Billy the Kid, eigentlich Mr. William Bonney, geboren 1859, erschossen im Alter von 22 Jahren - und für jedes Lebensjah...
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Billy the Kid, eigentlich Mr. William Bonney, geboren 1859, erschossen im Alter von 22 Jahren - und für jedes Lebensjahr gab es einen Toten, sagten die Leute. Von allen Legenden, die es je im Willden Westen gab, war er die größte. Er verkörperte die Romantik und die Gewalttätigkeit dieser Zeit, war Liebhaber und Killer, ein halbes Kind noch und stets dem Tode nahe. In diesem Buch tauchen sie alle auf, die Freunde und die Feinde: John und Sallie Chisum, auf deren Farm Billy immer wieder Zuflucht suchte; Angela D, die ehemalige Prostituierte, Billys Geliebte; Charlie Bowdre und Tom O'Folliard, die so elend ums Leben kamen, und Billys Nemesis, sein einstiger Freund Pat Garrett. Ondaatje evoziert die strenge und gefährliche Schönheit der staubigen Prärien des amerikanischen Südwestens, er erzählt abenteuerliche und groteske Anekdoten und immer wieder Details, die blitzartig ein Stück Mythos oder ein Stück Alltag zum Leben erwecken. Da sammelt Pat Garrett, der eiskalte Mörder, ausgestopfte Vögel, ein anderer züchtet Hunde, die so degenerieren, daß sie am Schluß Züchter samt Armbanduhr auffressen, und ein Cowboy stellt in der Wüste seine Stiefel zu einem Pfeil, damit er nach dem Aufwachen den richtigen Weg findet. Echte Zeugenaussagen werden mit fingierten vermischt, Gedichte, Monologe, Auszüge aus Comic-Heften, zeitgenössische und nachgestellte Photos, abenteuerliche Geschichten von Wahnsinn und Gewalt fügen sich zu einer Collage aus Erinnerungen, Mythen und Recherchen, die an sepiafarbene Daguerreotypien aus dem Wilden Westen erinnert. In diesem Buch über Leben und Tod des jungen Desperados erkundet Michael Ondaatje wie in seinen späteren Werken einen Mythos und dessen Entstehung.
Schutzumschlag: Peter-Andreas Hassiepen, München, unter Verwendung eines
Ausschnitts aus dem Gemälde The Faithful Colt von William M. Harnett, 1890.
Michael Ondaatje
Die gesammelten Werke
von Billy the Kid
Aus dem Englischen von Werner Herzog
Carl Hanser Verlag
Die Originalausgabe erschien erstmals 1970 unter dem Titel The Collected Works of Billy the Kid. Lefthanded Poems bei House of Anansi Press in Toronto.
2345
01
00 99 98
97
ISBN 3-446-19125-9
© Michael Ondaatje 1970
Alle Rechte der deutschen Ausgabe
© Carl Hanser Verlag München Wien 1997
Satz: Satz für Satz. Barbara Reischmann, Leutkirch
Druck und Bindung: Kösel, Kempten
Printed in Germany
Dieses Buch ist für viele, aber ganz besonders für
Kim, Stuart und Sally Mackinnon, Ken Livingstone,
Victor Coleman und Barrie Nichol.
Die gesammelten Werke von
Billy the Kid
Ich schicke dir ein Bild von Billy, aufgenommen mit dem Perry-Verschluß, so schnell es möglich ist mit Blitzpulver und Soda-Entwickler. Ich mache jetzt täglich Experimente und bin schon in der Lage, Pferde in flottem Trab quer zur Schußlinie aufzunehmen – ein wenig Schnee in der Luft – die Speichen ganz deutlich – das Rad oben leicht verwischt, aber scharf auf die Mitte zu – gehende Männer, ganz ohne Trick – ich schicke dir irgendwann einmal Probeabzüge. Ich möchte dir zeigen, was man vom Sattel aus machen kann, ohne Mattscheibe oder Stativ – beachte bitte, wenn du die Muster bekommst, daß die Bilder mit weit offenem Verschluß gemacht wurden und daß viele von den am besten belichteten von meinem Pferd aus entstanden, während es in Bewegung war. 9
Dies sind die Getöteten. (Von mir) –
Morton, Baker, 2 Jugendfreunde.
Joe Bernstein. 3 Indianer.
Ein Schmied, als ich 12 war, mit einem Messer.
5 Indianer in Notwehr (hinter einem ganz geschützten
Felsen hervor).
Ein Mann, der mich während eines Raubüberfalls biß.
Brady, Hindman, Beckwith, Joe Clark,
Hilfspolizist Jim Carlyle, Hilfssheriff J. W. Bell.
Und Bob Ollinger. Eine tollwütige Katze,
Vögel beim Übungsschießen.
Dies sind die Getöteten.
(Von ihnen) –
Charlie, Tom O’Folliard
Angela Ds zerschmetterter Arm,
und Pat Garrett schnitt mir den Kopf ab. Blut mein Halsschmuck ein Leben lang.
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Weihnachten in Fort Sumner, 1880. Wir waren damals zu fünft. Wilson, Dave Rudabaugh, Charlie Bowdre, Tom O’Folliard und ich. Im November feierten wir meinen 21. Geburtstag; wir mischten roten Dreck und Alkohol – eine Verschnaufpause in der Öffentlichkeit die ganze Nacht durch. Am nächsten Tag sagte man uns, daß man Pat Garrett zum Sheriff gemacht und daß er die Ernennung angenommen hatte. Wir waren schlecht für den Fortschritt in New Mexico, und Politiker wie Chisum, die auf Seiten der Viehzüchter standen, wollten Leute mit schlechtem Ruf raushaben. Sie machten Garrett zum Sheriff, und er schickte mir einen Brief, in dem stand, Hau ab, Billy, oder ich leg dich um. Die Regierung schickte einen gewissen Mr. Azariah F. Wild, der ihm helfen sollte. Zwischen November und Dezember tötete ich Jim Carlyle; es war ein Versehen, denn er war ein Freund. Tom O’Folliard entschloß sich dann, nach Osten zu gehen, sagte, er wolle uns in Sumner zu Weihnachten wieder treffen. Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen. Ein paar Tage vor Weihnachten erfuhren wir, daß Garrett in Sumner war und auf uns alle wartete. Weihnachtsabend. Garrett, Mason, Wild mit vier oder fünf anderen. Tom O’Folliard reitet in die Stadt, sein Gewehr zwischen den Ohren seines Pferdes aufgelegt. Er schoß aus der Hüfte, nicht schlecht mit einem Gewehr, und er traf immer genau. Garrett hatte auf uns gewartet. Er spielte Poker mit den anderen; die Gewehre hatten sie neben sich am Boden. Als man ihm sagte, daß Tom allein angeritten kam, ging er geradewegs zum Fenster und erschoß Toms 11
Pferd. Tom ging mit dem Pferd zu Boden, hielt noch immer sein Gewehr und zerschoß Garretts Fenster. Garrett war schon halb die Treppe hinunter. Mr. Wild schoß auf Tom von der anderen Seite der Straße und traf dabei eher unnötigerweise noch einmal das Pferd. Hätte Tom Steigbügel benutzt und nicht so mit seinen Beinen geschlenkert, wäre er wahrscheinlich unter das Tier geraten. O’Folliard reagierte rasch. Als Garrett im Erdgeschoß ankam, war nur noch das Pferd auf offener Straße, und das war mausetot. Er konnte nicht nach Wild rufen, um ihn zu fragen, wo O’Folliard war, sonst wäre er abgeknallt worden. Aber Wild fing zu schreien an, um Garrett Bescheid zu geben, und Tom tötete ihn auf der Stelle. Garrett schoß auf O’Folliards Mündungsfeuer und riß ihm die Schulter weg. Tom O’Folliard brüllte in die stille Straße von Fort Sumner hinaus, Heiligabend, ging auf Garrett zu, keine Schulter mehr, die Kiefer rauf- und runtergehend wie außer Kontrolle geratene Harnblasen, die Wasser lassen. Zu rasend vor Wut, um überhaupt auf Garrett zu zielen. Hurensohn, Hurensohn; da zielte Garrett genau auf ihn und schoß ihn über den Haufen. Garrett hob ihn auf, der Kopf war in zwei Hälften zerrissen. Er brachte ihn die Treppe hoch ins Hotelzimmer. Mason breitete eine Decke säuberlich in einer Ecke aus. Garrett legte Tom O’Folliard hin, öffnete das Magazin seines Gewehrs, nahm die verbliebenen Kugeln heraus und legte sie neben ihn. Der Rest hatte jetzt bis zum Morgen Zeit. Sie setzten ihr Pokerspiel bis sechs Uhr früh fort. Dann fiel ihnen ein, daß sie Wild einfach liegengelassen hatten. Also gingen die vier hinaus und brachten Wild in das Zimmer. Um acht Uhr 12
morgens begrub Garrett Tom O’Folliard. Er hatte ihn recht gut gekannt. Dann ging er zur Bahnstation, legte Azariah F. Wild auf Eis und schickte ihn zurück nach Washington.
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In Boot Hill gibt es über 400 Gräber. Sie erstrecken sich
über sieben Morgen Land. Es gibt ein kunstvoll
verziertes Tor,
aber der Pfad folgt keiner Hauptroute, sondern
verästelt sich
wie die Zweige eines Baumes zwischen den Grabsteinen.
300 der Toten von Boot Hill starben einen
gewaltsamen Tod,
200 durch Kugeln, über 50 durch Messerstiche.
Manche wurden unter Züge gestoßen – eine beliebte
und eher übersehene Art des Mordes im Westen.
Manche starben an Hirnblutung infolge von
Schlägereien in Bars.
Mindestens zehn kamen im Stacheldraht um.
In Boot Hill gibt es nur zwei Gräber,
in denen Frauen liegen,
und das sind die einzigen bekannt gewordenen
Selbstmorde auf diesem Friedhof.
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Die anderen, das weiß ich, sahen die Wunden nicht, die am Himmel erschienen, in der Luft. Manchmal hatte eine ganz normale Stirn vor mir ein Leck, Hirngase strömten aus. Einmal verstopfte sich eine Nase direkt vor mir, Stöpsel aus Haut bildeten sich in den Nasenlöchern, und das entsetzte Gesicht mußte durch den Mund atmen, aber dann verhakte sich der Schnurrbart in den unteren Zähnen, und er fing an, laut zu keuchen, hah! hah!, mit aller Kraft, wirbelte zu Boden, fiel in sich zusammen, schien am Schluß aus einem Auge zu atmen – nadelfeine Luftströme drangen in die Kehle hinein. Ich habe niemandem davon erzählt; nicht einmal Angela D, wäre sie damals bei mir gewesen. Auch nicht Sallie, John, Charlie oder Pat. Das einzige, was sich letztlich nie veränderte, was nie verunstaltet wurde, waren Tiere.
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MMMMMMMM mm ich stelle mir vor auf Pferden übers Land, übers Land den Körper geteilt auf dem Kiel ihrer Hälse der Schweiß vom Hals frißt meine Jeans übers Land, übers Land, auf dem Rücken der Pferde also, wenn ich dächte wie ein Zeitungsmann würde ich sagen, etliches von der Moral ist körperlich das muß klar und offen sein wie das Zifferblatt einer Uhr oder ein Stern vieles muß man einfach auslöschen das heißt, man dreht sich um, wenn die Kugel abgefeuert ist geht weg, sieht nichts vom Todeskampf selbst die Augen quellen heraus wie ein schlechter Abfluß dann glaubt man an die Moral der Zeitungen oder des Gewehrs wo Körper ohne Geist sind wie Papierblumen, die du nicht fütterst und nicht tränkst das ist es, warum ich die Innereien von Uhren beobachten und ihre Rädchen und Stifte ineinander verstellen kann und dann daraus wieder zum Vorschein komme, lebend, für Stunden
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Als ich den sterbenden Charlie Bowdre auffing von Kugeln einen Meter weit zurückgeschleudert, sah er mich kichernd an das Gesicht verzerrt vom Bibbern er pißte sich in die Hose vor Schmerz der Ausdruck seines Gesichts wechselte wie dahinhuschender Sonnenschein o mein Gott o mein Gott, ich piss mir in die Hose, Billy, tu deine Hand weg und die Augen wuchsen auf seinem ganzen Körper
Jesus, das hab ich nicht gewußt, hast du’s gewußt die Nerven quollen raus die Leber lief da am Boden aus wie ein geköpftes Huhn ruckartig flatternd braun über den ganzen Hof hab das einmal bei meiner Tante gesehen seither nie wieder Huhn gegessen
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Ein verschwommenes Bild: ein Fluß, hüfttief Schaum treibt gegen das Pferd ich reite nackt, Kleider, Stiefel und Pistole hoch in der Luft Ich querte einen gewundenen Fluß den Kopf voller Liebe schlenderte auf Stoppeln, bis ich trocken war schoß einen verkrüppelten Vogel Hielt ihn in meinen Fingern seine Augen waren klein und fern er schrie wie eine Trompete ich erlöste ihn von seiner Angst
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Nachdem ich auf Gregory geschossen hatte da passierte dieses Ich schoß auf ihn gut, zielte genau damit es unter seinem Herzen explodierte es sollte nicht lange dauern und ich wollte gerade weggehen als dieses Huhn da auf ihn zuwatschelt und als er fällt, hüpft es auf seinen Hals hackt den Schnabel in seine Kehle streckt die Beine und zerrt eine rote und blaue Ader heraus Währenddessen fiel er
und das Huhn ging weg
zerrte noch immer an der Ader bis sie zwölf Meter lang war als hielte sie den Körper wie einen Drachen und Gregorys letzte Worte waren hau ab du dummes Hühnervieh
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Lehnt zurück um zu fallen dunkles Haar dreht sich um sie zersplittert das Kissen Billy sagt sie der lange schlaksige Körper spuckt Funken aus den Laken auf meinen Arm sie lehnt ihren ganzen Körper zurück so werden die Brüste flacher und der Bauch eine Höhlung wo das helle Haarbüschel bebt dies ist das erste Mal ich beiße in ihre Seite, lasse eine Linie von Zahnabdrücken zurück sie krümmt sich und bedeckt mich meine Hand ist festgeklemmt ihr Körper bricht fast meine Finger ab die sich drehen wie Maschinen in höchster Geschwindigkeit später meine Hände rissig in Liebessaft die Finger gelähmt davon, arthritisch diese schönen Finger könnte ich jetzt nicht schneller bewegen als eine verkrüppelte Hexe
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Die Scheune, in der ich damals eine Woche lang blieb, stand gleich neben einer Farm und war verlassen, wie es schien, schon seit Jahren, obwohl sie aus Stein und gutem Holz gebaut war. In dem kalten, dunklen Grau des Raumes gewöhnten sich meine Augen an dämmriges Licht, und ich ließ mein Fieber da ausglühen. Die Scheune war zwanzig Meter lang und ungefähr zehn Meter breit. Über mir war ein ähnlich großer Raum, die Bodenbretter waren aber zu unsicher zum Darauftreten. Doch hörte ich Vögel da oben, und hin und wieder scharrte ein Tier mit den Füßen, das morsche Holz verstärkte das Geräusch, und so drangen sie in meine Träume und Alpträume ein. Aber es waren die Farbe und das Licht des Ortes, was mich dort hielt, nicht mein Fieber. Es wurde eine ruhige Woche. Es waren die Farbe und das Licht. Die Farbe war ein Grau mit Resten von Braun – zum Beispiel diese rostbraunen Rohre und Metallgegenstände, die früher einmal Zaumzeug oder Eimer gehalten hatten und jetzt zu irgendeiner mechanischen Benutzung heruntergekommen waren. Etwa dreißig graue Blechbüchsen in einer Ecke des Raumes; ihre Ellipsen bildeten Muster im Dunkel, von mir aus gesehen. Als ich ankam, öffnete ich zwei Fenster und eine Tür, und die Sonne ergoß sich hinein, zeichnete Klötze und Keile, beschien die Oberfläche des Bodens, der mit Federn, Staub und altem Getreide bedeckt war. Die Fenster schauten auf Felder hinaus, und an der Tür wuchsen Pflanzen. Nach und nach brachte ich sie mit meinem Urin zum Verwelken. Der Wind kam feucht herein und trug Vögel mit sich, die ans andere Ende des 22
Raumes flogen, um die Richtung zu finden und wieder hinauszufliegen. Eine alte Rinne hing vom Dach, von derselben Farbe wie die Wände, und so rannte ich einmal mit dem Kopf dagegen und verlor das Bewußtsein. In der Woche damals machte ich mir dort den Tisch zum Bett und schwitzte mein Fieber aus, oder was immer es war. Ich fing an, alle Gedanken aus meinem Kopf auszusperren. Ich spürte nur den Raum und lernte, was mein Körper tun, was er überleben konnte, welche Farben er am liebsten hatte, welche Lieder ich am besten sang. Es gab Tiere, die nicht fortliefen, die mich als ein größeres Geschöpf akzeptierten. Ich aß das alte Getreide mit ihnen und trank aus einer stehenden Pfütze, so zwanzig Meter von der Scheune entfernt. Ich sah kein menschliches Wesen und hörte keine menschliche Stimme, lernte, auf die bequemste Art niederzukauern, wenn ich schiß, benutzte Blätter zum Abwischen, aß nie Fleisch und rührte nie das Fleisch eines anderen Tieres an, überschritt nie seine Grenzen. Wir waren einander bewußt und ließen uns in Frieden. Die Fliege, die auf meinem Arm saß, flog einfach davon, nachdem sie herumgeforscht hatte, sog die Krankheit in sich hinein und behielt sie in sich. Beim Gehen mied ich die Spinnweben, die auf ein Ziel hinwuchsen, die Geschichten zu Ende zu bringen hatten. Die Fliegen, die in diesen Akrobatennetzen gefangen waren, waren der einzige Mord, den ich sah. Und in der Scheune neben uns war noch ein Kornspeicher, nur durch eine dicke Holztür abgetrennt. Darin waren so um die hundert Ratten, dicke Ratten, 23
die fraßen und fraßen den einen fußhohen Haufen Getreide, den man liegengelassen hatte und der vor sich hin gärte, so daß am Ende meiner Woche nach einem schweren Regensturm die Macht der Saat hervorbrach und die Köpfe der Ratten trunken machte; sie ließen unvernünftigerweise davon ab, von der Nahrung vor ihnen zu fressen, und fielen übereinander her, grotesk und unbeholfen, weil sie so feist waren, gingen auf Augen und Rippen los, so daß die gelben Gedärme herausquollen, und sie kamen durch die Tür und töteten ein Erdhörnchen – ungefähr zehn von ihnen fielen über das eine gestreifte Ding her, und die zehn fraßen einander auf, bevor sie bemerkten, daß das Erdhörnchen längst aufgefressen war. Ich saß in der Fensteröffnung auf dem breiten Fensterbrett, wo sie mich nicht erreichen konnten, und lud meinen Revolver und feuerte wieder und wieder quer durch den Raum in die sich träge wälzende Masse; jedesmal buummm, und ich lud aufs neue und feuerte wieder und wieder, bis ich den ganzen Beutel mit dem Vorrat an Kugeln aufgebraucht hatte – der Lärm erbrach das Siegel der Stille in meinen Ohren, und der Rauch wurde zum Fenster hinausgesogen, wie er so aus meiner Faust quoll, und der große, zwanzig Meter weite Raum zwischen mir und ihnen war leer, bis auf die fliegende Kugel; einsam wie ein Bote, der nie zurückkam, ging sie zwischen den hölzernen Pfosten hin und her, und so wälzten sich die Ratten weiter und hielten in der Stille inne und fraßen sich gegenseitig auf, einige fraßen sogar die Kugeln. Bis schließlich meine Hand schwarz und der Revolver heiß war und kein einziges Tier mehr in dem Raum übrig war, bis auf den Jungen in seinem blauen Hemd, der 24
dasaß und gegen den Staub anhustete und sich mit dem linken Unterarm den Schweiß von der Oberlippe wischte.
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paulita maxwell: die photographie 1880 kam ein durchreisender Photograph nach Fort Sumner. Billy stellte sich auf der Straße in der Nähe des alten Beaver Smith’s Saloon in Positur. Das Bild läßt ihn grob und ungeschlacht erscheinen. Der Ausdruck seines Gesichts war in Wirklichkeit jungenhaft und sympathisch. Möglich, daß er draußen auf dem Weideland solche Kleider trug, wie man sie auf dem Bild sieht, aber in Sumner achtete er auf seine äußere Erscheinung und kleidete sich ordentlich und mit gutem Geschmack. Ich mochte das Bild nie. Ich glaube nicht, daß es Billy richtig trifft. 26
Das ist keine Geschichte über mich, durch ihre Augen damals gesehen. Findet den Anfang, den leichten Silberschlüssel zum Aufsperren, zum Ausgraben. Hier also ist ein Irrgarten, mit dem man beginnen, in dem man sein kann. Vor zwei Jahren ritten Charlie Bowdre und ich im Zickzack über die kanadische Grenze. Zehn Meilen nördlich, zehn Meilen südlich. Unsere Pferde trugen uns von Land zu Land, durch seichte Flüsse und unterschiedlich grünes Baumland. Wir beide, unser Zickzack wie eine Peitsche in Zeitlupe, die Welle der Bewegung stieg und fiel, und der Radius wurde enger, bis sie auslief und wir nach Mexiko hinunterkamen, in alte Hitze. Daß da nichts Tiefschürfendes ist, keine bedeutungsvollen Einzelheiten, kein Bilderreichtum, das weiß ich. Es ist da, als ein Anfang.
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Sie lehnt gegen die Tür, hält den linken Arm am Ellbogen mit der Rechten, schaut auf das Bett auf meine Laken – Orangen geschält halb geschält hell wie versteckte Münzen gegen das Kissen sie geht langsam zum Fenster hebt das Sackleinen und heftet es waagrecht an einem Nagel fest und so zieht sich das geknickte Rechteck aus Sonne quer durch den Raum hoch rahmt das Bett, das weiße Fleisch meines Arms ein sie quert jetzt die Sonne setzt sich her, das Bein untergeschlagen und wischt die Schalen beiseite tastet sich meine dünnen Knochen entlang läßt sich langsam nach hinten auf das Kissen sinken Bonney Bonney Ich halte ganz still
Ich nehme alle Winkel des Raums in mir auf
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Januar in Tivan Arroyo, häufiger Stinking Springs genannt. Charlie, Wilson und Dave Rudabaugh waren bei mir. Schnee. Charlie nahm meinen Hut und ging hinaus, um Holz zu holen und die Pferde zu füttern. Der Schuß brannte ihm die Kleider am Bauch weg und warf ihn geradewegs in den Raum zurück. An Charlies linkem Stiefel war Schnee. Er hatte nur einen Schritt nach draußen gemacht. In einer Hand trug er eine Axt, in der anderen einen Eimer. Keine Revolver. Steh auf, Charlie, steh auf und nimm einen Revolver. Nein, Billy. Ich bin müde, bitte nicht. Um Gottes willen, faß mich vorsichtig an, Billy. Steh auf, Charlie. Ich lehne ihn gegen die Tür, lege ihm seinen Revolver in die Hand. Mach, daß du rauskommst, viel Glück, Charlie. Er stand da auf der Stelle, schwankte. Dann begann er, in einer perfekten, unglaublich geraden Linie zur Tür hinaus auf Pat und die anderen Männer zuzugehen, die auf dem Hochufer des etwa 20 Meter entfernten Baches standen. Er war nicht einmal imstande, den Revolver hochzuheben. Manchmal ging er seitwärts, aber immer, immer in einer geraden Linie. Direkt auf Garrett zu. Schieß ihn über den Haufen, Charlie. Sie sahen ihm nur zu, rührten sich nicht vom Fleck. Über seine Schulter zielte ich auf Pat, feuerte und traf seine Schultertresse, streifte ihn nicht einmal. Charlie krümmte sich nach vorne. Richt dich auf, Charlie, bring ihn um, bring ihn um. Charlie richtete sich auf, stocherte dabei mit dem Revolverlauf in den Schnee. Ging geradewegs auf Garrett zu. Die anderen hatten sich geduckt, aber nicht Garrett, der einfach nur 29
dastand, und ich schoß kein zweites Mal. Er wußte, daß Charlie inzwischen schon tot war, irgendwo hingehen, irgend etwas tun mußte, um sich von dem Schmerz abzulenken. Charlie ging geradeaus, jetzt schon dichter bei ihnen, und seine Hände bedeckten die Schweinerei in seiner Hose. Erschieß ihn, Charlie, erschieß ihn. Die Blutspur hinter ihm war gerade, wie von einem Messer geschnitten. Hin zu ihm, hin. Charlie erreichte den Bach, warf sich in Garretts Arme, sabberte seine Eingeweide auf Garretts Pistolengurt. Hallo, Charlie, sagte Pat leise.
Schnee draußen. Wilson, Dave Rudabaugh und ich. Keine Fenster, die Tür offen, damit wir alles sehen konnten. Vier Pferde waren draußen.
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Jim Paynes Großvater erzählte ihm, daß er einmal Frank James von den Brüdern James getroffen habe. Das war in einem Kino in Los Angeles. Nach seiner Begnadigung hatte Frank viele Jobs. Als Jims Großvater ihn traf, arbeitete er am Einlaß des FrescoFilmtheaters. lassen sie ihre karte von frank james abreissen, stand auf einem Plakat, und Leute kamen eher deswe-
gen als wegen dem Film. Frank sagte gewöhnlich:
»Danke fürs Kommen, gehen Sie nur rein.«
Jims Großvater fragte ihn, ob er nach dem Film Lust
auf ein Bier mit ihm habe, doch Frank James sagte,
nein, aber trotzdem vielen Dank, und dann riß er
die nächste Eintrittskarte ab. Er war Alkoholiker
geworden.
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M iss Angela Dickinson aus Tucson lange Beine wie eine Tänzerin prägte den Stil der 8oer Jahre indem sie sie rasierte sagt wieder und wieder ich bin zu groß für dich, Billy aber wir laufen ein wenig herum kaufen eine Flasche; und sie steht da zeigt mir ihre Schenkel schau Billy, schau dir das an sie auf dem Laken, die Beine angezogen trommelt mit den Fingern auf ihre Knie lehnt sich zurück und winkt mir mit den Füßen fängt mich wie einen Schmetterling zwischen ihren rasierten Beinen in ihrem Hotelzimmer in Tucson
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Ein Fluß, in dem man sich verlieren konnte und die Sonne ein blitzender Habicht an seinem Ufer eine Meile weit weg siehst du die weiße Spur eines Tiers, das durchs Wasser geht du kannst im Kreis gehen hundert Meter weit und das Pferd läßt den Kopf hängen Wasser tröpfelt vom Maul du steigst ab und legst dich hinein den Kopf aufgestützt bis der Abend dämmert und es kalt wird und das Pferd dich anstupst und du schaust hoch und da ist der Mond das Auge eines erfrorenen Vogels
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Sein Bauch war warm das fiel mir ein, als ich meine Hand in eine Kanne lauwarmen Tee tat, um sie auszuwaschen die Eingeweide herausziehen, um die Kugel zu entfernen er wollte sie sehen, als er Tee trank mit Sallie Chisum in Paris, Texas Mit Sallie Chisum in Paris, Texas er wollte sie sehen, als er Tee trank die Eingeweide herausziehen, um die Kugel zu entfernen in eine Kanne lauwarmen Tee, um sie auszuwaschen das fiel mir ein, als ich meine Hand sein Bauch war warm
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Pat Garrett, der geborene Meuchelmörder. Allen bekannt, mit dem Verstand eines Akademikers; seine Hände behaart, narbenbedeckt, von einem Seil waren Striemen eingebrannt, am Handgelenk war zeit seines Lebens ein purpurner Fleck. Ein geborener Meuchelmörder, weil sein Verstand nicht verbogen war. Brachte es fertig, jemanden auf offener Straße umzubringen, zurückzukommen und einen Witz zu Ende zu erzählen. Einer, der für sich entschieden hatte, was Rechtens war, und sich um Moral einen Dreck scherte. Er war zu allen freundlich, selbst zu seinen Feinden. Er fand aufrichtig Gefallen an Leuten; einige davon waren sonderbare Käuze, Trottel, Diebe. Am gefährlichsten war er für sie, weil er sie verstand, wußte, was sie zum Lachen und was sie in Wut brachte, woran sie am liebsten dachten und wie er sich zu benehmen hatte, damit sie ihn mochten. Ein akademischer Mörder – nur sein lebhafter Humor und seine weitgefächerten Interessen machten ihn zum denkbar besten Umgang. Er konnte Leuten wie Rudabaugh zuhören und über ihre Eskapaden lachen. In der Öffentlichkeit führte er eine gräßliche Sprache, aber wenn er allein war, fluchte er nie. Im Alter von 15 brachte er sich Französisch bei und erzählte niemandem davon und redete in den nächsten 40 Jahren mit niemandem Französisch. Er las nicht einmal französische Bücher. Zwischen seinem fünfzehnten und achtzehnten Lebensjahr hörte man kaum etwas von Garrett. Er nahm sich für zwei Jahre ein Hotelzimmer in Juan Para, 36
bezahlte mit Erspartem und stellte einen Plan auf, um das Trinken zu lernen. In den ersten drei Monaten zwang er sich, seinen Verstand zu zersetzen. Er kotzte überallhin. Ein Jahr später konnte er zwei Flaschen am Tag trinken, ohne zu kotzen. Zum erstenmal in seinem Leben begann er zu träumen. Gewöhnlich wachte er morgens auf, seine Laken von Urin durchnäßt, 40 Prozent davon war Alkohol. Er bekam Angst vor Blumen, weil sie so langsam wuchsen, daß er nicht herausfinden konnte, was sie eigentlich vorhatten. Sein Verstand gewann an Überlegenheit wegen der verheerenden Fehler, die die anderen begingen. Blumen beäugten ihn. Nach zwei Jahren konnte er alles trinken, alles durcheinander, und wach bleiben und genauso reagieren, wie wenn er nüchtern war. Aber jetzt war er süchtig, seinem eigenen Spiel verfallen. Sein Geld ging zur Neige. Er hatte den Trinker nur für zwei Jahre geplant, dann ging es Monate so weiter, über die er keine Kontrolle mehr hatte. Er stahl und verkaufte sich, um zu überleben. Eines Tages raubte er das Haus von Juanita Martinez aus, wurde von ihr erwischt und brach in ihrem Wohnzimmer zusammen. In ungefähr sechs Monaten hatte sie ihn aus der eisigen Umklammerung seiner Sucht befreit. Sie heirateten, und zwei Wochen später starb sie an der Schwindsucht, die sie vor ihm verborgen hatte.
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Was in Garretts Kopf vorging, weiß niemand. Er trank nicht und ließ sich nicht mehr blicken. Einen Monat nach Juanita Garretts Tod kam er in Sumner an. paulita maxwell: Ich erinnere mich noch an den Tag, an dem Pat Garrett in Fort Sumner ankam. Ich war ein kleines Mädchen in Kleidern, die mir bis zu den Schuhspitzen reichten, und als er zu unserem Haus kam und nach Arbeit fragte, stand ich hinter meinem Bruder Pete und starrte ihn mit weit offenen Augen wie ein Wunder an. Er hatte die längsten Beine, die ich je gesehen hatte, und er sah so komisch aus und hatte so eine drollige Art zu sprechen, daß Pete und ich, nachdem er wieder fort war, herzhaft über ihn lachten. Sein Kopf war klar, sein Körper fähig zu trinken, seine Gefühle, anders als bei denen, die sich gewöhnlich selbst aus der Hölle herausarbeiten, nicht zynisch angesichts der Unfähigkeit anderer, aus ihren Problemen und Schwierigkeiten herauszukommen. Er arbeitete zehn Jahre als Rancher, Viehtreiber und Büffeljäger. Er heiratete Apolinaria Guitterrez und hatte fünf Söhne. Dann war er nach Sumner gekommen, den Kopf voll Französisch, für das er keine Verwendung hatte, bestens ausgerüstet, dieses seltene Ding zu sein: 38
ein Meuchelmörder mit klarem Verstand, ein Meuchelmörder mit klarem Verstand, ein Meuchelmörder mit klarem Verstand, ein Meuchelmörder mit klarem Verstand, ein Meuchelmörder mit klarem Verstand, ein Meuchelmörder mit klarem
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(Miss Sallie Chisum, später Mrs. Roberts, lebte 1924 in Roswell, eine nette alte Dame mit einem lieben Gesicht und tausend Erinnerungen an die Tage des Wilden Westens.)
über ihr haus Das Haus war immer voller Leute
Die Ranch war eine kleine Welt für sich
Ich hätte nicht einsam sein können,
selbst wenn ich’s versucht hätte
Jeder Mann, der im Südwesten bekannt war
und viele, die man gar nicht zu kennen brauchte
waren irgendwann einmal zu Gast.
Sie wurden willkommen geheißen
egal, wer sie auch waren.
Manchmal kam ein Mann angeritten in Eile
aß etwas in Eile und ritt in Eile davon
Billy the Kid kam oft
und manchmal blieb er für eine Woche oder zwei.
Ich erinnere mich daran, welch schreckliche Angst
ich hatte, als er das erstemal kam.
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Vierzig Meilen vor uns, fast in einer geraden Linie, liegt das Haus. Angela D und ich reiten darauf zu, ich bringe sie dorthin. Selbst jetzt, so weit weg, sehe ich sie durch die Zimmer gehen. Es ist neun Uhr morgens. Alle lehnen sich nach ihrem gemächlichen späten Samstagsfrühstück in ihren Stühlen zurück. John hat die Absätze seiner braunen Stiefel auf den Fleck auf der Tischkante gestellt, wo er seinen Teller, die Tasse und das Besteck abgeräumt hat; die Tasse hält er in der Hand in seinem Schoß. Vier Teller auf dem Tisch – zwei große, zwei kleine. Reste von Speck und Eiern auf den größeren Tellern, schwarze Krümel von Toast, Butter und Marmelade (kalifornische) auf den anderen. Eine Tasse steht auf der Untertasse; dann ist da noch eine leere Untertasse, zu der die Tasse gehört, die nun John Chisum in der Hand hält. Gegenüber am Tisch sitzt Sallie, vermutlich in ihrem langen braunen und gelben Kleid, die Borte vorne bis zur Taille hinunter mit blassen, blauen Knöpfen besetzt und Rüschen an beiden Seiten des Halses die Schultern entlang. Jetzt etwa hätte sie den freien Stuhl zu sich gezogen, um ihre Füße hochlegen zu können, barfuß wie immer, die Zehen nach innen gekrümmt wegen des Windes, der von der Verandatür herweht. Und jetzt wäre ihr rechter Arm auf den Tisch gestützt, und hin und wieder würde sie die Tasse von der Untertasse hochheben und etwas Kaffee trinken, sie würde sie niedersetzen und die Finger ihrer rechten Hand wieder an den Kopf halten, um sie in der Wärme ihres Haars versinken zu lassen. Sie reden nicht viel, Sallie und John Chisum, aber von hier aus stelle ich mir die Wechselrede der Geräusche vor – wie die Tasse klappert, der Stuhl kippt, den Husten, das saugende Geräusch, 42
wenn ein Arm vom Tisch hochgehoben wird und dabei die Verschweißung schmatzen läßt, die sich aus Luft und der Feuchte der Tischplatte geformt hatte. An anderen Tagen wieder ging jeder seiner eigenen Wege. Chisum war dann schon vor dem Morgengrauen auf den Beinen und unterwegs, bevor Sallie überhaupt aufgewacht war und sich im Bett umgedreht hatte, ihr Gesicht blind wie ein Vogel im Dunkeln. Erst später, wenn die Sonne schließlich das Bett erreichen und über ihre Augen gleiten würde, würde sie sich langsam aufrichten und merken, daß ihr Körper, der nicht bedeckt ist, kalt geworden ist, und sie zieht das Laken, das fest am Fuß des Betts unter die Matratze geschlagen war, zu sich hoch, wickelt es um sich, während sie im Bett sitzt, die Fäuste ihrer Füße gegen die Schenkel gepreßt, und versucht herauszufinden, was kälter ist – das Fleisch an ihren Füßen oder das Fleisch an ihren Schenkeln –, und drückt dabei das Laken fest an sich, bis es zu einer zweiten Haut wird. Sie verschränkt die Arme darüber, so als wäre es ein enges Kleid, und wärmt dabei ihre Brüste mit den Händen durch den Stoff hindurch. Einmal letztes Jahr, als ich sie so eingewickelt sah, sagte ich, Sallie, weißt du, was die Haut eines Verrückten ist? Und ich zeigte es ihr, füllte die Badewanne mit warmem Wasser, hob Sallie hoch und ließ sie langsam in die Wanne gleiten, das Laken um sie geschlungen, und dann hob ich alle heraus und sagte, das ist die Haut, dieses weiße Dingsda um dich. Versuch jetzt, dich da herauszuschälen. Ich legte sie ins Bett und sah ihr dann zu, wie sie versuchte, sich daraus zu befreien. 43
Jedenfalls saß sie an Wochentagen oft so auf dem Bett, das Laken eng um den Oberkörper geschlungen und bis zum Bauch heruntergezogen; die Beine mußten sich selbst warm halten. Sie horchte auf Geräusche rings um das Haus, eigentlich auf die Stille, weil sie wußte, daß John fortgegangen war und nur eine Liste von Dingen, die sie machen sollte, dagelassen hatte. Sie stand auf und frühstückte, während sie langsam im Haus herumspazierte, und dann begann sie mit der Arbeit. Sie hielt die Rechnungsbücher in Ordnung, staubte die Bücher ab, die er las, füllte am Nachmittag die Lampen, die John am frühen Morgen geleert hatte, um die Gefahr eines Brandes zu vermeiden, wenn die Sonne das Haus in Besitz nahm und es zu Mittag versengte oder am frühen Nachmittag seitlich einfiel und ihre Strahlen waagrecht durch die Türen und Fenster sandte. Nein, ich vergaß, das machte sie nun nicht mehr. Sie ließ das Paraffin in den Lampen und verlangte, daß John Läden für jede Tür und jedes Fenster baute, für jedes Loch in der Wand, so daß sie um elf Uhr vormittags nur alle zu schließen und zu verriegeln brauchte, bis das Haus still und dunkelblau in sonnenlosem Schweigen lag. Vier Stunden lang. Von elf bis drei. Eine Zeit, in der, wenn man, wie ich oft, drinnen war, die eigenen Schritte laut auf den Dielen knallten und Echos in den Räumen erzitterten. Und Sallie glitt wie ein Geist in weißen Gewändern durch das Zimmer, ihr Haar war wie immer im Nacken zu einem Knoten geschlungen und verteilte sich über den Rücken, bis es auf halbem Weg zwischen Schulterblättern und Steißbein dahinwelkte wie ewiger Rauch.
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Ja. In langen weißen Gewändern in dem dunklen Haus, wobei die langen Gliedmaßen irgendwie die Ruhe des Hauses annahmen. Ja, ich erinnere mich. Nachdem ich mir die Beine in dem Feuer verbrannt hatte und in ihr Haus gekommen war, es muß mein zweiter Besuch gewesen sein, und Sallie hatte angefangen, die Läden um elf Uhr zu schließen. Und sie brachten das Bett aus dem Gästezimmer und setzten mich an einem Ende des weiträumigen Wohnzimmers in ihrem Bungalow hin. Und ich saß da drei Tage lang, ohne mich einen Zentimeter zu bewegen, wie ein toter Baumstrunk, der Zeuge des Wechsels der Gezeiten wird und wie Sonne und Mond einander ablösen, während das Haus vor meinen Augen die Farbe veränderte – nachts, das Gelb des frühen Morgens, dann der allmähliche Übergang zum Schwarzblau um elf Uhr, das neue Weiß um vier am Nachmittag, wenn die Sonne hereingelassen wurde, und später erneut das allmähliche Dunkelwerden. Drei Tage lang war ich so im Fieberwahn, daß ich zweimal täglich glaubte, blind zu werden. Ich erkannte niemanden, ganz bestimmt nicht die Chisums, denn ich war bewußtlos hierhergeschafft und von jemandem, der nicht einmal auf einen Schluck Wasser für sich warten wollte, einfach auf ihrer Veranda liegengelassen worden. Und Sallie, nehme ich an, hob die Zeltplane jeden Morgen von meinen Beinen, sobald die Läden geschlossen waren. Nein. Noch einmal. Sallie nähert sich mir von dem entfernten Ende des Raums wie ein Geist. Ich wußte nicht, wer es war; sie trug ein Tablett mit Sachen drauf in ihrer rechten Hand und eine Lampe in der anderen. Ich schrie, halt halt halt, 45
du fällst gleich auf mich drauf! Das Bild verschob sich jetzt, so daß sie mit ihrem Tablett und ihrer Lampe mit einem plötzlichen Ruck zur Decke hochfuhr und ruhig wieder herunterschwebte und zur Decke fuhr und ruhig wieder herunterschwebte und auf mich zukam und mich gegen die Wand quetschte, nur fühlte ich noch nichts. Und Sallie, nehme ich an, nahm das Laken von meinen Beinen und stellte den Ventilator an, so daß sie kühl wurden und ich sie wieder zu spüren begann. Dann fing sie an, sie mit einer Brandsalbe einzureiben, es war wie Eis, bloß fühlte es sich an wie die Zunge eines sehr großen Tieres, mein Gott, ich weiß noch, jedesmal, wenn sie drauftupfte, fühlte es sich an, als habe man meine Haut und das Fleisch völlig abgeschält und nur noch die nackten Knochen übriggelassen, durchsiebt von losen Nerven, die allein von ihrem langsamen Atem herumgeweht wurden und gegeneinanderschlugen. Ich erinnere mich, wie die Fensterläden in dem 20 Meter langen Wohn- und Eßzimmer geschlossen wurden, wie plötzlich jedesmal in einem Abschnitt des Raums die Helligkeit ausgeschlossen wurde und jedesmal weniger Bogen von Licht übrigblieben, die sich noch in den Boden krallten. Sallie fing an einem Ende an und verschwand am entfernten und ließ Dunkelheit hinter sich, während sie ins verbliebene Licht ging und alles in eine kalte Finsternis verwandelte. Dann tat sie dasselbe in den anderen Zimmern, die ich nicht sehen konnte. Dann erschien sie wieder, riesengroß im tiefen Dunkelblau, in ihrem langen weißen Kleid; schlenderte mit den Händen in den Taschen in der Stille, und weil sie so groß war, bewegte sie die 46
Hüften zuerst, und ich war am anderen Ende, ganz im finsteren Schwarz. Sie hat die Schuhe ausgezogen, geht ganz leise, läßt eine Hand über die Einbände von Johns Büchern gleiten, bis sie kommt und sich zu mir setzt und ihre schuhlosen Füße aufs Bett legt, und ich strecke die Hand aus und berühre sie, und die Fußsohlen sind hart wie ein Tier, das halb in einer Schale steckt, aber nur an den Sohlen, der Rest ihres Fußes ist weich, so weich, als sei er mit Öl eingerieben, und die dünnen blauen Adern wickeln sich um den Knöchel auf der Innenseite und ziehen sich wie Pfade zu den Zehen hinunter, und die gebräunten Füße von Sallie Chisum ruhen auf meiner Brust, und meine Hände reiben sie, und ich drücke meine Hände dagegen, wie ein Schreiner, der Holz hobelt, um darunter frisches, sauberes, wohlriechendes Holzmark zu finden. Meine eigenen Beine sind schwarz von Narben. Und am Ende des Zimmers fängt der Papagei mit sich zu reden an, weil er glaubt, es sei Nacht.
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Sie hatte in diesem Haus 14 Jahre lang gelebt, und jedes Jahr hatte sie von John irgendein seltsames, exotisches Haustier verlangt. Nicht daß sie nicht schon genug Tiere hatte. Sie hatte schon etliche wilde und verletzte Tiere aufgelesen, die in gewisser Hinsicht exotisch wirkten, weil sie so ramponiert waren. Die Vögel, die dort gelebt hätten, hätte die Wüste nicht drei Viertel von ihnen bei dem Versuch umgebracht, sie zu durchqueren, hätten das Dach zum Einsturz gebracht. Und doch wurde jedes Tier, das sich innerhalb eines bestimmten Umkreises um das Haus einfand, willkommen geheißen: die Zahmen, die Halbgeborenen, die Streuner, die Verwundeten. Ich erinnere mich an die erste Nacht dort. John nahm mich zu den Tieren mit. Ungefähr 20 Meter vom Haus entfernt hatte er große Käfige gebaut, alle in einer Reihe. Sie hatten ein robustes Netzdach über sich für tagsüber, wenn man sie herausließ, aber sie zogen es meist vor, im Schatten ihrer Käfige zu bleiben. In dieser Nacht nahm mich John mit, und wir verließen die Veranda und die letzte Pfütze aus Licht, gingen die Stufen hinunter und hinein ins Dunkle. Wir gingen nebeneinander her und rauchten seine langen, dünnen Zigarren, und bei jedem Zug glommen seine Nase und sein Schnurrbart auf. Wir kamen zu dem leisen, brütenden Schwirrgeräusch, dem Nachtschlaf der Tiere. Es waren phantastische Wesen im Dunkel, nur Gestalten, die sich regten. Man konnte in einen Käfig starren und sah nichts, bis auf einmal das Scharren von Krallen das Gitter nur Zentimeter von deinem Gesicht entfernt traf und ihr flatterndes Gefieder zu zischen schien und die gelbe Perle eines 48
Auges von Adern durchbrochen durch den Gitterzaun glomm. In einem der Käfige hauste eine riesige Eule. Ein enormes Vieh. Ich konnte nur ihre Augen sehen – sie waren mindestens 8 Zoll auseinander. Am nächsten Morgen stellte es sich jedoch heraus, daß es zwei Eulen waren; beide waren auf einem Auge blind. In diesen dunklen Käfigen machten die Vögel, es müssen ungefähr 20 gewesen sein, die ganze Nacht hindurch ein summendes Geräusch, ein Geräusch, das man nur hörte, wenn man weniger als fünf Meter von ihnen entfernt war. Als wir zum Haus zurückgingen, herrschte wieder die reinste Stille dort, von wo wir gekommen waren, nur wußten wir jetzt, daß sie sich bewegten und die Luft und unser Fortgehen witterten. Wir wußten, daß sie die ganze Nacht so weiterraschelten, während wir schliefen. Auf halber Strecke zurück zum Haus schien das Gebäude, auf das wir zustrebten, mit etwas Gelbem und Feuchtem angefüllt zu sein. Die Nacht, die finstere Luft, gaben allem etwas Verrücktes: Gerade 15 Meter entfernt waren bunte Vögel in Käfigen, und hier gingen wir, John Chisum und ich, absonderliche Wesen. Rings um uns völlige Schwärze, nichts da draußen als Wüste für die nächsten 70 Meilen oder mehr, und zur Linken, ein paar Meter entfernt, ein Haus, vollgestopft mit gelbem, feuchtem Licht, und im Rahmen eines Fensters sahen wir eine Frau, die eine Flamme in einem Glastrichter und einem Behältnis auf das Fenster zu trug, auf den Rand des Dunkels zu, wo wir standen.
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(Hinkommen) wo Augen im Kopf herumhuschen werden wie eine Ratte rasend geworden, weil sie den ganzen Tag in einer Keksdose eingesperrt war auf wilder Flucht wie die Beine einer tobenden Ratte knall machte es, war glühend unter meinem Auge glühendheiß, nur von einem kleinen Knall fast nur ein leiser Platzer ich hörte es nicht bis ich rot war hatte einen Kampf von Ratten in meinem Kopf die Gestalt des traurigen Billy schaut flüchtig hinaus die Gestalt geht wie schweißnasse Schimmel gehen schwankt weg von mir, naß schlurft meine Arme hinunter nasses Pferd weiß schreiend, nasser Schweiß rund ums Haus trauriger Billy ist draußen ein dahingleitender Barracuda im Hirn
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Bei den Bowdres Sie kocht uns gerade schwarzen Kaffee lehnt mit der Seite gegen den warmen Herd trommelt mit den Nägeln sachte gegen die Tasse Charlie schwatzt vor sich hin und mit einem vorsichtigen Blick aus dem Augenwinkel erahne ich den dünnen weißen Körper der Frau meines Freundes Seltsam wie ich Leute spüre die gar nicht in meiner Nähe sind als berührte ihre Kleidung meine Schulter und wenn sie sich niederbeugen streicht der fremde Geruch ihres Atems über mein Gesicht hin oder meine Augen lassen die Knochen quer durch ein Zimmer größer erscheinen die sich in einem Handgelenk drehen
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Es wird schwieriger überall krabbelt so Zeug rum über den Weg muß darüber nachdenken die Welle von Ameisen auf ihm Millionen, eine krabbelnde Weste seinen Hals hoch über den Kopf weg den Rücken hinunter lassen einen gebleichten Schädel zurück weiß und dumm grinsend um zu den Knöcheln hinunterzukriechen Rippen treiben aus wie Sprungfedern das Fleisch von seinen Augen Letzte Nacht träumte mir, ich wäre ein Barmann mit einer Axt hieb ich in Gläser voll Gin die hochgehoben waren zum Verkosten
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Ich habe Bilder von großen Sternen gesehen,
Zeichnungen, die sie in ein Zentrum strebend zeigen,
das ihr Weiß hätte explodieren lassen,
wenn ihre Temperatur und ihre Geschwindigkeit
sich nur um ein Grad geändert hätten.
Und im Osten habe ich
die dunklen, grauen Höfe gesehen,
wo Züge montiert werden
und die ebenmäßige Geschwindigkeit von Maschinen
die Maschinen bauen, ihren
rotgoldenen Ausfluß, der, wenn gekühlt,
zu Rost oder Grau vernebelt.
Die schönen Maschinen, die sich um sich selbst drehen
sich aneinanderschweißen und mit anderen verschmelzen
und Männer, die Hebel herumwerfen,
als würfen sie Münzen
Und da herrscht die gleiche Beanspruchung
wie bei Sternen
eine einzige veränderte Bewegung bringt sie zur Tobsucht.
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Mistuh ... patrick ... garrett !!!
Das Mescalero-Territorium ist eine flache Region, keine Flüsse, keine Bäume, kein Gras. Im August fängt der Wind an, und zu der Zeit macht sich jeder, der nur irgendwie kann, aus dem Staub. Wenn man blieb, konnte man wochenlang die Sonne nicht sehen, weil die Augen, wenn man sie aufmachte, vom Sand gesprenkelt und wie von Rauhreif überzogen wurden. Staub und Sand bleiben auf allem Feuchten kleben, auf deinen Augäpfeln oder auf dem Rotz aus deiner Nase, auf einer Fleischwunde, sogar am Schweiß auf deinem Hemd. Ein Bart oder ein Schnurrbart wiegt dreimal soviel, wenn man in einen Sturm geraten ist. Deine Ohren sind so verstopft, daß du hinterher für lange Zeit nichts hörst, was auch gut ist, weil da nur das ständige Kreischen und Heulen des Windes ist, der alles mit sich reißt, was er heben kann. Den August damals saß ich für zwei Tage in der Mescalero fest. Als der Sturm nachließ, band ich dem Pferd die Augen zu und lenkte es auf östlichen Kurs, kam auf steinigen Boden mit Steppenläufergestrüpp. Das Zeug kann in der Mescalero nicht überleben, weil es in wenigen Minuten in Stücke zerrissen wird. Aber hier kamen Steppenläufer wie Räder aus dem Nichts angerollt, sie konnten einen vom Pferd hauen. Einen halben Tag später erreichte ich die Chisum-Ranch. Ich war vor ein paar Jahren einmal dagewesen, und ich hatte die Chisums sehr gemocht. Es war ohnehin der einzige Ort, wo man hervorragende Mahlzeiten bekommen 54
konnte, die um so besser schmeckten, wenn man sich vergegenwärtigte, daß es im Umkreis von fast hundert Meilen sonst nichts gab. Völlig benommen im Kopf kam ich in ihrem Haus an und verbrachte drei seltsame Stunden, während deren die Chisums um mich herumliefen, mir zu trinken gaben und auf die Badewanne zeigten, die sie mir vollgeschöpft hatten – all das in völliger Stille, weil ich nichts hörte, ich erinnerte mich nur an den Wind, den ich vor 24 Stunden gehört hatte, bevor meine Ohren allmählich zugeweht und verstopft wurden. Ich steckte meinen Kopf unters Wasser und wankte, wobei das heiße Wasser mein rotes Gesicht noch mehr verbrannte. Wie besoffen vom Wasser stolperte ich weg von der Wanne und verlor auf dem Bett das Bewußtsein. Als ich zu mir kam, trat Sallie ein und warf mir ein Handtuch zu. Kannst du jetzt etwas hören? Ich nickte. Ihre Stimme klang wie eine Explosion. Ja, aber bitte leise, sagte ich. Sie nickte. Wir haben Besuch bekommen, sagte sie. Kennst du ihn? William Bonney? Er hat seine Freundin dabei, die er heiraten will. Da wurde ich hellwach. Natürlich hatte ich von ihm gehört. Als ich mich aber zurücklehnte, um darüber nachzudenken, schlief ich ein. Sallie muß mich ordentlich mit einem Laken zugedeckt haben, denn ich wachte lange Zeit später auf, und es war mir warm. Ich hörte, wie Bonney mit John stritt. Ich gesellte mich zu ihnen, als sie fast mit dem Abendessen fertig waren. Bonney schien entspannt zu sein. Er war sehr gut gekleidet, sein linker Stiefelabsatz ruhte auf seinem rechten Knie. Er aß Mais, 55
trank Kaffee und benutzte abwechselnd Gabel und Messer – immer mit der rechten Hand. Die drei Tage, die wir zusammen waren, und auch zu anderen Zeiten in unserem Leben, wenn wir uns sahen, benutzte er nie seine linke Hand für irgend etwas, außer natürlich zum Schießen. Nicht einmal nach einer Kaffeetasse griff er damit. Ich sah die Hand, sie war jungfräulich weiß. Später, als wir darüber sprachen, erklärte ich ihm, wie eine Hand oder ein Muskel, die kaum zum Arbeiten benutzt wurden, verkümmerten und schrumpften. Er sagte, er mache ganz automatisch Fingerübungen, im Durchschnitt 12 Stunden am Tag. Und das stimmte. Von da an fiel mir auf, wie seine linke Hand ständig mit sich selbst werkelte, wie jeder Finger abwechselnd wie das Rad eines Zuges kreiste. Sie kringelten sich zu Kugeln zusammen und flössen dann wie Wellen über das Tischtuch. Es war das Faszinierendste und Schönste, was ich je gesehen habe. Er sprang auf und stellte sich mir ganz ungezwungen vor, wartete nicht ab, daß Chisum es tat, und deutete auf Angie. Sie war gut 6 Zoll größer als er, eine sehr große Frau, nicht dick, aber großknochig. Sie bewegte sich wie ein geschmeidiges, fähiges Tier. Bonney war an diesem Wochenende, wie auch sonst immer, sehr zuvorkommend. Er mußte Angie wohl mit seiner Phantasie, die gewöhnlich ohne Ziel und nie unter Kontrolle war, verführt haben. Ich hatte ihn mir als schweigsamen, blassen Tropf vorgestellt das Inbild eines fahlgesichtigen Versagers, das ihm gewöhnlich von anderen angehängt wurde. Wenn 56
man das fast grausame Lächeln von nahem sah, entpuppte es sich als vertrackt und geistreich. Man konnte nie sicher sein, wie er einen Satz meinte, ob im Ernst oder als Scherz. Von seinen Augen konnte man überhaupt nichts ablesen. Generell hatte er einen raschen, stillen Humor. Das einzig Affektierte an ihm war seine Aufmachung: schwarze Kleider, gesprenkelt mit silbernen Knöpfen und einer silbernen Gürtelschnalle. Dazu war sein langes schwarzes Haar straff nach hinten gekämmt und mit einem Lederband zusammengebunden. Es war unmöglich, hinter sein Verhältnis zu der großgeratenen Angie zu kommen. Nach dem Abendessen saßen sie auf ihren Stühlen. Gewöhnlich saß er lächerlich verrenkt da, die Füße in die Armstützen des Stuhls verhakt, oder er lag am Boden, die Beine hochgestellt. Er konnte nie länger als 5 Minuten in einer Position bleiben. Angie dagegen bewegte sich nie ruckartig wie Billy. Nur ab und zu verlagerte sie das Gewicht ihres Körpers, steckte ihre Füße unter ihre großen Schenkel, die sich, vollkommen proportioniert, wie Weizensäcke ausbreiteten. Nach einem Abend, als wir beträchtlich getrunken hatten, zogen wir uns alle in unsere Zimmer zurück. Und am nächsten Morgen entschieden sich Billy und Angie, die eigentlich vorhatten, abzureisen, zum Bleiben. Ich war froh darüber, weil ich keinen von beiden verstand und gerne sehen wollte, wie sie sich gegenseitig verstanden. Beim Frühstück geschah etwas Seltsames, was einiges erklärte.
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Sallie hatte eine Katze, die Ferns hieß. Sie war sehr alt und hatte während der letzten beiden Tage irgendwie Schmerzen in den Schultern bekommen. Nach dem Frühstück sah ich nach ihr und stellte fest, daß sie von einer Schlange gebissen worden war. Sie war vergiftet und konnte nicht mehr lange leben. Sie war schon halb blind geworden. Da entschloß sich John, sie zu töten, und hob das halb gelähmte Tier auf, um es nach draußen zu nehmen. Als er aber im Freien war, sprang die Katze wie von Sinnen davon. Sie ahnte wohl, was geschehen würde, fiel hin und zog sich mit den Vorderpfoten unter die Dielenbretter des Hauses zurück. Das ganze Haus stand nämlich auf einem Sockel, der 9 Zoll über dem Boden lag. Man konnte hören, wie die Katze darunter herumkroch, dann trat Stille ein. Wir alle schauten von der Seite des Hauses unter diese Bretter, spähten ins Dunkel, konnten aber Ferns nicht entdecken und auch nicht drunterkriechen, um sie zu erwischen. Gut eine Stunde lang hörten wir, wie das Tier hin und wieder zuckte, und wußten daher, daß es noch am Leben war und Schmerzen hatte. Es würde schätzungsweise noch einen Tag lang leben und dann verenden. Eine Zeitlang saßen wir auf der Veranda herum, dann fragte Billy, wollt ihr, daß ich sie töte. Sallie, ohne zu fragen, wie, sagte ja. Er stand auf, zog Stiefel und Socken aus, ging in sein Zimmer und kam wieder zurück; er hatte sich die Hände gewaschen. Er bat uns, ins Wohnzimmer zu gehen und still zu sitzen. Dann besann er sich anders und bat uns, aus dem Haus und auf die Veranda zu gehen und reglos still zu sitzen und nicht zu reden. Er begann, über den Küchenboden zu gehen, dann 58
über den Boden des Wohnzimmers, tief vornübergebeugt, wobei sein Gesicht nur etwa einen Fuß von den Dielenbrettern aus Kiefer entfernt war. Er hatte jetzt seinen Revolver gezogen. Und etwa eine halbe Stunde lang ging er so herum, schnüffelte, so schien es mir. Zweimal hielt er an derselben Stelle inne, schlich dann aber weiter. Er schlich so durch das ganze Haus. Schließlich kam er zu einer Stelle in der Nähe des Sofas im Wohnzimmer zurück. Wir konnten ihn alle durchs Fenster beobachten. Billy ließ sich leise auf die Knie nieder und schnüffelte vorsichtig an den 2 Quadratfuß Boden herum. Er horchte eine Weile, dann schnupperte er wieder. Dann feuerte er zweimal in die Dielenbretter, sprang auf und kam zu uns raus. Sie ist jetzt tot, Sallie, mach dir keine Sorgen. Es war bestimmt interessant, in dem Augenblick unsere Gesichter zu sehen. John und Sallie waren dankbar, fast stolz auf ihn. Ich trug vermutlich ebenfalls einen Ausdruck unglaublicher Bewunderung für ihn zur Schau. Aber als ich zu Angie blickte, die gegen das Geländer der Veranda lehnte, war ihr Gesicht schreckensbleich. Ganz einfach schreckensbleich.
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Die Straße runter war ein Hund. Irgendein Bastard, halb Spaniel, schwarz und weiß. Ein Hund, Garrett und zwei Freunde, die schneidig aussahen, kamen die Straße entlang zum Haus, auf mich zu. Noch einmal. Die Straße runter war ein Hund. Irgendein Bastard, halb Spaniel, schwarz und weiß. Ein Hund, Garrett und zwei Freunde kamen die Straße entlang zum Haus, auf mich zu. Garrett nimmt seinen Hut ab und läßt ihn draußen vor der Tür. Die anderen lachen. Garrett lächelt, stochert mit dem Gewehr Richtung Tür. Die anderen verschwinden, umzingeln das Haus. All das hätte ich gesehen, wäre ich auf dem Dach gewesen und hätte zugeschaut.
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Die Jäger, weißt du, sind die sanftesten überall auf der Welt sie halten Raupen vor Fährnissen auf ihrem Pfad zurück holen einen ertrinkenden Falter aus einer Schüssel bemerkenswert friedlich genauso geraten Meuchelmörder
unbeteiligt ins Chaos
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Schnee draußen. Wilson, Dave Rudabaugh und ich. Keine Fenster, die Tür offen, damit wir sehen konnten. Vier Pferde draußen. Garrett zielte und schoß, um die Zügel der Pferde zu durchtrennen. Er tat das bei 3 von ihnen, und so liefen sie davon, und wir 3 konnten nicht mehr entkommen. Er versuchte 5 Minuten lang, die Zügel des letzten Pferdes zu erwischen, aber er traf dauernd daneben. So erschoß er das Pferd. Wir kamen raus. Keine Gewehre.
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Eines Morgens wachte ich auf Charlie war am Kochen und wir aßen, redeten nicht sondern schnupperten Wind Wind so zart als tränken wir Äther wir saßen, Hände auf den Knien den Kopf zurückgelehnt, sogen den Wind wie eine Geliebte in uns hinein, schnupperten und schnupperten wurden betrunken davon, daß er in unsere Nasenlöcher drang
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Dies ist Tom O’Folliards Geschichte aus der Zeit, als ich ihn kennenlernte, wie er roten Staub aß, um den Schmerz fernzuhalten, weg von seinem Körper, da draußen saß wie eine in der Sonne dahinschmelzende Gestalt, und seine Beine baumelten die Mauer herunter, als wären sie Frackschöße, als wüchsen sie aus seinem Schädel heraus. Er fiel mir wegen seines Halses auf. Bei jedem Atemzug blähten sich Hals und Wangen weit, als hielten sie einen Beutel von darin eingeschlossener Luft. Ich stellte mich ihm vor. Später gab er mir roten Staub. Sagte, möchtest du eine Geschichte hören, und er erzählte sie mir. Ich dachte dabei an ein Photo, das jemand von mir gemacht hatte, das einzige, das es damals von mir gab. Ich stand auf einer Mauer, zu meinen Füßen war ein Eimer und in dem Eimer war eine Pumpe, und ich pumpte Wasser daraus über die Mauer. Erst jetzt, zusammen mit dem roten Staub, fing das Wasser an, aus dem Photo zu tropfen. Dies ist seine Geschichte: Mit 15 bekam er einen Job bei einem Trupp, der Wildpferde schoß. Sie bekamen einen Vierteldollar für jedes tote Tier. Diese Pferde grasten in freier Wildbahn und fraßen gutes Gras weg. Damals gab es in der Wüste noch nicht alle 50 Meilen eine Stadt. Er sog die saubere Milch aus aufgehackten Kakteen, manchmal trank er die eigene Pisse. Einmal, wie blind vor Durst, tötete O’Folliard, der damals 17 war, das Pferd, auf dem er saß, und tauchte in die einzige Flüssigkeit, die er finden konnte. Blut verkrustete auf seinen Haaren, den Armen, den Schul65
tern, überall. Zwei Tage später stolperte er in ein Camp. Dann, vor einem halben Jahr, hatte er seinen schlimmen Unfall. Er war allein in der Carrizoza-Ebene, nördlich von hier; sein Gewehr explodierte ihm in der Hand. Danach konnte er sich an nichts mehr erinnern, nur daß er Pferde in einer Reihe hintereinander laufen sah und das Gewehr an die Schulter setzte. Als er den Abzug zog, explodierte das Gewehr. Er war zwei Tage bewußtlos. Er wachte auf, weil er am Kotzen war. Sein Gesicht war völlig geschwollen. Von dem Moment an, als sein Pferd weg war, lebte er vier Tage lang ohne Essen und Wasser in der Wüste. Weil er das Bewußtsein verloren und nichts gegessen hatte, überlebte er; das zumindest sagte ihm ein Arzt. Als er schließlich Wasser fand und trank, rann es ihm wieder zu den Ohren hinaus. Er fühlte sich die ganze Zeit schläfrig. Alle zwei Stunden hielt er an, schlief ein und stellte vorher seine Stiefel zu einem Pfeil in die Richtung, in die er ging. Dann stand er wieder auf, zog die Stiefel an und ging weiter. Er sagte, er hätte sich die linke Hand mit einem Messer abgeschnitten, um etwas zu essen zu haben, aber es wurde ihm klar, daß er schon zu viel Blut verloren hatte. Er tötete Eidechsen, als er Felswüste erreichte. Dann tauchten zwei Tage später allmählich Büsche auf, denen er folgte. Noch immer schlief er alle zwei Stunden. Im ersten Dorf, in das er kam, lebten Mexikaner. José Chavez y Chavez, Schmied. Das letzte, was O’Folliard mitbekam, war, daß Chavez auf ihn eindrosch wie auf 66
einen Sandsack. O’Folliard wurde ohnmächtig. Als er aufwachte, hatte ihn Jose auf ein Bett gepackt und ihm die Arme festgebunden. Chavez hatte Tom bewußtlos geschlagen, als er dabei war, sich auf das Wasser zu stürzen; das hätte zwar seinen Durst gelöscht, ihn aber auch umgebracht. Chavez gab ihm zu trinken, Tropfen für Tropfen. Eine Woche später erlaubte er Tom, sein erstes ganzes Glas Wasser zu trinken. Tom hätte in dieser Woche Chavez umgebracht, um an Wasser zu kommen. Als er schließlich einen Arzt aufsuchte, erfuhr er, daß alle Muskeln auf der linken Gesichtshälfte gelähmt waren. Wenn er atmete, konnte er nicht kontrollieren, wo die Luft hinging; sie suchte sich neue Kanäle, ganz wie sie es wollte, und bildete schmale Ballons seitlich von Wange und Hals. Bei jedem Atemzug jagte der Schmerz wie ein Querschläger durch sein Gesicht. Seine linke Gesichtshälfte sah aus, als sei sie zu nahe ans Feuer geraten und geschmolzen. Er kaute also dauernd roten Staub; seine Taschen waren voll davon. Aber sein Verstand war noch immer scharf, der Schmerz verbrauchte die ganze Droge. Der Rest von ihm war fehlerlos, perfekt. Mit dem Gewehr konnte er besser umgehen als ich. Seine Füße tänzelten vor Energie. Auf dem Rücken eines Pferdes vollführte er ständig Tricks, machte Saltos, legte sich flach zurück. Er war durchpulst von Energie. Beim Gehen trug er in der Beuge beider Ellenbogen ein Gewehr. Seine Beine schritten besonders weit aus.
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miss sallie chisum: über billy Ich saß gerade im Wohnzimmer
als die Nachricht gebracht wurde, er sei angekommen.
Ich geriet in Panik. Ich stellte ihn mir vor
in all der bösen Häßlichkeit
eines blutrünstigen Ungeheuers.
Halb erwartete ich, er würde mir die Kehle aufschlitzen
falls ihm mein Aussehen nicht gefiel.
Ich hörte, wie John mit einer Handbewegung sagte,
Sallie, das ist mein Freund Billy the Kid.
Ein gutaussehender Junge mit hellen Augen stand da,
den Hut in der Hand, und lächelte mir zu.
Ich streckte automatisch die Hand aus,
und er ergriff sie mit einer Hand, die so klein war
wie meine
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Sich niederducken in der Fünfminutendunkelheit kann ihn riechen, diesen Maultiergeruch an ihm diesen Gestank, brauche eine Schrotflinte als Suchscheinwerfer in sein Versteck Garrett? Bin doch nicht von Liebe entkräftet zerschlissen, bin auch nicht traurig, ich warte nur ich rieche dich quer durch den Raum ich werde dich töten, Garrett, ich werd dich vom Knie aufwärts wegputzen laß mir meine Dunkelheit nichtskönner!
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Ein Motiv? Eine Begründung, die wir geben können, um all diese Gewalt zu erklären. Gab es einen Ursprung für all dies? Ja, sicher –
»Hill sprang von seinem Pferd, hielt sein Gewehr an Tunstalls Hinterkopf und pustete ihm das Hirn weg. Von Whisky halb besoffen und rasend vom Geschmack von Blut, verwandelten die Rohlinge den Mord an dem wehrlosen Mann in eine Orgie. Pantillon Gallegos, ein Bonito-Canon-Mexikaner, hämmerte mit einem gezackten Felsbrocken auf seinen Kopf ein. Sie töteten Tunstalls Pferd, legten Tunstalls Leiche ausgestreckt neben das tote Tier, das Gesicht zum Himmel gewandt, die Arme über der Brust verschränkt, die Füße nebeneinander gestellt. Als Kissen schoben sie unter den Kopf des Toten seinen Hut, seinen Mantel, sorgsam zusammengefaltet, unter den Kopf des Pferdes. Es sollte so aussehen, als seien der ermordete Mann und das tote Pferd gemeinsam ins Bett gekrochen und hätten miteinander geschlafen. Dies war ihr teuflischer Spott, ihr Gag – gräßlich und ohne Sinn. Dann ritten sie nach Lincoln zurück und grölten unterwegs Lieder, besoffen, wie sie waren. Zum Glück für Billy the Kid und Brewer waren beide auf die Jagd nach wilden Truthähnen gegangen, sonst hätten sie Tunstalls Schicksal geteilt. Von einem fernen Hügel aus wurden sie Zeuge des Mordes.« 70
Nahe zu sein den Blumen im Regen all der Blütenstaub Stinkknospen prall gedunsen platzen Blätter, ihre Säfte bersten, der weiße Tropfen davon verschwendet sich in die Luft auf dich der Geruch von Dingen, die in greller Pracht sterben Geruch, der deine Nase verstopft und wie nasse Watte ins Hirn hochkriecht ich kann kaum irgendwie Luft bekommen nichts mehr, zähflüssiger Zucker, Tod
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In Mexiko die Blumen wie Gehirn ... das Blut trockengelegt beladen mit all dem berauschenden Duft Schweiß wie Flieder Geruch von Urin weht zu mir quer durch ein Zimmer Wenn man den Stengel durchschneidet das Gesicht nahe daran fühlt man den Lufthauch entweichen die Blume wird klein, riecht gesund verwelkt in einer Hand
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Als Charlie Bowdre Manuela heiratete, trugen wir sie auf unseren Schultern, wir dabei auf Pferden. Wir brachten sie zum Hotel Shea, 8 Zimmer. Jack Shea sagte am Empfang, Charlie ... das geht alles auf Rechnung des Hauses. Wir liefern auch das Geschirr. Nein, nein, sagt Charlie, brauche ich nicht, ich halt mich an ihren Ohren fest, bis ich sie eingeritten habe. ha ha ha
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Weiße Wände, Neonlicht blendet das Auge 23. November 1880, mein Geburtstag ich fange Fliegen mit der linken Hand halte die Faust an mein Ohr höre die Panik, das graue aufgeregte Summen, während sich ihre Beine verkrampfen und ihre Köpfe keine Luft mehr bekommen so daß ihre Augen platzen und hervorquellen ich öffne die Finger Luft und Sonne treffen sie wie Blütenstaub Sonnenflut trocknet sie rot ich fange Fliegen zorniges Wetter auch in meinem Kopf
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Ich erinnere mich an die Mitternacht damals bei John Chisum. Sallie erzählte mir von Henry. Sie hatten ihn per Schiff aus England importieren lassen, dann per Bahn; Sallie hatte ihn am Zug in Empfang genommen und ihn die letzten 70 Meilen in einer Kutsche hergebracht. Sieht wirklich seltsam aus, das Vieh, sagte sie. Anfangs kam er kaum eine Treppe hoch, weil er so schwer und so lang war. Sein Schwanz, dunkelbraun mit einem bernsteinfarbenen Mittelstreifen den ganzen Körper entlang, ragte wie eine Pflanze in die Höhe, so daß man, wenn der Hund Hügel hinauf- und hinunterlief, als erstes den Schwanz sah. Im Haus schlug Johns Uhr in der Küche vor sich hin, das Geräusch und das Schnarren hallte zu uns auf die Veranda hinaus. John und Sallie, der Köter Henry und ich. Ich war an diesem Morgen angekommen. Man nennt das einen Bassett, sagt Sallie, und man hat sie in Frankreich für all die dicken Adeligen gezüchtet, deren Jagdhunde, wenn sie auf Hatz gingen, zu schnell für sie waren. Man nahm von jedem Wurf den Schlechtesten und Langsamsten und paarte ihn mit dem Schlechtesten und Langsamsten aus allen anderen Würfen und tat das unentwegt weiter so, bis man den langsamsten Jagdhund erzeugte, den man sich vorstellen kann. Sieht nach fürchterlichem Murks aus, sagte ich. John kratzte sich unbeholfen, aber höflich am Sack – ich meine, kaum jemand hätte es wahrgenommen, hätte man nicht eigens darauf achtgegeben, hätte man es nicht irgendwie erwartet. John fing an, eine Geschichte zu erzählen.
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Als ich während des Krieges in New Orleans war, begegnete ich einem komischen Kerl, der Hunde hatte. Ich lernte ihn kennen, weil ich damals Sänger war, und er sang gern, also sangen wir ziemlich oft gemeinsam. Er schien mir ziemlich normal zu sein. Ich meine, er hatte keine Zuckungen und so. Nun ja, ein oder zwei Monate, nachdem ich aus New Orleans wieder weg war, bekam ich von einem anderen Freund, der ab und zu mit uns gesungen hatte, die Nachricht, daß Livingstone, der unser Vorsänger gewesen war, von seinen Hunden aufgefressen worden sei. Es war eine Postkarte, und mehr stand nicht drauf. Als ich zwei, drei Jahre später wieder in New Orleans war, fand ich Genaueres heraus. Livingstone war offensichtlich wahnsinnig gewesen. Das war er schon seit einigen Jahren, und weil er nicht im Krieg mitkämpfen konnte – er hinkte nach einem Unfall mit einer Kutsche –, hing er bei den Soldaten herum. Es ging allerdings das Gerücht, daß sie ihn deshalb nicht genommen hatten, weil niemand, der ihn kannte, ihm ein Gewehr anvertraut hätte. Fast hätte er seine Mutter mit einem Zwölferkaliber umgebracht; zum Glück schoß er nur eine häßliche Vase zu Scherben und traf nur ihren Fuß. (Die Arztrechnung war über 40 Dollar, weil der Chirurg fast drei Stunden brauchte, um ihr all den groben Schrot aus den Schenkeln zu holen. Sie ließ nämlich niemanden weiter als bis zu ihrem Knie tasten, nicht einmal einen professionellen Arzt.) Danach hielt sich Livingstone von Gewehren fern, war, vermute ich, von all dem peinlich berührt, und dazu machte sich die ganze Stadt lustig über den Vorfall. 77
Einige Zeit danach kaufte er einen Spaniel, einen von der amerikanischen Sorte. Einen Monat später kaufte er noch einen. Er sagte, er wolle jetzt eine Hundezucht anfangen. Seine Mutter, erfreut über die leiseste Andeutung von Ehrgeiz, bestärkte ihn. Aber was er wirklich machte, wurde ihr erst nach seinem Tod klar, und selbst dann mußte es ihr der Tierarzt zweimal erklären. Livingstone, und das war zur selben Zeit, als er mit mir abends sang, hatte den Entschluß gefaßt, eine Rasse von wahnsinnigen Hunden zu züchten. Er machte das durch Inzucht. Seine Mutter gab ihm Geld, mit dem er das Unternehmen startete, und er kaufte sich so eine Blockhütte, zog einen langen Zaun um ein Areal von 50 Quadratfuß und hielt dort nur die beiden Hunde, die er gekauft hatte. Er paarte sie buchstäblich so lange, bis sie wahnsinnig wurden, das heißt, nicht sie selbst, sondern ihre Welpen, die gepaart und wieder gepaart wurden mit ihren Brüdern und Schwestern und Müttern und Onkeln und Neffen. Jede Kombination, bis ihre Knochen verkrümmt und verknäuelt wuchsen, die Ohren länger als ihre Beine herunterhingen, bis sie entweder faul oder bösartig wurden und ihre Mäuler schwarz statt rot waren. Man muß bedenken, niemand wußte davon. Das ging so 2, 3 Jahre lang bis zu dem Unglück. Wenn Leute ihn fragten, wie die Hunde sich so entwickelten, sagte er, sehr gut. Es war alles ein geheimes System, und er wollte nicht, daß irgend jemand einen Blick darauf warf. Er sagte, er wollte eine Arbeit erst fertig haben, bevor er sie den Leuten zeigte. Dann sei es eine Überraschung, und sie würden das Endergebnis zu sehen bekommen. Es sei wie bei der Rosenzucht.
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Angeblich kann man an der Weite der Pupillen erkennen, wie sehr ein Hund Produkt der Inzucht ist, und Livingstone wußte das, weil er sich wiederum die zwei am schlimmsten deformierten Hunde heraussuchte und sie noch einen Schritt weiter in den Wahnsinn hinein züchtete. Innerhalb von drei Jahren hatte er über 40 Hunde. Die zuerst gezüchteten ließ er einfach laufen, sie waren ihm zu normal. Alle übrigen waren, als der Tierarzt sie fand, groteske Wesen, die sich kaum bewegten, außer um zu fressen oder Unzucht zu treiben. Als sie seine Leiche fanden, lagen die Hunde reglos wie Sandsäcke vor dem 4 Meter hohen Zaun, den Livingstone gebaut hatte. Ihre Augen quollen heraus wie Murmeln; einige waren blind, ihre Augen waren geplatzt. Livingstone hatte herausgefunden, daß sie, je weniger er sie fütterte, um so mehr Unzucht trieben, nur um sich von ihrem Hunger abzulenken. Als der Tierarzt aus New Orleans sie fand, kamen ihm diese ursprünglich schönen Hunde verblödet und schreckenerregend vor. Er konnte nicht einmal mehr erkennen, daß sie früher Spaniels gewesen waren oder welche hätten sein sollen. Sie knurrten nicht, sie zischten nur durch die Zähne – durch Lücken dazwischen, weil sie ihnen ausfielen. Livingstone hatte ihnen oft nur Alkohol zu trinken gegeben. Seine Mutter hatte ihm weiterhin Geld für sein Unternehmen gegeben, das natürlich noch keinen Pfennig abgeworfen hatte. Er verkaufte nie einen Hund und lebte allein. Er kam jeweils am Donnerstag in die Stadt, und Donnerstag abends sang er mit mir, solange ich in New Orleans stationiert war. Gewöhnlich tranken wir eine Menge, nachdem wir gesungen hatten. Und, 79
ich wiederhole, selbst in betrunkenem Zustand zeigte er nie irgendein Anzeichen von Wahnsinn oder ein Zucken im Gesicht, als ob er all seinen Irrsinn, all seine perverse Logik hinter diesem Zaun auf seiner Farm gelassen hätte und reingewaschen wäre, wenn er donnerstags in die Stadt kam. Viele, die ihn von früher kannten, sagten, wieviel stabiler er geworden sei und daß man ihn wahrscheinlich jetzt in der Armee aufnehmen würde. Er erzählte mir, er betreibe eine kleine Farm, erwähnte aber nie Hunde. Dann kehrte er gewöhnlich so gegen 3 in der Frühe zu seinem Haus zurück, wo nebenan diese 40 wahnsinnigen Hunde waren, und kreuzte klinisch und wissenschaftlich die Schlimmsten mit den Schlimmsten, diese Haufen von Knochen und Haar und Geschlechtsorganen und hervorquellenden Augen und mit einem Verstand, der ein Chaos war, halb aus Hunger, halb vom Alkohol, nicht mehr bei Sinnen, weil sie unförmig verquetscht waren von neuen verkrüppelten Knochen, die in ihre Schädel hineinwuchsen. Diese Spaniels, falls man sie überhaupt noch so nennen konnte, waren meist braun. Als man Livingstone fand, war fast nichts mehr von ihm übrig. Sogar seine Armbanduhr war von einem der Hunde aufgefressen worden. Er spuckte sie in Gegenwart des Tierarztes aus. Natürlich waren da noch seine Gebeine, und sein linkes Handgelenk – die Hand, die die Peitsche hielt, wenn er in dem Gehege war – lag unberührt mitten im Gelände. Sonst war da nicht mehr viel da. Der Staub auf dem ganzen Hof war rötlich, und seine Kleider, von denen auch nicht mehr viel übrig war, lagen verstreut herum.
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Die Hunde waren gierig nach Blut. Die Sache wurde, so rechnete man nach, zwei Tage nach dem Geschehen entdeckt, und da waren bereits einige der Hunde auf ähnliche Art aufgefressen worden. Der Tierarzt ging ins Haus und holte sich Livingstones Flinte, dieselbe, die Schrotkugeln im Bein seiner Mutter hinterlassen hatte. Er konnte aber keine Geschosse finden, ging in die Stadt, kaufte welche, sagte kein Wort, holte nur den Sheriff und ritt mit ihm zurück. Und sie erschossen alle Hunde, die übrig waren, gingen aber nicht in das Gehege, sondern steckten ihre Gewehre durch die Bretter im Zaun und schossen so die verbliebenen 30 Köpfe weg, wann immer einer in den Bereich kam, den ein Gewehr abschwenken konnte. Dann gingen sie hinein, gruben mit zwei von Livingstones Schaufeln ein Loch und beerdigten alles. 40 Hunde und ihren in Stücke gerissenen Besitzer. Die Uhr im Haus schnarrte eine halbe Sekunde lang, dann schlug sie ein Uhr. Sallie stand auf und stieg die Stufen der Veranda hinunter. Henry kam inzwischen schon mit den Stufen zurecht, lief mit ihr hinunter, und sie gingen zum Rand der dunklen, leeren Wüste. John schaukelte weiterhin in seinem Stuhl. Ich beobachtete Sallie. Sie beugte sich hinunter, legte die Hände unter Henrys Ohren und kratzte ihn am Hals, dort, wo sie wußte, daß er es gerne hatte. Sie beugte sich noch weiter zu seinem Ohr, dem linken, das von uns abgewandt war, und sagte ganz leise, ich glaube nicht, daß John es hören konnte, so leise war es: Das ist aber eine ekelhafte Geschichte, Henry, oder? Einfach ekelhaft.
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Vorhang hoch die Hosen runter Es tanzt William Bonney das macht munter. 82
Tag Leute, ich möchte euch mein Lied über die Lady Miss AD singen. Ihr alle kennt sie – die einzige in der Stadt, die Syphilis hat. Miss Angela D hat nen Mund wie ne Biene sie saugt deinen Honig und verzieht keine Miene ihre Zähne lassen einen Abdruck zurück auf deinem allerbesten Stück Sie tut es, weil es ihr gefällt am besten tut sie’s für viel Geld
Miss Angela Dickinson verschwommen im Dunkel ihre Zähne ein Tunnel ihren Augen fehlt ein Boot. Ihr Mund ist ein Outlaw sie schluckt deinen Atem ihr Schenkel versenkt dich oder bricht dir den Hals. Ihr Hals eine Küche rote Kost und alte Hitz ihre Ohren eine Harfe du leckst, bis es schmerzt. Ihre Zehen nehmen deine Rippen ihre Finger deinen Geist sie wird zum Gorilla und schluckt dich blind (dank euch 83
Angela – ihre Hand von einem Schuß aufgerissen Wasser, Blut an meiner Schulter sie weint leise o Bonney, du Dreckskerl, Bonney
bring ihn um, Bonney, bring ihn um
dies von Angela dies sagte sie, als die Kugel von ihnen, mir zugedacht, ihr Handgelenk aufriß, so daß Fleisch herausquoll
Sie sah zu, wie ich’s machte. Ich nahm ein Messer und schnitt die Haut noch weiter auf zog sie straff auf die andere Seite ihres Armes um die Kugeln herauszuklauben 3 Stück ingesamt wie diese eingerollten Kügelchen-Zungen von Tauben Schau hin, ich kann in deinen Arm hineinschauen nichts durcheinander da drin schau, wie sauber Ja, Billy, sauber
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Wir sitzen also hier auf der Veranda und besaufen uns langsam. Gewöhnlich waren wir zu dritt. Jetzt sind wir zu fünft; unsere Körper auf den Stühlen hier draußen schneiden Segmente aus der dunklen Nacht. Und das Flämmchen von der Kerosinlampe wirft einen Ockerton über unsere Kleider und Gesichter. John wippt in dem lautlosen Schaukelstuhl vor und zurück, ein Bein angezogen, und bei jedem Kippen erstickt sein Hemd das Licht und wirft Gewinde von Schatten den Boden entlang. Wir übrigen sind ruhiger. Garrett sitzt mit Sallie auf dem Sofa, der ruhigste von uns allen. Er redet kaum, habe ich beobachtet, er hört meistens zu. Sallie hat die Beine ausgestreckt, sie liegen mit den Knöcheln auf dem Stuhl; der lange Rock fällt wie ein Vorhang von ihren Beinen und berührt den Boden. Die Katze regt sich auf ihrem Schoß. Und direkt zu meiner Linken läßt Angela D ihr Bein vom Geländer baumeln, auf dem sie sitzt, ihr langes Bein schaukelt nur ungefähr einen Fuß weit von meiner Linken entfernt, und die Ferse pocht leicht gegen das hölzerne Geländer. Es geht darum, das Besondere dieses Abends zu erklären. Daß nämlich die Veranda der Chisums gedrängt voll ist, daß natürlich noch hundert Leute mehr Platz finden könnten, daß aber John und Sallie und ich uns an andere Abstände gewöhnt hatten und daß wir bedächtig nächtelang geredet hatten, wobei wir lange Pausen des Schweigens erwarteten und uns dann die Zeit nahmen, über eine Antwort nachzudenken. Daß man an den Raum aus Schwarz gewöhnt war, der wie Watte gleich hinter dem Licht hing, das sich auf die Veranda ergoß. Um eins oder zwei in der Nacht stand 86
Sallie meist auf, brachte mir die Katze und ging weg, um Kaffee zu kochen und sich fürs Bett fertig zu machen. Und dann kam sie mit den drei Tassen zurück und hatte das Nachthemd an, das immer gelb oder weiß war und tolle Rüschen an den Schultern und vorne am Hals hatte. Und dann zog sie sich das Nachthemd über die untergeschlagenen Beine, und wir witzelten darüber, daß sie wie ein Pelikan oder wie irgendein dicker Vogel mit großem Bauch und kurzen Beinen aussah. Aber sie blieb so sitzen und sagte, die Beine unter ihr hielten sie warm, denn ein Wind war jetzt aufgekommen, wie ein leichter Flügelschlag gegen das Haus. Und jetzt ist es ein Uhr, und Sallie steht auf, und die Katze bleibt auf dem Sofa in der warmen Delle im Polsterstoff, wo sie gesessen hat. Und Angela streckt sich und sagt, besser ins Bett jetzt, und ich sage, nein, jetzt trinken wir Kaffee, und sie lehnt sich zurück, und später bringt Sallie Tassen, diesmal auf einem Tablett. Und wir lachen ein wenig, weil Garrett eingeschlafen ist. Niemand hat das im Halbdunkel wahrgenommen. Er hat sich keinen Zentimeter bewegt, hat nur die Augen geschlossen. Aber der Kaffee bewirkt heute abend nicht viel. Das heißt, wir haben schon einiges geladen, und jetzt kehren wir auch noch zum Whisky zurück. Und meine Kehle spürt nicht mehr, wie der Alkohol runterrinnt. Ich staune, wie Angie auf dem Geländer das Gleichgewicht halten kann, und gerade da läßt sie sich nahe zu mir heruntergleiten, und obwohl ich Sallies Augen nicht sehen kann, glaube ich, daß sie uns bestimmt beobachtet.
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Wir sitzen hier und saufen nach dem Kaffee weiter. Garrett sitzt hier, ist aber eingeschlafen, dazu Sallie, John und wir beide. Meine Augen brennen, tun weh vom Wechsel des Lichts und vom Whisky, und ich kann nicht richtig sehen; Johns Schaukelstuhl geht zwar langsam, aber sein kariertes Hemd hinterläßt lediglich einen roten, bogenförmigen verwischten Fleck wie irgendein verschwommenes Bild. Ich erinnere mich, als man das Photo von mir machte, war da ein weißer Streifen die Straße zum Brunnen hinunter; jemand war aus einem Gebäude gekommen, war die Veranda hinuntergegangen, auf sein Pferd gestiegen und weggeritten, während ich reglos dastand und wartete, bis die Säure in der Kamera ganz getrocknet war. Ins Bett, sagt jetzt John, und wir sagen, ja und bleiben noch eine Weile sitzen, dann weckt Sallie Garrett, und wir alle stehen auf und gehen in unsere Zimmer. Und Angie, merke ich, ist stockbetrunken und hält sich stolpernd an meiner Schulter fest. In dem Zimmer haben wir jetzt dasselbe Bett, das man mir gab, als ich allein war. Angie sagt, daß sie auf mir schlafen muß, oder ich auf ihr. Und ich sage, Angie, ich bin zu besoffen für eine Turnübung. Ach was, sagt sie und knöpft mein Hemd auf, und ihre Hände fühlen sich wie warme Handschuhe auf meinem Rücken an, weich, bis sie ihre Nägel benutzt und kratzt, damit ich näher komme, und ich komme und fang an zu kichern. Wart, ich muß aufs Klo, nur mit der Ruhe. Ja, sagt sie lachend. Still, Sallie ist im Zimmer nebenan, hat Ohren wie ein Luchs.
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Auf dem Klo muß ich sitzen, weil ich weiß, daß ich nicht geradeaus pinkeln kann. Bevor ich fertig bin, kommt sie herein und setzt sich rittlings auf mich und läßt ihr langes Haar in mein offenes Hemd fallen, während wir uns die Zunge gegenseitig in den Mund stecken. Ihr Rock fällt über uns beide und das Klo. Los, Billy, mach schon. Mmmm, sage ich, ja, aber steh erst auf. Nein. Mach keinen Unfug, Angie. Nein. Und langsam und voller Bedacht hebt sie die Beine höher und hängt sie wie Wäscheklammern fest auf meine Schultern. Angie, komm schon, ich bin betrunken, ich bin kein Trapezkünstler. Doch, du bist einer. Und langsam hebe ich sie höher und presse sie an mich. Der Geruch ihres Geschlechts ist jetzt streng; es verschmiert meine Brust und das Hemd, wo sie es entlangreibt. Du bist zu schwer dafür, denke ich noch, und wir lassen uns sachte zu Boden gleiten. Sie lehnt sich dabei zurück wie ein Bäumchen, hebt die Beine, um die Kleider auszuziehen, und ich greife mir den Rock und ziehe ihn ihr über den Kopf. Laß mich raus, Billy. Raus, Billy. Leise, sie ist nebenan. Nein! Ich kenn dich, Billy, ja, dich! Du fickst sie. Nein, Angie, nein, sage ich, ehrlich, Angie, du hast zu viel getrunken, und dann dringe ich in sie ein, wie ein Wal mit einem Hut auf, meine ertrinkende Frau, meine Lady, die ertrinkt, und nehme den Hut ab.
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In den weißen Zimmern in Texas nach einer schlimmen Nacht aufwachen muß wie der Himmel sein, so denke ich jedenfalls jetzt. Es ist gegen 9 Uhr, und der Raum sieht riesengroß aus, als sei die Sonne hereingekommen und habe die Wände hinausgeschoben. Als sei sie von den Büschen draußen reflektiert, trifft jetzt die Sonne in Wirbeln auf die weißen Wände und die weißen Laken auf dem Bett; das kann ich sehen, wenn ich den Kopf hebe. Ich bin mir sicher, daß letzte Nacht jeder gekotzt hat. Alle bis auf Garrett natürlich. Der Whisky und der Kaffee und wieder der Whisky verdarben uns allesamt den Magen, und die Toilette war letzte Nacht wie ein Beichtstuhl. Einmal war Angie im Klo, und Sallie und ich standen im Flur, gegen die Wand gelehnt, die Augen halb geschlossen, sie in einem Nachthemd aus weißem Stoff mit Silberblumen darauf und einer Schleife in Grau, die sich zu ihrem Bauch hinunterringelte. Auch der Flur ist grau, weil niemand das Licht anhaben will, denn unsere Augen bewegen sich wie altes, halb getrocknetes Blut unter den Lidern, und Sallie streicht sich sogar das Haar ins Gesicht, damit sie mehr Schatten hat. Und für meinen verschwommenen Blick sieht sie reizend aus, wie sie sich gegen die kalte Steinwand lehnt, die Arme verschränkt, die Handgelenke in die Armbeugen gekuschelt, in ihrem Nachthemd, das bis zu ihren weißen Füßen hinunter reicht, die sich gegenseitig kratzen. Ich bin in ein Handtuch gewickelt, muß mich jetzt setzen, weil ich dauernd an der Wand herunterrutsche.
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Beeil dich, Angela. Sallie schlägt gegen die Tür. Mehr Geräusche drinnen, wie von einer Maschine, die angeworfen wird. Ich kann nicht mehr warten, sagte ich, ich geh raus. Keine Antwort. Und ich gehe durch das dunkle Haus, stoße mit den Füßen gegen Hocker und halte mich unterwegs an Stühlen fest, kann ums Verrecken nichts sehen. Begreife, daß da Wände sind, gerade bevor ich dagegenlaufe, und der Hund kommt aus einer Ecke und folgt mir und leckt meine bloßen Füße. Ich bin draußen und nur mit einem Handtuch bekleidet, und der Wind weht den Sand hoch und peitscht mich vorwärts. Ich suche mir eine Stelle aus und beginne zu kotzen, und der Wind trägt das Erbrochene wie ein gelbes Band einen guten Fuß weit nach rechts von mir. Die Magensäure brennt dabei auf Zahnfleisch und Zunge. Halt. Ich stecke mir die Finger bis zum Zäpfchen in den Hals, und wieder kommt es hoch und fliegt weg wie eine Schar von Miniatur-Kanarienvögeln. Eine Herde. Ein Schwarm von ihnen, als wäre ich ein Zauberer oder so etwas. Das bringt mir nichts für mein Image ein, ganz bestimmt nicht. Hier bin ich, ¾ nackt in einem Handtuch, und kotze 10 Meter vom Haus entfernt, links von mir eine große beschissene Wüste, wo nichts ist außer Wind, der Sand und Staub und den Gestank von toten Tieren in 100 Meilen Entfernung hochweht und damit auf mich und meinen Körper zielt. Und der verdammte Köter kommt her und schnüffelt an dem Erbrochenen und beginnt es dann systematisch aufzufressen; bereitet zweifellos seinen Appetit für 92
morgen früh vor, während sich jetzt die Maschinerie in mir stillegt, die mein Erbrechen organisiert, als hätte ich ein Jahr lang keinen Tropfen angerührt. Ich verjage den Hund mit einem Tritt, aber er kehrt zu seinem Mahl zurück. Ich kann nicht schreien, weil mein Mund trocken ist. Ich versuche es, und dann hebt sich tief unten der Magen, und es kommt hoch wie ein Gänseblümchenkränzchen und sprudelt heraus und befreit sich in den Gleitstrom des Windes und klatscht auf den Boden, genau vor dem Hund, dem es so gutgeht wie noch nie in seinem Leben. Ende. Ich verlasse den Hund und gehe mit Sand an den Füßen ins Haus, das jetzt warm ist, und falle in mein Bett. Und Angela ist da, und Sallie war nicht im Flur, also ist sie vermutlich da drinnen oder wieder im Bett. Und gerade als ich hinüberdämmere, höre ich, wie John aufsteht und in der Dunkelheit herumstolpert. Das war also eine schlimme Nacht. Aber heute morgen ist der Raum weiß, und silbrige Schatten rollen über die Decke. Alles ist sauber bis auf unsere Münder, und ich gehe zum Waschbecken und spüle die Kehle von gestern nacht aus und pinkle in den Ausguß und mühe mich ins Bett zurück, und Angela D liegt golden und kühl neben mir, das Laken wie einen Rock um den Leib geschlungen, der Arm gerade über die Bettkante ausgestreckt, wie eine Halbinsel, dicht von Adern durchzogen und kühler als der Rest von ihr, denn der Arm hat die ganze Nacht im Zug des Windes vom Fenster her gelegen.
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Sie ist so braun und hübsch, und die Sonne geht an Hals und Handgelenken in lichtere Farben über. Den Zipfel des Kissens hat sie im Mund, ihre Hüfte wölbt sich als Hügel weiter unten im Bett. Schöne Ladys in weißen Zimmern am Morgen. Wie soll ich sie wecken? All die Peinlichkeit der letzten Nacht bei den Chisums ist verflogen, auch mein Kopf ist leer, offengescheuert von Säure. Mein Kopf und mein Körper öffnen sich jeder neuen Windrichtung, jedem Nerv, jeder neuen Bewegung, jedem neuen Geruch. Ich sehe nach oben. Auf dem Nagel über dem Bett ist der schwarze Halfter mit dem Revolver wie eine Schlange zusammengerollt und schimmert auch im Weiß des frühen Morgens.
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Die Straße der sich träge bewegenden Tiere während die Sonne in makellosen Senkrechten heruntersticht nicht breiter als Stiefel Die Hunde schlafen ihre Träume aus sie sind allgegenwärtig so daß Pferde im Gedränge am Wochenende zurückscheuen und ihnen die Beine brechen / während ich weitergehe hat das Blut von meinem Handgelenk eine Reise zum Herzen gemacht und meine Finger betasten das weiche Notizbuch aus blauem Papier halten einen Bleistift fest, der hochfährt und seitwärts und meine Gedanken auf eigene Weise kartographiert wie leichte, nasse Gläser, die auf poliertem Holz dahinrutschen Die feinen Nerven sprühen Funken an der Peripherie unserer Körper während unser Rumpfklotz dahinstolpert, als wären wir eines jener von der Sonne betäubten Pferde Ich bin hier mit Spielraum für alles Blutkörperchen, Muskel, Haar mit Händen, die danach lechzen, sich an Metall zu reiben diese Sinne, die die Dinge mit einer Axt zerschmettern wollen die auf Adern horchen, tief in unsere Handflächen gebettet 95
die in Träumen über deine Frauen hergehen Nacht dir nahe, jede Pfote, die unsichtbaren Hufe der unsichtbare Blackout des Verstands das verwickelte Niemals die gespannt wartende Brunft des Körpers
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Die Augen hell schimmernde Schuppen (Achtung) die Krallen einer Kugel kommen auf mich zu, wie die Finger einer Frau scheiteln langsam mein Haar greifen hinein, langsam, ganz langsam lassen die Haut mit einem leisen Knall hinter sich und das langsam fließende Hirn als würde Feuer heraussickern das rötlich graue Hirn fließt und schreckt das Haar langsam auf Miss Angela D, ihre Augen ein Boot, das in Brand steht ihre Kehle ist eine Küche warm auf meinem Gesicht, sich hebend und senkend mein Kopf, mein Mund aufgerissen und sie saugt meinen Atem auf als würde warmer Teer strömen während der Mann mit dem hellen Blechstern verschwommen im Dunkeln sagt: Aufhören, Jeeesus, Jesus, Jesus, jesus
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Dieser Alptraum nahe dieser 7 Fuß hohen Türöffnung beim Warten auf die Ankunft von Freunden meine oder ihre ich bin gut einen Meter tief im Raum im braunen kalten Dunklen der Spalt Sonnenlicht in der Türöffnung 3 Zoll von meinen Schuhen entfernt ich bin an der Kante der kalten Dunkelheit beobachte die weiße Landschaft, eingerahmt von der Tür eine Welt, die so präzise ist jeder Nagel und jede Spinnwebe hat sich in meine Gegenwart hinein vergrößert Warten nichts durchbricht mein Blickfeld außer Fliegen auf ihrer schwarzen Flugbahn wie umgekehrte Sterne oder das plötzliche Vorbeifegen eines Vogels dem es zu heiß geworden ist und der für eine Stunde in die Kühle flieht Wenn ich meinen Finger hochhebe lösche ich den Horizont aus wenn ich meinen Daumen hochhebe nehme ich einen Mann nicht wahr, der aus 3 Meilen Entfernung hierherkommt. Der Hund neben mir atmet aus seine Lungen weben ein Muster von Geräusch wenn er sich schüttelt knallen seine Ohren wie Peitschen er ist vor der Tür draußen sein Verstand ist klar, während die Hitze sein Gehirn in Phantasien dahintreiben läßt 98
Ich bin hier an der Kante zum Sonnenlicht das mich in Brand setzen würde ich starre in das Pechweiß hinaus Himmel und Gras sind überentwickelt bis zur Sinnlosigkeit warte auf Freunde meiner Feinde oder die eigenen Ich habe nichts in den Händen doch jede Bewegung die ich machen würde – aufstehen, langsam gehen am Randbezirk der Schwärze dahin, wo die Waffen sind – ist von meinem Auge geplant Ein Junge schiebt dem Licht einen Riegel vor in blauem Hemd und Jeans das lange Haar reicht ihm bis über die Ohren das Gesicht jung wie irgendein Pharao Ich kann mich nicht rühren mit nichts in der Hand
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Wir ritten mittlerweile in einem Trupp. Nicht nur Dave Rudabaugh, Wilson und ich, sondern auch Gar rett, die Hilfssheriffs Emory und East, dazu 7 andere, die ich noch nie gesehen hatte, und Charlie, der tot auf dem Rücken eines Pferdes lag; Arme und Beine baumelten seitlich herab, aneinandergebunden, so daß er nicht herunterfallen konnte. Ein Laken bedeckte ihn, damit er in der Sonne nicht zu sehr austrocknete. Danach kam eine schlimme Woche. Mein Hut, den Charlie getragen hatte, war in Fetzen geschossen worden; ich hatte also keinen Hut, während wir vor- und zurückritten, kreuz und quer übers Land, um Leuten und Gesetzeshütern aus dem Weg zu gehen. Leute, die auf Lynchen aus waren, zogen jetzt herum, und Garrett, Gott segne ihn, wollte das nicht. Also ritten wir entlang der Carrizozo-Ebene zu den Hängen der Oscuros, blieben eine Nacht in der Nähe der Chupadero Mesa, dann zurück zur Carrizozo an dem Stamm der Evan vorbei und folgten nun der Telegraphenlinie nach Punta de la Glorietta. Aber dort waren über 40 Lyncher. So ritten wir weiter, ich ohne Hut, unangenehme Zeiten für uns alle. Pferde und Züge, Pferde und Züge. Dave, Wilson und ich, die Beine mit langen 24-Zoll-Ketten unter dem Pferd gefesselt, die Hände an den Zügeln festgebunden. Fünf Tage lang so. Wir mußten im Sitzen pissen, in die Hosen und runter entlang der Flanke des Pferdes. Wir schliefen, nach vorne auf den Hals des Pferdes gebeugt. Das einzige, was sie taten, damit wir nicht vom schmerzenden Druck des Sattels wahnsinnig wurden, war, daß sie die Sättel wechselten oder uns einen Tag auf dem bloßen Rücken und am nächsten im Sattel 100
reiten ließen. Alles wurde grau vor den Augen. Mein Pferd haßte mich und die Kette unter seinem Bauch, und genauso haßte ich es. Am fünften Tag verwandelte sich die Sonne in ein Paar Hände, die anfingen, mir die Haare vom Kopf zu reißen. Rupf-zupf, rupf-zupf. In zwei Stunden war ich kahl, mein Kopf wie eine Zitrone. Sie kratzte mit dem Fingernagel eine messerscharfe Linie von der Stirn bis zum Hinterkopf auf die Haut. Eine feine Linie von Blut quoll hoch und trocknete. Das war um elf Uhr morgens. Die Sonne nahm ein Handtuch und wischte das vertrocknete Getröpfel ab; es war jetzt wie rotes Pulver auf dem Handtuch. Dann fing sie an, mit ganz feinen, vorsichtigen Fingern meinen Kopf auseinanderzublättern, indem sie eine Schicht Haut nach der andern abzog, so daß sie mir um die Ohren klatschte. Der Hirnsaft begann hochzusteigen. Man konnte jetzt die Knochen und die graue Masse sehen. Die Sonne lehnte sich zurück und sah zu, wie der Saft verdampfte. Inzwischen war der Knochen von stumpfem Weiß, völlig trocken. Als sie den Knochen mit den Fingern berührte, war es, als ob sie bloßliegende Nerven streifen würde. Sie nahm eine dünne, kalte Hand und versenkte sie in meinem Kopf, durch das Gaumensegel hindurch, und wusch sich die Finger in meiner Zunge. Die lange, kühle Hand wanderte tiefer, kratzte die Tüpfelchen und Warzen in meiner Kehle, brach durch Adern wie durch Stücke langer Glasröhren, berührte mein Herz mit ihrem Handgelenk, ging tiefer, endlich verschwand das flüssige Gelb von meinem geplatzten Hirn, als die Hand durch den weichen, warmen 101
Magen hindurchging wie durch eine üppige blutfeuchte Oase; sie schlängelte sich durch die roten gelben blauen grünen Nerven, glitt zögernd durch falsche Spalten, hielt an vor den Sackgassen der Knochen, zog sich dann langsam zurück, hinterließ den Schmerz der Saugwirkung, stieß dann hinab, dem ordnungsgemäßen Pfad folgend durch Pyramiden von Knochen, die da waren, als ich geboren wurde, passierte Furchen, während die Finger die verschmelzenden Pfade der Mittellinien von blauer Materie umspannten. Die lange, kühle Hand streifte sachte beim Hinunterlangen Nervengespinste, die horizontalen Schmerzgruben, Läppchen, Windungen, Engpässe, Bogen, Stränge, Spalten, Verwurzelungen, streifte weiße Isoliermasse toter Siebenjahreszellen, an Dingen haftenbleibend, und rieb sie an den Strängen des Rückgrats ab. Die kühlen, präzisen Finger gingen hinunter in die Zisterne der Blase, die letzten hundert Meilen hinunter in einem Ruck, brachen durch meine Spermasäcke, bekamen meinen Schwanz zu fassen, die kühlen Finger zogen ihn zurück nach oben, zogen, zogen ihn schlaff wie Rauch die Rinne hinauf, in dem ihr Arm gewesen war und die sie geweitet hatte. Sie brachte ihn schnell nach oben, riß dabei seine Wurzeln fast aus, ging hinauf über die farbigen Faser-Brücken. Sie zog mit dem schleimigen Arm eine Linie zurück durch die Pyramiden hinauf, hielt ihn mit ihren Fingern umklammert, die jetzt blutende Kehle hoch, zwängte ihn durch die Schädelknochen, und da war ich also, mit meinem Schwanz, der oben aus meinem Kopf ragte. Dann brachte sie ihre andere Hand ins Spiel; ich konnte jetzt den kühlen Schatten spüren, als sie sich über mich beugte. Beide Hände liefen spitz in schöne, kühle Fin102
ger aus, eine Hand weiß, wie neues, stark riechendes Papier, die andere 40 Farben, Ockertöne, Blautöne, Silber aus meiner Lunge, Gold und Mandarinenfarbe aus den geborstenen Ohrkanälen, all das haftete an ihr, als sie hineinfuhr und wieder herauskam. Die Hände waren kühl wie Porzellan, eine war Silber alter Knochen entrindete Eiche weiße Zigaretten aus dem Osten weißer Himmel das Auge Kern der Sonne. Zwei Hände, eine tot, die andere aus mir geboren, eine wie Kristall, eine wie Schlangenhaut, die man im Frühling findet. Sie verbrannten mich wie Trockeneis. Die Finger nahmen die Falte der Vorhaut, eine Hand auf jeder Seite, und begannen, sie langsam zurückzuziehen, zurück, zurück, zurück, hinunter, wie eine Mütze mit Ohrenklappen für den Winter, wie Hosenbeine über Stiefel, und dann ließen sie los. Der Wind wurde stärker, ich war untergetaucht, in meiner Haut eingeschlossen, empfindlich wie ein gerade geborenes Tier, ich konnte alles spüren, ich konnte alles auf meiner Haut hören, während ich wie ein großes undurchsichtiges Straußenei auf dem bloßen Rücken des Pferdes saß. In meiner Haut hörte ich Garretts Stimme nah auf der Haut, was hast du, Billy, was hast du, konnte ihn nicht sehen, aber ich wandte mich in die Richtung, von der ich wußte, daß er da war. Ich schrie, so daß er mich durch die Haut hören konnte. Ich bin gefickt worden ich bin von Christus gefickt worden, Allmächtiger, bin von Christus gefickt worden. Und ich rollte vom Rücken des Pferdes, wie ein weiches Ei ohne Schale, in dünne weiße Seide gepackt, und ich traf auf dem Staub auf, blind und weiß, aber die Kette hielt 103
meine Beine am Pferd fest, und ich wurde mitgeschleift, und auf meiner feuchten Haut blieb Staub kleben, während ich zwischen seinen 4 dahintrottenden Beinen hing, endlich, dem beschissenen Christus sei Dank, im Schatten seines Bauches.
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Garrett brachte uns geradewegs zum nächsten Bahndepot. Wir mußten eine Nacht lang auf den Zug warten, der uns nach Messilla bringen sollte, wo sie uns den Prozeß machen wollten. Das Hotel Polk dort war ein heller, weißer Bau mit einem weiten Hof und einem Brunnen. Die Hilfssheriffs stiegen runter im Eimer und wuschen sich. Sie holten Charlie vom Pferd. Garrett übernahm die Sache und wusch das getrocknete Blut vom Pferd ab. Garrett bestellte einen Sarg für Charlie Bowdre. Dann gab er mir Flüssigkeiten und Brei zu trinken. Sie mußten uns drei von den Pferden in die Betten tragen – wir konnten nach der Woche auf den Pferden nicht mehr gehen. Ich sollte ein Zimmer mit Garrett und Emory teilen. Dein letztes ordentliches Bett, Billy, sagte er. Such dir eine bequeme Stellung. Das tat ich, Gesicht und Bauch nach unten. Er kettete mich an das Bett. Er umwickelte meine Finger so dick mit Klebeband, daß ich sie nicht durch den Schutzbügel des Abzugs hätte bekommen können, selbst wenn man mir ein Gewehr gegeben hätte. Dann ging er hinaus und sah nach Wilson, der beide Knöchel gebrochen hatte, als sein Pferd strauchelte und auf seinen zusammengeketteten Beinen zusammenbrach. Es ist immer noch Nachmittag, der Raum weiß von Licht. Mein letzter weißer Raum; die Sonne kommt durch die Läden und macht die weißen Wände noch weißer. Ich liege auf meiner linken Wange und schaue zu dem Licht hin. Ich kann nicht einmal die Tür sehen oder ob Emory noch hier ist. Das Bett ist riesig. Ich schlief ein, mein Körper schmolz ins Bett hinein. Ich 105
erinnere mich, einmal als Charlie und ich aufgehört hatten zu reden, konnten wir Fliegen in ihrer Schwärze durch den Raum summen hören, und ich erinnere mich, einmal, in einer Nacht im Freien, drehte ich mich zu Charlie, um ihm gute Nacht zu sagen; er war etwa 10 Meter entfernt, und da balancierte der Mond direkt auf seiner Nase.
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Auf Anordnung des Gerichts werden Sie nach Lincoln gebracht und bis zum 13. Mai in Haft gehalten und an dem Tage in der Zeit zwischen Sonnenaufgang und Mittag am Galgen aufgehängt, bis Sie tot tot tot sind. Möge sich Gott Ihrer Seele erbarmen sagte Richter Warren H. Bristol
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the texas star, märz 1881
THE KID PACKT AUS exklusives gefängnis-interview
Frage: Billy...
Bonney: Mr. Bonney bitte.
F: Mr. Bonney, ich bin vom Te xas Star. Wie alt sind Sie? B: 21. F: Wann ist Ihr Geburtstag? B: Am 23. November. In dieser Runde werde ich 22. F: Angeblich haben Sie diesem Satz hinzugefügt: »Falls ich es schaffe«, wenn man Ihnen früher diese Frage stellte. B: Nun, manchmal fühle ich mich zuversichtlicher als sonst. F: Und jetzt fühlen Sie sich gut...? B: Ja, jetzt geht's mir gut. F: Mr. Bonney, als Sie das Ange bot von Gouverneur Wallace auf Straffreiheit ablehnten, waren Sie sich da darüber im klaren, daß Ihr Leben unter Umständen so verlaufen konnte, wie es dann verlaufen ist? B: Ach, ich weiß nicht. Charlie, Charlie Bowdre, meine ich, sagte damals, daß ich ein Dummkopf war, weil ich nicht aus Wallace
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herausholte, was nur ging. Aber zum Teufel, es hat mir damals sowieso nicht allzuviel bedeutet. Das einzige, was mir Wallace anbot, war Schutz vor den Geset zeshütern, und zu der Zeit hatten sie keinen Streit mit mir, also schien die Sache ziemlich albern. F: Aber Sie wurden wegen Vieh diebstahl gesucht, stimmt's? B: Ja, aber... ich will es mal so sagen: man hätte mich nur verhaften können, falls man Beweise gehabt hätte, stichhaltige Beweise, nicht nur irgendwelche Geschichten. Sie hätten mich praktisch mit gestohlenem Vieh in meinem Bett erwischen müssen. Und wenn man Vieh stiehlt, sieht man den Sheriff und seine Leute schon auf gut zwei Meilen Entfernung daherkommen. Al les, was ich tun mußte, war, in der entgegengesetzten Richtung davonreiten, und das wär's auch schon gewesen. F: Aber hätte man Sie nicht mit
dem Vieh erwischen können, wenn Sie es verkauften? B: Nun, ich kümmere, ich kümmerte mich nicht um den Ver kauf – ich verkaufte die Tiere, bevor sie den Markt erreichten. F: Wie oder mit wem haben Sie das fertiggebracht? B: Falls es Ihnen nichts aus macht, möchte ich lieber keine Namen erwähnen. (An dieser Stelle holte sich Mr. Bonney eine schwarze Zigarette heraus, zündete sie an und grinste liebenswürdig, dann ver steckte er sich hinter seinem ge heimnisvollen halben Lächeln, das die Andeutung eines Lä chelns war. Dieses Lächeln von »Billy the Kid« ist wohlbekannt und bei seinen Freunden in der Gegend legendär geworden. Sheriff Garrett hat eine Erklärung dafür: »Billy hat vorste hende Zähne, ihr von der Zeitung würdet es ein Pferdegebiß nennen. Selbst wenn er gar nicht beabsichtigt zu lächeln, zwingen seine Zähne den Mund zu einem halben Grinsen. Deswegen wun dern sich die Leute immer so, daß er in Zeiten der Anspannung so gut gelaunt ist.« Mrs. Celsa Guitterrez fügt dem hinzu: »Als Billy 18 war, schlug ein Mann namens John Runkel (›... rübe‹ wie er später liebe voll genannt wurde) seine (Bil lys) Nase mit einer Flasche ein.
Billy war bewußtlos, und Run kel floh. Bowdre, der bei ihm war, flößte ihm Tequila ein, als er zu sich kam, um den Schmerz zu lindern, und machte ihn auf diese Weise betrunken. Billy ließ seine Nase drei Tage nicht rich ten, weil Bowdre, der bei dem Tequila mithielt, sich ebenfalls betrank und die gebrochene Nase ganz vergaß. Die Folge da von war, daß Billys Atemkanäle oder was auch immer, als er schließlich nach Sumner kam, um seine Nase richten zu lassen, verstopft waren. Danach atmete er kaum mehr durch die Nase, sondern indem er die Luft durch den Mund einsog, oder, wie es schien, durch die Zähne. Falls man in seiner Nähe war, wenn er schwer atmete – wenn er aufge regt war oder rannte –, konnte man so ein Zischen hören, das ziemlich laut war.«) B: Jedenfalls bot mir Wallace Schutz vor den Gesetzeshütern an, und die einzigen, die ich in Fort Sumner kannte, waren die Leute von Murphy, die sicher die Anweisungen von Wallace nicht befolgt hätten, wenn sie mich auf einer dunklen Straße ohne Revolver angetroffen hätten. (Lacht) F: Sind Sie mit Wallace gut aus gekommen? B: Er war okay. F: Was meinen Sie damit?
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B: Einfach daß er das alles ehr lich meinte. Ich meine, natür lich war er enttäuscht, weil ich nicht einwilligen konnte, aber ich glaube, er verstand meine Gründe. Ich glaube nicht, daß er von Murphys Männern viel hielt oder ihnen über den Weg traute. F: Aber jetzt vor kurzem haben Sie gedroht, ihn zu töten, falls Sie Ihrer Hinrichtung entkä men? B: wenn ich entkomme, ja. F: Warum? B: Also, ich hab das alles schon mal gesagt. Ich hab schon mal eine Erklärung abgegeben. Aber sei's drum, eben noch mal. In meinem Prozeß vor drei Wochen war die gegen mich erho bene Beschuldigung, ich hätte Sheriff Clark erschossen, und so weiter. Nun bot mir Wallace bedingte Haftverschonung oder Straffreiheit oder was auch im mer nach dieser Schießerei an. Wie Sie wissen, gab es nach die sem Zwischenfall keinen einzigen echten Zeugen für einen Mord, den ich begangen haben soll. Tatsache aber ist, daß die Erschießung Clarks während des Lincoln-County-Krieges stattfand – als nämlich alle aufeinander schossen. Ich meine, niemand erhob Anklage gegen diejenigen, die McSween oder Tunstall erschossen hatten. Nun gab Wallace mir gegenüber zu,
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daß er zwar nicht billigen konn te, was während dieser drei Tage begangen worden war, ihm aber doch klar war, daß beide Seiten schuldig waren und man wie in einem Krieg nicht ernsthaft strafrechtlich gegen mich vorge hen konnte, ohne gleichzeitig gegen alle anderen in diesen Krieg Verwickelten vorzugehen. Zweimal unrecht ergibt recht, richtig? Jetzt, weil sie mir nichts sonst anhängen können, klagen sie mich wegen etwas an, was während eines Krieges passiert ist. Eine Tatsache, die Ihrem Gouverneur Wallace klar ist und die er, da bin ich sicher, insge heim einräumt und gegen die er trotzdem nichts unternimmt. F: Warum, glauben Sie, unter nimmt er jetzt nichts, um Sie zu begnadigen? B: (kichert) Nun, ich glaube, daß er sich eingeredet hat, ich hätte es seitdem ziemlich schlimm getrieben. Aber der springende Punkt ist, daß es keinen recht lichen Beweis für all die späteren Geschichten gibt. Die verwen deten Beweismittel waren ver fassungswidrig. F: Haben Sie einen Anwalt, ich meine, der in Berufung geht? B: Schieben Sie mir einen Revolver rüber, und ich hab einen — drucken Sie das nicht. F: Mr. Bonney – oder darf ich Sie Billy nennen ... ?
B: Nein. F: Mr. Bonney, glauben Sie an Gott? B: Nein. F: Warum nicht und seit wann nicht mehr? B: Also, ich hab lange Zeit an ihn geglaubt, ich meine, auf eine abergläubische Weise, genauso wie ich zum Beispiel an Glück glaube. Ich konnte das Risiko nicht eingehen, verstehen Sie? Zum Beispiel nie etwas Gelbes tragen. Ich habe mich gewöhn lich vor einem großen Kampf oder sogar vor einem ganz harmlosen wie auch einem ganz leichten bekreuzigt und gesagt: »Lieber Gott, bitte laß mich heute nicht sterben.« Ich machte das allerdings ganz schnell, damit mich niemand dabei be obachtete. Ich machte das so ziemlich jeden Tag vom zwölften Lebensjahr an, bis ich 18 war. Als ich 18 war, beteiligte ich mich mit Tom O'Folliard an einem Schießwettbewerb; der Preis war ein Pferd. Es wurden Gewehre verwendet, und Tom kann ausgezeichnet damit um gehen, und ich wollte das Pferd unbedingt haben. Ich betete jeden Tag. Und dann verlor ich die Wette mit Tom. F: Machen Sie sich Sorgen dar über, was nach dem Tod kommt, wo Sie nicht mehr an Gott glau ben?
B: Ich versuche, den Gedanken zu vermeiden. Vermutlich eher nicht. Ich schätze, sie stecken einen einfach in die Kiste, und da bleibt man dann für immer. Da gibt es sonst nichts. Als einziges wünschte ich mir, daß ich hören könnte, was die Leute im nachhinein sagen. Das würde ich wirklich gern wissen. Sehen Sie, ich wäre gern unsichtbar und würde gern beobachten, was mit den Leuten passiert, wenn ich nicht da bin. Ich nehme an, daß Sie das für einfältig halten. F: Sind Sie glücklich oder waren Sie zumindest glücklich? Hatten Sie irgendeinen Grund, weiterzuleben, oder haben Sie ledig lich experimentiert? B: Ich weiß nicht, ob ich glück lich bin oder nicht. Aber am Ende ist das das einzig Wichtige – daß Sie sich testen – oder wie Sie sagen, daß man experimen tiert, wie gut man ist, und das kann man nicht, wenn man verlieren will. F: Ist das alles, worauf Sie sich gefreut haben? B: Ja, ich denke schon. Und auf meine Freunde. Ich bin gern mit Leuten und meinen Freunden zusammen. F: Ist es wahr, daß Sie heiraten und nach Osten ziehen wollten, als man Sie verhaftet hat? B: Wie gesagt möchte ich keinen Ärger machen, und obwohl ich
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nichts zum ersten Teil der Frage sagen möchte, ja, ich hatte tat sächlich die Absicht, die Gegend zu verlassen, weil immer wieder Leute zu mir kamen und sagten, man würde es mir schon heimzahlen, was ich ihren Freunden angetan hätte. Bob Ollinger etwa, der sich als mein Gefäng niswärter eingeschleust hat. Er hatte einen engen Freund, der im Lincoln-County-Krieg getötet wurde. F: Wen betrachten Sie jetzt als Ihre Freunde, wo Bowdre und O'Folliard tot sind? B: Nun, ich hab ein paar. Dave Rudabaugh, wo immer er ist. Ich glaube, er ist auch irgendwo eingesperrt. Man sagt mir ja nichts. Ein paar Kerle hier und da. Ein paar Ladys. F: Garrett? B: Also, Pat ist inzwischen ein ... Spinner. Wie Sie wahrscheinlich wissen, waren wir Freunde. Er ist altersschwach geworden. Er bekommt eine Menge Geld, um die Gegend zu säubern – von uns vermutlich. Nein, ich halte heute nicht mehr viel von ihm. F: Es heißt, daß er Ihnen allen jede Menge Gelegenheit gegeben hat, aus New Mexico abzuhauen, bevor er Sie zu jagen begann. B: Tjaa ... aber erstens: man geht nicht herum und benutzt
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gemeinsame Freunde, um einem alten Freund eine Falle zu stellen, und zweitens: ich mag die Gegend hier und Fort Sumner... alle meine Freunde sind hier. In zwischen würde ich weggehen, weil ein paar, die ich für Freunde hielt, in Wirklichkeit ziemliche Heuchler waren. F: Was haben Sie so zum Zeitvertreib gemacht? Womit haben Sie sich beschäftigt, bevor man Sie verhaftet hat? Mochten Sie Bücher, Musik, Tanz? B: Tanzen mag ich, ich bin ein ziemlich guter Tänzer. Ich habe auch Musik gern. Es gibt da eine kanadische Gruppe, so eine Art Orchester, die sind die besten. Großartig. Ich hörte sie oft, als ich da droben war und ver suchte, einen Mann zu erwi schen, der den Namen Captain P------ hatte. Hab ihn nie gefun den. Aber an diese Gruppe wird man sich noch lange erinnern. F: Wie steht's mit Ihnen? Glau ben Sie, daß Sie im Gedächtnis der Leute bleiben werden? B: Ich werde im Gedächtnis der Welt sein, bis sie stirbt. F: Aber als was, glauben Sie, wer den Sie im Gedächtnis bleiben? Ich meine, glauben Sie nicht, daß schon jetzt einige Leute das Gefühl haben, daß Sie moralisch verkommen sind? Ich meine, all die Leitartikel über Sie ... B: Na schön ... Leitartikel. Ein
Freund von Garrett, Mr. Cassavates oder so, sagte etwas über Leitartikel. Er sagte, Leitartikel bewirken überhaupt nichts, au-
ßer daß sie den Leuten Schuld gefühle verschaffen.
F: Das ist ziemlich gut.
B: Ja. Ganz bestimmt.
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Bin das Dartboard für dein Blut zu Mitternacht das Trägheitsmoment der Glieder einer vollkommenen Bewegung das geworfen zu werden erwartet magnetisch, ins Gefecht ein Bleistift Harnisch für mein Gesicht zerstiebt taumelnd zu Sprenkeln
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Nein, der Ausbruch war keine Überraschung für mich. Ich hatte darauf gewartet. Wirklich. Wir alle hatten darauf gewartet, glaube ich. Und jetzt im Rückblick ist es schwer zu beschreiben. Sie haben wahrscheinlich ohnehin die illustrierten Bücher gelesen, haben in den Filmen gesehen, wie er es machte. Er machte es so: er verleitete den jungen Bell zu einem Kartenspiel; er erschoß ihn, dann erschoß er Ollinger, als der vom Mittagessen zurückkam. Niemand trauerte Ollinger nach, aber Bell war beliebt. Wissen Sie, wie Ollinger Leute gewöhnlich umbrachte? Er ging auf sie zu, als wolle er ihnen die Hand schütteln, dann ergriff er ihre Rechte mit seiner Linken, zog seine Pistole und schoß ihnen in die Brust. Er hatte Billy seit den Tagen des Lincoln-County-Krieges gehaßt. Bell und Ollinger starben also, und Billy entkam. Dann schlug er noch auf dem Weg aus der Stadt einem Mann namens Ellery Fleck mit dem Gewehrkolben ins Gesicht, ohne jeglichen Grund. Er war vermutlich einfach in gehobener Stimmung. Offensichtlich passierte dabei eine komische Geschichte (ich war außerhalb der Stadt). Billys Hände waren noch immer aneinandergekettet, und als er auf der Flucht auf ein Pferd sprang, verlor er das Gleichgewicht und fiel herunter, direkt zu Füßen der Menschenmenge, die sich weigerte, irgend etwas zu unternehmen, bloß zuschaute. Keinem einzigen fiel es ein zu lächeln. Drei oder vier Jungen halfen ihm, das Pferd einzufangen, und hielten es, während er vorsichtig aufstieg. Dann, das Gewehr in seine Arme gebettet, ritt er langsam über Ollingers Leiche hinweg und galoppierte davon. 115
miss sallie chisum:
gute freunde: Was seine Kleidung betraf sah er immer aus wie aus dem Ei gepellt. Er trug einen weißen Hut mit breiter Krempe einen dunklen Mantel und Weste graue Hosen über den Stiefeln ein graues Flanellhemd und eine Krawatte mit breitem Knoten und manchmal – Sie werden’s nicht glauben – eine Blume im Revers.
ein liebenswürdiger kleiner gentleman: Ich nehme an, es klingt absurd bei so einem Kerl von einem Gentleman zu sprechen, aber vom Anfang bis zum Ende unserer langen Beziehung in all seinen persönlichen Beziehungen zu mir 116
war er die Höflichkeit in Person und der liebenswürdigste kleine Gentleman, den ich je traf. Es gab da einen Bach voll mit Fischen der unter dem Haus durchlief unter einer Ecke der Küche und ich saß oft auf der rückseitigen Veranda in einem Schaukelstuhl, während Billy für mich den Angelhaken mit einem Köder versah und eine Schnur voller Barsche zum Abendessen fing.
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(Garrett hatte ausgestopfte Vögel. Nicht bloß die lederzähen mexikanischen Geier, sondern auch sehr großes, exotisches Viehzeug. Wir waren manchmal bei ihm, wenn sie eintrafen. Er ließ sie sich gefroren in Schachteln schicken. Die Schachteln waren aus Holz, eher schon Kisten, und nachdem er sie von der Bahnstation geholt hatte, entfernte er mit großer Sorgfalt die Nägel. Er nahm erst eine 8zöllige Schicht von zerkleinertem Eis heraus und sagte dann, schau. Und es war zum Beispiel eine weiße Möwe. Sie war schön ins Eis gebreitet, nicht eine einzige Feder stand ab, und ihre Klauen waren ausgestreckt und zerbrechlich durch das Einfrieren. Garrett taute sie auf und schnitt sie mit einem schmalen Messer auf. Er teilte zuerst die Federn, und mit einem Gummihandschuh an der Rechten nahm er den Balg heraus. Dann wusch er das gestockte Blut von den Flügeln und der Außenseite, und dann legte er den Balg auf die Veranda zum Trocknen.)
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miss sallie chisum: pat garrett Ein schrecklich großer Mann. Trotz seines schiefen Mundes und seines schiefen Lächelns, das das ganze Gesicht schief erscheinen ließ war er ein bemerkenswert schöner Mann.
billy the kid & pat garrett; einige abschliessende gedanken Ich war mit beiden Männern eng vertraut. Es war da Gutes mit Schlechtem vermischt bei Billy the Kid und Schlechtes mit Gutem bei Pat Garrett. Egal, was sie auf der Welt taten oder was die Welt über sie dachte, sie waren meine Freunde. Es lohnte sich, sie zu kennen.
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Der Ton stark, laut und vibrierend in dem Zimmer. Meine Ohren nehmen all das sengende Summen der Fliegen auf, die durchs Zimmer schwirren. In der Matratze unter Pete Maxwell raschelt das Stroh, man hört, wie sich ein Halm laut am anderen reibt. Und man hört sogar, wie das Glas gelegentlich knackt, als die Hitze des Tages vom Fenster zum Dunkel der Wüste hin verdunstet. Und dann dieses Atmen, nicht das von Maxwell, sondern das des anderen. Das Atmen präzise, aber in ruhige und gleichmäßige Züge gezwungen. Ich stelle mir vor, wie die dunkle Luft durch die Nase hochzieht, sich dann zum Bauch hinunter um sich selbst rollt und dann wieder hoch und wie ein Wasserstrahl durch seine Zähne hinaussprüht zisssssssssssssssch
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MMMmmmmmm. Die letzten Minuten. Es ist Mitternacht in Texas. Ein großer, großer Platz, Brunnen und Eimer in der Mitte. Die Häuser und die aneinandergereihten Schuppen bilden den Platz. Die lange, schmale Veranda läuft ums Geviert. Pat Garrett und die Hilfssheriffs Poe und Mackinnon reiten zum Brunnen. Sie traben langsam dahin und rauchen, während sie vorsichtig absteigen. Sie lassen die Pferde stehen und gehen zu dem großen Schuppen, der Maxwells Wohnung ist. Sie gehen an dem Hund vorbei. Dies ist eine schematische Darstellung des Zimmers von Maxwell, Pete Maxwell. Hier das Bett, gegen die Wand gerückt, hier ist das Fenster, durch das er die Hand gestreckt hat. Und hier, hier entlang ist die Veranda. Während das da, rund 20 Meter entfernt, das Haus der Guitterrez ist. Garrett, Poe und Mackinnon bleiben in der Nähe von Maxwells Türe stehen. Auf einen vagen Hinweis hin ist Garrett gekommen, um Maxwell zu fragen, wo seiner Meinung nach Billy versteckt sein könnte, wo in der Gegend er sich aufhalten könnte – es ist 3 Monate her, seit er ausgebrochen ist, und niemand hat ihn gesehen. Garrett verläßt die Hilfssheriffs, die rauchend auf der Veranda sitzen, schnippt seine eigene Zigarre weg und tritt in das dunkle Zimmer, in dem Maxwell schläft. Während dessen Billy ist nur wenige Meter entfernt und trinkt mit Celsa Guitterrez. Er ist vor etwa einer Stunde hereingekommen und trägt nur Hose und Revolver; es ist eine heiße Nacht. Sie fassen den Entschluß, daß sie ihm et122
was kochen wird, und er bietet an, hinauszugehen, um ein Stück Fleisch abzuschneiden. Er steht auf, ein Messer in der linken Hand, barfuß, und beginnt auf das Kühlhaus zuzugehen. Als er an Maxwells Zimmer vorbeigeht, sieht er die beiden Männer draußen. Quien es? Sie antworten nicht. Nochmals die Frage. Keine Antwort. Billy zieht sich von der Veranda in Maxwells Zimmer zurück und steuert auf seinen schlafenden Freund zu. In dem dunklen Zimmer hat Garrett den schlaftrunkenen Maxwell aufgeweckt und befragt ihn. Genau gesagt kauert er gerade vor Maxwells Bett, als Billy hereinkommt. Quienes son esos hombres afuera, Pete? Garrett erkennt die Stimme. Er tut das einzig Mögliche, was ihn retten wird. Leise klettert er mit seinen langen Beinen über Maxwells Körper und legt sich zwischen Maxwell und der Wand aufs Bett. Das Gewehr in der Hand, beobachtet er die Dunkelheit, versucht die Gestalt auszumachen, die sich ihm nähert. Billy tritt barfuß näher und fragt Pete noch einmal. Quienes son esos hombres afuera? Maxwell sagt kein Wort. Er kann Garretts geölten Gewehrlauf gegen seine Wange gedrückt spüren. Billy packt Maxwell an der Schulter, und dann hört er das Atmen der zweiten Person. Da nun die einzige andere Frau auf der Ranch, abgesehen von Celsa Guitterrez, Paulita Maxwell ist – Petes Schwester –, weiß er nicht, was er von der Sache halten soll. Paulita? Maxwell stößt ein nervöses Kichern hervor, erfüllt von Angst, die Billy als Verlegenheit mißversteht. Paulita! Jesus Christus. Er beugt sich noch einmal vor 123
und tastet mit der Hand das Bett hinunter, und dann fühlt er Männerstiefel. O mein Gott, Pete, quien es? Verblüfft beginnt er ein paar Meter rückwärts zu gehen. Garrett ist drauf und dran, in Lachen auszubrechen, und deshalb feuert er und hinterläßt auf Maxwells Gesicht eine Narbe vom Mündungsfeuer, die ihm sein ganzes Leben lang bleiben wird.
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Draussen die Silhouette von Häusern Garrett rennt aus einer Tür – alles gesehen, wie es auf dem Bildschirm eines Pferdeauges herumgleitet jetzt genau in der Mitte des Platzes steht Garrett mit Poe – die Hände in den Gesäßtaschen –, diskutiert, nickt, und dann drehen sich alle um, als der nackte Arm, der Arm der Leiche, durch das Fenster bricht. Das Fenster – was von ihm zwischen den Splittern übrig ist – reflektiert ebenfalls all die Bewegung. Guitterrez geht hin, um den Arm festzuhalten, aber der zuckt krampfhaft und bricht ihr den Mittelfinger. Seine Adern, die Abzugshähne kontrollierten, zerreißen jetzt alles, was sie berühren.
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Das Ende von allem: ich liege an der Wand das Jucken der Kugel in meinem Kopf festgefroren mein rechter Arm hat die Fensterscheibe durchschlagen und die zerschnittenen Adern wecken mich auf so daß ich das Innere beobachten und durch das Fenster schauen kann Garretts Stimme, die Billy Billy sagt und die beiden anderen tanzen im Kreis und sagen, wir haben ihn, wir haben ihn erwischt den kleinen eingeschrumpften Scheißkerl ich bin froh über den Schmerz in der Achselhöhle er hält mich am Leben, der Schmerz am Knochen und Sonnen gehen überall auf aus Wänden und Böden Garretts Kinnbacken und Magen Tausende von entzückenden perfekten Sonnenkugeln zerbrechen einander Klick Klick Klick Klick wie beim Reinigen einer Pistole am Samstagmorgen, wenn die Kugeln über das Bettlaken hüpfen abprallen und klicken Klick und du wirfst sie über den Boden wie ... und dann in die Luft und du siehst, wie viele du in einer Hand fangen kannst, der Linken Orangen rollen durch das Zimmer und ich weiss ich weiss es ist mein Hirn, das heraussprießt wie rotes Gras dieses Zerbrechen, wo rote Dinge waten 126
Paulita maxwell
Eine alte Geschichte, die mich als Billy the Kids Geliebte ausgibt, macht schon seit vielen Jahren die Runde. Vielleicht ehrt sie mich, vielleicht auch nicht. Es hängt davon ab, wie man darüber denkt. Ich war aber nicht Billy the Kids Schatz. Ich mochte ihn sehr gern – oja –, aber ich liebte ihn nicht. Er war ein netter Junge, zumindest war er zu mir höflich, galant und immer voll Respekt. Ich traf ihn häufig beim Tanzen. Natürlich war er oft bei uns zu Hause. Aber er und ich hatten nie an Heirat gedacht. Es gab eine Geschichte, der zufolge Billy und ich geplant hätten, nach Mexiko durchzubrennen, und das Datum auf die Nacht festgelegt hätten, die der folgte, in der er getötet wurde. In einer anderen Geschichte hieß es, wir hätten vorgehabt, zu zweit auf einem Pferd durchzubrennen. Keine der beiden Storys stimmte, und die eine mit dem Abhauen auf einem Pferd war ein Witz. Pete Maxwell, mein Bruder, hatte so viele Pferde, daß er gar nicht wußte, was damit anfangen, und falls Billy und ich uns bei Mondschein Richtung Rio Grande aus dem Staub hätten machen wollen, hätte jeder von uns zumindest sein eigenes Pferd gehabt, darauf können Sie sich verlassen. Ich mußte meine Arme nicht um die Hüfte von irgendeinem Mann klammern, um nicht vom Pferd zufallen. 127
Nicht ich. Ich war, bitte sehr, im Sattel aufgewachsen und bildete mir etwas ein auf meine Reitkunst.
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Stellen Sie sich vor, man würde ihn wieder ausgraben und ihn aus der Erde holen. Man würde kaum etwas sehen. Da wäre das Pferdegebiß. Vielleicht würde Gar retts Kugel, die nun nicht mehr in dickem, feuchten Fleisch steckte, wie eine Murmel in seinem Schädel umherkollern. Vom Kopf würden sich die Wirbelknochen wie eine Reihe Perlmuttknöpfe an einem teuren Mantel bis zum Becken hinabreihen. Die Arme wären verkrampft an der Kante entlang von dem, was einmal der Sarg war. Und ein paar Handschellen wären noch da, die absurderweise seine zierlichen Knöchel zusammenhielten. (Obwohl er tot war, begruben sie ihn in Fußeisen.) Auch die silbernen Kappen der Stiefelspitzen wären noch da. Seine Legende ein Urwaldschlaf
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billy the kid und die prinzessin
Das Schloß des spanischen Mädchens mit dem Namen »La Princesa« ragte über dem weiten, fruchtbaren Tal in den Himmel... In den sich düster auftürmenden Bergen gab es Gold- und Silberminen ... Wahrlich, der Mann, der auserkoren sein würde, an der Seite der liebreizendsten Frau ganz Mexikos zu herrschen, würde ein König sein ... Aber ein garstiger Rohling namens Toro Cuneo lechzte nach dieser Ehre ... Es hatte einen Krieg um Viehweiden in Jackson County gegeben ... Er hatte in der Nähe von Tucson einen Streit beendet mit drei schießwütigen Brüdern ... Er war das Krachen der Gewehre und all den jähen Tod leid! Billy the Kid lenkte seinen Mustang nach Süden ... bahnte sich seinen Weg durch den von einer Dürre ausgetrockneten Rio Grande ... und ließ die Sonne die Anspannung aus seinem Geist und seinem Körper herauskochen. »Siehst du die wie eine Säge gezackten Bergspitzen, Caballo? Jenseits gibt es eine kleine Stadt mit wirklich kühler cerveza und einer dicken Frau, die besser mexikanisch kocht als irgendwer sonst auf der Welt! Diese Frau hat auch eine Tochter... una muchacha ... die glänzende
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schwarze Haare und ein Funkeln in ihren
braunen Augen hat, das ich wiedersehen
möchte.«
Und auf einem fernen Hügel...
»Er kommt, paß auf, Soto.«
»Schüsse ... eine 45er Pistole! Da flieht jemand!
Das ist doch ein Mädchen! Sie wird gleich abge-
worfen! Schneller, Chico!«
»aaaahh!«
»Halten Sie sich fest... Ich rette Sie ...! Señorita,
jetzt ist alles in Ordnung.«
»Gracias, Señor. Sie sind so tapfer und stark ...
und sehr ritterlich!«
»Danke, ich habe Schüsse gehört... haben sie
Ihren Mustang so erschreckt, daß er durchging?«
»Ich glaube, daß ich jetzt von selbst stehen kann,
Señor... würden Sie mich bitte absetzen.«
»Wie bitte? Oh, Verzeihung, Señorita. Ich bin
Billy Bonney, Señorita. Ich komme aus der
Gegend von Tucson.«
»Ich bin Marguerita Juliana de Guelva y Solanza,
la Princesa de Guelva.«
»La Princesa? Eine wirkliche Prinzessin?«
»Ich stamme direkt von König Philipp von Spa-
nien ab. Kraft königlicher Landverleihungen
gehört mir dieses Land 200 Meilen nach Westen
und 180 Meilen nach Süden. Es ist so groß wie
manche europäische Königreiche ... größer als
zwei Ihrer amerikanischen Bundesstaaten ...
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Ich fühle mich noch etwas schwach. Reiten Sie
mit mir zu meinem Schloß, Señor Bonney.«
»Dort, Señor Bonney... der Sitz meiner Ahnen.
Das Schloß und das Tal, weiter, als Ihr Auge
reicht... Ich besitze 20 000 Stück Vieh, fast
ebenso viele Pferde und Herden von Ziegen,
Schweinen und Hühnern. Alles, was meine Un-
tertanen zum Leben brauchen.«
»whoooeee! Der Gouverneurspalast droben in
Phoenix würde in einem Winkel dieser beschei-
denen Hütte Platz haben.«
»Kommen Sie mit, Yanqui! Es ist schon spät...
Sie müssen mit mir dinieren.«
»stillgestanden! ihre exzellenz kehrt heim!«
Er denkt: »Sie hat eine richtige Armee!«
Der Mann, den man Billy the Kid nennt, ist von
dem großartigen Prunk seiner Umgebung nicht
beeindruckt. Das goldene Besteck bedeutet ihm
nichts ... auch das kostbare Geschirr und die
Kristallgläser nicht. Und die Speisen, von einem
französischen Koch zubereitet? – – – pfuuuiii!
Er denkt: »Ich wäre lieber in Mama Rosas Küche
und würde Tortillas und Chili essen, und Rosita
würde mir mit ihren dunklen Augen zuzwin-
kern!«
»Dieser Tisch braucht einen Mann wie Sie,
Señor Bonney. Andere haben auf diesem Stuhl
Platz genommen, aber keiner so artig wie Sie.«
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»Gracias, Princesa ... aber ich würde mich nie so
recht darauf wohl fühlen ... falls Sie verstehen,
was ich meine.«
»Ich bringe einen Toast auf Sie aus, mein Gringo-
Freund ... auf unsere Begegnung ... auf meine
heldenhafte Rettung durch Sie!«
»Schätze, ich kann eine Lady nicht allein trinken
lassen, Princesa.«
wumms!!!
»Er hätte es genausoleicht in meinen Hals boh-
ren können ... Sag was, hombre, bevor ich mein
Sätzchen über dieses Kunststück mit dem Messer
aufsage!«
»Ich sein ein Mann der Tat, nicht von Worten,
Gringo! Ich werden deine Rippen brechen ...
deine Handgelenke ... und dich zurückschicken,
wohin du gehören!«
»Los schon, du Tier, ich möchte zu Ende essen!«
rumms!!
Er denkt: »Wenn ich ihm jetzt eine vor den
Latz knalle, ist die Luft bei ihm raus ...
perfekt!«
Das war sein Sonntags-Hammer... und Toro
hatte nur ein Lachen dafür übrig! Jetzt weiß Billy
the Kid, daß er einen wirklichen Kampf zu be-
stehen hat!
»Er hat ein Kinn aus Granit, das heißt... ich
muß ihn mit mächtigen Körperhaken schwächen!
OOOHHH!« wumms!
»Jetzt ich drankommen!«
»Wenn er Hand an mich legt...«
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swisch! rumms! »Ich dich töten, Gringo!«
Er denkt: »Mein Kopf... er hat mir den Kiefer
gebrochen!«
zack! Er denkt: »Der teilt Huftritte aus ...«
»Ich werden dein Gringo-Haustierchen töten,
Excellencia!«
»Du kannst mich totmachen vielleicht, hombre!«
»Du Toro jetzt nicht mehr entkommen!«
»Ich habe nicht ans Davonlaufen gedacht, Toro!«
knirsch! »Setz über den Fluß, Toro!« »Olé! Olé!« rummms! »Tut mir leid, Princesa, daß ich Ihre Behausung demoliert habe.« »Sie sind mucho hombre, Yanqui, ein ganzer Mann! Ein Mann wie Sie könnte mir helfen, dieses wilde Königreich zu regieren! Möchten Sie nicht eine Weile als mein Gast bleiben?« »Ich bin hier runtergekommen, um mich ein wenig auszuruhen. Schätze, ich kann das hier genauso wie in Mama Rosas cantina.« (Kuß) »Das war, um Ihnen dafür zu danken, daß Sie mich vor Toro Cueno beschützt haben. Ich brauche nicht länger so formell zu Ihnen sein ...«
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Während der nächsten Tage war Billy the Kid oft
mit La Princesa zusammen. Lange Ritte durch
wildes Land ...
»Warten Sie, Prinzessin ... reiten Sie nicht vor-
aus!«
»IIIiiii!«
»Ducken Sie sich, Prinzessin!«
peng! peng! »Abermals, Chivoto, haben Sie mein Leben gerettet, diesmal vor diesem Puma. Sie haben meine Liebe gewonnen!« »Halten Sie ein, Ma’am ...« Ehe sich Billy the Kid verteidigen kann, hat ihn la Princesa Marguerita in ihre Arme geschlossen und ...
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»Es war der Kid, der da zu mir hereingekommen ist«, sagte Garrett zu Poe, »und ich glaube, ich hab ihn erwischt. « »Pat«, antwortete Poe, »ich vermute, du hast den falschen Mann umgebracht.« »Ich bin sicher, es war der Kid«, erwiderte Garrett, »weil ich seine Stimme erkannt habe. Ich kann mich nicht geirrt haben.« 137
Billy armer Jung ist tot mit dem Fischblick, lacht im Unglück im Kopf Planeten, blutigrot. Das Blut rann runter, flussesbreit weit wie Texas an der Seit. Dann war’s trocken, wir wuschen ihn sein Auge blickt’ ins Leere hin. Mit dem langen Gartenschlauch spritzten wir, er lag am Bauch. Was abging, warfen wir hinaus sein Kopf war kleiner als ne Maus. Ich fand die Kugeln, sonderbar verkaufte sie dem Texas Star. Sie wogen, legten sie zuhauf und nahmen Photos davon auf. Billy armer Jung ist tot im Kopf Planeten blutigrot. Mit dem Fischblick, lacht im Unglück so hat er’s vorhergesagt.
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Es ist jetzt früh am Morgen, war eine schlimme Nacht. Das Hotelzimmer erscheint groß. Die Morgensonne hat all den Zigarettenrauch zusammengezogen, so daß man sehen kann, wie er in Säulen in der Luft hängt oder die Decke entlangglitscht wie Amöben. Im Badezimmer wasche ich das lose Nikotin aus dem Mund. Ich kann den Rauch noch in meinem Hemd riechen.
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Quellennachweis
Die Beschreibung von Tunstalls Tod und die Erinnerungen Paulita Maxwells und Salbe Chisums an Billy bestehen im wesentlichen aus Äußerungen gegenüber Walter Noble Burns, die er in seinem 1926 veröffentlichten Buch The Saga of Billy the Kid zitiert hat. Der Kommentar über das Aufnehmen von Photos um 1870- 1880 stammt von L. A. Huffman, dem großen Photographen des Wilden Westens, und ist seinem Buch Huffman, Frontier Photographer ent nommen. (Ein paar der Photos im vorliegenden Buch stammen von ihm.) Das letzte Stück Dialog zwischen Garrett und Poe ist einem Bericht entnommen, den Hilfssheriff John W. Poe 1919 als Direktor der National Bank von Roswell, New Mexico, verfaßte. Der Auszug aus dem Comic-Heft ist authentisch. Die Seiten 131-136 erschienen in Billy the Kid, Bd. I, Nr. 72, Mai 1969 bei der Charlton Press, Inc. Diese Ausgangsmaterialien habe ich gekürzt, umformuliert und leicht bearbeitet. Aber die Gefühle gehören ihren Autoren. M. O.