OTTO ZIERER
BILD DER JAHRHUNDERTE EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL- UND 12 DOPPELBÄNDEN
ZEIT UND EWIGKEIT Unter diese...
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OTTO ZIERER
BILD DER JAHRHUNDERTE EINE WELTGESCHICHTE IN 18 EINZEL- UND 12 DOPPELBÄNDEN
ZEIT UND EWIGKEIT Unter diesem Titel erscheint in Kürze der Doppelband 21/22 der neuartigen Weltgeschichte. Der Doppelband behandelt das dreizehnteJahrhundert n.Chr. Das Jahrhundert des großen Staufenkaisers Friedrich II., sein Kampf mit der Kirche, stürzt alle Volker des Abendlandes in den erschütternden Konflikt zwischen der Welt Gottes und der des Irdischen. Jäh versinken die Hohenstaufen, aber mit ihnen bricht auch eine Säule der Kuppel, welche die mittelalterliche Menschheit beschirmte. Faustrecht, Auflösung und schwerwiegende wirtschaftlich-soziale Umschichtungen rütteln an den Grundfesten der Zeit. Das Habsburger Kaisertum ist nur mehr ein Schatten einstiger Caes a renherrli chkeit Auch dieser Doppelband ist in sich vollkommen abgeschlossen und enthält wieder ausgezeichnete Kunstdrucktafeln und zuverlässige historische Karten. Ei kostet in der herrlichen Ganzleinenausgabe mit Rot- und Goldprägung und farbigem Schutzumschlag DM 6.60. Mit dem Bezug des Gesamtwerkes kann in bequemen Monatslieferungen jederzeit begonnen werden. Auf Wunsch werden auch die bereits erschienenen Bücher geschlossen oder in einzelnen Bänden nachgeliefert Erschienen ist seit Januar 1951 monatlich ein Band. Prospekt kostenlos vom
VERLAG SEBASTIAN LUX • MURNAU/MÜNCHEN
KLEINE
BIBLIOTHEK
DES
WISSENS
LUX-LESEBOGEN NATUR-
UND
K U L T U R K U N D L I C H E
KIIBT
HEFTE
VETHAKE
Die Brooklynbrücke Aus dem Leben eines großen Brückenbauers
2006 digitalisiert von Manni Hesse
VERLAG SEBASTIAN LUX * MURNAU / MÜNCHEN
Das alte New York
Mr. Kennedy hat es eilig;. . . „Ich muß Sie enttäuschen", sagt Jack Morton zu Mr. Kennedy, dem Allgewaltigen der Pennsylvania-Kanal-Gesellschaft; „aber ich fürchte, die Brücke wird nicht gebaut werden." Der also Angesprochene blickt erstaunt auf. „Das heißt, Sie schaffen es nicht, Mr. Morton!" „Ich fürchte, Sie werden auch keinen anderen finden, der sie Ihnen baut." Um den Mund Mr. Kennedys spielt ein ungläubiges Lächeln. „So —• meinen Sie?" „Glauben Sie m i r , . . . es ist unmöglich, in dieses höllische Wasser Pfeiler zu setzen, die der Last des Kanals und der Kähne standhalten können." Ingenieur Jack Morton tritt ans Fenster des Baubüros. Man kann von hier den Fluß übersehen und die Reste des alten Aquädukts, die hier und da schwarzglänzend aus den Fluten ragen. An beiden Ufern des Allighany erkennt man die tiefen Einschnitte des nun trocken liegenden Schiffahrtskanals, dessen Wasserstraße man vor Jahren auf einer Holzbrücke quer über den Strom geführt hat. Aber das Werk ist zusammengebrochen, kaum daß die ersten Kanalschiffe die Brücke befahren haben.
„Wenn die Pfeiler nichts taugen, so bauen wir die Brücke eben ohne Stützpfeiler, bemerkt Mr. Kennedy leichthin. „Ohne Pfeiler?" Der Ingenieur glaubt nicht richtig gehört zu haben. „Sie wollen den 200 m langen Aquädukt ohne Pfeiler bauen?" Er sieht sein Gegenüber erstaunt an. „Sie wissen selbst, daß dies unmöglich ist!" Der Direktor der Kanalgesellschaft muß zugeben, daß eine solche Spannweite ohne Pfeilerunterstützung aller Erfahrung widerspricht. Es gibt anscheinend keinen Ausweg. Sein Gesicht spiegelt Enttäuschung. „Mit anderen Worten: Wir kommen nicht weiter?" „Ja, es ist schade um jede Minute, die wir mit solchen Ideen vertun", bestätigt der Ingenieur. „Glauben Sie mir . . . ich kenne den Brückenbau in aller W e l t . . . " Seine Bewegung ist beredter als jedes Wort; „Es geht nicht ohne die Strompfeiler." „Wissen Sie auch, was es bedeutet, wenn die Brücke nicht erneuert wird?" fragt Mr. Kennedy. t Der Ingenieur nickt. „Schätze, daß wir den ganzen Kanal wieder zuschütten können.'* „Mehr noch!" stöhnt Mr. Kennedy. „Die Arbeit von Jahren wird umsonst sein. Wer ersetzt uns die Gelder, die wir in das Unternehmen gesteckt haben?" Nachdenklich streicht er über seinen Spitzbart. Seine geröteten Lider zucken. „Wir sind erledigt, wenn wir nicht eine Lösung finden!" Der Ingenieur überlegt. Dann sagt er: „Darf ich meinen Gehilfen Roebling herbeiziehen? Er hat siel» manche Gedanken um das Werk gemacht und manches berechnet und überlegt. An Erfahrung fehlt es ihm nicht. Sah sich gründlich um im Lande und weiß oft einen Ausweg, wo es anscheinend keinen mehr gibt!" Der Direktor nickt. Als Roebling ins Zimmer tritt, blickt Mr. Kennedy überrascht auf. Der junge Mann —• er mag in den Dreißigern sein — schaut keineswegs verschüchtert in die Welt. Ein jungenhaftes Lächeln spielt um seine Lippen. Mr. Kennedy sieht ihn lange prüfend in die Augen. Dann sagt er. „Sie sind Mr. Roebling, wie mir Mr. Morton sagt. Sie wissen, um was es geht. Also, Sie glauben, einen Vorschlag machen zu können?" i Roebling beginnt von seinen Reisen zu erzählen, von den Brücken und Brückenplänen, die er überall in den Staaten mit technischem Verstand studiert und deren Maße und Konstruktionen er alle im
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Kopfe hat. Als er auf die an Ketten hängende Brücke über den Jacobs-Creek zu sprechen kommt, die Finlay im Jahre 1796 gebaut hat, horcht Mr. Kennedy überrascht auf. Sie denken an eine hängende Brücke, wenn ich Sie recht verstehe?" „Ja", erwidert Roebling", man muß von den geschwungenen Steinbögen und den alten Konstruktionen abgehen. Dazu ist der Allighany zu breit und'zu störrisch." „Würde mich brennend interessieren, wie Sie dann bauen wollen, Roebling!" mischt sich Ingenieur Morton ins Gespräch. „Man könnte das hölzerne Kanalbett an . . . Seile aus . .. gewundenem Draht hängen!" „An Seile aus gewundenem D r a h t ? " Morton glaubt nicht recht verstanden zu haben. „Mir scheint, Sie haben eine blühende Phantasie!" Mr. Kennedy aber überhört den Spott. „Vielleicht würde eine Konstruktionszeichnung . . ." „Aber Mr. Kennedy!" fällt ihm der Ingenieur ins Wort. „Sie glauben doch nicht etwa wirklich.»..?" Er bricht kopfschüttelnd ab. Um seinen Mund spielt ein nachsichtiges Lächeln. „Immerhin!" beharrt Mr. Kennedy. „Ich möchte nichts unversucht lassen." Er sieht fragend auf Roebling. „Bis wann könnten Sie mir die Zeichnungen vorlegen? Sie wissen, es eilt!" „Ich habe die Zeichnungen bei mir!" sagt Roebling und nimmt behutsam einige Blätter aus seinen Papieren. Mr. Kennedy ist überrascht. „Sie haben sie bereits fertig? Nun, das vereinfacht die Sache! Wollen Sie mir die Blätter für ein paar Tage überlassen? Unsere Sachverständigen werden sie prüfen." Roebling nickt nur. Mr. Kennedy hat es plötzlich eilig. Er hat seinen Mantel überworfen. „Sie hören von mir! Auf Wiedersehen, meine Herren!" Er springt auf den wartenden Pferdewagen. Roebling steht in der Tür der Bauhütte. Er sieht dem Gefährt lange nach, wie es in eine Staubwolke gehüllt davonrollt. In der Ferne blauen die Berge der Alleghanies. Er blickt in den strahlenden Frühlingstag und nimmt doch nichts wahr. Seine Gedanken gehen seltsame Wege. Dieser Verlauf der Dinge hat ihn völlig überrascht. , Was wird daraus werden? Hat er erreicht, was ihm vor Augen gestanden hat seit damals . . . 4
Anno 1830 im Thüringischen Johann August Roebling hat in Berlin das Baufach studiert, ehe er in seiner Heimat, in Mühlhausen in Thüringen, Gehilfe eines Baumeisters geworden ist. Sie haben eine Straße gebaut und eine Brücke über die Unstrut vermessen, bis sie der strenge Winter des Jahres 1830 zur Einstellung der Arbeit gezwungen hat. Aber nicht nur der Winter ist daran schuld. Die Staatskassen sind leer. Niemand weiß, wie es weitergehen könnte in diesen schlimmen Zeiten.
* Die kleine verräucherte Gaststube des Dorfkrugs ist fast leer, als sie sich erbittert und ohne Hoffnung rings um den großen Tisch niedersetzen, um zum letzten Mal ein Glas Kornbranntwein zu trinken. Es ist ein naßkalter Novemberabend. Roebling sieht das alles noch ganz deutlich vor sich: die großen, kräftigen Gestalten der Bauarbeiter, die Petroleumlampe, die einen heimeligen Lichtkreis um sich legt, den rotglühenden Ofen, die Butzenscheiben und den dienstfertigen Wirt, der hinter der Theke hantiert; sein Gesicht strahlt, wenn er die Gläser nachfüllen kann. Roebling besinnt sich auf ihre Unterhaltung. Lange Zeit haben sie schweigend gesessen. Dann hat der Baumeister plötzlich gefragt: „Du gehst also nach Amerika Roebling?" „In vierzehn Tagen geht's los!", bestätigt der Assistent. „Du hast Mut, Junge!" „Mut? Angst habe ich, daß ich hier keine Arbeit mehr finde!" Baumeister Bartels sieht ihn fragend an. „Ja . .. glaubst du denn, daß die drüben auf dich warten?" „Warten werden sie nicht. Aber dort gibt's genug zu tun. Mir ist jede Arbeit willkommen!" Roebling ist fünfundzwanzig Jahre alt. Man weiß, daß er zupacken kann, wenn Not am Mann ist. Doch der Baumeister hat seine Bedenken. „Wovon willst du leben, Roebling? Du brauchst Geld, wenn du drüben bist. Es ist ein gewagter Schritt, so mit leeren Händen!" „Leere Hände?" lacht Roebling und klopft dem Alten freundlich auf die Schulter. „Schau Dir diese Pranken an! Damit schaff ich's auch ohne Geld!" Und er denkt: 3
Ist Amerika nicht ein großes Land, in dem Männer gebraucht werden? Gibt es dort nicht Land in Hülle und Fülle, Urwälder mit unendlich viel Holz und fruchtbarstem Boden, den man kostenlos bekommen kann. Und auch sonst hat er den Kopf voller Pläne. Amerika baut Straßen. Wo man Straßen baut, werden auch Brücken gebraucht, große herrliche Brückne, die in das Land der ungeheueren Ausmaße passen. Sein Entschluß steht fest. Er wird hinüber gehen, wie Tausende in dieser Zeit! Gerührt hört er die wohlmeinenden Ratschläge der Arbeitskameraden. Ein Unterton klingt in ihnen, die Erkenntnis, daß ihnen selber die Entschlußkraft fehlt, es ihm gleich zu tun. Nur Wilhelm Freimann, der Jugendgefährte meint: „Wenn du drüben einmal einen tüchtigen Kerl brauchst, so denk' an mich!" Und Roebling verspricht ihm, daß er ihn nachholen-wird, sobald er selbst Fuß gefaßt hat. Der Baumeister bestellt schweigend eine Runde. Die Männer sprechen von diesem und jenem, der schon den Sprung über den großen Teich gewagt und gute Nachricht herüber geschickt hat. Man drückt sich die Hände. „Mach's gut, Johann! Roebling, leb wohl!" Sie wissen alle, daß jeder, der es in dieser jammervollen Zeit zu etwas bringen will, außer Landes gehen muß; denn das Leben ist miserabel. Es gibt keine Arbeit. Nein daheim ist nichts mehr zu holen! Die Neue Welt bringt vielleicht das Glück. Voller Ungeduld erwartet Roebling den Augenblick, da er die Schiffsplanken unter den Füßen hat. Vierzehn Tage später ist es so weit. Ein trüber Dezembertag! Nasser Nebel liegt schwer über der Elbe, als er in Hamburg an Bord geht. Kein Wetter, das einen froh machen könnte! Aber nun gibt's kein Zurück mehr.
* Viele kehren in dieser Zeit Europa den Rücken — nicht nur Deutsche; auch Franzosen, Italiener, Spanier, Engländer, Iren. Sie alle wollen jenseits des Ozeans neu beginnen. Für sie ist Amerika das Land, das ihnen Arbeit und Brot bieten kann. Die übervölkerten Heimatländer sind arm, und die politischen Zustände sind vielerorts für freiheitlich Denkende unerträglich. Die Überfahrt auf einem der hölzernen Segelkähne ist im Jahre 1830 ein Abenteuer und ein Spiel um Leben und Tod. Hart im 6
Raum stoßen sich die Dinge und Menschen. Bösartig schaukelt das Schiff Wochen um Wochen im harten Anprall des Wintersturms und des Seegangs. Die Balkendecken der Unterschiffräume sind, um Platz zu gewinnen, tief herabgezogen; kaum daß man aufrecht stehen kann. Wer sich im Freien ergehen will, stolpert über Tauwerk,, festgezurrte Frachtballen und Kisten. Grausam sind die Nächte auf den muffigen Lagerstätten. Die wenigen Rüböllampen werden früh wegen der Feuergefahr gelöscht, das Heulen des Windes, das Rufen der Schiffsleute, die über Nacht den Segeldienst versehen, rauben den Schlaf. Das mitgenommene Hartbrot ist durch den feuchten Dunst, der durch die Luken hereinschlägt, mit Schimmel überzogen; das Trinkwasser ist brakig; aber der Durst ist so groß, daß die gering zugeteilten Portionen des widerlichen Getränks gierig heruntergespült werden. Zum Essen gibt es Salzfleisch und gesalzenen Fisch aus den Fässern. Nur selten bringt eine warme Suppe aus der Schiffsküche Abwechslung in die eintönigen Mahlzeiten. Aber nicht nur Roebling nimmt das alles in Kauf. Alle Gespräche und Vorstellungen kreisen um den einen Gedanken, daß jeder Tag sie der ersehnten Küste näherbringt; in der Mühsal der Reise erscheint sie als das doppelt Gelobte Land. Roebling hat sich einer Gruppe von Landsleuten angeschlossen, die in Beaver Country im Staate New York eine Siedlung gründen wollen. Die Männer wollen Land erwerben; nur wenige Handwerker sind unter ihnen; sie hüten die Kästen mit ihrem Werkzeug wie Schatztruhen. Den meisten in der Runde aber sieht man an, daß sie noch nie eine Axt in der Hand gehabt haben. Roebling denkt an die Arbeiter vom thüringischen Straßenbau, das wären Männer gewesen, wie man sie in den Staaten brauchen könnte. Sichtlich wächst die Ungeduld der Auswanderer. Sie stehen Tag um Tag im eisigen Nordost an der Reeling und spähen nach Westen. Dreißig lange Tage nichts als das Grau des Wassers und die dunkel ziehenden Wolken, das Klatschen der wassertriefenden Segel und der Wogenschwall gegen die Schiffswände. Da endlich, als die fünfte Woche zu Ende geht, treffen die Matrosen die ersten erkennbaren Vorbereitungen für eine baldige Landung.
* An einem dieser Tage geht der erregende Ruf „Land in Sicht" durch das Schiff. <
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Aus den tiefen Schächten hasten sie ins Freie, drängen zur Steuerbordseite und blicken mit heißen Augen über das Wasser dorthin, wo jeden Augenblick die Küste auftauchen muß. „Da drüben! Seht dort das Land!" schreit einer. Nun erkennen alle den grauen Streifen. Ja es ist Amerika, die Neue Welt, das neue Leben! In den wilden Jubel dröhnen die Donnerschläge der Salutschüsse. Auch Roebling steht am Bug. Auch er sieht über die nun beruhigte See westwärts; immer deutlicher kommt die Küste heran. Roeblings Blick wird zum Himmelsgewölbe hinaufgezogen. Die vom Lande kommenden Winde haben die Wolkendecke hoch emporgejagt. Eine Brücke aus Wolkenballen spannt sich hinüber zum Land. Vom Meere aufsteigend führt der Bogen in kühnem Sprung bis hinter die Schatten der Häuserkette New Yorks. Eine Brücke — welch verheißungsvolles Bild! Die Siedlergruppe, die sich in der Nähe der großen Stadt niederlassen will, ist schon am Tage nach der Ankunft unterwegs zu den zugewiesenen Plätzen. Auf den Wagen, auf denen sie hinausfahren, liegt die aus Europa mitgebrachte" Habe und all das, was sie auf den Rat der Einwanderungsbehörde in den Kaufhallen New Yorks hinzubeschafft haben. Anderntags sind sie am Ziel, am Rande des großen Waldes, der ihnen als Arbeitsfeld und zum Schicksal bestimmt ist.
In Beaver-Country Roebling muß schon bald erkennen, daß dem Siedlungsplan kein Erfolg beschieden sein wird. Die meisten Auswanderer sind der schweren Rodungsarbeit nicht gewachsen. Zwar mühen sie sich redlich, aber als der schnelle Erfolg ausbleibt und das Roden der Bäume und des Unterholzes immer schwerer wird, beginnen sie zu verzagen. Vielleicht wäre noch alles gut gegangen, wenn der Obmann der kleinen Gemeinschaft nicht als Erster versagt hätte. Daheim in Deutschland hatte er auf einer Amtsstube gesessen, verstand etwas von Finanzen und Verwaltungsarbeit; aber hier, wo es ums Zupacken geht, ist er fehl am Platze; hilfslos muß er zusehen, wie ein Ansiedler nach dem anderen Beaver-Country wieder verläßt und sich anderswo umsieht. Mit Schrecken erkennt Roebling den Zusammenbruch des so hoffnungsfroh Begonnenen. Dem Verfall steht er machtlos gegen8
über. Auch er wird gehen müssen. Aber der entscheidende Gang in die Blockhütte des Obmannes der Kolonie ist ihm nicht leicht. „Es wird das beste sein, wenn ich mir eine andere Arbeit suche!" sagt er ohne Umschweife. Sein Gegenüber schaut überrascht auf. „Auch Sie wollen mich im Stich lassen?" „Im Stich lassen?" entgegnet Roebling bitter, „von Im-Stich-lassen kann keine Rede sein! Ich gehe, weil ich keine Möglichkeit mehr sehe, daß Ihr es schaffen werdet. Der Wald ist stärker als all Euer guter Wille. Geht in die Stadt, Obmann, in ein Kontor paßt Ihr, aber nicht in den Urwald!" „Mit der Zeit könnten wir doch vorankommen!" erwidert der andere bedrückt. „Wir hätten etwas erreichen können", entgegnet Roebling. „Aber schaut Euch die Männer an, die übriggeblieben sind: nichts als Federfuchser, Muttersöhnchen und Tagediebe. Wer was auf sich hält, ist längst auf und davon! Was wir gebraucht hätten, wären handfeste Leute, Waldarbeiter und Bauern, die vom Wald etwas verstehen. Ich kann niemand verdenken, daß er sein Glück anderswo sucht. Roeblings Worte werden zur harten Anklage. Vier Monate sind nutzlos vertan; bis zuletzt noch hatte er die Hoffnung, daß das Werk doch noch gelingen könnte. Jetzt nimmt er kein Blatt vor den Mund. Es ist doch alles zu Ende. „Vielleicht hätten wir es trotz der Leute geschafft!, wenn Ihr den anderen gezeigt hättet, wie sie es machen müßten. Aber Ihr saßt in Eurer Hütte, wälztet Akten, blättertet in den Büchern. Wir sind zum Gespött der Zeitungen geworden. Man nennt uns Phantasten. Man klagt uns an, Gelder der Regierung leichtsinnig verschleudert zu haben. Die Besten von uns sind gegangen, um der Schande zu entgehen und nicht das Letzte zu verlieren. Sein Gegenüber rafft sich zu einer Antwort auf. „Vielleicht haben Sie recht, Roebling; aber meine Kenntnisse in der Verwaltung berechtigten mich . . . ja, ich hatte ganz einfach die Pflicht. . ." „Ihr hattet die Verpflichtung übernommen!" unterbricht ihn Roebling schroff, „hier eine Siedlung zu bauen. Nun ist's zu spät. Ich rate Euch nochmals: geht nach New York, oder noch besser, geht heim nach Europa in Eure Bürostube und zu Euren Akten!" „Und was werden Sie tun, Roebling?" 9
„Zum Siedler taugen wir wohl alle nicht, Obmann. Ich will versuchen, in meinem Beruf unterzukommen. Vielleicht gelingt's mir.' Sie wollen also Straßen und Brücken bauen?" „Ja, ich will Brücken bauen!" „Man wird auch Sie für einen Phantasten halten!" „Ich werde mich an den Kongreß wenden, wenn's sein muß, und dort meine Pläne vorlegen. Ich weiß, was ich will." „Gott erhalte Ihnen Ihren Optimismus!" Roebling wendet sich zur Tür. „Lebt wohl! Obmann, und nichts für ungut!" Noch am gleichen Tage schnürt Roebling sein Bündel. Das Ziel steht ihm klar vor Augen. Er will das Land kennenlernen, und er will sich von unten herauf emporarbeiten. So wird er Vermessungsgehilfe in einem Betrieb, der Straßen baut.
Bei der Pennsylvanischen Eisenbahn Roebling hat Glück. Es ist die Zeit, in der das neue technische Wunder, die Eisenbahn, ihren Triumphzug auch in den Staaten antritt. Überall hat man begonnen, die ersten Bahnstrecken zu bauen. In Nord und West sind riesige Arbeiterkolonnen dabei, die großen Verkehrswege zu legen, die später einmal quer durch den Kontinent laufen und die Westküste mit der Ostküste, New York mit San Francisco, verbinden sollen. Nie zuvor ist in solchem Umfange geplant und gebaut worden. Roebling reiht sich ein in das Arbeiterheer. Er ist einer von Zehntausenden, die Tag für Tag, bei Sturm und Regen, in Schnee und Sonne ihr Pionierwerk verrichten. Er führt mit gleicher Selbstverständlichkeit die Schaufel wie die Axt, mißt und rechnet und greift zur Winchesterbüdise, wenn aus den Wäldern der Indianer Gefahr droht. Die großen kontinentalen Linien sollen so schnell wie möglich fertig werden. Erst die Eisenbahn wird das unermeßlich große Land den Weißen erschließen. Darum auch die provisorische, hastende Art des Streckenbaues. Während die Hämmer zuschlagen und neben die Schienen Nägel in die Schwellen treiben, steht die Lokomotive schon unter Dampf, um mit den Materialwagen nachzurücken. Einen Wagen mit Gleis- und Weichenstücken vor sich herschiebend, folgt sie keuchend und rasselnd der Arbeitskolonne. Dicker Rauch 10
quillt aus dem trichterförmigen Schlot. Warnend geht die Dampfpfeife, wenn das schwarze Ungetüm in die nächste Baustelle einfährt. Roeblings Kenntnisse in der Vermessungskunde bewähren sich. Mit seinen Gehilfen ist er dem Haupttrupp der Streckenbauer meist weit voraus. Er lernt Landschaft und Menschen und ihre Sprache kennen. Und eines Tages holt Jack Morton, der Ingenieur, den jungen Deutschen in sein Büro. „Schätze, Sie verstehen was vom Bau, aber Sie sind zu schade für diese Arbeit, Roebling. Kommen Sie mit! Wir bauen für den Pennsylvania-Kanal eine Brücke über den Alleghany. Der Kanal ist seit Jahren unterbrochen. Die alte Brücke, ein trostloser Holzkasten, ist mitsamt den Pfeilern zusammengesackt. Wird eine verflixte Arbeit werden, schätze, das ist was für Sie!" Roebling will Näheres wissen. „Der Pennsylvania-Kanal", erklärt Morton, „stößt nordwärts von Pittsburg auf den Alleghany, und so haben sie den Kanal einfach über den Fluß geführt. Ein lustiges Bild, wenn unten die Lastkähne kreuz und oben die Lastkähne quer fuhren. Aber das ist lange her. Die Kanal-Gesellschaft will eine neue Brücke haben. Weiß noch nicht, wie ich's schaffen soll. Also kommen Sie mit?" Roebling überlegt nicht lange. „Ja, ich komme mit. Wann kann die Reise losgehen?"
Die hängende Kanalbrücke Das also ist der Lebensweg Johann August Roeblings bis zu dem Augenblick, da er sich vor Mr. Kennedy von der PennsylvaniaKanal-Gesellschaft stark gemacht hat, die Kanalbrücke über den Alleghany an Drähte aufzuhängen. Die Frage, ob er es wirklich schaffen wird, hat ihn lange Tage und Nächte beschäftigt und ihn den Plan seiner Hängebrücke weiter ausbauen lassen. Seit Mr. Kennedys plötzlichem Aufbruch sind zwei Wochen vergangen. Als die dritte Woche erregten Wartens beginnt und noch immer keine Nachricht gekommen ist, steht der Erwartete plötzlich strahlenden Gesichts in der Tür des Baubüros. „Hallo, Mr. Roebling! Ich bringe gute Nachricht!" „Wirklich?" Roebling ist aufgesprungen. „Es ist so. Die Sachverständigen haben Ihre Zeichnungen geprüft. Sie meinen, daß sich die Sache machen läßt. Ich hoffe, Sie übernehmen selbst die Bauleitung?" „Wüßte nicht, was ich lieber täte!" 11
„Na, dann Hals- und Beinbruch, Herr . . . Ingenieur!"
* Roebling hält sich nicht lange bei der Vorrede auf, verpflichtet einen Trupp erfahrener Arbeiter und geht sofort an die Arbeit. Er baut den zweiten Pennsylvania-Kanal-Aquädukt als eine Hängebrücke. Diese Idee ist schon lange in seinem Kopf herumgegangen. Eigentlich, seit er auf der Berliner Bauakademie von der Erfindung des Drahtseils gehört hat. Damals, im Jahre 1827, hatte der Oberbergrat Albert auf der Grube Franz August bei Clausthal-Zellerfeld an Stelle des bisher üblichen Hanfseils ein Drahtseil als Förderseil benutzt. Sofort ist dem Studenten Roebling der Gedanke gekommen, ob man nicht auch Brücken an solche Drahtseile hängen könnte. Und nun führt er seine Überlegung zum ersten Male praktisch aus. Er hängt den Pennsylvania-Canal-Aquädukt nicht nur an Drahtseile, sondern stellt die Seile auch in eigener Produktion selber her. Ein Jahr vergeht, dann ist die Brücke fertig, so wie Roebling sie geplant. Als die Wasser in die Holztröge schießen, die als Schifffahrtsstraße bis zum andern Ufer auf den Unterbau gelagert sind und das erste Schiff vorsichtig auf die Brücke einfährt, erhebt sich ein einziger Jubelruf. Leise schwankt das Brückenwerk unter der dahintreibenden Wasserlast. Aber es ist der Belastung großartig gewachsen. Die Fachleute schütteln dem Glückstrahlenden die Hand. Seine Zuversicht hat nicht getrogen! Roebling würde seine Kräfte gern an kühneren Projekten erproben. Neue Aufträge erreichen ihn. Aber es sind nur einfache Brücken. Auftraggeber ist vor allem die Pennsylvanische Eisenbahn; die großen Strecken machen viele Überführungen über Wasserläufe und Talgründe nötig. Viele Jahre gehen so ins Land, bis sich Roebling endlich Gelegenheit zu einem Großwerk bietet, das seiner Begabung entspricht. Die New-Yorker Zentralbahn soll mit der Great-Western-Bahn, die von Kanada kommt, verbunden werden. Der wildschäumende Niagara steht dem Plan im Wege. Das tiefeingeschnittene Tal muß von einer Brücke überspannt werden. Roebling bekommt den Auftrag; es gilt, die bis dahin unerreichte Weite von über 250 m zu queren. Auch der Niagara läßt keine Pfeiler zu. Nur eine Hängekonstruktion kommt in Frage. Roebling zögert keinen Augenblick. Zwei Tage nach der Auftragserteilung ist er an der Baustelle. 12
Am Ufer des Niagara Major William Byrd hat die Hände in den Hosentaschen vergraben. Eine gelbe Weste spannt sich über seine ansehnliche Fülle. Byrd, Direktor der Pennsylvanischen Eisenbahn, will mit dem neuen Baumeister das Bauvorhaben besprechen und hat ihn rufen lassen. Kaum kann er seine Ungeduld verbergen, als Roebling zu ihm ins Zimmer tritt. „Ich habe großes Vertrauen zu Ihnen, Mr. Roebling", beginnt er. „Sie sind unser bestes Pferd — nein winken Sie nicht ab! Ich weiß, was Sie können, wir alle wissen es. Die Gesellschaft wird sich erkenntlich zeigen!" „Darum geht es nicht", erwidert der Baumeister. „Aber ich brauche Vollmachten gegenüber Ihren Behörden, die überall hereinreden wollen. Man macht es mir manchmal nicht leicht. Ich gebe zu, der Niagara ist nicht der Alleghany. Aber ich habe bewiesen, daß Hängekonstruktionen bei solchen Wassern das einzig Richtige sind." Am Abend dieses Tages hat Roebling in Händen, was er zur ungestörten Durchführung des Werkes braucht. Die Hängebrücke über den Niagara ist seiner alleinigen Planung und Aufsicht übertragen. Als der Leiter der Bahngesellschaft anderntags die Lokomotive nach Pittsburg besteigt, weiß er, daß die Lücke im Eisenbahnnetz von Nord nach Süd in kurzer Zeit geschlossen sein wird. Roebling blickt der dahindampfenden Maschine lange nach, wie sie, eine dicke schwarze Rauchfahne hinter sich lassend, durch die seenreiche Ebene braust. Er sieht sie kleiner und kleiner werden, bis sie fern seinen Augen entschwindet. Eine Woche später keucht auf derselben Strecke der Bauzug heran, der die angeforderten Materialien zum Brückenbau bringt. Als er hält, erlebt Roebling eine große Überraschung. Er will seinen Augen nicht trauen, als er den Mann erkennt, der mit einem Satz von der Lokomotive springt. „Freimann . . . Alter Junge! Bist du's wirklich?" „Kann's selber noch nicht fassen, Roebling — oder muß ich Herr Ingenieur sagen!" „Willst du gleich mit mir Streit anfangen?" Er zieht den Freund zu sich heran und blickt ihm lachend in das vertraute Gesicht. „Hat dich mein Brief doch noch erreicht? — Wie geht's? Was macht die Heimat? Lebt der alte Bartels noch?" Es wird spät an diesem Abend. Als sie sich trennen, sagt Freimann leise: 13
„Ehrlich gesagt. .. ich glaubte schon, du hättest mich vergessen!" Roebling antwortet nur: „Früher wär's nicht gegangen, du kommst im richtigen Augenblick!" Am nächsten Morgen stehen sie gemeinsam an der Arbeit: der Baumeister und sein neuer Vorarbeiter. Zwei Jahre dauert es, bis die Brücke vollendet ist. Es ist eine kombinierte Brücke, auf der oberen Fahrbahn rollt der Eisenbahnverkehr, auf der unteren der Straßenverkehr. Beide Brückenbahnen sind durch eisernes Fachwerk miteinander verbunden. Bei einer Spannweite von über 250 m hängt der riesige Bau an vier Drahtkabeln von je 25 cm Durchmesser. Roeblings Brücke wird zum bestaunten Wunderwerk der Zeit. Die Ingenieure der Staaten und von Übersee kommen, um an ihr zu lernen. Von da an reiht sich Auftrag an Auftrag, Brücke an Brücke, eine kühner als die andere. Im Jahre 1867 vollendet Roebling die Brücke über den Ohio, zwischen Cincinnati und Covington. Das Werk ist 322 m lang, die beiden Kabeltürme haben eine Höhe von fast 75 Meter. Aus dem Einwanderer von 1830 ist ein reicher Mann geworden. In Jersey steht eine Fabrik, die unter der Leitung von Roeblings Sohn Washington Drahtseile herstellt. Roebling beschäftigen neue Probleme. Vor allem hat er eines erkannt...:
„Man muß für die Zukunft bauen" Es ist das Jahr 1869. Roebling hat eines Tages seinen Sohn kommen lassen. „Hast du einmal darüber nachgedacht, Washington, daß sich der Verkehr bald verhundert-, ja vertausendfachen wird?" „Man sollte daran denken! Ich glaube .. . man müßte mehr für die Zukunft bauen!" „Wie meinst du das, Vater?" „ H ö r e . . . New York und Brooklyn, das sind Schwesterstädte. Sie werden einmal ins Riesenhafte wachsen. Ich will eine Brücke über den East-River bauen. Sie soll später das Bindeglied zwischen den beiden Städten sein!" „Laß mich nachdenken! — Die Brücke müßte von Rampe zu Rampe sechstausend Fuß, zwei Kilometer lang sein, Vater!" „Das soll sie auch." Washington schaut ungläubig drein. 14
„So etwas kann niemand bauen, Vater!" „Ich werde die Brooklynbrücke bauen, Washington! Wozu haben wir Stahl und Beton? Ich werde beweisen, daß man auch mit Stahl und Beton Brücken bauen kann." Zehn Jahre arbeitet Roebling an den Plänen für die Brücke über den East-River. Als er seiner Sache sicher ist, reicht er die Zeichnungen dem amerikanischen Kongreß ein. Aber der Kongreß ist dem Projekt nicht geneigt. Doch Widerstand ist etwas, was Roebling hartnäckig macht. Er ist überzeugt, daß seine Pläne bis ins letzte durchdacht und daß sie korrekt sind. Ihm soll es nicht ergehen wie James Watt, der die Dampfmaschine erfunden hat, oder wie Fulton, den sie für verrückt erklärt haben, als er diese Dampfmaschine zum Treiben von Schiffen ausnutzen, oder wie Stephenson, der mit ihr ein Dutzend eiserner Kutschenwagen über Schienen rollen lassen wollte. Schließlich haben alle, die etwas Neues erdacht haben, Widerstände zu überwinden gehabt. Roebling ist nicht der Mann, der solchen Widerständen, ohne das Äußerste versucht zu haben, ausweicht. Lebt man nicht in Amerika und kann nicht jeder Bürger in diesem Lande mit seinem Präsidenten sprechen? Roebling wird ihn fragen, ob auch er die Ansicht des Kongresses teilt und warum. —• Freimütig ersucht er um eine Unterredung mit Präsident Ulysses Grant. Der Präsident befindet sich im Weißen Haus in Washington. Also fährt Roebling dorthin. Er fährt mit der Eisenbahn — über Strecken, an denen er selbst mitgebaut hat. Erinnerungen werden wach, fast jede Unterwegsstation ist Station seines eigenen Lebens gewesen. Und er ist zufrieden mit sich und dem Geschaffenen. Ja er wird dem Präsidenten Rede und Antwort stehen. Und er wird ihn fragen . . . :
„Glauben Sie an mich, Mr. Präsident?" Das Weiße Haus in der Bundeshauptstadt ist ein Gebäude, das in der ganzen Welt zum Begriff geworden ist. Kaum ein Vierteljahrhundert alt, ist es im Jahre 1814 durch Feuer beschädigt und wiederaufgebaut worden. Die rauchgeschwärzten Mauern sind nun hell gestrichen. Aus dem natürlichen Grau der Steine ist blendendes Weiß geworden. Im Innern aber ist alles geblieben, wie es James Hoban aus Charleston im Jahre 1792 entworfen hat: das Erdgeschoß mit den feierlich ernsten Emp-
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Das Weiße Haus in Washington fangsräumen, das obere Stockwerk mit der Wohnung für den Präsidenten und seine Familie. In seinen Privaträumen empfängt Präsident Ulysses Grant Baumeister Roebling. Grant ist seit dem 4. März 1869 Präsident der Vereinigten Staaten. Man sieht ihm auf den ersten Blick den alten Soldaten an. Er ist der Sieger von Juka, hat die Konföderierten am Hatchiefluß geschlagen, hat Vicksburg erfolgreich belagert und schließlich Lee mit dem Rest seiner Armee zur Kapitulation gezwungen. Diesen Erfolgen verdankt er seine Volkstümlichkeit. Grant gilt als Starrkopf, aber man soll mit ihm reden können. Er liebt keine Winkelzüge, er ist gewöhnt, nicht lange um eine Sache herumzureden. Aber diesmal scheint es ihm schwer zu fallen. Er hat einen Mann vor sich, den er schätzt, dessen kühne Ideen aber nicht immer nach seinem Geschmack sind. „Sie sind hier in Washington kein Unbekannter mehr, Mr. Roebling!" Eine Handbewegung fordert den Besucher zum Sitzen 16
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auf. „Man hat Sie mir als überaus tüchtigen Ingenieur und . . . " ein prüfender Blick streift den Baumeister, „als einen Mann mit Unternehmungsgeist geschildert. Ich liebe das!" Roebling sieht überrascht auf. „Dann sind meine Eingaben also doch bis zu Ihnen gekommen?" Ihre Blicke treffen sich. Einen Augenblick mustern sie sich schweigend. Dann sagt Grant: „Ich bedaure sehr, daß ich Ihnen nicht helfen kann. Der Kongreß wird Ihrem Plan, den East-River zu überbrücken, nicht zustimmen, u n d . . ." der Präsident sucht nach Worten, die seine eigene Ablehnung weniger brüsk klingen lassen, „so sehr ich Ihre Tüchtigkeit schätze, mein lieber Roebling . .. ich muß Ihnen einen abschlägigen Bescheid geben. Ihr Plan übersteigt das Menschenmögliche!" Roebling ist versucht, heftig zu werden und seiner Enttäuschung laut Ausdruck zu geben — aber er beherrscht sich. Er muß versuchen, den Präsidenten mit dem Projekt vertraut zu machen, muß ihn in seine Gedankenwelt zwingen. Vielleicht werden seine Gründe doch noch überzeugen. „Herr Präsident . . . wenn ich diesen Plan nicht reiflich durchdacht, nicht zehn-, nein, hundertmal berechnet und durchkonstruiert hätte . . . ich würde nie wagen, hier vor Ihnen zu stehen. Ich arbeite seit zehn Jahren an der Idee, den East-River zu überbrücken, dort, wo er am breitesten ist; man muß für die Zukunft bauen!" „Sie genießen in der Tat einen ausgezeichneten Ruf als Brückenbauer, Roebling . . .", gibt der Präsident zu. „Sie sind mir sogar als der größte Baumeister unseres Landes geschildert worden . . .", er macht eine bedeutungsvolle Pause, „und doch überschreitet Ihr Vorschlag das, was ich als Präsident verantworten kann." Erkennt er denn nicht, daß ich mehr als vorsichtig disponiere? überlegt Roebling. Laut sagt er „Der Verkehr wird sich vertausendfachen, Mr. Präsident, „wir beginnen das Zeitalter der Technik. Die Eisenbahn ist nur der Anfang gewesen." Roebling bleibt ganz ruhig. Er hat den Kampf gewollt. Fast bereifet es ihm Freude, seine Kräfte mit einem Mann wie Grant zu messen. Argumente müssen den Ausschlag geben. „Das Neue erscheint auf den ersten Blick immer unausführbar!" fährt er lächelnd fort. „Als ich den Pennsylvania-Kanal-Aquädukt an Drahtseile hängte, haben mich die Leute auch für mehr als merkwürdig gehalten. Als ich dann die fünfzehnhundert Fuß lange Monongahela-Hängebrücke mit acht Spannungen baute und die Brücke über den Niagara . . ." 17
„Ja ich weiß — da wurden Sie bereits von den Sachverständigen bewundert!" fällt ihm der Präsident ins Wort. „Ich verkenne diese Leistungen nicht. Niemand bestreitet, daß Sie ein Meister sind!" „Und trotzdem verweigern Sie mir Ihre Zustimmung, Herr Präsident?" Es ist das erste Mal, daß Roeblings Stimme etwas schärfer klingt. „Ihrem Plan stehen zu große Widerstände entgegen.", sagt der Präsident. „Die Reeder haben Protest eingelegt. Der steigende Schiffsverkehr darf durch Brückenpfeiler nicht gehemmt werden. Sie wären eine zu große Gefahr. Sie kennen den dichten Nebel, der oft tagelang den Fluß überlagert. Und dann die Blizzards!" Ein Blick streift den Besucher. „Glauben Sie mir .. . die Schiffe würden gegen die Pfeiler geworfen." „Die Pfeiler werden am Ufer stehen, wo die Fahrrinne sowieso keinen Schiffsverkehr zuläßt", entgegnet Roebling. „Das eben glauben Ihre Gegner nicht", erwidert der Präsident. „Und vergessen Sie n i c h t . . ., es handelt sich um ein Objekt von einigen Millionen Dollar. Wer gibt sein Geld schon gern für einen Plan, dessen Durchführung zum mindesten zweifelhaft ist!" Roebling zieht die Stirn in Falten. Fast unbeherrscht stellt er die Frage: „Seit wann spielt Geld in Amerika eine Rolle, wenn es gilt, es zum Nutzen künftiger Generationen zu investieren? Über kurz oder lang werden New York und Brooklyn Weltstädte sein. Schon heute wächst uns der Verkehr über den Kopf. Also wird das Geld, das wir brauchen, schon in wenigen Jahren ein lächerlich kleiner Betrag sein gegenüber dem Wert, den die Brücke dann besitzt." Roebling sieht den Präsidenten voller Zuversicht an. „Ich bin meiner Sache völlig sicher. Ich habe alle Schwierigkeiten einkalkuliert! Hier . . ." Er entrollte hastig seine Zeichnungen. „Sehen Sie selbst! Die Mitte der Brücke liegt genau hundertdreißig Fuß über dem Wasserspiegel. Das größte Schiff kann also noch bequem hier passieren. Die Strommitte wird völlig frei sein. Die Brücke wird an Drahtseilen hängen." Er schweigt erschöpft. „Aber wird dieses Experiment bei der Breite des Flusses nicht sehr gefährlich sein?" fragt der Präsident. „Es ist kein Experiment!" fährt Roebling hoch. „Es sei denn . .. Sie nennen Fultons Dampfschiffe und Stephensons Züge auch Experimente!" „So fest sind Sie von dem Gelingen überzeugt?" li!
„Stände ich sonst hier vor Ihnen?" Roebling ist am Ende seiner Kraft. Auch seine Geduld ist zu Ende. Jeden Augenblick kann sein Temperament zum Durchbruch kommen. Grant zögert. „Der Kongreß ist von dem Gelingen nicht überzeugt!" Für einen Augenblick gibt Roebling alles verloren. Aber dann sieht er dem Präsidenten in die Augen. Er glaubt darin mehr als nur Sympathie zu entdecken. Das gibt ihm wieder Mut. „Und Sie, Herr Präsident?" fragt er klopfenden Herzens, „Wollen Sie, daß ich zehn Jahre meines Lebens nutzlos an einen undurchführbaren Plan vergeudet haben soll?" „Nein, Roebling, das will ich nicht!" sagt Grant. „Ich glaube, daß Sie die Brooklynbrücke bauen werden." Ein Händedruck besiegelt dieses Einverständnis. Präsident Ulysses Grant hat in dieser Zeit großen Einfluß. Also ist damit zu rechnen, daß der Kongreß den Bau nicht ablehnen kann, wenn der Präsident dem Plan das Wort reden wird. Vertrauensvoll trifft Roebling alle Vorbereitungen zur Verwirklichung seines Projekts: Er weiß:
Die Brooklynbrücke wird gebaut Die Abgeordneten sind zu ihrer Sitzung zusammengetreten. Die Zuhörertribünen des Kongreßsaales sind nicht dichter besetzt als gewöhnlich. Roebling ist nicht anwesend. Aber sein Sohn ist unter den Zuschauern. Gebannt sind seine Augen auf den Vorsitzenden gerichtet, als der entscheidungsvolle Augenblick bevorsteht. „In der Eingabe 1456. . . Bau einer Brücke über den EastRiver . . ., bitte ich um die Abstimmung!" sagt eine sachliche Stimme. „Die Abgeordneten, die der Eingabe zustimmen, mögen die Hand erheben!" Einen Augenblick herrscht Stille. Washington Roeblings Gesicht zeigt fahle Blässe. Von seinem Platz aus ist das Verhältnis der Fürund Gegenstimmen nicht ohne weiteres zu erkennen. „Und nun die Gegenprobe!" sagt die gleiche Stimme noch einmal. „Danke das genügt. Ich stelle fest. . ." Das Weitere hört Washington nicht mehr. Er hat bereits den Sitzungssaal verlassen. Nicht schnell genug kann er in das kleine Hotel kommen, wo sein Vater auf seine Nachricht wartet. „Es gibt doch noch vernünftige Leute", ruft er im Hereinstürmen. 1')
„Also doch!" Roebling ist auf seinen Sessel niedergesunken, scheint das Große nicht fassen zu können. — Am Abend sagt er zu seinem Sohn: „Ich habe den ganzen Tag darüber nachgedacht . . . Wir werden den Gewinn, den der Bau abwirft, für wohltätige Zwecke verwenden. Ich denke an ein Altersheim für Arbeiter. Was meinst du?" „Du denkst viel weiter als wir, Vater! Und du denkst immer das Richtige!" Am nächsten Morgen fahren sie nach New York zurück. Roebling will möglichst bald mit dem Bau beginnen. Es ist, als treibe ihn eine dunkle Ahnung vorwärts. Aber es ist wohl nur der Gedanke, endlich das ganz Große zu schaffen.
Die Brooklynbrücke über den East River in New York Einen Monat später stehen die Arbeiterkolonnen bereit. Der größte Teil der Baumaterialien liegt bereits am Fluß, und noch immer bringen Wagen Bauholz und Werkzeug heran. Es ist ein strahlender Sommermorgen. Roebling kommt schnellen Schrittes das Flußufer entlang. Von weitem ruft er seinem getreuen Vorarbeiter zu: „Hallo, Freeman? Alles bereit?" „Yes, Boß! Können starten! Warten nur auf Sie!" „Mann, Freeman! Jetzt geht's los!" Roebling ist in herrlicher Laune. 20
„Wurde auch hight time!" meint der alte Thüringer in seinem amerikanischen Kauderwelsch. Der Baumeister deutet auf seine Pläne. „Hier wird der erste Pfeiler stehen und drüben der zweite!" „Fünfundachtzig Fuß breit!" nickt Freeman, „das hat noch keiner fertig gebracht." „Ja . . . die werden sich wundern!" lacht Roebling. „Jetzt sind wir dran!" Er richtet sich hoch auf, als er sich an die Umstehenden wendet. „Auf, Leute, mit Gott ans Werk!" Grell schrillt die Pfeife des Vorarbeiters durch den Morgen. Die Spaten graben sich in die Erde. Balken und Stahlträger poltern von den Fuhrwerken. „Sechstausend Fuß lang, Freeman, und so haargenau berechnet, daß auch kein Jota daran fehlt", sagt Roebling zu seinem Vorarbeiter. „Wenn mich hier plötzlich der Schlag trifft, könnt ihr die Brücke im Schlaf weiterbauen!" „Da sei Gott vor!" Freeman ist ehrlich erschrocken. Roebling winkt beruhigend ab. Er lacht übers ganze Gesicht. „Na, vorläufig denke ich noch nicht daran. Nicht, ehe die Brooklynbrücke fertig ist!" Ein Wagen mit Holz kommt näher. „He, die Balken dort hinüber!" befiehlt der Vorarbeiter. „Vorsicht, daß nichts absackt!" „In zehn Jahren sieht es hier anders aus!" meint Roebling. „Wenn Brückenweihe ist, stehst du neben mir, Freeman. Du hast es verdient!" Das Fuhrwerk hat die Männer erreicht. „Vorsicht" schreit Freeman mit einemmale. Der Wagen hat sich zur Seite geneigt, die Räder sinken tief in den Sehlamm. Der Fuhrmann schlägt auf die Tiere ein, es ist zu spät. „Was ist da los?" fragt Roebling, stürzt vor, um selbst Hand anzulegen.
Ein tragischer Unfall Ein Balken trifft ihn am Fuß. Schwer stützt er sich auf den Arm seines Vorarbeiters. „Das hätte schlimm werden können." Roebling lächelt, aber sein Gesicht ist schmerzverzerrt. Er greift nach dem Bauplan, um die Erklärung fortzusetzen.
Aber Freeman nimmt ihm das Papier aus der Hand. „No, jetzt packe ich Sie in 'ne Droschke und kutschiere Sie zum nächsten Doktor!" Schlag Dir das aus dem Kopf", wehrt sich Roebling ärgerlich. „Wegen der kleinen Quetschung!" Aber der Vorarbeiter sieht bestürzt, daß sich der Boß nur mit Mühe aufrecht hält. Er packt ihn ohne ein weiteres Wort am Arm und führt ihn behutsam zu einem der Pferdefuhrwerke, hebt ihn hinauf und greift selbst nach den Zügeln. Der Wagen fährt an. „Wir brauchen einen gesunden und keinen kranken Boß", sagt Freeman zu Roebling gewandt. '„Jetzt hat der Doktor das Wort!" „Meinetwegen!" Roebling ergibt sich in das Unvermeidliche. „Aber zum Mittag muß ich zurücksein!" Der Arzt ordnet sofortige Überführung in ein Krankenhaus an. Roebling wird operiert. Man amputiert ihm einen Teil des Fußes. Aber es scheint zu spät zu sein. Als Washington ans Krankenlager tritt, liegt Roebling in Fieberphantasien. Beruhigend legt sich die Hand des Sohnes auf die Stirn des Kranken. „Vater . .. !" „Herr P r ä s i d e n t . . . der Roebling gibt noch nicht auf!" stammelt der Fiebernde. „Noch nicht! Noch kann er kämpfen. Niemand wird mich hindern. Niemand!" „Wer? Wer?" Er schreit plötzlich auf. „ V a t e r . . . ich bin's, Washington!" Die Stimme des Sohnes ist in Tränen erstickt. Er blickt verstört in das bleiche Antlitz. Nach Stunden erst öffnet Roebling die Augen. „Gut, daß du da bist, mein Junge. Du mußt dem Doktor sagen . . . " Der Kranke fährt in den Kissen hoch. „Man soll mich endlich hier herauslassen!" „Du mußt dich noch schonen, Vater", sagt Washington. „Schließlich hast du eine Operation hinter dir." „Die Brücke!" keucht Roebling. „Ich habe mein Wort verpfändet, daß ich's schaffe. Gib mir einen Stock, es wird schon gehen!" Erschöpft sinkt er zurück. Washington sieht die Lider über die Augen des Vaters fallen. Lange liegt er so. Er rührt sich auch nicht, als leise an die Tür geklopft wird und Freeman ins Zimmer tritt. Erst nach einer Stunde kehrt für kurze Zeit das Bewußtsein zurück. „Hallo, Freeman! Was macht die Brücke? Wie weit seid ihr?" Aber Freeman bringt kein Wort über die Lippen, 22
„So rede doch endlich!" sazt Eoeblins. „Was ist los auf dem Bau?" Washington nickt dem Vorarbeiter aufmunternd zu: „Ich hab' nie viel Worte machen können, Boß!" Freeman versucht zu lächeln. „Die Leute schuften wie noch nie. Sie wollen etwas geschafft haben, wenn der Baumeister wiederkommt. Heute haben wir den ersten Senkkasten begonnen." „Na, bald bin ich wieder soweit!" sagt Roebling. „In ein paar Tagen, nicht wahr, Washington? Der Herrgott kann doch nicht wollen, daß ich vor einem Balken kapituliere? Ach, wenn mir bloß nicht so heiß wäre!" „Das ist das Wetter, Boß", sagt Freeman. „Eine fürchterliche Hitze!" „Ja . . . wir hatten lange nicht so einen heißen Sommer!" meint der Kranke. Er atmet tief auf, sieht forschend von einem zum anderen. „Wenn ich nicht mehr hinaus könnte .. . wenn ich nicht. . . mehr . . . auf .. . den Bau . . . könnte . . ." Das Sprechen fällt ihm plötzlich schwer. Er hält die Hand seines Sohnes. „Du bist mein Erbe, Washington. Du mußt auch diese Erbschaft übernehmen. Versprich mir, daß du mein Werk nicht im Stiche läßt, daß du das Wort einlöst, das ich Mr. Grant gegeben habe?" „Du wirst wieder gesund, Vater", Washington stößt es hervor und drückt die fieberheiße Hand. Der Kranke verfällt sichtlich, seine Lippen murmeln kaum Verständliches. „Ich komme, Herr Präsident! Roebling hat noch nie sein Wort gebrciJien!" Unheimlich ist nun die Stille. „Es kann doch nicht sein! Die Wunde ist doch längst verheilt!" dem Vorarbeiter stürzen die hellen Tränen aus den Augen. „Blutvergiftung!" flüstert Washington und beugt sich über den Vater. Der Kranke scheint zu schlafen. So friedlich kommt der Tod über ihn. Es ist der Abend des 22. Juli 1869.
* Der Tote hält sein Wort Doch der tote Baumeister löst sein Wort ein; sein Werk lebt weiter: die Brooklynbrücke wächst unaufhaltsam über das Wasser. 23
Washington Roebling übernimmt nach dem Wunsch und den Plänen des Vaters die Bauleitung. Zwei hundertmeter hohe Pfeiler, so hat Roeblings Plan vorgesehen, sollen vier Drahtseile aus je 5700 Einzeldrähten tragen. Im „Luftspinnverfahren", das der Meister selber noch entwickelt hat, sollen die Drähte mit dem notwendigen Durchhang einzeln über die Tragpfeiler gelegt, an Ort und Stelle zum Kabel gedrillt und daran die Fahrbahn aufgehängt werden. Auf Grund seiner Festigkeitsprüfungen und Berechnungen hat Johann August Roebling bei der Brooklynbrücke zum ersten Male Stahl als Werkstoff für die Kabel und Träger gewählt und zur Fundamentierung der mächtigen Tragpfeiler das Druckluftverfahren mit Senkkasten bestimmt. Bei den Bohrungen zur Untersuchung des Baugrundes hatte er festgestellt, daß sich der tragkräftige „gewachsene Fels", der allein die ungeheure Last der Pfeiler aufnehmen konnte, erst 24 Meter tief unter dem Flutspiegel vorfand. Spundwände zur Schaffung eines wasserdichten Bauschachtes konnten so tief nicht hinunter gerammt werden, auch kein Bagger reichte in diese Tiefe. Roebling hatte sich deshalb zur kühnen Fundamentierung mit Senkkästen entschlossen, die die Technik erst seit kurzem kannte, und sie nach eigenen Ideen ausgebaut. Man hatte diese Pfeilergründung zwar schon früher verwendet, aber nur in kleineren Maßen, die man noch in Eisen und Mauerwerk bewältigen konnte. Die Brooklynbrückenpfeiler sollten aber auf Fundamenten von rund 1600 qm Fläche, auf RiesenblöckeD von 50 m Länge und 30 m Breite ruhen. „Wir werden die Senkkästen aus Holz bauen" hatte der Baumeister erklärt und sich in diesem Entschluß bis zuletzt nicht beirren lassen. Die Konstruktionszeichnungen waren bis ins Einzelne entworfen, lange bevor das Schicksal Roebling aufs Krankenlager warf. Der Senkkasten, den Roebling für jeden der East-River-Pfeiler vorgesehen hatte, sollte nichts anders als eine gewaltige offene Holzkiste sein, so groß wie ein Kirchenschiff. Sie sollte am Ufer mit der Öffnung nach unten aufgebaut und dann auf Flößen und Pontons an die Stelle der späteren Pfeiler gebracht werden. Roebling hatte beabsichtigt, hier die „Kiste" mit der Öffnung nach unten bis auf den Grund des Flußbettes herabzulassen, so daß die Unterkannten sich tief in den Kies einsenkten. Mit seinem Boden ragte den Senkkasten über den Wasserspiegel. Der Grundgedanke dieser Fundamentlegung bestand nun darin, den Kasten durch Ausheben des Erdreiches im Innern immer tiefer in den Grund zu 24
wühlen und während er niedersank, und in dem gleichen Maße, wie er niedersank, die Steinpfeiler bereits auf ihn aufzumauern. Wenn dann der Augenblick kam, da der Senkkasten ganz ins Wasser untertauchte, würde der Pfeiler schon merklich über die Wasseroberfläche ragen. Ein versinkender und doch wachsender Bauplatz also! Stießen die Unterkanten des Senkkastens endlich auf den Felsen auf, so hatten die Pfeiler schon eine ansehnliche Höhe über Wasser erreicht. Zum Schluß sollte der Kasten dann bis unter die Decke mit Mauerwerk und Beton gefüllt und ausgestopft werden. Die Kiste würde so zu einem ungeheuren massiven Fundamentblock, den keine Gewalt der Erde mehr von seiner Stelle bewegen könnte. Die Hundertmetertürme ruhten also auf Fundamenten, die mit dem Felsen verwachsen waren. Ganze Wälder des harten Yellow-Pine-Holzes waren noch zu Lebzeiten Roeblings ans Ufer des East-River gebracht worden. 11000 cbm Holz werden für die Senkkästen gebraucht. Die Decke — oder richtiger der umgekehrte Boden der Kiste — erhielt eine Dicke von 6,7 m; um die Decke wasser- und luftdicht zu machen, bestand sie aus vielen Balkenlagen, zwischen die durchgehende Zinkbleche gelegt wurden. Die Balkenwände des Senkkastens waren eineinhalb Meter dick und mit Pech und Werg und überdies mit einem Anstrich aus Harz und Öl abgedichtet. In über sechzig Eisenbahnwaggons wurden die Dichtungsbleche und Bolzen herbeigeschafft, die in die Holzkammern verarbeitet wurden. Das Hauptproblem beim Bau der Senkkästen lag aber nicht in ihrer Konstruktion. Wie konnten Arbeiter im Innern der Kästen arbeiten, da aus dem durchlässigen Kies ständig Wasser von unten einströmte, das sich nicht durch Pumpen beseitigen ließ! Roebling wollte, wie schon vor ihm andere Senkkasten-Fachleute, den Luftdruck ausnutzen, um dem Wasser den Zugang zu verwehren. Gewaltige Pumpen drückten ständig Preßluft in die „Kiste"; je tiefer sie sackte, um so mehr, — und zwar immer so viel, daß der Druck der Luft den Gegendruck des Wassers ausgleichen konnte. In einer Luftschleuse gewöhnte man die Arbeiter langsam an den erhöhten Druck; hatte sich in ihrem Körper Außen- und Innendruck ausgeglichen, so konnten sie ohne Gefahr in die Tiefe hinuntersteigen und fanden einen fast trockenen Untergrund vor. Ihre Aufgabe bestand darin, ringsum und gleichmäßig unter den Kanten des Senkkastens die Erde wegzubuddeln, so daß der Kasten 25
immer tiefer einsank. Künstliche Beleuchtung sorgte für die Erhellung der „Arbeitskammer", die schon eher als eine Unterwasserhalle zu bezeichnen war. Für den Transport des ausgeschürften Erdreichs aus dem Senkkasten hatte Roebling einen offenen, mit Wasser gefüllten Baggerschacht vorgesehen. Der Schacht führte von außen durch die Decke des Senkkastens in eine mit Wasser gefüllte Grube am Grunde der Arbeitskammer. Die untere Öffnung des Schachtes lag also immer tiefer als die Unterkante der Wände. Die Arbeiter kippten die ausgehobene Erde mit der Schubkarre in die Grube; Baggereimer entleerten die Grube ständig durch den mit Wasser gefüllten Schacht. Das durch die Baggereimer entnommene Wasser mußte bei diesem Verfahren ständig ersetzt werden, da die Wassersäule im Schacht dem Luftdruck in der Kammer das Gleichgewicht halten mußte.
*
Mistreß Roebling baut mit Mit Bewunderung beobachtet die Welt das Schauspiel des Pfeilerbaus an der damals größten Brücke der Erde. Sie wächst nach dem Tode des Meisters trotz mancher Widrigkeiten schnell empor. An Zwischenfällen fehlt es wirklich nicht. Einmal werden Washington Roebling und die Arbeiter eines Senkkastens von einem Luftausbruch überrascht. Die Bedienungsmannschaft am oberen Ende des Förderschachtes stürzt vor Schreck über die herausschießende Fontäne von Wasser, Sand und Steinen davon, statt den Reservelukendeckel oben im Schacht zu schließen. Die Beleuchtung erlischt. Schlagartig füllt sich die Arbeitskammer unter dem absinkenden Luftdruck mit dichtem Nebel. Das Wasser steigt. „Schließt die Reserveluken!" befiehlt Washington. „Geht nicht! Haben sich Steine dazwischen gesetzt!" ruft eine keuchende Stimme. „Wir müssen den Lukendeckel frei bekommen!" Washington tastet sich zum Förderschacht. Schon steht ihm das Wasser bis zu den Knien. Aber es gelingt ihm, den festsitzenden Lukendeckel mit den Händen frei zu wühlen. 26
Ein zweiter Unfall sollte für Washington Roebling, der inzwischen zum Oberst befördert worden war, verhängnisvoll werden. In der letzten Zeit ist der Oberst fast Tag und Nacht im Senkkasten. Er ist seinen Arbeitern in jeder Stunde ein Beispiel, setzt sich den gleichen Gefahren aus, denen auch sie trotzen. Er hält sich aber nicht an die zweistündige Arbeitsfrist, die er ihnen vorschreibt. Sein Körper ist diesen Strapazen auf die Dauer nicht gewachsen. Eines Tages trägt man ihn ohnmächtig ins Freie. Er bleibt für den Rest seines Lebens gelähmt. Im Krankenstuhl läßt er sich, so oft es möglich ist, an die Baustelle bringen und behält die Bauleitung in seinen erfahrenen Händen. In seiner Frau Emily ersteht ihm eine aufopfernde Helferin. Sie lernt Formeln und Berechnungen, verhandelt mit Ingenieuren und Vorarbeitern und berichtet jeden Abend dem Gatten über den Stand der Arbeit. Sie leiht ihm ihre Stimme, ist Sprachrohr für seine Anweisungen, sie schreibt seine Briefe und steht in Arbeitskleidung am Bau. Als der Brooklyner Stadtrat dem kranken Baumeister die
Blidt auf die alten Fahrbahnen der Brooklynbrücke 27
Niederlegung der Bauleitung nahelegt, ist sie es, die auf der Jahrestagung der amerikanischen Ingenieure ein einstimmiges Vertrauensvotum der Fachleute für Oberst Washington Roebling erwirkt. Nach zehn Arbeitsjahren geht die Brooklynbrücke ihrer Vollendung entgegen. Die Kabellegung beginnt mit dem Spannen eines vier Zentimeter dicken Hilfskabels. Es läuft an jedem Brückenende über eine Rolle und bildet mit angehängten Fahrkörben eine Art Drahtseilbahn über den East-River. „Als ob du schwebst!" lacht einer der Arbeiter in seiner luftigen Höhe. „Meinst' nicht auch Kranführer! Hier oben müßte eine Kantine hin!" „Du . . . die Mistreß läßt kein Auge von uns!" „. . . und was die übersieht, das sieht der Oberst" entgegnet der Zweite. „Wetten, daß er wieder mit dem Fernrohr am Fenster sitzt!" „Daß ein kranker Baumeister überhaupt so 'ne Brücke bauen k a n n ? " wundert sich der andere. Während der Kran heranschwenkt, deutet der Arbeitskollege in die Tiefe. „Mensch, die Brücke wird mit Geist gebaut! Mit dem Geist vom alten Roebling! Haste den noch gekannt? Der schaut uns jetzt zu . . . aus dem Himmel!" Die Sprecher verstummen nachdenklich.
Der alte Querschnitt der Brooklynbrücke Ein Arbeitssteg ist an das Hilfskabel aufgehängt worden. Nun werden, genau nach des alten Roeblings Anweisung, die Einzeldrähte für die sieben Hauptkabel ausgelegt. 300 Einzeldrähte werden zu einem Strang, 19 solcher Stränge zu einem Hauptkabel zusammengeschlossen und luftdicht und wasserdicht eng mit Draht 28
umwickelt. Von diesen Hauptkabeln führen die Stahltrossen senkrecht und schräg nach unten und halten die Träger der Fahrbahn. An diesem Abend kann Emily Roebling ihrem Gatten glücklich berichten: „Heute haben wir das Hilfskabel gespannt. Es wurde in so kurzer Zeit hochgewunden, daß der Schiffsverkehr nur für eine halbe Stunde unterbrochen zu werden brauchte." „Ich verfolgte es mit dem Fernrohr", nickt Oberst Roebling und sieht sinnend auf den Fluß und die Brücke, die nun bald fertig sein wird.
* Unter dem Salut der Geschütze, dem Heulen sämtlicher New Yorker Dampfpfeifen und dem Jubel von Millionen Menschen schreitet Präsident Garfield am 14. Mai 1883 als erster über die Brooklynbrücke. Dann sucht er die Roeblings in ihrer Wohnung in Brooklyn auf. Oberst Washington sitzt wie immer am Fenster, neben ihm Mistreß Roebling. Präsident Garfield spricht ihnen den Dank des amerikanischen Volkes aus. Aber der Oberst wehrt ab. „Danken Sie meinem Vater" sagt er, „ich habe nur vollendet, was er mir vorgeschrieben hat". Doch die Gedenktafel am Sockel des Riesenpfeilers nennt neben Johann August Roebling auch die Namen von Oberst Washington Roebling und Emily Roebling. Unter den Namenszügen steht das Wort: „Auf dem Grunde jedes Werkes finden wir die aufopfernde Liehe einer Frau."
Die wichtigste B r ü c k e "New Yorks New York entwickelt sich zur Weltstadt. Und es geschieht, was Johann August Roebling vorausgesehen hat. Fast über Nacht wachsen Häuser aus den Wiesen am Flußufer. Erste Automobile fahren über die Brooklynbrücke. Für den Straßenbahnverkehr werden Schienen hinüber geführt. Jahre später dröhnen die Hochbahnzüge von Ufer zu Ufer. Aus den Häusern am Flußufer werden die Wolkenkratzer Manhattans und Long Islands. Von ihrer steinernen Höhe wirken die 29
39 cm dicken Drahtseile, die das R i e s e n gewicht der Brücke tragen, wie zartes G e w e b e aus Filigran. D e r Brooklynbriicke g e s e l l e n sich Schwestern zu, aber k e i n e , die wichtiger wäre als R o e b l i n g s Werk. Über achtzig Jahre sind seit d e m ersten Spatenstich vergangen. A b e r noch i m m e r ist die Brücke, die einmal d a s achte W e l t w u n d e r war, ein Symbol des technischen Fortschrittes. Sie trägt geduldig u n d sicher w i e je die Last, die der Mensch ihr aufbürdet, in e l e g a n t e m Schwung ü b e r d e n East-River. D i e S p a n n w e i t e zwischen den P f e i l e r n beträgt 4 8 8 Meter, die L ä n g e der Fahrbahn ein Kilometer, die gesamte Länge v o m A u f g a n g der Westrampe bis zum E n d e der Ostrampe fast zwei K i l o m e t e r , die B r e i t e 30 Meter. Elf Meter beanspruchen die Geleise der S t r a ß e n b a h n e n , acht Meter die Eisenbahn und fünf Meter die F u ß w e g e in der Mitte. D i e B r o o k l y n b r i d g e ist die wichtigste Brücke N e w Y o r k s geblieben, das B i n d e g l i e d zwischen M a n h a t t e n und B r o o k l y n .
Roebling wirkt in die Zukunft August Johann Roebling hatte trotz seiner unermüdlichen Tätigkeit in den „Staaten" die Verbindung zu seiner Heimat nicht abreißen lassen. Wie er sich in allen Landstrichen der USA umgesehen und alle bedeutsamen Brückenbauten seiner Vorgänger eingehend studiert hatte, so wandte er immer wieder sein Interesse den Ingenieurbauten der Alten Welt zu. Während Roebling die Hängebrücke über den East River vorbereitete, trat er in briefliche Verbindung mit Franz Carl Guilleaume, der in Mühlheim am Rhein ein ähnlich großes Drahtseilunternehmen aufgebaut hatte wie Roebling in den USA. Lange Jahre verband die beiden Männer ein offener wechselseitiger Austausch ihrer reichen Erfahrungen. Diese Verbindung wurde für den deutschen und europäischen Brückenbau zu einem bedeutungsvollen Antrieb. Die deutschen Ingenieure standen dem System der Hängebrücke ablehnend gegenüber. Als aber der Wunderbau der East-Riverbrücke vollendet war und seine Belastungsprobe glanzvoll bestanden hatte, wurde Franz Carl Guilleaume zum Verfechter des neuen Baugedankens, schloß seinem Werk ein Brückenbaubüro an und beteiligte sich von hier aus an den Ausschreibungen für mehrere neue Brückenpläne im In- und Ausland. Roeblings versponnene Kabelform änderte er überzeugend zu sogenannten geschlossenen Kabeln um. Beim Roeblingschen Drahtkabel, an das die Brückenbahn gehängt wurde, lagen die einzelnen Drähte zu Hunderten in Bündeln parallel, etwa wie ein Bündel Bleistifte, die man mit der Hand fest umschließt. Wenn Roebling die Drahtbündel auch dicht umwickelte und mit einem Anstrich versah, so war die Gefahr des Rostes und des Bruches einzelner Drähte doch groß; Guilleaume wählte deshalb gewundene Drahtseile, deren Drähte sich durch ihre konische Form bei der Spannung so dicht aneinander legten, daß sie keine Feuchtigkeit eindringen ließen. Sie konnten auch einzeln einer Belastungsprobe unterzogen werden. Dreißig und mehr solcher Drahtseilkabel wurden dann zu einem mächtigen Tragkabel vereinigt Amerika behielt in der Folge das Spinnverfahren
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Schema eines Senkkastens in verkleinertem Maße Roeblings bei und entwickelte es zu hoher Vollkommenheit. Europa entschied sich dagegen im .allgemeinen für das verschlossene Kabel. Trotz dieser Unterschiede blieb aber Roeblings System der Drahthängebrücke wegweisend für die Zukunft. Seit der Vollendung der Brooklynbrücke über den East River entstanden in der neuen Welt an Großbauten u. a. die Hängebrücken Williamsburg mit 490, Manhattan mit 448, Delaware mit 526, Hudson mit 1067, San Francisco mit zweimal 709 und die Golden-Gate-Brücke mit 1280 m größter Spannweite. In Deutschland erstand, dank der Anregung der Roebling-Brücken, die erste Drahthängebrücke 1896 über die Argen in Württemberg; die Entwicklung fand ihre Krönung im Jahre 1929 mit der Vollendung der Köln-Mühlheim-Hängebrücke, der ersten bedeutenden Drahtseil-Hängebrücke in Deutschland, und der großen Autobahnbrücke Köln-Rodenkirchen, die 1941 dem Verkehr übergeben wurde. Beide Hängebrücken wurden im Kriege zerstört. 1952 wurde die Mühlheimer Brücke mit der gleichen Spannweite (315 m), aber unter 54 Prozent weniger Stahlaufwand erneuert. Umschlaggestaltung: Karlheinz Dobsky
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Monatskalender
61 Gemälde
Werkstattgeheimnisse großen Maler
der
Natur der
107 Cervantes
Das Abenteurerleben des Don Quichote-Dichters
121 V o r h a n g auf!
Hinter den Kulissen eines großen Theaters
122 B e e t h o v e n
Leben und Werk des großen Meisters Aus dem merkwürdigen Leben eines Sonderlings
123 Der Kuckuck 124 L e o n a r d o da Vinci
Der universale Genius der Renaissance
125 M a r t i n B e h a i m
Der Weltfahrer macher
und
Globus-
126 Tiefsee
Die Erforschung bodens
des
Meeres-
127 G r ö n l a n d
Entdeckung, Erschließung
Erforschung^
128 Konfuzius .
Meister
Lebensweisheit
129 E r n s t Barlach
Der
130 Suomi
Das Land der Seen und Wälder
131 Eichendorff
Der
132 K l e i n e s Tiervolk
Seltsame Tiere der Heimat
der
Menschengestalter
letzte
Romantiker
VERLAG SEBASTIAN LUX MURNAU/MÜNCHEN
was die im „Orion" von m i r berichten . . . Einen Mordsspafi hat die Geschichte dem Schimpansen Sultan und seinem Lehrmeister Professor Köhler gemacht. Liegen da zwei Stücke Bambusrohr im Käfig, beide zu kurz, um die draußen liegende Banane heranzuholen. Sultans Versuch, ein Rohrstück mit dem anderen an die Frucht heranzuschieben, läßt das verlockende Objekt unberührt. Mitten beim spielerischen Probieren aber schiebt sich durch Zufall ein Rohr mit der Mündung in die des anderen, Sultan „begreift" sofort, hilft etwas nach, und schon springt er auf, eilt mit dem nun doppeltlangen Rohr ans Gitter, zur Banane. Noch einmal fällt ihm sein locker zusammengestecktes „Werkzeug" auseinander; doch jetzt schiebt er die Stäbe bereits mit einer Sicherheit und Ruhe zusammen, als habe er nie etwas anderes getan, und holt mit dem Stock die Banane heran. Von solch interessanten Tierversuchen, von den Schönheiten und Geheimnissen der Natur und den großartigen Leistungen der modernen Technik berichtet in mehrfarbig illustrierten Aufsätzen mit prächtigen Fotos und Kupfertiefdruckbeilagen der „ORION". „ORION", die naturwissenschaftlich-technische Zeitschrift für Jedermann erscheint zweimal im Monat. Heftpreis nur 80 Pfennig. Bestellungen nehmen alle guten Buchhandlungen und Postämter entgegen. Prospekt und Probeheft direkt vom
VERLAG SEBASTIAN LUX, MURNAU vor MÜNCHEN Wie wär's mit einem Probeabonnement für die langen Winterabende?