich in den Gedanken der Immunen abspielte, konnte nur vermutet werden. Die Reaktionen auf den Funkspruch schwankten zwischen ÜuÄerstem MiÄtrauen und reiner Euphorie. Die eine Alternative hieÄ Tod und Vernichtung, die andere endgÅltige Rettung. Dann meldete sich wieder Leppa. Er sagte ruhig: ÑFreunde, es ist Reginald Bull. Ich habe ihn auf den Schirmen und schalte das Bild um.Ö Sekunden spÜter wechselte das Bild auf den groÄen Kommunikationsschirmen, und wÜhrend sich die Schiffe einander weiterhin mit rasender Geschwindigkeit, aber immer noch viel zu langsam nÜherten, sah auch Edmond Pontonac auf seinem Bildschirm den OberkÉrper des Staatsmarschalls Reginald Bull. Edmond hatte, so glaubte er jetzt, in seinem Leben noch keinen Menschen lieber gesehen als heute und hier Reginald Bull. Er sagte in sein Mikrophon: ÑLeppa, Åbernehmen Sie die Konversation. Sie sind von uns allen der HÉflichste!Ö ÑSie Scherzbold!Ö Leppa holte Atem. In einigen SÜtzen schilderte er die Situation, die hier innerhalb des Schiffsverbandes herrschte. Bull unterbrach ihn. ÑWir gehen in den Linearraum, Kommandant. In einigen Sekunden haben wir einen Kurs ausgerechnet. Wir fliegen neben Ihnen her! Das muÄ ich mir aus der NÜhe ansehen!Ö ÑIn Ordnung, danke, Sir.Ö Das Bild verschwand, und dann verschwand auch die INTERSOLAR von den Bildschirmen der Normalraumortung. Kurze Zeit spÜter sah Edmond auf seinen Panoramaschirmen, wie das groÄe
Schiff aus dem Linearraum kam, ein AnpassungsmanÉver ausfÅhrte und dann mit gleicher Geschwindigkeit neben dem Konvoi entlangflog. Die Funkverbindung bestand weiterhin. ÑSir, wir brauchen Ihre HilfeÖ, sagte Leppa. Pontonac hÉrte aufmerksam zu. ÑSie bekommen die Hilfe, die Sie brauchen, aber versprechen Sie sich nicht zuviel davon. Wir haben viel zuwenig Menschen an Bord. Die INTERSOLAR ist nur sehr schwach bemannt.Ö ÑIch meinte es auch nur vorÅbergehend. Unsere Biopositroniken...Ö Bull winkte ab. Er freute sich, daÄ er helfen konnte, das spÅrte Pontonac, aber gleichzeitig tobte in ihm die Wut Åber die geheimnisvolle Macht, die fÅr diesen Zustand verantwortlich war. ÑWir wissen Bescheid. Diese Strahlung erstreckt sich auf alle Lebewesen ab einer gewissen EvolutionshÉhe. Wir haben ein Verfahren ausgeknobelt, mit dem man die Positroniken zu einwandfreiem Arbeiten bringen kann. Wir eliminieren einen GroÄteil der BioAnteile.Ö ÑHelfen Sie uns? Das heiÄt... wir haben am Schwanz der Kolonne ein Schiff, dessen Besatzung wir nicht kennen. Dort ist nicht ein einziger Immuner an Bord. Sie sollten ein Kommando dorthin schicken und ...Ö Bull sagte, wÜhrend er sich umdrehte, zu einem unsichtbaren GesprÜchspartner: ÑIhr habt mitgehÉrt. RÅstet das Notkommando aus, beladet eine Jet, und jemand soll, wenn mÉglich, das Schiff zur Erde fliegen und sofort wieder hierher starten.Ö Das GesprÜch ging hin und her. Die MÜnner in den Schiffen fragten, und Bull und Tifflor antworteten. Dann erkundigte sich der Staatsmarschall nach den Erlebnissen, und wieder registrierte Pontonac hilflose Wut. Endlich erwÜhnte Teerpa den Manipulator, und das rief bei Bull eine Reaktion hervor, die Edmond nicht erwartet hatte: Kannte auch Bull diese FlugkÉrper nur aus Berichten? ÑWo ist der Manipulator?Ö Pontonac beugte sich vor, drÅckte seinen Kontaktknopf und schaltete sich in das GesprÜch ein.
ÑSirÖ, sagte er. ÑDer Manipulator hat sich hinwegmanipuliert, aber wir haben vermutlich eine reiche Bildausbeute Åber diesen RaumflugkÉrper und sein Ende.Ö WÜhrend er mit Bull sprach, sah er, wie das Riesenschiff eine Jet aus schleuste. Die Space-Jet nahm direkten Kurs auf das kleine Schiff, und der Pilot bremste ruckartig ab, als er im Licht der vielen Landescheinwerfer die stÜhlerne Kette sah, die sich zwischen den Schiffen spannte. Pontonac muÄte grinsen, als er sich die Gesichter der MÜnner in der Jet vorstellte. ÑWie war das? Sie haben Bilder?Ö ÑJaÖ, sagte Pontonac. Bull schaute ihn zweifelnd an, dann fragte er verblÅfft: ÑSagen Sie ... sind Sie nicht der militÜrische Leiter des Mondes Titan?Ö ÑIch war esÖ, antwortete Pontonac. ÑAber widrige UmstÜnde haben mich aufgehalten.Ö Bull sagte nachdenklich: ÑDeighton hat Sie als terranischen Kurier und Diplomaten ausgeschickt, um Hilfe herbeizuholen. Ist das richtig? Aber das war vor drei Jahren!Ö ÑSeit dieser Zeit trieb ich mich auf Planeten des Shomona-Ordens herum.Ö Bull sagte entschlossen zu ihm: ÑHÉren Sie zu, meine Herren. Ich lasse Sie abholen, und Kommandos aus der INTERSOLAR kommen in Ihre Schiffe und helfen Ihnen! Bringen Sie Ihre gesamten Aufzeichnungen mit, es sind wichtige Informationen fÅr uns. So etwas haben wir gesucht.Ö Edmond nickte bestÜtigend, holte die TrÜger mit den Aufzeichnungen und die inzwischen entwickelten Aufnahmen aus der Kamera. WÜhrend er den Raumanzug anzog, sah er hin und wieder auf die Schirme. Aus der Jet kamen mehrere MÜnner in RaumanzÅgen, Éffneten mit der Sprengschaltung eine andere Hangarschleuse und schleusten dann die Jet ein. Die Portale schlÉssen sich wieder. Pontonac wÅrde erfahren, welches Chaos die MÜnner dort angetroffen hatten. Er glaubte, daÄ sie sehr schnell den Kurs programmieren und dann in den Linearraum starten wÅrden, um sich selbst die Arbeit da-
durch zu erleichtern, daÄ sie miterlebten, wie aus den Verdummten wieder hochintelligente Raumschiffsbesatzungen wurden. Pontonac packte die Aufzeichnungen in eine Bordtasche und wartete. Der Raumhelm lag auf dem Pult. ÑLeppa, sind Sie fertig?Ö fragte er dann. ÑJa, nur nicht ungeduldig werden. Jetzt ist alles in Ordnung. Vermutlich werden wir den Konvoi wieder auflÉsen mÅssen. Es ist fast schade darum.Ö Pontonac konnte noch nicht ganz glauben, daÄ die Probleme ein Ende hatten. Er ging langsam zur nÜchsten Schleuse und beruhigte unterwegs einige MÜnner, die mit Sprayfarbe versuchten, ein Bild von Ed im Raumanzug an die WÜnde zu bringen. Er sicherte die innere SchleusentÅr ab und setzte den Helm auf, schaltete FunkgerÜt und Versorgung ein und lieÄ dann die ÜuÄere Platte aufrollen. Er aktivierte die Beleuchtung - die Jet, die ihn abholte, wÅrde den Weg jetzt schnell finden. Vorausgesetzt, dachte er, es gelingt den MÅnnern unter Bull, die Biopositroniken zu beeinflussen. Was dann? Die sechzehn Schiffe wÅrden sich voneinander lÉsen und in wenigen Stunden durch den Linearraum zur Erde rasen. Dort muÄten die Kommandanten die Schiffe vermutlich mit der Handsteuerung landen. Wo das geschehen wÅrde, konnte man mit dem Staatsmarschall absprechen. Und dann...? Die Erde besaÄ wieder fÅnfzehn Immune mehr, aber einige tausend Menschen, die verdummt waren. Aber sie waren, wenn auch in gewissen Grenzen, lernfÜhig. Pontonacs Gedanken wurden unterbrochen, als vor ihm ein grelles Licht aufflammte und mehrmals blinkte. Er hob den Arm und sagte: ÑIch habe die Flottenwelle in meinem AnzuggerÜt eingestellt - wir mÅÄten uns verstÜndigen kÉnnen.Ö ÑVerstanden, Pontonac. Wir kommen halb in die Schleuse hinein. Sie steigen in die Polschleuse der Jet ein, und wir fliegen zurÅck in die INTERSOLAR. Klar?Ö ÑIch habe verstandenÖ, meinte Edmond und wartete.
Die Jet kam nÜher, verlangsamte den Anflug und manÉvrierte sich dann mit kleinen KorrekturstÉÄen in die Hangarschleuse hinein. Die kleine Polschleuse Éffnete sich, und Pontonac bÅckte sich und stieg ein. Eine Hand griff nach ihm und zog ihn hoch. Noch wÜhrend sich das Schott wieder schloÄ, schwebte die Jet rÅckwÜrts aus der Schleuse heraus, drehte sich und raste schrÜg davon, der riesigen Kugelzelle der INTER SOLAR entgegen. ÑWillkommen, Edmond Pontonac!Ö sagte ein hakennasiger Mann mit blauschwarzem, kurzem Haar und schÅttelte Pontonacs Hand. ÑSie sehen ziemlich mitgenommen aus.Ö ÑNicht anders fÅhle ich michÖ, sagte Edmond. ÑWie geht es bei euch?Ö Der Mann lachte verbittert. ÑKommen Sie in die Kuppel hinauf. Bei uns im Schiff ist natÅrlich alles in Ordnung - soweit man von Ordnung sprechen kann, wenn dreihundertzweiundzwanzig MÜnner und Frauen in einem solch riesigen Schiff zu steuern und zu arbeiten versuchen. Ganze Sektoren sind verÉdet.Ö Sie schwebten durch den Schacht nach oben. Der Weltraum zwischen INTERSOLAR und den sechzehn Schiffen war von den Diskussen der Jets, von Scheinwerfern und Licht erfÅllt. Die Kommandos aus den Reihen der Åber dreihundert Immunen um Bull und Tifflor SchwÜrmten aus, insgesamt etwa achtzig Frauen und MÜnner mit ihren GerÜtschaften. ÑAuÄer Bull und Tifflor haben wir Corello und Baiton Wyt an BordÖ, sagte der schwarzhaarige Mann. ÑHaben Sie hier die Aufzeichnungen untergebracht?Ö Er deutete auf Pontonacs Tasche. ÑJa.Ö Zwei Jets schleusten sich hintereinander ein. Endlich war Edmond in der Lage, Kommandant Leppa die Hand zu schÅtteln. Der Mann war fast so groÄ wie er selbst, aber breiter in den Schultern. Er hatte zuviel Fett um den Bauch und hielt es mit einem auffallend breiten, modischen GÅrtel zusammen.
Er fragte sofort jemanden aus Pontonacs Begleitung: ÑWarum ist die INTERSOLAR eigentlich hier unterwegs?Ö Die ErklÜrung war einfach. ÑBull wollte versuchen, Åberall dort, von wo aus er Hilferufe hÉrte, Menschen zu sammeln. Wir mÅssen alles vÉllig neu organisieren. Aus den technifizierten Planeten mÅssen, wenigstens zum Teil, Agrarwelten werden, sonst verhungern Milliarden.Ö WÜhrend sie zu den PrivatrÜumen Bulls gefÅhrt wurden, hatten sie ausgiebig Gelegenheit, sich in einem sauberen Schiff umzusehen, das in allen seinen Teilen erstklassig funktionierte. Die Biopositroniken schienen ausnahmslos durch Positroniken ersetzt worden zu sein. Sie erfuhren auch mehr Åber die EinsÜtze der INTERSOLAR. Das Schiff war Anfang Mai gestartet und hatte bereits Kontakt mit Rhodan gehabt. ÑRhodan ist also zurÅck!Ö stellte Pontonac fest. ÑEr kam in eine total verwirrte GalaxisÖ, sagte einer der MÜnner. ÑWir fliegen auch USO-Stationen an und helfen, wo es geht. Aber es bleibt bei allen intensiven BemÅhungen immer nur StÅckwerk, wir sind zuwenig Leute.Ö ÑIch verstehe.Ö Endlich saÄen sie, nach einer herzlichen BegrÅÄung, Bull gegenÅber. Sie befanden sich in einer Kabine, die geradezu auffallend von ihrer seit Monaten gewohnten Umgebung abstach. Auf die Frage, ob sie etwas zu essen haben wollten, antworteten sie einstimmig: ÑJa, Sir.Ö Minuten spÜter standen ausgezeichnete Essensportionen, groÄ, heiÄ und wÅrzig, vor ihnen. Dazu eine Auswahl von GetrÜnken, die sie glauben lieÄen, sie wÜren in einem Luxusrestaurant in Terrania City. ÑWir haben ZeitÖ, sagte Bull ruhig. ÑEssen Sie und berichten Sie mir dann. Zuerst interessieren mich die Schiffsnamen und besondere Vor fÜlle.Ö Davyd Leppa begann zu erzÜhlen. Er schilderte dem Staatsmarschall, wie sich zufÜllig vier Schiffe gefunden hatten. Dies war zu einer Zeit gewesen, als die einzelnen Immunen die Situation an Bord noch lange nicht beherrscht hatten. HÜufige Pannen waren die Folge gewesen. Immerhin entschloÄ man
sich, zunÜchst ein mal eine Weile lang zu beschleunigen und im Normalraum auf Erdkurs zu gehen. Man sagte sich, Zufall oder nicht, daÄ hier, wenn Åberhaupt an einer Stelle, die Schiffskonzentrationen am dichtesten seien. Die vier Kommandanten hatten recht behalten. Nach und nach kamen aus allen Gegenden elf weitere Schiffe. Der Zufall hatte sie entweder nahe dieser Stelle oder in noch solch gÅnstiger Entfernung aus dem Linearraum kommen lassen, daÄ man sich per Funk kontakt verstÜndigen und sammeln konnte. Die anderen Schiffe schlÉssen sich dem langsamen Flug in Richtung Sol an. Als letztes Schiff kam endlich die GIORDANO BRUNO. Dann berichtete Bull, was passiert war. Neue Begriffe tauchten auf. Der Schwarm ... Der Homo superior... SchlieÄlich beendete Bull seinen Bericht. Er sagte: ÑJetzt wissen Sie, was Sie auf der Erde erwartet. Versuchen Sie, mit Roi Danton Kontakt aufzunehmen. Er wird Ihnen eine Aufgabe zuweisen, die sich von denen kaum unterscheidet, die Sie sieben Monate lang hatten. Ich muÄ Ihnen allen meine Hochachtung aussprechen, denn was Sie geschafft haben, war fast Åbermenschlich.Ö Edmond lÜchelte und sagte endlich in seiner bekannten, liebenswÅrdigen Art: ÑNach dem Essen und im BewuÄtsein, daÄ wir in wenigen Stunden auf Terra landen, ist jede Aufgabe lÉsbar, Sir.Ö Ein Bildschirm flammte auf: Ein Sprecher meldete sich. ÑSir, das Kommando, das in die GOLDEN GATE eingedrungen ist, bittet Sie, einen Bildfunkanruf entgegenzunehmen!Ö ÑSchalten Sie durchÖ, sagte Bull und zu den beiden MÜnnern gewandt: ÑEntschuldigung!Ö Edmond und Davyd sahen sich an. Wohltuende MÅdigkeit hatte sie ergriffen. Das GefÅhl, daÄ sie alle Schufterei hinter sich hatten, trug dazu bei, ihre Spannung abzubauen. Wenn sie sich nicht zusammennahmen, wÅrden sie hier im Sessel ein schlafen und vierundzwanzig Stunden lang nicht wieder aufwachen. Ein Mann im Raumanzug ohne Helm erschien auf dem Bildschirm.
ÑSir, Sie mÅssen uns helfen. Wenn wir das Schiff starten wollen, dann mÅssen wir zuerst die Kette abschieÄen, die zwischen der GOLDEN GATE und der GIORDANO BRUNO JUNIOR hÜngt. Diese einfallsreichen RaumkapitÜne haben zwei Schiffe einfach aneinandergebunden wie zwei Spielzeuge.Ö Bull setzte sich kerzengerade hin, musterte Leppa und Pontonac und brach dann in ein drÉhnendes GelÜchter aus. Pontonac erklÜrte Bull, wie es zu er Verwendung der schweren Terkonitstahlkette gekommen war. KopfschÅttelnd hÉrte Bull zu, und dann fragte er verblÅfft: ÑSie allein haben die Kette ins andere Schiff hinÅbergezerrt?Ö ÑIch habe lediglich eine Winde und einen alten Pfadfindertrick angewandt. DÅnnes Seil, dickeres Seil, dÅnne Kette, dann schwere Kette.Ö Die INTERSOLAR nahm Fahrt auf und nÜherte sich seitlich den bei den letzten Schiffen des dahintreibenden Konvois. Eine GeschÅtzstation war bemannt, und ein gezielter SchuÄ schnitt die Terkonitkette schon beim zweiten Versuch auseinander. Dann war die GOLDEN GATE frei. Sie sahen zu, wie sich die Jet wieder ausschleuste, in die INTERSOLAR flog, dort, bis auf einen, alle Frauen und MÜnner absetzte und schlieÄlich in der kleinen, zerbeulten GOLDEN GATE verschwand. Die Triebwerke flammten auf. Das kleinste und letzte Schiff des Verbandes scherte aus, Åberholte die anderen fÅnfzehn energetisch gefesselten Schiffe und raste mit flammen den Partikeltriebwerken davon. Minuten spÜter hatte es Lichtgeschwindigkeit erreicht und ging in den Linearraum. Das erste Schiff war gerettet. ÑZufrieden?Ö fragte Bull. Leppa strahlte ihn an. ÑUnser Sorgenkind ist auÄer Gefahr. Die Menschen, die zweimal mit anderen Schiffen kollidiert sind, werden jetzt wieder normal. Aber wir haben nicht gehÉrt, wie es im Innern des Schiffes aussah.Ö Bulls gute Laune verschwand schlagartig.
ÑMeine Leute sind solche Szenen gewohnt. Wenn es Tote gegeben hÜtte, wÜre eine Meldung erfolgt. Sie haben also Grund zu der Annahme, daÄ soweit alles im Rahmen des áblichen ist.Ö Seine Stimme wurde ein dringlich und beschwÉrend. ÑStellen Sie sich vor - so geht es Tausenden von Schiffen! Ein solches Chaos hatten wir nicht einmal wÜhrend der KÜmpfe mit den Blues!Ö Dann stand Bull auf. ÑIch habe die wichtigsten Leute des Schiffes in einen kleinen Sitzungssaal zusammengerufen. Sie haben Gelegenheit, Ihre Aufnahmen zu kommentieren, Edmond. Wir sind sehr gespannt.Ö Pontonac schaute seine Tasche an. ÑDie erste Information dieser Art?Ö ÑJaÖ, sagte Bull und nickte. ÑUnd ich glaube, auch die beste, die wir haben konnten. Wie gesagt: Wir kennen kaum etwas Åber die Natur dieser Leute innerhalb des Schwarmes. Wir wissen nur, wie gefÜhrlich sie sind. Obwohl ...Ö Er zÉgerte und fuhr nachdenklich fort: ÑObwohl das, was fÅr uns gefÜhrlich und lebensfeindlich erscheint, fÅr sie vielleicht keinerlei Bedeutung hat. Aber eine Macht, die in der Lage ist, eine Galaxis zu durchqueren, muÄ wissen, welche Auswirkungen diese Manipulatoren haben.Ö Pontonac griff in die Tasche und nahm die DatentrÜger hervor. Er stellte sie auf Bulls Schreibtisch. ÑSir, das hier ist genau, was Sie suchen. FunksprÅche und Notrufe, die ich von wenigen Immunen auf verschiedenen Planeten erhalten habe. Sie baten, die Situationsberichte weiterzuleiten. Die Frauen und MÜnner befinden sich in verzweifelter Lage - es fehlt ihnen hauptsÜchlich an den Kenntnissen der Bodenbearbeitung und an den nÉtigen Maschinen und Techniken, um ihre Leute am Leben zu erhalten.Ö Bull sagte leise und bedauernd: ÑWir werden tun, was wir kÉnnen. Wenige, ich betone wenige, Dinge haben sich sicher schon erledigt. Gehen wir.Ö Langsam gingen sie etwa zweihundert Meter weit, dann befanden sie sich in dem kleinen Sitzungssaal des Schiffes. Ein riesiger Projektor schirm war eingeschaltet worden, und Edmond gab einem Techniker die DatentrÜger. Etwa fÅnfzig Frauen und MÜnner waren anwesend.
Bull stellte Pontonac vor, und der ehemalige Leiter des Saturnmondes erkannte Wyt und Tifflor, er sah auch in seinem SpezialStuhl den Mutanten Ribald Corello sitzen. Dann wurde der Saal verdunkelt, und das erste Bild erschien. Edmond setzte sich, bog das Mikrophon zu sich heran und rÜusperte sich. Dann fing er an, die Bilder zu kommentieren. Er erlebte noch einmal seinen Weg durch das rÜtselhafte Raumschiff mit. SchlieÄlich stand der Gelbe GÉtze auf dem Bildschirm. Gestochen scharf, wie Edmond bemerkte. ÑDas ist eine Gottheit oder ein GÉtze, dessen Geschlecht sÜchlich istÖ, sagte Edmond. Die bÉse, eindrucksvolle Fratze des GÉtzen erschreckte die Frauen und MÜnner. ÑWoher wissen Sie das?Ö fragte Tifflor aus seinem Sessel. ÑEine Stimme hat es mir zugeflÅstert. Ich weiÄ nicht, wie dieser Effekt zustande kam, aber ich habe nicht getrÜumt.Ö ÑWas sagte sie?Ö ÑDas ist Y'Xanthymr, das tÉtet und dabei rote Steine weintá, sagte Pontonac. ÑSie werden spÜter sehen, was es mit diesen roten Steinen auf sich hat.Ö ÑHaben Sie das gehÉrt?Ö fragte Wyt verblÅfft. Er glaubte es nicht. ÑJa. Das ist sicher. Ich bin Halbmutant und reagiere empfindlich auf gewisse unterschwellige AusstrahlungenÖ, meinte Edmond. ÑEin GÉtze mit sÜchlichem Geschlecht. Nicht die oder der Y'Xanthymr, sondern das Y'Xanthymr.Ö Dann drÅckte er wieder auf den Knopf, und das nÜchste Bild erschien. Edmond kommentierte weiter, und erstmals sah auch Leppa, was sein Kamerad dort in dem rochenÜhnlichen Raumschiff erlebt hatte. SchlieÄlich kamen die Bilder, deren Belichtung nicht mehr korrekt war. Edmond erklÜrte, daÄ der Computer ausgefallen war, und er schilderte, so gut er konnte, die umriÄhaften Bilder, die alle unterbelichtet waren, aber das grÅne Leuchten sehr gut erkennen lieÄen. Die vollkommen fremden Formen und der Umstand, daÄ keinerlei Technik zu sehen war, verblÅfften die Fachleute in dem kleinen Saal.
Zwischenfragen wurden gestellt. Edmond beantwortete sie, dann sagte er: ÑDas waren die Aufnahmen, die ich machen konnte. Wir zogen den Manipulator dann an ein Schiff heran, programmierten unsere Beschleunigung und erhÉhten die Geschwindigkeit. ZufÜllig sahen wir, was dann plÉtzlich begann.Ö Edmond streckte seine Beine aus, die Nerven begannen zu schmerzen, hoch oben Åber dem Becken, neben der WirbelsÜule. Dann erschienen auf beiden Schirmen die Sterne. Sekunden spÜter sahen die Immunen, wie der Manipulator zu glÅhen begann. Und dann erlebten alle Anwesenden eine verblÅffende áberraschung. Die Bilder lieÄen jede Unterhaltung verstummen. Sie waren faszinierend. Reginald Bull sah: Er saÄ in seiner Administration in seinem Sessel, schaltete gerade den Pultkommunikator aus und grinste. Dann rief er: ÑNur herein, Perry!Ö Rhodan kam herein, setzte sich, und die beiden MÜnner unterhielten sich. Die Themen, Åber die sie sprachen, wurden illustriert. Bull sah Bilder aus der Welt des Planeten Erde. Raumschiffe starteten und landeten, die letzten SchÜden der Beben, die nach der SelbstzerstÉrung der Urmutter aufgetreten waren, wurden beseitigt. Von allen Teilen der Galaxis trafen Botschaften und HandelsgÅter ein. Es war eine Zeit des Friedens. Der Sonnenschein, der Åber der Szene lag, war charakterisierend. Er symbolisierte die heitere Ruhe, die Åber den Planeten lag. Der Paratronschutzschirm lag um das System wie eine schillernde Blase, die alle Gefahren forthielt. Kunst und Kultur blÅhten. Aus allen Teilen der MilchstraÄe kamen Besucher und Studenten. Die Zahlungsbilanz war positiv, und die Erde war und blieb ein reicher Planet, der es sogar geschafft hatte, seine eigenen Krisen und StÉrungen abzuschaffen. Es gab keine kleineren oder grÉÄeren Kriege, weder auf den Planeten noch im EinfluÄbereich des Solaren Imperiums. Alles war in einer vorbildlichen Ordnung.
ÑSchlieÄlichÖ, sagte Rhodan zufrieden, Ñhaben wir uns lange und intensiv darum bemÅht. Hoffentlich hÜlt dieser Zustand einige Jahrhunderte lang an.Ö ÑDu scheinst dich danach zu sehnen, wieder mit der MARCO POLO irgendwelche Abenteuer zu erleben, und wenn sie ausbleiben, ihnen nachzurasen, nicht wahr?Ö fragte Bull. Zu Bulls áberraschung sagte Perry Rhodan: ÑKeineswegs, mein Freund. Ich habe nachgerade genug erlebt in den letzten eineinhalb Jahr tausenden.Ö Dann verschwamm das Bild, und Bull sah einen halbdurchsichtigen Schleier, der aussah, als treibe eine kristallene Wolke zwischen den Sternen dahin. Er setzte sich auf und drehte sich um. Edmond Pontonac sah: Langsam ging er Åber einen der breiten Boulevards in Atlan Village, Terrania City. Er befand sich im Schatten der riesigen, uralten BÜume und steuerte auf eine Rampe zu, an deren Ende sich ein Åberdachtes Restaurant befand. Seine Prothesen bewegten sich, als ob sie nicht aus Stahl bestÅnden, sondern aus Knochen, Fleisch und Muskeln. Dort oben, an einem reservierten Tisch, wartete eine alte Freundin auf ihn, sie waren zum Essen verabredet. Edmond Pontonac freute sich Åber die heiteren Farben, Åber die Kleidung der exotischen Besucher dieser Stadt. Er freute sich, daÄ er wieder hier war, nach den Jahren auf Caudor II. Und er freute sich noch mehr darÅber, daÄ sie alle Gelegenheit hatten, Wochen und Jahre lang nicht an Sammler oder Pedotransferer zu denken. Er ging die Rampe hinauf, sah sich suchend um und entdeckte Caryna an einem Tisch, der ebenfalls im Schatten stand. Ein weiÄer Kellnerrobot stand neben ihr und hÉrte sich geduldig an, was sie aussuchte. Er winkte, sie sah ihn und winkte zurÅck. Langsam ging er zwischen den Tischen, zwischen anderen GÜsten hindurch und setzte sich. Caryna bestellte halblaut einen Mokka. Der Robot beeilte sich. Pontonac schloÄ die Augen, weil ihn ein Reflex blendete, der von der Frontscheibe eines vorbeifahrenden Gleiters kam. Als er sie
wieder Éffnete, sah er, wie auf der Panoramagalerie eine glitzernde Wolke vorbeizog. ÑDas ... das ist vollkommen unmÉglich!Ö flÅsterte er. Reginald Bull sagte laut und deutlich: ÑSie scheinen bemerkenswerte kinematographische Experimente angestellt zu haben, Pontonac.Ö ÑNeinÖ, sagte Edmond. ÑDas war nicht ich, das war der Manipulator. Fragen Sie Ihre Frauen und MÜnner hier - jeder hat etwas anderes gesehen. Richtig? Was haben Sie gesehen, Ribald Corello?Ö Corello antwortete etwas verlegen: ÑIch habe mich mit meiner Mutter unterhalten, Kommandant.Ö Pontonac nickte. ÑWenn Sie weiterfragen, Sir, werden Sie so viele Antworten bekommen, wie hier Menschen diesen Film gesehen haben. Das ist ein teuflischer Trick der Fremden aus dem Schwann.Ö ÑSo scheint es zu sein!Ö sagte Davyd Leppa. Eine aufgeregte Diskussion folgte. ÑJedenfalls steht nach dieser Auseinandersetzung folgendes festÖ, sagte Leppa. ÑJeder von uns Kommandanten hat mehr oder weniger deutlich gesehen, wie dieses verdammte Ding aufglÅhte, durchsichtig wurde und wie schlieÄlich aus den Augen des GÉtzen rote Geschosse herausflogen und den Rochen zertrÅmmerten.Ö Das SchluÄbild entsprach wieder den Tatsachen - es war tatsÜchlich ein kristallen aussehender Schleier, der davonwehte. Tifflor wandte ein: ÑVermutlich ist wÜhrend der Explosion eine Strahlung frei geworden. Das ist eine verschwommene These von mir, ich weiÄ. Der Manipulator oder die hier existierende Strahlung auf der Basis der Gravitationskonstante hat in unseren Vorstellungen diesen Effekt hervorgerufen. Wir werden, wenn wir Zeit haben, unsere Wissenschaftler darauf ansetzen.Ö ÑFrÅher oder spÜter finden wir es heraus!Ö sagte Bull, aber seine Stimme klang nicht sehr Åberzeugt. Leppa stand auf, dankte dem Techniker und sagte: ÑSir, wir genieÄen diese Stunden, in denen wir vor unseren Kindern Ruhe haben, aber wÜre es nicht besser, wir wÅrden die Schiffe starten?Ö Reginald sah den anderen Besatzungsmitgliedern zu, wie sie den Saal verlieÄen.
ÑJa. Das ist sicher richtigÖ, sagte er. Sie gingen in die Zentrale, und nacheinander lieÄ Bull die einzelnen Mannschaften in den fÅnfzehn Schiffen abrufen. ÑDer Austausch ist beendetÖ, sagte er dann. ÑDie Biopositroniken sind blockiert, und der Linearflug zur Erde wird keine Schwierigkeiten machen. Wir haben so lange Zeit, bis der Pilot der GOLDEN GATE zurÅckkommt. Wir brauchen ihn.Ö Pontonac sah auf die Uhr. ÑEs ist kurz vor MitternachtÖ, sagte er leise. ÑWir sollten starten.Ö Bull nickte nur. Die Spezialisten hatten in den Kursrechnern und den angeschlossenen Schaltungen BlÉcke installiert, die auf rein positronischer Basis funktionierten. Dadurch waren Fehlschaltungen ausgeschlossen; die Schiffe wÅrden genau das programmierte Ziel erreichen. Ein kurzer Linearflug war es nur bis ins Solsystem. Pontonac und Leppa zogen ihre RaumanzÅge wieder an und lieÄen sich von Bull bis zum Hangar begleiten. ÑSicher haben Sie wie wir die pausenlos durchgegebenen Hilferufe gehÉrt, Sir?Ö erkundigte sich Davyd Leppa besorgt. ÑSelbstverstÜndlichÖ, sagte der Staatsmarschall. ÑWir werden tun, was wir kÉnnen. Ich befÅrchte aber, daÄ wir selbst in KÅrze noch viel grÉÄeren Problemen gegenÅberstehen werden.Ö Leppa verschwand in der Schleuse der Space-Jet. Pontonac blieb neben dem Landebein stehen und fragte alarmiert zurÅck: ÑWie meinen Sie das?Ö Bull schaute ihn beunruhigt an. ÑIch fÅrchte, daÄ die Erde und das Solsystem in der Flugrichtung des Schwarms liegen. FrÅher oder spÜter werden dessen Herren auch Åber unser System herfallen. Verdummt sind schon alle Menschen, Terrania City ist eine Stadt, in der das Chaos grassiert, und ich sehe keine MÉglichkeit, das alles zu Ündern. Dennoch werden wir mit der INTERSO LAR im Weltraum bleiben. Es ist eigentlich die Aufgabe der GOOD HOPE II, den Schwarm zu beobachten. Aber auf der Basis Ihrer Beobachtungen werden wir uns einen Abstecher erlauben, auch um Perry Rhodan zu unterrichten.Ö Pontonac verstand. Er drÅckte Bulls Hand und stieg ein.
Die Jet schwebte davon und setzte zuerst Kommandant Leppa ab. Dann kletterte Pontonac hinaus, winkte und schloÄ die ÜuÄere Schleusenpforte. ÑEs geht los, EdmondÖ, sagte er, als er sich wieder im Bereich der gewohnten Umgebung befand, Ñeiner hÉchst ungewissen Zukunft entgegen.Ö Er sah auf die Uhr, als er die Zentrale betrat. Alle seine MÜnner schienen zu schlafen, und das war gut so. Kurz vor Mitternacht. Edmond Pontonac setzte sich, registrierte verwundert, daÄ sein Platz gesÜubert war, und nahm die notwendigen Schaltungen vor. Fast gleich zeitig mit der GIORDANO setzten sich auch die anderen Schiffe in Bewegung und verteilten sich, nachdem die Traktorstrahlen ausgeschaltet worden waren. Zuerst raste die PROTEUS davon, und Pontonac rief Leppa zu: ÑGute Landung! Seite neunundsiebzig des Handbuchs!Ö Leppas Laune war ansteckend. ÑIch zahle eine Runde, wenn ich eine Bruchlandung baue!Ö Schiff um Schiff verschwand im Linearraum. Endlich folgte auch Pontonac.
22. Der Schwarm Als Powee Froud-Crofton aufwachte, stellte er fest, daÄ er an den Pilotensitz gefesselt war. Er stemmte sich gegen die Stricke, die um seine Brust und die Lehne des Sessels geschlungen waren. Seine Beine waren zusammengebunden und unter dem Sitz festgehakt. Sicher wÜre es Froud-Crofton frÅher leichtgefallen, sich aus diesen Fesseln zu befreien, doch jetzt war sein Gehirn verdummt und konnte die ZusammenhÜnge nur schwer begreifen. áber eines war sich der Mediziner im klaren: Die Fesselung war eine neue Schikane des Stoibers. Powee Froud-Crofton unterbrach seine Anstrengungen. Er lieÄ sich im Sitz zurÅcksinken.
Durch die Kuppel des kleinen Raumfahrzeugs konnte er den Weltraum sehen. Die ANNIOK flog seit der Katastrophe mit einem Zehntel Licht. Nur einmal im Verlauf der vergangenen sechs Monate hatte Froud-Crofton sich an den Kontrollen zu schaffen gemacht. Dabei wÜre die ANNIOK fast explodiert. Der Mediziner hatte sich damit abgefunden, daÄ er nicht mehr in der Lage war, die Steuerund Kontrollinstrumente seines Schiffes zu bedienen. Er war zu dumm dazu! Froud-Crofton fÅhlte sich schwach. Der StobÜer gab ihm immer weniger Nahrung, denn die VorrÜte gingen zur Neige, ohne daÄ sich von irgendeiner Seite Hilfe abzeichnete. Froud-Crofton war Mediziner und Fachmann auf dem Gebiet der Strahlenkrankheiten. Er war ein kleiner, temperamentvoll wirkender Mann. Er besaÄ kÅnstliche Lungen und eine Brustplatte aus einer, Ynkelonium-Legierung. Die ANNIOK war Froud-Croftons Schiff, aber er wÅnschte, er hÜtte sie nie besessen. Ohne ein eigenes Schiff wÜre der Mediziner gezwungen gewesen, Tapmedie Ulpanius an Bord eines Passagierraumers zu bringen. Dann wÜren Froud-Crofton alle Unannehmlichkeiten, die er in den letzten Monaten hatte erdulden mÅssen, erspart geblieben. Froud-Crofton hÉrte ein GerÜusch. Er drehte den Kopf und sah Tapme die Ulpanius in die kleine Kommandozentrale kommen. Der StobÜer war nur einen Meter groÄ. Aus seinem kugelfÉrmigen KÉrper ragten dicke Beine und kurze ârmchen. Die Åberlangen Spinnenfinger des StobÜers bewegten sich wie Schlangen Åber die lederartige Haut des unbekleideten KÉrpers. Der Kopf des Fremden war im VerhÜltnis zum KÉrper klein, kugelfÉrmig und mit zwei groÄen Triefaugen, einer flachen Nase und einem lippenlosen Schnappmund ausgerÅstet. Tapmedie Ulpanius war Demonstrationskranker. Er litt an einer Strahlenkrankheit, die er sich beim Knacken eines mit Strahlen gesicherten Tresors zugezogen hatte. Er besaÄ so ziemlich alle schlechten Charaktereigenschaften, die ein intelligentes Wesen auf sich vereinigen konnte.
Es war Froud-Croftons Pech, daÄ das strahlenverseuchte Gehirn des StobÜers nicht so stark auf die Verdummungsstrahlung reagiert hatte wie das des Mediziners. Vor der Katastrophe hatte Froud-Crofton es sich erlauben kÉnnen, Tapmedie Ulpanius frei an Bord der ANNIOK herumlaufen zu lassen. Er hatte den StobÜer immer unter Kontrolle gehabt. Ulpanius griff nach einem Becher, der auf der kleinen Positronik stand, und nÜherte sich damit dem gefesselten Mann. ÑTrinken?Ö fragte er, wobei seine flippende Zunge schnalzende GerÜusche erzeugte. Froud-Crofton war leidenschaftlicher Teetrinker, aber Ulpanius hatte ihm seit der Katastrophe nie etwas anderes als Wasser gegeben. Ulpanius drÅckte den Kopf des Mannes nach vorn und goÄ ihm den Inhalt des Bechers in den Nacken. Froud-Crofton spÅrte, wie die FlÅssigkeit Åber seinen RÅcken lief und schlieÄlich von der Stoffunterhose auf gesaugt wurde. ÑBinde mich los!Ö Üchzte er. Der StobÜer watschelte um ihn herum und beobachtete ihn. Seine leuchtenden Augen bewiesen, daÄ er sich wieder TeeblÜtter aufgekocht und die FlÅssigkeit injiziert hatte. In diesem Zustand war der StobÜer besonders gewalttÜtig und niedertrÜchtig. Er befand sich in einer Art Rausch, ohne das VerstÜndnis fÅr seine Umwelt vÉllig zu verlieren. ÑBinde mich los!Ö forderte Froud-Crofton erneut. ÑIch will mich bewegen kÉnnen. Ich habe Hunger.Ö Tapmedie Ulpanius zwickte ihn in die Waden und kletterte dann auf die Kontrollinstrumente. Sein KÉrper verformte sich dabei wie ein wassergefÅllter Sack. ÑWann wirst du fliegen kÉnnen, Terraner?Ö Powee Froud-Crofton schÅttelte verzweifelt den Kopf. ÑIch kann nicht, das weiÄt du. Ich weiÄ nicht, wie alles funktioniert.Ö Er bemÅhte sich immer, deutlich und verstÜndlich zu sprechen, doch seit der Katastrophe hatte er seine Redegewandtheit verloren und war froh, wenn er ein paar vernÅnftige SÜtze zustande brachte.
Tapmedie Ulpanius trat ihm gegen die Beine. ÑDu willst nicht fliegen!Ö ÑDas ist nicht wahr!Ö beteuerte Froud-Crofton. ÑIch kann es nicht. Du weiÄt, daÄ ich es versucht habe.Ö Tapmedie Ulpanius fluchte in der Sprache seines Volkes. ÑIch habe Hunger!Ö wiederholte Froud-Crofton. ÑDu bekommst nichtsÖ, sagte der Demonstrationskranke. ÑIch gebe dir nichts mehr. Meinetwegen kannst du sterben.Ö Diese Drohung hatte der StobÜer schon oft ausgesprochen, aber bisher noch nicht verwirklicht. Er wuÄte, daÄ er ohne Froud-Crofton verloren war. Mit seinem auf DiebstÜhle spezialisierten Wissen hÜtte Ulpanius die ANNIOK niemals steuern kÉnnen. Diesmal schien Ulpanius jedoch Ernst zu machen. Die VorrÜte reichten noch fÅr zwei Wochen - wenn sie beide davon aÄen. Wenn Ulpanius dem Mediziner weitere Rationen verweigerte, konnte er seine Lebenserwartung auf vier Wochen steigern und hoffen, daÄ ein Zufall ihm zu Hilfe kommen wÅrde. In einem plÉtzlichen Wutanfall sprang Tapmedie Ulpanius auf den Mediziner los. Die Spinnenfinger klatschten in Froud-Croftons Gesicht. Er wehrte sich, so gut das in seiner jetzigen Lage Åberhaupt mÉglich war. Als der StobÜer von ihm ablieÄ, blutete er aus der Nase. Es war nicht das erstemal, daÄ Ulpanius ihn auf diese Weise miÄhandelte. Sein KÉrper wies zahlreiche Prellungen und Wunden auf. Froud-Crofton war infolge seiner Verdummung nicht in der Lage, die Situation auf ihre psychologische Bedeutung zu ÅberprÅfen. Sein HaÄ auf den StobÜer wuchs von Tag zu Tag. Atemlos stand Ulpanius neben dem Pilotensitz. Mit seinen Triefaugen erinnerte er entfernt an einen treuen Hund. ÑWirst du jetzt fliegen?Ö rief er wÅtend. Froud-Crofton lieÄ den Kopf nach vorn sinken. Er hÉrte, daÄ Ulpanius sich entfernte. Wieder stemmte er sich gegen die Fesseln, aber der StobÜer hatte die Stricke geschickt verknotet. Der Mediziner atmete auf, als Ulpanius die Zentrale verlieÄ. Der StobÜer begab sich jetzt in die kleine KombÅse der ANNIOK. Dort, unter dem warmen Erhitzer, war sein Lieblingsplatz. Vor der Ka-
tastrophe hatte Froud-Crofton niemals zugelassen, daÄ Ulpanius dort lag, denn die WÜrme Éffnete die FlÅssigkeitsporen in Ulpanius' Haut und lieÄ deren Åbelriechenden Inhalt auslaufen. Froud-Crofton zwang sich zum Nachdenken. Sein ErinnerungsvermÉgen war nicht beeintrÜchtigt. Er wuÄte noch genau, wie er von Parsid II aus aufgebrochen war, um Tapmedie Ulpanius nach Waron zu bringen. Die Klinik auf Waron galt als fÅhrend auf dem Gebiet von Strahlenkrankheiten. Froud-Crofton hatte an Tapmedie Ulpanius eine neue Heilmethode demonstrieren wollen. Als jedoch vor ungefÜhr sieben Monaten die ANNIOK aus dem Linearraum gekommen war, hatte Froud-Crofton am eigenen KÉrper erfahren, wie gefÜhrdet ein Individuum durch eine die Galaxis umspannende unerwartete Katastrophe war. Powee Froud-Crofton war mit einem Schlag verdummt und hatte sich als unfÜhig erwiesen, die ANNIOK weiter zu fliegen. Deshalb war das kleine Schiff auch nicht in den Linearraum zurÅckgekehrt. Es war Froud-Croftons Pech, daÄ Tapmedie Ulpanius, der sich bis zum Augenblick der Katastrophe unterwÅrfig benommen hatte, von der Verdummungswelle nicht im gleichen MaÄe wie der Mediziner betroffen worden war. Von diesem Augenblick an hatten sich die VerhÜltnisse an Bord der ANNIOK grÅndlich gewandelt. Der StobÜer hatte schnell begriffen, wie hilflos der Mediziner war. Tapmedie Ulpanius hatte alle UnterwÅrfigkeit abgelegt und damit begonnen, Froud-Crofton zu schikanieren. Froud-Croftons kÅnstliche Lungen pfiffen, als er sich im Sitz hoch stemmte und abermals versuchte, die Fesseln zu sprengen. Es gelang ihm, seine FÅÄe unter dem Sitz hervorzuziehen. Er stemmte sich hoch. Als er fast stand, verlor er das Gleichgewicht und kippte seitwÜrts aus dem Sessel. Die Stricke, die um die Lehne des Sitzes geschlungen waren, gaben nach. Froud-Crofton rutschte neben dem Sitz auf den Boden. Er spÜhte in Richtung des Eingangs, denn er war sich darÅber im klaren, daÄ Tapmedie Ulpanius den LÜrm hÉren muÄte. Der Mediziner bekam die HÜnde nicht frei, aber er konnte in die Hocke gehen und in dieser Stellung ein paar Meter durch die Zent-
rale hÅpfen. Sein Ziel war die Positronik, auf der ein paar Nahrungskonzentrate lagen. Als er den Computer fast erreicht hatte, kam Ulpanius in die Zentrale gewatschelt. Er blieb im Eingang stehen und sah zu, wie Froud-Crofton mit zusammengebundenen Armen und Beinen durch die Zentrale hÅpfte. UnfÜhig, sich auf etwas anderes als auf den einmal gefaÄten EntschluÄ zu konzentrieren, nÜherte Froud-Crofton sich der Positronik. Als er sie erreicht hatte, stellte er fest, daÄ er die Konzentrate mit den HÜnden nicht erreichen konnte. Er lieÄ sich auf den RÅcken fallen und schob die Beine Åber den oberen Rand des RechengerÜtes. Doch die Konzentrate lagen zu weit hinten, so daÄ Froud-Crofton nicht herankam. Tapmedie Ulpanius brach in schrilles GelÜchter aus. Der Mediziner wÜlzte sich auf die andere Seite. Die Beine angewinkelt, schob er sich, mit dem RÅcken an die AuÄenwand der Positronik gepreÄt, langsam nach oben. Auf diese Weise gelangte er mit dem Kopf Åber den oberen Rand der Anlage. Er konnte die vier Nahrungskonzentrate sehen. Sie lagen einen halben Meter von seinem Gesicht entfernt. Froud-Crofton war schweiÄgebadet. Die Anstrengungen hatten seinen ohnehin geschwÜchten KÉrper erschÉpft. Nachdem er sich einen Augenblick ausgeruht hatte, setzte er seine BemÅhungen fort. Die ganze Zeit Åber war er sich darÅber im klaren, daÄ Tapmedie Ulpanius im letzten Augenblick eingreifen und verhindern wÅrde, daÄ er an die Nahrungskonzentrate herankam. Er stemmte sich noch hÉher, bis er sich langsam auf die Positronik schieben konnte. Es gab ein hohles GerÜusch, als er mit der Brust voran gegen das GerÜt fiel. In diesem Augenblick kam Ulpanius heran und packte ihn von hinten an den Beinen. MÅhelos zog der StobÜer den Terraner wieder von der Positronik. Froud-Crofton stieÄ einen Schrei der EnttÜuschung aus. Er schlug mit dem Kinn gegen die obere Kante des Computers. Seine HÜnde zuckten in den Fesseln, aber er konnte sie nicht ausstrecken, um den
Sturz zu bremsen. Rasselnder Atem war zu hÉren, als er auf den Boden schlug. ÑEs gibt nichts mehr zu essen!Ö schrie Ulpanius. Er hÅpfte auf den RÅcken des Terraners und trampelte auf ihm herum. ÑEs gibt nichts mehr!Ö Er begann in eine dem Mediziner unbekannte Melodie zu verfallen und schrie immer wieder: ÑEs gibt nichts mehr!Ö Froud-Crofton schloÄ die Augen. Er sehnte ein Ende herbei, denn er fÅhlte, daÄ er von Ulpanius weder VerstÜndnis noch Hilfe zu erwarten hatte. Der StobÜer wurde mÅde und sprang vom RÅcken des Gefesselten her unter. Ohne sich noch lÜnger um Froud-Crofton zu kÅmmern, kehrte der Demonstrationskranke in die KombÅse zurÅck. Die ANNIOK war fÅr ihre beiden Passagiere zu einer schrecklichen Welt geworden. Ohne ihren Kurs zu Ündern, schwebte sie durch den Weltraum. Der Zufall oder ein vorherbestimmtes Schicksal fÅhrte sie in die NÜhe des Schwarms. Der Schwarm bedeckte den Hintergrund des Universums. FÅr die MÜnner, die von der Zentrale der INTERSOLAR aus den Weltraum beobachteten, sah es aus, als tÅrmten sich vor ihnen gewaltige Berge Åberdimensionaler Seifenblasen. In einer Entfernung von einer halben Million Kilometern raste die INTERSOLAR entlang des Schwarms. Der Schwarm bewegte sich im Augenblick entschieden langsamer, durch seine GrÉÄe erweckte er den Eindruck eines fast stillstehenden Gebildes. Reginald Bull blickte auf die Uhr. Vor zwei Stunden hatte Edmond Pontonac die INTERSOLAR verlassen, um die Erde anzufliegen. Bull dachte an die Aufzeichnungen, die Pontonac vom Manipulator mitgebracht hatte. Er war entschlossen, sie sich in Ruhe ein paarmal hintereinander anzusehen. Vielleicht fiel ihm dann etwas auf. ÑOrtung, Sir!Ö Die nÅchterne Stimme des Ortungsoffiziers riÄ Bull aus seinen Gedanken.
ÑEin Schwann Manips voraus!Ö rief Tifflor alarmiert. ÑAcht... nein, es sind neun.Ö ÑManipsÖ - das war der Begriff, der sich inzwischen fÅr die Rochen schiffe des Schwarms eingebÅrgert hatte. Bull orientierte sich. Die Ortungsimpulse blinkten auf den Bildschirmen der Raumortung. Ein StÅck darÅber, auf dem Panoramabildschirm, zeichneten sich die Umrisse der Manips als dunkle Silhouetten mit hellem Strahlenkreuz ab. Bulls HÜnde schlÉssen sich. ÑWenn wir nur etwas Åber diesen Schwarm herausfinden wÅrdenÖ, sagte er verbissen. ÑIrgendeinen Hinweis, an dem wir uns orientieren kÉnnten.Ö Jemand, der schrÜg hinter ihm saÄ, lachte rauh. ÑDieses RÜtsel ist zu groÄ fÅr die Menschheit, fÅrchte ich.Ö Bull strich Åber seine Haare. ÑKurswechsel!Ö befahl er. ÑIch habe keine Lust, noch nÜher an den Manip-Verband heranzugehen.Ö Ribald Corello rollte in seinem Spezialstuhl heran. Er blieb neben Bull stehen. Seltsam! dachte Bull unbehaglich. Es ist nicht feststellbar, ob er so erschÉpft ist wie die anderen. ÑWenn Sie mich jetzt ausschleusen, kann ich mit einem Beiboot an die Manips heranfliegenÖ, sagte Corello. ÑNeinÖ, lehnte Bull ab. ÑSie sind eine Waffe, die wir nicht unbedingt jetzt schon in einen riskanten Einsatz schicken sollten.Ö Corello schlug die Augen nieder. Unter dem mÜchtigen Kopf wirkte der KÉrper des Mutanten zerbrechlich. ÑVerstehen Sie mich als Waffe?Ö Bull blickte in die groÄen Augen. ÑWir kÉnnen spÜter darÅber diskutieren.Ö Er beobachtete wieder den Bildschirm. ÑSeht euch die Manips an! Ich mÉchte wetten, daÄ sie auf dem RÅckflug von einem Auftrag sind. Sie nÜhern sich dem Schwann und werden zweifellos durch einen Schutzschirm verschwinden. Endlich kÉnnen wir beobachten, was dabei geschieht.Ö Doch seine Erwartungen wurden zunÜchst enttÜuscht. Die Manipulatoren, die versetzt hintereinander auf den Schwarm zuflogen,
Ünderten plÉtzlich den Kurs und begannen sich fÜcherfÉrmig zu verteilen. ÑAchtung!Ö rief der Navigator. Bull schaute ihn an. ÑWir sind nicht blind, Franciskon. Aber es sieht nicht so aus, als wÜre die INTERSOLAR der Grund fÅr dieses ManÉver.Ö Das groÄe Schiff erzitterte, als Bull es beschleunigen lieÄ. Mit zunehmender Geschwindigkeit entfernte sich die INTERSOLAR vom Verband der rochenÜhnlichen Raumfahrzeuge. ÑSie machen keine Jagd auf uns!Ö stellte Julian Tifflor fest. ÑSie haben ein neues Ziel.Ö Die Rochenschiffe flogen jetzt drei und drei hintereinander wieder vom Schwarm weg. Bully nagte nervÉs an seiner Unterlippe. Was hatte diese plÉtzliche KursÜnderung zu bedeuten? Hatten die Rochenraumer entsprechende Befehle vom Innern des Schwarms aus erhalten? Die INTERSOLAR fiel ein paar tausend Meilen durch den Raum wieder nÜher an den Schwarm heran. Das DrÉhnen der Impulstriebwerke konnte von den Absorptionsanlagen nicht vÉllig gedÜmpft werden. FÅr Bull war die Stimme des Schiffes jedoch beruhigend, er hatte gelernt, feine Nuancen zu unterscheiden. ÑOrtungsobjekt!Ö meldete der Ortungsoffizier. Seine Stimme klang nervÉs. In der Ortungszentrale der INTERSOLAR hielten sich nur sieben MÜnner und drei Frauen auf. Um alle Ortungsanlagen korrekt zu bedienen, wÜren vierzig Spezialisten nÉtig gewesen. Inzwischen war ein Bild des neu aufgetauchten Objekts in die Zentrale gegeben worden. Bull erhob sich und ging am Panoramabildschirm entlang. ÑWas ist das?Ö fragte er stirnrunzelnd. ÑIrgendein BeibootÖ, bemerkte Raison Korjason, der vor sechs Monaten noch Fabrikant fÅr Erntemaschinen gewesen war. ÑDie Manips fliegen darauf zuÖ, stellte Tifflor fest. Baiton Wyt, der am Ende der Kontrollen saÄ, sagte auffordernd: ÑWir mÅssen etwas unternehmen, Mr. Bull. Die Manips haben es auf das Kleinraumschiff abgesehen.Ö Bull warf sich in einen Sitz und holte ein Mikrofon zu sich heran.
ÑFunkspruch an das unbekannte Flugobjekt!Ö ordnete er an. ÑWarnung an den Piloten. Empfehlen sofortige Umkehr.Ö Die Hyperkomanlage der INTERSOLAR begann zu senden. ÑSie mÅssen uns hÉrenÖ, sagte Bull eindringlich. ÑWas halten Sie davon?Ö fragte Tifflor. ÑNatÅrlich ist es nicht irgend ein Beiboot. Sieht eher nach einer Privatjacht aus.Ö ÑJa, aber das Schiff ist terranischer Herkunft.Ö Sie beobachteten schweigend. Der Funkspruch wurde pausenlos wiederholt, aber es erfolgte keine Reaktion der kleinen Jacht. ÑZweifellos sind die Besatzungsmitglieder verdummtÖ, sagte Bull nach einiger Zeit. Die Manipulatoren hatten sich der Jacht bis auf 100.000 Meilen genÜhert. Die INTERSOLAR stand noch drei Millionen Kilometer davon entfernt. Das bedeutete, daÄ sie nicht eingreifen konnte. ÑNoch immer ist ZeitÖ, sagte Tifflor. ÑWenn der Pilot der Jacht jetzt reagiert, kann er sein Schiff noch in Sicherheit bringen.Ö ÑDie Rochen fliegen verhÜltnismÜÄig langsamÖ, fÅgte Wyt hinzu. Bull befahl dem Funker, den Text des Funkspruchs zu Ündern und zu vereinfachen. Aber auch diesmal erhielten sie keine Antwort. ÑVielleicht ist niemand an BordÖ, meinte Corello. ÑDann machen wir uns nur unnÉtig Sorgen.Ö Bisher hatte Bull noch nicht von einem Fall gehÉrt, daÄ die Rochen schiffe ein fremdes Schiff direkt angegriffen hatten. Die Funknachrichten aus allen Teilen der Galaxis sprachen vielmehr dafÅr, daÄ die Manipulatoren sich auf die VerÜnderung der Gravitationskonstante beschrÜnkten. Aber vielleicht, Åberlegte Bull angestrengt, verhielten sie sich in der NÜhe des Schwarms anders. Hier mochten sie sich sicher genug fÅhlen, um ein kleines Schiff direkt anzugreifen. Die neun Rochen SchwÜrmten jetzt aus. Bull fragte sich, warum sie sich eine so groÄe MÅhe machten, wenn sie die Jacht vernichten wollten. Sie muÄten doch schon festgestellt haben, daÄ ihre Besatzung keine Anstalten zur Flucht machte. Oder hatten die Geheimnisvollen etwas anderes vor?
ÑWenn wir einen direkten VorstoÄ wagen, kÉnnen wir die Jacht viel leicht rettenÖ, sagte Tifflor nachdenklich. ÑAllerdings gefÜhrden wir dabei unser Schiff.Ö Bull wuÄte, was Tifflor vorhatte. Wenn sie in den Linearraum vordrangen und dann unmittelbar neben der Jacht herauskamen, konnten sie das kleine Schiff vielleicht blitzschnell an Bord nehmen und verschwinden. Viel grÉÄer jedoch war die MÉglichkeit, daÄ sie wÜhrend der Rettungsaktion von den Manips mit noch vÉllig unbekannten Waffen angegriffen wurden. Bull wuÄte, was auf dem Spiel stand. Er konnte wegen eines vielleicht ohne Besatzung fliegenden Schiffes nicht 322 Immune in eine lebensgefÜhrliche Situation bringen. Bull gestand sich jedoch ein, daÄ dies nicht der einzige Grund fÅr sein ZÉgern war. Er wollte sehen, was jetzt geschehen wÅrde. Die Manipulatoren waren inzwischen so weit ausgeschwÜrmt, daÄ sie sich der Jacht von drei Seiten nÜherten. Noch immer hatte die Besatzung nicht auf die Funksignale der INTERSOLAR geantwortet. ÑFunksprÅche einstellen!Ö befahl Bull. ÑJetzt hat es keinen Sinn mehr.Ö Die Rochenschiffe kreisten die Jacht ein. FÅr Bull stand lÜngst fest, daÄ es nicht zu einem FeuerÅberfall kommen wÅrde. Entweder wollten die Besatzungen der Rochenschiffe die Jacht sofort untersuchen oder sie zum Schwarm mitnehmen. Die Vorstellung, daÄ sich letzteres bewahrheiten kÉnnte, war erregend. Bull begann zu bedauern, daÄ er sich nicht an Bord dieser Jacht befand. Vielleicht hÜtte er dann die MÉglichkeit gehabt, ins Innere des Schwarmes zu gelangen. ÑZweifellos wollen sie das kleine Schiff mitschleppenÖ, erkannte Tifflor, der mit seinen RÅckschlÅssen schon immer vorsichtiger als Bull gewesen war. ÑHm!Ö machte Bull. ÑWarten wir ab.Ö ÑWenn sie die Jacht mitnehmen, lassen sich aus dieser Handlungsweise einige RÅckschlÅsse ziehenÖ, bemerkte Ribald Corello. ÑDie wichtigste Erkenntnis fÅr uns ist, daÄ die Fremden, wer immer sie sind und wo immer sie herkommen, nun etwas Åber uns in Erfahrung bringen mÉchten.Ö
ÑVon unserem Standpunkt aus ist das die logischste ErklÜrung fÅr das Vorgehen der ManipsÖ, stimmte Wyt zu. ÑAber wir dÅrfen nicht vergessen, daÄ die Schwarmbewohner ganz andere GrÅnde haben kÉnnen.Ö Diesen Worten folgte erneut eine Pause. Die MÜnner und Frauen in der Zentrale sahen gespannt zu, wie der Ring der Raumer sich allmÜhlich um das kleine Schiff schloÄ. Noch immer war durch nichts bewiesen, daÄ sich an Bord der Jacht eine Besatzung aufhielt. Bull beobachtete den Schwarm. Es war sicher vermessen, dort irgendwelche Einzelheiten zu erhoffen, die einen direkten Hinweis auf die Absichten der Schwarmbewohner geliefert hÜtten. Alles, was dort geschah, spielte sich hinter den seifenblasenÜhnlichen, kristallin schimmernden Schirmen ab, die den Schwarm umhÅllten. Unter diesen Schirmen befanden sich Hundert tausende, vielleicht sogar Millionen verschiedener KÉrper, die alle zum Schwarm gehÉrten und mit ihm durch den Raum flogen. Aber warum machte sich jemand die MÅhe, eine derartige Masse zu bewegen? Bull konnte sich vorstellen, daÄ die Technik, mit der dieser Effekt erreicht wurde, ungeheuer kompliziert sein muÄte. Waren die Dinge innerhalb des Schwarmes alle eingefangen worden, wie es jetzt mit der unbekannten Jacht geschehen sollte? Waren die Fremden PlÅnderer, die in einer von verdummten VÉlkern bewohnten Galaxis leichte Beute erhofften? Bull bezweifelte, daÄ er der Wahrheit auch nur im Ansatz nahe kam. Die Manipulatoren setzten sich wieder in Bewegung. Wie Bully erwartet hatte, machte das kleine Schiff ihre Bewegungen mit. ÑTraktorstrahlen!Ö rief Korjason grimmig. ÑJetzt ist die Jacht verloren.Ö Bull gab den Befehl, noch einmal eine Serie von FunksprÅchen abzusetzen. Vielleicht gelang jetzt ein Kontakt. Die Rochenschiffe flogen mit dem eingefangenen Schiff in Richtung Schwarm. Nach einer kurzen Unterbrechung wÅrden sie also ihr ursprÅngliches Ziel anfliegen.
ÑNichts!Ö rief der Funker enttÜuscht. ÑWir machen nur die Manips auf uns aufmerksam.Ö ÑFunkkontaktversuche abbrechen!Ö befahl Bully. ÑEs hat keinen Sinn.Ö Sie muÄten den Schwarmschiffen die leichte Beute Åberlassen.
23. Froud-Crofton lag am Boden neben der Positronik und spÅrte, daÄ ein leichter Ruck durch die ANNIOK ging. Dann - und auch das war eine instinktive Feststellung und nicht das Ergebnis von áberlegungen - stellte er fest, wie das Raumschiff seinen Kurs Ünderte. Unter normalen UmstÜnden hÜtte Froud-Crofton sofort erkannt, daÄ ÜuÄere EinflÅsse auf das Schiff einwirkten. Doch sein verdummtes Gehirn arbeitete nur langsam. ZunÜchst glaubte er, Tapmedie Ulpanius hÜtte sich unbemerkt zum Pilotensitz geschlichen und die Steuerelemente manipuliert. Als er sich jedoch zur Seite drehte, sah er, daÄ der StobÜer sich nicht in der Zentrale aufhielt. Der Mediziner hielt den Atem an und lauschte. Aus der KombÅse klangen SchnarchgerÜusche herÅber. Ulpanius lag an seinem Lieblingsplatz und schlief. Er hatte nicht gemerkt, daÄ etwas mit dem Schiff geschah. Froud-Crofton gelangte mit seinen schwerfÜlligen áberlegungen jetzt an einen Punkt, wo er das Eingreifen einer fremden Macht nicht mehr ausschlieÄen konnte. Aufgeregt wand er sich in seinen Fesseln. Schnell wurde ihm die Sinnlosigkeit seiner BemÅhungen bewuÄt. Er ging gezielter vor. Die Arme an den KÉrper gepreÄt, rollte er bis zum Pilotensitz. Er wÜlzte sich auf den RÅcken, damit er aus der Kuppel der ANNIOK in den Weltraum blicken konnte. Er sah jedoch nur ein paar Sterne und einen Ausschnitt des galaktischen Zentrums. Entschlossen, sich einen besseren Beobachtungsplatz zu beschaffen, schob er sich zwischen Pilotensitz und Funkanlage auf die Kontrollwand zu. Dort lehnte er sich mit dem RÅcken gegen einen Teil der Wand, wo er nicht Gefahr lief, die Stellung einiger Schalt-
hebel zu verÜndern. Lang sam schob er sich in die HÉhe. Als er sicher sein konnte, beim SeitwÜrts fallen auf den Pilotensitz zu stÅrzen, gab er sich einen Ruck. Er kippte zur Seite und landete vornÅber auf dem Sitz. Seine kÅnstlichen Lungen pfiffen. Tapmedie Ulpanius erwachte von dem LÜrm und kam herein. ÑWas ist los?Ö erkundigte er sich interessiert. ÑHast du dich endlich entschlossen, das Schiff zu steuern?Ö Froud-Crofton sagte: ÑBinde mich los! DrauÄen ist etwas. Ich will es sehen.Ö Tapmedie Ulpanius watschelte auf die Kontrollen zu und schwang sich in den Sitz. Trotz seines unfÉrmigen KÉrpers konnte er eine erstaunliche Beweglichkeit entwickeln. Der StobÜer stand auf Froud-Croftons RÅcken und blickte durch die Kuppel in den Weltraum hinaus. Seine Zunge machte ein schnalzendes GerÜusch. ÑUnheimlich!Ö rief er interessiert. ÑDas ist wirklich unheimlich.Ö Froud-Crofton versuchte den StobÜer abzuwerfen, aber Ulpanius klammerte sich fest und versetzte ihm einen Tritt. ÑRuhig!Ö befahl er. ÑIch will sehen, was das ist.Ö Froud-Crofton bekam kaum noch Luft. ÑIch sage dir gleich, was es istÖ, versprach er dem Demonstrationskranken. Der StobÜer schien zu Åberlegen. Was immer er sah, es schien ihn in Erregung zu versetzen. Dann rutschte er endlich neben FroudCrofton in den Sesselboden. Die graue, stinkende Haut des StobÜers lieÄ den Terraner vor Ekel wÅrgen. Er drehte den Kopf weg. ÑKomm hoch!Ö knurrte Ulpanius. ÑSieh dir das an!Ö Powee Froud-Crofton drehte sich zur Seite, aber die Lehnen des Sitzes hinderten ihn daran, sich noch hÉher aufzurichten. ÑWarte!Ö Ulpanius kroch hinter ihn und zerrte an den Fesseln. Seine Spinnenfinger lÉsten die Knoten. Gleich darauf waren die Arme des Mannes frei. Ulpanius sprang vom Sessel und beobachtete Froud-Crofton aus sicherer Entfernung. ÑLaÄ mich in Ruhe!Ö warnte er. ÑIch werde dich schon wieder festbinden, sobald du eingeschlafen bist.Ö UnschlÅssig beobachtete der Mediziner das seltsame Wesen.
ÑLaÄ mich in Ruhe!Ö sagte Ulpanius abermals. Er ergriff ein am Boden liegendes Werkzeug und warf es in Froud-Croftons Richtung. Der Mediziner zuckte zusammen. Er stemmte beide HÜnde gegen die Lehnen und blickte aus der Kuppel. Seine Augen weiteten sich. Er gab einen erstickten Laut von sich. SchrÜg vor ihm verlief ein leuchtendes Band aus unzÜhligen Blasen durch den Weltraum. ÑWas ist das fÅr ein Ding?Ö erkundigte sich Ulpanius. ÑSind es Sonnen?Ö Froud-Crofton antwortete nicht. Er sah, daÄ die ANNIOK von zahlreichen fremdartig aussehenden FlugkÉrpern begleitet wurde. Die genaue Form dieser Schiffe war nicht auszumachen, denn sie reflektierten das Licht der unzÜhligen Leuchtblasen nur mit der diesen zugewandten Seite, wÜhrend alle anderen Teile in vÉlliger Dunkelheit lagen. Froud-Crofton lieÄ sich zurÅcksinken. ÑIch habe noch nie davon gehÉrt, daÄ es so etwas gibtÖ, sagte Tapme die Ulpanius. ÑEs gefÜllt mir nicht. Es ist riesig. Ich hasse alles, was riesig ist.Ö Froud-Crofton hÉrte nicht zu. Sein Verstand war blockiert. Er versuchte sich zu erinnern, doch in seinem GedÜchtnis gab es keine Hin weise, die ihm weiterhelfen konnten. Der Blasenschwarm schien sich von einem Ende der Galaxis zum anderen zu erstrecken, weder ein Anfang noch ein Ende waren zu sehen. Froud-Crofton richtete sich noch weiter auf und blickte abermals in den Weltraum hinaus. Der Schwarm lag schrÜg unter ihnen. Auch in seiner Breite war er von Froud-Croftons Position aus nicht zu Åberblicken. Der Mediziner hatte das GefÅhl, als wÅrde ihm die Kehle zugeschnÅrt. Seine kÅnstlichen Lungen rasselten, von seiner Ynkelonium-Brust ging ein dumpfer Druck aus. Die Beklemmung lieÄ erst nach, als er seine Blicke gewaltsam vom Schwarm lÉste. Er stÅtzte den Kopf in beide HÜnde. Ulpanius kam heran und goÄ ihm Wasser Åber den Kopf. Diesmal war Froud-Crofton seinem Peiniger sogar dankbar. Er schÅttelte sich und schaute Ulpanius an.
Die Triefaugen glÜnzten. Furcht sprach aus dem Blick des StobÜers. ÑWas ist das, Terraner?Ö Froud-Crofton hob die Schultern. ÑIch weiÄ es nicht.Ö Sie blickten sich an, sie haÄten sich und waren sich gleichzeitig einer Åbergeordneten Drohung bewuÄt. Die NÜhe des Blasenschwarms und der neun fremden Schiffe hatte mit einem Schlag alles geÜndert. Froud-Crofton grinste plÉtzlich. ÑEs ist gefÜhrlich!Ö rief er wild. ÑVielleicht wird uns das Ding tÉten.Ö ÑHÉr auf!Ö Die Stummelarme mit den Spinnenfingern bewegten sich unruhig. ÑIch habe keine Angst. Es ist sicher besser, wenn wir davonfliegen.Ö Froud-Croftons GelÜchter hallte durch die kleine Zentrale. Die lange in ihm aufgestaute Spannung lÉste sich. Er schrie vor Lachen und begann schlieÄlich zu schluchzen. Ulpanius sah ihm zu. Als er sich beruhigt hatte, kam der StobÜer auf ihn zu. Seine Spinnenfinger waren drohend ausgestreckt, doch er griff nicht an. ÑWir fliehen, Terraner!Ö ÑDas geht nichtÖ, antwortete Froud-Crofton. Er suchte nach Worten, aber sein Gehirn, von der Verdummungswelle betroffen, war durch den vor wenigen Augenblicken erlittenen Schock wie gelÜhmt. Ulpanius berÅhrte einen Steuerhebel. ÑDu brauchst nur zu fliegen. Du kannst es.Ö Seine Stimme wurde beschwÉrend. ÑDu bist doch frÅher geflogen. Ich will hier weg.Ö Impulsiv griff Froud-Crofton zu. Er packte einen Hebel und drÅckte ihn nach unten. Es geschah nichts. Froud-Crofton schrie auf und lieÄ seine HÜnde Åber die Tastatur der Hauptkontrollen gleiten. WillkÅrlich drÅckte er KnÉpfe, schob Hebel zur Seite und strich Åber Lichtzellen. Die ANNIOK zeigte keine Reaktion. ÑWas ist los?Ö erkundigte sich Ulpanius miÄtrauisch.
ÑKeine Energie!Ö stellte Froud-Crofton fest. ÑDie anderen Schiffe sind stÜrker als die ANNIOK.Ö Besser konnte er es nicht ausdrÅcken. Aber Ulpanius protestierte nicht. Er hatte gesehen, wie der Terraner fast alle Kontrollen betÜtigt hatte, ohne daÄ etwas geschehen war. Das hatte ihn beeindruckt. Er kletterte neben Froud-Crofton auf die Kontrollen, so daÄ sein KÉrper wie ein prall gefÅllter Sack unter der Kuppel lag. ÑWir bewegen uns auf diese leuchtende Blasenwand zuÖ, stellte er nach einiger Zeit fest. ÑDie fremden Schiffe ziehen uns mitÖ, versuchte Froud-Crofton zu erklÜren. ÑSie gehÉren zu dem Gebilde.Ö Einem plÉtzlichen EntschluÄ folgend, verlieÄ Ulpanius seinen Platz und verschwand in der KombÅse. Er brachte einen Becher mit Wasser und aufgeweichte Dehydriertabletten. Wortlos stellte er alles neben Froud-Crofton ab. Der Mediziner vermutete eine neue Teufelei, nur zÉgernd griff er nach dem Becher. Dann kippte er den Inhalt gierig hinunter. Dabei vergaÄ er die Ereignisse drauÄen im Weltraum fast vÉllig. ÑWillst du noch mehr?Ö erkundigte Ulpanius sich unfreundlich. Froud-Crofton hielt ihm den leeren Becher hin. Der StobÜer ging in die KombÅse und kam mit einem gefÅllten Becher zurÅck. Er sah zu, wie der Terraner trank. ÑEs geht mir besserÖ, sagte Froud-Crofton zufrieden. Er betrachtete den Strahlenkranken argwÉhnisch. Der plÉtzliche Gesinnungswandel war ihm unerklÜrlich. Die Erinnerung an den Blasenschwarm drÜngte sich wieder in sein BewuÄtsein. Er hatte zu schnell getrunken und gegessen. ábelkeit lieÄ SchweiÄ auf seine Stirn treten, doch er richtete sich auf und blickte aus der Kuppel. Die Kristallblasen fÅllten jetzt das gesamte Blickfeld des Terraners aus, ein sicheres Zeichen, daÄ die ANNIOK direkt darauf zuflog. Im Innern einiger Riesenblasen schienen dunkle GegenstÜnde zu schwimmen, in anderen pulsierten nur konturenhaft sichtbare Gebilde. Es war aber auch mÉglich, daÄ Froud-Crofton nur Schatten sah, die sich auf der AuÄenhÅlle der Blasen abzeichneten. Der Mediziner begriff, daÄ die Blasen nichts anderes als unzÜhlige ineinander Åbergreifende Schutzschirme waren.
Was war darunter verborgen? Raumschiffe? Stationen? Oder sogar Planetensysteme? An diesem Punkt begann Froud-Croftons verdummtes Gehirn zu streiken. ÑWas sollen wir tun?Ö drang die Stimme Ulpanius' in seine Gedanken. ÑWir mÅssen abwartenÖ, gab der Terraner zurÅck. ÑWir fliegen auf diesen Schwarm zu. Vielleicht verschwinden wir darin.Ö ÑUnd dann? Was geschieht dann?Ö Froud-Crofton wuÄte es nicht. Er strengte seine Phantasie an, aber sein Gehirn produzierte nur furchterregende Visionen. Der StobÜer deutete auf das FunkgerÜt. ÑWarum strahlst du keinen Hilferuf ab?Ö Froud-Crofton hatte schon mit diesem Gedanken gespielt, doch er wuÄte nicht, wie er die Funkanlage bedienen muÄte. ÑIch kann nicht. Ich weiÄ nicht, wie es funktioniert.Ö ÑDas ist nicht wahr!Ö behauptete Ulpanius. ÑIch habe es vergessenÖ, sagte Froud-Crofton hilflos. ÑIch weiÄ, daÄ es eine Funkanlage ist, aber ich weiÄ nicht, wie ich sie bedienen muÄ.Ö Einen Augenblick dachte er, Ulpanius wÅrde sich auf ihn stÅrzen, doch der StobÜer schnalzte nur mit der Zunge und strich sich mit den Spinnen fingern Åber den lippenlosen Mund. Das Licht des Schwarms fiel durch die Kuppel in die Zentrale. Zusammen mit der Notbeleuchtung schuf es seltsame Reflexe auf poliertem Metall und glatten WÜnden. Froud-Crofton bÅckte sich und lÉste die letzten Fesseln von seinen Beinen. Der Demonstrationskranke hinderte ihn nicht daran. Froud-Crofton massierte seine strangulierten Gelenke und betastete seine zahlreichen Wunden. Als er wieder aus der Kuppel blickte, sah er eines der fremden Schiffe in eine Leuchtblase eindringen. Es war ein phantastischer An blick. Der kristalline Schirm schmiegte sich dicht um das seltsame Schiff. Alle Teile, die sich innerhalb des Schirms befanden, waren unsichtbar geworden. Fugenlos glitt das Schiff ins Innere der Blase. Froud-Crofton fragte sich, warum das so unheimlich langsam ging.
Zweifellos wurde durch diesen Vorgang ein vÉlliges Abschalten des Schirmes vermieden. Froud-Crofton fand trotzdem keine ErklÜrung, und er bezweifelte, daÄ ihm das gelungen wÜre, wenn er noch seine ursprÅngliche Intelligenz besessen hÜtte. Als das fremde Schiff vÉllig verschwunden war, schloÄ sich der Kristallschirm hinter ihm, als hÜtte es nie eine åffnung gegeben. Das Wort StrukturriÄ kam Froud-Crofton ins GedÜchtnis. Aber die åffnung, durch die das fremde Schiff in die Energieblase eingedrungen war, lieÄ sich wohl kaum mit einem StrukturriÄ vergleichen. Die ANNIOK hatte sich einer der Kristallblasen so weit genÜhert, daÄ Froud-Crofton nur noch die schillernde AuÄenflÜche dieses einen Schirms sehen konnte. ÑWir werden verschlungen!Ö schrie Tapmedie Ulpanius. Helles Licht breitete sich in der Zentrale aus. Der Schirm, in den die ANNIOK jetzt eindrang, schien das Schiff zerquetschen zu wollen. WÜhrend die ANNIOK vom freien Weltraum ins Innere des Schwarmes vor stieÄ, fÅhlte Powee Froud-Crofton, wie etwas Erstaunliches mit ihm geschah. Er gewann seine Intelligenz zurÅck. An Bord der INTERSOLAR beobachteten die in der Zentrale versammelten Immunen, wie die ANNIOK zusammen mit den Manipulatoren in den Schwarm tauchte. Bully und die anderen wuÄten nicht, daÄ es sich bei dem kleinen Schiff um die ANNIOK handelte, sie wuÄten auch nicht, daÄ sich an Bord der Jacht ein terranischer Mediziner und ein stobÜischer Strahlenkranker auf hielten. Die Art und Weise, wie die Schiffe in den Kristallschirm eindrangen, verblÅffte die Raumfahrer an Bord der INTERSOLAR. ÑEinen solchen Energieschirm habe ich noch nie gesehenÖ, sagte Julian Tifflor erstaunt. ÑSehen Sie, wie er sich um die in ihn eindringen den KÉrper schlieÄt, ohne sie zu zerstÉren?Ö Seine Frage galt Bully, der fasziniert zusah. ÑDie Energie schmiegt sich an die AuÄenhÅlle der eindringenden KÉrperÖ, schilderte der Ortungstechniker mit erregter Stimme. ÑDa-
bei lÜÄt sich nicht feststellen, ob sich die AufladungskapazitÜt des Schirmes verÜndert.Ö Bully dachte an Pontonacs Aufzeichnungen und fragte sich, ob das, was sie sahen, den Tatsachen entsprach. Aber die OrtungsgerÜte der INTERSOLAR lieÄen sich nicht so leicht tÜuschen wie die menschlichen Sinne, deshalb konnten Bully und die anderen Immunen sicher sein, daÄ drei Millionen Kilometer von ihnen entfernt etwas Erstaunliches passierte. ÑWas tun wir jetzt?Ö fragte Corello. ÑWenn wir nÜher an den Schwarm herangehen, besteht die Gefahr, daÄ man uns angreift.Ö ÑHaben Sie schon einmal Åberlegt, daÄ die Jacht vielleicht zum Schwann gehÉrt?Ö Åberlegte Bully, ohne auf die Frage des Mutanten ein zugehen. ÑEine sehr abwegige TheorieÖ, meinte Baiton Wyt. ÑIch schlage vorÖ, ÜuÄerte Tifflor, ÑdaÄ wir die Position der INTER SOLAR nicht verÜndern. Vielleicht wird die Jacht in absehbarer Zeit vom Schwarm wieder ausgestoÄen.Ö ÑIch stimme Tiff zuÖ, sagte Bully. ÑWir warten einige Zeit, ob etwas geschieht.Ö ÑWarum schleusen wir kein Beiboot aus und gehen damit nÜher an den Schwarm heran?Ö fragte Loosan Heynskens-Oer, ein mentalstabilisierter Fachmann fÅr Edelmetalle, der von der SolAb gekommen war. Zustimmendes Gemurmel bewies, daÄ sich niemand in der Zentrale befand, der es abgelehnt hÜtte, mit einem Beiboot den Schwarm anzufliegen. ÑWir haben gesehen, was mit der Jacht geschahÖ, gab Bully zu bedenken. ÑEin Beiboot der INTERSOLAR kÉnnte ein Ühnliches Schicksal erleiden. Wir brauchen jeden Immunen an Bord. Deshalb dÅrfen wir keine Risiken eingehen. Wir beschrÜnken uns darauf, in dieser Gegend zu warten und zu beobachten.Ö ÑEs ist aber mÉglich, daÄ die Jacht den Schwarm durchfliegt und an einer vÉllig anderen Stelle herauskommtÖ, gab Korjason zu bedenken. ÑEs ist so ziemlich alles mÉglichÖ, sagte Bully mutlos. Er blickte auf den Panoramabildschirm, auf dem ein Ausschnitt des Schwarms deutlich zu sehen war.
Was geschah hinter den Energieschirmen, fÅr die man nun die Bezeichnung ÑSchmiegeschirmÖ prÜgte? Wer lebte dort? Eines erschien Reginald Bull sicher: Die Unbekannten hÜtten mit einer weitergehenden Manipulation der Gravitationskonstante alles Leben in dieser Galaxis tÉten kÉnnen. Sie hatten sich jedoch darauf beschrÜnkt, intelligentes Leben zu verdummen. Das lieÄ Bully hoffen, daÄ man mit den Unbekannten verhandeln konnte, wenn es erst zu einer Kontaktaufnahme gekommen war. Der Grund fÅr die allgemeine Verdummung schien ja klar zu sein. Wenn der Schwarm durch die Galaxis zog, brauchte er verdummte raum fahrende VÉlker nicht als mÉgliche Angreifer einzuplanen. Das konnte bedeuten, daÄ die Verdummung in dem Augenblick aufhÉren wÅrde, da der Schwarm die Galaxis verlieÄ. Aber wann wÅrde das sein? In zehn Jahren? In zehn Jahrtausenden? FÅr die Menschheit konnten schon zehn weitere Monate in absoluter Verdummung den Untergang bedeuten. Der Ortungsoffizier hatte die Stelle, wo die Jacht im Schwarm verschwunden war, auf dem Bildschirm markiert. Hinter der leuchtenden Kristallwand hielten sich jetzt vielleicht Menschen auf, die dem Geheimnis wesentlich nÜher waren als Bully. Doch den Teil eines RÜtsels zu lÉsen bedeutet im allgemeinen nur, das Geheimnis noch zu vertiefen.
24. Im Alter von zwÉlf Jahren hatte Powee Crofton zum erstenmal die Erde verlassen. Sein Vater Abski Crofton hatte ihn auf die Reise mit ins galaktische Zentrum genommen. ÑVergiÄ alles, was du bisher gesehen hastÖ, hatte sein Vater damals zu ihm gesagt. ÑEine neue Welt wird sich fÅr dich auftun.Ö Ihr Schiff war auf Marlin abgestÅrzt, einer heiÄen, fast atmosphÜrelosen Welt im Zentrumsgebiet. Ein Prospektor namens Froud hatte den einzigen áberlebenden, Powee Crofton, gerettet und in sein
Team aufgenommen. Drei Jahre war Powee Froud-Crofton, wie er sich nach dem Zusammentreffen mit Froud genannt hatte, an der Seite des Prospektors durch den Weltraum gereist. Dann war Froud an einer Strahlen seuche gestorben, ein Mann mit riesigen HÜnden und dunklen Augen, schweigsam und herrisch und von dem Drang erfÅllt, mÉglichst viele Planeten aufzusuchen. Damals hatte Powee Froud-Crofton den EntschluÄ gefaÄt, Mediziner zu werden und sich auf Strahlenkrankheiten zu spezialisieren. Er war einer der bekanntesten ârzte auf diesem Gebiet geworden, obwohl er erst mit sechzehn Jahren zu studieren begonnen hatte. VergiÄ alles, was du bisher gesehen hast. Eine neue Welt wird sich fÇr dich auftun. Die Worte seines Vaters schlugen ihn in Bann, als er langsam aufstand und mit seiner zurÅckgewonnenen Intelligenz zu begreifen versuchte, was er durch die Kuppel der ANNIOK sah. In einer Flut von Licht schwammen ein paar Raumschiffe. Weit im Hintergrund leuchteten ein paar Sonnen. Sonnen! Powee Froud-Crofton blinzelte. Aber es war keine TÜuschung. Zwischen den Sonnen und den Raum schiffen schwebten noch andere Gebilde, teilweise fremdartig und skurril geformt. Als Froud-Crofton den Kopf drehte, sah er ein halbes Dutzend miteinander verbundener Plattformen Åber der ANNIOK. Er war sich darÅber im klaren, daÄ er nur einen Teil jener Dinge sah, die sich unter dem Kristallschirm befanden, durch den die ANNIOK in den Schwarm eingedrungen war. Spiegelungen und Lichtreflexe verhinderten eine exakte Beobachtung. VÉllig unter dem Eindruck dieses phantastischen Anblicks stehend, lieÄ Froud-Crofton sich in den Pilotensitz zurÅcksinken und umklammerte mit beiden HÜnden die Steuerkontrollen. Mehr unbewuÄt als Åber legt bewegte er die Schalthebel. Doch die ANNIOK reagierte nicht. Der Arzt stieÄ eine VerwÅnschung aus und schaltete das Notaggregat ein. Auch diesmal geschah nichts. Das Kleinstraumschiff stand vÉllig unter dem EinfluÄ jener KrÜfte, die von auÄen darauf einwirkten.
Die ANNIOK glitt an den sechs Plattformen vorbei. FroudCrofton schÜtzte, daÄ jede von ihnen fast tausend Meter durchmaÄ. Sie waren versetzt Åbereinander angebracht. In ihrer schwarzen AuÄenflÜche waren weder åffnungen noch Erhebungen zu sehen. Sie verschwanden schnell aus dem Blickfeld des Mediziners. Tapmedie Ulpanius, der sich von seiner áberraschung nur langsam erholte, machte sich mit einem schnalzenden GerÜusch bemerkbar. Froud-Crofton fuhr herum. Das Wesen, das ihn sieben Monate lang gequÜlt hatte, stand nur ein paar Schritte neben dem Pilotensitz und schaute ihn aus Triefaugen unsicher an. Als kÉnne Ulpanius ahnen, daÄ der Terraner seine Intelligenz zurÅck gewonnen hatte, wich er ein StÅck zurÅck und bedeckte mit seinen dÅnnen Fingern das Gesicht. Froud-Crofton stand auf. Er machte ein paar Schritte auf Ulpanius zu und schlug ihm dann heftig gegen den Kopf. Ulpanius kreischte schrill und warf sich nach vorn. Er umklammerte Froud-Croftons Beine und versuchte, den Terraner zu Fall zu bringen. Froud-Crofton schlug ihm nochmals auf den Kopf. Der StobÜer schrie, aber er lieÄ nicht los. FroudCrofton riÄ ein Bein aus der Umklammerung und trat zu. Jetzt kam er vÉllig frei. Schwer atmend stand er vor dem Demonstrationskranken, der Üngstlich auf einen neuen Angriff wartete. ÑIch bin nicht lÜnger verdummt!Ö Die Lungen des Arztes pfiffen. ÑDu hast mich lange genug gequÜlt.Ö Die Spinnenfinger deuteten in Richtung der Kuppel. ÑWir sind verlorenÖ, jammerte Ulpanius. ÑWarum kÅmmerst du dich nicht um das Schiff?Ö Froud-Crofton packte den StobÜer an den Oberarmen und hob ihn hoch. Ulpanius wog siebzig Pfund, aber der Arzt hielt ihn fast mÅhelos fest. ÑDu bist ein widerwÜrtiges Ding!Ö rief er voller Abscheu. ÑIch wollte dir helfen, obwohl du ein Krimineller bist. Aber kaum hattest du Gelegenheit dazu, hast du mich gequÜlt. Du hÜttest mich verhungern lassen.Ö
ÑDas ist nicht wahr!Ö beteuerte Ulpanius. ÑDas ist alles nicht wahr. Ich wollte nur einen SpaÄ machen.Ö Froud-Crofton warf Ulpanius auf den kleinen Kartentisch und drÅckte ihn dort nieder. ÑIch sollte dich tÉten!Ö keuchte er. Die Triefaugen des StobÜers verdunkelten sich. Er wimmerte vor Entsetzen. Froud-Crofton lieÄ plÉtzlich von ihm ab. ÑSteh auf!Ö befahl er. ÑEs ist schon schlimm genug, daÄ ich mich deinetwegen so vergessen habe.Ö ZÉgernd hob Ulpanius den Kopf. ÑIch bin dir sehr dankbarÖ, versicherte er, ÑdaÄ du mir verziehen hast.Ö Der Arzt winkte verÜchtlich ab. ÑSollte ich durch einen unglÅcklichen Zufall erneut verdummen, wirst du mich wieder quÜlen. Da kannst du nicht anders, Ulpanius.Ö Sie bÅckten sich an. Froud-Croftons HaÄ war verflogen, er spÅrte nur Abscheu. Er wuÄte jedoch, daÄ der StobÜer ihn jetzt noch mehr hassen und auf eine Gelegenheit warten wÅrde, sich zu rÜchen. Ausgerechnet mit einem solchen Wesen muÄte er in diese Situation geraten! Er kehrte zum Pilotensitz zurÅck und blickte aus der Kuppel. Geblendet schloÄ er die Augen. Die ANNIOK flog jetzt dicht unter einem Schirm. Von der Umgebung war kaum etwas zu sehen. Ulpanius schlich sich an den Sitz heran und fragte demÅtig: ÑWo sind wir jetzt?Ö Der Arzt antwortete nicht. Er merkte, daÄ er vor Aufregung zitterte. Es war ein Fehler gewesen, Ulpanius auf so primitive Art zu bestrafen. Andererseits konnte Froud-Crofton seine Reaktion verstehen. Besser wÜre in jedem Fall jedoch gewesen, wenn er sich sofort um die Umgebung gekÅmmert hÜtte. ÑKÉnnen wir von hier entkommen?Ö erkundigte Ulpanius sich hoffnungsvoll. Abermals durchdrang die ANNIOK einen Energieschirm, aber nicht, um wieder in den freien Weltraum einzutauchen, sondern um in ein anderes Gebiet des Schwarmes Åberzuwechseln. FroudCrofton begriff, daÄ die Schirme ineinander Åbergingen, sich berÅhrten, Halb-, Viertel- und Achtelkugeln bildeten, Kugelausschnitte nur an manchen Stellen, aber alles durchdacht und geordnet.
Ein Ding, das wie ein metallener Baum aussah, flog an der ANNIOK vorbei. An mÜchtigen Trossen hingen Kugeln daran herab. Die Kugeln waren beleuchtet. Hinter den Bullaugen glaubte FroudCrofton Bewegungen zu erkennen. Der Metallbaum verschwand. Weit im Hintergrund drehte sich ein mondgroÄer HimmelskÉrper heran. Seine OberflÜche war mit durchsichtigen Kuppeln bedeckt, darunter befanden sich StÜdte. Die ANNIOK drang tiefer in den Schwarm ein. Es wurde dunkler. Der Arzt hatte den Eindruck, wieder durch den Weltraum zu fliegen. Drei der Rochenschiffe, die zusammen mit der ANNIOK in den Schwarm eingeflogen waren, begleiteten die Jacht weiterhin. ÑSind wir im Weltraum?Ö begann Ulpanius wieder zu fragen. Froud-Crofton schÅttelte den Kopf. Er erinnerte sich, daÄ er vor fÅnf zig Jahren einmal auf einer BrÅcke gesessen und in einen schnell strÉmenden FluÄ geblickt hatte. Irgendeine chemische Substanz hatte an den BrÅckenpfeilern zu schÜumen begonnen, ganze Schaumberge waren hochgestiegen, bis der Wind einzelne BlasenbÅndel davongeweht hatte. Es war kein Zufall, daÄ ihm das jetzt einfiel, die ineinanderreichenden Energieschirme erinnerten den Arzt an die Schaumblasen damals im FluÄ. ÑWir sind nicht im WeltraumÖ, erwiderte Froud-Crofton. ÑUnd woÖ, fragte der StobÜer scheu, Ñsind wir?Ö ÑIch weiÄ es nichtÖ, erwiderte der Mediziner. Eine Sonne, auf die die ANNIOK jetzt zuflog, Åberflutete die gesamte Umgebung mit ihrem Licht. Das Panzerplastmaterial, aus dem die Kuppel der ANNIOK bestand, verhinderte, daÄ die Augen der Passagiere beschÜdigt wurden, aber Froud-Crofton senkte dennoch den Kopf, so stark wurde er geblendet. ÑWir kÉnnen jetzt nichts mehr sehenÖ, sagte er bedauernd. ÑDie Sonne ist zu nahe.Ö Seine HÜnde glitten Åber die Kontrollen. ÑSchade, daÄ die Bildschirme keine Energie fÅhren.Ö Die ANNIOK erzitterte. Froud-Crofton begriff, daÄ das Schiff den Kurs abermals wechselte. Minuten spÜter lieÄ die Helligkeit der Sonne nach, und Froud-Crofton wuÄte, daÄ sie sich wieder von ihr entfernten. Alle diese ManÉver schienen keinen Sinn zu haben, obwohl sie doch offensichtlich einem bestimmten Zweck dienten.
ÑMan bringt uns irgendwohinÖ, vermutete Ulpanius. ÑMan hat etwas Schlimmes mit uns vor.Ö Powee Froud-Crofton lÜchelte. ÑDas Jammern hilft uns wenig. Wir mÅssen herausfinden, was unsere EntfÅhrer beabsichtigen.Ö ÑUnd wie wollen wir dabei vorgehenÖ, fragte der StobÜer, Ñwenn nicht einmal die Funkanlage funktioniert?Ö Das war ein berechtigter Einwand. Froud-Crofton trÉstete sich damit, daÄ ihre EntfÅhrer offenbar nicht vorhatten, sie zu tÉten, denn das hÜtten sie lÜngst tun kÉnnen. Der Arzt hatte den Eindruck, daÄ sie noch nicht sehr tief in den Schwarm eingedrungen waren, denn in der Feme konnte er jetzt, da sie sich immer weiter von der hellen Sonne entfernten, die leuchtenden Kristallschirme sehen. Der Terraner schaute auf die Borduhr. Sie war kurz nach Mitternacht am 28. Juli 3441 stehengeblieben. Froud-Crofton schÜtzte, daÄ seit ihrem Zusammentreffen mit den seltsamen Raumschiffen schon ein paar Stunden vergangen waren. Tapmedie Ulpanius watschelte unruhig in der Zentrale auf und ab. Er konnte seine Furcht vor den unbekannten Dingen innerhalb des Schwarms nicht unterdrÅcken. Froud-Crofton bedauerte, daÄ sie bei ihren Beobachtungen allein auf den Ausblick durch die Panzerplastkuppel Åber der Zentrale angewiesen waren. Mit einwandfrei funktionierenden Ortungsanlagen hÜtten sie sicher weitaus mehr beobachten kÉnnen. Weit vor ihnen im Weltraum - Froud-Crofton blieb bei dieser Bezeichnung, obwohl er nicht sicher war, ob es tatsÜchlich der ihm vertraute Weltraum war, durch den sie flogen - tauchte jetzt ein seltsames Gebilde auf. Aus der Ferne erinnerte es Froud-Crofton an das Åberdimensionale Modell eines Atoms. Als die ANNIOK jedoch nÜher kam, erkannte der Raumfahrer, daÄ das Geflecht, aus dem das Gebilde bestand, nicht um einen Mittelpunkt angeordnet war, sondern wirr durcheinander in verschiedenen Richtungen verlief. Es sah aus, als hÜtte jemand willkÅrlich eine groÄe Anzahl von DrÜhten zu einer riesigen Kugel verflochten.
Zwischen den DrÜhten hingen kastenfÉrmige GegenstÜnde, die Froud-Crofton an Vogelnester im GeÜst eines kahlen Baumes erinnerten. Jedes dieser Nester besaÄ beachtliche AusmaÄe. Zum Teil waren Dutzende solcher KÜsten Åbereinandergestapelt. Froud-Crofton sah, daÄ diese KÜsten nicht nur an der AuÄenflÜche der Kugel klebten, sondern auch in deren Inneren verteilt waren. Ein Zentrum schien es nicht zu geben. Drei oder vier kÅnstliche Sonnen umkreisten die Riesenkugel, spendeten Licht und WÜrme. Es bestanden keine Zweifel daran, daÄ die ANNIOK sich dem mysteriÉsen Kugelgebilde nÜherte. Froud-Crofton spÅrte, daÄ sein Pulsschlag sich beschleunigte. Bisher hatte er die rÜtselhaften KÉrper innerhalb des Schwarmes nur aus der Entfernung beobachtet, jetzt flog er mit seinem Schiff gezwungenermaÄen auf eines dieser Gebilde zu. Der Arzt riÄ sich von diesem Anblick los und betrachtete die andere Seite ihrer Umgebung. Ein paar kleine, sehr weit entfernte FlugkÉrper erregten seine Aufmerksamkeit. Es handelte sich zweifellos um Raum schiffe, die ihren Kurs verfolgten. So, wie es von Bord der ANNIOK aus sah, waren sie aneinandergekoppelt. Noch weiter im Hintergrund leuchtete eine blasse Sonne. Froud-Crofton richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf die Kugel. Sie hatten sich ihr inzwischen so weit genÜhert, daÄ nur noch ein Aus schnitt davon zu sehen war. Nun konnte der Terraner deutlich erkennen, daÄ Åberall im Geflecht diese KÜsten aufgehÜngt waren, die ihm zunÜchst wie Nester erschienen waren. Die KÜsten bestanden aus farblosem Metall, das das Licht der kÅnstlichen Sonne nur schwach reflektierte. Das, was aus der Ferne wie DrÜhte ausgesehen hatte, waren RÉhren von zwei bis zwanzig Metern Durchmesser. ÑDas sieht aus wie ein GefÜÄklumpenÖ, bemerkte Ulpanius. ÑWelchen Sinn kann es haben?Ö ÑSei still!Ö befahl Froud-Crofton. Die ANNIOK flog jetzt langsamer, von den Begleitschiffen war nichts mehr zu sehen.
ÑWir haben unser Ziel anscheinend bald erreichtÖ, sagte FroudCrofton beklommen. ÑIch bin gespannt, ob wir irgendwo landen werden. Vielleicht auf einem dieser seltsamen KÜsten.Ö Der Strahlenkranke zog sich in die KombÅse zurÅck und verkroch sich dort. Froud-Crofton fÅhlte sich unbehaglich. Auf Tapmedie Ulpanius konnte er sich nicht verlassen. In der jetzigen Situation bedeutete der StobÜer nur eine zusÜtzliche Belastung. Der Arzt verschloÄ die TÅr zur KombÅse, um sicher zu sein, daÄ Ulpanius ihn nicht stÉren wÅrde. Ulpanius protestierte nicht gegen diese MaÄnahme, obwohl das Fehlen jeglicher SchnarchgerÜusche bewies, daÄ er nicht schlief. Froud-Crofton kehrte an seinen Beobachtungsplatz zurÅck. Die ANNIOK machte jetzt kaum noch Fahrt, sie hatte eine Umlaufbahn um die Riesenkugel eingeschlagen. Der Strahlenspezialist fragte sich, ob er von irgendwelchen Fremden beobachtet wurde. Interessierten sie sich fÅr ihn oder fÅr Tapmedie Ulpanius? Oder nur fÅr das Schiff? Die UngewiÄheit war schlimmer als alles andere. Froud-Crofton erinnerte sich noch genau an jenes GefÅhl, das er frÅher beim Betreten fremder Planeten empfunden hatte. Im Verlauf vieler Jahre und zahlloser ForschungsauftrÜge war dieses GefÅhl abgestumpft, aber jetzt kehrte es zurÅck - und es war stÜrker als jemals zuvor. Die Beklemmung, die Furcht vor dem Unbekannten, legte sich als dumpfer Druck auf seine Brust. Er zwang sich dazu, langsam zu atmen, denn er wuÄte um die Nachteile seiner kÅnstlichen Lungen, die schon lÜngst wieder hÜtten konditioniert werden mÅssen. Das kugelfÉrmige Geflecht, um das die ANNIOK kreiste, wies auÄer den darin aufgehÜngten KÜsten keine Besonderheiten auf. Es stand still im Raum, die kÅnstlichen Sonnen umkreisten es auf festgelegten Bahnen. Obwohl er sich der Sinnlosigkeit seines Tuns bewuÄt war, ÅberprÅfte Froud-Crofton abermals die Kontrollen. Keines der GerÜte reagierte, das Schiff war nach wie vor ohne Energie. Mathematische Symbole, erinnerte sich Froud-Crofton, waren am besten dazu geeignet, Kontakt mit fremden Intelligenzen aufzunehmen. Aber wie sollte er solche Nachrichten an die Unbekannten
Åbermitteln, wenn auÄer der Notbeleuchtung an Bord der ANNIOK fast alle wichtigen Anlagen auÄer Funktion waren? Der Mediziner Éffnete das Wandfach, in dem sein Raumanzug untergebracht war. Er ÅberprÅfte den Energietornister. ÑNichts!Ö rief er verzagt. Er warf den Anzug zur Seite. Ich muÄ es mit der Notbeleuchtung versuchen, Åberlegte er. Er lieÄ sich im Pilotensitz nieder. Dann schaltete er das Licht aus, zÜhlte bis neun und lieÄ es wieder aufflammen. Diesen Vorgang wiederholte er zwanzig mal hintereinander. Seine Hoffnung, daÄ eventuelle Beobachter das schwache Licht Åberhaupt sahen, war gering. Aber es war die einzige MÉglichkeit, die Unbekannten auf sich aufmerksam zu machen. Als nichts geschah, wiederholte Froud-Crofton das Experiment erneut. Er fÅhlte sich in der Rolle eines winzigen Insekts, das auf einer Tisch platte herumkroch und versuchte, die Menschen, die es zerquetschen wollten, um Gnade zu bitten. Zum erstenmal berÅhrte Froud-Croftons Hand den AuslÉser der Selbstvernichtungsanlage der ANNIOK. Sie wÅrde funktionieren, denn sie war vÉllig unabhÜngig von den Energiestationen des Schiffes und wurde mechanisch gezÅndet. Froud-Crofton zog seine Hand zurÅck. Warum sollte er jetzt Selbstmord begehen? Es bestand keine unmittelbare Gefahr. Ein Ruck ging durch das kleine Schiff. Der Mediziner zuckte zusammen und hielt sich an den Lehnen des Pilotensitzes fest. Tapmedie Ulpanius in der KombÅse begann gegen die TÅr zu trommeln. Die Bewegungen des Schiffes schienen ihn zu Üngstigen. ÑLaÄ mich raus!Ö schrie er. ÑIch will nicht eingesperrt sein!Ö ÑRuhe!Ö befahl Froud-Crofton. Er schaute aus der Kuppel, um festzustellen, was jetzt geschehen wÅrde. Tapmedie Ulpanius schrie unausgesetzt weiter. Der Terraner ignorierte den LÜrm, den der Strahlenkranke machte. Er sah, daÄ die ANNIOK sich dem kugelfÉrmigen Geflecht nÜherte. UnwillkÅrlich hielt er nach einem Platz Ausschau, wo das kleine Schiff vielleicht hÜtte landen kÉnnen. Dazu kamen nur die OberflÜchen der im Geflecht aufgehÜngten KÜsten in Frage.
Froud-Crofton Åberlegte, welche SchwerkraftverhÜltnisse ihn auf einer KastenoberflÜche erwarteten. An Bord der ANNIOK war die Schwerkraft auf unter ein Gravo abgefallen, aber das stÉrte FroudCrofton wenig. Solange die Energieanlage des RÅckentornisters nicht funktionierte, brauchte der Arzt den Schutzanzug nicht anzulegen. ÑLaÄ mich raus!Ö hÉrte er den StobÜer toben. ÑIch will hier nicht sterben.Ö Der Mediziner Éffnete die KombÅsentÅr, weil er das Geschrei nicht lÜnger hÉren wollte. Ulpanius zwÜngte sich an seinen Beinen vorbei in die Zentrale und watschelte auf den Pilotensitz zu. ÑWir sind noch nÜher an dem DingÖ, stellte er fest, nachdem er aus der Kuppel geblickt hatte. Froud-Crofton sagte: ÑWir werden wahrscheinlich irgendwo landen.Ö ÑLanden?Ö fragte das kugelfÉrmige Wesen erschrocken. ÑWo sollen wir landen?Ö ÑZwischen dem Geflecht oder auf einem der kastenfÉrmigen GebildeÖ, vermutete Froud-Crofton. Er blickte wieder aus der Kuppel und sah, daÄ es Åberall in diesem GerÅst aus RÉhren und Streben dÅnne antennenÜhnliche AuswÅchse gab. Diese StÜbe waren verhÜltnismÜÄig dÅnn, so daÄ Froud-Crofton sie erst jetzt sehen konnte. Seltsamerweise beruhigte ihn diese Entdeckung, denn sie bedeutete schlieÄlich, daÄ dieses Geflecht irgendeine Funktion besaÄ oder einem technischen Zweck diente. ÑWir fliegen in dieses Ding hinein!Ö schrie Ulpanius. Er stolperte rÅckwÜrts und preÄte sich gegen die flache Speicherbank neben der Positronik. Die ANNIOK flog jetzt sehr langsam, sie war noch ein paar hundert Meter von der OberflÜche des KugelgerÅstes entfernt. Froud-Crofton fragte sich, ob es einen Grund hatte, daÄ man sie ausgerechnet hierher brachte. Die Unbekannten waren sich offenbar von Anfang an darÅber im klaren gewesen, wohin sie die ANNIOK fliegen wollten.
Je nÜher die ANNIOK dem Geflecht kam, desto langsamer wurde ihr Flug. Froud-Crofton war sicher, daÄ seine Jacht jetzt von Traktorstrahlen gelenkt wurde, die ihren Ursprung in Kraftstationen innerhalb des kugel fÉrmigen GerÅstes hatten. Die AbstÜnde zwischen den RÉhren und Streben des GerÅsts waren groÄ genug, um die ANNIOK durchzulassen. Das schlanke Schiff glitt an den ÜuÄeren VerÜstelungen vorbei und nÜherte sich zwei schrÜg Åbereinander aufgehÜngten KÜsten. Froud-Crofton sah, daÄ sich einer der KÜsten Éffnete. Das Tor, in das der Arzt blickte, war nicht mit einer Schleuse zu vergleichen, denn es gab keine Druckausgleichskammer und keine doppelten WÜnde. Eine Stahl wand war zur Seite geglitten. Trotzdem konnte Froud-Crofton nicht ins Innere des Kastens blicken, obwohl das Licht der kÅnstlichen Sonnen normalerweise durch das offene Tor hÜtte scheinen mÅssen. Froud-Crofton erklÜrte sich den rÜtselhaften Anblick mit einer Energiebarriere, die nicht lichtdurchlÜssig war. Die ANNIOK flog auf den geÉffneten Kasten zu. Der Arzt schÜtzte, daÄ das Tor dreiÄig Meter breit und zehn Meter hoch war. ÑEine Falle!Ö heulte Ulpanius. ÑDas ist eine Falle, Terraner.Ö ÑSchon mÉglichÖ, gab Froud-Crofton gelassen zurÅck, Ñaber was wollen wir dagegen tun? Wir mÅssen abwarten, was jetzt geschieht.Ö Ulpanius begann sich im Kreis zu drehen und schrille Schreie auszustoÄen. Der Mediziner beobachtete ihn und fragte sich, ob der StobÜer vor Angst den Verstand verloren hatte. Bei Ulpanius war man nie sicher, ob hinter solchen Auftritten nicht irgendeine Teufelei steckte. Der Strahlenkranke begann um sich zu schlagen. Dabei verletzte er sich an einer Hand, was ihn halbwegs zur Vernunft brachte. ÑDeine AnfÜlle helfen uns nicht weiterÖ, sagte Froud-Crofton Ürgerlich. ÑNimm dich jetzt zusammen. Es ist mÉglich, daÄ ich dich brauche.Ö Er hielt zwar wenig davon, mit dem stobÜischen Kriminellen zusammenzuarbeiten, aber wenn er dadurch eine Chance bekommen konnte, seine Freiheit zu retten, wollte er sie nutzen.
Ulpanius zog sich in eine Ecke der Zentrale zurÅck und bedeckte seine Triefaugen mit beiden HÜnden. Die ANNIOK war nur noch wenige Meter von dem Tor entfernt. Die Jacht stand jetzt still. Froud-Crofton blickte aus der Kuppel. SchrÜg Åber ihm fÅhrten RÉhren und Streben in die verschiedensten Richtungen. Es gab antennenÜhnliche AuswÅchse, die so dÅnn waren, daÄ sie wie Haare wirkten. Froud-Crofton war sich der Anwesenheit fremder Wesen bewuÄt. Dieses GefÅhl hatte sich noch verstÜrkt, als das Tor aufgeglitten war. Trotz dem konnte der Arzt niemand sehen. Er vermutete, daÄ die Fremden sich hinter dem Tor aufhielten. PlÉtzlich erlosch die Notbeleuchtung. Die Unbekannten hatten eine MÉglichkeit gefunden, auch den Dynamo zu beeinflussen, von dem diese Anlage versorgt wurde. Froud-Crofton befÅrchtete, daÄ die Fremden noch nicht alle KontrollmÉglichkeiten eingesetzt hatten. HÜtte der RÅckentornister seines Schutzanzugs funktioniert, wÜre Froud-Crofton jetzt ausgestiegen. WÜhrend er noch Åberlegte, wie er die unsichtbaren EntfÅhrer der Jacht zu einer Reaktion zwingen konnte, setzte die ANNIOK sich langsam wieder in Bewegung. Als sie das Tor passierte, schien sich eine schwarze Masse um die Jacht zu legen. Es wurde vollkommen dunkel. Ulpanius stÉhnte vor Angst. Froud-Crofton ahnte, daÄ sich das Tor noch nicht geschlossen hatte. Trotzdem reichte das Licht der kÅnstlichen Sonnen nicht bis ins Innere des Kastens. Es gab einen kaum spÅrbaren Ruck, als die ANNIOK auf dem Boden aufsetzte. DrauÄen war es still. PlÉtzlich wurde es hell. Die Lichtquelle war nicht zu entdecken, aber sie erhellte den Raum, in dem die ANNIOK gelandet war. Froud-Crofton blickte aus der Kuppel. Die WÜnde im Hintergrund waren gelb. Es gab Stellen, an denen sie vÉllig glatt aussahen, aber der grÉÄte Teil der OberflÜche war von seltsam geformten AuswÅchsen bedeckt. Froud-Crofton blickte nach oben. An der Decke hing ein kreisfÉrmiges Gebilde. Es durch-
maÄ etwa zehn Meter. In seiner Mitte ragte eine Spitze von einem halben Meter LÜnge nach unten. Froud-Crofton konnte keine weiteren EinrichtungsgegenstÜnde entdecken. Der Boden war Åberall dort, wo Froud-Crofton ihn Åbersehen konnte, vÉllig glatt. ÑNiemand ist zu sehenÖ, bemerkte Ulpanius, der wieder Mut gefaÄt hatte. ÑOb wir aussteigen und uns drauÄen umsehen?Ö Der Arzt schaute zu den Kontrollen. ÑWir wissen nicht, welche VerhÜltnisse auÄerhalb des Schiffes herrschen. Die Kontrollen fuhren keine Energie und zeigen nichts an.Ö ÑGlaubst du, daÄ wir von hier entkommen kÉnnen?Ö FroudCrofton lachte spÉttisch. ÑUnter diesen UmstÜnden? Wir mÅssen abwarten, was weiterhin geschieht.Ö ÑWir kÉnnten ...Ö Ulpanius wurde von einem durchdringenden Summen unterbrochen. Er drehte sich um die eigene Achse, um festzustellen, wodurch der LÜrm ausgelÉst wurde. Froud-Croftons Gesichtsmuskeln zuckten. Die TÉne bereiteten ihm Schmerzen. Er preÄte beide HÜnde gegen die Ohren. Das Summen wurde nicht leiser. ÑWas ist das?Ö schrie Ulpanius. Froud-Crofton lieÄ beide Arme sinken. Sein Gesicht spiegelte sich in den dunklen Scheiben der Bildschirme. Zum erstenmal war er dankbar, daÄ er sich nicht allein an Bord der ANNIOK befand. Ulpanius war zwar alles andere als ein Freund, aber er gehÉrte zu den Lebewesen dieser Galaxis. Die Bewohner des Schwarms, so ahnte Froud-Crofton, kamen aus unermeÄlichen Fernen des Universums. Das Summen wurde dumpfer und damit ertrÜglicher. ÑDa!Ö schrie Ulpanius. Seine Spinnenfinger deuteten nach oben. Das kreisfÉrmige Gebilde an der Decke senkte sich langsam auf die ANNIOK herab. Der Stab in der Mitte schien zu glÅhen. In diesem Augenblick erlosch das Licht in der Halle. FroudCrofton konnte nur noch den glÅhenden Stab sehen, der langsam nÜher kam. ÑWir sollen getÉtet werden!Ö kreischte der StobÜer in panischer Angst.
Froud-Crofton preÄte die Lippen aufeinander, bis es weh tat. Er wollte nicht die Nerven verlieren. Nur wenn er seinen Verstand gebrauchte, konnte er diese und folgende Schwierigkeiten Åberstehen. Bestimmt wollte man ihn und Ulpanius nicht tÉten. Das wÜre einfacher gegangen. Direkt Åber der Kuppel der ANNIOK kam der kreisfÉrmige Deckeneinsatz mit dem Stab in der Mitte zur Ruhe. Die Spitze des Stabes schien noch stÜrker zu glÅhen. In der Kuppel der ANNIOK entstand ein Loch, das sich schnell vergrÉÄerte. UnwillkÅrlich riÄ Froud-Crofton die Arme vor das Gesicht. Aber der erwartete Druckverlust fand nicht statt. UnglÜubig sah der Arzt zu, wie das Loch in der Kuppel immer grÉÄer wurde. Das Panzerplast wurde zerstrahlt, ohne daÄ Hitze oder Rauch frei wurden. AuÄerdem geschah die Vernichtung vollkommen lautlos. Der glÅhende Stab begann zu kreisen. Er erfaÄte jetzt die AuÄenrÜnder der Kuppel und lÉste sie ebenfalls auf. Auf diese Weise wurde der gesamte Aufsatz Åber der Zentrale sauber herausgetrennt. Die PrÜzision, mit der alles geschah, lieÄ Froud-Crofton vermuten, daÄ die ANNIOK nicht das erste Schiff war, das man auf diese Weise behandelte. Der Stab hÉrte auf zu glÅhen. Froud-Crofton ahnte, daÄ der eigenartige Strahler wieder unter die Decke zurÅckglitt. Der Arzt lauschte angestrengt. Unter der offenen Kuppel kam er sich wie nackt vor. Er rechnete jeden Augenblick mit einem Angriff der unbekannten EntfÅhrer. ÑTerraner!Ö flÅsterte Ulpanius. ÑJa?Ö Es gab ein klatschendes GerÜusch. Froud-Crofton schloÄ daraus, daÄ der StobÜer versuchte, die Zentrale zu verlassen. ÑHierbleiben!Ö sagte er leise. ÑWas willst du drauÄen unternehmen, Ulpanius?Ö Der Demonstrationskranke stÉhnte vor Anstrengung. Ein dumpfes GerÜusch bewies dem Arzt, daÄ Ulpanius auf die AuÄenhÅlle der ANNIOK gefallen war.
ÑTerraner!Ö schrie Ulpanius plÉtzlich. Seine Stimme Åberschlug sich fast. ÑEtwas hÜlt mich fest. Ich komme nicht mehr los.Ö Der Mediziner antwortete nicht. Er hatte damit gerechnet, daÄ Ulpanius nicht weit kommen wÅrde. Aber wer oder was hatte ihn angegriffen? ÑHilf mir doch!Ö flehte Ulpanius. ÑDu darfst mich nicht allein lassen.Ö Froud-Crofton zwang sich zur Ruhe. Wenn er jetzt antwortete, machte er die Fremden auf sich aufmerksam, obwohl er kaum zu hoffen wagte, daÄ sie ihn nicht sahen. Froud-Crofton vernahm einen Laut wie von einer an der Wasserober flÜche eines stillen Sees zerplatzenden Luftblase. Das GerÜusch kam aus unmittelbarer NÜhe. Etwas war in die Zentrale eingedrungen! Der Terraner spÅrte, wie ihm ein kalter Schauer Åber den RÅcken lief. Er lieÄ sich zu Boden sinken und kroch auf allen vieren in Richtung des kleinen Kartentisches. In seiner NÜhe schleifte etwas Åber den Boden. Froud-Crofton erstarrte in seinen Bewegungen. Er wagte kaum noch zu atmen, weil er befÅrchtete, daÄ das AtemgerÜusch seiner kÅnstlichen Lungen die Eindringlinge auf ihn aufmerksam machen kÉnnte. Nach einer Weile wagte er weiterzukriechen. Er erreichte den Karten tisch und zog sich darunter zurÅck. In einer entfernten Ecke der Zentrale knirschte etwas. Metall schien Åber Metall zu gleiten. Von Ulpanius war nichts mehr zu hÉren. Entweder war der StobÜer tot, oder die Unbekannten hatten ihn betÜubt. Vielleicht war er auch weggeschleppt worden. Etwas, das sich anhÉrte wie ein nasser Lappen, fiel Åber FroudCrofton auf den Kartentisch. Die Nerven des Mediziners waren bis zur UnertrÜglichkeit angespannt. Sein Herz jagte. Er krallte seine Finger in die Oberschenkel. Fast wÜre er mit einem Aufschrei aufgesprungen und blindlings geflohen. Die Fremden wuÄten lÜngst, wohin er sich verkrochen hatte. Froud-Crofton wuÄte, daÄ er nur die Hand auszustrecken brauchte, um etwas zu berÅhren, was nicht in die Zentrale der AN-
NIOK gehÉrte. Trotzdem blieb er, ohne sich zu bewegen, in seinem Versteck. Irgendein Ding glitt Åber den Rand des Kartentischs. Ein Lufthauch streifte das Gesicht des Arztes. Er hielt den Atem an. Es gab einen fast explosionsartigen Knall, als der Kartentisch mit einem Ruck aus seiner Bodenverankerung gerissen wurde. FroudCroftons Spannung entlud sich in einem Aufschrei. In einigen Metern Entfernung krachte der Tisch wieder auf den Boden. Froud-Crofton verlor endgÅltig die Beherrschung und sprang auf. Zu einer weiteren Aktion kam er nicht. Etwas schloÄ sich um seinen OberkÉrper, umklammerte ihn sanft, aber nachdrÅcklich und hob ihn vom Boden hoch. Er bekam die Arme nicht frei. Das Zappeln mit den Beinen half ihm nicht viel. Er stieÄ eine VerwÅnschung aus, war aber trotzdem erleichtert. Endlich nahmen die unheimlichen Dinge um ihn herum Gestalt an. Noch wuÄte Froud-Crofton nicht, ob das, was ihn festhielt, organisch oder mechanisch war, aber es war immerhin ein greifbares Etwas. Er wurde aus der Zentrale gehoben und schwebte ein paar Sekunden Åber der ANNIOK. ÑUlpanius!Ö rief er. Keine Antwort. Wieder ein schleifendes GerÜusch. Das Ding, das Froud-Crofton fest hielt, setzte sich in Bewegung. Der Arzt konzentrierte sich. Er muÄte feststellen, wohin man ihn brachte. Im Augenblick, so vermutete er, wurde er quer durch die Halle geschleppt, in der die ANNIOK gelandet war. Immer mehr verstÜrkte sich Froud-Croftons áberzeugung, daÄ er von einer Art Roboter festgehalten wurde. Diese áberzeugung stÅtzte sich vor allem auf das Vorgehen des fremden Dinges. Jedes lebende Wesen, auch wenn es noch so fremdartig war, hÜtte sich vollkommen anders benommen. Kurze Zeit spÜter hielt Froud-Croftons EntfÅhrer abermals an. Der Arzt nahm an, daÄ sie vor einer Wand standen. Er wurde auf den Boden gestellt, ohne daÄ sich die Klammer um seinen OberkÉrper lÉste. Dann wurde er um den Bauch gepackt. Die Klammer um seine Brust Éffnete sich. Sofort griff Froud-Crofton mit beiden HÜnden nach dem Ding um seinen Bauch.
Im gleichen Augenblick wurde er von den Beinen gerissen und mit hoher Geschwindigkeit weggeschleppt. Er ahnte, daÄ er sich jetzt im Innern einer der zahllosen RÉhren befand, aus denen das kugelfÉrmige Geflecht bestand. Froud-Croftons HÜnde schlÉssen sich um hartes Material. ÑLoslassen!Ö rief er. Das Ding, das ihn transportierte, reagierte nicht. Nach einiger Zeit wurde es noch schneller. Froud-Crofton spÅrte, daÄ ihm schwindlig wurde. Ein paarmal wurde er gegen die RÉhrenwand gestoÄen. Wenn er sich jedoch ruhig verhielt, passierte das nicht. Die ganze Zeit Åber spÅrte Froud-Crofton die NÜhe von etwas Lebendigem. Seltsame GerÜusche, die zweifellos nicht von seinem EntfÅhrer verursacht wurden, lieÄen ihn vermuten, daÄ die Bewohner dieser Riesenkugel sehr aktiv waren. Endlich kam das Ding zur Ruhe. Froud-Croftons Lungen pfiffen. Obwohl man ihn getragen hatte, war der Transport alles andere als angenehm gewesen. Ohne jede RÅcksicht auf die Konstitution des Terraners war der Roboter durch RÉhren und GÜnge gerast. Jetzt schien er sein Ziel erreicht zu haben. Froud-Crofton wurde mit einem Ruck hochgehoben und auf einem flachen Untergrund abgelegt. Bevor er irgend etwas tun konnte, schlÉssen sich elastische BÜnder um seinen KÉrper und hielten ihn fest. Ein stechender Schmerz drang in seinen Kopf. Dann verlor er das BewuÄtsein. Bully hatte in der letzten Stunde immer Éfter auf die Uhr geblickt. Seine Hoffnung, daÄ die im Schwarm verschwundene Jacht vielleicht wieder auftauchen kÉnnte, hatte sich bisher noch nicht bestÜtigt. Tifflor bemerkte die Unruhe seines Freundes. ÑWir warten vergebens, Bully! Die Fremden werden ihre Beute nicht mehr freigeben.Ö ÑIch befÅrchte fast, daÄ Sie recht haben, Tiff!Ö Bully blickte zÉgernd Åber die Kontrollen. FÅr die INTERSOLAR und ihre Besatzung gab es noch viel zu tun. Vor allem anderes, nÜmlich die Suche nach Immunen. Im Grunde genommen war das Warten auf eine RÅckkehr der Jacht Zeitàverschwendung.
Andererseits erhoffte Bully sich eine einmalige Chance. Etwas unter suchen zu kÉnnen, was sich innerhalb des Schwarms befunden hatte, wÜre fÅr die Terraner ungemein wertvoll gewesen. ÑWir warten noch!Ö entschied er. Corello sagte nachdenklich: ÑWir sollten endlich zurÅckfliegen und versuchen, alle Immunen irgendwo zusammenzuziehen. Ich meine jetzt nicht nur die immunen Menschen, sondern auch andere VÉlker.Ö ÑGlauben Sie, daÄ immune Akonen und Blues mit uns arbeiten wÅrden?Ö fragte Tifflor skeptisch. ÑIch kÉnnte mir vorstellen, daÄ sie unter den gegebenen UmstÜnden dazu bereit wÜren.Ö Corellos groÄer Kopf bewegte sich ein wenig. Die MÜnner und Frauen an Bord der INTERSOLAR hatten sich lÜngst an sein ungewÉhnliches Aussehen gewÉhnt. ÑEs wÜre einen Versuch wertÖ, stimmte Bully zu. ÑAber wie wollen wir in der augenblicklichen Lage mit den Immunen aller raumfahrenden VÉlker Kontakt aufnehmen? Bisher ist es uns noch nicht einmal gelungen, mit unseren grÉÄten Kolonien in Verbindung zu treten.Ö Tifflor seufzte. ÑUnsere einzige Chance liegt darin, mit den Bewohnern oder Beherrschern des Schwarmes in Kontakt zu kommen.Ö Bully schaute Tifflor forschend an. ÑMit anderen Worten: Sie mÉchten versuchen, in den Schwarm einzudringen!Ö Der ZellaktivatortrÜger nickte entschlossen. ÑIch befÅrchte, daÄ dies den Tod eines jeden Freiwilligen zur Folge hÜtte.Ö ÑDannÖ, sagte Tifflor entschlossen, Ñsollten wir den Schwarm mit allen zur VerfÅgung stehenden Schiffen angreifen, um seine Bewohner zu einer Reaktion zu zwingen.Ö Bully schÅttelte den Kopf. ÑWo sollten wir angreifen? Unsere wenigen Schiffe kÉnnten nur eine winzige Stelle des Schwarmes unter BeschuÄ nehmen. Dadurch wÅrden wir bestenfalls erreichen, daÄ man uns fÅr streitlustige Barbaren hÜlt. Nein, dieses Problem muÄ auf andere Weise gelÉst werden.Ö
Ein Blick in die Gesichter der in der Zentrale versammelten Menschen lieÄ Bully erkennen, daÄ keiner von ihnen an eine LÉsung glaubte. Rhodans bester und Ültester Freund senkte den Kopf. ÑVielleicht mÅssen wir wirklich ganz von vorn beginnenÖ, Åberlegte er laut. ÑIrgendwo, auf einer Welt, die nicht vom Schwarm bedroht wird.Ö Tifflor blickte ihn fassungslos an. ÑDas wÅrde bedeuten, daÄ wir alles, was die Menschheit seit Perry Rhodans erstem Raumflug erreicht hat, aufgeben mÅssen!Ö ÑJaÖ, bestÜtigte Bull. ÑAber das scheint das Gesetz des Universums zu sein. Kein Volk kann immer weiter wachsen und sich immer weiter aus dehnen. Eines Tages geschieht etwas, das seine Expansion zum Stillstand bringt. Ich habe mich schon gefragt, warum es nicht viel frÅher zu einer Ühnlichen Katastrophe gekommen ist.Ö ÑIch bin nicht bereit, das zu akzeptieren!Ö sagte Tifflor verbissen. Bully lachte humorlos. ÑSie werden es nicht glauben, Tiff: Es fÜllt mir ebenfalls schwer, es zu akzeptieren. Und ich habe noch nicht aufgegeben.Ö ÑDas ist immerhin etwasÖ, bemerkte Tifflor erleichtert. Bully konzentrierte sich wieder auf die Kontrollen. Der Schwarm wanderte jetzt nur sehr langsam. Manchmal sah es aus, als wÅrden sich die blasenÜhnlichen Kristallschirme in ihrer ÜuÄeren Form verÜndern, doch das war eine TÜuschung, hervorgerufen durch die langsame Drehung des Schwarms. Bully befahl dem Funker, abermals Signale in seine Richtung abzustrahlen. Er rechnete nicht damit, daÄ es ihnen jetzt noch gelingen wÅrde, mit der Besatzung der Jacht Verbindung aufzunehmen, doch es bestand immerhin die schwache Hoffnung, daÄ jemand aus dem Schwarm antworten wÅrde. Die INTERSOLAR funkte eine volle Stunde, ohne daÄ dort jemand reagierte. Die FunksprÅche, die an Bord des Ultraschlachtschiffes aufgefangen wurden, kamen weiterhin aus allen Teilen der Galaxis. In fast allen FÜllen handelte es sich um Notsignale. Nur innerhalb des Schwarms schien Funkstille zu herrschen. Bull befahl, die Versuche wieder abzubrechen.
ÑWas jetzt?Ö fragte Tifflor. ÑNun kÉnnen wir aufgeben und weiterfliegen.Ö ÑWir haben jetzt so lange gewartet, daÄ wir noch ein paar Stunden opfern kÉnnenÖ, sagte Bull. Er spÅrte, daÄ sein Vorhaben bei Tifflor auf immer stÜrkere Ablehnung stieÄ. Auch die anderen Besatzungsmitglieder innerhalb der Zentrale schienen nicht mit Bullys Entscheidung einverstanden zu sein. Nur Corello sagte: ÑVielleicht ist es doch gut, wenn wir ein biÄchen warten. Ich werde das GefÅhl nicht los, daÄ sich noch etwas ereignen wird.Ö ÑWas soll schon geschehen?Ö fragte Wyt. ÑDer Schwarm ignoriert uns. Das ist bei seiner Ausdehnung kein Wunder. Die Fremden, die den Schwarm steuern, kÉnnen alles mÉgliche ignorieren, sogar eine Riesen flotte von Ultraschlachtschiffen.Ö ÑDiesmal sind wir die AmeisenÖ, sagte Jamie Dkanor, eine immune Karthographin. ÑUnd der Riese, der unser Reich mit einem Tritt zerstÉrt, denkt sich nichts dabei.Ö
25. Wir sind eine unbekannte Anzahl miteinander verschmolzener Individuen. Wir dienen dem Y'Xanthomrier. Manchmal fÜllt es uns schwer, unsere Aufgaben zu bewÜltigen. Dann helfen uns andere VÉlker, die dem Y'Xanthomrier ebenfalls dienen. StÜndig sterben Individuen, die zu uns gehÉren. Nicht alle, die man als Ersatz heranschafft, sind auch fÅr unsere gemeinsame Aufgabe geeignet. Das Y'Xanthomrier weiÄ jedoch, was zu tun ist. Es wird immer dafÅr sorgen, daÄ wir funktionsfÜhig sind. Gibt es eine schÉnere Aufgabe, als Nachrichten fÅr das Y'Xanthomrier zu empfangen und weiterzugeben? Wir wissen, daÄ wir nicht einzigartig sind. Das Y'Xanthomrier hielt es fÅr klug, an anderen Stellen Ühnliche Einrichtungen zu schaffen. Gebilde wie das unsere sind an vielen Orten entstanden. So ist es mÉglich, daÄ alle Diener des Y'Xanthomrier miteinander sprechen kÉnnen. Wir haben eine sehr wichtige Funktion in der Gesamtheit.
Ein paar von uns sind schon sehr lange dabei. Das ist erstaunlich, wenn man bedenkt, wie schnell manche NeuankÉmmlinge absterben. Aber auch jene, die nur ganz kurze Zeit in unseren Funktionskreis eingeschlossen sind, machen vor ihrem Ende einen sehr glÅcklichen Eindruck. Sie spÅren, daÄ sie einer groÄen Sache dienen. Am schÉnsten ist der Dank des Y'Xanthomrier. Auch die Geringsten unter uns empfangen diesen Dank. Dabei kann das Y'Xanthomrier jeden in jedem Augenblick tÉten. Das Y'Xanthomrier erreicht jeden Punkt innerhalb und auÄerhalb unseres Systems. Das Y'Xanthomrier ist mÜchtig, und gelb ist seine Farbe. Viele von uns haben vergessen, was frÅher war. Die Erinnerung an ihr frÅheres Leben ist verblaÄt. Das ist gut so, denn es hat sich herausgestellt, daÄ jene, die sich am schnellsten in unser System einfÅgen, am lÜngsten Åberleben. Wir, die wir Nachrichten empfangen und weitergeben, gehÉren verschiedenen VÉlkern an. Das ist in unserem jetzigen Zustand natÅrlich vÉllig bedeutungslos. Man kÉnnte uns als kÉrperlos bezeichnen, obwohl das natÅrlich nicht stimmt. Das System ist unser KÉrper. Wir sind innerhalb des Systems eingeschlossen. Jeder von uns Åbt eine bestimmte Funktion aus, aber wir kÉnnen unsere Aufgabe nur einwandfrei erfÅllen, wenn wir vollzÜhlig sind. Am hÜufigsten fÜllt der Selektor aus. Das liegt weniger an der Aufgabe, die dieser Teil des Systems zu erfÅllen hat, als an der SensibilitÜt der als Selektor eingesetzten Wesen. Ein Selektor muÄ zahlreiche FÜhigkeiten haben, die nur selten in einem Wesen vereinigt sind. Die Kontrolleure des Systems haben das lÜngst erkannt. Wir haben deshalb zwei Selektoren. Einer davon kann durch eine Systemschaltung im Bedarfsfall eingeschaltet werden, der zweite dient als Reserve. Diesmal ist jedoch der seltene Fall eingetreten, daÄ der Selektor und dessen Ersatz gleichzeitig abgestorben sind. Wir haben keinen Selektor, was mit anderen Worten bedeutet, daÄ wir nicht voll funktionsfÜhig sind. Die Kontrolleure haben angekÅndigt, daÄ sie einen neuen Selektor auf gegriffen haben. Vielleicht sogar zwei, obwohl es im zweiten Fall mehr als unwahrscheinlich zu sein scheint, daÄ eine Verwen-
dung mÉglich ist. Wir lernen mit der Zeit, die Angaben der Kontrolleure richtig zu interpretieren. Wir warten mit grÉÄter Spannung auf den neuen Selektor. Die Einpassung eines Neuen ist immer erregend. Oft sterben die Individuen schon zu diesem Zeitpunkt. Wir glauben, daÄ das Y'Xanthomrier rechtzeitig ein oder zwei neue Selektoren fÅr unser System finden wird. NatÅrlich Åberbewerten wir unsere Aufgabe innerhalb der Gesamtheit nicht. Betrachtet man den gesamten Komplex, ist unser System nur ein winziger Bestandteil. Aber unsere Funktion ist Åberaus wichtig. Wir schÜtzen, daÄ es innerhalb der Gesamtheit ein paar hundert Systeme wie das unsere gibt. Sicher haben alle anderen auch ihre Schwierigkeiten mit den Selektoren. Wir sind wirklich gespannt auf die beiden Neuen - wenn sie Åberhaupt zu verwenden sind. Als Tapmedie Ulpanius wieder klar denken konnte, lag er in einer Art Nische am Boden und hatte beide HÜnde im Gesicht. Er spreizte behutsam seine dÅnnen Finger, um mehr von der Umgebung sehen zu kÉnnen. Er zitterte jetzt nicht mehr. Er hatte jenes Stadium der Furcht erreicht, wo an die Stelle der Angst eine gewisse GleichgÅltigkeit tritt. Das bedeutete, daÄ er sich mit seinem Ende abgefunden hatte. áber ihm verlief eine gewÉlbte Decke. Sie war, wie fast alles innerhalb dieser RÜume und GÜnge, von gelber Farbe. Es war eine Farbe, die eine beunruhigende Wirkung auf Tapmedie Ulpanius hatte. Er richtete sich ein wenig auf, immer damit rechnend, wieder auf den Boden geworfen zu werden. Doch nichts geschah. Er blieb auch unbehelligt, als er sich schlieÄlich auf seine kurzen Beine stellte. Der StobÜer war allein. Er stand in einem schrÜgen Gang, unmittelbar vor einer scharfen Kurve. Der Gang muÄte sich im Innern einer RÉhre befinden, denn Decke und SeitenwÜnde waren nach auÄen gewÉlbt. Als der Strahlenkranke sich bewegte, stellte er fest, daÄ der Gang sehr steil nach oben verlief. Ulpanius geriet ins Rutschen, sobald er die Bodennische verlieÄ. Er glitt hastig an den relativ sicheren Platz zurÅck.
Er Åberlegte, warum man ihn hierhergebracht hatte. ÑTerraner!Ö rief er leise. Er erhielt keine Antwort. Powee Froud-Crofton war entweder tot oder weit von Ulpanius entfernt. Der StobÜer wuÄte, daÄ er nicht ewig in dieser Nische bleiben konnte. Die GerÜusche, die an sein GehÉr drangen, bewiesen ihm, daÄ die Station belebt war. Er wuÄte nicht, was ihn hierhergeschleppt hatte, aber das Ding war ihm an Kraft weit Åberlegen gewesen. Immerhin gab es jetzt Licht, so daÄ Ulpanius seine Umgebung sehen konnte. Ein neues GerÜusch in seiner unmittelbaren NÜhe lieÄ ihn herumfahren. Etwas kam den Gang herauf. Tapmedie Ulpanius wartete darauf, daÄ der Urheber des LÜrmes um die Kurve biegen wÅrde. Doch dann wurde es plÉtzlich ruhig. Jemand schien hinter der Kurve zu lauern. Tapmedie Ulpanius kroch langsam aus der Nische hervor. Er blickte den Gang hinauf und Åberlegte, ob er im Ernstfall auf diesem Weg fliehen konnte. Zumindest muÄte er es versuchen. Er lieÄ sich nach vorn sinken und kroch mehr, als er ging, Åber den glatten Boden. Hinter ihm kam etwas um die Kurve. Er blickte sich um. Ein Gebilde, das wie eine flache Schale auf einer Rolle aussah, glitt den Gang herauf. Es schien keine Schwierigkeiten bei der áberwindung der Steigung zu haben, so daÄ es nur eine Frage der Zeit war, bis es Ulpanius eingeholt haben wÅrde. Der StobÜer kauerte sich auf den Boden und wartete darauf, daÄ ihn das Ding angreifen wÅrde. Doch dann kam alles anders, als er es sich vorgestellt hatte. Der Boden, auf dem er lag, sackte plÉtzlich nach unten. Es entstand eine Nische, wie Ulpanius sie vor wenigen Augen blicken verlassen hatte. Die Schale, die auf den Demonstrationskranken zurollte, machte einen Satz, wobei sie umkippte und auf Ulpanius herabfiel. Sie schloÄ mit ihren AuÄenrÜndern genau mit denen der Bodennische ab. Um Ulpanius herum wurde es dunkel. Er warf sich gegen die Schale, aber sie gab nicht nach.
PlÉtzlich wurde Tapmedie Ulpanius durchsichtig. Er schien von innen heraus zu leuchten. Die Helligkeit Åbertrug sich nicht auf seine Umgebung, so daÄ der StobÜer wie ein leuchtender Ballon aussah. VÉllig verwirrt wollte Ulpanius seine Augen mit den HÜnden bedecken. Aber auch seine Finger waren durchsichtig, sie glÅhten wie LeuchtdrÜhte. Die Organe in seinem KÉrper sahen wie dunkle Klumpen aus. Nach einiger Zeit erschienen dunkle Flecken auf dem KÉrper des StobÜers. Irgend jemand schien nach einem bestimmten Plan einzelne KÉrperstellen abzudunkeln. Irgendwie erinnerten Ulpanius diese VorgÜnge an die Untersuchungen in der Praxis von Dr. Froud-Crofton. Vom oberen Rand der Schale senkten sich glÅhende Pfeile herab und durchbohrten seinen KÉrper, ohne daÄ er Schmerzen empfand. Dann wurde er von kleinen Scheiben berÅhrt, die sich an seiner Haut festsaugten. Ulpanius lieÄ alles geduldig Åber sich ergehen, denn er war sich seiner vÉlligen Wehrlosigkeit bewuÄt. Die glÅhenden Pfeile in seinem KÉrper waren LichtsÜulen einer unbekannten Strahlung. Nach einer Weile erloschen die LichtsÜulen. Der KÉrper des StobÜers hÉrte auf zu glÅhen. Die Scheiben lÉsten sich mit schmatzenden GerÜuschen von seiner Haut. Wenig spÜter lÉste sich die Schale von der Nische. Tapmedie Ulpanius konnte in den gelben Gang blicken. Er ahnte, daÄ die Untersuchung vorÅber war. Welchen Sinn hatte sie gehabt? Was wollten seine EntfÅhrer herausfinden? Der Demonstrationskranke spÅrte, wie der Boden sich unter ihm glÜttete. Die Nische verschwand. Ulpanius wurde an die OberflÜche des Ganges zurÅckgestoÄen. Im Hintergrund sah er die Schale um eine Kurve rollen. Er war wieder sich selbst Åberlassen. Langsam kroch der Strahlenkranke den Gang hinauf. Er wuÄte, daÄ er nicht entkommen konnte. Er war in dieses Gewirr unzÜhliger RÉhren und Streben eingeschlossen, in irgendein technisches System, dessen Sinn nur die Erbauer verstanden. Ulpanius rief ein paarmal nach Froud-Crofton, rechnete aber nicht mit einer Antwort. Nach einiger Zeit erreichte er das Ende des Ganges. Durch eine metergroÄe åffnung konnte er in das Innere
eines groÄen Raumes blicken. Ulpanius wuÄte, daÄ er einen jener KÜsten erreicht hatte, die zwischen den Verstrebungen des kugelfÉrmigen Gebildes hingen. Das Innere des Kastens war beleuchtet. An den WÜnden und mitten im Raum standen fremdartige GerÜte. Ulpanius kletterte durch die åffnung in den Raum hinÅber. Er war erstaunt, daÄ sich niemand um ihn kÅmmerte oder sich ihm abwehrend entgegenstellte. Die Unbekannten schienen Ulpanius fÅr vÉllig ungefÜhrlich zu halten. Sie hatten ihn unter sucht und danach offenbar jedes Interesse verloren. Ulpanius betrachtete die Åberall aufgestellten Maschinen. War die Einrichtung der ANNIOK fÅr den StobÜer schon verwirrend gewesen, so erschienen ihm die Anlagen in seiner Umgebung vÉllig fremdartig. Er konnte nicht einmal ahnen, welche Bedeutung sie hatten. Aufmerksam musterte er die MetallblÉcke. Nirgends gab es Vorrichtungen, die mit Kontrollinstrumenten und Schalttafeln vergleichbar gewesen wÜren. Alle Maschinen gehÉrten offenbar einem in sich geschlossenen System an, das von einer Zentrale oder von auÄen gesteuert wurde. Aber wo waren jene Wesen, die das System fÅr sich benutzten? Lebten sie Åberhaupt hier? Ulpanius durchquerte den Raum. Er war erschÉpft und durstig. Sicher gab es hier keine Nahrung fÅr ihn. Er fand einen halbwegs bequemen Platz und lieÄ sich nieder. Er legte beide HÜnde Åber die Augen. Das war seine Lieblingsstellung. Trotzdem konnte er nicht einschlafen. Seine Åberreizten Nerven lieÄen es nicht zu. Er Åberlegte, ob es nicht eine MÉglichkeit geben kÉnnte, den Terraner gegen die Fremden auszuspielen. Das Schicksal FroudCroftons war ihm gleichgÅltig. Aber wo war der Arzt? Ulpanius nahm die HÜnde vom Gesicht. Sicher hatte es keinen Sinn, wenn er jetzt nach Froud-Crofton suchte. Ein dumpfes DrÉhnen lieÄ ihn aufhorchen. Der Boden des Raumes begann zu vibrieren. Die Vibrationen gingen jedoch nicht von diesem Raum aus. Dann vernahm Tapmedie Ulpanius einen schrecklichen Schrei. Irgendwo schrie ein Wesen in hÉchster Not. Ulpanius riÄ die HÜnde vors Gesicht. Er winselte vor Entsetzen.
Nur langsam kam ihm zum BewuÄtsein, daÄ er die Stimme von Powee Froud-Crofton gehÉrt hatte. Wir kÉnnen zufrieden sein. NatÅrlich ist nur einer der beiden Neuen als Selektor verwendbar, aber dafÅr verrÜt er mehr Talent als alle seine VorgÜnger. Wir kÉnnen es kaum abwarten, daÄ er an das System angeschlossen wird. Wie alle Selektoren scheint auch er sensibel zu sein. Wir werden hart kÜmpfen mÅssen, damit er nicht sofort abstirbt. Wenn er sich mit seiner Aufgabe erst einmal abgefunden hat, kann er lange Selektor bleiben. Der zweite AnkÉmmling ist fÅr uns vÉllig uninteressant. Er ist unbrauchbar, selbst als Leiter kommt er nicht in Frage. Er wird in absehbarer Zeit sterben, dann werden seine áberreste beseitigt. Niemand wird ihn tÉten, das erledigt er von selbst. Wir warten. Das Y'Xanthomrier wird sich wieder voll und ganz auf uns verlassen kÉnnen, sobald die Position des Selektors besetzt ist. Der gelbe Gott, der rote Steine weint, wird seine SchÅtzlinge sicher ans Ziel bringen. Die Kontrolleure haben schon mit der PrÜparation des neuen Selektors begonnen. NaturgemÜÄ strÜubt er sich sehr. Wir alle haben uns gestrÜubt, bis wir verstanden, wie schÉn es sein kann, an ein solches System angeschlossen zu sein. Wir sind gespannt darauf, mehr Åber den Neuen zu erfahren. Die Kontrolleure: ÑAchtung jetzt!á Wir wissen, daÄ auch wir Verantwortung tragen. Wir mÅssen den Neuen vorbereiten, ihn vor allem gegen den psychischen Druck schÅtzen, dem er ausgesetzt sein wird. UnnÉtig, daÄ die Kontrolleure uns immer wieder darauf hinweisen. Aber das ist mehr oder weniger eine Routineangelegenheit. Die Kontrolleure sprechen fÅr das Y'Xanthomrier. Und die Stimme des gelben Gottes ist unÅberhÉrbar. Die Kontrolleure: ÑStufe Eins!á Wir werden still. Jeder von uns hÜngt seinen eigenen Gedanken nach, die er natÅrlich nicht vor den anderen verschlieÄen kann. Ich... Ich ... Es fÜllt mir schwer, so zu denken. Wie lange ist es jetzt schon her, daÄ ich zum System gestoÄen bin? Ich habe GlÅck gehabt. Von Anfang an. Ich...
Ich bin Richtstrahler. Ich bin in uns Richtstrahler. Wir haben alle eine besondere Funktion. Ich glaube, daÄ ich sogar meinen Namen vergessen habe. Es fÜllt mir sehr schwer, von mir als Individuum zu denken. Richtstrahler, so glauben wir, ist neben Leiter die ungefÜhrlichste Aufgabe. Die KÉrperlosigkeit der Richtstrahler und Leiter ist geringer als die der anderen. Die Kontrolleure: ÑStufe Eins erfolgreich beendet.á Die Kontrolleure sind Maschinen, die uns beobachten und stÜndig im Auftrag des Y'Xanthomrier mit uns und allen anderen Systemen unserer Art in Verbindung stehen. Aber die Kontrolleure gehÉren nicht zu uns. Sie sind ein eigenes System und werden von Dienern des Y'Xanthomrier gelenkt. Die Kontrolleure: ÑStufe Zwei fÇhrt zu Schwierigkeiten.á Wir lauschen angespannt. Es wÜre eine Katastrophe, wenn der neue Selektor schon jetzt Schwierigkeiten bereiten wÅrde. Dann kann er sich unmÉglich ins System einfÅgen. Wir lauschen. Noch kÉnnen wir nichts von dem Neuen spÅren - das ist frÅhestens nach Stufe Sieben mÉglich. Die Kontrolleure: ÑDie Schwierigkeiten sind noch nicht behoben.á Ich... Es fÜllt uns sehr schwer, als Individuen zu denken. Dabei waren viele von uns frÅher ausgesprochene EinzelgÜnger. Vor allem ein Zwischenschalter hatte es sehr schwer, sich von seiner ursprÅnglichen IdentitÜt zu lÉsen. Es ist tatsÜchlich so, daÄ wir zusammen ein neues Wesen bilden, ein Åbergeordnetes Ich, das uns alle einschlieÄt. Ich ... Ich ... gehÉre dazu. Ich gehÉre dazu. Den anderen gehÉre ich ebenso, wie ich mir gehÉre. Was noch nicht kÉrperlos geworden ist, gehÉrt uns allen. Ein Kollektiv. Ein System. Das Y'Xanthomrier kann mit uns zufrieden sein. Wir empfangen Nachrichten. Wir speichern sie. Wir geben sie weiter. Ein paar hundert Systeme wie das unsere garantieren die Kommunikation innerhalb der Gesamtheit.
Aber wir kÉnnen nur einwandfrei arbeiten, wenn wir komplett sind. Komplett - das bedeutet, daÄ wir unter allen UmstÜnden einen Selektor brauchen. Die Kontrolleure: ÑStufe Zwei trotz Schwierigkeiten abgeschlossen. Wir warten mit Stufe Drei bis zum Ausgleich ab.á Das kann nur bedeuten, daÄ die Kontrolleure bei Stufe Drei noch grÉÄere Schwierigkeiten erwarten. Wir sind entsetzt. Dieser wertvolle Selektor! Dieses unvergleichliche Talent. Es darf nicht verlorengehen. Ich ... wir ... ich ... muÄ versuchen, mich ganz auf den Neuen zu konzentrieren. Er liegt wahrscheinlich noch auf der Anrichte. Ich halte es fÅr unmÉglich, daÄ man ihn bereits eingefÅhrt hat - bei diesen Schwierigkeiten! Die Kontrolleure: ÑWir warten noch mit Stufe Drei!á Die UngewiÄheit ist schlimmer als alles andere. Wir kÉnnen den Selektor sehen. Dabei ist der Begriff ÑsehenÖ natÅrlich nicht fÅr unsere KÉrperlosigkeit zutreffend. Aber es gibt auch bei unserem Zustand kein besseres Wort. Wir sehen den neuen Selektor. Was ist das fÅr ein Wesen? Wir haben die Erinnerung an unsere KÉrper weitgehend verloren, obwohl Teile dieser KÉrper noch im System funktionieren. KÉrper, mit denen man herumgeht, springt, kÜmpft und iÄt, sind fÅr uns abstrakt. Wir betrachten den Selektor. Es fÜllt mir ... mir ... uns schwer, seine GrÉÄe richtig einzuschÜtzen. Aber es ist letzten Endes bedeutungslos, ob dieses Wesen groÄ oder klein ist. Sogar seine geistigen FÜhigkeiten sind zweitrangig. Wichtig ist allein seine FÜhigkeit, als Selektor zu arbeiten. Der Neue kann differenzieren. Blitzschnell wird er ankommende Nachrichten auf ihren Gehalt ÅberprÅfen und an die entsprechenden Stellen im System weiterleiten. Nicht nur das, der Selektor wird alle gewÅnschten Nachrichten blitzschnell aus den Speichern heraussuchen. Ein guter Selektor kann das System entscheidend entlasten.
Die Kontrolleure: ÑWir warten noch mit Stufe Drei!á Wollen sie ewig warten? Wir mÅssen endlich Klarheit haben. Ich ... wir ... Der neue Selektor. Ein Talent fÅr das System. Die Kontrolleure: ÑStufe Drei beginnt.á Das Y'Xanthomrier, das tÉtet und dabei rote Steine weint, der gelbe Gott wird uns beschÅtzen. Der neue Selektor liegt noch immer auf der Anrichte. Sein Platz ist vorausbestimmt. Die Maschinen sind vorbereitet. Wir warten... Der Schrei war noch nicht verhallt, als Tapmedie Ulpanius schon auf den Beinen stand und sich umblickte. Aus welcher Richtung war der Schrei gekommen? Es gab insgesamt sieben AusgÜnge. Ulpanius schnalzte mit der Zunge. Hatte er nur ein Echo gehÉrt? Oder eine Stimme Åber mehrere Lautsprecher? Ulpanius watschelte auf einen der AusgÜnge zu und schaute in den anschlieÄenden Gang hinaus. ÑTerraner!Ö Seine Stimme klang merkwÅrdig hohl. Er rief ein paarmal den Namen des Arztes und ging dabei von Eingang zu Eingang. Es blieb alles still, aber als Ulpanius unschlÅssig in die Mitte des Raumes zurÅckkehrte, begann der Boden erneut zu vibrieren. ÑWo seid ihr?Ö kreischte Tapmedie Ulpanius. ÑZeigt euch endlich, damit ich weiÄ, gegen wen ich kÜmpfen muÄ!Ö Er warf sich gegen eine Maschine und begann an den Erhebungen zu zerren, die aus der Verkleidung ragten. SchlieÄlich hÜmmerte er mit bei den FÜusten dagegen. Es gab dumpfe GerÜusche, doch die Anlage erwies sich als unverletzlich. Der Anfall des StobÜers ging vorÅber. Er begann Åber seine Lage nach zudenken. Zweifellos war die Untersuchung anders ausgefallen, als die Fremden erwartet hatten. Nun wurde er ignoriert. Niemand kÅmmerte sich um ihn. FÅr die Fremden war er ein ungefÜhrliches Individuum, das sie sogar in ihrer Station herumlaufen lieÄen, weil sie wuÄten, daÄ es keinen Schaden anrichten konnte. Ulpanius zitterte.
Man wÅrde ihn verhungern lassen. Vielleicht hatte der Terraner sich inzwischen mit den Fremden geeinigt und ihn geopfert. Diese Vorstellung versetzte den Strahlenkranken in immer grÉÄere Wut. SchlieÄlich rannte er auf einen der AusgÜnge zu und kletterte in einen steil nach unten fÅhrenden Gang. Sofort verlor er das Gleichgewicht, fiel auf den RÅcken und rutschte in die Tiefe. Die Decke schien Åber ihm wegzugleiten. Seine Haut begann zu brennen. Trotzdem versuchte er nicht, seine Fahrt zu bremsen. Ein paar hundert Meter weiter ÑuntenÖ wurde der Gang flacher. Tapmedie Ulpanius stand auf und blickte sich um. Ein paar Schritte von ihm entfernt befanden sich die åffnungen zu mehreren SeitengÜngen, die irgendwohin in das kugelfÉrmige Geflecht fÅhrten. Der StobÜer lauschte. Wieder vernahm er GerÜusche - aus weiter Feme und aus unmittelbarer NÜhe. Aber niemand war zu sehen. Alles schien sich hinter den WÜnden des Ganges abzuspielen. Aber lag dort nicht der offene Raum? Ulpanius schÅttelte den kugelfÉrmigen Kopf. Er wuÄte, wie nahe er daran war, den Verstand zu verlieren. Entschlossen, trotz allem weiter nach Froud-Crofton zu suchen, stieg er durch eine WandÉffnung in einen Seitengang. PlÉtzlich erschien Åber ihm an der Decke eine leuchtende Kugel. Sie tanzte hin und her und schien ihn zu beobachten. Ulpanius blickte zu ihr hinauf. SchlieÄlich merkte er, daÄ es keine Kugel war, sondern nur ein kreisfÉrmiger Lichtfleck, der Åber die Decke glitt und einen dreidimensionalen Effekt besaÄ. Das Licht wanderte langsam davon. Ulpanius folgte ihm zÉgernd. Es war offensichtlich, daÄ die Fremden erwarteten, daÄ er diesem Licht folgte. Er sollte an einen bestimmten Platz gefÅhrt werden. Aber diesmal ÅberlieÄen die Unbekannten die Entscheidung Ulpanius. Sie zwangen ihn nicht. Der Lichtfleck glitt davon. Ulpanius setzte sich in Bewegung. Auch wenn er in eine Falle gelockt werden sollte, er muÄte dem Licht folgen. Er muÄte herausfinden, wohin es wanderte. Der leuchtende Fleck an der Decke bedeutete eine KontaktmÉglichkeit. Bald merkte Ulpanius, daÄ er seine Geschwindigkeit ver-
grÉÄerte. Es fiel dem Strahlenkranken immer schwerer, dem Ding an der Decke zu folgen. Er beschimpfte die Unsichtbaren, die ihn auf diese Weise quÜlten, sah aber bald ein, daÄ es sinnlos war und ihn nur zusÜtzliche Kraft kostete. Als vor Ulpanius eine Kurve auftauchte, verlor er das Licht endgÅltig. Es bog vor ihm um die Kurve, und als er ebenfalls dort angelangt war, konnte er es nicht mehr sehen. Er stand in einem RÉhrengang, der leicht nach oben anstieg. Ulpanius ging weiter. Die Aktion der Fremden muÄte irgendeinen Sinn haben. Eine Welle heftiger ábelkeit Åberfiel ihn unerwartet. Er hatte seine Krankheit vÉllig vergessen. Seit Tagen war dies der erste Anfall. Die Medizin, die ihm an Bord der ANNIOK zur VerfÅgung gestanden hatte, fehlte ihm jetzt. Ulpanius wuÄte, daÄ sich die AnfÜlle jetzt hÜufiger ereignen wÅrden, es sei denn, er wÅrde zurÅck zur ANNIOK finden und sich mit den nÉtigen Medikamenten versorgen. Ulpanius bog um die nÜchste Kurve und sah vor sich den Einstieg des nÜchsten zwischen den Streben aufgehÜngten Kastens. Er zÉgerte, denn er wuÄte, daÄ das Licht ihn hierherlocken wollte. Niemand tauchte auf, um sich ihm entgegenzustellen. Jeder weitere Schritt schien ihm Åberlassen zu sein. Er schnalzte mit der Zunge und ging weiter. Er blickte in den Eingang. Er sah einige seltsam geformte Maschinen und Energieanlagen. Die meisten ragten wie HÉcker aus dem Boden oder hingen tropfenfÉrmig von der Decke. In einem entfernten Winkel leuchtete der Fleck, der Ulpanius hergefÅhrt hatte. Die fremden Maschinen klangen wie ferne Stimmen. Das Licht wechselte stÜndig seine Helligkeit. Manchmal wurde es fast vÉllig dunkel. Ulpanius betrat den Raum. Es roch eigenartig - wie nach versengter Isolierung. Ulpanius muÄte niesen. Er berÅhrte sein Gesicht mit den dÅnnen Fingern und blickte sich um. Zwischen zwei MaschinenhÉckern lag die Kleidung von Powee Froud-Crofton. Ulpanius gab einen erstickten Laut von sich und rannte darauf zu. Als er die Kleider durchwÅhlte, gab es ein klirrendes GerÜusch. Die kÅnstlichen Lungen des Terraners wurden unter den Kleidern
sichtbar. Sie lagen in einem schalenfÉrmigen Gebilde: FroudCroftons Ynkeloniumbrust. Der StobÜer hatte die Brust einmal gesehen, als der Terraner sich gewaschen und die Bioplasthaut von seinem OberkÉrper gezogen hatte. Dabei hatte Froud-Crofton die Klappe in der Brust geÉffnet, um Ulpanius die kÅnstlichen Lungen zu zeigen. Ulpanius hob die relativ leichte Brust mit den beiden kÅnstlichen Lun gen auf. Seine FÅÄe wÅhlten in den Kleidern, stieÄen aber nicht auf weiteren Widerstand. Er hatte Froud-Croftons Kleidung gefunden - die Ynkeloniumbrust und die kÅnstlichen Lungen des Arztes. Alles andere war verschwunden. Wir wissen, daÄ Stufe Drei planmÜÄig ablÜuft. Es geht langsamer als in anderen FÜllen, aber wir sind geduldig. Inzwischen kÅmmern sich die Kontrolleure auch um das Schiff, mit dem die beiden Fremden angekommen sind. Es ist eine einfache, aber praktische Konstruktion, die auf einen relativ hohen Entwicklungsstand des Herstellers schlieÄen lÜÄt. NatÅrlich wissen wir nicht, ob dieses Schiff vom Volk unseres neuen Selektors oder vom Volk seines Begleiters hergestellt wurde. Da es der Anatomie des neuen Selektors besser entspricht, kÉnnte man annehmen, daÄ es sein Schiff ist. Doch in dieser Beziehung haben wir uns schon oft getÜuscht. Deshalb sind wir mit Vermutungen vorsichtig. Inzwischen wissen wir, warum es wÜhrend Stufe Zwei und zu Beginn von Stufe Drei Schwierigkeiten gab. Der Fremde, den wir als neuen Selektor bekommen sollen, besaÄ kÉrperfremde Teile, die mit ihm verbunden waren. Ungeheuerlich! Das bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als daÄ der Fremde ein winziges System war, natÅrlich auf einer vÉllig anderen Basis. Wenn er zu uns gehÉrt, wird er uns sagen mÅssen, welche Bindung er mit jenen kÉrperfremden Teilen eingegangen war. Und das in lebendigem Zustand! Kein Wunder, daÄ die Kontrolleure in ihm ein unvergleichliches Talent sehen. Die Zentrale, in der das Schiff der Fremden gelandet ist, wird von den Kontrolleuren geÉffnet. Die kleine Flugmaschine gleitet hinaus
und wird aus dem System gebracht. Niemals wÅrden die Kontrolleure ein Schiff innerhalb des Systems zerstÉren, denn das kÉnnte schlimme Folgen haben. Manchmal glauben wir, daÄ die Kontrolleure uns besser verstehen als wir uns selbst. Aber sie sind schlieÄlich dazu da, um das System zu bewachen und um zu verhindern, daÄ es zu einer Katastrophe kommt. Ich ... Wir sehen, wie das kleine Schiff der Fremden vor dem System ankommt und verpufft. Eine kleine Energiewolke entsteht, die sich rasch verflÅchtigt. Wir wenden uns von diesem Schauplatz ab. Ein paar Nachrichten kommen aus dem Zentrum an. Es dauert einige Zeit, bis sie in die richtigen KanÜle geleitet werden kÉnnen, denn der Selektor fehlt uns sehr. Alle VÉlker innerhalb der Gesamtheit, die dem Volk des Y'Xanthomrier dienen, werden jetzt viel Arbeit bekommen. Das Ziel der Gesamtheit ist fast erreicht. Wir haben unglaubliches GlÅck, daÄ wir ausgerechnet jetzt im System arbeiten kÉnnen. Unsere VorgÜnger erlebten alle nur einen Teil der Reise, nicht aber ihre ErfÅllung. Manchmal kÉnnen wir fÉrmlich fÅhlen, wie die Gesamtheit dem Augenblick der Ankunft, der gleichzeitig die ErlÉsung und die Erreichung des hÉchsten Zieles bedeutet, entgegenfiebert. Wir wÅnschen uns oft, die Gesamtheit verstehen zu kÉnnen, aber was wir auch den Nachrichten entnehmen, es reicht nicht aus, um alles zu begreifen. Sicher ist es keine Absicht, daÄ man uns im unklaren lÜÄt. Als mehr oder weniger kÉrperlose Mitglieder unseres Systems sind wir auch zu kurzlebig, um alles zu lernen. Ich ... Ich ... wir glauben, daÄ wir in einen ungeheuerlichen, kaum vorstellbaren natÅrlichen ProzeÄ eingespannt sind. Aber das ist natÅrlich nur eine Vermutung, die sich auf ein paar Nachrichten stÅtzt. Die Kontrolleure: ÑWir beginnen mit Stufe Vier.á Wir vernehmen es mit Erleichterung. Nachdem die ersten Schwierigkeiten, die niemand vorhersehen konnte, endlich Åberwunden sind, geht alles sehr schnell. Bald wird der Neue zu uns gehÉren. Er wird als Selektor in unserem System arbeiten. Wir warten...
26. HinÅberdÜmmern ... Erwachen ... Orientieren ... Powee Froud-Crofton fÅhlte sich seltsam kÉrperlos. Der Zustand, in dem er sich befand, war noch am ehesten mit einem Traum zu vergleichen. Er schien irgendwo zu schweben, im Nichts, schwerelos. Trotzdem konnte er sehen. Er blickte in einen Raum, in dem seltsam geformte Maschinen standen. Die Wand im Hintergrund war gelb. Aber von wo aus konnte er sehen? Es gab keinerlei Bezugspunkte. Alles war so unwirklich. Er vermiÄte etwas. Als er seine Arme bewegen wollte, reagierten sie nicht. Seltsam, auch seine Beine, sein gesamter KÉrper, alles war gefÅhllos. Die Verbindung von seinem Gehirn zu den einzelnen Teilen des KÉrpers schien unterbrochen zu sein. Froud-Crofton wollte etwas sagen, aber es wurde keine Stimme hÉrbar. Von dem seltsamen Platz, an dem er sich befand, lÉste sich eine Art Impuls und schwang davon. Ein Traum... Ein realistischer Traum, denn das Bild, das er sah, verÜnderte sich nicht. Nach einer Weile geriet Bewegung ins Bild. Tapmedie Ulpanius erschien innerhalb des Raumes mit der gelben Wand im Hintergrund. Er blickte sich suchend um und trat dann zwischen zwei Maschinen in der NÜhe. Er bÅckte sich, um etwas aufzuheben. Froud-Crofton sah hÉchst interessiert zu. Als der StobÜer sich nach einiger Zeit aufrichtete, hielt er die Ynkeloniumbrust des Arztes in den HÜnden. In der schalenfÉrmigen Brust lagen die beiden kÅnstlichen Lun gen. Ein Alptraum... HinÅberdÜmmern ... Erneutes Erwachen ... Froud-Crofton erinnerte sieh. Das TraumgefÅhl war noch immer nicht vorÅber. Wenn er nur herausgefunden hÜtte, wo er sich be-
fand. Tapmedie Ulpanius lag in einiger Entfernung von ihm am Boden. Tot oder bewuÄt los. Ulpanius! Froud-Crofton wollte ihn rufen, aber es wurde wiederum nur ein Impuls daraus, der ins Nichts glitt und den StobÜer nicht erreichte. Eines war sicher: Froud-Crofton hatte seinen Platz nicht gewechselt. Er spÅrte seinen KÉrper nicht, konnte aber sehen. In seiner Kindheit hatte er einen immer wiederkehrenden Traum gehabt: Er war Åber eine Wiese gelaufen. Die hohen Grashalme hatten sich im Wind bewegt. Froud-Crofton hatte riesige SÜtze gemacht, fast schwerelos war er bis zu den Wolken hinaufgeschwebt und dann langsam zurÅckgefallen. Auf diese Weise war er immer nÜher an den dunklen und drohenden Wald im Hintergrund herangekommen. Der merkwÅrdige Kontrast zwischen der hellen Wiese und dem dunklen Wald war niemals aus Froud-Croftons Erinnerung gewichen. Mit zunehmendem Alter hatte der Arzt diesen Traum immer seltener erlebt, schlieÄlich war er ganz aus geblieben. Obwohl die ÜuÄeren UmstÜnde jetzt anders waren, erinnerte Froud-Crofton sich an diesen Traum. Er selbst war leicht und kÉrperlos in einer hellen Umgebung, aber irgendwo im Hintergrund gab es eine dunkle Drohung, eine unfaÄbare Gefahr. Die Umgebung explodierte plÉtzlich. Froud-Crofton hÉrte auf zu denken. Die Kontrolleure: ÑDie letzte Stufe beginnt.á Zwischendurch war der neue Selektor bei BewuÄtsein. Er ist bereits eingepaÄt und verhÜlt sich wunderbar. Aber noch immer besteht die Gefahr, daÄ er nicht standhÜlt. Der entscheidende Augenblick kommt nach der letzten Stufe. Dann wird der Selektor ins System eingeschaltet. Wir wagen noch nicht, uns mit dem Neuen in Verbindung zu setzen. Die Kontrolleure haben das auch nicht gem. Seit wir einmal einen Speicher verdorben haben, weil wir uns zu schnell bei ihm meldeten, sind wir vorsichtiger geworden und richten uns nach den Anweisungen der Konàtrolleure. Jeder Neue bedeutet eine Sensation fÅr uns.
Er bedeutet Abwechslung und neue Geschichten. Wenn wir nicht arbeiten, erzÜhlen wir einander unsere Geschichten. Viele ErzÜhlungen sind schon so oft wiederholt worden, daÄ sie langweilig wirken. Wir wissen, daÄ es vor allem die Geschichten der Neuen sind, die uns Åber alle psychischen Schwierigkeiten hinweghelfen. Psychische Schwierigkeiten kennen wir kaum. Wenn jemand aus dem System ausscheidet, geschieht das in den seltensten FÜllen wegen technischen Versagens. Die Kontrolleure: ÑDie letzte Stufe wird unterbrochen.á Wir lauschen in unseren GehÜusen. Was bedeutet das? Die Kontrolleure: ÑDer Neue setzt sich zur V/ehr!á Was? Ich ... ich ... wir... wir... Wir erinnern uns. Haben wir uns ebenfalls gewehrt? Warum Åber schneiden sich unsere Gedanken? Warum kann nicht jeder von uns in Ruhe Åber alles nachdenken? Wir... Ich sehne mich danach, einen Augenblick allein zu sein mit meinen Gedanken, um zu mir selbst finden zu kÉnnen. Ich muÄ nachdenken, Åber die Vergangenheit. Wie war das damals bei... mir ... uns? Wir resignieren. Es lÜÄt sich nicht mehr ergrÅnden. Wir sind ein System geistig gleichgeschalteter Individuen, die eine Aufgabe zu erfÅllen haben. Das Individuum ist in diesem Fall uninteressant. Nur das Kollektiv ist wichtig. Das Y'Xanthomrier wird den Neuen ausstoÄen, wenn er sich nicht ein fÅgen will. Unsere Erregung lÜÄt nach. Wir kÉnnen wieder klarer denken und sogar ein paar eintreffende Nachrichten auswerten, speichern oder weitergeben. In letzter Zeit hat das KommunikationsbedÅrfnis innerhalb der Gesamtheit zugenommen. Die Kontrolleure: ÑDie letzte Stufe wird beendet, sobald der Neue seine Gegenwehr aufgibt.á Wir warten...
Ulpanius wuÄte nicht mehr genau, warum er das BewuÄtsein verloren hatte. Wahrscheinlich waren es Auswirkungen des Schocks gewesen. Eines war sicher: Froud-Crofton lebte nicht mehr! Ohne Lungen und mit einer offenen Brust konnte kein Mensch Åberleben. Aber warum hatten die Fremden alle áberreste des Terraners bis auf die Kleidung und die Prothesen entfernt? Sosehr sich der StobÜer auch anstrengte, er konnte die Zusammen hÜnge nicht erkennen. Die Fremden schienen vÉllig willkÅrlich zu handeln. Oder lagen Froud-Croftons áberreste ein paar Schritte weiter hinter anderen Maschinen? Ulpanius muÄte darÅber Klarheit gewinnen. Er richtete sich auf. Er merkte, daÄ sein Zustand sich erheblich verschlechtert hatte. Die Strapazen der vergangenen Stunden waren zu groÄ gewesen fÅr ihn, den Schwerkranken. Trotzdem begann er sich umzusehen. Er untersuchte den gesamten Raum, konnte den Terraner jedoch nicht finden. ÑWohin habt ihr ihn gebracht?Ö schrie er. ÑWo ist FroudCrofton?Ö Seine Stimme hallte durch den Raum, aber er erhielt keine Antwort. Die Maschinen summten und murmelten. FÅr ein paar Minuten wurde es vÉllig dunkel. Ulpanius fragte sich, was er jetzt noch tun konnte. Er war vollkommen hilflos. Was nutzte es ihm, wenn er weiterhin durch alle mÉglichen RÜume und GÜnge irrte? Hier kam er niemals mehr heraus. Er legte sich auf den Boden und stand auch nicht wieder auf, als es wieder hell wurde. áber ihm an der Decke erschien wieder jener Licht fleck, der ihn in diesen Raum gefÅhrt hatte. Ulpanius schnalzte mit der Zunge. ÑNein!Ö erklÜrte er entschieden. ÑDiesmal gehe ich nicht weiter. Ich bleibe hier. Ihr werdet mich schon tragen mÅssen, wenn ich hier verschwinden soll.Ö Seltsamerweise erlosch der Lichtfleck sofort. Ob die Unbekannten verstanden, was Ulpanius sagte? Der StobÜer bedeckte seine Augen mit den HÜnden. Was kÅmmerte es ihn noch, was um ihn herum geschah? Wenn er schon ster-
ben muÄte, wollte er wenigstens von jener Welt trÜumen, auf der er frÅher gelebt hatte. Es fiel ihm jedoch schwer, sich auf vergangene Dinge zu konzentrieren. Manchmal wurde der LÜrm der Maschinen lauter und lenkte ihn ab. Dann wieder nahm die IntensitÜt des Lichtes derart zu, daÄ Ulpanius es trotz der HÜnde vor den Augen merkte. Was muÄ noch alles geschehen, bis ich sterben kann? fragte sich der StobÜer. PlÉtzlich zuckte er zusammen. Er hatte den Eindruck, daÄ jemand seinen Namen rief. Erschrocken richtete er sich auf. Er befand sich noch immer allein innerhalb des groÄen Raumes. Er muÄte sich getÜuscht haben. Sein Åberreiztes Gehirn nahm Dinge wahr, die es nicht gab. AuÄerdem - wer sollte hier seinen Namen kennen, auÄer FroudCrofton? Und der Terraner war tot! Ulpanius lieÄ sich zurÅcksinken. Er dachte daran, daÄ er in den vergangenen zehn Jahren GÅter im Wert von Åber zweihunderttausend Solar gestohlen hatte. Mehr als die HÜlfte davon lag noch in Verstecken auf Orlan III und Cap Winther. Vielleicht wÅrde niemals jemand einen Nutzen davon haben. Warum hatte er als Dieb gelebt? Nur deshalb hatte ihn der Schutzstrahl eines Tresors getroffen. Nur des halb war er bei Dr. Powee Froud-Crofton in Behandlung gekommen. Eine lange Kette unglÅcklicher UmstÜnde wÅrde jetzt zu seinem Tod fÅhren. Ulpanius war verhÜltnismÜÄig jung. Vor sieben Monaten hatte er noch nicht an seinen Tod gedacht. Dann hatte die Verdummungswelle die Galaxis erfaÄt. Schon damals, er hatte sich bereits an Bord der ANNIOK aufgehalten, hatten ihn Todesahnungen heimgesucht. Im Grunde genommen war es gleichgÅltig, ob er innerhalb des Schwarms starb oder auf einer Welt von Verdummten verhungerte. Froud-Crofton spÅrte, daÄ etwas UnfaÄbares mit ihm geschah. Er wehrte sich instinktiv dagegen, doch der ProzeÄ lieÄ sich nicht aufhalten. ZunÜchst hatte er geglaubt, irgend jemand wolle Besitz von seinem KÉr per ergreifen. Doch das war nicht die richtige Beschreibung des seltsamen Vorgangs. Richtiger war, daÄ sein KÉrper in
irgend etwas eingegliedert wurde. Nicht sein gesamter KÉrper, stellte er voller Entsetzen fest, sondern nur bestimmte Teile. Wo bin ich? dachte Froud-Crofton. Ab und zu spÅrte er beruhigende Impulse. Der Eindruck, daÄ er einen Traum erlebte, war jetzt vorÅber. Er konnte auch nichts sehen, war aber sicher, daÄ er seinen Platz inzwischen nicht gewechselt hatte. Sein KÉr per oder das, was davon Åbriggeblieben war, reagierte auch jetzt nicht auf die Befehlsimpulse des Gehirns. Was geschieht mit mir? fragte sich der Arzt. Es war ein quÜlender Gedanke, aber Froud-Crofton kam nicht von der Vorstellung los, daÄ er auf dem Seziertisch eines phantastischen Chirurgen lag. Er sollte nicht getÉtet, sondern nur so weit verÜndert werden, daÄ er in ein bestimmtes System paÄte. Aber war das Åberhaupt durchfÅhrbar? Die Unbekannten, die ihn entfÅhrt und ins Innere des Schwarms gebracht hatten, besaÄen sicher MÉglichkeiten, an die terranische Wissenschaftler nicht zu glauben wagten. Oder war alles, was er im Innern des Schwarms erlebt hatte, nur eine Illusion? Froud-Crofton spÅrte, daÄ der ProzeÄ, dem er ausgeliefert war, langsamer verlief oder sogar zum Stillstand kam, wenn er mit seiner ganzen Willenskraft dagegen ankÜmpfte. Er wuÄte jedoch, daÄ er auf diese Weise nur einen Aufschub erreichen konnte. SchlieÄlich wÅrden die Unbekannten ihre PlÜne doch verwirklichen. Was hatte man mit ihm vor? Sicher wollte man ihn nicht tÉten. Er sollte fÅr einen bestimmten Zweck verwendet werden. Deshalb wurde er prÜpariert. Er empfand keine Schmerzen, aber die seelischen Qualen waren um so stÜrker. Es waren weniger Angst und Entsetzen, die seinen Verstand zu lÜhmen drohten, als eine unermeÄliche Einsamkeit. AllmÜhlich wurde er sich darÅber klar, daÄ er sich in etwas befand, in irgendeinem mechanischen KÉrper. Er war mit diesem KÉrper verbunden. Zwischen ihm und dem Ding, in das man ihn gesteckt - nein eingepflanzt hatte, bestand eine Art Symbiose. Das Ding hielt seinen KÉrper oder die áberreste davon am Leben, und er sollte dafÅr bestimmte Arbeiten erledigen.
Noch wuÄte er nicht, was man von ihm erwartete, denn sein VerhÜltnis zu seinem Aufenthaltsort war noch gestÉrt, er hatte sich noch nicht vÉllig damit abgefunden. Ich muÄ klar denken! befahl er sich. Was war in chronologischer Reihenfolge geschehen? Seine Jacht war von fremdartig aussehenden Schiffen mit Traktorstrahlen ins Innere des Schwarms entfÅhrt und in eine riesige GerÅstkugel gebracht worden. Etwas - wahrscheinlich ein Roboter - hatte ihn aus der Jacht gehoben und hierhergebracht. Er war von fremdartigen technischen Einrichtungen untersucht worden. Dann hatte man ihn betÜubt und zerstÅckelt. Was dabei von ihm geblieben war, wurde offenbar mit einem unfaÄbaren technischen Aufwand funktionsfÜhig erhalten. Er befand sich jetzt in einem BehÜltnis, unfÜhig, auch nur eine Bewegung zu machen. Vielleicht, Åberlegte er, existiert nur noch mein Gehirn. Doch das war unwahrscheinlich. SchlieÄlich hatte er, als er zum erstenmal aus der BewuÄtlosigkeit erwacht war, sehen kÉnnen. Jetzt war es zwar dunkel um ihn herum, doch das schien ihm eher die Folge technischer VorgÜnge als mangelnder kÉrperlicher FÜhigkeiten zu sein. Er Åberlegte weiter. Die Fremden machten sich diese MÅhe, weil sie etwas von ihm erwarteten. Oder wollten sie auf diese Weise Kontakt mit ihm aufnehmen? Waren sie so fremdartig, daÄ sie keine andere VerstÜndigungsmÉglichkeit besaÄen? Froud-Crofton merkte, daÄ seine Willenskraft allmÜhlich erlahmte. Das stÜndige DrÜngen der Fremden gewann die Oberhand. Der Terraner gab nach und entspannte sich. Vielleicht wÅrde er auf diese Weise schneller erfahren, was man mit ihm vorhatte. Sofort wurde seine Verbindung mit seinem BehÜltnis stÜrker, er ahnte mehr, als er spÅrte, daÄ sich weitere AnschlÅsse in seinen geschundenen, aber gefÅhllosen KÉrper senkten. Er wollte schreien, doch seine Lippen - wenn er sie noch besaÄ bewegten sich nicht. Da lÉste sich die Dunkelheit um ihn herum auf. Er konnte sehen. Wie der blickte er in den Raum mit der gelben Wand im Hinter-
grund und den Maschinen, die wie HÉcker aus dem Boden wuchsen. Zwischen den Maschinen lag noch immer Tapmedie Ulpanius. Der StobÜer bewegte die HÜnde. Er lebte also. Die Umgebung, die Froud-Crofton sah, wirkte jetzt weniger traumhaft, sie war ein Teil jenes Systems, in das man Froud-Crofton einzupassen versuchte. Wieder konnte er nicht feststellen, von wo aus er eigentlich beobachtete. Aus dem Innern seines BehÜltnisses, das wuÄte er inzwischen, aber wie sah dieses Ding aus? War es ebenfalls eine hÉckerartige Erhebung inmitten dieses Raumes? Der Arzt spÅrte, daÄ die Macht, die ihn bedrÜngte, noch immer mit dem entscheidenden Schritt zÉgerte. Man wollte ihm Zeit lassen. Das bedeutete, daÄ er geschont werden sollte. Es bedeutete auÄerdem, daÄ der ProzeÄ, dem er ausgesetzt war, von tÉdlichem Ausgang sein konnte. Froud-Crofton starrte in den Raum. Womit beobachtete er eigentlich? ZÉgernde Impulse drangen in sein Gehirn. Er strÜubte sich dagegen. Sie zogen sich sofort zurÅck. ÑTapmedie Ulpanius!Ö rief er. Er erschrak. Er hatte nicht erwartet, daÄ seine Stimme diesmal funktionieren wÅrde. Aber es war nicht seine gewohnte Stimme. Doch Ulpanius schien ihn gehÉrt zu haben, denn er richtete sich auf und blickte sich um. Der StobÜer schien ihn nicht zu sehen, obwohl er doch nur ein paar Schritte von ihm entfernt war. Er kann mich nicht sehen, weil ich in diesem verdammten Ding stecke, versuchte Froud-Crofton sich zu beruhigen. Er wollte sich nicht eingestehen, daÄ der eigentliche Grund die schreckliche VerÜnderung war, die mit ihm vorgegangen war. Er hatte sich so sehr verÜndert, daÄ Ulpanius ihn nicht mehr erkannte. Nach einer Weile legte sich der StobÜer wieder auf den Boden.
Froud-Crofton sehnte sich danach, mit dem Demonstrationskranken zu sprechen. Ulpanius war die einzige Verbindung zur Wirklichkeit. Doch der Terraner zÉgerte, abermals nach Ulpanius zu rufen. Er fÅrchtete, daÄ der StobÜer triumphieren wÅrde, wenn er entdeckte, in welcher Situation Froud-Crofton sich befand. Aber die Bedenken des Mediziners verloren schnell an áberzeugungskraft. ÑUlpanius!Ö rief Froud-Crofton. Wieder hatte er seine seltsame neue Stimme benutzt. Er merkte, daÄ das Ding, mit dem er in Verbindung stand, seine Gedankenimpulse empfing und in Worte umsetzte. HÉrte Ulpanius etwa eine Lautsprecherstimme? Froud-Crofton zwang seine Gedanken in andere Bahnen, denn er fÅhlte, daÄ er den Verstand verlieren wÅrde, wenn er weiterhin Åber sein Schicksal nachdachte. Der StobÜer richtete sich wieder auf. Er kam auf Froud-Crofton zu. Er sieht mich aber nicht! dachte Froud-Crofton benommen. ÑUlpanius!Ö sagte er mit seiner neuen Stimme. ÑIch bin hier.Ö ÑFroud-Crofton!Ö Die Stimme des StobÜers schien zu klirren. Der Arzt fragte sich, auf welchen Umwegen sie schlieÄlich fÅr ihn hÉrbar wurde. ÑWo bist du, Terraner?Ö Ulpanius'Triefaugen bewegten sich angstvoll. ÑDu stehst vor mirÖ, sagte Froud-Crofton zÉgernd. Der StobÜer berÅhrte das BehÜltnis, in dem Froud-Crofton sich befand. Der Mann konnte das nicht spÅren, aber er erkannte aus den Bewegungen des StobÜers, was auÄerhalb des Dinges geschah. ÑIch kann dich nicht sehenÖ, antwortete Ulpanius verzweifelt. ÑBist du in der Maschine?Ö Maschine? Froud-Croftons Gedanken wirbelten durcheinander. Was sah Ulpanius? ÑDu bist doch totÖ, sagte Ulpanius schrill. Seine Zunge flippte Åber den lippenlosen Mund. ÑIch habe deine Brust und deine Lungen gefunden. Du kannst nicht mehr leben.Ö
Nein! dachte Froud-Crofton, obwohl er es selbst gesehen hatte. Nein! Es wurde dunkel um ihn herum. Das Ding, in das man ihn eingepflanzt hatte, wollte offenbar verhindern, daÄ er noch lÜnger mit Ulpanius in Verbindung blieb. ÑIch kann so nicht lebenÖ, sagte Froud-Crofton. ÑUlpanius, du bist nie mein Freund gewesen. Du haÄt mich. Aber wenn du nur einen Funken MitgefÅhl fÅr ein anderes Wesen aufbringen kannst, muÄt du mich tÉten. HÉrst du? Du darfst mich nicht am Leben lassen.Ö ÑWie soll...Ö Die Stimme wurde zu einem Rauschen, das schnell verstummte. Die Kontrolleure: ÑDie letzte Stufe ist abgeschlossen.á Jetzt, da es endlich vollendet ist, wagen wir nicht, mit dem neuen Selektor in Verbindung zu treten. Die Åbliche Scheu ist grÉÄer als sonst. Wir haben den verzweifelten Kampf des Fremden miterlebt. Dieser Kampf hat unangenehme Erinnerungen in mir ... mir ... uns geweckt. Auch wir sind schlieÄlich nicht freiwillig in dieses System eingetreten. Doch jetzt sind wir zufrieden. Das Y'Xanthomrier sorgt fÅr uns. Die Kontrolleure haben nichts anderes zu tun, als uns zu bewachen und uns zu beschÅtzen. Das gibt uns ein GefÅhl vollkommener Sicherheit. Der Fremde wird das alles begreifen, sobald er sich an uns gewÉhnt hat. NatÅrlich fÅrchtet er sich vor der Zukunft. Er fÅrchtet die Zeit, in der er im System arbeiten muÄ. Er weiÄ noch nicht, daÄ ein Individuum sich in eine Aufgabe fÅr die Gesamtheit einfÅgen kann. Die Kontrolleure: ÑDie letzte Stufe ist abgeschlossen.á NatÅrlich! Wir wissen es lÜngst. Den Kontrolleuren fehlt jede SensibilitÜt, sonst wÅrden sie nicht so drÜngen. Der Neue ist noch verschreckt. Wir mÅssen uns langsam an ihn herantasten. SchlieÄlich werden die Kontrolleure ihn auch noch einige Zeit schonen, bevor sie ihn fÅr Arbeiten einsetzen. Ich ...
Wir tasten uns langsam zu dem Fremden vor. Sein Zustand ist besorgniserregend. Wir sind Åberzeugt davon, daÄ der neue Selektor ein Talent ist, wie ihn kein anderes System in der Gesamtheit besitzt. Das ist natÅrlich GlÅck, aber es macht uns trotzdem ein biÄchen stolz. ÑIch will nicht als Homunkulus weiterleben!Ö denkt der Neue. ÑIch sterbe, bevor ich hier bleibe.Ö Seine Entschlossenheit ist unverkennbar. Wir fragen uns, ob er in der Lage ist, sein BewuÄtsein zu tÉten. Wir hatten schon Individuen in unserem System, die dazu fÜhig waren. Wir strahlen beruhigende Impulse ab. Es ist sinnlos, jetzt eine Unterhaltung zu beginnen. Unsere Erfahrung lehrt uns, daÄ der Fremde nicht darauf reagieren wÅrde. ÑWas soll ich hier?Ö Diese Frage ist ein gutes Zeichen. Der Fremde - er denkt von sich als Froud-Crofton - beginnt sich fÅr seine neue Umgebung zu interessieren. Er ist fast kÉrperlos, ein weiterer Beweis fÅr sein Talent. Er wird seinen Teil des Systems ohne Schwierigkeiten in Ordnung halten kÉnnen. Wir sind uns nicht einig. Ein paar von uns wollen nicht lÜnger warten. Ich ... ich ... gehÉre zu jenen, die mÉglichst schnell mit dem Fremden in Verbindung treten wollen. Das macht die Gier nach neuen Erlebnissen, nach den Informationen, die uns der neue Mitarbeiter bringen wird. Froud-Crofton denkt noch zuviel an das Wesen, das zusammen mit ihm im System angekommen ist. Man sollte ihm klarmachen, daÄ dieses Individuum nutzlos ist. Es wird sterben. Es paÄt nicht in unser System. Froud-Crofton scheint dieses Wesen frÅher gehaÄt zu haben. Die Kontrolleure: ÑDie letzte Stufe ist beendet.á Es sind wirklich nur stumpfsinnige Roboter, auch wenn sie im Auftrag des gelben Gottes handeln. Sie werden ihre Meldung so lange wiederholen, bis wir Verbindung mit dem Neuen haben. Nun gut, fangen wir an. Ich ... wir ... ich kann es kaum abwarten. ÑFroud-Crofton - kannst du uns verstehen?Ö
Tapmedie Ulpanius schaute die Maschine an und Åberlegte, ob es mÉglich war, daÄ Froud-Crofton sich in ihrem Innern aufhielt. Je lÜnger er nachdachte, desto mehr gelangte er zu der áberzeugung, daÄ die Fremden ihn aus irgendeinem Grund belogen. Vielleicht wollten sie verheimlichen, daÄ sie Froud-Crofton umgebracht hatten. Die Stimme, die zu ihm gesprochen hatte, war nicht die Stimme des Terraners gewesen. Und trotzdem ... Was bedeutete die seltsame Bitte des Wesens in der Maschine? Es wollte umgebracht werden. War das auch ein Trick? Die Maschine war fast eineinhalb Meter hoch. Ein konisch geformter Sockel mit zahlreichen halbkugelfÉrmigen Erhebungen ging in eine Art Doppeldreieck Åber, auf dem noch einmal ein halbrundes Gebilde saÄ. In allen Vertiefungen leuchteten Linsen. Um das Doppeldreieck verlief ein Ring, der an mehreren Stellen innerhalb der Maschine verschwand. Tapmedie Ulpanius war zu klein, um zu sehen, wie es auf der OberflÜche der Maschine aussah. ÑFroud-Crofton!Ö rief er leise. ÑKannst du mich hÉren?Ö Wieder keine Antwort. Wenn die Fremden ihn Åberlisten wollten, hÜtten sie sich jetzt melden kÉnnen. Oder gehÉrte auch das Schweigen jetzt zu ihrem Plan? ÑFroud-Crofton!Ö Ulpanius streckte vorsichtig die Arme aus und berÅhrte die AuÄenhÅlle der Maschine. Das Material fÅhlte sich kalt an. Als Ulpanius fester zustieÄ, merkte er, daÄ es nicht so hart war, wie man es von Metall hÜtte erwarten kÉnnen. Aber vielleicht war es kein Metall. Er wuÄte, daÄ er nichts zu verlieren hatte. Entschlossen schwang er sich auf den oberen HÉcker. Dort entdeckte er eine Art Blase, die leicht vibrierte. Sie fÅhlte sich an wie ein StÅck straff gespannter Kunststoff. Ulpanius ballte seine HÜnde zu FÜusten und schlug zu. Die Blase hielt stand. Ulpanius hÉrte ein summendes GerÜusch. Von einem der EingÜnge flog ein kugelfÉrmiger Gegenstand in seine Richtung. Das Ding glÜnzte und funkelte. Es prallte gegen Ulpanius
und hÜtte ihn fast von der Maschine geworfen. Er klammerte sich fest und schlug abermals gegen die Blase. Inzwischen hatte der Angreifer gewendet. Unmittelbar Åber Ulpanius blieb er in der Luft hÜngen. Ein blasser Strahl ging von ihm aus und hÅllte den StobÜer ein. Ulpanius fÅhlte, daÄ ihn die Kraft verlieÄ. Seine Arme wurden steif. Er muÄte loslassen und fiel hintenÅber. Er konnte den Sturz nicht abfangen und prallte heftig gegen den Boden. Der FlugkÉrper sank tiefer auf ihn herab. Abermals wurde Ulpanius in einen blassen Strahl gehÅllt. Sein KÉrper war jetzt vÉllig gelÜhmt. Der FlugkÉrper, der ihn angegriffen hatte, glitt bis unter die Decke zurÅck und blieb dort abwartend in der Luft hÜngen. Ulpanius wuÄte, daÄ er jetzt nichts mehr tun konnte. Auch wenn die LÜhmung schnell nachlassen sollte, konnte er keinen zweiten Angriff auf die Maschine riskieren. Der FlugkÉrper wÅrde sofort wieder eingreifen. ÑIch habe alles versucht!Ö rief Ulpanius. Er war erstaunt, daÄ seine Stimme nicht ihren Dienst versagte. ÑIch kann dir nicht helfen, Terraner.Ö Die Maschine - oder Froud-Crofton - blieb still. Ich habe genug! dachte Tapmedie Ulpanius. Er hatte die Fremden her ausgefordert, aber auch das hatte sie nicht dazu veranlassen kÉnnen, Kontakt mit ihm aufzunehmen. Sie hatten ihn nicht getÉtet, obwohl ihnen das sicher leichtgefallen wÜre. Ulpanius merkte, daÄ die LÜhmung bereits wieder nachlieÄ. Arme und Beine prickelten. Trotzdem blieb er liegen, denn er war sich der NÜhe des FlugkÉrpers bewuÄt. Die Zeit verrann. Tapmedie Ulpanius lag neben der Maschine am Boden und wartete auf den Tod. Das zurÅckliegende Leben zog wie ein Film an seinem BewuÄtsein vor bei. Irgend jemand hatte ihm einmal erzÜhlt, daÄ dies im Augenblick seines Todes geschehen wÅrde. Aber er starb ja nicht! Sein BewuÄtsein lebte in diesem Ding weiter, das mit vielen anderen Dingen verbunden war und irgendein System bildete.
Er sah Froud neben sich auf einem HÅgel stehen und in ein paradiesisches Tal hinabblicken, wo Frouds Roboter gerade damit begonnen hatten, den Boden aufzureiÄen, um irgendein Mineral an die OberflÜche zu bringen. ÑWarum weinst du, mein Junge?Ö Der junge Crofton wandte sich ab. ÑEs ist so schÉn! Wie kannst du es zerstÉren wollen? Es ist so schÉn!Ö Froud hatte wild gelacht. ÑWÅrdest du Tag fÅr Tag hier leben, wÅrde dir das Tal bald nicht mehr schÉn vorkommen. Es gibt weder SchÉnheit noch HÜÄlichkeit, sondern nur WertmaÄstÜbe der Menschheit.Ö Er packte Crofton an den Schultern und zwang ihn, in das Tal hinabzublicken. Eine Detonation warf den Boden gen Himmel und verdunkelte fÅr Minuten die helle Scheibe der Sonne am Horizont. Ein paar Tiere flÅchteten panikartig aus dem Tal. ÑFroud-Crofton!Ö Froud-Crofton ignorierte die drÜngenden Impulse und klammerte sich an die Bilder der Vergangenheit. Da war Froud, der unerschÅtterliche Froud, den er mit einer Spitzhacke in einer Grube stehen sah, obwohl Froud wahrscheinlich in seinem ganzen Leben niemals eine Spitzhacke angerÅhrt hatte. ÑWir wollen Verbindung mit dir aufnehmen. Du gehÉrst jetzt zu uns. Gib endlich deinen Widerstand auf.Ö ÑLaÄt mich in Ruhe!Ö schrie Froud-Crofton, aber diesmal gab es keine Stimme, die seine Gedanken in Worte formte. Aber die anderen, die Individuen innerhalb des Systems, verstanden ihn auch so. ÑWir lassen dir Zeit!Ö Die Kontrolleure: ÑWir werden dir erklÅren, wie alles zusammen hÅngt.á Eine neue Stimme! Eine Stimme von auÄerhalb des Systems. Wie drang sie in seinen Verstand? Die Kontrolleure: ÑKannst du zuhÉren?á ÑJa, natÅrlich!Ö ÑDie Kontrolleure sprechen mit ihm. Aber wir wollen deshalb die Verbindung nicht aufgeben. Das Y'Xanthomrier kann froh sein, ein solches Talent gefunden zu haben.Ö
Froud-Croftons BewuÄtsein strÜubte sich erneut gegen die Impulse, die auf ihn eindrangen. ÑIch will hier heraus!Ö Das GefÅhl bedrÅckender Enge wurde immer stÜrker. Obwohl er seinen KÉrper - wenn er Åberhaupt noch etwas besaÄ, was diesen Namen verdiente - nicht spÅrte, fÅhlte er sich eingeengt. Die Kontrolleure: ÑDas ist die Krise. Sie geht bald vorÇber.á Warum akzeptiert mein Verstand das, was mit mir geschieht? fragte sich Froud-Crofton. Warum werde ich nicht wahnsinnig? Gibt es keine Schutzvorrichtung in meinem BewuÄtsein, die mich den Verstand verlieren lÅÄt? Um ihn herum wurde es wieder hell. Ein paar Schritte von ihm entfernt lag Tapmedie Ulpanius am Boden. Im Hintergrund des Raumes ragte die gelbe Wand in die HÉhe. Warum war hier alles gelb? ÑUlpanius?Ö Der StobÜer drehte den Kopf in seine Richtung. ÑDu muÄt mir helfen, Ulpanius. Ich will nicht in dieser Maschine weiterleben! Das ist schlimmer als der Tod.Ö ÑIch kann dir nicht helfen, TerranerÖ, antwortete Ulpanius. ÑIch habe es versucht. Siehst du die Maschine unter der Decke?Ö Wie bei einem Filmschnitt Ünderte sich plÉtzlich Froud-Croftons Blickfeld. Er sah nicht mehr Ulpanius und die gelbe Wand im Hintergrund, sondern die Decke des Raumes, unter der ein FlugkÉrper hing. ÑDas Ding hat mich gerammt und verschieÄt paralysierende StrahlenÖ, hÉrte er Ulpanius sagen. ÑBevor ich richtig auf den Beinen bin, wird es mich wieder gelÜhmt haben.Ö Aus der Stimme des StobÜers sprach Resignation. Tapmedie Ulpanius hatte seine ehemalige AggressivitÜt vÉllig verloren. Warum, fragte sich Froud-Crofton, hatte man Ulpanius nicht so behandelt wie ihn? ÑEr ist unfÜhig. Wir kÉnnen ihn auch nicht als Leiter verwenden.Ö Diesmal nahm Froud-Crofton die Impulse gierig in sich auf. ÑUnd was wird mit ihm geschehen?Ö ÑNichts!Ö ÑWas heiÄt das?Ö
ÑEr kann sich innerhalb des Systems frei bewegen, solange er nichts beschÜdigt.Ö Froud-Croftons Blickwinkel Ünderte sich abermals, und er sah wieder Tapmedie Ulpanius, die Åberall stehenden Maschinen und die gelbe Wand im Hintergrund. ÑWird er ausreichend mit Nahrung versorgt?Ö ÑEr bekommt nichts.Ö ÑDann wird er sterbenÖ, erklÜrte Froud-Crofton. ÑDas ist Mord. Ihr laÄt ihn verdursten und verhungern.Ö Er spÅrte, daÄ die fremden Individuen nicht darÅber urteilen konnten, ob seine moralische EntrÅstung gerechtfertigt war. FÅr sie war das Wort ÑMordÖ ein abstrakter Begriff. Froud-Croftons BewuÄtsein zog sich wieder zurÅck. Er wuÄte viel zuwenig, um mit den Fremden Verbindung aufnehmen zu kÉnnen. Die Kontrolleure: ÑWir erklÅren dir alles!á ÑDann fangt endlich damit an!Ö Er erfuhr, daÄ er Nachrichten und Informationen empfangen und diese auswerten sollte. Je nach ihrem Gehalt sollte er sie an andere Systeme oder an andere Orte innerhalb der Gesamtheit weitergeben oder sie in die Speicher leiten lassen. Die Kontrolleure behaupteten, daÄ er fÅr diese Aufgabe ein natÅrliches Talent mitbringe. Er hÉrte geduldig zu. AllmÜhlich fing er an zu begreifen, was mit ihm geschehen war. Er befand sich innerhalb eines Systems, in dem technische Anlagen und die BewuÄtseinsinhalte verschiedenartiger Wesen miteinander gekoppelt waren. Nicht nur die BewuÄtseinsinhalte, wurde Froud-Crofton korrigiert, sondern auch bestimmte KÉrperteile. Kaum eines der Wesen war vÉllig kÉrperlos. Froud-Crofton bildete eine Ausnahme. Bei ihm war man mit einem Minimum an kÉrperlicher Substanz ausgekommen. Kein Wunder, meinten die Kontrolleure, er war auch ein unvergleichliches Talent. Ein Talent! dachte Froud-Crofton. Er erfuhr, daÄ es kein ZurÅck mehr fÅr ihn gab. Er wÅrde den Rest seines Lebens in diesem BehÜltnis verbringen, Nachrichten empfangen, auswerten und weiterleiten.
Im Grunde genommen war er nichts als ein winziges Modul in einer phantastischen Funkstation. Ein Diener des Y'Xanthomrier! verbesserten die Kontrolleure. In Froud-Croftons BewuÄtsein begann sich ein Plan zu formen. Die Kontrolleure: ÑWir stehen mit dem Selektor in Verbindung.á Wir wissen es. Wir hatten ebenfalls schon Verbindung. Eine angenehme Verbindung. Der neue Selektor ist nicht nur ein Talent, sondern er ist auch sehr anpassungsfÜhig. Sobald wir die Anfangsschwierigkeiten Åberwunden haben, werden wir uns gut mit ihm verstehen. Er wird wie wir sein. Er wird wir sein. Sein GedÜchtnis enthÜlt eine FÅlle von unwahrscheinlichen Geschichten. Er hat den Raum befahren. Er hat die KÉrper anderer Wesen untersucht und geheilt. Er nennt das Arzt. Die Kontrolleure sprechen mit ihm. Sie erklÜren ihm alles. Wir sind ungeduldig. Wir mÉchten ihn endlich fÅr uns haben, ihn auch geistig in unser System aufnehmen. Wir spÅren, daÄ etwas nicht in Ordnung ist. Die Kontrolleure: ÑWir mÇssen ihn noch beobachten.á Sie verschweigen uns, was tatsÜchlich geschieht. Es ist nicht die Åbliche Krise, denn die kÉnnten sie leicht beheben. Der neue Selektor hat irgend etwas vor, soviel kÉnnen wir erfahren. Einen gefÜhrlichen Plan. Die Kontrolleure: ÑWir regeln das.á Was geschieht im Augenblick? Ich ... ich ... wir wissen es nicht. Aber es beunruhigt uns. Wir wollen das Talent nicht verlieren. Seine Geschichten! Nicht auszudenken, wenn wir seine Geschichten verlieren wÅrden. Wir dÅrfen jetzt nicht stÉren. Eine Einmischung wÅrde gefÜhrliche Folgen haben. Die Kontrolleure: ÑEr ist sich Çber seine Funktion im klaren.á Das ist gut, sehr gut. Dann kann nichts mehr geschehen. Er weiÄ, wo er sich befindet und was er zu tun hat. So schnell ging das noch nie. Wir kÉnnen zufrieden sein.
Die Kontrolleure: ÑEr will seine Funktion miÄbrauchen. Das ist sein Plan.á Ratlosigkeit bei uns. Was bedeutet diese Information? Wie kÉnnte ein Selektor seine Funktion miÄbrauchen? Denkt Froud-Crofton an Sabo tage? Selbst wenn er das tun sollte, warum sind die Kontrolleure deshalb besorgt? Niemand, der zum System gehÉrt, kann etwas gegen das System tun. PlÉtzlich ziehen sich die Kontrolleure zurÅck. Das geschieht vÉllig unerwartet. Freie Bahn fÅr uns. Wir ... ich ... wir ... Ich ... Wir tasten uns vor, behutsam, denn das Verhalten der Kontrolleure ist ungewÉhnlich. Die Kontrolleure: ÑDas kÉnnen wir nicht entscheiden.á Sie sind ratlos! Sie werden den Rat des gelben Gottes einholen mÅssen. Das geschah bisher noch nie. ÑFroud-Crofton!Ö ÑWas wollt ihr? Ihr seid armselige Kreaturen! Warum habt ihr euch niemals gegen euer Schicksal aufgelehnt? Ihr seid Sklaven!Ö Wir antworten sanft: ÑWir sind ein unvergleichliches Kollektiv. Wenn du aufhÉrst, dich gegen diese Vorstellung zu strÜuben, wirst du glÅcklich sein.Ö Wir spÅren, daÄ sein BewuÄtsein rebelliert. Er ist alles andere als eine ausgeglichene PersÉnlichkeit. Doch das wird sich Ündern. ÑIch werde niemals ein Sklave sein!Ö Seine Impulse sind intensiv, sie beunruhigen uns. ÑIch bin nicht dazu geboren, in diesem Ding zu leben und das zu tun, was andere mir vorschreiben. Ich will mich bewegen und sehen, hÉren und riechen kÉnnen. Ich werde niemals ein Sklave sein.Ö Wir mÅssen ihm Zeit lassen. Wenn seine Erregung abgeklungen ist, wird er uns bestimmt freundlicher behandeln. Warum will er nicht begreifen, daÄ es schÉn sein kann, gemeinsam fÅr das Y'Xanthomrier zu arbeiten? ÑWas ist das?Ö fragte er uns. ÑEin GÉtze? Eine Maschine oder ein áberwesen?Ö ÑDas Y'Xanthomrier tÉtet und weint dabei rote Steine. Es fÅhrt sein Volk.Ö ÑDas verstehe ich nicht. Ich will es auch nicht verstehen.Ö
Wir versuchen ihm zu erklÜren, daÄ wir keine Sklaven sind. Unser System funktioniert freiwillig. Wir funktionieren gern. Ich ... wir haben die ErfÅllung gefunden. Die Kontrolleure: ÑEr will mit auÄerhalb der Gesamtheit sprechen.á Schock! Die Kontrolleure: ÑRuhe bewahren!á Der Schock klingt in uns nach. Wir erholen uns nur sehr langsam davon. Aber wir wissen jetzt, welchen Plan der Selektor hegt. Er will unser System dazu benutzen, um mit anderen Wesen seines Volkes Verbindung aufzunehmen. Er will Informationen Åber die Gesamtheit an sein Volk weitergeben. Das mÅssen wir verhindern. NÉtigenfalls mÅssen wir ihn absterben lassen. GlÅcklicherweise hat er noch nicht gelernt, wie man sich des Systems bedienen kann. Aber er ist hoch intelligent. Vielleicht beherrscht er das System bereits. Wir dringen mit unseren Impulsen auf ihn ein. Wir beschwÉren ihn. Es ist ihm nicht recht, daÄ wir bereits von seinem Plan wissen. Aber nichts von dem, was in seinem BewuÄtsein vorgeht, bleibt uns verborgen. Wir spÅren, daÄ seine EntschlÅsse irgendwie mit der starken PersÉnlichkeit von Froud zusammenhÜngen. Ein schwieriger Fall. ÑWir kÉnnen dich nicht mit Wesen auÄerhalb der Gesamtheit sprechen lassen. Die Gesamtheit darf nicht gefÜhrdet werden.Ö ÑDas ist meine Sache!Ö Er ist jetzt vÉllig gelassen. Er kennt nur noch ein Ziel. ÑWenn ihr euren eigenen Willen bewahrt hÜttet, kÉnntet ihr mir jetzt helfen. Wahrscheinlich werde ich bald so sein wie ihr, ein armseliger Sklave. Doch zuvor werde ich es versuchen. Ich werde eine Nachricht abstrahlen. Nach drauÄen. Sie muÄ auÄerhalb des Schwarms empfangen werden.Ö Er will diesen schrecklichen Plan verwirklichen. Und es macht ihm nichts aus, dabei zu sterben. Froud-Crofton wuÄte, daÄ er seine Absichten nicht verheimlichen konnte. Das war bedauerlich, lieÄ sich aber nicht Ündern. Er wurde innerhalb dieser Funkstation gebraucht, wenn sie einwandfrei funktionieren sollte. Das gab ihm eine gewisse Sicherheit, denn die
Fremden wÅrden ihn nur tÉten, wenn ihnen keine andere Wahl mehr blieb. Es war sinnlos, sich eine List auszudenken, denn jeder seiner Gedanken war auch der Gedanke der anderen Individuen innerhalb dieser Station. Deshalb muÄte er zielstrebig und hochkonzentriert auf die Verwirklichung seines Planes hinarbeiten. RÅcksichtslos schaltete er sich in die Impulse der anderen ein. Er lernte schnell, wie er das BehÜltnis, in das man ihn eingepflanzt hatte, mit Gedanken steuern konnte. Die Maschine, mit der man ihn verbunden hatte, reagierte sofort. Sie funktionierte, wie FroudCrofton es sich vor gestellt hatte. Sie hatte nie gelernt, Widerstand zu leisten. Froud-Crofton empfand ein schwaches TriumphgefÅhl. Er beherrschte dieses Ding - und nicht umgekehrt. Er war der Selektor, und die Maschine, in der er sich befand, war nur ein Hilfsmittel fÅr ihn. Er orientierte sich. Die Kontrolleure: ÑDu muÄt sofort damit aufhÉren.á Er ignorierte sie. Es waren Roboter, die auf den Befehl anderer Intelligenzen handelten. Sie brauchten ihn jetzt nicht zu interessieren. Wichtig waren die anderen, die Sklaven. Er muÄte sie verstehen lernen. Er muÄte begreifen, wie dieses Kollektiv funktionierte. Jedes Individuum hatte eine bestimmte Aufgabe. Zusammen ergaben sie das System, die Funkstation. Da waren Module, Leiter, Speicher, Antennen, Richtstrahler. Froud-Crofton schÜtzte, daÄ sich ein paar tausend Individuen innerhalb der Station aufhielten. Die genaue Zahl war nicht festzustellen, denn fast alle Mitglieder hatten ihre IdentitÜt verloren. Wenn er Erfolg haben wollte, muÄte er erreichen, daÄ das Kollektiv fÅr ihn funktionierte. Nur ein einziges Mal. ÑFroud-Crofton, gib deinen Plan auf!Ö ÑIhr solltet mithelfen!Ö antwortete er wÅtend. ÑHabt ihr vergessen, daÄ man euch gewaltsam hierhergebracht hat? Niemand von euch ist freiwillig hier. Man hat euch gezwungen, euer ursprÅngliches Leben aufzugeben. Ihr kennt keine eigenen Interessen mehr. Ihr seid zu Maschinen geworden.Ö
WÜhrend er die Impulse ausstrahlte, orientierte er sich weiter. Er war Selektor und hatte eine der wichtigsten Funktionen inne. Das bedeutete, daÄ die Maschine, in die man ihn eingepflanzt hatte, ebenfalls wichtig war. Er konnte viel erreichen. Er muÄte jedoch wissen, wie alles funktionierte. Nur dann konnte er einen Funkspruch abstrahlen. Das wird meine Rache sein! dachte Froud-Crofton. Ich werde alles verraten, was ich in Erfahrung bringen kann. ÑDas darfst du nicht tun! Das Y'Xanthomrier wird dich absterben las sen.Ö Froud-Crofton fragte spÉttisch: ÑDenkt ihr wirklich, daÄ ihr mich auf diese Weise aufhalten kÉnnt?Ö Er stellte Untersuchungen an. Dann begann er, die Maschine, mit der man ihn verbunden hatte, zu testen. Nach einer Weile merkte er, daÄ das System stÜndig funktionierte. Er war jedoch noch nicht in diese Funktion einbezogen. Aber das lag an ihm. Er brauchte nur... PlÉtzlich empfing er unzÜhlige Nachrichten. Sie kamen aus allen Gebieten des Schwarms. Der grÉÄte Teil davon war mehr oder weniger unverstÜndlich. Es war jedoch herauszuhÉren, daÄ innerhalb des Schwarms viele VÉlker lebten. Die meisten schienen bereitwillige Sklaven eines Åbergeordneten Volkes zu sein. Innerhalb des Schwarms herrschte groÄe Betriebsamkeit. Froud-Crofton erfuhr, daÄ zahlreiche Vorbereitungen getroffen wurden. Etwas sollte jedoch noch getestet wer den, bevor die ErfÅllung der langen Reise kommen konnte. Worin bestand diese ErfÅllung? Froud-Crofton vergaÄ fast seinen eigentlichen Plan, so gespannt nahm er die ankommenden Nachrichten in sich auf. Er hatte instinktiv bereits damit begonnen, bestimmte Nachrichten an die Speicher abzuleiten. Die Kontrolleure: ÑEr ist unglaublich. Einen besseren Selektor gab es noch in keinem System.á ÑWir wissen, daÄ er ein Talent ist. Aber er darf die Gesamtheit nicht nach drauÄen verraten. Sonst wird er absterben.Ö
Froud-Crofton nahm an, daÄ er nur eine kurze Nachricht abstrahlen wÅrde, denn zu viel mehr wÅrde man ihm kaum Gelegenheit geben. Sobald er sendete, wÅrde man ihn tÉten. Aber damit hÜtte er nur erreicht, was sowieso in seiner Absicht lag. ÑWarum machst du dir so viele Gedanken?Ö fragten die anderen. ÑSchlieÄ dich uns endlich an. Wir helfen dir Åber alle Schwierigkeiten hinweg. Wir freuen uns auf dich. Einen besseren Selektor gibt es nicht.Ö ÑNein!Ö schrie Froud-Crofton. Aber wieder war es nicht seine eigene Stimme. Er besaÄ keine Stimme mehr. Ich muÄ die Menschen auÄerhalb des Schwarms vor dieser Gottheit warnen, Åberlegte er weiter. Das Y'Xanthomrier! Vielleicht konnten die Immunen etwas damit anfangen. Vielleicht lieferte er damit einen Hinweis. Er konzentrierte sich auf die Maschine, in die man ihn eingepflanzt hatte. Er wuÄte genau, welche Impulse er benutzen muÄte, um bestimmte Reaktionen zu erreichen. Die Kontrolleure: ÑWir warnen dich. Wir werden es nicht zulassen.á Froud-Crofton bemÅhte sich, nicht auf diese Drohung zu achten. Er muÄte es versuchen. Wenn er sich anstrengte, konnte er es schaffen. ÑTu es nicht!Ö flehten die anderen. ÑWir wollen dich nicht verlieren. Du gehÉrst zu uns.Ö Froud-Crofton merkte, daÄ er in seinem EntschluÄ schwankend wurde. Er muÄte schnell handeln. Das Kollektiv gewann immer grÉÄere Macht Åber ihn. Er konzentrierte sich auf ÑseineÖ Maschine. Tapmedie Ulpanius lag auf dem RÅcken und litt unter einem heftigen Anfall, der viel frÅher gekommen war, als er erwartet hatte. Er konnte nichts mehr sehen und zitterte am ganzen KÉrper. Seine Zunge war vÉllig trocken. Jetzt, da sich der Tod ankÅndigte, erwachte noch einmal der Lebenswille in Ulpanius. Er wÜlzte sich mÅhevoll auf den Bauch und
kroch langsam auf die Maschine zu, in der sich Froud-Crofton befinden muÄte. Der StobÜer sah die Maschine nicht, aber er wuÄte, in welche Richtung er sich bewegen muÄte. Er wunderte sich, daÄ er vorankam und nicht wieder gelÜhmt wurde. Vielleicht wuÄten seine Gegner, wie es um ihn stand. Eine von Tapmedies dÅnnen HÜnden berÅhrte die Maschine. Ulpanius sank wieder in sich zusammen. ÑTerraner!Ö Er sehnte sich danach, jetzt mit jemand zu sprechen. Es war schrecklich, in diesem Raum sterben zu mÅssen, der so fremdartig wirkte und so weit von seiner Heimat entfernt war. ÑFroud-Crofton!Ö Er bekam keine Antwort. Alles wÅre anders, wenn Froud-Crofton sich nicht nur mich interessiert hÅtte, dachte er verzweifelt. Er wÜre lieber an seiner Strahlenkrankheit gestorben, als jetzt auf diese Weise zu enden. Ulpanius sah ein paar Schatten, vielleicht war es auch nur der Wechsel des Lichts. Ich kann nicht trÅumen! dachte er traurig. Nicht einmal das. Er wollte noch einmal nach Froud-Crofton rufen, aber ihm fehlten die Kraft und die Entschlossenheit. Er hÉrte das Murmeln und Summen der Maschinen ringsum. Es schien lauter geworden zu sein. Er hÜtte jetzt den Traum der Ahnen trÜumen mÅssen, doch er konnte es nicht. Seine Gedanken waren zu verworren. Er konnte sich nicht in sich selbst versenken. Die Umgebung war zu fremd. Sie belastete ihn. Das Pulsieren seiner Organe kam ihm ÅbermÜÄig laut und schnell vor. Dann hÉrte es plÉtzlich auf. Und Tapmedie Ulpanius starb.
27.
Froud-Crofton merkte, daÄ er als Selektor nicht nur seine eigene Maschine beherrschte, sondern auch EinfluÄ auf viele andere Teile der Funkstation hatte. Das Kollektiv wehrte sich gegen seine Absichten, aber es gab sehr viele biologisch-technische Verbindungen, die keine andere Wahl hatten, als im Sinne des Selektors zu funktionieren. Die Kontrolleure schwiegen seltsamerweise, aber Froud-Crofton war Åberzeugt davon, daÄ sie ihn beobachteten. Die Impulse des Kollektivs wurden immer wirrer. ÑKomm jetzt zu uns! Du darfst diese Nachricht nicht abstrahlen.Ö Froud-Crofton spÅrte, daÄ es ihn ungeheure Anstrengung kostete, Åberhaupt etwas zu veranlassen. So, wie er seine Maschine und Teile des Kollektivs in seine Funktion mit einbeziehen konnte, vermochten andere Teile des Systems ihn zu beeinflussen. Und diese Individuen taten alles, um ihn an der AusfÅhrung seiner PlÜne zu hindern. Es war ein stummer, aber erbarmungsloser Kampf. Die anderen hatten den Vorteil, schon wesentlich lÜnger innerhalb des Systems zu leben und sich genau auszukennen. AuÄerdem hatten sie Erfahrung in der Behandlung von Neuen. ÑWir lassen es nicht zuÖ, dachten die innerhalb der Funkstation vereinigten Individuen. ÑWir wollen dich nicht verlieren.Ö Froud-Crofton bemÅhte sich, das alles zu ignorieren. Er war noch immer mit der Formulierung der Nachricht beschÜftigt. Unter dem geistigen Druck, dem er ausgesetzt war, fiel ihm eine sinngemÜÄe Aneinanderreihung von Worten ausgesprochen schwer. Aber er bemÅhte sich weiter. Die Maschine, in der er sich befand, war bereit. Sie bedeutete kein Problem fÅr den Arzt. ÑNein!Ö Jetzt war es nicht allein die Angst um den neuen Selektor, der die anderen verzweifelte Impulse abstrahlen lieÄ. ÑTu es nicht!Ö Der Druck, den Froud-Crofton schon einmal gefÅhlt hatte, kehrte zurÅck. Eine Beengung, die ihn zu zerquetschen drohte. Er ahnte, daÄ dies nicht die Folge einer physischen Krise, sondern ein von den
Kontrolleuren ausgelÉstes GefÅhl war, das zum Ziel hatte, ihn gefÅgig zu machen. Er wehrte sich dagegen. In diesem Zustand fiel ihm kaum noch etwas ein. Seine Gedanken waren verworren. Und es wurde immer schlimmer. Bald wÅrde er Åberhaupt nicht mehr senden kÉnnen. Er muÄte es jetzt tun! Die Kontrolleure verstÜrkten den Druck. Obwohl Froud-Crofton keine Lungen mehr besaÄ, glaubte er ersticken zu mÅssen. Er konnte die Impulse des Kollektivs nicht mehr hÉren. Alles um ihn herum schien zu versinken. Senden! dachte er. Mit einer ÅbermÜchtigen Willensanstrengung veranlaÄte er seine Maschine zum Abstrahlen einiger Signale. Er sendete, was ihm gerade einfiel. Dann wurde der Druck unertrÜglich. Er konnte nicht weitersenden. Um ihn herum wurde es dunkel. Die Kontrolleure: ÑEr ist nicht tot. Er ist widerstandsfÅhiger, als wir dachten.á Wir sind erleichtert. Vielleicht wird jetzt doch noch alles gut. Was mag er gesendet haben? Die Kontrolleure: ÑEs war mehr oder weniger unverstÅndlich, wahrscheinlich sogar bedeutungslos.á Wir spÅren, daÄ unsere Impulse ihn nicht erreichen kÉnnen. Er ist nicht bei Sinnen. Aber er lebt noch. Ich ... wir... ich ... Wir mÅssen weiter warten. NatÅrlich ist der Neue ein unvergleichliches Talent, aber niemand von uns hÜtte gedacht, daÄ er zu einem solchen Problem werden kÉnnte. Er hat uns als Sklaven bezeichnet! Sind wir das? Die Kontrolleure: ÑEr soll am Leben bleiben.á Das galt natÅrlich nur fÅr den Fall, daÄ Froud-Crofton nicht noch ein mal versuchen wÅrde, mit Wesen auÄerhalb des Schwarms in Verbindung zu treten. Es wird sicher einige Zeit dauern, bis er sich erholt hat. Die Kontrolleure haben ihm einen schweren Schock zugefÅgt, den ein anderer viel leicht nicht Åberlebt hÜtte.
Die Kontrolleure: ÑEr wird es Çberstehen.á Diese Versicherung kann reine Beruhigungstaktik sein. In Wirklichkeit wissen die Kontrolleure vielleicht schon, daÄ der neue Selektor sterben wird, bevor er seine Aufgabe richtig erfÅllen kann. Wir haben keinen Grund, an der Aufrichtigkeit der Kontrolleure zu zweifeln. Trotzdem mÅssen wir immer wieder Åber verschiedene Bemerkungen des Fremden nachdenken. Er haÄt uns nicht, sondern bedauert uns. Er ist verzweifelt darÅber, daÄ er mit uns funktionieren soll. Er wehrt sich gegen eine endgÅltige Eingliederung, weil er keine Sklavendienste verrichten will. Die Kontrolleure: ÑDas Y'Xanthomrier hat keine Sklaven.á Aufgeschreckt unterbrechen wir unsere áberlegungen. Bisher ist es kaum geschehen, daÄ sich die Kontrolleure auf diese Weise in unsere Gedanken mischten. Sie meldeten sich eigentlich nur, um uns Informationen oder Anordnungen zu geben. Wir erkennen, daÄ wir glÅcklich sind. Wir funktionieren. Wir funktionieren fÅr das Y'Xanthomrier, das tÉtet und dabei rote Steine weint. Dabei hÜtte ich ... ich ... wir ... Bully blickte auf die Uhr und schÅttelte enttÜuscht den Kopf. ÑEs sieht so aus, als hÜtte ich die Lage falsch eingeschÜtztÖ, gab er zu. ÑEs hat keinen Sinn, wenn wir noch lÜnger warten.Ö ÑWir hofften alle, daÄ wir die Jacht wiedersehen wÅrden oder zumindest eine Nachricht von ihr erhalten wÅrdenÖ, sagte Julian Tifflor. ÑDoch damit brauchen wir jetzt nicht mehr zu rechnen.Ö Der Schwarm wanderte langsam weiter. Seine Geschwindigkeit war nicht konstant, und Bull vermutete, daÄ er frÅher oder spÜter wieder transistieren wÅrde. WuÄten die Ameisen, was ein Mensch, der auf ihren StraÄen herum trampelte, als nÜchstes tun wÅrde? ÑWir fliegen jetzt zurÅck!Ö kÅndigte Bull an. Da meldete sich Groysken Asnker, der frÅher auf der Erde als Kybernetiker gearbeitet hatte, jetzt aber an Bord der INTERSOLAR zusammen mit zwei MÜnnern und einer Frau die Funkanlage bediente. ÑWarten Sie noch, Mr. Bull!Ö
Bully fuhr herum. In der Zentrale herrschte knisternde AtmosphÜre. ÑWas ist geschehen?Ö ÑEinen Augenblick!Ö Asnkers Stimme klang gespannt. ÑIch lege um.Ö Aus den EmpfÜngern in der Zentrale kam ein ungleichmÜÄiges Rauschen. ÑWas ist das?Ö fragte Bully verwirrt. ÑSchwer zu sagenÖ, antwortete Asnker langsam. ÑEs wÜre auch sicher bedeutungslos, wenn es nicht aus dem Schwarm kÜme.Ö Bully richtete sich auf. ÑAus dem Schwarm? Sind Sie sicher?Ö Asnker erklÜrte beleidigt: ÑIch bin zwar Kybernetiker, aber soviel kann ich noch feststellen.Ö Bull muÄte lÜcheln. Das Rauschen im EmpfÜnger verstÜrkte sich. Dann wurde ein undeutliches Summen hÉrbar. Es kam in unregelmÜÄigen AbstÜnden durch. ÑImpulse!Ö rief Bai ton Wyt erregt. ÑRuhe!Ö befahl Bully. Sie lauschten. Nach einer Weile brachen die SummtÉne ab, dann hÉrte auch das Rauschen auf. ÑHat das Summen etwas zu bedeuten?Ö fragte Bully. ÑDie Auswertung liegt bereits vor mirÖ, erklÜrte Asnker. ÑDie Positronik hat schnell gearbeitet.Ö Seine Stimme wurde lauter, als er hinzufÅgte: ÑWir haben eine Nachricht aus dem Schwarm erhalten. Sie wurde im Kode der terranischen WeltraumÜrzte abgefaÄt.Ö Bulls Kinn fiel herab. ÑWas sagen Sie da?Ö ÑEin Irrtum ist ausgeschlossenÖ, antwortete Asnker. ÑSie kÉnnen sich gern von der Richtigkeit meiner Behauptung Åberzeugen.Ö ÑEr soll erst die Nachricht durchgebenÖ, mischte Tifflor sich ein. ÑJaÖ, sagte Bull. ÑWie lautet die Nachricht, Mr. Asnker?Ö ÑSie lautet: SchÅtzt euch vor den Y'Xanthomrier! Das ist alles.Ö Bully fragte nervÉs: ÑSind Sie sicher, daÄ es Y'Xanthomrier heiÄt und nicht Y'Xanthymr?Ö ÑJa, Mr. Bull.Ö ÑDann muÄ es sich um einen ábertragungsfehler handelnÖ, sagte Reginald Bull. ÑPontonac sprach einwandfrei von dem Y'Xanthymr.Ö Asnker rÜusperte sich durchdringend.
ÑDas Wort kam einwandfrei durch. Es besteht kein Zweifel, daÄ es in dieser Form gesendet wurde.Ö ÑHm!Ö machte Bull. Er blickte sich im Kreis jener Frauen und MÜnner um, die sich in der Zentrale der INTERSOLAR versammelt hatten. ÑSie haben alles gehÉrt! Was halten Sie davon?Ö Niemand antwortete. ÑJaÖ, sagte Bull. ÑEs handelt sich um eine Warnung. Um eine Warnung, die zweifellos von einem Passagier der verschwundenen Jacht abgestrahlt wurde.Ö ÑEs kann auch ein Trick seinÖ, sagte Tifflor. Seine Worte lÉsten den Bann, der Åber allen zu liegen schien. Jetzt redeten mehrere Menschen gleichzeitig. ÑLangsam!Ö rief Bull. ÑSo kommen wir nicht weiter. Wir mÅssen uns darÅber im klaren sein, daÄ es sich bei dem Y'Xanthomrier eines Unbekannten um ein Ühnliches Ding oder Wesen handelt wie bei dem Y'Xanthymr Pontonacs.Ö ÑMich wundert, daÄ die Fremden zugelassen haben, daÄ ein EntfÅhrter eine solche Nachricht abstrahltÖ, bemerkte Korjason. Dieser Einwand war richtig. Bull Åberlegte, wie es zu der Funkbotschaft gekommen sein konnte. Die Jacht, die sie beobachtet hatten, besaÄ sicher nur durchschnittlich starke FunkgerÜte. Abgesehen davon, daÄ sie ihm vor dem Verschwinden nicht geantwortet hatten - waren diese GerÜte in der Lage, die Schutzschirme um den Schwarm zu Åberwinden? Und warum lieÄen die Herren des Schwarms eine solche NachrichtenÅbermittlung zu? ÑIch schlieÄe mich Tifflors Meinung anÖ, sagte Bully schlieÄlich. ÑEs handelt sich offenbar um ein TÜuschungsmanÉver. Die Fremden wollen uns glauben machen, daÄ ein Terraner innerhalb des Schwarms ist, der ein FunkgerÜt besitzt.Ö ÑAber der Funkspruch war in einem nur den terranischen ârzten und der Solaren Flotte bekannten Kode abgefaÄtÖ, wandte Baiton Wyt ein. ÑDas bedeutet gar nichtsÖ, erwiderte Bully. ÑEs spricht nichts dagegen, daÄ die Fremden diesen Kode nicht in Erfahrung gebracht
haben sollen. Warum sollte der EntfÅhrte kein Arzt gewesen sein? Noch dazu einer, der den Flotten-Kode kennt?Ö Er merkte, daÄ niemand Åberzeugt war. Aber niemand wuÄte eine bessere ErklÜrung fÅr das Ereignis. ÑWenn Sie recht haben sollten, wirft sich die Frage auf, warum die Fremden uns diese Botschaft, die doch ziemlich nichtssagend ist, geschickt habenÖ, meinte Ribald Corello. NatÅrlich hatte der Mutant recht, dachte Bully. Aber sie durften nicht von der Voraussetzung ausgehen, daÄ die Unbekannten aus Ühnlichen BeweggrÅnden handelten wie die Menschen. FÅr die Fremden besaÄ diese Nachricht - wenn sie wirklich von ihnen kam vielleicht eine tiefe Bedeutung. Sicher war nur eines: Wesen oder Dinge wie das Y'Xanthomrier oder Y'Xanthymr spielten innerhalb des Schwarms eine besondere Rolle. Bully lehnte sich in seinem Sitz zurÅck. Er ahnte, daÄ sie keine weiteren Nachrichten empfangen wÅrden. ÑWir fliegen in die Galaxis zurÅck und suchen Immune!Ö befahl er. Er erwachte aus der BewuÄtlosigkeit. Dankbar registrierte er die NÜhe der anderen, die sich sofort seiner annahmen. Froud-Crofton nahm die Impulse des Kollektivs in sich auf. Er hatte resigniert, denn er wuÄte, daÄ er ein zweites Mal nicht die Kraft aufbringen wÅrde, eine Nachricht zu senden. Warum sollte er sich jetzt noch unnÉtig quÜlen? Am vernÅnftigsten war es jetzt, die Vorteile zu genieÄen, die das System bot. Die anderen waren seine Freunde, sie warteten auf ihn. Er wÅrde als Selektor eine bedeutende Funktion erfÅllen. Die Maschine, in die man ihn eingepflanzt hatte, erschien ihm plÉtzlich wie ein gefÅgiges Wesen, das fÅr ihn arbeiten wollte. Froud-Crofton empfing wieder Nachrichten. Er wertete sie aus, gab sie an Speicher weiter oder begann zu senden. Wenn er sich konzentrierte, war alles ganz einfach. Er spÅrte die Begeisterung der anderen. Endlich war er einer der Ihren. Er hatte aufgehÉrt, sich zu strÜuben.
Ich war ein Narr, dachte Froud-Crofton. Er verschloÄ sich nicht lÜnger, sondern richtete freundliche Impulse an das Kollektiv. ÑIch will euch etwas mitteilenÖ, sendete er. ÑIch habe angefangen ... ich werde ... WIR FUNKTIONIEREN.Ö WÅhrend Reginald Bull mit der INTERSOLAR zu seiner eigentlichen Aufgabe zurÇckkehrte, nÅmlich der Suche nach immun gebliebenen Menschen, arbeiteten Perry Rhodan und sein Team weiter an der Erforschung des Schwarms. Bevor die GOOD HOPE II am 30. Juli das Lignan-System anflog und auf dem unbewohnten dritten Planeten, Caraprien, landete, hatte es den Schwarm erstmals vÉllig umrundet und dabei fest gestellt, daÄ er an der Kopfrundung achthundertzwanzig und in der Mitte knapp zweitausend Lichtjahre breit war. Diese Werte galten auch fÇr die HÉhe und waren wie die ermittelten knapp elftausend Lichtjahre seiner LÅnge als Durchschnittswerte anzusehen. Sie Ånderten sich wegen der beweglichen Himmels- und FlugkÉrper im Schwarminnern fortlaufend. Die Zahl der im Schwarm enthaltenen Sonnen und Planeten wurde inzwischen auf rund achthunderttausend geschÅtzt, die der Raumschiffe, Stationen und so weiter auf Çber eine Million. Dies waren Zahlen, die jene weit in den Schatten stellten, die bei dem Erscheinen des Schwarms in unmittelbarer NÅhe der MARCO POLO, im Leerraum vor der Galaxis, genannt worden waren. Ein Grund fÇr die Diskrepanz lag ganz sicher darin, daÄ bei den ersten Hyperortungen viele Objekte sich gegen seitig verdeckt und energetisch Çberlagert hatten - eine Sonne ihre Planeten, eine Gigantstation viele Raumschiffe. Zur Landung auf Caraprien kam es aufgrund der Ortung einiger Rochenschiffe im Lignan-System. Die GOOD HOPE verlor die Manipulatoren vorÇbergehend. Als sie dann wiederauftauchten, sandten sie eine Strahlung aus, die auf allen drei Welten des Systems schwerste Erdbeben und VulkanausbrÇche hervorrief. Die GOOD HOPE wurde dabei beschÅdigt und konnte erst am 20. August wieder starten. Perry Rhodan nahm Hyperfunkverbindung mit Reginald Bull auf und veranlaÄte, daÄ die INTERSOLAR die intelligenten Bewohner des zweiten, infolge der Beben zum Untergang verurteilten Planeten aufnahm und nach Hidden World I evakuierte. Auf der Erde und den vielen tausend anderen besiedelten Welten war kein Ende des Chaos abzusehen. Und wie immer in solchen Zeiten, sahen Scharlatane und Psychopathen ihre groÄe Chance, Macht zu erringen.
Garrigue Fingal war einer davon gewesen - doch ein Nichts gegen das Monstrum, das sich nun anschickte, alles Bestehende zu zerschlagen und Çber eine Welt zu herrschen, auf der nichts mehr so war wie zuvor ...
28. August 3441 Terra Es ist ein verdammt harter Job, mit einer Bande von hundert Verdummten durch den Betondschungel zu ziehen. Sie sind schwerer zusammen zuhalten als ein Sack voll FlÉhe, und noch schwerer sind sie abzurichten. Selbst eine so einfache Sache wie die Beschaffung von Nahrung kann zu einem lebensgefÜhrlichen Unternehmen werden. Dabei lagen Tonnen von Frischfleisch direkt vor unserer Nase. Wir brauchten nur in den Zoo zu gehen und uns Exemplare jener Tiergattungen auszusuchen, die uns als eÄbar erschienen. WÜhrend ich mit dem Gros meiner Leute auÄerhalb des Zoos wartete und die Gegend absicherte, schickte ich Moro, Ole und Vastlos, die sich auf dem GelÜnde nach einem WÜrter umsehen sollten. Es war nicht anzunehmen, daÄ Danton und Deighton einen ihrer MÜnner abgestellt hatten, um den Zoo zu bewachen. Denn erstens waren sie knapp an halbwegs intelligenten Leuten und zweitens wurde der Tiergarten von Terrania City wÜhrend des Chaos vollautomatisch versorgt. Doch wollte ich kein Risiko eingehen und schickte deshalb die drei los. Ich hatte ausdrÅcklich angeordnet, daÄ sie von barbarischen Spielereien Abstand nehmen sollten. Vielleicht klingt es bei einem Mann meiner Sorte, der schon vor dem Zusammenbruch der Zivilisation ein AuÄenseiter der Gesellschaft war, seltsam, aber ich hielt nichts von greulichen Extravaganzen. Wer den eigenen Interessen im Weg stand, muÄte beseitigt werden ... Als die drei nach zwei Stunden zurÅckkamen, merkte ich ihnen schon von weitem an, daÄ sie meinen Befehl miÄachtet hatten. Memo, das verdummte Genie und meine rechte Hand, sagte an meiner Seite: ÑDie befinden sich jetzt noch im Blutrausch.Ö Voll bÉser Ahnungen erkundigte ich mich bei den drei Kundschaftern: ÑHat es Schwierigkeiten gegeben?Ö
Sie schÅttelten die KÉpfe und kicherten dabei wie Jungen, die sich einen albernen Scherz geleistet hatten. ÑKeine Schwierigkeiten, DadaÖ, antwortete Moro schlieÄlich. Er gehÉrte zu meinen intelligentesten Leuten, obwohl er sich geistig kaum mit einem normalen achtjÜhrigen Jungen hÜtte messen kÉnnen. ÑWar kein WÜrter da?Ö fragte ich nun geradeheraus. ÑAch woÖ, sagte Moro mit einem unangenehmen Grinsen. Meine Stimme bekam einen drohenden Unterton. ÑDu weiÄt, daÄ ich euch untersagt habe, euch an einem WÜrter abzureagieren.Ö Auf Moros Gesicht zeichnete sich grenzenlose áberraschung ab. ÑDas hast du gesagt, Dada? Ich habe es glatt vergessen. Aber es macht nichts, denn es gab sowieso keinen WÜrter.Ö ÑGlaubst du ihnen so ohne weiteres?Ö stichelte Memo. ÑIch sehe diesen Kerlen doch an, daÄ sie irgendeine Teufelei inszeniert haben.Ö Ich ÅberhÉrte Memos Einwand. Manchmal fiel er mir so auf die Nerven, daÄ ich ihn am liebsten zum Teufel geschickt hÜtte. Aber leider benÉtigte ich seine UnterstÅtzung. ÑDann ist die Luft im Zoo rein?Ö fragte ich Moro. ÑDie Luft ist reinÖ, versicherte er. Vast fÅgte eifrig nickend hinzu: ÑJa, ja, und wir haben auch schon die Vorbereitungen fÅr das groÄe Halali getroffen.Ö Moro wirbelte herum und schlug Vast mit einem Faustschlag nieder. ÑDu Idiot!Ö schrie er ihn wÅtend an. ÑDas war doch als áberraschung fÅr Dada gedacht.Ö Ich sah rasch zu Memo. ÑWelche áberraschung?Ö fragte ich. Moro blickte zu Boden und scharrte unruhig mit dem FuÄ Åber den staubigen StraÄenbelag. ÑNunÖ, begann er zÉgernd. ÑAls wir den Zoo durchstreiften, stieÄen wir auch auf das HauptgebÜude. Du weiÄt schon, dort befinden sich die ganzen Schaltanlagen, mit denen man die Schutzschirme und die KÜfige fÅr die Tiere kontrollieren kann. Ich wollte dir die Arbeit erleichtern, des halb haben wir an den Schaltern herumgefummelt.Ö
Jetzt strahlte Moro Åber das ganze Gesicht. ÑUnd es ist uns ausgezeichnet gelungen!Ö Ich brauchte nicht mehr zu fragen, was ihnen gelungen war. Wir alle sahen in diesem Augenblick das Ergebnis von Moros BemÅhungen. Durch das Tor des Tiergartens kam ein Rudel exotischer Kleintiere geprescht und verschwand zwischen den HÜuserschluchten. Dann erklang ein lang anhaltendes RÉhren, die BÜume im Park des Zoos teilten sich, und ein Saurier kam angestampft. Es schien, als hÜtte das Erscheinen des Monstrums einer Urwelt den Bann gelÉst. Denn nun brachen aus allen Teilen des Parks Tiere: Raubkatzen, Riesenspinnen, Echsen und Exoten von Tausenden verschiedenen Planeten der Galaxis. RaubvÉgel und Aasfresser aller Arten und GrÉÄen stiegen von den BÜumen auf und verschwanden im Luftraum von Terrania City. Und dann erblickte ich den Welsch, auf dessen zartes und saftiges Heisch ich es abgesehen gehabt hatte. Das Raubtier mit dem schlangenfÉrmigen KÉrper und den zehn muskulÉsen Beinen verharrte fÅr Sekundenbruchteile am Rande des Tiergartens. Als es uns mit seinen drei auf der zurÅckfliehenden Stirn zu einem Dreieck angeordneten Augen erblickte, hetzte es in weiten SprÅngen davon. Ich hob den Strahler und schoÄ. Aber ich verfehlte mein Ziel. Der Welsch war fÅr mich verloren, verschwunden im Betondschungel von Terrania City. ÑAus dem geplanten Festessen wird nun nichts werden, DadaÖ, lieÄ sich Memo an meiner Seite hÉren. ÑDein kluger Moro hat die Energiebarrieren abgeschaltet, welche die Tiere in ihren Gehegen gefangenhielten. Es ist wahrlich jammerschade, daÄ er ausgerechnet den Hauptschalt hebel erwischt hat! Aber du kannst dich damit trÉsten, daÄ er dir damit eine Freude bereiten wollte, Dada.Ö ÑDu sollst mich nicht Dada nennenÖ, fuhr ich Memo an. ÑDu weiÄt, daÄ das nur fÅr die Verdummten gilt, die sich meinen Namen nur schwer merken kÉnnen.Ö ÑOkay, ArlonÖ, sagte Memo. ÑAber denke du bitte auch daran, daÄ ich ebenfalls einen Namen besitze.Ö ÑKlar, MemoÖ, erwiderte ich. ÑDu heiÄt Grielman Long und bist Professor der Extra Zerebralen Integration ... und wahrscheinlich der einzige Ezialist, der nicht gÜnzlich verdummt ist.Ö
Als ein behÜbiger DickhÜuter aus dem TiergartengelÜnde ausbrach, gab ich meinen Leuten das Zeichen. Sie stimmten ein wildes Geheul an, schwangen ihre Brechstangen und Keulen und luden ihre Steinschleudern. Zehn Minuten spÜter war das Tier erlegt, und wir waren fÅr einige Tage mit Fleisch versorgt. Aber es Ürgerte mich doch, daÄ es sich nicht um zartes, saftiges Welsch fleisch handelte. Ich suchte nach Moro, der mich um diesen GenuÄ gebracht hatte. Als er mir in die Augen blickte, wuÄte er sofort, was ihm blÅhte. Das war vor zwei Tagen gewesen. Jetzt schrieben wir den 21. August. Es war Mittag in Terrania City. Wir merkten nichts davon, denn wir hatten uns in die Station einer Rohrbahn zurÅckgezogen. Meine MÜnner waren an allen ZugÜngen und in dem Rohrbahntunnel postiert. Auf diese Art und Weise schÅtzte ich mich vor unliebsamen áberraschungen. AuÄerdem hatte ich in jede Richtung des Tunnels je eine vierkÉpfige Gruppe ausgeschickt, die die nÜhere Umgebung erkunden sollte. Der Grund, warum ich ausgerechnet diese Station zu unserem Lager platz auserwÜhlt hatte, war, daÄ hier die Deckenbeleuchtung noch funktionierte. Elektrisches Licht war in Terrania City zu einem Luxus geworden. Diese Rohrbahnstation war auch sonst noch ganz gut erhalten, wenn man von den unzÜhligen Kritzeleien an den WÜnden absah. Memo nannte die Schmierereien an den WÜnden ÑBetonmalereienÖ, was in Anlehnung an die HÉhlenmalereien der Steinzeit geschah. Ich stand vor einer Wand, auf die in ungelenken SchriftzÅgen geschrieben worden war: TOD DER ZIWILISAZION. Das entlockte mir ein abfÜlliges LÜcheln. Meine Intelligenz hatte durch die allgemeine Verdummungswelle zwar auch gelitten, aber immerhin merkte ich die Rechtschreibfehler der Inschrift. Ich betrachtete Memo. Er war klein und verwahrlost wie wir alle. Aber er unterschied sich in einem wesentlichen Punkt von den verdummten Kreaturen in meinem Gefolge: In seinen Augen spiegelte
sich die Intelligenz, die ihm im Gegensatz zu den anderen erhalten geblieben war. ÑWarum gehorchst du mir so bedingungslos?Ö fragte ich ihn. ÑDu hÜttest es gar nicht nÉtig, dich von mir herumkommandieren zu lassen. Du bist intelligent und verschlagen genug, um dich in diesem Tollhaus durchzusetzen.Ö ÑIch gehÉre zu dirÖ, entgegnete er. Nachdem er sich die Lippen beleckt hatte, fuhr er fort: ÑDu bist immer noch mein Patient, Arlon. Egal, was passiert, ich fÅhle mich fÅr dich verantwortlich.Ö ÑDu hast wohl einen Schuldkomplex auf dich geladenÖ, sagte ich ihm ins Gesicht. ÑDu fÅhlst dich schuldig, weil du mich, einen vielfachen Verbrecher, aus dem GefÜngnis befreit und fÅr deine ungesetzlichen Experimente verwendet hast. Gib es doch zu, du fÅrchtest dich davor, mich auf die Menschheit loszulassen.Ö ÑIch habe nichts Ungesetzliches getanÖ, verteidigte sich der Ezialist. ÑMeine Methode, durch einen operativen Eingriff in das Gehirn die Resozialisierung eines Asozialen zu erwirken, ist nicht ungesetzlich. Sie ist lediglich noch nicht anerkannt. Aber an deinem Beispiel sehe ich, daÄ ich den richtigen Weg beschreite.Ö Ich lachte. ÑNennst du es einen erfolgreichen ResozialisierungsprozeÄ, wenn ich mit einer Bande plÅndernd und mordend durch Terrania City streife?Ö ÑIch sehe in dir nur ein Opfer der UmweltverÜnderungÖ, entgegnete er. ÑAber meine Operation war erfolgreich. Denn wÜhrend Millionen verdummten, hast du den GroÄteil deiner Intelligenz behalten.Ö ÑUnd wie kam es, daÄ du selbst nicht degeneriertest?Ö wollte ich wissen. ÑIch habe die gleiche Operation schon vorher an mir selbst vornehmen lassenÖ, antwortete Memo. ÑDazu war nicht mehr als ein entsprechend programmierter Medo-Robot nÉtig.Ö ÑDu bist wirklich ein GenieÖ, sagte ich. Manchmal haÄte ich den Professor, aber ich war auf ihn angewiesen. Seine áberheblichkeit, die Art, wie er mir zu verstehen gab, daÄ ich ihm geistig nicht das Wasser reichen konnte, das fiel mir auf die Nerven. Aber andererseits hatten mir seine
RatschlÜge schon oftmals geholfen. Angenehm an ihm war auch, daÄ er mir nie mit Gesetzesparagraphen, mit Moral und Ethik kam. Er war anscheinend mit mir einer Meinung, daÄ die neuen Lebensbedingungen auch nach neuen MaÄstÜben verlangten. ÑIch bin kein Genie, nur ein EzialistÖ, widersprach Memo. ÑAlles, was ich kann und was ich geleistet habe, verdanke ich der Extra Zerebralen Integration. Der Ezialismus ist eine alte Wissenschaft. Schon vor mehr als tausend Jahren versuchte ein Mann namens Flensh Tringel der Menschheit die Gefahren des Spezialistentums vor Augen zu halten. Er wollte mit dem Ezialismus bei den Menschen eine Zusammenfassung aller Gehirnfunktionen zu einem Ganzen erreichen. Er wollte, daÄ sich die Menschen nicht auf ein Gebiet spezialisierten, sondern sich ein umfassendes Allgemeinwissen aneigneten. Das ist Ezialismus. Ein Ezialist sollte Psychologe, Biologe, Kybernetiker und Handwerker zugleich sein. NatÅrlich weiÄ ein Ezialist nicht soviel wie beispielsweise ein Galaktopsychologe auf seinem Gebiet. Aber der Ezialist sollte genÅgend Begriffe aus der Galaktopsychologie kennen, um wirkungsvoll improvisieren zu kÉnnen. Ich glaube, der Ezialismus hat sich nur des halb nicht durchgesetzt, weil er eine Kampfansage an das Spezialistentum ist...Ö ÑHalt jetzt endlich den Mund!Ö unterbrach ich Memo, sonst hÜtte er sich wohl noch stundenlang Åber sein Lieblingsgebiet ausgelassen. Eine Stunde spÜter kamen meine Kundschafter zurÅck. Vast, der die eine Gruppe angefÅhrt hatte, berichtete aufgeregt Åber eine unterirdische Halle, in der RohrbahnzÅge abgestellt waren. Aus seinen Worten ging hervor, daÄ sie mit Energie versorgt wurde. Wir brachen sofort auf und verlegten unseren Lagerplatz in die Halle. ÑWas willst du denn hier?Ö erkundigte sich Memo. ÑDiese gigantischen RÜumlichkeiten lassen sich mit den hundert Mann, die du hast, doch Åberhaupt nicht verteidigen.Ö ÑDarauf kommt es gar nicht anÖ, erwiderte ich. ÑWir werden hier ohnehin nicht lange lagern. Mir geht es nur um die RohrbahnzÅge. Mit einem von ihnen kÉnnten wir den Stadtrand um vieles schneller erreichen.Ö
Es geschah selten, daÄ ich eine Idee hatte, noch bevor Memo auf den gleichen Gedanken gekommen war. Aber diesmal konnte ich mit Befriedigung registrieren, daÄ ich ihm um LÜngen voraus gewesen war. ÑJa, du hast rechtÖ, stimmte mir Memo zu. ÑMit einem Rohrbahnzug kÉnnten wir viel schneller Imperium-Alpha erreichen.Ö Der Traum kam jede Nacht wieder: Ich sitze Danton-Deighton gegenÇber. Zwischen uns steht ein 3 -DSchach. Ich kann nur verschwommene Umrisse meiner beiden Gegner erkennen. Wenn sie Bewegungen mit den HÅnden machen, dann zeigt sich das mir nur durch einen verwischten Streifen an. Danton zieht den KÉnigsbauern auf. Ich springe mit dem Pferd aufC3 hoch 3. Da macht Deighton einen seltsamen Zug. Er schlÅgt mit dem Turm den im Weg stehenden eigenen Bauern und geht damit auf HS hoch 6. Das irritiert mich. Ich schwitze. Der SchweiÄ rinnt mir in StrÉmen von der Stirn. Ich komme nicht hinter den Sinn des Danton-Deighton-Zuges. Wie kann ich kontern? Setze sie schachmatt! fordert meine innere Stimme. Ja, das werde ich tun. Aber wie? Geh aufs Ganze! rÅt meine innere Stimme. Jawohl. Aber wie kann ich sie schlagen? Fege sie vom Brett! befiehlt meine innere Stimme. Ich bÅume mich mit einem Wutschrei auf, stÇrze mich in den Kubus des 3-D-Schachs und befÉrdere alle gegnerischen Figuren mit HÅnden und FÇÄen hinaus. Danton-Deighton verblassen. Ich bin der strahlende Sieger. So ist es richtig, lobt meine innere Stimme. Vernichte ihre Station, zertrete ihre Helfer und tÉte Danton und Deighton. Unternimm alles, um die Versuche, Recht und Ordnung wiederherzustellen, schon im Keim zu ersticken. Ich schwÉre, daÄ ich dies tun werde! Mit diesem Eid verblaÄte der Traum. Jemand rÅttelte mich wach. ÑOle ist zurÅckÖ, hÉrte ich Memos Stimme. ÑEr hat eine interessante Entdeckung gemacht.Ö
Ich war sofort bei der Sache. ÑWas gibt's, Ole?Ö Ole, der in seiner Tasche noch einen IdentitÜtsausweis trug, der auf den Namen Joannes Olennson lautete, wischte sich mit dem HandrÅcken den Speichel vom Mund. ÑIch habe mit Tyll und Rick den Fernverbindungstunnel durchstreift. Wir verhielten uns so vorsichtig dabei, wie du es uns befohlen hast, Dada. Ehrenwort, wir haben uns an deinen Befehl gehalten. Zwei Echsen aus dem Zoo, die uns im Tunnel entgegenkamen, haben wir lautlos getÉtet. Tyll muÄte dran glauben. Aber er schrie nicht mal, bevor er starb. Siehst du, Dada, so haben wir uns an deinen Befehl gehalten. Und es war gut so. Denn bald darauf sind wir zu einer Rohrbahnstation gekommen, in der eine andere Bande ihren Lagerplatz aufgeschlagen hat.Ö ÑWeiÄt du, um welche Bande es sich handelt?Ö wollte ich wissen. Ole nickte eifrig. ÑEs ist Neikos Bande. Ich habe den Fettwanst selbst gesehen.Ö Mich durchfuhr es siedendheiÄ. ÑBesteht kein Irrtum?Ö ÑEhrenwort, Dada, ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen. ÑIn Ordnung, Ole, du bist ein guter Junge.Ö Ich gewÜhrte ihm eine Sonderration Fleisch und schickte ihn weg. Ich schaute Memo an. ÑDu willst Rache an ihm nehmenÖ, sagte er. Es war eine Feststellung. Als ich nichts antwortete, fuhr er fort: ÑIch kann dir nachfÅhlen, daÄ du ihn haÄt. Er war es schlieÄlich, der unseren Unterschlupf zerstÉrt und geplÅndert hat, als wir beide noch allein waren. Aber glaubst du, daÄ du schon stark genug bist, um dich mit ihm messen zu kÉnnen? Ihm unter stehen doppelt so viele Leute wie dir.Ö ÑIch fÅrchte mich nicht vor ihm.Ö ÑMut allein genÅgt nichtÖ, gab Memo zu bedenken. ÑAuÄerdem haben wir uns die ZerstÉrung des Hauptquartiers von Danton und Deighton zur Aufgabe gemacht. Wie willst du das schaffen, wenn Neiko Garnish deine Bande aufreibt?Ö ÑDu wirst dir eine List einfallen lassenÖ, sagte ich. ÑDu wirst dir etwas einfallen lassen, wie wir Neikos Bande vernichten kÉnnen, ohne unsere eigenen Leute zu gefÜhrden.Ö
ÑDas werde ich nicht tunÖ, widersprach Memo. ÑIch habe schon zuviel auf mein Gewissen geladen. Jetzt will ich nicht auch noch ein MassenmÉrder werden.Ö Ich sprang auf, faÄte Memo an der Gurgel und drÅckte ihn gegen die Wand. ÑDu wirst einen Plan ausarbeiten, wie ich Neiko vernichten kann!Ö befahl ich wÅtend. Memo war schon ganz blau im Gesicht, als er nickte. ÑGott mÉge mir verzeihenÖ, flÅsterte er. ÑAber ich habe keine Wahl.Ö ÑDoch, du kÉnntest als MÜrtyrer sterben!Ö Ich lachte schallend. Dann wurde ich sofort wieder ernst. ÑWir werden jetzt einen Ausflug machen und die Umgebung von Neikos Lagerplatz auskundschaften. Und dann wirst du in kÅrzester Zeit einen Plan ausarbeiten.Ö ÑWir kÉnnen uns den Weg sparenÖ, erklÜrte Memo. ÑIch habe das Robot-Stellwerk gefunden. Dort sind sÜmtliche Rohrbahntunnel mit den Stationen in einem Plan eingezeichnet.Ö Ich folgte ihm von meinem Schlafplatz in einem der Waggons zu den RÜumen mit den technischen Anlagen. Im Stellwerksraum fÅhrte mich Memo zu einer zwei mal zwei Meter groÄen Projektionswand aus milchigem Kunststoff. Er stellte sich vor ein Bedienungspult und bediente es mit solcher Leichtigkeit, als hÜtte er sein ganzes Leben hindurch nichts anderes getan. ÑIch habe mich, wÜhrend du schliefst, hier ein wenig umgesehenÖ, erklÜrte er mir. Dann deutete er auf die Bildwand, auf der eine schematische Darstellung des Rohrbahntunnelnetzes von Terrania City erschienen war. ÑHier sind sÜmtliche Tunnel eingezeichnet. Wir befinden uns im ungefÜhren Zentrum.Ö Er trat zur Projektion und deutete auf eine eingezeichnete Station. ÑUnd hier befindet sich Neikos Lagerplatz - also an die sieben Kilometer von uns entfernt. Ich werde dir jetzt eine VergrÉÄerung dieser Station zeigen.Ö Er drÅckte einige Tasten an dem Pult nieder, und die GrundriÄzeichnung einer Station erschien auf der Bildwand. Ich stellte fest, daÄ es sich um eine kleinere Station handelte, die von keinem anderen Rohrbahntunnel gekreuzt wurde. An ZugÜngen gab es eine abwÜrts und eine aufwÜrts fÅhrende Rolltreppe und eine Nottreppe.
Ein Antigravlift war nicht vorhanden. Es gab aber einen eigenen Zugang fÅr das Instandhaltungspersonal und eine weitere Treppe fÅr die Angestellten der in der Station etablierten GeschÜfte. WÜhrend ich diese Fakten noch aufnahm, begann in mir ein Plan zu reifen. Ich hÉrte Memos AusfÅhrungen kaum zu, der mir gerade zu erklÜren versuchte, wie wir durch Sprengung des Tunnels Neiko in der Station einschlieÄen und zur Kapitulation zwingen kÉnnten. ÑDabei kannst du dich an Neiko rÜchen, ohne viele Menschenleben zu opfernÖ, sagte er. ÑWenn er keinen Ausweg mehr sieht, wird er sich dir zum Zweikampf stellen mÅssen. Dann besiegst du ihn und kannst seine Leute in deine Bande eingliedern.Ö ÑDein Plan gefÜllt mir nichtÖ, sagte ich. ÑIch mÉchte, daÄ mein Triumph ein totaler ist. Ich will Neikos Bande mit Stumpf und Stiel ausrotten.Ö Memo wurde blaÄ, als er mein entschlossenes Gesicht sah. ÑDas willst du tun?Ö Ich nickte. ÑIch wÅÄte auch schon, wie. Nur muÄ ich noch wissen, ob der Tunnelabschnitt, in dem sich Neiko aufhÜlt, ebenfalls mit Energie versorgt wird. Kannst du mir das sagen?Ö Memo zÉgerte, gab aber nach, als ich ihm drohte. Er lieÄ einen Plan von der weiteren Umgebung der durch Neiko besetzten Station auf die Bildwand projizieren. Darauf waren klar und deutlich die energiefÅhren den Leitungen eingezeichnet. Zwar handelte es sich um den Stand vor dem 29. November 3440, also bevor die Verdummungswelle Åber Terra gekommen war, aber Memo behauptete, daÄ die Halle und Neikos Station von der gleichen Stelle mit Energie versorgt wÅrden. Er fÅgte hinzu: ÑUnd diese Energiestation, die zweifellos von Immunen bedient wird, liegt nur wenige hundert Meter von Neikos Lagerplatz entfernt.Ö ÑDas ist interessantÖ, sagte ich. ÑWenn es stimmt, daÄ Neikos Station in das Energienetz einbezogen ist, dann lÜÄt sich mein Plan durchfÅhren. Ich werde sie alle mit einem einzigen Handstreich zerquetschen.Ö ÑWas hast du vor?Ö Ich erklÜrte ihm mein Vorhaben.
ÑIch werde einige Leute mit unseren gesamten SprengstoffvorrÜten losschicken. Sie sollen die Sprengladungen Åber der Station anbringen, so daÄ sie durch die Explosion zum Einsturz gebracht wird. Neiko und seine Leute mÅssen daraufhin in den Tunnel flÅchten, um von den TrÅmmern nicht erschlagen zu werden. Sie werden glauben, daÄ ihnen zwei FluchtmÉglichkeiten zur VerfÅgung stehen. Aber das stimmt nicht. Wenn sie in die uns entgegengesetzte Richtung flÅchten wollen, erwartet sie eine peinliche áberraschung. Denn dort werde ich sÜmtliche Bogen schÅtzen und alle MÜnner mit Steinschleudern postieren. Neiko kann den Tunnel also nur in unserer Richtung benutzen. Und hier warte ich mit einem Rohrbahnzug. Wenn sich Neiko tief genug im Tunnel befindet und nicht mehr zurÅck kann, starte ich den Rohrbahnzug.Ö Als ich sah, daÄ Memo zu zittern begann und sich den SchweiÄ von der Stirn abtrocknete, wuÄte ich, daÄ mein Plan erfolgversprechend war. Ich begann mit den Vorbereitungen. Nachdem die Reihe von Detonationen verklungen war und die schwachen AuslÜufer der Druckwelle uns erreicht hatten, begann das groÄe Warten. Ich hatte den Rohrbahnzug bis auf eineinhalb Kilometer an Neikos Lagerplatz herangefahren. Wir hatten alle Lichter abgeschaltet. Vollkommene Dunkelheit umgab uns. Memo stand neben mir in der FÅhrerkabine. Ich merkte seine Anwesenheit nur durch seinen rasselnden Atem. Das Fenster zu meiner Linken war herabgelassen, und ich lauschte angestrengt. Meine Leute verhielten sich auftragsgemÜÄ ruhig. Von Feme erklang noch KampflÜrm, aber es waren auch GerÜusche dabei, die von ziemlich nahe kamen. Und dann gab es fÅr mich keinen Zweifel mehr - Neiko und seine Leute nÜherten sich meinem Standort. Sie waren ahnungslos in die Falle getappt! Meine HÜnde zitterten ein wenig vor Aufregung. Jetzt kam die Stunde der Abrechnung. Vor mehr als fÅnf Monaten war Neiko Garnish mit einigen MÜnnern in das Ezialistische Institut eingedrungen, wo sich Memo mit mir verbarrikadiert hatte. Ich glaubte
damals noch daran, daÄ ich durch die Gehirnoperation zu einem wertvollen Mitglied der menschlichen Gesellschaft werden konnte. Aber dann kam Neiko, nahm das Ezialistische Institut im Sturm, plÅnderte es und schlug uns zusammen. Damals brach etwas in mir. Ich schwor Rache. Nun war der ersehnte Augenblick gekommen. Ich hÉrte aus der Finsternis Rufe und das Trampeln von Schritten. Ich schÜtzte die Entfernung auf fÅnfzig Meter - und schaltete die Beleuchtung und den Antrieb gleichzeitig ein. Der starke Strahl des Scheinwerfers am Bug des Rohrbahnzuges erfaÄte ein Rudel zerlumpter Gestalten. Als hÜtte das Licht eine magische Kraft, blieben sie wie gelÜhmt stehen. Die KÉpfe geduckt, die Arme vor die geblendeten Augen haltend, so verharrten sie. Der Rohrbahnzug rollte an. Ich erhÉhte die Geschwindigkeit. In diesem Augenblick wurde die Menge geteilt. Ein groÄer, fetter Mann stieÄ die Verdummten zur Seite und trat hervor. Neiko Gamish! Er schaute blinzelnd in den Scheinwerfer. PlÉtzlich richtete er sich auf, brÅllte etwas und drehte sich um. Er muÄte erkannt haben, daÄ sich der Scheinwerfer ihm nÜherte, und bestimmt hatte er den richtigen SchluÄ gezogen. Er wollte seine Leute zur Seite drÜngen, um rascher flÅchten zu kÉnnen, aber sie bildeten eine dichte Mauer. Ich erhÉhte die Geschwindigkeit weiter. ÑDas kannst du nicht tun, Arlon!Ö schrie mir Memo zu, als die ersten von Neikos Bande nur noch fÅnfundzwanzig Meter entfernt waren. ÑUnd ob ich es tun kann, Professor!Ö Ich steigerte weiter die Geschwindigkeit. Vor mir, im Scheinwerferlicht, stoben die Verdummten auseinander. Sie wollten sich eng gegen die gewÉlbte Wand pressen. Aber das wÅrde ihnen nichts nÅtzen, denn der Zwischenraum zwischen der zylinderfÉrmigen HÅlle des Zuges und der Tunnelwand war nicht groÄ genug, auÄerdem herrschte dort ein starker Luftdruck und -sog. Die Neiko-Bande war verloren! Bremse!
Ich strÜubte mich gegen diesen Befehl und wollte die Geschwindigkeit weiter steigern - aber meine Finger, die den Regler bedienten, gehorchten mir nicht. Halt ein! Der Befehl verstÜrkte sich. Der Zwang, die Bremse zu betÜtigen, wurde so stark, daÄ ich mich ergeben muÄte. Ich unternahm noch einen letzten Versuch, mich gegen die innere Stimme aufzulehnen. Ich versuchte, nur an Neiko Garnishs Tod zu denken, ich rief mir die Dinge ins GedÜchtnis, die er Memo und mir angetan hatte. Aber das half nichts. Mein Wille konnte sich nicht durchsetzen. Die innere Stimme, die mich dirigierte, war stÜrker. Ich bremste die Wagengarnitur abrupt ab. Einen Meter vor dem regungslos dastehenden Neiko Garnish kam der Zug zum Stehen. Im Licht des Scheinwerfers wirkte sein Gesicht toten blaÄ. Aber trotz der Grelle waren seine Augen groÄ und unbewegt geradeaus gerichtet. Ihr dÇrft nicht gegeneinander arbeiten, sondern mÇÄt zusammenhalten, meldete sich meine innere Stimme. Vereint seid ihr stark genug, um den gemeinsamen Gegner zu schlagen. Ihr kÉnnt euch Kriege untereinander nicht leisten. Ich stieg aus dem Zug und ging zu Neiko. In mir suchte der angestaute HaÄ nach einem Ventil. Ich hatte das BedÅrfnis, mich auf Neiko zu stÅrzen. Aber ich tat es nicht. Ich ging zu ihm und schÅttelte ihm die Hand. Gegen meinen Willen sagte ich: ÑGanz in der NÜhe gibt es eine Energiestation, die von Immunen betrieben wird. Ich habe die PlÜne darÅber im Kopf, ich kenne die Station in allen Einzelheiten. Es wird ein leichtes sein, sie zu zerstÉren. Willst du dich daran beteiligen, Neiko?Ö Ich machte dieses Angebot ganz gegen meinen Willen. Neiko reagierte nicht gleich. Als er den Kopf ein wenig schief hielt, so als lausche er einer lautlosen Stimme, da wuÄte ich, daÄ er von dem gleichen unheimlichen Zwang befallen war wie ich. ÑNein, ich habe mit meinen Leuten etwas anderes vorÖ, sagte Neiko.
Wir trennten uns in Freundschaft. Aber in mir suchte der unstillbare HaÄ immer noch nach einem Ventil. Ich plÅnderte nicht, um zu leben, sondern aus Freude an der Gesetzlosigkeit. Ich zerstÉrte nicht, weil ich neu aufbauen wollte, sondern um der ZerstÉrung willen. Meine einzige Entschuldigung war, daÄ ich nicht aus eigener Initiative handelte, sondern unter einem unheimlichen Zwang. Ich war eine willen lose Marionette. Mir lag persÉnlich Åberhaupt nichts an der ZerstÉrung der Energiestation. Trotzdem wÅrde ich sie vernichten, dessen war ich sicher. Die Macht, die irgendwo hier in Terrania City saÄ und mich mit ihrem Bann belegte, verlangte es von mir. ZerstÉre! Und ich gehorchte. Auf mein Zeichen hin warfen die an den EntlÅftungsschÜchten postierten MÜnner die Bomben mit dem Nervengas in die SchÜchte der unterirdischen Anlage. Bevor die MÜnner in der Station noch den Schutzschirm einschalten konnten, muÄte das Nervengas gewirkt haben. Vast und ein anderer stiegen in die Station ein. Wir anderen warteten am Haupteingang. Wenige Minuten spÜter Éffnete Vast das Tor von innen. Er hatte schwere Brandwunden, die von Strahlwaffen herrÅhrten, seine Bewegungen waren schwach - eine Wirkung des Nervengases. Trotzdem war es ihm gelungen, uns den Eingang zu Éffnen. Ich sagte Vast noch einige belobigende Worte, bevor er starb, dann stÅrmten wir die Station. Wir stieÄen nur noch auf geringe Gegenwehr. Die Mannschaft der Energiestation litt unter dem Nervengas und hatte nicht mehr die Kraft, die Waffen gegen uns zu richten. Lediglich in der Funkstation befand sich ein Mann, an dem das Gas keine Wirkung zeigte. Er gab gerade einen Notruf an Galbraith Deighton ab. Er kam nicht weit damit. Nachdem die Station gesÜubert war und wir das Rohrbahnsystem nach oben verlassen hatten, bereitete ich alles fÅr eine Sprengung vor. Meine Leute hatten die Waffen an sich genommen, die ich spÜter an die intelligentesten verteilen wÅrde. Die Verwundeten
waren ebenfalls ins Freie geschafft worden. Ich verlieÄ als letzter die Station. Einige hundert Meter weiter an der OberflÜche traf ich auf Memo, der dort auf mich gewartet hatte. Er lehnte mit kreidebleichem Gesicht an der Wand und hatte gerade erbrochen. ÑSo schlimm war es gar nichtÖ, versuchte ich ihn zu beruhigen. ÑIch habe den Åberlebenden MÜnnern die Freiheit geschenkt. Richtet dich das nicht wieder auf, Professor?Ö Er winkte ab. ÑMir ist von etwas ganz anderem ÅbelÖ, sagte er mit zitternder Stimme. Er deutete die HÜuserfront empor. Ich folgte der ausgestreckten Hand mit den Blicken und sah eine bunt zusammengewÅrfelte Schar von geierÜhnlichen VÉgeln, die sich auf Simsen und in åffnungen von eingeschlagenen Fenstern niedergelassen hatten. ÑEs sind die Tiere, die aus dem Zoo ausgebrochen sindÖ, fuhr Memo fort. ÑEs scheint, als hÜtten sie eine Seuche verbreitet, deren typische Symptome Erbrechen und Juckreiz sind. Diese Symptome habe ich schon seit einigen Stunden an mehreren unserer Leute beobachtet.Ö Ich klopfte ihm beruhigend auf die Schulter. ÑEs wird schon nicht so arg sein. Kopf hoch, Professor, jetzt werden wir uns die KÉpfe von Danton und Deighton holenÖ, sagte ich und kratzte mir die Brust, da ich plÉtzlich einen heftigen Juckreiz verspÅrte. Der unheimliche Zwang trieb mich weiter: ZerstÉre!
29. Bericht Galbraith Deighton: Ñ... die AtmosphÜre ist mit Nervengas durchsetzt. Ich konnte mich als einziger in die Funkzentrale zurÅckziehen. Wenn dieser Notruf unterbrochen wird, dann wiÄt ihr, daÄ mich die Eindringlinge gefunden haben. Diese Verbrecher gehen methodisch vor. Wir haben es offenbar mit einer verdammt gut organisierten Bande zu tun, deren AnfÅhrer ein hervorragender Stratege...Ö
Ich stellte das Band mit der Aufzeichnung des Notrufes ab. Verdammt gut organisiert... hervorragender Stratege hallte es in meinem Kopf nach. Wenn es sich bei dem áberfall auf die Energiestation um einen Einzelfall gehandelt hÜtte, dann wÜren diese Worte fÅr mich nicht so bedeutungsschwer gewesen. Aber die áberfÜlle auf unsere Versorgungseinrichtungen und Stationen aller Art hÜuften sich in letzter Zeit in solchem MaÄe, daÄ die Situation bedenklich wurde. Und immer wurden die Angriffe mit solcher PrÜzision gefÅhrt, daÄ sie unmÉglich von Verdummten geplant worden sein konnten. Dahinter muÄte tatsÜchlich ein kluger Kopf stecken. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Mentalstabilisierten mit verbrecherischen Ambitionen, der die Notstandslage fÅr sich ausnutzte. Die AnfÅhrer der verschiedenen Banden waren durchweg verhÜltnismÜÄig intelligente MÜnner, die von der allgemeinen Verdummung nicht so betroffen waren wie der GroÄteil. Aber sie waren nur ausfÅhrendes Organ. Es muÄte im Hintergrund neuerdings eine Macht geben, die sie lenkte und die einzelnen áberfÜlle organisierte und koordinierte. Ich wollte gerade die Funkzentrale verlassen, als mich der Funker anrief, der am Hyperkom Dienst versah. Der Funker teilte mir mit, daÄ Perry Rhodan von Bord der GOOD HOPE II mit uns in Verbindung getreten war und einen Situationsbericht wÅnschte. Ich wechselte mit dem Funker den Platz am Hyperkom. Das Gesicht, das mir vom Bildschirm des Hyperkoms entgegensah, war ernst und verschlossen. Aber der Ausdruck lieÄ erahnen, welche Sorgen und NÉte Perry Rhodan plagten. Nach einer knappen BegrÅÄung sagte ich zur Einleitung: ÑAm Horizont der guten alten Erde beginnt sich wieder ein heller Streifen abzuzeichnen.Ö Perry Rhodan lÜchelte. ÑAls sogenannter GefÅhlsmechaniker kÉnnen Sie wohl die Emotionen der anderen erkennen, aber die eigenen vermÉgen Sie nur schlecht zu verbergen. Heraus mit der Sprache!Ö Ich seufzte. ÑAlso beginne ich mit den Schreckensnachrichten. Das Bandenunwesen in Terrania City nimmt immer dramatischere
Formen an. Zwar gibt es auch in den anderen StÜdten weiterhin PlÅnderer und Terroristen, doch in Terrania City organisieren sich die Banden. Ich denke, daÄ ein unbekannter Drahtzieher dahintersteckt.Ö ÑWie groÄ ist der Schaden, den diese organisierten Banden anrichten?Ö erkundigte sich Perry Rhodan. Ich erklÜrte wahrheitsgetreu: ÑUnÅberschaubar. Erst vor vier Tagen drangen sie in den Zoo ein und zerstÉrten die Schaltzentralen. Die Tiere konnten ausbrechen, als die Energieversorgung fÅr Barrieren und die energetischen SchlÉsser der SpezialkÜfige zusammenbrach. Nun streunen Tausende von ihnen durch die Stadt und machen sie unsicher. AuÄer dem haben sie eine Seuche hervorgerufen, die zwar nicht lebensgefÜhrlich ist, aber recht unangenehme Folgeerscheinungen mit sich bringt.Ö Ich machte eine kurze Verschnaufpause und fÅgte noch hinzu: ÑWas die organisierten Banden betrifft, werde ich schnellstens handeln. Ich habe einen USO-Spezialisten bei der Hand, der in der VerbrecherbekÜmpfung ausgezeichnete Erfahrungen hat. Von seiner TÜtigkeit im Untergrund erhoffe ich mir viel.Ö ÑIch wÅnsche Ihnen GlÅck. Ich hoffe, Sie sind in Imperium-Alpha vor den Banden sicher. Es ist wichtig, daÄ Sie die Bunkeranlagen halten kÉnnen, denn sie mÅssen uns im Kampf gegen die Hauptgefahr - den Schwarm - als Kontakt- und Kommunikationszentrum dienen. Bei Ihnen laufen alle FÜden zusammen, Deighton.Ö ÑIch bin mir der Bedeutung von Imperium-Alpha vollauf bewuÄtÖ, versicherte ich. ÑDeshalb tun wir alles menschenmÉgliche, um unsere Stellung zu halten. DarÅber hinaus organisieren wir Åberall auf der Erde Stabilisierungskerne, um eine Normalisierung des Lebens schnellstens zu erreichen. Einige meiner Leute machen stÜndig Inspektionsreisen zu den Kolonien, die wir Åberall auf Terra errichtet haben. Leider gibt es noch zuwenig solcher Zellen der Neuordnung, weil es uns an entsprechenden Leuten mangelt, die sie leiten kÉnnen. Wir haben einfach nicht genÅgend Immune zur VerfÅgung. In der Agrarwirtschaft setzen wir bereits etliche angelernte KrÜfte ein, die aus den Reihen der Åberdurchschnittlich intelligent gebliebenen Verdummten stammen. Mit ihnen haben wir ganz gute Erfahrungen gemacht. Und trotz all der Schwierigkeiten kann ich
sagen, daÄ diese Stabilisierungskerne ein auÄerordentlich vielversprechender Beginn sind.Ö ÑBekommen Sie vom Homo superior UnterstÅtzung?Ö erkundigte sich Perry Rhodan. Ich nickte zurÅckhaltend. ÑEtliche Mitglieder der Gattung Homo superior lassen uns tatkrÜftige UnterstÅtzung zukommen. Allerdings wÅrde ich mir wÅnschen, daÄ uns der Homo superior noch mehr Hilfe gewÜhrt. Vielleicht ergeben sich durch neuerliche Verhandlungen mit den fÅnfzig Ersten Sprechern neue Aspekte.Ö ÑWenn ich recht informiert bin, hat sich die Wetterlage auf der Erde wieder normalisiertÖ, meinte Rhodan. ÑDas Wetter ist wieder in OrdnungÖ, bestÜtigte ich. ÑDie AufrÜumungsarbeiten sind in vollem Gange. Die von uns eingesetzten positronischen Roboter haben bereits einen GroÄteil der durch die Unwetter entstandenen SchÜden wieder behoben. Die heimatlos gewordenen Menschen befinden sich in NotunterkÅnften. Ich bin mit den bisher erzielten Ergebnissen zufrieden.Ö ÑSehen Sie zu, daÄ sich die Bandengefahr nicht ausweitetÖ, riet mir Rhodan. Dann wechselte er das Thema. ÑIch befinde mich weiterhin mit der GOOD HOPE II im Raum und beobachte den Schwarm. Leider haben wir bisher noch nichts Definitives Åber ihn herausgefunden. Aber vielleicht lohnt sich unser Warten. Wenn es meine Zeit erlaubt, werde ich irgendwann in nÜchster Zukunft der Erde einen Besuch abstatten.Ö ÑDas wÜre fÅr unsere Leute eine ungeheure moralische UnterstÅtzung, die sie auch bitter nÉtig hÜttenÖ, sagte ich. ÑInzwischen werde ich Sie Åber die Lage auf Terra auf dem laufenden halten.Ö Wir beendeten das Hyperkom-GesprÜch. Ich rief Åber Interkom nach Serkano Staehmer und bestellte ihn in mein BÅro. Serkano Staehmer war galaktischer Dolmetscher, der fÅr die USO gearbeitet hatte. Als Mentalstabilisierter war er von der Verdummungswelle nicht betroffen. Er war von dÅrrer Gestalt, besaÄ jedoch BÜrenkrÜfte. Ebensowenig, wie man in ihm KÉrperkraft und ZÜhigkeit vermutete, sah man ihm seine Intelligenz an. Kaum jemand wÅrde Serkano Staehmer
ohne Beweis glauben, daÄ er zwanzig verschiedene Sprachen und dreiundvierzig Dialekte beherrschte. ÑSetzen Sie sich, StaehmerÖ, bat ich ihn, als er in mein BÅro kam. Nachdem er Platz genommen hatte, lieÄ ich mich in meinen Sitz hinter dem Arbeitspult nieder. Ich hatte meinem Adjutanten gesagt, daÄ er nur dringende Angelegenheiten zu mir durchstellen sollte, um mich nicht unnÉtig zu stÉren. Staehmer war ein Mann, der nicht viele Worte machte. Er hatte frÅher Éfter auf Lepso zu tun gehabt und beherrschte zusÜtzlich zu seinen Sprachkenntnissen auch noch die Angewohnheiten und den Slang der Unterwelt. Er war der richtige Mann fÅr diesen Auftrag. Ich erklÜrte ihm die Lage in Terrania City und hÜndigte ihm alle Unter lagen aus, die wir Åber die Banden gesammelt hatten. Staehmer blÜtterte sie durch, wÜhrend ich weitersprach: ÑHÜtten wir genÅgend Leute oder positronische Roboter zur VerfÅgung, dann kÉnnten wir Terrania City systematisch durchkÜmmen und die Banden in ihren Unterschlupfen ausheben. Ich persÉnlich verspreche mir in dieser Situation von groÄangelegten Razzien immer noch den grÉÄten Erfolg. Doch Sie wissen so gut wie ich, daÄ uns nicht die entsprechende Anzahl von MÜnnern fÅr dieses Unternehmen zur VerfÅgung steht. Der Not gehorchend, mÅssen wir also versuchen, mit geringen Mitteln den grÉÄtmÉglichen Erfolg zu erzielen.Ö Ich machte eine Pause. Staehmer sah von seinen Unterlagen auf und blickte mich an. Ich fuhr fort: ÑSie kÉnnen sich denken, warum ich Sie kommen lieÄ, nicht wahr? Ich mÉchte, daÄ Sie die BekÜmpfung des Bandenunwesens Åbernehmen. Gehen Sie hart vor, aber vergessen Sie dabei nicht, daÄ der GroÄteil der Verbrecher Verdummte sind, MitlÜufer, die nur plÅndern, um sich am Leben zu erhalten. Uns geht es hauptsÜchlich darum, die BandenfÅhrer ausfindig und unschÜdlich zu machen. Wenn wir die KÉpfe der Banden ausschalten, dann haben wir schon gewonnen. Ich lasse Ihnen in der Wahl Ihrer Mittel und Methoden vÉllig freie Hand, nur muÄ Ihre Arbeit darauf hinauslaufen, daÄ Sie den groÄen Unbekannten finden, der die Banden lenkt.Ö Nach dieser langen Rede machte ich eine Pause, holte Atem und fÅgte abschlieÄend hinzu: ÑIch verlange viel von Ihnen, Staehmer,
aber ich kann Ihnen nur geringe UnterstÅtzung anbieten. Waffen kÉnnen Sie haben, soviel Sie wollen - nur die nÉtigen Leute kann ich nicht abstellen. Es ist mir leider nicht mÉglich, Ihnen mehr als fÅnf MÜnner zuzuteilen. Hinzu kÜmen noch zwanzig Roboter Ihrer Wahl. Was sagen Sie dazu, Staehmer?Ö Noch bevor er eine Antwort gab, empfing ich seine ablehnenden GefÅhle. ÑTut mir leidÖ, begann er, Ñaber das ...Ö Ich unterbrach ihn. ÑSprechen Sie nicht weiter. Ich weiÄ, daÄ es eine Zumutung ist, ein halbes Dutzend Menschen gegen terrorisierende Horden loszuschicken. Deshalb will ich Ihnen die doppelte Anzahl von MÜnnern und Robotern Åberlassen. Mehr kann ich leider nicht tun. Bevor Sie sich entscheiden, mÉchte ich Ihnen nur noch vor Augen halten, was fÅr uns alle davon abhÜngt, den Unbekannten auszuschalten, der die Banden dirigiert.Ö Ich legte eine Pause ein und wartete neugierig auf seine Stellungnahme. Diesmal beging ich nicht den Fehler, seine Emotionen zu filtern. Ich wollte mich Åberraschen lassen. Staehmer lieÄ sich nicht lange mit der Antwort Zeit. ÑTut mir leid, aber ich kann Ihre Bedingungen nicht annehmenÖ, sagte er. Ich verbarg meine EnttÜuschung nicht, konnte ihm aber andererseits keinen Vorwurf machen. ÑIch verstehe Ihre LageÖ, erklÜrte ich, um nicht erst Gewissensbisse in Staehmer aufkommen zu lassen. Ich konnte ihn nicht zu etwas Åberreden, gegen das er sich innerlich strÜubte. ÑDas bezweifle ich ebenÖ, meinte Staehmer lÜchelnd. ÑSie lieÄen mich leider nicht ausreden, denn sonst wÜre es erst gar nicht zu diesem MiÄverstÜndnis gekommen. Ich bin nÜmlich nicht der Meinung, daÄ Sie mir zuwenig Leute zur VerfÅgung stellen, sondern daÄ es zu viele sind. Ich wÅrde diesen Auftrag gerne im Alleingang erledigen.Ö FÅr einen Moment war ich sprachlos. Staehmer nickte. ÑEs ist eine bewÜhrte Methode der USO, einzelne Agenten in den feindlichen Reihen einzuschleusen und den Gegner in seiner inneren Struktur zu schwÜchen. Und warum sollte diese Methode nicht auch in diesem Fall wirksam sein?Ö
Wir waren uns einig. Nur noch in einem Punkt hatten wir eine unter schiedliche Meinung. Ich wollte Serkano Staehmer eine umfangreiche technische AusrÅstung mit auf den Weg geben, doch er lehnte ab. Er bestand darauf, nur einen Paralysator und ein kleines FunksprechgerÜt mitzunehmen, das er bequem in der Tasche verstauen konnte. ÑWenn ich zuviel mit mir herumschleppe, dann werde ich womÉglich noch zu einem begehrten BeuteobjektÖ, begrÅndete er seine Ablehnung. Bericht Serkano Staehmer: Der Mann lag mit verrenkten GliedmaÄen da. Auf den Simsen der umliegenden HochhÜuser warteten die Geier. Ich konnte nichts fÅr ihn tun. Er war nur einer von vielen Toten in den StraÄen. Der Abend dÜmmerte bereits, und ich muÄte mir ein Versteck fÅr die Nacht suchen. Da die Stromversorgung fast Åberall in Terrania City aus gefallen war, lag die Stadt im Dunkeln. Das war die Zeit der NachtrÜuber, die aus dem Zoo ausgebrochen waren. Und es war die Zeit der Wegelagerer. Die StraÄe lag wie ausgestorben vor mir. PlÉtzlich bemerkte ich zu meiner Linken in einem Hausportal einen Schatten. Ich zog den Paralysator aus dem GÅrtel und schoÄ, bevor ich mein Ziel noch richtig erkennen konnte. Ich traf. Ein schriller Schrei ertÉnte, und aus dem Hausportal kam ein kleines MÜdchen gerannt und warf sich schluchzend auf das schwarze Etwas, das ich niedergestreckt hatte. Ich steckte den Paralysator weg und ging zu dem MÜdchen. Als ich dicht davorstand, sah ich das trÜnennasse Gesicht. ÑSie haben Peter getÉtetÖ, sagte das MÜdchen mit erstickter Stimme. Seine groÄen Augen waren eine einzige Anklage. ÑPeterÖ war ein schwarzer Kater. Ich bÅckte mich und strich Åber das glatte Fell des hingestreckten Tieres. ÑEr ist nicht totÖ, sagte ich zu dem MÜdchen. ÑEr schlÜft nur und wird bald wieder erwachen.Ö ÑIst das wahr? Stimmt das wirklich?Ö In ihren Augen glomm ein Hoffnungsschimmer.
ÑDu kannst mir ruhig glauben.Ö ÑIch will es tunÖ, sagte sie und strich dem Kater Åber das Fell. Dabei berÅhrten sich unsere Finger. PlÉtzlich ergriff sie meine Hand und drÅckte sie fest. ÑIch will dir glauben, denn du hast ein ehrliches Gesicht. Nicht ein so brutales wie die anderen MÜnner, die immer meine Katzen tÉten.Ö Ich wurde hellhÉrig. ÑHast du viele Katzen?Ö fragte ich. Sie schÅttelte den Kopf. ÑNein, immer nur eine. Wenn sie getÉtet wird, bekomme ich eine andere.Ö WÜhrend ich noch vor dem MÜdchen kniete, suchte ich die gegenÅber liegende HÜuserfront ab. Nirgends war eine Bewegung zu entdecken. ÑWir sollten deinen Peter von hier fortbringenÖ, sagte ich und hob den Kater auf. ÑWo wohnst du?Ö Sie deutete auf das Hausportal, aus dem sie gekommen war. ÑBist du allein?Ö Sie schÅttelte den Kopf. ÑIch bin mit meiner kranken Mutter zusammen.Ö Sie zÉgerte, dann fuhr sie fort: ÑUns geht es gut. Wir haben viele Lebensmittel, ausreichend Wasser und auch elektrischen Strom. Kommst du mit?Ö Ich begleitete sie in das bezeichnete Haus, den paralysierten Kater im Arm. Als wir durch das Portal in die dunkle Halle traten, stÅrzten sich zwei Gestalten auf mich. Damit hatte ich gerechnet. WÜhrend ich dem ersten Angreifer den regungslosen Kater entgegen warf, holte ich den Paralysator hervor und schoÄ den anderen ins Bein. Er schrie vor áberraschung auf und ging in die Knie. Der erste Angreifer hatte sich inzwischen des Katers entledigt. Als er sich mit einem Wutschrei auf mich stÅrzen wollte, rannte er genau in den Strahl meines Paralysators. Er wurde voll ins Gesicht getroffen und brach gelÜhmt zusammen. Das MÜdchen hatte den Kampf nicht beobachtet, sondern war zu seinem Kater geeilt. Ich ging zu dem Mann, dessen Beine ich gelÜhmt hatte. Er lag bÜuchlings auf dem Boden. In der einen Hand ein Messer, schleppte er sich auf mich zu, die gefÅhllosen Beine hinter sich nachziehend.
Als ich ihn erreichte, holte er mit dem Messer zum StoÄ aus. Ich trat es ihm aus der Hand. Er fluchte und ruderte mit den Armen wild um sich. Er beruhigte sich erst, als ich ihm den Paralysator vors Gesicht hielt. ÑIhr wolltet mich eben umbringenÖ, sagte ich nÅchtern. ÑWarum?Ö Er deutete auf die Waffe. ÑIhr wolltet also meine WaffeÖ, stellte ich fest. ÑHabt ihr den Trick mit der Katze schon oft angewandt?Ö Der Mann nickte. ÑHaben Sie die Sprache verloren?Ö erkundigte ich mich drohend und hob die Waffe. Der Mann gab einen unartikulierten Laut von sich, Éffnete weit den Mund und deutete mit dem Zeigefinger hinein. Ich wandte mich ab - wo seine Zunge sein sollte, befand sich nur ein narbiger Stummel. ÑSchon gutÖ, sagte ich und blickte ihn erst wieder an, nachdem er den Mund geschlossen hatte. Ich fragte: ÑGehÉrt ihr einer Bande an?Ö Er schÅttelte verneinend den Kopf. Ich hÜtte es mir denken kÉnnen. Eine vielkÉpfige Bande wÜre nicht darauf angewiesen gewesen, mit List und TÅcke Opfer anzulocken. Objektiv betrachtet war der Trick mit der Katze und dem MÜdchen ganz gut - wenn auch abstoÄend. Man lieÄ die Katze in Sichtweite eines auserkorenen Opfers los. Das Opfer ging in der ersten Schrecksekunde sofort in Verteidigungsstellung, und dadurch lernte man seine Bewaffnung kennen. Dann trat das MÜdchen auf den Plan. Es berichtete von seiner kranken Mutter und den LebensmittelvorrÜten und gab so dem Opfer die Illusion von einer leichten Beute. Es war kaum anzunehmen, daÄ ein Verdummter den Trick durchschaute. Bestimmt folgte er dem MÜdchen in den Hausflur. So wie ich. Nur war ich kein Verdummter. Aber der Mann, der die Falle ersonnen hatte, muÄte auch Åber eine gewisse Intelligenz verfÅgen. An sie appellierte ich, als ich sagte: ÑDu bleibst hier im Hausflur und bewachst den Eingang. Ich werde in diesem Haus die Nacht
verbringen. Versuch nicht, dich heimlich davonzumachen, denn dann wird es das MÜdchen bÅÄen. Ich behalte es als Geisel.Ö Zuerst konnte ich den flehenden Blick des Stummen nicht deuten. Erst als ich mich mit dem MÜdchen in einen BÅroraum zurÅckgezogen hatte, bekam ich Klarheit. Ich fragte sie, in welchem VerhÜltnis sie zu dem Mann stand, und sie antwortete: ÑEr ist mein Vater.Ö Das MÜdchen schlief auf drei StÅhlen, die ich zusammengestellt hatte. Sie umschlang im Schlaf den Kater, von dem die Paralyse abgefallen war und der sich eng an sie kuschelte. Ich hatte in einem BÅroraum einen FunkempfÜnger gefunden und ihn auf die Frequenz des Hauptquartiers eingestellt. Dann setzte ich mich ans Fenster, schaute in die dunkle StraÄe hinaus und lauschte auf den Funk verkehr. Terrania City war eine Geisterstadt. Nur hinter manchen Fenstern brannte Licht. Es stammte hauptsÜchlich von Kerzen, in einigen FÜllen aber auch von elektrischer Beleuchtung. Da das Stromnetz zusammengebrochen war, muÄte der Strom von Aggregaten oder Batterien stammen, die einige wenige GlÅckliche irgendwo organisiert hatten. Die monotone Stimme aus dem FunkempfÜnger machte mich mÅde. Die stets gleichlautenden Schreckensnachrichten deprimierten mich. Von einem Bergwerksplaneten funkten zwei normalgebliebene Ingenieure, die sich gegen eine Horde vollkommen durchgedrehter biopositronischer Roboter zu verteidigen hatten, unermÅdlich ihre Notrufe. Ein Passagierschiff, das seit Anbeginn der Verdummungswelle im Gebiet der Blues vollkommen hilflos durch das All trieb, bat um Hilfe fÅr tausend verdummte Menschen. Der Funkruf wurde von einer Frau abgegeben, die sich nach wochenlangem Versteckspiel mit den Verdummten endlich in die Kommandozentrale retten konnte. Von einem Kolonialplaneten kam die Meldung, daÄ ein fÅhrungsloses Schlachtschiff der Solaren Flotte Åber dem einzigen Raumhafen abgestÅrzt sei.
Es kamen nur selten Meldungen, die dazu angetan waren, Hoffnungen zu wecken. Eine solche traf von Olymp ein. Sie stammte von Roi Dan ton, der sich noch zu Anson Argyris' UnterstÅtzung auf dem Handelsplaneten befand, und lautete sinngemÜÄ: Die Ernte dÇrfte in BÅlde gesichert sein. Ich muÄte irgendwann am Fenster eingeschlafen sein. Als ich die Augen aufschlug, war es heller Morgen. Aus dem Lautsprecher des FunkempfÜngers kamen immer noch Hiobsbotschaften. Das MÜdchen schlief so, wie ich es am Abend zuvor hingebettet hatte. Die Katze saÄ auf dem Boden und leckte sich die Pfoten. Ich zÅckte den Paralysator und stieg Åber die Treppe hinunter in den Hausflur. Der Stumme stand hinter einem Pfeiler, eine schwere Eisenstange in der Hand. Von dem anderen fehlte jede Spur. Der Stumme sah mir erwartungsvoll entgegen, unverstÜndliche Laute ausstoÄend, die aber unschwer als Fragen zu verstehen waren. Offensichtlich sorgte er sich um seine Tochter. Ich hielt ihn mit dem Paralysator in Schach und ging ohne ein Wort an ihm vorbei ins Freie. Ich lieÄ ihn absichtlich Åber das Schicksal seiner Tochter im ungewissen. Vielleicht wurde ihm dadurch bewuÄt, wie leichtfertig er bisher ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatte. Mehr konnte ich nicht tun. Ich war kein Missionar, sondern hatte einen anderen Auftrag auszufÅhren. Irgendwo in diesem Betondschungel saÄ eine Macht, die ich zu zerschlagen hatte. Und ich war ihr noch keinen Schritt nÜher gekommen. Da ich noch nicht einmal auf eine der Banden gestoÄen war, entschloÄ ich mich, dem Schicksal etwas nachzuhelfen.
30. Eben lag die verwÅstete StraÄe noch wie ausgestorben da. Die Verdummten fÅrchteten die aus dem Zoo ausgebrochenen Bestien und miÄtrauten einander, deshalb verhielten sie sich zurÅckhaltend und wagten sich nur selten ins Freie.
Doch kaum war der Versorgungsgleiter gelandet, da kamen sie aus ihren Verstecken. Zuerst vereinzelt, dann in groÄer Zahl. Es war immer das gleiche Bild. Kaum landete irgendwo ein Gleiter mit Wasser oder Proviant, stellten sich auch schon die Verdummten in Scharen ein. Es gab unter ihnen ein ungeschriebenes Gesetz, wonach in solchen Situationen die Feindschaft begraben wurde. Ich wartete eine Weile, bis sich eine ansehnliche Menschenmenge gebildet hatte. Dann nÜherte ich mich dem Gleiter in gemÜchlichem Schritt. Galbraith Deighton hatte schnelle Arbeit geleistet. Ich hatte ihn erst vor einer halben Stunde gebeten, einen Wassergleiter in dieses Gebiet zu entsenden. Davon versprach ich mir einiges. Da auch die organisierten Banden unter der Wasserknappheit litten, hoffte ich, hier auf Mitglieder von ihnen zu treffen. Ich hatte in einem geplÅnderten Warenhaus eine einzelne Tasse gefunden und an mich genommen. Jetzt stellte ich mich in der langen Schlange von Verdummten an. Sie waren mit Eimern, KrÅgen und Flaschen ausgerÅstet - und einige fingen das kostbare NaÄ mit hohlen HÜnden auf. Als die Reihe an mich kam, nickte mir der Mann am Wasserhahn kaum merklich zu. Wir kannten uns aus den Tiefbunkeranlagen. Ich stellte mich mit meiner Tasse etwas abseits auf und schlÅrfte das Wasser bedÜchtig. Kaum hatte ich zwei oder drei Schlucke gemacht, als sich zwei MÜnner zu mir gesellten, die einen Åberdurchschnittlich intelligenten Eindruck machten. Ich erkannte sofort, daÄ es sich um AngehÉàrige des Homo superior handelte, und zwar solche von der sektiererischen Sorte. ÑSchlechte Zeiten, BruderÖ, sagte der eine. ÑJa, schlechte ZeitenÖ, bestÜtigte ich einsilbig. Ich durfte nicht zu auf fÜllig zeigen, daÄ ich von der allgemeinen Verdummung nicht betroffen war. Deshalb schien es mir auch ratsamer, nicht viele Worte zu machen. ÑDas ist der Fluch der TechnikÖ, sagte der andere Superior. ÑEs ist die Quittung des Schicksals fÅr die Machtbestrebungen der Menschheit. Jetzt mÅssen wir alle dafÅr bezahlen, daÄ Perry Rhodan die Grenzen Åberschreitet, die dem Menschen von der Natur aufer-
legt wurden. Weil ein einzelner Mann die natÅrlichen Schranken nicht anerkennt, trifft uns alle die Strafe.Ö Ich nickte. ÑWir wurden bestraft.Ö ÑAber es ist noch nicht zu spÜtÖ, sagte wieder der erste von ihnen. Das war zugleich das Stichwort fÅr den zweiten, fortzufahren: ÑDu bist krÜftig und scheinst ein intelligenter Bursche zu sein, Bruder. Verlasse diese StÜtte der vermodernden Zivilisation. Komm mit uns in die freie Natur. Wir werden dich lehren, die natÅrlichen Gaben dieser Welt zu finden. Und du wirst die GlÅckseligkeit kennenlernen.Ö ÑGlÅckÖ, sagte ich vertrÜumt und wirkte tatsÜchlich wie abwesend. Denn in diesem Augenblick waren vier Verdummte eingetroffen, die auf ihre RÅcken groÄe Tornister geschnallt hatten. Es waren vierzig Liter fassende BehÜlter von der gleichen Art. Das lieÄ die Vermutung in mir aufkommen, daÄ die vier zusammengehÉrten und von ihrem Bandenchef ausgesandt worden waren, um Wasser heranzuschaffen. Ich beobachtete sie, wÜhrend ich mir das Gerede der beiden Superiors anhÉrte. PlÉtzlich riÄ mir der eine meine Bluse auf. Dadurch kam der GÅrtel zum Vorschein, in dem mein Paralysator steckte. ÑWirf die Waffe weg, Bruder!Ö rief mir der eine Superior mit lauter Stimme zu. Die Verdummten um uns wurden aufmerksam. ÑBeweise uns, daÄ du an den Frieden glaubst!Ö rief der andere. ÑEntledige dich deiner Waffe.Ö ÑFÜllt mir nicht einÖ, widersprach ich grinsend und zog den Paralysator. Die beiden Superiors lieÄen sich nicht einschÅchtern. ÑEr ist ein Soldat!Ö schrien sie plÉtzlich den Verdummten zu. ÑNehmt ihm die Waffe weg, bevor er damit Leben vernichten kann. Befreit ihn von seiner tÉdlichen Last und bekehrt ihn zum Frieden!Ö Ich entsicherte den Paralysator und zielte auf die beiden MÜnner. Es lag mir nichts daran, sie zu lÜhmen. Aber wenn sie weiter gegen mich hetzten, konnte ich leicht in Teufels KÅche geraten. Deshalb
war ich fest entschlossen abzudrÅcken, falls sie sich mir weiterhin nÜherten. ÑBruder, bekenne dich zur Befriedung der Welt. Bekenne dich zur Befreiung von allem technischen Ballast!Ö Ich drÅckte ab. Einmal, zweimal - und paralysierte ihre Beine. Die vier Verdummten, mit den Vierzig-Liter-BehÜltern auf ihren RÅcken, hatten gerade vollgetankt und beobachteten uns nun interessiert. Ich merkte, daÄ sie sich kurz besprachen, dann rief mir einer von ihnen zu: ÑKomm zu uns, da bist du vor den Idioten sicher!Ö Die Verdummten ringsum zeigten noch keine Feindseligkeit. Sie standen nur abwartend da. Aber da die beiden Superiors, die bewegungsunfÜhig auf dem Boden lagen, immer noch lautstark gegen mich wetterten, war es nur eine Frage der Zeit, bis die Verdummten ihrem DrÜngen nach gaben und sich auf mich stÅrzten. Die beiden MÜnner, die den Gleiter vom StÅtzpunkt hergeflogen hatten, standen bereit, um mir notfalls bei zuspringen. Ich hoffte, daÄ ihr Eingreifen nicht nÉtig sein wÅrde. ÑKomm zu unsÖ, drÜngte der Sprecher der vier Bandenmitglieder wie der. ÑIch mÉchte euch keine Scherereien machenÖ, erklÜrte ich und zog mich langsam zurÅck. Die vier lachten. ÑMit diesen HohlkÉpfen nehmen wir es immer noch auf.Ö Die vier brachten plÉtzlich Eisenstangen zum Vorschein, die sie unter ihren UmhÜngen versteckt hatten, und gingen damit drohend auf die Verdummten los. Ein Tumult brach aus. Die Verdummten schrien auf und stoben wie eine Herde verschreckter Schafe in allen Richtungen davon. ÑJetzt nichts wie weg von hierÖ, sagte der WortfÅhrer der Banditen. Ich konnte mit der bisherigen Entwicklung zufrieden sein. Immerhin hatte ich AnschluÄ an eine Bande gefunden. Aber lange wÜhrte mein Triumph nicht. Schon drei HÜuserblocks weiter kam es in einer QuerstraÄe zu einem Zwischenfall, der meinen Plan zunichte zu machen drohte.
Als das Sonnenlicht durch eine Wolkenbank brach, sah ich nicht weit vor uns ein silbrig schimmerndes Netz, das sich Åber die ganze Breite der StraÄe und bis hinauf zu einer HochstraÄe spannte. Ich rief noch eine Warnung, aber sie kam zu spÜt. Der Mann an der Spitze der Gruppe hatte sich bereits darin verfangen. Kaum eine Sekunde spÜter erschien in einer FensterÉffnung ein riesiger, behaarter KÉrper, der von zehn langen, dÅnnen Beinen getragen wurde. Die drei anderen schrien auf und rannten davon. Ich stand nun vor der Wahl, ihnen zu folgen, um den AnschluÄ an die Bande nicht zu verlieren - oder den Kampf gegen die Riesenspinne aufzunehmen. Mein EntschluÄ stand fest, als ich in das angstverzerrte Gesicht des im Netz gefangenen Mannes blickte. Die Riesenspinne kam mit rasender Geschwindigkeit heran. Als ich meinen Paralysator in Anschlag brachte, war sie nur noch fÅnf Meter von ihrem Opfer entfernt. Ich schoÄ einen konzentrierten Strahl ab, verfehlte jedoch den Kopf des Ungeheuers und traf nur zwei der haarigen Beine. Die Riesenspinne stelzte weiter, die beiden gelÜhmten Beine nach sich ziehend. Ich schoÄ wieder und traf diesmal ihren Kopf an der Seite. Auch das schien der Spinne nicht viel auszumachen. Sie rannte weiter, die scharfen Mundwerkzeuge vollfÅhrten dabei hektische Bewegungen. Sie hatte inzwischen ihr Opfer erreicht. Sie drÅckte den Leib gegen den Mann, umschloÄ ihn mit den acht gesunden Beinen. Dabei Éffnete sie die Klauen des Oberkiefers weit, an deren Enden die GiftdrÅsen aus traten. In diesem Augenblick schoÄ ich wieder. Der Paralysestrahl traf das Ungeheuer voll. Trotzdem konnte ich nicht mehr verhindern, daÄ sich die Oberkieferklauen in einer Art letztem Reflex in die Oberschenkel des Opfers bohrten. Ich ergriff die auf dem Boden liegende Eisenstange und schlug so lange auf die Spinne ein, bis sie bewegungslos vom Netz baumelte. Dann befreite ich den Mann und schaffte ihn in das nÜchstliegende Haus.
Dort besah ich mir seine Wunden und bereute es, keine Medikamente mitgenommen zu haben. Aber ich gab trotzdem nicht auf. Ohne lange zu Åberlegen, holte ich mein FunksprechgerÜt hervor und setzte mich mit Galbraith Deighton in Verbindung. Ich hÉrte statt einer BegrÅÄung: ÑSie halten mich ganz schÉn in Trab, Staehmer. Was ist los?Ö Ich schilderte ihm den Zwischenfall und fÅgte hinzu: ÑIch muÄ versuchen, diesen Mann zu retten, denn er ist das einzige Verbindungsglied zu einer der organisierten Banden. Wenn er stirbt, kann ich von vom anfangen. KÉnnen Sie sofort einen Medo-Gleiter schicken?Ö ÑIst schon zu Ihnen unterwegs.Ö Ich stellte die Verbindung mit dem Medo-Gleiter her und dirigierte ihn zu meinem Versteck. Zehn Minuten nach dem Vorfall mit der Riesen spinne landete er. Ich schaffte den Bewusstlosen mit Hilfe eines SanitÜters aus dem Haus und in den im Medo-Gleiter untergebrachten Operationsraum. Dort erwarteten uns ein Arzt und eine Krankenschwester. Alles war bereits fÅr die Behandlung vorbereitet. ÑWird er durchkommen?Ö fragte ich den Arzt, der die inzwischen bis zu den HÅften blÜulich verfÜrbten Beine behandelte. ÑEr wirdÖ, bestÜtigte er. Bevor er ihn mir wieder ÅberlieÄ, sagte er: ÑIch gebe Ihnen Pillen, die Sie ihm verabreichen, wenn er zu sich kommt. Er sollte mindestens bis morgen frÅh absolute Ruhe haben.Ö Zusammen mit dem SanitÜter trug ich meinen Patienten zurÅck ins Haus. ÑGuten Morgen, Kirk.Ö Er betrachtete mich wie ein Gespenst. Dann schien die Erinnerung bei ihm langsam wieder einzusetzen. ÑWieso kennst du meinen Namen?Ö wollte er sofort wissen. ÑDu hast im Fieber gesprochenÖ, antwortete ich. ÑDu hast auch andere Namen genannt. Wer sind Dada und Memo?Ö ÑDada ist der BoÄ, Memo seine rechte Hand.Ö Kirk stÅtzte sich auf und blickte mich dankbar an. ÑDu hast mir das Leben gerettet...Ö ÑIch heiÄe Serkano Staehmer.Ö
ÑEin schwieriger Name. Ich werde dich Kano nennen. Bei uns tragen alle einfache Namen, damit man sie nicht durcheinanderbringt.Ö Kirk stand auf. Er war noch etwas schwach auf den Beinen, aber er hielt sich ganz gut. Als er den WasserbehÜlter entdeckte, atmete er erleichtert auf. ÑOhne ihn hÜtte ich mich nicht zurÅckgetraut.Ö PlÉtzlich blickte er mich mit einer Mischung aus Bewunderung und MiÄtrauen an. ÑWie hast du es gemacht, Kano?Ö ÑIch brauchte nur die Riesenspinne zu erledigen, damit warst du gerettetÖ, erklÜrte ich. Kirk schÅttelte leicht den Kopf. Er sah mich fest an, als er sagte: ÑIch weiÄ, daÄ du klÅger bist als ich, Kano. Aber auf den Arm nehmen lasse ich mich nicht. Ich weiÄ ganz genau, daÄ die Spinne mich gebissen hat.Ö Er zog seine Hosen herunter und deutete auf seine Schenkel, wo noch die Einstiche zu sehen waren. ÑDa, das ist der Beweis. Was hast du getan, um mich zu retten?Ö Ich lachte nur. ÑIch bin ein GlÅckspilz. Was ich auch angreife, immer habe ich damit GlÅck.Ö ÑTatsÜchlich?Ö fragte er miÄtrauisch. ÑUnd wie kommt das?Ö ÑIch trage einen TalismanÖ, erklÜrte ich, Éffnete mein Hemd und holte meinen Talisman hervor, den ich an einer Kette um den Hals trug. Es handelte sich um ein strahlendes Amulett der Galwainesen von Pirrat. Ich legte es nie ab. Nicht nur weil ich es als Andenken schÜtzte, sondern weil ich die Kraft seiner Strahlung fÅhlte. Das hatte mit Aberglauben und Magie nichts zu tun. Ich hatte Beweise dafÅr, daÄ die Strahlung des Amuletts eine anregende Wirkung auf mich ausÅbte. ÑJa, es muÄ ein GlÅcksbringer seinÖ, sagte Kirk beeindruckt, als er das Amulett in den HÜnden hielt. ÑIch habe gar nicht gewuÄt, daÄ es so etwas gibt. Dada sicherlich auch nicht. Wird der Augen machen, wenn ich ihm einen echten GlÅckspilz bringe! Er wird dich mit offenen Armen aufnehmen, Kano. Von nun an kann gar nichts mehr schiefgehen.Ö Ich hatte den WasserbehÜlter geschultert, weil Kirk noch zu schwach war. Wir brauchten zwar nicht lange zu marschieren, um
das Versteck der Dada-Bande zu erreichen. Trotzdem machte mir der Weg zu schaffen. Die Luft war von einem unglaublichen Gestank erfÅllt. Die Kanalisation funktionierte in Terrania City nicht mehr richtig, denn die Konverter und sonstigen Abfallvernichtungsanlagen waren ausgefallen. Der Unrat hÜufte sich Åberall. Zudem war es noch ziemlich heiÄ. Ich schwitzte und war froh, als wir das Versteck der Bande erreichten: ein KÅhlhaus des Zentralschlachthofes. Dort durfte ich mir jedoch keine AbkÅhlung erhoffen, denn die Gefrieranlagen waren schon lange ausgefallen. Aber ich war immerhin froh, daÄ wir unser Ziel erreicht hatten. Bevor wir das GebÜude noch betreten hatten, zog Åber uns ein Gleiter hinweg, der Desinfektionsmittel versprÅhte. Deighton erhoffte sich von solchen Aktionen, daÄ eventuell ausbrechende Seuchen eingedÜmmt werden konnten. Ich hatte das KÅhlhaus kaum betreten, als sich jemand von hinten auf mich warf und mir eine Schlinge um den Hals legte. ÑLaÄ ihn los, Vik, er mÉchte bei uns aufgenommen werdenÖ, sagte Kirk. Ich durfte passieren, kam aber nur durch die Eingangshalle bis zur nÜchsten TÅr. Dort bekam ich einen StoÄ, der mich zu Boden warf. Bevor ich noch wuÄte, wie mir geschah, stand ein bulliger Mann Åber mir und setzte mir einen Dreizack auf die Brust. ÑDas ist Kano, er mÉchte bei uns aufgenommen werdenÖ, erklÜrte Kirk wieder. Der Mann mit dem Dreizack meinte: ÑDer fÜllt sicher durch!Ö ÑDu muÄt noch einige PrÅfungen bestehen, bevor dich Dada auf nimmtÖ, sagte Kirk dazu. ÑAber bei deinem GlÅck bestehst du sie leicht.Ö Dein Vertrauen in mein GlÇck mÉchte ich haben, dachte ich. Von nun an wurden wir nicht mehr angehalten. Wir lieÄen einen langen Korridor hinter uns, in dem die kleineren KÅhlkammern lagen. Dann kamen wir in eine riesige Halle, in der sich FlieÄbÜnder befanden. In frÅheren Zeiten waren hier die tiefgekÅhlten Nahrungsmittel portioniert und verpackt worden - alles in FlieÄbandproduktion. Jetzt standen die FÉrderbÜnder still, die Zubereitungsund Verpackungsmaschinen ruhten. Aber es stank nach Verfaultem.
áberall standen oder saÄen Verdummte herum. Manche hatten sich auf den stillgelegten FÉrderbÜndern zur Ruhe gelegt. Sie trugen durchweg primitive Waffen wie Keulen, Brechstangen, Steinschleudern und Pfeil und Bogen. Ihre Kleidung war unterschiedlich. Manche trugen nur Lumàpen, andere wiederum modische AnzÅge, die sie aus irgendeinem Waren haus geplÅndert hatten. Es waren skurrile Gestalten, die einer Anstalt fÅr GeistesgestÉrte entsprungen zu sein schienen. Und genau betrachtet waren es auch Insassen einer Irrenanstalt - denn Terra war ein einziges Tollhaus. Die ganze Galaxis war ein Tollhaus! PlÉtzlich blieb Kirk stehen. Ich sah den Grund sofort. Aus einer TÅr in der gegenÅberliegenden Wand war ein groÄgewachsener Mann getreten. Er war breitschultrig und dunkelhaarig. Sein Gesicht wirkte markant und mÜnnlich. Nur die unruhigen Augen unter den dichten Augenbrauen verrieten, daÄ auch an ihm die Verdummung nicht vollkommen spurlos vorÅbergegangen war. Das muÄte der Banden-BoÄ Dada sein! Bei dem kleinen Mann an seiner Seite konnte es sich nur um Memo handeln. Er unterschied sich ebenfalls von den Verdummten, besaÄ aber auch jenen flackernden Blick, der zeigte, daÄ er einiges von seiner geistigen KapazitÜt eingebÅÄt haben muÄte. ÑIch bringe einen GlÅckspilz, DadaÖ, sagte Kirk eifrig. ÑEr heiÄt Kano und besitzt groÄes Format.Ö ÑDu lebst?Ö sagte Dada erstaunt. ÑIch dachte, eine Riesenspinne hÜtte dich geschnappt.Ö Kirk lachte. ÑDazu wÜre es auch gekommen, wenn mich Kano nicht gerettet hÜtte.Ö Dada schaute mich prÅfend an. ÑEin Held also. Wenn du Kirk vor einer Riesenspinne gerettet hast, besitzt du Mut. Und wie steht es mit deiner Intelligenz?Ö Jetzt hieÄ es vorsichtig sein. Ich durfte mich nicht ausgesprochen dumm stellen, denn das hÜtte Dada oder sein Begleiter sofort durch schaut. Andererseits durfte ich mich auch nicht zu sehr hervortun, denn das hÜtte er als eine Herausforderung angesehen. Er duldete es bestimmt nicht, daÄ jemand in seiner NÜhe intelligenzmÜÄig an ihn her anreichte.
Ich zeigte mein albernstes LÜcheln. ÑIch war nie eine groÄe Leuchte, aber ich habe keine geistige EinbuÄe erlitten, wenn du das meinst.Ö Dada nickte zustimmend. ÑMan sieht es dir an, daÄ du von der Verdummung nicht betroffen bist. Hast du eine Ahnung, woher das kommt?Ö Ich wich aus: ÑNein, nur eine Vermutung. WÜhrend meiner Ausbildungszeit als Dolmetscher bekam ich einen radioaktiv verseuchten Translator in die HÜnde. Ich erlitt geringfÅgige StrahlungsschÜden. Viel leicht lÜÄt sich darauf meine ImmunitÜt zurÅckfÅhren.Ö ÑDu warst Dolmetscher?Ö Ich schÅttelte den Kopf. ÑFÅr die Erlangung eines Diploms reichte es nicht.Ö ÑWas hast du dann getan?Ö ÑIch verdiente mir meinen Lebensunterhalt als ReisefÅhrer auf jungen Welten.Ö ÑWie heiÄt du?Ö ÑSerkano Staehmer.Ö ÑIch kÉnnte einen intelligenten Mann gebrauchenÖ, sagte Dada. Ich glaubte schon, gewonnen zu haben. Der Trick von der ImmunitÜt durch StrahlungsschÜden hatte auch plausibel geklungen. Ich fragte mich, wie Dada reagiert hÜtte, wenn er wÅÄte, daÄ ich mentalstabilisiert war. ÑWas meinst du, Professor, nehmen wir ihn?Ö fragte Dada den kleinen Mann an seiner Seite. ÑIch hÜtte nichts dagegen, endlich jemand um mich zu haben, mit dem man sich vernÅnftig unterhalten kannÖ, sagte Memo. Dada blickte mich an. ÑMeinen Segen hast du auch. Jetzt hÜngt alles von meinen Leuten ab.Ö ÑIch hÜtte nicht geglaubt, daÄ ich erst in eine Bande geraten muÄ, um zu sehen, was wahre Demokratie istÖ, sagte ich spÉttisch. Dada lieÄ sich von meiner Bemerkung nicht irritieren. Er sagte: ÑDu siehst doch ein, Kano, daÄ du dich erst qualifizieren muÄt. Ich mÉchte sehen, was du alles kannst. AuÄerdem wollen meine Leute ein wenig SpaÄ haben.Ö ÑUnd wie sehen diese PrÅfungen aus?Ö fragte ich. ÑDas bestimmen die MÜnner selbst.Ö
Ich blickte mich in den Reihen der Verdummten um und wuÄte, daÄ sie trotz ihrer kindlichen GemÅter keine Kindergartenspiele mit mir veranstalten wÅrden. Das war die erste PrÅfung. Ich wurde in eine KÅhlkammer gesperrt und muÄte zusehen, daÄ ich den SchlieÄmechanismus von innen Éffnen konnte. Diese leichte Aufgabe erstaunte mich, doch dann sah ich ein, daÄ sie von der Warte der Verdummten aus gar nicht leicht war. Sie waren in der Regel zwar in der Lage, herkÉmmliche SchlÉsser und VerschlÅsse mit Leichtigkeit aufzubekommen. Die Verriegelung an der AuÄenseite der KÅhlraumtÅren stellte fÅr sie ebenfalls keine Schwierigkeit dar. Aber von innen waren diese TÅren nur durch einen speziellen Sicherheitsmechanismus zu Éffnen. Ich wartete in der stickigen KÅhlkammer fÅnf Minuten, dann betÜtigte ich den mechanischen Sicherheitsmechanismus. Die Verdummten empfingen mich applaudierend. Die zweite PrÅfung war gefÜhrlicher. Ich muÄte einen Zweikampf auf Leben und Tod bestreiten. Mein Gegner war der Wachtposten, der mir am Eingang des KÅhlhauses die Stahl schlinge um den Hals gelegt hatte. Das waren die Kampfregeln: Wir wurden beide in einen ÅberfÅllten Abstellraum gesperrt. Zwei Minuten wurde das Licht eingeschaltet, damit wir uns einigermaÄen orientieren konnten. WÜhrend dieser Zeit durfte es nicht zu Kampfhandlungen kommen - wir muÄten warten, bis es dunkel wurde. Kirk raunte mir zu: ÑPaÄ auf, daÄ du kein unnÉtiges GerÜusch machst. Vik hat ein unglaubliches GehÉr.Ö Vik war mit nichts anderem als der Stahlschlinge bewaffnet. Ich durfte meinen Paralysator behalten. Wir wurden in den Abstellraum gesperrt. Vik verschwand sofort auÄer Sichtweite. Ich bezog hinter einer Doppelreihe ausrangierter Arbeitsroboter mit annÜhernd humanoider Gestalt Stellung. Dann holte ich mein FunksprechgerÜt hervor und setzte mich mit dem Hauptquartier in Verbindung.
ÑSchon wieder Sie!Ö stÉhnte Galbraith Deighton. ÑKÉnnen Sie mir wenigstens ein positives Ergebnis liefern?Ö ÑWenn ich die nÜchsten zehn Minuten Åberlebe, vielleicht schonÖ, entgegnete ich. ÑAber dazu benÉtige ich Ihre Hilfe.Ö ÑWas soll es diesmal sein?Ö ÑHaben Sie jemand zur Hand, der an Asthma leidet?Ö ÑNicht direkt. Aber ich kÉnnte einen Aufruf an alle Asthmaleidenden der Galaxis erlassen ...Ö ÑFÅr SpÜÄchen habe ich jetzt kein VerstÜndnisÖ, unterbrach ich ihn. In diesem Moment erlosch die Deckenbeleuchtung. ÑSie mÅssen schnell jemand auftreiben, der hÉrbar atmen kann. Wenn Sie einen solchen Mann nicht sofort herbeischaffen, dann bin ich verloren.Ö ÑOkay, ich stelle mich zur VerfÅgungÖ, erklÜrte Deighton ohne weitere Fragen. ÑWas soll ich tun?Ö ÑSie brauchen nur hÉrbar in Ihr Mikrophon zu atmenÖ, ordnete ich an. ÑAber Sie dÅrfen erst damit aufhÉren, wenn ich es Ihnen sage. Und auÄer dem Atmen darf kein anderes GerÜusch durchdringen. Beginnen Sie bitte jetzt!Ö ÑVerstanden.Ö Gleich darauf drangen regelmÜÄige AtemzÅge aus dem Lautsprecher des FunkgerÜtes. Ich regulierte die LautstÜrke und stellte das FunkgerÜt an einem der ausgedienten Roboter ab. Dann zog ich mich in sichere Entfernung zurÅck, darauf bedacht, kein GerÜusch zu verursachen. Ich legte mich auf die Lauer und wartete mit entsichertem Paralysator. Wenn ich angestrengt lauschte, dann vernahm ich die regelmÜÄigen AtemzÅge. Es war nicht zu erkennen, daÄ sie lediglich aus einem Lautsprecher kamen. Vik muÄte darauf hereinfallen, auch wenn er ein noch so auÄergewÉhnliches GehÉr besaÄ, wie Kirk behauptet hatte. PlÉtzlich war mir, als kÜme ganz aus meiner NÜhe ein kaum wahr nehmbares Scharren. Ich spannte mich an. Das GerÜusch wiederholte sich nicht. Ich glaubte schon, einer TÜuschung zum Opfer gefallen zu sein, als ein Triumphschrei ertÉnte. Ein âchzen und Krachen wurde laut, als sich ein schwerer KÉrper auf die Roboter warf. Ich schoÄ einen breiten FÜcherstrahl aus dem Paralysator ab und zog
den Finger erst vom Abzug, als das Triumphgeschrei in StÉhnen Åberging und schlieÄlich verstummte. Ich tastete mich vorsichtig zu Vik und suchte nach dem SprechfunkgerÜt. Als ich es gefunden hatte, sprach ich ins Mikrophon: ÑDanke, Sir, Sie haben mir eben das Leben gerettet.Ö ÑMan tut, was man kannÖ, kam etwas irritiert die Antwort von Galbraith Deighton. ÑJetzt mÉchte ich ein wenig SpaÄ mit dir haben, KanoÖ, sagte Dada, der BandenfÅhrer, und lieÄ ein 3-D-Schach aufstellen. Ich war kein guter Schachspieler und sah der Partie mit gemischten GefÅhlen entgegen. ÑDu beginnst, KanoÖ, sagte Dada und fÅgte hinzu: ÑDu muÄt mit dem ersten Zug den KÉnigsbauern aufziehen.Ö Jetzt begann ich zu ahnen, daÄ es Dada nicht auf ein ernst gefÅhrtes und faires Spiel ankam. Ich befolgte seine Anordnung und wartete ab, bis er seinerseits gezogen hatte. Er ging mit dem Pferd nach C 3 hoch 3. Dann blickte er mich gespannt an. In seinen Augen lag etwas, das mich vorsichtig machte. ÑZieh schon!Ö drÜngte Dada. PlÉtzlich war Memo, den Dada nur Professor nannte, hinter mir und flÅsterte: ÑNimm deinen Turm, schlage damit deinen eigenen Bauern, der dir im Weg steht, und gehe auf H 5 hoch 6.Ö Ich zÉgerte, aber als ich sah, wie Dadas Augen gefÜhrlich zu funkeln begannen, da befolgte ich Memos Ratschlag. Ich konnte nur hoffen, daÄ ich durch diesen Zug nicht mein Todesurteil besiegelte. Dada schaute irritiert in den Kubus. Er schwitzte. Der SchweiÄ rann ihm in StrÉmen von der Stirn. Seine Lippen bewegten sich wie in einem stummen SelbstgesprÜch. Dann schien er zu lauschen und nickte anschlieÄend. ÑJa, ich werde sie schachmatt setzenÖ, flÅsterte er und fuhr nach einer Weile fort: ÑIch werde Danton-Deighton vom Brett fegen!Ö Er sprang auf, schlug mit den HÜnden in den Kubus, der von Fesselfeldern zusammengehalten wurde, und trat mit den FÅÄen nach den Figuren. Als nur noch seine Figuren im Kubus waren, beruhigte er sich und sagte mit ausdrucksloser Stimme: ÑIch habe gewonnen.Ö
Damit wandte er sich ab. Ich blickte Memo an. Der kleine Mann kicherte. ÑKeine Sorge, Arlon ist nicht Åbergeschnappt. Aber Schach ist fÅr ihn kein Spiel, sondern ein Kampf. Und er kÜmpft in jeder Disziplin prinzipiell nur gegen Danton und Deighton.Ö ÑMir ist aufgefallen, daÄ er sich in einer Art Rausch befandÖ, sagte ich. Darauf reagierte Memo nicht. Er ergriff mich schweigend am Arm und zog mich mit sich in eine Ecke, wo wir ungestÉrt waren. ÑIch finde, du paÄt Åberhaupt nicht zu uns, KanoÖ, erÉffnete Memo das GesprÜch. ÑDu machst nicht den Eindruck eines PlÅnderers und MÉrders. Deshalb wÅrde es mich freuen, wenn Arlon dich aufnÜhme.Ö ÑHabe ich nicht alle PrÅfungen bestanden?Ö fragte ich. ÑBei Arlon weiÄ man nie.Ö Memo seufzte. ÑBis morgen bleibst du aber auf jeden Fall bei uns. Was hat dich bewogen, unsere Gesellschaft zu suchen?Ö Ich blickte ihn an und fragte dagegen: ÑWas hat Sie bewogen, mit Dada gemeinsame Sache zu machen? Sie sind intelligent, wahrscheinlich sogar akademisch gebildet und scheinen mir eher der Typ zu sein, der aufbauende Arbeit leistet statt zerstÉrerische.Ö ÑIch bleibe bei Arlon, weil ich fÅr ihn verantwortlich bin.Ö Dann erzÜhlte er mir davon, daÄ er eine Methode ausgearbeitet hatte, um durch Eingriffe in das Gehirn von Verbrechern deren Resozialisierung zu erreichen. Das hÉrte sich ziemlich unwahrscheinlich an, aber bevor ich meinen Unglauben noch ausdrÅcken konnte, fuhr der Professor fort: ÑIch kann Ihre Skepsis verstehen, was den Erfolg meiner Arbeit betrifft. An Arlon habe ich eindeutig versagt, sein Zustand ist eher noch schlimmer geworden. FrÅher war er zwar auch ein GewalttÜter, aber er war kein MÉrder. Jetzt ist er eine Bestie.Ö ÑEs wÜre klÅger, wenn Sie Ihre Worte sorgfÜltiger wÜhltenÖ, ermahnte ich ihn. Memo winkte ab. ÑIch bin Menschenkenner genug, um zu merken, daÄ ich Ihnen vertrauen kann. Andernfalls wÅrde ich Ihnen nicht meine Meinung Åber Arlon sagen. Die Gehirnoperation hat
ihn nicht zu einem besseren Menschen gemacht. Trotzdem war sie kein Fehlschlag. Welchem Umstand, glauben Sie, hat er es zu verdanken, daÄ er nicht stÜrker verdummte?Ö Ich schaute Memo unglÜubig an. ÑDoch nicht Ihrer Operation?Ö ÑDoch.Ö Memo deutete auf sich. ÑIch habe die gleiche Operation durch einen Medo-Robot an mir vornehmen lassen. Das ist der Beweis. Es .gelang mir zwar nicht, eine Methode fÅr die Resozialisierung krankhafter Verbrecher zu finden, aber dafÅr fand ich durch einen unerwarteten Nebeneffekt ein Mittel zur BekÜmpfung der Verdummung.Ö Ich betrachtete ihn immer noch skeptisch, obwohl ich innerlich angespannt war. ÑSie glauben mir nicht?Ö fragte Memo. ÑWas Sie sagen, klingt ziemlich unwahrscheinlichÖ, meinte ich. ÑIch habe BeweiseÖ, erklÜrte er. ÑIch habe den genauen Vorgang der Gehirnoperation von einem Computer aufzeichnen lassen. Und ich besitze diese Unterlagen!Ö ÑZeigen Sie herÖ, sagte ich gleichgÅltig. Er zuckte zurÅck. ÑSie wollen meine Arbeit wohl fÅr sich auswerten, Kano. Sie ist Millionen wert - selbst wÜhrend des Chaos. Und besonders jetzt! Ich habe nichts dagegen, wenn Sie zum NutznieÄer meiner Arbeit werden. Ganz im Gegenteil, ich mache Sie zum Partner - wenn Sie mich unterstÅtzen.Ö ÑWie stellen Sie sich diese UnterstÅtzung vor?Ö Bevor Memo mir noch darauf antworten konnte, erschien Dada, der in Wirklichkeit Arlon hieÄ. ÑBisher haben Sie einen recht willkommenen Entertainer abgegeben, KanoÖ, sagte er zu mir. ÑAber es wird Zeit, daÄ Sie sich nÅtzlich machen. Der Mensch lebt nicht nur vom SpaÄ allein, er braucht auch was zum BeiÄen. Ziehen Sie also los und besorgen Sie - na, sagen wir, einen halben Zentner Nahrung.Ö Er wandte sich ohne ein weiteres Wort ab und ging davon. Nach zehn Schritten drehte er sich um. ÑVerschwinden Sie schon!Ö herrschte er mich an. Ich versuchte noch, von Memo irgendein Zeichen zu erhaschen, aber der kleine Mann blickte demonstrativ in eine andere Richtung.
Ich machte mich sofort auf den Weg, um nicht Arlons Zorn zu erregen. Als ich zum Ausgang kam, stand dort Kirk Wache. Ich klagte ihm mein Leid, aber er bedauerte mich nicht, sondern freute sich schon auf die Leckerbissen, die ich bringen wÅrde. ÑIch habe einen Tip, KanoÖ, meinte er noch. ÑWenn du bei Dada einen Stein im Brett haben mÉchtest, dann besorge ihm Welschfleisch. Darauf ist er ganz versessen.Ö ÑUnd wo kann man das kaufen?Ö Kirk lachte. ÑWitzbold. In der Stadt lÜuft irgendwo ein Welsch herum. Du erkennst ihn sofort. Er ist gut zehn Meter lang, hat eine Menge Beine und auf der Stirn drei Augen. Er ist kein Fleischfresser, sondern saugt seinen Opfern das Knochenmark aus.Ö Ich war beeindruckt. ÑDen schnappe ich mirÖ, sagte ich und trat ins Freie.
31. Der neue Tag graute bereits, als ich ein Versteck gefunden hatte, wo ich mir einige Stunden Schlaf gÉnnen wollte. Es handelte sich um das Dienstbotenzimmer im letzten Stockwerk eines der groÄen Hotels. Nach dem ich mit Schnur, einem schweren Gewicht und einem Eimer eine primitive Vorrichtung gebaut hatte, die mir sofort anzeigen wÅrde, wenn sich jemand an der TÅr zu schaffen machte, fÅhlte ich mich einigermaÄen sicher. Bevor ich mich jedoch zur Ruhe legte, setzte ich mich mit Imperium-Alpha in Verbindung. Dort leitete man mein GesprÜch sofort an Galbraith Deighton weiter. ÑSchlafen Sie denn nie?Ö erkundigte ich mich. ÑDafÅr sorgen schon Agenten wie SieÖ, antwortete er. ÑSoll ich wieder einen Asthmatiker fÅr Sie spielen?Ö ÑNein, das geht gar nichtÖ, sagte ich. ÑDenn bei dem, was ich Ihnen zu sagen habe, bleibt Ihnen der Atem weg.Ö Und ich erzÜhlte ihm alles Åber den Professor und dessen angebliche Methode, durch eine kleine Gehirnoperation die Verdummung aufzuheben.
ÑDas hÉrt sich nicht schlecht anÖ, meinte Deighton. ÑAber sehen Sie zu, daÄ Sie mehr Åber diese Methode in Erfahrung bringen. Wenn diese Gehirnoperation sehr aufwendige Vorbereitungen nÉtig macht, dann ist sie fÅr uns nicht so interessant. Aber vielleicht handelt es sich tatsÜchlich nur um einen kleinen Eingriff. Wie dem auch sei, verlieren Sie diesen Professor nicht aus den Augen. Wenn mÉglich, bringen Sie ihn hierher.Ö ÑHoffentlich bekomme ich ihn noch einmal zu GesichtÖ, sagte ich und berichtete von der mir gestellten Aufgabe. Deighton blieb unbeeindruckt. ÑWenn es weiter nichts ist, dann lasse ich Ihnen mit einem Gleiter den halben Zentner Nahrung schicken.Ö ÑSo einfach mÉchte ich es mir nicht machenÖ, lehnte ich ab. ÑDer BoÄ der Bande ist nicht leicht zufriedenzustellen. Wenn ich mit einer Ladung Konserven anrÅcke, dann wird er womÉglich noch miÄtrauisch. Nein, ich werde mich auf die Jagd machen mÅssen.Ö ÑViel ErfolgÖ, wÅnschte Deighton. ÑWie sieht die allgemeine Lage aus?Ö Der SolAb-Chef gÜhnte herzhaft, dann gab er mir in Stichworten einen kurzen Bericht. Roi Danton hatte sich entschlossen, von Olymp zum MedoPlaneten Tahun zu fliegen. Perry Rhodan hielt sich immer noch in der NÜhe des Schwarms auf und war darauf aus, patrouillierende Raumschiffe der auf gesplitterten FlottenverbÜnde zu finden, in denen sich mehr als nÉtig Staàbilisierte aufhielten. Diese von der Verdummung nicht betroffenen Personen entsandte er nach Terra. Es kam zwar nicht oft vor, daÄ sich irgendwo mehr Immune aufhielten, als nÉtig waren. Aber immerhin hatte Galbraith Deighton seit meinem Weggang bereits das Eintreffen von einem Dutzend Intelligenter verzeichnen kÉnnen. Das GesprÜch war kaum beendet, da fiel ich auf das weiche Lager und war sofort eingeschlafen. Ein Poltern riÄ mich aus dem besten Schlaf. Bevor ich mich noch auf richten konnte, preÄte sich mir ein Messer an die Kehle. áber mir war ein blasses Gesicht, in dem die unnatÅrlich roten Lippen und die schwarz unterlaufenen Augen hervorstachen.
ÑDen hÜtten wirÖ, sagte der Bleiche Åber mir. Mitten im Zimmer standen zwei andere blasse MÜnner. Ihre Haut war fast grau. Sie waren vollkommen unterernÜhrt und bis auf die Knochen abgemagert. Der fiebrige Glanz ihrer Augen verriet den fortschreitenden Wahnsinn. Die TÅr meines Zimmers war eingetreten, die Schnur meines Warnsystems gerissen. In dem Moment, als das schwere Gewicht in den Eimer geplumpst war, muÄten die drei auch schon in mein Zimmer gestÅrmt sein. Der Druck an meiner Kehle lieÄ nach. ÑLuke, BenÖ, sagte der Mann mit dem Messer, Ñbindet ihm die Arme an die Latte. Aber fix, sonst kommt er noch auf dumme Gedanken, und ich muÄ ihn tÉten.Ö ÑOkay, JimÖ, sagten die beiden wie aus einem Mund. Dann sahen sie einander an. ÑWomit sollen wir ihn anbinden?Ö fragte der eine. ÑReiÄt TÅcher in StreifenÖ, sagte Jim ungehalten. Er lieÄ mich dabei keine Sekunde aus den Augen. Wenn ich jetzt zu meinem Paralysator im GÅrtel gegriffen hÜtte, wÜre das Selbstmord gewesen. Ich hoffte, daÄ ich eine Chance bekommen wÅrde, wenn sich die beiden anderen zwischen Jim und mich schieben wÅrden. ÑJim, da ist eine SchnurÖ, sagte der SchwindsÅchtige, der Luke sein muÄte. ÑMeinst du, wir kÉnnen sie verwenden?Ö ÑKlar, macht schon.Ö Jim schob sich langsam an mir vorbei, das Messer stoÄbereit an meiner Kehle. Als er hinter mir war, griff er mir in die Haare und bog meinen Kopf zurÅck. Die beiden anderen kamen heran. Der eine hielt die Schnur, der andere eine zwei Meter lange Latte aus widerstandsfÜhigem Kunststoff. Sie legten mir die Latte quer Åbers Genick und bogen mir die Arme darÅber. Dann banden sie sie an der Latte fest. Sie spannten die Fesseln so straff, daÄ mir alles Blut aus den Armen wich. Nachdem ich festgebunden war, lieÄ Jim mich los. ÑAufstehen!Ö befahl er und stieÄ mich in den RÅcken. ÑWas wollt ihr von mir?Ö fragte ich. ÑIch besitze nichts - nicht einmal eine Brotkrume, die ihr mir abnehmen kÉnntet. Aber ich kÉnnte euch Nahrung verschaffen, soviel ihr wollt.Ö ÑDas wirst du auchÖ, sagte Jim.
Als ich auf die Beine gekommen war, trieb er mich auf den Korridor hinaus. ÑWir sollten ihn anhÉrenÖ, meinte Luke. ÑVielleicht weiÄ er, wo sich Lebensmittel befinden.Ö ÑNatÅrlichÖ, hakte ich sofort ein. ÑLaÄt mich frei, und ich fÅhre euch ...Ö ÑMund halten!Ö unterbrach mich Jim und versetzte mir wieder einen StoÄ. ÑDu wirst uns Nahrung besorgenÖ, behauptete Jim. ÑAber auf eine Art, wie ich sie mir vorstelle.Ö Die beiden anderen kicherten. ÑJim hat recht.Ö ÑKlar. Der Kerl ist zwar nicht fett, aber er macht sicher eine gute Figur.Ö ÑSehen wir uns den Film noch mal an, Jim?Ö ÑDas tun wirÖ, versprach Jim. ÑWir wollen uns alles noch einmal genau einprÜgen, um keinen Fehler zu begehen.Ö Sie fÅhrten mich Åber die Treppe in die Hotelhalle hinunter und von dort in die Spielhalle. Dort warf Jim einen Chip in einen Projektionsautomaten. Es handelte sich um einen jener Apparate, die fÅr zehn Soli einen FÅnf-Minuten-Film ablaufen lieÄen. Das Spektrum der gebotenen Themen reichte von altterranischen MÜrchen Åber Pornographie bis zu Szenen aus der Zeit der Inquisition. Ich vermutete, daÄ Jim und seine beiden Kumpane sich vom letztgenannten Thema inspirieren lassen wollten. Doch ich irrte gewaltig. Vor meinen erstaunten Augen lief ein Film Åber die primitiven Eingeborenen irgendeiner Pionierwelt ab. Es wurde in allen Einzelheiten gezeigt, wie die Eingeborenen eine kreisrunde Fallgrube aushoben, in deren Mitte einen Pfahl steckten, der weit Åber die Grube herausragte und daran einen lebenden KÉrper banden. Nach einer áberblendung wurde gezeigt, wie ein Raubtier aus dem Dschungel kam, sich in maÄloser Gier auf den KÉder stÅrzen wollte, dabei aber in die mit Reisig Åber deckte Fallgrube stÅrzte. Der Film hielt meine drei Peiniger in Atem. Nur ich konnte ihn nicht genieÄen, weil eine bÉse Ahnung in mir erwacht war. Sie wurde gleich darauf bestÜtigt. ÑSo werden wir es machenÖ, entschied Jim.
Ich hing die ganze Nacht Åber an dem Pfahl, ohne daÄ sich eines der aus dem Zoo ausgebrochenen Raubtiere hatte sehen lassen. Einige der SchnÅre, die mich an die Querlatte fesselten, waren gerissen. Wenn die restlichen SchnÅre nachgaben, dann wÅrde ich fÅnf Meter tief fallen -direkt in die Fallgrube hinein, deren Grund mit spitzen Eisenstangen gespickt war. Jim, Luke und Ben hatten sich irgendwo in den BÅschen des Parks versteckt, in dem sie die Fallgrube ausgehoben hatten. Sie lieÄen sich nur selten blicken. Einmal waren sie mit wildem GebrÅll aus ihren Verstecken gestÅrmt, als ein einsamer Verdummter durch den Park gestreunt war. Dann waren sie herausgekommen, um die âste und das Laubwerk zu kontrollieren, die sie in mÅhseliger Arbeit Åber die Fallgrube gebreitet hatten. Der neue Morgen kam, und meine Arme waren schon ganz kraftlos. Mir war schlecht vor Hunger und Durst. AuÄerdem plagte mich ein Juck reiz, der mir meine Lage noch unertrÜglicher machte. Mein Magen hatte sich einige Male entleert. Jetzt krampfte sich in mir alles zusammen. In meinem GÅrtel steckte zwar immer noch der Paralysator - die drei Verdummten hatten ihn wie durch ein Wunder nicht entdeckt, aber er hÜtte mir auch nichts genÅtzt, wenn ich einen Arm freibekommen hÜtte. Jim, Luke und Ben kamen nie zu dritt zur Fallgrube. Selbst wenn ich zwei von ihnen erledigen konnte, war immer noch ein dritter da. AuÄer dem lag die Fallgrube zwischen mir und der Freiheit. Meine einzige Rettung wÜre das FunksprechgerÜt gewesen. Aber es lag in dem Hotelzimmer, in dem ich ÅberwÜltigt worden war. WÜhrend des folgenden Tages ereignete sich nur ein Zwischenfall. Ein kleines, kaum halbmeterlanges Raubtier hatte meine Witterung aufgenommen und nÜherte sich der Fallgrube. Es umschlich sie einige Male und setzte bereits eine Pfote auf das nachgiebige GeÜst. Aber dann kamen Jim, Luke und Ben aus ihren Verstecken und verjagten es mit Geschrei und SteinwÅrfen. Sie waren auf grÉÄere Beute aus. In den Wipfeln der umliegenden BÜume hatten sich einige Geier niedergelassen. Als die Sonne langsam hinter den HochhÜusern von Terrania City verschwand, hatte sich bereits ein halbes Dutzend
Aasfresser eingefunden. Sie saÄen geduldig auf ihren âsten und vertrieben sich die Waràtezeit, indem sie ihr Gefieder putzten oder ihre spitzen SchnÜbel an den Baumrinden wetzten. PlÉtzlich wurde die Geierschar von Unruhe gepackt. Die VÉgel stimmten ein GekrÜchze an, spannten ihre FlÅgel und erhoben sich in die Luft. Sie begannen Åber mir zu kreisen. Das schien mir ein untrÅgliches Zeichen dafÅr, daÄ sich etwas zusammenbraute. Ich fÅhlte, daÄ es bald zu einer Entscheidung kommen wÅrde. Trotzdem schien es mir wie eine Ewigkeit, bis sich der RÜuber auf die vom fahlen Mondlicht beschienene Lichtung herauswagte. Es war ein dunkler, gut zehn Meter langer Schatten, der sich geschmeidig auf zehn Beinen bewegte. Auf der zurÅckfliehenden Stirn funkelten drei Augen. Der Mund war zu einem RÅssel gespitzt. Der Welsch! Der Welsch umschlich mich einige Male und kam dabei immer nÜher. Manchmal hob er den mÜchtigen SchÜdel, fletschte zwei Reihen messerscharfer ZÜhne und nahm Witterung auf. Irgend etwas schien dem Raubtier nicht ganz geheuer. Allerdings bezweifelte ich, daÄ es die Falle durchschaute. Denn selbst wenn es frÅher vielleicht Åberdurchschnittliche Intelligenz besessen hatte, so war es damit nun vorbei. Der Welsch muÄte irgend etwas entdeckt haben, das ihn zur Vorsicht gemahnte. Ich hoffte in diesem Augenblick, daÄ er mich links liegenlassen wÅrde. Aber daran dachte der Welsch nicht. Er umkreiste mich weiterhin, stieÄ gelegentlich ein Winseln aus und schnaubte. Als er nur noch zehn Meter von mir entfernt war und den Rand der Fallgrube schon fast erreicht hatte, streckte er den SchÜdel nach mir und spitzte die elastischen Lippen zu einem langen RÅssel. Im nÜchsten Augenblick zog er sich jedoch zurÅck, bÜumte seinen langen schlangenfÉrmigen KÉrper auf und begann im Kreis zu laufen wie ein Hund, der seinen eigenen Schwanz zu fassen bekommen will. Dieses Spiel dauerte fast eine Minute an. Dann brach es der Welsch abrupt ab und zog wieder seine Runde um mich.
Sein Verhalten irritierte mich. Was mochte diese monstrÉse Raubkatze daran hindern, sich auf ihr Opfer zu stÅrzen und es zu zerreiÄen? Mir fiel auf, daÄ der Welsch nun Éfter als zuvor unwillig den Kopf hin und her warf. Er schien mit dieser Situation ganz und gar nicht zufrieden. PlÉtzlich stÅrzte er sich ohne Vorwarnung in das GebÅsch - genau auf jene Stelle zu, wo Jim, Luke und Ben lauerten. Ich hÉrte ihre Åberraschten Ausrufe, dann ihre Todesschreie. Gleich darauf wurden die drei KÉr per aus dem GebÅsch geschleudert. Der Welsch folgte und stÅrzte sich auf sie. Ich wandte mich schaudernd ab. Dann, nach einer Weile, hÉrte ich sein Winseln wieder in meiner NÜhe. Jetzt schien meine letzte Stunde geschlagen zu haben. Mit geschlossenen Augen erwartete ich das Ende. Das Winseln war lang anhaltend und klÜglich - und wurde in der nÜchsten Sekunde von einem Bersten und Krachen ÅbertÉnt. Der Welsch schlug um sich, sein schlangenfÉrmiger KÉrper zuckte verzweifelt auf und ab, der schwere SchÜdel warf sich hin und her. Aber er konnte sich trotz aller Kraftanstrengung nicht mehr aus der Fallgrube retten. Er brach ein und wurde von den Eisenstangen aufgespieÄt. Ich befreite zuerst meinen rechten Arm und dann die Beine von den Fesseln. Dann klammerte ich mich in einer gewaltigen Kraftanstrengung meiner Beine an den Mast und befreite auch meinen anderen Arm. Vor sichtig glitt ich an dem Mast in die Fallgrube hinunter. Als ich unten ankam, zuckte der Welsch noch ein letztes Mal und war dann tot. Ich brach vor ErschÉpfung zusammen. Es war Mittag des nÜchsten Tages, als ich wieder einigermaÄen erfrischt und gestÜrkt war. Ich war die Nacht hindurch ohne BewuÄtsein gewesen und wuÄte deshalb nicht, was um mich vorgegangen war. Es war mir auch gleichgÅltig. Ich lebte, und das allein zÜhlte. Nach meinem Erwaàchen hatte ich in der Grube ein Feuer entzÅndet, hatte mir - wenn auch mit groÄem Widerwillen - Jims Messer geholt und anschlieÄend ein StÅck Welschfleisch gebraten. Trotz der
widrigen UmstÜnde aÄ ich mit HeiÄhunger. Danach hatte ich ein wenig ausgeruht und war schlieÄlich darangegangen, den Welsch zu zerteilen. Jetzt war ich blutbesudelt wie ein SchlÜchter. Ich war in einem Waren haus ganz in der NÜhe gewesen und hatte mich in den TrÅmmern eines Spiegels betrachtet. Allerdings war ich nicht aus diesem Grund hingegangen. Ich hatte mich fÅr einen der Einkaufswagen interessiert, die einen Elektromotor besaÄen und ihre Energie von einer kleinen, aber leistungsstarken Batterie bezogen. Ich fand auch bald einen solchen Wagen, muÄte aber feststellen, daÄ die Batterie keinen Kraftstrom mehr abgab. Das stÉrte mich jedoch nicht, denn auch als ich an die 250 Kilogramm Welschfleisch aufgeladen hatte, konnte ich ihn ohne besondere Anstrengung vor mir herschieben. Als ich den Park verlieÄ, dankten es mir die Geier mit heiserem KrÜchzen und die Schakale mit schaurigem Heulen. Ich blickte mich noch ein mal nach dem GrabhÅgel um, den ich Åber Jim, Luke und Ben aufgeschichtet hatte. Sie lagen tief genug, so daÄ die Schakale nicht an sie herankommen wÅrden. Ich zog mit dem vollbeladenen Einkaufswagen weiter. Das war anno 3441. Genauer: der 1. September 3441 - frÅher Nachmittag. Unglaublich. Wenn mir jemand vor einem Jahr diese Entwicklung prophezeit hÜtte, wÜre er ausgelacht worden. Und jetzt war es RealitÜt geworden. Terrania City, die Hochburg der menschlichen Zivilisation, war ein Dschungel, in dem mit Keulen ums nackte Leben gekÜmpft wurde. Ich machte einen Abstecher in das Hotel, wo ich das FunksprechgerÜt liegengelassen hatte, und nahm es an mich. Nachdem ich Galbraith Deighton gemeldet hatte, daÄ ich noch am Leben war, zog ich weiter zu jenem KÅhlhaus, wo die Dada-Bande Unterschlupf gesucht hatte. Aber als ich nachts hinkam, fehlte von der Dada-Bande jede Spur. Da ich mich noch ziemlich schwach auf den Beinen fÅhlte, beschloÄ ich, mir ein Welschsteak zu braten und die Nacht im KÅhlhaus zu
verbringen. Vor dem Einschlafen lauschte ich noch eine Weile der Stimme Galbraith Deightons. AusfÅhrlich informierte ich mich wieder Åber die Geschehnisse in der Galaxis. Es war an allen Fronten immer noch das gleiche Bild. Die Notrufe aus allen Teilen der Galaxis rissen nicht ab. Aber Perry Rhodan wollte einstweilen noch nichts von einer Expedition in den Schwarm wissen. Diese Einstellung war verstÜndlich, wenn man bedachte, daÄ ihm nur sechzig Mann auf der GOOD HOPE II zur VerfÅgung standen. Was sollten sie gegen eine milliardenfache ábermacht schon ausrichten? Ich erfuhr auch, daÄ Perry Rhodan vorhatte, der Erde in der nÜchsten Zeit einen Besuch abzustatten. Von Tahun wurde gemeldet, daÄ die verdummten Patienten des Medo-Centers sich stÜndig durch Wahnsinnstaten Åberboten ... Das genÅgte mir fÅr den Augenblick. Ich legte mich in einem sicheren Versteck schlafen. Nach dem Erwachen machte ich mich im KÅhlhaus sofort auf die Suche nach Hinweisen Åber den derzeitigen Aufenthalt der Dada-Bande. Ich fand auch tatsÜchlich einen. Es Åberraschte mich auch nicht, daÄ er statt vom BandenboÄ von Memo zurÅckgelassen worden war. Es handelte sich um eine zerknÅllte Schreibfolie. Darauf stand: WIR SIND WEITERGEZOGEN. UNSER ZIEL IST DIE BEZIRKSPOSTSTATION WEST 15. DADA WEISS NICHTS VON MEINER NACHRICHT. Gezeichnet waren diese Zeilen mit: PROFESSOR ÑMEMOÖ GRIELMAN LONG. Daraus ersah ich, daÄ der Professor immer noch an einer Zusammenarbeit mit mir interessiert war. Dada dagegen schien nicht viel von meiner Bekanntschaft zu halten. Oder lehnte er mich auf hÉheren Befehl hin ab? Vielleicht erhielt ich darauf eine Antwort, wenn ich in die Poststation kam. Das GebÜude war dreigeschossig, flach und langgestreckt. Ein Teil des Daches war als Landeplatz fÅr Gleiter ausgebaut, auf der Åbrigen FlÜche tÅrmten sich die mÜchtigen Antennen des HyperNachrichtennetzes.
Ich betrat die Poststation durch den Haupteingang, darauf gefaÄt, mit einem von Dada aufgestellten Wachtposten konfrontiert zu werden. Aber niemand stellte sich mir in den Weg. Den Einkaufswagen vor mir her schiebend, kam ich in die Halle und wandte mich dem Orientierungsplan auf der linken Seite zu. Das Glas der Tafel war zersplittert, ebenso die meisten der AnzeigelÜmpchen. Obwohl keine der Anzeigen funktionierte, merkte ich, daÄ die Orientierungstafel unter Strom stand. Als ich die Hand auf den Schaltkasten legte, spÅrte ich ein sanftes Vibrieren. Diese Tatsache hÜtte ohne Bedeutung sein kÉnnen. Aber mir war aufgefallen, daÄ die Dada-Bande fast ausnahmslos nur solche Einrichtungen aufsuchte, die noch funktionier ten. Das zeugte von Methode. Ich fragte mich natÅrlich, woher Dada das Wissen hatte. Etwa von dem Drahtzieher im Hintergrund, von jener unbekannten Macht, die systematisch alle áberbleibsel der Zivilisation in Terrania City zerstÉrte? Ich machte mich mit der PlanÅbersicht der Poststation vertraut. Gleich in dieser Halle waren die Schalter fÅr kleinere Postsendungen untergebracht. Daran grenzten die kontinentalen Fernsprecheinrichtungen, die solaren Fernsprecheinrichtungen und die Hyperkomanlagen fÅr lichtjahreweite Entfernungen. In den oberen beiden Etagen waren die BÅros untergebracht. Die TransportbÜnder fÅr konventionelle Warensendungen befanden sich in unterirdischen RÜumen, ebenso die Module fÅr alle Arten der FernBildsprechverbindungen. Das war die ábersicht Åber die eine HÜlfte der Poststation. Die andere HÜlfte wurde von den GroÄtransmittern fÅr FernlastenbefÉrderung eingenommen. Diese Erkenntnis durchzuckte mich wie ein Blitz. Ich lieÄ den Wagen stehen und rannte los. WÜhrend des Laufens stellte ich die Verbindung mit dem Hauptquartier her. Die Hauptaufgabe dieser Poststation war es, GÅter Åber eine TransmitterstraÄe zu fernen Welten zu schicken. Eine solche Fernverbindung war nicht nur zu normalen Zeiten von groÄer Wichtigkeit fÅr Terra, sondern besonders jetzt, wÜhrend einer Krise. Damm stand es fÅr mich fest, daÄ diese Poststation immer noch besetzt war.
Das wurde mir von Imperium-Alpha bestÜtigt, als ich anfragte. Der Sol-Ab-Offizier, der mir diese Auskunft gab, hatte fÅr mein DrÜngen, eine bewaffnete Einheit zum Schutz dieser wichtigen TransmitterstraÄe zu entsenden, nur ein trauriges LÜcheln Åbrig. ÑIhre Warnung kommt um einen halben Tag zu spÜt, StaehmerÖ, sagte er. ÑWir erhielten von der fÅnfkÉpfigen Mannschaft in der Poststation zuletzt vor elf Stunden und dreiundzwanzig Minuten einen Notruf. Dann riÄ die Verbindung abrupt ab.Ö Mich Åberkam unsÜgliche Wut. Wieder waren fÅnf Immune einer Horde von vertierten GeschÉpfen zum Opfer gefallen. Und warum? Nur weil sie versucht hatten, eine Bastion der verfallenden Zivilisation aufrechtzuerhalten. Nur weil ein offenbar entartetes Gehirn nach Macht und ZerstÉrung strebte. FÅnf Menschen hatten ihr Leben lassen mÅssen. Ich steigerte mich immer mehr in Rage. Und in dieser Verfassung erreichte ich die Transmitterstation. Sie waren alle da. Die ganze Bande. Sie lungerten hemm, grÉlten, lachten, waren ausgelassen. Die Kulisse fÅr dieses Treiben bildeten die áberreste von drei gesprengten GroÄtransmittern, verwÅstete SchaltwÜnde, TrÅmmer von Containern - und die Leichen von fÅnf MÜnnern. Dada erblickte mich zuerst. ÑSieh an, du kommst mit leeren HÜnden?Ö sagte er. ÑNeinÖ, rief ich aufgeregt. ÑIch bringe den Tod fÅr dich.Ö Dada kniff die Augen zusammen. ÑMich tÉtet man nicht, KanoÖ, sagte er ruhig. ÑMich kann man hÉchstens besiegen. Aber das gelingt dir nicht.Ö ÑIch werde dich vom Gegenteil Åberzeugen.Ö Ich war entschlossen, mich Dada im Zweikampf zu stellen. DafÅr gab es auÄer einem emotionellen auch einen logischen Grund: Wenn es mir gelang, Dada zu besiegen, dann avancierte ich automatisch zum FÅhrer dieser Bande. Und dann wÅrde ich vielleicht auch die Macht im Hintergrund kennenlernen. Eines hatte ich jedenfalls deutlich erkannt: Dada handelte nicht aus freien StÅcken - er wurde beeinfluÄt. Den ersten Verdacht hatte ich wÜhrend der Partie 3-D-Schach gehegt.
Dada schien irgendwie abwesend. Er hielt den Kopf leicht schrÜg, seine Augen waren auf einen fiktiven Punkt in der Feme gerichtet. Es kam mir vor, als erhalte er gerade Befehle von der unsichtbaren Macht, die ihn beherrschte. Endlich fand er zurÅck in die Wirklichkeit. ÑWir werden kÜmpfenÖ, sagte er in einem Ton, als hÜtte er eben dafÅr die Erlaubnis bekommen. Memo, der hinter Dada gestanden hatte, schaltete sich jetzt ein. ÑKano hat das sicher nicht so gemeintÖ, versuchte er zu vermitteln. ÑEr war sauer, weil wir nicht im KÅhlhaus auf ihn gewartet haben. Des halb lieÄ er sich auch gehen. Nicht wahr, Kano, du wirst dich bei Dada entschuldigen!Ö Dieser Aufforderung folgte enttÜuschtes Gemurmel der Verdummten. ÑIch bleibe bei dem, was ich gesagt habe.Ö Arlon grinste zufrieden. ÑWir kÜmpfen nach feststehenden RegelnÖ, erklÜrte er. ÑIch gegen dich - sonst mischt sich niemand ein. Wir werden unsere Waffen ablegen - aber darÅber hinaus kann sich jeder beliebiger Hilfsmittel bedienen. Als Arena steht uns dieses GebÜude zur VerfÅgung. Meine Leute werden darauf achten, daÄ du nicht fliehst.Ö Ich hatte mich in die unterirdischen Regionen zurÅckgezogen, denn hier besaÄ ich die besseren Chancen. PlÉtzlich erwachte die Poststation zu robotischem Leben. Mir wurde klar, daÄ Arlon die Robotanlage in Betrieb gesetzt hatte. Er wollte mich ablenken und unsicher machen. Aber mich stÉrten weder die GerÜusche noch die arbeitenden Maschinen. Meine Sinne wurden nur noch mehr geschÜrft. Trotzdem kam Arlons erster Angriff Åberraschend fÅr mich. Ich schlich einen Steg aus Eisengittern entlang und blickte suchend auf die unter mir dahingleitenden FÉrderbÜnder hinunter. Da gewahrte ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung Åber mir. Ich warf mich zur Seite, konnte Arlon jedoch nicht mehr ganz ausweichen. Er prallte mit den Beinen gegen meinen RÅcken. Dann hob er die Hand, in der eine schwere Eisenstange lag. Ich rollte mich blitzschnell ab und konnte dem tÉdlichen Hieb gerade noch ausweichen. Noch wÜhrend Arlon die Eisenstange ein zweites Mal hob, war ich
auf die Beine gekommen. Ich wollte dem zweiàten Schlag ausweichen, stieÄ gegen das GelÜnder und verlor das Gleichgewicht. Hinter mir hÉrte ich Arlons teuflisches Lachen, das mich bei meinem Sturz in die Tiefe begleitete. Ich hatte noch GlÅck, denn ich fiel einiger maÄen sanft auf ein FÉrderband. Aber kaum lag ich darauf, als es seine Geschwindigkeit erhÉhte. Ich sah etwas anderes! Der Trichter war nur noch fÅnf Meter entfernt. Ich spÅrte bereits den starken Sog des Wirbelwindes, sah die rotierenden Greifarme. Gerade im letzten Moment gelang es mir, mich mit beiden HÜnden an der seitlichen Barriere festzuhalten. Mein KÉrper wurde vom FÉrderband geschleudert. Die HÜnde schÅtzend vor das Gesicht haltend, schlug ich auf die gegenÅberliegende Begrenzungswand des Zwischenganges. Hinter mir ertÉnte wieder Arlons GelÜchter. Ich kam benommen auf die Beine und flÅchtete, als ich Arlons trampelnde Schritte hÉrte. Ich blickte mich verzweifelt nach einer Waffe um, aber ich fand nichts. Die Roboter versahen auch wÜhrend des Chaos ihren Dienst mustergÅltig. Gerade kam mir eine Reinigungsmaschine entgegen. Als sie mich ortete, blieb sie stehen und verstellte mir den Weg. Ich hÜtte Åber sie hinwegklettern kÉnnen. Doch da war Arlon bereits auf dem Steg Åber mir. Er schwang die Eisenstange. Kurz entschlossen kehrte ich um und rannte in die entgegengesetzte Richtung davon. Arlon folgte auf dem Steg Åber mir. Nach gut fÅnfzig Metern entdeckte ich einen schmalen DurchlaÄ zwischen zwei Robotmaschinen. Ich zwÜngte mich hinein und muÄte mich unter einem Greifarm hinwegducken, um von ihm nicht erschlagen zu werden. Das brachte mich auf eine Idee. Ich wuÄte, daÄ einer Sicherheitsvorschrift zufolge jeder Automat auch manuell zu bedienen sein muÄte. Deshalb suchte ich nach dem Schaltpult zur manuellen Steuerung des Greifarmes - und ich fand es. Das Geklapper von Arlons Stiefeln ertÉnte auf der Eisentreppe. Er kam auf meine Ebene herunter. Ich umfaÄte die Bedienungshebel des Greifarmes fest und konzentrierte mich. Da erschien er in dem kaum einen Meter breiten DurchlaÄ. Sein Gesicht war zu einer Fratze verzerrt, in seinen Augen glitzerte die
Mordlust. Das nahm mir alle verbliebenen Bedenken. Es hieÄ: er oder ich! Ich gab dem Greifarm einen Impuls, der ihn ausholen lieÄ. Arlon sah die Gefahr und wich zur Seite aus. Aber da sauste der Greifarm herunter und traf mit voller Wucht Arlons Arm mit der Eisenstange. Ich hÉrte Arlons Schmerzensschrei. Er taumelte mir entgegen und rammte mir den Kopf in den Magen. Ich torkelte rÅckwÜrts und verlor plÉtzlich den Boden unter den FÅÄen. Ich glitt eine Rutsche hinunter und wurde schlieÄlich von einem Luft stau gebremst. Ich kletterte von der Rutsche. Rund um mich waren riesige KontaktbÜnke, Åber die die GruppenwÜhler auf- und abglitten, ohne jedoch einzurasten. Die LeitungswÜhler blinkten, die Kontaktarme der WÜhlerwelle drehten unablÜssig ihre Kreise. Es klickte, wenn sie Åber die KontaktsÜtze glitten. Ich befand mich in der vollautomatischen Vermittlung fÅr Hyperkomverbindungen. Aber ich war nicht mehr allein. Kaum hatte ich mich orientiert, da hÉrte ich Arlons stampfende Schritte und sein heiseres GebrÅll. Er war fÅr mich kein vollwertiger Gegner mehr, deshalb wollte ich es nicht mehr zu einem Kampf Mann gegen Mann kommen lassen. Ich setzte mich durch einen Seitengang ab und kam schlieÄlich zu der Zentrale fÅr das postinterne Interkomnetz. Dort stellte ich die Rundrufanlage an. ÑArlon, ergib dich!Ö sprach ich ins Mikrophon und hÉrte meine Stimme verstÜrkt aus allen Lautsprechern der unterirdischen Anlage. ÑIch weiÄ, daÄ einer deiner Arme gebrochen ist. Du hast also keine Chance gegen mich.Ö Ein irres Lachen folgte. Dann brÅllte Arlon: ÑKomm heraus! Ich bringe dich um!Ö Ich konnte mir gut vorstellen, wie er zwischen den KontaktbÜnken umherirrte und mich suchte. ÑEs hat keinen Zweck, Arlon. Ergib dich!Ö forderte ich ihn wieder auf. Ich dachte jetzt nicht mehr daran, die fÅnf MÜnner zu rÜchen, die in der Poststation gefallen waren. Der angerichtete Schaden konnte dadurch nicht wiedergutgemacht werden, die MÜnner blieben tot.
ÑKomm endlich heraus!Ö fing Arlon wieder zu brÅllen an. ÑOder ich trage diese ganzen verdammten Anlagen so lange ab, bis ich dein Versteck gefunden habe.Ö ÑGut, wie du willstÖ, sagte ich Åber die Rundrufanlage. ÑAber ich werde dich nicht tÉten.Ö Ich trat aus der Zentrale und schritt entlang den summenden, tickenden KontaktbÜnken. Und dann sah ich ihn, noch bevor er mich erblickte. Er hielt die Brechstange in der gesunden Hand, der gebrochene Arm baumelte kraftlos herab. PlÉtzlich schien er den Verstand zu verlieren. Er heulte auf und schwang die Eisenstange. Ich rief ihm noch eine Warnung zu, aber er hÉrte mich nicht. Er begann zu rasen, schwang das Brecheisen Åber seinen Kopf und lieÄ es gegen die KontaktbÜnke prallen. Funken sprÅhten, als stromfÅhrende Verbindungsleitungen rissen. Arlon starb, als er eine Starkstromleitung berÅhrte.
32. Die Verdummten akzeptierten mich ohne weiteres als ihren neuen AnfÅhrer. FÅr sie war es im Prinzip egal, wer sie leitete. Sie trauerten Arlon nicht nach, denn eine gefÅhlsmÜÄige Bindung hatte zwischen ihnen und ihm nie bestanden. Er war fÅr sie nur die starke Hand gewesen. Er versorgte sie mit Nahrung, und sie gehorchten ihm als Gegenleistung bedingungslos. Wenn er im Kampf gegen mich gefallen war, so hatte ich dadurch bewiesen, daÄ ich stÜrker als er war. Davon versprachen sich die Bandenmitglieder einen Vorteil. Memo war der Tod von Arlon nicht gleichgÅltig. Aber auch er fand sich mit mir als neuem Chef ab, weil er sich dadurch persÉnliche Vorteile versprach - vor allem, was seine PlÜne betraf. ÑIch habe an Arlon gehangen wie an einem SohnÖ, sagte er nach meiner RÅckkehr. ÑNoch lange nach der Operation habe ich geglaubt, ihn auf den rechten Weg bringen zu kÉnnen. Aber dann wurden wir von einer Bande Åberfallen, ausgeraubt und gefoltert und von da an war Arlon wie ausgewechselt. Die alte BrutalitÜt kam
bei ihm durch. Aber vielleicht hÜtte ich immernoch einen guten EinfluÄ auf ihn ausÅben kÉnnen, wenn nicht...Ö ÑWenn nicht was?Ö fragte ich. Memo seufzte. ÑEines Tages - Arlon hatte damals nur zehn Leute unter sich und beschrÜnkte sich auf PlÅnderungen von Lebensmittellagern - kam einer der groÄen Bandenchefs zu ihm und fÅhrte ihn fort. Als Arlon am nÜchsten Tag zurÅckkam, war er ein anderer Mensch. Er sprach nicht mit mir darÅber, was wÜhrend seiner Abwesenheit mit ihm geschehen war. Aber ich merkte, daÄ er einer fremden, unheimlichen Macht verfallen war. Von da an zerstÉrte und tÉtete er alles, was sich ihm in den Weg stellte.Ö Ich war hellhÉrig geworden. Memo hatte mir den Beweis fÅr meine Vermutung erbracht, daÄ Arlon beeinfluÄt worden war. Um noch mehr darÅber in Erfahrung zu bringen, stellte ich mich unwissend. ÑGlauben Sie, daÄ der andere BandenfÅhrer ihn irgendwie bedrohte und ihn sich so gefÅgig machte?Ö erkundigte ich mich. Memo schÅttelte den Kopf. ÑKeineswegs. Der BandenfÅhrer lieÄ sich nie mehr wieder blicken. Aber ich glaube, er hat Arlon zu einem Unbekannten - oder zu einer Gruppe von Unbekannten - gebracht. Und von da an wurde Arlon zu Unternehmungen gezwungen, die er aus freien StÅcken nie ausgefÅhrt hÜtte.Ö ÑDas klingt unwahrscheinlichÖ, sagte ich. ÑDen endgÅltigen Beweis dafÅr, daÄ Arlon gegen seinen Willen handelte, bekam ich erst vor zirka einer WocheÖ, fuhr Memo fort. ÑWir stieÄen auf jenen BandenboÄ, der Arlon und mir zu Beginn der Verdummungswelle so arg mitgespielt hatte. Arlon wollte furchtbare Rache nehmen. Aber als es dann soweit war, als er die Chance hatte, Neiko Garnish zu tÉten, tat er es nicht. Er konnte sich einfach nicht gegen die fremde Macht auflehnen, die es ihm untersagte, den Mann zu tÉten.Ö Ich mimte den Belustigten. ÑWarum sollte diese ominÉse fremde Macht Arlon daran gehindert haben, einen anderen Verbrecher zur Strecke zu bringen?Ö ÑWeil diese fremde Macht alle grÉÄeren Banden in Terrania City beherrschtÖ, sagte Memo geheimnisvoll. ÑBandenkriege bedeuteten
eine SchwÜchung der eigenen KrÜfte, deshalb wurden sie von den unbekannten Drahtziehern abgeschafft.Ö ÑDas scheint mir ein wenig weit hergeholt zu seinÖ, meinte ich. ÑDas ist es aber nichtÖ, behauptete Memo. ÑDu wirst sehen, daÄ man auch an dich herantreten wird.Ö Hoffentlich, dachte ich. Laut fragte ich: ÑWie sahen Arlons PlÜne fÅr die Zukunft aus?Ö ÑEr wollte zu den Bunkeranlagen, von wo aus Roi Danton und Galbraith Deighton die Erde kontrollierenÖ, erklÜrte Memo. ÑDas war auch nicht seine Idee. Sie kam von der Macht im Hintergrund. Aber in diesem Punkt versuchte ich Arlon nicht abzureden, sondern unterstÅtzte seine Absichten sogar.Ö ÑUnd was lag dir daran, die Tiefbunkeranlagen zu zerstÉren?Ö erkundigte ich mich ein wenig belustigt. ÑMir ging es nicht um ZerstÉrungÖ, erklÜrte Memo. ÑWorum denn?Ö Ich versuchte, meiner Stimme einen gleichgÅltigen Klang zu geben. Bisher war mir Memo als unscheinbarer MitlÜufer erschienen, der mÉglicherweise eine groÄe Entdeckung gemacht hatte. Aber plÉtzlich war er in den Mittelpunkt meines Interesses gerÅckt. Mir war aufgefallen, daÄ er eine ÜuÄerst undurchsichtige Rolle spielte. Er schaute mich prÅfend an. ÑIch weiÄ nicht, ob ich dir vertrauen kann, KanoÖ, sagte Memo schlieÄlich. ÑDu scheinst weniger skrupellos und brutal zu sein, als Arlon es war.Ö Ich lÜchelte spÉttisch. ÑDas kann sich Ündern.Ö ÑEs wird sich auch Ündern, wenn erst die Macht im Hintergrund sich deiner angenommen hatÖ, versicherte Memo. ÑDeshalb mÉchte ich dich jetzt schon warnen: Geh nicht mit, wenn einer der groÄen Bandenbosse dich abholt!Ö War das ehrlich gemeint, oder wollte er mich nur prÅfen? Ich beschloÄ, vorsichtig zu sein. ÑUnd wie steht es nun mit deinen Motiven?Ö fragte ich. Memo zÉgerte wieder, dann entschloÄ er sich zu sprechen. ÑIch wollte es nicht zur ZerstÉrung der Tiefbunkeranlagen kommen lassen. Ganz im Gegenteil, ich wollte Danton und Deighton warnen und ihnen meine Entdeckung anbieten.Ö
ÑDas hast du bereits angedeutet.Ö ÑNur aus diesem Grund bin ich zuletzt noch bei Arlon gebliebenÖ, behauptete Memo. ÑMich widerte schon lange alles an. Ich hÜtte Arlon schon einige Male umbringen kÉnnen. Aber ich tat es nicht, weil ich hoffte, er wÅrde mich zu Deightons Hauptquartier fÅhren. Allein hÜtte ich den gefahrvollen Weg nie geschafft.Ö Ich lachte. ÑUnd nun hoffst du, daÄ ich dich hinbringen werde.Ö ÑAls Partner, KanoÖ, beeilte er sich zu sagen. ÑDu bist kein Killer, das sehe ich dir an. Deshalb mein Angebot einer Partnerschaft. Was sagst du dazu?Ö ÑIch werde darÅber nachdenkenÖ, wich ich aus. Bevor Memo noch etwas sagen konnte, trat Kirk zu uns. ÑDa will dich einer sprechen, KanoÖ, sagte er aufgeregt. ÑWas fÅr einer?Ö ÑEs ist Tilk.Ö ÑHat der Name eine besondere Bedeutung?Ö Kirk war Åberrascht. ÑTilk ist einer der ganz GroÄen! Ihm unterstehen dreihundert Leute. Er hat gesagt, daÄ sie rund um die Poststation postiert seien. Wir sind umzingelt, Kano.Ö ÑTilk soll kommenÖ, sagte ich. Tilk war etwa in meinem Alter, also an die 50 Jahre alt, hatte lange Arme und Beine und einen etwas zu kurz geratenen OberkÉrper. Sein Kopf war quadratisch und vollkommen kahlgeschoren. In seinen rÉtlichen SchweinsÜuglein lag alles, was man an seinen Mitmenschen nicht schÜtzte: HinterhÜltigkeit, BrutalitÜt, Gemeinheit. Wenn ich an ihm Åberhaupt etwas schÜtzte, dann die Tatsache, daÄ er nicht viele Worte machte. Er stand inmitten der zerstÉrten Transmitter halle und lieÄ seine SchweinsÜuglein Åber die Verdummten wandern, die sich die BÜuche mit Welschfleisch vollschlugen. ÑDu kommst mitÖ, sagte er statt einer BegrÅÄung zu mir. ÑSo hat Dada auch einmal mit mir gesprochenÖ, erwiderte ich. Ehe ich mich's versah, hatte er mir mit dem HandrÅcken ins Gesicht geschlagen. Aber die áberraschung war dann ganz seinerseits, als ich den Paralysator zog und ihm die Schlaghand lÜhmte. ÑWer schickt nach mir?Ö fragte ich. ÑDu wirst schon sehen.Ö
ÑUnd was wird inzwischen aus meinen Leuten?Ö ÑSie werden bewacht.Ö Ich lÜchelte spÉttisch. ÑEs hat sich ziemlich schnell herumgesprochen, daÄ ich Dada ins Jenseits befÉrdert habe.Ö ÑDas war keine HeldentatÖ, erklÜrte Tilk. Er wandte sich halb um. ÑKomm, wir haben keine Zeit zu verlieren.Ö ÑMoment.Ö Ich wollte ihn am Arm zurÅckhalten, Åberlegte es mir aber anders. ÑIch gehe nicht allein.Ö Tilk fixierte mich. Es war eine stumme Aufforderung, mich deutlicher auszudrÅcken. ÑIch nehme Memo mit.Ö Tilk blickte zu Memo, der am ganzen KÉrper zitterte. ÑMeinetwegenÖ, sagte Tilk. ÑAber vielleicht kommt er nicht lebend zurÅck.Ö Memo rÜusperte sich, schaute mich unsicher an und sagte: ÑIch ... ich komme trotzdem mit.Ö ÑGehen wirÖ, sagte Tilk. Auf dem Weg zum Ausgang stieÄ er zwei Verdummte beiseite, die ihm in den Weg kamen. Daraus lieÄ sich leicht schlieÄen, wie er seine eigenen Leute behandelte. Als wir ins Freie kamen, entdeckte ich zu meiner VerblÅffung einen Gleiter. ÑWo hast du den organisiert, Tilk?Ö rief ich bewundernd aus. ÑEin GeschenkÖ, sagte Tilk nicht ohne Stolz. ÑWenn du spurst, schenkt er dir auch einen.Ö ÑWer?Ö Darauf gab Tilk keine Antwort. Beim NÜherkommen nahm ich den Gleiter genauer unter die Lupe und stellte fest, daÄ die seitliche Verschalung mit Farbe Åberspritzt war. Es handelte sich zwar um den Originallack, aber um keine Facharbeit. Unter der Åberspritzten Stelle waren deutlich die Konturen von Buchstaben zu erkennen. Also legte jemand groÄen Wert darauf, daÄ man nicht auf den ersten Blick sah, welcher Firma oder welchem Institut der Gleiter frÅher gehÉrt hatte. Warum? Die Antwort darauf war nicht schwer zu finden: Wahrscheinlich stand der ursprÅngliche Besitzer des Gleiters mit dem groÄen Unbekannten noch in irgendeiner Beziehung. Jedenfalls stand es fÅr
mich fest, daÄ Tilk mich zu jenem Drahtzieher im Hintergrund bringen wÅrde, der die Ban den in Terrania City dirigierte. Memo und ich nahmen auf der rÅckwÜrtigen Sitzbank Platz. Tilk setzte sich ans Steuer. Der Gleiter ruckte an und erhob sich mit ohrenbetÜuben dem DrÉhnen in die Luft. Der schlechte Zustand des LuftgefÜhrts war ein untrÅgliches Anzeichen dafÅr, daÄ es dem groÄen Unbekannten an qualifizierten KrÜften mangelte. ÑDer Gleiter hat seine beste Zeit auch schon hinter sichÖ, meinte ich lachend. ÑAber er fliegtÖ, konterte Tilk humorlos. Wir gewannen rasch an HÉhe und lieÄen bald darauf die HochhÜuser von Terrania City unter uns. Tilk war klug genug, nicht weiter in den freien Luftraum hineinzustoÄen. Denn wenn er den Ortungsschatten der HochhÜuser verlassen hÜtte, wÜre er vom Radar des Hauptquartiers geortet worden. Tilk lieÄ das Stadtzentrum hinter sich und flog in westlicher Richtung den AuÄenbezirken zu. Als uns ein Versorgungsgleiter entgegenkam, tauchte Tilk in einer HÜuserschlucht unter. Bei dieser Gelegenheit schaute ich Tilk forschend an. Er war ausdruckslos, wie abwesend. ÑDu bist ein wahrer FlugkÅnstlerÖ, sagte ich und beobachtete ihn dabei. Er schien mich Åberhaupt nicht gehÉrt zu haben. Ich sprach eine Weile auf ihn ein und beschimpfte ihn auch. Aber er zeigte keine Reaktion. Von da an wuÄte ich alles. Tilk war nicht mehr er selbst. Irgend jemand - oder irgend etwas - beherrschte seinen Geist und lenkte seinen KÉrper. Als wir die Villengegend am Rand von Terrania City erreichten, verlangsamte Tilk den Flug und ging in einem groÄen verwilderten Park nie der. Wir verlieÄen den Gleiter und gingen auf ein langgestrecktes, zwei stÉckiges GebÜude zu. Die Fenster waren groÄ, aber mit Polarisationsscheiben verglast, so daÄ man von auÄen keinen Einblick gewann. Ich tippte sofort auf ein Privatsanatorium oder auf eine Ühnliche private Institution. Diese Vermutung bestÜtigte sich, als wir das breite, mit einer Energiebarriere gesicherte Tor erreichten. Auf einer Marmortafel an der Wand stand zu lesen:
GROHAAN-OPINZOM-STIFTUNG. Welchem Zweck diese Stiftung diente oder welche Leiden man hier heilte oder erforschte, stand nicht dabei. Die unnatÅrliche Starre war von Tilk wieder abgefallen. Memo, der zwischen uns ging, hielt sich recht tapfer, obwohl er seine Angst nicht verbergen konnte. Als der Energieschirm vor uns zusammen brach und wir in die Stiftung eintraten, bemÜchtigte sich meiner eine ungewÉhnliche Spannung. Denn ich wuÄte, daÄ ich nun im Unterschlupf jenes Geheimnisvollen war, der das organisierte Verbrechen in Terrania City leitete. Memo brach besinnungslos zusammen, kaum daÄ wir den FuÄ in die Eingangshalle gesetzt hatten. Bericht Grohaan Opinzom: FÅr viele Menschen ist der KÉrper, in dem sie leben, etwas Wunderbares - ein nutzvoller, gesunder Metabolismus. Nicht so fÅr mich. Mein KÉrper ist mir ein GefÜngnis, eine Folterkammer. Zumindest war er das frÅher. Jetzt wuÄte ich, was mein KÉrper forderte, welche Bedingungen er wÅnschte. Und ich hatte sie ihm gegeben. Dadurch wurden mir zwar viele EinschrÜnkungen auferlegt, aber ich brauchte wenigstens nicht mehr unsÜgliche Qualen zu erleiden. Ich konnte mich bewegen wie jeder andere Mensch auch. Ich konnte Handlungen vollfÅhren, konnte sehen, hÉren, riechen und schmecken - wie jeder normale Mensch. Allerdings mit einer EinschrÜnkung: Mein KÉrper gehorchte mir nur innerhalb eines bestimmten Raumes. HÜtte ich diesen Raum verlassen, wÜre das einem Selbstmord gleich gekommen. Dieser Raum besaÄ eine Reihe von Einrichtungen, die nur dazu dienten, meinem KÉrper das zu geben, was er verlangte. Der Raum war vollkommen steril. Hier gab es keine einzige Bakterie, kein Virus. Es gab keinen FÜulnisgeruch, keine Duftstoffe - die Luft war hundertprozentig rein. Das verlangte mein KÉrper. Ebenso wie er eine konstante Temperatur von exakt plus 12 Grad Celsius verlangte. Ein Grad mehr oder weniger machten sich durch Funkti-
onsstÉrungen meines KÉrpers bemerkbar. Diese wiederum Åbertrugen sich auf meinen Geist. Um diese Temperatur zu halten, war ein spezielles KlimagerÜt erforderlich. Es war eine Konstruktion, die nicht nur die Temperatur, sondern auch den Sauerstoffgehalt der Luft regelte - und zwar so regelte, daÄ kein Luftzug entstand. Jeder noch so geringe Luftzug schadete meinem KÉrper. Ich merkte es schon, wenn ich mich bewegte. Schon der Luftwirbel, der durch eine Handbewegung entstand, lieÄ meinen KÉrper erschauern. Damm verbrachte ich die meiste Zeit reglos. Oftmals verfluchte ich meinen KÉrper deswegen, diese Åberempfind same HÅlle, die meinen Geist knechtete und ihn an der Entfaltung hinderte. Was wÜre ich in einem anderen KÉrper geworden. Das Universum wÅrde mir gehÉren. So muÄte ich meine Tage in diesem Raum verbringen und konnte meinen Geist nur in Grenzen umherziehen lassen. Wenn ich nur nicht diesen verdammten Åberempfindlichen KÉrper gehabt hÜtte, der gegen alle Umweltbedingungen allergisch war... Ein Beispiel demonstrierte das am anschaulichsten: Jeder Mensch, jedes Lebewesen besitzt Hautsinne. Sie sind es, die Reizungen wahrnehmen und weiterleiten, die man als Schmerz, Druck, KÜlte oder WÜrme empfindet. Auf der KÉrperoberflÜche eines normalen Menschen befinden sich ungefÜhr 1,2 Millionen Rezeptoren, die auf Schmerz reagieren, 700.000 Druckpunkte, 250.000 KÜltepunkte und 30 000 WÜrmepunkte. Mein KÉrper besitzt dagegen 3 Millionen WÜrmerezeptoren und fÅnf mal soviel Schmerz- und Druckrezeptoren wie die Norm. Diese ábersensibilitÜt meines KÉrpers machte mein Leben schon von Geburt an zur HÉlle. Meine HÜnde konnten nur vollkommen glatte GegenstÜnde berÅhren, denn die BerÅhrung mit rauhen GegenstÜnden leitete mein Åbersteigerter Tastsinn als Schmerz weiter. Deshalb umgab ich mich mit Kunststoffen, die sich durch ihre hervorragende OberflÜche auszeichnen. Die Speisen, die ich zu mir nahm, waren so synthetisch wie das Besteck, das ich benutzte. Der Boden, auf dem ich ging, war aus weichen, federnden RiesenmolekÅlen, die zudem noch die Eigen-
schaft besaÄen, Schallwellen zu absorbieren. Mein GehÉr vertrug die Stille am besten. Wenn es sich nicht umgehen lieÄ, Laute zu empfangen oder wiederzugeben, dann waren die tiefen BaÄtÉne fÅr mich noch am ertrÜglichsten. Deshalb waren die Kommunikationsmittel, Åber die ich mich mit meinen Helfern und Handlangern verstÜndigte, Spezialanfertigungen, die alle hohen TÉne schluckten. Das Licht, das meinen Wohnraum und den durch eine Panzerglasplatte getrennten Besucherraum erhellte, strahlte bestÜndig auf einer WellenlÜnge von 397 Millikron - also tiefviolett. Das schonte meine Augen. Ich war nicht immer in diesem Raum - oh, nein! Es gab Zeiten, da muÄte ich unter freiem Himmel unsÜgliche Qualen ausstehen. Erst als ich entdeckte, daÄ ich nicht nur eine physisch leidgeprÅfte, sondern auch eine psychisch begnadete Kreatur war, verbesserte ich mein Leben. Ich entdeckte, daÄ ich Menschen beeinflussen konnte. Ich konnte ihnen meinen Willen aufzwingen! Allerdings war es mir nicht mÉglich, meine geistigen FÜhigkeiten voll auszunutzen, wenn mein KÉrper widrigen Bedingungen ausgesetzt war. Dann war mein Geist wie umnebelt, ich konnte nicht klar denken, geschweige denn meine Suggestionskraft ein setzen. Dann empfand ich nur Schmerz. Ich erinnerte mich noch gut, wie ich als Kind in einer Klinik erwachte, von allen Schmerzen befreit und mit klarem Geist. Man hatte damals meine Allergie diagnostiziert und mich in einen Sterilisationsraum eingeliefert, der Ühnlich meinem jetzigen Quartier war. Allerdings mangelte es in diesem Sterilisationsraum an Luxus. Trotzdem fÅhlte ich mich damals wie neugeboren. Ich schwor mir, nie mehr so leiden zu mÅssen. Und ich setzte all meine Suggestionskraft daran, daÄ fremde Menschen gegen ihren Willen ihr Geld und ihr KÉnnen hergaben, um diese Stiftung zu bauen. Jetzt hatte ich einen Platz, an dem ich ein ertrÜgliches Leben fÅhren konnte. Aber dieses Leben war nicht erfÅllt. Ich war einsam und von innerer Unruhe erfÅllt. Mein Zustand Ünderte sich auch nicht, als ich erfuhr, daÄ ich einer Menschengruppe angehÉrte, die allein auf der Erde zwei Millionen zÜhlte.
Ich war ein Homo superior. Ich gehÉrte nicht zu jenen Individuen, die dem GÉtzen Technik huldigten, der sie dazu beflÅgelte, immer neue Methoden der Vernichtung zu erfinden. Ich gehÉrte zu jener Menschen gruppe, die durch ihre pazifistische Lehre der Menschheit neue Werte geben wollte. Und doch - ich gehÉrte auch wieder nicht zum Homo superior. Denn ich erkannte, daÄ nicht alles am Homo sapiens verwerflich war, ebenso wie am Homo superior nicht alles gutzuheiÄen war. Ein Mittel weg muÄte gefunden werden. Und diesen Mittelweg zu ebnen, dafÅr fÅhlte ich mich berufen. NatÅrlich war der Anfang schwer, aber ich hatte ihn gemacht. Es gab nicht mehr viele HÅrden zu nehmen, um ans Ziel zu kommen. Die allgemeine Verdummung hatte mich in meinen PlÜnen unterstÅtzt. Mit Hilfe meiner Suggestionskraft wÅrde ich mit den wenigen Normalen spielend fertig werden. NatÅrlich gab es in Wirklichkeit mehr Gegner. Denn in diesen Reihen des Homo superior fanden sich viele, die ihre Ansichten Åber Pazifismus zu wÉrtlich, ja geradezu naiv ernst nahmen. Wie gesagt, der Mittelweg war richtig. Ich beschritt ihn. Ich hatte vor, alle meine Gegner, sowohl die aus der Rhodan-Gruppe als auch die aus der Superior-Gruppe, auszuschalten. Dann konnte ich meine Welt aufbauen. Allerdings war der Weg dahin schwierig und dornenvoll, und es war nicht immer leicht, das nÉtige FingerspitzengefÅhl bei der Beseitigung der Hindernisse anzuwenden. Manche GÉtzen der alten Welt lieÄen sich ganz einfach nicht verÜndern oder abschieben. Perry Rhodan zum Beispiel muÄte vernichtet werden! Ich war schon immer ein Suggestor - soweit ich zurÅckdenken konnte, war es mir mÉglich, Menschen durch die Kraft meines Geistes gefÅgig zu machen. Aber oftmals konnte ich die FÜhigkeiten der Suggestion nicht anwenden, weil mir meine Allergie zu schaffen machte. Ja, wenn ich schutzlos den Gewalten der Natur ausgeliefert war, dann verlor ich meine FÜhigkeit. Andererseits hatte ich meine FÜhigkeit vor der Verdummungswelle im Interesse des Homo superior geheimgehalten. Damals war
ich auch noch naiv genug, die Ziele meiner Artgenossen als segensreich anzusehen. Doch jetzt war meine Zeit gekommen. Nichts konnte mich mehr daran hindern, mein persÉnliches Ziel anzustreben, die Macht auf Terra zu ergreifen. Ich hatte praktisch alle AnfÅhrer der grÉÄeren Banden in Terrania City in meiner Gewalt. Ich beeinfluÄte sie nach meinem Willen, suggerierte ihnen, was sie zu tun hatten, und koordinierte ihren Vernichtungsfeldzug. Einer meiner fÜhigsten Leute war Arlon gewesen, den die Verdummten Dada nannten. Ich hatte ihn langsam aufgebaut und ihn mit immer schwierigeren Aufgaben betraut. Er besaÄ zwei Eigenschaften, die ihn von den meisten anderen BandenfÅhrern hervorhoben: Da waren seine auÄergewÉhnliche Intelligenz und seine verbrecherischen Instinkte. Doch er lebte nicht mehr. Er war im Zweikampf mit einem anderen Bandenmitglied gefallen. Ich bedauerte es, trauerte ihm aber andererseits nicht nach. Denn wenn er besiegt worden war, dann hatte er eben seinen Meister gefunden, und der neue Mann, der ihn ablÉste, war zweifellos stÜrker und klÅger. Das konnte auch fÅr meine PlÜne vorteilhaft sein. Nur muÄte ich mich erst des neuen AnfÅhrers der Dada-Bande annehmen, ihn gefÅgig machen und ihn in meine PlÜne einbeziehen. Deshalb schickte ich Tilk aus, um den neuen Mann zu mir zu bringen. Ich brauchte nicht allzulange zu warten, bis ich Tilks Ausstrahlung und die des Fremden in der NÜhe meiner Klinik verspÅrte. Die Wachtposten erhielten Anweisung, die beiden AnkÉmmlinge passieren zu lassen. Dabei kam es zu einem Zwischenfall. Tilk hatte nicht nur Kano mitgebracht, sondern auch noch ein anderes Mitglied der DadaBande. Ich Ürgerte mich Åber Tilk, weil er eindeutig gegen meine strikte Anweisung, nur Kano vorzufÅhren, gehandelt hatte. Ich streckte meine geistigen FÅhler nach dem Fremden aus, bestrich sein BewuÄtsein und schaltete es aus. Er brach auf der Stelle zusammen. Tilk wÅrde ich spÜter zur Rechenschaft ziehen. Im Augenblick wollte ich mich mit Kano beschÜftigen, dem aufgehen den Stern in der Unterwelt von Terrania City.
Tilk betrat mit ihm das Besucherzimmer. Im ersten Augenblick enttÜuschte mich Kanos Erscheinung. Er war groÄ und mager, hatte unglaublich groÄe FÅÄe und war gut fÅnfzig Jahre alt. Aber dann wischte ich den Eindruck seines wenig einnehmenden âuÄeren fort. Er hatte schlieÄlich Arlon besiegt - und einen ausgekochten Fuchs wie Arlon konnte man nur mit List und TÅcke bezwingen. Ich trat an die Barriere aus Panzerglas und besah mir den Neuen. Er senkte den Blick nicht und sah mir fest in die Augen. Das gefiel mir, sein Verhalten zeugte von groÄer innerer StÜrke. Ich konnte MÜnner mit groÄer WillensstÜrke gebrauchen, die sich in jeder Situation behaupteten. So stark war ihr Wille ohnehin nicht, daÄ sie sich mir widersetzen konnten. ÑDu bist also Kano, der Arlon in der Dada-Bande abgelÉst hatÖ, sagte ich kaum hÉrbar. Ich wuÄte, daÄ meine Stimme im Besucherzimmer gut hÉrbar war. Denn die empfindlichen Mikrophone, die Åberall in der Glas wand eingebaut waren, wÅrden meine Stimme an die VerstÜrker weiter leiten und Åber die Lautsprecher eindrucksvoll tÉnen lassen. Ich fragte: ÑWie heiÄt du mit vollem Namen?Ö ÑSerkano StaehmerÖ, antwortete der Neue. Die zwischengeschalteten Regler Åbertrugen mir seine Worte als tiefes FlÅstern. Das schmerzte meine Ohren nicht. ÑWeiÄt du, welche Ziele Arlon ursprÅnglich verfolgte?Ö fragte ich Kano. Er nickte. ÑSein Ziel war das Hauptquartier von Roi Danton und Galbraith Deighton.Ö ÑDu wirst Arlons Erbe antretenÖ, erklÜrte ich und wandte mich Tilk zu. ÑDu dagegen hast dich meinen Anordnungen widersetzt und wirst dafÅr bÅÄen mÅssen. Wie, glaubst du, bestrafe ich Ungehorsam?Ö Tilk begehrte auf. ÑAber...Ö Ich hielt jedes weitere Wort fÅr ÅberflÅssig, deshalb fÅhrte ich beide MÜnner ihrer Bestimmung zu: Serkano Staehmer sollte der neue Feldherr in meiner Armee der Marionetten werden. Tilk wollte ich einen Denkzettel geben. Ich bestrich die beiden MÜnner mit starken Suggestivimpulsen. Tilks geistiger Widerstand brach schnell, er kapitulierte bereits in
der ersten Phase. Ich sah, wie ihm der SchweiÄ ausbrach, als er merkte, daÄ seine Rechte gegen seinen Willen nach der Strahlwaffe in seinem GÅrtel griff. Er schaute unglÜubig auf seine Hand, die den Griff der Waffe umklammerte, sie hochschob und gegen seine eigene SchlÜfe richtete. Der Finger spannte sich um den Abzug und drÅckte ihn langsam nieder. ÑNein ... nein!Ö stÉhnte er in Todesangst. Seine hervorquellenden Augen fixierten die Waffe, die sich kalt gegen seine SchlÜfe preÄte. Ich nahm seine Emotionen befriedigt zur Kenntnis: VerblÅffung, Schrecken und Angst. Er verspÅrte VerblÅffung, weil die eigene Hand eine Waffe gegen ihn richtete. Er war erschrocken, weil diese Hand zu einem fremden Werkzeug wurde. Und Angst stellte sich ein, als er sah, wie der Zeigefinger den Abzug krÅmmte. Doch ich wollte Tilk sich nicht selbst richten lassen. Ich wollte ihn gar nicht tÉten, weil er mir zu wertvoll war. Nachdem er genug gelitten hatte, lieÄ ich von ihm ab und wandte meine Aufmerksamkeit Serkano Staehmer zu. Bei ihm erlebte ich eine unangenehme áberraschung. Er widerstand meiner Beeinflussung. Ich suchte Staehmers Blick. Seine Augen blickten mir ruhig und gelassen entgegen. Welchen unterschiedlichen Anblick die beiden MÜnner im Besucherzimmer boten. Hier der kraftvoll wirkende, energiegeladene Tilk, der steif und ohne eigenen Willen dastand. Dort der dÅrre, unscheinbar wirkende Staehmer, der keine Wirkung auf meine geistige Attacke zeigte. Ich nahm einen zweiten Anlauf, stÅrzte mich mit verstÜrkter Vehemenz auf ihn - konnte ihn aber wieder nicht bezwingen. Sein BewuÄtsein entglitt meinen suggestiven EinflÅssen, ich konnte sein Ich nicht erfassen. Ich konnte es zwar in meiner mentalen SphÜre einschlieÄen, aber es gelang mir nicht, es zu durchsetzen. Und dann brach sein Ich schlieÄlich aus meiner geistigen UmhÅllung aus und erstrahlte in seiner unverletzbaren EigenstÜndigkeit. Staehmers Geist verhielt sich zu dem meinen wie ein Antipode. Mein KÉrper erzitterte unter dieser Erkenntnis. Ich stieÄ erneut zu. StÜrker als je zuvor, mit all der mir zur VerfÅgung stehenden Suggestionskraft. Diesmal zuckte Staehmer zu-
sammen, aber das war die einzige Reaktion, die er auf meinen parapsychischen Angriff zeigte. ÑSie mÅssen sich damit abfinden, mich als freien Mitarbeiter anzuheuernÖ, sagte er gelassen. Ein freier Mitarbeiter! Wenn ich mich erst darauf verlieÄ, daÄ meine Helfer freiwillig meine Position verstÜrkten und aus freien StÅcken meine Macht aufbauten, dann konnte ich meine EroberungsplÜne gleich fallenlassen. ÑIch werde deinen Willen brechen!Ö versprach ich. ÑIch widersetze mich Åberhaupt nichtÖ, behauptete Staehmer. ÑAber vielleicht ÅberschÜtzen Sie Ihre eigene StÜrke.Ö Ich hÜtte ihn auf der Stelle tÉten lassen kÉnnen. Aber ich tat es nicht, weil ich dadurch meine UnzulÜnglichkeit eingestanden hÜtte. ÑIch werde dich beugen, Staehmer!Ö versprach ich. ÑDu wirst vor mir im Staub liegen und dich meiner Befehlsgewalt ergeben. Es wird dir ergehen wie Tilk, wie Dada - und wie Neiko Gamish.Ö Der Name des letzteren kam mir unbewuÄt Åber die Lippen. FÅr einen Moment war es mir schleierhaft, wie ich auf ihn gekommen war. Aber dann spÅrte ich seine NÜhe und wuÄte, daÄ er in der Klinik eingetroffen war. Kurz darauf Éffnete sich die TÅr des Besucherzimmers, und der BandenfÅhrer trat ein. Neiko Garnish war ein tÅchtiger Mann. Er wurde von mir mit AuftrÜgen betraut, die nur mit besonderer HÜrte und Skrupellosigkeit durchgefÅhrt werden konnten. Trotzdem hÜtte ich ihn beinahe durch einen UnglÅcksfall verloren. Wenn ich nicht im letzten Moment eingeschritten wÜre, dann hÜtte ihn Dada in einem Rohrbahntunnel zermalmt. ÑSieh sie dir an, StaehmerÖ, sagte ich wÅtend. ÑTilk und Neiko sind zehnmal so stark wie du, um vieles robuster und besitzen wahrscheinlich eine bessere geistige Konstitution. Sie muÄten sich mir beugen - und an ihrem Beispiel ersehe ich, daÄ ich auch dich bezwingen werde.Ö ÑSie sollten sich damit abfinden, daÄ Sie an mir Ihre FÜhigkeiten verschwendenÖ, erklÜrte Staehmer. Er stand zwischen Tilk und Neiko. ÑWarum strengen Sie sich an? Ich werde auch aus freien StÅcken fÅr Sie arbeiten.Ö ÑDazu kommt es nicht. Eher tÉte ich dich!Ö
Tilk zog den Strahler. Er richtete ihn auf Staehmer und fragte: ÑSoll ich ihn erledigen?Ö ÑNein!Ö herrschte ich ihn an. Ich mÜÄigte mich. ÑStaehmer ist Åberhaupt kein Problem. Habt ihr verstanden? Er ist nicht der Mann, der sich mir in den Weg stellen kann. Ich werde ihn in die Knie zwingen. Aber das hat Zeit bis spÜter.Ö Ja, sagte ich zu mir selbst. Staehmer war nicht so wichtig. Ich wÅrde meine KrÜfte sammeln und dann plÉtzlich meine Suggestionsimpulse auf ihn loslassen. Dann wÅrde er zusammenbrechen egal wie stark sein Wille war! Aber jetzt wollte ich erst einmal demonstrieren, wie fest ich meine Leute in der Hand hatte. Das muÄte auch Staehmer beeindrucken und ihn unsicher machen. ÑWas hast du zu berichten, Neiko?Ö wandte ich mich an den untersetzten BandenfÅhrer, den ich vor zwei Tagen mit der Erledigung eines áber falls beauftragt hatte. Obwohl Neikos Anwesenheit davon zeugte, daÄ der áberfall gelungen war, bemerkte ich keine BeutestÅcke an ihm. Er hatte nur einen kleinen Beutel an seinen GÅrtel gebunden. ÑDa gibt es nicht vielÖ, sagte er. Obwohl ich ihn auch jetzt unter Kontrolle hatte, lieÄ ich ihm genÅgend geistige Freiheit, damit er seine Worte selbst wÜhlen konnte. Es gehÉrte zu meinem psychologischen Schachzug, um Staehmers Abneigung gegen eine geistige Beeinflussung zu veràmindern. Er sollte sehen, daÄ meine Leute, obwohl ich ihnen meinen Willen aufzwang, genÅgend eigene PersÉnlichkeit behielten und auch ausreichend Handlungsfreiheit besaÄen. Neiko fuhr fort: ÑWie aufgetragen, habe ich mit meinen Leuten die Stadt verlassen und mich auf den Weg zu jener Farm gemacht, die von Danton und Deighton als einer der vielen Stabilisierungskerne unterhalten wird. Ich lieÄ erst einmal die Gegend auskundschaften und fand folgendes heraus. Auf der Farm wurden Ackerbau und Viehzucht betrieben. Es gab nur insgesamt sieben nicht ganz Verdummte, darunter zwei Superiors, die dreiÄig Verdummte bei der Feldarbeit beaufsichtigten. Waffen gab es weit und breit keine, auch Roboter waren nicht vorhanden, weil die beiden Superiors
ihre Hilfe untersagt hatten. Mir war also gleich klar, daÄ wir mit keiner allzu groÄen Gegenwehr zu rechnen hatten. Nun, ich verteilte meine Leute...Ö ÑHalt!Ö unterbrach ich ihn. ÑIch mÉchte keine Einzelheiten Åber den áberfall hÉren.Ö Staehmer schaltete sich ein. ÑWieso? Sind Sie etwa so zartbesaitet?Ö fragte er spÉttisch. ÑIch hasse GrausamkeitenÖ, antwortete ich wahrheitsgetreu. ÑIch kann kein Blut sehen. Mord und Totschlag stoÄen mich ab. Wenn ich trotzdem drastisch vorgehe und in der Wahl meiner Mittel nicht immer wÜhlerisch bin, dann nur, weil es keine Alternative gibt. Ich muÄ die alte Welt vertilgen, um eine neue aufbauen zu kÉnnen.Ö Neiko war sichtlich enttÜuscht, daÄ er den Ablauf des áberfalls nicht detailliert schildern konnte. ÑWir sind also losgestÅrmt und haben alle niedergemacht...Ö Mein Magen krampfte sich zusammen. ÑNeiko!Ö wies ich den BandenfÅhrer zurecht. ÑSchon gutÖ, sagte er und schaute mich scheu an, weil er wohl eine Bestrafung befÅrchtete. Dann berichtete er weiter: ÑNachdem wir die Farm gesÜubert hatten, schnappten wir uns zwei KÅhe und brieten sie. Das ist alles.Ö ÑDas ist alles?Ö wiederholte ich erstaunt. ÑDu weiÄt, daÄ ich nach jedem áberfall ein BeweisstÅck sehen mÉchte, an dem ich erkenne, daÄ er auch durchgefÅhrt wurde.Ö ÑWeiÄ ichÖ, sagte Neiko und senkte den Blick. ÑUnd ich hab' mich auch daran gehalten. Nur...Ö Ich wurde wÅtend. ÑWas soll das? Hast du einen Beweis fÅr den áber fall auf die Farm oder nicht?Ö ÑDochÖ, versicherte Neiko. ÑEr befindet sich hier in dem Beutel.Ö ÑWarum weist du ihn dann nicht vor?Ö ÑIch dachte ...Ö Er sprach den Satz nicht zu Ende. Ich schaute auf den Beutel und Åber legte, was er enthalten mochte. In der Regel brachten meine Leute technische GerÜte als BeutestÅcke mit, aber Neiko war geistig entartet, und man konnte bei ihm nie wissen, welche áberraschung er auftischte. Trotzdem entschloÄ ich mich, das BeweisstÅck zu betrachten.
ÑZeige mir den Inhalt des BeutelsÖ, verlangte ich. Er zÉgerte, fingerte aber dann an der VerschnÅrung herum, lÉste den Beutel von seinem GÅrtel und schÅttete den Inhalt auf dem Boden aus. Im ersten Augenblick wuÄte ich nicht, was ich von den seltsamen Gebilden halten sollte. Sie boten keinen schÉnen Anblick, das war alles, was ich feststellte. Aber dann ging ich noch nÜher an das Panzerglas und erkannte, worum es sich handelte. Ich zuckte zurÅck und schrie auf. Ich taumelte rÅckwÜrts bis zur gegenÅberliegenden Wand. Der Schock saÄ mir so fest in den Gliedern, daÄ ich mich kaum bewegen konnte. In meinem Kopf drehte sich alles im Kreise. Ich wollte ganz einfach nicht wahrhaben, was ich gesehen hatte - und doch wuÄte ich, daÄ es schreckàliche RealitÜt war. Mir wurde Åbel. Nein, das hatte ich nicht gewollt. Ich wollte die Welt verÜndern, ja, aber verbessern, nicht verschlechtern. Ich wollte in meinem Imperium keine verrohten Untertanen, die toten Tieren die Ohren abschnitten und sie mir dann als TrophÜen brachten. Dieses schreckliche Bild wÅrde mich bis in meine TrÜume verfolgen, Ich redete mir ein, daÄ ich mir alles nur einbildete. Aber ich konnte mich der RealitÜt nicht verschlieÄen. Das Grauen hatte mich gepackt und lieÄ mich nicht mehr los. ÑWas ist, Opinzom?Ö hÉrte ich Tilks Frage. ÑSollen wir zu Ihnen kommen?Ö ÑNein, nur das nicht!Ö Ich schickte an Tilk und Neiko den Befehl, sich nicht vom Fleck zu rÅhren. Sie konnten mir nicht helfen, nur schaden. Ich war froh, daÄ sie den Weg zu mir in den Sterilraum nicht kannten, denn ihr Eindringen hÜtte meine Situation nur verschlimmert. Ein Hauch, ein Luftzug, die WÜrme eines menschlichen KÉrpers hÜtten bei mir unweigerlich zu BewuÄtseinsstÉrungen gefÅhrt. Es war gut, daÄ Tilk und Neiko durch meinen Befehl auf ihre PlÜtze gebannt waren. Sie konnten sich nicht bewegen. Serkano Staehmer dagegen unterlag nicht meinem EinfluÄ! War er ein Mutant?
Nein, das muÄte ich ausschlieÄen. Er muÄte irgend etwas anderes an sich haben, das meine parapsychischen Impulse wirkungslos von ihm abprallen lieÄ. Ich konzentrierte mich voll und ganz auf ihn, aber er lachte nur. ÑIhr Spiel ist aus, OpinzomÖ, rief er mir zu. Obwohl die Regler seine Stimme zu einem angenehmen Murmeln modulierten, erkannte ich eine unterschwellige Aggression darin. ÑIch merke Ihre jÜmmerlichen Versuche, mich in Ihre Gewalt zu bekommenÖ, schleuderte er mir entgegen. ÑAber ich erkenne auch, daÄ ich immun dagegen bin. Ich brauche mich nicht anzustrengen, ich brauche Åberhaupt nichts zu tun - trotzdem widerstehe ich Ihrer Beeinflussung.Ö Jetzt hÉrte ich aus seiner Stimme einen triumphierenden Unterton her aus. War er wahnsinnig geworden? Das muÄte die ErklÜrung dafÅr sein, daÄ er sich so seltsam benahm. Vielleicht war sein Geist durch den Anblick der abgeschnittenen Kuhohren getrÅbt worden. Warum sonst sollte er sich plÉtzlich gegen mich auflehnen? ÑKomm zur Besinnung, Staehmer!Ö rief ich ihm zu. Ich muÄte ihn umstimmen, muÄte ihn erkennen lassen, daÄ ich der neue Herr der Erde war. Das konnte mir aber nur gelingen, wenn ich vorerst einmal meiner selbst Herr wurde. Ich muÄte den Schock Åberwinden, den mir der Anblick der... Nicht daran denken! ÑHabe noch GeduldÖ, bat ich Staehmer. ÑIch habe mich gleich wieder in der Gewalt.Ö Warum nur kamen so seltsame Worte Åber meine Lippen? Was war in mich gefahren, daÄ ich jemanden um VerstÜndnis und Geduld bat? Das konnte nicht ich getan haben. Es muÄte ein Irrtum sein! In meiner Verwirrung hatte ich die Worte eines anderen aufgenommen! Ja, das war die ErklÜrung. Was tat Staehmer in diesem Augenblick? Warum machte er sich an Tilks GÅrtel zu schaffen? PlÉtzlich hielt Staehmer Tilks Strahlwaffe in der Hand! Er wÅrde Amok laufen, wenn man ihn nicht aufhielt.
ÑTilk! Neiko! Haltet ihn zurÅck!Ö Von Staehmer kam ein Hohnlachen. ÑSie kÉnnen sich nicht auf mich stÅrzen!Ö rief er mir zu. ÑSie kÉnnen sich nicht bewegen, weil Sie sie mit Ihrem Bann belegt haben!Ö Was redete dieser Wahnsinnige! ÑNicht ich, du hast diese abscheulichen Dinger gesehenÖ, klÜrte ich ihn Åber den wahren Sachverhalt auf. ÑDu hast diese abscheulichen Dinger gesehen und erlittest einen Schock. Versuch den Schock zu Åberwinden, Staehmer, bevor du eine Dummheit begehst.Ö Ich nÜherte mich langsam dem Alarmknopf. ÑEs ist genau umgekehrtÖ, behauptete Staehmer. ÑSie sind krank, Opinzom. Sie gehÉren in Ürztliche Betreuung.Ö Das war der Scherz eines Irren. Ich lachte. ÑIch bin in Sicherheit, StaehmerÖ, sagte ich dann. ÑHier in diesem Sterilraum bin ich vor allen UmwelteinflÅssen sicher. Mir kann nichts passieren.Ö Ich nÜherte mich dem Alarmknopf um einen weiteren Schritt. Staehmer schien meine Absicht erkannt zu haben, denn er hob die Waffe. ÑTun Sie das nicht, OpinzomÖ, forderte er. ÑRÅhren Sie sich nicht von der Stelle, sonst zerstrahle ich die Panzerglaswand!Ö Auf diesen Augenblick hatte ich gewartet. Ich wollte Staehmer durch dieses ManÉver von meinen wahren Absichten ablenken. Und als es mir gelungen war, stÅrzte ich mich mit ganzer Geisteskraft auf sein BewuÄt sein. Ich hÅllte sein Ich ein, wollte es durchdringen - aber es entglitt mir. ÑGeben Sie sich keine MÅhe, Opinzom!Ö Er verhÉhnte mich! Dieser kleine Wurm wagte es, mich mit beiÄendem Spott zu ÅbergieÄen. Aber ich muÄte gute Miene zum bÉsen Spiel machen. Mein KÉrper... Was war mit meinem KÉrper? Nichts, alles in Ordnung. Ich hatte mich vollkommen in der Gewalt. Meine Paragabe funktionierte einwandfrei. Das sah ich an Tilk und Neiko, die wie zu Stein erstarrt dastanden. Serkano Staehmer wÅrde schon noch sehen. Mein Geist war in Ordnung. Und mein KÉrper war in Ordnung. Die Temperatur im Raum betrug plus 12 Grad Celsius. Es gab keine Luftbewe-
gung, keine schmerzhaften GerÜusche, keine ábelkeit erregenden DÅfte, kein blendendes Licht. Ich war geborgen, warum sollte also irgend etwas mit meinem KÉrper nicht in Ordnung sein? PlÉtzlich barst ein Blitz an der Panzerglaswand. Gleich darauf wurde vor meinen Augen alles schwarz. Meine Augen schmerzten. Ich konnte nichts sehen. Ich war blind! ÑJetzt komme ichÖ, hÉrte ich Staehmer rufen. Bluffte er nur? Nein, dieser Wahnsinnige machte Ernst. Er schmolz mit dem erbeuteten Strahler die Glasbarriere. Mir blieb keine andere Wahl, als meine Karten aufzudecken. ÑBleib mir vom Leib, du Narr!Ö schrie ich in hÉchster Verzweiflung. ÑKomm nicht in den Sterilraum, du wÅrdest mich tÉten. Wir kÉnnen dann nicht mehr die Erde erobern!Ö Staehmer hÉrte nicht auf mich. Mit der Sturheit eines Wahnsinnigen bestrich er weiterhin die Glaswand mit Salven aus seiner Strahlwaffe. Da traf mich die Hitze. Mein KÉrper schien zu brennen. Dann kÅhlte sich die Luft etwas ab. Glas barst mit ohrenbetÜubendem Klirren. Ein Wind strich herein, der noch heiÄ genug war, um meinen KÉrper zu versengen. Ich schlug um mich, um das Feuer an meinem KÉrper einzudÜmmen, um die Tausende von haarfeinen Nadeln zu verscheuchen, die von allen Seiten auf mich einstachen. Und dann sah ich Serkano Staehmer herankommen. Ich sah ihn in rotes Licht getaucht, dann von Flammen umhÅllt, dann wieder grellweiÄ, gelb... Meine Augen! Seine Stimme - sie war gellend - zerrte an meinem Trommelfell. ÑSerkano Staehmer ruft Galbraith Deighton! Galbraith Deighton, kommen Sie sofort. Es ist dringend. Ich habe den Mann vor mir, der die Banden organisierte, ein HÜufchen Elend. Ich wiederhole: Galbraith Deighton...Ö Ich bÜumte mich auf, versuchte, die StÅrme abzuwehren, die an mir zerrten, die Hitze einzudÜmmen, die Farben abzuwehren ... Ich war in einem Alptraum gefangen.
Tilk und Neiko bewegten sich plÉtzlich. Sie rannten davon. Ich versuchte, sie zurÅckzuhalten, aber ich konnte keine Gewalt mehr Åber sie ausÅben. ÑVerlaÄt mich nicht!Ö Meine eigene Stimme klang fremd. Ich streckte noch einmal meine FÅhler nach meinen Leuten aus, konzentrierte mich auf Staehmer, der wie ein KoloÄ Åber mir stand - vergebens. Ich war verloren. Meine Gabe versagte, meine Leute lieÄen mich im Stich. Die Mauern der Sicherheit, die ich in all den Jahren um mich aufgebaut hatte, stÅrzten ein. Ich war den UmwelteinflÅssen preisgegeben. Ich rollte meinen KÉrper zusammen. Die GerÜusche, Licht und Farben, Hitze und Wind stÅrzten sich auf mich - und explodierten. Als die Explosion verklungen war, blieb ein stetes Pochen des Schmerzes in mir zurÅck. Der Schmerz kam in Wellen, steigerte sich bis ins UnertrÜgliche, lieÄ nach, um gleich darauf mit verstÜrkter Wucht Åber mich herzufallen. Ich rollte meinen KÉrper noch mehr zusammen. Aber es half nichts. Ich schrie. Aber niemand war da, der meine Qual beendete.
33. Bericht Galbraith Deighton: In den letzten Tagen waren neuerlich áberfÜlle auf Versorgungseinrichtungen gemeldet worden, und erst vor knapp zwanzig Stunden hatte eine Farm auÄerhalb Terms um Hilfe gefunkt. Als ich wenig spÜter mit einem Trupp bewaffneter MÜnner am Schauplatz des Geschehens ein getroffen war, gab es die Farm nicht mehr. Von den fast vierzig Leuten, die auf der Farm gearbeitet hatten, lebte keiner mehr. Wieder zurÅck im Hauptquartier, erhielt ich drei Anrufe. Zwei Åber Hyperkom, den dritten Åber Sprechfunk. Zuerst meldete sich Roi Danton, der nach seiner Mission auf Tahun nach Olymp zurÅckgeflogen war und sich nun auf dem Weg zur Erde befand. Der zweite Hyperkomspruch stammte von Perry
Rhodan. Er kÅndigte seine baldige Zwischenlandung auf Terra an. Ich erklÜrte, wie sehr ich mich auf ein Wiedersehen freute. Und das war selbstverstÜndlich ehrlich gemeint. Aber meine Freude wurde ein wenig getrÅbt. Denn ich hatte gehofft, Rhodan bei seinem Eintreffen die Eliminierung der Banden melden zu kÉnnen. Daraus schien nichts zu werden. In diesem Zusammenhang dachte ich nicht sehr schmeichelhaft Åber Serkano Staehmer. Da erreichte mich sein Anruf Åber Sprechfunk. Ñ ... Elend. Ich wiederhole: Galbraith Deighton, kommen Sie sofort. Ich befinde mich hier in der Grohaan-Opinzom-Stiftung, und ich habe ihn endlich gestellt!Ö Ich konnte mir eine bissige Bemerkung nicht verkneifen, obwohl sie nicht gerechtfertigt war. ÑWen, einen Asthmaleidenden?Ö erkundigte ich mich. Staehmer Åberging meine Bemerkung einfach. ÑKommen Sie sofort heraus, bevor die Ratten das sinkende Schiff verlassenÖ, fuhr er fort. ÑNehmen Sie Bewaffnete mit, es kÉnnte zu einem Kampf kommen. Und denken Sie an einen Arzt. Ich habe den Mann vor mir, der die Banden organisierte. Es ist ein Allergiker, der auf alle normalen UmwelteinflÅsse empfindlich reagiert. Von ihm droht jetzt keine Gefahr mehr...Ö WÜhrend Serkano Staehmer die Gegend beschrieb, in der die Privatklinik lag, ordnete ich an, daÄ sich dreiÄig bewaffnete MÜnner in fÅnf Gleitern startbereit machen sollten. Staehmer sagte abschlieÄend: ÑVielleicht interessiert es Sie, Sir, daÄ es sich bei Grohaan Opinzom um einen Homo superior handelt.Ö Und ob mich das interessierte! Nachdem ich das FunkgesprÜch mit Staehmer beendet hatte, setzte ich mich mit den fÅnfzig Ersten Sprechern des Homo superior in Verbindung und bestellte sie in die Grohaan-Opinzom-Stiftung. Es wunderte mich nicht, daÄ sie die Stiftung kannten. Wir lieÄen den Verbrechern keine Chance zur Flucht. Gerade als wir in den Luftraum Åber der Klinik eindrangen, hob ein Schweber ab, auf dessen Dach das Rote-Kreuz-Zeichen prangte. Ich verlangte Åber Sprechfunk eine Identifikation. Die Insassen gaben sich tatsÜchlich zu erkennen - durch eine Salve aus einem Ther-
mostrahler, der aus einem Seitenfenster geschoben wurde. Daraufhin deckten wir den Schweber unsererseits mit einer kurzen Strahlensalve ein. Er begann zu trudeln und stÅrzte auf eine verlassene StraÄe, die neben der Klinik entlangfÅhrte. Dann schÉssen wir im Sturzflug auf den Park der Klinik hinunter. Noch bevor wir landeten, bestrichen wir das gesamte ParkgelÜnde mit Paralysestrahlen. Die Åberraschten FlÅchtigen brachen reihenweise bewuÄtlos zusammen. Meine Leute hatten spÜter nur wenig MÅhe, sie zu ÅberwÜltigen. Sie brauchten sie nur einzusammeln und in die ausbruchssicheren LaderÜume der Gleiter zu verfrachten. Ich brauchte diese Routineangelegenheit nicht zu beaufsichtigen, sondern wandte mich mit fÅnf Leuten dem GebÜude der Privatklinik zu. Von dort kam keine Gegenwehr, denn die Banditen waren alle ins Freie geflÅchtet. Als wir durch den Haupteingang in die Halle kamen, erblickte ich sofort Serkano Staehmer, der auf dem Boden kniete und eine leblose Gestalt in den Armen hielt. Es handelte sich um einen kleinen, unscheinbaren Mann, der in Lumpen gekleidet war. Ihm war nicht mehr zu helfen. Der SchuÄ aus einer Strahlwaffe hatte ihn voll getroffen. ÑIst das der Suggestor?Ö erkundigte ich mich. Staehmer schÅttelte den Kopf. ÑOpinzom ist oben, in seinem zerstÉrten Sterilraum. Das hier ... war Memo. Er hieÄ mit richtigem Namen Grielman Long und war Professor fÅr Extra Zerebrale Integration. Ich habe Ihnen von ihm erzÜhlt. Er hat eine Methode gefunden, um durch eine Gehirnoperation den Verdummungseffekt auszuschalten.Ö ÑEs tut mir leid ...Ö, sagte ich und unterbrach mich selbst. Ich konnte fÅr den Professor nichts mehr tun. Er war schon seit einiger Zeit tot und konnte auch nicht mehr durch die Kunst der ârzte ins Leben zurÅckgerufen werden. Ich rÜusperte mich und fragte: ÑHaben Sie seine Arbeitsàunterlagen sichergestellt?Ö Serkano sagte bedrÅckt: ÑBevor Memo starb, hat er mir gesagt, wo er die Unterlagen aufbewahrte ... Ich war oben und hÉrte ihn rufen. Ich rannte sofort ins ErdgeschoÄ. Aber ich kam zu spÜt. Einer
der beiden BandenfÅhrer - ich glaube, es war Neiko - hatte ihn niedergeschossen, als er sich ihm in den Weg stellte ...Ö Staehmer sah hoch. ÑHaben Sie Neiko und Tilk noch erwischt? Sie wollten mit einem Schweber flÅchten.Ö ÑWir haben einen Schweber abgeschossenÖ, erklÜrte ich ungeduldig. ÑWas ist nun mit den Unterlagen?Ö Staehmer lÜchelte bitter. ÑMemo sagte mir, daÄ er die Unterlagen stÜndig bei sich getragen hatte. Er trug sie unter der Bluse, Sir. Sie befanden sich genau dort, wo ihn der Energiestrahl getroffen hat.Ö Ich wuÄte darauf nichts zu sagen und wechselte das Thema. ÑBefindet sich der Suggestor in sicherem Gewahrsam?Ö Staehmer lieÄ den Toten zu Boden gleiten und erhob sich. ÑGrohaan Opinzom ist auÄerstande, irgend etwas zu unternehmenÖ, sagte er. ÑDurch den Allergieanfall besitzt er Åberhaupt kein ReaktionsvermÉgen mehr. Er bÅÄte dadurch offensichtlich auch seine FÜhigkeit ein.Ö ÑFÅhren Sie mich zu ihmÖ, bat ich Staehmer. Als wir in den ehemaligen Sterilisationsraum kamen, sah ich sofort, daÄ uns von Grohaan Opinzom keine Gefahr mehr drohte. Er lag in einer Ecke zusammengerollt, die Beine angezogen, die HÜnde schÅtzend Åber den Kopf gelegt. Sein KÉrper zuckte konvulsivisch. ÑEr muÄ schreckliche Qualen ausgestanden haben, als er plÉtzlich normalen UmwelteinflÅssen ausgesetzt warÖ, erklÜrte mir Staehmer. ÑDie Schmerzen waren so arg, daÄ sie schlieÄlich seine labile Psyche zerrÅtteten. Ich injizierte ihm ein schmerzstillendes Mittel, bevor er endgÅltig in geistige Umnachtung verfallen konnte.Ö Grohaan Opinzom machte einen mitleiderregenden Eindruck. Es war mir unmÉglich, in ihm noch den Verbrecher zu sehen, der bis vor kurzem viele unschuldige Menschen in den Tod geschickt hatte. Er war in meinen Augen nicht mehr der Eroberer, dem es mit etwas mehr GlÅck vielleicht gelungen wÜre, die Herrschaft Åber Terra an sich zu reiÄen. Er war fÅr mich ein Kranker, von dem man fÅr die begangenen Untaten keine SÅhne verlangen konnte. Man muÄte ihm helfen, seine Leiden lindern.
Aber ich war beim Anblick des zitternden MenschenbÅndels auch nicht ohne Bitterkeit. ÑAm Beispiel Grohaan Opinzoms muÄ der stolze und arrogante Homo superior endlich erkennen, daÄ auch er nicht gegen menschliche SchwÜchen gefeit ist.Ö Ich hatte dies kaum gesagt, als die fÅnfzig Ersten Sprecher in der Klinik eintrafen. In ihren Gesichtern stand tiefe ErschÅtterung zu lesen, als ich Åber Grohaan Opinzoms verbrecherische Machenschaften erzÜhlte. Ich scheute auch nicht davor zurÅck, grauenvolle Einzelheiten von Opinzoms Taten zu schildern. Es stÉrte mich nicht, daÄ einigen der Ersten Sprecher dabei schlecht wurde. Im Gegenteil, ich wollte sie mit der RealitÜt konfrontieren, ich wollte ihnen vor Augen halten, daÄ sie so wenig unfehlbar waren wie der Homo sapiens. Und das gelang mir. Harper Buroom, jener Sprecher, mit dem ich in letzter Zeit stÜndig in Kontakt gestanden hatte, zeigte sich zutiefst zerknirscht. ÑOpinzom war schon immer das GeschwÅr in unserer GruppeÖ, meinte er. ÑWir hÜtten schon vor langer Zeit seine GefÜhrlichkeit er kennen mÅssen. Aber wir wollten ihm eine Chance geben. Wir dachten, wenn wir fÅr ihn Bedingungen schaffen, die sein Dasein ertrÜglicher machen, wÅrde das auch seinen Charakter positiv beeinflussen. Es schien sich auch ein Erfolg eingestellt zu haben, aber offensichtlich hat uns Opinzom nur getÜuscht. Ich kann gar nicht die Worte finden, um auszudrÅcken, wie schrecklich und abstoÄend wir Opinzoms Verhalten finden. Ich mÉchte Sie hier im Namen aller aus unserer Gruppe um Verzeihung bitten.Ö Ich konnte mir vorstellen, welcher Aufruhr in Harper Burooms Innerem herrschte, wenn er eine so demÅtige Haltung einnahm. Denn es muÄte fÅr einen Homo superior eine Erniedrigung sondergleichen sein, sich bei einem Homo sapiens zu entschuldigen. Aber gerade diese Einàstellung zeigte die Achillesferse der Philosophie des Neuen Menschen auf. ÑBuroomÖ, sagte ich unerbittlich. ÑIhr SchÜfchen hat kein Kavaliersdelikt begangen, er hat eine Schuld auf sich und auf alle Gesinnungsgenossen geladen, die durch einige verbindliche Worte nicht
getilgt werden kann. Opinzom hat unzÜhligen Menschen die Freiheit geraubt und sie dazu angestiftet, ihre eigenen BrÅder niederzumetzeln. Und Sie wollen diese Verbrechen mit einer Entschuldigung aus der Welt schaffen!Ö ÑGehen Sie mit dem Homo superior nicht so hart ins Gericht, DeightonÖ, bat Buroom. ÑSie wissen, daÄ niemand in diesem Universum so sehr gegen BlutvergieÄen ist wie wir. Wir sind JÅnger der NÜchstenliebe, Apostel des Friedens ...Ö ÑUnd willst du nicht mein Bruder sein, so schlag' ich dir den SchÜdel ein!Ö sagte ich bitter. Buroom war sichtlich verstÉrt. ÑWir wollen helfen, Deighton!Ö rief er fast flehend. ÑWir wollen Gutes tun, eine bessere, schÉnere Welt auf bauen. Aber nie lag es in unserer Absicht, zu zerstÉren.Ö ÑWorte! Worte!Ö brauste ich auf. ÑSie reden von einer besseren Welt und tun nichts dafÅr. Was noch schlimmer ist - Sie lassen zu, daÄ jemand aus Ihren Reihen die letzten Bastionen der Menschheit zerstÉrt und uns die letzte Hoffnung fÅr eine Zukunft raubt. Reden Sie nicht, sondern helfen Sie durch Taten!Ö ÑDas werden wirÖ, versprach Harper Buroom feierlich. ÑWir werden helfen. Mehr denn je, tatkrÜftiger denn je. Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daÄ der Homo superior von nun an mit allen zur VerfÅgung stehenden Mitteln dazu beitragen wird, das Chaos zu beseitigen. Wollen Sie mir glauben und mein Angebot annehmen, Mister Deighton?Ö ÑIch vertraue Ihnen, Mister BuroomÖ, versicherte ich nach kurzem ZÉgern. Wir schÅttelten einander die HÜnde. Buroom wandte sich Grohaan Opinzom zu. Der Suggestor war von den Ersten Sprechern auf die Beine gezerrt worden. Zwei von ihnen hatten ihn in die Mitte genommen und fÅhrten ihn nun Buroom vor. ÑDu bist ein gemeiner Verbrecher, GrohaanÖ, schleuderte Buroom ihm entgegen. ÑBeinahe bedauere ich es, daÄ wir keine Bestrafung kennen, die fÅr deine schÜndlichen Taten angemessen wÜre. Wir finden es barbarisch, an Rache zu denken, SÅhne zu verlangen. Aber ich muÄ eingestehen, daÄ mir in deinem Fall dieser Gedanke nicht fernliegt. Trotzdem will ich unseren GrundsÜtzen treu bleiben
und dich nicht bestrafen. Aber du sollst fÅr immer und ewig ein AusgestoÄener sein.Ö Opinzom stierte sein GegenÅber aus blutunterlaufenen Augen an. ÑNeinÖ, stÉhnte er. In seinem Gesicht zuckte es. Die Ersten Sprecher lieÄen ihn los, so daÄ er schwankend dastand. ÑNeinÖ, wiederholte er wieder. Seine HÜnde fuhren richtungslos Åber den KÉrper. ÑNein ... ich ... Farben und Hitze und Geschrei. Ich halte es nicht aus. Gebt mir Dunkelheit und Stille. Bitte, sperrt mich ein. Ich brauche Ruhe und Abgeschiedenheit ... und eine Temperatur von plus zwÉlf Grad Celsius ... Bitte!Ö ÑGeh uns aus den Augen!Ö ÑNein!Ö Es war ein langgezogener Schrei. Grohaan Opinzoms HÜnde preÄten sich gegen seine SchlÜfen, als bereite ihm seine eigene Stimme Schmerzen. PlÉtzlich rannte er los. Er schob die Umstehenden beiseite, schlug sie nieder, wenn sie nicht auswichen, und wandte sich dem abgedunkelten Fenster zu. ÑIch ... Nein! Nicht! Hitze - Wind - grelles Licht! Ich ertrage es nicht mehr!Ö Mit einem letzten Aufschrei sprang er gegen die lichtundurchlÜssige Fensterscheibe. Glas zersplitterte, Opinzom brach durch und fiel in den Park hinunter. Als wir zu ihm kamen, war er tot. Er hatte sich das Genick gebrochen. Ich fÅhlte mich wie am Morgen einer neuen Zeit. Dabei passierte nichts Weltbewegendes - die Gefahr durch den Schwarm war nach wie vor akut, das All war erfÅllt von unzÜhligen Notrufen. Aber eine Reihe von kleineren Ereignissen vollzog sich, die in ihrer Gesamtheit dazu angetan waren, meine Stimmung zu heben. Ich blickte zur Seite, wo Roi Danton stand. ÑEmpfinden Sie es auch?Ö fragte ich ihn. Er nickte abwesend. Sicher hatte er meine Frage nicht einmal verstanden. Er blickte mit zusammengekniffenen Augen zum Himmel empor, der sich azurblau Åber den Gobi-Raumhafen SÅd spannte. ÑDie GOOD HOPE II befindet sich noch gut 20.000 Kilometer von der Erde entferntÖ, klÜrte ich ihn auf.
ÑDas ist nur ein KatzensprungÖ, sagte er mit einem feinen LÜcheln. Seit er vor zwei Tagen von Olymp zurÅckgekommen war, lÜchelte er zum erstenmal. Er hatte auf Tahun, dem Medo-Center der USO, und der ehemaligen Freihandelswelt Olymp einige Dinge ins rechte Lot gebracht. Trotz seiner erfolgreich abgeschlossenen Mission war er als ernster und nachdenklicher Mann nach Terra zurÅckgekehrt. Jetzt lÜchelte er plÉtzlich, und ich wuÄte, daÄ er Ühnlich wie ich empfand. Wir alle erhielten durch das bevorstehende Eintreffen Perry Rhodans einen mÜchtigen Auftrieb. Ich empfing die positiven Emotionen der Umstehenden, und das schlug sich auf meine Stimmung. Ich wollte das in Worten ausdrÅcken, doch da kam einer der Offiziere heran, die ich mit der Absperrung dieses Sektors des Raumhafens beauftragt hatte. Nach Grohaan Opinzoms Tod waren zwar die áberfÜlle schlagartig zurÅckgegangen, was nicht zuletzt auf Serkano Staehmer und die MÜnner zurÅckzufÅhren war, die ich ihm fÅr eine groÄangelegte SÜuberungsaktion zur VerfÅgung gestellt hatte. Aber immer noch zogen Gruppen der aufgesplitterten Banden umher. Da ich bei Rhodans Ankunft kein Risiko eingehen wollte, hatte ich verschiedene SicherheitsmaÄnahmen getroffen. ÑEin Funkspruch von Serkano Staehmer, SirÖ, meldete der Offizier. Ich hatte Bedenken. Hoffentlich befand sich der Dolmetscher nicht in Schwierigkeiten. Ich bereute es in diesem Moment, ihn fÅr eine Aufgabe abgestellt zu haben, die nicht in sein Ressort fiel. Aber meine BefÅrchtungen waren unbegrÅndet. ÑAuftrag ausgefÅhrtÖ, berichtete Staehmer von der Mattscheibe des BildsprechgerÜtes. Er schien erschÉpft, aber zufrieden. Er fuhr fort: ÑDie Aufzeichnungen Grohaan Opinzoms haben uns bei der Suche nach den Bandenverstecken ausgezeichnete Dienste erwiesen. Die Organisation ist zerschlagen, und in nÜchster Zeit brauchen wir das Bandenunwesen nicht zu fÅrchten. Wir haben alle AnfÅhrer der groÄen Banden gestellt. In vier FÜllen war es uns nicht mÉglich, Gefangene zu machen. Es kam zu KÜmpfen, bei denen die BandenfÅhrer ums Leben kamen. Die anderen befinden sich jedoch in sicherem
Gewahrsam. Bei einigen habe ich das GefÅhl, daÄ man sie durch psychodynamische Behandlung wieder rehabilitieren kÉnnte.Ö ÑDas wÅrde mich freuenÖ, sagte ich. ÑIch mÉchte Ihnen noch nachtrÜglich versichern, daÄ Sie auÄergewÉhnliche Arbeit geleistet haben, Staehmer. Nur...Ö ÑDanke, Sir.Ö Ñ... nur ist mir in Ihrem Bericht ein Punkt aufgefallen, der nÜherer ErklÜrung bedÅrfteÖ, fuhr ich fort. ÑSie haben geschrieben, daÄ Opinzom schon bei der ersten Begegnung nicht in der Lage war, Sie zu beeinflussen. Haben Sie eine ErklÜrung dafÅr? Als Suggestor konnte er seine FÜhigkeiten zweifellos auch bei Mentalstabilisierten anwenden.Ö ÑIch habe eine ErklÜrungÖ, sagte Staehmer zÉgernd. ÑAber ich fÅrchte, ich komme in den Verruf, aberglÜubisch zu sein, wenn ich sie Ihnen gebe. Ich trage ein Amulett der Galwainesen von Pirrat bei mir. Ich bin davon Åberzeugt, daÄ seine Ausstrahlung Opinzom irritierte und es ihm unmÉglich machte, mich in seine Gewalt zu bekommen. Das wollte ich nicht in den Bericht schreiben.Ö ÑVerstÜndlich. Aber warum soll es sich nicht so verhalten haben?Ö Ich kehrte an den Rand des Planquadrates zurÅck, auf dem Perry Rhodans Raumschiff landen sollte. Roi Danton deutete schweigend in den Himmel, wo ein rasch grÉÄer werdender Punkt zu erkennen war. Die GOOD HOPE II war gelandet. Nachdem alle Triebwerke verstummt waren, herrschte eine Weile Schweigen. Der Wind und das Knistern erkaltenden Metalls waren zu hÉren. Dann entstiegen sie nacheinander dem Schiff. Zuerst Perry Rhodan in Begleitung Atlans. Dann folgten Joak Cascal und Alaska Saedelaere, Gucky watschelte hinter Ras Tschubai drein. Lord Zwiebus erschien, fingerte nervÉs an seiner speziell angefertigten Uniform herum. Takvorian und Merkosh der GlÜserne kamen hinter dem Neandertaler... Der Jubel, der losbrach, war unbeschreiblich. Ich hÜtte nicht gedacht, daÄ eine so kleine Menschenmenge solchen Krach schlagen kÉnnte. Wir empfingen Perry Rhodan und seine Schiffsbesatzung
wie Retter. Ich spÅrte aus den GefÅhlen meiner Leute heraus, welche unglaubliche Wirkung Rhodans Kurzbesuch auf Terra hatte. Er trat zu uns, schÅttelte Roi Danton und mir wortlos die Hand. Atlan trat heran. Wir lÜchelten einander an. Es wurden keine groÄen Worte gemacht. Die Zeit groÄer Worte war vorbei. Wir setzten uns in Bewegung, auf die wartenden Gleiter zu. Ich rÜusperte mich. ÑDie Lage in Terrania City hat sich beruhigtÖ, sagte ich. ÑGott sei DankÖ, versetzte Rhodan. ÑIn der Åbrigen Galaxis hat sich leider noch nichts geÜndertÖ, warf Atlan ein. ÑEs wird sich ÜndernÖ, versprach Rhodan. ÑWie lange wollen Sie bleiben?Ö erkundigte ich mich. ÑNicht langeÖ, sagte Rhodan. ÑWir mÅssen wieder hinaus ins All. Nur dort, in der NÜhe des Schwarms, kann eine LÉsung gefunden werden. Oder sogar im Schwarm. Wir werden sehen. Wir mÅssen abwarten - und trotzdem aktiv sein. Sie wissen, was ich damit meine, Deighton?Ö ÑIch verstehe.Ö Rhodan fuhr wie im SelbstgesprÜch fort: ÑDiesmal wird die Menschheit gefordert wie noch nie zuvor in ihrer Entstehungsgeschichte. Wir sind nicht einmal David, der gegen Goliath zu kÜmpfen hat. Wir sind der Sterbende, der mit dem Mysterium des Todes konfrontiert wird. Wie kÉnnen wir den Tod Åberlisten?Ö Ich lachte ein wenig gekÅnstelt, um Rhodans dÅstere Worte abzuschwÜchen. ÑIn dem sterbenden KÉrper Menschheit leben aber noch etliche Zellen, die sehr aktiv gegen den Exitus kÜmpfen. Ich zweifle nicht daran, daÄ diese wenigen Zellen des Lebens erfolgreich sein wer den.Ö ÑVergessen Sie meine Worte, Gal, sie waren nicht ernst gemeintÖ, sagte Rhodan. ÑManchmal werde ich einfach melancholisch - sozusagen, um den Optimismus zu kompensieren, der hier von gewissen Seiten auf mich einstrÉmt. LaÄt uns Realisten sein: Unsere Chance betrÜgt vielleicht eins zu einer Million. Aber wir werden alles tun, um eine gÅnstigere Quote herauszuholen.Ö ÑDie Menschheit vertraut Ihnen.Ö Ich deutete auf meine Leute. ÑIhr Erscheinen allein genÅgt, um die Menschen neuen Mut schÉp-
fen zu lassen. Es ist, als hÜtten die MÜnner und Frauen eine aufputschende Injektion erhalten.Ö ÑDas ehrt michÖ, sagte Rhodan. ÑAber die Leute sollen auch wissen, daÄ ich alleine nichts bewirken kann. Allein ist jeder von uns machtlos. Aber jetzt, in der Stunde der BewÜhrung, sind wir eine geschlossene Einheit. Und das macht uns stark.Ö Rhodan blickte mich an. ÑSie wissen, daÄ sich der Schwarm auf Sol zubewegt. Ich habe Grund zu der Annahme, daÄ er frÅher oder spÜter durch das Solsystem ziehen wird.Ö Wir erreichten die Gleiter, bestiegen sie und flogen in die Tiefbunkeranlagen von Imperium Alpha. Die erfreuliche Bilanz, die Roi Danton und ich auf Tahun und auf Terra ziehen konnten, war nicht imstande, irgend jemand Åber die Gesamtsituation hinwegtÜuschen zu kÉnnen. Sie war trist. Diesmal, so wuÄten wir alle, muÄte mehr als ein Wunder geschehen, um den Untergang der Zivilisation, das Ende der Menschheit zu verhindern.
ENDE
Nachwort
Sie sind Zeuge einer Revolution. Der Zyklus ÑDer SchwarmÖ, dessen Auftakt Sie eben gelesen haben, hat bei seiner ErstverÉffentlichung eine UmwÜlzung eingeleitet, die PERRY RHODAN komplett umkrempeln sollte. Der kosmische Touch, das Markenzeichen der grÉÄten Science Fiction-Serie der Welt, wurde mit der Geschichte um den Sternenschwarm geboren. Viele Jahre lang folgte PERRY RHODAN einem verblÅffend einfachen und verblÅffend effektiven Grundprinzip: Am Beginn jeder Storyline, ÑZyklusÖ im Insider-Jargon genannt, trat ein neuer Gegner auf den Plan, den Perry Rhodan im Verlauf der Story besiegte. Mit jedem Zyklus wurde der Gegner mÜchtiger, die Bedrohung gefÜhrlicher. Doch irgendwann wurde klar, daÄ diese Steigerung nicht mehr funktionierte. Ein neues Konzept muÄte her - das Resultat ist ÑDer SchwarmÖ. Wieder tritt ein mÜchtiger Gegner an, doch der Schwarm ist kein simpler Invasor. Er tÉtet seine Feinde nicht, er verdummt sie. Wieso, weiÄ niemand. Auch nicht, wer der Herr (oder die Herren?) des Schwarms ist (oder sind?), wozu die Verdummung dient oder wieso ihm ausgerechnet die MilchstraÄe zum Opfer fÜllt. Fragen Åber Fragen. Von ihrer Beantwortung hÜngt das Schicksal nicht nur der Menschheit, sondern das der gesamten Galaxis ab. Ihre Beantwortung erÉffnet dem Universum von PERRY RHODAN - und damit Ihnen, den Lesern - eine neue Dimension: die Erkenntnis, daÄ es im Universum unbegreifliche hÉhere MÜchte gibt, von deren Existenz die Menschheit bislang nicht einmal ahnte ... und die dennoch Åber ihr Schicksal bestimmen. Ihre PERRY RHODAN-Redaktion