Paralax EM
Die wundersame Göglwelt
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2 Die wundersame Welt der Gögl
Kristobal
Die Entdeckung der wundersamen Göglwelt Eine Geschichte für große und kleine Kinder...
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DIE GÖGLS Die Entdeckung der geheimen Welt
Diese Geschichte handelt von einem lieben kleinen Mädchen namens Bea, das in den Ferien am Meer ein seltsames Wesen kennenlernt und mit ihm viele schöne Abenteuer besteht. Wenn euch interessiert, was Bea und der kleine Gögl denn so alles erleben, und Ihr ein bißchen Zeit habt, dann laßt Euch von mir die Geschichte erzählen von Bea und der wundersamen Göglwelt...
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1. KAPITEL Die Reise zum Meer. Endlich Ferien! Bea stürmte die Treppen ihrer Schule im Laufen herunter. Zwei lange Monate Ferien, Ferien und nochmals Ferien. Kein Rechnen, kein Lesen, und überhaupt: zwei Monate kein Lernen - schöööön!!! Am Schuleingang warteten schon ihre Eltern, Paul und Eva, mit dem vollbepackten Auto auf sie. Bussi für den Papa, grrrooosses Bussi für die Mama, und schnell hinein in den Wagen. Bea konnte es kaum erwarten, am Ziel anzukommen. So viel hatte sie von ihren Eltern und von manchen Freunden schon über das Meer gehört, über den weißen, weichen Sand, der aus vielen, vielen Muschelschalen entstanden war und noch viel mehr Muscheln und Krebse sollten im Meer leben. Und natürlich freute sie sich auch schon auf die Brandung, die Tag und Nacht gegen die Küste rollen würde, von den sternklaren Nächten am Strand, und, und, und... Schon am Vortag hatten sie alles eingepackt, was ihnen wichtig erschien; Dann wieder ausgepackt, was zuviel
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eingepackt war; Dann wieder eingepackt, was man doch noch mitnehmen mußte. Endlich, nach ein paar Stunden hin und her,was wirklich wichtig war für den Urlaub und was eigentlich völlig unnötig sein würde, hatten sie alles fertiggehabt. Und in der Früh, als Bea in die Schule ging, um ihr Zeugnis abzuholen ( Die Noten müssen wir ja nicht unbedingt verraten, oder?), hatten dann Paul und Eva die ganzen Sachen in und auf das Auto geladen, und da war Bea wirklich froh, nicht dabeizusein. Sie wußte schon, wie das so vor sich ging: "Gib mir doch mal den Koffer rüber - nicht den, den anderen, den blauen !" "Den blauen Koffer haben wir doch schon im Kofferraum verstaut, da ist nur mehr der große blaue Koffer." "Wer hat den blauen Koffer in den Kofferraum getan? IIIICH NIIICHT!!! Habe ich nicht gesagt..." Tja, ihre Eltern waren die liebsten Eltern, die man sich vorstellen konnte, aber beim Zusammenpacken, da brach immer die große Panik aus, und jeder wußte es besser als der andere. Na, jedenfalls war jetzt alles fertig, und es ging ab in den Süden! Bea hatte sich schon in der Früh das neue,
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schöne Kleid angezogen, das ihre Eltern extra für den Strand gekauft hatten: ein dunkelblaues - rosa Kleid, in der gleichen Farbe wie ihr Badeanzug, und dazu hatte sie noch eine rosaroten Schlapphut bekommen, der irrsinnig gut dazupasste. Echt keck sah sie darin aus. Den Hut, mußte sie ihren Eltern versprechen, sollte sie immer auflassen. Da so weit im Süden die Sonne viel stärker war als Zuhause, konnte man sich da schon leicht einen Sonnenbrand holen. Und sowas konnte scheußlich wehtun, versicherten ihr Paul und Eva. Bea wußte zwar nicht, wie man braun werden konnte, wenn man so viel anhatte, aber sie dachte sich: 'Versprechen kann ich es ja vorerst ' - sie wußte schon, daß sie ihre Eltern um den Finger wickeln konnte, wenn es darauf ankam. Nach einer langen und lustigen Autofahrt erreichten sie endlich am Abend ihr Ziel: Ein kleines gemütliches Gasthaus, in dem sie sich zwei Zimmer gemietet hatten. Eines war für ihre Eltern, und ein Zimmer hatte Bea ganz für sich allein bekommen, weil sie ja doch schon groß genug dafür war! ( Eigentlich hatte Bea zu Hause solange gepenzt, bis ihre Eltern zähneknirschend nachgaben, um ihre heilige Ruhe zu haben, aber das muß man ja nicht jedem
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auf die Nase binden!) Johlend sprang Bea auf das Bett und probierte es gleich aus. Sie konnte hier genausogut Trampolin springen wie auf ihrem Bett zu Hause, und das war sehr, sehr wichtig für Bea! Aber dann ging es ans Auspacken! Bea hatte einen ganzen Koffer nur für ihre Sachen gepackt, und die mußten jetzt sorgfältig in den Kleiderschrank geräumt werden. Bea wußte, daß Eva bestimmt kontrollieren würde, ob sie es auch wirklich schön gemacht hatte, also bemühte sie sich. Nach dem Auspacken, und nachdem Eva das Zimmer angesehen hatte, wollte Bea zwar noch an den Strand, um das Meer zu sehen, aber da hatten schon noch ihre Eltern ein Machtwort zu sprechen: "Zuerst wird gegessen, und dann geht es ab ins Bett, morgen wirst Du noch früh genug zum Strand kommen !" hatte Paul gemeint. Naja, und nachdem auch Eva derselben Meinung war, blieb Bea nichts anderes übrig, als sich auf den nächsten Tag zu vertrösten. So hat die ganze Geschichte angefangen. Gestern sind Bea und ihre Eltern hier angekommen, und wie es heute weitergeht, werdet Ihr gleich erfahren....
1.Kapitel- Die Reise zum Meer
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2. KAPITEL Bea und der Gögl Heute in der Früh ist Bea sofort aus dem Bett gesprungen, viel schneller, als sie das daheim macht, wenn sie in die Schule gehen muß. Ein Blick auf die Uhr, es muß ja mindestens schon neun Uhr sein, wenn nicht noch später "OOOch, erst halb sieben; wenn ich da meine Eltern schon aufwecke, werden die aber böse sein!" Bea seufzt. Was soll sie nur machen? Das ist ja aber auch zu gemein, daß man hier sooo früh aufwacht, wo man eigentlich herrlich schlafen könnte. Zu Hause muß man aufstehen, obwohl man sich am liebsten noch fünfmal im Bett umdrehen könnte, aber das geht nicht, weil man sonst zu spät in die Schule kommt. Bea knüllt den Schlafpolster zusammen, so gemein findet sie das. Still bleibt sie im Bett liegen und horcht in das Haus hinein. Im Haus scheppern schon die Pfannen. Die Wirtin bereitet anscheinend schon das Frühstück zu. Bea denkt nach. Mit einem Ruck springt sie aus dem Bett und zieht sich an. "Vielleicht kann ich denen ein bißchen helfen, und wenn nicht, macht das auch nichts. Vor die
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Tür gehen wird ja hoffentlich nicht verboten sein." murmelt sie trotzig. Schnell die Tür einen Spalt aufgemacht, und husch, draußen ist sie. Ganz leise schleicht sie die Treppe hinunter, um ihre Eltern nur ja nicht aufzuwecken! Als Bea in den Speisesaal kommt, reibt sie sich ungläubig die Augen, so ungewöhnlich für sie ist das, was sie dort sieht! An einem langen Tisch stapeln sich alle Arten von Süßigkeiten, dazu gibt es Körbe voll herrlich duftendem, ganz frischem und knusprigen Gebäck, dann steht da noch eine große Kanne mit Kaffee und eine zweite mit Tee, dann eine kleinere , in der ganz frische Milch ist, und, und, und... " Na , so früh schon aufgestanden ? Du kannst es ja gar nicht erwarten , an den Strand zu kommen, oder?" Jetzt ist Bea aber ganz schön überrascht! Da hat sie geglaubt, das Paul und Eva noch tief und fest schlafen, dabei sind sie schon wach und helfen dem Wirt und der Wirtin fleißig, den Frühstückstisch zu decken! " Müssen wir das wirklich alles aufessen?" fragt Bea und deutet verwundert zu dem langen Tisch, "Da brauchen wir ja den ganzen Tag dazu, so viel ist es!" Paul lacht," Natürlich nicht, sowas nennt man ein Frühstücksbüffet, da nimmt man sich nur,
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was einem schmeckt. Aber nachdem wir hier nicht die einzigen Gäste sind, wird gleich soviel hergerichtet, das auch jeder genug hat. Und jetzt ab an den Tisch, wir wollen ja noch heute an den Strand oder hast Du es Dir anders überlegt?" Das ist das Stichwort für Bea. Sooo schnell hat noch keiner den kleinen Blondschopf sein Frühstück verschlingen sehen wie heute. " Puh, ich kann nicht mehr" stöhnt Bea und reibt sich den Bauch, der wie eine Kugel vorsteht. " Na wenn Du fertig bist, dann können wir uns ja auf den Weg machen," schlägt Eva vor, "hol Dir noch Deinen Sonnenhut und zieh Dir Deine Strandsandalen an, und dann können wir gehen." "Aber ich muß noch die ganzen Sachen einpacken, da brauch ich ja sooo lang!" schnauft Bea bei dem Gedanken, was sie alles noch mitnehmen will. "Alles andere haben wir schon gepackt." lächelt Eva, als sie die gaaanz, gaaanz schlimme Verzweiflung in Beas Gesicht sieht. "Habt Ihr auch wirklich alles? Die Luftmatratze, die Strandschaufeln, die..." " Jaja, haben wir alles!" lacht die Mutter. Wenn Bea auch bei den Schulsachen so gewissenhaft wäre, müsste sie die beste Schülerin der
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ganzen Klasse sein! (Aber Schulsachen einpacken, das ist natürlich viel, viel schlimmer, als die Strandsachen. Das muß also wirklich jeder verstehen!!!) So schnell kann Eva gar nicht schauen, wie der kleine Wirbelwind die Treppe raufgerannt ist, um seine Sachen zu holen! Husch, husch, und schon steht Bea fertig angezogen vor ihren Eltern. "Also, ich bin fertig! Gehen wir?" Bea kann es jetzt wirklich nicht mehr erwarten, an den Strand zu kommen! Paul verdreht die Augen: "Sag einmal, meine kleine, liebe Tochter! Siehst Du, was ich in der Hand halte?" "Ei... eine Buttersemmel?" fragt Bea mit der unschuldigsten Miene, die sie aufsetzen kann, und schaut ihren Papa aus ihren groooßen, blauen Augen an. Mit einem treuherzigen Blick, daß jeder Dackel neidisch werden könnte! "Richtig... eine Buttersemmel. Und ich würde sie gerne in Ruhe essen, bevor wir einfach so losstürmen. Ich hoffe, Du hast nichts dagegen?!" "Natürlich nicht, Papa... Aber mach schnell!" Endlich, nach wirklich endlos langen Zeit hat Paul seine Semmel fertiggegessen, und die drei können gehen. Als erste geht Bea. Nach Bea geht Eva. Sie muß immer sagen, wann Bea links oder rechts abbiegen muß. Tja, und ganz
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am Schluß keucht Paul hintendrein. ( Warum Paul hintendrein keucht? - Nun ja, Bea, ganz vorne, trägt ihren großen Sonnenhut in der Hand. Eva, als zweite, die trägt wiederum den Sonnenschirm... Und Paul, der trägt, warte einmal... Der trägt also die große Strandtasche von Eva, die kleine Strandtasche von Bea, die Luftmatratze, die Getränketasche, den Stadtplan, die Handtasche...) Als sie am Strand angekommen sind, da staunt Bea nicht schlecht: "Das ist ja riesig," freut sie sich, "der Strand ist ja wunderschön, und es sind fast keine Leute hier! Haben wir da immer soviel Platz ?" Sie sieht sich um, es sind wirklich fast keine Leute am Strand, vielleicht zwei oder drei, oder zwanzig... Paul wankt heran und läßt die vielen Taschen in den Sand purzeln. Zum Schluß setzt er sich auf die ganz große Strandtasche und wischt sich den Schweiß von der Stirn. " Aber nein," seufzt er gespielt, und lächelt dabei, "Es ist nur so: soviel ich weiß, haben die meisten Touristen keine Töchter, die schon um halb sieben aufstehen, und die Eltern nicht einmal in Ruhe frühstücken lassen, nur um an den Strand zu kommen." Er blinzelt schelmisch zu Eva hinüber, die laut anfängt zu lachen.
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"Die können alle ein bißchen länger schlafen, können sich ein bißchen länger mit dem Essen Zeit lassen und müssen dann nicht, vollbepackt wie ein Esel, hinter einem ungeduldigem kleinen Mädchen im Laufschritt zum Strand hetzen!" "Da redet gerade der Richtige," grinst Eva, "wer war denn die ganze Nacht lang wach und hat dauernd davon geredet, wie er sich schon freut an den Strand zu kommen, und wer hat mich dabei nicht schlafen lassen?" "Petze!" entfährt es Paul, während er amüsiert Bea zusieht. Die hat sich die Sandalen ausgezogen, um barfuß durch den weißen Sand zu laufen. Die ersten paar Schritte läuft sie noch zügig, aber dann... "Der Sand ist ja irre heiß!" erschrickt Bea, auf einem Fuß stehend, während sie den anderen in der Hand hält. "Lacht nicht so gemein! Das hättet Ihr mir auch früher sagen können!" schimpft sie. Sie schlüpft wieder in die Sandalen und sieht dabei Paul zu, wie er die Luftmatratze mit dem Mund aufzublasen versucht. Paul hat nämlich gesagt, daß er keinen Blasebalg mitnehmen muß, und so färbt sich sein Gesicht schön langsam über Hell- zu Dunkelrot, um dann eine gesunde dunkelviolette Färbung anzunehmen, die das Blau von Beas Badeanzug bei weitem
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in den Schatten stellt. "Na, so jung und sportlich scheinst Du ja doch nicht mehr zu sein, wie Du uns immer weismachen willst?" spottet Eva, " aber Erfahrung macht den Meister. Zumindest glaube ich, daß ich den Blasebalg das nächste Mal doch einpacken darf, oder?" "Und was ist, wenn Paul es nicht schafft, die Luftmatratze aufzublasen? Dann kann ich ja gar nicht mit ihr im Wasser schwimmen!" wirft Bea ein. "Ach, das schafft er schon," meint Eva beschwichtigend, "Wir müssen ihn nur anfeuern, Du wirst schon sehen..." Naja, Bea wartet zwar ab, aber so richtig wird da doch nichts draus. Die Luftmatratze füllt sich zwar langsam mit ein bißchen Luft, aber so schön fest, wie sie sein sollte, wird und wird sie einfach nicht. "Na gut, Ihr habt gewonnen," keucht Paul, ziemlich luftleer, "dann hole ich schnell von einem Geschäft so einen blöden Blasebalg." Er sieht sich um und seufzt. "Aber da werde ich ganz schön lange gehen müssen," meint er, als er sieht, wo der nächste Strandladen ist. Der ist nämlich miiindestens dreihundert Meter weiter weg! "Brauchst Du nicht," lacht Eva und greift in ihre Strandtasche, "nachdem ich mir Deine
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sportlichen Leistungen genauso vorgestellt habe, wie sie eingetreten ist, habe ich das Ding vorsichtshalber mit eingepackt." "Dann habe ich mich die ganze Zeit über umsonst so angestrengt? Also das finde ich ja ganz schön gerissen!" schnauft Paul, "Aber Du hast ja eigentlich recht: wer nicht hören will, muß fühlen!" Na, und mit dem Blasebalg geht es eins, zwei, drei, und schon ist die Luftmatratze fertig aufgeblasen. Und um so fester sie wird, um so mehr strahlt Bea über das ganze Gesicht. Da ist jetzt der Tag doch noch gerettet! Kaum hat Paul den Stöpsel reingedrückt, entreißt Bea sie schon ihrem Vater und läuft damit in Richtung Meer. "Aber immer in unserer Nähe bleiben!" rufen ihr noch ihre Eltern nach. "Und steig auf keinen Seeigel!" "Auf was?" Bea dreht sich um. Igel kennt sie ja, aber daß die auch im Meer leben, das ist ihr neu. "Seeigel! Das sind kleine Kugeln, so groß wie meine Faust -" Paul macht eine Faust und zeigt sie Bea, "- und die haben sehr spitze Stacheln. Wenn Du da draufsteigst tut das ganz schön weh, und wir müssen mit Dir zum Arzt gehen, damit der die Stacheln aus dem Fuß herausziehen kann!"
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"Autsch!" Bea verzieht schmerzverzerrt das Gesicht bei dem Gedanken, daß sie in den Ferien zum Arzt gehen muß. Während der Schule - Na gut, da kann man wenigstens zu Hause bleiben, aber in den Ferien - ein schauderhafter Gedanke! Gaanz, gaanz vorsichtig setzt sie jetzt einen Fuß vor den anderen, um nur ja nicht auf so ein komisches Tier zu steigen. Endlich ist sie bis zur Hüfte im Wasser. Bis dort hat sie ihre Luftmatratze vor sich hergeschoben, damit sie nur ja nicht über irgendwas Scharfes fährt und ein Leck bekommt. Aber jetzt legt sie sich endlich auf die Matratze und schwimmt ein wenig auf das Meer hinaus. Aber nur ein ganz kleines Stück, dann dreht sie wieder um. Immerhin ist das Meer nicht ungefährlich, und so weiß Bea auch, daß sie immer in der Sichtweite ihrer Eltern bleiben muß, damit sie ihr helfen können, falls sie in Schwierigkeiten kommt. Nachdem Bea ein paarmal ins Wasser gelaufen ist und sich auf der Luftmatratze wieder von den Wellen hinaustreiben hat lassen, hat sie vorerst einmal genug vom Baden. Mit der Luftmatratze unter dem Arm läuft sie zu einer Stranddusche, um sich das Meerwasser abzuwaschen. Ihre Eltern haben
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ihr gesagt, daß sie das jedesmal machen soll, wenn sie aus dem Wasser kommt, weil sonst die Haut ganz rauh wird. Aber sie hätte es auch gemacht, wenn es ihr nicht angeschafft worden wäre. Das Meerwasser ist nämlich sehr , sehr salzig , und so ist sie froh, daß sie den Geschmack aus dem Mund bekommt. Danach geht sie zu ihren Eltern zurück, die auf ihren Badetüchern liegen und in der Sonne braten. "Du Mutti, darf ich ein bißchen am Strand spazieren gehen? Ich gehe auch nicht ins Wasser!" fragt sie. "Aber ja doch. Und wenn Du aufpaßt und genau schaust, kannst Du auch Muscheln entdecken. Die kannst Du einsammeln. Aber in einer halben Stunde bist Du wieder da, sonst machen wir uns Sorgen!" "Mach ich. Bis dann!" Bea sagt's, dreht sich um und - weg ist sie. Nur ihren Strandkübel, die kleine Schaufel und das Sieb hat sie mitgenommen. Am Strand spazieren gehen und Muschelschalen suchen, davon hat sie schon gestern, beim Einschlafen geträumt, und sie freut sich schon sehr drauf. Während sie durch den weißen, weichen Sand schlendert, einmal knapp über dem Wasser, wo
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ihre Fussabdrücke gleich wieder zerrinnen, dann wieder dort, wo das Wasser ganz seicht ist und ihre Spuren im Sand lange Zeit erhalten bleiben, schaut sie ganz angestrengt vor sich auf den Boden. Und Bea hat gute Augen. Schnell hat sie schon ein paar Muscheln gesammelt, die sie in ihren Strandkübel legt. Millionen von diesen Muscheln haben diesen Strand gebildet, haben ihr ihre Eltern erzählt. Immer wenn eine Muschel abgestorben ist, zerfällt sie nach einiger Zeit zu diesem herrlichen weißen Sand, durch den Bea jetzt geht. Bea stellt sich vor, wie lange sowas gedauert haben muß, bis soviel Strand entstanden ist, wie jetzt da ist. Immer wieder hebt sie eine Muschel auf und sieht sie sich genau an. Die kleinen Muscheln legt sie wieder zurück, aber wenn sie eine etwas größere gefunden hat, hält sie die Muschel zuerst in das Wasser, um den Sand abzuwaschen. Dann kann sie auch viel besser die Farbe, die die Muschel hat, sehen. Wenn sie dann wieder trocken werden, verschwindet auch meistens der Glanz auf dem Gehäuse, und sie sehen unscheinbar aus. Paul hat ihr erklärt, daß das Salz im Meer sich als ganz kleine Kristalle auf die Muscheln legt und daß deswegen der Glanz verschwindet, wenn sie trocken werden. Aber wenn man die schönen
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Muscheln zu Hause noch einmal abwäscht und sie dann lackiert, bleibt der Glanz. Ist eine Muschel schön, dann gibt sie diese Muschel in ihren Kübel. Die kleinen Muscheln aber läßt sie wieder zurück in den Sand fallen. Sie muß immer daran denken, daß der Strand ja aus diesen Muscheln besteht. Und wenn jeder alle Muscheln, die er findet, mitnehmen würde - ja, dann gäbe es bald keinen Strand mehr, an dem man baden kann! Manchmal findet sie auch eine leere Flasche oder eine Dose im Sand liegen. Ihre Eltern haben ihr auch schon davon erzählt, daß viele Menschen, die an den Strand kommen, ihren Müll einfach liegenlassen, wenn sie wieder nach Hause gehen, und daß das gar nicht gut ist für die Tiere, die im Meer und am Strand leben. So hebt sie immer wieder eine Flasche oder eine Dose auf und geht mit ihr zum nächsten Mülleimer. Die sind hier am Strand alle paar Meter aufgestellt, und dort schmeißt Bea den Abfall hinein. Dann geht sie weiter, um wieder Muscheln zu suchen. Gedankenversunken spaziert sie am Strand entlang , als vor ihr etwas aus dem Sand herausblitzt 'Eine Muschel ist das aber nicht!' denkt sich Bea. Sie geht ein bißchen näher heran, da sieht sie,
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daß es irgend etwas Kleines ist, das sich blitzschnell wieder in den Sand eingräbt, um so näher sie herantritt. Jetzt ist Bea aber neugierig geworden. Schnell hat sie ihre rote Plastikschaufel aus ihrem Kübelchen genommen und fängt an, genau an der Stelle, an der sich dieses Kleine etwas vergraben hat, ein Loch zu graben. Immer tiefer gräbt Bea dieses Loch in den Sand. Irgendwann muß sie ja dieses komische Tier noch einmal sehen . Ob das wohl ein kleiner Krebs ist? Bea hat ja nicht viel von diesem seltsamen Ding gesehen, und sie ist natürlich schon neugierig, wie es wohl aussehen wird. Bald ist die Grube so tief , daß Bea bis zu ihrer Hüfte darin verschwindet. Plötzlich schimmert ein seltsames, flimmerndes Grün an einer Stelle durch den Sand. Bea legt ihre Schaufel weg und gräbt ganz vorsichtig mit ihren Händen weiter, dort, wo dieses seltsame Grün durch den Sand leuchtet, und siehe da, ganz langsam kommt aus dem Sand eine kleine glitzernde Flasche zum Vorschein. "Jetzt vergraben die Leute schon die leeren Flaschen am Strand!" denkt sich Bea, als sie die Flasche aus dem Sand zieht. Neugierig, wie kleine Mädchen nun halt sind (Bea meint zwar, daß sie nicht neugierig, son-
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dern nur etwas wißbegierig ist), riecht sie an der Flasche, denn sie will nur zu gerne wissen, was denn da drin war. Doch da passiert etwas sehr, sehr Sonderbares: plötzlich wird die Flasche in ihrer Hand immer größer und immer schwerer, bis sie Bea nicht mehr in den Händen halten kann und die Flasche wieder zu Boden fällt. Und sie wächst noch immer weiter und weiter, so lange, bis der Flaschenhals genauso groß ist wie Bea! Bea reibt sich die Augen, denn sie kann eigentlich gar nicht glauben, was sie da sieht. Augen zu - Augen wieder auf - die Flasche ist nicht kleiner geworden. Jetzt wird Bea aber schon etwas mulmig zumute, und sie will eigentlich nur mehr schnell zu ihren Eltern zurücklaufen, um ihnen zu erzählen, was sie da gesehen hat, aber - das Loch, das ihr noch gerade bis zu den Hüften gegangen ist, ist auch viel größer geworden! Bea kann nicht einmal mehr über den Rand hinaus schauen, so tief ist es jetzt! Da erst begreift Bea, was wirklich passiert ist, als sie an der Flasche geschnuppert hat: Nicht die Flasche ist größer geworden, sondern sie ist zu einem ganz kleinen Zwerg geschrumpft, so klein, daß sie jetzt aufrecht durch den Flaschenhals passen würde! (Und wenn Ihr Euch einmal so eine Flasche genau anseht,
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dann könnt Ihr Euch vorstellen, wie klein Bea denn nun wirklich geworden ist!) 'Was mache ich denn jetzt nur,' denkt Bea, 'ich muß doch zurück zu meinen Eltern, die werden sich schön langsam Sorgen um mich machen. Aber da muß ich ja zuerst einmal wieder größer werden! Wie mache ich das nur?' Bea ist verzweifelt.Da kommt ihr ein Gedanke:
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Vielleicht sollte sie ein zweites Mal an der Flasche riechen! Wenn sie zuerst klein geworden ist, dann kann sie so auch wieder groß werden, wer weiß? Einen Versuch wäre es auf alle Fälle wert! Als Bea ganz vorsichtig wieder zu der Flasche hingeht, hört sie auf einmal, wie etwas aus dem Inneren herausraschelt. Sie sieht in die Flasche hinein und sieht etwas herausfunkeln, wie zwei kleine Katzenaugen, die in der Nacht aufleuchten. Jetzt vergißt Bea aber schnell das Problem, das sie eben noch gehabt hat, denn jetzt bricht ihre Neugierde ( Entschuldigung, natürlich Wissensdrang!) durch! Leise schleicht sich Bea also in das Flascheninnere, so vorsichtig, wie sie wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben noch nicht war! " Aber das gibt's doch nicht!" entfährt es Bea, als sie sich an das seltsame Licht in der Flasche gewöhnt hat und erkennen kann, daß es im Inneren der Flasche fast genauso aussieht, wie draußen! Da gibt es Berge, Wälder, auch Flüsse hört Bea aus der Ferne rauschen! "Pst!!" und da, noch einmal: "Pst!!" Bea erschrickt. Von wo kommt dieses "Pst!!" denn her? Da, ein paar Meter vor Bea, ragt ein kleiner
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Felsen aus dem Boden, da könnte es hergekommen sein! Und wirklich, als sie ganz vorsichtig dorthin schleicht, bewegt sich auch irgend etwas hinter dem Felsen. "Wer ist da?" fragt Sie, und so ganz wohl ist ihr nicht dabei, aber wenn sie schon einmal in der Flasche ist, und diese seltsame Welt entdeckt hat, muß sie jetzt auch weitermachen! "Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, ich tu Dir nichts!" antwortet das Wesen und kommt hinter dem Felsen hervor. Bea hat so etwas Liebes eigentlich noch nie vorher gesehen, und sie hat das komische Etwas sofort in ihr Herz geschlossen. Tja, wie sieht denn dieses unbekannte Wesen aus? Es ist fast so groß wie Bea, hat ein hellbraunes, weiches, glänzendes Fell, einen wuscheligen Kopf, in dem zwei lustige Knopfaugen funkeln und ein rundes, sanftes Maul, das ein so breites Lachen aufgesetzt hat, daß man Angst hat, ob sich dieses Lachen denn überhaupt in dem Gesicht ausgehen kann. Es hat zwei lange spitze Ohren, wobei gesagt werden muß, daß im rechten Ohr ein so prächtiger Knoten prangt, daß jeder Seemann darauf stolz sein könnte, und einen langen, dünnen Schwanz, dessen Spitze ebenso wie die Pfoten, der Bauch und die Innenseite der Ohren in dem
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gleichen Rosarot wie Beas Sonnenhut glitzert... Als Bea in das Gesicht mit diesem breiten Lächeln sieht, muß sie auch grinsen. Zwar schafft sie kein sooo breites Lachen wie ihr Gegenüber, aber für Bea ist es schon sehr, sehr breit! "Wer bist Du, und wie heißt Du?" fragt sie den lustigen Gesellen. "Ich bin ein Gögl!" antwortet der kleine Grinsewicht, "Und wie ich heisse? Ich habe keinen Namen. So etwas gibt es hier bei uns nicht. Aber wie heißt Du? Dir werden ja deine Eltern einen Namen gegeben haben!" fragt er sogleich zurück. "Ich heisse Beate, aber alle sagen Bea zu mir.Ist auch viel schöner. Aber das verstehe ich nicht! Wenn Ihr keine Namen habt, wie ruft Ihr euch dann? Das muß ja ganz schön verwirrend sein, kann ich mir denken!" Der kleine Gögl schafft es doch wirklich, daß sein Grinsen noch ein Stückchen breiter wird! "Ach nein, das ist schon gut so! Wenn mich meine Eltern rufen, dann schnalzen sie einfach zweimal mit der Zunge, das ist mein Zeichen. Und," fügt er hinzu und seine Knopfaugen lachen mit seinem Grinsen um die Wette, "nachdem bei uns fast alle kleinen Gögls von ihren Eltern so gerufen werden, haben wir eigentlich immer eine Ausrede, warum wir
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nicht kommen, wenn wir gerufen werden. Ist doch schön, oder?" Bea denkt nach. Also irgendwie kann sie sich das auch ganz lustig vorstellen, wenn da die aufgeregten Gögleltern durcheinanderlaufen und ihre Kinder 'Herbeischnalzen`, und keines von den Göglkindern horcht hin. "Und eure Eltern sind euch gar nicht böse, daß Ihr nicht kommt, wenn sie mit der Zunge
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schnalzen? Daß kann ich mir aber nicht vorstellen!" glaubt sie das nicht ganz, was der kleine pelzige Kerl ihr da gerade erzählt hat! "Na erfreut sind sie nicht gerade, aber so richtig böse auch nicht." Er legt seinen wuscheligen Kopf auf die Seite und blickt sie aus seinen kleinen, blitzenden Knopfaugen an, "Aber wenn Du willst, komm mit mir, dann kannst Du sie ja kennenlernen! Wenn Du schon einmal hier bist, dann kann ich Dir ja auch unsere Welt zeigen. Sie wird Dir gefallen. Soviel Zeit hast Du bestimmt!" Da erschrickt jetzt aber Bea ganz heftig! Hat sie doch ganz auf ihre Eltern vergessen. Und die werden sich jetzt schon Sorgen um sie machen und den ganzen Strand absuchen! "Ich habe überhaupt keine Zeit!" antwortet sie und erklärt dem kleinen Gögl ihr Problem, nämlich daß sie eigentlich nur mit ihren Eltern an das Meer baden gefahren ist. Und jetzt muß sie zurück, und weiß nicht wie. Sie kommt ja nicht einmal aus der Grube, die sie gegraben hat, wieder heraus! Aber der kleine Gögl lacht nur und sagt: "Da brauchst Du überhaupt keine Angst zu haben! Hier, in unserer Flaschenwelt, vergeht die Zeit viel langsamer als bei euch draußen. Bis jetzt sind für deine Eltern gerade erst mal ein paar Minuten vergangen, also werden sie dich bes-
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timmt noch nicht suchen. du wirst schon noch rechtzeitig zu ihnen zurückkommen. Und wegen deiner Größe brauchst du dir auch keine Gedanken machen. Wenn ein Mensch einmal an der Flasche riecht, wird er kleiner, und wenn er es ein zweitesmal tut, dann wächst er wieder und bekommt seine alte Größe zurück!" Jetzt ist Bea beruhigt, und weil sie eigentlich gerne diese neue, unbekannte Welt kennenlernen möchte, geht sie mit dem Gögl mit...
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3. KAPITEL Die Reise durch die Göglwelt Während Bea sich mit ihrem neuen Freund auf den Weg zum Gögldorf macht, erklärt ihr der kleine Gögl einige Sachen über sich und die anderen Gögl-Wesen, die in der Flasche leben: So erfährt Bea staunend, das der Gögl schon 100 Jahre alt geworden ist. "Wie alt sind denn dann erst Deine Eltern und Großeltern?" fragt Bea ungläubig, und als der Gögl antwortet, daß seine Eltern schon 500 Jahre und seine Großeltern gar schon 1000 Jahre alt sind, schüttelt sie lachend den Kopf. "Jetzt weiß ich es, Du willst mich nur auf den Arm nehmen!" ruft sie. "So alt kann ja gar niemand werden. Glaubst Du wirklich, Du kannst mir sooo einen Bären aufbinden?" Ihr kleiner pelziger Begleiter bleibt stehen und sieht ihr tief in die Augen. "Was ist das, einen Bären aufbinden?" fragt er. Diesen Ausdruck hat er noch nie vorher gehört, aber nachdem er Bären kennt, fragt er sich natürlich, wie man so ein großes Tier
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jemand anderen aufbinden kann. "Einen Bären aufbinden, das sagt man bei uns, wenn einer jemand anderem etwas sagt, das nicht stimmt und hofft, daß der es glaubt. Und Du willst mir erzählen, daß Du 100 Jahre alt bist. Und Deine Eltern 500 Jahre und Deine Großeltern 1000 Jahre alt sind. Also willst Du mir einen Bären aufbinden!" Bea ist sich jetzt gaaanz sicher, daß das nicht stimmt, was sie von dem kleinen Kerl gerade gehört hat. Hat der doch wirklich probiert, sie, die kluge Bea, einfach für dumm zu verkaufen, ha, ha! Jetzt schaut der kleine Gögl aber gar traurig drein. "Ob Du es glaubst oder nicht, ich habe nicht gelogen." verteidigt er sich, "Wir Gögls sind zwar immer zu lustigen Streichen aufgelegt, Aber trotzdem sagen wir immer die Wahrheit....zumindest meistens!" Bea zupft ihn an seinem weichen, flauschigen, pelzigen Ärmel und meint trotzig: "Trotzdem glaube ich Dir das nicht!" "Mußt Du auch nicht. Aber trotzdem stimmt's!" Bea merkt, daß ihr Kamerad schön langsam wirklich böse wird. Kann das vielleicht doch stimmen, und sie ist im Unrecht? "Ich mein ja nur... das klingt so unglaublich,
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weißt Du? Sieh mich einmal an: Ich bin acht Jahre alt. Meine Eltern sind... wart' einmal, meine Eltern, die sind... Naja, ich weiß nicht genau, aber bestimmt noch keine vierzig Jahre alt. Und meine Großeltern sind auch nicht viel älter. Und da kommst Du und behauptest, daß Du älter bist als meine Großeltern. Natürlich kann ich das nicht so leicht glauben!" "Naja, kann ich mir vorstellen," meint der Gögl, "Aber bei uns dauert ein Jahr ja nicht so lang wie bei Euch da draußen. Ich habe Dir ja zuerst schon gesagt, daß die Zeit bei uns in der Flasche viel schneller vergeht als in Eurer Welt. Was bei uns ein paar Tage sind, ist draußen nur ein gaaanz kleiner Augenblick. Und wenn Du mit mir hier viel Zeit verbringst und ich Dir die ganze Göglwelt zeige, werden in Deiner Welt gerade ein paar Minuten oder sogar nur Sekunden vergehen. Du siehst also, für Euch da draußen bin ich gar nicht so alt, nur für unsere Welt, in der Du jetzt bist, bin ich schon 100 Jahre alt." " Und wie ist das dann mit mir?" fragt Bea, "Wenn ich in dieser Welt bleiben würde, könnte ich dann auch so alt werden wie Ihr?" Der Gögl kratzt sich mit seiner rosa Pfote sein weiches Fell zwischen den Ohren und denkt angestrengt nach:
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"Also, wenn ich ehrlich bin, ich weiß es nicht. Bis jetzt ist ja noch kein Mensch in unserer Welt geblieben. Aber wenn wir in meinen Dorf sind, kann ich ja einmal meinen Vater fragen. Vielleicht weiß der das!" Naja, so ganz kann Bea zwar noch immer nicht glauben, daß ihr neuer Freund schon sooo alt ist, aber erstens denkt sie sich, es ist vielleicht besser, den kleinen Gögl nicht zuviel zu verärgern ( Der Bursche kennt nämlich den Weg zurück, und das ist für Bea seeehr, seeehr wichtig! ), und zweitens muß sie sowieso seeehr viel herumschauen und alles ansehen, daß sie jetzt keine Zeit hat, mit ihm darüber zu streiten. In der Göglwelt gibt es so viele komische, seltsame Tiere und Pflanzen, die Bea noch nie zuvor gesehen hat: Da liegen kleine, runde Steine mitten auf dem Weg... glaubt man zumindest - und kaum ist man näher als drei Schritte an diese 'Steine' herangekommen - schwupp, springen sie in einem riesigen Satz fort! Bei dem ersten dieser 'Steine', der einfach weggehüpft ist, als Bea sich genähert ist, da ist sie ganz schön erschrocken! Aber nach dem fünften, sechsten dieser Springsteine war Bea
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schon darauf vorbereitet. Außerdem hat sie schon bald gelernt, zwischen normalen Steinen und diesen seltsamen Wesen zu unterscheiden: "Man muß immer nur darauf achten, ob unter den Steinen kleine Zehen herausschauen!" hat der kleine Gögl gesagt, und siehe da: Mit ein bißchen Übung geht das ganz prima! Dann gibt es da noch diese 'Spiralhasen'! Über die hat Bea ganz laut lachen müssen, als sie das erste Mal so einen gesehen hat! Weil die nämlich den ganzen Tag fressen, haben sie sooo einen großen, dicken Bauch, daß ihre Pfoten nur mehr links und rechts vom Körper herunterhängen, ohne aber den Boden zu berühren. Aber trotzdem können sich diese Hasen ganz schön flink bewegen: Wenn sie weiterwollen, dann rollen sie sich über ihren dicken, runden Bauch ganz einfach auf ihr Hinterteil. Und im Gegensatz zu den Hasen, die Bea aus ihrer Welt kennt, haben diese hier einen langen Schwanz, den sie wie eine Spirale einrollen können. Wenn sie sich nun auf ihr Hinterteil gedreht haben, setzen sie sich auf ihren eingerollten Schwanz. Dann federn sie sich mit diesem Schwanz einfach fort. Meistens kommen sie auch wieder auf ihrem Hinterteil auf. Aber
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manchmal hat einer von den Spiralhasen einfach zu viel Schwung genommen. Dann fällt er auf seinen dicken Bauch und springt noch eine Zeitlang auf und nieder, so wie ein aufgeblasener Gummiball, bevor er hin und herschaukelnd zum Stehen kommt! Boiiing, boiiing, macht er dabei, und das findet Bea also wirklich zum Schießen! Da wären ja noch sooo viel andere Tiere, die Bea auf dem Weg zum Gögldorf auf dem Weg und neben dem Weg sieht. Und der kleine Gögl gibt ihr auch immer eine Antwort auf ihre Fragen. Also jedenfalls findet Bea das fremde Land iiirsinnig interessant!
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Während des Gesprächs sind Bea und ihr Freund auf eine Wiese gekommen, auf der das Gras golden schimmert. Zwischen dem Gras wachsen seltsame grüne und blaue Pflanzen, deren Duft süß und angenehm ist. "Wenn Du Hunger hast, können wir etwas essen." meint der Gögl. "Hmmm, das wäre schon etwas," antwortet Bea. Sie denkt daran, daß sie ja das letzte Mal zeitig in der Früh gegessen hat. "Aber ich habe ja nichts mit und Du auch nicht!" wirft sie ein. "Na gut, dann zeige ich Dir jetzt etwas: bleib einfach stehen und atme den Duft der goldenen Wiese ein. Und Du wirst sehen, wie sich Dein Hunger stillt. Aber Du mußt wirklich gaaanz ruhig stehen bleiben, sonst passiert nichts, und Du wirst weiter Hunger haben!" Bea bleibt also neben einer grün - rot gestreiften Blume stehen und tut, was ihr der Gögl aufgetragen hat. Und sie kommt dabei aus den Staunen nicht heraus: Zuerst schmeckt der Geruch nach frischem, herrlich süßem Bienenhonig, danach nach Äpfel, Bananen, Schokolade und Palatschinken. "Und jetzt stelle Dich neben eine der blauen Blumen!" fordert sie der Gögl auf. Bea tut, was er ihr sagt, und siehe da, auf einmal spürt sie den Geschmack von frisch
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gepreßtem Orangensaft, der ihr die Kehle hinunterrinnt! "Das ist ja phantastisch!" schwärmt sie. "Du mußt immer nur an diese Sachen denken, auf die Du gerade Appetit hast." erklärt ihr der Gögl. "Dann erfüllen Dir die verschiedenen Düfte hier auf der Wiese Deine Wünsche, und Du wirst satt, ohne etwas in den Mund zu nehmen, zu kauen oder zu schlucken. Der Wunsch nach einem bestimmten Geschmack genügt, und Dein Magen wird gefüllt."
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Bea stellt sich sofort wieder neben eine der grünen Blumen und wünscht sich ein knuspriges Salzstangerl mit vieel, vieel Schinken und Käse darin. Und wirklich: Der Geschmack von ihrer Lieblingsspeise zerrinnt ihr auf der Zunge. Bea hält sich den Bauch, so satt ist sie schon. Dann sieht sie rüber zu ihrem neuen Freund. Der wischt sich gerade mit einem lauten, wohligen "Aaaah" mit seiner Pfote über das Maul. Anscheinend hat er auch gerade genug gegessen. "Und was hast Du Dir jetzt gerade zum Essen gewünscht?" fragt Bea, denn sie kann ja nicht sehen, was der Gögl gerade gegessen hat. "Ach, wir Gögls essen eigentlich alles, nur Fleisch, das will keiner von uns." antwortet ihr pelziger Kamerad. "Aber am liebsten habe ich gaaanz große Portionen Eis. Himbeereis, Zitroneneis, Kirscheis, Bananeneis, Erdbeereis, Gwitscheleis..." "Ein was?..." Bea hat noch nie etwas von einem 'Gwitscheleis' gehört, obwohl sie sich da bestimmt gut auskennt. Sie meint sogar, daß sich keiner besser als sie auskennt bei den Eissorten. Aber Gwitscheleis, das kennt sie bestimmt nicht, das weiß sie! "Gwitscheleis! Wenn Du willst, dann kannst
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Du's ja probieren. Stell Dich einfach hin und wünsche Dir den Geschmack von einem Gwitscheleis, dann weißt Du, was das ist." schlägt der kleine Geselle vor. Und Bea macht es. Stellt sich hin und wünscht sich den Geschmack von einem Gwitscheleis... Das heißt, sie WILL sich den Geschmack davon vorstellen, aber... "Wie soll ich mir den Geschmack von etwas wünschen, von dem ich nicht weiß, wie es schmeckt?" ist sie jetzt ganz verzweifelt. Sooo gerne würde sie wissen, wie das unbekannte Eis schmeckt! Der kleine Gögl legt seine Stirn in Falten und denkt nach. Gaaanz angestrengt denkt er nach! "Hmmm, hmmm..." macht er und zupft sich dabei an seinen Schnurrbarthaaren. Das ist natürlich ein Problem, das stimmt. Aber er weiß, daß es da eine Lösung gibt. Denn auch die Gögls haben ja als kleine, gaaanz kleine Göglkinder erst lernen müssen wie die verschiedenen Speisen schmecken. Wenn das nur nicht schon so lange hergewesen wäre, dann könnte er sich schneller daran erinnern, wie das bei ihm war. Aber, obwohl er noch ein junger Gögl ist, hundert Jahre ist er ja doch
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schon alt. Und hundert Jahre sind auch ganz schön lang... Auf einmal fängt er an, wieder über sein ganzes Gesicht zu grinsen. "Ich hab's!" ruft er laut aus, "Als ich noch ganz klein war, da hat mich meine Mutter oder mein Vater immer auf die Wiese mitgenommen. Und dann habe ich mich an ihrer Hand angehalten, während sie sich was zum Essen gewünscht haben, dadurch habe ich auch den Geschmack kennengelernt. Und nachdem man einmal weiß, wie was schmeckt, kann man es sich immer wieder selbst wünschen, jawohl!" Sofort ist er bei Bea und nimmt sie bei der Hand. Und Bea kann auf einmal das Gwitscheleis schmecken! Ihr wollt jetzt wissen, wie das Gwitscheleis schmeckt? Naja, da müßte jetzt schon ein Gögl bei Euch stehen, Euch fest an der Hand halten und sich ein Gwitscheleis wünschen. Auf alle Fälle schmeckt es waaahnsinnig gut, meint Bea! Sie ist überhaupt von der Wiese, die den Magen füllt, wann immer man nur daran denkt, begeistert.
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Nachdem sich die zwei sattgegessen haben (oder sollte man vielleicht besser sattgedacht sagen?), setzen sie gemütlich ihre Reise zum Gögldorf fort. Und um so weiter sie kommen, um so mehr wundersame Dinge sieht Bea. Die Bäume, die in der Göglwelt wachsen, haben ganz seltsame Formen, so anders als bei ihr zu Hause, so daß Bea ihre ganze Phantasie aufbieten muß, um sie als Bäume zu erkennen. Was Bea besonders an den Bäumen auffällt, ist, daß auf keinem einzigen von diesen komischen Gebilde irgendeine Frucht hängt. Die Bäume strahlen zwar in ihrer ganzen Pracht, mit grünen und roten und blauen Blättern, dazwischen sieht Bea die schönsten und sonderbarsten Blüten, die sie je gesehen hat! Aber es gibt nichts, das einem Apfel oder einer Kirsche oder irgendeiner anderen Frucht ähnlich schaut. "Warum tragen diese Bäume denn überhaupt keine Früchte?" fragt sie wißbegierig ihren neuen Freund. "Warum sollen unsere Bäume denn Früchte tragen? Ihre Blüten sind doch viel schöner zum Ansehen als ihre Früchte, und nachdem wir ja mit Gedanken essen, brauchen wir auch keine
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Bäume, die Früchte tragen." antwortet ihr dieser, "Die Bäume blühen bei uns zu allen Jahreszeiten, nur in verschiedenen Farben. Und diese großen Blüten haben noch einen anderen Vorteil: Weil sie so groß sind, können die Vögel darin nisten und sind dadurch vor den Raubtieren geschützt. Denn die gibt es auch bei uns, zumindest kommen sie immer wieder in den Teil der Flasche, den wir bewohnen. Aber nur manchmal." "Gibt es denn noch andere Gegenden in der Flasche außer Euren?" wird Bea sogleich neugierig. "Naja, ich habe da schon von ein paar älteren Kameraden von mir über fremde Länder hier in der Flasche gehört. Aber Genaues weiß ich auch nicht darüber, außer, daß wir dort nicht hin gehen dürfen. Aber wenn Du mehr darüber wissen willst, mußt Du meinen Vater fragen, der weiß das bestimmt!" Bea nimmt sich vor, auf alle Fälle den Göglvater zu fragen. Denn wenn sie schon hier ist, in dieser fremden Welt, will sie auch alles darüber erfahren. Ganz, ganz fest nimmt sie sich vor, jaaa nicht darauf zu vergessen! Jetzt sind die beiden schon sehr weit gegangen und Bea wird schön langsam so richtig müde.
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"Können wir nicht irgendwann eine kleine Pause einlegen? Meine Füße müssen schwer wie Blei sein. Ich kann sie fast nicht mehr heben!" klagt sie. Der Gögl sieht zum Himmel hinauf: "Naja," meint er, "es ist auch schon sehr spät geworden. Wenn Du willst, legen wir uns ein Weilchen hin und schlafen uns aus, bevor wir den Weg weitersetzen." Sprichts, und legt sich ganz einfach in eine dieser großen Blüten, die am Wegesrand überall wachsen. "Das sind Schlafblüten,"erklärt er Bea, als er ihr verdutztes Gesicht sieht, "lege Dich ganz einfach hinein und rolle Dich, so wie ich, zusammen." Er rollt sich zusammen und gähnt. Richtig lieb schaut er drein dabei, wie er daliegt wie eine kleine flauschige Katze, den langen Schwanz eingerollt, und seinen Kopf darauf legt. "Und wenn Du dich zusammengerollt hast, wird sich die Blüte über Dir schließen und Du wirst ganz herrlich einschlllllchr..." Und während er das sagt, rollt sich die Blüte um ihn ein und Bea sieht ihren kleinen Freund schlummernd in der Blüte verschwinden. "Na, wenn das so einfach ist, dann werde ich es auch probieren. Gefährlich dürfte es ja nicht
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sein." meint sie, sucht sich auch eine schöne große Blüte aus und macht, wie ihr der kleine Gögl gesagt hat. Als sie sich in die Schlafblüte gelegt hat und sich einrollt, genauso wie es ihr kleiner Freund gemacht hat, schließt sich über ihr die Blüte. Und durch den immer kleiner werdenden Spalt zwischen den Blütenblättern kann sie den blau schimmernden Himmel erkennen, wie er immer kleiner wird und schließlich ganz verschwindet. Aber obwohl jetzt überhaupt kein Licht mehr von außen in die Blüte dringt, schimmert drinnen ein seltsames Licht, das sie wie eine warme Decke einhüllt und ihr die Augen schwer werden lassen. Eine sanfte, warme Stimme dringt von irgendwo zu ihr hin und fragt sie ganz leise: "Hallo, kleine Bea! Ich bin deine Schlafblüte und will Dir zu einem schönen Traum verhelfen. Sage mir, von was Du träumen willst, und ich werde einen Traum suchen, der so ist, wie Du willst, und der zu Dir kommen will!" Bea will sich umsehen und die Stimme suchen, aber das Licht und die Stimme dazu machen sie immer müder. Sie merkt, wie ihre Augenlider immer schwerer werden, und während sie mit müder Stimme der Schlafblüte
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antwortet: "Das ist mir egal, nur schön muß er sein, mein Traum..." fällt sie in einen tiefen, wohligen Schlaf... Während sie einschläft, denkt sie noch nach über den vergangenen Tag und über die Abenteuer, die sie bis jetzt erlebt hat. Aber da gibt es noch so viele Fragen, die sie beschäftigen und die sie erst noch den kleine Gögl fragen muß... Als Bea wieder aufwacht, öffnet sich die Blüte ganz von allein wieder und das Licht von draußen blendet sie zuerst einmal, bis sich ihre Augen daran gewöhnt haben. Bea denkt nach: Seit sie hier in der Flasche ist, hat sie noch
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keinen Sonnenaufgang oder Untergang gesehen. Nein, hier leuchtet immer dieses seltsame, grünliche Licht. Während Bea über dieses Licht grübelt, öffnet sich auch die Schlafblüte von dem kleinen Gögl. Der reckt und streckt sich erst einmal, blinzelt verschlafen aus der Blüte heraus, dann gähnt er herzhaft und begrüßt sie: "Na, gut geschlafen, Bea? Also ich für meinen Teil hätte ruhig noch ein oder zwei Stunden länger schlafen können." Und noch einmal gähnt er und reisst dabei seinen Maul ganz, ganz weit auf. "Jaja,"meint Bea und lacht ihn schelmisch an, "Du siehst mir sowieso wie eine Schlafmütze aus! Aber sag mal, warum leuchtet bei Euch immer das gleiche Licht? Habt Ihr hier keinen Tag und keine Nacht, so wie bei uns?" "Nein, sowas wäre ja eine furchtbare Verschwendung von Zeit, wenn wir uns einen halben Tag lang nicht an der schönen Umgebung erfreuen können, weil wir sie im Dunkeln nicht sehen."meint ihr kleiner Freund. "Das Licht hier in unserer Flasche kommt von der Flaschenwand. Dort gibt es viele tausend kleine Kristalle, die dieses Licht ausstrahlen und unsere Flaschenwelt zu jeder Zeit in
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dieses Licht tauchen, das Du hier siehst." Er deutet nach oben, wo Bea dann auch wirklich viele, viele einzelne Sterne erkennt, aus denen das Licht besteht. "Darum schlafen wir ja auch in unseren Schlafblüten. So kann sich jeder von uns Gögls seine Zeit selbst einteilen. Wenn man müde ist, dann legt man sich einfach in die nächste Schlafblüte auf ein Nickerchen hin. Dadurch gibt es auch bei uns keine Zeiteinteilung, wie es bei Euch so üblich ist. Wir fühlen uns jedenfalls damit sehr zufrieden, denn es braucht sich keiner zu beeilen und keiner muß zu einer bestimmten Zeit irgendetwas bestimmtes machen, und das ist schön!" Bea denkt jetzt unwillkürlich an die Schule Das wäre doch wirklich angenehm, wenn sie nicht jeden Tag um punkt acht Uhr in der Klasse sitzen müsste, sondern wenn sie einfach kommen könnte, wie es ihr paßt! Ihr neuer Freund klettert aus der Blüte. "Aber jetzt komm weiter, damit wir vor unserem nächsten Schläfchen bei uns im Dorf sind! Ich bin gespannt, was meine Eltern dazu sagen werden, daß ich Besuch aus Eurer Welt mitgebracht habe ." Zusammen machen sich die beiden Freunde wieder auf den Weg in das Gögldorf.
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Nachdem sie einige Zeit gegangen sind, kommen die beiden zu einem großen, breiten Fluß. Bunte Fische in allen Farben springen immer wieder aus dem brodelnden Wasser. Das wäre ja gar nicht so ungewöhnlich für Bea, daß da ein paar Fische aus dem Wasser springen, aber diese Fische, die - zwitschern und trällern wie die Vögel! "Das sind aber seltsame Fische!" meint Bea, als sie das erste Mal so einen Fisch hört, wie er ein munteres Lied vor sich hin pfeift. "Mit diesem Pfeifen unterhalten sich die 'Quappels', wie wir sie nennen, mit uns." erklärt der Gögl. Dabei setzt er sich an das Flußufer und fängt auch an, eine Melodie zu pfeifen. Sofort springen ein paar dieser Fische gaaanz hoch aus dem Wasser und antworten dem kleinen Gögl. Bea bleibt ungläubig neben ihrem Freund stehen und schaut sich das Ganze an, mit offenem Mund, so staunt sie! "Ihr könnt Euch wirklich miteinander unterhalten? Also das finde ich echt stark!" entfährt es ihr. "Ist doch gut so!" meint der Gögl,"Nachdem wir es nicht lange unter Wasser aushalten, weil uns die Luft ausgeht, wissen wir ja gar nicht, was so alles in der Wasserwelt passiert. Und
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die Wassertiere wiederum erleben immer nur alles unter Wasser. So können uns die Fische sagen, was bei ihnen alles passiert, und dafür erfahren sie von uns, wie es bei uns ober der Wasseroberfläche zugeht!" "Aber warum könnt Ihr Euch verstehen?" wundert sich Bea, "Bei uns auf unserer Welt gibt es auch viele Fische, aber trotzdem versteht keiner von uns einen Fisch! Und auch kein anderes Tier!" "Ich weiß, und das ist sehr, sehr schade, daß Ihr Eure Tiere nicht verstehen könnt. Wir können auch Eure Tiere verstehen, wenn wir so manchmal in Eure Welt hinauskommen. Und was sie uns da sagen, das ist manchmal seeehr traurig..." der kleine pelzige Kerl macht jetzt aber ein gaaanz, gaaanz betrübtes Gesicht. "Ach so?" "Naja, ihr Menschen benehmt Euch ja nicht immer gut zu den Tieren. Fast alle Tiere auf Eurer Welt beschweren sich darüber, daß sie den ganzen Gestank einatmen müssen, den Ihr macht, und das sie in dem Mist leben müssen, den ihr meistens so einfach liegen laßt, und das ist traurig, finde ich!" Jetzt ist es Bea, die ein betrübtes Gesicht macht. "Ich glaube, da hast Du recht..."
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murmelt sie leise vor sich hin und schämt sich für die Menschen, die so etwas machen. "Aber jetzt genug geredet!" springt der kleine Gögl auf, und sieht sich suchend um. Der Weg, auf dem sie die ganze Zeit unterwegs waren, hört einfach vor dem Fluß auf und beginnt danach wieder von neuem. Doch keine Brücke führt über das reissende Wasser. "Wie kommen wir denn da rüber?" fragt Bea, und sie schauderd bei dem Gedanken, daß sie vielleicht da rüberschwimmen müssen. Denn Bea kann zwar sehr gut schwimmen, aber der Fluß erscheint ihr nun doch ein bißchen zu gefährlich dazu! "Ach, das ist ganz einfach,"meint der kleine Gögl, "über den Fluß helfen uns unsere Freunde, die Riesenkrebse. Der Fluß ist nämlich die Grenze vom Göglland, und die Riesenkrebse sind unsere Grenzsoldaten. Bis jetzt waren wir im Niemandsland, das zwischen der Göglwelt und der Euren liegt, unterwegs. Und damit nur unsere Freunde zu uns kommen können, gibt es über diesen Fluß auch keine Brücke!" Der kleine Gögl stößt einen schrillen Pfiff aus, dann noch einen zweiten , da tauchen aus dem Wasser zwei große , langstielige Augen auf.
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Den Augen folgt ein noch größerer Panzer, und dann steht plötzlich ein riesiger Krebs vor den beiden. Bea schluckt, als sie die zwei Scheren betrachtet, die der Krebs vor sich hin und her schwenkt und sich gleichzeitig auf sie zubewegt. So wie der riesige Krebs in ihre Richtung geht, tritt Bea Schritt für Schritt ein Stückchen zurück. So ganz wohl ist ihr nicht gerade in ihrer Haut. "Wenn der mich mit diesen riesigen Scheren zwickt, dann gute Nacht!"denkt sie sich. Der kleine Gögl stellt sich zwischen ihr und dem Riesenkrebs hin. "Er glaubt bestimmt, Du willst ungefragt in unsere Welt eindringen." flüstert er ihr zu, und zu dem Riesenkrebs Wächter gewandt: "Das ist Bea, eine Freundin von mir. Darf ich sie mit in unser Land nehmen?" fragt er den furchterregenden Gesellen, "ich möchte ihr gerne unsere schöne Welt zeigen, in der ich lebe!" Unwillig knurrt der riesige Wächter und antwortet: "Du weißt, daß es nicht gerne gesehen wird, wenn Unbekannte in unser Land kommen. Viel zu gefährlich könnte das für die Einwohner der schönen Göglwelt sein, wenn sie böse Gedanken in unser Land bringt! Doch ich
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kenne Dich und vertraue Dir. Steigt auf meinen Rücken, ich werde Euch über den Fluß tragen." "Nun komm schon!" sagt der kleine Gögl zu Bea, die mit einem Respektabstand neben ihnen steht. Bea und der kleine Gögl nehmen auf dem Rücken des Riesenkrebses Platz, mitten zwischen den zwei großen Scheren, an denen sie sich anhalten, und der Krebs gleitet mit ihnen in das Wasser zurück. "Wie auf einem Luftkissenboot!" schwärmt Bea, als sie sanft durch den Fluß gleiten. Schon hat sie ganz vergessen, wie mulmig ihr gerade noch war. Fest hält sie sich an der Schere an und schließt jedesmal die Augen, wenn der Riesenkrebs durch eine der großen Wellen durchtaucht. "Am liebsten würde ich gleich noch einmal auf dem Krebs hin - und herschwimmen!" lacht sie, als sie sich dem gegenüberliegenden Ufer nähern. "Ja, aber für Dich war das nicht ungefährlich" zwinkert ihr der kleine Gögl zu, "denn diese Riesenkrebse können nämlich Gedanken lesen. Und hätte er einen schlimmen Gedanken in Dir entdeckt, hätte er Dich mitten im Fluß abgeworfen, und Du wärst dann wahrscheinlich ertrunken!"
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Als er ihr Gesicht sieht, das auf einmal deutlich an Farbe verloren hat, beeilt er sich aber zu ergänzen: "Aber natürlich hat er vorher schon Deine Gedanken gelesen und hat erkannt, das Du keine bösen Absichten hast." Jetzt ist Bea aber schon sehr beruhigt. In der Zwischenzeit haben sie auch schon das andere Ufer erreicht. Nachdem sie wieder runtergeklettert sind, bedanken sie sich noch bei ihrem Helfer und gehen zu Fuß weiter. "Und wie hast Du gewußt, daß ich nichts Böses im Schild führe?" will sie aber jetzt wissen. Der pelzige Geselle grinst wieder sein Grinsen, bei dem man nicht weiß, ob sein Gesicht dafür ausreicht, so breit ist es: "Das ist ganz einfach. Du wirst doch schon den Knopf in meinem rechten Ohr bemerkt haben? Also der ist nicht nur deswegen, damit die beiden Ohren gleich lang sind, sondern mit denen spüren wir auch, ob uns Gefahr droht. Hättest Du etwas Schlimmes mit mir vorgehabt, hätte mein Knoten angefangen zu jucken, und ich wäre nicht stehengeblieben, als Du mich gesucht hast. Da hätte ich mich schon viiiel schneller versteckt, und Du hättest mich bestimmt nicht gefunden!" Bea denkt nach: "Aber wenn bei Euch im
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Göglland keiner böse Pläne hat, warum braucht Ihr dann so ein Ding? Das verstehe ich eigentlich nicht!" Jetzt wird der kleine, lustige Kerl nachdenklich. "Du weißt ja schon, daß wir nicht die einzigen Einwohner in der Flasche sind. Es stimmt zwar, daß bei uns im Göglland alle nett und ehrlich sind und keinem etwas zuleide tun wollen. Aber hier in der Flasche gibt es viele Länder, wie ich Dir ja schon gesagt habe." Er sieht jetzt sehr ernst drein. "Und nicht alle Einwohner dieser Länder sind jedem gut gesinnt. Ganz zu schweigen von Eurer Welt, die wir auch manchmal besuchen!" Er blickt dabei Bea an, und Bea bekommt auf einmal ein schlechtes Gewissen.Der kleine Gögl hat ja so recht! Es gibt ja wirklich viele böse Menschen auf der Welt. "Und darum brauchen wir unser Warnsystem, damit wir nicht unnötig in Gefahr kommen!"fährt ihr Freund fort. "Aber jetzt mach kein trauriges Gesicht, sondern erfreue Dich lieber in unserer Welt und lache wieder ein bißchen. Das paßt Dir nämlich viel besser! Außerdem sind wir gleich in meinem Dorf, und das wird Dir bestimmt gefallen!" Hand in Hand (oder besser gesagt: Hand in
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Pfote) marschiert das ungleiche Gespann weiter, bis sie endlich zu einem Hügel kommen. "Gleich hinter dem Hügel ist mein Dorf! Jetzt freue ich mich aber schon auf meine Eltern und meine Freunde. Du wirst sehen, die sind auch alle sehr lieb. Du wirst Dich bestimmt mit ihnen gut verstehen!"
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4. KAPITEL Bea und das Gögldorf Als Bea und ihr Begleiter die Kuppe des Hügels erreichen, bietet sich Bea ein wunderschönes Bild: Vor ihnen, an einem kleinen Bach gelegen, der sich in weiten, weichen Bögen durch blühende Wiesen und kleine Wälder schlängelt, sieht sie endlich das Gögldorf, von dem sie schon viel von dem kleinen Gögl gehört hat. Er hat ihr zwar sein Dorf schon in den schönsten Bildern geschildert, aber in Wirklichkeit ist es noch viiiel, viiiel schöner, als sie sich erwartet hat! Wie aus einem Bilderbuch über alte, vergangene Zeiten, so liegt es vor dem kleinen Mädchen, das sich in die Wiese setzt und das Dorf eingehend aus der Ferne betrachtet. "Oooch, ist das schööön!" ist sie von dem Bild überwältigt. Der kleine Gögl setzt sich neben ihr in das weiche, hohe Gras und legt seine Pfote um ihre Schulter. "Gefällt mir mein Dorf?" fragt er sie nicht ohne
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Stolz in seiner sanften Stimme. "Ich finde das einfach ganz, ganz toll!" antwortet sie und der kleine Gögl rollt ganz glücklich mit seinen Knopfaugen. Er hat nämlich schon ein bißchen Angst gehabt, daß sein kleines Dorf seiner neuen Freundin doch nicht so gefällt, wie er sich erhofft hat. Aber seine Sorgen waren gaaanz unnötig: Bea ist von seinem Dorf einfach begeistert! Er deutet mit seiner flauschigen Pfote auf ein kleines, rundes Haus am Anfang seines Dorfs. Es hat hellgrüne Wände, in dem kleine, rote Fenster prangen, und ein strohbedecktes Dach. An den Fenstern sind außen kleine Blumenkörbe angebracht, in denen Pflanzen in allen möglichen, bunten Farben schillern. Rote, grüne und blaue Blüten sieht sie darin, und auch ein paar gelbe und rosafarbene! Vor der Türe gibt es einen kleinen Garten, in dem ein paar dieser seltsamen Bäume wachsen, die nur Blüten, aber keine Früchte tragen. Zwischen zwei der Bäume schaukelt eine kleine Hängematte im Wind, und in der Hängematte liegt ein älterer Gögl und schläft. "Der da, in der Hängematte, das ist mein Vater." sagt Beas Begleiter und stößt zwei
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schrille Pfiffe aus. Sogleich richtet sich der Gögl in der Hängematte auf und schaut suchend zu ihnen hinüber. Als er sie sieht, springt er auf und winkt ihnen zu. Der kleine Gögl springt auf . "Komm schon!" ruft er Bea zu und läuft den Hang hinunter. Bea folgt ihm, und schon bald hat sie ihn eingeholt. Gemeinsam laufen und springen und kugeln die beiden durch die hohe Wiese den Hang hinab, in Richtung zum Gögldorf. Und während sie durch die Wiese stürmen, fliegen tausende kleine Vögel und Insekten neben und vor ihnen auf und suchen das Weite. Gelber, weiser und roter Blütenstaub wird von den beiden hochgewirbelt und bildet bald eine durchscheinende, schimmernde Wolke, die sie umhüllt und auf dem Weg nach unten begleitet. Bald sind sie an dem kleinen Bach angelangt, der vor dem Dorf ruhig dahinplätschert. Und wie in dem großen Grenzfluß, springen auch hier wieder die Quappels wild durcheinander und stimmen ihre Lieder an. Der ganze kleine Bach scheint vor sich hin zu zwitschern und zu trällern, und der kleine Gögl stimmt in seine Melodie ein.
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"Was hast Du ihnen denn jetzt gesagt?" will Bea von ihrem Freund wissen. "Die Quappels haben mich gefragt, wo ich denn so lange war, und was ich getan habe!" antwortet der und trällert lustig weiter. "Und ich habe ihnen geantwortet, daß ich in der Menschenwelt war, und daß ich Dich dort getroffen habe, und daß Du mit mir mitgekommen bist, um unsere Welt kennenzulernen." er lacht laut auf, "und sie haben mir sofort gesagt, daß ich Dir die Angel wegnehmen soll, wenn Du eine mithast. Die Quappels halten nämlich gaaar nichts davon!" Jetzt lacht auch Bea! Sie hat noch nie in ihrem Leben geangelt und würde das auch nie tun, weil ihr die Fische dabei leid tun. Aber daß das die erste Frage der Quappels ist, ob sie ja keine Angel mithat, das findet sie seeehr lustig! "Du kannst ihnen ausrichten, daß ich bestimmt nicht vorhabe, Quappels zu fangen! Ich habe noch nie geangelt!" meint sie verschmitzt zu ihrem pelzigen Freund, und der trällert gleich wieder so eine lustige Melodie vor sich hin, aber - auf einmal kann sie verstehen, was der kleine Gögl und die Quappels miteinander reden! "Warum verstehe ich auf einmal das Pfeifen
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von Euch?" ist sie ganz verwundert. Ihr neuer Freund lacht verschmitzt. "Das ist deswegen, weil die Quappels erkannt haben, daß Du nichts Böses willst. Und darum reden sie jetzt in der Sprache, die auch Du verstehen kannst. Denn jetzt brauchen sie ja keine Angst mehr zu haben!" Und wirklich, auf einmal springt einer der Quappels ganz knapp vor Bea aus dem Wasser. "Bist Du das erste Mal hier?" fragt er sie. "Du mußt nur irgendeine Melodie pfeifen und Dir dabei denken, was Du sagen willst. Dann kann er Dich auch verstehen." erklärt ihr noch schnell der Gögl. Bea fängt an zu pfeifen und denkt sich dabei: "Ja, ich bin das erste Mal bei Euch, und es gefällt mir hier seeehr gut!" "Wenn es Dir bei uns gefällt, dann ist es gut. Dann bist Du bei uns herzlich willkommen!" zwitschert der Quappel zurück, als er das nächste Mal aus dem Wasser springt. Bea möchte sich noch gerne länger mit diesen seltsamen Fischen unterhalten, aber sie sieht, wie der kleine Gögl schon unruhig wird. Klar, weil er ja heim zu seinen Eltern will, immerhin ist er seeehr lange weggewesen! So gehen die beiden weiter, bis sie zu der kleinen Brücke kommen, die über den Bach
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führt. Währenddessen schwimmen die lustigen Bachbewohner neben ihnen her und unterhalten sich weiter mit Bea, denn sie sind natürlich neugierig, wie es wohl in Beas Welt aussieht, und sie möchten gerne mehr darüber erfahren! Als sie über die Brücke gehen, pfeifen ihnen die Quappels hintennach: "Komm bald wieder, Bea, und erzähle weiter von Deiner Welt!" In der Zwischenzeit sind immer mehr Gögls aus ihren Häusern gekommen und warten schon ganz neugierig auf die beiden Ankömmlinge. Der kleine Gögl wird immer schneller, schließlich fängt er an zu laufen, das heißt: Laufen kann man das nicht so richtig nennen, was er da so macht. Es ist irgendso ein Mittelding zwischen Laufen, Hoppeln und manchmal, wenn er nicht aufpaßt, auch Dahinrollen! Bea hat Mühe, mit ihrem Freund mitzuhalten, der immer schneller wird, bis er am Schluß ganz auf das Laufen und Hoppeln verzichtet und mit rasender Geschwindigkeit dahinrollt, und dabei immer wieder vor lauter Aufregung und Wiedersehensfreude mit der Zunge schnalzt. Und die anderen Gögls, die vor dem Dorf auf ihn warten, schnalzen genauso vor Freude mit der Zunge und machen dabei einen so einen
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Lärm, daß sich Bea ihre Ohren zuhalten muß, so laut sind sie! Keuchend bleibt sie stehen und sieht ihrem Begleiter nach, von dem sie nie geglaubt hätte, daß er sooo schnell sein kann. Aber er weiß anscheinend selbst nicht, wie schnell er ist, denn er rollt immer schneller und schneller auf das Dorf zu, und Bea hat jetzt schon langsam Angst, daß er rechtzeitig stehenbleiben kann! Und wirklich: Umso näher der kleine Gögl dem Dorf kommt und um so schneller er dabei wird, um so größer werden die Augen von seinen Eltern und von seinen Freunden, die da vor dem Dorf auf ihn warten und eigentlich mitten im Weg stehen. "Haaalt! Haaalt! Nicht so schnell!" hört sie Bea noch rufen, und dann sieht sie, wie sie in Panik auseinanderspringen und der kleine Gögl wie ein Blitz zwischen ihnen hindurchrollt! Er rollt zwischen seinen Freunden durch, rollt bei seinen Eltern vorbei, rollt zwischen die beiden Bäume, zwischen denen die Hängematte gespannt ist, reisst die Hängematte mit und wickelt sich hoffnungslos darin ein. Dann rollt er noch immer weiter, durch die offene Tür mitten in das Haus hinein - und dann hört Bea aus dem Haus nur mehr ein Scheppern und Klirren!
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Vater und Mutter Gögl werden bleich im Gesicht und stürzen hinter ihrem Sohnemann in das Haus hinein. "Mein Geschirr!" hört Bea Mama Gögl schimpfen, und "Meine Bilder!" - das war Papa Gögl! Gleich danach wankt der kleine Wirbelwind aus dem Haus heraus, und alle, aber wirklich alle Gögls, die vor dem Haus auf ihn gewartet haben, fangen jetzt an, gaaanz laut zu lachen! Er sieht aber auch wirklich zu lustig aus, wie er da jetzt vor dem Eingang steht, eingewickelt in der Hängematte, sein Kopf steckt in einem Bilderrahmen und die beiden Füße in Kochtöpfen, der linke in einem roten, der rechte in einem blauen Topf. Während der kleine Gögl sich abmüht, um sich aus der Hängematte zu befreien, kommen Papa und Mama Gögl aus dem Haus und gehen sogleich zu Bea, um sie zu begrüßen. "Ich bin der Vater von diesem Lümmel, und das da neben mir ist seine unglückliche Mutter!" stellt sich Papa Gögl vor, "Und wie heißt Du? Du hast doch bestimmt einen Namen, oder habt Ihr das bei Euch da draußen schon abgeschafft, jedem einen Namen zu geben?" "Aber nein, ich heiße Beate, aber jeder ruft
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mich Bea!" "Na gut, Bea. Herzlich willkommen bei uns im Göglland, ich hoffe, es gefällt Dir hier bei uns?" Bea merkt, daß der Gögl, der vor ihr steht, bestimmt der Vater von ihrem neuen Freund sein muß. Denn er kann genauso breit über das ganze Gesicht grinsen, wie es sein Sohn immer zeigt! Überhaupt findet sie ihn waaahnsinnig nett, und sie fühlt sich sofort wohl bei den Eltern des kleinen Gögls, die sie gleich in ihre Mitte nehmen und sie zu den anderen begleiten, die schon gaaanz neugierig auf Bea warten! Und diese stehen da und wissen nicht, was sie zuerst machen sollen: Weiterlachen über den kleine Tolpatsch, der gerade seine Kopf aus dem Bilderrahmen zieht, oder Bea zu begrüßen und sie zu fragen, wie es draußen, in ihrer Welt aussieht. Naja, und dann entscheiden sich auf einmal alle gleichzeitig dafür, Bea zu begrüßen und sie über ihre Welt auszufragen. Bea kann jetzt gar nichts mehr verstehen, weil alle durcheinanderreden und rufen und dabei immer wieder vor Aufregung mit der Zunge schnalzen und das eigentlich alles nur mehr ein lautes Durcheinander ist! Und auch dem Papa Gögl wird es jetzt zu bunt
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und zu laut: "Rrruhe!" versucht er, die anderen Gögls dazu zu bringen, zum Reden aufzuhören, und noch einmal: "Rrrrruhe!!!", jetzt aber schon lauter! Und siehe da, es wirkt. Nach und nach wird es leiser um Bea, bis sie endlich wieder die Hände von ihren Ohren geben kann. "Wie kann denn die Arme Euch allen zugleich antworten?" fragt er jetzt die anderen und blickt dabei seeehr, seeehr streng drein! "Wir wollten doch nur... Wir haben doch nur... Ich sagte doch nur..." - wieder fangen alle Gögls gleichzeitig an, einfach durcheinander zu reden, und Papa Gögl schüttelt seufzend den Kopf. "Manchmal könnte man glauben, man ist unter lauter Kindern," meint er entschuldigend zu Bea, "Aber Du mußt sie verstehen, es kommt nicht oft ein Mensch zu uns auf Besuch, da sind sie natürlich seeehr neugierig." Und zu seinen aufgeregten Kameraden: "Ich schlage vor, wir werden es uns gemeinsam vor unserem Haus gemütlich machen, und dann kann uns Bea - so heißt unser Gast in Ruhe von ihrer Welt erzählen. Ich glaube, so geht das am besten!" Die anderen Gögls nicken zustimmend , als sie den Vorschlag von Papa Gögl hören.
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Sofort hören sie auf, durcheinander zu reden, und laufen nach Hause, um sich etwas Schönes anzuziehen. "Siehst Du, so sind sie, lächelt Papa Gögl , als endlich Ruhe eingekehrt ist , zu seinem ungewöhnlichen Gast. " Also ich finde sie süüüß!" lacht Bea zurück, und sie versucht dabei, genauso breit über das ganze Gesicht zu grinsen, wie Papa Gögl. "Naja, sag das nicht zu laut, sonst wirst Du sie nicht mehr los!" warnt Mama Gögl, "Sie sind zwar wirklich überaus lieb, aber sie können auch sehr lästig werden. Du mußt immer daran denken, daß wir hier im Göglland nichts arbeiten brauchen, darum haben wir den ganzen Tag Zeit. Und da ist so ein seltener Gast von der Menschenwelt, wie Du es bist, natürlich für jeden von uns eine willkommene Abwechslung. Und das kann für Dich seeehr anstrengend werden!" "Aber das stimmt ja gar nicht!" wirft der kleine Gögl ein, der sich endlich von seinem unfreiwilligen Schmuck befreit hat und nur mehr mit einem Kochtopf, nämlich dem roten auf dem linken Fuß, kämpft. Wir sind nicht lästig, nur manchmal..." "Nur manchmal lästig?" schielt ihn Mama Gögl aus zusammengekniffenen Augen, um die sich
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viele, viele Lachfalten bilden, an. "Aber nein, laßt mich doch auch einmal ausreden! Wir sind nur manchmal etwas wißbegierig und verspielt..." "Also doch lästig!" "Das ist gemeiiin! Wir sind nicht..." "Lästig?" lacht jetzt auch Bea mit, und der kleine Gögl verzieht sein Maul zu einem wirklich gaaanz schlimmen Schmollmund! "Aber Du brauchst Doch nicht gleich beleidigt zu sein!" versucht Bea ihren Freund zu trösten, aber der macht nur "Mmmm!" und trollt sich in das Göglhaus, und dabei macht er: 'Qutschsch...' wenn er mit dem rechten Fuß auftritt, denn in dem blauen Topf war Wasser drin, und jetzt ist sein rechter Fuß durch und durch naß, und 'KlingKlong...' mit dem linken, denn da steckt noch immer der rote Topf drauf. "Siehst Du, so gefällt er mir am besten!" lacht Papa Gögl, als sein Sohnemann im Haus verschwindet. "Das habe ich aber nicht gewollt, daß er jetzt böse ist." meint Bea. "Ach, da brauchst Du keine Angst zu haben." beruhigt sie Mama Gögl, "Ich habe noch nie einen von uns Gögls gesehen, der es länger als fünf Minuten ausgehalten hat, böse zu sein!" "Wir sind nämlich alle der Meinung, daß es ver-
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lorene Zeit ist, wenn man sich über etwas ärgert," klärt sie jetzt Papa Gögl auf, "und darum kann keiner von uns wirklich lange böse sein. Unser Sohn ist da auch keine Ausnahme davon..." Und wirklich: Kaum hat Papa Gögl ausgesprochen, hört Bea ihren kleinen Freund schon wieder herzlich lachen: "Haha, ist das lustihihig!" tönt es aus dem Haus. Bea folgt Papa und Mama Gögl ins Haus. Dort steht der kleine Gögl vor dem Spiegel und muß gaaanz fürchterlich darüber lachen, wie er aussieht, mit dem Topf am Fuß! Und auch die drei müssen jetzt wieder anfangen zu lachen. Er sieht ja wirklich zu lustig drein! Endlich, nach langer, langer Zeit hört der kleine Gögl auf zu kichern. Er hält sich den Bauch, weil ihm der schon wehtut vor Lachen, und setzt sich nieder. "Ich bekomme dieses blöde Ding einfach nicht runter!" schaut er hilfesuchend in die Runde. "Soll ich Dir helfen?" fragt Bea und geht sogleich hin, um an dem Topf anzuziehen. "Vorsicht, das ist eine Falle!" will sie noch Mama Gögl warnen, aber zu spät! Dieser Schelm hat doch tatsächlich den Topf
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gaaanz, gaaanz locker auf den Fuß gestülpt gehabt und hat nur darauf gewartet, daß Bea daran zieht. Als sie jetzt den Topf mit einem kräftigen Ruck vom Fuß reißen will, hat sie natürlich viel zuviel Schwung. Mit dem Topf in der Hand stolpert sie rückwärts, aus der Türe hinaus und fällt draußen rücklings in die Wiese vor dem Haus! Ganz verdutzt liegt Bea da im Gras und weiß gar nicht, was eigentlich passiert ist. Und jetzt ist es der kleine Gögl, der aus dem Haus kommt und über das ganze Gesicht grinst! Hinter dem Schlingel tauchen seine Eltern in der Türe auf und können sich auch nicht das Lachen verkneifen, als sie Bea wie eine Schildkröte auf dem Rücken liegen sehen. "Tut mir leid," meint Papa Gögl grinsend und hilft ihr dabei wieder auf die Füße, "aber ich habe Dir ja gesagt, daß er nicht lange ernst sein kann. Er hat halt immer blöde Streiche im Kopf!" "Das macht nichts! Aber ich kann ihm auch einige Streiche spielen, der soll nur aufpassen!" lacht Bea und putzt sich ab. In der Zwischenzeit sind auch schon die ersten Gögls gekommen. Sie haben sich alle fein gemacht für das Treffen mit Bea! Gaaanz liebe Hüte haben sie aufgesetzt, so wie
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sie Bea aus Bildern von alten Ritterzeiten kennt, wie umgedrehte Schultüten, von deren Spitzen lustige Bänder und Quasten herunterhängen. Manchmal baumeln auch kleine Glöckchen, die bei jeder Bewegung läuten, von den bunten Hüten. Dann haben sie noch kleine Jäckchen an, die in allen möglichen Farben leuchten: blau, gelb, rot, grün, und, und, und... Ihre Füße stecken in genauso bunten Stiefeln, von denen, wie von den Hüten, Bänder und kleine Glöckchen baumeln. Und während Bea die bunte Gesellschaft mit offenem Mund bestaunt, haben sich auch Papa und Mama Gögl, und natürlich auch der kleine Gögl schön gemacht. Gemeinsam mit den Gästen werden jetzt gaaanz schnell im Garten Tische und Stühle aufgestellt. Mama Gögl holt noch viele, viele Tassen und Krüge aus dem Haus und stellt sie auf den Tisch. "Kommt schon, setzt Euch nieder und laßt uns anfangen!" fordert Papa Gögl seine Kameraden auf. Und alle, alle setzen sich sofort rund um den großen Tisch und jeder will dabei neben Bea sitzen! "Ich sitze rechts neben ihr!... Nein, ICH sitze neben ihr!... Ich will aber da sitzen!..." so geht
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das eine Zeitlang, bis Papa Gögl ein Machtwort spricht! "Also sooo geht das nicht! Ihr könnt nicht alle neben unserem Gast sitzen. Ich schlage vor, wir werden Bea den Ehrenplatz zuteilen, und der ist neben den Gastgebern. Also wird sie zwischen uns sitzen!" Und so geschieht es dann auch. Bea sitzt zwischen Mama und Papa Gögl, und rundherum hat die bunte Gesellschaft mit dem üblichen lauten Durcheinander Platz genommen und wartet jetzt ungeduldig darauf, daß Papa Gögl als Gastgeber das Treffen eröffnet. Endlich steht Papa Gögl auf und nimmt die Tasse, die vor ihm am Tisch steht, in seine Pfote. "Liebe Bewohner der Flasche, ich möchte unseren Gast herzlich im Namen unseres Dorfes begrüßen und hoffe, daß es ihm bei uns gefällt!" Sofort stehen jetzt auch die anderen auf und heben ihre Tassen. " Auf unseren Gast!" sagen sie gemeinsam und führen ihre Tassen an das Maul. Auch Bea will jetzt aus ihrer Tasse trinken, aber - da ist ja gar nichts drin! "Du mußt die Augen zumachen und Dir das wünschen, was Du trinken willst!" raunt ihr der
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kleine Gögl zu, der die Ratlosigkeit in ihrem Gesicht bemerkt hat. "Genauso wie auf der Wiese?" fragt Bea zurück. "Genauso wie auf der Wiese!" bestätigt der. Und Bea macht die Augen zu und wünscht sich jetzt eine groooße Tasse Kaffee mit viiiel Milch und Zucker, und schon spürt sie, wie das Gewünschte die Kehle hinunterrinnt. Als sich alle wieder gesetzt haben, fragt Bea sogleich: "Warum habt ihr alle Tassen zum Trinken, wenn da gar nichts drinnen ist und Ihr Euch sowieso denkt, was Ihr trinken wollt?" Mama Gögl denkt zuerst kurz nach, dann antwortet sie: "Das ist bei uns ein alter Brauch, daß wir bei Festen und Feiern so wie in alten Zeiten aus Tassen oder Gläsern trinken und von Tellern essen. Nur daß wir nichts mehr in den Tassen und auf den Tellern brauchen, weil wir uns schon seit langem einfach wünschen können, was wir essen und trinken wollen." "Habt Ihr das früher nicht gekonnt?" will jetzt Bea wissen. "Nein, früher mußten wir, genauso wie Ihr Menschen, wirklich essen und trinken, um uns zu ernähren und nicht zu verhungern. Erst
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durch den Zauber eines alten Weisen aus unserem Göglland, dem die Tiere und Pflanzen, die wir assen, ihr Leid schilderten, sind wir nicht mehr darauf angewiesen. In den Tieren und Pflanzen unserer Welt leben nämlich die Seelen unserer Vorfahren weiter, bevor sie wieder als Gögl auf unsere Welt zurückkommen!" "So lebt Ihr immer weiter?" wundert sich Bea jetzt. "So wird es seit Anfang unserer Zeit erzählt," erklärt jetzt Papa Gögl dem neugierigen Mädchen, "Die Geschichte unserer Welt ist uralt und wird seit vielen, vielen Jahren und unendlichen Generationen von Gögl zu Gögl weitererzählt." In der Zwischenzeit ist es mucksmäuschenstill an dem großen, runden Tisch geworden. Denn alle Gögls, die hier sitzen, lauschen jetzt der Geschichte, die Papa Gögl erzählt, nämlich der uralten Geschichte vom Göglland...
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5. KAPITEL Die Geschichte vom Göglland "Es begann alles vor langer, langer Zeit," fängt Papa Gögl an, zu erzählen, "als noch alle Lebewesen gemeinsam in einem einzigen, riesigen Land lebten, das unendlich weit war und keine Grenzen zu haben schien. In diesem Reich wohnten nicht nur die Gögls, sondern auch die Menschen und alle, aber wirklich alle Tiere in Frieden nebeneinander. Dieses Land wurde von niemanden regiert, denn nachdem es keinen Streit und keinen Zank zwischen den Einwohnern gab, mußte auch keiner da sein, um zu entscheiden, wer recht hatte und wer nicht. So gingen die Tage und Jahre ins Land, und die Bewohner lebten glücklich und zufrieden nebeneinander her. In diesem großen Land gab es viele Sonnen, die das ganze Reich in ein gleichmäßiges Licht eintauchten, so daß es nirgendwo einen Schatten gab und jeder seinen Platz am Licht hatte. Und jeder konnte sich das, was er zu essen
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und zu trinken wollte, einfach wünschen, dadurch mußte niemand eine Pflanze ausgraben oder ein Tier töten, um satt zu werden." "Das muß ja iiirrsinnig schön gewesen sein, damals!" wirft Bea ein. "So wird es jedenfalls erzählt," fährt Papa Gögl fort, "es muß wirklich eine schöne Zeit gewesen sein, damals, als es noch keinen Streit und keinen Krieg gab und alle Einwohner gleichermaßen satt wurden. Doch irgendwann war es leider mit dem großen Frieden aus! Als die Sonnen nämlich sahen, daß die Erde genug Licht abbekam, aber einige andere Sterne im Dunkeln sein mußten, beschlossen sie, ihr Licht auf alle Sterne im Universum aufzuteilen. Und so blieb nur eine einzige Sonne bei der Erde. Das ist die Sonne, die noch immer ihr Licht auf unseren Planeten wirft. Die anderen Sterne aber teilten sich im ganzen Weltall auf, so daß jeder Planet ein bißchen Licht abbekam und nicht weiter im ewigen Dunkel dahinleben mußten. Nun passierte aber etwas Sonderbares, an das die Sonnen nicht gedacht hatten: Weil die Erde nämlich eine Kugel ist, konnte die Sonne, die alleine dageblieben war, nicht mehr alle
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Winkeln der Erde in ihr Licht tauchen. Und so kam es, daß eine Hälfte der Erde Licht von der Sonne bekam, die andere aber im Dunkeln lag. Dieses Dunkel nennt ihr Menschen 'Nacht'." "Aber in der Nacht leuchtet auch manchmal der Mond!" weiß Bea sofort zu korrigieren. "Das stimmt allerdings. Nur leuchtet der Mond nicht mit seinem eigenen Licht, sondern mit dem Licht der Sonne! Es war nämlich so, daß für manche gaaanz kleine Planeten, so auch für den Mond, keine eigene Sonne da war, die ihm ihr Licht schenken konnte. Und so suchten sich die meisten dieser Winzlinge einen größeren Bruder, mit dem sie sich von nun an das Licht der Sonne teilten. Und Euer Mond fand sich halt die Erde, bei der er blieb, um auch etwas Licht der Sonne abzubekommen. Und so wandeln Erde und Mond seit dieser Zeit gemeinsam um die Sonne. Und jedesmal, wenn der Mond hinter oder neben der Erde ist, strahlt er so das Licht der Sonne, das ihn trifft, auf die Erde zurück und erhellt so die dunkle Nacht ein bißchen. Aber das Licht vom Mond ist einfach zuwenig, um auch die andere Seite der Erde genauso stark zu beleuchten wie die, die auf der
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Sonnenseite ist. Und so ist seit diesem Zeitpunkt die Erde nie mehr überall gleich hell gewesen! Aber das hatte seeehr, seeehr schlimme Folgen für die Bewohner der Erde: Weil das Licht der Sonne ja nicht nur die Erde erhellt, sondern auch Wärme und Energie mit auf unseren Planeten bringt, ergab es sich jetzt, daß diejenigen, die auf der Schattenseite der Erde lebten, einfach zuwenig Wärme und Energie bekamen, um nicht zu frieren und zu hungern. Denn man kann sich nur dann das Essen und das Trinken erwünschen, wenn gleichzeitig genug Licht auf einen fällt und ihm so die Energie dazu gibt, die er braucht. Und das war auf einmal nicht mehr so. Also entbrannte bald ein Streit um die schönsten Plätze an der Sonne, aber da war einfach zuwenig Platz auf der Erde, um alle Einwohner nur dort leben zu lassen! Und so begannen die stärksten Einwohner, die anderen von den schönsten Plätzen zu vertreiben und sich an diesen Orten selbst niederzulassen. Die Schwächeren wiederum, die von dort vertrieben wurden, suchten sich andere Stellen, die auch noch schön genug für sie waren, und verjagten wiederum die, die noch schwächer
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waren, von dort. Und so ging das immer weiter, bis auch der letzte Platz an der Sonne besetzt war und die schwächsten Lebewesen sich mit einem Leben im Schatten begnügen mußten. Aber das schlimmste Lebewesen von allen war der Mensch. Er war zwar nicht besonders stark, aber er hatte etwas, das es ihm trotzdem erlaubte, so manche andere Bewohner zu besiegen, die um vieles stärker waren: Er konnte denken und seine Taten lange vorausplanen, und das konnten außer dem Menschen nur mehr wenige andere, aber die waren ihm wiederum körperlich unterlegen, weil sie viel kleiner als er waren!" "Welche Bewohner waren denn das?" will jetzt Bea gerne wissen. "Also, in unserer Geschichte wissen wir nur von den Woppels und den Gögls, die auch, so wie der Mensch, logisch denken konnten damals. Und Du siehst ja, daß wir um vieles kleiner sind als Ihr, wenn wir auf Eurer Welt sind. Und auch die Woppels sind in unserer Größe. Und so passierte es, daß der Mensch nach und nach alle Sonnenländer auf der Erde in Anspruch nahm und die anderen Bewohner vertrieb, die jetzt ihr Leben im Dunkeln fristen mußten.
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Und weil die Plätze, an denen jetzt der Mensch lebte, immer vom Licht bestrahlt wurde und so die Menschen seeehr viel Energie bekamen, wurden sie immer mehr. Bald waren die Sonnenplätze für die vielen Menschen selbst zu klein und es begann etwas, das man nie zuvor erlebt hat: Denn jetzt fing der Mensch an, sich selbst zu bekriegen! Bis zu diesem Zeitpunkt war zwar zwischen den einzelnen Rassen von Lebewesen der Kampf um das Leben an der Sonne gewesen, aber diesmal war es das erste Mal, daß Angehörige der gleichen Rasse sich untereinander bekämpften! Als die Sonne das sah, fing sie an zu weinen. Die Tränen der Sonne fielen auf die Erde und bildeten die Flüsse, Seen und Meere, die bis heute bestehen. Nun war noch weniger Platz, und so kam es, wie es kommen mußte: Weil viel zu viele Menschen auf der Erde waren, um gemeinsam auf der Sonnenseite zu leben, waren diejenigen Menschen, die zu schwach waren, um sich zu wehren, genauso wie die anderen Lebewesen gezwungen, auf der Schattenseite der Erde zu leben. Doch anders als die anderen Lebewesen, die von ihm gezwungen worden sind, auf die Schattenseite auszuweichen, und die sich an das Leben im Dunkeln schon angepaßt hatten,
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wußte der Mensch ohne dem Licht nichts anzufangen. Er frierte und hungerte, weil er sich einfach zu wenig Energie aus den paar schwachen Lichtstrahlen, die hier auf die Erde gelangten, holen konnte. Auch den übrigen Bewohnern der Schattenseite war es am Anfang so ergangen, aber sie waren einfach dazu übergegangen, weniger Energie und Wärme zu verbrauchen. Sie bewegten sich einfach weniger und teilten sich die Zeit anders ein, nämlich in die Zeit, in der sie wach sind, und in die Zeit, in der sie schlafen. Der Mensch hielt allerdings nicht viel davon, fast die Hälfte seines Lebens mit Schlaf zu verschwenden. So begann er, sich die Schattenseite der Erde so einzurichten, daß sie für ihn einigermaßen angenehm wurde: Er erfand das künstliche Licht und die künstliche Wärme. Dazu mußte er allerdings die Energie, die in der Erde selbst war, nutzen, was er auch tat. Allerdings bemerkte er bald, daß ihm die Energie, die er aus der Erde gewann, nicht zu dem Leben reichte, das er sich wünschte! Und so begann er, darüber nachzudenken, wie er noch mehr Energie bekommen könnte. Bald erkannte er, daß alle Lebewesen die Energie
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und die Wärme, die sie von den Sonnenstrahlen bekamen, nicht nur zum Leben verwendeten, sondern auch einen Teil davon im Körper speicherten, um in den dunklen Stunden davon zu zehren. Also warum nicht diese Wärme und Energie von den anderen Lebewesen nehmen, fragte er sich und - setzte seinen Gedanken sofort in die Tat um. Zuerst grub er die Pflanzen aus und aß sie, später begann er dann auch, die Tiere zu verfolgen und zu verzehren. Als die anderen Einwohner sahen, daß er damit viel besser leben konnte als sie selbst, begannen einige von ihnen, auch andere Tiere zu jagen. Nur einige wenige von ihnen verzichteten darauf und begnügten sich mit dem, was sie von der Sonne erhielten. So wurde die Erde und ihre Bewohner zu dem, was sie jetzt immer noch ist: Ein Planet, auf dem jeder einzelne darauf achten muß, zu überleben und nicht von den anderen gefressen zu werden." "Das ist ja schlimm! Und kann man da gar nichts dagegen machen?" stöhnt Bea, als Papa Gögl eine Pause einlegt und seine Tasse zu seinem Maul führt, um sich etwas zum Trinken zu wünschen. "Nun, auf Eurer Welt kann man nichts mehr
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dagegen tun. Aber damals, als alles begann, kamen viele von den Einwohnern zusammen und berieten, was sie dagegen unternehmen könnten. Sie wollten sich nicht damit abfinden, daß es so weitergehen sollte. Niemand sollte in Angst davor leben, gefressen zu werden, und jeder sollte sein Recht auf ein bißchen Licht bekommen. Aber, auch wenn sich alle gemeinsam dagegen gewehrt hätten, sie wären zu schwach gewesen. So beschlossen sie, wieder auseinander zu gehen und jemanden zu suchen, der eine Lösung für ihr Problem habe. Wieder vergingen viele Jahre im Land, und niemand kam, der den gejagten Kreaturen auf der Schattenseite der Erde helfen konnte. Endlich, die Bewohner hatten die Hoffnung schon aufgegeben, erschien eines Tages ein uralter Gögl und befahl ihnen, sich wieder zu versammeln. Sie taten, wie er ihnen geheißen hatte, und trafen sich wieder an einem geheimen Ort. Der alte Gögl erhob sich und sprach zu den Anwesenden: "Liebe Freunde, schon seit seeehr, seeehr langer Zeit habe ich von Euren Problemen gehört. Ich wußte auch von Anfang an, was man dagegen tun könnte, doch bevor ich Euch
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helfe, habe ich Euch jetzt jahrelang beobachtet, ob Ihr es wert seid, daß ich es mache. Denn die Lösung von Eurem Problem ist nicht einfach und verlangt von Euch, daß Ihr danach in völliger Eintracht und Frieden zusammenleben müßt. Niemand von Euch soll danach noch jemanden anderen verfolgen, und kein Streit und kein Krieg soll Euer Zusammenleben mehr stören. Darum habe ich mir soviel Zeit gelassen, um alle diejenigen auszuwählen, die dazu imstande sind." "Und wie kannst Du uns helfen?" fragten die Führer der einzelnen Völker sogleich. "Nachdem ich erkannt habe, daß es auf dieser Erde keine Möglichkeit mehr gibt, alles zum Guten zu wenden, habe ich eine Formel gesucht, die es uns allen ermöglicht, in einer anderen, kleineren Welt zu leben." Er zeigte den staunenden Wesen eine kleine, grüne Flasche. "Und hier ist die Welt, in der Ihr alle leben könnt." Die Anwesenden betrachteten zweifelnd die kleine Flasche. "Und wie sollen wir da hineinkommen?" fragte einer von ihnen, "Da paßt ja nicht einmal ein Fuß von mir hinein!" "Natürlich paßt Ihr, so groß wie Ihr jetzt seid, nicht in die Flasche!" erwiderte der Alte,
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"Darum muß ich Euch vorher durch einen besonderen Zauber so verkleinern, daß auch alle von Euch darin Platz haben!" Als der alte Gögl geendet hatte, ging ein Raunen durch die Menge. Sie hatten sich zwar alle eine Lösung gewunschen, aber vor einem Zauber hatten sie doch großen Respekt. "Was ist, wenn der Zauber nicht funktioniert? Was passiert dann mit uns?" wollten sie von dem Weisen wissen. "Jeder Zauber funktioniert, wenn man nur ganz fest und bestimmt daran glaubt!" erwiderte der, "Ihr dürft nur nicht daran zweifeln." "Lass es uns noch einmal überdenken, bevor wir dieser Lösung zustimmen!" baten nun einige der Völker, und der Weise gab ihnen drei Tage Zeit, um zu überlegen, ob sie seinen Zauber wollten oder nicht. Die Völker kehrten in ihre Orte zurück und berieten darüber, ob sie das Vertrauen hätten, dem Alten zu folgen. Unter diesen Völkern waren viele Tiere, die verfolgt wurden. Sie waren sofort einverstanden. Einige andere Völker, darunter waren auch die Woppels und die Gögls, hatten sich im Laufe der Zeit daran gewohnt, genauso wie der Mensch von den Pflanzen und Tieren zu leben. Für sie war es ungleich schwerer, sich zu
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entscheiden, denn sie wußten nicht, wovon sie sich in ihrer neuen Welt ernähren sollten. Und so gingen sie zu dem alten Gögl und fragten ihn um Rat. Der gab ihnen einen Trank, den sie zu sich nehmen sollten, wenn sie das erste Mal in der Flasche wären. Wenn sie ihn getrunken haben, dann sollten sie sich ,wie vor langer Zeit, nur durch die Kraft der Gedanken ernähren kön-
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nen. Die Völker der Fleischesser gingen wieder nach Hause und stimmten in ihrer Heimat ab, ob sie nun dem Zauber des alten Weisen folgen wollten. Und alle Völker stimmten dafür. Das heißt, fast alle Völker waren dafür. Die Woppels aber hatten ihre Bedenken, daß sie sich ohne Fleisch ernähren könnten. Doch sie wollten auch in den Genuß des Zaubers kommen, und so stimmten auch sie dafür, ein neues Leben in der Flasche zu beginnen. Als sich nun alle Rassen am dritten Tag wieder trafen, um dem weisen Gögl die Antwort zu überbringen, war kein einziges Volk dagegen. Der alte Weise trat daraufhin mit seiner Flasche in die Mitte der Menge und befahl den anwesenden Völkern, sich zu teilen. Jeweils jeder Zweite sollte auf die andere Seite gehen und dort warten. Als sie damit fertig waren, erklärte ihnen der Zauberer jetzt, wie das ganze funktionieren sollte: "Wie Ihr seht, ist in der Flasche kein Licht!" sagte er und zeigte die Flasche herum. Und jeder sah, daß es in der Flasche stockdunkel war. Nicht der schwächste Lichtstrahl schimmerte durch das Glas nach außen. "Aber wie sollen wir da drin ohne Licht überleben können?" fragten sie ängstlich.
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"Indem ihr Euch das Licht selbst macht!" erwiderte der Weise. "In jedem von Euch steckt genug Energie, die er gespeichert hat, um die dunklen Zeiten zu überstehen. Mit meinem Zauber wird eine Hälfte von Euch in Kristalle verwandelt, die ihre Energie als Lichtstrahlen abgeben. Die andere Hälfte von Euch kann von diesem Licht, das die Flasche ausfüllt, sehr gut leben. Wenn nun einer der Kristalle seine ganze Kraft verschenkt hat, so wird er sich wieder in ein Lebewesen zurückverwandeln und ein anderer wird seinen Platz einnehmen. So wird es immer Licht geben in Eurer neuen Welt, und jeder von Euch wird genug Licht abbekommen, um davon leben zu können. Ihr dürft allerdings kein Lebewesen in der Flasche töten, denn dann werden es immer weniger sein, die sich in Kristalle verwandeln können, und es wird immer dunkler werden, bis es so dunkel ist, daß ihr von den paar Lichtstrahlen nicht mehr genug Kraft bekommt, um zu überleben. Das wäre dann das Ende für Euch, denn ihr könnt nicht mehr größer werden, um draußen zu bestehen!" Alle Anwesenden schwiegen jetzt betroffen bei dem Gedanken, daß die Hälfte von ihnen einfach in Kristalle verwandelt werden sollten. Als
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der alte Gögl die verschreckten Gesichter sah, mahnte er sie noch einmal: "Ich muß Euch allerdings noch einmal sagen, daß der Zauber nur dann funktioniert, wenn alle, aber auch wirklich alle, fest daran glauben. Wer also daran zweifelt, der soll jetzt aufstehen und gehen, denn ich will nicht, daß die anderen durch ihn gefährdet werden." Aber keiner ging fort. Alle wußten, daß dies die letzte Rettung für sie sein würde. Der Zauberer gab jetzt jedem ein Glas mit einem hellen Saft darin und befahl ihnen, das Glas auszutrinken. Als sie taten, wie er ihnen befohlen hatte, merkten sie, wie sie auf einmal gaaanz, gaaanz klein wurden, so klein, daß wirklich alle von ihnen in der Flasche Platz hatten. Der Zauberer, der nichts getrunken hatte, ließ sie dann in die Flasche hineingehen, die ihre neue Heimat sein sollte. Als alle Völker in der neuen Welt waren, sprach der Weise einen Zauberspruch aus, der genau die Hälfte der Lebewesen sofort in kleine Kristalle verwandelte, die an den Rand der Flasche wanderten und von dort ihr klares, helles Licht abstrahlten und die Flasche erhellten, so daß auch der kleinste Winkel beleuchtet war. Die andere Hälfte der Einwohner teilte sich in
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der neuen Welt auf und begann ein neues und sorgenfreies Leben. Der alte Weise aber tat noch einen letzten Zauber, um auch für die, die in der alten Welt geblieben waren, das Leben angenehmer zu machen: Er nahm die gesamte Energie, die er noch hatte, und brachte damit die Erde dazu, sich um die eigene Achse zu drehen, damit auch jeder Platz auf der Erde ein bißchen Licht abbekam. So wurde es auch auf der Erde gleichermaßen warm und jeder konnte zumindest die Hälfte des Tages Energie und Wärme aus den Lichtstrahlen holen. Als er diese letzte Tat vollbracht hat, strahlte der große alte Zauberer ein letztes Mal auf und verschwand in einem grellen Lichtblitz. Er hatte sozusagen seine ganze Kraft und damit sich selbst geopfert, um die Erde und die Bewohner der Erde zu retten. In unserer kleinen neuen Welt in der Flasche ging aber genauso wie in der alten Zeit das Leben ohne Angst und Furcht, und ohne Krieg und Streit weiter. Wir konnten uns wieder, so wie früher, nur durch die Kraft des Lichtes ernähren und stärken, und jeder der Bewohner spendete gern ein Stück seiner Zeit als Kristall den anderen als die Kraft, die sie zum Leben
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brauchten." "Schööön!" murmelt Bea glücklich über den Ausgang der Geschichte. "Aber ich bin noch gar nicht fertig!" meldet sich Papa Gögl wieder zu Wort. "Dieses neue unbeschwerte Leben dauerte nämlich nicht lange. Alle jene, die nämlich vorher von dem Fleisch anderer Lebewesen ihre Kraft holen mußten, haben vom Weisen vor seinem Zauber einen speziellen Trank bekommen, den sie einnehmen sollten, nachdem sie in der neuen Welt angelangt waren. Nun, die Gögls und viele andere Rassen taten auch wie geheißen. Die Woppels aber hatten schon von Anfang an Bedenken gegen diesen Trank. Sie hatten durch lange Zeit hindurch erfahren, daß die Kraft aus fremden Fleisch seeehr, seeehr viel stärker war als die Kraft, die sie aus den Sonnenstrahlen bekamen. So tranken sie den Zaubertrunk nicht, wie die meisten anderen, sondern schütteten ihn einfach weg. Auch einige andere, die das sahen, machten es ebenso. Und als sie das getan hatten, waren sie von dem Zeitpunkt an dazu gezwungen, sich genauso wie auf der Erde von den anderen Lebewesen zu ernähren.
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Dadurch waren die Einwohner der Flasche, die den Trank zu sich genommen hatten, in großer Bedrängnis. Zum einen mußten sie sich gegen die Woppels und ihre Verbündeten wehren, zum anderen geriet jetzt die ganze neue Welt in Gefahr, mit der Zeit immer mehr Licht zu verlieren und dadurch zu erkalten. Also mußten sie sich zusammenschließen und dagegen handeln. Und so taten sie es dann auch: In langen und gefährlichen Kämpfen gelang es endlich, die Woppels und ihre Verbündeten in den ganz hinteren Teil der Flaschenwelt zu drängen, wo sie bis heute ihr karges Leben fristen. Doch auch jetzt noch versuchen sie immer wieder, über die Grenzen in unser Land einzudringen und uns unsere Kristalle zu rauben oder die unschuldigen Einwohner zu jagen. Denn dadurch, daß sich die Woppels und ihre Kameraden gegenseitig jagen, werden sie immer weniger und dadurch können auch immer weniger von ihnen als Kristall an den Rand der Flasche wandern und ihr Land in das lebenswichtige Licht eintauchen. Und nur aus diesem Grund haben wir an unseren Grenzen immer Wächter aufgestellt, um unser Reich vor den Eindringlingen zu schützen und den Frieden in unserer Welt zu
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erhalten." "Also seid Ihr gar nicht die einzigen Bewohner der Flasche?" unterbricht Bea Papa Gögl. "Nein, das sind wir nicht, wie Du gerade gehört hast. Aber das Land, in dem die Woppels leben, ist seeehr, seeehr weit weg, so daß man durch die ganze Flasche wandern müßte, um dorthin zu gelangen. So kann man sagen, daß wir hier den größten Teil der Flasche bewohnen!" "Und war schon wer von Euch im Woppelland? Wißt Ihr, wie es dort aussieht?" wird Bea jetzt neugierig. "Vor langer, langer Zeit, als der Krieg zwischen den Gögls und den Woppels noch tobte, da waren einige von uns im Woppelland und konnten uns berichten, wie es dort ausgesehen hat: In diesem Land ist es kalt, viel kälter als hier in unserem Teil der Flasche. Und weil es dort sooo kalt ist, sind auch die Einwohner, die Woppels und ihre Getreuen, mürrisch und kalt und grausam. Sie kennen keine Späße und lachen nie. Die Bäume und Wiesen sind alle kahlgefressen, und die Tiere verstecken sich den ganzen Tag vor ihren Jägern. Und weil die wenigen Kristalle, die diesen Teil der Flasche erhellen, vor lauter Sorge über ihr
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künftiges Leben fürchterlich weinen müssen, regnet es dort auch den ganzen Tag. Viele, viele Geschichten hat man seitdem über das Woppelland und seine Bewohner gehört, doch niemand weiß, ob sie wahr oder falsch sind, denn seit vielen, vielen Jahren ist keiner mehr von uns in diesem kalten, fürchterlichen Land gewesen. Und keiner von uns würde freiwillig dorthin gehen, nur um zu sehen, wie es dort aussieht. Warum sollten wir auch unser schönes, warmes Land verlassen?" "Das kann ich gut verstehen!" meint Bea und gähnt herzhaft. Die Geschichte vom Göglland war seeehr, seeehr interessant, aber nun ist Bea müde geworden. "Habt Ihr etwas dagegen, wenn ich ein bißchen schlafe?" fragt sie die lustige Runde, "Ich kann kaum noch meine Augen offenhalten!" "Aber nein!" versichert sofort Mama Gögl. "Und während Du Dich ausschläfst, werden wir alles vorbereiten für ein großes Fest, das wir für Dich veranstalten. Such Dir eine Schlafblume und träum was schönes!" Das braucht Mama Gögl nicht zweimal zu sagen: Schwupp geht es , und schon ist Bea aufgesprungen und hat sich eine Schlafblume
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ausgesucht , in der sie's sich jetzt gemütlich macht , während die Gögls alles für das große Fest vorbereiten...
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6. KAPITEL Das große Fest Als sich die Blätter der Schlafblume über Bea schließen, und die Blume fragt, welchen Traum sich denn Bea wünsche, meint Bea nur mehr ganz verschlafen: "Ich wünsche mir nur einen seeehr, seeehr schönen Traum. Das ist alles, was ich mir wünsche..." und fällt sofort in einen tiefen, tiefen Schlaf. Und während Bea tief und fest schlummert, sind die Bewohner des Gögldorfes nicht untätig: In der Mitte des Dorfes, dort wo ein großer, kreisrunder Platz zwischen den Häusern frei ist, schleppen sie Bretter an und bauen einen gaaanz großen Tanzboden. Rundherum werden Bänke und Tische aufgestellt, und auf einer Seite vom Festplatz wird ein großes Viereck freigehalten. In diesem Viereck wird später die Musikkapelle spielen. Natürlich wird dabei wieder viel gelacht und herumgeulkt, denn ernst bleiben, das können die Gögls und ihre Kameraden halt üüüberhaupt nicht!
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Und ein paar schöne Überraschungen für Bea werden auch vorbereitet, über die sie sich bestimmt sehr freuen wird. (Aber diese Überraschungen werden wir jetzt noch nicht verraten...) Endlich ist Bea wieder munter geworden. Herrlich ausgeschlafen reckt und streckt sie sich, während sie noch immer in der Schlafblume sitzt, die ihre Blätter schon weeeit aufgemacht hat, so daß die hellen Lichtstrahlen Bea in der Nase kitzeln. "Haaatschiii!" und noch einmal: "Haaatschiii!". Bea reibt sich die Nase und klettert aus der Blüte heraus. Verlegen blinzelt sie dem Licht entgegen, das vom Rand der Flasche auf sie fällt und von dem sie jetzt weiß, wie es entsteht. "Ihr braucht gar nicht lachen da oben!" mault sie in Richtung der Lichtstrahlen. Sie ist sich ganz sicher, daß die Kristalle das absichtlich gemacht haben, und daß sie sich jetzt bestimmt über das kleine Menschenkind amüsieren, das von ihren Strahlen so gekitzelt wird. Und Kitzeln, ja, Kitzeln ist nämlich sooo gemein, findet Bea! Sie mag das nämlich überhaupt nicht, denn gerade sie ist irrsinnig kitzlig. Aber sonst fühlt sich Bea sehr wohl, nach
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ihrem langen Schlaf. Sie dreht sich ganz langsam einmal um sich selbst herum und schaut sich diese schöne Welt gaaanz genau an. Die Schlafblume, die sie sich ausgesucht hat, die steht ein kleines Stück von dem Göglhaus entfernt. Und weil das Göglhaus von ihrem neuen Freund das erste im Dorf ist, heißt das, daß die Schlafblume ein bißchen vor dem Dorf steht, gerade dort, wo die in allen Farben blühende Wiese anfängt. Viele, viele Blumen wachsen da in der Wiese, und genauso viele Schmetterlinge flattern von einer Blüte zur nächsten. Das heißt, sie flattern nicht, nein, sie tanzen lustig durch die Luft, schlagen Saltos, während sie fliegen, und genießen ihr Leben hier in dieser Welt. Bea hat zwar bei sich Zuhause schon viele Schmetterlinge gesehen, aber die sind bei weitem nicht so schön wie die auf dieser Wiese. Riesengroß sind sie, und manche von denen haben ganz phantastische Formen, wie sie Bea vorher noch nie gesehen hat. Und zwischen den Schmetterlingen hüpfen und krabbeln noch viele andere Insekten, große und kleine, in der Wiese herum und genießen die warmen Lichtstrahlen. Und rundherum auf der Wiese summt und schnurrt und kriecht und
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flattert es. Hinter der Wiese sieht Bea ein kleines Wäldchen stehen, das aus den seltsamsten Bäumen besteht, die sie sich vorstellen kann. Und auf der anderen Seite der Wiese fließt das kleine Bächlein, über das Bea und ihr kleiner Kamerad hierher gekommen sind. Ja, und wo ist denn nun der kleine Gögl in der Zwischenzeit geblieben? Während Bea diese bunte, schöne Wiese und das Wäldchen und den kleinen Bach bewundert hat, hat sich doch der kleine Schlingel von hinten gaaanz, gaaanz leise an Bea herangeschlichen. Jetzt steht er direkt hinter Bea. Blitzschnell legt er seine Pfoten über ihre Augen: "Buuuh!" "Iiiih!" Bea ist aber jetzt fürchterlich erschrocken. Als sie aber sieht, daß sich der kleine Gögl mit ihr einen Scherz erlaubt hat, macht sie jetzt ein seeehr finsteres Gesicht! "Na warte! Wenn ich Dich erwische, dann setzt es was!" Der kleine Lümmel weiß jetzt doch nicht, ob das Gesicht von Bea Spaß oder Ernst ist, und so hält er es für besser, die Flucht anzutreten. Und Bea ist sofort hinter ihm her! Es ist jedenfalls ein lustiges Bild: Vorne springt und läuft und rollt der kleine Gögl durch die Wiese, und dahinter läuft Bea
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mit einem seeehr bedrohlichen Gesicht nach! Und so geht es durch die ganze Wiese, bis der kleine Gögl keuchend am anderen Ende, knapp vor dem Bach stehenbleibt. Jetzt sitzt er in der Falle! Bea kommt bedrohlich näher, und in ihren Augen glitzert es unheilversprechend! "Friede! War doch nur Spaß!... Du wirst doch nicht... NEIIIN!!!" Der kleine Gögl hat sehr wohl erkannt, was jetzt Bea mit ihm vorhat, und er hat noch einmal probiert, sie zu beruhigen, aber Bea hat schon den Entschluß gefaßt, jetzt bestimmt kein Mitleid mehr mit dem verspielten Gesellen zu haben. Immer näher und näher kommt sie dem kleinen Gögl, der verzweifelt einen Ausweg aus dem Dilemma sucht. Aber da gibt es wirklich keinen Weg mehr, hinter ihm ist der Bach und vor ihm ist Bea! Mit einem schnellen Schritt ist sie jetzt bei ihm. Und mit einem wirklich gemeinen Grinsen gibt sie ihm jetzt einen Stups! Der kleine Kerl versucht noch, das Gleichgewicht zu halten, aber der Stoß, den er von Bea bekommen hat, war zu stark, und so neigt er sich immer mehr in Richtung Bach, während er verzweifelt mit den Pfoten in der Luft herumrudert. Da, und jetzt verliert er endgültig das Gleichgewicht. Mit einem lauten
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Schrei rollt er die Böschung zum Bach hinunter! Und mit einem noch lauteren 'Plaaaaatsch!' verschwindet er im Wasser. Bea steht am Rand der Böschung und sieht ihm zufrieden nach, wie er runterrollt und ins Wasser fällt. Und als er dann auftaucht, muß sie erst recht anfangen zu lachen! Wie eine gebadete Maus steht er da im Bach und spuckt das Wasser aus, das er geschluckt hat, als er untergetaucht ist. Seine beiden langen Ohren hängen gaaanz traurig links und rechts neben seinem Gesicht herunter, das ganz verdutzt dreinschaut. Und auf seinem Kopf zappelt ein kleiner Flußquappel und trällert seeehr, seeehr aufgebracht seine Melodie, bevor er zurück ins Wasser springt. Aber lange steht der kleine Gögl nicht so verdutzt im Wasser, denn nach kurzer Zeit muß er wieder ganz schrecklich anfangen zu lachen! Unbeholfen versucht er, den Hang aus dem Bach hinaufzuklettern, aber jedesmal rutscht er auf dem nassen Boden aus. "Hilf mir doch mal, da herauszukommen, bitte!" sieht er Bea an und streckt ihr seine tropfnasse Pfote entgegen. Bea klettert die Böschung hinunter und will ihm helfen, aber
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der kleine Teufel hat sich wieder nur etwas ausgedacht, um sie zu ärgern: Als Bea nämlich seine Pfote hält und daran anziehen will, geht es 'Ruck!', und sie liegt neben ihm im Wasser. Er hat nämlich ganz schnell Bea zu sich hereingezogen! Jetzt stehen alle zwei nebeneinander im Bach und müssen jeweils über den anderen lachen! Die Tränen
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kullern ihnen schon die Wangen hinunter, so lustig finden sie das. Und als sie noch immer im Wasser sind und sich übereinander lustig machen, tauchen Papa und Mama Gögl am Rand der Böschung auf und meinen grinsend: "Du solltest öfters zu uns auf Besuch kommen, Bea! Denn sonst geht unser Sohnemann nie freiwillig baden, da versteckt er sich immer!" "Ach sooo?" will Bea jetzt wissen und grinst von einem Ohr zum anderen, "Das heißt, daß er auch selten den Kopf gewaschen bekommt?" Sie sieht den kleinen Kerl aus glitzernden Augen an. "Neiiin, das stimmt ja gar nicht! Ich..." will der kleine Gögl noch seinen Kopf aus der Schlinge ziehen, aber da hat ihn schon Bea gepackt und gleich noch einmal fest untergetaucht. Als er jetzt prustend wieder an der Oberfläche auftaucht, sagt sie: "Siehst Du, sooo gefällst Du mir am besten!" "Das war aber jetzt gemeiiin!" protestiert er und schüttelt sich das Wasser aus seinen Ohren. "Einmal baden gehen im Jahr genügt vollkommen!" "Jaja, so denkt er immer!" lachen die Gögl Eltern von oben herab. "Aber jetzt hört auf, im Wasser zu planschen,
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sondern kommt mit! Es ist schon alles für das große Fest vorbereitet. Und Du willst doch nichts versäumen, Bea?" "Aber nein! Ich bin schon da!" ruft Bea und klettert den Hang hinauf. Dabei bemerkt sie, daß der ja gar nicht rutschig ist, sondern daß der kleine Wicht das Ganze nur gespielt hat, um sie hereinzulegen! "Na warte nur!" murmelt sie in seine Richtung, "Du wärst ja gaaanz locker selbst heraufgekommen, Du Schuft!" "Oooch! So war das doch viiiel lustiger!" verteidigt der sich, "Zumindest für mich!" "Jaja!" antwortet Bea und denkt sich: 'Rache ist süß!' Aber als sie dann oben am Rand steht und zum Dorf hinüberblickt, hat sie bereits alle Rachegedanken wieder vergessen, so großartig ist das, was sie jetzt sieht! Das ganze Dorf ist bis auf das letzte Haus aufgeschmückt, mit bunten Girlanden und vielen, vielen bunten kleinen Lichtern, die wohl von den großen Leuchtkäfern kommen, die hier im Göglland überall sind. Auf dem Festplatz mitten im Dorf stehen viele Reihen von Bänken, viel mehr, als im Dorf Gögls wohnen, und auch viel zu viele Tische sind aufgestellt worden, meint Bea!
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"Kommt da noch wer auf Besuch, daß Ihr so viele Bänke und Tische vorbereitet habt?" ist Bea neugierig. "Natürlich! Zu so einem Fest kommen fast alle Bewohner des Landes, die gerade Zeit haben, und das sind ziemlich viele!" "Auch die ganzen Tiere?" "Auch die ganzen Tiere!" bestätigen die Gögleltern und nicken dabei mit dem Kopf. "Aber das wird ja dann ein supertolles Fest!" ist Bea begeistert und freut sich jetzt schon sehr darauf, daß es endlich anfängt. "Du mußt wissen, nachdem wir hier in unserem Land nichts arbeiten brauchen, um uns zu ernähren, haben wir sehr viel Zeit. Und darum wird bei uns auch oft genug gefeiert. Da haben wir Übung!" Gemeinsam gehen sie zurück zum Dorf, in dem sich schon viele Gäste eingefunden haben. Und um so näher sie dem Dorf kommen, um so lauter wird es. Da zwitschert und trällert und klappert es aus allen Winkeln, weil schon so viele da sind und sich unterhalten. "Bevor wir aber zum Festplatz gehen, bekommst Du von uns noch eine Tracht, damit Du genauso schön angezogen bist, wie die anderen!" meint Mama Gögl und zieht Bea hinter sich ins Haus hinein. Dort, mitten auf dem
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kleinen Tisch, der im Zimmer steht, liegt schön gefaltet, eine bunte Jacke, zwei noch buntere Stiefel und ein spitzer Hut mit vielen, vielen Bändern und Glöckchen für Bea bereit. "Oooch, ist das schööön!" ist Bea begeistert. "Ich hoffe, es paßt Dir. Ich habe das Gewand schnell angefertigt, als Du geschlafen hast. Wenn es Dir gefällt, darfst Du es behalten!" lächelt Mama Gögl, und Papa Gögl raunt ihr ins Ohr: "Aber auch wenn es Dir nicht gefällt, würde ich es an Deiner Stelle nehmen, denn sie hat sich sehr dafür angestrengt und wäre bestimmt traurig, wenn Du es nicht willst!" "Aber nein! Mir gefällt das sehr!" Bea ist jetzt überglücklich über das Geschenk und probiert es sofort an. Wie angegossen paßt es ihr, und sie findet, daß sie sehr gut darin aussieht! Auch der kleine Gögl hat sich jetzt zurechtgemacht, und so können sie endlich, endlich zu Fest gehen. Als sie auf dem Festplatz ankommen, wird ihnen gleich der Ehrenplatz direkt neben der Tanzbühne zugewiesen und sie nehmen dort Platz. Gespannt wartet Bea darauf, daß das Fest eröffnet wird. Als sich dann auch der letzte Gast eine Platz gesucht hat und sich niedergesetzt hat, erhebt
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Papa Gögl sein Glas. "Hiermit erkläre ich unser Fest zu Ehren von unserem Gast, dem Menschenkind Bea, für eröffnet. Musiker, spielt auf!" Und als er seine Rede beendet hat, springen auf einmal ein paar Tiere auf und eilen zu dem Viereck, das für die Kapelle hergerichtet worden ist. Sogleich nehmen sie die ihnen zugewiesenen Plätze ein und fangen an zu spielen. Aber wie sie spielen! Sie haben nämlich gar keine Instrumente, sondern sie pfeifen und zwitschern und tröten und flöten und brummen und schnurren vor sich hin, daß es die reinste Freude ist! Und die übrigen Gäste stimmen sofort in die Musik ein und pfeifen und zwitschern und tröten und flöten und brummen und schnurren genauso wie die Kapelle, so daß es ziemlich laut wird! Bea hält sich die Ohren zu, so laut ist es. Endlich hat die Musik aufgehört, und Papa Gögl erhebt sich wieder und wendet sich nun Bea zu: "Als Du zuerst geschlafen hast, haben sich alle Bewohner des Gögllandes beraten, und sind einstimmig zu dem Beschluß gekommen, daß wir Dich zum Ehrenbewohner unseres Landes ernennen."
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Als Bea das hört, wird sie purpurrot im Gesicht vor freudiger Überraschung. Jetzt steht sie da mit offenem Mund und ist sprachlos! (Und wer Bea kennt, der weiß, daß das seeehr, seeehr selten passiert!) Papa Gögl spricht weiter: "Und als Ehrenbewohner unseres Landes hast Du immer Zutritt in unsere Welt, und mit diesem besonderen Amulett"- er zieht aus seinem Jäckchen ein besonders schönes, rundes Amulett hervor, in dessen Mitte ein wunderbarer,
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klar schimmernder Kristall sitzt- "kannst Du auch alle Sprachen, die in unserer Flaschenwelt gesprochen werden, genauso verstehen wie wir Gögls und alle anderen Bewohner unseres Landes! Dieses Amulett soll Dich auch in Deiner Welt immer begleiten und Dich vor Bösem schützen! Immer wenn Du spürst, daß das Amulett juckt, dann wirst Du wissen, daß irgendwo eine Gefahr auf Dich lauert und Du wirst gewarnt sein." Er überreicht Bea unter tosendem Applaus den Anhänger. "Und jetzt wird es dann Zeit, daß Du als
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Ehrengast mit uns den 'Ruckifloppy - Rapzap Tanz' tanzt!" "Den was?" "Den ' Rucki floppy - Rapzap - Tanz'" raunt ihr der kleine Gögl zu und zieht sie auf die Tanzfläche, auf die jetzt auch alle anderen Festgäste eilen. Und während die Kapelle wieder anfängt zu spielen, formieren sich die Tänzer in zwei Reihen, die sich gegenüberstehen. "Aber ich weiß doch nicht, wie das geht!" flüstert Bea ihrem Freund zu. "Mach nur alles genauso wie es alle machen, dann ist es gaaanz leicht, Du wirst schon sehen!" beruhigt sie der kleine Gögl und nimmt gegenüber Stellung. Dann fängt es auch schon an: Während Papa Gögl den Takt angibt, fassen sich alle Tänzer an den Händen. (Das heißt sie fassen sich an den Händen, Pfoten, Flügeln, und was sie halt sonst noch anstatt der Hände haben!) Dann wippen sie im Takt, einmal nach links, einmal nach rechts, dann wieder nach links, dann wieder nach rechts. Plötzlich ist es mucksmäuschenstill, weil die Musik hat aufgehört zu spielen und alle warten auf die Befehle von Papa Gögl! "Die Hände drehen!" befiehlt der, und alle
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beginnen sofort, ihre Hände so wie Windmühlen zu drehen. "Setzen!" - Alle setzen sich auf den Boden und lachen sich gegenseitig an. "Auf den Rücken legen!" - Und alle legen sich auf den Rücken und sehen hinauf in den Himmel, der sie dabei anlacht. "Und auf den Bauch!" - Und alle, alle rollen sich jetzt auf den Bauch und robben aufeinander zu, bis sie sich gegenseitig berühren können, dann springen sie auf und warten auf den nächsten Befehl. "Und wieder die Hände drehen!" Alle drehen wieder ihre Hände wie Windmühlen, als der nächste Befehl erschallt: "Rucki!" Bea sieht sich jetzt um, denn damit kann sie absolut nichts anfangen. Und sie macht einfach das, was die anderen machen, nämlich auf das Kommando 'Rucki!' werfen alle ihren Popo nach rechts, bleiben in der Stellung und warten. "Floppy!" - Und alle werfen ihren Popo nach links! "Rap!" - Jetzt gehen alle in die Knie, und "Zap!" alle springen sofort hoch in die Luft und jauchzen dabei vor Freude! Und so geht das Ganze noch einmal von vorne los, bevor Papa Gögl "Aus!" ruft und alle
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keuchend stehen bleiben! Und Bea ist eigentlich auch ganz froh, daß der Tanz aus ist, denn sie bekommt auch keine Luft mehr, so anstrengend ist er. Jetzt kommt ein Tänzer nach dem anderen zu Bea und umarmt sie gaaanz herzlich als neues Mitglied in der Flaschenwelt. Bea ist überglücklich, daß sie jetzt so viele neue Freunde
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gewonnen hat und bedankt sich bei jedem einzelnen von ihnen. Als der letzte der Tänzer Bea umarmt hat, geht sie mit ihrem kleinen Freund zurück an den Tisch. Dort warten schon Mama und Papa Gögl auf die beiden. "Liebe Bea, wir freuen uns sehr, daß Du uns besucht hast, und wir hoffen, daß Du noch oft in unsere kleine Welt kommst. Doch jetzt wird es Zeit! Das Fest geht zu Ende und Du hast schon sehr viel Zeit bei uns verbracht. Wir würden gerne noch länger mit Dir zusammensein, aber Deine Eltern werden schon auf Dich warten und sich Sorgen machen, wenn Du nicht rechtzeitig zurückkommst." "Das stimmt!" meint Bea, traurig darüber, daß es schon zu Ende sein soll, aber auf der anderen Seite freut sie sich ja schon seeehr darauf, daß sie ihre Eltern wiedersieht, denn es ist schon sehr viel Zeit für sie vergangen, seit sie in die Flasche gekommen ist! "Damit Du nicht den ganzen, weiten Weg zu Fuß zurückgehen mußt haben wir die Riesenflügel gefragt, ob sie Dich zum Ausgang bringen können, und sie haben sofort zugesagt!" meint nun Papa Gögl. "Wer sind die Riesenflügel?" will Bea wissen. Da erhebt sich ein riesiger Vogel von einem
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Tisch. Der Vogel sieht aus wie ein übergroßer Pelikan. Er ist mindestens doppelt so groß wie Bea und schaut von weit oben auf sie herab. "Ich bin ein Riesenflügel, und ich habe gesagt, daß ich Dich an die Grenze zurückbringen werde, wenn Du willst!" Dann blickt er Bea scharf mit einem Auge an, während er das zweite zukneift. "Ich hoffe, Du bist schwindelfrei?" "Ich...hmmm...ich hoffe schon!" erwidert Bea, aber so ganz sicher ist sie sich nicht. Aber sie kann ja immer noch zurückziehen, wenn der Riesenflügel zu hoch fliegt, denkt sie sich. "Nun denn!" Der große Vogel stellt sich auf die Tanzfläche, auf der sonst keiner mehr ist, "Also wenn Du willst, ich bin bereit!" Bea sieht sich noch einmal in der Runde um. Irgendwie will sie gar nicht mehr weg von hier, so gefällt es ihr. Aber sie weiß, daß sie jetzt zurückkehren muß in ihre Welt, sonst werden sich ihre Eltern sehr sorgen! Noch einmal geht sie von einem zum anderen, um sich von ihm zu verabschieden. Als sie bei ihrem kleinen Freund steht, murmelt der "Ich begleite Dich noch bis zum Rand der Flasche, Bea!" und Bea ist glücklich, daß sie nicht alleine die Heimreise antreten muß. Nachdem sie sich von allen verabschiedet hat,
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klettert sie gemeinsam mit dem kleinen Kerl auf den Riesenflügel. Als sich der mit den beiden in die Lüfte erhebt, sieht sie das Dorf und ihre Einwohner immer kleiner werden. Da stehen sie alle unten und winken ihr nach, und Bea winkt ihnen mit Tränen in den Augen zurück. Und bald verschwindet das Dorf hinter dem Riesenflügel und den beiden Freunden am Horizont...
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7.KAPITEL Die Heimreise vom Göglland Bea hält sich ganz fest am Riesenflügel fest und sieht ein bißchen ängstlich nach unten. "Also ich finde das schon seeehr hoch!" meint sie zu ihrem kleinen Freund, der die Luftreise
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sichtlich genießt. "Da passiert schon nichts!" beruhigt der seine Begleiterin, "Wenn der Riesenflügel bemerkt, daß Du zuviel Angst hat, dann kann er auch ein bißchen niederer fliegen. Aber glaub mir, Du wirst Dich daran gewöhnen und es wird Dir seeehr viel Spaß machen. Schließ einfach die Augen und genieße den Wind, der Dir um die Nase weht." Und Bea schließt die Augen. Und wirklich, es ist wunderschön! Der Wind streicht um ihr Gesicht und zerzaust ihre Haare, und gaaanz leise hört sie den Flügelschlag, der als einziges die himmlische Ruhe unterbricht. "Kommst Du wieder einmal zu uns?" will der kleine Gögl von ihr wissen. Bea ergreift seine kleine, pelzige Pfote und sieht ihm tief in seine Knopfaugen, die jetzt gar nicht mehr so fröhlich blitzen, wie sie die ganze Zeit getan haben. "Ich weiß es nicht..." sagt sie, "wir sind ja nur ein paar Wochen hier und dann fahren wir wieder nach Hause. Das ist aber gaaanz weit weg von dem Strand, wo Eure Flasche liegt. Ich würde schon sehr gerne wiederkommen, aber wer weiß, ob wir nächstes Jahr auch wieder hierher fahren, und ob ich dann überhaupt noch Eure Flasche finde..."
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"Die Flasche kannst Du ganz leicht finden, wenn Du willst!" wirft ihr Begleiter ein. "Du mußt nur Deinem Amulett folgen, das zeigt Dir den Weg zu uns. Wenn es gaaanz stark leuchtet, dann gehst Du auf dem richtigen Weg. Wenn es schwächer leuchtet, dann entfernst Du Dich von uns." "Na, wenn das sooo leicht ist, dann werde ich bestimmt wiederkommen!" freut sich jetzt Bea schon darauf, wenn sie die Göglwelt wieder einmal besucht! In der Zwischenzeit ist der Riesenflügel am Rand der Flasche angekommen und landet ganz weich in der kleinen Wiese, die vor der Öffnung zu Beas Welt zwischen ein paar Felsen liegt. Bea und ihr kleiner Freund klettern von dem großen Vogel und gehen gemeinsam zum Flaschenhals, in den von außen die Sonnenstrahlen hineinleuchten und sich mit dem glitzernden Licht der Flasche vermischen. Noch einmal halten sie sich fest, dann meint der Gögl mit leiser Stimme: "Nun ist es Zeit, glaube ich. Ich wünsche Dir alles, alles gute da draußen in Deiner Welt. Vergiß mich nicht und komm uns wieder einmal besuchen!" "Das werde ich!" sagt Bea und kann nicht ver-
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hindern, daß eine Träne ihre Wangen herunterrollt. "Ich werde bestimmt wiederkommen!" Dann läßt sie ihren Kameraden los und geht mit ein paar Schritten aus der Flasche zurück in ihre Welt. Der kleine Gögl bleibt im Flaschenhals stehen und winkt ihr nach, und Bea winkt zurück. Dann schnuppert sie noch einmal die Flaschenluft ein. Während sie jetzt größer und größer wird, sieht sie den kleinen Gögl noch immer am Rand der Flasche stehen und immer kleiner werden, bis die Flasche so vor ihr liegt, wie sie sie gefunden hat. Und zwei kleine Knopfaugen blitzen aus der Flasche zu ihr herüber in ihre Welt. Und vor ihr liegt ihr kleiner Strandkübel mit der kleinen roten Schaufel, und in ihrem Kübel glänzen noch immer die Muscheln, die sie
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gesammelt hat. In eine der Muscheln, nämlich in die schönste, da steckt sie das Amulett und ihr Festgewand, das sie von den Gögls bekommen hat.Das ist nämlich auch gaaanz klein geworden. Dann nimmt sie ihre Schaufel und schaufelt die grüne Flasche wieder mit dem weißen Sand zu. Als sie zu dem Platz kommt, an dem ihre Eltern noch immer in der Sonne brutzeln, schauen sie sofort auf. "Na, Du bist ja ganz schön lange weggewesen. Und hast Du schöne Muscheln gefunden?" "Ja, habe ich!" Bea nimmt die große Muschel aus dem Kübel. "Und die da gebe ich nieee mehr her. Aber jetzt bin ich müde!" Sie legt sich zu ihren Eltern, schließt die Augen und schläft ein. Und dabei träumt sie von einem fremden Land, in dem die Gögls wohnen, und daß sie diese lieben Bewohner wieder einmal besuchen wird in ihrem schööönen Land...
ENDE
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