Der Vegetarismus und die Einwände seiner Gegner
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Dr. P. Andries _____________________ Leipzig 1893. Verlag von Karl...
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Der Vegetarismus und die Einwände seiner Gegner
Von
Dr. P. Andries _____________________ Leipzig 1893. Verlag von Karl Lentze.
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Einleitung .................................................................................................. 1 Ueber den Zweck der Nahrungsmittel und die verschiedenen Arten derselben............................................................................................... 7 Die Verdauung........................................................................................ 12 Der Eiweissbedarf des Menschen .......................................................... 19 Einige allgemeine Betrachtungen, die gegen den Fleischgenuss sprechen.............................................................................................. 56 Die vom lebenden Tiere stammenden Nahrungsmittel ........................ 70 Wo ist die wahre Heimat des Menschen? ............................................. 90 Die wahre Nahrung des Menschen ...................................................... 102 Ueber die Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich der Ein- und Durchführung des Vegetarismus entgegenstellen.......................... 115 Einige morphologische Beweise für die Stellung des Menschen als Fruchtesser im Tierreiche................................................................ 124
Vorwort Das vorliegende Büchlein verdankt seine Entstehung den vielfach geäusserten Wünschen zahlreicher Leser der «Vegetarischen Rundschau», die in dieser Zeitschrift im Laufe der Jahre 1890/91 vom Verfasser veröffentlichte Artikelreihe: «Der Vegetarismus und die Einwände seiner Gegner» in Buchform vereinigt und daher leichter zugänglich gemacht zu sehen. Ein einfaches Aneinanderreihen dieser Artikel würde jedoch den organischen Zusammenhang des behandelten Stoffes zu wenig haben hervortreten lassen; deshalb schien es notwendig, noch einige ergänzende und zum besseren Verständnisse wichtiger Punkte erforderliche neue Abschnitte zuzufügen. Die neu hinzugekommenen Kapitel behandeln: Die verschiedenen Arten der Nahrungsmittel und deren Zweck; den Verdauungsprozess; einige allgemeine Betrachtungen, die gegen den Fleischgenuss sprechen; die Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich der Ein- und Durchführung des Vegetarismus entgegenstellen; einige morphologische Beweise für die Stellung des Menschen als Fruchtesser im Tierreiche. Ausserdem kamen noch viele verschiedene Zusätze von zum Teil beträchtlichem Umfange hinzu, die zur Erhöhung der Beweiskraft mancher Sätze wesentlich beizutragen schienen, aber entweder noch gar nicht oder zerstreut in der »Vegetarischen Rundschau» veröffentlicht waren; sie wurden an passender Stelle eingefügt. Auf diese Weise ist die ursprüngliche Artikelreihe auf das Doppelte erweitert worden. Da der Verfasser hauptsächlich vegetarische Leser im Auge hatte, so versuchte er durch seine Ausführungen dieselben in den Stand zu setzen, ihre vegetarische Lebensweise vor sich und anderen rechtfertigen zu können; besonders legte er das grösste Gewicht auf die gründliche Widerlegung des von der heutigen Physiologie noch immer behaupteten grossen Eiweissbedarfs des Menschen, weshalb auch der Inhalt des Büchleins vorzugsweise die physiologische Seite des Vegetarismus behandelt. Ausserdem schien es ihm dringend notwendig, in einem besonderen Kapitel sowohl die Anhänger des Vegetarismus als auch diejenigen der Naturheilkunde, die zum Teil die Vorteile der vegetarischen Lebensweise anerkennen, sich aber gegen die volle Durchführung derselben ablehnend verhalten, über die Folgen dieser Lebensweise aufzuklären und darzuthun, dass die eintretenden kritischen Erscheinungen Heilkrisen bilden, die zu wirklicher Heilung vorhandener krankhafter Zustände führen, also eintreten sollen, und somit nicht als Krankheiten aufzufassen sind, die der Organismus sich unnötiger Weise zugezogen hat. Gerade inbetreff dieses Punktes herrschen die falschesten Vorstellungen, weil die Menschen nicht wissen, wie krank sie sind und welche unendliche Mühe es kostet, krankhafte Zustände vollständig zu beseitigen. Berlin, im September 1892. Der Verfasser
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Einleitung Man sagt, die Wahrheit spricht für sich selbst; sie thut dies auch, aber leider oft in so versteckter Weise, dass es dem Menschen meist sehr schwer wird, sie aufzufinden. Jahrtausende hindurch hat die gesamte Menschheit geglaubt, die Erde nehme den Mittelpunkt des Weltalls ein, und um diese absolut im Raume feststehende Erde drehe sich die Sonne, der Mond, die Planeten und das ganze grosse Heer der Fixsterne. Es darf uns also nicht verwundern, dass die alten Astronomen die tägliche Bewegung der Gestirne durch die Annahme einer wirklichen Krystallsphäre zu erklären suchten, welche in 24 Stunden sich einmal um ihre Axe drehe. Diese Annahme lag sehr nahe, widersprach auch nicht den damals noch höchst unvollkommenen physikalischen Begriffen; sie bedurfte jedoch einer Erweiterung, als das Studium der Planetenbewegung zu Widersprüchen führte, die nur durch Annahme weiterer Krystallsphären (bis zu 8) beseitigt werden konnten. Auf diese Weise entstand ein höchst verwickeltes astronomisches System, das trotzdem doch nicht allen beobachteten Erscheinungen gerecht zu werden vermochte. Als nun im 16. Jahrhundert Kopernikus den Satz aufstellte, dass die Erde sich um ihre Axe drehe und zugleich um die Sonne bewege, schwanden so zu sagen mit einem Schlage alle die Widersprüche, die die alten Astronomen gezwungen hatten, ein so verwickeltes System aufzustellen. Durch die einfache Umkehrung des Satzes von der feststehenden Erde in die sich drehende und im Räume fortschreitende hatte man die Tausende von Jahren hindurch gesuchte Wahrheit endlich gefunden. Heute betrachtet es fast jeder als eine selbstverständliche Thatsache, dass die Erde sich um sich selbst und um die Sonne drehe; aber welche unendliche Mühe hat es gekostet, um den Menschen diese einfache Wahrheit klar zu machen und sie davon zu überzeugen. Ganz ähnlich verhält es sich mit der Frage: Welches ist die richtige Nahrung für den Menschen, reine Pflanzenkost oder Fleischkost, beziehungsweise gemischte Kost ? Seit vielen Jahrtausenden leben nun schon die Menschen auf dieser Erde, bewohnen alle Zonen derselben, haben alle die diesen Zonen entsprechenden Produkte des Tier- und Pflanzenreichs kennen gelernt und wissen immer noch nicht, aus welchem dieser beiden Reiche sie ihre Nahrung vorzugsweise nehmen sollen. Sie stehen in diesem Punkte weit hinter dem Esel und Ochsen
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zurück, denen ihre Nase mit grösster Bestimmtheit sagt, was sie fressen dürfen oder sollen und was nicht. Und doch ist diese Frage von der fundamentalsten Bedeutung für die gesamte Menschheit, ja man kann sagen, es giebt keine Frage und hat nie eine solche gegeben, die nur annähernd von solcher Bedeutung ist, wie die der Ernährungsweise des Menschen. Denn von der richtigen Ernährung des Menschen hängt dessen körperliches und geistiges Wohlbefinden, überhaupt dessen normale Existenz nach jeder Richtung hin ausschliesslich ab, wie aus unseren späteren Betrachtungen hervorgehen wird. So wie nun schon vor Jahrtausenden es Menschen gegeben hat, die erkannten, die Erde müsse sich um eine Axe drehen und zugleich um die Sonne bewegen, wenn man mit den Erscheinungen nicht in Widerspruch geraten wolle, die aber mit ihren Anschauungen nicht durchzudringen vermochten, so hat es auch schon vor Jahrtausenden Menschen gegeben, die erkannten, dass nur reine Pflanzennahrung für den Menschen sich eigene, aber mit ihrer Ansicht ebensowenig durchzudringen vermochten. Während aber die astronomische Frage nun schon seit über 300 Jahren gelöst ist, harrt die Ernährungsfrage noch immer ihrer Lösung, noch fragt sich die Menschheit in Betreff dieses Punktes: Was ist Wahrheit? Vor der Hand ist auch wenig Aussicht vorhanden, dass diese Frage einer baldigen Lösung entgegen gehe, weil die Entwicklung der auf dieselbe speziell Bezug habenden Wissenschaften in einer Richtung erfolgt, die wenig geeignet ist, zu dieser Lösung beizutragen. Wegen der eminenten Bedeutung dieser Frage darf es aber gerade der Vegetarier, der schon einen entschiedenen Standpunkt in Betreff derselben einnimmt, nicht unterlassen, auf dieselbe immer wieder zurückzukommen. Der Vegetarismus lässt sich von den verschiedensten Gesichtspunkten aus begründen, so von dem philosophischen, religiösen, sozialen, historischen Gesichtspunkte aus; aber alle auf Philosophie, Ethik usw. sich stützenden Beweisführungen sind nicht beweiskräftig genug, um unsere Gegner zu überzeugen. Selbst verschiedene der Biologie und Physiologie entnommene Beweise sind wegen ihrer Unbestimmtheit von wenig Wert. Wer den Vegetarismus aus dem Zahnbau des Menschen, aus dem Verhältnis der Darmlänge zur Körperlänge und ähnlichen Beweisen begründen will, richtet damit gar nichts aus. Für jeden gesunden Menschenverstand ist freilich der Zahnbau des
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Menschen ein beweiskräftiges Moment; unsere Gegner sind aber derartig verschroben, dass sie oft gerade den Zahnbau des Menschen als Argument gegen den Vegetarismus in's Feld führen. Wir werden daher in den folgenden Zeilen den Vegetarismus hauptsächlich vom rein physiologischen Standpunkte aus zu begründen suchen. Weil nämlich von gegnerischer Seite die in das Gebiet der Physiologie der Ernährung fallende Frage des Eiweissbedarfs *1) stets in den Vordergrund gestellt und behauptet wird, dass an dieser der Vegetarismus scheitere, so ist es durchaus geboten, diese Frage mit der grössten Ausführlichkeit zu erörtern und unsere Gegner möglichst mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, d. h. sie mit den Resultaten ihrer eigenen Experimente zu bekämpfen. Es ist unsere Hauptaufgabe, die Unhaltbarkeit des wegen seiner unglücklichen Folgen gar nicht genug zu bekämpfenden Satzes von der Notwendigkeit des hohen Eiweissgehaltes der menschlichen Nahrung nach jeder Richtung hin zu erweisen. Die Frage des Eiweissbedarfs des Menschen ist das punctum saliens, der springende Punkt, von dem die einzig wahre wissenschaftliche Begründung des Vegetarismus abhängt.. Durch Männer wie Liebig, Moleschott und ihre Nachbeter ist der Satz von dem grossen Eiweissbedarf des Menschen und der wichtigen Rolle der Eiweisskörper im menschlichen Organismus zu einem Glaubensartikel geworden, der die ganze wissenschaftliche Welt bis heute vollkommen beherrscht. Solange aber dieser Satz allgemeine Geltung behält, ist eine physiologisch-wissenschaftliche Begründung der vegetarischen Lebensweise sehr schwierig, weil unsere Gegner sich immer und immer wieder darauf berufen werden, dass die eiweissreichen pflanzlichen Nahrungsmittel (wie die Leguminosen, die übrigens ganz überflüssig sind) wegen ihrer relativen Schwerverdaulichkeit dem Fleische gegenüber zurückstehen müssen und daher der Fleischgenuss vorzuziehen sei. Manche Leser mögen glauben, die Eiweissfrage sei eine solche rein akademischer Natur, die für das praktische Leben wenig oder gar keine Bedeutung habe. Es giebt aber keinen Irrtum im Menschenleben, der von verhängnisvolleren Folgen begleitet wäre, als der Irrtum inbetreff der richtigen Ernährung des Menschen. Diese kann nur richtig sein, wenn das Verhältnis der stickstoffhaltigen (der Eiweisskörper) zu den 1
Die Zusammensetzung der Eiweisskörper werden wir bald in Kürze besprechen.
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stickstofffreien Körpern in der Nahrung richtig festgestellt ist oder doch nicht allzusehr von der Wahrheit abweicht. Würden die Menschen naturgemäss leben, so wäre freilich die Frage nach diesem Verhältnisse ziemlich oder ganz überflüssig, da bei einer reinen und naturgemäss zusammengestellten Pflanzenkost dasselbe sich von selbst ergeben würde, ohne dass wir uns den Kopf darüber weiter zu zerbrechen brauchten. Da die Menschheit aber in ihrer Gesamtheit eben nicht naturgemäss lebt, so müssen wir nachzuweisen suchen, worin der Fehler besteht, den sie hinsichtlich ihrer Ernährung begeht und dass gerade dieser Fehler hauptsächlich auf diesem unrichtigen Verhältnisse der stickstoffhaltigen zu den stickstofffreien Bestandteilen der Nahrung beruht. Wird nämlich dem Organismus in der täglichen Nahrung zu viel Eiweiss (wobei das Uebermass des tierischen Eiweisses noch viel schlimmer wirkt als das des pflanzlichen) zugeführt, so wird derselbe allmählich überreich an stickstoffhaltigen Bestandteilen. Die notwendige und regelmässige Ausscheidung dieser Bestandteile erfolgt zum weitaus grössten Teile durch die Nieren, also durch den Harn in Form von Harnstoff. Das Ausscheidungsvermögen der Nieren aber ist an eine bestimmte Grenze gebunden; wird diesen durch eine allzu reichliche Zufuhr von Eiweisskörpern in der Nahrung zu viel zugemutet, wird also die Funktionskraft derselben dauernd in übermässiger Weise in Anspruch genommen (wie dies bei jedem Fleischesser der Fall ist), so werden sie dadurch gereizt und allmählich immer mehr entzündet, was schliesslich zur Folge hat, dass sie den Dienst fast ganz versagen. Dadurch wird die Sache aber noch viel schlimmer. Der im Uebermasse in der eiweissreichen Nahrung zugeführte Stickstoff wird nun erst recht in ungenügender Menge ausgeschieden, er muss sich daher in Form von harnsauren Salzen usw. an der einen oder anderen Stelle des Körpers ablagern, überhaupt das ganze Körpergewebe durchtränken und vergiften (Selbstgifte). Auf diese Weise entstehen nun Gicht, Podagra, Blasengries, Hämorrhoiden, Ausschlag, Auswurf, Abscesse usw.; ausserdem wird durch diese allmählich sich überall massenhaft ablagernden stickstoffhaltigen Atomkomplexe der Grund gelegt zu einem ganzen Heere von fieberartigen Krankheiten (Typhus, Lungenentzündung usw.), da das Blut und das Gewebe in einen gährungsartigen, zu fieberhaften Erkrankungen neigenden Zustand versetzt sind. Wir sehen deshalb auch
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gerade bei kräftig lebenden Menschen so häufig Nieren- und Lebererkrankungen und in deren Gefolge die heftigsten Fiebererscheinungen auftreten. Man kann kühn behaupten, dass 80-90% aller Krankheiten durch zu reichliche eiweisshaltige Kost hervorgerufen werden, dass insbesondere alle fieberhafte Krankheitserscheinungen die fast unmittelbare Folge des viel zu hohen Stickstoffbestandes im Organismus sind. Daraus folgt aber sofort, wie unendlich wichtig für den Menschen die Eiweissfrage ist, da von deren richtiger Lösung sein ganzes körperliches und geistiges Wohlbefinden abhängt. Auch der Vegetarier glaube nur ja nicht, dass er durch seine vegetarische Lebensweise aller Gefahr einer durch allzu eiweissreiche Nahrung bedingten Stickstoffüberschwemmung überhoben sei; denn wenn auch die Folgen des allzu reichlichen Genusses von Pflanzeneiweiss bei weitem nicht so schlimm sind, wie die des Genusses von tierischem Eiweiss, so machen sie sich doch früher oder später geltend. Ueberhaupt ist der Stickstoff dasjenige der Elemente, welches des Menschen grösster Feind genannt werden muss. Die zahlreichen Stoffe explosiver Natur, wie Schiesspulver, Dynamit, Schiessbaumwolle usw., die dem Menschen so oft Tod und Verderben bringen, ferner das ganze Heer von Giften und giftigen Verbindungen aus dem Pflanzen- und Tierreiche, sie alle enthalten Stickstoff und verdanken ihren explosiven und toxischen Charakter diesem Element. Aber nicht genug damit, dass der Stickstoff den Menschen von allen Seiten von aussen bedroht, er bringt das grösste Verderben über die Menschheit dadurch zustande, dass er in der Form von tierischem Eiweiss dem menschlichen Organismus einverleibt, denselben allmählich total vergiftet. Der heutige Mensch stirbt nicht, er tötet sich selbst (in der Form einer Stickstoffvergiftung). Selbst in der Pflanzenwelt wirkt ein geringes Uebermass von stickstoffhaltigen Verbindungen sofort schädlich; es hat sich gezeigt, dass Düngemittel, die nur ein wenig zu reich an Stickstoffverbindungen sind, schädlich auf die Ernte wirken; die Pflanzen kränkeln, sterben ab oder bringen nur geringe Erträge. Die falsche Düngerlehre von dem Stickstoffbedarf der Feldfrüchte hat schon grosses Unheil angestiftet; man begeht hinsichtlich der Ernährung der Pflanzen genau denselben Irrtum, den man hinsichtlich der Ernährung des Menschen begeht. Mittels der Hensel'schen Steinmehldüngung sind schon jahrelang die schönsten
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und gesundesten Ernten erzielt worden, ohne alle Zugabe von stickstoffhaltigen Bestandteilen. Nach diesen Erörterungen wird der Leser es wohl begreiflich finden, wenn in den folgenden Zeilen auf die Ermittlung des wahren Eiweissbedarfes des Menschen das grösste Gewicht gelegt, und die Lösung dieses Problems mit allen uns zu Gebote stehenden Mitteln zu erreichen gesucht wird.
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Ueber den Zweck der Nahrungsmittel und die verschiedenen Arten derselben. Die Nahrungsmittel haben im Wesentlichen zwei verschiedene Hauptaufgaben zu lösen, die den Ernährungsvorgang bilden. Die eine Aufgabe besteht im Aufbau des Körpers und in der Erhaltung desselben, die andere in der Zufuhr der zur Unterhaltung der Kraftproduktionen des Gesamtkörpers, bezw. seiner einzelnen Organe notwendigen Spannkräfte, d. h. in der Erzeugung von Wärme, Elektrizität, mechanischer Arbeit. Diesen beiden Hauptaufgaben entsprechend, kann man nun die Nährstoffe einteilen in: 1) organbildende, stickstoffhaltige (plastische oder gewebebildende) und in 2) wärmebildende, stickstofffreie (respiratorische) Nahrungsmittel. Zur ersten Hauptgruppe, den plastischen Nährstoffen, gehören ausschliesslich die sogen. Eiweisskörper in Verbindung mit den Nährsalzen oder mineralischen Stoffen, zur zweiten, den respiratorischen, vorzugsweise die Fette und die Kohlehydrate. Die Eiweisskörper heissen auch Gewebsbildner, weil ohne sie kein Gewebe im menschlichen Organismus sich bilden kann; aber sie können auch Wärmeerzeuger genannt werden, insofern bei ihrer Zerlegung neue Körper entstehen, die neue Verbindungen eingehen, wobei teilweise Wärme erzeugt, teilweise absorbiert wird. Da jede Hauptgruppe wieder in zwei Gruppen zerfällt, so kann man sagen, dass alle Stoffe, die als Nahrung dienen, unter eine dieser vier Rubriken sich bringen lassen. Diese vier Rubriken sind demnach: die Eiweisskörper, die Nährsalze oder mineralischen Stoffe, die Fette und die Kohlehydrate. Betrachten wir nun kurz die chemische Zusammensetzung dieser 4 Rubriken von Nahrungsmitteln, um uns ein wenigstens einigermassen klares Bild von ihrer Beschaffenheit und der Art ihrer Wirksamkeit machen zu können. Eiweisskörper oder Proteïnsubstanzen (Albuminoide) werden eigentümliche Verbindungen genannt, die den wesentlichsten Bestandteil des Tierkörpers bilden und ebenso in den Pflanzen, namentlich in deren Samen enthalten sind. Ihre Konstitution liegt noch sehr im Dunkeln; da sie weder flüchtig, noch krystallisierbar sind und Verbindungen in bestimmten Verhältnissen nur schwer eingehen, so ist
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ihre Untersuchung mit grossen Schwierigkeiten verknüpft. Man weiss nur, dass sie alle Kohlenstoff (52 bis 54%), Wasserstoff (gegen 7%), Stickstoff (13 bis 16%), Sauerstoff (21 bis 26%) und Schwefel l bis 1,6%) enthalten. Sie verbreiten beim Erhitzen den Geruch brennender Haare oder Federn und hinterlassen eine Asche, deren hauptsächlichster Bestandteil Calciumphosphat ist. In freier Luft und feuchtem Zustande gehen sie rasch in Fäulnis über und entwickeln dabei Ammoniak, Ammoniumsulfid, Kohlensäure, flüchtige fette -Säuren, Amine oder Stickstoffbasen usw. Es giebt zahlreiche Arten von Eiweisskörpem; die für uns wesentlich inbetracht kommenden sind das Albumin, Fibrin, Myosin und Caseïn, die alle im Tierkörper vorkommen. Die Eiweisskörper des Pflanzenreichs besitzen grosse Aehnlichkeit mit denen des Tierkörpers, ohne jedoch vollkommen identisch mit ihnen zu sein. Kleber kommt in allen Getreidearten vor und setzt sich aus zwei verschiedenen Stoffen zusammen, welche Pflanzenleim und Pflanzenfibrin genannt werden. Pflanzenalbumin kommt in den meisten Pflanzen in Lösung vor und scheidet sich beim Kochen aus. Pflanzencaseïn oder Legumin tritt hauptsächlich in dem Samen der Hülsenfrüchte auf. Es dürfte überflüssig sein, auf die chemische Zusammensetzung aller dieser Arten von Eiweisskörpem näher einzugehen, da sie sich sehr wenig von einander unterscheiden und ihre Konstitution noch sehr dunkel ist. Die Nährsalze, die beim Aufbau des tierischen Körpers hauptsächlich in Betracht kommen, sind die Kalk-, Natron-, Kali-, Magnesia- und Eisensalze, die durch Verbindung von Kalk, Natron usw. mit Phosphorsäure, Kohlensäure, Schwefelsäure, Kieselsäure usw. entstehen. Besonders Eisen, Phosphor und Kalk spielen eine wichtige Rolle im tierischen Organismus. Obwohl nun das Eisen z. B. in fast allen Gewebsarten vorkommt, darf man doch nicht glauben, dass dasselbe in grossen Massen in ihnen vorhanden sei. Das Blut ist bekanntlich reich an Eisen, und doch kommen auf 1000 gr. Blut beim Menschen nur 0,56 gr. Eisen, beim Rinde 0,51 gr.; dasselbe gilt von den meisten anderen mineralischen Bestandteilen. So wichtig und unentbehrlich nun auch diese Salze für den Aufbau des Organismus sind, so ist demnach doch ihre Gesamtmasse im Vergleich zum Gesamtgewicht des Körpers verhältnismässig klein; nur phosphorsaurer und kohlensaurer Kalk machen hiervon eine Ausnahme, insofern die Knochenmasse des Körpers ziemlich beträchtlich ist.
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Alle diese mineralischen Stoffe kommen in den Pflanzen und in ihren Samen vor. Durch den Genuss von Pflanzenkost sind wir also imstande, den Bedarf an mineralischen Stoffen vollständig zu decken, wenn wir nicht in zu einseitiger Weise nur von dem einen oder anderen pflanzlichen Nahrungsmittel leben. Die eine Pflanze, bezw. ihr Samen enthält mehr von den einen die andere mehr von den anderen Nährsalzen, und durch passende Kombination dieser pflanzlichen Nahrungsmittel können wir unseren Bedarf an diesen Salzen mehr wie hinreichend decken. Die Natur hat eben alles vorgesehen, und wir brauchen bei reiner Pflanzenkost viel weniger ängstlich uns nach der Deckung unseres Nährsalzbedarfes umzusehen, als bei vorwiegendem Fleischgenusse, wie wir später sehen werden. Dadurch, dass wir dem Organismus täglich eine gewisse Menge von Eiweiss, Fett und Kohlehydrate zuzuführen gezwungen sind, führen wir ihm auch zu gleicher Zeit die nötigen Nährsalze zu, da diese letzteren stets in Verbindung mit den ersteren in den Pflanzen und ihren Samen auftreten. Nur in dem Falle, wo jemand seinen Nahrungsbedarf durch künstlich hergestelltes reines Eiweiss, reines Fett und reine Kohlehydrate, wie Zucker und Stärkemehl, decken wollte, würde er auch seinen Nährsalzbedarf besonders decken müssen. Dieser Fall kommt aber in praxi kaum vor. Es blieben noch Wasser und Luft zu erwähnen als zwei zu dieser Gruppe der mineralischen Bestandteile gehörige Körper. Doch wollen wir nicht näher auf sie eingehen, trotz ihrer hohen Bedeutung für die tierische Existenz, da die meisten Leser wohl diese Bedeutung zu würdigen wissen. Die Fette (Tier- und Pflanzenfette) bestehen zum grössten Teile aus Glyzerinäthern (Monacetin, Diacetin, Triacetin, dicke ölige Flüssigkeiten), aus der Palmitin-, Stearin- und Oelsäure. Die reinen, natürlichen Fette enthalten nur Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff; sie sind ein Gemisch einfacher Fette. Der Sauerstoff ist in den Fetten in relativ geringer Menge enthalten und darauf beruht ihr hoher physiologischer Wert; es kann sich eben deshalb beim Verbrennen um so mehr Sauerstoff mit ihnen verbinden, wodurch mehr Wärme, also mehr Spannkraft entwickelt wird. Die im tierischen Körper vorkommenden Fette können dreifachen Ursprungs sein; sie können
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direkt von den in der Nahrung enthalten gewesenen, fertig gebildeten Fetten herrühren; 2) aus den in Fett umgewandelten Kohlehydraten stammen; 3) aus der Zerlegung der Eiweisskörper der Nahrung entstehen. Obwohl also der Organismus aus den unter 2) und 3) genannten Quellen seinen Fettbedarf decken kann, scheint es doch zweckmässig, ihm direkt in der Nahrung etwas Fett zuzuführen, was durch den Genuss der zahlreichen Nussarten sich leicht erreichen lässt. Die Fette werden bei starker Arbeitsleistung oder bei fieberhaften Zuständen des Körpers rasch aufgezehrt; sie verwandeln sich dabei nach einer Reihe von Zwischenstufen, deren Natur wir noch nicht genauer kennen, in Kohlensäure und Wasser und entwickeln eine reichliche Wärmemenge, die der Organismus als Spannkraft verwendet. Die Kohlehydrate bilden eine Gruppe von Verbindungen, welche ebenso wie die Fette, aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestellen. Diese beiden letzteren Elemente sind in ihnen in demselben Verhältnisse enthalten, wie im Wasser (also auf 2 Atome Wasserstoff ein Atom Sauerstoff). Kohlehydrate sind im Pflanzenreiche allgemein verbreitet und bilden für Menschen und Tiere hochwichtige Nahrungsmittel. Man kann sie in 3 Gruppen einteilen: Erste Gruppe C12 H22 O11
Zweite Gruppe O6 H12 O8
Dritte Gruppe C6 H10 O5
Rohrzucker oder Saccharose, Milchzucker oder Laktose, Melitose Maltose etc.
Traubenzucker oder Dextrose, Fruchtzucker oder Lävulose, Galaktose etc.
Stärkemehl Glykogen Dextrin Gummiarten Cellulose etc.
Die Körper der dritten Gruppe werden im tierischen Organismus in Zucker verwandelt, der durch seine Oxydation die Quelle der Muskelkraft bildet. Die Kohlehydrate, welche am Organaufbau nur wenig beteiligt sind, entwickeln also neben den Fetten die grösste Summe von verwendbaren Spannkräften; sie sind daher vorzugsweise als die Kraft und Wärme erzeugenden Nahrungsstoffe zu betrachten. Da sie, wie die Fette, nur aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff bestehen, also keinen Stickstoff enthalten, so werden sie im Gegensatze
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zu den stickstoffhaltigen Eiweisskörpern, deren eigentliche Aufgabe nur im Aufbau und in der Erhaltung des Körpers (in Verbindung mit den Nährsalzen) besteht, auch stickstofffreie Nahrungsstoffe genannt. Mit Rücksicht auf den Zweck, den die verschiedenen Nahrungsstoffe haben, können wir also zwei Hauptgruppen von Nahrungsmitteln unterscheiden: Zur ersten Gruppe gehören alle diejenigen, welche sich am Organaufbau und am Ersatz der allmählich sich abnutzenden Organe wesentlich beteiligen; es sind dies also die Eiweisskörper und die Nährsalze. Zur zweiten Gruppe gehören alle diejenigen Stoffe, in welchen Spannkräfte gebunden sind, die der Organismus durch chemische Prozesse frei machen kann; es sind dies die Fette und Kohlehydrate, also die stickstofffreien Nahrungsstoffe. Beim Freimachen der Spannkräfte spielt der Sauerstoff die Hauptrolle, indem er, durch die Lungenbläschen mit dem Blute in Berührung tretend, durch Oxydation Wärme und Spannkraft erzeugt. Die Eiweissstoffe eignet sich der tierische Körper auf dem Wege der Verdauung aus dem Pflanzenreiche an; sie sind die höchsten Produkte des vegetativen Lebens der Pflanzen und bilden die Vorstufe des tierischen Protoplasmas, jenes belebten Stoffes, an welchen das tierische Leben direkt geknüpft ist. Die Eiweisskörper der Pflanzen erreichen also durch den Lebensprozess die höchste Stufe der Entwicklung. Haben sie diese erreicht, so beginnt aber auch schon ihre rückschreitende Umwandlung, ihre chemische Zerlegung und Spaltung; diese führt zu Zersetzungsprodukten, welche aus dem Körper ausgeschieden werden müssen, nachdem sie noch ihren grösseren oder kleineren Betrag von Spannkraft in Form von Wärme zur Leistung von innerer oder äusserer Arbeit abgegeben haben. Doch ist dieser Betrag klein zu nennen im Vergleiche mit jenem, welchen die Nahrungsstoffe der zweiten Hauptgruppe, die Fette und Kohlehydrate, im tierischen Lebensprozess zu entwickeln berufen sind.
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Die Verdauung Nach den vorstehenden kurzen Erörterungen über den Zweck der Nahrungsmittel und ihre verschiedenen Arten wollen wir nun auch noch den Verdauungsvorgang kurz berühren; näher auf die mit der Verdauung verknüpften, zum grössten Teile noch dunklen Vorgänge einzugehen, liegt nicht im Zwecke dieses Büchleins. Der ganze Verdauungsapparat ist als ein Kanal oder Schlauch aufzufassen, der mit der Mundöffnung beginnt und mit dem After endet. Seine Länge beträgt etwa das Sechsfache der Körperlänge. Zweck der Verdauung ist die Bereitung neuen Blutes. Die Verdauung beginnt schon im Munde, sobald während des Kauens der Speisen die Speicheldrüsen eine dünne, wässerige Flüssigkeit abzusondern beginnen, die einen Stoff, Ptyalin genannt, enthält, der imstande ist, Stärke in Traubenzucker umzuwandeln. Daraus geht sofort die Wichtigkeit des guten Kauens und der damit verbundenen Einspeichelung jedes Bissens hervor. Der so vollständig zerkleinerte und eingespeichelte Bissen gelangt nun mittels einer Schlingbewegung durch die Speiseröhre in den Magen, jene grösste unter dem Zwerchfell in der Bauchhöhle liegende Erweiterung des Verdauungskanals. Durch den Mageninhalt werden die Drüsen der Magenwände zu reichlicher Absonderung des Magensaftes angeregt. Derselbe, fast wasserhell, enthält neben einer nur geringen Menge freier Salzsäure einen eigentümlichen organischen Stoff, Pepsin genannt; derselbe besitzt die wichtige Eigenschaft, Eiweisskörper aufzulösen. Die auf diese Weise entstandene Lösung eines Eiweisskörpers nennt man Pepton; Peptone haben fast stets dieselben Eigenschaften, von welcher Art von Eiweisskörpern sie herrühren mögen. Von letzteren unterscheiden sie sich wesentlich durch ihre ausserordentliche Löslichkeit und die Fähigkeit, durch die Poren tierischer Membranen zu dringen. Vermöge ihrer Diffusionsfähigkeit, die eine grosse Rolle bei der Aufsaugung oder Resorption der Nahrung im Darmkanale spielt, können sie durch die dünnen Wände der Schleimhäute und der Chylusgefässe dringen und resorbiert werden. Genau dasselbe gilt von dem Zucker gegenüber der Stärke. Zucker ist leicht löslich und diffundirbar, während Stärke im Wasser nur aufquillt und nicht durch die Poren von Membranen geht. Daher wird die Stärke erst durch ihre Umwandlung in Zucker resorptionsfähig. Der Magensaft übt keine Wirkung auf Fett aus,
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ebenso auch nicht auf Stärke. Er löst wohl die tierischen oder pflanzlichen Gewebe, in welche das Fett eingebettet ist, auf und macht es frei, verändert es aber sonst nicht. Durch zu saure Reaktion des Magensaftes wird die oben hervorgehobene Wirkung des Ptyalins, die Umwandlung der Stärke in Zucker, gehemmt. Der Magensaft soll also nicht zu sauer reagieren, was indessen bei den entschiedenen Fleischessern der Fall ist; deshalb pflegen auch diese im allgemeinen die Stärkemehl- und zuckerhaltigen Nahrungsmittel nicht zu lieben. Neben der eben kurz geschilderten chemischen Thätigkeit des Magens ist nun auch noch seine mechanische Thätigkeit hervorzuheben. Sobald Speisen in den Magen gelangen, üben sie einen Reiz auf die Nerven desselben aus, die nun die Muskeln der Wände zu einer wurmförmigen Bewegung anregen; dadurch wird der Mageninhalt beständig umhergerollt und innig mit dem Magensafte vermischt. Auf diese Weise erhält derselbe eine breiartige Konsistenz und wird nun Speisebrei oder Chymus genannt. Ein Teil dieser Flüssigkeit, soweit sie aus Peptonen und Zucker besteht, wird sogleich aufgesogen; sie tritt durch die zahlreichen Magengefässe in den Blutstrom über, welcher durch die Magenvenen zur Pfortader strömt. Der übrige Teil wandert durch den Pförtner in den Zwölffingerdarm oder das Duodenum, nachdem er 2-6 Stunden im Magen verweilt hat. Im Duodenum beginnt nun die Darmverdauung, die eine Portsetzung der Magenverdauung ist. Mit letzterer ist also das Verdauungsgeschäft noch lange nicht beendigt, sondern es beginnt erst jetzt der wichtigste Teil desselben. Der Darmkanal zerfällt in 2 Hauptabteilungen, den Dünndarm und den Dickdarm; letzterer hat einen weit grösseren Durchmesser, als ersterer, was den Gegensatz in der Bezeichnung beider begründet. Den Dünndarm teilt man weiter ein in das Duodenum oder Zwölffingerdarm, das Jejunum oder Leerdarm und das Ileum oder Krummdarm. Eine natürliche Grenzlinie zwischen diesen Abteilungen giebt es indessen nicht. Das Duodenum schliesst sich unmittelbar an den Magen an; es ist gekrümmt und in Form einer Schlinge an die Rückwand der Bauchhöhle befestigt. In dieser Schlinge steckt der Kopf der Bauchspeicheldrüse. Da das Ileum oder der Krummdarm nicht breiter ist, als das Jejunum und Duodenum, so erfolgt der Uebergang aus dem Dünndarme zum Dickdarme plötzlich. Die Uebergangsstelle, also die Oeffnung des Dünndarms in den Dickdarm, ist mit hervorstehenden Lippen oder Klappen versehen, welche in den
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letzteren hineinragen und dadurch den Uebergang von Stoffen aus diesem in den Dünndarm unmöglich machen, dagegen den Uebergang in umgekehrter Richtung gestatten. (Ileocoecalklappe.) Unterhalb dieser Lippen findet sich eine blinde Erweiterung, welche Coecum oder Blinddarm genannt wird; von diesem zweigt sich ein blinder Gang ab, welcher der wurmförmige Fortsatz des Coecums genannt wird. Der erste Teil des Dickdarms, das Colon oder Grimmdarm genannt, ist aufwärts gerichtet (das aufsteigende Colon), er setzt sich dann, eine plötzliche Wendung machend, in rechtem Winkel nach (links fort (das querlaufende Colon) und steigt schliesslich, plötzlich wieder umbiegend, an der linken Seite der Bauchhöhle (das absteigende Colon) bis zur Mittellinie des Körpers, abwärts wo er in den Mastdarm übergeht, jenen Teil des Dickdarms, der sich nach aussen öffnet. Der Dickdarm hat eine Länge von circa 1 1/2 m. Die Schleimhaut des ganzen Darmkanals ist mit einer Menge kleiner, schlauchförmiger Drüsen bedeckt, welche den Darmsaft absondern und in den Darm ergiessen. Man unterscheidet im Zwölffingerdarm drei verschiedene Arten von Drüsen, die Lüberkühn'schen Drüsen, die Brunner'schen Drüsen und noch eine Art von Drüsen, die sich am oberen Ende des Duodenums befinden und eine dem pankreatischen Saft (Bauchspeichel) ähnliche Flüssigkeit absondern. Eigentümliche Gebilde des Dünndarms sind die Valvulae conniventes, auf der Schleimhaut sitzende Querfalten, welche die Oberfläche des Darms verdicken. Auf ihnen befinden sich die Villi oder Zotten (Drüsen), fadenähnliche, ausserordentlich feine Fortsätze der Schleimhaut, welche dicht zusammengedrängt stehen, wie die Haare eines Sammtgewebes. Jede Zotte enthält in ihrem Innern ein Milchsaftgefäss und ist mit einem Epithelium bekleidet. Die Milchgefässe werden von einem Netze von Haargefässen umhüllt, welches aus den zuführenden Arterien und abführenden Venen besteht. Diese Arterien erhalten ihr Blut fast unmittelbar aus der Aorta (der grosse Stamm oder die Arterie, die direkt von der unteren Abteilung der linken Hälfte des Herzens ausgeht), während die Venen dieses durch die Darmhaargefässe gegangene Blut in die Pfortader treiben. Der Darm ist mit einer Muskelschicht umgeben, deren Fasern in Längsund Kreisfasern angeordnet sind; die letzteren ziehen sich, eine nach der anderen, zusammen, sodass die tiefer liegenden (dem After
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näheren) ihre Zusammenziehung später beginnen, als die oberen, dem Pförtner näher gelegenen. Dadurch entsteht die sogen, peristaltische Zusammenziehung des Darms, welche ein stetiges Fortschieben der in ihm befindlichen Massen bewirkt. Die Lüberkühn'schen Drüsen sondern den eigentlichen Darmsaft ab; die spezielle Wirkung der Brunner'schen Drüsen ist noch unbekannt. Im allgemeinen kann man sagen, dass der Darmsaft die Fähigkeit besitzt, Eiweisskörper zu peptonisieren d. h. in die leicht lösliche Form überzuführen und Stärke in Zucker zu verwandeln, obgleich letzteres nur in geringem Grade. Der aus dem Magen in den Darm tretende Speisebrei oder Chymus ist schwach sauer; er besteht hauptsächlich aus den fast vollständig aufgelösten aber noch nicht gänzlich peptonisierten Eiweisskörpern der Nahrung, Fettbestandteilen, Zellulose, Stärke, Chlorophyll, Membranen, Epithelien und sonstigen zum Teil unverdaulichen Massen. Die schon im Magen vollständig in Peptone verwandelten Eiweissmassen wurden auch dort schon resorbiert. Bei Eintritt in den Darm unterliegt dieses Gemisch ungleichartiger, halbverdauter Massen der Wirkung von drei Absonderungen, dem Darmsafte, dem Bauchspeichel und der Galle. Der Bauchspeichel wird von der Bauchspeicheldrüse (Pankreas), die Galle von der Leber abgesondert. Die Ausführungsgänge dieser beiden Organe münden gemeinschaftlich in der Mitte der Krümmung des Zwölffingerdarmes, in der Weise, dass der gemeinschaftliche Gang schräg durch die Darmwand geht; dadurch entsteht eine Art Klappe, welche dem Darminhalte den Eintritt in den Gang hinein versperrt, dagegen der Galle und dem Bauchspeichel den Uebertritt in den Zwölffingerdarm gestattet. Der Pankreassaft ist eine klare, farb- und geruchlose, fadenziehende Flüssigkeit, welche wie der Darmsaft alkalisch reagiert und erhebliche Mengen von Eiweisskörpern enthält. Er verwandelt die Eiweisskörper des Speisebreis in eine neutrale, auch alkalisch und selbst schwachsauer reagierende Flüssigkeit (Fortsetzung der im Magen begonnenen Peptonisierung), ebenso die Stärke in Zucker, zerlegt (emulsioniert) die Fette und koaguliert die Milch. Der Bauchspeichel ist also eine sehr wichtige Verdauungsflüssigkeit. Die Galle ist eine grün-gelbe, neutrale oder schwach alkalische Flüssigkeit von äusserst bitterem Geschmacke und sehr komplizierter Beschaffenheit. Sie enthält eine Menge fester Bestandteile. Auf ihre
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chemische Zusammensetzung hier näher einzugehen, würde uns zu weit führen, da es uns hauptsächlich auf ihre Wirkung als Verdauungsflüssigkeit ankommt. Sie wird von der Leber unausgesetzt abgesondert (l bis 1 1/2 kg. pro Tag) und sammelt sich in der Gallenblase an, von wo sie in den Zwölffingerdarm übergeht, sobald in denselben der Speisebrei des Magens übergetreten ist. Mit diesem in Berührung gekommen, schlägt sie mittelst ihrer Gallensäuren, die wegen der schwachsauren Beschaffenheit des Chymus oder Speisebreis voll zur Wirkung kommen, zunächst die unvollständig peptonisierten Eiweissmassen nieder, indem sie dieselben in harzförmige Klümpchen umformt, auf welche der pankreatische Saft rasch einzuwirken beginnt. Das Pepsin des Magens, das sich dem Speisebrei beigemischt, wird durch dieselben Säuren niedergeschlagen und in seiner Wirkung aufgehalten. Die schon vollständig formierten Peptone werden indessen weder niedergeschlagen noch verändert. Die Galle spielt ferner eine wichtige Rolle bei der Verdauung der Fette. Während ein mit Wasser getränktes, starkes Löschpapier kein Oel durchlässt, findet dies bei einem mit Galle getränkten wohl statt. In ähnlicher Weise ermöglicht sie den im Speisebrei vorhandenen Fetten den Uebertritt in die Darmzotten, nachdem sie in die Schleimhaut des Darmes eingedrungen und die Poren der Zotten erfüllt hat. Der Vorgang hierbei ist folgender. In dem Masse wie die Fettsäuren der Fette unter dem Einflüsse des pankreatischen Saftes frei werden, vereinigen sie sich mit dem Natron der Gallensalze und schlagen einen entsprechenden Teil der Glycochol- und Taurocholsäure (die an Natron gebunden, in der Galle vorkommen) nieder, welche nun mit den vorhandenen Peptonen eine Emulsion bilden. Durch die Verbindung mit dem Natron (Verseifung) gehen die Fettsäuren in einen Zustand der Löslichkeit über, der ihre leichte Resorbierbarkeit durch die Darmzotten bedingt. Nachdem auf diese Weise die freien Fettsäuren beseitigt d. h. resorbiert sind, wiederholt sich der von dem Bauchspeichel eingeleitete Verseifungsprozess von neuem und setzt sich bis zum Verschwinden aller Fette fort.2) Die Galle hat aber noch eine andere wichtige Aufgabe zu erfüllen, sie verhindert alle fauligen Gährungsprozesse innerhalb der Eingeweide. Diese Wirkung scheint hauptsächlich der in der Galle vorkommenden 2
Siehe A. Gautier, Chimie biologique. Paris 1892.
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Taurocholsäure zuzukommen, da diese schon in einer Verdünnung von 0,2 bis 0,5% den Fäulnisprozess eines Fleischaufgusses aufhebt, ebenso wie die Alkohol- und Milchsäuregährung. Der Speisebrei ändert sich also unter der Einwirkung der drei vorhin beschriebenen Verdauungsfermente immer mehr auf seinem Wege innerhalb des Dünndarms, enthält aber noch immer unverdaute Beste von Nahrungsstoffen, die nun in den Dickdarm treten. In demselben setzt sich der Aufsaugungsprozess fort. Seine Innenwand ist ebenfalls mit zahlreichen Lüberkühn'schen Drüsen besetzt, die einen ähnlichen Darmsaft absondern, wie diejenigen im Dünndärme. Durch die Aufsaugung der flüssigen Teile des Speisebreies wird derselbe wasserärmer und verwandelt sich, durch die peristaltische Bewegung des Darms fortgeschoben, allmählich in Kot. Die Flüssigkeit, die aus der Mischung des Bauchspeichels, der Galle und des Darmsaftes mit dem Speisebrei oder Chymus entsteht, wird Milchsaft oder Chylus genannt. Derselbe wird durch die Gefässe der Zotten absorbiert. Hier gelangt er in das sogenannte lymphatische Gefässsystem der Baucheingeweide, das mit den in den Zotten befindlichen Haargefässen beginnend, in kleine Lymphstämme übergeht, die sich an der Vorderseite der Wirbelsäule zu dem Brustlymphstamm vereinigen. Derselbe ergiesst seinen Inhalt, den Milchsaft, an der Vereinigungsstelle der linken Kopfvene und der linken Armvene in die sogen, linke namenlose Vene. Auf diese Weise gelangt der Chylus in den allgemeinen Blutstrom, nachdem er hei seinem Durchgange durch die Ganglien der Gekrös- oder Mesenterialdrüsen durch den Einfluss der weissen Blutkörperchen der eigentlichen Lymphe wesentliche Veränderungen erlitten hat, worauf hier aber nicht näher eingegangen werden kann. Man hat vielfach behauptet, die Magenverdauung sei zum Teil der Einwirkung der Bakterien des Magens zuzuschreiben. A. Gautier hat aber festgestellt, (Chimie biolog. S. 551) dass eine vollkommene Verdauung auch ohne jedes Vorhandensein kleinster tierischer oder pflanzlicher Lebewesen stattfindet; der Magensaft ist im Gegenteil eine im hohen Masse keimvernichtende Flüssigkeit, und sollten sich bei richtiger Lebensweise im Magen überhaupt keine Mikroben vorfinden (man hat im leeren Magen der Fleischesser bis jetzt an 16 verschiedene Arten von Mikroben entdeckt).
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Hayem und Winter haben gefunden, dass der normale und aktive Magensaft des Menschen ganz frei von freier Salzsäure sein kann. Hiermit haben wir den Verdauungsvorgang in groben Umrissen gezeichnet.
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Der Eiweissbedarf des Menschen Schon seit längerer Zeit gilt der Satz als Dogma, dass der erwachsene arbeitende Mensch täglich im Minimum 118 gr. Eiweiss in der Nahrung zu sich nehmen müsse, und ausserdem noch eine bestimmte Menge von Fett und Kohlehydraten erforderlich sei. Jedoch ergehen Versuche, die von verschiedenen Physiologen in den jüngsten Jahren angestellt wurden, dass die untere Grenze des Eisweissbedarfs doch wohl viel tiefer liegen könne, mit anderen Worten, dass dieser Bedarf sehr viel kleiner sein möge, als man bisher auf Grund der Untersuchungen der bedeutendsten Physiologen angenommen hat. Wenn man aber die Art und Weise betrachtet, in welcher die Untersuchungen vorgenommen wurden und die Versuchspersonen berücksichtigt, an denen sie vorgenommen wurden, so kann man mit Fug und Recht behaupten, dass solche Untersuchungen fast gar keine Beweiskraft besitzen, und dass also jene untere Grenze des Eiweissbedarfs des Menschen, d. h. der Minimalgehalt an Eiweiss in der täglichen Nahrung noch garnicht festgestellt ist. Gerade darauf aber kommt es an. Man verfährt bei der Untersuchung dieser Frage stets in der Weise, dass einem Menschen, der bisher eine in der Regel viel zu grosse Menge Eiweiss in seiner Nahrung zu sich genommen, eine gewisse Eiweissmenge zugeführt und beobachtet wird, in wie weit er dabei im sogenannten Stickstoffgleichgewicht bleibt. Nun scheidet ein solcher Mensch, wenn ihm auch weniger Eiweiss zugeführt wird, als er bisher täglich einzunehmen pflegte, mehr Stickstoff aus als in der Nahrung zugeführt wird; folglich verliert der Körper Eiweiss, setzt dagegen bei genügendem Gehalt der Nahrung an Fett und Kohlehydraten etwas Fett an. Diesen Verlust des Organismus an Eiweiss glaubt man nun durchaus vermeiden zu müssen, fügt also der Nahrung mehr Eiweiss zu, bis wieder das sog. Stickstoffgleichgewicht hergestellt ist. Auf diese Weise kann man nun wohl den Eiweissbestand des Körpers fortwährend variieren lassen, ihn sozusagen abwechselnd auf verschiedene Höhe, auf ein anderes Niveau bringen (und zwar gilt dies sowohl für das Organeiweiss als für das zirkulierende Eiweiss), aber damit ist absolut nichts gesagt über den wirklich nötigen Eiweissbestand, bei dem der Körper existieren kann und sich am wohlsten und gesundesten fühlt. Um diesen festzustellen, müsste man folgendermassen verfahren. Die betreffende Versuchsperson (ob
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Fleischesser oder Vegetarier ist zunächst gleichgültig) erhalte neben einer genügenden Menge Fett und Kohlehydrate eine bestimmte Eiweissmenge in ihrer täglichen Nahrung. Dieselbe wird nun, je nach ihrer früheren Lebensweise, mehr oder weniger Stickstoff ausscheiden, als in der zugeführten Eiweissmenge enthalten ist. Lässt man im ersten Falle die tägliche Eiweissgabe allmählich immer kleiner werden, so wird auch die ausgeschiedene Stickstoffmenge allmählich abnehmen. Doch nur bis zu einer bestimmten Grenze. Es ist nämlich ein Fundamentalsatz, der für die ganze organische Welt Geltung hat, dass jeder Organismus solche Stoffe, deren er dringend bedarf, mit eiserner Gewalt festhält. Also muss ein Zeitpunkt eintreten, wo der Organismus anfängt, weniger Stickstoff auszuscheiden, als er in der Nahrung aufnimmt. Damit ist aber jene untere Grenze des Eiweissbedarfs angedeutet, bei dem der Organismus noch bestehen kann. Gerade der Umstand, dass der menschliche Organismus bei solchen Versuchen mit eiweissärmerer Nahrung in der Kegel mehr Stickstoff ausscheidet, als ihm in der Form von Eiweiss zugeführt wird, beweist eben, dass ihm früher zu viel Eiweiss, beziehungsweise Stickstoff zugeführt wurde; es hat sich im Organismus zu viel Stickstoff angesammelt, die Höhe des gesammten Eiweissbestandes ist zu gross geworden, weshalb der Organismus bei der ersten Gelegenheit, die sich ihm bietet, diesen überflüssig hohen Stand herabzusetzen sucht. So führt Prof. Voit in seinem Handbuch des Stoffwechsels (Seite 107) an, dass zu einer Zeit, in der die Verdauung noch im vollen Gange ist, schon mindestens die Hälfte des im Magen aufgenommenen Eiweisses zerstört und der Stickstoff desselben aus dem Körper ausgestossen ist; er sah bei einer Versuchsperson nach einer reichlichen, aus Fleisch und Eiern bestehenden Mahlzeit die Stickstoffausscheidung im Harne schon nach einer Stunde zunehmen und diese Zunahme der Ausscheidung dauerte 7 Stunden lang, wo sie ihr Maximum erreichte, um in den nächsten 10 Stunden allmählich abzunehmen. Aehnliche Resultate erzielten Panum, Feder und Hirschberg. Dieser Vorgang, sagt Dr. Hirschfeld in seiner Abhandlung: Untersuchungen über den Eiweissbedarf des Menschen (Archiv für die ges. Physiologie 1887 Seite 533 ff.) macht durchaus den Eindruck, als ob der Organismus bei der Eiweisszersetzung nur im Auge habe, sich der stickstoffhaltigen Atomcomplexe möglichst rasch zu entledigen. Damit hat in der That Dr. Hirschfeld den Nagel auf den Kopf getroffen, denn der tierische
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Organismus sucht stets, wie schon bemerkt, alles festzuhalten, wessen er bedarf (abgesehen von krankhaften Zuständen, die hier aber nicht in Betracht kommen), und wenn er Stickstoff sofort nach der Mahlzeit auszuscheiden beginnt, so beweist das eben, dass ihm Stickstoff in viel zu reichem Masse geboten worden. Die Natur treibt keinen unnötigen Luxus, wohl aber der Mensch in seinem Unverstände. Deshalb sind auch die Fleischesser auf das Kochsalz so versessen, weil sie instinktiv fühlen, dass sie eines Mittels bedürfen, das die Ausscheidung des überflüssigen Stickstoffs begünstigt. Nun sagt v. Voit hierüber: «Das Kochsalz macht die Saftströmung im Organismus infolge seiner physikalischen Eigenschaften stärker, vermehrt so die Oxydation des Eiweisses und dadurch die Menge des Harnstoffs». Aus diesen Worten gewinnt man wieder unwillkürlich den Eindruck, als sei es eine Hauptaufgabe des Organismus, möglichst viel Harnstoff auszuscheiden, während es doch viel richtiger wäre, darauf hinzuweisen, dass man nicht zuviel Stickstoff in Form von Eiweiss in der Nahrung zu sich nehmen soll, um nicht zu viel Stickstoff wieder ausscheiden zu müssen und dadurch dem Organismus eine ganz überflüssige Arbeit aufzubürden. Eigentlich bedarf es gar keiner sogen, wissenschaftlichen Experimente, um festzustellen, welche Menge Eiweiss in der täglichen Nahrung absolut nötig ist. Die Natur macht uns jeden Tag zahlreiche Experimente vor, die wir nur richtig auszulegen brauchen, um die wichtigsten Schlüsse aus ihnen zu ziehen. Betrachten wir z. B. den gewöhnlichen Feldhasen. Jedem richtigen Weidmann ist bekannt, dass die Knochen des Hasen ausserordentlich fest und hart sind, er duldet daher nicht, dass Hasenknochen seinen Jagdhunden vorgeworfen werden, weil diese ihre Zähne an denselben ruinieren würden. Der Hase besitzt aber nicht allein einen äusserst festen Knochenbau, sondern auch eine grosse Muskelkraft. Der englische Naturforscher Romanes hat im Schnee die Spuren eines hart verfolgten Hasen gemessen und die Spannweite eines jeden Sprunges 12-13 engl. Fuss gefunden, was jedenfalls auf eine enorme Muskelkraft der Beine eines so kleinen Tieres hinweist. Wovon lebt nun der Hase? Nun, er frisst Kohl, Rüben, Klee usw., nagt auch im Winter bei schneebedeckter Landschaft die Rinde der Bäume und Sträucher ab. Gehören denn diese Nahrungsmittel zu den eiweissreichen und kraftgebenden? Durchaus nicht, sie
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gehören nach menschlichen Begriffen zu den weniger kräftigen, die jedenfalls keinen Vergleich aushalten mit unseren Körnerfrüchten, mit unseren Leguminosen und noch zahlreichen anderen Produkten aus dem Pflanzenreiche. Was folgt nun aus diesen unzweifelhaft feststehenden Thatsachen? Einfach die fernere Thatsache, dass der tierische, wie auch der menschliche Organismus mit den bescheidensten Nahrungsmitteln, die weder besonders reich an Eiweiss, noch an Nährsalzen sind, sich begnügt und dabei gedeiht, ja sogar grosse Kraft und Ausdauer entwickelt. Man entgegne nicht, die Menge der Nahrung müsse die Qualität ersetzen, denn es ist in unseren nördlichen Breiten gewiss nicht anzunehmen, dass sich der Hase vom November bis März bei monatelang anhaltender Schneedecke bezüglich seiner Nahrung in einem embarras de richesse befinde. Was vom Hasen gesagt wurde, gilt für alle wild lebenden Tiere. Man denke an das wild lebende Pferd in den grossen grasreichen Ebenen Südamerikas; dasselbe hat nie in seinem Leben Hafer bekommen und doch ist es von unbändiger Kraft und Wildheit. Dies beweist auch, dass die Meinung, ein Pferd könne ohne reichliche Haferfütterung keine andauernde Kraft entwickeln, ganz falsch ist; gutes Heu in genügender Menge reicht vollständig aus, um das Pferd leistungsfähig zu erhalten. Zu reichlicher Hafergenuss führt nur zu kolikartigen Erscheinungen. Betrachten wir ferner das Kamel. Glauben etwa unsere Physiologen, dieses schwer belastete Tier nehme auf seiner oft Monate dauernden Wüstenwanderung täglich auf je 65-70 kgr. seines Körpergewichts 120 gr. Eiweiss in der elenden Nahrung zu sich, die es hauptsächlich in den Ruhestunden selbst sich suchen muss? Wären diese wirklich erforderlich, so müssten diese so überaus genügsamen und ebenso leistungsfähigen Tiere in den ersten 14 Tagen ihrer Wanderung durch die Wüste verhungern. Oder glauben ferner unsere Physiologen im Ernst, das innerhalb des Polarkreises lebende Renntier nehme auch täglich auf 65-70 kgr. seines Körpergewichtes 120 gr. Eiweiss in seiner Nahrung zu sich? Gewiss wird niemand diese Annahme machen und doch saust das Renntier stundenlang mit dem Eskimoschlitten bei bitterster Kälte über die schneebedeckten Regionen des hohen Nordens. Wir sehen also, wie von zwei in der kärglichsten Weise ernährten Tieren das eine die schwersten Lasten in der glühendsten Sonnenhitze
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des Südens wochenlang durch die Wüste trägt, während das andere bei der grimmigsten Kälte, den Schlitten der Eskimos ziehend, unermüdlich die trostlosen Regionen des hohen Nordens mit Windeseile durchfliegt. Also die kärglichste Nahrung genügt, um Tiere unter den ungünstigsten klimatischen Verhältnissen, die den denkbar grössten Gegensatz bieten, leistungsfähig zu erhalten. Dasselbe gilt aber auch vom Menschen. In einigen Provinzen Chinas wird die Post befördert durch Briefboten, die täglich, mit einer Last von 50 bis 60 Pfund auf dem Rücken, 80-90 Kilometer stets im Trabe zurücklegen, selbst bei der glühendsten Hitze der chinesischen Sommermonate. Der chinesische Kuli hält es in allen Breitengraden aus; er baute die Pacificbahn wie er den Panamakanal baut, er marschiert und arbeitet in der Tropensonne, ohne einen Sonnenstich zu bekommen, trotzdem sein kahlgeschorener Schädel in der Sonne glänzt, dass einem noch auf eine Entfernung von 1/4 Stunde infolge dieses Glanzes die Augen übergehen, und doch lebt dieser überaus leistungsfähige Chinese fast ausschliesslich von Reis, den unsere Physiologen für ein unzureichendes Nahrungsmittel erklären. Nun vergleiche man mit diesen Reisessern den elenden, im Trinken und Essen gleich unmässigen Europäer, der in den Tropen schon beiden geringsten Anstrengungen umfällt, entweder vom Sonnenstich getroffen oder vom Fieber darniedergeworfen, und der Unterschied wird wohl scharf genug hervortreten, desgleichen auch, auf welcher Seite der Vorteil ist. Gegen diese Betrachtungen könnte von selten unserer Gegner eingewendet werden, dass der Vergleich des Menschen mit den Tieren unzulässig sei und dass auch zwischen den einzelnen Menschenrassen Unterschiede beständen, die eine verschiedene Art der Ernährung bedingten. Aber dieser Einwand ist absolut hinfällig. Zunächst steht durchaus fest, dass der Vorgang der Verdauung und Resorption beim Menschen und Säugetier genau derselbe ist; so verdaut z. B. der Hund als Fleischfresser Pflanzeneiweiss und Kohlehydrate ebenso gut (vorausgesetzt, dass ihm diese Nahrungsmittel in hinreichend zerkleinertem Zustande gereicht werden, da er wegen seines Zahnbaues seine Nahrung nur zerreissen, aber nicht kauen kann) wie der Mensch und der Pflanzenfresser. Der Mensch kann sogar seine Nahrung im allgemeinen noch etwas besser ausnutzen, als die Tiere, weil er sie durch Mahlen, Kochen usw. in eine leichter assimilirbare Form bringt. Was die Kassenunterschiede betrifft, so ist in Bezug auf
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Verdauungsvermögen ein Unterschied gar nicht nachweisbar; der Magen eines gesunden Engländers wird in diesem Punkte dem Magen eines gesunden Chinesen nicht nachstehen und nicht überlegen sein, und dies gilt für alle Völker. Schreiten wir in unseren Betrachtungen weiter. Die Natur bietet uns noch ein Beispiel, das uns ein Urteil über das richtige Verhältnis der stickstoffhaltigen zu den stickstofffreien Nahrungsmitteln ermöglicht, welches Verhältnis, wie wir gesehen haben, von so fundamentaler Bedeutung für die menschliche Gesundheit ist. Die Physiologie setzt dieses Verhältnis wie 1:5 an, d. h. in der Nahrung des erwachsenen Menschen sollen auf l Teil Eiweiss 5 Teile Kohlehydrate und Fett kommen, so dass der Arbeiter z. B. auf 100-120 gr. Eiweiss 400-480 gr. Kohlehydrate und etwa 50 gr. Fett täglich zu sich nehmen soll. (Das Nährwertverhältnis des Fettes zu den Kohlehydraten ist etwa 2:1). Nun hat uns aber die Natur in der Zusammensetzung der Muttermilch einen Anhaltspunkt gegeben zur Feststellung jenes wichtigen Verhältnisses soweit es für das wachsende Kind in Betracht kommt; wir haben nur nötig, in der Frauenmilch die Menge der in ihr enthaltenen Eiweiskörper (fast ausschliesslich in der Form von Caseïn) zu der Menge der Kohlehydrate (Zucker und Fett) festzustellen. Damit gewinnen wir allerdings zunächst nur ein Urteil über jenes wichtige Verhältnis für den wachsenden jugendlichen Organismus, nicht aber für den erwachsenen und arbeitenden Menschen. Letzteres Verhältnis lässt sich aber unter Berücksichtigung der veränderten Lebensbedingungen aus ersterem ableiten. Wir gelangen jedenfalls auf diesem Wege zu einem Grenzwerte für jenes Verhältnis für den Fall des Wachstums, des Organaufbaues, da wir annehmen müssen, dass die Natur dasselbe so geregelt hat, dass sowohl das Wachstum des Körpers als die Aufrechterhaltung der notwendigen Funktionen, wie Atmung, Verdauung usw. möglich sind. Nun beträgt nach den neuesten Bestimmungen der Gehalt der menschlichen Milch (auf 100 Teile bezogen) an Eiweisskörpern 1.0, an Fett 4.1, an Zucker 6.9, an Salzen 0.24, an Wasser 87.76.3) 3
Zwar werden in den Lehrbüchern in Bezug auf den Gehalt an Käsestoff, Zucker und Fett etwas andere Zahlen angegeben, aber obige Werte erscheinen als die neuesten und besten; jedenfalls ist der früher angenommene Gehalt an Eiweisskörpern viel zu hoch gegriffen. Ueberhaupt schwanken die Angaben über den Gehalt der Milch sehr, weil dieser Gehalt in hohem Masse von der Art der Ernährung abhängig ist, wie wir bald an einem Beispiele sehen werden.
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Berücksichtigt man, dass die Wirkung des Fettes das 2 fache derjenigen der Kohlehydrate beträgt, so entsprechen 4.1 Fett (Butter) 8.2 Kohlehydrate; diese zu den 6.9 Zucker gerechnet, ergeben 15.1 Kohlehydrate auf l Teil Eiweisskörper. Es ist also in der menschlichen Milch das Verhältnis der stickstoffhaltigen zu den stickstofffreien Körpern wie 1:15.1 oder rund wie 1:15. Setzen wir aber wegen der nicht ganz sicheren Bestimmung des Eiweissgehaltes dieses Verhältnis zu 1:12 oder gar zu 1:10 an, so bleiben wir noch immer sehr weit von jenem oben angeführten Verhältnis 1:5 entfernt. Nun ist noch der folgende wesentliche Punkt zu berücksichtigen. Die Muttermilch ist für das Kind während seines ersten Lebensjahres bestimmt, d. h. für ein im starken Wachstum begriffenes Wesen; zu diesem Zwecke ist jedenfalls ein relativ reicher Gehalt an Eiweisskörpern und Nährsalzen erforderlich, da der Aufbau der Organe ausschliesslich durch diese beiden Gruppen von Nährstoffen erfolgt. Hat nun die Natur selbst in diesem Falle das Verhältnis der Eiweisskörper zu den Kohlehydraten wie 1:10 festgesetzt, so haben wir damit einen Grenzwert gefunden für den wachsenden Organismus, d. h. wir können nun behaupten, dass ein in rascher Entwicklung begriffener Organismus, der also Knochen und Knorpeln, Muskeln und Sehnen, überhaupt Körpergewebe jeglicher Art neu aufbaut, immer nur ein Teil Eiweiss auf 10 Teile Kohlehydrate braucht, möglicher Weise sogar noch weniger. Verwendet also ein im Wachstum begriffener Organismus trotz des relativ grossen Verbrauchs an Eiweisskörpern gegenüber den Kohlehydraten diese beiden Gruppen doch nur im Verhältnis von 1:10, so wird dieses Verhältnis beim Erwachsenen unbedingt noch kleiner sein müssen, also etwa 1:15 sein, d. h. die Menge des erforderlichen Eiweisses gegenüber der Menge der erforderlichen Kohlehydrate muss beim Erwachsenen noch kleiner sein als beim Kinde. Dies folgt ganz klar aus der bekannten Thatsache, dass der Stickstoffumsatz des erwachsenen Menschen bei Ruhe und Arbeit fast genau der gleiche ist und dass ein ruhender erwachsener Mensch offenbar relativ viel weniger Eiweiss und Nährsalze zur Erhaltung seines Organismus braucht, als der im lebhaftesten Stoffansatz bezw. Organaufbau begriffene kindliche Körper. Setzen wir also den Verbrauch an Kohlehydraten beim arbeitenden Manne auf 500 gr. für den Tag fest, so wird er an Eiweiss den 15. Teil dieses Gewichts, also etwa 33 gr. notwendig haben. Damit gelangen wir zu einem Werte, der fast ganz genau mit demjenigen zusammenfällt, den Dr. Hirschfeld
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(kein Vegetarier) in seinen Untersuchungen über den Bedarf des Menschen (siehe auch Nr. l Seite 31-32 der Vegetar. Rundsch. von 1889) gefunden hat. Er sagt dort, S. 533 ff, dass bei einem Arbeiter mit 35-40 gr. Eiweiss in der täglichen Nahrung Stickstoffgleichgewicht erreicht worden ist. Um den weit höheren Bedarf an Eiweiss des in raschem Wachstum begriffenen Organismus gegenüber dem entwickelten in noch helleres Licht zu stellen, wollen wir die Entwicklungsverhältnisse des Kalbes betrachten Die Kuhmilch enthält fast 4 mal so viel Eiweisskörper als die Frauenmilch, dagegen ist der Gehalt an Fett und Zucker sogar noch kleiner, während wieder der Gehalt an Nährsalzen um das dreifache grösser ist. Das Verhältnis der stickstoffhaltigen zu den stickstofffreien Körpern, das wir bei der Frauenmilch zu 1:10 gefunden, ergiebt sich bei der Kuhmilch zu 1:2 (annähernd). Zu welchem Zwecke hat nun die Natur diese beiden Verhältnisse so ungleich festgesetzt? Aus dem einfachen Grunde, [weil die Entwicklung des Kalbes eine 5 bis 6 mal schnellere ist als diejenige des Kindes. Das Rind ist bei kräftiger Ernährung mit 2 Jahren fortpflanzungsfähig und mit 3 Jahren vollständig ausgewachsen. Ein Kalb, das bei der Geburt 50 - 60 Pfund wiegt, wächst innerhalb 6-8 Monaten je nach der Rasse zu einem Tiere heran, das 200-250 Pfand wiegt, vorausgesetzt, dass es die Muttermilch vollständig bekommt. Eine Körpermasse von 150-200 Pfund ist also in dieser kurzen Zeit ganz aus dem Käsestoff und den Nährsalzen der Muttermilch aufgebaut worden, und dieser Umstand macht es vollständig erklärlich, dass von den beiden Verhältnissen das eine soviel mal enger gegriffen ist als das andere. Der Unterschied in der Entwicklung des kindlichen und tierischen Organismus ist auch ganz ausserordentlich; wie völlig verschieden ist die Zunahme der Körpermasse während des ersten Jahres beim Kinde gegenüber der des Rindes! Aus dieser Betrachtung folgt also, dass einer 5-6 mal rascheren körperlichen Entwicklung auch ein 5-6 mal grösserer Gehalt an Erweisskörpern und Nährsalzen in der Nahrung entsprechen muss, dass also ein grosser Eiweissgehalt nur da angezeigt ist, wo es sich um einen raschen Organaufbau handelt, dagegen ein weit kleinerer genügt, wo es sich blos um den Ersatz des durch den langsamen Stoffwechsel im ausgewachsenen Organismus bedingten geringen Verlustes handelt. Die Rolle der Eiweisskörper wird von den meisten Menschen, wofern sie sich überhaupt mit dieser Frage befassen, ganz falsch aufgefasst.
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Das Eiweiss soll in Verbindung mit den Nährsalzen nur zum Aufbau der Körperorgane, bezw. zu deren Erhaltung dienen (plastisches Nahrungsmittel), weshalb in letzterem Falle der Bedarf des ausgewachsenen Individuums nur ein sehr kleiner sein kann, wie wir eben gesehen. Die Physiologie behauptet zwar, das Eiweiss werde während des Verdauungsprozesses durch Spaltung zum Teil in Fett verwandelt. Abgesehen davon, dass dieser Satz noch keineswegs streng bewiesen ist, so ist es doch jedenfalls ein höchst unsinniges Verfahren, mehr Eiweiss zu dem Zwecke der Umwandlung in Fett dem Körper zuzuführen, als er sonst nötig hat zur Erhaltung der Organe; denn einerseits sind die eiweissreichen Nahrungsmittel teurer als die überwiegend Fett und Kohlehydrate enthaltenden, und andererseits muss der Verdauungsapparat in diesem Falle durch Zerlegung des schwerer verdaulichen Eiweisses eine unnötige Arbeit verrichten, indem ja dem Organismus das nötige Fett und die nötige Kohlehydrate in der leichtest assimilirbaren Form unmittelbar zugeführt werden können. Wozu also dieser Umweg in Form einer Umwandlung des Eiweisses, der doch nur eine ganz überflüssige Arbeitsleistung, die sonst anderwärts verwertbar wäre, darstellt? Es ist ja bekannt, wie die Fleischesser nach dem Genuss ihrer grossen Quantitäten von eiweissreichen Nahrungsmitteln Stunden lang an den Folgen des sogen. Verdauungsfiebers leiden und zu jeder geistigen und körperlichen Arbeit unfähig sind. Dieses Verdauungsfieber mit seinen Folgen kennt der richtige Vegetarier gar nicht. Um die Rolle, welche die beiden Hauptnahrungsgruppen, die eiweisshaltigen und die eiweissfreien, im menschlichen Organismus spielen, zum möglichst klaren Verständnis zu bringen, diene noch folgender Vergleich, der in trefflicher Weise die Bedeutung und gegenseitige Stellung beider erläutert. Bekanntlich ist die Quelle aller menschlichen Arbeitskraft die im Körper stattfindende Verbrennung der Nahrungsstoffe. Hierbei kommen aber fast nur die Kohlehydrate und die Fette als Brennmaterial in Betracht. Ganz das Gleiche gilt von der Dampfmaschine. Auch im dieser bildet die durch Verbrennung von Kohlenstoff erzeugte Wärme die alleinige Quelle der Arbeitsleistung. Die auf diese Weise erzeugte Spannkraft des Wasserdampfes wird vermittelst des Kolbens auf einen
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anderen Körper übertragen und dadurch Arbeit geleistet. Den metallischen Bestandteilen der Maschine entsprechen beim Menschen die Knochen und Muskeln. Die Arbeitsleistung der Muskeln wird aber durch Verbrennung von kohlenstoffreichen Verbindungen ermöglicht, genau so wie bei der Dampfmaschine durch Verbrennung der Kohle. Soll mehr Arbeit geleistet werden, so ist sowohl bei der menschlichen Maschine wie bei der Dampfmaschine eine reichlichere Zufuhr von Kohlenstoff geboten. Wie aber bei der Dampfmaschine während der Arbeitsleistung die aus Metall bestehenden Maschinenteile abgenutzt werden, so findet auch in den Muskeln eine Art Abnutzung, eine Umsetzung ihrer eiweissartigen Bestandteile statt, und diese umgesetzten Bestandteile werden hauptsächlich durch die Nieren in Form von Harnstoff ausgeschieden. Also ist auch die Zufuhr eiweisshaltiger Nahrungsmittel erforderlich, um den ganz langsam und stetig vor sich gehenden Substanzverlust der Muskeln und Knochen zu ersetzen. In ähnlicher Weise müssen auch bei der Dampfmaschine die einzelnen Maschinenteile nach dem Grade ihrer Abnutzung durch neue ersetzt werden; ein Unterschied besteht nur darin, dass bei der Dampfmaschine diese Ersetzung stückweise und von Zeit zu Zeit erfolgt, während beim Menschen der Ersatz der Muskel- und Knochensubstanz ganz allmählig und stetig stattfindet. Wie aber nun ferner der Verlust der metallischen Bestandteile der Maschine gegenüber dem Verbrauch an Kohle fast ganz verschwindend ist, so ist auch beim Menschen die Abnutzung der Muskeln, selbst bei anstrengender Arbeit, ganz unbedeutend gegenüber dem Verbrauch an Kohlenstoff zur Wärmebildung und damit zur Kraftleistung. Daraus folgt, dass der Mensch ungleich viel mehr stickstofflose Nahrungsmittel, also Fett, Zucker, Stärkemehl, braucht, als eiweisshaltige. Die tagtägliche Erfahrung bestätigt dies auch durchaus. Grosse Arbeitsleistung bedingt stets und überall eine beträchtliche Steigerung des Verbrauchs an Kohlehydraten, während der Verbrauch an Eiweissstoffen dabei nur um einen überraschend kleinen Betrag gesteigert wird. Der schwer arbeitende Mensch hat daher auch ein instinktives Bedürfnis nach Fett in seiner Nahrung, er nennt dieselbe «je fetter, desto besser» und sagt: Käse (sogen, dicke Milch, die auf dem Lande aus Sparsamkeitsrücksichten statt Butter auf dem Brot genossen wird) hilft einem bis an den Berg, Butter aber bis auf den Berg. Und er hat ganz recht. Wir wissen ja, dass Arbeit nur durch
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Wärme erzeugt werden kann4) und dass die Verwandlung von Wärme in Arbeit und umgekehrt von Arbeit in Wärme nach einem ganz bestimmten und unabänderlichen Verhältnis stattfindet (Aequivalenz von Wärme und Arbeit, der erste Hauptsatz der mechan. Wärmetheorie). Nun hat der Mensch zweierlei Arbeit zu leisten, 1) innere Arbeit, die stets Tag und Nacht ununterbrochen zu leisten ist, und 2) äussere Arbeit, die nur dann stattfindet, wenn er durch Aufwendung von Muskelkraft ausser ihm befindliche Körper in Bewegung setzt, also äusseren Widerstand überwindet. Während nun das Maas der äusseren Arbeitsleistung ganz von dem Willen des Menschen abhängt, ist die innere Arbeit fast gänzlich unabhängig vom Willen, erfolgt sogar gegen denselben und darf keine Unterbrechung erleiden; sie besteht hauptsächlich in der Arbeit des Herzens (sehr beträchtlich), der Lunge, der Verdauungsorgane und aller secernierenden und excernierenden Organe. Da die innere Arbeit bei allen Menschen von annähernd gleichem Körpergewicht auch annähernd gleich gross ist, so hängt das Mass der Gesamtarbeitsleistung wesentlich von der Grösse der äusseren Arbeit ab, und man begreift deshalb leicht, wie der äussere, schwere Arbeit verrichtende Mensch einer entsprechend grösseren Wärmemenge, die eben in Arbeit umgewandelt wird, bedarf. Da diese Wärme fast ausschliesslich durch die Oxydation des Kohlenstoffs der Kohlehydrate und des Fettes geliefert wird, so hängt also die in Form von Fett, Zucker und Stärkemehl aufzunehmende Nahrungsmenge wesentlich von der zu leistenden Arbeit ab. Fasst man den Menschen als Arbeitsmaschine auf (und was ist der heutige Mensch anders?), so ist die oben hervorgehobene Analogie zwischen ihm und der Dampfmaschine geradezu schlagend. Arbeitet letztere unter Volldampf, so bedarf sie der doppelten bis dreifachen Kohlenmenge, deren sie bei halbem Dampf bedarf, während die grössere Abnutzung der metallischen Teile gegenüber der weit grösseren dabei verbrauchten Kohlenmenge kaum irgend wie in Betracht kommt. Aehnlich beim 4
Die neuesten Forschungen ergeben, dass die aus den chemischen Verbindungen und Zersetzungen im Muskel sich entwickelnde potentielle Energie in Form von. Elektrizität in aktuelle Energie oder in Arbeit umgesetzt wird, dass es also nicht die Wärme ist, die sich in Arbeit verwandelt. Wärme tritt blos als eine Begleiterscheinung bei den elektrischen Vorgängen im Muskelgewebe auf. (Siehe A. Gautier, Chimie biologique, Seite 315-318).
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arbeitenden Menschen. Es sind ausschliesslich die Kohlehydrate und das Fett, deren er bei Arbeit in stärkerem Masse bedarf, und die ganz unbedeutend vermehrte Abnutzung seiner Muskeln wird mehr als hinreichend gedeckt durch die grössere Zufuhr von Eiweiss, die sich dabei ganz von selbst ergiebt; denn da die Kohlehydrate enthaltenden Nahrungsmittel auch immer etwas Eiweiss und Nährsalze enthalten, also vermehrte Aufnahme solcher Nahrungsmittel auch grössere Eiweissaufnahme ohne weiteres mit sich bringt, so braucht der Mensch gar nicht ängstlich nach der Eiweissmenge in seiner Nahrung zu fragen. Er nimmt ja in der Regel zu viel Nahrung zu sich, also auch fast immer zu viel Eiweiss, und sollte weit eher ängstlich darüber wachen, dass er nicht zu viel Eiweiss aufnimmt, statt zu wenig. Hier werden nun die Gegner des Vegetarismus einwenden, dass die Eiweisskörper es seien, die für die Herbeischaffung des Sauerstoffs sorgen, dass also eine reichliche Sauerstoffaufspeicherung nur möglich sei, wenn die Menge des Organeiweisses und des frei cirkulierenden Eiweisses möglichst gross ist; da ferner die Menge des Eiweisses den Grad der Oxydation bestimme und von dieser das Mass der frei werdenden Kraftmenge, die zu innerer und äusserer Arbeit verwendbar ist, abhänge, so müsse man also für reichliche Zufuhr von Eiweiss in der Nahrung sorgen. Dieser Einwand würde nur dann berechtigt sein, wenn dem Körper zu wenig Fett und Kohlehydrate in der Nahrung zugeführt würden. Ist dies aber nicht der Fall, so werden gerade die Fette, der Zucker, das Stärkemehl (nach seiner Verwandlung in Zucker) wegen ihrer viel leichteren Oxydirbarkeit am ehesten angegriffen, d. h. oxydiert; diese Oxydation ist um so lebhafter, je grösser der Gehalt der Nahrung an Fett und Kohlehydraten ist. Je lebhafter aber diese Nahrungsgruppe vom Sauerstoff angegriffen wird, um so mehr werden die Eiweisskörper verschont und vor der Zerstörung bezw. Verbrennung beschützt, da der Sauerstoff sich stets zuerst auf die leichter oxydirbaren Stoffe wirft. Die so vor der Verbrennung beschützten Eiweissstoffe können nun zum Organaufbau, bezw. zur Erhaltung der Organe verwandt werden, was ja auch ihr ausschliesslicher und wahrer Zweck ist. Wie schon hervorgehoben wurde, ist es doch ein höchst unzweckmässiges Beginnen, die schwer zersetzbaren und teuren Eiweisskörper die Rolle der Wärmebildner spielen zu lassen, während die viel leichter oxydirbaren Fette und Kohlehydrate zu diesem Zwecke viel geeigneter sind, insofern sie
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leichter verdaulich, also weniger Verdauungsarbeit beanspruchen und endlich auch billiger sind. Die Physiologen widerlegen sich mit ihren eigenen Experimenten, wenn sie den Eiweisskörpern die eben widerlegte Bedeutung zuschreiben. Prof. Voit konnte nur dann einen Uebergang von Eiweiss in das schliessliche Organeiweiss, d. h. eine schliessliche Zunahme der Organe, durchsetzen, wenn er reichlich Fette und Kohlehydrate der Nahrung beifügte. Um diesen Zweck zu erreichen, waren, wie er hervorhob, nur relativ geringe Mengen von Eiweiss notwendig, wenn er nur grosse Mengen Fett gab. Dabei wurde nicht nur weniger Stickstoff ausgeschieden als aufgenommen, sondern auch verhältnismässig viel Kohlenstoff zurückbehalten (Voit: Stoffwechsel, Seite 313). Der Organismus wurde also nur dann erheblich eiweissreicher, wenn er auch zugleich fettreicher wurde. Diese Versuchsresultate des berühmten Physiologen bestätigen unsere Deduktionen über den geringen Eiweissbedarf des Menschen vollkommen. Wenn in der gereichten Nahrung, bei hinreichender Menge von Fett und Kohlehydraten, schon relativgeringe Eiweissmengen genügten, um eine Zunahme der Organe, also eine gute Entwicklung der Muskulatur, überhaupt aller Gewebe und Knochen, zu bewirken, so folgt daraus, dass bei einem erwachsenen Menschen, der sich eines normalen Eiweissbestandes erfreut, wo also eine Vermehrung dieses Bestandes nicht geboten ist, eine noch geringere Eiweissmenge genügt, um diesen Bestand zu erhalten, dabei stets vorausgesetzt, dass ihm die nötige Menge Fett und Kohlehydrate gereicht wird. Fett und Kohlehydrate sind also vor allen Dingen dem Menschen nötig; ohne sie ist weder Eiweissansatz noch Fettansatz möglich; ohne sie als die geeignetsten Wärmebildner ist eine flotte Wärmeentwicklung, also auch eine tüchtige Arbeitsleistung, sei es innere oder äussere, undenkbar; ohne sie ist also das Leben unmöglich. Prof. Pflüger5) hat nachgewiesen, dass wenn man einem im Stoffwechselgleichgewicht befindlichen Hunde eine grosse, das Bedürfnis überschreitende Zulage von Fett und Stärke giebt, der Stoffwechsel dadurch nicht gesteigert wird. Der gereichte Ueberschuss 5
Pflüger's Archiv für Physiologie, 1891, Band 51, Seite 229. Beide Sätze zusammengefasst besagen: Weder Fett noch Kohlehydrat, wohl aber Eiweiss vermag den Stoffwechsel weit über das Bedürfnis zu steigern.
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der Nahrung wird als Fett abgelagert. Wenn man dagegen einem nur mit magerem Fleisch ernährten, im Stoffwechselgleichgewicht befindlichen Hunde eine das Bedürfnis überschreitende Zulage von Fleisch giebt, so wächst der Stoffwechsel fast proportional der Zulage weit über das Bedürfnis hinaus. Nur ein kleiner Teil wird gespart und Vermehrt das Körpergewicht. Nun ist aber jeder über das Bedürfnis hinaus gesteigerte Stoffwechsel ein krankhafter, fieberhafter, wie schon daraus folgt, dass bei Fiebern der Stoffwechsel eine enorme Höhe erreicht und das der wesentliche Charakter der Fieber gerade in dem gesteigerten Stoffwechsel besteht. Wo dieser also auftritt, ist auch fieberhafter Zustand vorhanden. Hieraus ersehen wir wieder, wie die Natur überschüssige Eiweissmengen unter allen Umständen los zu werden sucht, was sie durch gesteigerten Stoffwechsel zu erreichen bestrebt ist. Da dies für etwaige im Ueberschuss zugeführte Kohlehydrate nicht gilt, so folgt daraus, dass diese von viel unschuldigerer Natur sind, als die Eiweisskörper. Wie sehr der Organismus bestrebt ist, überschüssige Eiweissmengen durch rasche Zersetzung derselben möglichst schnell auszuscheiden, sehen wir wieder deutlich aus den jüngsten Experimenten Prof. Pflüger's, die er an mageren Hunden anstellte (Pflüger's Archiv für Physiol. Band LII, S. l, 1892). Der magere Versuchshund gebrauchte zur Erhaltung des Stoffwechselgleichgewichts bei Ruhe pro kgr. Körpergewicht täglich 2.073 gr. Stickstoff, dem Gesamtkörpergewicht entsprechend 62.2 gr. Stickstoff (bei reiner Fleischnahrung). Es konnte aber die tägliche Stickstoffzufuhr auf 22 gr. pro Tag herabgesetzt werden, ohne dass das Tier an Fleischgewicht verlor, wobei demselben eine das Nahrungsbedürfnis übersteigende Menge von Fett und Stärke gereicht wurde. Dabei wurden grosse Mengen Fett als Mast angesetzt. Während aber das Versuchstier nur etwa 2/3 seines Nahrungsbedürfnisses durch eiweissfreie Nahrung befriedigen konnte, fand sich, dass bei einem anderen, ebenfalls sehr mageren Hunde, ungefähr 6/7 des ganzen Nahrungsbedürfnisses durch Fett und Kohlehydrate befriedigt werden konnten, was Prof. Pflüger «sehr merkwürdig» findet und beweist, in wie hohem Grade die Versuchsresultate von der Individualität der Versuchstiere abhängig sind. Das Resultat seiner Untersuchungen lautet nun: «Bei ausschliesslicher Fleischfütterung und
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möglichster Ausschliessung von Fett und Kohlehydraten ist eine Fleischmästung nur möglich, wenn die Eiweisszufuhr das Bedürfnis überschreitet, das überschüssige Eiweiss wird aber nicht, wie überschüssige stickstofffreie Nahrung aufgespeichert, sondern zum grossen Teile zersetzt, und zwar proportional der überschüssigen Eiweisszufuhr (d. h. je mehr Eiweiss zugeführt wird, desto mehr sucht der Organismus davon zu zersetzen und auszuscheiden). Da das Fleischgewicht (durch die eintretende Fleischmast) wächst, nimmt der Verbrauch z u (d. h. zur Erhaltung der grösseren überflüssigen Fleischmenge des Körpers ist auch eine grössere Eiweissmenge in der Nahrung nötig), und die Grösse des Ueberschusses fortwährend ab. Es liegt also in dem Wesen der Eiweissnahrung, dass sie die Bedingungen der Fleischmast, wenn sie vorhanden sind, selbst schnell zu beseitigen sucht». Folgt nun aus diesen Sätzen nicht ganz klar, dass eine überwiegende Eiweissernährung selbst bei einem ausgesprochenen Raubtiere, wie der Hund, ein Luxus ist, da der Organismus, ohne wesentlich Fleisch anzusetzen, das ihm zugeführte Eiweiss um so mehr zu zerstören und auszuscheiden sucht, in je grösseren Mengen es ihm gereicht wird, während bei viel geringerer Eiweisszufuhr und genügender Menge von Fett und Kohlehydraten reichlich Fett und Fleisch angesetzt wird. Wozu also dem Organismus diese ganz überflüssige Eiweisszersetzung aufbürden? Dabei ist noch wohl zu berücksichtigen, dass der Hund als entschiedenes Raubtier ein grosses Verdauungsvermögen für Eiweiss (Fleisch) besitzt, also grosse Mengen desselben zersetzen und ausscheiden kann, was dem Menschen, der doch seiner Natur nach nicht zu den eigentlichen Raubtieren zu zählen ist, nicht möglich ist. Deshalb ist für ihn eine zu eiweissreiche Nahrung schädlich, da er die überschüssigen Stickstoffmengen nicht alle auszuscheiden vermag. Der sehr wichtige Satz, dass ein Ansatz von Fleisch, also eine Zunahme der Organe mit sehr kleinen Eiweissmengen bei reichlicher stickstofffreier Kost stattfindet, wird ferner durch die Experimente bestätigt, die Dr. G. Klemperer an zwei jungen, kräftigen Männern angestellt hat6). Diese nahmen bei einer nur 31 gr. Eiweiss enthaltenden, im übrigen sehr fett- und zuckerreichen Nahrung am 6
Näheres siehe darüber im Archiv f. Physiol., 1889, Heft 3 und 4, sowie Veget. Rundschau, 1890, S. 271 u. f.
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5. und den folgenden Tagen an Gewicht zu, nachdem sie in den ersten 4-6 Tagen infolge der ganz veränderten Ernährungsweise, wie leicht erklärlich, an Gewicht verloren hatten. Diese nach dem 5., bezw. 6. Tage eintretende Gewichtszunahme war die Folge eines Eiweissansatzes, also musste trotz des geringen Eiweissgehaltes der täglichen Nahrung ein Uebergang von Eiweiss in Organeiweiss, d. h. eine Zunahme der Organe stattgefunden haben. Wir ersehen hieraus wieder, wie geringfügig der Gehalt an stickstoffhaltigen gegenüber den stickstofffreien Bestandteilen in der menschlichen Nahrung sein kann, ohne dass der Mensch darunter Schaden leidet. Natürlich kann unter Umständen ein weit reichlicherer Gehalt der Nahrung an Eiweiss unbedingt notwendig sein. Ein Mensch, der durch eine Hungerperiode oder eine lange schwere Krankheit, wie z. B. Typhus, in seinem Eiweissbestande ganz heruntergekommen ist, bedarf offenbar grösserer Nahrungsmengen, die neben reichlichem Gehalt an Fett und Kohlehydraten auch reichliche Eiweissmengen enthalten; letztere sind aber nur so lange in grösserer Quantität nötig, als der Organaufbau oder die Zunahme aller Gewebsteile bis zum normalen Zustande andauert, was in mehreren Monaten geschieht. Ist dieser normale Zustand erreicht, so ist auch die reichere Zufuhr von Eiweiss nicht allein überflüssig, sondern schädlich. In jedem menschlichen und tierischen Körper befindet sich ein gewisser Fettvorrat angehäuft. Diese Fettmenge dient als Reserve für den Fall, wo vorübergehend die Aufnahme von Nahrung unmöglich ist. Da die innere Arbeit des Organismus ununterbrochen vor sich gehen muss (Herzschlag, Atmung etc.), wenn derselbe nicht aufhören soll zu leben, so darf das Feuerungsmaterial (Fette, Kohlehydrate) nie gänzlich fehlen. Die Natur hat darum in dem Gewebe Fett abgelagert, was in den Zeiten der Not angegriffen wird, um als Heizmaterial zur Unterhaltung des Verbrennungsprozesses zu dienen und so die Fortsetzung der notwendigsten Funktionen zu ermöglichen. Wenn man nun wohl von einem Fettvorrat im Organismus sprechen kann, so ist jedoch von einem Eiweissvorrat zu sprechen kaum möglich; denn was das cirkulierende Eiweiss betrifft, so ist dessen Gesamtmenge verhältnismässig klein und keiner grossen Zunahme fähig, und was das Organeiweiss betrifft, so ist dieses schon zum Aufbau der Organe verwandt, es kann also nicht mehr als eigentliches
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Reservematerial betrachtet werden. Es ist eben ein Eiweissvorrat gar nicht nötig. Der Stickstoffumsatz ist im allgemeinen ein so langsamer, also die Abnutzung der Organe so geringfügig, dass selbst bei gänzlichem Mangel von Eiweiss in der Nahrung der Mensch längere Zeit bestehen, ja sogar noch Arbeit leisten kann, dabei immer vorausgesetzt, dass die nötigen Mengen Kohlehydrate in der eiweissfreien Nahrung zugeführt werden. Parkes fand, dass ein kräftiger Mann, dessen Nahrung in Bezug auf ihren Eiweissgehalt um die Hälfte 5 Tage hindurch reduciert war, dann noch 5 Tage gänzlich eiweissfreie Nahrung bekam, doch noch am 4. Tage nach dieser Entziehung schwere Arbeit leisten konnte und sich ganz wohl dabei befand. Versuche Rubner's bestätigen diese Beobachtung. Wir bedürfen übrigens solcher Experimente nicht, die Natur giebt uns auch hier wieder einen direkten Fingerzeig, der uns andeutet, worauf es hauptsächlich ankommt, um den tierischen Organismus leistungsfähig zu erhalten. Wenn das Kamel eine grössere Reise durch die Wüste antreten soll, so reicht man ihm längere Zeit vorher kräftigere Nahrung, um es für die Anstrengungen der Reise zu stärken. Dabei sammelt sich in seinem Höcker viel Fett an, das auf der Reise allmählich wieder verschwindet; es dient eben zur Unterhaltung des Oxydationsprozesses, also zur Wärmebildung und damit zur Arbeitsleistung. Hier kann man sehr wohl von einem Fettvorrat, aber nicht von einem Eiweissvorrat sprechen; denn wenn auch durch kräftigere Ernährung vor der Reise der Eiweissbestand des Körpers etwas wächst, also alle Gewebsteile etwas stickstoffreicher werden, so ist doch keine Vorratskammer für die Aufnahme von Eiweiss vorhanden, wie dies für das Fett der Fall ist. Dieser Umstand beweist uns wieder, wie geringfügig der Eiweissbedarf gegenüber dem Bedarf an Fett und Kohlehydraten ist. So lange man glaubte, dass mit jeder Zusammenziehung oder Ausdehnung eines Muskels eine starke Zersetzung von Eiweiss verknüpft sei, war es natürlich anzunehmen, dass auch ein entsprechender Ersatz des zerlegten Eiweisses notwendig sei; seitdem man aber weiss, dass Muskelthätigkeit fast gar keine grössere Umsetzung bedingt, als sie im Ruhezustande stattfindet, fällt auch jeder Grund weg zur Annahme eines hohen Eiweissbedarfs. Die vorangehenden Untersuchungen und Betrachtungen haben uns auf den verschiedensten Wegen in völlig übereinstimmender Weise zu dem Resultate geführt, dass beim Menschen der Bedarf an eiweisshaltigen
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Nahrungsmitteln gegenüber den stickstofffreien ein sehr geringer ist, dass also das Verhältnis dieser beiden Nahrungsgruppen, welches die Physiologie wie 1:5 für den Erwachsenen angesetzt hatte, mit grösster Berechtigung wie 1:15 angesetzt werden kann. Die Experimente, welche die Physiologen angestellt hatten, lieferten uns das Beweismaterial zu diesem Satze, ausserdem aber führten ganz einfache Beobachtungen, die sich tagtäglich anstellen lassen, bei richtiger Auslegung zu dem allgemeinen Resultat, dass beim Menschen und beim Tiere die respiratorischen Nahrungsmittel, d.h. die Fette und Kohlehydrate in ganz überwiegender Menge genossen werden müssen. Aus allen diesen Betrachtungen ging klar hervor, dass die zur Ernährung dienenden Pflanzen fast ohne Ausnahme diejenige Menge von Eiweisskörpern und Nährsalzen die zum Aufbau, bezw. zur Erhaltung der Organe notwendig sind, in überreichlichem Masse enthalten. So lange unsere Gegner sich auf den angeblich hohen Eiweissbedarf des Menschen berufen können, werden sie stets darauf hinweisen, dass es unpraktisch sei, diesen Bedarf ausschliesslich durch Pflanzenkost zu decken, weil doch das Fleisch das Eiweiss in so konzentrierter und leicht assimilirbarer Form enthalte, wie dies kaum bei irgend einem aus dem Pflanzenreiche stammenden Nahrungsmittel der Fall sei. Es musste also unsere Hauptaufgabe sein, diesen Satz möglichst vollständig zu widerlegen und der Leser wird nun begreifen, warum wir auf jedem nur denkbaren Wege darzuthun suchten, dass die Annahme der heutigen wissenschaftlichen Physiologie von dem hohen Eiweissbedarf des Menschen absolut unhaltbar sei, und dass also auch damit die auf diese Annahme gegründete Schlussfolgerung von der Notwendigkeit des Fleischgenusses falle. Selbst die eifrigsten Verfechter des Fleischgenusses müssen zugeben, dass der Mensch auf die Dauer nicht ausschliesslich von tierischem Fleisch und Fett leben kann; jeder Mensch muss also täglich eine gewisse Menge von pflanzlichen Nahrungsmitteln zu sich nehmen. So geniesst doch fast jeder Mensch täglich eine gewisse Quantität Brot und Gemüse. In diesen vegetabilischen Nahrungsmitteln ist aber schon die zur Erhaltung der Organe notwendige Menge von Eiweiss (35 gr.) und Nährsalzen in der Regel enthalten; wozu also noch Fleisch daneben gemessen, wenn es sich um die Deckung des Eiweissbedarfs handelt?
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Dieser wird ja schon durch die notwendigerweise zuzuführende Pflanzenkost vollständig gedeckt! Einen Sinn hätte es, wenn neben dieser Pflanzenkost sehr fettes Fleisch oder reines Fett genossen würde; denn da der Bedarf des Menschen an Fett und Kohlehydraten ein sehr grosser ist, besonders in nördlichen Klimaten, so kann derselbe diesen Bedarf an respiratorischen Nahrungsmitteln zum Teile durch Fett decken, aber die meisten Menschen, die nicht physisch thätig sind, ziehen das magere Fleisch dem fetten vor, weil sehr fettes Fleisch für sie sehr schwer verdaulich ist. Damit erreichen sie aber gar nicht das, was die Natur will; sie häufen zuviel Eiweiss an und leiden oft Mangel an respiratorischen Nahrungsmitteln; der Organismus ist daher gezwungen, das Eiweiss zu zerlegen und in Fett umzuwandeln, eine Arbeit, die höchst überflüssig ist, wenn dem Körper mehr respiratorische Nahrungsmittel zugeführt werden. Wird aber neben dem Fleisch auch die erforderliche Menge von Fett und Kohlehydraten zugeführt, so bleibt jedenfalls der Uebelstand bestehen, dass nun der Organismus eine überschüssige Menge von Eiweiss ausscheiden muss, wodurch er den Nieren eine ganz überflüssige Arbeit aufbürdet. Sind diese noch dazu, wie so oft der Fall, nicht mehr im Stande, diese Arbeit zu leisten, so ist die Sachlage noch viel schlimmer, weil nun die nicht zur Ausscheidung gelangenden überflüssigen stickstoffhaltigen Atomkomplexe in den verschiedensten Teilen des Körpers sich ablagern und so der Grund zu zahllosen Krankheiten gelegt wird. Wir sehen also, dass unter allen Umständen der Fleischgenuss überflüssig und damit auch schädlich ist. Dazu kommt noch, dass das reine Fleisch ein höchst einseitiges Nahrungsmittel ist, wie aus folgender Betrachtung erhellt. Das Raubtier verzehrt sein Opfer meist mit Haut und Haar, wie man so zu sagen pflegt, es geniesst also nicht blos das reine Muskelfleisch seines Opfers, sondern auch dessen Blut, Fett, Knochen, Leimsubstanz usw. Dadurch nimmt das Raubtier eben alle Substanzen in seinen Organismus auf, deren es selbst bedarf. Was thut nun der Mensch als Fleischesser? Er begnügt sich in der Regel mit dem reinen Muskelfleisch und nützt oft nicht einmal das tierische Fett aus, weil er es nicht verdauen kann. Ebenso wirft er die Knochen weg, weil sein Zahnbau in keiner Weise dazu geeignet ist, dieselben zu zerkleinern und zu zermalmen. Wie wichtig aber die Knochen für die Ernährung (der Raubtiere) sind, beweist uns jeder Hund, den wir mit dem Zernagen eines Knochens, der oft schon ein ganzes Jahr
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herumgeworfen worden sein mag, beschäftigt sehen. Nichts bringt dieses Tier mehr in Harnisch, als der Versuch, ihm diesen Knochen abzunehmen, weil es fühlt, dass derselbe ihm zu seiner vollen Ernährung notwendig ist. Aus dem reinen Fleisch kann nun auch nur wieder reines Fleisch gebildet werden, keineswegs aber z. B. Knochensubstanz. Die Knochen baut der Mensch fast ausschliesslich auf aus den Nährsalzen, die er mit der Pflanzenkost aufnimmt; wir finden aber auch, dass gerade diejenigen Menschen, die viel Fleisch und dementsprechend wenig Pflanzenkost geniessen, die weichsten und brüchigsten Knochen besitzen. Die mineralischen Bestandteile des Fleisches genügen absolut nicht, um den Bedarf des Menschen an diesen Bestandteilen zu decken. Das so wichtige Eisen ist in manchen pflanzlichen Nahrungsmitteln in 10 bis 20 mal grösserer Menge enthalten als im Fleisch; daher die bleichsüchtigen Mädchen in der Stadt und die drallen Dirnen auf dem Lande. Ueberdies ist es noch durchaus fraglich, ob das Eisen des Fleisches im menschlichen Verdauungsapparate resorbiert wird. Dasselbe findet sich fast ausschliesslich als Hämoglobin in den Blutgefässen des Muskels; es steht aber nicht fest, dass das Eisen des Hämoglobins resorbirbar ist. Schon im Magen spaltet sich das Eisen als Hämatin aus dem Hämoglobinmolekül ab; dieses Hämatin (ein Blutkrystall, das im trockenen Zustande ein metallisch glänzendes Pulver von blauschwarzer Farbe bildet) ist aber im Wasser, Aether, Alkohol, und Chloroform ganz unlöslich, was nicht für seine Resorbirbarkeit spricht. Der Fleischesser würde demnach seinen Eisenbedarf aus dem Eisengehalte der Pflanzenkost eventuell decken müssen, und wäre dies wieder ein Beweis gegen den Fleischgenuss, da dass Fleisch gerade einen hochwichtigen Bestandteil, Eisen, in einer nicht assimilirbaren Form enthielte. Was thut also der Mensch, indem er Fleisch geniesst? Er nimmt mit dem Fleische gerade diejenige Substanz auf, deren er am wenigsten bedarf, deren Gehalt an Nährsalzen ungenügend und die er dazu noch am teuersten bezahlt. Da aus dem Fleische auch nur Fleisch gebildet werden kann und zwar nach den oben angegebenen Versuchen Voit's nur dann, wenn zugleich reichliche Mengen Fett und Kohlehydrate gegeben werden, so ist also dessen Genuss in jeder Beziehung überflüssig, da es sich beim normalen Menschen um Fleischansatz gar nicht handelt, sondern blos um den leichten Ersatz
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der ganz geringfügigen Muskel- und Knochensubstanz, die täglich verloren geht. Wenn also, wie wir gesehen, der Fleischgenuss in jeder Beziehung gänzlich überflüssig ist, so ist er auch dazu vernunftwidrig und unlogisch. Indem wir Fleisch gemessen, verwandeln wir Fleisch wieder in Fleisch, d. h. wir verwandeln eine Substanz nach längerem chemischen Prozess wieder in dieselbe Substanz und zwar mit Verlust in Bezug auf die Menge, während an Qualität nichts gewonnen wird. Dies ist schon an und für sich ein ganz unlogisches Verfahren, denn alle Umwandlungsprozesse, die der Mensch vornimmt, haben doch nur den Zweck, eine gegebene Substanz in eine andere von höherem Werte umzusetzen. Es wird z. B. gewiss niemand eine gegebene Quantität guten Zuckers durch einen langwierigen chemischen Prozess wieder in Zucker unter Verlust an Quantität zu verwandeln suchen, da ein solches Beginnen als offenbarer Unsinn bezeichnet werden müsste. Und doch begeht der Fleischesser tagtäglich diese unsinnige Handlung. Das Pflanzeneiweiss erreicht nämlich die höchste Stufe der Verwandlungen, die es überhaupt durchmachen kann, im lebendigen tierischen Körper als Fleisch. Indem wir dieses pflanzliche Eiweiss also schon im Tierkörper die höchste Stufe seiner Verwandlungsfähigkeit erreichen lassen, ist jede weitere mögliche Umwandlung nur ein Rückschritt. Dieser Rückschritt oder Zerfall beginnt schon im lebendigen Tier- oder Menschenkörper selbst und wird durch das Töten des Tieres nur noch beschleunigt. Eine solche schon in der Rückbildung oder in beschleunigter Zersetzung begriffene Masse verleibt nun der Mensch seinem Körper ein, um durch einen neuen chemischen Prozess dieselbe in Eiweisskörper umzubilden und letztere schliesslich wieder in denselben Zustand des lebenden Tierfleisches zurückzuverwandeln, in dem sie schon früher gewesen. Nun kann aber der Mensch ebenso gut wie irgend ein Tier das Pflanzeneiweiss direkt in sein eigenes Fleisch und Blut verwandeln; warum also soll er dasselbe diesen Verwandlungsprozess zweimal in gleicher Weise durchmachen lassen, wenn dabei Verluste in Bezug auf Quantität herauskommen und an Qualität nichts gewonnen wird (Menschenfleisch unterscheidet sich vom Tierfleisch durchaus gar nicht). Grenzt ein solches Verfahren nicht an den reinsten Unsinn? Der Mensch muss ja das tierische Eiweiss durch den Verdauungsprozess wieder in seine Elemente zerlegen und aus diesen Elementen zum zweiten Mal Fleisch aufbauen. Wäre es da
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nicht viel vernünftiger, den grossen und äusserst kostspieligen Umweg durch den Tierleib ganz zu vermeiden und den Aufbau der Organe des Menschen direkt aus dem Pflanzeneiweiss bewerkstelligen zu lassen? Diesem letzteren Verfahren steht ja absolut nichts im Wege. Um aber so recht den vollen Unsinn des Fleischgenusses in klares Licht zu stellen, diene folgende Parallele. Jemand zieht mehrere Bäume gross, lässt sie dann fällen, in Bretter sägen und austrocknen. Sodann lässt er diese Bretter zu einem kunstvollen und kostspieligen Möbel verarbeiten. Nach Vollendung des Möbels nimmt er eine Axt und zertrümmert dasselbe, um mit den Trümmerstücken den Ofen zu heizen, weil dieselben mehr Wärme erzeugen sollen. Jedermann wird einen solchen Menschen für verrückt erklären. Und doch handelt der Fleischesser genau so! Er züchtet ein Tier, ernährt und pflegt es mit vielen Kosten, unter viel Arbeit, mehrere Jahre lang, dann schlägt er es tot und isst es auf, d. h. heizt seinen Körper damit. Ebenso gut wie jener Mann das gefällte Holz direkt zum Heizen des Ofens verwenden konnte, ohne es jenen mühsamen und kostspieligen Verwandlungsprozess in ein kunstvolles Stück Möbel durchmachen zu lassen, so kann auch der Fleischesser die dem Tiere gereichte Nahrung oder deren Aequivalent direkt verzehren, ohne sie erst Jahre lang durch den Tierkörper zu jagen und dann diesen aufzuzehren. Ebenso wie in dem ersten Falle infolge des unsinnigen Verfahrens das Heizen ungleich viel teurer zu stehen kommt, als nötig wäre, so kommt auch im zweiten Falle das Endprodukt viel teurer zu stehen als bei direkter Ausnützung der verwendeten Nahrungsmittel nötig gewesen wäre. Der einzige Einwand, den unsere Gegner hier machen könnten, wäre der, dass der Genuss des Tierfleisches dem Menschen mehr Kraft und Energie verleihe, als derjenige des Pflanzeneiweisses, weil das in Tierfleisch umgewandelte Pflanzeneiweiss in der konzentriertesten und verdaulichsten Form dem menschlichen Magen geboten werde, dass also von diesem Standpunkte das tierische Eiweiss gegenüber dem pflanzlichen einen Vorteil biete. Aber dieser Einwurf ist wieder vollständig hinfällig, denn die Natur zeigt uns auch in diesem Punkte den Weg zur Wahrheit. Unsere sämtlichen Zug- und Lasttiere vom kleinsten bis zum riesigen Elephanten, gehören den Pflanzenfressern an und nicht den Fleischfressern. Da an diese Arbeitstiere die höchsten Anforderungen in Bezug auf Kraft und Ausdauer gestellt werden (man denke an das Pferd), so hätte ja die Natur einen Fehler begangen, wenn
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sie dieselben als Herbivoren schuf und nicht als Carnivoren; letztere müssten doch leistungsfähiger sein, wenn das tierische Eiweiss als Nahrungsmittel dem pflanzlichen überlegen wäre. Und doch ist gerade dasjenige Tier, das sich durch besondere Stärke, Ausdauer, Schnelligkeit der Bewegung, Eleganz der Erscheinung, kurz durch alle Eigenschaften auszeichnet, die ein Tier zum Liebling der Menschen machen können, der ausgesprochenste Pflanzenfresser. Wäre obiger Einwand berechtigt, so hätte die Natur doch dieses Prachttier zum Fleischfresser stempeln müssen! Man muss im Gegenteil fast annehmen, als oh die Natur uns am Pferde habe zeigen wollen, was Pflanzennahrung leistet. Die Existenz des Pferdes mit allen seinen herrlichen Eigenschaften ist für die Verfechter des Fleischgenusses geradezu ein Schlag ins Gesicht! Man denke sich ein Löwengespann, das schon nach einviertelstündlichem Laufe die Zunge einen halben Meter lang aus dem Halse streckt und vergleiche damit ein Pferdegespann, das nach stundenlangem Laufe wohl dampfend, aber immer mit blitzendem Auge und gehobenem Kopfe da steht, jeden Augenblick zu neuem Laufe bereit! Es ist ja bekannt, dass die grossen Raubtiere zu andauernder Arbeit völlig ungeeignet sind und ihr Muskelapparat sie nur zu grossen, plötzlichen Kraftanstrengungen befähigt; denn sie besitzen keine Schweissporen, wohl aber der zur Arbeit geborene Mensch und die zu Arbeitsleistungen geeigneten Pflanzenfresser, und diese Thatsache beweist schon allein; dass der Mensch zu den Pflanzenessern gehört. Als solcher aber beweist er überall ebensoviel Energie, Mut und Ausdauer, als der fleischessende Mensch. Haben nicht die von Haferbrei lebenden Bewohner des rauhen, bergigen Schottlands die Engländer in vielen blutigen Schlachten auf das Haupt geschlagen? Wo findet man die grössten, schönsten und stärksten Leute? Man findet sie in den schottischen Hochlanden, in den Bergen Skandinaviens, in den Alpen, im Kaukasus, im Atlasgebirge in Afrika (die Kabylen, grosse mächtige Gestalten), d. h. überall dort, wo die Natur am kärgsten, der Mensch am genügsamsten und der Fleischgenuss ein Luxus ist. Und verjagt man nicht den reisessenden Chinesen aus Nordamerika und Australien gerade wegen seiner aussergewöhnlichen Leistungsfähigkeit!
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Ferner stelle und beantworte man sich folgende einfache Fragen: Woher kommen die meisten Ammen, aus welchen Kreisen oder Klassen stammen sie, wie lebten sie und für welche Familien sucht man sie? Antwort: Sie kommen fast ausnahmslos vom Lande und zwar aus den ärmeren Gegenden, sie gehören den ärmsten Klassen an, leben dementsprechend während der Zeit der Gravidität schlechter als die besser situierten Klassen, d. h. bekommen wenig oder gar kein Fleisch zu essen und werden gerade von solchen Müttern in den Städten gesucht, die nach dem Satze der Ueberlegenheit des Fleischgenusses am ehesten in der Lage sein sollten, ihre eigenen Kinder selbst zu stillen, dagegen es am wenigsten vermögen. Nach jenem total falschen Satze werden häufig die Ammen in vornehmen Familien mit Fleisch, Milch, Bier usw. derartig überfüttert, dass sie in Fettsucht verfallen und entlassen werden müssen, weil ihnen gerade jetzt die Milch versagt und in Fett übergeht, während sie doch im Gegenteil bei solcher Nahrung am ehesten stillen können sollten. So liest man in Meyers Handlexikon, neueste Auflage, unter Nahrungsmittel, dass eine 25 Jahre alte, 55 kgr. wiegende, stillende Frau täglich zu sich nehmen soll: 250 gr. Eiweiss, 220 gr. Fett, 530 gr. Kohlehydrate oder 5 Liter Milch! Da möchte man wahrlich ausrufen, nicht etwa o heilige Einfalt!, sondern o grässliche Dummheit! Diese Nahrungsmenge, soll eine Frau in 24 Stunden verdauen können! Der Eiweissgehalt derselben würde sogar für 7 Personen ausreichen. Wenn nun das Fleisch dasjenige Nahrungsmittel wäre, welches das Eiweiss in der am leichtesten assimilirbaren, konzentriertesten und zuträglichsten Form enthielte, so müsste sich seine Ueberlegenheit ganz besonders bei stillenden Frauen bewähren, denn diese verlieren ja täglich in der an Eiweisskörpern relativ reichen Milch, die der Säugling geniesst, viel mehr Eiweiss als der die schwerste Arbeit verrichtende Mann, also müssten auch die viel Fleisch geniessenden, bestgenährten und am blühendsten aussehenden Frauen der Städte am ehesten in der Lage sein, ihre Kinder in der reichlichsten Weise zu stillen. Zum Hohne auf alle die wissenschaftlichen Deduktionen der Physiologie zeigt sich aber überall das strikte Gegenteil im praktischen Leben. Wenn man auf dem Lande so viele Frauen fände, die nicht zu stillen vermögen, wie in den Städten, so müsste entweder die Hälfte aller Säuglinge verhungern oder mit Kuhmilch usw. aufgezogen werden. Und doch wird in den Städten ungleich viel mehr Fleisch gegessen als auf dem Lande; in Berlin z. B.
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wurden 1888, pro Kopf und Jahr gerechnet, 90 kg. oder 180 Pfund Fleisch verzehrt. Bei einer Bevölkerung von 50 Millionen (so gross ist dieselbe nahezu in Deutschland) würde dies einen jährlichen Konsum von 9000 Millionen Pfund ergeben. Sämtliches Rindvieh in Deutschland (circa 16 Millionen Stück) innerhalb eines Jahres geschlachtet, würde diesen Bedarf noch lange nicht decken. Daraus ersieht man aber, wie viel weniger Fleisch auf dem Lande verzehrt werden muss als in den Städten, und man kann kühn behaupten, dass in vielen Gegenden noch nicht der zehnte Teil der Fleischmenge pro Kopf verzehrt wird, die in grösseren Städten auf den Kopf zu kommen pflegt. Trotzdem finden wir aber, dass gerade auf dem Lande die Frauen viel kräftiger, gesunder und ihre Kinder zu stillen viel eher im Stande sind, als die Frauen der Städte. In Japan, wo ein eigentlicher Viehstand gar nicht vorhanden und nur die Küstenbevölkerung zum grossen Teil von Fischen lebt, pflegen die Frauen ihre Kinder sogar bis in das dritte und vierte Jahr zu stillen. Wir ersehen also aus allem diesem, dass der Fleischgenuss gerade da uns im Stiche lässt, wo er seine Ueberlegenheit am glänzendsten darthun könnte und sollte. Gehen wir zur Tierwelt über, so tritt uns vor allem die biedere Kuh, das milchgebende Tier par excellence, entgegen. Kühe schwerer Rasse liefern jährlich 3-4000 Ltr. Milch. Erwägt man den Reichtum der Kuhmilch an Eiweisskörpern und Nährsalzen, der 3 bis 4 mal grösser ist als der der menschlichen Milch, so muss man wahrlich staunen darüber, wie dieses Tier aus dem eiweissarmen Futter solche Mengen von eiweissreicher Milch produzieren kann. Das Pflanzeneiweiss kann also unmöglich so schwer verdaulich sein, wenn wir Mensch und Tier gerade bei dessen Genuss am leistungsfähigsten finden, sowohl in Bezug auf Arbeitsleistung als auf Milchergiebigkeit. Wenn endlich das Fleisch das vollendetste Nahrungsmittel wäre, so müssten doch gerade die ausschliesslich von Fleisch lebenden Tiere, also die Raubtiere, das feinste und zarteste Schlachtfleisch liefern. Aber auch hier finden wir wieder das gerade Gegenteil dessen, was aus dem Satze von dem Vorzuge des Fleischgenusses folgt. Bekanntlich schmeckt das Fleisch der Raubtiere scheusslich und zwar desto scheusslicher, je ausschliesslicher das betreffende Raubtier von Fleisch lebt. In Turkestan hatten mehrere russische Offiziere eine Tigerin erlegt und beschlossen, ein Stück von ihrem Fleische braten zu lassen, um zu
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erproben, wie Tigerfleisch schmecke. Es stellte sich heraus, dass sein Geschmack und Geruch scheusslich war und dass schon während des Bratens ein unausstehlicher Gestank von ihm ausging. Jedermann findet das Fleisch des Hasen, des Rehs, auch des Wildschweines vorzüglich, aber nicht das des Fuchses, der doch nicht einmal ein ausgesprochenes Raubtier ist. Nach jeder Richtung hin erweist sich also der Fleischgenuss nicht als das, was man von ihm rühmt. Was nun gar dem unlogischen Verfahren der Verteidiger des Fleischgenusses die Krone aufsetzt, ist der Umstand, dass das sogenannte tierische Eiweiss eigentliches, reines Eiweiss überhaupt gar nicht ist, ebenso wenig wie etwa der aus Kartoffelstärke hergestellte Spiritus Stärkemehl ist. Sehen wir in dieser Beziehung etwas schärfer zu. In den Samen, Früchten, Knollen der Pflanzen, die wir gemessen, sind das Eiweiss, das Stärkemehl, die Nährsalze gewissermassen wie in einer Vorratskammer aufgespeichert, die Natur bietet sie uns direkt an, und wir können in der That viele pflanzliche Nahrungsmittel ohne jegliche besondere Zubereitung gemessen. Ganz anders aber verhält es sich mit dem Fleische als Nahrungsmittel. Wir können nicht aus dem Leibe eines Tieres ein Stück Fleisch ohne weiteres herausschneiden und essen, denn einerseits würde, ganz abgesehen von der hierin liegenden furchtbaren Grausamkeit, das Tier sich dagegen mit aller Gewalt sträuben, andererseits würde dasselbe doch zu Grunde gehen, müsste also nichtsdestoweniger geschlachtet werden, wenn man sein übriges Fleisch verwerten wollte. Was stellt nun so ein Stück frisches, rohes Fleisch, das uns als Nahrung dienen soll, eigentlich dar? Nichts anderes, als einen Teil eines äusserst komplizierten, wunderbaren und unbegreiflichen Organismus, der aber mit dem Tode sofort der raschen Zersetzung und Fäulnis anheimfällt. Also jedes Stück Fleisch ist ein Teilstück eines hochentwickelten Organismus und als solches selbst ein komplizierter Körper. Die Hauptmasse des Fleisches bilden die Muskeln. Es giebt zwei Arten von Muskeln, quergestreifte und glatte; zu den quergestreiften gehören alle gewöhnlichen Muskeln der Gliedmassen und des Rumpfes. Sie sind aus Bündeln von Fasern zusammengesetzt, die an ihren Enden an Bändern von Bindegewebe, den Sehnen, befestigt sind. Die schmalen Bündel vereinigen sich zu dickeren und diese endlich zu einem Strange.
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Das Ganze ist von Bindegewebe eingehüllt und wird von diesem zusammengehalten. In letzterem verlaufen die Gefässe und Nerven des Muskels, auch bildet es zuweilen eine dichte Scheide an der Aussenfläche des Muskels, ein sog. Fascie. In die eigentliche quergestreifte Muskelfaser treten weder Gefässe noch Bindegewebe ein. Jede Faser ist in eine Scheide eingehüllt, die aus einer dichten, elastischen und durchsichtigen Haut gebildet wird, dem Muskelfaserschlauche. Dieser Schlauch ist sehr elastisch, infolgedessen er sich sehr genau den Formveränderungen der in ihm enthaltenen zusammenziehbaren Muskelfaser anzupassen vermag. Diese zusammenziehbare Muskelfaser zeigt im unversehrten Zustande eine sehr scharf ausgeprägte Querstreifung, indem sie aus Scheiben einer dunkleren Masse besteht, die regelmässig mit Scheiben von durchsichtigerem Stoffe abwechseln. Auch ist eine schwächere Längsstreifung wahrnehmbar. Wird der Muskelfaserschlauch zerstört, so zerfällt die innere Masse entweder in Scheiben oder sie teilt sich noch eher in feine Fäserchen, Fibrillen, deren jede abwechselnd helle und dunkle Teile in Abständen, welche genau den Abständen der Querstreifen in der ganzen Faser entsprechen, zeigt. Glatte Muskelfasern sind längliche, bandähnliche Fasern ohne Querstreifung; jede derselben trägt einen stäbchenförmigen Kern und zerfällt nicht in Fibrillen, auch fehlt der Schlauch. Auf dem Verkürzungsvermögen oder der Kontraktilität der Muskeln beruht die Bewegung aller Gliedmassen; indem sie sich zusammenziehen oder verkürzen, streben sie alles, was an ihren Enden befestigt ist, einander zu nähern, wobei die Knochen als Hebel dienen. Die Ursache, welche die Zusammenziehung der Muskelfaser bewirkt, beruht auf elektrischen Vorgängen innerhalb derselben, welche von den in engem anatomischen Zusammenhange mit der Muskelfaser stehenden Nerven, den sogenannten motorischen Nerven, eingeleitet und reguliert werden. Die in den Nerven und Muskeln kreisenden elektrischen Ströme aber sind die Folge von Aenderungen der sogenannten Oberflächenspannung, die in der Physik eine wichtige Rolle spielt. Die Oberflächenspannung an der Trennungsfläche zweier verschiedener Flüssigkeiten ist nämlich eine Funktion ihrer Potentialdifferenz; ändert (deformiert) man also die Trennungsfläche durch mechanische Mittel, so entsteht eine Schwankung des Potentials ( d.h. eine Aenderung der elektrischen Stromstärke), die der äusseren
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mechanischen Kraft entgegen wirkt. Der Franzose Lippmann hat diese Eigenschaft für Wasser und Quecksilber durch sehr einfache Experimente dargethan, während d'Arsonval im Jahre 1878 fand, dass dasselbe Gesetz für die organischen Flüssigkeiten und Gewebe giltig ist. Erbrachte dieses fundamentale Experiment in eine Form, welche den Vorteil besitzt, ein physikalisches Schema der Muskelfaser und der Nerven zu liefern. Er nimmt eine Kautschukröhre von 2-3 m Länge und teilt sie in eine Reihe von Fächern durch poröse Scheiben von Holz oder Pfeifenton. Jedes Fach wird zur Hälfte mit Quecksilber, zur Hälfte mit angesäuertem Wasser mittels einer Pravaz'schen Spritze gefüllt. Die durch diese hervorgerufenen kleinen Oeffnungen werden durch einen Tropfen geschmolzenen Guttapercha's wieder geschlossen. Die beiden letzten Gehäuse des Schlauches werden nun durch einen Platindraht mit einem Galvanometer in der Weise verbunden, dass das eine Ende des Drahtes an dem einen Ende des Schlauches in das Quecksilber, das andere an dem anderen Ende in das angesäuerte Wasser taucht. An das untere Ende der vertikal aufgehängten Röhre wird ein Gewicht angebracht. Im Ruhezustande zeigt sich kein Strom. Lässt man aber das Gewicht am unteren Ende der Röhre in vertikaler Richtung Schwingungen machen, in der Weise, dass dieselbe sich abwechselnd zusammenzieht und ausdehnt, so zeigt das Galvanometer alternierende Ströme an, deren Intensität der Zahl der Fächer proportional ist. Das oben erwähnte Spannungsgesetz erklärt diese Erscheinung sehr einfach. Dieselbe Anordnung wie in obiger Säule zeigt sich nun auch in der Muskelfaser und in den Prismen der Nerven und zwar in fast ganz identischer Weise, wenn man sich das Quecksilber durch eine kontraktile Substanz, das Protoplasma, ersetzt denkt. Wir haben schon gesehen, dass die Muskel- und Nervenfasern aus abwechselnd über einander liegenden flüssigen und protoplasmatischen (hellen und dunklen) Schichten bestehen und somit alle Bedingungen des oben beschriebenen Experiments erfüllen, in dem sie in dem Muskelfaserschlauche in ganz ähnlicher Weise wie bei jenem Experiment angeordnet sind. Dann müssen sich aber auch elektrische Ströme zeigen, wenn man den Muskel oder das elektrische Organ mechanisch deformiert; überdies muss die Richtung des Stromes wechseln, je nachdem die Deformation durch Druck oder Zug stattfindet. Umgekehrt wird jeder durch den Muskel gesandte Strom, je nach der Richtung desselben, eine Zusammenziehung oder Streckung
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des Muskels bewirken. Die Beobachtung bestätigt diese Schlussfolgerungen vollkommen. Wir ersehen also, dass der Muskel ein elektrischer Motor genannt werden muss; ferner erklärt sich auf diese Weise seine hohe Arbeitsleistung, indem die Wärme nicht als Ursache der Muskelkontraktion, sondern als Folge, als der Rückstand derselben zu betrachten ist. Da die Muskeln die Hauptmasse des Fleisches ausmachen, so haben wir also in einem Stück Fleisch Teile eines physikalischen Apparates, eines elektrischen Motors, vor uns! Ist es nun überhaupt vernünftig, Teile oder Stücke, die aus einem wunderbar vollendeten, äusserst komplizierten Apparate, der zugleich einen empfindenden, fühlenden Organismus darstellt, herausgeschnitten sind, als Nahrungsmittel zu betrachten und zu verzehren? Nur die Macht der Gewohnheit lässt uns das Widerspruchsvolle unsrer Handlungsweise übersehen. Was ferner die Nerven betrifft, so ist ihre Masse im Vergleich zur Masse der Muskeln ungleich viel kleiner, ihr Bau aber womöglich noch wunderbarer als der der Muskelfasern. Jeder, der sich den Querschnitt eines Nervenfadens im stark vergrössernden Mikroskop ansieht, ist erstaunt und entzückt über den wunderbaren Anblick, der sich ihm bietet; zugleich aber empfindet er, dass sehr rätselhafte Vorgänge sich in einem so merkwürdig organisiertem Gebilde abspielen müssen. Soviel steht jedenfalls fest, dass das ganze Nervensystem mit dem Gehirn an der Spitze ein Stromsystem bildet, in dem elektrische Ströme bis in die feinsten Verzweigungen kreisen, die je nach dem Willen des Tieres oder des Menschen die Muskeln zu Zusammenziehungen oder Ausdehnungen reizen, überhaupt alle Bewegungen, innere wie äussere, veranlassen. Die elektrischen Ströme hängen ihrerseits wieder ab von den chemischen Prozessen im tierischen Organismus. Innerhalb des lebenden tierischen Körpers gehen also in jedem Momente die wunderbarsten chemischen und physikalischen Prozesse vor sich, die keine längere Unterbrechung erleiden dürfen, wenn nicht unmittelbar der Tod eintreten soll. Als Folge dieser Prozesse tritt nun auch eine ganze Menge von Produkten auf, die, obwohl aus den Eiweissbestandteilen, den Nährsalzen und Fetten der Pflanzen entstanden, doch von diesen infolge gänzlicher Umstellung der Atome vollständig verschieden sind So finden wir im tierischen Fleische Kreatin und Kreatinin, Tyrosin, Lecythin, flüchtige Fettsäuren usw., kurz, mehrere Dutzend meist stickstoffhaltiger Verbindungen, die zum
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Teil starke Basen sind, zum Teil Säuren bilden. Das Kreatin ist im Muskelfleisch (und im Harn) enthalten und wird wie der Harnstoff und die Harnsäure durch Oxydation der stickstoffhaltigen Gewebe gebildet. Es ist ein Produkt der Rückbildung, wie das eine starke Base bildende Kreatinin; ebenso ist das Tyrosin ein Zersetzungsprodukt der Eiweisskörper (kommt auch in altem Käse vor). Lecythin ist eine phosphorhaltige Substanz, die wir vorzugsweise in den Nerven und im Gehirn antreffen. Alle diese im Fleische vorkommenden Verbindungen sind sehr komplizierter Natur und vielfach nichts als die Produkte der rückschreitenden Metamorphose. Diese geht ja ebenso ununterbrochen, wenn auch langsam vor sich wie der Aufbau selbst, es müssen also im tierischen Organismus in jedem Moment im Stadium der Rückbildung begriffene Stoffe, Abgangsstoffe, vorhanden sein, die über kurz oder lang durch die Nieren, die Haut und die Lunge ausgeschieden werden. Die Erregung des tierischen Protoplasmas ist nämlich stets mit einer langsamen Zersetzung von Eiweiss verknüpft; da nun im Organismus elektrische Ströme unausgesetzt kreisen, durch die eine Erregung der Protoplasmazellen bewirkt wird, so muss auch eine ebenso unausgesetzte Zerlegung des Eiweisses stattfinden. Die elektrisch erregten Protoplasmaelemente bilden das eigentlich Lebendige im Tierkörper; sie müssen sich daher wesentlich von dem pflanzlichen Protoplasma, das gerade zur Bildung des tierischen dienen soll, unterscheiden. Der tierische Organismus gestaltet also während des Prozesses der Assimilation das Pflanzeneiweiss um, er peptonisiert es unter Ausscheidung gewisser Atomgruppen und versetzt es in jenen bestimmten eigenartigen Zustand, der für das tierische Leben charakteristisch ist. Diese eigenartige Beschaffenheit des tierischen Protoplasmas ist wieder bei den verschiedenen Tierarten etwas verschieden, jede Tierart aber sucht den eigentümlichen chemischen Mischungszustand ihres Protoplasmas dauernd zu erhalten. Die Specifität des tierischen Protoplasmas wird bedingt durch gewisse für jede Tierart charakteristische, flüchtige Fettsäuren, Aether (Geruchstoffe) und noch andere nicht näher erforschte chemische Verbindungen. Tötet man das Tier, so hört der ganze komplizierte Lebensprozess vollständig auf, es tritt sofort der Zerfall der Protoplasmaelemente ein, indem diese nicht mehr durch elektromotorische Kräfte in Bewegung erhalten werden. Wir haben es nunmehr mit einer absolut toten Masse
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zu thun, in der kein Keim zu irgend einem neuen Leben mehr steckt. Der Zerfall, die Zersetzung dieser Masse ist unaufhaltsam; nur in dem Falle, wo ein Raubtier oder der Mensch diese tote Masse seinem Körper einverleibt, wird dem Zersetzungsprozess eine andere Richtung gegeben. Der Magen löst die tote Masse mehr oder weniger zu einem neuen reizlosen Brei auf und sucht gewissermassen aus diesem Brei oder vielmehr aus diesem Wust von Abfallstoffen das noch für ihn Brauchbare heraus, um es zu reaktivieren, d. h. ihm neues Leben einzuhauchen. Dabei muss aber der betr. fleischverzehrende Organismus eine gewaltige chemische Arbeit leisten, um die zerfallende Masse in diesem ihrem Zerfall aufzuhalten und neue brauchbare Verbindungen herzustellen; denn um eine Bewegung aufzuhalten oder rückgängig zu machen, ist in jedem Falle mehr Kraftaufwand erforderlich, als in dem Falle, wo diese Bewegung noch nicht begonnen, also ein Ruhezustand herrschte, oder in gleicher Richtung erfolgte. Daher kommt auch das Ruhe- oder Schlafbedürfnis nach jeder reichlichen Fleischmahlzeit. Alle Lebemänner sind gewohnt, ihre Siesta oder ihr Mittagsschläfchen zu halten; dieselbe Erscheinung beobachtet man auch bei den Raubtieren. Sie hat ihren Grund in dem Verdauungsfieber, das sich nach jeder stärkeren Fleischmahlzeit einstellt und die Kräfte so absorbiert und lahm legt, dass für äussere Arbeitsleistung eben keine Kraft mehr übrig bleibt. Bei allen pflanzenfressenden Tieren beobachtet man diese Erscheinung in viel geringerem Grade oder gar nicht. Das Pferd kann direkt nach der Fütterung die Arbeit wieder beginnen, ohne Zeichen des Ruhebedürfnisses zu zeigen (vorausgesetzt natürlich, dass es nicht vorher schon über die Massen angestrengt wurde.) Der eigentliche Vegetarier aber kennt dieses Ruhebedürfnis, bezw. Schlafsucht nach der Hauptmahlzeit überhaupt gar nicht mehr; es tritt bei ihm auch kein Verdauungsfieber auf und deshalb ebensowenig dessen Fäkalduft (Kotduft), das charakteristische Kennzeichen der beginnenden Pankreasverdauung. Nur die leichtverdaulichen Fleischsorten werden im Magen innerhalb 3-4 Stunden aufgelöst, während die schwerverdaulichen und fetten Fleischsorten volle 7-8 Stunden im Magen verbleiben. Dabei handelt es sich um frisches Fleisch, geräuchertes oder gesalzenes Fleisch ist noch schwerer verdaulich und hat fast allen Nährwert verloren (Scorbut). Nun beobachten wir auch, dass kurz nach jeder Fleischmahlzeit der
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Harn wegen des grossen Gehaltes an Harnstoff, den die Nieren auszuscheiden beginnen, viel dunkler wird, als er früher war, während bei einem richtig lebenden Vegetarier ein solcher auffallender Unterschied nicht wahrnehmbar ist. Wir haben aber schon früher gesehen, mit welchem Eifer der Organismus sich alles Stickstoffes so rasch wie möglich zu entledigen sucht. Die Voit'schen Untersuchungen ergaben, dass, während die Verdauung noch im vollen Gange ist, schon mindestens die Hälfte des im Magen aufgenommenen Eiweisses zerstört und dessen Stickstoff ausgestossen ist (nach einer starken Fleischmahlzeit). Was hat es also für einen Sinn, ein möglichst Stickstoffreiches Nahrungsmittel in den Körper hineinzuschaffen, wenn dieser nichts schleunigeres zu thun hat, als diesen Stickstoffüberfluss wieder hinauszuschaffen? Deutet die Natur dadurch nicht in der klarsten Weise an, dass ihr in der Nahrung zuviel Stickstoff geboten worden ist? Man spricht stets von dem hohen Nährwert des Fleisches; dieser besteht aber fast ausschliesslich in seinem grossen Stickstoffgehalte; wenn dieser aber stets vom Organismus zum grössten Teile und so bald als möglich hinausgeschafft wird (ein Glück für ihn, wenn er das noch kann) worin soll denn dieser grosse Wert des Fleisches bestehen ? Nur in einer kostspieligen und ganz nutzlosen Stickstoffüberschwemmung. Wie ganz anders stellen sich uns die pflanzlichen Nahrungsmittel dar; sie bieten uns wie auf einem Präsentierteller eine glückliche Mischung von Eiweisskörpern, Fetten, Kohlehydraten, Nährsalzen dar, und wir haben nur nötig, verschiedene dieser Nahrungsmittel zu verbinden, um die herrlichste, zuträglichste und billigste Nahrung herzustellen. Dabei sind diese Eiweisskörper sozuzagen frische, sie haben nicht, wie die uns im Fleische vorgesetzten, schon einmal ihren Dienst gethan, bilden also auch kein Gericht, das zum zweiten Male auf den Tisch kommt. In den Samenkörnern, in den Früchten, Wurzeln usw. sind die Eiweisskörper, die Stärkemehlkörner, der Zucker, wie in einer Vorratskammer angehäuft, ohne Beimengung von giftigen Alkaloiden, die der Verdauung störend im Wege stehen. Dagegen bildet das Fleisch im lebenden Zustande eine Art Maschine oder Apparat, in welchem sich wie wir sahen, unaufhörlich lebhafte physikalische und chemische Prozesse abspielen, die notwendigerweise fortwährend Zersetzungen, also Zerfallsprodukte zur Folge haben.
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Wenn nun schon im lebenden Fleische die Zerfallsprodukte als Folge der chemischen Prozesse auftreten, so müssen sie im toten Fleische, was wir gemessen, erst recht in verstärktem Masse auftreten, da dem raschen und unaufhaltsamen Zerfall durch die Lebenskraft gar kein Hindernis mehr entgegen gesetzt wird. Es ist daher unbegreiflich, wie man eine solche Masse mit ihren zahlreichen giftigen und aufregenden Alkaloiden, diesen Wust von zerfallenden Stoffen als ein gesundes Nahrungsmittel ansehen kann. In den Früchten der Pflanzen gehen dagegen solche Zersetzungen nicht oder sehr langsam vor sich, sie lassen sich oft jahrelang aufbewahren, ohne wesentliche Veränderungen zu erleiden, sie sind nicht mit giftigen Zersetzungsprodukten geladen und verlieren nur ganz allmählich ihre Frische, ihren Wohlgeschmack und ihren Nährwert, (da auf Erden überhaupt nichts von ewiger Dauer ist, indem selbst Steine sich allmählich zersetzen.) Sie sind also offenbar ein zuträglicheres Nahrungsmittel als Fleisch. Schon allein die Schwierigkeit, Fleisch vor dem raschen Zerfalle, d. h. der Fäulnis zu bewahren, spricht gegen es als Nahrungsmittel, denn was sollte eine dichte fleischessende Bevölkerung in den Tropen anfangen, wenn Fleisch, was von einem am Morgen geschlachteten Tiere stammt, schon am Nachmittag ungeniessbar wird. Zu welchen lächerlichen Uebelständen jeder Verstoss gegen die Natur führt, zeigt sich z. B. in folgender Anekdote: In einem kleinen Städtchen Portugals stellte sich heraus, dass infolge der grossen Sommerhitze das Fleisch eines Ochsen sich nicht alle verwerten liess, weil der Verkauf nicht rasch genug erfolgte. Der Magistrat beschloss daher, dass in Zukunft nur ein halber Ochs geschlachtet werden solle. In der That, wäre dies ausführbar gewesen, so wäre es gewiss auch geschehen. Wenn auch in vielen Pflanzen zum Teil unverdauliche Cellulose vorkommt, so ist dieser Umstand kein Nachteil, weil ein gewisser Prozentsatz unverdaulicher Substanz geradezu eine Notwendigkeit ist; denn der tierische Organismus ist eben darauf eingerichtet, eine gewisse Menge dieser unverdaulichen Substanzen zugleich mit den verdaulichen aufzunehmen und dann auszuscheiden. Diese Ausscheidung findet nur durch den Darm statt und nicht durch die Nieren, wie dies beim Stickstoff der Fall ist. Indem das Fleisch sich im Magen zum Teil in einen Brei auflöst, der in die Blutbahn übergehend dort seinen Ueberschuss an Stickstoff abgiebt, werden einerseits die
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Nieren übermässig belastet; anderseits aber bilden die nicht verdauten Bestandteile des Fleisches, die Sehnen, Häute, plastischen Fasern, Knorpeln wegen ihres hohen Gehaltes an Stickstoff, der stets einen Gährungszustand erregt, im Darmkanal einen Gährungsherd, der fieberhafte Erscheinungen. hervorruft. Diese geben nun ihrerseits bald wieder zu Verstopfungen, bald zu Durchfällen Veranlassung und verursachen jenen unregelmässigen Stuhlgang, den man bei allen Fleischessern fast ohne Ausnahme beobachten kann. Die übermässige Belastung der geradezu misshandelten Nieren, als Folge der täglichen Stickstoffüberschwemmung bedingt aber jene Nierenentartung der Fleischesser, die natürlich wieder zahlreiche Krankheiten im Gefolge hat. Jeder ältere Mann, der während seines Lebens viel Fleisch genossen, ohne schwere physische Arbeit dabei zu verrichten, ist ohne weiteres als nierenkrank zu betrachten. Während uns also die Natur in den pflanzlichen Nahrungsmitteln alle Elemente der Nahrung in der richtigen Mischung und in angenehmer Form fertig darbietet, als ob sie dieselben eigens für uns präpariert habe, um uns jede unnötige Arbeit zu ersparen, tritt uns im Fleische ein höchst einseitiges Nahrungsmittel entgegen, eine tote Masse, in der ein eigentlicher Eiweisskörper gar nicht mehr vorkommt, die vielmehr aus einer grossen Menge stickstoffhaltiger, zerfallender Verbindungen besteht, deren Stickstoff der menschliche Organismus so rasch wie möglich wieder auszustossen sucht. Am Schlusse dieses Kapitels wollen wir nochmals auf eine schon öfter hervorgehobene Thatsache physiologischer Natur hinweisen, die viel zu wenig beachtet wird und doch gerade in schärfster Weise gegen den Fleischgenuss spricht. Wie allgemein bekannt, war durch eine Reihe sorgfältiger Untersuchungen schon längst der bestimmte Nachweis erbracht, dass die 24 stündige Stickstoffausscheidung auch bei angestrengter Arbeit ebenso gross oder nur sehr wenig grösser ist, als ceteris paribus bei Ruhe, dass dagegen die Kohlensäure-Ausscheidung und Sauerstoffaufnahme an den Arbeitstagen bis um 70 Proc. gesteigert ist, dass somit bei Muskelarbeit vorherrschend stickstofffreie Bestandteile des Körpers (Glykogen, Fett) oder der Nahrung (Fette, Kohlehydrate) zerstört (verbrannt) werden.
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So lange genügende Mengen stickstofffreier Stoffe, seien sie im Körper aufgespeichert oder mit der Nahrung zugeführt, zur Verfügung stehen, zehren die Muskeln bei der Arbeit vorherrschend von diesem Vorrate und erst, wenn dieser Vorrat erschöpft ist, wird das Eiweiss angegriffen. Ebenso steigt auch bei genügender Nahrungszufuhr und im Stickstoffgleichgewicht, nach Zuntz und Oppenheim der Eiweisszerfall, wenn die Muskelarbeit zur Dyspnoe (Athemnot) führt, wie z. B. beim schnellen Bergsteigen. Nun veröffentlichte vor zwei Jahren ein junger Gelehrter, P. Argutinsky in Pflüger's Archiv, Band XXII, an sich selbst angestellte Versuche, denen zufolge die Eiweisszersetzung die Quelle der Muskelkraft sein soll. Bei der Wichtigkeit dieser Frage unternahm es J. Munk, diese Versuche näher zu prüfen und fand, dass die genossene Nahrung nicht nur ungenügend war, um den Stickstoffbestand des Körpers zu erhalten, sondern auch dem Bedarf des Körpers an Fett oder Kohlehydraten nicht entsprach; dazu kam noch höchst wahrscheinlich eine Steigerung des Eiweisszerfalls infolge Dyspnoe (Die Arbeitsleistung bestand im Bergsteigen). Prof. Munk kommt nun nach kritischer Untersuchung der betreff. Versuchsresultate zu dem folgenden Schlussergebnis: «Es bleibt bis auf weiteres dabei, dass die Muskelarbeit vorherrschend und zunächst auf Kosten stickstofffreier Substanzen erfolgt und erst, wenn solche nicht zur Verfügung stehen oder Dispnoe bei der Arbeit mitspielt, das Eiweiss angegriffen wird.» Ueberhaupt kann man auf Grund aller Forschungen mit grösster Bestimmtheit sagen, dass die mit der normalen Lebensthätigkeit verbundene Selbstzersetzung sämtlicher Gewebearten des Körpers sehr klein ist, d. h. dass jedes Lebewesen täglich nur einen winzigen Teil seines eigenen Fleisches zersetzt. Da muss man sich doch sofort fragen, warum denn der Mensch täglich grössere Fleischmengen geniessen soll, da doch das Fleisch als Eiweisskörper (abgesehen von seinem etwaigen Fettgehalte) nur die Aufgabe hat und haben kann, als Ersatz dieses winzigen, täglich zersetzten Körpereiweisses zu dienen. Warum also grosse Mengen eines teueren, eiweissreichen Nahrungsmittels verwenden, um damit einen winzigen Eiweissbedarf zu decken und dadurch die Natur zu zwingen, die überschüssigen Stickstoffmengen so schleunig wie möglich (wie wiederholt nachgewiesen) durch den Harn
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abzusondern? Man wendet allerdings ein, das Eiweiss des Fleisches werde zum Teil in Fett verwandelt und als solches verwertet; aber hier ist zu entgegnen, dass der geringe tägliche Fettbedarf sich in ungleich leichterer und billigerer Form direkt dem Organismus zuführen lässt, ohne diesen zu einem mühsamen Umwandlungsprozesse zu zwingen. Was ferner das sogenannte zirkulierende Eiweiss betrifft, so braucht dessen Menge auch nur eine geringe zu sein, da seine Hauptaufgabe darin besteht, bei jenem Umsätze des Körpergewebes als Ersatz zu dienen; wenn nun jener Umsatz ein «winziger« ist, was können da grosse zirkulierende Eiweissmengen bezwecken? Sie könnten nur einen fieberhaften Zustand hervorrufen, was gewiss kein wünschenswertes Resultat wäre. Fieber entwickelt sich ja nur dann, wenn sich im Körper zu viele Selbstgifte, d. h. stickstoffhaltige Verbindungen, die derselbe nicht auszuscheiden vermochte, angehäuft haben, und die Fieberhitze ist nur die unmittelbare Folge des gewaltigen Zersetzungs- oder vielmehr Verbrennungsprozesses, mittelst dessen der Organismus sich der Selbstgifte mit aller Macht zu entledigen sucht. So lange dieser noch die nötige Reaktionskraft besitzt, sucht er sich auf diese gewaltsame Weise von dem Uebermasse stickstoffhaltiger Atomkomplexe zu befreien, vermag er dies aber, wie im späteren Alter, nicht mehr, so lagern sich dieselben im Körper ab und verursachen Gicht, Harngries, Geschwüre, Flechte usw. Grenzt es also nicht an Wahnsinn, durch eine reichliche Eiweissnahrung wie Fleisch, den Körper mit Stickstoff zu überschwemmen und ihn dadurch zu wiederholten kritischen Ausscheidungs-Prozessen zu zwingen? Diese einfache Betrachtung führt sofort jedem, der mit den vorliegenden in Betracht kommenden Verhältnissen der Verdauung nur einigermassen vertraut ist, den vollen Unsinn des Fleischgenusses vor Augen. Geht schon aus allem, was wir bisher über den Menschen in Bezug auf seine Stellung in der Natur gesagt haben, klar hervor, dass er nicht zum Fleischesser geschaffen ist, so wollen wir doch noch das Urteil eines kompetenten Richters in dieser Frage anführen. Cuvier, der grösste unter allen Anatomen, erklärt ausdrücklich, dass der Bau des menschlichen Körpers in allen wesentlichen Punkten der rein vegetabilischen Diät angepasst ist. So hebt er z. B. hervor, dass der Grimmdarm des Menschen jene zellenförmigen Ausbuchtungen habe, welche nur an den Grimmdärmen der Pflanzenfresser zu finden sind
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und bemerkt dazu: es findet keine Ausnahme dabei statt, es müsste denn der Mensch die einzige bilden. In der Natur giebt es aber keine Ausnahmen, folglich ist der Mensch kein Fleischesser.
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Einige allgemeine Betrachtungen, die gegen den Fleischgenuss sprechen Die Natur hat jedes Lebewesen mit denjenigen Organen versehen, die es ihm ermöglichen, seine ihm zusagende Nahrung zu finden, zu ergreifen und sie durch Kauen, Zerreissen, Zerlegen usw. so vorzubereiten, dass sie durch seine Verdauungsorgane zur möglichst vollkommenen Resorption gelangt. Das Schaf, das Reh, das Rind, sie finden auf der Weide ihre Nahrung in müheloser Weise, ohne dabei eine unnatürliche oder mühsame Stellung einnehmen zu müssen. Ihr Zahnbau ist zum Abbeissen der Gräser wie geschaffen, und ihr Körperbau gestattet ihnen, in ungezwungener Stellung und Haltung dem Weiden stundenlang obzuliegen. Anderseits besitzt das Raubtier die nötige Schnelligkeit und Muskelkraft, um sein Opfer im Laufe oder im Sprunge zu erhaschen, und sein Zahnbau befähigt es, dasselbe zu zerreissen und noch fast lebend zu verschlingen. Die Natur hat also alle Tiere in stand gesetzt, die ihnen zusagende und von ihr für sie bestimmte Nahrung ohne alle künstliche Hilfsmittel sich anzueignen. Wie hat nun in dieser Beziehung die Schöpfung für den Menschen, der offenbar die höchste Stellung im Naturreiche einnimmt, gesorgt? Da sie für die Tiere nach jeder Richtung hin Sorge trug, konnte sie doch wohl den Menschen in diesem Punkte nicht vernachlässigen wollen und ihn zwingen, seine Nahrung in der mühsamsten Weise zu suchen und zuzubereiten. Es ist hier nämlich vor allem zu berücksichtigen, dass die ersten Menschen ohne alle künstliche Hilfsmittel, also ohne Werkzeuge, von denen der heutige Mensch mit Erfolg den grössten Gehrauch macht, der Natur gegenüberstanden, dass sie also auch in der Lage sein mussten, die ihrer Natur entsprechende Nahrung leicht zu erreichen und zwar in einem Zustande, der es ihnen ermöglichte, sie ohne künstliche Zubereitung zu geniessen. Wir dürfen mit vollstem Wissen annehmen, dass der Urmensch Jahrhunderte, ja Jahrtausende dahin lebte, ehe er in der Lage war oder das Bedürfnis empfand, irgend welche einigermassen brauchbare Instrumente zu verfertigen und anzuwenden. Die Anthropologie lehrt uns ja, dass noch vor wenigen Jahrtausenden die Menschen sich mit den elendesten und unvollkommensten Instrumenten und Gerätschaften behalfen (man denke z. B. an das Steinzeitalter) und da wir das Alter des Menschengeschlechts auf
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mindestens 100 000 Jahre ansetzen dürfen, so hat der Mensch, dessen Urheimat sicher in den tropischen und subtropischen Ländern zu suchen ist, ohne Zweifel Jahrtausende existiert, ohne Instrumente zu besitzen, ja vielleicht, ohne von den Wirkungen des Feuers Gebrauch zu machen. Welche Nahrung konnte nun für diese hilflosen Menschen der Urzeit die am leichtesten erreichbare und auch zugleich ohne besondere Zubereitung sofort geniessbare sein? Ohne jeden Zweifel nur die Früchte der Bäume und Sträucher, vielleicht auch noch die saftigen Blätter mancher Pflanzen oder die Knollen und Wurzeln derselben. Berücksichtigt man die damaligen Verhältnisse, so liegt diese Annahme so nahe, und sie ist so natürlich, dass man unwillkürlich sie machen muss; zudem wird sie durch die uralten Sagen fast aller Völker der Erde in der stärksten Weise unterstützt. Die damals noch jungfräuliche Erde bot sicher Baumfrüchte und Beeren in erstaunlicher Menge, da der fruchtbare Boden und die höchstwahrscheinlich höhere Temperatur (vor der Eiszeit) die Entwicklung dieser Früchte begünstigen musste. Was konnte also dem damaligen Menschen näher liegen, als mit vollen Händen nach diesen Früchten, die durch ihre Last die Aeste bis zur Erde bogen, zu greifen und, durch ihren angenehmen Geruch und süssen Geschmack gereizt, sie zu verzehren. Seine Hände waren zum Ergreifen dieser Früchte wie geschaffen, sein Zahnbau zum Zerkleinern derselben durchaus geeignet und sein Verdauungsapparat zur Verdauung derselben wohl eingerichtet. Der Mensch und die Baumfrüchte waren offenbar für einander geschaffen, einander angepasst. Ohne Zweifel haben die ersten Menschen lange Zeiträume hindurch von der ihnen von der Natur so reichlich gebotenen Nahrung in Form von Früchten der Bäume und Sträucher ausschliesslich gelebt. Was giebt es Köstlicheres an Wohlgeschmack, als eine vollkommen reife Weintraube? Besagt dies nicht schon die Schilderung der Bibel von den riesigen Weintrauben Palästinas? Und mit welchen begeisterten Worten malt uns nicht Homer in seinem unsterblichen Gedichte (Odyssee) das glückliche Leben der Lotophagen und die herrliche Frucht, von der sie lebten (Lotusbaum, mit geniessbaren Früchten, im Altertum die Hauptnahrung in Nordafrika)! Hat damit die Natur nicht angedeutet, dass solche Früchte die ausschliessliche Nahrung der Menschen bilden sollen?
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Hätte die Natur eine andere Nahrung für den Menschen bestimmt, so hätte sie ihm auch eine Organisation verleihen müssen, die ihm die Beschaffung dieser Nahrung, die Zubereitung und vollständige Verdauung derselben ermöglichte, und zwar ohne Anwendung künstlicher Hilfsmittel, da er diese ja in der Urzeit nicht besass, sondern sich erst im Laufe vieler Jahrtausende in der mühsamsten Weise schaffen musste. Nehmen wir einmal an, das Fleisch der Tiere sei für den Menschen zum Zwecke seiner vollen körperlichen und geistigen Ausbildung ein unentbehrliches Nahrungsmittel. Dann musste auch den ersten Menschen die Möglichkeit geboten sein, sich dasselbe zu beschaffen und in geeigneter Weise zuzubereiten. Welche Mittel standen ihnen nun zu diesem Zwecke zu Gebote? Zunächst gar keine, wie wir gleich sehen werden. Dann hätte aber die Natur, die doch für die Bedürfnisse aller von ihr ins Dasein gerufenen Lebewesen in so wunderbarer Weise gesorgt hat, einen merkwürdigen Fehler begangen, und zwar gerade gegenüber dem höchsten und bevorzugtesten ihrer Geschöpfe. Ist dies denkbar? Durchaus nicht. Denken wir uns also den ersten Menschen, hilflos wie er war, ohne alle Waffen und Instrumente, mitten in eine reiche Tier-, in eine üppige Pflanzenwelt versetzt. Da er, unserer obigen Annahme entsprechend, des tierischen Fleisches als Nahrungsmittel bedurfte, so musste er sich in der Tierwelt umsehen, um die zu seinem Zwecke geeignetsten auszusuchen. Haustiere besass er keine, weil die Tiere damals noch nicht gezähmt waren. (Noch zur Zeit des Aristoteles mussten die Hühner in Käfigen gehalten werden, weil sie noch nicht genügend gezähmt waren und deshalb fortflogen.) Also musste er Tiere zu fangen suchen, was aber keine so leichte Sache ist. Gesetzt aber, die Tiere wären anfänglich so zutraulich und harmlos gewesen, dass sie sich leicht greifen liessen, so würden sie diese Zutraulichkeit in kürzester Zeit verloren haben, nachdem sie bemerkten, dass bald der eine, bald der andere ihrer Artgenossen unter den Händen des Menschen verschwand. Die Tiere sind eben keineswegs gewillt, sich töten und aufzehren zu lassen; auch merken sie sofort, ob der Mensch sich ihnen in freundlicher oder feindlicher Absicht nähert. Setzen wir aber, trotz dieser ersten Schwierigkeit, ein Tier zu fangen, den Fall, es sei dem Urmenschen gelungen, ein Tier, sagen wir ein Schaf, zu ergreifen. Er
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konnte ihm nun allenfalls mit grösster Anstrengung den Hals umdrehen oder mit einem dicken Steine den Kopf zerschmettern, beides Handlungen, die nur ein schon recht verrohter Mensch überhaupt ausführen konnte. Was konnte er nun mit dem mühsam getöteten Tiere weiter anfangen? Mit seinen Zähnen das dicke wollige Fell zu zerreissen, würde ihm nur mit grösster Anstrengung gelungen sein, ebenso das Zerreissen des eigentlichen Fleisches. Wie mochte ihm dieses rohe Fleisch wohl schmecken? Gewiss nicht so schön wie eine saftige und süsse Baumfrucht oder Beere. Und welche unbequeme Stellung musste er beim Zerreissen der Haut und des Fleisches mittelst seiner dazu so wenig geeigneten Zähne annehmen! Er musste dabei entweder auf dem Bauche liegen, oder etwa auf einem passenden Steine sitzend, das eben getötete Tier auf seine Kniee legen und mit stark gekrümmtem Rücken seine Zähne demselben nahe zu bringen suchen. Der Leser ersieht schon aus dieser kurzen Darstellung der unsinnigen und lächerlichen Consequenzen, die sich notwendigerweise aus unserer obigen auf den Urmenschen angewandten Annahme, dass das Fleisch ein notwendiges Nahrungsmittel sei, ergeben, dass diese nicht richtig sein kann. Stellen wir aber erst den ersten Menschen einem Stier oder auch einer Kuh gegenüber, so sehen wir wohl ohne grosse Schwierigkeit ein, dass ihm der Genuss eines Stückes Rindfleisch recht sauer zu stehen kam, wenn es ihm überhaupt gelang, ein solches starkes und keineswegs langsames Tier zu töten und zu zerlegen. Ebenso wird er auf einen Hasenbraten wohl haben verzichten müssen, denn einen Hasen zu fangen, ist keine leichte Aufgabe für den völlig waffen- und gerätlosen Menschen. Wir müssen vor allen Dingen immer im Auge behalten, dass der erste Mensch viele Jahrhunderte lang fast ohne jegliches künstliche Hilfsmittel war, dass daher auch alle oben hervorgehobenen Schwierigkeiten für ihn als Fleischesser bestanden. Da der Schöpfer aber keinem Tiere solche Schwierigkeiten hinsichtlich der Beschaffung seiner ihm zuträglichen Nahrung in den Weg legte, so konnte er unmöglich den Menschen, die Krone der Schöpfung, in diesem Punkte so stiefmütterlich behandeln und ihn zwingen wollen, eine mühsame oder lächerliche Stellung und Haltung beim Zerlegen und Geniessen seiner tierischen Beute einzunehmen. Oder wollen unsere Gegner etwa
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annehmen, die schöpferische Kraft habe den ersten Menschen gleich mit Schlachtbeil und Hammer, mit Messer, Gabel und Löffel, mit Bratofen und Petroleum, oder gar mit Repetiergewehr, Blei und Pulver und schliesslich auch noch mit Tisch und Stuhl versehen, um möglichst bequem seinen Rinder- oder Hasenbraten bereiten und dann verzehren zu können? Es ist in der That weniger unnatürlich und daher weniger unsinnig, anzunehmen, dass ein Tiger auf einen Apfelbaum klettert, dort Aepfel bricht und sie frisst, als anzunehmen, dass der Urmensch, der mitten unter herrlichen Früchten lebte, in der mühsamsten, oben geschilderten Weise ein Tier tötete und aufass. Nicht einmal der Gedanke, solches zu thun, konnte in ihm aufsteigen. Daraus folgt aber unmittelbar, dass Fleisch kein notwendiges Nahrungsmittel für den Menschen sein kann, dass ihn also auch der Schöpfer nicht zum Fleischesser bestimmt haben kann. Der Mensch ist das einzige Geschöpf, das eine vollständig aufrechte Haltung annimmt, das seinen Blick gerade aus oder nach oben und nicht auf den Boden richtet, das eine Hand besitzt, die wie geschaffen zum Ergreifen der Früchte ist. Das einzige Tier, das sich dem Menschen in diesen Punkten am meisten nähert, der Affe, besitzt einen der menschlichen Hand nahe kommenden, zum Greifen und Festhalten sehr geeigneten Vorderfuss und auch der Hinterfuss ist zum Festhalten besonders geschaffen, da dieses Tier auf Bäumen lebt und sich von deren Früchten nährt. Darin liegt schon ein Hinweis der Natur, dass auch der Mensch ein Fruchtesser ist; seine Hand ist jedenfalls mehr zum Pflücken der Baumfrüchte als zum Zerreissen der Tiere geeignet. Nun wird aber der Leser mit Recht die Frage aufwerfen: Wie kamen denn die Menschen dazu, ihre richtige Lebensweise aufzugeben und Fleischesser zu werden? Die wilden Tiere wenigstens sind bei der ihnen von der Natur angewiesenen Lebensweise stehen geblieben; warum that dies der Mensch nicht und wich von seiner richtigen Lebensweise ab? Diese Erscheinung kann nur durch die Annahme erklärt werden, dass der Mensch durch irgend einen Umstand gezwungen ward, seine frühere Lebensweise zu verlassen. Wir kennen auch in der That ein Naturereignis, dessen Entstehung den Gelehrten als eine rätselhafte schon sehr viel Kopfzerbrechen verursacht hat, wir meinen die Eiszeit. Die Geologie hat nachgewiesen, dass es mehrere Eiszeiten gab und
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dass jedenfalls vor und während der letzten der Mensch existierte. Neuere Forschungen machen es höchst wahrscheinlich, dass diese letzte gleichzeitig auf der nördlichen und südlichen Halbkugel der Erde auftrat. Man hat in Indien am Godawari-Fluss (also innerhalb der Tropen) Gletschererscheinungen beobachtet, während auf der südlichen Halbkugel ebenfalls Gletscher zur gleichen Zeit wahrscheinlich bestanden, die später, nach dem Aufhören der Eiszeit verschwanden. Die Abnahme der Temperatur zur Eiszeit muss ziemlich bedeutend gewesen sein; sie betrug mindestens 10° C. Wahrscheinlich war auch die relative Feuchtigkeit der Luft viel grösser, was eine grössere Bedeckung des Himmels zur Folge hatte. Diese Faktoren mussten in ihrer Gesamtwirkung die Vegetation in hohem Masse schädigen, ja sie in den höheren Breiten vollständig vernichten. Natürlich mussten darunter Menschen und Tiere leiden, es fehlte für beide an Nahrungsmitteln. Da Gräser in kühlen und feuchten Klimaten noch wachsen, so bestand für die grasenden Tiere in den mittleren Breiten bis zum Aequator noch die Möglichkeit ihrer Ernährung und Erhaltung, während diese Möglichkeit für den Früchte essenden Menschen nicht mehr oder nur mehr für eine schmale Zone am Aequator gegeben war. Da der Mensch nun gewiss oft genug beobachtet hatte, dass Raubtiere andere Tiere töteten und auffrassen, so musste er, durch den Hunger getrieben, auf den Gedanken kommen, auch Tiere zu töten und sie aufzuessen, um seinen Hunger zu stillen. Not macht erfinderisch; es wird ihm also schliesslich gelungen sein, Tiere zu fangen und zu töten. Er musste sich an den Geschmack tierischen Fleisches gewöhnen, und da eine solche Eiszeit wahrscheinlich Jahrtausende dauerte, so wird es erklärlich, dass die Erinnerung an die frühere Lebensweise fast ganz verloren ging, und dass sich sein Geschmack, überhaupt seine ganze Natur vollständig änderte, d. h. entartete. Wenn in den Werken über Geologie und Anthropologie darauf hingewiesen wird, dass schon der Urmensch ein Fleischesser gewesen sei, weil man an den Orten, wo er gelebt, Knochenüberreste etc. gefunden, die entschieden darauf deuteten, dass Tiere dem Menschen in vorhistorischer Zeit als Nahrung dienten, so braucht man dies gar nicht zu bestreiten; aber diese Menschen waren eben nicht die ersten, sie gehörten der postglacialen Zeit an, in welcher der Mensch schon vollständig zum Fleischessertum aus den obigen Gründen
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übergegangen war. Auch hatte sich der Mensch allmählich immer weiter nach Norden ausbreiten müssen, weil er als Jäger jene Regionen aufsuchen musste, wo der grösste Reichtum an Tieren herrschte, nachdem die früher von ihm bewohnten Gegenden gerade durch die Jagd zu arm an Tieren geworden waren. Wir brauchen übrigens nicht anzunehmen, dass während der Eiszeit alle Menschen zur Fleischnahrung übergingen. Die in den heissesten Gegenden lebenden Menschen konnten immerhin wie die Affen noch einigermassen genügende Nahrung in Form von Früchten finden, um ihr Leben zu fristen; da aber ein grosser Teil der Menschen sich schon über die subtropischen und nördlichen Länder ausgebreitet haben mochte, so waren diese wohl gezwungen, um ihrer Ernährung willen, zum Tierfleische zu greifen, als die klimatischen Verhältnisse sich verschlechterten. Von diesen Ländern konnte sich dann allmählich die Gewohnheit des Fleischessens nach allen Richtungen verbreiten. Ueber das absolute Alter des Menschengeschlechts wissen wir gar nichts, wir können jedoch mit Sicherheit annehmen, dass es seit vielen Jahrtausenden existiert und dass die ersten Menschen in den heisseren Gegenden der Erde entstanden und wohnten und dort wahrscheinlich Jahrtausende lebten, ehe die verhängnisvolle Zeit der Vereisung des grössten Teiles der Erdoberfläche hereinbrach. Diese Vereisung war die unmittelbare Folge einer dauernden Abnahme der Wärme- und Lichtstrahlung der Sonne. Die Sonne ist ein riesiger Elektromagnet und die von ihr kommenden Licht- und Wärmestrahlen sind elektrischen Ursprungs; sie sendet diese Strahlen in der Gegenwart mit grosser Gleichmässigkeit aus und Schwankungen in der Intensität derselben sind kaum nachweisbar. Anders verhielt es sich, damit früher. Sogar noch in historischer Zeit fanden langdauernde Schwankungen der Ausstrahlungsintensität statt und es ist leicht annehmbar, dass in noch früheren Zeiten infolge des Entwicklungsprozesses, den alle Himmelskörper durchmachen, zeitweise Störungen grossartiger und langdauernder Natur eintraten, die eine wesentliche Abnahme jener Intensität bedingten. Das plötzliche Aufleuchten vorher schwacher Sterne (Sonnen) und die mehr oder minder schnelle und stetige Abnahme der Leuchtkraft solcher Sterne deuten darauf hin, dass derartige grosse Schwankungen, wie wir sie oben angenommen haben, wohl vorkommen können. Es
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verhält sich hiermit ähnlich wie mit unseren elektrischen Lampen; jede Abnahme oder Zunahme der Stromintensität verursacht auch eine Schwankung der Licht- und Wärmeausstrahlung. Da unsere Erde aber in jener Periode ihrer Entwicklung, die wir als Eiszeit bezeichneten, hinsichtlich ihrer Wärmeverhältnisse ganz von der von der Sonne ausgestrahlten Wärme abhängig war, so ist klar, dass derartige Schwankungen der Wärme- und Lichtausstrahlung der Sonne die tiefgehendsten Wirkungen auf die Verhältnisse der Erdoberfläche ausüben mussten. Die Folgen der Eiszeit waren jedenfalls höchst unglückliche für die Menschen und Tiere. Warum aber die Schöpfung solche Ereignisse unglücklicher Natur eintreten lässt, das ist eine Frage, die wir nicht beantworten können. Wenn in China in zwei aufeinander folgenden Jahren fast gar kein Regen fällt und infolge dessen 6 bis 7 Millionen Menschen verhungern, so fragt man sich auch verwundert, wie und warum dies möglich sei. Hätten die Chinesen aber in ebenso ausschliesslicher Weise für Obstbäume gesorgt, wie sie für den Anbau des Reises sorgten, so wäre eine solche Hungersnot nicht möglich gewesen, da sich die Bewässerung von Obstgärten auch zur Zeit der grössten Dürre durchführen lässt. Wo immer der Mensch von seiner wahren Natur abweicht, hat er Schäden und Gefahren aller Art zu gewärtigen. Fassen wir jetzt das Resultat unserer Betrachtung kurz zusammen. Der Mensch trat ohne Zweifel in einem warmen Klima in die Existenz; er verstand nichts vom Ackerbau; er besass keine Waffen, keine Werkzeuge und Geräte überhaupt keine künstlichen Hilfsmittel, kannte auch nicht den Gebrauch des Feuers; endlich besass er auch noch keine Haustiere, konnte also auch keine Milch oder deren Produkte als Nahrungsmittel verwenden. Ohne Ackerbau konnte er keine Körnerfrüchte erzeugen, die die Natur nicht aus freien Stücken bietet, wie die Botaniker nachwiesen; ohne Waffen und Werkzeuge konnte er sich auch kein Fleisch, keine Fische verschaffen. Was blieb also dem Urmenschen anders übrig, als sich von Baumfrüchten und Beeren, die ihm ohne Zweifel die Natur in Hülle und Fülle bot, zu ernähren. Darauf deuten auch alle Sagen der Völker vom goldenen Zeitalter, vom Baum des Lebens und seiner herrlichen Frucht hin. Die Natur hat also den Menschen zum Fruchtesser (Baumfrüchte) bestimmt. Hätte sie es anders gewollt, so hätte sie ihm auch sogleich die Mittel an die Hand
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gegeben, um die für ihn bestimmte Nahrung mit seinen natürlichen Hilfsmitteln sich zu verschaffen, wie sie dies hinsichtlich der Tiere gethan hat; als Fruchtesser reichten aber seine Hände und sein Gebiss vollständig aus, um seine Existenz in leichtester Weise zu ermöglichen. Dies sind die notwendigen und unausweichlichen Schlussfolgerungen, die wir aus den Existenzbedingungen des Urmenschen ziehen müssen. Da die Natur sich immer konsequent bleibt, so konnte sie nicht den Menschen anfänglich zum Fruchtesser und dann zum Fleischesser haben stempeln wollen. Der Affe lebt heute noch so, wie er vor Jahrtausenden lebte, ebenso die übrigen Tiere. Wir gehen jetzt zu einigen anderen Betrachtungen über. Prof. G. Jäger sagt: «Ein Mensch, der eine Speise genossen hat oder eine solche gewohnheitsmässig geniesst, duftet nicht so wie die frische Speise duftet, sondern qualitativ anders. Ein Gewohnheitstrinker oder ein Mensch, der betrunken ist, duftet zwar nach dem Getränke, das er zu sich genommen hat, allein während das frische Getränk uns angenehm duftet, ist der Duft des Säufers unangenehm; der Wein duftet nach Bouquetten, der Säufer nach den adäquaten oder korrelaten Fuseln; desgleichen ist der Duft eines frischen Beefsteaks unstreitig angenehm (nur für den Fleischesser, nicht für den echten Vegetarier), der des Beefsteaksessers ebenso unbestreitbar unangenehm. Bei den karnivoren Engländern ist dieser Fleischverdauungsduft (Beefsteakduft) so stark, dass wir hier zu Lande den Engländer - namentlich den frischen Ankömmling - sofort erkennen, denn alle, auch die feinsten Dämchen, tragen ihn überlaut zur Schau und das macht sie für uns keineswegs sympathisch. Sind sie jedoch länger bei uns im Lande, so verliert sich der Duft etwas, weil bei uns nicht die Atmosphäre aller Häuser so damit übersättigt ist wie in England». «Beim Hunde können wir das Gleiche beobachten: bei Brotfütterung ist die Ausdünstung schwach; füttert man ihn dagegen mit Fleisch, so ist er im Zimmer unmöglich. Am schwächsten ist der Verdauungsduft, auch beim Menschen, bei reiner Vegetarierkost und die Propaganda, welche der Vegetarismus macht, verdankt er insbesondere diesem Umstand.(?) Der Vegetarier hat eine milde Ausdünstung und ist deshalb «affektfreier», während der Fleischesser in der Verdauungsangst leicht «ungemütlich» zornig wird.»
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Also die Fleischesser riechen unangenehm, natürlich um so mehr, je mehr Fleisch sie geniessen. (Ein anderer Schriftsteller sagt von den vornehmen Franzosen aus, sie röchen übel aus dem Halse wegen ihres überwiegenden Fleischgenusses). Dann muss man sich doch die Frage vorlegen: Hat denn die Natur die Menschen zu Stinktieren geschaffen, die sich gegenseitig anstinken müssen? Gewiss wird niemand diese Frage bejahen wollen. Wenn also die Menschen nicht übel riechen sollen, sie aber thatsächlich infolge des Fleischgenusses übel riechen, so folgt doch daraus offenbar, dass der Fleischgenuss zu vermeiden ist. Hören wir aber denselben Verfasser noch weiter. «Im Anfang der Verdauung werden nur Lustdüfte entbunden und Lustaffekt (Verdauungsfreude) erzeugt, aber sobald die Wirkung der Verdauungsfermente einen gewissen Stärkegrad überschreitet, sind die nun auftauchenden Düfte übelriechend, und ihre physiologische Wirkung ist die eines Unluststoffes. Hieraus entsteht nun zwar in der Regel bei gesunden Personen kein evidenter Affekt, wohl aber eine Unluststimmung, eine Reizbarkeit, die mehr oder weniger deutlich ausgesprochen ist: sekundärer Verdauungsaffekt, Verdauungsangst. Unter den verschiedenen Verdauungsfermenten kommt nach den Versuchen von M. Nenki, E. Salkowski und anderen insbesondere dem Bauchspeichel eine Kotduft entbindende Wirkung zu - wie begreiflich, denn er hat eben die grösste Zersetzungskraft. Bei leidenden Personen, bei gehemmter Abdünstung der Affektstoffe und überreicher Mahlzeit kann diese Verdauungsangst sehr hohe Grade erreichen. Bei Gesunden ist sie am stärksten nach reichem Fleischgenusse, und solche Personen duften auch stark widrig aus den Rippen oder per anum». Kann nun aus diesen Sätzen jeder logisch richtig denkende Mensch etwas anderes herauslesen, als den schlagendsten Beweis gegen den Fleischgenuss? Kann es naturgemäss sein, dass nach kaum begonnener Verdauung der Bauchspeichel schon Kotdüfte zu entwickeln beginnt und dass ein gesunder Mensch nach reichem Fleischgenusse aus den Rippen stinkt oder per anum? Ferner, kann das nach Fleischgenuss stets auftretende Verdauungsfieber ein normaler Zustand sein? Fieberhafte Zustände sind stets krankhafte Zustände, also kann ein regelmässig Fieber und Gestank erzeugendes Nahrungsmittel kein gesundes, also
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kein normales sein. Nur wer absolut blind sein will, kann den Fleischgenuss verteidigen. Eine andere Betrachtung von gleichfalls sehr einfacher Natur führt uns zu demselben Resultate. Unter Gewöhnung an Speisen und Genussmittel versteht man solche Vorgänge innerhalb eines Lebewesens, durch welche sein Körpergewebe von den spezifischen oder individuellen Stoffen eines Objektes imprägniert, und daher diese in seinen lebenden Geweben aufgespeichert werden. Die grundlegende Thatsache der Gewöhnung an bestimmte Genüsse (Speisen, Getränke) ist also die, dass der Mensch stets nach ihnen duftet und - was man beim Tier auch konstatieren kann - sein Fleisch nach ihnen schmeckt. «Verwitterung ist umgekehrt die Imprägnierung eines toten oder lebendigen Gegenstandes mit den spezifischen bezw. individuellen Stoffen eines lebenden Subjekts. Gewöhnung ist es daher, wenn sich ein Mensch mit den spezifischen Stoffen eines Nahrungs- oder Genussmittels imprägniert; Verwitterung ist es, wenn derselbe ein anderes Objekt, ein Nahrungs- oder Genussmittel, ein Kleidungsstück, eine Oertlichkeit oder auch ein anderes Lebewesen, Pflanze, Tier oder Mensch mit seinem individualen Menschenstoff imprägniert.» Beispiele werden auch hier die Sache am besten klar machen. «Sehr empfindlich für den Geruch von Personen ist das Pferd, und das erste Geschäft des ungarischen Pferdediebes ist daher eine gegenseitige gründliche Verwitterung; er spuckt dem Pferde ins Maul, reibt sich und seine Kleider an dem Pferde, besonders die Körperstellen benutzend, wo der Individualduft am stärksten ist, dann folgt ihm das Pferd durch dick und dünn. Der berühmte Pferdebändiger Rarey, der die wildesten Pferde sofort bändigte, hat mit nichts anderem operiert als mit seinem eigenen Fettschweiss.» In diesem und ähnlichen Fällen wird vorzugsweise der Fettschweiss zur Verwitterung verwendet; dass aber die Milch die gleiche Erscheinung hervorruft, zeigt sich in den Beziehungen der Pferdemilch geniessenden Nomadenvölker, zu ihren Pferden: das Pferd folgt denselben auf «Wink und Wort» wie ein Hund. Hierher gehören auch Fälle, wie folgende: Wenn eine Hündin einen Junghasen, eine Kätzin ein Junges von Ratte oder Hund aufsäugt, so wird durch die Milch die natürliche Feindschaft in Freundschaft verwandelt. Den Gegensatz zu jenen Pferdemilch
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trinkenden Reitervölkern bildet das Verhalten zwischen Mensch und Pferd bei Völkern, die Pferdefleisch geniessen und ebenso das Verhalten der Hunde gegen Hundefleischesser; dieses Verhalten ist ein feindliches. Wenn im Hochgebirge ein Tier verunglückt ist, so beseitigen die Sennen sorgfältig das Blut von der Stelle, weil andernfalls der Blutgeruch am Unglücksorte die wildesten Kämpfe hervorzurufen pflegt. An Pferdeschlächtereien, an Gerbereien, wo Pferdehäute verarbeitet werden, scheuen die meisten Pferde, wie jedes Schlachttier vor dem Schlachthause. Mit Tierblut hat man von jeher im Stall viel Unheil angerichtet (Verhexen des Stalles). «Milch und Fettschweiss erzeugen nach alledem Sympathie und Freundschaft, Fleisch und Blut Antipathie, Hass und Feindschaft.» (Jäger.) Hierher gehört auch die bekannte Erscheinung, «dass man sich von einer Person um so schwerer trennt, je mehr man sich an sie gewöhnt hat, mit anderen Worten, je mehr man inbezug auf den Duft, damit eins, je verwitterter man damit geworden ist. Um so mehr man eben von einem fremden Objekte resp. Geschöpfe Eigenartiges - und das liegt nach Jäger stets im Individualdufte - in sich aufgenommen, assimiliert hat, desto mehr verwächst die eigene Seele mit diesem Objekt bezw. Individuum. Schon das Leben in der Atmosphäre eines anderen Geschöpfes genügt zur Verwitterung: Einatmung des anderen Duftes. Je mehr also irgend ein Objekt resp. Geschöpf mit uns verwittert ist, desto mehr ist der Duft desselben zu unserem eigenen geworden, ist uns lieb geworden, wie unser eigenes Ich». Ziehen wir nun aus den eben angeführten Sätzen über Verwitterung einige leicht sich ergebende Schlussfolgerungen. Wir haben gesehen, dass Milch Sympathie und Freundschaft zwischen dem die Milch geniessenden Menschen und dem die Milch liefernden Tiere erzeugt, dass dagegen Fleisch und Blut Antipathie, Hass und Feindschaft erzeugen. Zunächst kann man bemerken, dass der Mensch auf die Sympathie und Freundschaft von Tieren nicht gerade besonders stolz zu sein braucht, denn er ist von Natur aus (oder sollte es wenigstens) soweit über jegliches Tier erhaben, dass von einer sympathischen und freundschaftlichen Beziehung zwischen beiden gar keine Rede sein kann. Damit ist aber keineswegs gesagt, dass das Verhältnis ein feindliches sein soll; das richtige Verhältnis besteht
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einfach darin, dass beide, Mensch und Tier, sich gegenseitig möglichst ungeschoren lassen. Der Mensch hat weder etwas vom Tiere, noch das Tier etwas vom Menschen zu suchen, und kein Teil bedarf des anderen. Das gegenwärtige, ganz unnatürliche Verhältnis zwischen beiden ist dadurch zu Stande gekommen, dass der Mensch das Tier nach jeder Richtung hin als ein Objekt betrachtete, das er möglichst auszunützen suchen müsse, um sich das Leben möglichst bequem zu machen; er nutzt es deshalb einerseits als Last- und Arbeitstier aus, anderseits als ein ihm Nahrung lieferndes Geschöpf, dem er nach jahrelanger Leistung von Arbeit und Lieferung von Nahrung (Milch) den Hals umdreht, um auch noch sein Fleisch zu gemessen und seine Haut, seine Knochen usw. zu verwerten. In seinem krassen Egoismus bedenkt der Mensch gar nicht, dass er trotz dieser weitest getriebenen Ausnutzung der Tiere sich durch deren Zucht und Pflege doch im Grunde weit mehr Arbeit aufhalst, als Vorteile aus ihnen zieht, da er weder auf die Arbeitsleistung der Tiere, noch auf deren Milch und Fleisch angewiesen wäre, wofern er nur durch Obstzucht und Gemüsebau seine Ernährung in der leichtesten und angenehmsten Weise bewerkstelligte. Wenn aber durch den Genuss von Fleisch und Blut der Tiere Feindschaft und Hass zwischen den Menschen und den Artgenossen der getöteten Tiere erzeugt wird, so spricht dies wieder in der lautesten und direktesten Weise gegen den Fleischgenuss als ein Unrecht, das der Mensch dem Tiere gegenüber begeht. Wenn die Hunde den Hundefleischesser anfallen, so protestieren sie damit laut und offenbar gegen ein Unrecht, das man ihren Genossen angethan, denn die Tiere haben ebenso wie der Mensch ein Rechtsgefühl, wie man durch Hunderte von Beispielen aus dem Leben, besonders der intelligenteren, wie Hund, Pferd und Elephant, darthun kann. Wenn die Tiere also in der verschiedensten Weise gegen den Fleischesser, den sie als solchen an seinem spezifischen Ausdünstungsgeruche, der dem eines Raubtieres entspricht, erkennen, feindlich auftreten, so folgt daraus klar, dass der Mensch kein Recht auf das Fleisch der Tiere hat, und zwar um so weniger, als er ja die zu seiner Ernährung notwendigen Nahrungsmittel sich in der leichtesten Weise direkt beschaffen kann. Es ist die Stimme der Natur, die gegen den Fleischesser spricht. Wenn ferner der Mensch durch den Genuss von Milch, Butter, Fleisch usw. vollständig mit dem betreffenden Tier verwächst, wenn dadurch des letzteren Duft ganz zu seinem eigenen wird, der Mensch sich also mit
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dem Tiere gewissermassen identifiziert, steigt er dadurch nicht von der geistigen Höhe, auf die ihn die Natur von Anbeginn an gestellt hat, tief herab, um sich mit dem Tiere zu vergesellschaften, in seiner Atmosphäre zu leben und sich dadurch zu degradieren? Was hat der Mensch mit dem Tiere zu schaffen? Warum soll er mit ihm verwittern, wie mit Bruder oder Schwester verwachsen? Ahnt er denn gar nicht, dass er durch dieses Verhältnis sich tief herabwürdigt, indem er sich vollständig mit tierischem Dufte imprägniert und dadurch seine eigene Seele mit der des Tieres verschmilzt? In der That, die heutige Menschheit hat keine Ahnung davon, wie elend, erbärmlich und nichtswürdig sie durch diese vollständige Verwitterung mit den Tieren geworden ist, und wie hoch und erhaben der Mensch der Tierwelt gegenüberstehen sollte, ohne ihr deshalb feindlich entgegentreten zu müssen. Der heutige Mensch ist eben vollständig vertiert. Die vorstehenden Betrachtungen gelten übrigens eigentlich nur für die heutigen, durch und durch kranken Menschen, nicht aber für den echten Vegetarier. Diesen wird sein feiner Geruchs- und Geschmackssinn ebenso vor allen schädlichen Dingen warnen, wie er die Tiere der Wildnis vor ihnen warnt; es wird ihm z. B. unmöglich sein, auch nur einige Züge aus einer Tabakspfeife zu thun, d, h. seinen Mund zum Schornstein zu machen, ohne durch den widerlichen brenzlichen Geruch und Geschmack mit darauffolgendem Messen abgeschreckt zu werden, es wird ihm ebenso wie den Tieren, unmöglich sein, Alkohol in Form von Schnaps zu gemessen, kurz seine feine Natur wird ihn vor allen naturwidrigen Nahrungs- und Genussmitteln, sowie vor sonstigen schädlichen Einflüssen behüten. Damit kommen also die oben berührten, teilweise so verhängnisvollen Folgen der Gewöhnung und Verwitterung für ihn ausser Frage.
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Die vom lebenden Tiere stammenden Nahrungsmittel Nachdem in den vorhergehenden Zeilen mittels ganz einfacher Betrachtungen nachgewiesen wurde, dass das Fleisch ein höchst einseitiges und schädliches Nahrungsmittel ist, das in keiner Beziehung den Anforderungen die wir an ein gesundes Nahrungsmittel zu stellen haben entspricht, erübrigt uns noch, einige vom lebenden Tiere stammende, zur Ernährung des Menschen verwandte Produkte zu besprechen und zu prüfen, inwiefern ihre Zusammensetzung und ihre allgemeinen Eigenschaften sie zu genanntem Zwecke geeignet erscheinen lassen. Betrachten wir daher zunächst die Kuhmilch in ihrer Eigenschaft als menschliches Nahrungsmittel. Ohne Frage ist die Kuhmilch ein vorzügliches Nahrungsmittel, - aber nur für das Kalb. Das Junge führt naturgemäss durch Saugen an der Mutterbrust die Milch unmittelbar in seinen Magen über, ohne dass sie mit der Luft in Berührung kommt. Dieser Punkt ist durchaus von Belang. Die Milch ist nämlich ein hochfein organisierter Körper, ähnlich wie das Blut. Sowie letzteres, sobald es mit der Luft in Berührung gekommen, sofort zu gerinnen und sich zu zersetzen beginnt und dann absolut untauglich ist, ferner in den Adern seine normale Funktion auszuüben, so fängt auch die Milch in Berührung mit der Luft an, sich zu zersetzen, sie wimmelt, besonders bei höherer Temperatur, schon nach wenigen Stunden von Hunderttausenden von Bakterien, die eine rasche Zersetzung derselben und dadurch z. B. bei Kindern den tötlich verlaufenden Brechdurchfall veranlassen. Man muss berücksichtigen, dass die Milch im ersten Stadium des Lebens ausserhalb des Mutterleibes das Blut der Mutter zu ersetzen bestimmt ist. Da nämlich das Junge innerhalb des Mutterleibes durch das Blut der Mutter ernährt wird, dort aber nicht denjenigen Grad der Ausbildung erlangen kann, der dasselbe gleich nach der Geburt in stand setzen würde, feste Nahrung zu sich zu nehmen, weil in diesem Falle dasselbe eine Grösse und Ausbildung erreichen müsste, die das Geborenwerden unmöglich machte, so hat die Natur in weiser Vorsicht für das Uebergangsstadium, - d.h. für die Zeit gleich nach der Geburt bis zur selbständigen Ernährung mittels fester Nahrung in der Milch ein Nährmittel geschaffen, das zwischen dem Blut und der festen Nahrung steht. Die Milch muss jedoch dem ersteren weit näher stehen, als der letzteren, weil sonst der Uebergang aus dem Blutleben im Mutterleibe
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zu demjenigen ausserhalb desselben zu schroff sein würde, während dagegen der Uebergang von der Milchnahrung zur festen ganz allmählich erfolgen kann. Die Milch ist also ausschliesslich für jenes Uebergangsstadium bestimmt und soll mit der Ausbildung der Zähne der festen Nahrung Platz machen. Es ist auch ganz unnatürlich, dass das erwachsene Geschöpf, sei es Mensch oder Tier, reine Milch als Nahrung zu sich nimmt, da besonders beim Menschen das Gebiss und die reichliche Entwicklung des für die Verdauung so wichtigen Speichels auf feste Nahrung als normale hinweisen. Aber die Kuhmilch ist auch noch aus anderen physiologischen Gründen als. Nahrungsmittel für den Menschen durchaus zu verwerfen. Sie ist naturgemäss bestimmt für ein im raschesten Wachstum begriffenes Tier von schwerem, starken Körperbau; sie muss also sehr reich an Nährsalzen und Eiweiss sein, da diese beiden Bestandteile ausschliesslich zum Organaufbau verwendet werden. Wie kann nun der Mensch, besonders der erwachsene, dessen Körper schon aufgebaut ist, und der nur die äusserst schwache Abnutzung der Knochen- und Muskelsubstanz zu ersetzen hat, ein gar nicht für ihn berechnetes Nahrungsmittel als solches betrachten und benutzen! Man hat dies auch teilweise erkannt und die für Kinder bestimmte Milch durch Wasser stark verdünnt (2/3 bis 3/4 Wasser), weil sie eben in reinem Zustande viel zu kräftig für das Kind ist. Aber dieses Verfahren ist ein durch die obwaltenden verkehrten Verhältnisse aufgezwungenes und kann nur mit dem Verdünnen eines guten abgelagerten Bieres durch Wasser verglichen werden, was gewiss niemand als empfehlenswert bezeichnen wird. Milch ist ein organisches Ganzes und wird durch jede Zufügung irgend einer anderen Substanz mehr oder weniger verdorben. Die reine Milch ist aber auch für den Erwachsenen viel zu reich an Eiweiss und darum durchaus nicht so leicht verdaulich. Sobald sie in den Magen gelangt ist, gerinnt sie, das Kasein ballt sich zu grossen dicken Klumpen zusammen, die der Magensaft nur schwer durchdringt; es stellt sich ein Gefühl der Aufblähung oder Aufgetriebenheit des Magens ein und es beginnen alsbald wegen des grossen Stickstoffgehaltes des Kaseins starke Blähungen sich geltend zu machen. Letztere deuten aber stets auf eine zu stickstoffreiche Nahrung hin; sie treten bei richtiger Ernährung nur in ganz unbedeutendem Masse auf, sodass sie weder das Individuum selbst, noch seine Umgebung belästigen.
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Es herrschen über die Verdaulichkeit der Kuhmilch überhaupt ganz falsche Ansichten. W. Prausnitz hat durch Versuche an einem kräftigen, gesunden Arbeiter die schlechte Ausnützung derselben im menschlichen Darmkanale festgestellt. Dieser Arbeiter, der täglich 3 Liter Milch ohne Widerwillen leicht zu sich nahm, schied täglich 9 % Trockensubstanz unverwertet aus, während z. B. bei Genuss von Reis, Weissbrot, Maccaroni nur je 4,1, 4,4, 5,0% unausgenützt ausgeschieden wurden (bei Schwarzbrot jedoch 15%). Auch die Ausscheidung unverwerteter Aschenbestandteile war bei Milchgenuss ungefähr doppelt so gross als bei fast allen übrigen Nahrungsmitteln mit Ausnahme des Schwarzbrotes, bei dem die unausgenützten Aschenbestandteile fast denselben Prozentsatz erreichten, wie bei der Milch. Die Ursache dieser Erscheinung beruht auf dem Mangel des zur Verdauung der Milch notwendigen Labfermentes. Der Mensch besitzt eben keinen Kälbermagen. Der Kälbermagen sondert nämlich, ein ganz spezifisches Ferment, das Labferment, auch Pexin genannt, ab. Dasselbe wird aber nur von der Magenschleimhaut der jungen Säugetiere abgesondert und damit deutet die Natur schon deutlich an, dass die Milch nur für die erste Lebenszeit als Nahrungsmittel dienen soll. Beim erwachsenen Menschen wird von der Magenschleimhaut im allgemeinen kein Pexin abgesondert, dagegen eine im Wasser lösliche Substanz, die sich in Pexin bei Gegenwart von Säure verwandeln kann. Diese Flüssigkeit bildet also eine Vorstufe des Labfermentes und besitzt allerdings die Fähigkeit, das Kasein in zwei Substanzen zu zerlegen, in Albumose, welche in den Molken verbleibt und in eine Käse erzeugende Substanz, welche mit Calciumsalzen eine unlösliche Verbindung liefert, das Caseum. Das Pepsin (welches bei der normalen Verdauung eine Hauptrolle spielt) und die schwachen Magensäuren haben mit der eben erwähnten Umwandlung der Milch nichts zu Schäften. Letztere kann nur in einem säurereichen Magen vor sich gehen. Diesen besitzt aber nur der Fleischesser, hauptsächlich wegen des Genusses von vielem Kochsalz, während der Magen des Vegetariers alkalisch reagiert, welches der normalere Zustand ist. Wir schliessen daraus, dass im allgemeinen der menschliche Magen nicht im stände ist, die Kuhmilch vollständig zu verdauen, am wenigsten aber der Magen des Vegetariers, da dieser in der Regel weniger Salz geniesst als der Fleischesser. Die oben angeführten Versuchsresultate von Prausnitz bestätigen ja auch diese
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Schlussfolgerung Die ausserordentlich kräftige Wirkung des Labfermentes des Kälbermagens ist bekannt; kein Junges irgend einer anderen Tierart sondert dieses Ferment in gleicher Menge und Stärke ab, wie dies beim Kalbe der Fall ist, weil eben die Kuhmilch die eiweissreichste und schwerverdaulichste Milch ist, die es giebt. Wie soll also der Mensch, dessen Magen das eigentliche Labferment garnicht enthält, diese Milch verdauen können! Der Kindermagen ist aber auch gewiss nicht mit dem Kälbermagen in bezug auf Verdauungsvermögen zu vergleichen, kann also die kräftige Kuhmilch nicht verdauen. Alle Gründe physiologischer Natur sprechen demnach gegen den Milchgenuss. Bei allen vorstehenden Betrachtungen ist zudem die gewiss nicht zu übersehende Frage unberücksichtigt geblieben, ob nicht die Milch von tuberkulösen Kühen die Schwindsucht auf den Menschen übertragen kann. Man hält dies jetzt für gewiss. Die Versuche von May und Stein, sowie von Dr. Hirschberger (siehe Deutsch. Archiv für Klin. Medizin, Bd. 44, S. 500) lehren, dass unter 20 Fällen, in welchem aus dem Euter perlsüchtiger Tiere Milch entnommen und zu Impfungen von Meerschweinchen verwendet wurde, 65 % der Milch sich zweifellos als tuberkulös erwiesen. Bei hochgradiger Perlsucht war die Milch in 80 % der Fälle, bei mittelgradiger in 66 %, bei geringgradiger Perlsucht (wenn nur die Lungen erkrankt waren) in 33 % der untersuchten Fälle im stände, Tuberkulose zu übertragen. Welche verhängnisvolle Rolle die Kuhmilch als Nahrungsmittel neben dem Fleische spielt, geht am besten aus folgenden Thatsachen hervor. «Die Khirgisen, welche die Steppen Asiens bewohnen, halten kein Rindvieh: sie trinken Stutenmilch und essen (nur wenig) Schaf- und Ziegenfleisch. Tuberkulose ist fast absolut unbekannt unter ihnen. Die Eskimos im südlichen Grönland züchten Rinder und es ist kein Volk der Schwindsucht mehr unterworfen als diese Eskimos. Die Bewohner Sibiriens, welche mit ihren schnellfüssigen Renntieren über die eisbedeckten Ebenen ihres Landes jagen und welche einen Stier oder eine Kuh eben so selten zu Gesichte bekommen, wie wir einen Elephanten, wissen nichts von Schwindsucht. An der Südküste Afrikas giebt es Stämme von Eingeborenen, die stolz auf ihre grossen Rindviehherden sind; sie geniessen sowohl die Milch als das Fleisch ihrer Herden, sterben aber wie die Fliegen an Tuberkulose. Hundert
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Meilen nach dem Inland zu, wo die totbringende Tsetsefliege jegliche Rindviehzucht unmöglich macht, hat man keine Kenntnis davon, dass jemals irgend ein Mensch an Lungenschwindsucht oder einer anderen auszehrenden Krankheit gestorben ist. Die Bevölkerung Islands züchtet zwar Vieh, geniesst aber weder Milch noch Fleisch; Schwindsucht ist aber dort so gut wie unbekannt. In Australien und Neu-Seeland, in welchen Ländern früher die Rinderrasse garnicht existierte, gab es eine Zeit, in welcher man nie etwas von Tuberkulose gehört hatte. Im Jahre 1826 wurde die Bevölkerung von einer wahren Viehzuchtmanie ergriffen. Rindvieh wurde in ungeheuren Mengen eingeführt und heute bilden diese Länder wahre Brutstätten der Schwindsucht, so das die Sterblichkeit 30 pro Tausend erreicht. (Und doch besitzen diese Länder ein ausserordentlich gesundes Klima.) In Neu-Seeland hat diese Krankheit solche Verheerungen angerichtet, dass die Eingeborenen (die Maoris) als eine erloschene Rasse betrachtet werden können. In der Schweiz beweist die sorgfältig durchgeführte Sterblichkeitsstatistik über allen Zweifel hinaus, dass die Auszehrung in ganz genauem Verhältnis zu der Zahl der gehaltenen und zu Nahrungszwecken benutzten Rinder steht. Wo das Vieh am zahlreichsten, ist die Sterblichkeit am grössten. Weiter aufwärts in den Bergen, wo nur noch Schaf und Ziege leben können, ist diese Krankheit fast unbekannt. Thatsachen weisen darauf hin, dass die Neigung zu tuberkulöser Erkrankung bei denjenigen Rindviehfamilien am grössten ist, bei denen Inzucht stattfindet». Was folgt nun aus diesen Sätzen, die einem Vortrage entnommen sind, den Dr. Zuell in der Veterinary Medical Society in Philadelphia im Jahre 1891 gehalten hat, anderes als die unbestreitbare Thatsache, dass Lungenkrankheiten am meisten unter denjenigen Völkern angetroffen werden, welche die Milch und das Fleisch des Rindes geniessen, dagegen nicht bei solchen, die keine Kuhmilch und kein Fleisch geniessen. Diese Schlussfolgerung wird in hohem Masse bestätigt durch die folgenden Beobachtungen und Experimente. In einer Sitzung der Akademie der Medizin zu Paris berichtete Dr. Ollivier über folgenden beachtenswerten Fall. Unter seiner Beobachtung stand ein junges Mädchen von 20 Jahren, das einer akuten Meningitis erlag. Dasselbe war von kräftiger Konstitution gewesen und keineswegs erblich
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belastet. Es hatte seine Erziehung in einem Pensionate erhalten, in welchem im Verlaufe von einigen Jahren 13 Schülerinnen an Tuberkulose erkrankt waren, von denen sechs starben. Bei allen war anscheinend eine erbliche Belastung mit Tuberkulose ausgeschlossen. Die dem Pensionate gehörige Kuh, welche ihm mehrere Jahre hindurch die Milch lieferte, zeigte, als sie geschlachtet wurde, eine ausgedehnte Tuberkulose am Euter! Wer aber in diesem Falle noch an dem ursächlichen Zusammenhange zwischen Milchgenuss und Tuberkulose zweifeln wollte, möge sich durch folgende von der Veterinärabteilung des südaustralischen Board of Agriculture angestellte Experimente überzeugen lassen. Es wurden Kaninchen und Meerschweinchen, welche unter möglichst guten Bedingungen gehalten wurden und vollkommen gesund waren, mit dem Muskelfleische tuberkulöser Kühe gefüttert. Dieses Fleisch wurde solchen Stücken entnommen, in welchen die mikroskopische Prüfung entweder Tuberkeln oder Tuberkelbazillen nachwies. Dasselbe wurde den Kaninchen und Schweinen in Zeiträumen von 2 oder 3 Wochen gereicht; in den Zwischenräumen erhielten sie gesundes Futter. Es wurden 13 Tiere so behandelt und als man sie tötete, zeigte sich, dass 10 von ihnen tuberkulös geworden. Das Experiment wurde in Bezug auf Milch wiederholt und das Resultat war ein gleiches. 10 Tiere wurden mit der Milch tuberkulöser Kühe gefüttert und davon wurden 6 tuberkulös. Dies scheint die Frage vollständig zu entscheiden. Nach Feststellung solcher Thatsachen fragt man sich mit vollem Rechte; wozu also dem Menschen, dem hundert andere gute Nahrungsmittel aus der Pflanzenwelt zur Verfügung stehen, ein so missliches Nahrungsmittel wie die Milch empfehlen? Wozu hat er seine Zähne und den reichlichen Speichel, die beide beim Genuss der Milch (als Getränk) nicht in Anwendung kommen? Ueberdies, was hat der Mensch mit der Kuh zu schaffen? Ist sie seine Mutter oder bedarf er zweier Mütter? Dann wäre es nur logisch und gerecht, die biedere Kuh als Mutter zu verehren, wie es die Indier thun, und das Kalb als MilchBruder oder -Schwester zu betrachten. Man lässt es sich gefallen, ein Kind Milch zu sich nehmen zu sehen, aber einen erwachsenen Menschen Milch trinken zu sehen, ist einfach ein lächerlicher Anblick, der nur durch die Macht der Gewohnheit die Eigenschaft der Lächerlichkeit verliert. Schon der Geruch der Milch müsste dem mit
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scharfem Geruchsvermögen versehenen Menschen sagen, dass sie kein passendes Nahrungsmittel für ihn ist. Dem Kalbe ist der Geruch und Geschmack der Milch sicher angenehm, aber eben darum können beide es dem Menschen nicht sein, weil er kein Kalb ist und weil jedes Tier seinen spezifischen Geruch hat, der sich auf die Milch überträgt. Wir sehen ja oft, dass das Kind sich gegen die Milch einer Amme ablehnend verhält und doch wird zwischen der Milch verschiedener Frauen ein geringerer Unterschied bestehen, als zwischen der Kuhmilch und der Frauenmilch. Aber die Kuhmilch ist selbst für die kleinen Kinder ganz ungeeignet. Gegen diese Behauptung wird nun der Leser gleich einwenden, was denn aus unseren Kindern werden soll, wenn wir bei dem Unvermögen so vieler Mütter, ihre Kinder zu stillen, nicht zur Kuhmilch als Ersatzmittel greifen dürfen. Ja, was wird denn aus ihnen? Leichen oder schwächliche Geschöpfe! Die Berliner Statistik giebt an, dass in der Hitzeperiode des Augustmonats 1890 in der Woche vom 3.-9. August die Sterblichkeit der Kinder unter l Jahr 70 % der Gesamtsterblichkeit betrug, in der Woche vom 17.-23. August 78,5 %, d. h. dass auf 1000 in dieser Woche Gestorbene 785 Kinder kamen, die noch im ersten Lebensjahre standen. Aehnliche Resultate zeigen sich bei jeder, längere Zeit andauernden Hitzeperiode, so z. B. in der Woche vom 16.-22. Juni 1890, in welcher die Sterblichkeit der Kinder unter l Jahr 66 % der Gesamtsterblichkeit betrug. Dabei ergiebt sich stets, dass die Sterblichkeit der Kinder der ärmeren Klasse, wo neben weniger sorgfältiger Pflege die Saugflasche die Mutterbrust weit mehr vertritt, als in den besser situierten Kreisen, auch viel grösser ist als in letzteren Kreisen. In diesen tritt die Amme für die Mutter ein. Die Sterblichkeit der mit der Flasche aufgezogenen Kinder, sagt R. Boeckh (Berliner Statistik), ist 6-7 mal grösser, als diejenige der durch die eigene Mutter gestillten Kinder. Die durch die hohe Temperatur geförderten Gährungsvorgänge in der Milch verursachen das Auftreten schädlicher saurer Produkte, die dem zarten kindlichen Organismus durch ihre reizenden Eigenschaften tötlich werden. Dies ist auch bei weniger hoher Temperatur der Fall, nur verläuft der Prozess nicht so rasch) wirkt darum auch weniger tötlich, aber immer noch schädlich genug. Es ist hauptsächlich der viel zu hohe Gehalt an Kasein in der Kuhmilch, der sie so schwer verdaulich für die Kinder macht, was durch die
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folgenden Beobachtungen bewiesen wird 7). Ein Kind, das die Milch einer Amme zuerst sehr gut vertrug, litt an Erbrechen, als die Milch infolge kompakterer Ernährung der Amme konzentrierter wurde, verdaute die Milch aber wieder gut, als deren Eiweissgehalt zurückging. Die Analyse der Milch ergab:
Erste Periode, verdaulich: Zweite Periode, unverdaulich: Dritte Periode, verdaulich:
Fettgehalt 0.72
Zucker 6.75
Albuminoide 2.53
Wasser 89.78
5. 44
6.25
4.61
83.50
5.50
6.60
2.90
84.86
Der Unterschied lag aber, so fährt der Verfasser des betreffenden Artikels fort, «wesentlich an dem Mehrgehalt an Kasein in der zweiten Periode; solche Milch wird eben so schlecht vertragen, wie gewöhnliche Kuhmilch». Also auch hier zeigt sich wieder in schlagender Weise, wie die menschliche Natur gegen den zu hohen Eiweissgehalt der Nahrung kräftigen Einspruch erhebt. Als ferneres Beispiel von der Unzuträglichkeit der Milch als einer zu eiweissreichen Nahrung sei noch folgender Fall angeführt. Ein Vater verlor ein prächtiges Kind, weil seine Schwiegermutter darauf bestand, dass demselben reine Kuhmilch gereicht werde. Infolge dessen erbrach das Kind fortwährend ganze Klumpen oder Ballen von Käse und ging schliesslich zu Grunde. Nun beachte der Leser noch folgende einfache Thatsache. In Britisch Indien leben 280 Mill. Menschen, in China ungefähr 400 Mill. In Indien ist im südlichen Teile selbst im Dezember und Januar die 7
Chemisches Centralblatt, 1889, Seite 438. Der Leser beachte übrigens in obiger Tabelle die grosse Zunahme des Fettgehaltes der Milch infolge der reichlicheren Ernährung der Amme. Dieselbe hatte ohne Zweifel früher auf dem Lande lebend, wenig oder gar kein Fleisch genossen, dann viel Fleisch und andere eiweiss- und fettreiche Nahrung zu sich genommen, wodurch bei ihrer grossen Verdauungskraft der Fettund Eiweissgehalt der Milch bedeutend stieg. Letzterer war schon in der ersten Periode (2.53) zu gross, da derselbe nur zwischen l und 2 °/0 schwanken soll. Derselbe hängt, wie der Fettgehalt, durchaus von der Art und Weise der Ernährung ab und wir können daher kaum etwas über den normalen Gehalt der Milch an diesen Bestandteilen sagen. Eine Analyse der Milch des Nilpferdes ergab z. B.: Wasser 90.43: Fette 4.51; Zucker 4.40; Salze 0.11; Albuminoide und Extraktivstoffe 0.55. Hier fällt der äusserst geringe Gehalt an Eiweisskörpern und Salzen besonders auf, und beweist uns also wieder, wie wenig selbst der im Wachstum begriffene Organismus von diesen beiden wichtigen Nährgruppen bedarf.
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mittlere Monatstemperatur noch höher als bei uns im Juli und August, in den übrigen Monaten ist sie natürlich noch viel höher als in unseren Breitegraden. (Im Ganges- und Industhale steigt sie im Mai und Juni im Monatsmittel auf 34° C. und darüber, in Berlin im Juli auf 19° C.) Was sollte aus den Millionen von Kindern in solchen heissen Ländern, wie Vorder- und Hinterindien werden, wenn dieselben in demselben Masse wie bei uns mit der so leicht verderbenden Kuhmilch, anstatt mit der Muttermilch gross gezogen werden müssten? Müssten sie nicht fast alle zu Grunde gehen? Wäre dasselbe nicht auch in dem dichtbevölkerten eigentlichen China der Fall, wo während mindestens 6 Monaten die Temperatur ebenfalls ausserordentlich hoch ist? Man kann es fast als ein Glück bezeichnen, dass in den genannten Ländern der Bestand an Rindern viel zu gering ist, um die erforderliche Kuhmilch zu liefern, besonders im eigentlichen China, wo fast gar kein Rindvieh gezüchtet wird. Wenn also in diesen Ländern die hauptsächlich von dem angeblich so wenig kräftigen Reis lebenden Frauen im stände sein müssen, ihre Kinder selbst zu stillen und gross zu ziehen, was folgt daraus? Einfach dies, dass das Fleisch kein unentbehrliches Nahrungsmittel sein kann, wenn zahlreiche Millionen von Kindern von ihren fast ausschliesslich vegetarisch lebenden Müttern gestillt und zu leistungsfähigen Menschen ohne Zuhilfenahme von tierischer Milch und von Fleisch erzogen werden können. Vermögen das unsere fleischessenden Mütter in gleichem Grade? Wenn unsere Gegner auch nur eine Ahnung von logischem Denken besässen, so müssten solche höchst einfache Betrachtungen wie die vorstehenden sie von der Unhaltbarkeit der Behauptung überzeugen, dass Fleisch als Nahrungsmittel unentbehrlich und sein Genuss vorteilhaft sei. Wir haben eben auf die Gährungsvorgänge der Milch und ihre Gefährlichkeit für die Kinder, besonders bei hoher Temperatur, hingewiesen; über diesen Punkt hat Prof. H. W. Conn im December 1890 vor dem Connecticut State Board of Agriculture einen längeren Vortrag gehalten, worin er die Milch unter drei Gesichtspunkten: 1) worin bestehen die Gährungsprozesse der Milch; 2) welches sind die Ursachen dieser Gährungserscheinungen; 3) wie können sie verhindert werden? einer eingehenden Erörterung unterzieht. Zunächst bemerkt er, dass diese Gährungserscheinungen ausserordentlich verschiedener Natur sind. Sie beschränken sich keineswegs auf das Sauerwerden der Milch
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und die durch den Labmagen hervorgerufenen Gährungsprozesse. Milch ist wissenschaftlich erst seit etwa 50 Jahren eingehender studiert worden; in dieser Zeit wurden die verschiedenen Zersetzungsvorgänge einer nach dem ändern erkannt und heute ist die bekannte Zahl derselben sehr gross. Das gewöhnliche Sauerwerden der Milch steht im Zusammenhange mit dem in ihr enthaltenen Milchzucker; derselbe wird zerlegt und bildet Milchsäure, die der Milch den säuerlichen Geschmack verleiht, sowie das Niederschlagen des Kaseins in der Gestalt von Käse (Quark) bewirkt. Allbekannt ist ebenso die durch die Wirkung des Labmagens erzeugte Gährung; die Milch ballt sich zu grossen Flocken und zerfällt in Käse (Kasein) und Molken. Dieser Vorgang ist gänzlich verschieden von dem Sauerwerden der Milch und unabhängig von dem Milchzucker. Das Kasein erleidet eine chemische Veränderung unter dem Einflüsse des Labfermentes. In gewöhnlicher süsser Milch befindet sich das Kasein im Zustande einer partiellen Lösung und so lange es sich in Lösung befindet, ist die Milch natürlich flüssig. Unter dem Einflüsse des Labfermentes geht eine chemische Veränderung vor sich, deren Natur wir noch nicht voll-ständig verstehen. Soweit wir zu sehen vermögen, besteht diese Veränderung in der Zerlegung des Kaseins in zwei Teile, in einen, welcher löslich ist und deshalb als Lösung in den Molken bestehen bleibt und in einen anderen, welcher unlöslich ist und sofort nach seiner Bildung sich als Käse niederschlägt. Eine dritte Form der Milchgährung ist die alkoholische; Milch unterliegt dieser Gährung nicht leicht. Hefe in Milch gebracht, verursacht die Milchsäure-Gährung anstatt der alkoholischen, trotzdem findet zuweilen letztere statt. Die Araber bereiten seit langer Zeit aus der Milch ihrer Stuten ein Getränk von beträchtlichem Alkoholgehalt, welches sie Kumys nennen, es wird bereitet, indem man Milch in Flaschen bringt und derselben schon gährende Milch zufügt, wodurch der Gährungsprozess erneuert und alsbald die Bildung einer beträchtlichen Alkoholmenge veranlasst wird. Im Kaukasus bereitet man ein alkoholhaltiges Getränk von gewöhnlicher Kuhmilch. Die Milch wird in einen ledernen Beutel gebracht und werden ihr dann einige Kephirkörner zugefügt. Diese Kephirkörner enthalten verschiedene Hefearten und Bakterien und befinden sich im Besitze des Volkes, das sie von Generation zu Generation überliefert.
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Woraus sie eigentlich gebildet wurden, ist unbekannt. Sie besitzen die Fähigkeit, die Milch in Gährung zu versetzen, zunächst in die saure, die dann in die alkoholische übergeht, so dass schon am 2. Tage die Milch trinkbar ist. Fügt man der Milch etwas Kandiszucker und etwas Hefe zu, so entwickelt sich alkoholische Gährung und es entsteht ein Getränk, das man Kumys nennen kann. Dasselbe scheint leichter verdaulich zu sein als gewöhnliche Milch, indem das Kasein sich in kleine Flocken ballt, auf welche der Magensaft leichter einwirkt. Ein weiterer Gährungsprozess besteht in der Bildung bitterer Milch, den man der Nahrung zuschreibt, welche die Kühe im Herbste bekommen; diese Milch ist ganz unbrauchbar. Eine seltener auftretende, aber weit unangenehmere Gährungserscheinung bildet die schleimige Milch. Man könnte sie leichter meterweise als literweise verkaufen. Nach dem Melken wird die Milch schnell so dickflüssig dass man das sie enthaltende Gefäss umkehren kann, ohne dass sie ausfliesst; man kann dann dieselbe in lange Fäden ziehen wie Zuckersyrup. Sie ist natürlich ganz wertlos; es lässt sich die Sahne nicht trennen und sie kann auch nicht zu Käse bereitet werden. Milch wird auch nicht selten ranzig; sie schmeckt oder riecht nach ranziger Butter und die chemische Analyse zeigt, dass dieser Geschmack auf die Bildung derselben Substanz, welche den ranzigen Geschmack der Butter, nämlich Buttersäure, veranlasst, zurückzuführen ist. Eine der gewöhnlichsten Milchgährungen ist die alkalische; infolge derselben gerinnt die Milch, ohne sauer zu werden. Diese Gerinnung scheint derjenigen ähnlich zu sein, welche durch das Labferment hervorgerufen wird; sie wird durch die Bildung eines dem Labfermente ähnlichen Fermentes erzeugt. Es treten dabei verschiedene Farben und Gerüche auf und die Milch fällt der Zersetzung anheim. Die verschiedenen Arten fleckiger Milch müssen dieser Gährungsklasse zugeschrieben werden. Sie sind sehr häufig und fast stets vorhanden in Milch, die kurze Zeit gestanden hat, entgehen aber meist der Beobachtung, weil das so viel häufiger auftretende Sauerwerden der Milch die alkalische Gerinnung verdeckt. In der Milchwirtschaft stösst man auf Milch von allen möglichen Farben; es giebt blaue Milch, (nicht etwa infolge Zusatzes von Wasser, sondern infolge einer besonderen Gährung), gelbe Milch, rote Milch,
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grüne Milch, endlich auch noch violette Milch. Damit ist die Zahl der Regenbogenfarben ziemlich erschöpft und der Physiker könnte mit Recht sagen, um weisse Milch zu erhalten, brauche man nur alle diese verschiedenfarbigen Milchsorten zu mischen, da bekanntlich die Regenbogenfarben vereinigt wieder weiss liefern. Es ist klar, dass alle diese farbigen Milcharten gesundheitsschädlich sein müssen, da ihre verschiedenen Farben die Folgen fauliger Zersetzung sind. Es kommen aber noch verschiedene andere Zersetzungsformen vor, welche noch nicht so hinreichend studiert sind, um viel darüber sagen zu können; es ist also die obige Liste von Gährungserscheinungen noch lange nicht erschöpft. Diese lange Liste ist erst seit wenigen Jahren bekannt, aber jedes Jahr vergrössert dieselbe noch um eine oder mehrere neue Gährungsarten, welchen die Milch unterworfen ist. Was nun die Frage 2 in betreff der Ursache aller dieser Gährungsformen anlangt, so sind dieselben alle mikroskopischen Pflänzchen (Bakterien) zuzuschreiben, die mit und nach dem Melken in die Milch gelangen. In Milch, die längere Zeit gestanden, vermehren sich die Bakterien wunderbar. Niemand bekommt in der Stadt Milch zu trinken, in welcher pro Theelöffel voll weniger Bakterien enthalten sind, als Einwohner in den Vereinigten Staaten nach der letzten Zählung (62 1/2 Mill.). Da sich Bakterien stets überall finden, so lässt sich ihr Eindringen in die Milch ohne ganz besondere Vorrichtungen, die aber in der täglichen Praxis absolut undurchführbar sind, gar nicht verhindern und damit beantwortet sich auch die Frage 3 dahin, dass es keine Mittel giebt, die Milch in wirklich frischem und gesunden Zustande zu erhalten. Wir überlassen es nun dem Leser, sich selbst folgende Fragen zu beantworten. Giebt es unter den gebräuchlichen Nahrungsmitteln irgend eines, dass einer gleich grossen Gefahr des Verderbens ausgesetzt ist wie die Milch? Giebt es ein solches, dass gleich gefährlich ist, inbezug auf die Erzeugung von Krankheiten, besonders Tuberkulose? Giebt es ein solches, das schon nach wenigen Stunden so schlecht riecht und schmeckt (wenigstens für den feinen Geruchs- und Geschmacksinn) wie die Milch? Aus den vorstehenden Gründen müssen wir schliessen, dass die Kuhmilch nach keiner Richtung hin als passendes und zuträgliches
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Nahrungsmittel für den Menschen angesehen werden kann. Es möge überdies noch die Bemerkung hier Platz finden, dass der Verfasser keineswegs mit seiner Ansicht hinsichtlich der Milch allein steht. In dem von allen Vegetariern mit grösstem Recht so gepriesenen Werke von Sylv. Graham wird der Genuss von Milch, Butter, Käse und Eiern in der entschiedensten Weise als ungehörig und schädlich hingestellt, obgleich der Verfasser dieses Werkes sich stets äusserst milde und zurückhaltend auszudrücken pflegt und keineswegs den Eindruck eines fanatischen Menschen macht, der etwa aus Voreingenommenheit dieses oder jenes Nahrungsmittel verwirft. Es ist also durchaus daran festzuhalten, dass der Genuss der Kuhmilch für den Menschen unstatthaft und höchstens nur für den Uebergangsvegetarier mehr oder minder zulässig ist. Wenn nun die Kuhmilch in keiner Hinsicht als ein zuträgliches Nahrungsmittel für den Menschen betrachtet werden kann, so folgt daraus schon zum Teil von selbst, dass auch die aus der Kuhmilch bereitete Butter als Nahrungsmittel für den Menschen zu verwerfen ist. Butter stellt ein Gemisch von Fetten dar, verbunden mit geringen Mengen von Fettsäuren, die an Glycerin gebunden sind. Diese Fette sind Palmitin, Stearin und Oleïn, die Fettsäuren Butter-, Kaprin-, Kapron- und Kaprylsäure. Das Ranzigwerden der Butter wird durch die letzteren Säuren bedingt, während der brenzliche Geruch und Geschmack beim Erhitzen der Butter von dem Käsestoff herrührt, der bei auch bester Qualität derselben mit 0.4-0.8% vertreten ist, bei geringwertiger Ware aber oft viele Prozente ausmacht, wozu dann noch ein hoher Salzgehalt kommt, um die Haltbarkeit solcher schlechten Ware zu erhöhen. Vergleichen wir nun mit der Zusammensetzung der Butter diejenige des Rindertalges. Derselbe besteht aus ungefähr 75% Palmitin und Stearin und 25% Oleïn, enthält aber weniger Fettsäuren als die Butter und ist daher auch dem Verderben weniger ausgesetzt als diese. Die Butter setzt sich also aus denselben Fettarten zusammen, wie der Talg, nur ist das prozentische Verhältnis der einzelnen Fette etwas anders; auch liegt der Schmelzpunkt bei letzterem etwas höher als bei ersterer. Die Talgfette entstehen nun ganz in derselben Weise aus der Nahrung, welche das Rind aufnimmt, wie die Butterfette, was schon daraus hervorgeht, dass eine säugende Kuh bei mangelhafter Ernährung das in
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ihrem Körper früher abgelagerte Fett zur Bildung des Butterfettes verwendet, ebenso wie sie die Nährsalze der Milch dem Knochengerüste entnimmt, wenn die Nahrung zu arm an solchen ist, um die nötige Menge für die Milch zu liefern. Umgekehrt würde dasselbe Fett, das als Butterfett in der Milch abgesondert wird, als Körperfett im Körper sich ablagern, wenn der Kuh das Kalb genommen und das Melken eingestellt würde. Die Milch würde in diesem Falle zurücktreten und die Kuh an Fleisch und Fett zunehmen, vorausgesetzt dass das Einstellen des Säugens oder Melkens nicht zu plötzlich erfolgte, weil sonst das Tier leicht erkranken könnte. Nun wird jeder Vegetarier gegen den Genuss von Talg, Schmalz usw. Protest erheben, während er dagegen den Genuss von Butter keineswegs unstatthaft findet. Wenn wir auch hier wieder von der ethischen Seite der Frage absehen, was übrigens gar nicht gerechtfertigt ist, weil unsere Gegner mit vollem Rechte gegen uns den Vorwurf unlogischen Handelns erheben, insofern der Genuss von Milch, Butter und Käse schliesslich ebenso das Töten von Tieren bedingt, wie der Genuss von Fleisch, so folgt aus der obigen Auseinandersetzung, dass zwischen dem Genuss von Butter und demjenigen von Talg in physiologischer Beziehung nur ein sehr geringer Unterschied ist, der hauptsächlich in der etwas grösseren Verdaulichkeit der Butter gegenüber dem Talge besteht, und dass Butter ebenso gut ein tierisches Fett, ja noch ein unreineres ist als Talg, Schmalz usw. Butter ist tierischen Ursprungs so gut wie jedes tierische Fett, sie hat ihren ganz specifischen tierischen Geruch und Geschmack wie dieses, und gerade dieser Geruch und Geschmack macht sie für denjenigen Vegetarier, der sich längere Zeit (mehrere Jahre) jeder Nahrung tierischen Ursprungs streng enthalten hat, zu einem Nahrungsmittel von geradezu empörend scheusslichem Geschmack. Je reiner, je freier von tierischem Dufte ein Mensch infolge lange Zeit hindurch fortgesetzter, streng vegetarischer Lebensweise geworden ist, desto ablehnender wird er sich gegen den Genuss von Milch, Butter und Käse verhalten und jeder, der diese Empfindung nicht hat, ist eben nicht rein, sein ganzes Körpergewebe ist ganz durchsetzt von tierischem Dufte, so dass er sich von dem ähnlichen Dufte solcher Nahrungsmittel eher angezogen, als abgestossen fühlt, weil Gleich zu Gleich sich gern gesellt. (Der Verfasser hat schon mehr als ein Dutzendmal den Versuch gemacht, irgend ein Gericht, etwa eine kleine Portion Erbsen oder Bohnen
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(für 10 Pfg.), die mit Kuhbutter zubereitet war, zu gemessen und zwar jedesmal mit dem gleichen, unangenehmen Erfolge, der darin bestand, dass kurze Zeit nach dem Genüsse eines solchen Gerichtes sich ein höchst widerwärtiger Geschmack einstellte, den er auf keine Weise los werden konnte und der stets bis zum folgenden Morgen anhielt. Er meidet daher mit wahrer Angst jedes Gericht,, das mit Milch oder Kuhbutter zubereitet ist.) Die heutigen Menschen sind als Fleischesser durch und durch von tierischem Dufte imprägniert, sie sind mit dem Tiere, deren Fleisch und Milch sie geniessen, verwittert, d. h. der Duft des Fleisches der Tiere hat sich vollständig auf sie übertragen, hat ihr Körpergewebe ganz durchtränkt und deshalb riecht ihnen ein Braten, eine Fleischsuppe angenehm. Unsere Gegner sagen ja selbst, dass der Mensch das ist, was er i s s t (mit anderen Worten, dass der Fleischesser ein Ochse oder ein Schwein ist, wenn er vorzugsweise Ochsen- oder Schweinefleisch isst. Dann muss aber der streng vegetarisch lebende Mensch einen ganz anderen Körperduft (Pflanzen- und Obstduft) besitzen als der Fleischesser und deshalb ihm der Geruch solcher Gerichte, die auf letzteren anziehend wirken, abstossend und widerwärtig erscheinen. Die heutigen Menschen haben kaum mehr eine Ahnung von der wichtigen Rolle und der hohen Bedeutung der Duftstoffe, und die Ursache dieser Nichtbeachtung derselben liegt in dem Mangel jenes feinen Geruchsvermögens, das besonders die wilden Tiere auszeichnet. Die Schleimhäute der Nase sind fast bei allen Menschen infolge ihrer verkehrten Lebensweise und der dadurch bedingten häufigen sog. Erkältungen und Schnupfen in einem mehr oder weniger dauernd entzündlichen Zustande, der das Geruchsvermögen erheblich verringert. Aus diesen Betrachtungen folgt nun mit Notwendigkeit, dass der durch jahrelang fortgesetzte streng vegetarische Lebensweise von tierischen Düften befreite Mensch sich gegen alle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs ablehnend verhalten muss, weil deren Duftstoffe ihm unmöglich angenehm sein können. Es bezweifelt ja gewiss kein echter Vegetarier, dass der aus einem Fleischerladen oder aus der Küche eines Fleischessers ausgehende Geruch ein unangenehmer ist; dann muss ihm auch der Geruch der Milch oder aller aus ihr bereiteten Produkte unangenehm erscheinen, weil sie von tierischem Dufte imprägniert sind
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und es unterliegt keinem Zweifel, dass je mehr ein künftiges Geschlecht von Vegetariern sich von allem Unreinen befreit hat, mit desto grösserem Abscheu von jeglichem Nahrungsmittel tierischen Ursprungs sich abwenden wird. Was den aus tierischer Milch bereiteten Käse betrifft, so ist natürlich dessen Genuss aus den schon angeführten Gründen ebenfalls zu verwerfen. Ausserdem spricht gegen ihn sein übermässig hoher Gehalt an Eiweisskörpern, der selbst bei sog. Fettkäse noch 29.5% (bei 30.0% Fettgehalt) beträgt, so dass man nur äussert geringe Quantitäten desselben geniessen dürfte, wenn man seinen Körper nicht mit Stickstoff überschwemmen will. Magerkäse ist aber noch mehr verwerflich, weil er fast nur reines Eiweiss enthällt. Aller Käse ist infolge seines hohen Stickstoffgehaltes der fauligen Zersetzung im stärksten Grade ausgesetzt und schon aus diesem Grunde muss er als ein höchst missliches Nahrungsmittel von meist üblem Gerüche betrachtet werden. Nur ein Mensch, der selbst halbfaul ist, kann Geschmack an ihm finden, und die Thatsache, dass es solche giebt, die den stinkendsten, von Maden wimmelnden Käse mit Behagen verzehren, beweist nur die durch und durch verstunkene Natur solcher Menschen! Was endlich die Eier betrifft, so bilden sie allerdings ein viel reineres Nahrungsmittel als Butter und Käse, jedoch spricht gegen sie als Nahrungsmittel in gleicher Weise wie gegen den Käse das unrichtige Verhältnis ihres Gehaltes an Eiweisskörpern zu dem Gehalte an Fett (Kohlehydrate enthalten sie nicht). Aus dem Hühnerei soll sich ein Hühnchen entwickeln, also ein Tierchen mit Blut, Fleisch und Knochen. Zu diesem Zweck ist seine Zusammensetzung berechnet. Das menschliche Nahrungsmittel hat aber einen ganz anderen Zweck. In ihm müssen die Kohlehydrate und das Fett gegenüber dem Eiweissgehalt bedeutend überwiegen. Ein Mann, der nur 2-3 Eier pro Tag geniesst, deckt damit seinen täglichen Eiweissbedarf, und er dürfte ausserdem nur mehr reine Kohlehydrate, d. h. nur reines Stärkemehl, Zucker, Dextrin und reine Fette zu sich nehmen, wenn er nicht zu viel Eiweiss geniessen will. Keines Fett und Zucker kann er aber nicht in dieser Form in genügender Menge auf die Dauer zu sich nehmen, ebenso wenig reines Stärkemehl, er wird also zu Nahrungsmitteln greifen, die ausserdem Eiweiss enthalten, wie Brot, Gemüse usw. und
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dadurch zu viel Eiweiss einführen. Es kann aber nicht oft genug darauf hingewiesen werden, dass der Eiweissbedarf des Menschen ein geringer, dagegen der Bedarf an Fett und besonders an Kohlehydraten ein sehr grosser ist. Schon Hippokrates wies darauf hin, dass der vorwiegende Genuss von Hülsenfrüchten (wegen ihres zu grossen Gehaltes an Eiweisskörpern und Nährsalzen) zur Erkrankung führe. Er sagt (Grimm'sche Uebersetzung, Bd. II, S. 169): «Die Frauens- und Mannspersonen in Ainos, welche anhaltend Hülsenfrüchte assen, bekamen eine langwierige Schwäche in die Füsse und die von Erven (Linsen) lebten, litten an den Knien» (Gicht). Demnach muss der häufige Genuss von Käse und Eiern zu denselben Krankheitserscheinungen führen. Schliesslich ist auch noch darauf hinzuweisen, dass Kuhmilch, Eier, Erbsen zu viel Kalk enthalten, und diese Nahrungsmittel auch von diesem Gesichtspunkte zu meiden sind, da der Mensch nur wenig Kalk bedarf. Das Schlussergebnis aller vorhergehenden Betrachtungen lautet also dahin, dass der Mensch, wenn er naturgemäss leben will, nicht blos das Fleisch und Fett des geschlachteten Tieres, sondern auch die vom lebenden Tiere stammenden Nahrungsmittel, also die Milch und die daraus bereiteten Produkte sowie auch die Eier zu meiden hat. Wer logisch denken will, kann diese Schlussfolgerung nicht umgehen. Es erscheint aber nötig, diejenigen Vegetarier, die den Genuss von Milch, Butter, Käse und Eiern prinzipiell zulässig erachten, besonders darauf aufmerksam zu machen, dass sie sich dadurch eines Denkfehlers schuldig machen, was schon daraus hervorgeht, dass unsere Gegner gerade diese Inkonsequenz stets am ersten hervorheben. Man kann vom Gegner viel lernen und wenn sämtliche Gegner immer auf denselben Punkt als eine Inkonsequenz hinweisen, so giebt das zu denken. Wir haben aber auch gefunden, dass der Satz von der Zulässigkeit des Genusses von Milch, Butter usw. ganz unhaltbar ist. Gerade der Vegetarier muss es besonders vermeiden, sich eine Blösse zu geben, da er hei seiner exponierten Stellung nur durch die strengste Konsequenz zu imponieren und sich Achtung zu verschaffen vermag. Welche Inkonsequenz aber im Zugeständnis des Milchgenusses vom vegetarischen Standpunkte, von dem aus besonders die ethische Seite
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zu berücksichtigen ist, liegt, möge durch folgende ebenso kurze, wie einfache Betrachtung klar gemacht werden. Der überzeugte Vegetarier muss von seinem Standpunkte es gewiss als wünschenswert betrachten, dass alle Bewohner eines Landes, sagen wir Deutschland's, vegetarisch leben. Nehmen wir also an, die 50 Mill. Deutschen lebten vegetarisch, betrachteten aber den Genuss von Milch, Butter und Käse als zulässig oder gar als notwendig. Dann müssten natürlich ungefähr ebenso viele Kühe gehalten werden, wie gegenwärtig wirklich gehalten werden, da in den meisten Gegenden eher Mangel an Milch, Butter und Käse herrscht als Ueberfluss, was schon der verhältnismässig hohe Preis dieser angeblichen Nahrungsmittel beweist. Als notwendige weitere Folge müssten auch ebenso viele Kälber gezüchtet werden, wie heute der Fall ist. Etwa die Hälfte dieser auf die Welt gesetzten Kälber würde aber als Stierkälber für die Zwecke der Milchproduktion ausser Betracht kommen, ebenso für die Fortpflanzung, da die Züchtung eines Stierkalbes auf 60 bis 100 Kuhkälber zu diesem Zwecke genügt. (Die meisten Gemeinden halten kaum einen Stier auf 100 Kühe.) Da tritt nun schon sogleich die Frage heran, was man mit den zahlreichen jährlich zur Welt kommenden Stierkälbern anfangen soll. Schlachten dürfen wir sie nicht, noch weniger ihr Fleisch essen, da beides absolut gegen die vegetarischen Prinzipien verstösst. Dieselben zum Zwecke der späteren Arbeitsleistung gross zu ziehen, würde anfänglich noch angehen, aber schon in wenigen Jahren würde ihre Zahl, da ja keine Kälber getötet werden dürfen, ins Ungeheuerliche anwachsen; auch käme ihre Arbeitsleistung weniger in Betracht, da der Vegetarier ja vorzugsweise Obstzucht und Gartenbau betreibt, bei welchen tierische Zugkraft nicht in Verwendung kommt. Die biederen Kühe werden aber mit der Zeit auch alt, und geben keine Milch. Was nun anfangen mit diesen alten Kühen? Schlachten und essen dürfen wir sie ja nicht, also müssten wir ihnen, wie den gleich zahlreichen Stieren das Gnadenbrot geben. Da nun nach wenigen Jahren bei Aufzucht aller Kälber die Zahl der Tiere derart anwachsen würde, dass ihre Unterhaltung absolut unmöglich wäre, so würden die Vegtarier in ein Dilemma versetzt, aus dem sie sich nur unter Verletzung ihrer Grundsätze ziehen könnten. Selbst wenn sie die Tiere in die Wälder jagen wollten, um ihnen das Leben zu lassen, würden sie sich in eine unhaltbare Lage versetzen, da die zahllosen Tiere alles verwüsten und zertreten müssten, um die nötige
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Nahrung zu gewinnen. Dabei wollen wir noch ganz absehen von der kolossalen Dummheit, Millionen mächtiger Tiere, die zu ihrer Ernährung wohl die Hälfte des anbaufähigen Bodens beanspruchen würden, in mühsamer Weise zu erhalten, blos um des Milchertrages willen, da ja der Vegetarier zahlreiche andere Nahrungsmittel von gleichem Nährwert und grösserer Zuträglichkeit mit ungleich geringerer Mühe in Form von Gemüse, Obst usw. zu erzeugen vermag Für den Fleischesser hat offenbar die Viehzucht mehr Sinn, da er auch das Fleisch der gezüchteten Tiere geniesst und ihre Häute, Därme, Knochen und Hörner verwertet, Vorteile, die für den Vegetarier alle fortfallen würden. Kurz, der Leser sieht leicht ein, dass die Haltung und Züchtung zahlreicher Kühe vom vegetarischen Standpunkte praktisch ein Ding der Unmöglichkeit ist. Der Satz also, von dem wir ausgingen, nämlich dass der Vegetarier Milch und ihre Produkte geniessen darf oder soll, führt in seinen letzten Konsequenzen zu einer praktischen Unmöglichkeit, überhaupt zu Widersprüchen, ja zu einem Unsinn. Wenn aber ein Satz schliesslich in allen Folgerungen, die notwendigerweise aus ihm gezogen werden können und müssen, zu Widersprüchen und Unmöglichkeiten führt, so muss er falsch, unrichtig sein. Jeder Satz, der richtig sein soll, darf nie in allen aus ihm logisch richtig zu ziehenden Schlussfolgerungen zu Widersprüchen führen. Das ist aber bei unserm Satze der Fall, folglich kann er auch nicht richtig sein. Aus dieser einfachen Betrachtung ersieht also der Leser, dass Vegetarismus und Viehzucht zum Zwecke der Gewinnung von Milch, Butter und Käse ganz unvereinbar mit einander sind. Dann soll der Vegetarier aber auch keine Milch oder aus ihr hervorgegangene Produkte gemessen. Die Vegetarier scheinen gar nicht zu ahnen, dass sie als verschwindende Zahl unter vielen Millionen Fleischessern lebend, und mit ihnen Milch usw. geniessend, ihre Prinzipien verletzen, weil der oben hervorgehobene Widerspruch für sie dadurch weniger in die Augen springt, dass die Fleischesser die Tiere töten, die sie selbst leben lassen müssten, und sie also an den unerlaubten Vorteilen unerlaubter und daher von ihnen missbilligter Handlungen stillschweigend teilnehmen, ohne sich darüber Rechenschaft zu geben. Denken wir uns eine Kolonie von 1000 Vegetariern, die Milch und Butter geniessen, welche sie von ihren benachbarten, Kühe haltenden Fleischessern beziehen. Letztere würden um der Vegetarier willen, sagen wir 100 Kühe halten müssen, die jährlich etwa 50 Kälber zur
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Welt brächten. Diese Kälber würden nebst ihren Müttern, früh oder spät, sicher geschlachtet werden; wer trägt nun, moralisch, die Schuld an dem gewaltsamen Tode dieser Tiere? Nur die Vegetarier, wenn auch blos indirekt. Der indirekte Urheber eines Vergehens oder Verbrechens ist aber, moralisch genommen, meist viel schuldiger als der direkte. Wie der Leser also einsehen muss, lassen sich vom praktischen sowohl als theoretischen und ethischen Standpunkte die schlagendsten Beweise gegen den Genuss tierischer Milch und ihrer Produkte anführen, und wer als Vegetarier diesen Genuss verteidigt, beweist damit, dass er zu jeglichem logischen Denken durchaus unfähig ist. Da hilft keine Ausrede.
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Wo ist die wahre Heimat des Menschen? Wir haben bis jetzt den Vegetarismus ausschliesslich vom Standpunkte der Ernährungsfrage betrachtet und diese Frage gewissermassen nur im negativen Sinne gelöst, insofern als es uns darauf ankam, den Nachweis zu führen, dass alle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs für den Menschen unzuträglich und daher als solche verwerflich sind. Dies würde aber nur eine unvollständige Lösung sein. Der gänzliche Ausschluss jeglicher Nahrung tierischen Ursprungs bedingt natürlich die Annahme, dass die für den Menschen geeignete Nahrung nur aus dem Pflanzenreiche zu entnehmen ist. Bei der grossen Zahl von Pflanzenarten und pflanzlichen Produkten bleibt aber dabei noch immer die Frage offen, welche Pflanzen, bezw. welche ihrer Produkte als Nahrungsmittel die zuträglichsten sind, da offenbar nicht alle Pflanzen oder die aus ihnen gewonnenen Produkte zur Ernährung geeignet sein können. Der Gegner der ausschliesslichen Pflanzenkost wird nun einwenden: der Urmensch lebte wahrscheinlich in einem herrlichen Lande mit wunderbarem Klima und die jungfräuliche Erde brachte Früchte aller Art in verschwenderischer Fülle hervor; eine Ernährung mittelst dieser Früchte war daher damals wohl möglich, ist es aber heute nicht mehr, da sich die Menschheit über die ganze Erde verbreitet hat und grosse Völker in nördlichen Klimaten leben, wo die Gewinnung dieser Früchte mehr oder weniger unmöglich ist. Dieser Einwand hat unter den einmal bestehenden Verhältnissen eine gewisse Berechtigung, er beruht aber auf der doppelten Voraussetzung, dass erstens ein Teil der Menschheit in nördlicheren und daher kälteren Gegenden leben müsse, und dass zweitens der heutige Ackerbau die einzig mögliche Richtung eingeschlagen habe, um die grösstmögliche und zuträglichste Nahrungsmenge zu erzeugen. Beide Voraussetzungen sind aber gänzlich unbegründet. Was zunächst die zweite betrifft, so ist bekannt, dass der Ackerbau in unseren nördlichen Breiten hauptsächlich auf der Viehzucht und dem Körnerbau basiert, und dass infolge dessen die Obstzucht und der Gemüsebau wesentlich beeinträchtigt und vernachlässigt werden. Da die heutigen Vegetarier aber unter Fleischessern leben, deren Bedarf an Baumfrüchten und Gemüsen ein geringer ist, so wirft sich eben der Ackerbau auch weniger auf die Erzeugung beider und dies hat zur Folge, dass der Vegetarier mit
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grösseren Schwierigkeiten in der Beschaffung der für ihn wünschenswerten Nahrungsmittel zu kämpfen hat, als es der Fall sein würde, wenn die Obst- und Gemüsezucht weit mehr in den Vordergrund träte, was in unseren Breiten noch sehr wohl möglich wäre. Diese zweite Voraussetzung verliert aber noch mehr an Haltbarkeit, wenn wir die erste in dieser Beziehung prüfen. Diese Prüfung führt uns nun direkt auf die Frage: Wo soll der Mensch leben, welches ist seine wahre Heimat, mit ändern Worten, welches sind die für seine Entwickelung geeignetesten Gegenden der Erde? Die Antwort auf diese Frage lautet einfach: Die tropischen und subtropischen Gegenden d. h. die heissen und warmen Länder. Ohne Zweifel werden nun nicht blos die Fleischesser sondern auch viele Vegetarier diese Beantwortung der gestellten Frage beanstanden und eine ganze Zahl von Einwänden erheben. Der nächstliegende Einwurf wird in der Behauptung bestehen, dass der in nördlichen Breiten geborene und aufgewachsene Mensch in den Tropen nicht bestehen könne, wie ja die tägliche Erfahrung leider beweise. Diese Behauptung ist nun in dieser Allgemeinheit gänzlich unhaltbar; sie gilt nur für den Fleischesser und auch für diesen nur bedingungsweise. Alle Reisenden, die sich lange in heissen Gegenden aufgehalten haben, erkennen an, dass der Europäer sehr wohl dort aushalten könne, wofern er nur sehr massig im Essen und Trinken sei, wobei von vegetarischer Lebensweise gar nicht einmal die Rede ist. Dieses Gebot der Massigkeit pflegt nun aber der Nordländer, wenn er nach den heissen Gegenden kommt, gar nicht zu beachten, er pflegt im Gegenteil noch unmässiger zu leben, als er dies in seiner früheren Heimat that, weil er in der Regel über reichere Geldmittel verfügt und diese zu nichts besserem als zu tüchtigem Essen und Trinken verwenden zu können glaubt. Er thut es um so mehr, als er die Langeweile, die aus der durch die hohe Temperatur ihm angeblich aufgenötigten Unthätigkeit entspringt, durch Essen und besonders durch Trinken am besten zu beseitigen vermeint. Kommt also ein solcher von Selbstgiften strotzender europäischer Fleischesser nach den Tropen und setzt dort sein naturwidriges Leben in oft noch verstärktem Masse fort, so brechen nach kurzer Zeit Krankheiten aller Art, besonders Fieber und Hautkrankheiten bei ihm aus, und bringen ihn in kurzer Zeit an den Rand des Grabes. Es ist dies wahrlich kein Wunder. Die hohe Temperatur verursacht in seinem halbfaulen Körper heftige Gährungs- und Zersetzungszustände, die natürlich zu gefährlichen
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Fiebern und Ausscheidungsprozessen führen, er fängt an furchtbar zu schwitzen und zu stinken, weil der Organismus mit aller Macht die Selbstgifte, nachdem einmal der Anstoss gegeben, auszutreiben sucht, und er kann diesen Prozess nur durch schleunige Rückkehr nach einem kälteren Klima mildern und so dem fast sicheren Tode entgehen. Für den richtigen Vegetarier bestehen diese Uebelstände gar nicht. Ihm fällt die höhere Temperatur keineswegs lästig, sie ist ihm im Gegenteil angenehm. Er schwitzt nicht, weil er nichts auszuscheiden hat, er bekommt also auch kein Fieber, keinen Hitzschlag oder sonstige Krankheit, er kann arbeiten, weil er sich wohl fühlt, er kann sich möglichst viel im Freien aufhalten und frische Luft Tag und Nacht gemessen, weil die höhere Temperatur ihn daran nicht hindert und kann dabei sehr massig leben, weil er nicht soviel Wärme abgiebt als in kälteren Klimaten. Wie unnatürlich der Aufenthalt in hohen Breiten ist, kann man sich so recht klar machen, wenn man das Leben der Völker im hohen Norden im Vergleich zum sonnigen Süden betrachtet, d. h. die Extreme gegenüber stellt. Wenn in Ostindien dasselbe Klima herrschte wie in Grönland, so würden dort statt 280 Millionen nur einige Tausend Menschen das elendeste Dasein führen; denn ist nicht das Leben des Eskimo das denkbar elendeste? Seine ganze Existenz geht ausschliesslich in der Gewinnung und im Aufzehren seiner tierischen Nahrung auf; so ein Eskimo frisst innerhalb 24 Stunden 10 Pfd. Fleisch oder Fisch, wenn er sie hat und trinkt mehrere Liter Thran. Trotzdem ist er ein kleiner, wenig muskelkräftiger Mensch, der kein hohes Alter erreicht und auch keine grosse geistige Fähigkeiten entfaltet. Er ist eine wahre Fressmaschine und nichts weiter. Ueberhaupt reizt das kalte Klima zum unmässigen Genuss schwerer Speisen und Getränke und in dem Grade, wie dieser Reiz steigt, nimmt die geistige Entwickelung und Thätigkeit des Menschen ab. In Russland werden beim Eintritt der strengen Kälte nicht blos die Fenster hermetisch verschlossen, sondern festgeschraubt, damit sie nur ja nicht geöffnet werden können und die einzig mögliche Ventilation erfolgt durch die Thür. Der russische Bauer schläft mit seiner gesamten Familie den ganzen Winter über auf seinem riesigen, Tag und Nacht geheizten Ofen; was für eine Luft in einem solchen Räume herrschen muss, kann sich der Leser wohl kaum vorstellen.
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Aber auch in unserem sog. gemässigten Klima sind die Verhältnisse im Winter ganz abnorme, trotz aller Hilfsmittel der Heizung, Ventilation usw. Was sind wir denn im Winter anders als Höhlenbewohner oder Troglodyten? Wochenlang bekommen wir weder Sonne noch Mond zu sehen, besonders in den grossen Städten (wahre Menschensümpfe), wo Hunderttausende in Hintergebäuden wohnen, in welche das Sonnenlicht nur im Sommer während einigen Stunden des Tages eindringt; nur gezwungen verlassen wir in der kalten Jahreszeit unser Zimmer, um so bald wie möglich ein anderes oder wieder unser eigenes zu betreten, wo wir überhaupt wie die Mäuse aus einem Loch in's andere sausen, um der Kälte zu entgehen, monatelang leiden wir an kalten Händen und Füssen, an Husten und Schnupfen, atmen wir die verdorbene Luft der schlecht ventilierten Räume, in denen wir fast alle Zeit verbringen müssen und fröhnen wir, durch die Kälte gereizt, dem übermässigen Genuss zu schwerer Speisen und Getränke. Und ein Klima, das solche. Zustände bedingt, nennt man ein gemässigtes! Haben da die Italiener nicht recht, wenn sie spottend sagen, wir hätten (in Deutschland) 9 Monate Winter und 3 Monate keinen Sommer? Wie sehr aber die Völker selbst die kleinsten klimatischen Unterschiede empfinden und ein schöneres Klima zu schätzen wissen, geht aus folgender launigen Schilderung des französischen Gelehrten Biot hervor: «In Italien betrachtet man das Klima Frankreichs als ein rauhes und strenges; wir Franzosen finden dagegen unser Land sehr schön, aber wir betrachten England als das Land der Nebel. In London beklagt man sich aber keineswegs über das Klima, spricht dagegen von Schottland als von einem Lande, das fast ohne allen Sonnenschein ist. Die Schotten finden diese Meinung sehr lächerlich, bedauern aber sehr die armen Bewohner der Schetlandsinseln. Diese ihrerseits behaupten, dass es bei ihnen viel weniger rauh sei als in Schottland, und bemitleiden die Bewohner Islands und der Far-Öer. Ich bin überzeugt,' dass die Isländer noch mit Verachtung auf Spitzbergen blicken.» - Das Drollige der Sache liegt aber, darin, dass alle diese Länder in klimatischer Beziehung; nichts taugen, denn selbst im nördlichen und mittleren Italien und Spanien friert man im Winter ganz gehörig. Ist doch in Valladolid (im nördl. Spanien) im verflossenen: Winter ein auf Posten stehender Soldat erfroren und hat, man in Parma oder Modena im Winter 1887 mehrere Tage lang eine Zeitung nicht erscheinen lassen können,: weil das Redaktionspersonal in den nicht heizbaren Räumen
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es nicht aushalten konnte. Warum macht sich der heitere Bewohner des schönen Andalusiens über seine eigenen, weniger begünstigten Brüder im mittleren und nördlichen Spanien lustig? Weil er eben die Vorteile seines schöneren Klimas zu wohl empfindet. Nun beruft sich der Nordländer auf sein gut erwärmtes und behagliches Zimmer, das ihn die Unannehmlichkeiten des Winters nicht empfinden lasse. Aber abgesehen von der Thatsache, dass nur wenige gut situierte Personen sich einer solchen fraglichen Behaglichkeit erfreuen können, dass vielmehr die grosse Mehrzahl der Menschen in zu wenig oder zu stark geheizten und dabei schlecht ventilierten Räumen den langen Winter über zubringen muss, so ist der Aufenthalt in jedem künstlich erwärmten geschlossenen Räume trotz Ventilation schädlich, weil in einem solchen nie eine Luft herzustellen ist, die auch nur entfernt mit der von der Sonne durchstrahlten warmen Luft der freien Atmosphäre in einem schönen Klima vergleichbar wäre. Man denke sich, dass mitten im Winter plötzlich draussen die Temperatur eines schönen warmen Sommertages herrsche; würde in solchem Falle nicht jeder, der irgendwie könnte, auch das behaglichste Zimmer schleunigst verlassen, um die herrliche Luft im Freien zu gemessen oder wenigstens Thüren und Fenster öffnen, um die erquickende Luft hereinströmen zu lassen ? Warum leben wir denn nicht in solchen Ländern, wo wir diese herrliche Luft Jahr aus, Jahr ein, Tag für Tag, kostenfrei gemessen können, anstatt als Höhlenbewohner drei Viertel unseres Lebens in unseren Wohnungen zuzubringen und schlechte Luft zu atmen? Warum strömt die Bevölkerung Berlins an schönen Sommertagen wie eine Meute losgelassener Jagdhunde nach den Bahnhöfen und Dampfschiffen? Doch nur, weil sie instinktiv fühlt, wie wohlthuend und erquickend der Aufenthalt im Freien ist, und darum mit Recht den einen freien Tag der Woche möglichst auszunutzen sucht. Mensch und Tier ziehen den Aufenthalt im Freien stets demjenigen in geschlossenen Bäumen vor, wenn die Temperatur im Freien angenehm ist. Warum machen wir uns also zu Gefängnisbewohnern dadurch, dass wir in kalten Gegenden leben? Nur der Gegensatz zwischen der rauhen kalten Aussenluft und der warmen Zimmerluft lässt im Winter den Aufenthalt im Zimmer behaglich erscheinen; es verhält sich damit ähnlich, wie mit einem Menschen, der von heftigen Schmerzen geplagt, erleichtert aufatmet, wenn die Schmerzen etwas nachlassen, trotzdem er noch immer Schmerzen empfindet.
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Wie ganz anders gestaltet sich dagegen der Aufenthalt in einem schönen, warmen oder auch heissen Lande, wo man nicht des wärmenden Ofens bedarf, wo man Tag für Tag allezeit im Freien, entweder im Schatten der Bäume oder in der Sonne zubringen kann. Man glaube nur ja nicht, man würde bald einer langen Reihe von schönen Tagen überdrüssig; der wahre Naturmensch empfindet die Schönheit und Annehmlichkeit der Natur immer, ja der Wilde thut dies. Auf den tropischen Inseln im grossen Ocean pflegen die Eingeborenen in mondhellen Nächten gar nicht zur Ruhe zu gehen; die herrliche, lauwarme Luft, die wohlriechenden Düfte der Blumen und Sträucher, die funkelnden Sterne, der hell leuchtende Mond und das Rauschen des Meeres wirken so entzückend und belebend auf den Menschen ein, dass er dem Zauber dieser wunderbaren Nächte sich nicht entziehen kann. Man wende ferner nicht ein, die Temperatur der Tropen wirke erschlaffend auf Körper und Geist, verhindere also die volle körperliche und geistige Entwickelung des Menschen. Bei streng vegetarischer Lebensweise ist gerade das Gegenteil der Fall. 8) Der Mensch fühlt sich bei dieser Lebensweise so leicht, so von allem Drucke befreit, dass er unwillkürlich zu körperlicher und geistiger Beschäftigung greift und an ihr Vergnügen findet. Man pflegt darauf hinzuweisen, dass die schöne Zeit des Frühlings uns für die Unannehmlichkeiten des Winters entschädige, und das herrliche Erwachen der Natur einen Reiz biete, den die tropische Natur zu keiner Jahreszeit gewähre, ja man hebt selbst die Freuden des Winters und die Schönheit einer Winterlandschaft hervor, wofür wir die durch die Kälte verursachten Leiden wohl in den Kauf nehmen könnten. Gewiss ist die Natur in ihrer Art immer und überall grossartig und schön und wer in ihr zu lesen versteht, wird sie zu jeder Jahreszeit und an jeglichem Orte reizend und belehrend finden, ja sie ist gerade in den nördlichsten und südlichsten Breiten, d. h. innerhalb des nördlichen und südlichen Polarkreises in vielen Beziehungen grossartiger und erhebender als in den Tropen. Eine so grossartige und eindrucksvolle Erscheinung wie z. B. das Nordlicht, gibt es in der Tropenwelt nicht und eine so
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Vor einiger Zeit brachten die Annalen der Hydrographie die Mitteilung, dass einige deutsche Marineoffiziere bei ihrem Aufenthalt in dem heissen Maskat (Arabien) beobachteten, wie Neger zu ihrem Vergnügen im glühenden Sonnenschein munter ruderten, während sie selbst, im Schatten einer Veranda ruhend, die Hitze kaum ertragen konnten.
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wunderbar klare und durchsichtige Luft, wie wir sie in sehr hohen nördlichen Breiten antreffen, findet man in heissen Ländern kaum. Ohne Zweifel ist die Aussicht von den höchsten Spitzen der Alpenkette eben so schön wie irgend etwas, was das Auge in einer Tropenlandschaft entzücken kann, und die Reize einer bewaldeten Gegend im Herbste, wenn die Blätter der verschiedenen Bäume vor dem gänzlichen Abfallen in allen möglichen Farbenschattirungen glänzen gleichsam als wollte die Natur sich noch im Tode schmücken, um stets ihre Schönheit zu entfalten, kann selbst der üppigste Tropenwald nicht überbieten. Aber wer wollte darum dauernd auf den Spitzen der Alpen leben oder in der Nähe des Nordpols, selbst wenn dies möglich wäre? Der Mensch thut doch offenbar besser, dort zu leben, wo er in der leichtesten und angenehmsten Weise sein Leben fristen kann, wo ihm die Natur, so zu sagen, überall entgegen kommt und ihm jede Mühe, die er ihr opfert, hundertfach vergilt. Ist es denn nicht vernünftiger, in den Tropen Bananen (Paradiesfeige, Musa paradisiaca) zu züchten, als in unseren Breiten Weizen, wenn erstere Pflanze auf gleichem Raume 133 mal mehr Nahrungsstoff liefert als letztere (eine einzige Bananenpflanze liefert über 2 Ctr. Früchte)? Und ist es nicht angenehmer in heissen Ländern in möglichst leichtem Gewande zu jeder Tages- und Jahreszeit umher gehen zu können, als bei uns monatelang in schweren Mänteln und dichten Pelzen wie ein Maulesel bepackt, aus einer Wohnung in die andere zu wandern und diese Kleidungsstücke wiederholt an- und abzulegen? Man sehe sich doch einmal so einen Berliner Droschkenkutscher im Winter an! Steckt derselbe nicht in einer solchen Kleidermasse, dass wenn er umfiele, er kaum imstande wäre, ohne Hilfe aufzustehen? Kann da von einer normalen Funktion der Haut die Rede sein, wenn blos Nase und Augen unbedeckt sind? Und was soll man dazu sagen, wenn ein armer obdachloser Teufel sich im Winter ein Loch in einem Pferdemisthaufen kratzt und dort wochenlang nachts schläft oder wenn bei einer Kälte von 12° bis 15° Menschen im Freien übernachten? (Ist in Berlin, beziehungsweise Umgegend wiederholt vorgekommen.) Was haben wir endlich von der schönen Zeit des Frühlings, wenn uns so oft kalte rauhe Tage an das Zimmer fesseln, und wir dieses noch im April und Mai heizen lassen müssen, um den Aufenthalt behaglich zu
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machen, wie z. B. in diesem Frühjahr, wo der Verfasser im April 19 mal und im Mai 6 mal einheizen liess, weil der Aufenthalt im Zimmer sonst gar zu unbehaglich gewesen wäre? Spricht es denn für die Schönheit und Annehmlichkeit unseres Klimas, wenn noch am 16. Juni d. Js. innerhalb der Stadt Brüssel die Temperatur auf 2 1/2 ° C. unter Null sank und Kartoffeln, Bohnen, Blumen usw. erfroren? Und wenn der Dichter sagt, man soll mit der Lerche aufstehen und jubelnd den heiteren Morgen begrüssen, sowie mit ihr zu Bette gehen, so darf man wohl fragen: wer möchte denn an einem trüben, nebeligen und kalten Wintermorgen jubelnd den Tag begrüssen? Dies kann doch nur jemand, der recta via, d. h. graden oder vielmehr krummen Weges besoffen aus dem Wirtshaus stolpert und mit heiserer Stimme den Tag ankrächzt. Gerade weil die Natur im Winter bei uns so trübselig darein schaut, sucht der Mensch sie nicht auf und glaubt die gehobene Stimmung, die ein heiterer, warmer Tag erzeugt, durch Bier und Schnaps zu gewinnen. Man wendet ferner ein, dass doch auch die Liebe zum angestammten Vaterlande ein Wort mitzureden nahe und dass das Heimweh den Satz bekräftige: man bleibe in seinem Lande und ernähre sich redlich. Im Grunde genommen beruht aber das Heimweh auf Charakterschwäche und die sogenannte Vaterlandsliebe auf Einbildung. Wer als Auswanderer in ein fremdes Land kommt, dessen Sprache er meistens nicht versteht, fühlt sich natürlich vereinsamt, besonders im Anfange, auch hat er in der Regel mit vielen Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Gegensatz lässt ihm nun seine frühere Heimat in günstigerem Lichte erscheinen, er sieht im Geiste die gemütliche Kneipe mit ihrem Bierdunst und dicken Tabaksqualm, worin er in Gesellschaft von Gevatter X und Y sich so behaglich fühlte, er denkt an die vielen frohen Stunden, die er im elterlichen Hause verlebt und nun wird es ihm wehe ums Herz, es stellt sich Heimweh ein. Es ist doch nirgends schöner als in der Heimat, sagt er sich, und nun kommt ihm auch der Begriff des Vaterlandes mehr oder weniger zum Bewusstsein. Aber merkwürdig, der gemütvolle Deutsche neigt zum Auswandern mehr als andere Völker und wenn die Vereinigten Staaten oder Brasilien in vollem Ernste jedem Auswanderer freie Ueberfahrt und eine Anzahl Morgen Land als wirkliches Eigentum anböten, so würden Hunderttausende von Deutschen sofort auswandern. Der Franzose dagegen wandert nicht aus oder wenn er es thut, so thut er es nur, wenn
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sich ihm im Auslande Gelegenheit bietet, rascher Geld zu verdienen, als in der Heimat, kehrt aber sofort nach derselben zurück, sobald er so viel zurückgelegt hat, um in bescheidener Weise von seiner Rente leben zu können. Es ist aber nicht Heimweh oder Liebe zum Vaterlande, die ihn zur Rückkehr bewegen, sondern der Umstand, dass er das Leben nirgend so schön, so interessant und angenehm findet, als in seinem Heimatlande. Schon die alten, praktischen Römer hatten das Sprichwort: ubi bene, ibi patria (wo es mir gut geht, da ist mein Vaterland), und doch war der römische Bürger stolzer auf sein Vaterland und seine Heimat, als irgend ein Bewohner eines anderen Landes. Es ist ferner als ein Grund, der besonders für den Aufenthalt in wärmeren Ländern spricht, darauf hinzuweisen, dass eine normale Hautthätigkeit nur bei leichter Bekleidung und entsprechend hoher Lufttemperatur möglich ist. Da aber eine flotte Hautthätigkeit die Grundbedingung des Wohlbefindens ist, so kann ohne sie nicht jene Elastizität des Körpers und Regsamkeit des Geistes sieh entwickeln, die den wahren Menschen ausmachen. Die niedrige Temperatur der kalten Klimate erschwert dagegen die normale Hautausdünstung, ja drängt sie oft ganz zurück; infolge dessen ist der Organismus gezwungen, die Versäumnis nachzuholen, sobald sich Gelegenheit dazu bietet, wie im Bette, wo die höhere Temperatur die Hautthätigkeit begünstigt, aber auch dadurch zu unangenehmen Schweissen führt, oder den Ausdünstungsprozess zu lokalisieren, was abnormes Schwitzen der Fasse, der Hände oder anderer Körperteile zur Folge hat.9) Das Leben kann eben seinen normalen Verlauf nur im Lichte der Sonne nehmen und bewahren. Man wird nun aber hier einzuwenden suchen, dass doch nicht alle Menschen in den tropischen und subtropischen Ländern leben können. Dieser Einwand ist geradezu lächerlich. Mehr als 10 Milliarden Menschen können dort leben, ohne sich im geringsten gegenseitig zu belästigen. Die jetzige Republik Brasilien umfasst einen Flächeninhalt von 8337200 Quadratkilometern (qkm). Angenommen, es lebten dort 200 Menschen auf einem qkm, wie dies in Belgien thatsächlich der Fall ist, so würde die Gesamtbevölkerung Brasiliens 1667 Millionen 9
Der normale Mensch schwitzt überhaupt nicht, selbst bei hoher Temperatur und grosser Anstrengung; bei ihm erfolgt die Perspiration in unsichtbarer und stetiger Weise, sie wird daher auch nie für ihn lästig.
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betragen, d. h. etwa 200 Millionen Menschen mehr, als überhaupt auf der ganzen Erde leben; mit anderen Worten, die gesamte heutige Menschheit könnte in Brasilien allein leben, wenn dasselbe so dicht bevölkert wäre, wie das heutige Belgien (wobei noch Raum für 200 Millionen übrig bliebe). Da nun ein qkm 100 Hektar umfasst, so kämen, wie eine leichte Rechnung ergiebt, bei solcher Bevölkerungszahl und gleichmässiger Verteilung des Bodens noch immer auf jeden Einwohner genau 1/2 Hektar, also auf eine Familie von 5 Personen 2 1/2 Hektar oder fast 10 preuss. Morgen Land. Nun bedenke man, was eine solche Familie auf 10 Morgen in einem Lande, wo man das ganze Jahr über säen und ernten kann, an Gemüsen, Obst und Früchten aller Art bei nur einigem Fleisse erzeugen könnte. Wahrlich, sie könnte im Ueberflusse an pflanzlichen Nahrungsmitteln jeder Art schwelgen, wenn sie täglich nur einige Stunden auf die Pflege der Bäume, der Gemüse usw. verwendete; dabei würde für die einzelnen Familienmitglieder Zeit in Hülle und Fülle übrig bleiben, um ein Handwerk zu betreiben, um Haus und Garten zu verschönern, schöne Künste zu pflegen, Gymnastik zu treiben, kurz, das Leben so schön wie nur möglich zu gestalten. Ja, die Erde könnte noch heute ein Paradies sein, wenn die Menschen nur ein wenig Verstand besässen, wenn sie dort lebten, wo sie hingehören und so lebten, wie ihre Natur es verlangt. Ein solches tropisches Land könnte eine einzige riesige Villenkolonie bilden, wo sich in geringem Abstände Villa an Villa reiht, jede umgeben von herrlichen Blumen-, Gemüse- und Obstgärten, wo man das ganze Jahr hindurch Tag für Tag im Freien sich aufhalten und nachts auf dem Dache des Hauses schlafen könnte, um die erquickende Luft der freien Atmosphäre stets einzuatmen. Es lässt sich die Schönheit des Lebens solcher gesunden, friedliebenden und glücklichen Menschen in einem schönen Klima kaum ausmalen. Damit ist nun keineswegs gesagt, dass alle Menschen in Brasilien leben müssten, das ganze übrige Südamerika bis zu der Breite von Buenos Ayres, ferner Central-Amerika, Mexiko, ganz Afrika von Kapstadt bis Algier, das südliche Asien, ganz Australien würden Raum bieten für viele Milliarden glücklicher Menschen. Natürlich würde die erste Ansiedelung in jenen Ländern zum Teil viele Schwierigkeiten verursachen und manchen Schweisstropfen kosten; aber haben unsere Vorfahren nicht noch grössere Schwierigkeiten zu überwinden gehabt, als sie das Waldrand Sumpfland des alten Germaniens in Acker- und
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Gartenland verwandelten und diesem wenig ergiebigen Boden, trotz vielfacher Hindernisse, wie schädlicher Nachtfröste oder kalter, regenreicher Sommer, bescheidene Ernten abzuringen suchten? Es liessen sich mit Leichtigkeit noch Dutzende von Gründen anführen, die alle darauf hinweisen, dass die wahre Heimat des Menschen in den tropischen und subtropischen Ländern zu suchen ist. Die angeführten mögen genügen, um den Leser zum Nachdenken anzuregen und ihm klar zu machen, wie thöricht der Mensch handelt, wenn er sich in kalten und rauhen Gegenden niederlässt. Er handelt im Grunde genommen, genau so wie jemand, der in einem Palast wohnen könnte und sich in einer elenden Hütte niederlässt. Im sonnigen Süden, nur dort ist unsere wahre Heimat zu suchen. Die Sonne ist es und nur sie allein, die alles pflanzliche und tierische Leben ermöglicht. Jede Handbewegung, die der Mensch macht, jeden Gedanken, den er denkt, verdankt er in letzter Instanz ausschliesslich der von der Sonne ausgehenden Kraft. Warum also in Ländern leben, wo die Sonne monatelang kaum zu sehen ist, wo sie nur 5-6 Monate ihre Kraft einigermassen entfalten und Früchte reifen kann, während sie in den Tropen ihre Kraft Tag für Tag entwickelt und zu jeder Zeit das ganze Jahr hindurch hundertfältige Früchte reift.*10) Nur die unglaubliche Dummheit und Verkehrtheit des Menschen bilden das einzige Hindernis seines wahren Glückes. Es kann allerdings nicht jeder ohne weiteres den Wanderstab ergreifen, um nach dem Süden zu wandern, denn die meisten Menschen sind durch zahlreiche Banden an ihre Heimat mehr oder weniger gefesselt; aber mit ernstem Wollen lässt sich viel erreichen, wie das englische Sprichwort besagt: wo ein Wille vorhanden, findet sich auch ein Weg (zur Ausführung des Willens). Wer aber auf die Anhänglichkeit ans Vaterland grösseres Gewicht zu legen geneigt ist, berücksichtige wohl, dass wir Deutschen sicher schon seit fast zwei Jahrtausenden in Italien, Spanien und Nordafrika sesshaft wären, wenn nicht Caesar und die 10
Wenn blos auf sämtlichen grösseren und kleineren Inseln innerhalb der Tropen der Anbau der Kokospalme (Cocos nucifera) und der Banane oder Paradiesfeige (Musa paradisiaca) systematisch betrieben würde, so könnte die gesamte heutige Menschheit von diesen Früchten leben. In Algier und Tunis bohren die Franzosen Hunderte von artesischen Brunnen, um den Anbau der Dattelpalme (Phönix dactylifera) zu ermöglichen und jetzt schon ist die Dattel in Deutschland billiger als unser einheimisches Obst. Wasser findet sich in genügender Tiefe selbst in der Sahara und es käme nur darauf an, das nicht allzu grosse Kapital zur Bohrung artesischer Brunnen in der Sahara aufzutreiben, um aus dieser ungeheuren Wüste einen Dattelpalmenwald und Gemüsegarten zu machen. Unser heutiger Ackerbau ist zehnmal mühsamer, als die Pflege solcher tropischen und subtropischen Fruchtbäume.
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späteren römischen Feldherren unsere Vorfahren an dem stetigen Vordringen nach dem Westen und Süden gehindert hätten und dass slavische Völkerschaften unser liebes Deutschland heute bewohnen würden. Also äussere Umstände, die ganz unabhängig von dem Willen unserer Vorfahren und gegen denselben sich geltend machten, haben das heutige Deutschland zu unserem Vaterlande gemacht, worin sonst die Russen hausen würden; dass wir also in Deutschland wohnen, beruht nicht auf freier Wahl dieses Landes, sondern auf äusseren Zwangsverhältnissen. Nachdem wir nun gezeigt, wo der Mensch wohnen soll, wollen wir dazu übergehen zu zeigen, welches seine wahre Nahrung ist.
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Die wahre Nahrung des Menschen Es wurde in den früheren Abschnitten mittels Gründen rein physiologischer Natur zu zeigen versucht, dass jede Nahrung tierischen Ursprungs für den Menschen ungeeignet und daher auszuschliessen sei; daraus ergiebt sich von selbst der Hinweis auf das Pflanzenreich als dasjenige Reich, aus dem wir unsere Nahrungsmittel ausschliesslich zu entnehmen haben. Da aber die Zahl der verschiedenen Pflanzen sehr gross ist und die Art ihrer Produkte sehr mannigfaltig, so ist unsere Frage noch enger zu fassen und zu ermitteln, welche Pflanzen, bezw. welche ihrer Produkte die zuträglichste Nahrung bilden. Der normale Geruchs- und Geschmackssinn, der allein diese Frage entscheiden kann, deutet nun vor allem auf die Baumfrüchte, die Beerenarten, besonders die herrlichen Weintrauben, sodann auf eine Anzahl wohlschmeckender und leicht verdaulicher Gemüsearten. Auf die verschiedenen Baumarten und Sträucher, deren Früchte und Beeren eine geeignete Nahrung für den Menschen bilden, hier näher einzugehen, erscheint völlig überflüssig, da sie allgemein bekannt sind; ihre Zahl geht in die Hunderte, womit schon bewiesen ist, wie reichlich Mutter Natur für den Menschen gesorgt hat, der nur der geringen Mühe sich zu unterziehen braucht, diese Bäume und Sträucher zu pflanzen und zu pflegen, soweit dies nicht schon die Natur selbst besorgt. Es ist ferner kaum nötig, darauf hinzuweisen, dass bei der grossen Zahl der geniessbaren Baumfrüchte und Beerenarten und bei der Verschiedenheit ihres Gehaltes an Eiweisskörpern, Fetten, Oelen, Zucker und Nährsalzen dem Menschen die Möglichkeit geboten ist, seinem Organismus alle Bestandteile in reichlichem Masse zuzuführen, die zu seiner körperlichen Ausbildung und Erhaltung nötig sind. Man braucht z. B. nur auf die verschiedenen Affenarten hinzuweisen, die ausschliesslich von Baumfrüchten leben und dabei eine unglaubliche Körperkraft und Gewandtheit besitzen. Was aber den Anbau von Gemüsen betrifft, so ist derselbe eigentlich überflüssig; es bleibt aber jedem unbenommen, Zeit und Mühe auf ihren Anbau zu verwenden, wenn ihm dies Freude macht. Noch überflüssiger, ja geradezu verwerflich ist der Anbau von Körnerfrüchten, wie Weizen, Mais, Reis usw. Abgesehen von der viel mühsameren Gewinnung dieser Körnerarten und der von ihnen beanspruchten unverhältnismässig grossen Bodenfläche spricht gegen den Genuss derselben als
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Nahrungsmittel Folgendes. Zunächst würde der Genuss dieser Körner in ihrem natürlichen Zustande einem Menschen, dem die herrlichsten und wohlschmeckendsten Obstarten, Nüsse und Beeren zu Gebote ständen, gewiss wenig verlockend erscheinen; es ist aber ferner nicht naturgemäss, diese Körnerarten durch Mahlen, Schroten in Mehl und Grütze zu verwandeln, weil bei diesem Prozess die Beimischung von Stein- und Metallstaub, also eine Verunreinigung mit Substanzen, die offenbar dem Menschen nicht zuträglich sind, unvermeidlich erscheint, ferner auch das Backen, Rösten, Kochen stets ebenfalls eine kleine unvermeidliche Verunreinigung bedingt. Von jedem aus irgend einer Substanz hergestellten Gefässe lösen sich in erhitztem Zustande kleine Teilchen ab, die auf das darin bereitete Nahrungsmittel übergehen und es mehr oder weniger verunreinigen. Dieser Uebelstand ist nicht zu vermeiden, wenn man gekochte Nahrungsmittel geniessen will. Wir sollen daher unsere Nahrungsmittel stets im frischen angekochten Zustande einnehmen und das können wir, wenn wir in warmen Ländern leben, wo wir es in der Hand haben, das ganze Jahr hindurch frisches Obst usw. uns zu verschaffen. In Brasilien z. B. erblickt man zu gleicher Zeit Weinreben, die in der Blüte stehen, daneben andere, die Trauben in den verschiedensten Stadien der Entwicklung tragen, dasselbe gilt von den Bananen und liesse sich auch bei den Obstarten durch passende Auswahl der Sorten durchführen, so dass man stets frische Baum- und Beerenfrüchte zur Verfügung hätte. Dieser Punkt ist von Wichtigkeit, wie man leicht einsieht, wenn man die Thatsache berücksichtigt, dass getrocknete oder gedörrte Früchte, wie Pflaumen, Feigen usw. nach längerer Zeit auf ihrer Oberfläche und zum Teil auch im Inneren von zahllosen Mikroorganismen pflanzlicher und tierischer Natur bedeckt sind, die nur durch Kochen unschädlich gemacht werden können. Alle Aufbewahrungsmethoden sind mit Uebelständen verknüpft; daher müssen wir dahin streben, unsere Nahrungsmittel möglichst in frischem reifem Zustande zu geniessen, in welchem sie auch am wohlschmeckendsten sind. Dieses Ziel können wir aber nur erreichen, wenn wir in Ländern leben, wo die klimatischen Verhältnisse das Reifen der Früchte zu jeder Jahreszeit gestatten. Dort lebend kann man auch die volle Reife abwarten, was sowohl inbezug auf die Gesundheit, als auf den Wohlgeschmack von grosser Wichtigkeit ist. Eine vollständig reife Weintraube z. B. bildet das herrlichste und zuträglichste Nahrungsmittel das überhaupt denkbar ist. Leider werden
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fast alle Baumfrüchte und Beeren zu früh gepflückt, teils um sie möglichst frühzeitig auf den Markt bringen zu können, teils um den Versand nach fernen Gegenden zu ermöglichen. Wir bekommen daher wirklich reifes Obst, reife Trauben nur selten zu kosten und doch macht vollständige Reife sie erst zum Genussmittel. Die Weintraube soll eigentlich nicht in Wein verwandelt, sondern als solche genossen werden, weil dies ihre wahre Bestimmung ist. Gegen die Verwendung der Körnerarten, wie Weizen, Mais, Reis usw. spricht aber ausser den oben angeführten Gründen äusserer Natur auch noch ihre chemische Zusammensetzung; es sind also physiologische Gründe, die sie gegenüber den leicht verdaulichen Baumfrüchten und Beeren als Nahrungsmittel zurückstehen lassen. Es ist dies kurz zu begründen. Die neuere Physiologie lehrt nach dem französischen Physiologen Claude Bernard, dass der durch die Verdauung des in der Nahrung enthaltenen Stärkemehls entstandene Zucker sich in der Leber anhäufe und dort, in Glykogen, d. h. in eine dem pflanzlichen Stärkemehl ähnliche Substanz, die man tierisches Stärkemehl nennen kann, umgewandelt werde (die Leber enthält zuweilen bis zu 15 pCt. Glykogen). Durch diastatische Fermente der Leber und des Blutes werde nun das Glykogen oder tierische Stärkemehl wieder in Zucker (Glykose oder Traubenzucker) zurückverwandelt und durch die Lebervene dem Herzen zugeführt. Demnach machte die Natur, die doch stets ihr Ziel auf dem geradesten Wege zu erreichen strebt, einen merkwürdigen Umweg, indem sie Glykose (Traubenzucker) in Glykogen und dann dieses wieder in Glykose verwandelte. Zu erklären erscheint dieses Verhalten nur dadurch, dass der durch die Verdauung gebildete Zucker nicht die richtige Zusammensetzung hat, weil er hauptsächlich aus pflanzlichem Stärkemehl gebildet ist oder weil er auch zum Teil aus den Eiweisskörpern und dem Fette der Nahrung stammt; letzteres erscheint möglich, da man auch bei carnivorischen Fischen Glykogen gefunden hat, obgleich ihre tierische Nahrung gar kein Stärkemehl und Zucker enthielt, wohl aber Eiweiss und Fett. Es ist daher auch denkbar, dass der aus dem pflanzlichen Stärkemehl und Zucker durch den aus dem Eiweiss oder Fett der Nahrung stammenden gewissermassen verunreinigt und daher die Natur genötigt ist, diesen unreinen Zucker zunächst in Glykogen und dann dieses in reinen
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Traubenzucker zu verwandeln. Darauf läuft auch die Behauptung des Physiologen Pavy hinaus, der diese Doppelfunktion der Leber als eine Leichenfunktion (kadaverische) bezeichnet. Vom Standpunkte des Vegetariers ist eben der Fleischesser als eine halbe Leiche zu betrachten und da alle betreffenden Untersuchungen nur an Fleischessern und Tieren gemacht wurden, nicht aber an einem nur von Baumfrüchten und Beeren lebenden Menschen, so lässt sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden, ob auch bei letzterem diese doppelte Verwandlung vorkommt oder nicht. Baumfrüchte enthalten im allgemeinen kein Stärkemehl in der Form, wie es in den Kartoffeln und den Getreidekörnern vorkommt, wohl aber mehr oder weniger Zucker (Dextrose oder Traubenzucker). So enthalten Datteln und Feigen (getrocknet) 65 pCt. Zucker. Durch den Genuss solcher zuckerreichen Früchte fällt also die beim Genuss des Stärkemehls notwendige Umwandlung desselben in Zucker zunächst weg und es fragt sich nur, ob der durch den Genuss süsser Früchte dem Magen direkt zugeführte Zucker nicht auch in direkterer Weise dem Blute zugeführt werden kann, ohne jene doppelte Umwandlung vorher durchzumachen. Es scheint dies sehr wohl möglich zu sein, da die Erfahrung lehrt, dass zuckerhaltige Säfte sehr rasch ins Blut übergehen. Dann sind aber die Baumfrüchte, die fast alle, zum Teil sogar sehr viel Zucker enthalten, den stärkemehlhaltigen Nahrungsmitteln vorzuziehen, indem sie eine geringere Verdauungsarbeit erfordern; denn es steht fest, dass zuckerreiche Früchte viel rascher und leichter verdaut werden, als die stärkemehlhaltigen Nahrungsmittel. Ebenso steht physiologisch fest, dass der Zucker die Quelle der Muskelkraft ist. Es ist nämlich durch eine grosse Zahl von Versuchen festgestellt, dass das Glykogen im arbeitenden Muskel in beträchtlicher Menge verschwindet, dagegen im ruhenden zunimmt; ebenso verschwindet der Zucker des Blutes, welches den arbeitenden Muskel durchströmt. Diesem lebhafteren Verbrennungsprozesse im thätigen Muskel entspricht nun auch in genauem Verhältnisse eine grössere Sauerstoffaufnahme und grössere Kohlensäureausscheidung, wie der französische Physiologe Chauveau am Kaumuskel des Pferdes, der während der Thätigkeit eine grosse Kraft entwickelt, nachgewiesen hat. Er stellte zunächst fest, dass die Blutmenge, welche den Muskel durchströmt, während der Arbeit desselben 2.5 bis 3 mal grösser ist als während der Ruhe; er zeigte dann, dass die Menge des aufgenommenen
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und oxydierten Sauerstoffs und der erzeugten Kohlensäure während der Arbeit 3.5 mal grösser war als während der Ruhe; zu gleicher Zeit war aber auch die Menge des Zuckers, die aus dem den Muskel durchströmenden Blute verschwand, im thätigen Zustande des Muskels 3.5 mal grösser als im vollkommenen Ruhezustände. Es fand also dasselbe Verhältnis statt zwischen dem Verluste des Blutes an Zucker und der Zunahme des Verbrennungsprozesses im thätigen Muskel. Ein arbeitender Muskel kann bis zu 4.8 mal mehr Blut und 20 mal mehr Sauerstoff aufnehmen als ein ruhender; zugleich giebt er im ersteren Falle 100 mal mehr Kohlensäure an das Venenblut ab, als im zweiten. Die ausgeschiedene Kohlensäure rührt nicht ausschliesslich von dem aus dem Blute verschwundenen Zucker, sondern zum Teil auch von dem im Muskel enthaltenen Glykogen her11). Aus allem diesem geht wieder klar hervor, in wie hohem Masse, besonders bei Arbeit, die Kohlehydrate gegenüber den Eiweisskörpern überwiegen müssen, und dass gerade die verschiedenen Zuckerarten die zuträglichsten Kohlehydrate bilden, die am leichtesten und schnellsten aufgenommen und verbrannt werden, also zur grössten Arbeitsleistung befähigen, ohne eine grosse Verdauungsarbeit zu erfordern. «In der That (sagt A. Gautier in seinem mehrfach zitierten Werke) kann man arbeiten ohne Fleisch zu essen, man kommt mit einer geringen Menge von Albuminoiden (Eiweisskörper) aus, folglich braucht auch die Menge des ausgeschiedenen Harnstoffs bei Arbeitsleistung nicht merklich zuzunehmen. Die Biene verzehrt fast nur Zucker und leistet eine relativ ungeheuer grosse Arbeit.» Schon die Thatsache, dass in der Sprache aller Völker das Wort süss gleichbedeutend ist mit angenehm, weist schlagend darauf hin, dass der süsse Geschmack einer Speise dem Menschen angenehm ist, und dass, wo dies nicht der Fall ist, ein abnormer Zustand herrschen muss. (Prof. Bunge.) Dieser abnorme Zustand findet sich hauptsächlich bei starken Fleischessern, Rauchern und Trinkern, deren Geschmack eben durch ihre verkehrte Lebensweise gänzlich verdorben ist.12) Wäre dies nicht der Fall, so wäre es auch nicht möglich, eine Reihe von 11
Siehe A. Gautier, Chimie biologique, S. 309. Dem Verfasser dieses war es schon früher sogar als Fleischesser ganz unbegreiflich, dass man während des Mittagsmahles Bier trinken könne, weil es ihm dann bitter wie Galle schmeckte, und seine Schwestern, die in einem Weinlande aufgewachsen, in ihrer Jugend nie Bier getrunken hatten, spuckten es als 16 bis 18jähr. Mädchen geradezu aus, als sie dasselbe zum erstenmale kosteten. 12
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Nahrungsmitteln wohlschmeckend zu finden, die durch ihren Geruch und Geschmack im höchsten Grade widerlich erscheinen müssen. Wir sehen daher auch, dass das weibliche Geschlecht weit mehr Gefallen an süssen Speisen findet, als das männliche, weil sein Geschmack weniger durch Fleisch-, Alkohol- und Tabakgenuss verdorben ist. Aus allen angeführten Gründen müssen wir also schliessen, dass die süssen zuckerhaltigen Früchte (in natürlichem Zustande) dem Menschen zuträglicher sind, als die stärkemehlhaltigen, und dass es daher nur naturgemäss ist, wenn wir solche Nahrungsmittel bevorzugen, die infolge ihres süssen Geschmackes und ihres feinen Aromas uns angenehm erscheinen. Man bezeichnet zwar das Brot als das nach jeder Richtung hin vorzüglichste und für unsere Gegenden angemessenste Nahrungsmittel (Lebensstab), während die südasiatischen Völker den Reis als das zuträglichste Nahrungsmittel betrachten; beide sind aber wesentlich stärkemehlhaltig und demgemäss ergibt sich ein Widerspruch mit unserer eben ausgesprochenen Behauptung. Wie die Verhältnisse einmal liegen, bilden in der That das Brot und der Reis für die betreffenden Völker ein notwendiges und ziemlich zweckentsprechendes Nahrungsmittel; aber damit ist noch lange nicht bewiesen, dass sie unter veränderten Verhältnissen unentbehrlich seien und nicht durch andere, noch zuträglichere zu ersetzen wären. Die Menschen haben sich durch ein Jahrtausende hindurch täglich zugeführtes Nahrungsmittel so an dasselbe gewöhnt, dass es ihnen in jeder Beziehung zuträglich erscheint. Man kennt ja die Macht der Gewohnheit. Der Raucher, der Trinker, der Opium- und Arsenikesser behaupten, dass sie beim Genuss dieser Stimulantia sich wohl befinden und sie gewöhnen sich thatsächlich durch jahrelang fortgesetzten Genuss dieser offenbar sehr schädlichen Reizmittel so an dieselben, dass sie sie nicht mehr entbehren können, ja wirklich krank werden, wenn sie ihnen plötzlich entzogen werden. Opiumesser haben schon Selbstmord begangen, weil sie sich kein Opium verschaffen konnten. Noch vor hundert Jahren gab es viele Menschen, denen die Kartoffel als ein widerliches Nahrungsmittel erschien und heute verzehren Millionen von Menschen dasselbe täglich mehreremale mit Genuss. Wir sehen also, dass der Geschmack durch Gewöhnung sich ändern kann und deshalb nicht durchaus massgebend ist. Daraus folgt aber, dass Brot, Reis und Kartoffeln nicht deshalb als vorzügliche
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Nahrungsmittel zu betrachten sind, weil viele Millionen Menschen sie täglich gemessen, sich wohl dabei befinden und Kraft entwickeln. Als die vorzüglichsten Nahrungsmittel müssen diejenigen betrachtet werden, die am leichtesten assimilirbar sind, die also die Verdauungsorgane am wenigsten anspannen und doch dabei alle zum Aufbau, bezw. zur Erhaltung des Körpers erforderlichen Bestandteile enthalten. Zu diesen gehören aber die Baumfrüchte. Es ist für den Menschen von höchstem Belang, mit der geringsten Anspannung seiner Verdauungsorgane auszukommen und doch dabei den Körper im Kraftzustande zu erhalten; denn jede Mehrleistung, die wir jenen Organen als unnötige innere Kraftleistung aufbürden, geht für die äussere Kraftleistung verloren. Wir müssen bei jeder solchen überflüssigen Mehrleistung dem Körper entweder mehr Ruhe gönnen, weil die erhöhte Verdauungsthätigkeit solche beansprucht oder durch grössere Herzthätigkeit den Organismus zur Kraftleistunganspornen, wenn wir die durch die schwierigere Verdauung auferlegte Ruhezeit abkürzen und jene Kraftleistung erzwingen wollen. In jedem Falle findet aber ein Verlust an Zeit oder Kraft statt, daneben auch noch eine Schwächung des Organismus, die wieder eine Verkürzung der Lebensdauer bedingt. Wir finden daher auch, dass nach jeder Aufnahme schwer verdaulicher tierischer oder pflanzlicher Nahrung sich ein unabweisbares Bedürfnis nach geistiger und körperlicher Ruhe einstellt, was die unausbleibliche Folge der hohen Anspannung der Verdauungsorgane ist. Der menschliche Organismus ist von Natur aus so vollkommen, dass auch selbst die geringste Beschwerde, die leichteste Krankheit ausgeschlossen ist, wenn der Mensch vollständig naturgemäss lebt. Hierbei spielt aber eine naturgemässe Ernährung gewiss eine Hauptrolle und wir wollen hier gerade untersuchen, wie denn diese naturgemässe Ernährung beschaffen sein muss. Aus den vorstehenden Betrachtungen folgt aber, dass jener ideale vollkommene Ernährungszustand nur bei ausschliesslichem Genuss der zahlreichen Baumfrüchte und Beerenarten erreichbar ist, weil diese Nahrungsmittel von Natur aus für den Menschen bestimmt und seine Verdauungsorgane entsprechend organisiert, sozusagen denselben angepasst sind. Durch jede Abweichung von dieser naturgemässen Ernährung bürden wir den Verdauungsorganen eine Mehrarbeit auf, die wir vermeiden sollen und können. Und diese Mehrarbeit ist bei den meist sehr schweren und kompakten Speisen der Nordländer eine ganz
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beträchtliche, die den Magen und Darm frühzeitig schwächt und die Lebensdauer wesentlich kürzt. In vegetarischen Kreisen herrscht durchgängig der Glauben, dass wir durch die sogenannten kräftigen Nahrungsmittel aus dem Pflanzenreiche, wie das Schrotbrot, die Leguminosen usw. uns für den wegfallenden Fleischgenuss schadlos halten müssen. Allerdings ist es für die Uebergangszeit gewiss ratsam, von der eiweissreichen Fleischkost nicht plötzlich zu einer wesentlich, ärmeren Pflanzenkost überzugehen, da die Natur keine plötzlichen Uebergänge liebt; wir müssen uns aber im allmähligen Uebergange und soweit es uns die Verhältnisse, in denen wir leben, gestatten, jenem oben angegebenen idealen Zustande zu nähern suchen, wenn wir logisch richtig denken und die äussersten Konsequenzen unserer vegetarischen Prinzipien ziehen wollen. Leider beherrscht die durch Moleschott, Liebig und die ihnen nachfolgenden Physiologen aufgekommene Theorie von der Notwendigkeit einer eiweissreichen Nahrung noch sehr die Geister und erschwert die langjährige Gewöhnung an eine solche kompakte Nahrung den Uebergang zu einer leichteren und gesunderen derart, dass man sich nicht wundern darf, wenn in vegetarischen Kreisen noch vielfach gegen die richtigen Grundsätze einer naturgemässen Ernährung gefehlt wird. Dazu kommt noch die Unmöglichkeit für die Bewohner unserer Gegenden, sich die wünschenswerten herrlichen Früchte der wärmeren Erdstriche in frischem Zustande zu verschaffen; denn selbst der reiche unabhängige Mann kann sich hier nicht täglich Kokosnüsse, Bananen, Datteln, Feigen, Trauben usw. in frischem Zustande verschaffen. Dies wird nur möglich sein, wenn wir dort leben, wo wir hingehören und die entsprechenden Fruchtbäume anbauen. Doch können wir uns einem höheren Grade der naturgemässen Ernährung in unseren Gegenden immerhin schon beträchtlich nähern, wenn auch zum Teil nur unter Aufwendung grösserer Geldmittel. Es ist hier der Ort, noch auf einen Punkt aufmerksam zu machen, der von Belang ist. Das feine Aroma irgend einer Frucht spielt bei der Ernährung eine viel grössere Rolle, als die meisten Menschen ahnen; in ihm liegt eine ausserordentlich belebende und kräftige Wirkung. Schon die Blüte der meisten Pflanzen erzeugt diese Wirkung; Der Gang durch einen Weinberg, in welchem die Weinreben blühen, ist ein Hochgenuss und der Wohlgeruch eines feinen Apfels, einer Apfelsine, überhaupt
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jeder in der Sonne vollkommen gereiften Frucht ist bekannt; daher werden auch nur diejenigen Früchte am zuträglichsten sein, die ihre vollkommene Reife in der Sonne erlangen, indem sie auf Bäumen und Sträuchern wachsend, stets dem Sonnenlichte ausgesetzt sind. Demnach müssen alle im Erdboden sich ausbildenden Knollengewächse und Wurzeln gegenüber den Baumfrüchten zurückstellen, weil sie fast nie das den letzteren eigene, hochfeine und belebende Aroma besitzen. Auch dieser Punkt weist vorzugsweise auf die Baumfrüchte als die geeignetsten Nahrungsmittel hin, denn es ist klar, dass die durch den köstlichsten Geruch und den feinsten Geschmack uns anlockenden Früchte auch die angenehmsten und gesundesten sein müssen. Offenbar hat uns die Natur den Geruchs- und Geschmackssinn zu dem Zwecke verliehen, uns als Führer zu dienen bei der Wahl unserer Nahrung und zugleich als Wächter, der uns vor allem warnen soll, was schädlich auf uns einwirken kann. Alle schädlichen und giftigen Gewächse und Früchte sind an ihrem unangenehmen, schlechten Geruch für den normalen Geruchssinn sofort als solche erkennbar und daher zu meiden. Nur durch den Geruch schützen sich die wilden Tiere vor giftigen Nahrungsmitteln, ihnen steht kein Reichsgesundheitsamt zur Seite, um sie vor schädlichen Pflanzen usw. zu warnen, ebensowenig wie den ersten auf der Erde auftretenden Menschen, die ebenfalls ausschliesslich ihre Nase als Gesundheitswächter zu Rate ziehen mussten.13) Leider sind durch eine Jahrhunderte hindurch fortgesetzte, gänzlich verkehrte Lebensweise die genannten beiden wichtigen Sinne so entartet und abgestumpft, dass sie jetzt nicht mehr entfernt imstande sind, ihren Zweck zu erfüllen.
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Was diese aber leistet, beweist folgende interessante Notiz. Der Naturforscher Levaillant führte auf seinen Entdeckungsreisen in Südafrika stets einen Affen mit sich, welcher bei ihm einen sehr wichtigen Posten auszufüllen hatte. So oft man nämlich in fremde Gegenden kam und Früchte oder Wurzeln fand, welche der Naturforscher oder seine ihn begleitenden Hottentotten nicht kannten, wurden diese allemal dem Affen zur Prüfung vorgelegt. Wenn der Affe sie gern frass, so wusste man, dass sie wohlschmeckend und gesund waren; warf der Affe sie aber weg, so war man sicher, dass sie unangenehm und schädlich waren. (Aus dem interessanten Werkchen des Dr. Rich. Nagel: Das Fleischessen vor dem Richterstuhle des Instinkts, des Gewissens usw). Hätte der gelehrte Forscher eine so feine Nase gehabt, wie sein Affe, so hätte er ebenso gut wie dieser gerochen, welche Früchte zuträglich seien oder nicht. Leistete so ein Affe nicht mehr, in wenigen Sekunden, als alle Reichsgesundheitsämter der Erde in vielen Wochen, die nicht herausfinden können, ob Saccharin schädlich ist oder nicht, während jede Biene, jeder Hund diese Frage sofort entscheidet!
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Die hohe Bedeutung der feinen Duftstoffe der Früchte als belebendes Moment für Körper und Geist macht es auch erklärlich, warum der einseitige und fast ausschliessliche Genuss eines Nahrungsmittels, wie Brot oder Reis auf die Dauer etwas lähmend wirken muss. Der Mensch, das Tier und selbst die Pflanze lieben vor allem Abwechselung. Es ist dies ein Fundamentalgesetz. Darum begehen die südasiatischen Völker einen Fehler, indem sie in zu auschliesslicher Weise von Reis leben. Diesem an und für sich guten Nahrungsmittel fehlt das belebende Aroma, das wir in so hohem Masse bei den Baumfrüchten finden; die Indier suchen daher diesen Mangel durch Hinzufügen von scharfen, aufregenden und erhitzenden Gewürzen, die in Indien massenhaft vorkommen, zu beseitigen, verursachen aber dadurch ein noch viel grösseres Uebel. Bei manchen Indiern ist infolge des ausschliesslichen, massenhaften Reisgenusses der Bauch aufgetrieben und rund wie ein Nadelkissen. Aehnliches gilt von den Chinesen, die als Reisesser ebenfalls eines Reizmittels bedürfen und daher zu dem. schädlichen Opium, zum Thee usw. greifen. Würden diese annähernd vegetarisch lebenden Völker (vollständig naturgemäss lebende Völker giebt es heute gar nicht) mehr Baumfrüchte geniessen, so brauchten sie nicht zu den schädlichen Gewürzen und sonstigen Reizmitteln zu greifen. Es geht ihnen ähnlich, wie den Fleischessern; diese suchen instinktiv die während der Verdauung sich entwickelnden Leichendüfte (Verdauungsfieber) durch den Genuss von starkem Kaffee, Alkohol, Tabak usw. zu verdecken, bezw. die Lähmungswirkung dieser fauligen Düfte durch die genannten aufregenden Genussmittel zu paralysieren. Sie verfahren genau so thöricht, wie derjenige, der die schlechte Luft eines Zimmers durch wohlriechende Essenzen zu verbessern sucht, was ihm besser gelänge, wenn er das Zimmer ordentlich zu lüften suchte. Aus gleichem Grunde ist auch der vorwiegende Genuss von Brot zu verwerfen, weil der Körper zu ausschliesslich von dem Brotdufte durchtränkt wird, was dem Gesetz der Abwechselung widerspricht. Einseitig, wie die Nahrung, die ein solcher Mensch geniesst, ist auch sein Körper und Geist; deshalb greift er instinktiv zu Reizmitteln, um dieses lähmende Gefühl zu bekämpfen und zu beseitigen. Diesen Uebelstand kennt der echte Vegetarier gar nicht, weil er in den verschiedensten Baumfrüchten, Beeren und feinen Gemüsen die belebenden, das Nervensystem anregenden aber nicht hinterdrein lähmenden Düfte mitgeniesst. Die Sonne hat in diesen Düften ihre
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belebende Kraft konzentriert, und wer durch den Genuss der Träger dieser Düfte diese sich einverleibt, erfreut sich jener Nervenkraft und Energie, die erst den wahren Menschen ausmachen. Gegen den überwiegenden Anbau von Getreidekörnern, als Nahrungsmittel, wie er jetzt in den meisten Ländern betrieben wird, spricht aber noch, vom praktischen Standpunkte betrachtet, folgender Umstand in hohem Masse. A. v. Humboldt sagte bekanntlich: «Eine Strecke Landes, welche wie in Europa mit Weizen bebaut, zehn Personen ernähren und, durch seine Produktion in Tierfleisch verwandelt, kaum mehr als einem Menschen die Existenz gewähren würde, vermag in Mexiko mit Bananen bepflanzt, wohl 250 Menschen zu unterhalten.» Also eine Bodenfläche, die mit geeigneten Fruchtbäumen bepflanzt ist, kann 25 mal mehr Menschen ernähren,14) als eine gleich grosse Fläche, die mit Weizen bebaut ist. Mit diesem einen Satze ist dem Körnerbau schon das Urteil gesprochen. Daneben sind aber noch drei Punkte, die gegen denselben sprechen, besonders hervorzuheben: 1) dass derselbe gegenüber dem Obstbau geradezu ein Raubbau zu nennen ist, weil er den Boden sehr rasch erschöpft und daher viel Dünger erfordert; 2) dass derselbe 10, ja 20 mal mehr Arbeit verursacht als der Obstbau, ganz abgesehen, davon, dass die mit der Gewinnung des Getreides verknüpfte eine viel ungesundere ist, als die zur Aufzucht und Pflege der Fruchtbäume notwendige Arbeit; 3) dass derselbe, auch abgesehen von der Mehrarbeit, weit kostspieliger ist als der Obstbau. Zu den Punkten 2 und 3 ist noch Folgendes zu bemerken. Schon allein das Dreschen und Reinigen des Getreides, besonders wenn es, wie es meistens der Fall ist, in der Scheune vorgenommen wird, ist eine schwere und ungesunde Arbeit, da z. B. beim Reinigen (von der Spreu) die Arbeiter oft in eine Staubwolke gehüllt sind, die es unmöglich macht, 3 Schritte weit zu sehen. Die meisten Menschen haben überhaupt kaum eine richtige Vorstellung von der Summe von Arbeit, die ein Sack Mehl repräsentiert. Ferner ist auch die Beschäftigung des Müllers eine ungesunde. Was speciell den Reis betrifft, der über 750 14
In der That kann die Banane auf gleicher Fläche sogar 133 mal mehr Nahrangsstoff liefern als Weizen; ebenso liefert die Dattel 12 mal mehr Nahrungsmenge als Roggen.
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Millionen Menschen zur mehr oder minder ausschliesslichen Nahrung dient, so ist dessen Gewinnung auch eine recht mühsame, da sein Anbau Bewässerung erfordert, die noch dazu nachteilig auf die Gesundheit der Arbeiter und Anwohner wirkt. Wie angenehm und leicht ist dagegen die Obst- und Beerenzucht! Wie rasch ist ein junger Baum gepflanzt und wie wenig Arbeit verursacht seine fernere Pflege. Ist er aber einmal gepflanzt und sorgt man in passender Zeit für die geeignete Düngung desselben, so kann er bei richtiger sonstiger Pflege, je nach der Art des Baumes, 100 Jahre und darüber regelmässig Früchte tragen. Man kann selbst in unserem rauheren Klima einen Baum zwingen, regelmässig jedes Jahr Früchte zu tragen, wofern man nur durch geeignete Düngung (und diese ist gar nicht kostspielig) denselben in genügendem Kraftzustande erhält, so dass er schädliche Einflüsse wie Frost und Raupenfrass mit Leichtigkeit überwinden kann. Von der Richtigkeit dieser Behauptung hat sich der Verfasser schon in seiner Jugend wiederholt praktisch überzeugt und er sieht oft mit Bedauern, wie wenig Früchte viele Besitzer von Obstbäumen infolge mangelhafter Pflege und Düngung erzielen. Die Natur ist so ausserordentlich dankbar, wenn man sie nur ein wenig unterstützt. Inbetreff des Punktes 3 kommt ferner noch in betracht, dass der Obstbau nur ein Minimum von wenig kostspieligen Gerätschaften erfordert, während dagegen der Getreidebau in dieser Hinsicht viel grössere Anforderungen stellt. Er erfordert zunächst tierische Zugkraft oder grosse menschliche Arbeitskraft zum Bebauen des Bodens mit dem Pflug, der Egge usw., bezw. mit dem Karste, der Hacke, ferner Instrumente zum Mähen des Getreides, zum Einbringen in die Scheune und endlich zum Mahlen desselben. Welches ungeheure Kapital stellen allein die hierzu erforderlichen Gerätschaften, Maschinen, Mühlen, Gebäulichkeiten usw. dar, welche Kosten verursacht die notwendige tierische Zugkraft und wie viele Millionen Tiere müssen in mühsamer Weise gezüchtet und ernährt werden, hauptsächlich wegen der beim Getreidebau erforderlichen grossen Düngermenge! Grenzt es nicht an Wahnsinn, wenn die Menschen seit Jahrtausenden sich im Schweisse ihres Angesichts abmühen, Nahrungsmittel zu gewinnen, die sich durch andere gesundere und viel leichter zu gewinnende ersetzen lassen? Da suchen sie sich denn mit dem Satze: «im Schweisse deines Angesichts sollst du dein Brot essen», über ihre Dummheit zu trösten. Das ist aber wahrlich ein schwacher Trost und selbst dieser Trost ist im Grunde
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ganz hinfällig, weil der fragliche Satz gar nicht richtig ist und nur für diejenigen gilt, die eben unnötiger Weise selbst sich eine mühsame Existenz auferlegen. Diesem Satz muss der ungleich tröstlichere gegenüber gestellt werden: Die Erde könnte heute noch ein Paradies sein, wenn die Menschen dort lebten, wo sie hingehören und so lebten, wie ihre Natur es verlangt. Hiermit dürfte die Aufgabe, die wir uns eingangs gestellt hatten, die physiologische Seite der Ernährungsfrage zu erörtern, erledigt sein. Das Wesentliche derselben bestand darin, die Unhaltbarkeit des verhängnisvollen Satzes von der Notwendigkeit des hohen Eiweissgehaltes der menschlichen Nahrung nach jeder Richtung hin zu erweisen. Was die übrigen Betrachtungen und Schlussfolgerungen betrifft, so sei nochmals daran erinnert, dass sie vorzugsweise bezweckten, zu zeigen, worin der vollkommene Vegetarismus bestehe und wie, bezw. wo er durchführbar sei. Dass das vegetarische Ideal aber heutzutage kaum durchzuführen ist, weiss der Verfasser sehr wohl; aber das durfte ihn nicht abhalten, dieses Ideal aufzustellen und zum Erreichen desselben zu ermuntern. Das Endergebnis aller unserer Betrachtungen lässt sich nunmehr in die folgenden Sätze zusammenfassen: Der Mensch soll nur von den Früchten der Bäume, von Beeren und allenfalls noch von den leicht verdaulichen, in rohem Zustande geniessbaren Gemüsen leben; er soll keine gekochten, gebratenen, gedörrten, überhaupt keine künstlich zubereiteten Speisen gemessen, ebenso kein gegohrenes Getränk; er geniesse vielmehr die Früchte im frischen, vollkommen reifen, von der Sonne durchglühten Zustande und lebe daher in den tropischen und subtropischen Gegenden. Darin besteht der vollkommene Vegetarismus, soweit die Ernährungsfrage in Betracht kommt, darin das Ideal, das wir zu erreichen streben sollen. Alles übrige regelt sich dann ganz von selbst.
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Ueber die Schwierigkeiten und Hindernisse, die sich der Ein- und Durchführung des Vegetarismus entgegenstellen Wenn ein Mensch den Genuss eines wichtigen Nahrungsmittels, das jahrelang gewissermassen die Grundlage seiner Ernährung bildete, plötzlich vollständig einstellt, so treten unausweichlich Entwöhnungserscheinungen in mehr oder weniger akuter Form auf, die von dem Grade der Gewöhnung an dieses Nahrungsmittel abhängig sind. Bei der Gewöhnung an irgend ein Nahrungs- oder Genussmittel handelt es sich stets um das Zurückbleiben eines stetig zunehmenden Stoffrestes, der sich in einem latenten, d. h. physiologisch nicht oder nur wenig wirksamen Zustande im Körpergewebe ablagert. Der Entwöhnungsprozess dagegen beruht darauf, «dass bei mangelndem Nachschub dieser Stoffrest frei wird, d. h. in den physiologisch wirksamen Zustand bald allmählicher, bald plötzlicher übergeht, und dass er dann, bei genügender Menge, die Wirkung der giftigen Dosis hervorbringt: Schmerzen, Krämpfe, Lähmungen». (G. Jäger.15) Nun kann der Akt der Entspeicherung des fraglichen Stoffes, d. h. seine Loslösung von dem Molekül der gewebebildenden Stoffe nicht vor sich gehen, ohne Reizerscheinungen an dem betreffenden Organ oder Gewebe, in dem sich jener Stoff abgelagert hatte, hervorzurufen. Infolge dessen treten nun Schmerzen oder unangenehme Empfindungen auf, die bald örtlich beschränkt, bald ausgebreiteter Natur sind, sodann Lähmungserscheinungen, wodurch der Betroffene sich müde, matt und angegriffen fühlt. Eine weitere Folge dieses Zustandes ist eine mehr oder weniger starke Abmagerung, zu welcher zwei Faktoren beitragen: in der Kegel verminderte Esslust und Steigerung der Stoffausscheidung. Nun ist das Bild eines Menschen, der längere Zeit eine schlechte Gewohnheit angenommen hat, einfach das eines chronisch Kranken; stellt derselbe die schlechte Gewohnheit ein, so entwickelt sich das eben kurz entworfene Bild des Entwöhnungsvorganges, das in einer mehr oder weniger akuten Erkrankung besteht. Wenn also beispielsweise ein Mensch sich dauernd in schlechter Luft aufgehalten 15
Diejenigen Leser, welche die äusserst wichtige Frage der Entwöhnung eingehender studieren wollen, verweisen wir auf das Kapitel «Entwöhnung» in dem sehr lesenswerten und inhaltreichen Buche Prof. Dr. G. Jäger's: «Stoffwirkung in Lebewesen», Leipzig, E. Günther's Verlag, 1892.
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hat, dann diese schlechte Luft verlässt und sich in gute Luft begiebt, so werden infolge des Entwöhnungsgesetzes die in ihm aufgespeicherten Luftgiftreste ausgeschieden, aber diese Ausscheidung vollzieht sich stets in der Form eines Erkältungsfiebers, als fieberlose Diarrhöe oder in irgend einer anderen Form gesundheitlicher Störung, die dann allmählich in Besserung übergeht. Hat demnach ein Individuum durch eine langjährige schlechte Gewohnheit sich ein chronisches, mit Verweichlichung verbundenes Leiden und eine Disposition zur Erkrankung zugezogen, so wird bei Einstellung der schlechten Gewohnheit der Erfolg des Entwöhnungsvorganges in der Beseitigung dieses Leidens und dieser Disposition bestehen, jedoch kann die Entspeicherung der durch die schlechte Gewohnheit im Körpergewebe abgelagerten Giftstoffe nicht erfolgen, ohne dass dieses eine Periode der Zerrüttung, des Zerfalls durchmacht. Dieser Gewebszerfall erklärt auch die Abmagerung und die Steigerung der Stoffausscheidung. Natürlich ist mit dieser Gewebszerrüttung eine Erschlaffung, Abnahme der Kräfte, der körperlichen und geistigen Energie, kurz ein krankhafter Zustand verknüpft, der nur ganz allmählich auf dem Wege der Ernährung und der dadurch bedingten Neubildung des Gewebes in den Zustand der Gesundheit übergehen kann. Wenden wir nun diese allgemeinen Sätze über den Entwöhnungsvorgang auf den speziellen Fall eines Menschen an, der als langjähriger Fleischesser zur vegetarischen Lebensweise übergeht, also den Vorgang der Entwöhnung von dem Genüsse tierischen Fleisches und Fettes durchmachen muss. Vom vegetarischen Standpunkte betrachtet, ist ein solcher Mensch, ganz abgesehen von erblicher Belastung, mit einer grossen Menge von Selbstgiften, (hauptsächlich stickstoffhaltige Verbindungen, Fieberstoffe) behaftet; stellt derselbe nun den Genuss tierischer Nahrung ein, so beginnt sofort die Entspeicherung der Zersetzungsprodukte des Fleisches mit allen vorhin kurz angedeuteten Begleiterscheinungen. Da es sich aber in diesem Falle um die Entwöhnung von einem Nahrungsmittel handelt, das als solches eine sehr eingreifende oder vielmehr sehr schädliche Rolle spielte, so werden diese Begleiterscheinungen auch in intensiverer Form auftreten und es ist nötig, auf sie etwas näher einzugehen.
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Zunächst ist hervorzuheben, dass durch die Einstellung des Fleischgenusses der Magen in eine eigentümliche Lage gerät. Er hatte sich an die Verdauung des Fleisches gewöhnt, sich gewissermassen mit der ihm aufgenötigten Arbeit zurecht gefunden und darnach eingerichtet; jetzt hört diese Arbeit auf und er muss sich an eine andere Art der Arbeit gewöhnen, die um so verschiedener von der früheren ist, je vollständiger das betreffende Individuum zur reinen Pflanzenkost übergeht. Dasselbe gilt von dem übrigen Teile des Verdauungskanals. Die nächste Folge ist, dass der ganze Verdauungsapparat schlecht arbeitet und zwar um so schlechter, je älter der zur Pflanzenkost Uebergehende ist und je mehr Fleisch er früher genossen hat. Fleisch wird der Hauptsache nach schon im Magen verdaut, wodurch der übrige Teil des Verdauungsapparates mehr oder weniger ausser Funktion gesetzt wird, also nicht kräftig arbeitet; zudem haben die zahlreichen Zersetzungsprodukte des Fleisches den ganzen Kanal derart verunreinigt oder vielmehr versaut, dass er überhaupt nur mehr unvollständig arbeiten kann. Die natürliche Folge dieses Zustandes ist nun eine Abnahme des Verdauungsvermögens mit dem Beginn der neuen Lebensweise; diese Abnahme bedingt aber weiter eine verminderte Blutbildung, also auch eine schwächere Ernährung des gesammten Körpers. Dazu kommt nun noch eine relative Abnahme der Zahl der Blutkörperchen, also eine schwächere Oxydation und damit ein Sinken der Gesammtenergie des Organismus. Da nämlich das Fleisch als ein eiweissreiches Nahrungsmittel wegfällt und zugleich das Verdaungsvermögen abnimmt, also neben einer weniger kompakten, blutbildenden Nahrung auch noch eine schlechtere Resorption dieser eiweissärmeren Nahrung in demselben Sinne wirkt, so muss das neue Blut dünner, ärmer an Blutkörperchen werden, was also den Oxydationsvorgang im Blute und in den Geweben herabsetzt. Zugleich wird auch das Herz schwächer und langsamer schlagen, das Blut also langsamer zirkulieren; dies bedingt wieder eine Abnahme der Körperwärme, besonders in den Extremitäten, den Händen und Füssen, ferner eine blasse Haut- und Gesichtsfarbe. Zu allem diesem kommt schliesslich noch die langsame Auflösung oder der Zerfall des Körpergewebes. Man sieht also leicht ein, mit welchen Schwierigkeiten der Körper während dieser Zeit des Ueberganges, die jahrelang dauern kann, zu kämpfen hat.
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Zwar stellt sich bei manchem Vegetarier gleich im Beginne seiner veränderten Lebensweise eine Besserung seines Befindens ein, besonders wenn er an einer Krankheit litt, die durch die Zersetzungsprodukte des Fleisches wesentlich verschlimmert wird (wie z.B. Krebs, Lungenschwindsucht); diese Besserung ist aber im Grunde nur ein vermindertes Leiden, dagegen noch lange keine völlige Gesundheit; diese wird von, einem Menschen, der als Erwachsener zum Vegetarismus übergeht, überhaupt nie völlig erreicht, was aber keineswegs ausschliesst, dass derselbe sich relativ sehr wohl, fühlt und ein hohes Alter erlangt. Nach mehr oder minder kurzer Zeit hat der Zerfall des Gewebes, besonders desjenigen, in welchem sich die meisten Giftstoffe abgelagert hatten, solche Fortschritte gemacht, dass der Organismus mit dem Ausscheiden dieser Gewebsteile beginnen muss; es treten jetzt die Ausscheidungskrisen ein in Form von Geschwüren, Ausschlägen, Schweissen, Durchfällen usw. Obgleich nun diese Krisen gerade ein sicheres Zeichen sind, dass der Körper zu reagieren beginnt, dass er sich seiner Gifte entledigen will und dazu die Kraft besitzt, so werden dieselben doch von dem Anfänger und noch mehr von dem Nichtvegetarier in vollständig irrtümlicher Weise als bedenkliche Symptome aufgefasst, die vor der weiteren Durchführung der vegetarischen Lebensweise warnen sollen. Diese Krisen müssen im Gegenteil auftreten, wenn der Vegetarier durch seine veränderte Lebensweise etwas gewinnen will. Betrachten wir beispielsweise den Magen und Darmkanal. Beide sind infolge der früheren naturwidrigen Lebensweise stark verunreinigt, funktionieren also nicht normal. Durch die vegetarische Lebensweise tritt nun eine Veränderung ein, der Stuhlgang wird zunächst regelmässiger, normaler. Aber diese Besserung ist nur eine scheinbare. Plötzlich und ohne besondere äussere Veranlassung tritt ein akuter Durchfall ein, der tage-, ja wochenlang anhält; es werden unglaubliche Kotmassen, selbst Blut ausgeschieden, grosse Schleimhautfetzen gehen ab, die Kräfte gehen bedeutend zurück, der Appetit ist vermindert und der Betreffende bietet das Bild eines elenden, heruntergekommenen Menschen. Diesem Durchfall durch irgend ein medizinisches Mittel, wie Opium, Tannin, Einhalt zu thun, würde aber ein höchst unsinniges Beginnen sein; der Organismus will sich ja gerade reinigen und hat
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auch Kraft genug, den Reinigungsprozess durchzuführen. Bei mässiger, streng vegetarischer Lebensweise nimmt der Durchfall ganz allmählich von selbst ab, die Kräfte kehren langsam zurück und die Verdauung wird von Tag zu Tag besser. Damit hat die Natur einen Hauptvorstoss gemacht, jedoch ist der Feind noch nicht vollständig herausgeworfen; sie sammelt neue Kräfte, zersetzt noch mehr Gewebe und nach einiger Zeit wird ein neuer, aber schwächerer Vorstoss gemacht, der genügt, den letzten Feind herauszuwerfen. Gelingt dies auch jetzt noch nicht vollständig, so wird ein dritter Versuch gemacht, bei dem es meist sein Bewenden hat, da nur mehr schwache feindliche Reste zu entfernen sind. Nach jedem derartigen Vorstoss, den der Organismus macht, beginnt nun auch eine Neubildung der zersetzten Gewebsteile, bis auf diese Weise das betreffende Organ, der betreffende Körperteil in integrum restituiert ist. Diese restitutio in integrum, diese Wiederherstellung in den normalen Zustand, geht also stossweise vor sich, da eine wirkliche Heilung stets nur auf dem Wege einer oder mehrerer, immer schwächer auftretenden Krisen möglich ist. Dieses etwas umständliche Verfahren des Organismus, das derselbe gerade bei vegetarischer Lebensweise anwendet, hat den Vorteil, dass die Krisen nicht in der akuten Form auftreten, wie beim Fleischesser, sondern einen viel milderen und daher viel weniger gefährlichen Verlauf nehmen. Deshalb macht der Vegetarier solche Krisen meist durch, ohne das Bett hüten zu müssen oder ganz arbeitsunfähig zu werden. Bei der Ruhr dagegen, die den Erscheinungen des eben geschilderten Durchfalls entspricht, wird der Fleischesser in der Segel ganz darnieder geworfen, ist oft wochenlang ganz arbeitsunfähig oder geht gar zu Grunde. Aehnliche Ausscheidungsprozesse muss nun jedes Organ, jeder Teil des Körpers, ja das gesamte Körpergewebe durchmachen, wenn eine wirklich normale Beschaffenheit des ganzen Organismus erreicht werden soll. Doch werden diese Prozesse mit um so grösserer Leichtigkeit überwunden, und treten um so rascher nach Beginn der vegetarischen Lebensweise auf, je gesunder der Betreffende von Hause aus, je jünger und kräftiger derselbe ist; denn es ist klar, dass ein junger, relativ gesunder und kräftiger Körper diese Krisen viel leichter und rascher
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überstehen wird, als ein älterer, von Hause aus schwacher und erblich stark belasteter Körper. Es ist daher geradezu fraglich, ob es ratsam sei, einem alten, schwächlichen und kranken Menschen die vegetarische Lebensweise unter allen Umständen zu empfehlen; ein solcher wurde mit den hervorgehobenen Folgen der Entwöhnung so vielfach zu kämpfen haben, dass die Vorteile dieser Lebensweise kaum im Stande wären, die mit der Entwöhnung verknüpften Uebelstände auszugleichen oder zu überbieten. Ein alter kränklicher Mensch thut daher unter Umständen besser, nur wenig und selten Fleisch zu gemessen, überhaupt sehr massig zu leben und alle diejenigen Faktoren möglichst zu berücksichtigen, welche zur Erhaltung der Gesundheit dienlich sind. Dagegen wird das Kind, das von der Mutterbrust an der vegetarischen Lebensweise treu bleibt, die grossen Vorteile des Vegetarismus voll geniessen. Es muss hier noch besonders darauf hingewiesen werden, dass der infolge des Entwöhnungsvorganges eintretende Zerfall des gesamten Körpergewebes, also die Rückbildung desselben, zunächst die Ausscheidungsprozesse veranlasst, wofern der Organismus überhaupt noch die nötige Reaktionskraft besitzt, dass aber diese Rückbildung in eine Neubildung übergeht, sobald die Ausscheidungskrisen überwunden sind. Dieser Prozess der Um- und Neubildung dauert nun so lange, bis sämtliche Giftstoffe ausgeschieden sind, wozu in der Regel Jahre erforderlich sind. Findet der Uebergang zum Vegetarismus ganz allmählich statt, so treten auch infolge der langsamen Entwöhnung die Erscheinungen der Entspeicherung in sehr milder Form oder fast gar nicht auf. Wer also im Anfange der Uebergangszeit zunächst nur wenig und selten tierisches Fleisch und Fett geniesst, dann beides fallen lässt, dagegen neben reiner Pflanzenkost auch die noch vom lebenden Tiere stammenden Nahrungsmittel geniesst, wird zwar die oben hervorgehobenen, mit der Entwöhnung unvermeidlich verbundenen mehr oder weniger stürmischen Ausscheidungsprozesse dadurch vermeiden oder so abschwächen, dass sie ihn kaum belästigen; aber damit erreicht er auch nicht viel, er bleibt eben das, was er früher war, weil die in seinem Körper abgelagerten Krankheitsstoffe nicht entfernt oder so langsam ausgeschieden werden, dass er sein ganzes übriges
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Leben mit diesen langsam verlaufenden Ausscheidungsprozessen zu kämpfen hat und daher nie zum vollen Gefühl der Kraft, der Elastizität und der mit dem Kraftgefühl verbundenen Lebensfreude gelangt. Es ist nämlich zu beachten, dass die Entspeicherung der Giftstoffe eine vermehrte Lebensthätigkeit der betr. Gewebe voraussetzt, und dass daher, so lange diese Entspeicherung dauert, der Organismus eine vermehrte Arbeit zu leisten hat, die von der sonst zur Verfügung stehenden Kraftsumme in Abzug zu bringen ist. Eine solche langsame Ausscheidung bedingt also eine dauernde Verminderung der verwendbaren nützlichen Arbeitskraft und damit zugleich ein gewisses Gefühl der Schwäche, beides Erscheinungen, die man doch zu vermeiden suchen muss. Es ist daher für jeden, der sich noch einigermassen kräftig fühlt, ratsamer, nicht in der oben erwähnten Weise den Uebergang zur vegetarischen Lebensweise allmählich zu vollziehen, sondern kurz entschlossen zum reinen Vegetarismus überzugehen. Er wird dann allerdings die mit der raschen Entwöhnung stets verbundenen Krisen oder Ausscheidungsprozesse in mehr stürmischer Form durchmachen müssen, hat dafür aber den Vorteil, dass diese Krisen eher eintreten und rascher verlaufen, und folglich sein Organismus um so schneller in den möglichst normalen und erreichbaren Zustand gelangt. Gerade die bei Vegetariern so häufig zu beobachtende Halbheit inbetreff des Ueberganges zum reinen Vegetarismus erklärt es, warum dieselben ihr Leben lang nicht aus dem Uebergangsstadium mit seinen Unannehmlichkeiten herauskommen, warum sie chronische Krankheiten, die nie ohne eine sog. Verschlimmerung, d. h. ohne einen kritischen Prozess geheilt werden können, bis ans Lebensende mit sich herumschleppen und daher nie zum Vollgenuss wahrer Gesundheit gelangen. Je grösser der Gegensatz zwischen der früheren und jetzigen Lebensweise ist, je rascher und je consequenter der Uebergang zu dem reinen, strengen Vegetarismus durchgeführt wird, desto energischer reagiert die Natur, desto rascher wirft sie den Feind aus allen Positionen heraus, desto eher führt sie zu allen Vorteilen des wahren Vegetarismus. Es ist ja bekannt, wie zähe die menschliche Natur ist und wie der Körper jahrelang Stoffe, die sich in ihm abgelagert hatten, mit sich herumschleppt, ohne sie auszuscheiden, selbst wenn die Zufuhr dieser Stoffe längst aufgehört hat.
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Ein chronischer Vergiftungszustand, der durch längere Zeit fortgesetzten Genuss eines schädlichen Nahrungsmittels hervorgerufen ist, kann unter keinen Umständen ohne das Auftreten mehr oder minder heftiger Lähmungs- und Reizungserscheinungen oder Krisen beseitigt werden; es ist dies ein Fundamentalgesetz, das sich nicht umgehen lässt. Wer also vollständig gesunden will, körperlich und geistig, muss bereit sein, Opfer zu bringen. Die Menschheit hat seit Jahrtausenden in der gröblichsten Weise gegen die Naturgesetze gesündigt und musste dafür in der schrecklichsten Weise büssen; wenn sie also dem auf ihr lastenden schrecklichen Fluche sich entziehen will, muss sie zu ihrer wahren Natur zurückkehren. Diese Rückkehr ist aber, wie der Leser aus den vorstehenden Betrachtungen ersieht, nicht leicht; doch lohnt sie die Opfer, die man bringen muss. Die bisher besprochenen Schwierigkeiten, womit jeder, der zur vegetarischen Lebensweise übergeht, mehr oder minder zu kämpfen hat, können als solche innerer Natur bezeichnet werden; es treten aber ausserdem noch solche äusserer Natur hinzu, d. h. solche, die durch die äusseren Verhältnisse, in denen jemand lebt, bedingt werden. Dahin gehören beispielsweise die Rücksichten, die man auf Bekannte, Verwandte, Vorgesetzte zu nehmen hat, ferner die Schwierigkeit der Beschaffung der gewünschten pflanzlichen Nahrungsmittel, besonders im frischen Zustande, Mangel an Speisehäusern, kurz alle die äusseren Hindernisse, die dem Vegetarier die strenge Durchführung seiner Grundsätze erschweren. Doch sind diese Schwierigkeiten bei ernstlichem Willen meist leicht zu überwinden, weshalb es überflüssig ist, näher auf sie einzugehen, und zwar um so mehr, als sie ganz durch die persönlichen Verhältnisse des Betreffenden bedingt werden, sich also keine allgemeine Vorschriften darüber geben lassen. Von vegetarischer Seite wird man geneigt sein, die obige Darstellung der Folgen des Ueberganges zur Pflanzenkost als eine übertriebene oder zu schroffe zu erklären, die mehr geeignet sei, von diesem Uebergange abzuschrecken als zu ihm zu bewegen. Dagegen ist zu bemerken, dass es durchaus verkehrt ist, jemanden zu einem ernsten und wichtigen Schritte zu überreden, ohne ihn gleichzeitig auf alle Schwierigkeiten aufmerksam zu machen, die er zu gewärtigen und demnach zu überwinden hat. Was nutzt es denn, wenn man zehn Menschen, zum Vegetarismus bekehrt und davon nach kurzer
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Zeit neun abfallen ? Diese nenn werden in ihren Bekanntenkreisen viel mehr Personen durch ihren Abfall und die Begründung dieses Abfalles durch die gemachten scheinbar schlechten Erfahrungen vom Vegetarismus abschrecken, als der eine für die gute Sache Gewonnene ihm zuführen kann. Zudem hat es für viele Menschen mehr Reiz, an gewissen ihnen geschilderten Schwierigkeiten sich zu versuchen, als eine als leicht dargestellte Aufgabe zu lösen. Die Wahrheit soll niemand abschrecken und wer sich durch sie abschrecken lässt, ist ihrer nicht wert.
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Einige morphologische Beweise für die Stellung des Menschen als Fruchtesser im Tierreiche Wir haben in den vorhergehenden Abschnitten fast ausschliesslich vom rein physiologischen Standpunkte den Beweis zu erbringen gesucht, dass der Mensch, gleich den Anthropoiden, zu den Fruchtessern gehört und ihm dadurch eine bestimmte Stellung im Tierreiche, dem er ohne Zweifel nach seiner physischen Seite angehört, angewiesen. Um diesen Beweis zu vervollständigen, wollen wir zum Schlüsse noch zusehen, in wie weit sich diese Stellung vom entwickelungsgeschichtlichen und morphologischen Standpunkte aus begründen lässt, da naturgemäss eine gewisse Uebereinstimmung in der Entwickelung, dem Körperbau und der Gestalt der einzelnen Organe zwischen dem menschenähnlichen, Früchte verzehrenden Affen und dem Menschen bestehen muss, wenn letzterer ein Fruchtesser (Frugivore) sein soll. Je grösser und vielfältiger einerseits diese Uebereinstimmung zwischen dem Menschen und dem Anthropoiden ist und je schärfer und vielfältiger anderseits die unterscheidenden Merkmale zwischen dem Menschen und den Karnivoren und Omnivoren hervortreten, desto sicherer lässt sich behaupten, dass der Mensch weder den Karnivoren noch den Omnivoren angehört, da wir aus der Entwickelungsgeschichte des Tierreichs ersehen, dass die Natur jede Tierart mit bestimmten Organen ausgerüstet hat, die ihrer speziellen Lebensweise genau angepasst sind. Wenn beispielsweise der Mensch von Natur aus dazu bestimmt wäre, auf Bäumen zu leben wie der Affe, so hätte sie sicher auch seinen Fuss entsprechend geformt, d. h. sie hätte ihm eine Form gegeben, die zum Festhalten an den Baumästen und zum Greifen geeignet ist, wie dies in hohem Masse beim Affen der Fall ist; hätte sie ihn zum Fleischesser bestimmt, so hätte sie ihm sicher auch ein Gebiss verliehen, dass wenigstens demjenigen der Omnivoren nahe kommen müsste. Nun sind aber beim Menschen gerade die Eckzähne verkümmerte Organe, welche bei allen seinen tierischen Vorfahren mehr oder weniger stark über die anderen Zähne hervorragen; sie bildeten die Beisswerkzeuge zum Zerreissen des Fleisches und gerade der Umstand, dass sie beim Menschen verkümmert sind, also ihren ursprünglichen Zweck durchaus nicht erfüllen können, beweist in der schlagendsten Weise, dass der Mensch kein Fleischesser sein kann.
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Wer aus dem Vorhandensein der Eckzähne schliessen wollte, dass derselbe zu den Karnivoren oder mindestens zu den Omnivoren gehöre, müsste ebenso folgerecht schliessen, dass der Mann zum Säugen geschaffen sei, weil er zwei verkümmerte Brustzitzen besitzt; aber gerade der Umstand, dass sie verkümmert sind, beweist offenbar, dass sie nicht zum Säugen bestimmt sind. Auch der Mensch besitzt zahlreiche verkümmerte Organe, wie z. B. rudimentäre Muskeln zur Bewegung der Kopfhaut, die bei seinen tierischen Vorfahren stärker entwickelt waren, wie sie es noch jetzt bei manchen Affen sind; ferner eine Haarbekleidung, die ein verkümmerter Haarpelz ist und den wurmartigen Fortsatz des Blinddarms, der ein rudimentäres Organ darstellt, das wohl keinen Zweck mehr hat. Diese Organe verkümmerten aber nur deshalb, weil sie Jahrtausende hindurch nicht gebraucht wurden, weil sie also überflüssig waren. In der Entwickelungsgeschichte des Tierreichs sehen wir nämlich an Tausenden von Beispielen, dass mit der fortschreitenden Entwickelung zum Vollkommeneren eine Anzahl von Organen überflüssig, ja hinderlich wurden, die nun verkümmerten, während dafür andere sich um so vollkommener ausbildeten; jedes rudimentäre Organ beweist also, dass es seinem ursprünglichen Zwecke nicht mehr entspricht, weil es bei der fortschreitenden Ausbildung überflüssig geworden ist, jedes vollkommen entwickelte Organ dagegen, dass es notwendig ist zur Erhaltung der betreffenden Art. Man könnte nun vielleicht einwenden, dass die Eckzähne des Menschen hätten ganz wegfallen können, wenn sie nicht mehr als Reisswerkzeuge dienen sollten; aber wie hässlich würde das aussehen, da gerade beim Menschen die Zähne eine geschlossene Reihe bilden sollen, bei der kein Zahn über den anderen hervorragt, so dass die Endflächen derselben in einer Ebene liegen und dadurch dem Gebiss eine Schönheit verleihen, wie sie kein Tier besitzt. Ausserdem beweisst der Umstand, dass beim Menschen die Zähne dicht aneinander gereiht sind, also keine solche grossen Zwischenräume oder Lücken zeigen, wie die Karnivoren und Omnivoren, dass das menschliche Gebiss nicht zum Zerreissen und Kauen des Fleisches geeignet ist. Der Fleischesser muss selbst bei vollständigen Zähnen fast stets einen Zahnstocher anwenden, weil sich die Muskelfasern des Fleisches zwischen die dicht aneinander gereihten Zähne klemmen, was bei den Fleischfressern und den Allesfressern
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nicht der Fall ist, da ihr Zahnbau eben ihrer Nahrung vollständig angepasst ist. Bei ihnen greift nämlich jeder Backenzahn des einen Kiefers in eine entsprechende Lücke des andern Kiefers ein, wodurch eine schneidende oder zerreissende Wirkung entsteht, die das Zerlegen des Fleisches in Stücke von passender Grösse ermöglicht, welche dann ohne weitere Zermalmung ganz heruntergeschluckt werden; zudem kann wegen der grossen Abstände oder Lücken zwischen den einzelnen Backenzähnen keine Fleischfaser sich zwischen denselben einklemmen und sitzen bleiben, wie dies so häufig beim fleischessenden Menschen der Fall ist. Der Löwe braucht keinen Zahnstocher und doch sind seine Zähne stets rein und weiss, während der fleischessende Mensch schon in der Jugend, noch ehe er ausgewachsen ist, mit absterbenden und daher übelriechenden Zähnen zu kämpfen hat. Ein solches Ausfallen der Zähne beobachtet man bei keinen in der Freiheit lebenden Tiere; nur der Mensch, der sich selbst homo sapiens nennt, aber nicht einmal soviel Weisheit besitzt, um einzusehen, dass seine faulen Zähne den sprechendsten Beweis für seine naturwidrige Lebensweise bilden, erfreut sich dieses höchst fraglichen Privilegiums. Wäre die Fleischnahrung seinem Zahnbau, überhaupt seiner Natur wirklich angepasst, so dürften solche hochwichtigen Organe wie die Zähne nicht schon so frühzeitig erkranken und absterben. Gerade diese Anpassung ermöglicht es ja, aus der Zahnbildung auf die Lebensweise, Ernährungsart und den allgemeinen Bau eines Tieres zu schliessen; schneidende, zusammen gedrückte Backenzähne deuten auf Fleischnahrung, spitzhöckerige auf Insektennahrung, stumpfhöckerige auf Fleisch- und zugleich Pflanzennahrung, auf der Kaufläche abgeplattete und unebene auf Pflanzennahrung. Wenn man also berücksichtigt, dass beim Menschen die letztere Art der Backenzähne entschieden vorhanden, daneben seine Eck- oder Hundezähne verkümmert, also als Beisswerkzeuge zum Zerreissen des Fleisches ungeeignet sind, wenn man ferner beachtet, dass die seitliche Bewegung des Unterkiefers beim Kauen ein zermalmendes und mahlendes Uebereinandergleiten der etwas unebenen Flächen der Mahlzähne des Ober- und Unterkiefers ermöglicht, was bei den Pflanzenfressern nötig, bei den Fleischfressern aber unnötig und daher auch nicht möglich ist, so muss man daraus mit geradezu
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mathematischer Sicherheit schliessen, dass der Mensch weder ein Karnivore noch ein Omnivore ist. Wer aber dennoch aus dem Bau, der Stellung und Anordnung der Zähne des Menschen die karnivore oder omnivore Natur desselben ableiten will, beweist damit nur, dass er entweder ein Dummkopf oder ein Verrückter ist; denn wer so unlogisch urteilen kann, muss entweder sehr beschränkt oder verrückt sein. Ein anderes sicheres Merkmal, das dem Menschen seine Stellung unter den Pflanzenessern anweist, besteht in der von Cuvier nachgewiesenen und schon hervorgehobenen Thatsache, dass der Grimmdarm desselben jene Zotten besitzt, welche nur in den Grimmdärmen der Pflanzenfresser zu finden sind und dass alle diese ohne Ausnahme mit diesen Zotten im Grimmdarme versehen sind. Sollte nun der Mensch in dieser Beziehung allein eine Ausnahme bilden? Die Natur kennt aber keine Ausnahmen, die nur der Mensch in seinem Eigensinn und in seiner Verkehrtheit überall da statuiert, wo es ihm gerade passt oder wo er mit seiner Weisheit zu Ende ist. Wenn die Natur den Grimmdarm des Menschen ebenso gestaltet hat, wie bei den Pflanzenfressern, so hat sie damit in der direktesten und überzeugendsten Weise dargethan, dass auch der Mensch zu den Pflanzenessern gehört. Etwas anderes wäre es, wenn auch die Karnivoren und Omnivoren jene Zotten besässen; da dies aber nicht der Fall ist, so muss der Mensch unter die Pflanzenesser gereiht werden, worauf ja auch zahlreiche andere Merkmale hinweisen. Unter den Affen nähern sich die Anthropoiden besonders inbezug auf das Eingeweide, das Herz und die oberen Gliedmassen (Greiffähigkeit) dem Menschen sehr, und die Aehnlichkeit im Bau dieser Organe deutet einen wichtigen Schritt zur Anpassung an die aufrechte Stellung als Zweifüssler an. Kein Merkmal des Skelettes weist mit gleicher Sicherheit auf diese Stellung hin (Topinard). Obwohl nun die menschenähnlichen Affen sich in morphologischer und physiologischer Beziehung dem Menschen nähern, so bleiben sie doch immerhin zu sehr Affen, um mit letzterem vollständig in Vergleich gestellt werden zu können. Der Mensch steht turmhoch über jeder Affenart; aber wenn der Bau der Eingeweide, der Zähne, des Herzens, der oberen Gliedmassen des von Baumfrüchten lebenden Affen mit dem Bau des Menschen in dieser Beziehung eine grosse Uebereinstimmung aufweist, so sind wir offenbar im vollsten Masse berechtigt, auf die
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Fruchtessernatur des Menschen zu schliessen, mögen auch in anderer Hinsicht die höheren Affen noch so sehr vom Menschen abweichen oder hinter ihm zurückstehen. Wir stellen nun in der folgenden Uebersicht einerseits die übereinstimmenden Merkmale zwischen dem Menschen und dem nur Früchte geniessenden menschenähnlichen Affen, anderseits die unterscheidenden Merkmale zwischen dem Menschen und den Karnivoren, bezw. Omnivoren zusammen, um dem Leser den Ueberblick zu erleichtern und ihm zu zeigen, dass der Bau des menschlichen Körpers in der entschiedensten Weise auf die frugivore Natur desselben hindeutet. Zum besseren Verständnis dieser Uebersicht schicken wir noch Folgendes voraus. Man kann die Säugetiere, zu denen der Mensch ja auch gehört, einteilen in solche die ohne Mutterkuchen (Placenta) sich entwickeln, Aplacentalia, und in solche, die mit Mutterkuchen sich entwickeln, Placentalia. Letztere teilt man wieder ein in solche, bei denen die Zotten des Mutterkuchens in loser Verbindung mit der Gebärmutterwand bleiben, Adeciduata, - und in solche, bei denen die Zotten des Mutterkuchens innig mit den Drüsen der Gebärmutterschleimhaut verwachsen sind, Deziduata. Zur ersteren Klasse der Placentalia gehören die Zahnlücker, die Wale und Huftiere, zur zweiten die Rüsseltiere, Klippschliefer, Nagetiere, Insektenfresser, Robben, Raubtiere, Handflügler, Halbaffen, Primaten (Affen und der Mensch).
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Karnivoren Deciduata
Zonare Placenta Vierfüssig Krallen Gehen auf allen Vieren Haben Schwänze Seitwärts blickende Augen Keine Schweissporen Schwach entwickelte Schneidezähne Spitze (kegelförmige) Backenzähne 16 ) Zahnformel 5-8. 1. 6. 1. 6-8. 5-8. 1. 6. 1. 5-8. Kleine Speicheldrüsen Speichel und Harn reagieren sauer Zunge rauh Bauchzitzen Magen einfach u. rundlich
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Anthropoiden (Menschenähnliche Affen). Deciduata Discoidale (scheibenförmige) Placenta Zwei Hände und zwei Füsse Flache Nägel
Mensch Deciduata
Omnivoren Adecidaata
Discoidale Placenta
Adeciduale Placenta
Gehen aufrecht
Gehen aufrecht
Ohne Schwänze Vorwärts blickende Augen Zahllose Schweissporen
Ohne Schwänze Vorwärts blickende Augen Zahllose Schweissporen
Gut entwickelte Schneidezähne
Gut entwickelte Schneidezähne
Stumpfe, flache Backenzähne
Stumpfe, flache Backenzähne
Zahnformel: 5. 1. 4. 1. 5. 5. 1. 4. 1. 8. Gut entwick. Speicheldrüsen Speichel und Harn reagieren alkalisch Zunge glatt Zwei Brustzitzen Magen mit Duodenum (als zweiter Magen)
Zahnformel: 5. 1. 4. 1. 5. 5. 1. 4. 1. 5. Gut entwick. Speicheldrüsen Speichel und Harn reagieren alkalisch Zunge glatt Zwei Brustzitzen Magen mit Duodenum (als zweiter Magen)
Zwei Hände und zwei Füsse Flache Nägel
Vierfüssig Hufe, Klauen Gehen auf allen Vieren Haben Schwänze Seitwärts blickende Augen Haut mit Poren Sehr stark entwickelte Schneidezähne Schmelzfaltige Zähne. flache Backenzähne Zahnformel: 8. 1. 2-3. 1. 8. 8. 1. 2-3. 1. 8. Gut entwick. Speicheldrüsen Speichel und Harn sauer Zunge glatt Bauchzitzen Magen einfach u. rundlich. (Cul de sac.)
In der Zahnformel stellt die Zahl in der Mitte die Anzahl der Schneidezähne (4 bei Mensch und Affe), die auf beiden Seiten zunächst stehende Zahl die Anzahl der Eck- oder Hundezähne (je 1 bei Mensch und Affe) und die äusserste Zahl rechts und links die Anzahl der Backen-, Mahl- oder Kauzähne (je B bei Mensch und Affe) im Ober- bezw. Unterkiefer dar. Obige Uebersicht aus der vergleichenden Anatomie ist der Schrift: «The Natural Food of Man» von Dr. med. E. Densmore entnommen.
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Karnivoren Deciduata Verdauungskanal 3 mal länger als der Körper Grimmdarm glatt
Lebt von Fleisch
Anthropoiden (Menschenähnliche Affen). Deciduata Verdauungskanal 12 mal länger als der Körper Grimmdarm gewunden, mit Zotten Lebt von Baumfrüchten
Mensch Deciduata
Omnivoren Adecidaata
Verdauungskanal 12 mal länger als der Körper Grimmdarm gewunden, mit Zotten Homo sapiens vegetus - lebt von Baumfrüchten
Verdauungskanal 10 mal länger als der Körper Darmkanal glatt und gewunden Lebt von Fleisch, Aas und Pflanzen
Wie der Leser aus dieser Uebersicht ersieht, treten einerseits die anatomischem Unterschiede zwischen den auf Fleisch und den auf Früchte angewiesenen Tieren scharf hervor, während anderseits die Aehnlichkeit im anatomischen Baue des Menschen und des menschenähnlichen, frugivoren Affen ebenso unverkennbar ist; daraus folgt also, dass der Mensch zu den Frugivoren gehört. Dass er aber auch nicht zu den Herbivoren (Grasfressern) gehört, geht daraus hervor, dass er weder den Zahnbau der Wiederkäuer, noch ihre vier Mägen, noch ihnen ähnliche Eingeweide besitzt. Damit ist die Stellung des Menschen innerhalb des Tierreiches, dem er seiner physischen Natur nach vollständig angehört, scharf bestimmt.