Ernst Baltrusch
Die Juden und das Römische Reich Geschichte einer konfliktreichen Beziehung
Wissenschaftliche Buchgesellschaft
Einbandgestaltung: Neil McBeath, Stuttgart.
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ISBN 3-534-15585-8
Meinem akademischen Lehrer Jochen Bleicken
Inhalt
Vorwort
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Einleitung
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I. „Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs": Die Herausbildung der jüdischen Religion als politisches Phä nomen vom 8. bis 4. Jahrhundert v. Chr
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IL „Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben": Die jüdischen „väterlichen Gesetze" und der Hellenismus
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III. „Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen" Die Römische Republik als Weltmacht
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IV. „Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen" (1. Makk. 8, 1): Die Juden als „Verbündete und Freunde" im Vorhof des Römischen Reiches zwischen 164 und 63 v. Chr
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V. „Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere": Die Grenzen der Toleranz im Verhältnis des republikanischen Rom und der jüdischen Diaspora
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VI.„Wie deren Nachkommen, miteinander im Streit um die Königsherrschaft, die Römer und Pompeius in die Ange legenheiten hineinzogen": Die Einrichtung der römischen Herrschaft über Judäa und die Ursachen für ihr Scheitern (63-55 v. Chr.)
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VII. Zusammenfassung und Ausblick
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Anmerkungen Bibliographie Namens- und Sachregister
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Vorwort
Rom und die Juden - wie nah ist dieser Forschungsgegenstand an unserer Gegenwart und wie sehr widerlegt er auch all jene, die mei nen, daß die Alte Geschichte für das Fach Geschichte in Schule und Universität verzichtbar und höchstens noch eine Spielwiese unendlich spezialisierter Detailforschung sei. Das Gegenteil ist richtig, und nie mand hat das klarer formuliert und in seinem (Eeuvre zum Ausdruck gebracht als mein akademischer Lehrer in Göttingen, Jochen Bleicken: „Die Alte Geschichte gehört zu den historischen Fächern, die auf das historische Bewußtsein der ganzen Gesellschaft reflektie ren" (1996). Das vorliegende Buch zu den Wurzeln der jüdisch-euro päischen Beziehungen verbindet intensive Quellenforschung mit dem Blick auf die historische Entwicklung, eine gleichsam typisch „Bleickensche" Kombination. Daher möchte ich es ihm widmen. Danken möchte darüber hinaus einigen Personen, die in besonde rer Weise die Vollendung dieses Buches mit Rat und vor allem Tat ermöglicht haben. An erster Stelle muß Frau Renate Meincke genannt werden, meine Sekretärin, die weit über ihre dienstlichen Verpflich tungen hinaus mit ihren Fähigkeiten am Computer und ihrem Arbeits einsatz, und das auch in für sie schwierigen Zeiten, das Manuskript und, mit tatkräftiger und sachkundiger Unterstützung von Herrn Dr. Robert Schmitt Scheubel, auch die Druckvorlage erstellt hat. Meine wissenschaftliche Hilfskraft Frau Anke Schumacher hat nicht nur Kor rektur gelesen und korrigiert, sondern manche gute Idee beigesteuert. Mit dem Hellenismus-Fachmann Herrn Dr. Christian Mileta habe ich viele Einzelfragen vorbesprochen, so daß ich manchen Fehler ver meiden konnte. Ein besonderer Dank geht auch an meine Kollegen im Fach Alte Geschichte am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, den Proff. Alexander Demandt, Volker Fadinger und Peter Spahn - für die nicht selbstverständliche kollegiale Zusam menarbeit.
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Vorwort
Wie hätte aber das Buch ausgesehen ohne meine Familie? Meine Frau Dr. Dagmar Beate Baltrusch hat jedes Stadium des Entstehens begleitet; sie entdeckte sofort, wenn ich mich um Klarheit drücken wollte, und sie hat in vielen Diskussionen durch ihre Kenntnis der jü dischen Geschichte des Mittelalters auch inhaltlich wesentlich beige tragen. Meine Tochter Anna-Victoria, nun schon 12, begleitete mit ih rer Liebe, ihrem Humor und mit ihrem eindringlichen Klavierspiel meine Schreibtischtätigkeit. Anni und Lothar Schneider halfen in Co burg auf jede nur mögliche Weise - dafür sage ich auch ihnen Dank. In einer solchen Umgebung fällt die Arbeit leicht.
Einleitung
Noch immer ist die Frage unbeantwortet, warum das Verhältnis zwischen Römern und Juden in der ersten Phase des Prinzipats (von Augustus bis Hadrian) eskalierte. Nicht in der für das ganze Reich katastrophalen Bürgerkriegszeit (49-31 v. Chr.) und auch nicht in der Zeit der christlichen Kaiser, die ja in gleicher Weise eine Zeit der au ßenpolitischen Bedrohungen und der innenpolitischen Belastungen war, sondern ausgerechnet in der Zeit, die nach antikem wie auch mo dernem Urteil die goldene Zeit des Römischen Reiches zu sein schien. Edward Gibbon betrachtete sie als „die Periode in der Weltgeschichte, während welcher die Lage des Menschengeschlechts die beste und glücklichste war"1. Friede, Sicherheit und Wohlstand im Innern, Er folge im Äußeren, dazu ein wachsendes Zusammengehörigkeitsgefühl der Reichsbewohner, gipfelnd in der constitutio Antoniniana von 212 n. Chr., befreiten das Leben der meisten Menschen im gesamten Mit telmeerraum auf eine nie zuvor gekannte Weise von Angst und Not. Dies ist ein Idealbild, gewiß, aber es drückt doch aus, daß der frühe Prinzipat die friedlichste und wirtschaftlich erfolgreichste Zeit in Roms Geschichte, nicht nur für die römischen Bürger, sondern auch für alle Reichsangehörigen war. In auffälligem Kontrast zu diesem Idealbild steht die Tatsache, daß die Juden zu dieser „Mutter aller" ein gestörtes Verhältnis hatten, ja daß die größten Krisen imfrühenPrinzipat, soweit sie von Reichsbe wohnern ausgingen, die jüdisch-römischen Konflikte waren. Die Liste dieser Konflikte hat einen beträchtlichen Umfang; um die wichtigsten zu nennen: 1. Die Krise in Alexandria zur Zeit Caligulas (38 n. Chr.) 2. Der jüdische Krieg (66-70 n. Chr. bzw. 74 n. Chr.) 3. Der Aufstand der jüdischen Diaspora (115-117 n. Chr.) 4. Der Bar-Kochba-Aufstand (132-135 n. Chr.) Vier große Konflikte und Aufstände also in einem Zeitraum von nicht einmal 100 Jahren - diese Bilanz läßt schon auf den ersten Blick erkennen, daß es im Verhältnis der Römer und Juden zueinander nicht
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Einleitung
stimmte. Wenn man dazu weiß, daß beide Seiten nicht von Anfang an einander feindlich gegenüberstanden und Rom das kleine Judäa 63 v. Chr. und 6 n. Chr. nicht allein mit militärischer Gewalt seinem Reich eingegliedert hat, daß viele Juden diese Einbeziehung in das Römische Reich geradezu herbeiwünschten und zu diesem Behufe sogar Ge sandte abgeschickt und in Rom vorstellig wurden, erscheint die Ent wicklung dieses Verhältnisses noch unerklärlicher. Die vorliegende Untersuchung hat sich deshalb ein im Kern histo risches Ziel gesetzt. Es geht darum, das bis heute nicht wirklich er klärte Phänomen der jüdisch-römischen Katastrophe zu erforschen. Allein die Häufigkeit und die Heftigkeit der Zusammenstöße zwischen Juden und Römern mahnen, in ihnen mehr als situationsbedingte kurz fristige Reibungen zu sehen. Ohne den kontinuierlichen Blick auf die inneren Entwicklungen beider Kontrahenten, auf die politischen und geistigen Veränderungen, wie sie sich auf beiden Seiten nicht nur vor der Katastrophe, sondern gerade auch vor dem Zusammentreffen zwi schen Juden und Römern im Jahre 63 v. Chr. ergeben haben, kann man die Ursachen für die Spannungen zwischen Juden und Römern nicht ergründen.2 Es fehlt natürlich nicht an Erklärungen für diese Konflikte, für den jüdischen Krieg, für den Diaspora-Aufstand und für den Bar-KochbaAufstand. Das erste Manko dieser Erklärungen jedoch besteht darin, daß jeder Aufstand für sich genommen wurde, daß man nach den Ein zel-Ursachen für diese oder jene Krise fragte, ohne das Aufstandsjahr hundert als Ganzes zu betrachten. Das ist ein zutiefst historisches Manko. Wenn man zum Beispiel die Ursachen des Jüdischen Krieges von 66 n? Chr. erforschen will, ist es zu wenig, nur die politischen Entwicklungen in der Region zwischen 44 und 66 n. Chr. oder auch 6 und 66 n. Chr. zu berücksichtigen, aber den Blick nach Rom zu scheuen und langfristig aufgebaute politische und gesellschaftliche Strukturen zu vernachlässigen. So kam es, daß eine Reihe von moder nen Studien fehlerhaftes Verwalten der Provinz Judäa durch die über forderten ritterständischen Statthalter ausmachten und in persönlichem Fchlverhalten die Aufstandsursache erblickten.3 Unser ältester Gewährsmann und Erforscher der jüdisch-römi schen Beziehungen, Flavius Josephus, machte diesen Fehler auch; er war aber als Jude und Römer zugleich in einem Zwiespalt und daher voreingenommen. Als Apologet der Juden einerseits und Advokat der Römer andererseits war er mehr der Beschwörung eines gedeihlichen Auskommens miteinander zugetan denn der Erforschung von Miß-
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ständen und Zwietracht. Weit entfernt davon, strukturelle Antagonis men zwischen Juden und Römern im 1. Jahrhundert n. Chr. aufzudekken, suchte er lieber seine Erklärung für den von ihm mitangeführten antirömischen Ausbruch der Juden im Versagen von Einzelpersonen und in der Radikalität von Eiferern auf beiden Seiten. So vermied er eine Grundsatzdebatte. Eine andere Erklärung für den Dissens zwischen Römern und Ju den bot vielen Autoren die jüdische Religion. Danach war die gleich sam präexistente, unwandelbare jüdische Gottesverehrung und das mit dieser untrennbar verbundene Gesetz, die Thora, der Maßstab, an dem die Juden die sie umgebenden politischen Verhältnisse bewerteten. Weil diese Religion bedroht war, lehnten sich die Juden gegen die Vormacht auf. Da nun aber irgendwann auch die jüdische Religion „entstanden" sein muß, ist auch hier historisch nachzufragen, wie sich diese Entstehung vollzog: Ob also das Leben der Juden unter Babyloniern, Persern und Griechen unter einem ähnlichen „Diktat" der Reli gion stand, oder ob nicht gerade politische Wandlungen diese Religion selbst verändern konnten, welche Rolle die jeweilige Vormacht dabei spielte und warum eine gedeihliche Zusammenarbeit mit Rom offen kundig nicht möglich war. Eine besondere Deutung der jüdischen Re ligion hat vor nicht langer Zeit H. G. Kippenberg vorgeschlagen.4 Er verwendet den Begriff „pragmatische Religion" und konstatiert ganz richtig, „... daß mit der jüdischen Religion in der Antike eine spezifi sche politische Bedeutung verknüpft worden war, die es Juden er laubte, Ansprüche auf die Bildung autonomer Bürgergemeinden zu erheben."5 Diese Erkenntnis gilt es historisch zu überprüfen und zu erweitern. Diese Überlegungen bringen ein weiteres Defizit ans Licht, das vielen Untersuchungen des jüdisch-römischen Verhältnisses anhaftet. Wohl ist das Besondere, Einzigartige an den jüdischen Untertanen im Vergleich mit anderen Untertanen des Römischen Reiches schon lange konstatiert seit Cicero, Tacitus und Augustin und auch in mo derner Zeit (in bezug auf die Religion) immer wieder betont worden. Daß auch das römische Weltreich nicht alltäglich war, daß es im Ver gleich zu seinen Vorgängern anders, etwas Besonderes und Einzigar tiges war, ist bislang noch niemandem so aufgefallen, daß er diese Er kenntnis für die Erforschung des Verhältnisses zu den Juden nutzbar gemacht hätte. Die römische Verfassung, die Außenpolitik und die Reichsverwaltung mögen an dieser Stelle als Stichworte für das Be sondere der Römer genügen, das ja die Untertanen massiv betraf. Er-
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klärungen zum Verhältnis zwischen Juden und Rom müssen deshalb auch die römische Seite berücksichtigen: Nicht nur die Untertanen, sondern auch die Vormacht muß auf ihre inneren Entwicklungen hin geprüft werden. Erforscht werden muß darüber hinaus, welche Vorstellungen beide Seiten von Herrschaft bzw. von Autonomie hatten. Hier scheint es gravierende Unterschiede gegeben zu haben. Das ist erkennbar an den Vorgängen, die zu einer direkten Beherrschung des jüdischen Gebie tes durch Rom führten. Es gab jedenfalls im Grundsatz keine Vorbe halte, ein Herrschaftsverhältnis zu etablieren, weder von den Römern noch von den Juden. Anders verhielt es sich mit der Ausgestaltung dieses Herrschaftsverhältnisses. Wenn die Römer den Begriff Auto nomie für ihre Untertanen in klassischem griechischen Sinne ausleg ten und meinten, damit auch die jüdischen Untertanen zufrieden stel len zu können, so war das ganz offensichtlich falsch. Wir können diese Differenzen gerade deshalb so genau verfolgen, weil zweimal römische Interventionen von jüdischer Seite geradezu herbeigeführt wurden und beide Male die Erwartungen beider Seiten enttäuscht wurden. Es sind dies die Eckdaten des jüdisch-römischen Verhältnis ses, die Jahre 63 v. Chr. und 6 n. Chr., als wesentliche Weichenstel lungen, hier die Einrichtung Judäas als Provinz, dort als abhängiges Fürstentum, vorgenommen wurden und in beiden Fällen sowohl der Wille Roms, ein „guter Herr" zu sein, als auch der Wille der Juden, „gute Untertanen" zu sein, klar erkennbar waren. Aber beide Male wurden die Hoffnungen und Erwartungen enttäuscht. Man hatte offen sichtlich ein unterschiedliches Verständnis von „Autonomie", und deshalb müssen die jeweiligen Autonomie-Konzeptionen herausgear beitet werden. Ein Schwerpunkt der Untersuchung liegt deshalb auf den Motiven für die Entscheidungen des Jahres 63 v. Chr. Eine historisch argumentierende Erforschung des jüdisch-römi schen Verhältnisses ist ein Desiderat. Verbreitet ist dagegen ein ande rer Weg, sich diesem Verhältnis zu nähern, und dieser Weg hängt mit der Quellenlage zusammen. Nun muß ein Historiker für sein Thema alle verfügbaren Quellengattungen heranziehen und nach ihrer jewei ligen Wertigkeit interpretieren. Dies auszusprechen ist gewiß banal, scheint mir aber angesichts heute üblicher Tendenzen in der Erfor schung jüdisch-römischer Beziehungen nicht überflüssig zu sein. Was den Quellenbestand angeht, ist nun nicht zu bestreiten, daß er in den letzten Jahrzehnten stark angestiegen ist. Jüdische Inschriften aus na hezu allen Teilen des Reiches, Papyri aus Ägypten und Palästina so-
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wie die umfangreichen archäologischen Grabungen sind geeignet, un ser Wissen über das Alltagsleben der Juden in einzelnen Städten des Reiches, über regionale Bestattungssitten, über kulturelles und religiö ses Leben der Juden, ihre Verbindungen zu ihren heidnischen Nach barn, auch über von außen kommende Einflüsse auf jüdisches Leben bzw. jüdischen Einfluß auf ihre Nachbarn zu bereichern. Eine bedau erliche (Neben-)Folge dieser intensiven Forschertätigkeit ist nun aber, daß allzu bereitwillig Inschriften und Papyrus-Dokumente für sich ge nommen und zu wenig in den allgemeinen historischen Zusammen hang eingeordnet werden, so daß Besonderheiten verallgemeinert werden, langwierige historische Prozesse zunehmend weniger berück sichtigt, schließlich sogar geleugnet werden. Nicht also die Tatsache sich innerhalb kurzer Zeitphasen wiederholender Aufstände von Juden im ganzen Römischen Reich, nicht die in der literarischen Überliefe rung allerorten greifbare Ablehnung der Juden durch Heiden,6 auch nicht die nachweisbaren Konflikte zwischen Juden und ihren Nach barn in vielen Städten Palästinas, Ägyptens, Syriens und anderswo be stimmen das Bild moderner Gelehrter vom Leben der Juden im Römi schen Reich. Vielmehr, so liest man in der wissenschaftlichen Litera tur immer häufiger, seien die Synagogenanlagen in der östlichen Reichshälfte oder die Inschriftenfunde in Rom aussagekräftig genug, um ein „im Großen und Ganzen" ungestörtes Miteinander von Juden und Römern bzw. Heiden zu belegen.7 Daß Juden die griechische und lateinische, aber nur selten die hebräische Sprache verwandten, be sondere Begriffe, die archäologisch erwiesene Tatsache, daß sich Synagogen eng an heidnische Stadtzentren anschlössen, all das wird als ein Beweis für dieses Miteinander angeführt. Die unterschiedli chen Religionen von Juden und Heiden seien kein Hinderungsgrund für ein gutes Zusammenleben gewesen; schließlich gelte das auch für die vielfältigen Religionen der Mittelmeerwelt ganz allgemein. Man müsse sich, so kann man weiter lesen, die antike Welt als einen „Marktplatz" der unterschiedlichsten Religionen vorstellen, aus dem sich jeder das aussuchte und gleichsam einkaufte, was ihm gerade zu sagte und in den Sinn kam. Aus einem disparaten Quellenbestand werden bequeme und als allgemeingültig betrachtete Schlüsse gezo gen. So führen uns all diese „Entdeckungen" in den zentralen Fragen des Zusammenlebens zwischen Juden und ihren Nachbarn und des Verhältnisses zwischen jüdischen Untertanen und dem römischen Staat nicht weiter.
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Unproblematisch kann das Verhältnis zwischen Juden und Römern nicht gewesen sein, denn wie wäre es zu den dramatischen Konflikten gekommen? Es gibt verschiedene mögliche Erklärungen, warum sich die Integration der Juden in das Römische Reich so schwierig gestal tete. Daß sie nicht so gelang, wie bei allen anderen Völkerschaften konstatierte schon Augustin: Iudaei... manent cum signo; nee sie victi sunt, ut a victoribus absorberentur („Die Juden bleiben gezeichnet; sie sind nicht so besiegt worden, daß sie von den Siegern aufgesaugt wur den"),9 und: Per omnes gentes manent certe (sc. Iudaei), et Iudaei sunt, nee destiterunt quod erant: id est, gens ista non ita cessit in iura Romanorum, ut amiserit formam Iudaeorum; sed ita subdita Romanis est, ut etiam leges suas teneat, quae leges sunt dei („Sie bleiben in al len Völkern Juden, und sind Juden, und sie haben nicht aufgehört, zu sein, was sie waren: das heißt, dieses Volk ist nicht so integriert wor den [= cessit in iura Romanorum], daß es das Jüdische abgelegt hätte; sondern es ist so den Römern Untertan, daß es sogar seine Gesetze be hält, welches die Gesetze Gottes sind").10 Für diese Sonderstellung, die Augustinus beobachtet, sind mehrere Erklärungen denkbar. Eine könnte die religiös-kulturelle Unvereinbarkeit beider Seiten sein, eine andere die wirtschaftliche bzw. politische Unterdrückung seitens der römischen Vormacht. Vielleicht war es auch der nationale Freiheits drang der Juden, der sie von einer Einbindung in den römischen Staat abhielt. Oder es könnten aktuelle politische Anlässe Spannungen zwi schen beiden Seiten ausgelöst haben. Weiterhin wäre an Einflüsterun gen durch einflußreiche Einzelpersonen, wie zum Beispiel für den Io nischen Aufstand der Milesier Aristagoras mit seinen persönlichen Interessen verantwortlich gewesen sein soll, oder durch politisch-reli giöse Gruppierungen zu denken. Oder aber die jüdischen und römi schen Vorstellungen über die Folgen einer Reichsintegration gingen von Anfang an weit auseinander, und als die jüdische Seite endlich bemerkte, wohin der römische Hase (oder sollte man sagen: die römi sche Wölfin?) lief, war es für eine Umkehr schon zu spät; und ebenso begriffen die Römer erst ganz allmählich, daß die jüdischen Unterta nen in anderer Weise als Griechen oder die Barbaren „unzivil isierter" Regionen im Westen zu behandeln waren. Hätten die Römer die Geschichte Judäas studiert, hätten einige Mißverständnisse zwischen ihnen und ihren jüdischen Untertanen ausgeräumt werden können. Vor allem aber hätten sie erkannt, daß die Juden von ihren bisherigen Vormächten - den Assyrern, Babyloniern, Persern und Griechen - gewiß nicht immer konfliktfrei beherrscht
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worden waren, daß aber Risse im gegenseitigen Verhältnis durchaus gekittet werden konnten. Selbst das für die Juden existenzbedrohende Religionsverbot des seleukidischen Königs Antiochos IV hatte trotz weitreichender Auswirkungen für die innerjüdische Entwicklung doch nicht die Konsequenz, daß Juden die Zusammenarbeit mit Griechen, seien es Ptolemäer, seien es Seleukiden, daraufhin verweigert hätten. Andererseits hätten auch die Juden Lehren aus der römischen Ge schichte ziehen können, wenn sie zum Beispiel den Zusammenhang von Reichsentwicklung und innerer Krise oder die römische Interpre tation von Autonomie zur Kenntnis genommen hätten - ihre Vorstel lungen von den Vor- und Nachteilen einer Zugehörigkeit zu diesem Reich wären wohl erheblich realistischer ausgefallen. Nicht, daß Rom eine antijüdische Politik von vornherein intendierte. Eher das Gegen teil war der Fall, wenn man die allgemeinen Prinzipien im Umgang mit Untertanen seit Pompeius oder die Prinzipien der Provinzialpolitik des Prinzipats und die spezifisch auf die Juden bezogenen politischen Verfügungen der ersten Kaiser - von Caesar bis Claudius - in Erwä gung zieht. Es ging um etwas anderes, viel grundsätzlicheres. Rom unterschied sich von allen anderen Vormächten, mit denen es die Ju den bis dahin zu tun gehabt hatten, in einer ganz besonderen Weise: Es war eine verfaßte Ordnung, eine Republik - auch der Prinzipat war ja dem Anspruch nach nichts anderes als eine res publica restituta -, ein Rechtsstaat. Die folgende Untersuchung wird von diesem meines Erachtens zentralen Aspekt im Verhältnis zwischen dem römischen Staat und den Juden ausgehen. Aus diesen Überlegungen ergeben sich die Schwerpunkte der Un tersuchung nahezu von selbst. Folgende Themen müssen vertiefend behandelt werden: 1. Die Entwicklung der jüdischen Religion als ein politisches Phä nomen. Diese Religion soll nicht als etwas Präexistentes, Unwandel bares betrachtet werden, von dem in den Augen der Juden das Ver hältnis zur Vormacht jeweils positiv oder negativ bestimmt wird. Vielmehr muß umgekehrt gefragt werden, wie die jeweiligen (außen politischen Verhältnisse die Entwicklung der Religion beeinflußt ha ben und ob nicht hinter der seit Hiskija (8. Jahrhundert v. Chr.) nach prüfbaren Ausbildung wesentlicher Strukturelemente der jüdischen Religion ein ausgeprägter Freiheitsdrang steckt und die Religion also zu einem Mittel wurde, Autonomie von der Vormacht zu erlangen.11 Der historische Rahmen ist deshalb weit abzustecken und orientiert sich an den, das jüdische Gemeinwesen beherrschenden Vormächten,
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also den Assyrern, Babyloniern, Persern und Griechen. Zentral ist da bei das Verhältnis von „Reichsrecht" und „Volksrecht" (Mitteis) in den jüdisch bewohnten Regionen. Auf diesem Diskussionsfeld gibt es gerade in letzter Zeit interessante Ansätze, wie P. Freis These von der „Reichsautorisation" und Lokaltradition.12 2. Parallel dazu ist zu fragen, wie sich das römische Herrschafts verständnis herausbildete, welche Formelemente römischer Herrschaft es gab und was römische Herrschaft nicht nur provinzialer, sondern auch patronaler Natur von ihren Untertanen erwartete. Diese Frage stellung erfordert einen zeitlichen Rahmen vom Beginn des römischen Ausgreifens über Italien hinaus, also vom Ersten Punischen Krieg (264-241 v. Chr.) an. Man muß herausfinden, ob die Ende des 3./Anfang des 2. Jahrhunderts allgegenwärtige Verleihung der Auto nomie an die Untertanen durch die Römer dem materiellen Inhalt nach den Autonomievorstellungen des jüdischen Gemeinwesens entsprach. Denn von der Beantwortung dieser Frage hängt ab, ob die Startbedin gungen römischer Herrschaft über jüdische Gemeinden günstig waren. Auf der römischen Seite ist ferner die Verfassungsfrage zu erörtern. Die Stellung der Juden hing nur während der römischen Herrschaft von Institutionen, sonst dagegen von Einzelpersonen (Königen) ab. Hier ist, auch wenn man Analogien zum Mittelalter hinzuzieht (Karo linger, Ottonen, Stadtherren während der Kreuzzüge), nach Auswir kungen verfassungsrechtlicher Unterschiede der Vormächte auf die Juden zu fragen. 3. Da die römisch-jüdischen Beziehungen im Jahre 164 v. Chr. gleichsam bei Null begannen, sollen in einem dritten Schritt Form und Inhalt dieser ersten Kontakte geprüft werden. Dabei dürfen weder die Erwartungen und Hoffnungen, die beide Seiten mit der Herstellung eines ausgewogenen und stabilen Vertragsverhältnisses verbanden, aus den Augen verloren werden noch der Zusammenhang zwischen der beiderseitigen inneren Entwicklung und der gegenseitigen Haltung zueinander. 4. Dazu kommt ein weiterer, für die römische Herrschaftsaus übung zentraler Aspekt. Wie entwickelte sich das Verhältnis zwischen Juden und Griechen in Palästina und den Diaspora-Gemeinden, nach dem Rom aufgetaucht war und nachdem es die Herrschaft zunächst über einzelne Diaspora-Gemeinden, seit 63 n. Chr. über Palästina übernommen hatte? Dem Dreiecksverhältnis zwischen Juden-RömernGriechen kam reichsweit eine entscheidende Bedeutung für die römi-
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sehen Herrschaftsziele „Ruhe und Ordnung" zu, so daß die Positions bestimmung der Römer für die Lage der Juden entscheidend wurde. 5. Und schließlich: Viele moderne Forscher betonen, daß Rom, wenn es direkte oder indirekte Herrschaft übernahm, wenig an den re gionalen Verhältnissen änderte; die Untertanen hätten lediglich neue Herren erhalten.13 Zu fragen ist, was dieses „wenig" tatsächlich be deutete und wie Rom seine Herrschaft sichtbar, aber auch unsichtbar, allmählich etablierte. Eine auf diese Fragen sich gründende Untersuchung ist vielver sprechend, da sie gleichsam von Null, nämlich den ersten (freund schaftlichen) Kontakten zwischen Juden und Römern ausgehen und das Verhältnis gründlich und historisch nachzeichnen kann. Es geht zunächst um die Voraussetzungen, und darum schließt das Buch wohlüberlegt gerade mit dem Beginn der römischen Herrschaft über Palästina durch Pompeius und den ersten sechs Jahren dieser Herr schaft (bis Gabinius). Noch mehr berechtigt die Quellenlage zu Opti mismus. Denn die Auffassungen beider Seiten sind uns in schriftli chen Zeugnissen überliefert, wobei die jüdischen Quellen zu dem konkreten Verhältnis zwar in der Überzahl gegenüber den latei nisch/griechischen Deutungen sind; dafür allerdings können wir auf eine Fülle von römischem Material bezüglich der Reichsverwaltung in der Römischen Republik zurückgreifen und dieses auf das Klientelfür stentum (bzw. später die Provinz) Judäa in Anwendung bringen. Es gibt bisher keine Monographie oder auch nur Aufsätze, die sich mit diesem Phänomen auseinandersetzen; die bisherige Forschung ist ge tragen von isolierten Einzelbetrachtungen. So handelt denn dieses Buch von der politischen Existenz jüdischer Gemeinwesen unter Fremdherrschaften im Zeitraum von 727-55 v. Chr.
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„ Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs ": Die Herausbildung der jüdischen Religion als politisches Phänomen vom 8. bis 4. Jahrhundert v. Chr.
Das Verhältnis von Juden und Römern war schwierig und mündete in einer Katastrophe - drei großen Kriegen und der Zerstörung des Tempels in Jerusalem im Jahre 70 n. Chr. Warum aber kam es zu die ser Katastrophe? Schließlich war die Beziehung zwischen Juden und Römern zunächst „unbelastet", begann gleichsam bei Null und hatte deshalb gute Startbedingungen. Ebenso mangelte es nicht an gutem Willen zur Verständigung auf beiden Seiten. Das Bild, das sich die griechisch-römische Welt von den Juden gemacht hat, war ausschließlich durch deren Religion geprägt,2 und diese soll deshalb in ihrer Ausbildung und in ihrer Bedeutung für das Selbstverständnis des jüdischen Volkes untersucht werden. Die Mei lensteine der Untersuchung sind jene Ereignisse und Zäsuren inner halb der Geschichte des Judentums, bei denen von Kultreformen die Rede ist und bei denen die Religion eine zentrale Rolle im Politischen einnahm. Namentlich sind dies: 1. die Regierungszeit Hiskijas, des Königs von Juda (716-687 oder wohl richtiger 727/6-700 v. Chr.); 2. die Regierungszeit Josijas, ebenfalls König von Juda (wohl 639/8-609 v. Chr.); 3. das babylonische Exil (587-539 v. Chr.); 4. das Wirken Nehemias und Esras zur Zeit der persischen Herr schaft (Mitte/Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr.); 5. die Zerstörung des Tempels von Elephantine im Jahre 410 v. Chr. durch die Ägypter; 6. der Makkabäeraufstand (seit 165 v. Chr.) und seine Folgen. Am Ende dieser Entwicklung hatte sich Jerusalem eine Religion geschaffen, die sich in den meisten Belangen von den Religionsvor stellungen seiner Umgebung unterschied: einem rigorosem Monothe-
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Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs
ismus,3 einem Gesetzbuch, einem Tempel als identitätsstiftendem Zentrum in Jerusalem, einer religiösen und politischen Mitte in Gestalt des Hohepriesteramtes, ferner in Gesetzen und Vorschriften, wie der Beschneidung, strengen Speisevorschriften (die im übrigen für sich genommen sehr stark die Abgrenzung von der Umwelt betonen, wie etwa Leviticus 11 deutlich macht), der strikten Einhaltung eines Ru hetages, des Sabbat, auch der Zentralisation des Kultes in Jerusalem. Schon diese bloße Aufzählung läßt keine Zweifel an der politischen Dimension der jüdischen Religion, denn sie regelte das öffentliche Leben und die Verehrung Jahwes gleichermaßen. Ihre Herausbildung kann daher adäquat nur in der Zusammenschau der außen- und innen politischen Entwicklungen verstanden werden. An einer wichtigen Zä sur in der religiösen Entwicklung, mitten im Aufstand der Juden ge gen die seleukidische Herrschaft, trafen Jerusalem und Rom zum er sten Mal zusammen - beide mit politischen Ordnungen ausgestattet, deren Kompatibilität sich alsbald erweisen mußte. Hiskija Mit dem König Hiskija (wohl 727/6-700 oder 716-687 v. Chr.) setzt der Prozeß einer religiösen (und dann auch politischen) Sonder entwicklung der Juden ein. Die Gründe dafür hängen zum einem mit der assyrischen Macht, zum anderen mit der Verkleinerung des jüdi schen Territoriums zusammen, das kaum über Jerusalem hinauslangte. Dieser König des Südreiches Juda nahm unter dem Eindruck der assy rischen Bedrohung eine richtungsweisende Weichenstellung vor und steht daher am Anfang der historischen Untersuchung über den Cha rakter der jüdischen Religion. Nachdem sich das Großreich Davids und Salomons seit 931 v. Chr. in das Nordreich Israel (um Samaria) und das Südreich Juda (um Jerusalem) aufgespalten hatte, begann die Entwicklung, die die Juden unter fremde, d. h. zunächst assyrische, dann babylonische, persische und makedonische Herrschaft brachte.4 Die Bücher des Alten Testa mentes, insbesondere die Königs- und Chronikbücher sowie die Pro pheten, kommentierten diese historische Entwicklung; ihre Aufgabe war es, die durch diesen Prozeß hervorgerufenen Leiden der Juden zu erklären, und es konnte keine andere Erklärung geben als die, daß Gott mit den Juden haderte, weil sie ihn nicht richtig verehrten, weil sie sich den Nachbarn anbiederten, indem sie Götzen auf Anhöhen anbeteten, weil sie seine Gesetze nicht befolgten.5
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Bald nach der Spaltung des David-Reiches zogen dunkle Wolken am Horizont auf, die von mächtigen und bedrohlichen Reichen kün deten. Das mächtigste war das neuassyrische Reich, das sich seit dem Ende des 9. Jahrhunderts immer weiter ausdehnte und dem am Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. das Nordreich Israel zum Opfer fiel: Be reits seit 738 v. Chr. in dem Status eines Vasallenstaates, wurde Samaria 721 v. Chr. nach Loslösungsversuchen Hoseas, des Königs von Is rael, von den assyrischen Königen Salmanassar V und Sargon II ein genommen, Angehörige der Oberschicht wurden deportiert und Samarien zur assyrischen Provinz gemacht. Juda um Jerusalem blieb ver schont, aber die Lage war für das kleine Königreich fatal: Im Norden lauerte das übermächtige Assur, im Süden Ägypten, das sich gleich falls von Assur bedroht fühlte. Juda lag als „Durchmarschgebiet" zwi schen beiden. Im näheren Umfeld befanden sich dazu die von den Assyrern bereits einverleibten oder bedrohten Städte und Regionen. In einer politisch derart verzweifelten Situation, in der Gottvertrauen wahrlich vonnöten war, waren für die Juden in Jerusalem zwei Wege denkbar: Sie konnten die Übermacht der Assyrer anerkennen und ei nen Vasallenstatus akzeptieren,6 oder aber sich der assyrischen Macht zur Erhaltung der Selbständigkeit widersetzten. Hiskija hat sich, wenn man den Quellen glauben darf,7 für den zweiten Weg entschieden.8 Im einzelnen ist auch heute noch vieles umstritten, was diese über Hiskija berichten,9 aber die Grundzüge seiner Herrschaft sind unstreitig: Er stens widersetzte er sich den assyrischen Einverleibungsversuchen Ju das, und zwar durchaus mit Erfolg, und zweitens reformierte er den jüdischen Kult. Die Einzelheiten dieser Reform sind gleichfalls kaum zu rekon struieren, aber die politische Zwangslage, in der sich Juda im Krieg gegen die Assyrer befand, läßt zumindest eine Tendenz erkennen: Die Stadt Jerusalem, auf die Hiskija von Sancherib beschränkt wurde, wurde nicht nur baulich,10 sondern vor allem auch kultisch „ver stärkt".11 Insbesondere schaffte Hiskija die „Höhen" ab (rnonn; xct \)\|/eXd; excelsä), zertrümmerte die „Malsteine" (jmson; axfiXai; statuae), zerschlug die „Ascheren" (müKn; TCC aXar\\ luci). Das be deutete: Die Symbole „im Land" wurden aufgegeben zugunsten der Verehrung Jahwes im Tempel zu Jerusalem. Hiskija praktizierte, was der Prophet und Gottesmann Jesaia, wenn auch noch konsequenter, vorgedacht hatte:12 Das einzig wirksame Mittel gegen die numerische Überlegenheit der Feinde konnte nur die Unterstützung durch Jahwe sein.13 Jesaia hatte deshalb jedes Bündnis mit fremden Mächten wie
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Ägypten und sogar die Befestigung Jerusalems abgelehnt. Assur, so lautete sein Credo, fällt allein durch das Schwert des „Nicht-Mannes", das Schwert eines „Nicht-Menschen" wird es fressen (EPK-KV? und D"iK-xV?; der Septuaginta-Text gibt den Text nicht so pointiert wieder: o\) p.dxccipa 6cv5po<; o\)5e n&xocipcc avQpdmo'ü KaxacpccyeTat GCÜTÖV; in der Vulgata wieder et cadet Assur in gladio non v/W, bzw. gladius non hominis).14 Hiskija nahm diese Ideen auf, bekämpfte den Götzen dienst und stärkte die Verehrung Jahwes in Jerusalem. Welche auch in die Zukunft reichende Wirkung mußte es daher haben, daß Jerusalem tatsächlich bei der Belagerung durch Sancherib nicht von den Assyrern eingenommen werden konnte.15 In den Augen der Bewohner Je rusalems hatte also die Politik Hiskijas den Weg zur Rettung gewie sen,16 und „Rettung" konnte nichts anderes heißen als: Autonomie, Unabhängigkeit von Fremdherrschaft.17 Ein wesentlicher Bestandteil dieser Autonomie - der griechische Begriff heißt ja nichts anderes als „nach seinen eigenen Gesetzen zu leben" - betrifft das Verhältnis der Menschen zu den Gottheiten, die sie verehren und von denen sie sich Schutz vor Gefahren erhoffen. Diesen Zusammenhang drücken auch die vorausgehenden Botschaften Sancheribs an Hiskija aus:18 All die vielen lokalen Gottheiten hatten ihre Städte nicht gegen die assyrische Macht schützen können - deshalb wird, so drohte Sancherib, sich auch Jahwe dieser Macht als unterlegen erweisen, und der Verlust der Au tonomie wird „gerecht" sein. Schon Sancherib stellte also den Zu sammenhang zwischen Religion und politischem Status her; je mäch tiger ein Staat ist, um so stärker müsse die jeweils verehrte Gottheit sein. Daß Jerusalem schließlich nicht eingenommen wurde, bewies folgerichtig die Allmacht Jahwes vor aller Augen, und den Juden au ßerhalb Jerusalems wurde darüber hinaus deutlich gemacht, daß Jahwe in Jerusalem zu verehren sei, wenn sie wirklich beschützt wer den wollten. Autonomie und Unabhängigkeit waren unmittelbare Fol gen der Verehrung eines „wirklichen" Gottes, einer „richtig" ausge übten Religion, deren politischer Charakter, in bezeichnender Abände rung der Position Sancheribs, hier zum ersten Mal offenbar wurde. Die Lehre, die man aus Hiskijas Politik ziehen konnte, war neu, gleichzeitig sehr einfach und darum wirkmächtig: Die Selbstidentifi zierung der Juden mit einem einzigen Gott, der sich markant von der übrigen Götterwelt unterscheidet, ist angesichts des realen politischen Kräfteverhältnisses das einzige Mittel, die Autonomie zu wahren. Ist man im Kampf um die Unabhängigkeit erfolgreich, so verdankt man sie der Allmacht Jahwe, ist man unterlegen, so will Jahwe wegen der
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Verfehlungen gegen ihn nicht helfen. Autonomie ist also etwas Höhe res als bloße Eigenstaatlichkeit und kann deshalb auch nicht gewährt werden, etwa von einer Vormacht; sie liegt vielmehr in der sakralen Ordnung begründet, die sich jeglicher Disponibilität entzieht, selbst dann, wenn äußere Mächte die jüdische Eigenstaatlichkeit bedrohten. Die spätere jüdische Deutung der Geschichte, die besonders Kö nigsbücher und Chroniken durchzieht, ist in diesem Sinne folgerich tig: Die Könige Israels und Judas, welche wie Hiskija den Weg zur Autonomie verfolgten, „taten das Rechte in den Augen Jahwes", alle anderen „taten, was Böse in den Augen Jahwes war, indem sie den Greueln der Völker folgten". Ein solches Urteil traf den Nachfolger Hiskijas, Manasse (etwa 687-642 v. Chr.), der als Vasall Assyriens unter den Königen Asarhaddon und Assurbanipal auch in assyrischen Quellen auftaucht und besonders dem religiösen Synkretismus nach hing; beides, Vasallität und Synkretismus, gehörte ja zusammen.19 In Juda gab es zwei miteinander um den richtigen Weg im Umgang mit der assyrischen Macht konkurrierende Gruppen,20 denn die außenpo litische Lage Judas war weiterhin bedrängt, und Assyriens Macht er streckte sich seit 667 v. Chr. sogar bis nach Theben/Ägypten.21 Die jüdischen Könige Manasse und Amon (642-640 v. Chr.) bevorzugten daher die Aufgabe des Widerstandes gegen diese Übermacht, und das heißt, sie kehrten sich ab von Jahwe als dem Sinnbild jüdischer Iden tität seit Hiskija. Die Macht der Assyrer ging zwar seit der Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. ihrem Ende entgegen; 612 v. Chr. wurde ihre Hauptstadt Ninive von dem medischen König Kyaxares (625-585 v. Chr.) und dem babylonischen Herrscher Nabopolassar (625-605 v. Chr.) erobert und zerstört.22 Für Juda jedoch war damit keine Befreiung aus der Gefahr verbunden, da nun die Ägypter, andere Nachbarvölker sowie zuletzt die neubabylonische Macht zu einer Bedrohung wurden - einer Be drohung, der auch die religiöse Entwicklung Rechnung trug. Josija In diesen historischen Rahmen fällt die Regierungszeit des, jeden falls was die Nachwirkung anbelangt, wohl bedeutendsten Königs von Juda, Josija (ca. 640-609 v. Chr.). Die Quellen23 verbinden mit ihm außenpolitische Erfolge und die deuteronomistische Reform.24 Wie in der Regierungszeit des Hiskija wird in der des Josija der Zusammen hang zwischen der äußeren Lage und der religiösen Reform deutlich,
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jedoch hatte Josija durch den Niedergang der Assyrer offenkundig ei nen größeren Handlungsspielraum als sein Vorgänger. Zu dem bloßen Haß auf Assur25 gesellte sich nämlich die Hoffnung auf eine Wieder gewinnung des ehemaligen Nordreiches.26 Die deuteronomistische Re form hatte daher einen eminent politischen Hintergrund. Sie bestand in erster Linie in der Auffindung des „Gesetzbuches", hebr. "ISO rrnnn, weniger deutlich Septuaginta: ßiß^iov xox> vo^ioi).27 Dabei handelte es sich nicht um irgendein Gesetzbuch, sondern das Gesetz buch, oder, wie der Chronist sagt, „das Gesetzbuch Jahwes in der Hand Moses". So, wie es gefunden worden war, konnte es ein Höchstmaß an Authentizität beanspruchen. Denn mit der gleichsam „zufälligen" Entdeckung im Tempel durch den Hohepriester Hilkia war das Buch dank Ort und Finder im besonderen autorisiert und zu gleich der König, in dessen Hand die Umsetzung lag, von jedem Ver dacht der Manipulation befreit. Jeder Kritik an Josijas religiöser politi scher Reform sollte damit die Grundlage entzogen sein. Der Zeitpunkt dieser Auffindung sei das 18. Jahr der Herrschaft des Josija, also 622 v. Chr. gewesen, und das Datum war günstig, denn 625 v. Chr. war die assyrische Hauptstadt Ninive zum ersten Mal von dem Meder Kyaxares belagert worden, und mit dem König Nabopolassar begann zudem der Aufstieg der Babylonier. Vor diesem Hintergrund verfolgte Josija zwei Ziele: In dem neu aufgefundenen Gesetzbuch Jahwes wurde zum einen Judas Anspruch auf Autonomie betont, und zum an deren der assyrische Gestirnskult bekämpft. Damit wurde wie bei Hiskijas Versuch der Einwurzelung des Politischen im Religiösen die Verbindung zwischen der religiösen und der politischen Orientierung Judas erneut hergestellt.28 Ob die Auffindung des rrnnn ~IDO (des Ge setzbuches) eine geschickte Erfindung des Josijas war oder nicht, ist für die historische Bewertung unwesentlich.29 Es ist gut möglich, daß Josija auch außenpolitisch an David und Salomon anknüpfen und sein Reich ausdehnen wollte; bekannt und durch archäologische Forschungen bestätigt ist etwa, daß Josija nach Westen in Richtung Küste sowie nach Süden hin expandierte.30 Denk bar wäre also, daß Josija die Zentralisierung des Kultes in Jerusalem auch als administrative Maßnahme für das größer gewordene Reich (Abgaben an den Tempel, Bindung der Bewohner seines Reiches an die Zentrale) verstand.31 Das Vorbild Hiskijas wird in diesen Maß nahmen sichtbar, und die Tatsache, daß nach Hiskijas Tod seine Re formen wieder rückgängig gemacht worden waren, ließen es Josija zur Absicherung seiner Reformen ratsam erscheinen, mit einem „Buch
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des Gesetzes" aus Moses Hand gleichsam ein für allemal vollendete Tatsachen zu schaffen, also jeden Versuch einer Kritik an den Maß nahmen bzw. einer Revision als gegen den erklärten und schriftlich nachprüfbaren Willen Jahwes zu brandmarken.32 Und in'der Tat: Die Nachfolger Josijas, seine Söhne Joachas und Eljakim (bzw. Jojakim) und seine Enkel Jojachin und Zidkija „taten zwar, was in den Augen Jahwes böse war", aber offenkundig nur in ihrem Umgang mit Ägyp ten und Babylonien sowie was ihre Achtung der Propheten betraf; Götzendienst und Errichtung von „Höhen" wurden ihnen jedoch nicht mehr vorgeworfen.33 Deutlich ist, daß die Reformen des Josija, die Reinigung des Kul tes sowie dessen Zentralisierung in Jerusalem, auch politisch motiviert und sinnvoll waren: Die Schwächeperiode der assyrischen Macht bot Juda eine einzigartige Gelegenheit, sich vielleicht dauerhaft frei von äußerer Beeinflussung und fremder Herrschaft zu machen. Wenn die ses - angesichts einer bedrohlichen Umwelt - hochgesteckte Ziel er reicht sollte, mußten möglichst die Kräfte aller Jahwe-Gläubigen mo bilisiert werden, und zwar die Kräfte der in Jerusalem und Juda Woh nenden durch das einigende Band eines zentralen Kultes und die Kräfte der außerhalb Judas im alten Nordreich Wohnenden durch die Bindung an eine zentrale Kultstätte. Die Auffindung des Gesetzbuches und seine feierliche Verlesung dienten diesem Ziel und entzog insbe sondere die neue Ordnung der „weltlichen" Verfügbarkeit, sollte also auf Dauer verhindern, daß sie wieder beseitigt wurde. Für die weitere Entwicklung spielt diese Festlegung eine entscheidende Rolle. 609 v. Chi*, fiel Josija in Megiddo, als er sich dem Pharao Necho, der sich mit einem Heer zum oberen Euphrat aufgemacht hatte, in den Weg stellte.34 Dieser Rückschlag in Verbindung mit dem weiteren Aufstieg Babylons unter Nebukadnezar machte alle Hoffnungen der Juden zunichte, das von den Assyrern hinterlassene Machtvacuum zu füllen und ein eigenes unabhängiges und großes Reich zu gründen. Das Gegenteil traf ein: Nicht mehr nur das Nordreich, sondern nun auch das Südreich Juda wurde zur Provinz eines Fremd-Reiches, ja mehr noch, es „verschwand ... fast von der Erdoberfläche",35 denn die politische und religiöse Führungsschicht, die Wohlhabenden und ge sellschaftlich angesehenen Familien, waren fortan im Exil in Meso potamien, wohin sie von Nebukadnezar deportiert worden waren. Wer in Juda zurückgeblieben war, war arm, ohne Selbstvertrauen, wie ge lähmt; so jedenfalls ist der Tenor der „Klagelieder".36
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Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs Babylonisches Exil
Das babylonische Exil verstärkte die unter Hiskija und Josija ein geleiteten Entwicklungen, insofern der Religion im fremden Land noch stärker die Funktion eines einigenden Bandes zukam. Wie auch später in den Diaspora-Gemeinden der hellenistisch-römischen Zeit hatte das aber keineswegs ein vollständiges Abschließen von ihrer Umwelt oder gar ein noch stärkeres Festhalten an den religiösen Vor schriften als vorher zur Folge. Die Bedeutung des babylonischen Exils für die religiöse Entwicklung des Judentums ist bereits vielfach unter sucht worden, und es soll deshalb an dieser Stelle nur auf die Haupt gedanken und insbesondere die politischen Dimensionen der innerjü dischen Entwicklung der Exilszeit aufmerksam gemacht werden. Die Voraussetzungen für die Bedeutung dieser Zeit legte Nebukadnezar selbst: Die Deportierten waren „die oberen Zehntausend", d. h. Füh rungspersönlichkeiten in politischer und religiöser Hinsicht. Sie wur den nicht, wie es die Assyrer etwa 140 Jahre zuvor mit den Juden des Nordreiches Israel gemacht hatten, verstreut in Mesopotamien ange siedelt, sondern konnten große Gemeinden im südöstlichen Babylonien gründen,37 in denen sie Häuser bauen, sich wirtschaftlich betäti gen und versammeln konnten.38 Auch der exilierte König Jojachin39 scheint weiterhin eine zentrale Position in der jüdischen Gemeinde in negehabt zu haben.40 Dies waren optimale Voraussetzungen, in der Verbannung die Erinnerung an Jerusalem und den Tempel zu pfle gen.41 Man hielt sich deshalb an die Gesetze wie an die Einhaltung der Sabbat-Vorschriften42 und bereitete sich auf den Tag X der Rückkehr nach Jerusalem vor. Unter ganz anderen Bedingungen, aber mit dem selben Ziel, nämlich der Selbstbestimmung, verfolgte man die poli tisch-religiösen Vorstellungen des Hiskija und insbesondere des Jo sija. Die religiöse Ausrichtung auf das Gotteshaus in Jerusalem stärkte das Zusammengehörigkeitsgefühl der verbannten Juden und half in der fremden Umgebung, die eigene Identität zu wahren und die Hei mat nicht zu vergessen. Das Streben der Diaspora-Gemeinde im babylonischen Exil nach einer „einmischungsfreien Zone" könnte be reits mit dem Satz: „Nach den eigenen Gesetzen leben zu können" umschrieben werden, eine Forderung, die unter griechischer und römi scher Herrschaft von Juden immer wieder erhoben wurde. Diese Forderung bedeutete jedoch keinesfalls - und hat dies, an ders als viele NichtJuden meinten, auch nie bedeutet -, daß man sich völlig von der Umgebung abkoppeln wollte, gleichsam eine selbstge-
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wollte Ghettoisierung der jüdischen Gemeinden. Denn schon in dieser ersten uns klarer zu erfassenden Diaspora in Babylon wurden jüdische Sitten und Gebräuche ebenso „babyionisiert", wie sie später unter griechischem Einfluß „hellenisiert" wurden: Sprache, Namengebung, Kalender oder Grußformeln - das jüdische Leben paßte sich, wie es scheint, ziemlich schnell der neuen Umgebung an.43 Auch gab es für exilierte Juden offenkundig kein Hindernis, in der assyrischen bzw. babylonischen Administration mitzuarbeiten.44 Das heißt, daß die Re ligion auch für die Juden eine politische Dimension hatte und eher ein Kommunikationsmittel, ein Medium der Zusammengehörigkeit war, als ein Medium der Trennung von der Umwelt. Ähnliches können wir auch für das jüdische Leben im ägyptischen Elephantine, einer ande ren Diaspora-Gemeinde, die mit einiger Wahrscheinlichkeit auf den jüdischen König Manasse (687-642 v. Chr.) zurückgeht45, beobachten und deren Gestalt uns durch Papyrus-Funde sehr gut bekannt ist. DieSe Gemeinde, auf die wir etwas später einen genaueren Blick wer fen wollen, lehrt uns darüber hinaus, daß erst die ungewollte Diaspora-Situation des Judentums in Babylonien mit dem Ziel, diese zu beenden, der Grund dafür wurde, daß von nun an der Blick aller künftigen Diaspora-Gemeinden nach Jerusalem gerichtet war, daß also nur dort ein Tempel und die zentrale kultische Verehrungsstätte Jahwes möglich waren. In Elephantine lebten aber schon vor dem babylonischen Exil Juden, und sie hatten dort einen eigenen Tempel, in dem TP, JHW, verehrt wurde. Daran gab es, so lehren unsere Quellen, auch dann nichts auszusetzen, als Jerusalem die alleinige Verehrung von Jahwe in seinem Tempel für sich beanspruchte. Persische Herrschaß Für die weitere Entwicklung des Judentums hat schließlich auch die persische Herrschaft über Palästina (539-332 v. Chr.) eine heraus ragende Bedeutung gehabt. Die Bibel trägt dieser Bedeutung mit einer Reihe von geschichtlichen (Esra und Nehemia), belehrenden (Esther) und prophetischen Büchern (Haggai, Sacharja, Maleachi) Rechnung. Die in diese Zeit (5. Jahrhundert v. Chr.) fallenden kultischen und po litischen Reformen, die die Namen ihrer Urheber Esra und Nehemia tragen, reagierten auf die Veränderung in der Oberherrschaft über die Region. Nicht alles hatte sich in Palästina durch die neuen Herren ge ändert: Geblieben waren die jüdische Bevölkerung, ihre Umwelt (also die Mitbewohner des Landes und der Städte) und die Fremdbestim-
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mung selbst, die nun persisch war. Verändert hatte sich dagegen das Interne jeder dieser Kräfte sowie ihr Verhältnis zueinander. Mehr als 200 Jahre konnten sich die jüdisch-persischen Beziehungen entfalten. Als Alexander der Große im Jahre 332 v. Chr. auch Palästina seinem Reich und damit erstmals einem europäischen Staat einverleibte, traf er auf ein unter den angesprochenen Veränderungen geformtes Ge meinwesen. Wie sah dieses Gemeinwesen aus? Diese Frage gilt es im folgenden zu untersuchen, wobei der thematische Zusammenhang al lerdings vorgibt, auf die unzähligen Forschungsdiskussionen über Einzelfragen, zumeist chronologischer oder personeller Natur, nicht näher einzugehen. Zur historischen Einordnung ist ein Blick auf die politische Ge schichte nötig. Das neubabylonische Reich fiel 539 v. Chr. dem Er oberungsdrang des persischen Königs Kyros zum Opfer, der sich im Zuge der Herrschaftsstabilisierung auch um die Herstellung guter Be ziehungen zu den seinem Reich unterworfenen Regionen bemühte.46 Kyros war es auch, der den exilierten Juden Babyloniens die Rück kehr nach Palästina erlaubte und den Wiederaufbau des größtenteils zerstörten Tempels ermöglichte, dessen Fertigstellung sich freilich noch bis in die Regierungszeit Dareios' I hinzog (515 v. Chr.). Zwi schen Kyros und Dareios war Kambyses König (530-522 v. Chr.), der Ägypten und damit eine weitere große Diaspora-Gemeinde dem persi schen Reich zuführte (525 v. Chr.). Gerade die jüdischen Gemeinden sollten fortan, wie wir aus aramäischen Zeugnissen wissen, eine wichtige herrschaftssichernde Rolle für die Perser in Ägypten spielen. Kambyses' Nachfolger als persischer König, Dareios, organisierte wenig später, wie wir schon von Herodot47 erfahren, die persische Reichsverwaltung neu und legte damit auch die Grundlagen für die verwaltungstechnische Einbeziehung der „neuen" (d. h. nach dem Kyros-Dekret entstandenen) jüdischen Gemeinde um Jerusalem - die Einzelheiten sind aber umstritten. Den oben entwickelten Autonomie vorstellungen Jerusalems kam das persische Staatsverständnis durch aus entgegen. Denn wohl war die territoriale Expansion ein wesentli ches Element der persischen Herrscherideologie, wie wir von den gro ßen Inschriften wie derjenigen von Bisutun über den König Dareios erfahren. Aber daraus leitete sich kein Streben nach einer Vereinheit lichung des Reiches ab; insbesondere die religiöse Eigenständigkeit und damit auch die sich aus der Religion ableitenden Autonomiean sprüche der unterworfenen Regionen wurden geachtet; diese Achtung
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der Autonomie war sogar ein wesentliches Herrschaftsmittel der Per ser. Die Nachfolger des Dareios, Xerxes (486-465 v. Chr.) und Artaxerxes I (465-424 v. Chr.), hatten mit Aufständen in ihrem Reich zu kämpfen, von denen auch Ägypten und Babylonien nicht verschont blieben. In die Zeit des Artaxerxes fällt, jedenfalls wenn man der Da tierung der Quellen glauben darf, das Wirken der großen jüdischen Reformer Esra und Nehemia: Esra soll 458 v. Chr. von Babylon nach Jerusalem gekommen sein. Er war Schreiber und Priester und sollte sich im Auftrag des persischen Königs Artaxerxes um Jerusalem kümmern und dem jüdischen Gesetz Geltung verschaffen. Etwa 445 v. Chr., immer noch gemäß der Bibel, wurde dann auf seine eigene Bitte hin Nehemia, der Mundschenk des Königs, als Statthalter nach Jeru salem entsandt. Seine Tätigkeit war ungleich weiter gespannt als die Esras: Neben dem von den Umwohnern ungern gesehenen Mauerbau in Jerusalem besorgte er wichtige sozial-politische und religiöse Re formen, die aus Juda eine quasi-autonome und vom ehemaligen Nordreich getrennte Provinz des Perserreiches machten, welche in die übergeordnete Satrapie „Transeuphrat" (Abar Nahara) eingegliedert war. Der nächste König, Dareios II (423-404 v. Chr.) hatte, abgesehen von weiteren inneren Aufständen im Reich, auch innerägyptische Dis sonanzen zwischen der oberägyptischen jüdischen Militärkolonie in Elephantine und ägyptischen Priestern des Gottes Chnum zu schlich ten. Es ging um kultische Streitfragen, die sogar zur Zerstörung des jüdischen Tempels in Elephantine führten, aber dahinter stand die eminent politische Frage, welche Rollen beide Seiten, die Juden und die ägyptischen Priester, im Verhältnis zur Vormacht zu spielen hat ten. Dieser Konflikt zog sich bis in die Regierungszeit von Artaxerxes II (404-359 v. Chr.) hin. Ägypten ging jetzt dem Perserreich verloren, und es ist deshalb sicher kein Zufall, daß wir von 398 v. Chr. an nichts mehr von der jüdischen Gemeinde in Elephantine und ihrem Tempel hören. Satrapenaufstände erschütterten das Reich auch unter Artaxerxes III Ochos (359-338 v. Chr.), dessen Versuch, Ägypten wieder zu er obern, von einem sich immer mehr ausbreitenden Aufstand des Kö nigs von Sidon, Tennes, an dem sich auch Juden beteiligt haben könnten, vereitelt wurde.48 Unsere Quellen, die Bibel und Josephus, sprechen auch von anderen Konflikten zwischen Persern und ihren jü dischen Untertanen, zumeist aber nur in Andeutungen oder in kaum
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mehr auf ihre historische Glaubwürdigkeit überprüfbaren Erzählun gen. Die Esther-Episode zum Beispiel, die, verfaßt wohl in frühhelle nistischer Zeit, persisch-jüdische Konflikte voraussetzt,49 oder die Schwierigkeiten mit dem Strategen Bagoas50 und mit dem samaritanischen Statthalter Sanballet51 sind nur schwer in den historischen Gang einzugliedern; sie könnten aber ein Indiz dafür sein, daß die Bezie hungen zwischen Provinz und Vormacht nicht mehr ganz unproble matisch waren. Mit Dareios III (336-330 v. Chr., nach dem kurzen Intermezzo von Arses, König von 338-336 v. Chr.) endete unter der Wucht des Alexander-Feldzuges das Achämenidenreich. Palästina wurde Bestandteil des neuen makedonischen Staates. Von diesem Überblick wenden wir uns wieder der Situation der Juden in der persischen Zeit zu. Die jüdischen Hoffnungen, als Kyros das babylonische Reich hinwegfegte, waren hochgesteckt: Kyros wird in Deutero-Jesaia sogar bezeichnet als ein von Gott gesandter Retter, als „Gesalbter" (ITIBD; xpiaxöq) und mit der Aufgabe betraut, die Völker niederzuwerfen, die Könige zu entwaffnen und den Tempel wiederaufzubauen.52 Das Motiv, eine neue Großmacht zu preisen, weil man sich von ihr Befreiung aus gegenwärtigen Bedrängnissen er hoffte, können wir, übertragen auf Rom, im 2. Jahrhundert v. Chr. in dem Urteil über die Römer (sog. laus Romanorum) des 1. Makkabäerbuches wiederfinden.53 Abgelehnt wurde also nicht eine Fremdherr schaft an sich. Das Perserreich scheint mit seiner „toleranten" Verwaltung diesen jüdischen Erwartungen entgegengekommen zu sein. Der „Kyroszylin der" konstatiert ausdrücklich die Sorge des Königs um das Wohlerge hen der eroberten Regionen und besonders, ohne Nennung Judäas, de ren Kultstätten. Es braucht nicht betont zu werden, daß hinter solch schönklingenden Formulierungen „normale" herrschaftliche Ziele standen, nämlich Ruhe und Ordnung im Reich zu sichern sowie größtmögliche Einnahmen zu gewährleisten. In der Forschung wurde vor nicht langer Zeit über die Frage diskutiert, wie denn das Verhält nis zwischen „Zentralgewalt und Lokalautonomie im Achämeniden reich" gewesen sei.54 Daß es unter den Persern noch „kein herrscherli ches Streben nach Schaffung eines Reichsrechts" gab, hat jüngst J. Wiesehöfer gezeigt.55 Er betrachtet es im Gegenteil geradezu als Sta bilitätsfaktor des persischen Staates, daß dieser nur bei herrschaftsgefährdenden Konflikten in lokale Angelegenheiten eingriff, und seine Formulierung, daß die Reichsangehörigen „das data (sc. das Gesetz) des Großkönigs auch deshalb beachten wollten, weil sie dafür mit
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Rechtssicherheit vor Ort und religiöser und kultischer Autonomie be lohnt wurden", und nicht, weil sie auf ein Reichsgesetz verpflichtet waren, umschreibt das Verhältnis zwischen Juden und dem Großkönig ziemlich genau. Unter diesem Blickwinkel erhalten die Reformen Nehemias und Esras ihre politische Dimension.56 Diese ist nicht nur unter dem Aspekt des Verhältnisses zur persischen Zentrale zu sehen, über das sie vielmehr erheblich hinaus geht. Denn man ließ sich vom persi schen König die eigene „Verfassung" bestätigen, die lediglich dort Beschränkungen erfuhr, wo die oben genannten persischen Interessen, nämlich die Anerkennung der persischen Oberherrschaft, Ruhe und Ordnung und Tributleistungen, berührt waren. In der von Artaxerxes I erlassenen und Esra übergebenen Verfügung ist von zwei Aufträgen die Rede: Beobachtet werden sollen *o^D "H arm -|r6*<-"H xrn, also „das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs". Diese Formu lierung mit der Wiederholung des Km (data) kann nur so aufgefaßt werden, daß von zwei verschiedenen Gesetzen ausgegangen werden muß und daß beide zu befolgen sind.57 Ob dieses Edikt echt oder nicht ist, soll hier nicht entschieden werden; wichtig ist der für die Juden als vorbildhaft vermerkte Charakter des Ediktes - das heißt, es spiegelt gleichsam ein Wunschverhältnis zum beherrschenden Staat wider: Der persische Staat garantiert ein gutes Stück Selbstbestimmung und erhält dafür die jüdische Zusage, „gute Untertanen zu sein", also im persi schen Staat loyal mitarbeiten zu wollen. Das steht auch ausdrücklich in der Bestätigung des Kyros-Ediktes durch Dareios auf die Anfrage des persischen Statthalters von Syrien-Phönikien: ÖTtcoq rcpoacpepcovxai arcovöai xq> 0eco -oyloxco imep xox> ßaaiAecoq Kai xcöv rcai5cov Kai rcpoaetixcovTai rcepi Tffe a\)icov Ccofjq („daß Trankopfer dem höchsten Gott für den König und seine Kinder dargebracht werden und daß sie beten für ihr Leben").58 Der Autonomiewunsch wurde also legitimiert durch die besondere religiöse Ordnung, die nur der jüdi schen Gemeinde zueigen ist; sie unterscheidet sich völlig von derjeni gen nachbarlicher Gemeinden und hat sich unvermischt erhalten. Eine religiöse Ordnung aber, die einmal von der Vormacht anerkannt wor den ist, ist nach allgemeingültiger Regel, für alle Zeiten unantastbar oder man macht sich, gleichgültig welcher Religion man anhängt, ei nes Sakrilegs schuldig. Diese Ordnung schützte zudem alle, die ihr angehörten, unabhängig davon wo sie ihren Wohnsitz hatten.59 Um den so erworbenen Status religiöser und damit auch politischer Autonomie im Perserreich aufrechterhalten zu können, bedurfte es
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zweier Voraussetzungen: Zum einen mußten die Juden selbst sich strikt an das Gesetz halten - schon um Eingriffen der Vormacht nicht Vorschub zu leisten -, und damit dies leicht kontrolliert werden konnte, war ein „Gesetzbuch" nötig, das Herren wie Untertanen glei chermaßen bekannt war. Dieses Buch war das Buch des mosaischen Gesetzes, ntüD rrnn nao bzw. xö ßißMov vou.o\) Moyüafj.60 Zum an deren aber galt es auch, sich von den anderen, nichtjüdischen Völkern abzusetzen und ein von diesen unabhängiges Verhältnis zu der Vor macht zu entwickeln.61 In dieses Bild fügt sich auch, daß sich der Mauerbau in Jerusalem wegen des Widerstandes der Nachbarn, der Überlieferung nach v. a. der Samaritaner, verzögerte; und auch die merkwürdige Mitteilung, daß die Heimkehrer jede Hilfe von außen ablehnten,62 während die Hilfe der Vormacht in großem Stil ange nommen wurde, hat ihren Sinn: Das neue jüdische Gemeinwesen wollte ein eigenes, gleichsam unvermischtes Verhältnis zur Zentrale aufbauen und sich auf diese Weise einen herausgehobenen Status si chern. Diesem politischen Ziel dienten auch weitere Maßnahmen Nehemias. Die baulichen Veränderungen Jerusalems dienten dessen Schutz und erregten gerade deswegen den Zorn der nichtjüdischen Nachbarn;63 die Sozialpolitik Nehemias, die manche Härten der persi schen Herrschaft abzubauen bestrebt war,64 zielte darauf, „das Gesetz Gottes" mit dem „Gesetz des Königs" zu vereinbaren und damit die Akzeptanz der persischen Herrschaft in der jüdischen Bevölkerung zu erhöhen. Für diesen Zusammenhang der Nehemia-Reformen spricht entschieden die Tatsache, daß Nehemia nicht nur strikt auf die Ein haltung der gesetzlichen Regelungen achtete,65 sondern auch und vor allem, daß er immer als persischer Beamter handelte und als solcher sich dem persischen Hof, nicht Jerusalem verantwortlich fühlte.66 Die religiösen Vorstellungen der Propheten, die sich um den Tempel, um die Wiederherstellung, um Reinheit und Sittlichkeit des Volkes dreh ten,67 konnten sich auf diese Weise aufs beste mit den politischen In teressen der persischen Herrschaft verbinden. Schwieriger und mit unabsehbaren Folgen gestaltete sich dagegen das Verhältnis zu den unmittelbaren Nachbarn. In die persische Zeit fällt die dauerhafte Trennung vomfrüherenNordreich, von Samaria.68 Auch dürfte die Neubesiedlung Jerusalems und Judas sowie die Ex klusivität der neuen Gemeinde die Beziehungen zu anderen Nachbarn von vornherein problematisch gestaltet haben, zumal Jerusalem offen kundig mit Unterstützung der babylonischen Diaspora weiterhin das gute Verhältnis zur persischen Zentrale pflegte und auch Herrschafts-
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aufgaben übernahm, wenn es zu Differenzen und Unruhen zwischen Diaspora-Juden und ihren Nachbarn kam. Dies können wir neben den alttestamentarischen Schriften auch dem erhaltenen Archiv von Elephantine entnehmen. Jerusalem spielte, als es zu Unruhen in der Diaspora-Gemeinde kam, für die Entscheidungen der persischen Vormacht eine wichtige Rolle. Damit ist ein wichtiger Punkt angesprochen, den fortan jedes an tike Weltreich mit jüdischen Untertanen zu berücksichtigen hatte: Über die enge Verbindung zu der babylonischen Diaspora hinaus übernahm Jerusalem gleichsam eine Art Vertretung aller Diasporajudeh. Die Reform Esras und Nehemias mit ihrer Zentralisierung der Gottesverehrung im Jerusalemer Tempel, offenkundig ein Skandalon für die nichtjüdischen Nachbarn, war also auch geeignet, im Sinne des Perserkönigs Herrschaft auszuüben, und so nimmt dessen Unterstüt zung für die Reform nicht wunder. Für Jerusalem freilich war damit keine leichte Aufgabe verbunden, da die Alleinverehrung Jahwes in Jerusalem erst noch durchgesetzt werden mußte. In Elephantine, einer Militärkolonie an der Südgrenze Ägyptens gelegen, war eine Diaspora-Gemeinde beheimatet. Wie und wann sie dort hingelangte, ist unklar; zur Zeit der Perser, über die allein wir et was wissen, hatte sie jedenfalls den Charakter einer Militärkolonie, die hoheitliche Aufgaben im Auftrage der Perser zu erfüllen hatte. Für uns ist sie greifbar in den etwa 100 Jahren zwischen 495 und 398 v. Chr., denn in diesem Zeitraum bewegen sich die vorhandenen Zeug nisse.69 In unserem Zusammenhang sind insbesondere vier Papyri von Bedeutung (21, 27, 30 und 31). Sie berichten uns, wie die Juden vor Ort am Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr. mit den Ägyptern - insbe sondere den ebenfalls dort beheimateten Priestern des Gottes Chnum, für die die jüdischen Widderopfer ein Greuel waren (der Widder war ihnen heilig) - aneinandergerieten, wie die persischen Beamten in Ägypten mit den Chnum-Priestern gemeinsame Sache gegen die Ju den machten, wie die Juden sich Hilfe und Unterstützung von Jerusa lem und dem persischen König erhofften - und schließlich auch er hielten. Die jüdische Gemeinde in Elephantine hatte seit langer Zeit terminus ante quem ist 525 v. Chr. - einen eigenen Tempel, und auf dem Höhepunkt des Konfliktes war dieser Tempel von den Ägyptern zerstört worden, als nach dem Tod des persischen Königs Artaxerxes I im Jahre 425 v. Chr. und den darauf folgenden Wirren im Perserreich Ägypten rebellierte. Die Bitte um Hilfe für einen Wiederaufbau war zudem mit Blick auf die Zentralisierung des Jahwekultes in Jerusalem
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brisant - schließlich sollte jede Opferhandlung nur im dortigen Tem pel gestattet sein. Die jüdische Gemeinde in Elephantine hielt sich zu gute, immer die persische Sache vertreten zu haben und von allen Per serkönigen geschützt worden zu sein,70 so daß sie billigerweise auch in der jetzigen Gefahr Unterstützung erwartete. Diese blieb aber zu nächst aus, und zwar nicht nur, weil die Durchfuhrung des Tieropfers auch in der Zukunft Probleme mit den ägyptischen Priestern erwarten ließ, sondern vor allem, weil mit dem Tempelwiederaufbau Jerusale mer Belange betroffen waren. Die Angelegenheit endete mit einem Kompromiß: Der Tempel durfte wiederaufgebaut werden, das Ganz opfer aber nicht mehr ausgeführt werden.71 Dieser Kompromiß war wahrscheinlich weder aus ägyptischer noch Jerusalemer Sicht noch aus der Sicht der jüdischen Gemeinde in Elephantine befriedigend, aber er war ganz im Sinne der persischen, auf Ruhe und Ordnung be dachten Zentrale. Der Fall Elephantine lehrt uns, wie prekär in einem monarchischen Weltreich wie dem der Perser die Lage der jüdischen Untertanen war. Der von den nichtjüdischen Nachbarn gegen sie geäußerte Vorwurf, die „Gesetze des Königs" nicht zu befolgen, konnte jederzeit erhoben werden und er wurde auch erhoben.72 Diesem Vorwurf konnten die Juden, wie in Elephantine bezeugt, nur durch äußerste Treue und Loyalität entgegentreten, und das wiederum steigerte den Haß der Umgebung - eine Spirale mit, wie wir aus römischer Zeit sicher wis sen, fatalen Folgen; denkbar sind diese auch für Elephantine, denn nach 398 v. Chr. gab es dort keine jüdische Gemeinde und keinen Tempel mehr; was dort geschehen sein mag, ist heute leider nicht mehr zu rekonstruieren. Die Vorwürfe gegenüber den Juden zielen aber gerade nicht auf die religiöse Sphäre, sofern nicht der eine Kult vollzug einen anderen beeinträchtigt. Wenn die Juden in Elephantine Widder opferten, so konnte diese Handlung als Beleidigung von den jenigen angesehen werden, denen diese Tiere heilig waren. Aber eine Haltung, wie wir sie später unter Griechen und Römern verbreitet fin den und die etwa in den als Vorwurf gemeinten Satz mündeten „Die Juden verehren nicht dieselben Götter wie die Griechen", d. h. daß man eigene religiöse Vorstellungen für „richtiger" als die der anderen hielt - eine solche Haltung ist für die persische Zeit nicht nachweis bar. Anhand der Papyri von Elephantine läßt sich zudem gut zeigen, daß sich die jüdische Gemeinde dort keineswegs aus religiösen Grün den absonderte und ein völlig separates Eigenleben führte; vielmehr lassen Brief-Adressen und Gerichtsformeln in den Dokumenten auf
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eine gewisse Assimilation an die Umwelt schließen.73 Die religiöse Ordnung schützte die Autonomieansprüche jüdischer Gemeinden vor dem Zugriff anderer Mächte und auch der Vormacht, stärkte das Ge meinschaftsleben und intensivierte auch die Zusammengehörigkeits gefühle zumal in der Fremde, aber sie verhinderte ganz offensichtlich nicht den Kontakt mit der Umgebung und auch nicht die gegenseitige Beeinflussung. Das politische Vermächtnis der persischen Zeit des Judentums ist die Verbindung von Autonomie mit unbedingter Loyalität gegenüber der Vormacht: Für diese war die jüdische Autonomie daher ein großer Vorteil, die folglich nicht nur von den Juden selbst, sondern auch von den Herrschenden als etwas zu Schützendes angesehen wurden.74 Da gegen können wir einen religiösen Antagonismus nicht feststellen. In sofern repräsentierten die Juden seit der Perserzeit eine neue Art von Untertanen, die sich durch eine religiös ausgerichtete Unabhängigkeit und staatliche Verfassung dem jeweiligen Herrscher dienstbar und nach Möglichkeit unersetzlich zeigen wollten. Wie der weitere Ver lauf der Geschichte zeigt, war dieses System letzten Endes erfolglos, und schon für die persische Zeit gibt es Hinweise auf Schwierigkeiten im Verhältnis der beiden Seiten zueinander. Das historisch nicht ein zuordnende Buch Esther etwa bringt die schwierige Lage des Juden tums unter einer Fremdherrschaft grundsätzlich zum Ausdruck und sollte gerade deshalb vielleicht als Allegorie aufgefaßt werden;75 Flavius Josephus berichtet in seinen Antiquitates Juäaicae (Jüdische Altertümer) von zunehmenden Schwierigkeiten und Meinungsverschie denheiten zwischen Juden und Persern, die auch aus einer zunehmen den Orientierung von Teilen der jüdischen Führung nach außen resul tierten; jüdische Priester versuchten offenbar über persönliche Kon takte zu persischen Führungspersönlichkeiten zu größerer Macht im eigenen Gemeinwesen zu gelangen.76 Entwicklungen dieser Art bela steten die Beziehungen zwischen Vormacht und Untertanen allge mein; denn die religiöse und damit auch politische Isolierung des jüdi schen Gemeinwesens war die Grundlage dieser Beziehungen gewesen. Und schließlich: Die Beziehungen zwischen Juden und Persern lie fen über den König. Es scheint, daß er allein darüber befand, ob den jüdischen oder den antijüdischen Eingaben zu entsprechen war. Ein Zeugnis dafür finden wir ebenfalls in der Hinterlassenschaft der jüdi schen Gemeinde zu Elephantine: Im Jahre 419 v. Chr. schrieb ein ge wisser Hananiah an den Vorsitzenden dieser Gemeinde Jedoniah einen Brief, der offenbar das Passahfest und das Fest der ungesäuerten Brote
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betraf. Wenn eine von K. Galling vorgeschlagene Lesart der dritten Zeile dieses Briefes richtig ist, hätte König Dareios dem ägyptischen Statthalter Arsames darin den Befehl erteilt, sich feindlicher Über griffe gegen die jüdische Gemeinde zu enthalten.77 In mehreren Fällen entschied der König gegen seine Statthalter in Samaria oder Ägypten und zugunsten der Juden, es mag aber auch andere, weniger günstige Entscheide gegeben haben. Der König also allein war wichtig, er hatte gleichsam die „größte Macht auf Erden".78 Das Perserreich, wie alle antiken Reiche mit Ausnahme vielleicht des Römischen, war kein Rechtsstaat, schon gar nicht im modernen Sinne, mit verbrieften Rechten für die Untertanen. Man wußte nie, ob der jeweilige Nachfol ger als König auch die Politik seines Vorgängers fortsetzen würde, so daß der Reichsordnung immer ein Moment der Ungewißheit anhaf tete. Das war ein Nachteil jeder Monarchie. Die Juden übertrugen deshalb in späterer Zeit, als sie diese Ungewißheit bei jedem Herrscherwechsel unter ptolemäischer und besonders unter seleukidischer Herrschaft massiv zu spüren bekamen, die Verantwortung dafür der monarchischen Verfassungsordnung schlechthin, die nicht imstande war, der Willkür der Könige entgegenzutreten. Diese Haltung hatte sich noch nicht während der Perserherrschaft gezeigt, wie die altte stamentarischen Schriften belegen, und sie wäre angesichts einer noch weitgehend konstanten und den Juden gegenüber loyalen Königspoli tik auch nicht berechtigt gewesen. Aber die Wurzeln für die spätere monarchiekritische Einstellung vieler Juden bildeten sich schon unter den Persern. Denn die überaus enge Bindung an den jeweiligen König war insbesondere in Zeiten, da dieser sich nicht auf ein besonderes Verhältnis zu seinen jüdischen Untertanen einlassen wollte, das Loya lität gegenüber dem Herrscher mit der Gewährung einer großzügigen Lokalautonomie einhandelte, darauf angelegt, aus der bloßen Enttäu schung über den einzelnen Herrscher eine grundsätzliche Ablehnung der monarchischen Staatsform werden zu lassen. Für die Beurteilung des griechisch-jüdischen und des römisch-jüdischen Verhältnisses wird dieser Aspekt eine erhebliche Bedeutung erlangen. Die oben skizzierten Entwicklungen innerhalb des Judentums als einer von fremden Mächten beherrschten Volksgruppe und Religion vor seiner Eingliederung in das Reich Alexanders können wir wie folgt zusammenfassen: 1. Die religiöse Entwicklung ist wesentlich von den außenpolitisch bedrängtenVerhältnissen bestimmt gewesen.
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2. Die religiöse Ausrichtung selbst war multifunktional: a) Sie half die Autonomie zu wahren bzw. zu erlangen79, weil eine sakrale Ord nung sich nach allgemeingültiger Vorstellung der Disponibilität ent zieht; b) sie konnte gleichzeitig in ihrer über den Kult definierten Ab sonderung von Nachbarn der Vormacht für die Beherrschung der Re gion nützlich sein, c) sie stärkte den Zusammenhalt - ein Aspekt, der in der Femde und in Zeiten der Bedrohung von Außen bedeutend wurde. 1 3. Anders als während der griechisch-römischen Epoche des Ju dentums kam den Strukturmerkmalen des jüdischen Gemeinwesens, wie dem strengen Monotheismus, dem mosaischen Gesetzbuch, der Zentralisierung des Kultes im Jerusalemer Tempel und dem Hoheprie steramt eine ordnungspolitische Dimension in der Herrschaftspolitik der persischen Vormacht zu. 4. Es ergibt sich daraus, daß diese religiöse Absonderung ihrer Entstehung nach (Hiskija, Josija) keine „Abschottung" um ihrer Selbst willen war, sondern eher eine Schutzhülle für das eigene Gemeinwe sen gegen Eingriffe von außen; ließ sich der herrschende Staat auf Schutzgarantien ein, konnte er als „Wohltäter" Gegenleistungen für diese Autonomie in Form von unbedingter Loyalität erwarten. 5. Die Kultzentrierung in Jerusalem entwickelte sich zum einen aus der Realität (z. Z. Hiskijas war der jüdische Raum kaum größer), zum anderen aus der in den Notzeiten erwachsenen Notwendigkeit, das Zusammengehörigkeitsgefühl zu stärken. 6. Unmittelbar folgt daraus, daß auch weiter entfernt wohnende Juden (Diaspora) zunehmend auf den einen Kultort Jerusalem ver pflichtet wurden - für die Herrschenden andererseits brachte die enge Verbindung zwischen Diaspora und Kernland zunächst im Sinne einer Verstärkung der Kontrollmechanismen Vorteile. 7. Religion als Schutzwall nach außen und einigendes Band nach innen konnte darüber hinaus in Zeiten der äußeren Bedrohung - wie später unter Antiochos IV ersichtlich - Kraftreserven freimachen und ein noch größeres Gewicht erhalten. 8. Das jüdische System ist entstanden in Zeiten der Bedrängnisse und des Beherrschtwerdens von Großmächten, und es hat sich gerade in solchen Zeiten auch bewährt. Das müßte bedeuten, und die spätere Entwicklung wird es erweisen, daß bei fehlendem äußerem „Druck", etwa in einem eigenen unabhängigen Staat, zumindest in der Führung der Faktor „Religiosität" zugunsten einer Angleichung an die Umwelt abnimmt.
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„Alle sollten ein Volk werden undjeder seine Gebräuche aufgeben": Die jüdischen „väterlichen Gesetze" und der Hellenismus
Im Jahre 332 v. Chr. gliederte Alexander der Große Palästina sei nem Reich ein, und so wechselte die Region nach mehr als 200 Jahren ihren Herrn. Auch für Syrien, Phönikien und Palästina begann mit Alexanders Siegeszug eine neue Epoche, der Hellenismus.2 Der Zeitraum, auf den sich die folgenden Überlegungen konzen trieren, reicht von 332 v. Chr., dem Jahr der Eroberung Palästinas durch Alexander, bis 164 v. Chr., dem Jahr der ersten Kontaktauf nahme zwischen Römern und Juden. Es lassen in Bezug auf das palä stinensische Judentum grob drei Phasen erkennen: Die 1. Phase ist eine Zeit der Unsicherheit. Sie reicht von 332302/1 v. Chr., als Alexander und die Diadochen, besonders Antigonos Monophthalmos, über Palästina herrschten; die 2. Phase umfaßt die ptolemäische Herrschaft von 302/01198 v. Chr. und die 3. Phase die seleukidische Herrschaft über Palästina seit 198 v. Chr. (im Jahre 142/1 wurde Jerusalem als Folge des Makkabäeraufstandes faktisch selbständig). Die Geschichte der Begegnung von Judentum und Hellenismus bis zu dem großen Zusammenstoß im Jahre 167 v. Chr. ist rasch erzählt. Alexander der Große scheint 332 v. Chr. Palästina, sieht man von den langwierigen Belagerungen der Küstenstädte Tyros und Gaza ab, auf seinem Weg von Issos nach Ägypten einigermaßen problemlos erobert zu haben. Zeit für große Neuerungen hatte er nicht, so daß formal alles wie bei seinem persischen Vorgänger geblieben sein dürfte.3 Die grie chischen Quellen schweigen sich allerdings aus - zum Verdruß des Flavius Josephus wie auch unserem - 4 und die jüdischen sind legend haft verzerrt.5 Unter den Diadochen war auch das Schicksal Palästinas unklar.6 Es wechselte zwischen 323 und 301 v. Chr. fünfmal den Be-
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sitzer, bis Ptolemaios I im Jahre 301 v. Chr. für ein Jahrhundert Palä stina an Ägypten anschließen konnte. Während der Diadochenzeit wurden im Umkreis des jüdischen Mutterlandes Städte und Kolonien mit makedonischen Veteranen gegründet (zum Beispiel Pella, Dion, Hippos, Gadara im Transjordanland, Apollonia, Arethusa, Anthedon an der Küste), und die Diaspora vergrößerte sich.7 Die unsicheren Verhältnisse veranlaßten viele Juden, sich als Söldner anwerben zu lassen und sich in verschiedenen Städten anzusiedeln, oder sie wurden als Sklaven verschleppt, oder sie mußten ganz einfach vor neuen Her ren flüchten, wenn sie sich der falschen, d. h. unterlegenen Seite ange schlossen hatten, oder sie ließen sich als Kolonisten verpflichten und übernahmen herrschaftliche Aufgaben in fremden Regionen wie Kleinasien oder Ägypten.8 Unter der Herrschaft der Ptolemäer stabilisierte sich die Lage der Juden einigermaßen, obwohl gerade die von Ptolemaios I eingerich tete neue Provinz Syrien und Phönikien zwischen dem von den Seleukiden beherrschten „Nordreich" und dem ägyptischen „Südreich", wie Daniel sie definierte, sehr umkämpft war.9 Die Region mußte militä risch und politisch gesichert werden, gegen die Seleukiden im Norden und die Araber im Süden und Osten, damit sie wirtschaftlich „nutz bringend" sein konnte. Für die Verwaltung, d. h. konkret: für die Steuereintreibung, war zunächst der Hohepriester, dann eine andere lokale, besser zahlende Autorität zuständig: der Tobiade Joseph.10 Die Juden, die in Ägypten lebten - mehr als 100.000 Menschen -, stellten sich auf ihre neuen Herren ein, arbeiteten nach Möglichkeit mit ihnen zusammen und nahmen, soweit uns die Papyri mitteilen, rege am Ge schäftsleben teil. Ungeklärt war allerdings, welchen Status die jüdi sche Gemeinde Alexandrias, wo der größte Teil der ägyptischen Juden lebte, im Verhältnis zu der griechischen Bürgerschaft hatte. Der seleukidische König Antiochos III (223-187 v. Chr.) nahm Palästina den Ptolemäern unter dem Beifall der jüdischen Mehrheit wieder ab. Zwei sog. „Syrische" Kriege führte er deshalb: den 4. Syri schen Krieg von 219-217 v. Chr. und den 5. Syrischen Krieg von 202195 v. Chr.11 199/8 richtete er die Provinz Koile Syrien und Phönikien ein, die wiederum in kleinere Verwaltungssprengel unterteilt wurde. Judäa um die Hauptstadt Jerusalem war der Sitz des Ethnos der Juden und hatte, wie zuletzt wieder Jack Pastor betont hat, als solches Anteil am seleukidischen Verwaltungssystem.12 Das Ethnos der Juden hatte Steuern zu zahlen wie andere Ethne auch.13 Die Diaspora breitete sich auch unter den Seleukiden weiter aus, zum Beispiel weil jüdische
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Gemeinden Herrschaftsausgaben in unruhigen Regionen zu überneh men hatten.14 Das anfangs gute Verhältnis der jüdischen Gemeinden, sowohl in Judäa als auch in der Diaspora, zum seleukidischen König drückte sich in besonderen Privilegien, Steuervergünstigungen, Hilfen für den Tempel aus. Es blieb aber nicht dabei. 30 Jahre nach der Er oberung Palästinas durch Antiochos III schlug das herrscherliche Wohlwollen gegenüber den Juden in Unterdrückung um, als nämlich Antiochos IV sein Religionsedikt erließ. Diesem folgte unmittelbar ein Aufstand, der von einer Priesterfamilie aus Modin initiiert wurde und als Makkabäeraufstand Berühmtheit erlangte. Ein neuer, unab hängiger jüdischer Staat (zwischen 140 und 63 v. Chr. der nach der Herrscherdynastie benannte Hasmonäer-Staat) entstand, der am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. sogar den Status einer Monarchie erlangte. Der historische Rückblick auf die Geschichte des Judentums in hellenistischer Zeit endet also in einem Aufstand, aus dem ein unab hängiger jüdischer Staat hervorging. Das bedeutet, daß es zwischen dem seleukidischen Staat und dem jüdischen Gemeinwesen in Jerusa lem nach 170 Jahren hellenistischer Herrschaft und hellenistischen Einflusses zu schwerwiegenden Konflikten gekommen war. Um die Ursachen dieser Konflikte geht es im folgenden. Zwei trotz ihrer inhaltlichen Gegensätzlichkeit charakteristische Dokumente seleukidischer Herrschaft zeigen, zwischen welchen Polen sich das jüdisch-hellenistische Verhältnis bewegte; sie sollen deshalb an dieser Stelle in angemessener Kürze analysiert werden. Wohl im Jahre 198 v. Chr. erließ der seleukidische König Antio chos III in einem Brief an seinen Statthalter Ptolemaios genaue An weisungen darüber, wie die Juden Koile Syriens und Phönikiens zu künftig zu behandeln waren.15 Diese Provinz war soeben nach langem Ringen den Ptolemaiern abgenommen worden,16 und so kam diesem Brief, auch wenn er nicht an die Juden selbst und ihre Institutionen adressiert war, der Charakter einer Grundsatzerklärung des neuen Heimzu.17 Der Text ist zweigeteilt, wobei der erste Abschnitt (138) über die Leistungen der Juden die Begründung für den Hauptteil (139-144) darstellt, der die Gegenleistungen des Königs enthält. Dessen „Gunst bezeugungen" ((piA,&v6pocma) erstreckten sich wiederum auf drei auf einander aufbauende Bereiche: 1. Die Beseitigung der Kriegsfolgen in Jerusalem (139): Der Kö nig verspricht, bei der Reparatur der materiellen Schäden wie bei der Beseitigung der Bevölkerungsverluste mitzuhelfen.
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2. Unterstützung des Kultes (140-141: Die Frömmigkeit (euereßeia) der Juden soll durch jedwede Unterstützung bei der Beschaffung der Opfergaben belohnt werden. 3. Der politische und gesellschaftliche Status der Juden (142-144): Der König gewährt politische Autonomie, Steuervergünstigungen und persönliche Freiheit aller während der Kriegswirren geraubten und versklavten Juden. Antiochos III machte also Versprechungen: Hohe Summen wollte er bereitstellen, damit für die Opfer im Jerusalemer Tempel genügend Opfertiere, Wein, Öl, Getreide, Salz und Weihrauch zur Verfugung stehe. Der Tempel, der durch die Kriegshandlungen stark beschädigt worden war, sollte schöner und größer denn je wieder aufgebaut wer den. Der jüdische Rat (Gerusia), die Priester und Schriftgelehrten so wie die Tempelmusiker wurden von bestimmten Steuern befreit,18 die Bewohner Jerusalems und solche, die sich dort ansiedeln wollten, brauchten drei Jahre lang überhaupt keine Steuern zu bezahlen. Juden, die verschleppt und versklavt worden waren, sollten frei und wieder Besitzer ihrer Güter sein. Der wichtigste Satz des ganzen Dokumentes ist aber: „Alle Angehörigen dieses Volkes sollen nach ihren väterli chen Gesetzen leben dürfen" (KCCTOC xoix; rcaTpioix; vö^io\)(; noXixe\)ea0coaav).19 Patrioi nomoi ist der griechische Begriff flir eine Verfassung, die durch Tradition legitimiert ist; insofern ist von mo dernen Autoren zu Recht betont worden, daß er auch in Dokumenten, die sich auf das Jüdische Gemeinwesen bezogen, mehr bedeutete als lediglich die Thora. Antiochos III erkannte mit ihm auch die jüdische Autonomie an, wie sie in der persischen Zeit entwickelt worden war, weil sie traditionell/väterlich war, und akzeptierte zudem verbindlich, daß der „Hellenisierung" seiner jüdischen Untertanen - zum Beispiel beim Herrscherkult - Grenzen gesetzt waren.20 Etwas später wurden diese „Gunstbeweise" noch erweitert: Kein Fremder (ccMxxp'oXoq) dürfe den Tempel betreten; die Zucht von Tieren und die Einfuhr von Fleisch habe sich nach dem jüdischen Gesetz zu richten. Wer sich daran nicht halte, werde bestraft.21 Antiochos hatte seinem Statthalter auch geschrieben, warum er den Juden gegenüber so großzügig war: Sie hatten es sich verdient. Sie waren zuverlässige Verbündete im Kampf gegen das „Südreich" gewesen, hatten die seleukidischen Sol daten verpflegt, bei der Einnahme Jerusalems aktiv mitgewirkt (d. h. bei der Vertreibung der ptolemäischen Besatzung) und durch ihre Ehrerbietung Antiochos gegenüber signalisiert, daß sie die seleukidische der ptolemäischen Oberhoheit vorzögen. All das verdiene jetzt
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die Wohltaten des Königs. Und es blieb nicht bei bloßen Worten: Der jüdische Hohepriester Simon II (ca. 220-195 v. Chr.), Sohn des Onias II urtd genannt „der Gerechte", machte sich an den Ausbau des Tem pels über die Schadensausbesserung hinaus und wurde gerühmt nicht nur den Tempel, sondern auch die religiöse Ordnung als Ganzes unter Antiochos III gestärkt zu haben.22 30 Jahre nach dieser Grundsatzerklärung ist nichts mehr von ihr übrig geblieben. Eine bekannte Episode kann das verdeutlichen: 167 v. Chr. kamen Abgesandte des seleukidischen Königs Antiochos IV, Sohn des eben genannten Königs, in den kleinen Ort Modin, um die dort wohnenden Juden zur Teilnahme an einer Opferfeier zu zwin gen.23 Sie hatten vorher bereits viele Orte und Städte mit diesem Auf trag besucht, und viele Juden hatten den Drohungen und der Gewalt nachgegeben und geopfert. Antiochos IV hatte nämlich kurz zuvor, wohl im Sommer 167 v. Chr., per Edikt den Juden verboten, an ihrer Religion festzuhalten, und zum Beweis ihres Gehorsams heidnische Opferhandlungeh vollziehen lassen; ihre Söhne durften sie nicht mehr beschneiden, ihre Bücher, in erster Linie natürlich die Thora, mußten sie verbrennen, kurz: ihre pätrioi nomoi mußten sie aufgeben. Denn, so lautete des Königs Begründung, „alle sollten ein Volk werden und jedei* seine Gebräuche aufgeben" (eivai rcavTaq ei<; A,aöv eva Kai eyKaxa^iKetv emaiov xa vojnjia a\)xo\)).24 In Modin wandten sich nun seine Beamte wie in allen anderen Städten auch zuerst an die Würdenträger, denn wenn diese opferten, so stand zu erwarten, daß die änderen folgten. Ausgerechnet in diesem kleinen Örtchen weigerte sich jedoch die einflußreiche Priester-Familie des Mattathias, dem Opferbefehl Folge zu leisten, und so wurde Modin bekanntlich zur Keimzelle des Makkabäeraufstandes. Radikaler kann man sich den Umschwung von dem Brief des An tiochos III aus dem Jahre 198 v. Chr. zu dem Edikt des Antiochos IV aus dem Jahre 167 v. Chr. kaum vorstellen: Jener verlieh den Juden Autonomie zur Stärkung seines Reiches, dieser beschnitt sie aus eben demselben Grunde; jener beschwor die väterlichen Gesetze der Juden als eine Art Treuegarantie, dieser beseitigte sie, weil sie die Integra tion erschwerten; jener unterstützte finanziell den Kult, die Opfer und den Tempel der Juden, damit sie um so loyaler dem König als ihrem Wohltäter dienten, dieser erzwang die Teilnahme der Juden bei heid nischen Opferfesten und entweihte den Jerusalemer Tempel, damit die Juden durch ihren Abfall von den Vätersitten ihre Loyalität zum Staat
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bekundeten; jener verankerte also die jüdische Religion im seleukidischen Staat, dieser schaffte sie ab. Dieser bemerkenswerte Vorgang ist durch jüdische Quellen, näm lich Flavius Josephus und die Makkabäerbücher, überliefert und im großen und ganzen unbestritten; selbst der heute wohl skeptischste Kritiker der Authentizität hellenistischer Urkunden, wie sie sich in der jüdischen Literatur finden, Jörg Dieter Gauger, zieht nicht den Inhalt, höchstens die überlieferte Form in Zweifel.25 Wie konnte es zu diesem Wechsel von der Autonomie zur Repression in einem hellenistischen Staat kommen? Die moderne Forschung konzentrierte sich vor allem auf Antiochos IV und das Religionsedikt, das in den Makkabäeraufstand mün dete. Dabei hat sie die unterschiedlichsten Erklärungen vorgebracht: Früher sprach man (im Anschluß an Tacitus) von einem Hellenisierungskreuzzug des Königs gegen alles Rückständige und sich dem Zeitgeist Verweigernde,2 bis Elias Bickerman mit seinem bahnbre chenden Buch über den „Gott der Makkabäer" innerjüdische Streitig keiten als wahren Hintergrund der rigiden Politik des Antiochos IV ausmachte - der König habe in dem Streit zwischen frommen und hellenisierten Juden die Partei der letzteren ergreifen müssen.27 Eine dritte sehr einflußreiche Theorie leugnete den religiös-kulturellen Hintergrund des Konfliktes und machte pragmatisch-machtpolitische Ursachen geltend, die Antiochos gleichsam keine andere Wahl gelas sen hätten.28 Wieder andere mutmaßten, daß die durch die römische Expansion bedingte Schwäche des seleukidischen Staates Antiochos zu einer Politik der Stärke in seinem eigenen Haus gezwungen habe.29 Und es gibt noch weitere Erklärungsansätze: von der Verrücktheit des Antiochos30 bis hin zu der Umsetzung von Lehren, die Antiochos während seiner Geiselzeit in Rom aufgenommen haben mochte.31 Ei ner der besten Kenner jüdischer Geschichte in der Antike, Fergus Miliar, resignierte schließlich: „There seems no way of reaching an understanding of how Antiochos came to take a Step so profoundly at variance with the normal assumptions of government in his time".3 Die vorgebrachten Erklärungen für die ungewöhnliche Entwick lung des Verhältnisses zwischen Seleukiden und Juden sind nach mei ner Ansicht unbefriedigend. Sie greifen zu kurz, weil sie jeweils nur Teilaspekte eines großen Konfliktes untersuchen, den jüdischen, den königlichen oder den kulturell-religiösen. Sie wollen zum Beispiel Überlegungen der beiden Könige Antiochos III und IV ergründen, von denen diese sich bei dem Erlaß ihrer Edikte leiten ließen. Das ist aber
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nicht nur in hohem Maße spekulativ und, wie man sieht, fast unmög lich, sondern berücksichtigt auch nur das unmittelbare Umfeld der in Rede stehenden Edikte. Mir scheint daher ein anderer, im eigentlichen Sinne historischer Ansatz vielversprechender, oder, um es thukydidei'sch zu sagen: Die Anlässe des Religionsediktes sind beschrieben und erörtert worden, was aber war die tiefere Ursache des Konfliktes selbst? Auf was für einer Grundlage stand das Verhältnis zwischen hellenistischem König und Juden, daß überhaupt ein Umschwung wie der beschriebene eintreten konnte? Wie läßt sich das Verhältnis zwi schen Juden und Griechen, von jüdischem Gemeinwesen und Staat in der hellenistischen Epoche grundsätzlich definieren? Und welche Rolle spielte die Religion für die Selbstdefinition des Judentums? Denn um sie dreht es sich ja in beiden besprochenen Dokumenten. Sicher ist, daß auf das helle Bild des Hellenismus als einer weltof fenen und toleranten Epoche auch Schatten fallen. Es sind Widersprü che erkennbar, die bis in die moderne Forschung hineinragen. Vor wenigen Jahren resümierten zwei unbestrittene Fachleute und aner kannte Hellenismus-Experten, H.-J. Gehrke und B. Funck, die Diskus sionen auf einem großen Hellenismus-Kongreß in Berlin (März 1994): „Das Seleukidenreich erweist sich immer deutlicher als polyglotter, multikultureller Vielvölkerstaat, in dem die Herrscher auf gewachsene Strukturen und Veränderungen behutsam reagierten. Sie nahmen in einem bisher nicht so hoch eingeschätzten Maße Rücksicht auf die politisch-kulturellen Traditionen und Praktiken ihrer Untertanen. Ne ben die Prozesse der Hellenisierung, die sie bis zu den Grenzen hin förderten, trat der bewußte Respekt vor einheimischen Strukturen, ja deren deutliche Förderung (vor allem auf religiösem Gebiet). Hier", so vermuten Gehrke und Funck, „scheint es nicht nur um eine bloß aus rein praktischen Gründen gewählte Fortsetzung zu gehen, sondern um Versuche zur mindestens partiellen Integration indigener Elemente".33 Zweierlei ist an diesem Resümee auffällig: zum einen die immanente Widersprüchlichkeit zwischen der „Rücksicht auf die politisch-kultu rellen Traditionen und Praktiken" einerseits und der „bis zu den Gren zen hin" geförderten Hellenisierung und der „Integration indigener Elemente" andererseits; zum anderen die offensichtlich ausgeblendete historische Perspektive. Der Begriff „multikultureller Vielvölkerstaat" für das Seleukidenreich implizierte Aktualität, Modernität und Tole ranz; man denkt unwillkürlich an die weit verbreitete Fremdenfeind lichkeit in unserem eigenen Land, und man soll womöglich von den Seleukiden lernen - gleichsam ein KTfjjia eiq ccei. .
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Bevor man allerdings aus der Geschichte lernen kann, müssen die historischen Ereignisse richtig interpretiert werden, und diesem Er kenntnisziel dient ein Vergleich des Seleukidenreiches mit dem Vorher mehr als der (notwendig schiefe) Vergleich mit dem Jetzt. Über tragen auf die Juden heißt das: Wir dürfen nicht übersehen, daß das jüdische Gemeinwesen so in makedonische Hände gelangte, wie es sich unter den Achämeniden herausgebildet hatte. Unter diesem Blickwinkel erweist sich erneut die politische Dimension der Refor men von Esra und Nehemia, die ja beide auch persische Beamte wa ren.34 Sie waren in enger Zusammenarbeit mit dem persischen Staat durchgeführt worden - namentlich Nehemia agierte in seiner Eigen schaft als persischer Beamter - und sicherten über die religiöse Ord nung Jerusalem die Autonomie, dem König die Loyalität seiner Un tertanen. Esra und Nehemia hatten das nüD rmn "IDO, das Buch des mosaischen Gesetzes, verbindlich für alle Juden gemacht, den Kult in Jerusalem zentriert, hatten dazu den Tempel weiter ausgestaltet, die bewußte Abgrenzung (was nicht zwangsläufig Selbstisolation bedeu tete)35 von den Nachbarn verfügt und gleichzeitig die Vertretung auch der Diaspora-Juden durch Jerusalem durchgesetzt36 - all diese, später sich zu Charakteristika des Judentums entwickelnden Reformen er möglichten die Verbindung zwischen „dem Gesetz (deines) Gottes" (-|i"6K--H x m ) und „dem Gesetz des Königs" (*O^D "H xm), einer Verbindung, von der es im Erlaß des Königs Artaxerxes ausdrücklich heißt, daß beide Gesetze, das königlich-persische wie. das göttlich-jü dische, unbedingt zu befolgen seien.3 Mit anderen Worten: Den Strukturmerkmalen des jüdischen Gemeinwesens kam eine ordnungs politische Funktion ersten Ranges in der Herrschaftspolitik der persi schen Vormacht zu, für die Juden aber waren sie gleichzeitig eine Art Schutzwall vor äußeren Eingriffen und ein einigendes Band im Innern. So wiesen die Reformen Esras und Nehemias, scheinbar ausschließ lich religiös motiviert und doch weit darüber hinausgehend mit emi nent politischem Hintergrund, den Weg zu einer gedeihlichen per sisch-jüdischen Zusammenarbeit unter Wahrung einer größtmöglichen Autonomie Jerusalems. Einem ganz und gar persisch ausgerichteten jüdischen Gemeinwe sen brachten also Alexander und seine Nachfolger den Hellenismus. Dieser bewirkte Veränderungen, auch wenn die Ptolemäer, Seleukiden und alle anderen hellenistischen Herrscher „Rücksicht auf die poli tisch-kulturellen Traditionen und Praktiken" (Gehrke/Funck) der un terworfenen Regionen nahmen, wie man es eingangs wohl jeder neue-
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ren hellenistischen, gewiß aber seleukidischen Verfassungsgeschichte als ein jeder Kritik enthobenes Grundgesetz lesen kann. 8 Es war ja auch so, daß die Veränderungen, die der Herrschaftswechsel fiir die Juden brachte, nicht einer konkreten herrscherliehen Rechtssetzung entsprangen (zunächst jedenfalls nicht), die etwa den jüdischen Status im hellenistischen Staat herabgesetzt hätte. An diesem änderten die Könige seit Alexander vordergründig nichts. Aber trotzdem war die Struktur des hellenistischen Staates eine andere als die des Perserrei ches,! und das hatte zwangsläufig Folgen für die jüdischen Gemeinwe sen. Von allen Veränderungen die folgenreichste war gewiß, daß die jüdische Religion ihre Funktion als Ordnungsfaktor im Staate verlor. Ob jüdisches Gesetzbuch, die Abgrenzung von den Nachbarn oder die Vertretung der Diaspora-Gemeinden durch Jerusalem - wichtig war all dies nur noch für die Juden, nicht mehr für die Vormacht. Das be deutete: Wenn Antiochos III den Juden ein politisches System auf der Grundlage der väterlichen Sitten erlaubte, dann war das jetzt ein Zu geständnis, eine Wohltat und ein Gunstbeweis des Königs, nicht mehr Zusammenarbeit.39 Der Hellenismus entwertete also gleichsam die jü dische Religion um ihre politische Dimension, was sich bis zu dem Höhepunkt des Religionsverbotes des Antiochos IV steigerte.40 Einer dauerhaften Zusammenarbeit in beiderseitigem Interesse war damit eine tragfähige Grundlage entzogen. Aber einer „dauerhaften" Zu sammenarbeit widersprach auch die Unbeständigkeit, die im politi schen Wesen des Hellenismus begründet lag. Es gilt jetzt zu untersuchen, warum dem so war. Besonders zwei hellenistische Erscheinungen, die jüdisches Leben massiv beeinfluß ten, möchte ich herausgreifen: die Polis und die Verfassung des helle nistischen Staates. Die Städte Städte41 übten in zwiefacher Hinsicht Einfluß auf das Judentum aus: zum einen als Heimatboden für Diaspora-Gemeinden, zum ande ren als „Fremdkörper" im Umkreis Judäas. Palästina bedurfte nämlich als eine Grenzregion zwischen dem „Nordreich" und dem „Südreich" des besonderen militärischen Schutzes, so daß es zu zahlreichen helle nistischen Stadtgiründungen kam.42 Die Ordnung der Juden war schon von dieser Nähe zu Griechen, Makedonen und anderen Fremden her höchsten Belastungen ausgesetzt. Wenn ein Grieche wie Zenon, der schon erwähnte und von vielen Papyri her bekannte ptolemäische Be-
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amte auf Reisen in Palästina, um die Mitte des 3. Jahrhunderts Jeru salem besuchte,43 mochte ihm wohl noch die (zu diesem Zeitpunkt unter ptolemäischer Verwaltung befindliche) Tempelstadt rückständig und provinziell erscheinen.44 Aber unter der Oberfläche brodelte es schon merklich. Da waren auf der einen Seite diejenigen, die von der neuen und weltoffenen hellenistischen Lebensweise angezogen waren und von ihr profitieren wollten; mit ihnen konnte Zenon verhandeln und Geschäfte machen, denn er wußte, daß sie schon leidlich Grie chisch gelernt und sich Grundkenntnisse hellenistischen Umgangs an geeignet hatten.45 Die andere Gruppe in Jerusalem, die nicht von einer Kooperation mit den Herrschenden profitieren konnte und infolgedes sen eher an den traditionellen jüdischen Gesetzen festhalten wollte, beobachtete diese Vorgänge mit größtem Mißtrauen. Die Fremdherr schaft produzierte also soziale Spannungen - Spannungen zwischen den vom System der Steuerpacht und der Mitarbeit profitierenden ge sellschaftlichen Gruppen und der großen Gruppe der Nichtprivile gierten.46 Indes, über diese rollte der Prozeß der Hellenisierung (heute würden wir sagen: Globalisierung) hinweg,47 und 80 Jahre später hörte man den Ruf nach größerer internationaler Ausrichtung jüdischer Po litik schon viel lauter,48 ja man forderte und erreichte sogar den PolisStatus für Jerusalem, um so in den Genuß der zahlreichen materiellen und ideellen Vorteile einer Polis zu kommen.49 Antiochos IV mochte sich bei seinem ersten Besuch in Jerusalem, wohl 172 v. Chr., fast wie zu Hause gefühlt haben, denn ihm wurde ein pompöser Empfang mit Fackelschein und Beifallbekundungen ausgerichtet.50 Die neue Aus richtung der Stadt Jerusalem wurde dadurch weithin sichtbar - und die Religion hatte ihre politische Bedeutung verloren. Die Diaspora war noch stärkerem Druck ausgesetzt.51 Die PolisInstitutionen wie Rat, Volksversammlung, Behörden, Agora, Gymna sium, Tempel, Theater bestimmten das Leben jeder Stadt; wer an ih nen teilnehmen konnte, war wohlgelitten, wer nicht, ausgeschlossen. Und die Städte selbst bemühten sich im Rahmen des Möglichen um die Integration von Nichtbürgern. Ein gewisser Moschion aus Priene zum Beispiel machte sich nicht nur um die Mitbürger der Stadt durch seine Großzügigkeit verdient, sondern lud auch die Paröken, Fremden und weitere Nichtbürger zu großen Festen ein. Man opferte und betete vorher natürlich dem Zeus Olympios, der Hera und Athena Polias. Aus Dankbarkeit schlössen sich diese Nichtbürger-Gruppen gern den Ehrenbezeugungen der Stadt solchen Wohltätern wie Moschion ge genüber an.52 Ähnliches gilt für einen gewissen Herodes, der Bürger,
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Beiwohner (mit Kindern) und Fremde in sein eigenes Haus geladen hatte, nachdem alle zusammen vorher seinen Opferhandlungen für die Götter beigewohnt hatten.53 Auch die Teilnahme von Nichtbürgern an städtischen Veranstaltungen im Gymnasium, an kultischen Festen oder an den Spielen war gern gesehen und wurde honoriert. Solche Veranstaltungen waren ähnlich wie inschriftliche, öffentlich ausge stellte Beschlüsse von Rat und Volk einer Stadt ein gutes Forum, die Einheit der ganzen Stadt und all ihrer Bewohner nach außen zu prä sentieren. Auch Juden sollten zu dieser Harmonie beitragen. Wohl oder übel mußten sich zum Beispiel die Juden Jerusalems, wenn sie denn als Polis gelten wollten, an den tyrischen Kampfspielen mit ihrer Präsenz (mittels einer Gesandtschaft, den Secopot), mit Opfern und mit Geld beteiligen.54 Selbstverständlich wurde erwartet, daß auch Nichtbürger (Paröken, Metöken, Fremde, Freigelassene, Sklaven) an Eh rungen für Beamte des hellenistischen Staates und erst recht für den König mitwirkten.55 Das dokumentarische Quellenmaterial zum jüdischen Leben in der Diaspora zeigt nun, daß Juden durchaus am gesellschaftlichen Leben der Polis partizipieren wollten: Sie sprachen griechisch, schauten sich heidnische Spiel- und Festveranstaltungen an,56 heirateten NichtJuden, übernahmen griechische Umgangsformen,57 unterwarfen sich griechi schen Gerichten.58 Vielen Forschern ist dies Beweis genug, daß Juden in die hellenistische Welt ihrer Religion zum Trotz integriert waren. Sie übersehen dabei, daß diese Assimilation nicht Apostasie bedeutete und daher nur beschränkt möglich war. Das „den Gesetzen untreu werden" (O-ÜK Epniveiv Toiq rcaxpioiq vo^oiq) ist nur ausnahms weise überliefert.59 Was die Thora nicht ausdrücklich verbot, wurde gemacht (Wettkämpfe, Gymnasium), was explizit verboten war, wurde vermieden.60 In jedem Fall waren die Grenzen fließend und jü disches Leben in einer Polis nicht unproblematisch. Die jüdische Mit arbeit in den Polis-Institutionen, die sich über Opfer, kultische Mahl zeiten und Feste, Götterbefragungen definierte, war deshalb zweifellos begrenzt, denn sie war nicht möglich ohne gravierende Gesetzesüber tretungen.61 Juden bildeten in der Regel eigene Politeumata, politische Gemeinden, in ihren Poleis, deren Status im Gesamtgefüge der Polis im Verlaufe der hellenistischen und auch in römischer Zeit immer in tensiver diskutiert wurde.62 In manchen Städten forderten Juden die Gleichstellung mit den Polis-Bürgern,63 aber die Griechen wiesen die sen jüdischen Wunsch zurück: Wer nicht die Gesetze der Polis befol gen wolle, so meinten sie, könne nicht Polis-Bürger werden und damit
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auch niemals gleichberechtigt mit den Politen sein.64 Der griechische Haß gegen die nur bedingt hellenisierbaren Juden wurde immer stär ker und nahm in Städten wie Alexandria Ausmaße an, die bis in die Nähe rassistischer Tiraden reichen.65 Der Riß ging aber auch mitten durch die jüdische Gemeinde selbst. Jerusalem konnte in diese Kon flikte kaum vermittelnd eingreifen, zumal es von vielen DiasporaGemeinden durch staatliche Grenzen getrennt war - auch dies ein we sentlicher Unterschied zur persischen Zeit, in der Kontakte zwischen Eretz Israel und der Diaspora problemlos waren und auch von der Staatsflihrung gefördert wurden.66 Jerusalem war unter hellenistischen Verhältnissen nur noch Kult-, nicht mehr politisches Zentrum für das Judentum, und so mußte zwangsläufig seine Distanz zu den DiasporaGemeinden wachsen. Damit erhöhte sich aber gleichzeitig auch der Hellenisierungsdruck auf die Diaspora-Gemeinden.67 All diese Konflikte trübten auch das Verhältnis der jüdischen Ge meinden zum jeweiligen König.68 Dieser erwartete von den Juden ähnliche Ehrungen wie von den anderen Polis-Gruppen, aber Juden konnten den König ohne allzu große Verletzung ihrer Religion nur begrenzt ehren. Josephus fühlte sich bemüßigt, in seiner Erwiderung auf Apions Denunzierung des Judentums ausführlich klarzustellen, daß auch Juden die Herrscher ehrten, aber eben nach ihren Möglich keiten.69 Auch Tacitus hob die traditionelle Schwierigkeit der Juden, den Herrscher angemessen zu ehren, als Hindernis für ein gutes rö misch-jüdisches Verhältnis hervor: non regibus haec adulatio, non Caesaribus honor („nicht Königen geben sie diese Schmeichelei, nicht den Kaisern diese Ehrerbietung").70 So kann man festhalten, daß in der hellenistischen Epoche zwar die Annäherung der Juden an ihre Umgebung in den Städten gegen über der persischen Zeit wuchs, aber sie bedeutete nicht Apostasie. Das heißt, die Sonderstellung der Juden blieb, verstärkte sich sogar angesichts einer „global" agierenden Umgebung und provozierte ge rade deshalb Konflikte - in den eigenen Reihen wie mit den Frem den.71
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Die Verfassung ;
Neben der Polis kommt auch der Verfassung hellenistischer Staa ten ein hohes Maß an Bedeutung für die Entwicklung des jüdischen Verhältnisses zu der hellenisierten Umwelt zu. Zu diesem themati schen Schwerpunkt gibt es jetzt eine hervorragende Arbeit von John Ma über das Seleukidenreich, die wesentliche Urteile der modernen Hellenismus-Forschung in Frage stellt. So sieht er das Seleukidenreich nicht primär als eine lose Form von Herrschaft, sondern als „an active, attentive administration endowed with strong capacities for control and involvement".72 Die zentrale Verfassungseinrichtung war das Kö nigtum.73 Ihren großen Einfluss auf das Judentum beweist allein schon die Tatsache, daß Ideal, Aufgaben, Stabilität, Wechselfälle, Verfeh lungen und religiöse Ausrichtung der Monarchie in jüdischen Schrif ten vielfaltig behandelt worden sind.74 Flavius Josephus erzählt in den Jüdischen Altertümern von den Differenzen zwischen dem jüdischen Hohepriester Önias und dem König Ptolemaios im 3. Jahrhundert v. Chr. Onias war mit den Tributzahlungen ins Hintertreffen geraten, worauf ihm der König drohen ließ, wenn er nicht pünktlich zahle, lasse er Jerusalem neu besiedeln.75 Das kam einem Autonomieentzug gleich. Der König, soviel können wir dieser Episode entnehmen, konnte also seinen Untertanen ungeachtet bisher gewährter Rechte seine Gunst entziehen, wenn in seinen Augen das Verhältnis von Lei stung und Gegenleistung nicht mehr stimmte.76 So dachte auch Antiochos IV 100 Jahre später. Der „personal-victoriale" Charakter (Gehrke) des hellenistischen Königtums - d. h. der ständige Druck, Erfolg zu haben - übte demnach massiven Druck auf die Juden im hellenistischen Staat aus. Denn die Beachtung bisher gültiger Rechte trat durchaus hinter dem dringlichen Erfolgsinteresse des Königs zu rück - wie das Beispiel des Antiochos IV lehrt. Erfolg und Charisma dieses Königs hatten ja in den frühen 60er Jahren erhebliche Risse in folge der Demütigungen durch Rom bekommen.77 Es änderte sich also mit dem neuen Königtum - sei es nun ptolemäisch, sei es seleukidisch - sehr viel. Vor kurzem hat Heinz Heinen für das ptolemäische Ägypten die „enge Verknüpfung des Königkultes mit dem Gottesdienst der ägyptischen Tempel" herausgearbeitet:78 Ein Beamter des Königs, der Pergamener Herodes, hatte verschiedene mi litärische Positionen im südlichen Ägypten inne und war gleichzeitig Prophet des Chnubis (= Ammon) (rcpocpfjTTn; xofi Xvo-üßecoq) und Oberankleidepriester (apxioxo?tiGTf|<;) ägyptischer Tempel in Ele-
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phantine und anderswo (unter Ptolemaios VI). In Ägypten ließ sich „Staat" und „Kirche" in hellenistischer Deutung verknüpfen, in Judäa gewiß nicht, wie schon das 3. Makkabäerbuch mit der ansonsten le gendär ausgestalteten Geschichte vom fehlgeschlagenen Besuch des Königs Ptolemaios IV im Jerusalemer Tempel nach der Schlacht von Raphia 217 v. Chr. zeigt.79 Und auch in Babylon hatte der Wechsel von der achämenidischen zur seleukidischen Dynastie Konsequenzen. Die Astronomischen Tagebücher?0 jüngst auf diese Frage hin unter sucht,81 belegen, zumal für Antiochos IV, zunehmend Eingriffe in den dortigen Kult und die lokale Administration, die sich in der Ablösung des höchsten Tempelbeamten durch den seleukidischen König zeig ten.82 Daß es darüber hinaus auch „dunkle" Seiten bei der Monarchie gab, die zu dem hellen multikulturellen Charakter des Hellenismus so gar nicht passen wollen, sei hier nur am Rande vermerkt. Nicht nur einmal bedienten sich (insbesondere seleukidische) Könige bei Tem pelschätzen, und das auch recht gewaltsam. Das taten sie natürlich nicht, ohne ihre guten Gründe zu haben, wie etwa die hohen Kriegs kontributionen an die Römer oder, weil sie aufwendige Kriege führen mußten. Aber es waren Eingriffe, die, zusammengefaßt mit anderen Aspekten, den eigentümlichen Charakter der hellenistischen Monar chie ausmachen.83 Hellenistisches Königtum war offensichtlich doch für die Untertanen strukturell anders als persisches Königtum.84 Selbstverständlich gab es für Juden auch, und hier komme ich zum letzten Punkt dieser Untersuchung, Möglichkeiten zur Mitarbeit im hellenistischen Staat. Beide Seiten wollten sie auch. Berühmt ist der auf Papyrus erhaltene Brief des im Ostjordanland wohnenden jüdi schen Tobias an den ptolemäischen Verwalter (8ioiKT|xf](;) Apollonios, datiert vom 12. Mai 257 v. Chr.: „Tobias grüßt Apollonios", heißt es darin, und weiter: „wenn Du und all Deine Angelegenheiten wohlauf sind und Dir alles übrige wie gewünscht vonstatten geht, dann vielen Dank den Göttern".85 Wie selbstverständlich unterschrieb Tobias diese gebräuchliche Brief-Formel und bot noch dazu Apollo nios vier Sklaven an, davon zwei Beschnittene (7tepiT£TUT||jivoi); es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Juden waren.86 Unter diesen Voraussetzungen waren natürlich jüdische Karrieren möglich, wie sie der Sohn dieses Tobias, Joseph, in ptolemäischen Diensten auch machte.87 Auch am Hof des Königs konnten Juden hohe Positionen beklei den. So waren Chelkias und Ananias, die Söhne Onias IV, hochran gige Generäle Kleopatras III (116-101 v. Chr.), als die Königin im
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Thronstreit mit ihrem Sohn Ptolemaios IX Lathyros Soter II lag, und in dieser Position konnten sie das damals unter Alexander Jannaios unabhängige Jerusalem vor ptolemäischen Eroberungsabsichten be wahren.88 Wenn Juden also „gebraucht" wurden - und das wurden sie zumal in Ägypten mit seiner besonderen Bevölkerungsstruktur oft89 -, korinten sie im Rahmen ihrer jeweiligen Position auch etwas für ihre Glaubensgenossen tun.90 Auch als Söldner und Kolonisten waren Ju den geschätzt, weil sie aufgrund ihrer religiösen Grundsätze als zu verlässig und treu galten. Ptolemäer und Seleukiden setzten zum Bei spiel auf jüdische Siedler in unruhigen Regionen ihres Herrschaftsge bietes.91 Berühmt, wenn auch seit kurzem wieder in seiner Historizität nicht unumstritten, ist der Brief des Antiochos III an seinen Strategen Zeuxis über die Umsiedlung von 2000 Juden aus Babylonien und Mesopotamien nach Kleinasien (Lydien/Phrygien).92 Der König be gründete diese Maßnahme mit der Eusebie der Juden, die auch Garant iKrer politischen Treue sei.93 Diese Zusammenarbeit funktionierte auch, soweit wir wissen, problemlos, zumal sie freiwillig war und Soldaten, die sich als Söldner verdingen, normalerweise nicht als reli giöse Puristen in Erscheinung treten. Trotzdem gab es Spannungsfel der, die sich aus dem unterschiedlichen kulturellen Hintergrund jüdi scher und griechischer Soldaten ergaben. Es wird glaubhaft berichtet, daß sich Juden, wenn sie in gemischten Einheiten dienten, lustig machten über den griechischen Aberglauben, wie zum Beispiel die Vogelflugbetrachtung, und viele Griechen die jüdische Mißachtung ihrer Götter gewiß nicht leicht nahmen.94 Auch auf solche Erschei nungen mag die schon erwähnte Klage Apions zurückzuführen sein, daß Juden nicht dieselben Götter wie die Griechen verehrten und des halb auch nicht integriert werden könnten.95 Die Kooperation der Juden mit dem hellenistischen Staat stellte freilich deren religiöse und soziale Geschlossenheit auf die Probe. Denn es profitierten von ihr nicht alle, und alle die, die ausgeschlossen waren und unter ständig wachsendem Abgabedruck litten, verbreiteten Pessimismus96 oder betonten die Liebe zu Gott und die Gesetzestreue in ihrer Klage über die Entfernung vieler Juden von den väterlichen Gesetzen.97 Auf dem Höhepunkt der Hellenisierungswelle in Jerusa lem schlössen sich die Unzufriedenen zu einer Gegen-Partei zusam men, den Chasidim. Sie fühlten sich den unter Nehemia und Esra ge schaffenen Grundlagen jüdischen Lebens nach dem „Buch des Geset zes" verpflichtet und forderten eine strenge Beobachtung religionsge setzlicher Vorschriften.98 Diese recht zahlreichen Frommen wußten
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genau wie der Autor des 2. Makkabäerbuches um die Grenzen eines Zusammenwirkens von Hellenismus und Judaismus." Weitere Grup penbildungen, auf die hier nicht einzugehen ist, folgten etwas später (Pharisäer, Sadduzäer, Essener).100 Sie erschienen ihrer Umwelt um so mehr als andersartig, gemeinschaftsfeindlich, nicht integrationsfähig und es stieg der Antisemitismus um diese Zeit, Mitte des 2. Jahrhun derts, auf neue Höhen.101 Manchem König wurde seitens seiner Freunde empfohlen, den angeblichen jüdischen Ungehorsam gegen seine Gesetze nicht länger hinzunehmen, also: die Religion zu verbie ten oder, noch radikaler, die Juden auszurotten.102 Und diese „Freunde" mochten wohl ihrerseits über „Freunde" in den Poleis ihre Informationen erhalten, mit der Bitte, sie an den König weiterzuleiten. Unterhalb der aktiven Mitarbeit konnten, wie gesehen, Juden durch Ehren- und Dankbarkeitsbezeugungen dem Staat gegenüber ihre unbedingte Loyalität bekunden.103 Zahlreiche erhaltene Ehrenin schriften für hellenistische Könige aus allen Regionen ihrer Reiche zeigen uns, was diese von ihren Untertanen als Gegenleistung für er wiesene Wohltaten finanzieller oder politischer Art erwarteten. Denn sie gaben auch viel: Getreide, Stiftungen für Tempel oder Personal für Kulte.104 Dankbar sollten sich alle dafür erweisen, beten und opfern, kultische Feste zu Ehren des Wohltäters feiern, der göttlichen Sphäre des Königs huldigen - davon künden die Ehreninschriften, die an zentralen Plätzen des jeweiligen Gemeinwesens, für jedermann augen fällig, aufgestellt werden sollten. Sie galten als untrügliche Loyalitäts beweise, gleichsam das sichtbare Minimum an Mitarbeit im hellenisti schen Staat. Doch jüdischen Gemeinden waren hier Grenzen gesetzt; sie konnten sich auch, wie schon erwähnt, den üblichen Dankesfeier lichkeiten und Beschlüssen darüber nicht anschließen. Sie ehrten die Könige nach ihren Möglichkeiten und auch mit Dankesinschriften an Synagogen105 - aber sie blieben Außenseiter, wurden es wegen ihrer nur angefangenen, nicht vollständigen Eingliederung sogar noch mehr, nährten dadurch allerorten Zweifel an ihrer „Verfassungstreue", machten sich deshalb unbeliebt und mußten hinnehmen, daß die Kö nige, seleukidische wie ptolemäische, in Krisenzeiten an ihnen ihre Durchsetzungsfähigkeit vor aller Augen demonstrieren, gleichsam eine Exempel statuieren wollten. Wie verlockend mußte es Antiochos IV zum Beispiel erscheinen, über die kultische Verehrung des eigenen höchsten Gottes Zeus Olympios die Einheit des Reiches zu erzwingen und so über die eigene Schwäche hinwegzutäuschen.106 Für die mei sten seiner Untertanen war das gewiß kein Problem, aber die Juden,
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selbst die gemäßigt hellenisierten, fühlten sich zur Selbstverleugnung gezwungen. Es bleibt nur noch ein Fazit zu ziehen. Die eingangs dieses Kapi tels gestellte Frage war: Was bedeutete die Eroberung des persischen Reiches durch Alexander den Großen für die Juden und für ihre Reli gion, die ein so einzigartiges politisches Gesicht unter den Persern be kommen hatte? Im Achämenidenreich hatten die Juden ihren festen Platz gehabt. Aus der babylonischen Diaspora nach Jerusalem zurück gekehrt, durften sie ihren von Nebukadnezar zerstörten Tempel wie deraufbauen und nur wenig später sich eine explizit auf die Existenz im Perserreich hin ausgerichtete Ordnung geben. Die religiöse Aus richtung dieser Ordnung verband jüdische Selbstbestimmung mit Herrschaftsinteressen der Vormacht. Von ihr gab es kein Zurück, we der nach persischer, noch nach jüdischer Auffassung: Sie war menschlicher Disposition entzogen. So mußte es auch bleiben, als die Makedonen die Perser ersetzten. Doch für die neuen Herren hatte die Religion der Juden überhaupt keine Ordnungsfunktion mehr, sie wurde lediglich noch großzügig gewährt. So sagte Antiochos III in dem eingangs zitierten Brief: Weil ihr mir gegenüber loyal wart, er laube ich euch, nach Vätersitte zu leben. Das heißt auch: Wenn ihr euch dieser Wohltat nicht angemessen dankbar erweist, kann ich sie zurücknehmen - so wie es sein Sohn Antiochos IV ganz konkret tat. Die Unbeständigkeit, die einem solchen System allgemein innewohnt und im besonderen für die hellenistische Staatenwelt kennzeichnend ist,107 kontrastierte aufs Schärfste mit einem Gemeinwesen, dessen Fundament religiös und damit dauerhaft, ja auf ewig festgelegt war. Die jüdische Stellung war folglich in höchstem Maße prekär und hing von der vielbeschworenen hellenistischen Toleranz ab - schon per se ein wackliges Fundament für Beziehungen zwischen Staatsführung und Untertanen. Wenn man es genau nimmt, gab es aber überhaupt keine wirkliche Toleranz -jedenfalls nicht im eigentlichen Sinne.108 Denn hellenistische Toleranz in Religionsangelegenheiten wurde of fenkundig nur dem Gleichartigen, nicht dem völlig Andersgearteten zuteil. Und der jüdische Monotheismus war nicht nur inhaltlich völlig anders als der hellenistische Polytheismus, er war vor allem in beson derer Weise politisch und gewiß nicht in den hellenistischen Götter himmel integrierbar. Deshalb war natürlich die Lage der Juden, auch in den Diaspora-Gemeinden, prekär. Denn als die Religion ihre politi sche Funktion im Staate verloren hatte, hing der Status der Juden überall, sofern sie nicht abtrünnig werden wollten, vom Wohlwollen,
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von der Euergesie des hellenistischen Staates - König oder Polis - ab. Viele (aber keineswegs alle) Juden waren bereit und willens, mitzuar beiten; allein, die Vorgeschichte des Makkabäeraufstandes zeigt, daß der Strudel der Hellenisierung den meisten Juden zu kräftig wurde und eine Gegenbewegung ins Leben rief. Was folgte, war ein erfolgreicher Befreiungskampf der Juden gegen die hellenistische Umklammerung. Der Makkabäeraufstand gab dem Judentum ein neues Aussehen, das die Lehren der Geschichte beherzigte. Und doch: Auch der neue reli giös ausgerichtete hasmonäische Staat konnte sich nicht dem allge genwärtigen Einfluß einer hellenisierten Umwelt entziehen und wurde selbst ein hellenistisch geführtes Gemeinwesen - mit der Folge einer weiteren Spaltung der Gesellschaft.109 Nur kurz währte der Rückgriff der Königin Salome Alexandra (76-67 v. Chr., Ehefrau von Alexander Jannaios), auf den makkabäischen Ursprung, insbesondere die Verfas sung Simons.110 Nach ihrem Tod stritten sich ihre Söhne, Hyrkan II und Aristobul II, in gewohnter hellenistischer Manier um den Thron und bahnten damit Rom den Weg. In der Diaspora ließ der Druck gleichfalls nicht nach. Den Höhepunkt der Spannungen zwischen Ju den, Staat und Umwelt indes, begleitet von Pogromen, Opferbefehlen, Jagd auf Juden, innerjüdischen Angriffen auf die „Befleckten" bis hin zu Ansätzen von Ghettoisierung, Kennzeichnungspflicht und rassi schen Elementen der Judenfeindschaft, diesen Höhepunkt treffen wir erst später in römischer Zeit an. Aber Rom war für die jüdische Reli gion und deren Ausrichtung ohnehin noch gefährlicher als die helleni stischen Staaten es je waren. Eins war jedoch schon jetzt deutlich geworden: Nicht daß die Ju den eine andere Religion oder Kultur hatten, behinderte ihre Integra tion in den hellenistischen Staat. Es waren vielmehr die politischen Konsequenzen dieser Religion, ein auf dieser Religion fußender Au tonomieanspruch, der sich mit dem politischen Hellenismus nicht vertragen konnte.
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„ Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen": Die Römische Republik als Weltmacht1
1. Die außenpolitische Entwicklung Die jüdische Religion stellte von den Zeiten Hiskijas an den Drehund Angelpunkt der politischen Eigenständigkeit gegenüber den Herr schaftsansprüchen äußerer Mächte dar. Ihre Fundamente wie die Zen tralisierung des monotheistischen Kultes in Jerusalem in der Zeit des Zweiten Tempels waren während der Perserherrschaft gelegt worden und ermöglichten in nahezu idealer Weise eine quasi-autonome Exi stenz der jüdischen Gemeinschaft - nicht nur in Judaea, sondern auch in den Diaspora-Gemeinden Babyloniens und Ägyptens. Die politi schen Strukturen der hellenistischen Reiche jedoch, die die Nachfolge der Perser anträten, waren, wie im vorigen Kapitel gezeigt wurde, an dere, und so verlor auch die Religion ihre besondere politische Funk tion, die beherrschten Juden mit den griechischen Herren zu verbin den. Vom 2. Jahrhundert an überlagerte allmählich das römische Impe rium die hellenistische Staatenwelt, bis 31 v. Chr. auch das letzte Nach-Alexander-Reich, das ptolemäische, von Rom besetzt wurde. Erste Verbindungen zwischen Juden und Rom wurden 164 v. Chr. aufgenommen, also in einer Zeit der größtmöglichen Desillusionierung auf jüdischer Seite, was die Möglichkeit betraf, als Juden unter einem hellenistischen Herrscher politische Eigenständigkeit bewahren zu können. Erhofften die Juden aktive Hilfe von Seiten der Römer, und wenn ja, hatten diese Hoffnungen eine reale Grundlage? Wäre eine römische Herrschaft, sei sie nun direkt oder indirekt, für die jüdi schen Autonomievorstellungen günstiger gewesen? Wir wissen, daß Rom erst 63 v. Chr. indirekt, seit 6 n. Chr. dann direkt Herrschaft über Judaea ausgeübt hat, und weiterhin wissen wir, daß beide Formen ge scheitert sind, jedenfalls gemessen an einem von beiderseitigem Ein-
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vernehmen geprägten Verhältnis. Gibt es für diese Entwicklung Erklä rungen, die in der verfassten Ordnung beider Staaten zu finden sind, oder müssen wir auf „widrige Umstände" oder fehlerhaftes Verhalten der zuständigen Personen als Erklärung zurückgreifen? Die Verfassung In dem weiter unten besprochenen makkabäischcn Urteil über die Römer steht der Satz: Kai ev rcäaiv xovxou; O\)K erceSevxo ocoxcov otiöe eiq 5id8rma, o\)5ercepießaA,ovxoKopcp'opav aiaxe 6c5p\)v0fjvai ev cu)Tfj („Und bei all dem setzte sich nicht einer ein Diadem auf und umgab sich mit Purpur, um darin zu prunken").2 In dieser Formulie rung bündeln sich die jüdischen Hoffnungen auf Rom. Allein die Tat sache einer nicht-monarchischen Verfassung erschien den Juden vor teilhaft - was nicht verwundert nach den Erfahrungen mit (hellenisti schen) Monarchien. Auf die jüdischen Erwartungen an den römischen Staat müssen wir noch genauer zu sprechen kommen. Aber bereits jetzt ist auf den grundlegenden konstitutionellen Unterschied des rö mischen und des hellenistischen Staates zu verweisen, einen Unter schied, der sich natürlich auch auf die Integration der Untertanen aus wirken mußte - die Frage ging nur nach dem Wie. Rom war eine stadtstaatliche Republik, deren institutionelle Fundamente Senat, Volksversammlung und Beamte waren. Sie war aus dem Sturz des Königtums hervorgegangen und hat ihren antimonarchischen Charak ter auch nie verloren.3 Darin lag für viele, nicht nur für die Juden, die Attraktivität Roms. An einem monarchischen Regiment, so wie es viele Regionen in der östlichen Mittelmeerwelt seit der Diadochenzeit zur Genüge kennengelernt hatten, mochten unzufriedene Untertanen die Unsicherheit, die sich zumindest bei Herrscherwechseln, darüber hinaus oft in Krisenzeiten ergaben, kritisieren; sie bekamen das Ge fühl einer völligen Abhängigkeit von einer Einzelperson,4 deren Be gehrlichkeiten ständig neu befriedigt werden mußten, um eigene Sta tusansprüche durchsetzen zu können. Roms Verfassung dagegen er weckte verbreitet den Eindruck, von diesen Nachteilen frei zu sein. Im makkabäischen Urteil über die Römer ist vom Senat die Rede als einer Körperschaft, in der erstens 320 Männer (!), zweitens täglich (KOCG' f||xepav), drittens umfassend nach allen Seiten hin (5iöcrcocvxöq)und viertens, um das Volk gut zu regieren (rcepi xov icA/ndoix; XOX> e\)KOG|ieTv cctixow;), berieten.5 Eine solche Darstellung erscheint in jedem Detail als das Gegenstück einer monarchischen Verfassung:
Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen 61 i Zuverlässiger, weniger personen-abhängig, kontinuierlicher, stärker auf das Wohl der Untertanen bedacht - so sahen die Juden des 2. Jahrhunderts v. Chr. Roms Glanz auf dem dunklen Hintergrund der hellenistischen Monarchie.6 Man hat unwillkürlich das Bild eines ge ordneten Rechtsstaates vor Augen, was durchaus nicht falsch war, doch wir werden sehen, daß paradoxerweise gerade dieser dem jüdi schen Anspruch auf Autonomie entgegenstand. Der Makkabäer-Text mit dem Urteil über die Römer (das im nächsten Kapitel eingehender zu behandeln ist) berührt das Kernproblem der jüdisch-römischen Be ziehungen. Die Rechtmäßigkeit der jüdischen Einschätzung römischer Politik und der Erwartungen, die jüdischerseits an Rom vor der Inte gration in das Römische Reich geknüpft wurden, mußte sich schließ lich erst noch erweisen. Daß Juden und Römer in einem Widerspruch verfangen waren, lehrt der Gang der Geschichte. Um diesen Wider spruch geht es im folgenden. Der Zusammenhang zwischen der römischen Verfassungsent wicklung und der außenpolitischen Expansion seit den Ständekämpfen ist seit langem bekannt. Bezogen auf das im Entstehen begriffene Im perium Romanum mußte Rom überhaupt erst eine Herrschaftsform entwickeln, die einem stadtstaatlichen System angemessen war. Wie wir heute wissen, gelang es nur unvollkommen, diese Aufgabe zu lö sen; im Grunde wußten das auch schon die Römer selbst.7 Der Prinzi pat löste das Problem, setzte dabei jedoch nach eigenem Selbstver ständnis republikanische Traditionen nicht nur fort, sondern intensi vierte sie sogar. Wenn wir also nach den Gründen für das Scheitern der Provinzialisierung Judaeas im frühen Prinzipat fragen, müssen wir von der Republik und ihrer Ordnung ausgehen. Dabei stehen vier Themenbereiche zur Diskussion: 1. die Verfassungsentwicklung im Inneren, 2. das außenpolitische Konzept, 3. die Reichspolitik, 4. das Verhältnis zu Bundesgenossen und Provinzialen. Mit der lex Hortensia von 287 v. Chr. stand der institutionelle Rahmen der römischen Verfassung. Seit J. Bleickens wichtigem Buch über die lex publice? ist jedoch die verfassungspolitisch herausragende Rolle des mos maiorum - mit „Sitte der Vorfahren" völlig unzurei chend wiedergegeben - erkannt worden. Dieser Begriff bedeutet ein auf Tradition beruhendes Geflecht von Regeln und Grundsätzen im öffentlichen und privaten Umgang der Menschen miteinander, die nicht durch positive Rechtssatzungen schriftlich niedergelegt sind. Diese mores unterlagen natürlich einem Wandlungsprozeß. Erst in Krisenzeiten pflegen sie reflektiert und alsbald normiert zu werden.
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Seit dem Beginn des 2. Jahrhunderts geschah dies in Rom, weil es von inneren Krisen geschüttelt wurde.9 Die wichtigste Quelle für die den mos und damit die Verfassung verändernden Einflüsse war der au ßenpolitische Erfolg selbst. Innerhalb weniger Jahrzehnte - im beson deren wirkmächtig war der Zeitraum von 205 bis 146 v. Chr. - war Rom, gerade noch infolge Hannibals Aufenthalt in Italien von einer schlimmen Existenzkrise heimgesucht, zur alleinigen Weltmacht ge wachsen. Das Leben der Menschen in Rom und demzufolge auch die Verfassung waren nun vielfältigen Einflüssen ausgesetzt, materieller, geistiger, politischer Natur. Das Selbstbewußtsein und damit gepaart ein Überlegenheitsgefühl, insbesondere innerhalb der politischen Füh rungsschicht, der Nobilität, stieg ins Unermeßliche; der Senat, das In strument dieser Schicht, wurde als zentrales Verfassungsorgan unan greifbar. Die römischen Feldherren und Beamten traten zuweilen kö nigsgleich in den besiegten Regionen auf; sie bekamen immer grö ßere, vom Senat zunächst aber noch kontrollierbare Machtmittel in die Hände - und mußten sie auch zur Bewältigung der Aufgaben bekom men. Römische Beamten mußten mehr Aufgaben übernehmen,10 und gleichzeitig mußten mehr Beamtenstellen geschaffen werden. Beides wirkte sich auf die Verfassung aus, denn deren Fundament waren diese mores, und die Beachtung dieser mores gründete wiederum auf Übersichtlichkeit und Kontrolle. Auf die römische Ordnung wirkten zugleich in vielfältiger Weise griechische Einflüsse.11 Das alles be deutete, daß die römischen mores und demzufolge auch die römische Verfassung sich veränderten und in eine Krise kamen, welche ihrer seits wiederum auf die Außen- und Reichspolitik zurückwirkte. Das signifikanteste Beispiel dafür hat uns Sallust, der bedeutendste lateinische Historiker der römischen Republik, überliefert: den Krieg der Römer in Nordafrika gegen den Numiderfürsten Jugurtha am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. Tunc primum superbiae nobilitatis obvium itum est („Damals trat man zum ersten Mal dem Hochmut der Nobili tät entgegen."), schreibt Sallust in einer berühmt gewordenen Formu lierung über die innenpolitische Bedeutung dieses Krieges. Es geht dabei um durch die römische Verfassung bedingte Mißstände im Reich. Für unsere Themenstellung interessant ist dieser Fall auch des halb, weil Judaea durchaus schon im 2. Jahrhundert v. Chr. unter rö mischen Einfluß hätte geraten können - dann nämlich, wenn Rom nach dem makedonischen auch den Seleukidenstaat beseitigt hätte und dann als abhängiger Staat (so wie es nach 63 v. Chr. auch kam) die römische Oberhoheit hätte anerkennen müssen. Im Krieg gegen
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Jugurtha ging es um (typische?) Auseinandersetzungen in einem sol chen römischen „Klientelstaat", der seit dem 2. Punischen Krieg westlich von Karthago eingerichtet worden war. Für die Römer bralchte diese Einrichtung lange Zeit nur Vorteile: Sie brauchten keine eigene Verwaltung einzurichten, hatten aber gleichzeitig den Fürsten der erste hieß Massinissa, von Scipio sogar zum rex ernannt - 12 in ein Klientelverhältnis eingebunden und damit unter Kontrolle. Wie es der Struktur eines solchen Verhältnisses entsprach, sicherten die Römer als Patrone dem Fürsten Schutz vor inneren und äußeren Krisen zu, während der Fürst als Klient loyal zu Rom stand und römische Auf träge sogleich zu erfüllen bestrebt war.13 Rom hatte auch ein wichtiges Wort bei Nachfolgeregelungen seiner Klientelfiirsten mitzureden. Was die regionale Stabilität anging, war allerdings manchmal - wie auch in die3em Fall - das römische Mitspracherecht kontraproduktiv. So ge langte, als der König Micipsa 118 v. Chr. starb, die Herrschaft an seine zwei Söhne Adherbal und Hiempsal sowie (auf römisches An sinnen hin) seinen Adoptivsohn Jugurtha. Dabei erwies sich Jugurtha als Störenfried der Harmonie. Nachdem er den einen Bruder ermordet hatte, suchte der andere Hilfe bei seinem Patron. Doch Rom versagte in diesem Fall völlig. Jugurtha kannte viele nobiles persönlich14 und wußte also um die römischen mores. Bestechung und offene Gewalt auf Seiten Jugürthas sowie die Unfähigkeit der römischen Führungs schicht, eine adäquate Antwort auf dessen Methoden zu finden, zogen die an sich unbedeutende Affäre über Jahre hin; erst 105 v. Chr., mehr als 10 Jahre nach Micipsas Tod, konnte der römische Feldherr Marius, ein homo novus („Aufsteiger"), mit seinem militärischen Sieg über Jugurtha dem Spuk ein Ende bereiten. Was kann uns diese Episode über die jüdisch-römischen Bezie hungen mitteilen? Sallust hielt die Auseinandersetzung zwischen Rom und Jugurtha für symptomatisch für den von avaritia („Habgier") und superbia („Hochmut") geprägten Zustand der römischen Nobilität. Roms Ansehen in der Region schwand - nicht nur bei den als Ge schäftsleuten dort weilenden und darum ruhige Verhältnisse wün schenden römischen Bürgern, sondern darüber hinaus auch bei allen Verbündeten, die sich auf Roms wachsames Auge über ihr Schicksal, auf seine Präsenz und fides verließen. Aufmerksamen Zeitgenossen mochte nicht verborgen geblieben sein, daß zur Herrschaftssicherung generell höhere Investitionen und eine stärkere römische Präsenz nicht nur in Form von Soldaten, sondern auch von hohen Beamten erforderlich waren. Mit einer aristokratisch ausgerichteten republika-
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nischen Verfassung war daran freilich (noch) nicht zu denken. Tunc primum superbiae nobilitatis obviam itum est („Damals trat man zum ersten Mal dem Hochmut der Nobilität entgegen."), lautete die For mulierung Sallusts - er hätte mit gleichem Recht für superbia („Hochmut") inertia („Trägheit") setzen können und dann nur eine andere Meßlatte, die reichspolitische statt der innerrömischen, an den Konflikt gelegt. Die Republik erhob den Anspruch auf Herrschaft, war aber zunächst nicht in der Lage, ihn umzusetzen. Der Erfolg stellte sich erst dann ein, als das übliche republikanische Procedere außer Kraft gesetzt wurde und ein Einzelner der inertia entgegentrat. Au ßenstehende bemerkten vielleicht nur die lobenswerte Beseitigung ei nes verbrecherischen Unruhestifters, Jugurtha, durch die römische Schutzmacht; tatsächlich ergaben sich aber ganz neue Perspektiven römischer Herrschaft: Konflikte dieser Art ließen sich offensichtlich ohne weiteres verhindern, wenn die Vormacht präsent war, wenn sie ihre patronale Fürsorge ernst nahm, wenn sie auch personell für Kon tinuität in der Führung sorgte - oder anders, wenn die Autonomie der Untertanen dem Ziel einer Integration in das Reich nachgeordnet wurde. Dies war die Lehre aus dem Jugurtha-Konflikt, und dies war zweifellos auch die Perspektive des jüdischen Staates, der wenig spä ter dem Römischen Reich angegliedert wurde. Die Entwicklungen in Rom und dem Imperium waren auch für die jüdischen Diaspora-Gemeinden bedeutsam. Der Charakter der römi schen Herrschaft bestimmte das Leben in den Städten, die von Anfang an die Grundlage der römischen Verwaltung bildeten.15 An dieser Stelle seien nur einige grundsätzliche Überlegungen darüber ange stellt, welchen Einfluß die oben skizzierten Veränderungen der mores auf diese jüdische(n) Gemeinde(n) haben konnten. Betrachtet man das von den Römern favorisierte Patronatsverhältnis als Grundlage römi scher Herrschaft, ergaben sich für jüdische Gemeinden durchaus Risi ken, was ihre Eigenständigkeit betraf. Einerseits nämlich konnte sich aus religiösen Gründen die Beziehung zwischen römischem Patron und jüdischem Klient nicht in den traditionell üblichen Bahnen bewe gen; andererseits wäre eine Beziehung zwischen Juden und Römern, die von den üblichen Strukturen abgewichen wäre, durchaus geeignet gewesen, das Mißtrauen anderer Reichsuntertanen zu erregen. Auf diese Risiken werden wir noch zu sprechen kommen. Was speziell die jüdische Gemeinde in Rom betraf, so wirkten auf sie in besonderem Maße die zu Normen erhobenen mores. Diejenigen Kräfte der Nobili tät, denen die fremden Einflüsse, die infolge der Eroberungen nach
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Rqm gelangten, zuviel wurden, versuchten über gesetzliche Regelun gen und Edikte, die alten bäuerlich-strengen Sitten wieder ins Leben zu rufen. Das berühmteste Beispiel dafür ist das Vorgehen des römi schen Senates gegen den wie das Judentum aus dem östlichen Mittel meerraum stammenden Dionysoskult im Jahre 186 v. Chr.16 Man mochte es zur Erreichung dieses Ziels auch für nützlich gehalten ha ben, in Rom lebende oder wirkende Personen aus dem östlichen Raum, namentlich Philosophen und Juden, als Bedrohung der guten römischen Moral aus der Stadt zu verweisen. Darin schlug sich also kein spezifisch antijüdisches, eher schon ein anti-östliches, noch eher ein tiefes Gefühl von Unsicherheit über die aktuelle Entwicklung nie der, denn die rasante Ausbreitung des Imperiums hatte Rom gleichsam selbst überrollt. Diese Tatsache an sich wirkte auf das Verhältnis zwi schen Vormacht und Untertanen zurück. Die außenpolitische Entwicklung Die außenpolitische Entwicklung Roms seit der Mitte des 3. Jahr hunderts v. Chr. war in der Tat beeindruckend, und wenn man es nicht besser wüßte, würde man mit Polybios von einem vorgefaßten Plan der Römer zur Eroberung der Welt ausgehen.17 Sie hatte nicht nur eine Stoßrichtung, sondern war gleichsam kreisförmig angelegt: Roms Ex pansion ging in konzentrischen, über dem Mittelpunkt Italien ange legten Kreisen vonstatten - in gewisser Hinsicht also durchaus planlos und dann doch wieder mit erkennbarem Sinn. Italien war der Drehund Angelpunkt der Expansion; es war endgültig bereits mit dem Krieg gegen den epirotischen König Pyrrhus unter römische Kontrolle gelangt. Ein höchst komplexes und effektives Vertragssystem sicherte Roms Herrschaft in Italien,18 aber es verlangte auch, daß die Sicher heit der socii („Bundesgenossen") ein wesentlicher Faktor der römi schen, jetzt italisch gewordenen Außenpolitik wurde.19 Schon die Kriege in Italien sind, v. a. seit den Samnitenkriegen, unter diesem Blickwinkel zu sehen. Daraus folgte dann etwas später, daß die socii imnier mehr mit den Römern identifiziert wurden, wenn sie im „Aus land" waren.20 Letzten Endes läßt sich darauf auch Ciceros Konzept vonl gerechten Krieg zurückführen (dazu unten). Ein kurzer Überblick über den Gang der Ereignisse mag diese für die Reichsordnung nicht unerhebliche Deutung der römischen Außen politik erklären. Erstes und Italien am nächsten liegendes „Opfer" war Sizilien, das sich Rom nach einem mehr als zwei Jahrzehnte währen-
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den Ringen mit der Großmacht Karthago (264-241 v. Chr., 1. Punischer Krieg) einverleibte. Auch Sardinien und Korsika gelangten als Folge dieses Krieges an Rom (237 v. Chr.). Es waren dies auch die er sten Provinzen des Römischen Reiches (eingerichtet 227 v. Chr.), die von Prätoren als Statthalter verwaltet wurden. Anlaß des Krieges ge gen Karthago war ein Hilfegesuch in Form einer deditio italischer Söldner der im Nordosten Siziliens gelegenen Stadt Messana gegen den syrakusanischen Tyrannen Hieron II.21 Ebenfalls zu diesem ersten Kreis römischer Außenpolitik gehört das adriatische Küstengebiet IIlyriens, wo Rom in den Jahren 229/228 v. Chr. gegen die illyrische Königin Teuta Krieg führte; der Sieg gegen die Seeräuberkönigin war nicht nur den Italikern, sondern auch den benachbarten Griechen höchst willkommen.22 Anlaß waren Hilferufe der von den Illyrern ge schädigten Küstenstädte Italiens.23 Im Norden unseres Kreises, in Oberitalien, kämpfte Rom gegen die Kelten (225-222 v. Chr.).24 Der erste Kreis, mit Sizilien im Süden, Sardinien/Korsika im We sten, der illyrischen Küste im Osten, und Oberitalien im Norden, war kaum geschlossen, als ein zweiter, größerer Kreis römischer Kontrolle um Italien seinen Anfang nahm. Dessen Ausbildung dauerte, wie die des ersten, etwa ein halbes Jahrhundert: Er begann im Westen (Spa nien), wurde weiter gezogen nach Süden (Nordafrika)25 und gelangte dann zügig nach Osten (Makedonien und Griechenland). Im Norden schien es, als sollte ganz Oberitalien bis zu den Alpen gegen die Kel ten gewonnen werden (Gallia Cisalpina), ein Unterfangen, das sich bis 176 v. Chr. hinzog und sich als erheblich weniger einträglich als die gleichzeitigen östlichen Kampagnen, aber ebenso beschwerlich her ausstellte.26 Spanien war 218 v. Chr. Ausgangspunkt des 2. Punischen Krieges gegen Hannibal (218-201 v. Chr.); es wurde 206 v. Chr. von Scipio gewonnen und wenig später als Doppelprovinz {Hispania citerior und ulterior) eingerichtet. Ebenfalls in diesem Krieg (201 v. Chr.) wurde Nordafrika römisches Einflußgebiet. Anlaß des Krieges waren die Bedrohung einer verbündeten Stadt in Spanien (Sagunt) durch die karthagischen Herren Spaniens unter Hannibal und der darauf fol gende Hilferuf der bedrohten Stadt.27 Im Osten mußte Rom drei große Kriege fuhren, um endgültig seinen Einfluß, einen weiteren, um seine direkte Herrschaft zu sichern: gegen Philipp V von Makedonien (Kö nig 221-179 v. Chr.) im sog. 2. Makedonischen Krieg (200-197 v. Chr.), von 192-188 v. Chr. gegen den seleukidischen König Antiochos III („der Große", König von 223-187 v. Chr.) und schließlich im 3. Makedonischen Krieg (171-168 v. Chr.) gegen den Sohn Philipps V,
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Perseus (König 179-168 v. Chr.). Das Ergebnis dieser Kriege war, daß Rom Griechenland kontrollierte, aber erst 148 v. Chr. den Weg direk ter Herrschaft beschritt und die Provinz Macedonia einrichtete.28 Die Einzelheiten können hier auf sich beruhen, aber es verdient in unse rem Zusammenhang hervorgehoben zu werden, daß die Anlässe der Kriege auch hier bei den römischen Verbündeten vor Ort zu suchen sirid, von denen die Vereinigung der Ätoler, das attalidische Pergamön, die Insel Rhodos und die Polis Athen besonders zu nennen sind. Im Jahre 168 v. Chr. hatte Rom also einen zweiten Einflußkreis um Italien gelegt, der nun den gesamten Mittelmeerraum umfaßte. Das Ende römischer Expansion war damit noch nicht erreicht, und so gelangte nach 168 v. Chr. auch Judaea in das römische Blickfeld. Ein dritter Kreis begann folgerichtig mit dem syrischen Raum, dem Kern land des schon einmal, nämlich 192-188 v. Chr., bekämpften Seleukidenreiches. Allerdings ließ die Vollendung dieses dritten Kreises zu nächst einmalauf sich warten: Die Gründe dafür sind zum einen darin zu suchen, daß sich Roms Politik als Weltmacht notgedrungen gegen über den Zeiten des Aufstiegs gewandelt hatte und also der übliche „Hilferuf bedrohter Verbündeter immer öfter ausblieb. Aber auch aus römischer Sicht waren langsam die Grenzen der Expansion erreicht, denn diese stellte den republikanischen Staat vor unlösbare Pro bleme.29 Und natürlich darf darüber hinaus nicht vergessen werden, daß Rom allein schon mit der militärischen Sicherung der bereits ge wonnenen Regionen genug zu tun hatte; Probleme gab es viele, in Spanien, Afrika, Sizilien, Kleinasien und anderswo. Immerhin richtete Rom 129 v. Chr. noch die Provinz Asia, 121 v. Chr. die Gallia Narbonensis, 101 v. Chr. Cilicia ein. Noch immer schien der römische Aus dehnungsdrang nicht gebremst zu sein, und das gilt bei verlangsamtem Tempo noch mindestens bis zu den Dakerkriegen und dem parthischen Feldzug des Kaisers Trajan (98-117 n. Chr.). Der Charakter der römischen Außenpolitik änderte sich allerdings im Laufe der Zeit. Sie konnte natürlich unmöglich die Dynamik der Anfangszeit beibehalten. Doch sollte die hier entworfene „Kreistheo rie" die römische Expansion in ein besonderes Licht rücken, das zu einem nicht zufälligen Zeitpunkt auch auf Judaea fällt. Die römischen Eroberungen waren, so kann man den Schluß ziehen, weder zielge richtet in geographischer Hinsicht und also auch nicht „imperiali stisch" (wenn man denn diesen Begriff verwenden will), noch waren sie wirtschaftlich motiviert, noch waren sie andererseits völlig planlos. Man mag durchaus an Mommsens heute kaum noch vertretene Theo-
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rie vom „defensiven Imperialismus" (wobei der Begriff, von W. Har ris geprägt, gänzlich ungeeignet erscheint) Roms als Grundlage der Expansion denken,30 nicht nur mit Blick auf das eigene, womöglich übersteigerte, aber nach den Erfahrungen mit Hannibal nachvollzieh bare, Schutzbedürfnis, sondern auch und gerade mit Blick auf den Schutz der Verbündeten, was viele auch interpretieren als Sicherung des Einflusses an der Peripherie.31 Vielleicht kann man Roms Außen politik am ehesten als eine Mischung strukturalistischer und intentionalistischer Elemente auffassen.32 Wenn Rom also im Jahre 164 v. Chr. Kontakte mit den gegen die seleukidische Regierung aufständischen Juden in Jerusalem knüpfte, sogar in vertragliche Beziehungen eintrat, die von Zeit zu Zeit erneu ert wurden, so liegt darin nichts Außergewöhnliches. Der gute Ruf Roms als Gegner und Bezwinger mächtiger Könige, v. a. aber als Schützer der Schwachen sorgte dafür, daß auch die jüdische Seite an einer Verbindung interessiert war. Rom hatte diesen Ruf nicht von ungefähr; er basierte auf einem besonderen außenpolitischen Konzept. Erst in späterer Zeit ist dieses Konzept verklärt und in dieser Verklä rung zu einem römischen Grundsatz von Anfang an erhoben worden, dem bellum-iustum-Pr'mzip. Am Beginn des 2. Jahrhunderts v. Chr. war es gewiß als solches noch nicht erfunden,33 auch wenn seine we sentlichen Elemente schon Geltung beanspruchen konnten: Die Ein haltung bestimmter Formalien (wie im Fetial-Recht) sowie die sachli che Ausrichtung autprofide aut pro salute („entweder für die Treue oder für das Wohl").34 Wenn also Kriege von den Römern aut pro sociis aut de imperio gerebantur („entweder für die Bundesgenossen oder um die Herrschaft geführt wurden"), wie Cicero an anderer Stelle behauptete,35 so mag man darin Galtungs „militärischen Imperialis mus"36 verwirklicht sehen; denn der Satz besagt ja zunächst nur, daß Kriege „im Reichsinteresse" (nämlich entweder im römischen oder in dem der socii) das Prädikat „gerechte Kriege" verdienten. Allerdings stellt diese Theorie den Egoismus Roms in den Vordergrund, der aber von vielen, zumal den von außen bedrohten Zeitgenossen als solcher (noch) nicht gesehen wurde. Diese blickten vielmehr durchaus erfreut auf das Uneigennützige römischer Interventionspolitik, die nur zu hel fen, aber nicht eigene Interessen zu verfolgen schien.37 Eine Analyse der Verträge, die Rom nach 201 v. Chr. schloß und die aussagekräfti ger sind als die möglicherweise allzu parteiischen Darstellungen der Historiker wie Livius und Polybios, wäre gewiß aufschlußreich in die sem Zusammenhang.38 Kleinere Staaten und manche Städte machten
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zudem die Erfahrung, daß Rom gleichsam am selben Strang wie sie zog, nämlich gegen die großen Könige vorging, und zwar höchst er folgreich.39 Nicht nur römische oder griechische, sondern auch jüdi sche Texte sprechen davonl40 Ciceros später entwickelte Theorie hatte dehinach eine reale Grundlage und war kein bloßes, in der Auseinan dersetzung mit griechischer Philosophie (Stoa) gewonnenes Konstrukt zur Rechtfertigung des römischen Weltreiches.41 Sie nahm in verän derter Form auf, wie die römische Republik sich am Anfang ihres Ausgreifens Herrschaft überhaupt nur vorstellen konnte, nämlich nicht anders „als mit den Mitteln der Außenpolitik durchsetzbare In teressen zu wahren".42 Darauf gründete sich das römische Herrschafts system bis zur Mitte des 2. Jahrhunderts, und es unterschied sich da mit von Herrschaftssytemen hellenistischer Prägung. Bekanntlich scheiterte es trotz aller Anfangserfolge, weil an der Tatsache römi scher Herrschaft in Afrika oder Griechenland nicht zu zweifeln und die propagandistisch so herausgestellte „Freiheit" eben doch nur eine scheinbare war.43 Aber es erklärt auch, warum bedrängte bzw. sich bedrängt fühlende Gemeinden, Städte oder Staaten sich an Rom mit der Bitte um Hilfe wandten; sie hatten ja offenkundig nicht zu be fürchten, daß nur die Herren ausgetauscht würden. Es ist aber im Gegensatz zu großen Teilen der modernen For schung über die römische Außenpolitik zu betonen, daß dieses Herr schaftsmittel, nämlich die Verbündeten einzubeziehen, nicht zur Täu schung der Untertanen über den wahren Charakter ihrer Beziehungen zu Rom gleichsam erfunden wurde und in Wirklichkeit also eine tat sächlich ausgeübte Herrschaft nur verdecken sollte. Es war vielmehr die einzig mögliche Form, den römischen Einfluß ohne Gefahr für die eigene Ordnung zu sichern. Erst die Erkenntnis, daß ein auf gemein samen Interessen von Rom und den Verbündeten gegründetes „Reich" illusorisch sein mußte, führte die Römer dazu, auch ihrefrühereZeit als „Herrschaft" im engeren Sinne zu deuten. Diese Entwicklung spie gelt sich in den literarisch gestalteten Äußerungen der Gegner Roms über dessen Herrschaft wider, denn hier wird unter anderem der Vor wurf der Täuschung über die wahren Absichten Roms mittels der Verwendung hehrer Begriffe erhoben.44 Als Instrumente einer so ver standenen Außenpolitik dienten den Römern der Abschluß von Ver trägen45 und die Konstituierung eines Patronatsverhältnisses.46 Da aufch das jüdische Gemeinwesen in Jerusalem in eine solcherart ge staltete Beziehung zu Rom kam, werde ich auf dieses „Herrschafts mittel" noch zu sprechen kommen. Die Einrichtung der Provinzen
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Makedonien (148 v. Chr.) und Afrika (146 v. Chr.) brachte insofern eine entscheidende Veränderung, als Rom - nach dem Sonderfall Si zilien - entgegen allen früheren Beteuerungen doch Herrschaftsab sichten auch nach außen demonstrierte. Dieser Schritt, zwei alte und hochzivilisierte Staaten in römische Provinzen zu verwandeln, desillusionierte viele Sympathisanten Roms; die Bewunderung schlug um in Enttäuschung und Ablehnung, und letztere wiederum steigerte sich in Folge römischer Herrschaftspraktiken zu jenem Haß gegen die Besat zer, den sich etwas später ein Mithridates zur Verwirklichung eigener Herrschaftsabsichten zunutze machen konnte.47 Dieser (modern aus gedrückt) mentalitätsgeschichtlich außerordentlich bedeutsame Ein schnitt wiegt die von der neueren Forschung wieder stärker betonte Kontinuität im Bereich der Herrschaftsorganisation auch nach 146 v. Chr. auf.48
2. Die römische Reichspoliiik und -Organisation während der Republik Da die Verfassung der Römischen Republik eine andere als die der hellenistischen Königreiche war, mußten auch die Herrschaftsstruktur des Reiches und deren Leitideen andere sein. Auch für das Reich als Ganzes macht es einen Unterschied, ob in der Mitte der Herrschaft eine Person oder aber eine (bzw. mehrere) Institution(-en) stehen. Um die Voraussetzungen für das Verhältnis zwischen Juden und Römern zu verstehen, sollen einige Vorüberlegungen allgemeinerer Art zur Organisation des Reiches, zu ihren Prinzipien sowie der Rolle der Untertanen in diesem Reich angestellt werden. Die Organisation des Reiches Die Organisation des Reiches war bekanntlich keine einheitliche, sondern wies, in zugegebener Vereinfachung, vier Stufen auf: die Stadt Rom, das (bis 89 v. Chr.) bundesgenössische Italien, die Provin zen sowie die allgemein so bezeichneten Klientelstaaten bzw. abhän gigen Staaten. In dieser Organisation spiegeln sich einerseits die oben beschriebenen Entstehungsbedingungen des Reiches wider, anderer seits die maßgebliche Einschätzung der Zentrale hinsichtlich der Wichtigkeit der einzelnen Reichsteile, aber auch hinsichtlich der eige nen beschränkten Möglichkeiten zu ihrer effektiven Verwaltung.49 Die
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Herrschaftsorganisation war jedoch nicht nur nach den genannten vier konzentrischen Kreisen gestaffelt, sondern wies auch innerhalb jeder einzelnen Form wieder unendlich viele Modifikationen auf, die an den Besonderheiten jeder Region ausgerichtet waren und keinen anderen Sinn hatten als den, die römische Herrschaft ohne bürokratischen Aufwand fest zu verankern. Die moderne Geschichtswissenschaft hat sich mit gutem Grund intensiv der Erforschung der römischen Ver waltung zugewandt. Sie kann auch gerade dann mit wichtigen Erkerintnisfortschritten aufwarten, wenn die Komplexität der römischen Herrschaft in all ihren Formen zugrunde gelegt wird. Denn gerade dieses differenzierte System ermöglichte überhaupt eine intensive herrschaftliche Durchdringung des ganzen Reiches. Vor allem muß berücksichtigt werden, daß ähnlich wie in der römischen Stadtverfas sung auch im Reich hinter den Institutionen bzw. Rechtsformen noch andere politische und soziale Kräfte und Sphären am Herrschaftssy stem beteiligt gewesen sind und zu dessen Funktionieren beigetragen haben: Das Patronats- und Klientelwesen gehört zu diesen außerhalb der Rechtsordnung stehenden Faktoren ebenso wie die Bürgerrechts politik oder die Anbindung lokaler Eliten an die römische Zentrale.50 Wenn wir also dem Verhältnis zwischen Rom und den Juden seit 164 v. Chr. auf die Spur kommen wollen, müssen wir von der immer wieder postuliierten Dichotomie des Reiches in einen direkter Herr schaft unterstehenden Teil und einen indirekt verwalteten Teil abse hen. Ebensowenig hilft der oftmals stereotyp wiederholte Satz weiter, daß die römische Verwaltung in den eroberten Territorien grundsätz lich „alles beim Alten" beließ und sich auf die lokalen Verwaltungs strukturen stützte, womit man den prima facie kleinen bürokratischen Apparat, mit dem der Statthalter in die Provinz zog, erklärte. Der Ausbildung römischer Herrschaftsformen wo auch immer nachzuge hen, verspricht eher, das Besondere römischer Reichspolitik deutlich zu machen. Wäre „alles beim Alten" in den Regionen geblieben, hätte es die jüdisch-römischen Konflikte ja nicht gegeben. Bereits das Bundesgenossensystem in Italien ist durch eine diffe renzierte Ausformung gekennzeichnet.51 Seit 227 v. Chr. entwickelten die Römer dann die außerhalb Italiens angemessenere Herrschaftsform der Provinz; so nannte man den Amtsbereich der römischen Oberbeamten, denen die Oberaufsicht über das weit entlegene Gebiet übertragen wurde. Diese Aufgabe bekamen zunächst die Prätoren übertragen.52 Auch hinter dem Begriff Provinz verbergen sich aber unterschiedliche Herrschaftsformen, je nachdem, in welchem Reichs-
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teil wir uns befinden oder wie sich eine Region bzw. Stadt den Rö mern gegenüber verhalten hat. Insbesondere seit den Forschungen von E. Badian ist erkannt worden, welch große Bedeutung das Patronatssystem innerhalb jeder einzelnen Provinz hatte.53 Noch weniger läßt sich mit dem Begriff Klientelstaat eine auch nur annähernd einheitliche Vorstellung von seinem Inhalt verbinden.54 Die Römer selbst faßten solche Beziehungen als amicitia und societas auf, und bekanntlich waren diese Begriffe dehnbar; wir werden darauf noch zurückkommen. Der Grad der Abhängigkeit der einzelnen Re gionen von Rom variierte von Fall zu Fall55 und konnte verschiedene Ausprägungen erfahren. Als ein eigener Reichsteil, wie Sueton sie deutete,56 wurden sie auch erst in der späten Republik, wohl seit der Neuorganisation des Ostens durch Pompeius, aufgefaßt; so gesehen wurde Judaea also 63 v. Chr., wiewohl als Klientelstaat, Teil des Rö mischen Reiches. Zäsuren gab es nicht nur in bezug auf die Eroberung des Reiches, sondern ebenso in der Reichsauffassung der Römer. Die späte (148/146 v. Chr.) Erkenntnis, daß die seit 197 v. Chr. verfolgte Ost politik gescheitert war, war so eine Zäsur; sie führte zur Einrichtung der Provinz Macedonia und zu einer dauerhaften römischen Präsenz in der Region. Der lange Zeit weit-verbreitete Ruf der Römer, uneigen nützig den Verbündeten zu helfen und an eigener Herrschaft desinter essiert zu sein, war nun dahin, die Einstellung der Untertanen und Neutralen zu Rom wurde zunehmend von Mißtrauen bzw. Ablehnung geprägt, was wiederum die römische Politik beeinflußte.57 Weniger C. Gracchus und Sulla mit ihren Reformen der Statthalterschaften58 als vielmehr die reichspolitischen Regelungen des Pompeius nach seinen erfolgreichen Kriegen gegen die Seeräuber (67 v. Chr.) und Mithridates (66-63 v. Chr.) stellten dann die Weichen zu einer stärkeren Ver einheitlichung der Verwaltung, deren Voraussetzung aber schon jetzt - also vor Augustus - ein personales Zentrum war. Damit leitete Pompeius in der Reichspolitik den Prinzipat ein. Gleichzeitig schuf seine Neuordnung im Osten59 mit ihren zwei Pfeilern, den Provinzen nämlich Asia, Bithynien, Kilikien, Syrien - und Klientelfürstentümern - solche waren Lykien, Galatia, Kappadokien, Pontos, Armenien, Osrhoene und Judäa -, die Voraussetzungen für eine Integration auch der Klientelstaaten in das Reich.60 Die Entwicklung der römischen Reichspolitik ist am Beispiel Judaeas gut zu verfolgen.
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Leitlinien und Grundlagen Nach diesem summarischen Überblick über die organisatorische Vielfalt des Römischen Reiches und ihre Entwicklung geht es im fol genden um die wesentlichen Leitlinien und Grundlagen, welche hinter dieser Organisation standen, mit dem Ziel, das Besondere der römi schen Verwaltung im Vergleich mit derjenigen der hellenistischen Königreiche herauszuarbeiten und auf diese Weise die Beziehungen Roms zum jüdischen Gemeinwesen einordnen zu können. I In erster Linie war es die römische Verfassung, die die Reichsverwältung bestimmte, und zwar in mehrfacher Hinsicht. Wie ich schon früher betont habe, hatte Rom nicht, wie die hellenistischen Reiche, ein personales, sondern ein institutionelles Zentrum (bzw. sogar meh rere). Daraus ergaben sich, mehr als man bisher annahm, auch für die Reichsorganisation Konsequenzen. Außen- und damit auch reichspo litisch bestimmend war der Senat, eine Körperschaft von 300 zuneh mend selbstbewußt auftretenden adligen Männern, die es sich leisten konnte, Gehorsam für ihre, zwar nach Gesandten- und „Experten-Be fragungen, aber doch im fernen Rom getroffenen Entscheidungen ein zufordern. Weder für Flexibilität noch für „informelle" Praktiken war viel Platz, schon allein wegen des Informationsproblems, das durch die von Zeit zu Zeit beauftragten, hochkarätig besetzten Gesandt schaften in Krisenregionen nur mühsam behoben werden konnte. Hierin liegt ein wesentliches Defizit der römischen Herrschaft be gründet, das die hellenistischen Staaten so nicht besaßen; das heißt, der römische Senat als die allein bestimmende außenpolitische Instanz war überfordert, ständig auf neue Gegebenheiten, Beschwerden, Kri sen adäquat und vor allem kreativ zu reagieren. Diese Unfähigkeit wirkte sich um so schlimmer aus, als die römische Politik ja gerade die Interessenwahrung ihrer Verbündeten propagierte, und das war ein überdimensionierter Anspruch für die republikanische Verfassung. Werner Dahlheim hat in bezug auf die römischen Probleme bei der Provinzialisierung Spaniens nach dem 2. Punischen Krieg zu Recht einen „Mangel an konstruktiver Phantasie des Senates" konstatiert, den die Statthalter vor Ort nicht kompensieren konnten.61 Vor dem Hintergrund der römischen Verfassung war allerdings nichts anderes zu erwarten. Auch die starke römische Neigung zu Rechtsformen in der Außenpolitik, man könnte auch sagen zur Rechtsstaatlichkeit, setzte der „konstruktiven Phantasie" des Senates Grenzen und wurde von den mit der hellenistischen Tradition eher informeller Beziehun-
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gen vertrauten Untertanen im östlichen Teil des Reiches durchaus als Gängelung und als unvereinbar mit ihren Prinzipien von Autonomie und Freiheit empfunden.62 Nach diesem Grundsatz verfuhren die Rö mer auch mit dem jüdischen Gemeinwesen, als Pompeius den Streit zwischen Hyrkan und Aristobul zu schlichten hatte, und ebenso, als sie unter Caesar und Augustus weitreichende Privilegien ausstellten. Man sollte nun meinen, daß mit einer solchen von den Römern mehr als von anderen Mächten propagierten Rechtssicherheit alle zu frieden gewesen wären; aber so einfach lagen die Dinge nicht. Dazu war die römische Politik - strukturell bedingt - zu wenig einheitlich, oder anders: Rom hatte im 2. Jahrhundert v. Chr. einfach nicht die Möglichkeiten, sein auf der Zustimmung der Untertanen gründendes Herrschaftsmodell auch wirklich durchzusetzen. Griechische Unterta nen, in langer philosophischer Tradition logisch geschult, bemerkten sehr wohl das Dilemma, in dem sich der römische Senat zwischen dem hehren Anspruch und der konträren Wirklichkeit befand. Der 155 v. Chr. in Rom weilende führende Akademiker Karneades führte allen Römern vor, wie in seiner Heimat römische Politik „ankam": In sei nen philosophisch getarnten Reden über die Gerechtigkeit und im An schluß daran über die Ungerechtigkeit sprach er aus, daß die Römer auch nicht anders seien als alle anderen und auf ihren Vorteil und nicht den ihrer Untertanen bedacht seien.63 Und wenn etwas früher (181 v. Chr.) der Achäer Kallikrates die Römer zu mehr Präsenz in der Region auffordert, damit das von ihnen so selbstlos und gerecht einge richtete System auch funktionsfähig erhalten bleibe, so steckt darin ei nerseits ein gerüttelt Maß an Unzufriedenheit über die römische Poli tik, andererseits aber hätte ihre Erfüllung gerade das Ende der Auto nomie bedeutet.64 Auch hier sehen wir wieder jüdisch-römische Pro bleme paradigmatisch vorgeformt. Denn am Anfang der direkten Be herrschung Judaeas durch Rom stand die im Judentum weit verbreitete Hoffnung auf stärkere römische Präsenz in der Region.65 Die Person des Statthalters in den direkter römischer Herrschaft unterworfenen Gebieten konnte unter Umständen zusätzliche Verwir rung stiften.66 Wenn die vorhergehenden Überlegungen richtig sind, war der Statthalter alles andere als ein „absoluter Monarch" in seiner Provinz.67 Er war eingebunden in das römische System, und somit hatte, nicht nur formal, sondern tatsächlich, der Senat die letzte Ent scheidung über alle die Verwaltung betreffenden Fragen.68 Dem römi schen „System" konnten die Untertanen also nur schwer entrinnen, weil die persönliche Entscheidungsfreiheit des Statthalters in grund-
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sätzlichen Fragen beschränkt war. Der Senat war freilich, bei der Grpße des Reiches, hoffnungslos überlastet. Das zeigen die inschrift lich überlieferten Probleme in der böotischen Stadt Thisbe. Noch schwerer wogen für die jeweiligen Regionen die Unsicherheiten, die der jährliche Wechsel der provinciae, der Amtsbereiche der römischen Magistrate also, mit sich brachte.69 Denn zum einen wußte man nicht, wen man durch das Los erhalten würde, und zum anderen gerieten viele Statthalter am Ende ihrer Amtszeit in eine Art Torschlußpanik, wenn sie befürchten mußten, daß ihre Nachfolger ihnen den Ruhm er folgreicher Provinzialverwaltung streitig machen könnten. Daß auch die innere Struktur der Verfassung und der in ihr maß geblichen Führungsschicht, der Nobilität, Auswirkungen auf die Ge staltung der Außenpolitik und der Behandlung der Untertanen hatte, ist allgemein bekannt und braucht an dieser Stelle nicht weiter erörtert zu Werden.70 Die mit ihrer provinica ausgestatteten römischen Beam ten'hatten oft genug mit ihrem, auch durch den innenpolitischen Er folgsdruck bedingten hochmütigen und auch vor Betrug und Täu schung nicht zurückschreckenden Betragen für Unruhen und Mißmut bei Gegnern wie Verbündeten gleichermaßen gesorgt.71 Ein „Reichs bewußtsein" konnte unter diesen Bedingungen kaum entstehen. Cha rakteristisch für den spätrepublikanischen Blick auf das Reich mag Cioeros Einteilung sein: nulla gens est quae non aut ita sublata sit ut vix exstet aut ita domita ut quiescat aut ita pacata ut victoria nostra imperioque laetetur („es gibt kein Volk, das nicht entweder so aus dem Weg geräumt ist, daß es kaum existiert, oder so gezähmt ist, daß es sich ruhig verhält, oder so befriedet ist, daß es sich über unseren Sieg und unsere Herrschaft freut").72 Die hier verwandte Begrifflich keit {tollere, domare, pacare) weist den Weg zu einer Herrschaft, die allein die Interessen Roms in den Mittelpunkt stellt; von Kriegshand lungen {tollere) über Unterdrückung und Kontrolle {domare) die Un terworfenen dahin zu bringen, daß sie sich mit der römischen Herr schaft abfinden. Ja mehr noch, die Akzeptanz römischer Herrschaft seitens der Völker ist ein Ausweis ihrer Zivilisiertheit: die pacata gens erkennt in der römischen Herrschaft einen höheren Wert als in einer Autonomie, die zivilisatorisches Fortschreiten behindert. Diese Art von pacare13 schien durchaus geeignet, Herrschaft zu begründen, weil sie nicht nur Bedrückung und Ausbeutung, sondern auch Wohltaten und Fürsorge umfaßte. Für diejenigen allerdings, denen nichts an den Vorzügen römischer Zivilisation und mehr an der Wahrung der Eigen ständigkeit als an materiellem Nutzen durch die Fremdherrschaft, der
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ohnehin zumeist den lokalen Eliten zugute kam, gelegen war, war kein Platz in diesem Imperium. Die ciceronische Einteilung reflektiert freilich die spätrepublikani sche, insbesondere post-sullanische Sicht der Dinge.74 Von seinen An fängen an war das römische Herrschaftssystem pragmatisch angelegt und deshalb nach Regionen und Städten pro meritis stark ausdifferen ziert, weil es „funktionieren" sollte.75 Der Nachteil dieses Systems war, daß auch die privilegierten Verbündeten ziemlich schnell durch schauten, daß es auf römische Interessen zugeschnitten war. In Spa nien76 war das nicht anders als in Griechenland. Die römische Herr schaftspolitik arbeitete je nach Lage mit Belohnungen oder Strafen, kriegerischen oder friedlichen, völkerrechtlichen oder informellen Mitteln, so daß sich dem Betrachter ein höchst kompliziertes, auf viel fältigen Abhängigkeitsformen beruhendes Gebilde darbot.77 Da die Römer ihre eigenen Rechtsvorstellungen zum Maßstab machten, gab es, zumal zwischen Griechen und Römern, auch Verständnisprobleme. War ein römischer socius et amicus dasselbe wie ein griechischer a\)|i|ia%o(; Kai cpiXoq („Bundesgenosse und Freund")? War das römi sche infidem Romanorum se permittere wirklich ein Synonym für die griechische Formel eiq TTJV 'Pcouxcicov TCIÖTIV ccüToix; 5i56voci („sich in die Obhut der Römer zu begeben")? Die Ätoler jedenfalls erhofften sich, als sie sich der fides Romanorum unterstellten, Verzeihung für ihre Verfehlungen im Krieg mit Antiochos III., während die Römer unter derselben Klausel unbeschränkte Kontrolle verstanden.78 Und wie ist das Verhältnis von römischer libertas und griechischer eke\)9epicc bestimmt? Verstanden die Römer überhaupt unter Auto nomie dasselbe wie die Griechen, die seit 196 v. Chr. autonom sein sollten?79 Ohne hier auf die wissenschaftliche Diskussion im einzelnen ein gehen zu können, ist wohl unbestreitbar, daß die Verleihung der Au tonomie an die griechischen Städte, was auch immer ihr konkreter In halt war, dem römischen Interesse in vollem Umfange entsprach. Es verhielt sich ja nun mit Rom nicht so, wie es sich vielleicht einige Griechen in ihrer Dankbarkeit 196 v. Chr. bei den Isthmien vorstell ten: esse aliquam in terris gentem quae sua impensa, suo labore ac periculo bella gerat pro libertate aliorum („es gäbe auf Erden ein Volk, das für die Freiheit der anderen auf eigene Kosten, unter Gefah ren und Mühen Kriege führt").80 Eine solche Illusion erwies sich schon recht bald als trügerisch. So sehr auch die Römer hier auf helle nistischen Wegen zu wandeln81 und den Symbolgehalt hellenistischer
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Autonomiegarantien in der Tradition der Koine-Eirene-Verträge seit 387 v. Chr., insbesondere aber seit Antigonos Monophthalmos 2 auf zugreifen verbuchten, um sich den Griechen verständlich zu machen. Es handelte sich um eine römische Sicherung von Einfluß in die grie chische Sprache übersetzt. So waren sie auch 229 v. Chr. in Illyrien83 oder 218 v. Chr. in Spanien verfahren, und wie hier so auch dort merkten die „Partner" ziemlich schnell, was die Römer meinten, wenn ste von Autonomie sprachen. Aus römischer Sicht lagen die Dinge klar vor Augen: Früher hatten die hellenistischen Könige die Autonorriiegarantien ausgesprochen, obwohl niemandem die tatsächlichen Verhältnisse verborgen geblieben wären, und waren gut damit gefah ren. Die Römer lernten daraus, daß das Vertrauen und die Zustim mung der Griechen über Autonomiegarantien erworben werden mußte, und so handelten sie entsprechend, frei von aller Dogmatik. In einem vieldiskutierten Brief an die Beamten und die Ratsmitglieder dfcr achäischen Stadt Dyme aus dem Jahr 144/3 v. Chr. spricht der makedonische Statthalter Q. Fabius Maximus ungeniert von den Ver fehlungen eines Aufrührers Sosos „gegen die den Achäern von den Römern zurückgegebene Verfassung" (xoix; vö^io'oq ypd\|/aq -urcevavTioix; xfii; a7co5o9eiar|i TOIC; ['Aftcuotc; vnb 'Pco^aicov rco2Ai[eia]i).84 In diesem Zusammenhang gehört ein weiterer, nach meiner Ein schätzung noch nicht grundsätzlich erforschter Unterschied zwischen römischer und hellenistischer Herrschaftspraxis. Diese beruhte auf dem Grundsatz der Gegenseitigkeit („Gabentausch", auch im zwi schen- und innerstaatlichen Verkehr),85 jene auf der Gewährung von Wohltaten, die eine bestimmte Art der Wiedervergeltung erforderte.86 Das ist ein Unterschied jenseits aller terminologischer Gemeinsam keiten. Wir bewegen uns hier allerdings auf schwierigem Terrain, das von E. Badian einerseits und E. Gruen andererseits abgesteckt worden ist. Beide Forscher haben für ihre Thesen gute Gründe vorgebracht. Nach Badian hätten die Römer das ihnen zu Hause so vertraute Kli entelverhältnis auch auf die internationalen Beziehungen übertragen und so ein zwar nicht politisches, wohl aber personales Abhängig keitsverhältnis zu den eroberten Regionen hergestellt. Gruen kam zu einem entgegengesetzten Ergebnis. Das römische Klientelverhältnis habe in der internationalen Politik überhaupt keine Rolle gespielt, vielmehr habe sich die römische Politik hellenistischen Strukturen an gepaßt.87
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So offenkundig kontrovers diese beiden Positionen sind, so schei nen sie mir dennoch nicht unvereinbar zu sein. Es liegt ihnen vielmehr ein auch in anderen Bereichen anzutreffendes Merkmal römischer Po litik der republikanischen Zeit zugrunde: die Übernahme, Beibehal tung und Umdeutung bestehender Einrichtungen. Man denkt hier zu nächst an die innerrömische Entwicklung, zum Beispiel das Amt des Volkstribunates und das Rechtswesen, oder an die Religionspolitik, die sich durch die Integration und Umdeutung fremder Gottheiten auszeichnete. Doch auch die römische Außen- und Reichspolitik be diente sich dieses Mittels, weil es die Beziehungen zum Partner bzw. Verbündeten erleichterte und so ein direktes römisches Engagement zu umgehen half. Das hellenistische Begriffsinventar zwischen- und innerstaatlicher Beziehungen lehnten die Römer darum nicht ab; im Gegenteil: In den die griechisch-römischen Beziehungen betreffenden Dokumenten seit dem Anfang des 2. Jahrhunderts v. Chr. ist ebenso von Euergesie, Proxenie, Eunoia, Eusebie, Autonomie, Eleutheria die Rede wie in der mehr als 100jährigen hellenistischen Epoche zuvor. Der seit 195 v. Chr. belegte Rom-Kult und die Rhomaia-Spiele sind Reflexe des üblichen Herrscherkultes im griechischen Osten,88 der entpersonalisierte populus Romanus konnte von den griechischen Städten problemlos als KOIVOI E\)epyeTai geehrt werden.89 Doch wird man jenseits des Formalen und der Begrifflichkeit mit Badian auch das spezifisch Römische feststellen, das man durchaus als Patronat bezeichnen kann.90 Mir scheint der wesentliche Unterschied zwischen hellenistischer Euergesie-Praxis und römischem Patronat zu sein, daß jene eine dauerhafte völkerrechtliche Dimension aufwies,91 die das Patronat zunehmend verlor. Wenn spätere Quellen wie Livius von ei nem patrocinium der Römer zum Wohl der Griechen seit 197 v. Chr. sprechen,92 mag das anachronistisch sein. Doch daß die Römer den Begriff der Euergesie ernster auf sich bezogen, als die hellenistische Formel dies traditionellerweise gestattete, das heißt also den Ehrentitel Koivoi etiepYETcci der griechischen Städte wörtlich verstanden und daraus auch politische Konsequenzen ableiteten, dürfte kaum zu be streiten sein. Wenn dann die griechischen Städte selbst immer und immer wieder Gesandtschaften an Rom schickten, um es für irgend welche Streitigkeiten als Schiedsrichter zu gewinnen,93 wenn ferner besonders nach der Schlacht bei Pydna die Furcht vor Roms Macht die politischen Entscheidungen griechischer Städte maßgeblich be stimmte,94 wenn zudem das für den Hellenismus charakteristische Mächtegleichgewicht vollkommen ausgehebelt war und es tatsächlich
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nur eine einzige wirkliche Vormacht gab, so ist die herrschaftliche Ordnung im griechischen Osten seit dem Frieden von Apamea (188 v. Chr.) als eine patronale im römischen Sinne zu bezeichnen, auch wenn dfe Begrifflichkeit in Senatsbeschlüssen, Briefen, Ehrungen und Ver trägen sich nicht von der früheren hellenistischen unterscheidet. Der „Geist" der Herrschaft wurde ein anderer, und von Polybios erfahren wir auch, daß die Griechen sich dessen wohl bewußt waren. Im Westen lagen die Dinge insofern anders, als hier auch die von den Römern vorgefundene Ordnung eine andere war. Der eigentümli che Charakter römischer Herrschaftsausübung ist indes auch hier fest zustellen. Die.Entwicklung in Spanien seit 218 v. Chr. ist dabei sehr aufschlußreich. Am Anfang steht Scipios großangelegte und mit Ver sprechungen verbundene Bündnispolitik,95 die im Bedarfsfalle kon kretere Formen annahm96 und dann, als es den Römern für die bevor stehende endgültige Auseinandersetzung mit Karthago nötig erschien, einer Unterwerfung Platz machte.97 Als die spanischen Stämme die römische Politik verstanden hatten, war es schon zu spät; ein Aufstand im Jahre 205 v. Chr. blieb erfolglos. Wie drückend die römische Herr schaft jetzt den Stämmen erschien, macht das allerdings nur bei Livius überlieferte Aufstandsziel deutlich: ut ab omni externo imperio soluta in perpetuum Hispania in patrios rediret mores ritusque („daß Spa nien von jeder äußeren Herrschaft für immer frei sei und in seine vä terlichen Sitten und Riten zurückkehren könne").98 Daß Spanien 197 v. Chr. in Provinzen, also in direkte Herrschaft überfuhrt wurde, hängt zweifellos mit dem metus hostilis, nämlich der Furcht vor Karthago zusammen. Dieser Aspekt römischer Politik spielte also durchaus auch bei«der Reichsorganisation eine wichtige Rolle und erklärt die unterschiedliche Behandlung Spaniens und Griechenlands im Jahre 197 v. Chr. Diese muß also nicht, oder nicht ausschließlich, aus dem „wilden", zivilisatorisch rückständigen Zustand der Region hergeleitet werden. Zur Bestimmung des Charakters römischer Herrschaft wäre jetzt noch die Frage des Verhältnisses zwischen Lokalautonomie und herr schaftlichen Eingriffen oder, wie der Verfassungsrechtler sagt, zwi schen „Reichsrecht" und „Volksrecht", zu erklären.99 Diesem Verhält nis, das in spätrepublikanischen Dokumenten wie dem Senatusconsultum de Asclepiade von 78 v. Chr. und den Briefen Octavians de Sdleuco Nauarcha aus der Triumviratszeit manifest ist, soll am kon kreten Beispiel, der römischen Einflußnahme auf Judaea, nachgegangen werden.100
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Es bleibt als Fazit festzuhalten: Das republikanische Rom formu lierte, wie nicht anders zu erwarten, für die Reichsorganisation keine spektakulär neuen Grundsätze; es bewegte sich, wie die moderne For schung immer wieder betont hat, in den einzelnen Reichsteilen in den jeweils überlieferten Bahnen, jedoch so, daß es selbst möglichst we nig, aber möglichst effektiv regierte. Aber auf neue „Grundsätze" und eine bewußte Änderung der Reichspolitik kam es gar nicht an. Der Unterschied zum hellenistischen System ist dabei besonders wichtig, weil diesem System auch Judaea unterstanden hatte. Wichtige Fakto ren einer tatsächlich neuen Zeit waren: 1. die römische Verfassung selbst, weil sie (anders als die helleni stische) kein personales, sondern ein institutionelles Zentrum besaß; 2. die Struktur der Administration war zugeschnitten auf die repu blikanische Verfassung; mit jährlich wechselnden Beamten und einem aristokratischen Zentrum in Rom selbst bekam die Organisation eine ganz eigene Note, die sich grundsätzlich von hellenistischen Vorbil dern unterschied; 3. das hellenistische Euergesie-System, das sich im Umgang zwi schen Poleis und dem König herausgebildet hatte, übernahmen die Römer, indem sie es als eine Art Patronatsystem mit der diesem ei gentümlichen Gewichtung der Partner umgestalteten; 4. die zunehmende Jurifizierung der Beziehungen zwischen Rom und seinen Untertanen, also die sich (im Streitfall) stark an Rechtspo sitionen orientierende Politik Roms, die einerseits zu stärkerer Rechts sicherheit, andererseits aber auch zu einer allmählichen Intensivierung der Herrschaft führte; 5. der Charakter der römischen Herrschaft in den unterworfenen bzw. verbündeten Regionen war grundsätzlich nicht von anderen als den üblichen Zielen einer Vormacht bestimmt: zum einen Ruhe und Ordnung zu gewährleisten, zum andern finanziellen Gewinn zu erzie len. Beide Ziele hatten aber für die römische Ordnung ganz offen sichtlich eine andere Dimension, als es uns sonst geläufig ist: Der Faktor Sicherheit war ohnehin fest im römischen Denken verankert so sehr, daß eine große Anzahl von Forschern von diesem Faktor die gesamte Außenpolitik und damit den Aufstieg zur Weltmacht beein flußt sieht.101 Die Erwartung, materiellen und politischen Gewinn aus den außenpolitischen Erfolgen zu ziehen, wurde andererseits zuneh mend in die Karriere-Planungen der römischen Nobiles einbezogen; sie war im Inventar der politischen Spielregeln der Republik eine feste Größe. Von beiden waren die Provinzialverwaltung und auch der Um-
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gang mit den sogenannten Klientelstaaten maßgeblich geprägt, so daß sich aus der Sicht der von Rom Abhängigen schon früh eine für sie ganz neue Dimension ihrer Beziehungen zur Vormacht ergab. Ein Zwiespalt zwischen diesen Herrschaftsfaktoren und dem bellum/wsta/w-Programm der Römer, das gleichsam Verfassungsrang besaß und gewiß attraktiv auf viele von außen bedrohte Kleinstaaten wirkte, bestand natürlich, und dieser Zwiespalt prägte zunehmend das nega tive Bild Roms bei denfremdenVölkern insbesondere seit 146 v. Chr. Das Verhältnis Roms zu den jüdischen Gemeinden war von alledem weitgehend bestimmt; darauf wird die folgende Untersuchung des Verhältnisses beider Seiten ein besonderes Augenmerk zu legen ha ben.
IV „ Freundschaß mit allen, die zu ihnen kommen " (1. Makk. 8, 1): Die Juden als „ Verbündete und Freunde " im Vorhof des Römischen Reiches zwischen 164 und 63 v. Chr.1
1. Ursachen und Perspektiven einer jüdisch-römischen Zusammenarbeit: Das Urteil über die Römer in L Makk. 8 Die jüdisch-römische Zusammenarbeit begann in einem Moment, als Jerusalem sich im Aufstand gegen eine seleukidische Politik be fand, die sich nichts Geringeres als die Beseitigung der jüdischen Re ligion zum Ziel gesetzt hatte, und Rom gleichsam auf dem Höhepunkt nicht nur seiner Macht, sondern auch seines Ansehens in der Mittel meerwelt stand. Diese erste Phase der jüdisch-römischen Beziehungen gründete sich auf Bündnisverträgen: Foedera waren ein probates und wirksames Mittel Roms, völkerrechtliche Beziehungen zu anderen Staaten zu formalisieren und angesichts der machtpolitischen Überle genheit Roms auch Abhängigkeitsverhältnisse herzustellen. Bezogen auf den italischen Raum konnten die Römer auch auf lange und posi tive Erfahrungen zurückgreifen. Die foedera an sich waren freilich auf Gegenseitigkeit angelegt (wie anhand der jüdisch-römischen Verträge noch zu zeigen sein wird) und waren daher jeweils durch ihre Ausle gung mit Leben zu füllen. Für die jüdisch-römischen Beziehungen war in der ersten Phase grundlegend, daß der römische Einfluß in der Re gion noch gering war und erst allmählich zunahm. So schloß Rom insgesamt wohl sechs Verträge zwischen 161 und 104 v. Chr. mit Je rusalem ab, die gleichwohl kein reales Abhängigkeitsverhältnis kon stituierten, jedenfalls bis zu Simons Herrschaft nicht. Im Zusammen hang des Themas sind besonders die Entstehung und der Inhalt dieser Verträge sowie ihre Funktion und das Gewicht, das ihnen jeweils zu gemessen wurde, von zentraler Bedeutung.
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Es war im Jahr 161 v. Chr., daß sich der römische und der jüdische Weg zum ersten Mal in Gestalt einer beide Seiten bindenden Verein barung kreuzten, und dieses Datum war kein zufälliges. Bereits drei Jahre zuvor hatte es die ersten vorsichtigen Kontakte gegeben. Judäa unter makkabäischer Führung befand sich mitten im Widerstand ge gen die seleukidische Herrschaft. Der erklärte Feind Antiochos IV war bereits tot, und mit Antiochos V war es sogar zu Verhandlungen ge kommen, und man hatte schließlich ein Friedensabkommen geschlos sen.2 Die Römer waren bei den Vorgängen um Jerusalem mehr als nur interessierte Beobachter, denn ihr Wunsch war es, ihre Einflußsphäre (nicht ihre Herrschaft) auf das Seleukidenreich auszudehnen. Jüdische und römische Interessen liefen also in dieser Phase zusammen. Ein im 2. Makkabäerbuch überlieferter Brief der römischen Gesandten Quintus Memmius und Titus Manius „an das Volk der Juden" (TCO 5fi|i(p) inaugurierte das auf so vielen gegenseitigen Mißverständnissen beruhende jüdisch-römische Verhältnis.3 Der historische Hintergrund für diesen Brief besteht in einer erneuten Niederlage des seleukidischen „Kanzlers" Lysias, der von Antiochos IV auch als Erzieher des minderjährigen Antiochos V eingesetzt wurde.4 Im Jahre 165 v. Chr. griff Lysias von Süden (Idumaea) her an und erlitt bei Beth-Zur süd lich von Jerusalem gegen Judas eine empfindliche Niederlage. Als Folge dieser Niederlage änderte sich die seleukidische Politik.5 Lysias trat nun für einen Ausgleich ein,6 für den er auch Antiochos IV ge winnen konnte.7 In diesen Zusammenhang einer jüdisch-seleukidischen Annäherung gehört der erste Kontakt Jerusalems mit den Rö mern. Der schon erwähnte Brief der römischen Gesandten hat folgendes Formular: I. Präskript: Die Gesandten (Tcpeaßwcci) Quintius Memmius, Titus Manius8 grüßen das Volk der Juden. II. Haltung der Römer: 1. Billigung der Zugeständnisse des Lysias an die Juden; 2. Angebot, die jüdische Sicht vor dem seleukidischen König zur Geltung zu bringen; 3. Aufforderung zur Eile bei der Beratung, da die Gesandten dem nächst in Antiochia sein werden. III. Schluß und Datum (i. J. 148 [sei.], 15. Xantikos). Der Brief selbst bereitet, was seine historische Einordnung angeht, keine Probleme; daß die Römer seit 188 v. Chr. und spätestens seit der siegreichen Schlacht gegen den makedonischen König Perseus bei
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Pydna 168 v. Chr. ihr Interesse auf die seleukidischen-ptolemäischen Konflikte9 und überhaupt die neuralgischen Punkte im Herrschaftsbe reich der Seleukiden richtete, ist evident. Es ist deshalb von vornher ein wahrscheinlich, daß Rom auch über die Vorgänge in Palästina seit 169 v. Chr. informiert war, und es wäre eher verwunderlich, wenn es nicht über die Verhandlungen zwischen Lysias und den Juden Be scheid gewußt hätte.10 Die Art und Weise der Einflußnahme ist dabei freilich aufschlußreich. Sie hat ganz offensichtlich den Ausgleich zwi schen beiden Seiten auf der Basis jüdischer Forderungen zum Ziel, nicht das Schüren des Konfliktes. Damit steht sie in einem Gegensatz zu der weit verbreiteten Forschungsmeinung, die Römer hätten immer nach der Methode divide et impera gehandelt.11 Nach dem Wortlaut des Briefes zu urteilen, kann Rom nicht ausschließlich im Sinn gehabt haben, die seleukidische Macht zu schwächen und dazu den jüdischen Aufstand zu benutzen. Dazu ist er zu zurückhaltend formuliert. Viel mehr haben die (in Kapitel IV diskutierten) Grundsätze römischer Weltmachtpolitik, nach denen Herrschaft als eine Interessengemein schaft zwischen Vormacht und Verbündeten gedeutet wurde, die Fe der bei der Abfassung des Briefes an den Demos der Juden geführt. Die Formulierungen sind außerordentlich vorsichtig, was die eigene römische Position angeht; keineswegs kann man von einem antiseleukidischen Tonfall sprechen. Die Zurückhaltung könnte man vielleicht völkerrechtlich begründen, denn Judäa war „eigentlich" Teil des seleukidischen Reiches.12 Daß man freilich die moderne Systematik des Völkerrechts nicht allzu starr auf antike Verhältnisse übertragen sollte, kann man den römisch-parthischen Beziehungen in der spätrepublikanisch-frühkaiserzeitlichen Epoche entnehmen.13 Deutlich zielte die römische Politik in der ersten Hälfte des 2. Jiahrhunderts v. Chr. dahin, Einfluß durch die Akzeptanz seiner Ver bündeten zu gewinnen. Diesem Ziel diente die Freundschaftssymbo lik. Viel wichtiger als der materielle war in der Tat der symbolische Inhalt der Beziehungen. Rom billigte deshalb die Vereinbarungen zwischen dem seleukidischen Kanzler (erci TCDV 7rpaY^dxcov) Lysias14 und den Aufständischen und bekundete auch darüber hinaus - aller dings ganz unverbindlich - seinen Mitwirkungswillen vor Ort. Damit war wohlwollende Uneigennützigkeit symbolisiert, fernab aller Ge fahren für die jüdischerseits angestrebte Autonomie.15 Eine charakteri stische Standardformel in römischen Briefen und Beschlüssen aus wärtige Angelegenheiten betreffend ist deshalb der Zusatz „unsert wegen" (sc. kann dies oder jenes gelten).16 Diese nach außen und in-
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nen wirkende Symbolhaftigkeit in den Beziehungen Roms zu anderen Staaten wurde selbstredend dann nachhaltig gestört, wenn entweder die Römer kein Interesse an den von befreundeten Staaten an sie her angetragenen Problemen bekundeten oder wenn ihre Aktionen im Umgang mit Vertragspartnern oder um Hilfe nachsuchenden Staaten der postulierten Uneigennützigkeit widersprachen. Diese Störungen zu diskutieren, ist hier nicht der Ort; daß sie eintraten, ist evident, man muß nur an Roms Beziehungen zu Ätolern oder Achaiern denken. Für unsere Fragestellung ist wichtig, daß das jüdische Gemeinwesen unter solchen Störungen nicht zu leiden hatte, und so wird der Brief, der gleichsam die offiziellen jüdisch-römischen Beziehungen inaugurierte, die Voraussetzung für eine Vertiefung der Zusammenarbeit zu einem Zeitpunkt, als sie von beiden Seiten gewünscht wurde. Zunächst gilt es aber zu erörtern, wie sich die aufständischen Ju den Beziehungen zwischen ihnen und der römischen Weltmacht vor stellten und was sie von diesen Beziehungen erwarteten. Diese jüdi sche Erwartungshaltung erhellt nirgendwo klarer als aus einem be rühmten, häufig nicht ganz korrekt als Elogium auf Rom bzw. laus Romanorum bezeichneten Einschub im 1. Makkabäerbuch.17 Der vorliegende Text ist doppelt zu lesen; er bietet eine jüdische Perspektive für das intendierte Bündnis mit Rom und gleichzeitig eine Charakteristik römischer Außenpolitik. Gerade für diese ist er als Quelle wegen der einmaligen Außenperspektive unschätzbar. Es gibt ja sonst keine Urteile anderer außer den griechischen über Rom. Er ist nach meiner Auffassung zudem weit entfernt davon, ein Elogium im eigentlichen Sinne zu sein. Für das 1. Makkabäerbuch - eine während oder kurz nach der Regierungszeit des Hasmonäers Johannes Hyrkan etwa 100 v. Chr. aus dem Hebräischen ins Griechische übertragene Schrift - ist der Text im Wortsinne zentral, denn er steht im 8. von sechzehn Kapiteln und unterbricht die Darstellung: Kapitel 7 endet mit dem jüdischen Sieg über den seleukidischen Feldherrn Nikanor, Kapitel 9 schließt mit Gegenmaßnahmen des neuen Königs Demetrios (162-150 v. Chr.) unmittelbar daran an. Für die jüdische Seite war Rom als Verbündeter in dreifacher Hin sicht interessant: 1. ÖTI eioiv 5\)vaToi ioxui (im hebr. Original wohl b"»n "»"n3"»3), also: machtvoll und kriegstüchtig; 2. Kai e-o5oKO\)aiv xotc; 7tpoaTi6e|j,evoi<; amoiq: wer sich an Rom wendet, erfährt seine Gunst;
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3. die römische Verfassung garantiert Stabilität, Kontinuität und Uneigennützigkeit.I8 Punkt 1 wird im folgenden ausfuhrlich bewiesen durch die zahlrei chen und glorreichen Siege der Römer gegen mächtige und weit ent fernte Gegner in aller Welt. Namentlich aufgezählt werden die Expe ditionen ev totq rcctaxTccK; (Gallien? Galatien?), in Spanien, gegen Philipp V und Perseus von Makedonien; besonders ausfuhrlich wird aus naheliegenden Gründen auf den Krieg gegen den seleukidischen König Antiochos III eingegangen, schließlich offenbar auch auf den achaiischen Krieg, der mit der Zerstörung Korinths 146 v. Chr. en dete;19 des weiteren wird auf nicht namentlich genannte Könige und Inseln hingewiesen, deren Angriffe sich Rom zu erwehren hatte. Be zeichnenderweise nennt der Text nicht Karthago und Hannibal,20 und z\var, wie anzunehmen ist, weil diese Auseinandersetzung nicht ohne Makel fiir Roms Unbesiegbarkeit war. Wie schon D. Flusser erkannt hat, fehlt im Text völlig der - fiir ein Elogium doch naheliegende Gerechtigkeitsgedanke; es werden allein die militärischen Fähigkeiten der Römer herausgestellt.21 Wichtig ist ferner, daß allein die Furcht vor ihrem Namen politische Wirkung zeigt (12) - das heißt, ein Bünd nis mit ihnen nützt auch dann, wenn es keine materiellen Konsequen zen haben sollte. Die militärische Macht der Römer und die furchter regende Kraft ihres Namens ist auch in anderen zum Teil älteren jüdi schen Quellen formuliert.22 Viele Forscher entnehmen dem Text eine generell antimonarchi sche Position der jüdischen Seite,23 und die (gleichzeitige und spätere) Imperialismus-Kritik, wie wir sie in römisch-griechischen Quellen vorfinden, scheint diese Annahme zu bestätigen. Roms Gegner waren ja auch tatsächlich in erster Linie (hellenistische) Könige. Anderer seits sagt der Text, daß die Römer zu Königen machten, wen sie wollten (13), und daß sie andere Könige beschenkten (8). Deswegen ist der von den Juden angenommene Antimonarchismus Roms zumin dest abzumildern. Die Auffassung, daß der Text „in Wahrheit" das hasmonäische Königtum (seit Aristobul I den Königstitel angenom men hatte) treffen wollte, ist nach dem Gesagten eher unwahrschein lich.24 Trotzdem ist die Verfassungsproblematik für das jüdische Ur teil über die Römer von entscheidender Bedeutung. Punkt 2 betont die Gunst der Römer, denn es wird gesagt, daß die Römer mit allen daran Interessierten Freundschaft schließen (1), daß sie desinteressiert sind an territorialen Gewinnen und die Früchte der
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Siege ihren Freunden zukommen lassen (8), daß sie zuverlässig und vertragstreu sind (11), kurz: daß ihre Freunde von ihnen profitieren. Punkt 3 betrifft schließlich die Verfassung. Diese wird deshalb so pointiert erwähnt, weil sie Stabilität garantiert, Wechselfalle, wie sie in Monarchien bei jedem Herrscherwechsel auftreten können, aus schließt. Diadem und Purpur werden gleichgesetzt mit (pGövoq Kai £fjÄ,o<; ev a\)xoT<; (16). Es spricht vieles dafür, mit M. Sordi anzuneh men, daß diese Einschätzung der römischen Ordnung am besten auf die Zeit um 161 v. Chr. paßt. Doch stehen auch einer späteren Datie rung (also z. Z. Hyrkans I) keine Bedenken im Weg, zumal die Juden anders als das mittlerweile desillusionierte Griechenland während der Hasmonäerzeit (zumindest bis Alexander Jannaios) keine schlechten Erfahrungen mit Rom machen mußten. Es ist nun wichtig, diese spezifisch jüdischen Perspektiven einer Zusammenarbeit mit den Römern nicht zu verwischen mit einem aus unserer Kenntnis der hasmonäischen Geschichte konstruierten angeb lichen Hintersinn des Rom-Abschnitts (also: das Diadem ziele auf Jannaios; die Terminologie des Textes verweise auf den römischen Imperialismus; die Einigkeit der römischen Gesellschaft als Mahnung an die hasmonäische Gesellschaft etc.). Es geht um nichts anderes als um Vorteilsüberlegungen im Augenblick des von Judas Makkabäus intendierten Vertrages mit Rom; moralische Kategorien und innenpo litische Bezüge sind davon strikt zu trennen. Die große Bedeutung des Textes liegt aber darin, daß er die römi sche Politik aus der Sicht von Betroffenen evaluiert. Daß Macht und Kriegsruhm hervorgehoben werden, ist nicht überraschend. Bemer kenswerter ist, daß die römische Vorstellung von „gerechten Kriegen" als Motor der Reichsentwicklung keine Rolle spielt;25 im Gegenteil, der jüdische Autor verschweigt nicht, daß die Römer auch Kriegszüge unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gewinne ohne eigentlichen Rechtsgrund unternahmen.26 Danach wurden die zahlreichen Kriege also nicht zum Zwecke der territorialen Eroberung geführt - dieser Aspekt ist natürlich aus jüdischer Sicht zentral -, sondern finanzieller Gewinne wegen. Besiegte mußten jedenfalls (pöpoi (Tributzahlungen) zahlen, die Seleukiden sogar dauerhaft. In diesen Tributzahlungen als Zeichen der Untertänigkeit manifestierte sich die römische Herrschaft ebenso wie in der oben beschriebenen Akzeptanz seitens der Verbün deten. „Freunde" wie Eumenes von Pergamon profitierten von den römischen Eroberungen und sicherten als „Gegenleistung" den römi schen Einfluß.27 Folglich schlössen die Römer, so die jüdische Ein-
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Schätzung, auch mit allen Interessierten Freundschaft - hier klingt die patronale Struktur römischer Herrschaft an. Die gesamte Darstellung ist also keineswegs idealisierend, so wie das spätere römische parcere subiectis et debellare superbos (s. oben). Es wird nicht verschwiegen, daß Römer Menschen erschlugen, Frauen und Kinder gefangennah men, ausplünderten, versklavten (10) - im Sinne einer effektiven Kriegführung war dies doch durchaus nützlich für bedrohte Verbün dete der Römer. ; Auch die römische Verfassung wird nicht um ihrer selbst willen gepriesen. Sieicharakterisierte vielmehr die römische Weltmacht prin zipiell anders, nicht weil „Republiken" sonst unbekannt gewesen wä ren, sondern weil bisher alle Judäa beherrschenden Weltmächte aus schließlich von Königen geführt wurden. Auch in dieser Beziehung war also gegen ein Bündnis mit den Römern nichts einzuwenden. Und bei „Diadem" und „Purpur" mochten viele Juden an das Spektakel von Daphne im Jahre 166 denken, wo sich Antiochos IV, offenbar unbe eindruckt vom „Tag von Eleusis", als er vom römischen Gesandten in Alexandria gedemütigt worden war, pompös feiern ließ.28 Die römi sche Verfassung hatte im Gegensatz zu dieser Art von Monarchie als Mittelpunkt ein vielköpfiges Gremium, das täglich (!) beriet und wohlüberlegt entschied - ein entschiedener Vorteil gegenüber Will kürakten, die bei Monarchien, zumal solchen hellenistischen Typs, ja immer möglich waren. Ähnlich vorteilhaft erschien der beständige, nämlich jährliche Turnus in der Besetzung der höchsten Beamtenstellen.29 Es ergibt sich also zusammenfassend folgende Außenansicht römi scher Reichspolitik: Kriegführung wird als die Grundlage der römi schen Macht erkannt; direkte Herrschaft lehnen die Römer ab, ohne daß Rom übermäßig idealisiert wird und als im eigentlichen Sinne un eigennützig präsentiert wird; der Einfluß Roms auf andere Staaten läßt sich über „Freunde" und Verbündete sichern; die Überlegenheit Roms liegt außer in einer skrupellosen Kriegführung auch in der Verfassung begründet.30 Doch auch das, was der Autor nicht sagt, ist bemerkens wert. Weder ist von einem römischen „Reich" noch von „gerechten Kriegen" die Rede. Ciceros Deutung, daß die Römer sociis defendendis zur Herrschaft über die Welt gelangt sind, geht aus dem vorliegen den Text nur mittelbar, nämlich über das Herrschaftsmittel der amicitiae hervor. Von Uneigennützigkeit - wie es die Griechen bei den Isthmien 196 v. Chr. vermuteten - oder bloßer Verteidigung - wie die
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Römer selbst verbreiteten - ist überhaupt keine Rede; die römische Politik wird deutlich als herrschaftlich ausgerichetet beurteilt. Der jüdische Autor des 1. Makkabäerbuches interessierte sich frei lich nicht dafür, römische Herrschaft zu rechtfertigen. Ihm ging es darum, die Notwendigkeit eines Bündnisses mit Rom vor Augen zu fuhren. Danach brachte Rom als Verbündeter in jedem Fall, also auch wenn es nicht aktiv Unterstützung bot, den Aufständischen Vorteile, während Gefahren von ihm infolge seiner Verfassung, die es von den hellenistischen Reichen unterschied, für Judäa nicht ausgingen. Römi sche Vertragstreue schien gesicherter zu sein als hellenistische, zumal seleukidische.31 Bei Flavius Josephus, über 200 Jahre später, spielten indes diese komplexen Überlegungen zum Pro und Contra eines rö misch-jüdischen Vertrages keine Rolle mehr, so daß seine Version der jüdischen Bündnispolitik zur Zeit des Makkabäeraufstandes lediglich auf die große römische Macht hinweist.32 Der Historiker, der auch die Zukunft dieses Bündnisses kennt, wird jedoch in diesem vom 1. Makkabäerbuch bewahrten Dokument auch den Kern des Mißverständnis ses zwischen Juden und Römern hinsichtlich des Zusammenlebens unter einem römischen Dach ausfindig machen, das die Beziehungen zwischen beiden Seiten letzten Endes in die Katastrophe von 66 v. Chr. führen sollte. 2. Die Verträge zwischen Rom und Judäa von 161 bis 104 v. Chr. Die Überlieferung, die hauptsächlich, aber nicht ausschließlich jü disch ist, nennt einige Verträge zwischen Juden und Römern - wohl sechs an der Zahl -, die allesamt in die erste Hälfte der makkabäischhasmonäischen Dynastie fallen. Mit der Erforschung dieser Verträge verhält es sich eigenartig. Es ist nämlich sehr viel Fleiß auf die (im Wortsinne) Kritik der Quellen verwandt worden, während die Sache selbst, das heißt der Inhalt und die historische Bedeutung der mit die sen Verträgen konstituierten, von Anfang an freundschaftlichen rö misch-jüdischen Beziehungen für die weitere Entwicklung des beider seitigen Verhältnisses, in den Hintergrund trat. Nun will ich durchaus nicht die Notwendigkeit einer begründeten Quellenkritik in Frage stellen, zumal in diesem Fall. Aber es kann nicht deren Sinn sein, die unleugbaren Widersprüche und Ungenauigkeiten der Überlieferung so „aufzulösen", daß diese den eigenen Spekulationen über den Gang der Geschichte nicht (mehr) im Wege stehen. Wer Quellenaussagen ver wirft, ist beweispflichtig; und solange die Beweise nicht stichhaltig
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sind, ist im Zweifel die überlieferte der modern konstruierten Version vorzuziehen.33 Daß wir von den römisch-jüdischen Vertragsbeziehun gen insbesondere über die Makkabäerbücher (v. a. das erste, das wir wohl an das Ende des 2. Jährhunderts v. Chr., jedenfalls nach 135 v. Chr. datieren dürfen) sowie über die Jüdischen Altertümer des jüdi schen Historikers Flavius Josephus (1. Jahrhundert n. Chr.) erfahren, ist'angesichts der für das Altertum notorischen Quellenarmut geradezu ein Glücksfall. Diese Hauptquellen werden durch (naturgemäß) bei läufige Bemerkungen in der griechisch-römischen Überlieferung er gänzt. Die folgende Untersuchung orientiert sich also an dem Quel lenbefund, der natürlich kritisch auf seinen Realitätsgehalt, auf seine Vereinbarkeit mit den seinerzeitigen politischen Regeln hin, überprüft werden muß. Der historische Hintergrund der vertraglichen Beziehungen zwi schen Rom und Judäa ist bereits in den vorhergehenden Kapiteln be handelt worden. Während Rom nach seinem Sieg über den makedoni schen König Perseus (168 v. Chr. bei Pydna) seinen außenpolitischen Einfluß weiter ausbaute - bezeichenend hierfür ist die Episode am so genannten „Tag von Eleusis" - und weiter nach einem funktionieren den Herrschaftsmodell im Osten suchte, nahm auf der anderen Seite dei* allmähliche Auflösungsprozeß des Seleukidenreiches seinen Fort gang.34 Als Folge der sehr rigiden Religionsedikte des Antiochos IV Epiphanes kam es in Judäa zum sogenannten Makkabäeraufstand (be nannt nach Judas Makkabaios) um eine Priesterfamilie aus dem jüdi schen Modin (ca. 30 km nordwestlich von Jerusalem). Der Kampf der Makkabäer wurde unterstützt durch die neu kon stituierte Gruppe der D"H">on (Aaiöcuoi, Chasidim) und war eine ak tiv-militärische Auseinandersetzung mit einem nahezu übermächtig erscheinenden Gegner. Religionsverbot und Aufstandserfahrungen seit 167 v. Chr. ließen im Judentum das Bewußtsein entstehen, daß sich so etwas wie ein Religionsverbot seitens einer fremden Macht nie wie derholen dürfe, und aus diesem Bewußtsein heraus gründete sich der nach dem Aufstand entstandene jüdische Staat auf zwei Pfeilern: Ei nem militärischen und einem religiösen. Seine Mitte bildete nach wie vor das HohepHesteramt - seit Jonathan und insbesondere Simon, dem dritten Makkabäer -, das aber nun (mit Billigung der Frommen) in der Hand der makkabäisch-hasmonäischen Familie monopolisiert war und dessen Inhaber die alleinige politische und militärische Führung inne hatte. Die jüdischen Institutionen (die „große Versammlung", Priester, Volk), von denen in der Folgezeit nur noch am Rande die Rede ist,
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traten hinter den hasmonäischen Hohepriester, der seit 104 v. Chr. in Personalunion auch König war, zurück.35 Beide Seiten betrieben also zum Zeitpunkt ihres Kontaktes aktiv äußere Politik: Rom, dessen Au ßenpolitik sich immer stärker über das hellenistische Staatensystem legte, und Judäa, dessen eigenständige und auf Unabhängigkeit von den Seleukiden zielende Innenpolitik nach (modern gesprochen) völ kerrechtlicher Anerkennung strebte. Gerade dieser Aspekt muß betont werden: Nicht um materielle Hilfe ging es in der makkabäischen Au ßenpolitik, sondern um die Bestätigung des Erreichten durch die „in ternationale", d. h. hellenistische Staatengemeinschaft, und insbeson dere natürlich die Großmacht Rom. Die Verträge Wenden wir uns nun den Verträgen im einzelnen zu. A) Der erste Vertrag, dessen Abschluß eine jüdische Gesandtschaft in Rom erwirkte, gehört in das Jahr 161 v. Chr., und zwar nach dem jüdischen Erfolg über Nikanor, den seleukidischen Feldherrn.36 We sentlich für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Rom war neben dem gerade errungenen Sieg der Aufständischen über Nikanor ein seleukidisches Einlenken gegenüber den Juden im Angesicht der jüdischen Aufstandserfolge, aber auch infolge innerseleukidischer Turbulenzen. Die vom Seleukiden-König gestützte jüdische „Regie rung" um die kooperationswilligen Hohepriester, zunächst Menelaus und dann Alkimus, wurde sogar fallengelassen; schon Antiochos V hatte seit 163 v. Chr. offen mit den Makkabäern verhandelt und ihnen Autonomie zugesichert.37 Doch dann (im Jahre 162 v. Chr.) usurpierte Demetrios I nach seiner Flucht aus Rom, wo er als Geisel lebte, den Thron, brach die Zusagen des Antiochos V und setzte mit Alkimos wieder einen pro-seleukidischen Hohepriester ein.38 Die erneuten se leukidischen Militäraktionen gegen die Aufständischen scheiterten je doch,39 Judas Makkabäus besiegte am 13. Adar 161 Nikanor, welches Datum dann ein regulärer jüdischer Feiertag wurde.40 Mit diesem Er folg hatte Judas den Rechtsbruch des Demetrios I rückgängig gemacht und die von Antiochos V beeidete Autonomie des jüdischen Gemein wesens wiederhergestellt. Diese zumindest partielle Unabhängigkeit schlug sich zunächst in einer verstärkten diplomatischen Aktivität Judäas (nicht allein mit Rom) nieder, oder anders: Judas versuchte, sei nem „Staat" die völkerrechtliche Anerkennung der hellenistischen Staatenwelt zu verschaffen, und daß Rom am Anfang dieser Bemü-
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hungen stand, ergibt sich nicht nur aus seiner machtpolitischen Stel lung seit 168 v. Chr., sondern auch aus seiner entfernten Lage, die ein direktes eigenes Interesse an Judäa unwahrscheinlich machte. Dieser Hintergrund des ersten Vertrages mit Rom ist von entscheidender Be deutung für seine Bewertung; denn bisher wurde er immer als ein Versuch der Makkabäer gedeutet, sich in bedrängter Lage jede nur denkbare und vor allem materielle Hilfe von außen zu holen. Der Zeitpunkt des Abschlusses ist jedoch, wie gezeigt, nicht der einer ge rade erlittenen Niederlage, sondern der eines Erfolges. Zu den Gepflogenheiten des antiken Völkerrechts gehörte es, daß diplomatische Beziehungen nicht (wie heute) über die Einrichtung von ständigen Gesandtschaften oder Botschaften aufrechterhalten wurden, sondern über den Abschluß und die stetige Erneuerung von Freund schafts- und Bündnisverträgen. Diese waren selbstverständlich nur dann sinnvoll, wenn beide Seiten „autonom", das heißt, unabhängig von einer dritten Seite handeln konnten; wenn Rom also einem sol chen Vertrag mit Judäa zustimmte, beurkundete es damit seine eigene Auffassung von der Unabhängigkeit des Vertragspartners.41 Sinn und Wert eines solchen Vertrages bestanden also für Judas Makkabäus darin, Bestätigung und Anerkennung für seine Erfolge zu erlangen und auf diese Weise „das Joch von ihnen (nämlich den Juden) zu nehmen", und nicht darin, Hilfe in aktueller Bedrängnis zu erhalten; au
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b) hebt sie indirekt den Zusammenhang von Autonomie und freier Religionsausübung (die ja durch die von Demetrios beabsichtigte Ok troyierung eines hellenisierten Hohepriesters stark bedroht ist) hervor, ein Zusammenhang, der, wie oben ausgeführt, seit Hiskija als konsti tutives Element des jüdischen Gemeinwesens erkennbar ist und der für die griechisch-römische Welt gerade nicht zentral war; und c) läßt sie in ihrer Eindeutigkeit den Römern kaum die Möglich keit, das Bündnis abzulehnen, wenn denn die Grundlage der römi schen Ostpolitik seit 197 v. Chr. noch Bestand haben sollte. Das seleukidische Unrecht gegenüber dem jüdischen Gemeinwesen in Jeru salem war ja schließlich nicht zu leugnen. Der daraufhin abgeschlossene Vertrag ist zwar sowohl vom Autor des 1. Makkabäerbuches als auch von Flavius Josephus vorgeblich im Wortlaut, aber nicht präzise genug überliefert. Das ist erklärbar mit dem Überlieferungszustand des 1. Makkabäerbuches, das den Vertrag vom griechischen Original ins Hebräische und dann wieder ins Grie chische übertragen hat, und mit dem davon abhängigen, darüber hin aus noch weiter verkürzenden bzw. verschlimmbessernden Flavius Jo sephus. Trotzdem ist der Vertrag echt;44 sein Wortlaut ist rekonstru ierbar. Das Vertragsformular: I. Praeskript mit Vertragstitel und Grundsatzerklärung (23): a) KCCXOK; yevoiTo fP(D|iaioi<; Kai xco E9VEI 'Io\)8aicov EV xfj QaXäoor\ Kai erci xfjq ^ripocq eiq xöv aicova („Es möge Römern und dem Volk der Juden gut werden auf dem Meer und auf dem Lande auf ewig") lautet der überlieferte Text, der zweifellos unter der doppelten Übersetzung gelitten hat; Hebraismus ist das einleitende KaXcoq yevoixo, wofür im tatsächlichen Vertrag eine Formulierung wie fol gende gestanden haben dürfte: eipf|vr| EOXCO Kai (piAia Kai ov\iliax'ia Kaxa yfiv Kai Kaxa Ga^axxav eiq xöv arcavxa xpövov („Es soll Frieden und Freundschaft und ein Bündnis sein zu Lande und zu Wasser auf ewige Zeit", sc. zwischen Römern und Juden). b) Die Grundsatzerklärung, die man einfach mit n6XE\ioq ÖE uj| EGXCO („Krieg soll nicht sein") auszudrücken pflegte, wird im vorlie genden Text umschrieben mit pouxpaia Kai i%Qpöc, naKpi)v9£ir| a7c' atixcov („Schwert und Feind seien weit entfernt von ihnen"). II. Vertragsinhalt: a) Jüdische Verpflichtungen:
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1, Schutzkjausel: „Wenn Rom zuerst ein Krieg droht oder allen seinen Verbündeten in seinem Herrschaftsbereich, wird das Volk der Juden von ganzem Herzen mitkämpfen, wie die Zeit es ihnen vor schreibt"; für letzteres (rix; av ö mipöq unoYpacpri ca)ioi<;, Kap5i/n ic^fipei, hebr. wohl m b ^ I M ) hatte das Original wohl eine klarere Formulierung, wie: ipÖTtcp cmoicp (oder &) av 5\)vo)vxat lax^potaxco Kaxä TÖ 5\)vai;öv (oder navxi G6EVEI m t ä TÖ bvvaiöv) („Wie sie es nach Möglichkeit am nachhaltigsten tun können" o. ä.).45 2. Präzisierung: Keine Hilfe für Roms Feinde (26): „Und den Feinden (noXt^ioic, statt des überliefertenrco>,£}j,o\)aiv)werden sie nicht geben und nicht bereitstellen Getreide, Waffen, Silber, Schiffe, wie es Rom schien". Diese Formulierung 6q eöo^ev 'Pcou/p ist zwei fellos untechnisch und dem Inhalt nach problematisch; im Vertrag kann auch nicht das für Senatskonsuite typische Paragraphenzeichen eöo^ev gestanden haben. Daher wird man an eine durch die Übersetzuhg bedingte Verkürzung oder Auslassung der üblichen Einschrän kungsformel -riv öe \ix\ 5ö^T| tpiq 'Pcojiaioiq Kai TCÜ eGvei TCÖV 'Iovöcdcüv ("Wenn es nicht von Römern und dem Volk der Juden gut geheißen wird") zu denken haben. , 3. Die traditionelle Eidesleistung wird durch eine Bestätigungs klausel ersetzt (26). Die überlieferte Formulierung ist wiederum höchst problematisch, aber mit dem Gang der Überlieferung zu erklä ren. Im Text steht: „Sie werden die Einhaltungen (sc. der Bestimmun gen) gewährleisten, ohne etwas zu nehmen" (yvXä^ovmi id ^-u^dYH-ara ca)T(öv ouGevtaxßövxeq,gemeint ist wohl: ohne Gegen leistung; Vulgata: nihil ab eis accipientes). Dies dürfte aus einer For mel entstanden sein, die die Einhaltung der Vertragsbestimmungen „ohne Falsch und Harm" garantieren sollen, also etwa: xconct 8'eivca 5iKcdco<; Kai 7Cpo6\)uxöq Kai a5öXooq („Dies soll auf gerechte Weise, ohne Falsch und Harm gelten") o. ä. b) Verpflichtungen der Römer. 1. Schutzklausel (27): „Dementsprechend werden, wenn dem jüdi schen Volk zuerst ein Krieg entsteht, die Römer beseelt mitkämpfen, wie es ihnen die Zeit vorschreibt". Die Wortwahl (zum Beispiel EK V°Xfl^) deutet wieder auf Hebraismen hin; für ox*\i\ia%r\GOX>Giv ist eher infinitivisches ßonOetv oder imperatives ßor|9o\)VTC0V zu erwar ten. Das Original hat gewiß mit genauen Entsprechungen für Juden und Römer formuliert; die zu al) erkennbaren Abweichungen gehen auf das Konto der Überlieferung.
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2. Präzisierung (28): „Den Verbündeten wird nicht gegeben Ge treide, Waffen, Silber, Schiffe, wie es Rom schien". Auch hier sind Übertragungsfehler erkennbar, etwa die passivische Konstruktion und das sicher nicht ursprüngliche a\)^p,axo\)aiv für IZOXEIIIOIC,. Für rix; e5o^ev 'Pd>n/n siehe die Entsprechung in a2). 3. Bekräftigungsklausel wie a3), aber statt o\)0ev Xaßövxeq (wörtl. „nichts nehmend") hier mehr dem Original angenähert: Kai ox> ^exa böXox) („ohne Falsch und Harm"). c) Vertragsbestätigung (29): „Auf der Basis dieser Bedingungen schlössen die Römer mit dem Volk der Juden den Vertrag". III. Abänderungsklausel, die der clausula rebus sie stantibus ent spricht (30):46 „Wenn nach diesen Bestimmungen die eine oder andere Seite etwas hinzufügen oder streichen will, so sollen sie es nach ihrer Entscheidung tun. Und was sie hinzufügen oder streichen, soll gütlig sein" Daß das 1. Makkabäerbuch den tatsächlichen Vertrag zitiert, ist nach meiner Einschätzung offensichtlich; Josephus dagegen bringt eine schiefe und nicht lediglich eine gekürzte Vertragsbeschreibung.47 Aus naheliegenden religiösen Gründen verzichtete der Autor des 1. Makkabäerbuches auf die sonst üblichen formelhaften, sakral ausge richteten Bestimmungen über Beeidigung und Publikation des Vertra ges.48 Aufgenommen hat er dagegen einen römischen Brief an Demetrios I, der die aus dem Vertrag resultierenden römischen Verpflich tungen vollzieht. Dieser Brief bezeichnet die Juden jetzt wahrheitsge mäß als (piAoi („Freunde") und droht dem seleukidischen König mit Krieg, falls er weiterhin das Recht brechen sollte.49 Er informierte gleichsam aus erster Hand über die neue Beziehung, und das sollte er auch hauptsächlich leisten.50 Daß der Vertrag darüber hinaus auch materielle Hilfsleistungen der Römer stipulierte, trifft nur insoweit zu, als er sie möglich machte; das Formular läßt aber durchaus Entschei dungsspielraum für beide Seiten. Diese (gewollte) Ambivalenz stellt das Bündnis in einen eher abstrakten Rahmen; beide Vertragspartner dürften kaum auf eine Konkretisierung im Kriegsfalle spekuliert ha ben. Eine weitere Rechtsfolge des Vertrages betraf die gesicherte Heimreise der jüdischen Gesandten. Ein entsprechendes Dokument ist bei Flavius Josephus, wenn auch nicht an seinem Platze, überliefert.51 Laut Josephus nämlich schrieb der Konsul C. Fannius52 an die Ge-
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meinde von Kos, daß die jüdischen Gesandten im Besitz von die Ju den betreffenden, aber nicht näher präzisierten Senatsbeschlüssen (xd a\)YKA.f|To\) 5ÖY|iccT(x rcepl OCÜTCOV) seien und von den koischen Be hörden auf ihrer Rückreise gemäß (einem weitereh) Senatsbeschluß (KOCTÖC TÖ Tfjq a'üYKÄ.f|TO'ü S6y\ia) zu unterstützen seien. Diese For mulierung läßt, obwohl der Inhalt der Senatsbeschlüsse unbekannt bleibt, zweifelsfrei auf einen Erfolg der jüdischen Gesandtschaft bei ihrer Mission nach Rom schließen. 3 Wenn der Wortlaut des Senats beschlusses diesem Brief beigefügt wurde (-orcoTeiaKTai 5e xd 8eSoy^ieva), so sollte dem römischen Wunsch nach zuvorkommender Beihandlung ihrer neuen Freunde Nachdruck verliehen werden. Der Fannius-Brief ist ein besonders wichtiges Zeugnis für die Echtheit des Vertrages, weil er eine von der jüdischen verschiedene Überlieferung repräsentiert.54 Zusammenfassend läßt sich sagen: Die jüdische Gesandtschaft nach Rom und der von ihr erreichte römisch-jüdische Vertrag sollten den Aufständischen um Judas Makkabäus Anerkennung als rechtmä ßige und autonome Regierung Judäas verschaffen, und zwar gegen die durch den seleukidischen König Demetrios I begründeten Ansprüche des Hohepriesters Alkimus.55 Die römische Judäa-Politik orientierte sich an der von der Gesandtschaft vorgetragenen Rechtsgrundlage, daß nach Tempelweihe, Autonomiedekret Antiochos V und dem Er folg über Nikanor Judäa eine neue eigenständige Regierung habe, und erkannte diese darum mit einem Vertrag als rechtmäßig an. Das be deutet, daß die römische Politik nicht als primär antiseleukidisch und auf Schwächung eines (ja wohl auch kaum mehr als bedrohlich einzu schätzenden) Gegners bedacht einzustufen ist,56 sondern daß sie schon jetzt, wie später auch die Politik des Pompeius in der jüdischen Frage, äußerst penibel juristisch angelegt war.57 Etwas Besonderes war die durch den Vertrag hergestellte Bezie hung zwischen Rom und Judäa allemal, weil sie nicht, wie sonst üb lich, über kultische Einrichtungen verankert werden konnte.58 Schon die Beeidigung, in der Antike gleichsam die Unterschrift unter den Vertrag, konnte nicht auf die gewohnte Weise durchgeführt werden. Dazu waren die religiösen Systeme Roms und der Juden zu verschie den. In dieser Beziehung waren die Römer freilich flexibel, und sie überließen es wohl schon aus eigenem Interesse dem jüdischen Ver tragspartner, eine für die Vertragseinhaltung bindende und in der Re ligion wurzelnde Form des Vertragsschlusses zu finden. Rom präsen tierte sich also - anders als die Hellenisten und die hellenistisch Ge-
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sinnten auch unter den Juden - als tolerante Macht; es fand eine Kommunikationsebene, die die gemeinsamen sachlichen Interessen in den Vordergrund stellte, die Eigenheiten der Freunde aber respektierte und auch aus der Position der Stärke heraus keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten darstellte. Denn dieser Vertrag war tatsäch lich für beide Seiten vorteilhaft.59 Die Makkabäer fanden nach 6 Jah ren Aufstand Anerkennung als Vertreter einer autonomen Gemeinde seitens einer führenden Macht, die Römer setzten ihre, mal mehr, mal weniger, erfolgreiche Politik fort, ihren Einfluß über Bundesgenossen zu stärken. Der religiöse Charakter des neuen Verbündeten und damit seine Sonderstellung in einer hellenisierten Umwelt kam dabei den römischen Interessen sehr entgegen. Es gibt nicht den geringsten Hinweis darauf, daß eine der beiden Seiten sich mehr erhofft hätte. Wie in den Verhandlungen mit Sparta60 ist auch hier anzunehmen, daß man sich auf beiden Seiten in diesen Fragen einig war. Folgerichtig weiß die Überlieferung nichts von Klagen über ausbleibende Hilfelei stungen, wie sie auf jüdischer Seite ohne weiteres nach dem weiterhin offensiven Vorgehen des seleukidischen Königs gegen die Juden hät ten auftreten können. Beide Seiten legten das Vertragsformular also gleich aus. B) 17 Jahre später (144 v. Chr.) wurde dieser römisch-jüdische Vertrag erneuert, also ein zweiter Vertrag geschlossen. Viel hatte sich inzwischen zugetragen. Zwar hatte der König Demetrios I weiterhin hartnäckig den seleukidischen Anspruch auf Jerusalem geltend ge macht, und Judas der Makkabäer war unmittelbar nach dem römisch jüdischen Vertragsabschluß in einer Schlacht in der Nähe von Jerusa lem gegen den von Demetrios entsandten Feldherrn Bakchides gefal len.61 Aber die Griechen und die hellenistisch gesinnten Juden konn ten ihren Erfolg nur für kurze Zeit auskosten.62 Das Seleukidenreich erwies sich, heimgesucht von immer neuen Usurpationen, als allzu schwach, um seine Provinz Judäa wieder dauerhaft zu integrieren und diese Integration militärisch abzusichern. So konnte der Nachfolger des Judas, sein Bruder Jonathan (160-142 v. Chr.) Erfolge erzielen und seine Position mit einer außenpolitisch immer mehr hellenisti schen Methoden angepaßten, aber mit Rücksicht auf die innenpoliti sche Situation nach wie vor religiös ausgerichteten Politik stärken. Ihm gelang es, die beiden seleukidischen Rivalen um den Königsthron Demetrios I und Alexander Balas, der sich als Sohn Antiochos IV prä sentierte und seit 152 v. Chr. Ansprüche auf die Herrschaft erhob, ge-
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gjeneinander auszuspielen und sich selbst als Bündnispartner in den Vordergrund zu stellen. Jonathan schloß sich Alexander Balas an, von d,em er im Jahre 152 v. Chr. schließlich zum Hohepriester ernannt wurde.63 In der Hierarchie des seleukidischen Reiches stieg Jonathan nach dem Tod Demetrios I als „Freund" des Königs Alexander Balas upd Stratege ganz nach oben; seine Politik wurde „hellenistisch".64 Doch seit 147 v. Chr. erwuchs Alexander Balas ein neuer Rivale um die Macht im Seleukidenreich in Gestalt des Demetrios II, des Sohnes von Demetrios I, der schließlich 145 v. Chr. auch die Königsherr schaft gewann. Jonathan, der im selben Jahre auch Beziehungen mit Demetrios II aufgenommen hatte, mußte sich allerdings wenig später mit einem Treuebruch des seleukidischen Königs auseinandersetzen. Aber es stand schon ein neuer Usurpator namens Tryphon auf der un übersichtlichen seleukidischen Bühne, der als Vormund von Antiochos VI auftrat. Diesem wandte sich Jonathan jetzt zu, und er erlangte von ihm auch entsprechende Zugeständnisse. 5 Daraufhin kämpfte er recht erfolgreich gegen Demetrios.66 Die Situation im Seleukidenreich Mitte der 40er Jahre des 2. Jahrhunderts v. Chr. war also im höchsten Maße verwickelt. Als es 144 v. Chr. zur Vertragserneuerung Jerusalems mit Rom kam, war di& Situation durchaus derjenigen, die zum ersten Vertrags abschluß geführt hatte, vergleichbar. Der seleukidische König Antiochos VI bzw.; sein Vormund Tryphon hatten Jonathan eine quasi-autonome Position übertragen,67 die von dessen Rivalen Demetrios II (wie vordem von Demetrios I) nicht anerkannt wurde. Gegen das Heer von Demetrios II errang Jonathan im Norden Galiläas (bei Hazor und Kedesch am Hülesee) einen Erfolg, sein Bruder Simon war bei der Fe stung Beth-Zur erfolgreich.68 Wie beim ersten Vertrag resultierte der jüdische Wunsch, Kontakte mit Rom aufzunehmen, aus einem Erfolg gegen die Seleukiden. Das 1. Makkabäerbuch und Josephus berichten denn auch ausdrücklich den Zusammenhang zwischen dem Erfolg Jo nathans und dem Absenden der Gesandtschaft nach Rom.69 Auch Rom war auf einem neuen Höhepunkt seiner äußeren Macht angelangt, hatte aber doch 146 v. Chr. einen anderen Weg in seiner Außenpolitik im Osten und Süden seines Reiches eingeschlagen. Unter dem Druck der Verhältnisse sperrte es sich nicht mehr gegen eine direkte Beherr schung eroberter Gebiete und mußte erhebliche Abstriche bei seiner bisherigen patronalen Herrschaftspolitik machen.70 Für Jonathan gab es also doppelten Grund, im Jahre 144 v. Chr.71 um die Erneuerung des Bündnisses mit Rom nachzusuchen:72 Zum einen galt es, sich das
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Erreichte völkerrechtlich bestätigen und die Aktionen des Demetrios als Rechtsbruch kennzeichnen zu lassen, zum anderen aber auch die neue römische Politik den „alten Verbündeten" gegenüber auszuloten. Das Ergebnis, das die Gesandtschaft nach Hause mitbrachte, war trotz gelegentlich in der neueren Forschung geäußerter Bedenken, was ei nen tatsächlichen Vertragsabschluß angeht, positiv.73 Denn die Ge sandten trugen im Senat ihren Wunsch vor, den Vertrag zu erneuern „wie vorher" (KOCTCC TÖrcpoxepov)und erhielten einen Begleitbrief seitens der Römer für ihre geschützte Heimkehr. Die diplomatischen Beziehungen wurden, so können wir daraus folgern, aufrecht erhalten.74 Interessant ist zudem ein weiterer Aspekt der Reise nach Rom. Die jüdischen Gesandten Numenius und Antipater machten nämlich auf ihrem Rückweg in verschiedenen Städten Station, unter anderem auch in Sparta, und übergaben den dortigen Behörden Briefe ihres Hohepriesters Jonathan, deren Zweck der Abschluß eines Bündnisses mit Sparta war. Der Brief an die Spartiaten ist im 1. Makkabäerbuch im Wortlaut wiedergegeben; ihm beigefügt ist zudem ein angeblich alter Brief des spartanischen Königs Areus I an den Hohepriester Onias, welcher die Verwandtschaft zwischen Juden und Spartanern über Abraham belegen sollte.75 Sparta war 146 v. Chr. nach dem von Rom siegreich beendeten Achäischen Krieg endgültig dem römischen Machtbereich angegliedert worden und hatte seine Unabhängigkeit zwar verloren, aber als civitas libera eine von den Römern garantierte, vergleichsweise starke und autonome Stellung auf der Peloponnes inne, die es auch als Bündnispartner für andere Staaten attraktiv machte. Wenn Jonathan sich aber an die recht weit entfernte Stadt am Eurotas wandte, so konnte er unmöglich auf tatsächliche materielle Hilfe gerechnet haben, und in diesem Sinne äußerte er sich auch in seinem Schreiben.76 Es ging ihm gewiß auch nicht darum, vorder gründige Ähnlichkeiten zwischen der spartanischen und jüdischen Ordnung herauszustellen und auf deren Basis eine Art Interessenge meinschaft zwischen Sparta und Jerusalem herzustellen.77 Vielmehr ging es ihm, wie schon Judas Maccabaeus zuvor, um die Anerkennung Judäas in der internationalen Staatengemeinschaft. Sparta war auf grund seiner starken Stellung und seines historisch bedingten Anse hens der richtige Adressat für diese Wünsche Jerusalems. Der Briefkopf ist eine Grußadresse des Hohepriesters Jonathan, der Gerusia des Volkes, der Priester und des übrigen Volkes der Juden
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an die Spartiaten, ihre Brüder.78 Der Argumentationsgang in dem Brief ist folgender: 1. Spartaner und Juden sind verwandt, was euer eigener König festgestellt und zur Grundlage der jüdisch-spartanischen Beziehungen gemacht hat (6-8). 2. Wir brauchen keine direkte Hilfe, weil Bibel und Gott uns bei stehen (9 u. 15). 3. Es gehf uns also nur um die Bewahrung der von Euch initiierten Freundschaft (rcpöq TÖ \ir\ e^aXXoxptcoGfivai -Ü^CÖV, „damit wir euch nicht entfremdet werden", ist zentral); wir haben unseren Beitrag durch ständigfes öffentliches Gedenken an diese Freundschaft geleistet (10-11). ■ 4. Trotz aller Bedrängnisse in der Vergangenheit suchen wir auch jetzt nicht die Freundschaft mit anderen Städten um augenblicklicher Hilfe willen (denn die erhalten wir ohnehin von Gott), sondern um un sere eigene Treue durch eine Erneuerung der Freundschaft und Brü derlichkeit zu bekunden (13-18). 4 Diese Argumentation verlegte die Freundschaft zwischen Sparta uhd den Juden in eine Sphäre jenseits aller Vertragspolitik und übte auf den avisierten Partner moralischen Druck aus; denn diese Freundsfchaft gründete ja auf Verwandtschaft, war also losgelöst von bloßem Eigennutz und Hilfesuchen in bedrohlicher Situation. Im übrigen war diese Form der Werbung um Bündnispartner, wie sie Jonathan betrieb, kein Einzelfall in der hellenistischen Welt; wir haben weitere Zeug nisse, aus denen die politische Dimension solcher tatsächlichen oder vermeintlichen Verwandtschaften klar wirdJ^Diese nahmen ganz of fensichtlich den Platz religiöser Bindung an das Vereinbarte auch dann ein, wenn die religiösen Systeme der Vertragspartner zu ver schieden waren. In unserem Fall leitete sich die Verwandtschaft über Abraham ab, was natürlich konstruiert war. Daß es aber schon vor Jo nathan gute Beziehungen des jüdischen Gemeinwesens zu Sparta gab, ergibt sich aus der Flucht Jasons dorthin, mehr als 20 Jahre vor der Initiative Jonathans, „wegen der Verwandtschaft" (5icc TTJV croyyeveiav).80 Möglicherweise gingen diese Verbindungen zwischen Je rusalem und Sparta tatsächlich schon auf die Zeit des spartanischen Königs Areus I (309-265 v. Chr.) zurück, der Sparta auf neue, helleni stische Bahnen (vgl. besonders die Einführung der Münzprägung) führte und eine aktive und dynamische Außenpolitik - er fiel im Chremonideischen Krieg im Jahre 265 v. Chr. - betrieb. Der Brief, den das 1. Makkabäerbuch überliefert, konstatiert nur, daß in einem
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Dokument (ypacpfj) etwas von einer Verwandtschaft zwischen Juden und Spartiaten gefunden wurde, und daß beide von Abraham ab stammten. Damit sollte ein positives Verhältnis begründet werden.81 Undenkbar ist eine solche Absicht für Areus gewiß nicht, auch wenn es doch wahrscheinlicher ist, die Initiative auf jüdischer Seite zu ver muten, denn es läßt sich nicht leugnen, daß zu diesem Zeitpunkt unter Jonathan ein sehr starkes jüdisches Interesse an einer derartigen Ver bindung bestand.82 Sparta scheint sich einige Zeit zur Beratung genommen zu haben; jedenfalls hören wir von einer Antwort erst zur Zeit Simons.83 Das Zögern ist auch verständlich, weil Jonathans Stellung keineswegs so eindeutig war wie später diejenige Simons. Für Jonathan jedoch war gerade die Anerkennung seitens der hellenistischen Staatenwelt gegen den seleukidischen Staat das Ziel seiner diplomatischen Bemühungen, um nicht isoliert dazustehen. Aus diesem Grund betonte er, daß auch mit anderen Staaten verhandelt würde, daß die Römer auf jüdischer Seite seien, daß ein Bündnis keinerlei materielle Verpflichtung mit sich brächte und daß Juden allein auf Gott als Helfer vertrauen. C) Die nächste Vertragserneuerung mit den Römern kam unter dem letzten der Makkabäer, Simon, zustande. Die Bemühungen Jo nathans hatten zwar nicht verhindern können, daß Demetrios II ihn weiterhin bedrängte, aber Jonathan war aufs Ganze gesehen recht er folgreich.84 Doch schließlich wurde er von Tryphon, der über seine Vormundsrolle von Antiochos VI hinaus selbst die Herrschaft an strebte, gefangengenommen.85 So wurde die Führung auf den letzten der Makkabäer-Brüder, Simon, übertragen.86 Ihm gelang zunächst die Rettung aus höchster Not, nämlich Tryphon, der schon Kontakte mit der Akra, der hellenistischen Burg in Jerusalem, aufgenommen hatte, aus Judäa zurückzuschlagen.87 Die Ermordung Jonathans konnte er freilich nicht verhindern. 8 Nun unterstützte Demetrios II wieder Si mon in ihrem gemeinsamen Kampf gegen Tryphon, der inzwischen Antiochos VI umgebracht und damit seine Maske fallengelassen hatte, und verlieh ihm 142 weitgehende Privilegien, die einer Unabhängig keit gleichkamen.89 Simon gelang zudem kurz danach, nach vielen vergeblichen Versuchen seiner Brüder, die Eroberung von Geser und vor allem der erwähnten hellenistischen Burg in Jerusalem, der Akra.90 Um diese Zeit herum, also noch vor dem Erlaß der Verfassung 140 v. Chr.,91 wurde der römisch-jüdische Vertrag nach dem Wechsel in der Führung und (wieder) nach Erfolgen des neuen Anführers ein
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weiteres Mal erneuert. Kurz danach brach Demetrios II zu einem Partherfeldzug auf, und auf dieser Expedition wurde er gefangenge nommen, mit der Folge, daß sich das seleukidische Thronfolgekarus sell erneut zu drehen begann.92 Vom Charakter des Vertrages wissen wir nicht mehr, als daß es eine (piAAcc KCCI ox)\i\iaxi<x war und dieselbe Form wie seine beiden Vorgänger hatte - mit anderen Worten, es handelte sich um eine bloße Bestätigung der diplomatischen Beziehungen zwischen Jerusalem und Rom. Die Vertragserneuerung mit Rom ging aller Wahrscheinlichkeit nach, wie zuvor auch, von dem jüdischen Hohepriester aus.93 Denkbar ist es aber, daß Rom in einem Kondolenzschreiben anläßlich des To des Jonathans (eÄ,\)7tf|0T|aav O9o5pa) öder in einer Grußadresse an den neuen Hohepriester Simon an die Möglichkeit einer Vertragser neuerung erinnert hatte.94 Denn es war ja noch gar nicht lange her, daß ein Freundschafts- und Bündnisvertrag abgeschlossen worden war; es lag also durchaus nahe, daß die Römer gleich, nachdem sie von dem tod eines gerade eben gewonnenen „Freundes" erfahren hatten, ihr Mitgefühl bekundeten und das Vertragsverhältnis auf den Nachfolger übertrugen. Wie es auch gewesen sein mag, im Zusammenhang mit dieser Er neuerung des jüdisch-römischen Bündnisses wird im 1. Makkabäerbuch erneut ein Brief der Spartiaten an den „Hohepriester Simon, die Ältesten, die Priester und das restliche Volk der Juden, ihren Brüdern" überliefert.95 Es ist nicht zu entscheiden, ob dieser Brief eine - dann freilich verspätete - Antwort auf die Gesandtenmission des Jonathan war, oder ob dieselben Gesandten Numenios und Antipater noch ein mal am Anfang der Herrschaft Simons nach Rom und Sparta aufge brochen sind. Wichtig ist, daß aus diesem Brief nicht nur die Bestäti gung des freundschaftlichen Verhältnisses - indem einmal die Mission der Gesandten unter die offiziellen Urkunden der Stadt aufgenommen wurde und zum anderen ein offizieller Beschluß über die ehrenvolle Aufnahme der Gesandten, nämlich als Freunde, erging -, sondern auch der ideelle, nicht materielle Charakter dieser Freundschaft her vorgeht.96 D) Unter Simon gab es noch einen weiteren römisch-jüdischen Vertrag. Denn höchstens vier Jahre später kam es erneut zu jüdisch römischen Kontakten, die unter dem Namen „Schildgesandtschaft" (benannt nach dem Hauptgeschenk der jüdischen Gesandtschaft an die Römer) bekannt geworden sind.97 Den auf diese Gesandtschaft hin er-
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folgten Vertragsabschluß zwischen Rom und Simon muß man als völ kerrechtliche Anerkennung des jüdischen Staates durch Rom ansehen, wie ja dessen Unabhängigkeit bereits von dem neuen seleukidischen König Antiochos VII (138-129 v. Chr.) bestätigt worden war; ganz richtig ordnet der Autor des 1. Makkabäerbuches ihn auch nach dem Brief des seleukidischen Königs an Simon ein.98 Völkerrechtliche Anerkennung ist immer eine öffentlichkeitswirk same Angelegenheit, so daß sich ohne weiteres die in diesem Zusam menhang erwähnten römischen Briefe an Könige, Länder und Städte erklären, die den Status der Juden als Freunde der Römer sowie die Tatsache einer Vertragserneuerung mitteilten. Da einer der betreffen den Briefe, nämlich der an Ptolemaios VIII, König von Ägypten, im 1. Makkabäerbuch überliefert wurde, können wir uns eine Vorstellung von ihnen machen. Sie enthielten jeweils das Ersuchen der Juden und die auf dem Wege des Senatsbeschlusses erfolgte Antwort der Rö mer." Die lange Liste der Adressaten,100 angesiedelt in einem großen Halbkreis von der Ägäis und der Peloponnes, über Kleinasien im Nor den und Westen Judäas, jenseits des Euphrat im Osten Judäas, sowie Nordafrika im Süden Judäas, deutet wohl ungefähr auf den Umfang jüdischer internationaler Kontakte. Diesen Regionen die römische Po sition zu übermitteln und auf diesem Wege ein gleichberechtigtes Mitglied der Völkergemeinschaft zu werden, war gewiß ein Anliegen der jüdischen Gesandtschaft, die auch die Liste der Könige, Städte und Länder aus Jerusalem mitgebracht haben dürfte. Niemand konnte die sem Wunsch mehr Nachdruck verleihen als die Römer, deren Einfluß in diesem Teil der Welt immer mehr zunahm.101 Eine genaue Datierung des Vorgangs ist, trotz vielfältigster Bemü hungen, auch heute noch nicht möglich. Ein vnaxoc, Aetiiaoq („Kon sul Lucius") hat den oben zitierten Brief an Ptolemaios VIII geschrie ben, aber wann?102 Insbesondere hat ein bei Josephus für das Jahr 47 überlieferter und von dem Prätor (oTpaTrryog) Lucius Valerius veranlaßter Senatsbeschluß für Verwirrung gesorgt, seit F. Ritschi und L. Mendelssohn 1873 und 1875 für die Identität des L. Valerius mit dem oben erwähnten Lucius eingetreten sind. 103 Einwände erhob zuerst Th. Mommsen,104 und seitdem hat sich eine lebhafte Forschungsdis kussion zum Thema entwickelt.105 Die Ähnlichkeiten des Senatsbe schlusses bei Josephus mit dem Brief des Lucius sind freilich nicht zu verkennen, aber für eine Identifizierung der Personen reichen sie nicht aus; denn die Divergenzen fallen gleichfalls ins Gewicht.106 In dieser Frage ist keine Sicherheit zu erzielen, und die aufgezählten Gemein-
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samkeiten beider Dokumente müssen nicht notwendigerweise auf einen Vorgang zurückzuführen sein. 1 Es lassen sich für das römische-jüdische Verhältnis am Vorabend dpr hasmonäischen Dynastie, das heißt, vor der Herrschaft des SimonSohnes Johannes Hyrkan I (135-104 v. Chr.) folgende Aussagen ma chen: , 1. In der Außenpolitik Simons, der sich in seiner Innenpolitik wie der stärker als sein Bruder Jonathan den Chasidim zugewandt hatte, wurde Rom eine zentrale Größe: Rom erkannte den jüdischen Staat upter Führung der Makkabäer sowohl nach Jonathans Tod als auch nach der Unabhängigkeitserklärung an und gab damit auch ein positi ves Signal für die Nachbarstaaten Judäas. 2. Rom übernahm, wahrscheinlich von der zweiten jüdischen Ge sandtschaft mehr gedrängt als gewollt, eine Patronatsfunktion; in die sem Sinne sind Senatsbeschluß und Briefe an die Könige, Länder und Städte zu deuten. Die Rolle der Römer konnte für die hasmonäische Staatsbildung allein schon wegen ihres weltpolitischen Gewichtes nicht unerheblich gewesen sein, und die (eher historisch als theologisch argumentie rende) Darstellung des 1. Makkabäerbuches erkennt diese Rolle im Unterschied zum 2. Makkabäerbuch an. Sie war um so positiver zu bewerten, als die Römer offenkundig keinerlei eigenes Interesse an der Region hatten. Insofern wurde freilich das jetzt so gute römischjüdische Verhältnis zum Nährboden für folgende Mißverständnisse über die politischen Ziele beider Seiten. Es sollte sich zeigen, daß die sem Mißverständnis einerseits die Römer infolge ihrer engen Auffas sung von Patronat und von Fürsorge unterlagen, andererseits aber auch gerade diejenigen Juden, die wie Simon eine mittlere Position zwischen den radikal Frommen und den hellenisierten Juden einnah men. Gerade dieser Gruppe war die Religion nicht Selbstzweck, son dern das wichtigste Mittel zur Wahrung der politischen Autonomie, und ihre Fehleinschätzung bestand darin, daß sie die römische Politik mit diesem Ziel für vereinbar hielten. E) Die letzte Erneuerung und damit der letzte jüdisch-römische Vertrag vor Pompeius fällt in die Ära des ersten hasmonäischen Für sten, Johannes Hyrkan I (135-104 v. Chr.). Auf das 1. Makkabäerbuch können wir für diese Zeit nicht mehr als Quelle zurückgreifen, so daß wir uns von nun an in erster Linie auf Flavius Josephus verlassen niüssen, dem aber gleichfalls ftir die Darstellung der Regierungszeit
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von Johannes Hyrkan eine andere Quellengrundlage zur Verfugung stand. Hyrkan I, Hohepriester wie sein Vater, nahm offenbar zweimal Verbindungen zu den Römern auf: das erste Mal zwischen 128 und 125 v. Chr.,107 und zum zweiten Mal zwischen 114/3 v. Chr. (Beginn der Regierung des seleukidischen Königs Antiochos IX Kyzikenos) und 104 v. Chr. (Tod Hyrkans), vielleicht in den ersten zwei Jahren (gemeinsame Herrschaft Antiochos VIII und Antiochos IX) oder nach 107 v. Chr. (Eroberung Samarias).108 Die recht lange Regierungszeit des ersten Hasmonäers war we sentlich von der sich fortsetzenden Schwäche der seleukidischen Macht, die sich in immer neuen Thronstreitigkeiten aufrieb, begleitet. Zwar hatte sich Hyrkan gerade am Anfang seiner Herrschaft der hart näckigen Angriffe seitens des seleukidischen Königs Antiochos VII zu erwehren - was ihm nur unter der zumindest partiellen Preisgabe der jüdischen Souveränität gelang -, 109 aber von 129 v. Chr. an setzte seine e-ürcpayia ein, die einmal mehr den Zwistigkeiten innerhalb seleukidscher Thronprätendenten zu verdanken war.110 Erfolge gab es vor allem im außenpolitischen Bereich.111 Sie stärkten auch Hyrkans Selbstbewußtsein im Umgang mit den seit Judas Makkabäus und Si mon mit der politischen und militärischen Führung in Jerusalem ver bündeten Frommen.112 So ist die Regierungszeit des ersten Hasmonä ers geprägt von außenpolitischer Expansion, aber auch von beginnen den innenpolitischen Konflikten. Die wachsende internationale Bedeutung Judäas, die sich umge kehrt proportional zum seleukidischen Niedergang entwickelte, schlug sich in der jüdischen Diplomatie nieder. Mit Rom kam es, wie gese hen, mindestens zweimal zu Kontakten und Vereinbarungen - geht man nach den Quellen, so suchte Hyrkan diese Kontakte, um seinem Staat Ansehen und Bestätigung, nicht materielle Unterstützung in Ge fahren zu gewinnen. Rom seinerseits hatte zu diesem Zeitpunkt gerade die ersten gra vierenden innenpolitischen Rückwirkungen seiner Expansion erfah ren. Das hatte zwar keine nachhaltigen Konsequenzen für die Außen politik, führte aber doch dazu, daß außenpolitische Fragen zunehmend von den innenpolitischen Problemfeldern überdeckt wurden.113 Somit erklärt sich der zurückhaltende Ton des Senatsbeschlusses: Einerseits hielt Rom den Kontakt aufrecht, ohne aber andererseits die jüdischen Wünsche im vollen Umfange zu erfüllen.
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i Josephus ordnet den sogenannten Fannius-Beschluß in die Zeit der neuen und von seleukidischer Einmischung freien Politik Hyrkans nach dem Tod seines seleukidischen Widersachers Antiochos VII (also nach 129 v. Chr.) ein.114 Mit diesem König, der seit 134 v. Chr. mit Jerusalem Krieg geführt hatte, mußte Hyrkan einen Vertrag schließen, der die Souveränität des Judenstaates erneut in Frage stellte: Neben^einer teilweisen Entwaffnung wurde ihm ein Tribut für einige von Antiochos beanspruchte Städte, unter ihnen Joppe, aufer legt sowie die Stellung von Geiseln und eine Geldzahlung von 500 Talenten Silber zum Zeichen der Untertänigkeit; eine Besatzung in Je rusalem konnte dagegen abgewendet werden.115 Da wir Hyrkan auch am Partherfeldzug des Königs beteiligt finden, enthielt der Vertrag wohl auch die Verpflichtung zu militärischer Hilfe im Kriegsfall. Die Gelegenheit, die volle Souveränität zurückzuerlangen, nutzte Hyrkan, als Antiochos auf dem erwähnten Partherfeldzug fiel. Und wie schon Judas Makkabäus, Jonathan und Simon es vorgemacht hatten, wollte auch Hyrkan sich den neu erworbenen Status gegen die feindseligen Ambitionen des neuen (und, da er schon einmal König gewesen war, auch alten) seleukidischen Königs Demetrios II anerkennen lassen. So schickte Hyrkan wieder eine Gesandtschaft nach Rom - die Namen der Gesandten sind Simon, Apollonios und Diodoros -, deren Auftrag uns in dem schon erwähnten Fannius-Beschluß des Senats mitgeteilt wird: 1. Sie sollte die Römer an das schon bestehende (\)7uapxo\)aoc) Fteundschafts- und Symmachieverhältnis erinnern (5iEÄ.ex6T|oav); 2. sie sollte die Römer über bestimmte jüdische Angelegenheiten (rcepi xcöv 5T|fioöi(ov TtpaypocTcov) in Kenntnis setzen, nämlich a) die jüdischen Gebietsforderungen an die Seleukiden, die von den „wider rechtlichen" (napxö xfjq ai)YKkfiTo\) 5oYp.cc) Eroberungen des Antio chos herrührten; b) die Forderung nach einem Durchmarschverbot se leukidischer Soldaten durch das Territorium der Juden bzw. ihrer Un tertanen, und c) die Forderung, daß solche Verfügungen, die Antio chos während jenes Krieges ebenfalls „widerrechtlich" veranlaßt habe (tä. KOCTÖC TÖ'V KoXepov EKEIVOV \|/r|(pia0EVTa, oder nach anderer Überlieferung \|/T|Xa(pr|0evTa, nach Lat. gesta, vn AVTIO^OI)), für un gültig (aK\)pa) erklärt werden sollten; 3. sie sollte die Römer veranlassen, Briefe auszustellen, aus denen ersichtlich werde, daß sich die Römer die jüdische Sicht der Dinge zu eigen gemacht hätte, nämlich indem sie dazu aufforderten, das von
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Antiochos Eroberte zurückzugeben, und gleichzeitig den von diesem zu verantwortenden Kriegsschaden zu ermitteln; und 4. sie sollte Geleitbriefe an die Könige und freien Völker (8f||ioi eXe\)0epoi) erwirken. Der Senat nahm offiziell nur zu den Punkten 1 und 3 positiv Stel lung, aber Hyrkan dürfte damit zufrieden gewesen sein, da die Römer ja offenkundig gegen seine Interpretation der seleukidisch-jüdischen Beziehungen keine Einwände hatten. Darauf kam es ihm an, denn die Rückgewinnung der Gebiete und die Abschüttelung der seleukidi schen Oberhoheit hatte er längst selbst bewerkstelligt.116 So blieb le diglich die völkerrechtliche Anerkennung seitens der Nachbarn, und bei denen hatten die Römer ein gewichtiges Wort mitzusprechen. Den diplomatischen Bemühungen Hyrkans war dementsprechend ein vol ler Erfolg beschieden.117 Ein weiteres Mal hatte Rom sich die jüdische Auslegung des Verhältnisses zu seinen Nachbarn und insbesondere zum seleukidischen König zu eigen gemacht, diese Auffassung durch einen Senatsbeschluß festgehalten und publiziert und auf diesem Wege zur Festigung der hasmonäischen Herrschaft beigetragen. Wenn wirklich das 1. Makkabäerbuch während und kurz nach der Regie rungszeit Hyrkans entstanden ist, so ist nach dem Gesagten die Einar beitung der oben besprochenen Charakteristik Roms in Kapitel 8 in keiner Weise verwunderlich. Daß eine weitere Gesandtschaft Hyrkans nach Rom, etwa 15 Jahre später, abgereist ist, kann nur vermutet werden. Tatsache ist, daß Hyrkan sich auf Kosten der Seleukiden und deren desolate Verfassung ausnutzend, zwischen 129 und 114 v. Chr. zunehmend ausbreitete, denn die Könige Alexander Zabinas zwischen 125-123/2 v. Chr. und Antiochos VIII Grypos zwischen 122-114 v. Chr. waren zu sehr mit eigenen Problemen beschäftigt und ließen daher Hyrkan einen großen Handlungsspielraum.118 Alte Ansprüche auf Unterwerfung erhob erst wieder Antiochos IX Kyzikenus, derftirkurze Zeit seinem Halbbruder Antiochos VIII die Herrschaft über das Seleukidenreich streitig machte und sich seit 111 v. Chr. auf Koile Syrien in unmittelbarer Nachbarschaft zu Palästina beschränken mußte.119 Hyrkan und Antio chos IX schädigten sich gegenseitig: Antiochos stand wiederholt in Hyrkans Territorium,120 während sich Hyrkan auf seleukidischem Ge biet so bereicherte, daß am Ende seiner Herrschaft der jüdischen Kontrolle der Küstenregion nur noch Ptolemais und Gaza entzogen waren.121 Besonders hartnäckig entwickelte sich ihre Auseinanderset zung um Samaria. Zweimal griff Antiochos IX zugunsten dieser von
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Hyrkan belagerten Stadt militärisch ein, das zweite Mal sogar mit Unterstützung von Ptolemaios IX Soter II Lathyrus, dem ptolemäischen König.:Dennoch war Hyrkan erfolgreich, eroberte Samaria und zerstörte die Stadt bis auf den Grund.122 Diese Ereignisse haben sich in den Jahren vor 107 v. Chr., als Lathyrus von Kleopatra III vertrie ben wurde, abgespielt (vielleicht zwischen 111-107 v. Chr.). Josephus erwähnt in diesem Zusammenhang nichts von einer jü disch-römischen Kontaktaufhahme, aber es ist sehr wahrscheinlich, daß es sie gegeben hat. Denn die Lage in der Region war so verwikkelt, daß Hyrkan entweder um die Bestätigung seiner Eroberungen oder zumindest aber um die Bestätigung seiner Rechtsposition im Konflikt mit Antiochos IX durch seine mächtigen Verbündeten im Westen bemüht sein mußte. Ein undatiertes, von Josephus auf Hyrkan II bezogenes \|/T|(pia|ia („Beschluß") der Pergamener ist von der mo dernen Forschung mit guten Gründen in die Herrschaft Hyrkans I verlegt worden.123 Da in diesem Dekret von einem König Antiochos, Sohn des Antiochos die Rede ist, kann es nach Lage der Dinge nur in die Zeit von Antiochos IX Kyzikenos, Sohn des Antiochos VII, fallen, was auch breite Übereinstimmung in der Forschung gefunden hat.124 Dieses Dekret seitens der Stadt Pergamon dürfte auf römische Auffor derung hin züstandegekommen sein. Es machte sich - nach einleiten den Bemerkungen zur traditionell selbstlosen und um Sicherheit und Frieden ihrer Freunde und Bundesgenossen bemühten römischen Po litik- die Formulierungen eines Senatsbeschlusses zugunsten Hyrkans zu eigen,spräch den jüdischen Gesandten sicheres Geleit für den Heimweg zu, machte das gute Verhältnis Pergamons zu den Juden aktenkundig und richtete eine entsprechende pergamenische Gesandt schaft nach Jerusalem ein, die die jüdisch-pergamenische cpiXioc als eine altehrwürdige (seit Abraham) fest verankern sollte. Der hier zi tierte Senatsbeschluß umfaßte folgende von den jüdischen Gesandten vorgebrachten Punkte: a) der König Antiochos, Sohn des Antiochos, solle die Juden, Ver bündete der Römer, nicht ungerecht behandeln; 1 b) Festungen, Häfen, Gebiete, die den Juden weggenommen wor den seien, sollen zurückgegeben werden; c) außer Ptolemaios, denn dieser sei ja Freund und Verbündeter der Römer, solle kein König oder Demos zollfrei aus jüdischen Häfen und jüdischem Gebiet Waren ausführen dürfen, und d) die Besatzung solle aus Joppe entfernt werden.
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Was Hyrkan zu der erneuten Kontaktaufhahme mit den Römern gedrängt hatte, hing mit der von ihm dynamisch vorangetriebenen, vom Seleukidenkönig Antiochos IX jedoch seit 114 v. Chr. energisch bestrittenen Erweiterung seines Reiches zusammen. Die Rechtsposi tion Hyrkans wurde auch jetzt wieder von den Römern anerkannt, und, was Antiochos IX ins völkerrechtliche Abseits stellen sollte, die Römer sorgten auch für die Publizierung dieser Rechtsposition, die programmatisch am Beginn des Senatsbeschlusses steht: ÖTtcoq u/n5ev oc5iKfj 'Avxtoxoc; ö ßccaiAeix; 'AVCIOXOD viöq 'Ioi)öalo\)<; („daß der König Antiochos, Sohn des Antiochos den Juden in keiner Weise Un recht tue"). Alles Folgende leitet sich von dieser Prämisse ab, das heißt Hyrkan erhielt Handlungsspielraum gegenüber Antiochos IX; von Hilfeleistungen der Römer oder anderer ist nicht die Rede, und um materielle Hilfe ging es Hyrkan auch diesmal gar nicht.125 Hyrkan ließ sich vielmehr als Führer eines jetzt noch ausgedehnteren, in allen Belangen unabhängigen Staates bestätigen, was die wirtschaftliche Autonomie einschloß. Daß der ägyptische König als römischer Ver bündeter wirtschaftliche Privilegien auf dem jüdischen Herrschaftsge biet auch weiterhin genoß, dürfte für Hyrkan ein gern gewährtes Zu geständnis an die Römer gewesen sein.126 Man kann also festhalten, daß gegenüber der frühen Makkabäerzeit (Judas, Jonathan) die Kontakte Roms zum autonomen jüdischen Staat (unter Simon, Hyrkan I) nicht nur regelmäßiger, sondern auch intensiver wurden, daß Rom zunehmend eine Patronatsrolle mittels Bündnis- und Freundschaftsverträgen übernahm und daß es Interes senkonflikte zwischen beiden Seiten noch nicht gab. Mit diesem Se natsbeschluß zur Zeit Hyrkans endete allerdings die diplomatische rö misch-jüdische Zusammenarbeit vor dem Eingreifen des Pompeius.127 Es ist, wie schon U. Rappaport bemerkt hat,128 in der Tat erstaunlich, daß weder von Aristobul I (104-103 v. Chr.) noch von Alexander Jannaios (103-76 v. Chr.) noch von Salome Alexandra (76-67 v. Chr.) Kontakte mit Rom bezeugt sind. Über die Gründe der Nichterneuerung des Verhältnisses kann nur spekuliert werden. Mit Johannes Hyrkan war der jüdische Staat endgültig Teil der hellenistischen Staatenwelt geworden, die sich auf dem Boden des immer weiter sich auflösenden seleukidischen Reiches gebildet hatte. Nach außen sicht bares Zeichen der Unabhängigkeit und Eingliederung waren Münz prägung und Annahme des Königstitels durch Aristobul. Vor allem Alexander Jannaios betrieb zudem eine eigenwillige, expansive Poli tik, mit der er seine Position unter den „neuen" Mächten wie dem
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politischen Reich unter Mithridates VI, Armenien unter Tigranes I oder dem aufstrebenden Nabatäerreich sichern wollte. Die römische Anerkennung seiner Eroberungen und Ansprüche brauchte und suchte er nicht mehr. Im Innern ihres Staates stützten sich die Hasmonäerfürsten seit Johannes Hyrkan immer stärker auf den militärischen Pfeiler ihrer Stellung und konnten im Gegenzug immer weniger die Billigung der gleichzeitig erstarkenden religiösen Partei, der Pharisäer, gewin nen. Rom auf der anderen Seite hatte wichtige innenpolitische Pro bleme zu lösen, vor allem stand die Bundesgenossenfrage zur Lösung an. Es mochte darüber hinaus die dynamische Politik des Jannaios, insbesondere gegenüber den griechischen Städten an der Küste, und das Wachstum des hasmonäischen Staates mißtrauisch beäugen; hier stand sicher das erschreckende Beispiel des pontischen Königs Mithridates VI vor Augen. Hatte dieser nicht auch sein kleines König reich am Schwarzen Meer als Ausgangspunkt für weit ausholende Er oberungen zunächst in Asien, dann sogar in Europa (Griechenland) benutzt und bei all seinen Unternehmungen auf eine antirömische Stimmung in den römischen Provinzen rechnen können? Wir können nicht sagen, ob Jannaios in dieselbe Richtung zielte wie Mithridates, dessen Erfolge am Anfang der 80er Jahre zweifellos weithin bekannt waren. U. Rappaport hat in seiner bereits zitierten Arbeit auf Aspekte hasmonäischer Politik dieser Zeit aufmerksam gemacht, mit denen Rom kaum zufrieden gewesen sein kann.129 Die Entfremdung zwischen beiden Seiten war jedenfalls offen sichtlich und führte langfristig im Jahre 63 v. Chr. auch zur Integra tion Palästinas in das Römische Reich als Klientelfürstentum. Nach dem sich der Hasmonäerstaat von einem religiösen zu einem helleni stischen Staat gewandelt hatte, entzogen ihm die Römer ihre Unter stützung, und Jerusalem hatte kein Interesse mehr an dieser. Der jüdi sche Staat hätte seine Sonderstellung in der Region verloren, die ihn als Bündnispartner für die römische Außenpolitik so interessant ge macht hatte, und einer römischen Dominanz entzog er sich jetzt noch. Die vorausgehende Zusammenarbeit zwischen Juden und Rom war dennoch bedeutungsvoll auch für die weitere Entwicklung. Man kann folgendes Fazit über diese Zusammenarbeit ziehen: 1. Die Römer erwiesen sich auf der Grundlage ihrer allgemeinen außenpolitischen Prinzipien130 als zuverlässige Freunde der Juden, de ren Anliegen sie von Anfang an (nämlich seit Judas Makkabäus) vor behaltlos unterstützten. Diese Unterstützung bestand in der Anerken-
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nung des neuen Staates, der noch gar nicht selbständig war, vor aller Welt. Beide Seiten verband aus unterschiedlichen Gründen Skepsis vor dem „Hellenismus". Von dem Makel des „Hellenismus" waren die Römer in den Augen der Aufständischen - also der politischen und militärischen Führung wie der Frommen - gänzlich frei, und ebenso garantierte die religiöse Ausrichtung des neuen jüdischen Gemeinwe sens den Römern einen zuverlässigen Bundesgenossen. Daraus erga ben sich scheinbar glänzende Perspektiven zur Zusammenarbeit zwi schen Juden und Römern. Auf jüdischer Seite waren daran sowohl die hellenisierte Oberschicht als auch die Frommen interessiert. 2. Infolge ihrer mächtigen Position in der griechischen Welt beför derte die Politik der Römer auch ohne eigene materiell definierbare Hilfeleistung die jüdische Unabhängigkeitspolitik. Der materielle Faktor war überhaupt nicht Gegenstand der Beziehungen. 3. Die Vertragspolitik verankerte den jüdischen Staat der Makkabäer und Hasmonäer in der hellenistischen Staatenwelt.131 Sie sorgte insbesondere dafür, daß die Juden aus der Isolierung, die sich auf grund ihrer religiösen Eigenständigkeit hätte ergeben können, zu nächst keine Nachteile erfuhren. 4. Damit trugen die Römer auch innenpolitisch zur Festigung des hasmonäischen Systems bei, das sie als rechtmäßige Vertretung der Juden akzeptierten. Als sich die Pharisäer und die hasmonäischen Für sten über die Auslegung der Verfassung entzweiten, blieb von dem ur sprünglich differenziert-positiven Bild, das sich die Frommen von den Römern gemacht hatten, nur noch der Eindruck ungeheurer Macht und kriegerischen Potentials. 5. Die römische Unterstützung der Juden in ihrem Kampf gegen die seleukidische Herrschaft hatte auch Folgen für das griechisch-jüdi sche Verhältnis. Sie stützte ja nicht nur den Unabhängigkeitskampf der Makkabäer, sondern zugleich auch die aggressive Politik gegen über Nachbarn und griechischen Poleis.132 So trug im griechischen Umfeld des jüdischen Staates und der Diaspora-Gemeinden der Ein druck einer jüdisch-römischen Interessengemeinschaft mit antigriechi scher Note auch zu einer romkritischeren Haltung bei und verstärkte zugleich den griechischen Antisemitismus.133 6. Damit sind gleichzeitig richtungsweisende Perspektiven des jü disch-römischen Verhältnisses angedeutet. Denn Macht und Kriegsfä higkeit machten die Römer für die Juden auch später zu umworbenen Partnern für eine Zusammenarbeit. Das Mißverständnis zwischen bei den Seiten erwuchs dabei aus der jüdischen Deutung der römischen
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Unterstützung des neuen jüdischen Staates. Denn die verschiedenen jüdischen Gruppen, die sich später um römische Unterstützung be mühten - Angehörige des Hasmonäerhauses, Herodianer, Fromme -, glaubten, daß die Römer selbst keine eigenen Interessen in der Region verfolgten; wem immer sie also ihre Unterstützung auch gewährten der glaubte, sich sicher fühlen zu können, daß die Römer keine Herr schaftsabsichten in der Region hätten und er würde also frei von römi scher Einmischung sein - eine grobe Fehleinschätzung, deren Folgen das römisch-jüdische Verhältnis schwer belastete. 7. Die Zusammenarbeit zwischen Römern und Juden hörte auf, als sich der Hasmonäerstaat „hellenisierte" und eine Politik betrieb, wie sie von allen hellenistischen Staaten der damaligen Zeit auch betrie ben wurde. Die Hasmpnäer expandierten, trieben Seeräuberei, be drängten die kleineren Staaten, verbündeten sich mit Mächtigeren und standen wie alle hellenistischen Könige unter politischem Erfolgs druck. Sie verloren ihre Sonderstellung, die durch die religiöse Aus richtung des Staates garantiert gewesen war, und wurden für die Rö mer ein Gefahrenherd wie andere aufstrebende hellenistische Reiche auch. Am Ende dieser Entwicklung stand die Eingliederung des Hasmonäerstaates in das Römische Reich.
V. „Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere ": Die Grenzen der Toleranz im Verhältnis des republikanischen Rom und der jüdischen Diaspora
Roms Kontakte zu Juden vor der Integration des jüdischen Staates in das Imperium durch Pompeius im Jahre 63 v. Chr. waren nicht auf das völkerrechtliche Verhältnis zu Jerusalem beschränkt. Daneben gab es vielfältige Kontakte zur Diaspora, die sich in hellenistischer Zeit nach Kleinasien, Griechenland und sogar bis nach Rom ausgebreitet hatte. Mit dieser Ausbreitung gelangten jüdische Gemeinden auch unter die römische Herrschaft, insbesondere als Rom seit 146 v. Chr. auch im östlichen Mittelmeergebiet - also Griechenland und seit 133 v. Chr. auch Kleinasien - direkte Herrschafts formen einführte. Auch in Afrika mit den Provinzen Africa 146 v. Chr., Kyrene seit 87/74 v. Chr. sowie über das instabile Ptolemäerreich in Ägypten kamen Juden mit Römern in Berührung. Die Tatsache nämlich, daß Juden in Palä stina und in immer mehr Regionen, zur augusteischen Zeit in nahezu allen Städten des Reiches lebten, hat das Judenbild der griechisch-rö mischen Autoren entscheidend geprägt.2 Wenn wir auch von den politischen Beziehungen zwischen Rom und dem Judentum in den Städten des Reiches vor 63 v. Chr. nicht viel wissen, so geht doch aus dem Wenigen hervor, daß die innerrömi sche Entwicklung nicht spurlos an dem Verhältnis Roms zu den Juden vorüberging. Dies gilt zuallererst für die Juden in Rom selbst.3 Ob es dort schon im 2. Jahrhundert eine nennenswerte jüdische Gemeinde gab, ist umstritten.4 Dieselben römischen Verfassungsorgane, die seit 164 v. Chr. die völkerrechtlichen Grundlagen für die Beziehungen zum jüdischen Staat gelegt hatten und diese Beziehungen über Jahr zehnte so wohlwollend pflegten, steckten zur gleichen Zeit auch das Terrain jüdischen Lebens in der Reichshauptstadt selbst ab und legten die Regeln fest, nach denen die in Rom wohnhaften Juden ihr Ge meinschaftsleben auszurichten hatten.
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Es hat den Anschein, daß die Römer im Zentrum ihres Reiches, in Rom selbst, andere und vor allem strengere Maßstäbe an ihr Verhält nis zu den Juden anlegten als im fernen Palästina. Für das Jahr 139 v. Chr. überliefert nämlich Valerius Maximus (erhalten allerdings nur in spätantiken Auszügen) folgende römische Maßnahmen: Chaldaeos igitur Cornelius Hispalus urbe expulit et intra decem dies Italia abire iussit, ne peregrinam scientiam venditarent. Iudaeos quoque, qui Romanis tradere sacra sua conati erant, idem Hispalus urbe exterminavit arasque privatas epublicis locis abiecit. „Die Chaldäer also vertrieb Cornelius Hispalus aus der Stadt und er befahl, daß sie innerhalb von 10 Tagen Italien verlassen sollten, damit sie nicht ihre fremde Wissenschaft feilböten. Auch ^fie^ Juden, die versucht hatten, Römer ihre kultischen Gebräuche zu lehren, jagte derselbe Hispalus aus der Stadt und beseitigte die privaten Altäre (d. h. die von judaisierenden Römern) von den öffentlichen Plätzen." Cn. Cornelius Hispalus praetor peregrinus M. Popilio Laenate L. Calpurnio coss. edicto Chaldaeos citra decimum dient abire ex urbe atque Italia iussit, levibus et ineptis ingeniis fallaci siderum interpretatione quaestuosam mendaciis suis caliginem inicientes. Idem Iudaeos, qui Sabazi Iovis cultu Romanos inßcere mores conati erant, repetere domos suas coegit.5 „Der Fremdenprätor Cn. Cornelius Hispalus ordnete, als M. Popilius Laenas und L. Calpurnius Konsuln waren, in einem Edikt an, daß die Chaldäer innerhalb von 10 Tagen die Stadt und Italien verlassen sollten, denn sie umnebelten lukrativ wankelmütige und geckenhafte Charaktere mit ihrer Sterndeutung. Derselbe zwang die Juden, die ver sucht hatten, römische Sitten mit dem Kult des Jupiter Sabazius zu be sudeln, zur Rückkehr in ihre Häuser." Dieser Text besagt also: Der Prätor (peregrinus als in dieser An gelegenheit zuständig) hat ein erstes Edikt erlassen, daß die Chaldäer innerhalb von 10 Tagen Rom und Italien verlassen sollen, weil sie mit der Astrologie Geschäfte machten;6 in einem zweiten Edikt desselben Prätors wurden auch die Juden aus Rom verwiesen.7 Wichtig ist die Begründung für dieses Edikt, und gerade diese ist bedauerlicherweise nicht einheitlich überliefert: Nepotianus (der erste Text) sagt, daß die Juden versucht hätten, ihre Riten (sacra sua) an die Römer weiterzu geben (tradere). Iulius Paris (der zweite Text) dagegen geht (mit eige nen Worten?) darüber hinaus und konstatiert, daß die Juden versucht hätten, die römischen Sitten (mores) mit dem Kult des Iupiter Saba zius zu „infizieren" (inßcere). Ob damit gemeint ist, daß die Juden ih-
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ren „reinen" oder einen synkretistischen Kult8 nach Rom gebracht ha ben und dort praktizierten, oder ob sie darüber hinaus missionarisch gewirkt und römische Bürger für ihren Kult interessiert haben,9 ist von den überlieferten Formulierungen des Textes nicht zweifelsfrei zu ent scheiden. Das Edikt macht aber nur dann einen Sinn, wenn die jüdisqhe Religion ebenso wie die chaldäische Astrologie nicht nur präsent war, sondern sich in irgendeiner Form auch negativ auf die römische Gesellschaft auswirkte.10 Die jüdische Religion muß also so attraktiv gewesen sein, daß ihr römische Bürger zumindest näher kamen, als es dem ja ohnehin kriselnden römischen Staat lieb war.11 Daß ein Zusammenhang zwischen der jüdischen „Werbung" für Jahwe und der vom makkabäischen Hohepriester Simon nach Rom gesandten Delegation bzw. dem Abschluß des jüdisch-römischen Vertrages von 142 v. Chr. besteht, ist allein schon wegen der zeitli chen Nähe nicht unwahrscheinlich.12 Die Erfolge Simons gegen die Seleukiden, die in jüdischen Augen nur mit Gottes Hilfe erklärbar schienen und deshalb auch von den Frommen hymnisch gefeiert wur den,13 die Unabhängigkeit und das neue Ansehen des jüdischen Staa tes mit seinem religiösen Zentrum, dazu die römische Anerkennung dieser Erfolge durch den Vertrag, all das dürfte das Selbstbewußtsein von Juden in aller Welt nicht unwesentlich gesteigert haben. Für Jahwe als Vater dieses Erfolges und für seine Macht und Überlegen heit sprach viel. Er hatte schließlich die unbeirrbare Weigerung seines kleinen Volkes, von ihm abzufallen, obwohl dieser Abfall von einem mächtigen König gewaltsam gefordert worden war, mit einem Sieg in dieser Auseinandersetzung belohnt. Aber nicht nur in jüdischen, son dern auch in römischen Augen mußte das Ansehen dieses helfenden und siegreichen Gottes steigen. Schließlich galt den Römern die Un terstützung der Götter als ein wesentlicher Faktor ihres eigenen Erfol ges, orientierten sie sich gleichsam von Staats wegen an den Erfolgen auch fremder Götter und suchten diese in die römische Götterwelt zu integrieren, um ihr Wohlwollen zu erlangen.14 Aber dies hatte kon trolliert und in geordneten Bahnen durch verbindliche Senats- und Volksbeschlüsse zu geschehen.15 Die Römische Republik konnte nur eine sehr begrenzte Menge „Andersdenkender" und vor allem „Andersgläubiger" unter ihren Bürgern aushalten. Zu mehr Toleranz war sie nicht fähig, da die tra dierte Ordnung auch in der Frage der Religionsausübung von der Konsensfähigkeit der Gesellschaft abhing.16 Denn die Gemeinschaft war ein konstitutives Element der Religionsausübung; nicht individu-
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eil, sondern als Teil des römischen Gemeinwesens war man „reli giös".17 Damit stand die Offenheit der römischen Gesellschaft als Ganzes fremden Religionen gegenüber im Widerspruch zur Beschrän kung des Einzelnen auf die in seiner Gemeinschaft praktizierte Reli giosität. Und da viele Römer, wohl nicht zuletzt auch der Oberschicht, im 2. Jahrhundert v. Chr. immer stärker von der religiösen Sinnge bung der orientalischen Kulte angezogen wurden, bedrohte dieser Wi derspruch die Homogenität der Nobilität und damit auch die staatliche Ordnung, zumal die östlichen Kulte nur eines von vielen Problemen darstellten, die die Ausdehnung nach Osten im 2. Jahrhundert v. Chr. für die römische Gesellschaft mit sich gebracht hatte. Es war die Aufgabe des praetor peregrinus, auf diese Gefahr an gemessen und im Staatsinteresse zu reagieren. Er hatte in erster Linie die Attraktivität der jüdischen Religion auf römische Bürger zu ver mindern, und diese Aufgabe konnte er nur erfüllen, wenn er die jüdi schen peregrini, die in Rom lebten, der Stadt und des Landes ver wies.18 Dies tat er im Einklang mit den geltenden Rechtsbestimmun gen, denn die römische Toleranz gegenüber anderen Religionen hatte schon seit dem XII-Tafel-Recht dort ihre Grenzen, wo das Staatsinter esse einsetzte. Im Zusammenhang mit der Kollegien-Bildung aus reli giösen Gründen kommentiert der Jurist Gaius den Satz, daß diese nur erlaubt sei, dum ne quid ex publica lege corrumpant („solange sie kei nen Schaden am öffentlichen Gesetz anrichten"), und führt diese Ein schränkung auf das solonische Vorbild zurück.19 Genau besehen ist also die vielbeschworene römische Toleranz in religiösen Fragen überhaupt keine (wie schon die hellenistische nicht), und sie konnte es auch nicht sein, weil die römische Gesellschaft keine religiöse Vielfalt grundsätzlicher Art vertrug.20 So läßt sich an dieser Episode trefflich der Charakter der römi schen Politik gegenüber den Juden verdeutlichen, obwohl die Vertrei bung von Juden aus Rom im Jahre 139 v. Chr. in republikanischer Zeit möglicherweise ein Einzelfall blieb - jedenfalls haben wir keine wei teren Zeugnisse. Rom war attraktiv als Wohnort, nicht nur weil es Weltstadt war, sondern auch weil seine Ordnung rechtsstaatlich war und vielen Fremden ein Leben in Sicherheit zu versprechen schien. Aber die Stabilität der römischen Verfassung hatte unbedingten Vor rang vor einer wie auch immer gearteten Toleranz, das besagt der ein schränkende Satz dum ne quid ex publica lege corrumpant', sobald die Hüter dieser Ordnung den gesellschaftlichen Konsens ihrer Bürger durch Juden, die als Juden und eigenständig in Rom leben wollten -
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und natürlich durch alle anderenfremdenGruppen - gefährdet sahen, handelten sie repressiv. Und dieses „System" läßt sich auch auf das Reich übertragen: viele Städte und Regionen suchten die Anerkennung und den Schutz des mächtigen Imperiums, wenn sie wie die Juden von einer feindli chen Umgebung bedroht wurden, und Rom gewährte ihnen als „Mut ter aller", omnium mater (rcdvxcov |xf|TT|p) auch seine Unterstützung. In dieser Form der zwischenstaatlichen Zusammenarbeit lag immer bpreits der Keim der Integration in das Reich,21 da die Römer sie als eine Art Gemeinschaftsbildung auffaßten. Verbündete, die nicht „glo bal" handelten, sondern an ihrer unverminderten Eigenständigkeit festhalten wollten, bestrafte Rom mit dem Entzug seines Wohlwol lens. So erging es zum Beispiel Rhodos im 2. Jahrhundert v. Chr., das sich eine halbwegs selbständige Stellung im Perseus-Krieg Roms zu erhalten versuchte und dafür von Rom bestraft wurde.22 Die Erkenntnis, daß Roms Außen- und Reichspolitik nicht weniger auf partnerschaftlichen Konsens hin ausgerichtet war als die ArbeitsWeise seiner Verfassung und Innenpolitik, ist fundamental für die jü disch-römischen Beziehungen in Gegenwart und Zukunft. Valerius Maximus lehrt uns diese Seite römischer Herrschaftsausübung: So wie die Fremden in Rom ein eigenständiges Gemeindeleben nicht über eine bestimmte, von römischen Behörden gezogene Grenze hinaus fuhren durften, da andernfalls der Zusammenhalt der Stadtgemein schaft in Gefahr zu geraten drohte, so hatten sich auch die Verbünde ten, gleichsam als die Fremden im Reich, im Spannungsfeld zwischen Eigenleben.und IntegraUon^ zwischen Abgrenzung und Assimilation immer stärker an den .Erfordernissen der römischen Ordnung zu ori entieren. Für^die zahlreichen jüdischen Gemeinden in der Diaspora wie in Palästina, die in diesem Spannungsfeld lebten und dabei doch ihre jüdische Identität bewahren konnten,23 ergab sich daraus ein unaufhebbares Dilemma, daß Mnilichjdieselbe römische.„Unterstützunfi, die die eigene Position in Stadt und Land sicheniji^ajf^gleichzeitig die Abhän£igkei£jv^^ wie sie sich histo risch seit Hiskija, unter den Persern und teilweise auch noch unter den Griechen entwickelt hatte, gerade nicht zuließ. Das bedeutete: Die Religion zur Grundlage aller Autonomieansprüche zu machen, funk tionierte unter den Römern nicht mehr. Das lag nicht an den religiösen Inhalten oder dem Kult an sich. All das war den Römern ziemlich gleichgültig öder wohlwollender ausgedrückt: Die Römer waren in religiösen Fragen ausgesprochen tolerant, jedenfalls bis zu den oben
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skizzierten Grenzen hin. Wichtiger war ihnen, wie in Rom so auch im Reich, eine relativ homogene und konsensorientierte Gemeinschaft. Davon ahnten die jüdischen Gesandten der Makkabäer und Hasmonäer aber nichts, denn die offenen Arme, mit denen Rom gerade die kleineren und bedrohten Staaten aufnahm, wiesen in eine ganz andere Richtung; und wohl auch die nach Rom, in die neue Weltstadt ausge wanderten jüdischen Siedler dürften von dem Edikt des Prätors im Jahre 139 v. Chr. ziemlich überrascht gewesen sein. In diesem schein baren Widerspruch zwischen römischer Offenheit gegenüber Fremden und Hilfesuchenden einerseits und einer Ordnung andererseits, deren Grundlagen Homogenität und Konsens bildeten und die Einflüsse von außen und Fremden gerade nicht oder nur in eng begrenztem Umfang vertrug, liegt nach meiner Einschätzung der Schlüssel zum Verständ nis der so problematischen jüdisch-römischen Beziehungen in Repu blik undfrühemPrinzipat. Wie sich das jüdisch-römische Verhältnis in den Städten mit Diaspora-Gemeinden bis 63 v. Chr. weiter entwickelte, ist im Einzel nen unklar, aber, was wir wissen, könnte unsere Überlegungen bestä tigen. Zunächst geht es um eine beiläufige Nachricht die Juden von Kyrene betreffend: Als Sulla 87/6 v. Chr. den Krieg gegen den pontischen König Mithridates in Griechenland vorbereitete, schickte er Lucullus nach Syrien, Ägypten und Kyrene, um von dort Schiffe ge gen Mithridates zu erhalten.24 In Kyrene fand Lucullus, so ist überlie fert, Aufruhr und Krieg vor, so daß er zunächst für Ordnung sorgen mußte.25 Daß auch Juden an dieser Stasis beteiligt waren, ist unzwei felhaft.26 Weiteres erfahren wir nicht, zum Beispiel ob ein jüdischer Aufstand der Anlaß der Stasis gewesen ist, wie von modernen For schern immer wieder behauptet wird.27 Vereinzelte Zeugnisse von jü dischen Siedlern in Kyrene gibt es schon in vorhellenistischer Zeit. Siedlungsschübe erfolgten unter Ptolemaios I (wahrscheinlich im Jahre 312 v. Chr.) und wieder in der Zeit des Makkabäers Simon um 140 v. Chr.; Kyrene ist auch in dem bereits diskutierten römischen Brief an Städte, Länder und Könige aus dieser Zeit genannt.28 Das Verhältnis zwischen Juden und Griechen war indes in Kyrene höchst problematisch, wie für wenig später belegt ist.29 Der Hintergrund für die Stasis des Jahres 87 v. Chr. liegt im Herrschaftswechsel des Jahres 96 v. Chr., der das kyrenische Gebiet und die dortige jüdische Ge meinde aus der ptolemäischen unter die römische Herrschaft führte. Der letzte kyrenische König Ptolemaios Apion hatte nämlich testa mentarisch sein Reich den Römern vermacht, die jedoch von ihrem
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Erbe nur das Königsland in Besitz nahmen und die griechischen Städte für frei erklärten.30 Legt man die Verhältnisse ein halbes Jahr hundert später zugrunde, haben die kyrenischen Griechen ihre ver meintlich neu gewonnene Autonomie zu einer Beschneidung jüdischer Rechte im Bereich der finanzhoheit, der Sabbatheiligung und der Kultausübung genutzt,31 und damit wurde Juden die Gleichberechti gung aberkannt, wenn sie sich als Juden bekannten. 1 Juden und Griechen befehdeten sich zu dieser Zeit noch an einer anderen prominenten Stelle des ptolemäischen Einflußgebietes, nämlibh in Alexandria.32 Auslöser, nicht Ursache, auch dieses Streites war das Fehlen einer Ordnungsmacht, da die Ptolemäer untereinander heillos zerstritten waren.33 88 v. Chr. hatte auch Ptolemaios X Alex ander I in der Auseinandersetzung mit seinem Bruder Ptolemaios IX Soter II für den Fall, daß ihm etwas zustoße, sein Reich den Römern testamentarisch vermacht. Die Bürger Alexandrias lehnten ihn vor al lem wegen seiner judenfreundlichen Politik ab, erhoben sich gegen ihn und vertrieben ihn aus der Stadt; Ptolemaios X vertraute also den Römern mit seinem Reich auch seine „Klientel", die Juden, in dem Testament an.34 Doch als er ein Jahr später im Kampf um Zypern fiel,35 unternahm Rom nichts, so daß der „antijüdische" Ptolemaios IX Soter II bis zu seinem Tod 81 v. Chr. unbehelligt regieren konnte. Die Staseis der jüdischen Gemeinden in Kyrene und Alexandria im Jahre 87 v. Chr. dürften daher mit einer Verschlechterung ihrer Lage durch den Tod ihres Beschützers Ptolemaios X Alexander I zusam menhängen. Die Römer kamen hier zum ersten Mal in die Rolle einer Ordnungsmacht in einem griechisch-jüdischen Konflikt. Sie traten aber erst spät, als bereits Gewalt im Spiele war und die Ordnung wie derhergestellt werden mußte, in Erscheinung. Man mag als Erklärung dafür, daß die Römer den jüdischen Status in Kyrene recht zögerlich schützten, an die schon besprochene Abkühlung des jüdisch-römi schen Verhältnisses unter Jannaios denken. Wichtiger ist aber die Be antwortung der Frage, wie sich die Römer in diesem Konflikt ver hielten. Aller Wahrscheinlichkeit nach kann man unter einer Wieder herstellung der Ordnung nur den Status quo ante verstehen, jedenfalls dann, wenn sich Lucullus in den gewöhnlichen Bahnen römischer Po litik bewegt hat. Davon ist bei der Person des Lucullus, und weil wir nichts Gegenteiliges hören, auszugehen.36 Dies war aber gewiß nicht im Sinne der Griechen, denen es ja um die Statusminderung der jüdi schen Mitbewohner ging. Da zudem in Alexandria die Römer den sich um die dort lebenden Juden bemühenden Ptolemaios X unterstützt
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hatten, erhielten unter den Griechen in Afrika die romkritische, unter den afrikanischen Juden aber die romfreundliche Haltung Nahrung. Damit lassen sich sowohl die Konflikte in Alexandria in der frühen Kaiserzeit wie auch die sich weiter ausbreitende Judenfeindschaft dort klarer fassen.37 Für die Römer als Ordnungsmacht ergaben sich aus dieser Situation neue Konflikte: Sie wollten und konnten im Interesse der Herrschaftssicherung nicht „pro-griechisch" oder „pro-jüdisch", sondern nach Möglichkeit nur neutral sein. Aber schon die bloße Neutralität stellte sie in den Augen der griechischen Öffentlichkeit auf die Seite der Juden. Denn wann immer die Griechen, insbesondere die lokalen Führungsschichten, gegen die ihrer Meinung nach nicht poliskonformenrc&ipioiVÖJIOI der Juden vorgingen, wurden ihnen von ih ren jüdischen Mitbewohnern Schriftstücke römischer Instanzen vor gelegt, die solche erzwungenen Neuerungen untersagten und damit ihre aus griechischer Sicht Privilegien festschrieben.38 Juden stellten demnach eine eigene und besondere Gruppe aller Polisbewohner dar, deren Position im Gesamtgefüge der Polis freilich stark umstritten war.39 Wenn Griechen im 1. Jahrhundert v. Chr. über die gesellschaft lichen Strukturen zum Beispiel von Kyrene nachdachten, fielen ihnen statt der üblichen drei jetzt vier Gruppen ein, nämlich an erster Stelle die Bürger, dann die Bauern, dann die Metöken und zuletzt auch die Juden,40 die natürlich wie die Juden in allen anderen Städten auch eine Jüdische Gemeinde" mit je unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen und Beamten hatten. Juden hätten die Strukturen sicher ebenso be schrieben, nur hätten sie wohl die Juden neben die Griechen plaziert. Man sieht, wie schwer dieser Konflikt, bei dem es weniger um reli giöse Fragen als vielmehr um Eigenständigkeit und Prestige 'ging, für die Römer zu handhaben war. Er bekam vollends eine nicht mehr zu bremsende Eigendynamik, als die römische Herrschaft sich nicht mehr darauf beschränkte, nur Tribute und die Wahrung der Ordnung einzu fordern. Von dieser Entwicklung kündete bereits das, was römische Politi ker wie Cicero von den Juden dachten. Darüber, wie Römer vor der Eroberung Jerusalems über die jüdische Religion dachten, können wir nur Mutmaßungen anstellen;41 wahrscheinlich war man nur oberfläch lich informiert, oder aber die nobiles wurden von dem negativen Ur teil ihrer griechischen Lehrmeister wie Poseidonius und Apollonius Molon beeinflußt.42 Ein politisches Urteil über die Juden darf man aber schon vor 63 v. Chr. voraussetzen. In dieses Urteil floß ein, daß man in Rom selbst im Jahre 139 v. Chr. durch prätorisches Edikt Ju-
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den der Stadt verwiesen hatte, aber auch Nachrichten, die man aus dem Einflußgebiet der Hasmonäer erhielt. So manche Formulierung in Ciceros Rede zur Verteidigung des in einem Repetundenprozeß ange klagten Statthalters von Asia, die oratio pro Flacco, deutet daraufhin, daß man schon vor 63 v. Chr. die Juden von der politischen Seite her kritisch beurteilte, auch wenn die Rede selbst erst 59 v. Chr. gehalten wurde. Cicero sagt dort: Sua cuique civitati religio, Laeli, est, nostra nobis. Stantibus Hierosolymis pacatisque ludaeis tarnen istorum religio sacrorum a splendore huius imperi, gravitate nominis nostri, maiorum institutis abhorrebat („Jedes Gemeinwesen hat, Laelius, seine eigene Religion, wir die unsere. Auch als Jerusalem noch stand und die Juden im Frieden mit uns lebten, stand die Ausübung dieser kultischen Riten im Widerspruch zum Glanz dieses unseres Reiches, zur Gravität unseres Namens, zu den Einrichtungen der Vorfahren"). Die jüdische religio war in römischen Augen auch schon vor dem Fall Jerusalems mehr als eine übliche Religion, wie sie jeder civitas zu eigen war, denn sie störte die Homogenität des Reiches und er schwerte gan£ offensichtlich die Integration der Juden in das Römi sche Reich. Cicero wußte also genau, daß sie eine eminent politische Dimension hatte, die mit dem splendor imperii („Glanz des Imperi ums"), der gravitas („Dignität") des römischen Namens und den instituta maiorum schwer verträglich schien. Insofern ist diese ja oft mals als Inauguration des römischen Antisemitismus verstandene Formulierung mehr als bloße Rhetorik, mit der der Verteidiger in einfem Gerichtsprozeß die Glaubwürdigkeit und das Ansehen der Zeu gen der Anklage mit Beschimpfungen zu besudeln suchte. Hinter die ser Formulierung verbirgt sich vielmehr eine römische Reichsauffas sung, die unter den Begriff Herrschaft mehr faßte als die bloße An sammlung von tributpflichtigen Untertanen, eine Reichsauffassung, die deutlich auf den Prinzipat verweist. Die jüdischen Gemeinden überall in der Welt versuchten dagegen, bei aller Unterschiedlichkeit im Ausmaß, ihre historisch unter wechselnden Herrschern gewachsene und in einer exklusiven Religion konkretisierte Identität und Eigen ständigkeit auch unter den Römern zu bewahren. Cicero war weit sichtig genug, um zu erkennen, daß die römische Herrschaftsauffas sung mit jüdischen Normen und Werten kollidieren mußte: die xi|if|, der splendor des römischen Staates war nur schwer mit der ap^odoc awriGeia (sc. den „väterlichen Gesetzen") der jüdischen Gemeinde zu vereinen.43
VI „ Wie deren Nachkommen, miteinander im Streit um die Königsherrschaft, die Römer und Pompeius in die Angelegenheiten hineinzogen" :* Die Einrichtung der römischen Herrschaft über Judäa und die Ursachen für ihr Scheitern (63-55 v. Chr.)
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1. Die römische und die jüdische Position im Jahr 63 v. Chr.
Der „Eintritt" der Juden in das Römische Reich erfolgte auf den ersten Blick zu keinem günstigen Zeitpunkt, denn beide Seiten steck ten, als sie sich einander annäherten, in einer tiefen, strukturellen Krise. Doch daß man nicht in einer besonderen Krisensituation die Erklärung dafür suchen muß, daß es wenig mehr als ein Jahrhundert später zum ersten der drei blutigen jüdischen Aufstände gegen Rom kam, hat die bisherige historische Untersuchung gezeigt. Eher war es urngekehrt: Die Krisensituation, insbesondere in Rom, war ein retar dierendes Moment, ohne die der Aufeinanderprall von Juden und Rö mern wahrscheinlich noch früher erfolgt wäre. Denn zum einen ließ die Krise eine „normale" Herrschaft über die Untertanengebiete gar nicht zu; gerade die Normalität hätte die Widersprüche zwischen jüdi scher und römischer Interpretation unvermittelt ans Tageslicht ge bracht. Zum anderen war es gerade die innerrömische discordia, wel che paradoxerweise Ausgleichschancen zwischen Römern und Juden bot, auf deren Grundlage prorömische Führer des abhängigen jüdi schen Staates wie Antipater und Herodes die Position jüdischer Ge meinden im Verhältnis zu ihrer Umwelt in aller (jedenfalls der römi schen) Welt stärken konnten. Auf römischer Seite hatte der Diktator Sulla mit seinen Reformen in den Jahren 82-79 v. Chr., wie sich bald zeigen sollte, der republika nischen Staatsform mehr geschadet als genützt und - entgegen seinen eigenen Vorstellungen - den Weg in den Prinzipat beschleunigt.2 Er hatte zwar die chaotischen stadtrömischen Verhältnisse zu ordnen ver-
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sucht; aber diese Ordnung ging zu Lasten des Gesamtreiches, wie in Kürze zu bemerken sein sollte. Die Folgen wurden nämlich in den 70er und 60er Jahren v. Chr. deutlich sichtbar, in deren Verlauf der römische Staat selbst mediokren Gefahren hilflos ausgeliefert war. In den 60er Jahren v. Chr. waren es die Seeräuber im Mittelmeerraum und der pontische König Mithridates, die Rom erheblich unter Druck setzten. Eine Lösung der außen- und reichspolitischen Probleme Roms, freilich nicht im republikanischen Sinne, ließ erst die Politik des Pompeius erkennen. Sie stellt eine entscheidende Zäsur für die Römische Republik insofern dar, als Rom zum ersten Mal „global" agierte.3 Die Voraussetzungen dafür schufen die imperia extraordinaria, die Pompeius auf dem Wege des Volksgesetzes in den Jahren 67 v. Chr. (lex Gabina) und 66 v. Chr. (lex Manilia) zur Bewältigung der außenpolitischen Gefahren im Osten übertragen wurden. Der Inhalt dieser Imperien war, daß eine Person über einen längeren Zeitraum eine nahezu unumschränkte Weisungsbefugnis im gesamten Reichs gebiet haben und auch den „normalen" Imperiumsträgern - nämlich den durch die sullanischen Verfügungen auf ihren Sprengel be schränkten Statthaltern in den Provinzen - übergeordnet sein sollte (Imperium maius). Aber noch wichtiger als die Gesetze selbst war, was Pompeius aus diesen Befugnissen machte.4 Die wohl wichtigste seiner Leistungen war, daß er nach all seinen militärischen Siegen gegen die Piraten und Mithridates in den eroberten Gebieten eine neue, effektive und langle bige Verwaltungsordnung einrichtete. Mit dieser nahm Pompeius, was die Reichsverwaltung anbetraf, den Prinzipat vorweg. Denn das Kennzeichen dieser Verwaltungsordnung waren die Bündelung und Weiterentwicklung der oben beschriebenen republikanischen Ele mente, so daß am Ende der gesamte von Pompeius organisierte Raum - das waren Kleinasien und der syrische Raum bis Ägypten im Süden und Mesopotamien im Osten - als eine Einheit erschien, deren perso nale Mitte Pompeius selbst darstellte.5 Dieser geographisch gewaltige Raum war trotz oder gerade wegen seiner regionalen Differenzierung, die Pompeius unter Berücksichtigung verschiedener Aspekte entwikkelte, eine Einheit. Es waren dies ordnungspolitische und praktische Erwägungen, zum Beispiel wie die Römer am besten eine bestimmte Region beherrschen konnten, aber - wo dies ohne Gefahren möglich war - auch rechtliche und historische, an den jeweiligen regionalen Besonderheiten orientierte Erwägungen. Daß Pompeius als Römer und
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Vertreter römischer Interessen handelte, bedarf bei all seinen Maß nahmen wohl keiner besonderen Betonung. Bevor dieses pqmpeianische Konzept am Beispiel der Integration des hasmonäischen Staates verdeutlicht werden soll, sei auf wesentli c h Hemenfe der jetzt erfolgten Neuordnung - abgesehen von der ter ritorialen Vergrößerung - hingewiesen. 1. Das Fundament der Neuordnung war eine Zweiteilung der be herrschten Gebiete in Provinzen (neben Asia kamen hinzu Bithynien, K^ilikien, Syrien) und Klientelftirstentümer (Lykien, Galatien, Kappadfrkien, Pontös, Armenien, Osrhoene und Judäa). In der republikani schen Praxis gab es diese Zweiteilung auch vorher schon, bekam aber unter Pompeius einen systematischen und eng an den römischen Herrsehaftserfordernissen orientierten Zug. 2. Stärkung und Ausbau der Städte als Basis römischer Verwal tung; frühere republikanische Ansätze in dieser Richtung wurden sy stematisiert. 3. Da Pompeius (wie wir auch bei Judäa sehen werden) diese Neu organisation nicht am Reißbrett, sondern im Austausch mit den regio nal führenden Personen und Gruppen vorgenommen hatte, wuchs er in die (ebenfalls schon bekannte) Rolle eines Patronshinein, dessen Kli entel aber territorial den bisher üblichen Rahmen weit überschritt. 4. Allein die Existenz einer solchen Mitte als potentieller Adressat provinzialer Eingaben (zum Beispiel gegen Statthalter, Steuerpächter oder lokale Eliten) gab der Verwaltungsordnung gegenüber der tradi tionell republikanischen ein anderes Gesicht. Sie verstärkte die Kom munikation zwischen Herrscher und Beherrschten und machte da durch die Herrschaft auch ohne großzügigen Ausbau eines bürokrati schen Apparates intensiver. 5. Die Orientierung römischer Entscheidungen an der geltender Rechtslage der Staaten und Städte wurde gleichfalls schon frühei praktiziert, aber erst Pompeius machte daraus einen verbindlicher Grundsatz (wie später im Prinzipat). In viel stärkerem Maße als vorhei und erst recht als alle hellenistischen Staaten war der römische Staal ein Rechtsstaat geworden. Es ist klar, daß diese Elemente ein besonde res Gewicht auch für die davon betroffenen jüdisch-römischen Bezie hungen erhielten. Von jüdischer Seite bildete die Krise des hasmonäischen Staates überhaupt erst die Voraussetzung für das römische Eingreifen.6 Dei Königin Salome Alexandra (76-67 v. Chr.) war es zwar gelungen durch ihre Versöhnungspolitik mit den Pharisäern den hasmonäischer
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Staat auf der Basis der Verfassung Simons zu reformieren,7 damit auch die innerjüdischen Konflikte beizulegen und dem Staat Ruhe zu verschaffen; aber ihre Regierungszeit war zu kurz, um die innere Be friedung dauerhaft zu verankern. In den Jahren nach 67 v. Chr. bra chen die Konflikte innerhalb der hasmonäischen Führung wieder offen aus. Verantwortlich dafür waren Nachfolgestreitigkeiten. Als Salome Alexandra 67 v. Chr. starb, hatte sie zwar festgelegt, daß ihr ältester und ihr auch politisch nahestehender Sohn Hyrkan als Hohepriester und König nachfolgen sollte. Aber der zweite Sohn Aristobul hatte schon zu Lebzeiten der Königin deutlich gemacht, daß er sich für den geeigneteren Herrscher hielt und insbesondere die Machtbefugnisse der seiner Meinung nach durch die Mutter übermächtig gewordenen Pharisäer beschneiden wollte.8 Es gelang ihm mit der Unterstützung anderer Unzufriedener aus der alten hasmonäischen Führungselite auch bald nach dem Tod seiner Mutter, Hyrkan zur Abdankung zu zwingen.9 Doch bekam dieser nun Unterstützung in der Person des Idumäers Antipater, des „Ersten in seinem Volk" (Tcpcoie-ocov xox> e0voi)<;), wie Josephus sagt. Diesen trieb insbesondere seine Feind schaft zu Aristobul an.10 Beide nahmen nun unter territorialen Zuge ständnissen - Aretas forderte Gebiete zurück, die Alexander Jannaios seinem Stamm abgenommen hatte - Zuflucht zu den Nabatäern unter ihrem König Aretas III; dieser arabische Stamm hatte ebenso wie die Juden von der Schwäche des Seleukidenreiches profitiert und sich eine beachtliche Machtstellung aufgebaut.11 Im Verein mit Aretas ge lang auch die Rückkehr Hyrkans an die Macht; Aristobul wurde nach einer Niederlage auf dem Tempelberg belagert, die ihn stützenden öoKipxoTccToi, also wohl die Gegenpartei der Pharisäer, die Sadduzäer, flohen.12 Der innerhasmonäische Führungskampf schwächte den jüdischen Staat in mehrfacher Hinsicht. Zum einen schmälerte er die außenpoli tische Handlungsfähigkeit, dann reaktivierte er die von Alexandra beigelegten Konflikte zwischen Pharisäern und Sadduzäern und be förderte auf diese Weise gesellschaftliche Spannungen. Zum dritten holte sich Hyrkan auch noch Hilfe von außen, nämlich den Idumäer Antipater, dessen Judentum umstritten war (und ist) und gerade des halb die Entfremdung zwischen Hasmonäern und gesetzestreuen Ju den erneut hat aufleben lassen.13 Und schließlich, viertens, bereitete er die römische Intervention vor, da beide Parteien jede mögliche Hilfe in Anspruch nehmen wollten. Insgesamt war die Verfassungsreform Alexandras, die auf der Grundlage des historischen makkabäischen
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Kompromisses zwischen Religion und politisch-militärischer Führung die Einheit des jüdischen Staates wiederhergestellt hatte, mit dem Zwist der beiden Brüder obsolet geworden. Sie mußte einer neuen Kluft zwischen einer immer stärker, weil ihrer religiösen Grundlage mehr und mehr verlustig gehenden, hellenisierten politischen Führung und einer sich immer stärker auf sich selbst zurückziehenden, aber keinesfalls einheitlichen religiös ausgerichteten Bevölkerung Platz machen. Der Boden für eine von außen kommende schiedsrichterliche Regelung der Verhältnisse war damit bereitet. ' Das Einwirken des Pompeius auf Palästina vollzog sich in mehre ren Schritten. Zunächst wurde während der oben berichteten Ereig nisse im Jahre 65 v. Chr. der Quästor M. Aemilius Scaurus von Pom peius, der seit 66 v. Chr. erfolgreich gegen Mithridates Krieg geführt hatte, nach Syrien geschickt. Dort, in Damaskus, hörte Scaurus von dem Konflikt in Jerusalem.14 Scaurus15 war ein durchschnittlicher rö mischer Politiker, der mit Blick auf seine weitere Karriere Erfolge brauchte. Es ging ihm deshalb als Beauftragtem des Pompeius um eine schnelle und gleichzeitig einträgliche Lösung aller ihm gegebe nen Aufträge. So erklärt sich seine unverzügliche Entscheidung zu gunsten Aristobuls: Der hatte ihm Geld gegeben, und zudem sah es oberflächlich betrachtet so aus, als führen die Römer mit ihm besser. Er schien „hellenisierter", weltoffener, als augenblicklicher Herrscher aiich nutzbringender. Josephus deutet das ebenfalls so.16 Scaurus hatte sich jedenfalls keinerlei Gedanken um die Rechtslage gemacht,17 ja \vohl sich nicht einmal ernsthaft mit den innerjüdischen Verhältnissen vertraut gemacht, womit er zum Prototyp kaiserzeitlicher römischer Statthalter in Judäa geworden ist. Pompeius urteilte anders, auf der Basis des in Judäa geltenden Rechts, der Sachlage angemessen - und doch führte auch seine durch dachte Politik in Judäa nicht zu einer wirklichen Befriedung, ein un trügliches Zeichen dafür, daß unsere These von grundlegenden struk turellen Hindernissen für eine zwischen- und innerstaatliche Zusam menarbeit zwischen Rom und Judäa richtig ist. Pompeius revidierte nämlich die Entscheidung des Scaurus für Aristobul, und zwar nach einiger Zeit der Überlegung und ohne sich bestechen zu lassen, ob wohl auch er Bestechungsversuchen ausgesetzt war.18 Die verschiede nen Stufen der Entscheidungsfindung hat Josephus glaubhaft nachge zeichnet, und so ermöglicht sein Bericht, nicht nur die Grundlagen pompeianischer Politik, sondern auch die ersten sich nun offenbaren den Mißverständnisse im jüdisch-römischen Verhältnis aufzudecken.
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Zweifellos war sich Pompeius, als er 64 v. Chr. nach Antiochien kam, der für die Stabilität seiner Regelung unerläßlichen Notwendig keit bewußt, die chaotischen Verhältnisse in Syrien, Phönikien und Arabien zu befrieden: Die phönizischen Küstenstädte waren nicht mehr sicher,19 der Nabatäerfurst Aretas III mischte sich munter in Pa lästina ein und konnte erst durch die Drohungen des Scaurus 65 v. Chr. zum Rückzug bewegt werden, die inneren Verhältnisse in Syrien und Palästina bedurften gleichfalls einer Klärung. Diesen Zielen, dem Schutz römischer Verbündeter, einer dauerhaften Befriedung und Si cherung des römischen Einflusses, diente seine aus militärischen und diplomatischen Mitteln gespeiste Politik.20 Bereits im Winter 64/3 v. Chr. wohl in Antiochia und dann erneut im Frühling 63 v. Chr. erschienen jüdische Gesandtschaften vor Pom peius, zuletzt in Damaskus.21 Von Bedeutung ist dabei, daß sich zu nächst nur die Abgesandten von Hyrkan und Aristobul bei Pompeius einfanden, dann aber in Damaskus plötzlich drei Parteien auftraten; eine dritte Gruppe vertrat eine dezidiert antihasmonäische Position.22 Inhaltlich lassen sich die von den jüdischen Delegationen vor Pom peius gebrachten Wünsche wie folgt zusammenfassen: 1. Aristobuls Gesandter Nikodemus wollte die von Scaurus schon teuer erkaufte Anerkennung als König von Pompeius bestätigen las sen; so erklärt sich das extravagante, herrschergemäße und selbstbe wußte Auftreten der Delegation.23 Gleichzeitig hob er auch das römi sche Interesse an einem starken, ordnungsstiftenden König hervor, eine Rolle, für die Hyrkan mit seinem trägen und unflexiblen Charak ter gerade nicht geeignet sei.24 Nur Aristobul, so Nikodemus, könne schließlich dafür sorgen, daß die Herrschaft über die Region nicht in andere, antirömische (sprich: nabatäische) Hände falle. Auftreten und Argumentation des Nikodemus waren also durchaus dem Ziel, Pom peius zu beeindrucken, angemessen und dazu angetan, das römische Interesse an einem starken Ordnungsfaktor in der Region mit den per sönlichen Zielen des Aristobul zu verbinden. Dafür, daß dieses römi sche Interesse bestand und dementsprechend das Auftreten der Aristobul-Partei angelegt war, gibt es eine einleuchtende Erklärung: Pom peius hatte den streitenden Parteien Hyrkan und Aristobul im Winter den Bescheid erteilt, daß er bis zum Beginn des Frühlings Bedenkzeit brauche, wahrscheinlich um sich über die Lage in Judäa kundig zu machen und eine definitive Entscheidung fällen zu können. Dies konnte die antihasmonäische Opposition - wohl Pharisäer, die sich von Hyrkan abgewandt hatten - als Unzufriedenheit mit beiden und
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damit als Chance für die Durchsetzung ihrer eigenen Position, nämlich der Abschaffung der Monarchie und der Rückkehr zum traditionellen Hohepriesterregiment, auffassen.25 2. Die Gesandtschaft von Aristobuls Gegenspieler Hyrkan wurde vbn Antipater angeführt. Sie war sehr groß (über 1000 Mitglieder), und bestand zudem aus den „angesehensten" Juden (5oKin.a>TccToi), was zweifelsohne nicht nur den vorgetragenen Rechtsanspruch unter stützen, sondern auch dem römischen Interesse an der Mitwirkung der lokalen Eliten entgegenkommen sollte. Sachlich stand die Rechtsfrage im Vordergrund: Hyrkan sei als der Ältere der rechtmäßige König. Dieses Argument sollte Aristobul als Usurpator und in seiner ganzen Persönlichkeit in römischen Augen diskreditieren: Ein Rechtsbrecher im Inneren war per definitionem auch ein Rechtsbrecher gegen die Nachbarn und Verbündeten und würde es folglich auch gegen die Römer sein.26 Beide Parteien verbanden auf diese Weise mit ihrer eigenen Herr scherlegitimation das römische Interesse, das heißt, sie argumentierten gleichsam „hellenistisch"-personell. Von einem spezifisch jüdischen Hintergrund ihrer Positionen war jedenfalls nichts zu spüren, und das war sicher auch die Absicht der Verhandlungsfuhrer. Denn natürlich verschleierte auch Antipater, daß Hyrkan ursprünglich für eine integrative, pharisäisch orientierte Politik im Auftrag seiner Mutter ge standen hatte. Er setzte auf die Argumente zugunsten Hyrkans, die für die römische Seite nachvollziehbar bzw. gewinnbringend waren, also auf die eindeutige Rechtslage und die allseits erkannte Unberechen barkeit des Konkurrenten. Mit dem großen und elitären Aufgebot wollte er seiner Rede vor Pompeius auch äußerlich Nachdruck verlei hen. Von einer religiösen Komponente des Streites hören wir nichts. 3. Diese brachten andere, keiner der beiden eben besprochenen Parteien zugehörige Vertreter zur Sprache. Das Aufleben hellenisti scher Tendenzen innerhalb der hasmonäischen Führung hatte das Land erneut und noch tiefgreifender gespalten als vor 76 v. Chr., der Regierung von Alexander Jannaios. Eine dritte, politisch und religiös konservative Gruppe setzte daher all ihre Hoffnungen auf Pompeius. Diese Hoffnungen gründeten zum einen auf dem aus jüdischer Sieht ibislang unzweifelhaften Rechtscharakter römischer Politik, und zum i anderen auf der Person des Pompeius, dessen abwartende Haltung den I Versuch beflügelte, bei ihm durch eine 200 Mann starke Gesandt schaft, auch ohne massive Bestechungsversuche (wie bei Scaurus), allein mit Erläuterungen des traditionellen jüdischen Staates zum Er-
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folg zu kommen.27 So begründete diese Gesandtschaft denn auch ihre Hauptforderung, das hasmonäische Königtum gänzlich abzuschaffen, historisch. Das war nicht ungeschickt, denn die Redner griffen damit auf eine wesentliche und traditionell gültige Kategorie schiedsrichter licher Entscheidungen Roms zurück.28 Dieser historische Rückgriff erhielt nun dadurch ein besonderes Gewicht, daß er genau beim Be ginn jüdisch-römischer Beziehungen einsetzte, also 161 v. Chr. wäh rend des Makkabäeraufstandes.29 Konkret heißt das, wenn Rom da mals den von Judas Makkabaeus geführten religiös orientierten jüdi schen Staat als rechtmäßig anerkannte - und nicht den von den seleukidischen Königen installierten hellenisierten! -, so müßte es, wenn seine Politik damals rechtmäßig war, auch jetzt wieder die konservativ-antihasmonäische Partei unterstützen, weil sich die Nachfolger des Judas von den damals römischerseits anerkanntenrc&xpioiVOJIOI ent fernt hätten.30 Die Entwicklung des jüdischen Staates seit 161 v. Chr. wurde deshalb von den Gesandten mit drastischen Begriffen wie mon archische „Versklavung" des Volkes (Kara5e5o\)A,ä)a0ai) und „Ver fassungsänderung" (ei<; &AAT|V ccp^-qv U,ETCCYEIV) überschrieben, und beides sollte unverkennbar eine antirömische Konnotation zum Aus druck bringen. Wichtig ist aber, daß nichtjömische Interessen, son dern römisches Rechts Verständnis - wie aus der wiederholten Beto nung des Ungerechten und Gewalttätigen im Handeln der Hasmonäer hervorgeht - in den Vordergrund gerückt wurden. Die politische Di mension der Religion, ihre Wahrung als Voraussetzung für die Frei heit des Volkes, aber im selben Maße auch als Vorteil in der zwi schenstaatlichen Zusammenarbeit, wird in dieser Argumentation er neut deutlich, während die anderen Parteien bezeichnenderweise auf dieses Wesenselement jüdischer Politik mit keinem Wort eingingen.31 Diese drei Positionen der in Damaskus anwesenden jüdischen Ge sandtschaften informierten die Römer über die Verhältnisse in Jeru salem, und alle drei konkurrierenden Gruppen setzten ihre gesamten Hoffnungen auf die Entscheidung des Pompeius. Nicht um das ob ei nes römischen Eingreifens ging es jetzt also, sondern darum, wie die unterschiedlichen Vorstellungen berücksichtigt und mit römischen Interessen verbunden wurden. Von der Neuordnung, die Pompeius jetzt in der Region vorzunehmen hatte, hing ab, ob die Beziehungen zwischen dem jüdischen Gemeinwesen und der römischen Weltmacht eine Perspektive in der Zukunft haben würden.
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2. Die Neuordnung des Pompeius in Judäa und die weitere Entwicklung bis 55 v. Chr. Mehr, als man heute annimmt, griff die pompeianische Ordnung der jüdischen Verhältnisse in Palästina die Vorschläge aller drei Gruppen, die in Damaskus ihren Standpunkt erklärt hatten, auf. Dies ist an sich schon bemerkenswert. Sie tat es aber, und das ist für das weitere Schicksal dieser Ordnung entscheidend gewesen, in einer interpretatio Romana, deren Grundlagen die Befriedung der Region und deren Einbindung in die römische Herrschaft waren. Diese Umwand lung der jüdischen Vorschläge wurde und wird den Römern oft vor geworfen und als Verwirklichung eines langgehegten Planes interpre tiert, der in der Erweiterung des Imperiums bestanden habe. Man darf aber drei Dinge nicht übersehen: Erstens waren es die Streitparteien in Jerusalem^ selbst, die. die Römer ins Land geholt hätten; diese histori sche Tatsache behält auch dann ihre Gültigkeit, wenn die Römer von Anfang an die Absicht gehabt haben sollten, nach Jerusalem zu mar schieren;32 zweitens gab es in der Region drängende Probleme, die so oder so gelöst werden mußten; und drittens beweisen die jetzt zu dis kutierenden Regelungen den „guten Willen" der Römer, zu einer dau erhaften Entschärfung ffcr Konflikte beizutragen. Woran sie scheiter ten und aus welchen Gründen, ist anschließend zu erörtern. Zunächst zum Gang der Ereignisse. Nach der Anhörung der Ge sandtschaften und noch vor einer endgültigen Entscheidung galt es, eine Eskalation der Gewalt zu verhindern. Mit dem nötigen Nach druck rügte daher Pompeius die beiden Brüder wegen ihrer gewaltsa men Auseinandersetzung.33 Eine schnelle Regelung der Verhältnisse erwies sich freilich als nötig, weil Aristobul trotz aller Versicherungen nicht Ruhe hielt.34 Die unverzichtbare Voraussetzung jeder Regelung war die Akzeptanz der römischen Suprematie von allen jüdischen Parteiungen. Diese verweigerte aber Aristobul. Aus römischer Sicht könnten daher auf fester Grundlage fußende klare Verhältnisse erst hergestellt werden, wenn man Jerusalem besetzt hatte. Im Herbst 63 v. Chr. war es schließlich soweit: Nach dreimonatiger Belagerung der Stadt war Jerusalem mit der Einnahme auch des Tempels in der Hand des Pompeius.35 Durch diese militärische Eroberung Jerusalems hatte sich der Handlungsspielraum des Pompeius bei seiner Neuregelung der Ver hältnisse noch vergrößert. Aristobul war der Aggressor gewesen. Rücksichten mußten die Römer daher auf ihn keine mehr nehmen, auf
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Hyrkan und die „dritte Partei" nur insoweit, als sie Helfer und Ver bündete benötigten, um der neuen Ordnung gute Startbedingungen zu verschaffen. Diese Handlungsfreiheit des Pompeius ermöglicht es uns, die römische Politik gegenüber den Unterworfenen auf ihre Zielset zung und ihren Charakter hin zu bewerten. Sie schlug sich in folgen den Entscheidungen und Regelungen nieder:36 1. Pompeius ließ es sich nicht nehmen, das Zentrum der jüdischen Religion zu besichtigen. Er betrat den Tempel zu Jerusalem und ent weihte das Allerheiligste.37 Die Motive für diese Tat sind umstritten und angesichts der Quellenlage nicht leicht zu ergründen. Von ihnen hängt viel für die Bewertung der pompeianischen Politik ab. Daß Pompeius es nicht auf die Tempelreichtümer abgesehen hatte, steht nach den nahezu vollständig übereinstimmenden Quellenaussagen, mit der Ausnahme Dios, fest. Man wird wohl auch ausschließen kön nen, daß er lediglich aus der überheblichen Neugier des Siegers heraus gehandelt hat; ihm war zweifellos die hohe Brisanz seines Tuns be wußt, und er hätte wohl nicht leichtfertig die Stabilität seiner Rege lungen aufs Spiel gesetzt. Also kommt als Motiv für den Tempelbe such paradoxerweise nur das Interesse an der Festigung der Neuord nung selbst in Frage: Pompeius mußte sich gleichsam aus erster Hand und unbeeinflußt von den zahlreichen unglaubwürdigen und zum Teil absurden Legenden, die sich allerorts in Umlauf befanden, ein reales Bild von der mit diesem geheimnisumwitterten Tempel38 verbundenen Religion machen.39 Denn wie konnte ohne genaue, vor allem mit ei genen Augen erworbene Kenntnis der jüdischen Religion eine dauer hafte Ordnung errichtet werden? Dem römischen Feldherrn war ohne Frage bewußt, daß seine Tat als solche ein antijüdischer Akt war, auch wenn sie so nicht gemeint war. Seine Anordnung, umgehend die Rei nigung des Tempels mit den vorgeschriebenen Opfern durchzufuhren, um so den Vertrauensbruch wieder zu kitten, bestätigt diese Deutung des Tempelbesuches. Daß Pompeius die religiösen Empfindungen re ligiöser Gruppen in Judäa damit unterschätzt hat, steht aber außer Frage.40 2. Hyrkan wird in unmittelbarem Anschluß an den Tempelbesuch zum Hohepriester eingesetzt; „König" durfte er sich jedoch nicht nen nen, wie es seine Vorväter seit Aristobul I getan hatten. Doch liegt diesem Verdikt wohl nicht die Absicht, den neuen Klientelstaat von Anfang an schwach zu halten, und noch weniger eine antijüdische Stoßrichtung des Pompeius zugrunde. Die Schwächung Hyrkans kam
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vielmehr der religiösen, antihasmonäischen Partei in Jerusalem entge gen (s. Punkt 3).41 3. Die verfassungsmäßigen Institutionen des jüdischen Gemeinwe sens, insbesondere der Rat (Sanhedrin), sind mindestens beibehalten, wahrscheinlich sogar gestärkt worden. Davon zeugen besonders die Münzen Hyrkans II, die in den Jahren zwischen 63 und 40 v. Chr. ge prägt wurden und die Aufschriften „Yehohanan der Hohepriester und der Rat (Heber) der Juden" tragen.42 Die Reduzierung des monarchi schen Elements - erkennbar an der Verweigerung des Königtitels für Hyrkan -, die sogleich zu besprechende territoriale Beschränkung auf von Juden bewohntes Gebiet und auch die wenig später im pompeianischen Sinne erfolgten Reformen des syrischen Statthalters Gabinius zur weiteren Stärkung der lokalen Eliten weisen die pompeianischen Regelungen als entschieden projüdisch im Sinne einer theokratischen Verfassung aus. Jedenfalls finden sich in ihnen die Forderungen der antihasmonäischen Partei zu großen Teilen wieder. i 4. Die Gegenpartei Hyrkans um Aristobul wurde, wie nicht anders zu erwarten,!dezimiert: Viele waren bei der Belagerung des Tempels gefallen (Josephus spricht von 12000 Toten), aber es erfolgte auch ein offenkundig blutiges Strafgericht gegen die Anhänger Aristobuls, wo bei die Römer sicherlich mit Hyrkan „zusammenarbeiteten".43 5. Die politischen Rädelsführer wurden als „Geiseln" und „Schau stücke" des späteren (nämlich 61 v. Chr. veranstalteten) Triumphes nach Rom gebracht.44 ) 6. Die militärischen Anlagen und schwer einnehmbaren hasmonäischen Festungen (besonders Alexandreion, Machairos und Hyrkania) wurden zerstört.45 7. Die wichtigste Entscheidung für Rom selbst war, daß Judäajiun Teü des Römjsjghjen Reiches_und als solches den Aufeicht_des„syrischen Statthalters unterstellt wurde. Es mußte als sichtbares Zeichen der Abhängigkeit von Rom einen (in seiner Höhe unbekannten) re gelmäßigen Tribut ((ßöpog) entrichten, durfte aber als autonome Ge meinde ^ich selbst verwalten. Es war damit auf die gleiche Stufe wie die von hasmonäischerTlerrschaft befreiten griechischen Städte an der Küste und im Binnenland gestellt.46 8. Einhergehend mit diesen Regelungen und folgerichtig wurde der alte hasmonäische Staat beträchtlich verkleinert und auf von Juden bewohntes Gebiet beschränkt. Zu ihm gehörte jetzt noch Judäa, Gali läa, Peraea, wobei zwischen Judäa und Galiläa mit dem „befreiten" Samaria ein „Roman corridor" eingerichtet wurde.47 Viele Städte, die
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von Johannes Hyrkan I und Alexander Jannaios erobert worden wa ren, wurden (im römischen Sinne) autonom und der Oberaufsicht des syrischen Statthalters anvertraut.48 9. Während der Kriegszeit zerstörte Städte sollten wieder aufge baut werden, zum Teil unmittelbar nach dem Einmarsch der Römer, zum Teil auch später. Besonders schnell wurde Gadara wiederherge stellt.49 Wie ist diese Neuordnung zu beurteilen? Vom römischen Stand punkt aus könnte man annehmen, daß Pompeius hasmonäische Ex pansionsabsichten und Piraterie unterbinden, daß er im Interesse der griechischen Küstenstädte die Juden vom Seehandel abtrennen, daß er die Region als eine Art Pufferzone für die erwartete parthisch-römische Auseinandersetzung sichern, daß er den jüdischen Staat schwä chen, ihn aber infolge der inneren Unruhen (noch) nicht mit dem Sta tus einer Provinz dem Reich eingliedern wollte.50 Dem Betrachter von der jüdischen Warte aus mag sich in den Regelungen das den Römern gern angedichtete divide et /Twpera-Prinzip aufdrängen.51 Solche Deutungen sind freilich schon ihrem Charakter nach reine Spekulatio nen. Schließlich läßt sich das jeder Handlung zugrunde liegende Mo tiv des Pompeius nicht mehr ermitteln, und die Quellen stützen auch die genannten Überlegungen nicht. Diese sind vielmehr moderne Rückschlüsse aus verschiedenen Einzelaspekten der Neuordnung, wie etwa den Territorialbestimmungen, der Autonomiebestimmung für die griechischen Städte oder der Verweigerung des Königstitels für den hasmonäischen Fürsten. Tiefere Einsichten über deren Charakter, Wert und auch über die dahinter stehende Motivation können aber nur aus einer Analyse des „Gesamtpaketes" der pompeianischen Maß nahmen gewonnen werden, das sehr differenziert und gleichzeitig in seiner Systematik darauf angelegt war, das Verhältnis zwischen Juden und Römern neu und dauerhaft zu definieren. Die Grundlage des alten Verhältnisses war der Vertrag von 161 v. Chr. bzw. seine Erneuerungen bis Hyrkan I gewesen; die jeweiligen Initiativen waren vom jüdischen Staat ausgegangen, und sie wurden, zumindest bis Alexander Jannaios, von Rom als Zeichen einer jüdi schen Bindung an Rom gedeutet und dementsprechend immer positiv beantwortet. Eine Zeitlang funktionierte diese vertraglich-völker rechtlich definierte Bindung. 63 v. Chr. mußte aber das Verhältnis zwischen beiden Seiten „intensivierPTcIas heißt, Jerusalem in das rö mische Reich integriert werden,^\veil dem Zerwürfnis zwischen Hyrkan, Aristobul und einer dritten antihasmonäisch-konservativen
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Gruppe und insbesondere dem obstinaten Auftreten Aristobuls Pompeius gegenüber, aus dem sich infolge der unklaren Verhältnisse ein Bindungsverlust des jüdischen Gemeinwesens zu Rom und damit ein römischer Eirjflußverlust ableiten ließ, nicht anders zu begegnen war. Im Angesicht einer „global" agierenden römischen Politik, die seit 66 Vi Chr. den gesamten östlichen Teil des Reiches neu zu gestalten im Begriffe war, mußten auch in Judäa klare Verhältnisse hergestellt werden. Den gleichen Hintergrund hatte im übrigen auch die Zer schlagung des seleukidischen Staates gehabt, der noch weniger für eine Selbstverwaltung geeignet schien und daher gänzlich unter die Klontrolle eines römischen Beamten gestellt wurde. Somit war tat sächlich den Juden die Freiheit, verstanden als die Entscheidungsfrei heit, sich an Rom zu binden oder nicht, im Jahre 63 v. Chr. genom men,52 und als sichtbares Zeichen für die Intensivierung des Verhält nisses, das heißt für eine stärkere Abhängigkeit des jüdischen Ge meinwesens, wurde der Tribut erhoben. Aus der Sicht des Jahres 63 v. Chr. war Roms Politik Judäa ge genüber dennoch nicht einfach selbstherrlich oder aufgezwungen, wie es spätere, kaiserzeitliche Analytiker deuteten'. Denn was bedeutete dieser oben beschriebene Freiheitsverlust für die Juden? Von den drei Parteien, die iri Damaskus vor Pompeius erschienen waren, hatte sich nur Aristobul jede römische Einmischung verbeten. Sowohl Hyrkan als auch die antihasmonäische Opposition, der es um die Wiederher stellung einer theokratischen Verfassung ging, hatten nichts dagegen, gleichsam unter einem römischen Dach zu leben - unter der selbstver ständlichen Voraussetzung natürlich, daß die Römer das gleichsam traditionelle jüdische Verständnis von Freiheit achteten. Man erhob also die Forderung nach Autonomie, und legitimiert wurde dieser Autonomie-Anspruch durch die Religion, deren politische Dimension hier erneut sichtbar wird. Beide Parteien, besonders natürlich die anti hasmonäische, bewegten sich also auf den Bahnen des traditionellen jüdischen Religionsverständisses, was sich ohne Zweifel aus ihren pharisäischen Grundlagen ergibt. Hyrkan hatte ja schon im Streit mit seinem Bruder Aristobul seine Anhänger aus der pharisäischen Partei rekrutiert, seit seine Mutter Alexandra diese wieder in den Staat inte griert hatte. Als er sich aber zunehmend auf den Idumäer Antipater stützein mußte, zog sich ein Teil dieser Anhänger in die Opposition zu rück. Es ist^wa^cheinkcji^^daß es diese -'nun wieder grundsätzlich antihasjnonäische - O p p ^ t i o r i p ^ anJPompeius gewandt hatte.53
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Im Jahr 63 v. Chr. bot sich also dem Römer Pompeius die vorder gründig seltsame Konstellation dar, daß die im eigentlichen Sinne Jü dischen", religiös orientierten Parteien für eine römische Ordnung der Verhältnisse eintraten, während der weltlich-„hellenistische" Aristobul eine römische Einmischung ganz und gar ablehnte. Pompeius selbst ließ sich, römische Traditionen fortführend, ganz und gar von der Rechtslage leiten. Sein QuaestorScaurus hatte noch nacff cTem ersten Augenschein und nach kräftiger finanzieller Zuwen dung Aristobul für den rechtmäßigen Herrscher gehalten. Doch Pom peius nahm sich Zeit zur Untersuchung der Verhältnisse, und seine Entscheidungen .reflektieren sehr genaue Kenntnisse der regionalen Verhältnisse. Hyrkan, der bereits von seiner Mutter zum Hohepriester gemachte und darum nach lokalem Recht als Fürst legitimierte ältere Bruder Aristobuls, war auch nach römischem Rechtsverständnis der legitime Herrscher. Den Königstitel freilich bekam er nicht mehr, we niger weil Pompeius das jüdische Gemeinwesen schwächen wollte, als vielmehr weil er (vielleicht über die „dritte Partei") wußte, daß dieser Titel usurpiert war (seit Aristobul I) und zudem im „Grundgesetz" des Makkahäers Simon nicht vorgesehen war.54 In diesen Zusammenhang einer von Pompeius gestärkten religiös legitimierten Ordnung in Jerusalem möchte ich auch die beträchtliche territoriale Verkleinerung des jüdischen Staates gestellt sehen. Pom peius jmqchte_däYQ!L^ daß die fromme j^tikjinjier Abkehr der Hasmonäer von_den väterlichen Sitten auch deren expansive Außenpolitik umschloß, was ja in gewisser Hinsicht auch nicht ganz falsch war. Er ordnete deshalb nur die primär jüdisch bewohnten Regionen dem neuen Gemeinwesen zu. Wenn trotzdem die hasmonäische Außenpolitik mit ihrer auch gewaltsamen Ausbreitung jüdischen Einflusses und des Judentums als Religion in die umliegenden Regio nen den Frommen gerade kein Stein des Anstoßes gewesen war, wie neuerdings mit Nachdruck herausgearbeitet wurde,55 mußte Pompeius das aus herrschaftspolitischen Gründen ignorieren. Denn er erfüllte mit der_Mljw^n£za^^ von der Herr schaft^ jer^salejns^^ielemrts an ihn herangetragenen Wünsche nach Befreiung von der hasmonäischeji. Herrschaft. "Natürlich kannte er auch nicht die einschlägigen Passagen der Torah über die Ausdehnung von Eretz Israel; hätte er sie gekannt, hätten sie seinem Verständnis von Religion und noch mehr seinem Ziel einer regionalen Befriedung widersprochen. Zweifellos war dieses (nach jüdischer Deutung) MißVerständnis oder noch eher: diese Miß-Achtung der jüdischen Reli-
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gion durch die Römer gleich am Anfang der römischen Herrschaft über Palästina ein wesentlicher Grund dafür, daß die so_woJbLdur,chdachte Ordnung des Pompeius keinen Bestand hatte und mittelfristig wieder zu einer „großen" Lösung, nämlich einer jüdischen Oberherr schaft über die gesamte Region im Süden Syriens führte; dies war der Klientelstaat unter Herodes mit hasmonäischen Ausmaßen und dar über hinaus, was das Territorium betraf. Insgesamt war die pompeianische Neuordnung auch dazu angetan, die Juden zur Bewahrung ihrer Identität und zur Ausübung ihrer Reli gion zu ermutigen. Denn die Religion machte die jüdische Identität aus, und es konnte für die Vormacht keine bessere Garantie für die Stabilität der Ordnung geben, als wenn sie ihre Untertanen über die Religion, noch dazu eine so tief im Bewußtsein verankerte, an sich zu binden verstand;56 auch der seleukidische König Antiochos III hatte die Unterstützung der jüdischen Religion offen als herrschaftsdienlich eingestuft.57 Und berücksichtigte: nicht_ebenso_ Pompeius jije Vor schläge der „dritten", jener^ antihasmonäisch-pharisäischen Partei? Gewiß, Hyrkan und noch mehr sein Helfer Antipater waren mit ihrer peuen Rolle als Klientelfürsten Palästinas nicht unzufrieden, weil die eigene Stellung garantiert war und sich unter römischem Dach durch aus auch irgendwann eine territorial und nach außen verbesserte Posi tion Judäas in der Region vorstellen ließ. Für die Anti-Hasmonäer da gegen nahm; jetzt, nachdem der Glanz außenpolitischer Erfolge end gültig der Vergangenheit angehörte, mehr denn je die Religion allein die Funktion wahr, Autonomieforderungen zu legitimieren. So schien, als Pompeius zumindest teilweise auf ihre Wünsche einging, die Integration der Juden in^das Römische^ Reich unter guten Vorzeichen inaugurieiF^ör3en zu sein?8 Trotzdem: Der römische Plan funktionierte nicht, die jüdischen Hoffnungen und Erwartungen erfüllten sich nicht. Denn die Römer verstanden unter der Gewährung von Religionsfreiheit etwas anderes als die Schaffung einer herr^ fechaftsfreien Zone. Nach ihren Vorstellungen war im Gegenteil ge rade die Religion ein zentrales Element der Integration von Regionen (n das Reich. Das gilt für die Republik und in noch stärkerem Maße für den Prinzipat. Den Höhepunkt einer religiös orientierten Integrati onspolitik in der vor-konstantinischen Epoche stellt das Wirken Hadrians dar; nicht von ungefähr fällt deshalb auch in dessen Regierung der letzte der drei großen jüdischen Aufstände, der Bar-Kochba-Auf stand (132-135 n. Chr.).60 Auch in dieser Bewertung beginnt mit Pompeius' Neuordnung die „Genese" jener Katastrophe, die im Bar-
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Kochba-Aufstand einen letzten Höhepunkt erreichte. Das Mißver ständnis zwischen Juden und Römern führte schon bald zu gegenseiti gen Vorwürfen und Anfeindungen.61 Es kam aber noch nicht zu einer verbreitet antirömischen Stimmung unter den Juden wie in den Jahren und Jahrzehnten nach 6 n. Chr., obwohl die Desintegrationstendenzen innerhalb der jüdischen Gesellschaft sich weiter verstärkten. Der Zorn vieler Frommer richtete sich aber jetzt gegen den „Frevelpriester" und gegen die, „die nach glatten Dingen streben" (mpbnn "»ttfTn),62 also die Pharisäer selbst, schließlich gegen Antipater und vor allem Herodes, solange nämlich der jüdische Staat sich formal noch selbst ver walten durfte. Erst seitj^n. Chr. war das nicht mehr der Fall^und erst seit diesem Zeitpunkt wurden Religionseifer und RoTriHäß zwei Seiten ein ünd~^r]f^ 4jv. Chr., als Herodes gestorben war, gab man sich in gesetzestreuen jüdischen Kreisen der Illusion hin, daß unter römischem Dach jüdisches Leben besser gedeihen könne.63 Die Wurzeln dieses Mißverständnisses lagen darin, daß die Angehörigen zweier so unterschiedlich gestalteter Gemeinwesen wie des römischen und des jüdischen zu wenig von diesen Unterschieden wußten; das können wir schon an den Regelungen des Pompeius und ihrem Schicksal erkennen. Diese Erkenntnis wird durch nichts klarer als durch den Tempelbe such des Pompeius bestätigt. Er ist das Symbol des neuen Verhältnis ses der Juden zu den Römern. In ihm bündelt sich geradezu die struk turelle Unvereinbarkeit beider politischer Systeme. Es war gewiß auch Neugier im Spiel, die Pompeius bewogen hat, dieses Sakrileg zu be gehen; schließlich waren schlimme Geschichten über das, was sich in diesem Tempel abspielte, im Umlauf.64 Andererseits konnte ihm nicht verborgen geblieben sein, daß er mit seinem Verhalten die innersten Gefühle eines jeden Juden tief verletzen würde.65 Seine Anordnung, am nächsten Tag das Heiligtum von den im Tempel Bediensteten rei nigen zu lassen und ordnungsgemäß Opfer darzubringen,66 beweist, daß Pompeius um die jüdischen Gepflogenheiten genau Bescheid wußte. Warum also betrat er den Tempel? Da die oben beschriebene Quellenlage über diese Frage keine Auskunft gibt, ist der Historiker auf Rückschlüsse aus der handelnden Persönlichkeit, dem Faktum selbst und seinem politischen Hinter grund verwiesen. Danach zu urteilen waren zum einen die subjektive Überzeugung von der sachlichen Notwendigkeit, zum anderen auch die demonstrative Vorführung der Machtverhältnisse, eine Art Zei chensetzung, ausschlaggebend fiir die pompeianische Entscheidung.
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Diese Vermutung gründet auf der Überlegung, daß Pompeius für seine Entscheidungsfindung für die geplante Neuordnung sicherlich auf alle Informationsquellen, also auch auf das Zentrum des jüdischen Ge meinwesens, zurückgegriffen haben dürfte; nur hier konnte er in die drcana dieser geheimnisvollen Religion vordringen. Materielle Güter oder eine bewußte Demütigung der Juden erstrebte er dagegen nach Ausweis der Quellen nicht. Gleichzeitig gehörte aber auch immer die Demonstrationi römischer Überlegenheit zum_poHtischen Jtastaamentarium_des Pompeius? Das ungehinderte Betreten des Allerheiligsten war ein bewußTgesetztes Zeichen römischer Allmacht und brachte je dem nahe, daß es_für JRoni keinen herrschaftsfreien Raum geben könne, andererseits sei Rom aber auch so mächtig, im Interesse der jüdischen Religion jeden anderen am Betreten dieses Tempels zu hin dern. Diese Zeichensprache sagte also auch: Wir Römer können und werden Eure Forderungen nach Autonomie erfüllen, wenn Ihr, die Ju den, Rom über Euch anerkennt. Ein Teil der Juden konnte sich mit dieser Vorgabe - Unterordnung unter Rom als Preis für weitgehende Autonomie - arrangieren, aber viele Juden zogen eine andere Lehre aus ihrer Geschichte, nämlich mit ihrer Treue gegenüber dem religiös4 verankerten Gesetz der Forderung nach politischer Freiheit auch unter der Vorherrschaft einer fremden Macht Nachdruck zu verleihen. Ge ride das aber verstanden die Römer nicht unter Religion. Sie dürften die interpretatio Iudaica des Religionsbegriffes als unzulässige Politi sierung aufgefaßt haben, durch die der „wirklich fromme Kult" (pius cultus), der Inhalt wahrer religio, radikal vernichtet würde.67 Pompeius war gewiß nicht so tief in die religiösen Gefühle fromnier Juden eingedrungen, um sich der ganzen Schwere seines Verge hens bewußt geworden zu sein - so wenig sich Römer wie Cicero oder später Cassius Dio dessen bewußt waren. Was für sie alle zählte, war allein die Tatsache, daß Pompeius nichts von den Tempelschätzen an gerührt hatte.68 Damit symbolisiert diese Episode, wie Römer und Ju den aneinander vorbeigingen, einander nicht verstanden. Es ist dieses grundsätzliche Mißverständnis, das die Katastrophe 66 v. Chr. letzt lich verursachen wird. Es brauchte allerdings gar nicht so lange, bis die Neuordnung des Pompeius ihre erste Belastungsprobe zu bestehen hatte; eigentlich hat sie nie wirklich funktioniert. Pompeius hatte nach dem Rechtsprinzip entschieden - Hyrkan war ja tatsächlich der rechtmäßige Hohepriester -' und das „hellenistische" Prinzip wechselseitig gewährter „Wohlta ten" vernachlässigt. Von diesem hatte sich noch sein Quaestor Scaurus
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leiten lassen. Darüber sowie über die Zerschlagung des hasmonäischen Reiches waren die zahlreichen Anhänger Aristobuls verärgert. Von ihrer Unzufriedenheit mit den neuen Verhältnissen waren die fol genden Jahre in Palästina geprägt (bis 55 v. Chr.). Zuerst rebellierte Aristobuls Sohn Alexander. Als eine der von Pompeius nach Rom überstellten Geiseln war er schon auf der Reise dorthin entflohen, hatte in Palästina eine Schar Unzufriedener um sich gesammelt und bedrohte die Ordnung Judäas (57 v. Chr.).69 Der frisch gekürte Statt halter Syriens mit Imperium infinitum™ Gabinius, hatte kaum die auf keimenden Unruhen bereinigt, als Alexanders Vater Aristobul ge meinsam mit seinem zweiten Sohn Antigonus im Jahre 56 v. Chr. er neut einen Aufruhr in Judäa anzettelte.71 Und schließlich erhob sich, nachdem Gabinius Aristobul gefangengenommen und wieder nach Rom zurückgeschickt hatte, erneut Alexander gegen die römische Herrschaft über Judäa.72 Diese Erhebung endete ebenso erfolglos wie die vorangegangenen. Die Abfolge von drei Aufständen kurz hintereinander, die zudem unter den Juden beachtlichen Zulauf fanden, stellt der neuen Ordnung des Pompeius, jeren Sinn kein anderer gewesen war7 als Stabilität und Sicherheit nach Palästina zu bringen, ganz offenbar kein gutes Zeug nis aus. Es ist zwar richtig, daß die Aufrührer Repräsentanten der von Pompeius benachteiligten Partei waren und deshalb vordergründig ihre eigenen, persönlichen Ziele verfolgten. Doch erhielten sie zweifeüo.s^rnij^ Parolen im Stile _eijiesMitffi erhofjten_Zula_u_f.unter_der jüdischen Bevölkerung Palästinas/7^ Josephus läßt offen, warum viele Juden mit den Römern unzufrieden waren, aber nicht, daß sie es von Anfang an waren.74 Man hat sich als Ursa che dafür in Sonderheit die radikale Beschneidung des ehemals mäch tigen hasmonäischen Staates zu denken, die nicht nur hasmonäisch ge sinnten, sondern auch frommen Juden ein Dorn im Auge war,75 eher jedenfalls als einen lnherrömischen Hintergrund zu vermuten, daß nämlich dubiose Machenschaften jler antipompeianischen Partei im Spiel^ewesenJseierf.76 Eme weitere Konsequenz der römischen Ein mischung bestand darin, daß jetzt auch römische Bürger in Jerusalem lebten und daß deren offenkundige Rolle als Aufpasser der neuen Vormacht von vornherein den Eindruck unter den Juden entstehen ließ, daß man endgüj^^^^Figiliekj^rloren hatte.77 Die traumatische Erinnerung an die Akra, jene Zwingburg der Griechen und hellenisieiten Juden in Jerusalem aus makkabäischer Zeit, mochte wieder le bendig werden. Diesen seleukidisch-griechischen Pfahl im jüdischen
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Fleisch hatte efrst Simon - nach Jahrzehnte dauernden Eroberungsver suchen der Makkabäer - beseitigen und damit den Grundstein der jü dischen Freiheit legen können. Nach all den historischen Erfahrungen um die Hellenisierung Jerusalems, um den blutigen Freiheitskampf, um die permanenten Gefährdungen des neuen Staates, Erfahrungen, die sich tief eingeprägt hatten in das Bewußtsein wohl aller Juden und von Generation zu Generation weitergegeben wurden, brachte die pömpeianische Reform trotz ihrer Zugeständnisse zuviel Verlust der Autonomie, zuviel Fremdbestimmung, zuviel Hellenisierungsgefahr mit sich, als daß man zur Tagesordnung übergeHen konnte. Deshalb wird man auf der Seite der Aufständischen wohl auch viele besorgte Fromme vermuten dürfen, die angesichts der Erfolglosigkeit ihrer Kämpfe alsbald den Weg des Eifers gingen (£nA,o£, davon Zeloten). Das Potential für Unruhen war also durch Pompeius nicht verrin gert worden, wie die Erfolge Aristobuls, Alexanders und von Antigpnosjaugenfällig demonstrierten. Rom mußte darauf reagieren. Aulus Gäbinius, ein Parteigänger des Pompeius und Konsul 58 v. Chr., war ddr Statthalter, der die römischen Interessen nach pompeianischem Vorbild durchsetzte - mit militärischer Gewalt zwar, aber durchaus auch mit einem römisch definierten Gerechtigkeitssinn. Man kann in ihm auch den Vollender der Reformen sehen. Als Statthalter Syriens war er aufgefordert, in dem von Unruhen geplagten Palästina für Ord nung zu sorgen. Er entledigte sich dieser Aufgabe ohne jede Härte, wie es scheint; Josephus jedenfalls weiß von solcher nichts zu berich ten, obwohl drei kurz aufeinanderfolgende Aufstände Anlaß genug geboten hätten. Cicero dagegen wetterte gegen Gäbinius, weil er die publicani „in die Sklaverei. VQIL Judenund Syrern" überantwortet habe,78 was zweifelsohne bedeutet^jlaß Gäbinius ditTJuden von den Steuereintreibungspraktiken der ritterlichen Steuerpächter befreit hat.79 Gäbinius verfolgte demnach die besten Absichten bei seinen Re formen, deren Ziel offenkundig darin bestand, der römischen Herr schaft das Wohlwollen der Untertanen zu erwirken. Keinesfalls ging es ihm um eine weitere Schwächung des jüdischen Staates80 - für ein solches Ziel fehlt auch jedes Motiv -, sondern um die Beseitigung der Ursachen der Aufstände. » Diesem ^Ziel entsprechen die Maßnahmen des Gäbinius zwischen 57 und 55 v. Chr. während und nach der Niederschlagung der drei Aufstände. Es handelt sich um folgende Regelungen:81
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1. Die Rädelsführer der gerade beendeten Aufstände wurden aus Palästina entfernt. Genaueres wissen wir nicht, aber Aristobul wurde nach Rom zurückgeschickt. Es gab aber keine exzessive Bestrafung. 2. Die prorömisch eingestellten jüdischen Führungspersönlichkei ten wurden unterstützt, wie Antipater, Hyrkan und die Ehefrau Aristobuls, die sich Gabinius als sehr hilfsbereit erwiesen hatten. 3. Das Kernstück war die Reorganisation der jüdischen Verfas sung; Hyrkan wurde wieder als Hohepriester eingesetzt,82 aber es wurde auch der priesterliche Adel gestärkt. Gabinius teilte das jüdi sche Ethnos in fünf Bezirke mit je einem Rat (crüvoöoq, o-oveSpiov) in der Hauptstadt jedes Bezirkes; als Hauptstädte wurden Jerusalem, Je richo, Sepphoris, Amathus und Gadara bestimmt.83 Ohne Genaueres über die politische Organisation zu wissen, können wir sagen, daß Gabinius hier noch mehr als wenige Jahre zuvor Pompeius das jüdi sche mit dem römischen Interesse zu koppeln versuchte, insofern als die Verfassung einerseits „aristokratisch", das heißt auf priesterlicher Basis, strukturiert war,84 andererseits aber auf urbanen Mittelpunkten beruhte, die römischen Verwaltungs-, insbesondere Steuerinteressen zu dienen hatten.85 4. Eine weitere und zukunftsweisende Neuerung nahm Gabinius nach dem letzten der Aufstände (von Alexander) vor: Er ordnete die Verfassung in Jerusalem npöc, TÖ 'AvTiTt&Tpo'o $oi)\y\\ia („nach dem Willen Antipaters").86 Im einzelnen ist unklar, was darunter zu verste hen ist. Aber es zeichnete sich hier zum ersten Mal die (für die Rö mer) glückliche Installation eines ihnen gegenüber direkt verantwort lichen „Verwalters" (später, unter Antipaters Sohn Herodes, auch: „Königs"), der freier von religiösen Zwängen, als es je ein Hoheprie ster hätte sein können, die Beziehungen zwischen Untertanen und Vormacht pflegen konnte. Antipater, im Verbund mit Hyrkan, hatte sich in verschiedenen Krisensituationen hervorragend bewährt.87 5. Die Festungen wurden nach dem Rat von Aristobuls Gattin er neut geschleift.88 Diese Maßnahmen des syrischen Statthalters hatten Konsequen zen, die das jüdisch-römische Verhältnis nachhaltig bestimmen soll ten. Zu diesen gehören - neben der ohnehin seit Pompeius etablierten ständigen römischen Präsenz im Lande -: der Wiederaufbau und die, sicherlich hellenistisch beeinflußte, Neuorganisation in den Städten,89 eine neue Form der Steuererhebung, in der zwar vieles dem Einfluß der verhaßten publicani entzogen worden war, die aber dennoch un gleich systematischer organisiert war; eine stärkere Urbanisierung
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auch der jüdischen Region im engeren Sinne (vgl. Punkt 3 unter den Maßnahmen des Gabinius; die jetzt im ganzen weniger von Jerusalem aus verwaltete Region umfaßt Judäa, Galiläa und Paraia, vielleicht idumea), womit das jüdische Kernland nicht anders behandelt wurde als unzivilisierte, ja barbarische Regionen im Westen des Reiches;90 die Einsetzung des Hohepriesters - wenn auch eines legitimierten durch die Vormacht; schleichende Entmachtung der hasmonäischen Dynastie zugunsten eines fremdstämmischen Potentaten; Verlust der Symbole nationaler Stärke durch die Festungs- und Mauerschleiftingen der römischen Herren. Daß gegenüber diesen Konsequenzen die Stärkung der „aristokra tischen" sprich: priesterherrschaftlichen Ordnung gering wog - und der Unwille war weit verbreitet unter den Juden - ist ebenso selbstver ständlich wie die Tatsache, daß die einzelnen jüdischen Gruppen ihre eigenen, je nach politischem Hintergrund unterschiedliche Konse quenzen daraus zogen. Von Seiten der Römer hatte man für eine sol che Unzufriedenheit wenig Verständnis, weil die Unterstützung der judischen Besonderheiten weder von Pompeius noch von Gabinius in Frage gestellt91 und darüber hinaus sogar, gegen Widerstände in Rom selbst, den Machenschaften der Steuerpächter Einhalt geboten worden war.92 Die oben genannten, für die Juden so wichtigen Konsequenzen der Reformen hatten für die Römer eher technischen Charakter, sie sollten lediglich die Interaktion zwischen Region und Zentrale er leichtern. Die sich nun abzeichnenden Probleme, die fortschreitende Ent wicklung zur Katastrophe, resultierten aber nicht aus dem angeblichen und viel beschworenen renitenten Charakter der Juden, der sich einer Vormacht, auch nicht einer Segnungen bringenden, nicht beugen wollte; im Gegenteil, die Bereitschaft, römischen Entscheidungen zu folgen und sich ihnen unterzuordnen, war vorhanden, wie die Konfe renz von Damaskus bezeugt. Diese Probleme resultierten aber auch nicht aus der immer wieder behaupteten Herrschsucht der Römer, die nach dem Prinzip divide et impera unter allen Freunden wie Feinden Zwietracht säen, alle schwächen wollten, um sich auf diesem Wege ideale Voraussetzungen für eine spätere Inkorporation in ihr Reich zu schaffen. Die von Rom ausgesandten massiven Signale an das jüdi sche Gemeinwesen, mit der Vormacht zusammenzuarbeiten und von dieser Zusammenarbeit zu profitieren, hatten zum Ziel - und das gilt nicht nur für Judäa -, die maßgeblichen Führungspersonen und elitä ren Gruppen in der Region auf ihre Seite zu ziehen. Diese Politik ist
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weitgehend gescheitert. Offenbar hatten sie von vornherein eine, ge samtgesellschaftlich gesehen, destabilisierende und desintegrative, spaltende Wirkung. Diese Tatsache ist deshalb besonders bemerkens wert, als es eine Provinz Judäa ja noch gar nicht gab; in Provinzen konnten die Römer ihr „KulturmodeH" leicht vermitteln, konnten sie auch auf die jeweiligen Oberschichten einwirken und diese zum wichtigsten Stabilisierungsfaktor römischer Herrschaft machen. Wenn also nach 6 n. Chr. Judäa Kopf stand, weil Rom sich mit seiner „Romanisierungspolitik" in einen scharfen Gegensatz zu den jüdischen Erwartungen an eine Provinzialisierung stellte, so ist das nachvoll ziehbar. Doch nach 63 v. Chr. übte Rom ja noch nicht nominell di rekte Herrschaft über Judäa aus. Und doch destabilisierten gerade die gutgejiiejnten Signale R o m s j i a ^ den die Römer wohl nur von Führungskräften wie Antipater, deren Hintergrund weniger jüdisch und noch weniger religiös geprägt war. Die hasmonäische Führungsschicht war seit langem gespalten und ge rade deshalb unter gewissen Voraussetzungen zur Mitarbeit bereit. Bauern und Arme hatten dagegen noch..mehr.LastfilL&lOQrher z u *!?: gen, weil die Römer Tribut erhoben; sie dürften verstärkt ihre Zu flucht in ihrem Glauben an Jahwe gesucht und damit auch ihre Unzu friedenheit geäußert haben. Die Möglichkeiten des Priesteradels zur Zusammenarbeit mit den Römern waren aus naheliegenden Gründen beschränkt; diesen „Adel", den ja offenkundig die Gabinius-Reform förderte, konnten die Römer jedenfalls kaum für ihre Zwecke nutzen. An den Römern schieden sich also die Geister, denn ihre Präsenz in Judäa war seit 63 v. Chr. vehement.Daß es nicht schon vor 66 n. Chr. zur Katastrophe kam^war im wesentlichen zwei Entwicklungen zu danken: dem römischen Bürgerja*ie& und dem Wirken der HerodesFamilie. Der Bürgerkrieg hatte zwar schlimme Folgen für die Regio nen des Reiches, auch Judäa; aber er verhinderte eine weitere Intensi vierung römischer Herrschaft über einen Zeitraum von fast 20 Jahren (49-31 v. Chr.). Er war gleichsam ein retardierendes Moment auf dem Weg zum Zusammenstoß zwischen Juden und Römern. Darüber hin aus brauchen Bürgerkriege Partisanen, und da sich die Juden unter ih ren jeweiligen Führern Antipater, Hyrkan und Herodes bereitwillig allen römischen Machthabern, in deren Einflußbereich sie lagen (Pompeius, Caesar, Antonius, Augustus), andienten, profitierten sie beträchtlich, denn nichts wird so honoriert wie selbstlose Hilfe, wenn man ihrer bedarf. Und für diese Haltung den Römern gegenüber wa ren Antipater und sein Sohn Herodes verantwortlich. Ihrem Wirken
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also war das gute Verhältnis zwischen den römischen Potentaten und den Juden zu verdanken. Sie hielten sich gleichsam die Römer vom Iieibe, weil sie ihnen alle "Wünsche von den Augen ablasen. Die Rönjier konnten daher von der von Pompeius und Gabinius intendierten Zusammenarbeit mit der antihasmonäisch-konservativen Partei wieder Abstand nehmen - sie hatte ohnehin kaum funktioniert. Die einfachste Lösung schien für sie die Ausübung der Herrschaft über eine perso nale Mitte zusein, wie sie Antipater und Herodes darstellten. So ließen Pompeius und sein „Schüler" Gabinius nur erahnen, daß eine römische Herrschaft über Judäa Schwierigkeiten mit sich bringen sollten. Antipater und Herodes wie der römische Bürgerkrieg waren die retardierenden Momente, nicht die Lösung des Problems. Das Verschwinden dieser Faktoren, nämlich der Tod des Herodes und der endgültige und dauerhafte Sieg des Octavian/Augustus im Bürger krieg gegen Antonius, beschleunigte in letzter Konsequenz den Weg in die Katastrophe.
VII Zusammenfassung und Ausblick
Die jüdisch-römischen Beziehungen im frühen Prinzipat - drei große jüdische Aufstände in Palästina und der jüdischen Diaspora (neben weiteren lokalen Konflikten, wie demjenigen in Ägyptens Hauptstadt Alexandria) in der Zeit desfrühenPrinzipats sprechen eine deutliche Sprache und erweisen das Attribut „katastrophal" als ange messen. Doch es ging mir nicht um die Darstellung der Aufstände selbst, nicht um ihre unmittelbaren Anlässe, nicht um ihren Verlauf oder ihr Ergebnis. Es ging um die langfristig wirkenden Ursachen die ser Aufstände, um ihre Vorlaufzeit, um die Entstehung der jüdischen Religion als Voraussetzung für die Integration in einenfremdenStaat, uiin die Rahmenbedingungen jüdischer Existenz unter den „westli chen", europäischen Herrschaftsformen, der hellenistischen und der römischen, im Unterschied zu der „östlichen", persischen Herrschafts form, kurz: um die Genese der Katastrophe. Der zeitliche Rahmen der Untersuchungen war dementsprechend weit gespannt. Am Ende des 8. Jahrhunderts schuf Hiskija in Jerusa lem, unter dem Eindruck der assyrischen Bedrohung, die Fundamente der jüdischen Religion. Fortgesetzt und intensiviert wurden seine Re formen etwa 100 Jahre später von Josija. Charakteristisch für beide Könige ist der politische Hintergrund ihrer religiösen Veränderungen. Denn diese basierten auf der - schon von Jesaia formulierten - Er kenntnis, daß kein Bündnis mit Menschen, sondern nur Jahwe mächtig genug sei, Bedrohungen abzuwehren, daß also Freiheit und Autono mie, militärische Erfolge und Expansion bei einem kleinen Volk nur dann möglich seien, wenn die Kräfte aller Juden durch das einigende Band einer einheitlichen Gottesverehrung sowie durch die Bindung an eine zentrale Kultstätte gebündelt werden können. Die entscheidende Voraussetzung aber, um die Unterstützung Jahwes zu erhalten, war unbedingte Gesetzestreue, oder anders: Jeder Mißerfolg, jede Nieder lage, jedes Unheil konnte mit frevelhafter Abkehr wenigstens eines
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Teiles des Volkes von Jahwe erklärt werden. Die „Auffindung des Gesetzbuches" durch Josija sollte diese Ordnung irreversibel und dau erhaft machen. Religion und Politik waren bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu trennen. In der Zeit des babylonischen Exils nach der Zerstörung Jerusalems 587 v. Chr. durch Nebukadnezar bewährte sich die religiöse Ordnung auch in der Verbannung als Instrument, die ei gene Identität zu bewahren und das Zusammengehörigkeitsgefühl in der fremden Umgebung zu stärken. In Babylonien war natürlich Jeru salem Dreh- und Angelpunkt aller Gedanken und Hoffnungen der exilierten Juden. Dabei zeigte es sich zum ersten Mal, daß die Reform des Josija auch zur Identitätswahrung in der Diaspora einen wichtigen Beitrag zu leisten vermochte. Und so blieb es: Nur über Jerusalem ließ sich die Zusammengehörigkeit aller Juden überall in der Welt definie ren; vor 587 v. Chr. gegründete Diaspora-Gemeinden wie die in Elephantine (Ägypten, 7. Jahrhundert v. Chr.) besorgten noch ihre eige nen Kulte in eigenen Tempeln. Die Vorteile der von Hiskija und Josija gestalteten religiösen Ord nung hatten sich also schon erwiesen, als die durch den König Kyros errichtete persische Herrschaft über die östliche Welt und auch über Palästina die politische Variabilität der jüdischen Religion offenlegte. Nehemia und Esra, zwei persische Beamte jüdischer Herkunft und Religion, ordneten das jüdische Gemeinwesen in Jerusalem in enger Zusammenarbeit mit dem persischen Staat so, daß Jerusalem autonom und gleichzeitig loyal dem Perserkönig gegenüber war. Auch sie stützten sich auf das „Buch der mosaischen Weisung" (nttfD rmn "IDD): Jahwe allein war von allen Juden zu verehren, der Kult durfte nur im Jerusalemer Tempel vollzogen werden, und zwar unter bewußter Ab grenzung von den Nachbarn. Diese Strukturmerkmale des Judentums erhielten nun also im größeren persischen Staat eine politische Ord nungsfunktion. Ihre Anerkennung durch die Vormacht tröstete über die Tatsache des Beherrschtwerdens hinweg; denn der Perserkönig er kannte ausdrücklich an, daß nicht nur das „Gesetz des Königs", son dern gleichberechtigt auch das „Gesetz deines Gottes" verbindlich von allen Juden befolgt werden müsse.1 Die religiösen Reformen Esras und Nehemias ermöglichten auf diese Weise die Verbindung zwischen jüdischer Selbstbestimmung und persischer Herrschaftspolitik. Der Erfolg gab ihnen recht: Auf dem von Esra und Nehemia gelegten Fundament arbeiteten Juden und Perser fast 150 Jahre lang gut zu sammen.
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Doch dann kam Alexander. Mit ihm änderte sich für die Juden Viel, nicht sogleich, aber im Laufe der Zeit immer deutlicher erkenn bar. Denn vordergründig setzten die hellenistischen Staaten zwar die persische Politik in den unterworfenen Regionen fort, allein schon aus pragmatischen Erwägungen. Das Konzept der hellenistischen Herr schaftspolitik, und das war langfristig entscheidend, unterschied sich jedoch erheblich von dem persischen. Es sollte sich herausstellen, daß die jüdische Religion ihre ordnungspolitische Komponente im Helle nismus verloren hatte. Fortan war die Gewährung von Autonomie eine „Wohltat" des Königs, nicht mehr notwendiger Bestandteil der Zu sammenarbeit zwischen dem hellenistischen Staat und seinen jüdi schen Untertanen. Hellenistische Könige konnten dem jüdischen Ge meinwesen „Autonomie" gewähren und taten das auch, aber ebenso konnten sie dieses Privileg auch entziehen, wenn sich die so Be schenkten dieser Wohltat nicht angemessen dankbar erwiesen oder wenn es in das Konzept des dem Erfolg verpflichteten König paßte. Die zum Makkabäeraufstand führende Politik Antiochos IV ist ein be redtes Zeugnis hellenistischer Herrschaftspolitik., Sie ist vielleicht in ihrer Konsequenz „profoundly at variance" (Miliar) mit dem üblichen hellenistischen Verfahren in der Praxis, ordnet sich aber durchaus in das Konzept hellenistischer Herrschaft ein. In der Diaspora waren die jüdischen Gemeinden überall der Hellenisierungswelle ausgesetzt. Die Juden schlössen sich keineswegs vom Stadtleben aus, schon gar nicht bildeten sie einen monolithischen, hermetisch abgeschlossenen eigenen Block in den Städten. Der voll ständigen Integration waren allerdings Grenzen gesetzt, die selten überschritten wurden. Aber gerade die nur teilweise erfolgte Integra tion von Juden provozierte neue Konflikte, denn die jüdische Sonder stellung blieb trotz aller Kooperationsversuche auf beiden Seiten be stehen, und die jüdischen Gemeinden zumal waren einer inneren Zer reißprobe ausgeliefert. Politen und Juden gerieten in einen Strudel von gegenseitigen Forderungen, Zurückweisungen und schließlich feind seligen Ausbrüchen. Regionale Unterschiede in der Intensität dieser Konflikte sind natürlich zu berücksichtigen - in Ägypten und im sy risch-palästinischen Raum waren sie größer als in Kleinasien -, aber es trifft sicher zu, daß diese Konflikte ein Charakteristikum der helle nistischen Epoche sind. So war die Lage der Juden, als Rom 164 v. Chr. an der Levante auftauchte: im hellenistischen Staat massiv bedrängt von den königli chen Beamten, konfrontiert mit einem Religionsverbot, und in der
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Diaspora wie der Gemeinde in Alexandria, in Antiochia oder in den Städten im syrischen Raum dem Hellenisierungs- und Eingliede rungsdruck ausgeliefert und ausgesetzt den Statuskonflikten in der je weiligen Polis. Rom versprach nicht nur verbal, sondern auch von sei ner ganzen politischen Verfassung wie von seiner bisherigen Außen politik her die Rettung für ein bedrängtes Gemeinwesen wie das jüdi sche. Die Stadt am Tiber schien direkte Herrschaft nicht ausüben zu wollen, hatte keine monarchische Ordnung, proklamierte in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts v. Chr. allerorten Autonomie, schien sich auch als „ehrlicher Makler" zu präsentieren und führte überhaupt nur Krieg gegen die „Großen", wenn die „Kleinen" riefen.2 Es war auch nicht so, als hätten die Juden mit dieser Interpretation römischer Poli tik alleine gestanden, oder als hätten sie etwa allzu blauäugig nicht ge sehen, daß auch römische Außenpolitik durchaus eigene Interessen zu vertreten verstand.3 Römische Politik war vielmehr so, zumindest bis 146 v. Chr., oder genauer: Rom war im eigenen Herrschaftsinteresse sehr an Gemeinsamkeiten interessiert, beteiligte seine Verbündeten an den eigenen Erfolgen, um sich ihrer Loyalität zu versichern. Das Ver hältnis zu den jeweiligen Verbündeten unterschied Rom von anderen mächtigen Staaten der Zeit wie den Makedonen oder Seleukiden. Darin lag eine große Gefahr für die Verbündeten, eine Gefahr, der freilich das jüdische Gemeinwesen (noch) entging, weil Rom im 2. Jahrhundert v. Chr. noch wenig Interesse an dieser Region hatte. Aber in Griechenland, Afrika, Spanien und dann auch in Kleinasien for mierte sich bereits eine Form der römischen Herrschaft, die sich in ih rer Systematik und juristischen Ausprägung deutlich von den dortigen Vorgängerreichen unterschied. Für Jerusalem zählten zunächst nur die Vorteile einer römisch-jü dischen Verbindung. Rom war schließlich mächtig genug, um dem jü dischen Anspruch auf Selbstbestimmung Nachdruck zu verleihen oder sogar dem Seleukidenreich die Stirn zu bieten; es war von jedem „hellenistischen Makel" frei, mußte also nicht gefürchtet werden. Der Erfolg gab diesen Überlegungen recht. Als die aufständischen Makkabäer um die Anerkennung ihrer Unabhängigkeit vom Seleukiden reich rangen, war Rom in ihren Augen der ideale Partner zur Errei chung dieses Zieles: Es war mächtig, es war definitiv nicht helleni stisch, es war auch keine Monarchie wie alle änderen Großmächte der Zeit und es hatte offenkundig keine Neigung zu einer direkten Herr schaft. Rom seinerseits hielt in den 60er Jahren des 1. Jahrhunderts v. Chr. an seiner sich auf socii stützenden Außenpolitik fest. So profi-
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tjierten beide Seiten von ihrer Zusammenarbeit. Die Verträge, die Jeru salem mit Rom seit 161 v. Chr. bis in die Zeit des Johannes Hyrkan schloß, entrissen das jüdische Gemeinwesen der drohenden Isolierung und trugen zur Festigung des aus dem Makkabäeraufstand erwachse nen Hasmonäerstaats bei - so sehr, daß vielerorts der Eindruck einer jüdisch-römischen Kooperation mit antigriechischer Stoßrichtung ent standen sein mochte.4 Dabei handelte es sich lediglich um bloße Bündnisverträge, ohne materielle, dafür aber um so mehr mit politi scher Substanz. Rom unterstützte Judäa mit der, modern ausgedrückt, Aufnahme diplomatischer Beziehungen - und hier befand es sich durchaus im Einklang mit seinen außenpolitischen Gewohnheiten im 2. Jahrhundert v. Chr.-, solange Judäa als nicht-hellenistischer Son derstaat in einer hellenistischen Umwelt isoliert schien. Denn mehr als diplomatische Beziehungen waren die Verträge und ihre Erneuerun gen nicht. Rom schien also tatsächlich seine ständig wachsende Macht nicht dazu benutzen zu wollen, kleinere Bündnispartner wie die Juden zu unterdrücken. Die zunehmende Hellenisierung des Hasmonäerstaates insbesondere in der Außenpolitik unter Aristobul, Alexander Jannaios und Salome Alexandra machte Rom dann allerdings nicht mehr mit, jedenfalls nicht mit vertraglicher Unterstützung. Im Zuge des Mithridates-Krieges wuchs am Anfang des 1. Jahrhunderts v. Chr. zudem das römische Interesse an weitergehendem Einfluß auf die Re gion. Indes sollte die Mitwirkung Roms beim Aufbau des Hasmonäerstaates - eine Mitwirkung, die sich darauf beschränkte, den jungen jü dischen Staat international hoffähig zu machen - im Judentum zu je nem Mißverständnis hinsichtlich der Konzeption römischer Herr schaftspolitik maßgeblich beitragen, das in den nächsten 200 Jahren einer der Gründe für die „Genese einer Katastrophe" war. Eine vergleichbare Situation entstand in der Diaspora während des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. Nur zeigte sich hier die Dialektik des jüdisch-römischen Verhältnisses noch deutlicher. Die von seiten der Juden angestrebte und religiös legitimierte Eigenständigkeit kontra stierte mit der römischen auf Konsens unter einem römischen Dach hin ausgerichteten Ordnung. Das war ein von außen gar nicht auffal lender Widerspruch, zumal er zugunsten der gemeinsamen Interessen dinfach verschwiegen wurde. Dabei hätte man sich dieses jüdisch-rö mischen Antagonismus schon rechtfrüh,nämlich im Jahre 139 v. Chr. in Rom selbst, bewußt werden können. Damals existierte schon eine kleine jüdische Gemeinde in der Hauptstadt, die durch prätorisches Edikt ausgewiesen wurde, weil sie - so die Begründung - die römi-
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sehen Sitten und damit also die römische Ordnung zu beschädigen schienen. Sie teilte damit das Schicksal anderer östlicher Gemeinden in Rom. Es gab mithin schon zu diesem frühen Zeitpunkt gar keinen Zweifel daran, daß für Rom die Duldung ethnisch-religiöser Eigen ständigkeit dann ihre Grenzen fand, wenn die Systematik und Ge schlossenheit der eigenen Ordnung gefährdet schien. Es gab aber ebensowenig einen Zweifel daran, daß jüdische Gemeinden nicht daran dachten, den Grad ihrer Integration an den Erfordernissen der römischen Ordnung auszurichten. Dieser Widerspruch wurde und wird auch deshalb nicht bemerkt, weil die römische Politik vorder gründig uneinheitlich war: Scheinbar behandelte man ja den jüdischen Staat in Jerusalem anders als die jüdische Gemeinde in Rom. Man übersah und übersieht dabei, daß der Grad der Vereinheitlichung in Stadt und Reich am Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. noch sehr unter schiedlich war. In den Diaspora-Gemeinden außerhalb Roms, also vor allem im östlichen Mittelmeerraum, war die Situation noch schwieriger, weil sich in jeder Stadt, nicht zwei, sondern mindestens drei voneinander verschiedene Sphären gegenüberstanden: die jüdische, die römische und die der Politen. Wie kompliziert die Verhältnisse hier lagen, ha ben die oben rekonstruierten Beispiel Kyrene und Alexandria ver deutlicht: Die jüdischen Gemeinden der Diaspora gerieten aufgrund ihrer Sonderstellung innerhalb der Poleis in immer größere Abhängig keit von Rom, dessen Schutz sie bedurften, und dieser Abhängigkeit wegen gerieten sie wiederum unter immer stärkeren Druck, sich den politischen Spielregeln Roms anpassen zu müssen. Lediglich die in nenpolitische Krise Roms und die mit der Krise einhergehende Auflö sung der inneren Ordnung milderte diesen Druck zunächst ab. Aber die unverblümte Kritik römischer Spitzenpolitiker wie Ciceros an der mangelnden Integrationswilligkeit der Juden ließ für eine friedliche gemeinsame Zukunft wenig Spielraum. Eines war klar geworden: Re ligion und politische Autonomie, jene unauflösbare Einheit schon seit Hiskija und Josija, spätestens jedoch seit Esra und Nehemia, gehörten nur für die Juden zusammen, während die Römer einen anderen Be griff von Religion hatten. Indes, auch das zwischenstaatliche Verhältnis - das ja nach 104 v. Chr. etwas abgekühlt war - steuerte seit 67 v. Chr., also seit dem Tod der hasmonäischen Königin Salome Alexandra, auf eine neue Dimen sion zu. Die Einbeziehung Jerusalems in das römische Reich wurde erleichtert (wenn nicht gar erzwungen) durch
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1. die Krise des hasmonäischen Staates, dessen Führung unter sich gespalten war, und '2. die neue Form römischer Außenpolitik durch Pompeius. Konkret ebnete die Konferenz zu Damaskus im Jahre 63 v. Chr. deri Weg zu einer Neuordnung der Verhältnisse, denn die Römer unter Pompeius wurden hier mit drei verschiedenen jüdischen Parteien kon frontiert, die untereinander zerstritten waren und sich für ihre jewei lige Sache Hilfe vom „großen Bruder" Rom erhofften: die beiden feindlichen Brüder Hyrkan II und Aristobul II sowie eine religiös konservative, anti-hasmonäische Gruppierung. In einer Schiedsrichterrolle und unter jüdischer Beteiligung führte also Pompeius, der nach Beendigung des Mithridates-Krieges ohnehin zu einer Reorganisation römischer Herrschaft im östlichen Reichsteil entschlossen war, die Neuordnung der Verhältnisse in Palästina durch: Das Königtum schaffte er ab, setzte aber Hyrkan (gegen Aristobul) als Hohepriester eines stark verkleinerten hasmonäischen Klientelfurstentums ein, das er zusätzlich dem (gleichfalls neu installierten) Statthalter der Provinz Syrien unterstellte. Diese Konstruktion war wohl durchdacht; sie orientierte sich streng am geltenden Recht in der Führungsfrage, beruhte auf genauer Kenntnis der regionalen Struktu ren und griff vehement auf die Vorstellungen der jeweiligen Bevölkerunigsgruppen zurück, ermutigte geradezu die Juden zum Festhalten an ihrer Religion, um die Akzeptanz römischer Herrschaft zu erhöhen, und ließ andererseits keinen Zweifel an der intendierten Einbettung in das! römische System (Tribute, Oberhoheit des syrischen Statthalters) aufkommen. Diese Neuordnung atmete in vollkommener Weise römi schen Geist und römische Tradition: Die Zerschlagung übergeordneter Strukturen ging einher mit ausdrücklicher Berücksichtigung regionaler Besonderheiten - ein schon in Italien im 3. Jahrhundert v. Chr. er probtes und erfolgreiches Verfahren, den schwächeren Partner an sich zu binden. In neueren Zeiten wurde diese Politik mit dem Etikett divide et impera versehen; wenn man noch hinzufügte: beneficiis obstrictos habe, wäre die römische Herrschaftspolitik im allgemeinen und die pompeianische im besonderen ziemlich gut umschrieben. Mit der politischen Konzeption der jüdischen Religion paßte das portipeianische System freilich nicht zusammen, wie die historische Erfahrung lehrte. Es durfte von jetzt an unter Rom keine herrschafts freien Räume mehr geben, und die Präsens der römischen Herrschaft war auch im Klientelstaat Judäa allgegenwärtig. Die Kollision mit dem historisch gewachsenen jüdischen Religionsverständnis war un-
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vermeidlich. Zu schroff standen sich die beiderseitigen Vorstellungen über Herrschaftsintegration gegenüber: auf der einen Seite ein an der römischen Gesellschaft orientiertes Patronatssystem, auf der anderen Seite das „persische" Modell. Verdeckt wurde dieser Grundwider spruch durch das beiderseitige Mißverständnis über den Begriff Herr schaft. So war es schon in der griechischen Zeit gewesen, aber unter den Römern wurde das Verhältnis aufgrund der gegenseitigen Erfah rungen miteinander noch komplizierter. Pompeius nahm zudem ge rade in der Reichsverwaltung, den Prinzipat vorweg; es ist also nur zu verständlich, daß die auf diese Neuordnung folgenden Unruhen und Konflikte ebenso mit den großen Aufständen der frühen Prinzipatszeit in Beziehung zu setzen sind. Doch zunächst gab es auf beiden Seiten ein großes Maß an gutem Willen zur Zusammenarbeit. Das zeigte sich in den Regelungen des syrischen Statthalters Gabinius, die die Konsequenzen aus den Unru hen vor Ort zogen und die pompeianische Ordnung im Sinne der Ju den verbesserten. Gabinius stärkte den aristokratisch-priesterlichen Pfeiler der jüdischen Ordnung und stellte sich damit scheinbar in die persische Tradition. Gestärkt wurde aber auch das urbane und insbe sondere das patronale Element der Ordnung, indem als Zwischenglied zwischen Vormacht und Untertanen ein „Klient", nämlich Antipater, eingesetzt wurde. Dieses Modell sollte sich als, im Sinne der Römer, durchaus vielversprechend und erfolgreich erweisen - aber nicht, weil es ein für beide Seiten tragfähiger Kompromiß gewesen wäre; denn die Juden waren mit ihm unzufrieden und so scheiterte die Ordnung des Gabinius ebenso wie die des Pompeius an jenem Grundwider spruch. Freilich dauerte es noch lange, bis dieser gewaltsam ausgetra gen wurde, doch lag der Grund dafür nicht in einer Aufhebung dieses römisch-jüdischen Konfliktes, sondern in seiner Verdrängung. Dafür wiederum waren zwei Gründe verantwortlich: der römische Bürger krieg, der die Vormacht nahezu ein Vierteljahrhundert beschäftigen sollte, und die Herrschaft des Herodes, der über 40 Jahre lang als Mittler die Sprengkraft der Konflikte zu entschärfen, wenn auch nicht zu beseitigen vermochte. An dieser Stelle, dem ersten Integrationsversuch Judäas in das rö mische Reich, betrachte ich meine Untersuchung zum jüdisch-römi schen Verhältnis als abgeschlossen. Die ocma („die Ursache") für die großen Kriege der Juden gegen Rom im 1. und zu Beginn des 2. Jahr hunderts n. Chr. scheint mir hinreichend dargelegt zu sein, während die 7tpo(p&aei<; („die Anlässe") hier auf sich beruhen können, da sie
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zum Teil ohnehin schon gut erforscht sind. Meine Untersuchung sollte jenen historisch bedingten Widerspruch zwischen Rom und Jerusalem herausarbeiten, der letztlich der Grund für alle jüdisch-römischen Konflikte war. Ob in Alexandria und Jerusalem zur Zeit Caligulas, ob \m Jüdischen Krieg zur Zeit Neros, ob im Diaspora-Aufstand zur Zeit Trajans oder im Bar-Kochba-Aufstand zur Zeit Hadrians, all diese großen Konflikte wie auch die von den Quellen bezeugten und nicht bezeugten kleineren Konflikte gehen darauf zurück, daß 1. die jüdische Religion von allem Anfang an ein zutiefst politi sches Phänomen war, daß ihre Ausbildung nicht so sehr eine „innere Angelegenheit" der Juden, sondern der Weg war, in einer Zeit ständi ger Bedrohung von außen und der Fremdherrschaft Autonomie und Selbstbestimmung zu wahren und zu legitimieren; und daß 2. die römische Herrschaftspolitik trotz gewährter Religionsfreiheit gerade diesen politischen Charakter der jüdischen Religion in Frage Stellte. Die römische Politik ging damit noch über die hellenistische hinaus, was die Entwertung der Religion um ihren politischen Faktor angeht. Es war nur folgerichtig, daß auch die Konflikte zwischen Rom und den Juden über jedes bisher gekannte Maß hinausgingen.
Anmerkungen Einleitung . l E. Gibbon, The Histoty ofthe Decline and Fall ofthe Roman Empire, Bd. 1, London i 1983 (1. Aufl. 1776), 2. Kapitel: „Ofthe union and internal prosperity ofthe Roman Empire in the age ofthe Antonines" (S. 53-77). ' 2 Vgl. nur die Erklärungen bei L. V. Rutger (1998), S. 171 ff.; bes. S. 189ff. 3 Vgl. dazu E. Baltrusch (1998a), S. 213-224. 4 H.G. Kippenberg (1991). 5 Ebda, S. 17... , 6 Darüber E. Baltrusch (1998b), S. 403-421 (mit Korrigendum Klio 81 [1999], S. 218). 7 In diesem Sinne W. Ameling, (1998), S. 27-41; J. S. Crawford, „Multiculturalism of Sardis", in: Biblical Archaeology Review 22 (1996), S. 38-47. 18 Vgl. dazu die lntroduction zu dem Buch von J. Lieu/J. North/T. Rajak (1992), S. lff. Vgl. ferner den Historikertag von 1996 in München, wo dieser These eine ganze Sek tion gewidmet wurde. 9 Augustin. in Ps. LVIII 1, 21 (PL 36, 705). 10 Ebd. 2,2 (7Ö6f). 11 Der Zusammenhang zwischen Religion und Freiheit ist besonders deutlich zu erken, nen bei Jos. ant. 18, 1. 12 Vgl. die Bemerkungen zu Babylon und dem ptolemäischen Ägypten im Vergleich zu Rom von J. Hengstl (1983), S. 27-55. Zu der „Reichsautorisation" von P. Frei siehe un ten S. 00. 13 Vgl. z. B. D. Mendels (1997), S. 191ff. I. „Das Gesetz deines Gottes und das Gesetz des Königs" 1
Zitat aus Esr. 7,26: KD^D^l Krm -|bnK-"H Km; zu der Bedeutung dieser Formulie rung s. unten. 2 Vgl. E. Baltrusch (1998b), S. 403-421; P. Schäfer (1997), S. lff. 3 Heute wird angenommen, daß Jahwe zur Königszeit nicht der einzige Gott in Israel war, vgl. E. Kettenhofen (2000), S. 359. 4 Die Verbindung von Religion und der politischen Stellung wird auch bei Asa (911-870 v. Chr.), König von Juda, deutlich; er ist schon ein König, der einerseits religiöse Re formen vornimmt, andererseits aber noch Bündnisse mit dem Ausland (Ben Hadad I von Aram) gegen Bascha von Israel (909-886 v. Chr.) schließt: l.Kg. 15,9-14; 2. Chron. 14-16 (hier eine Kultreform im Stile des Josija). Noch deutlicher wird die Ver bindung bei Achas von Juda (736-716 v. Chr.). Seine Politik gegenüber Tiglatpileser, König von Assur, zeigt in Sonderheit den Zusammenhang zwischen Religion und der Stellung des Gemeinwesens. Seine „Kultreform" (der Altar von Damaskus!) und Ver-
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Anmerkungen
änderungen im Tempel sind Reflexe seiner Abhängigkeit und seines Vasallentums: 2. Kg. 16, 1-19, bes. 10fT.; 2. Chr. 28, bes. 20-25. 5 Vgl. etwa die Gedanken des Autors 2. Kg. 17, 7-12 über die Gründe für den Untergang des Reiches Israel im Jahre 721 v. Chr. 6 Achas, der Vater und Vorgänger des Hiskija, hat den Assyrern seine Dienste angebo ten, 2. Kg. 16; und möglicherweise hat auch Hiskija selbst zunächst an dieser Politik nichts geändert; jedenfalls hat er sich anfangs nicht an einem antiassyrischen Bündnis beteiligt, vgl. TUAT I S. 378ff.; ANET S. 285. 7 Von diesem König handeln insbesondere 2. Kg. 18-20; 2. Chr. 29-32 (ausgeschmückt in Bezug auf die religiösen Reformen); ferner der Prophet Jesaia bes. 36-38 (wie 2. Kg.); das Urteil der Späteren bei Sir 48, 17-25. 8 Die Motive sind im einzelnen unklar; sie können durchaus in dem harten Zugriff der assyrischen Macht gelegen haben; zu deren Verwaltung H. Donner (1986), S. 295ff; ders.(1977),S.4161T. 9 Vgl. dazu (mit Literaturangaben) J. A. Soggin (1991), S. 165ff. 10 Zu den unter Hiskija angelegten Befestigungen und Versorgungseinrichtungen 2. Kg. 20, 20; 2. Chr. 32, 1-4; ferner Jes. 22, 8-11; Sir 48, 17. "Vgl. bes. 2. Chr. 31. 12 Bereits vorher hatte Jehu (841-814 König in Israel) eine ähnliche Politik gegen die „Baalsverehrer" betrieben, und auch hier hatte die Religion eine eminent politische Funktion gegen die Dynastie Achabs, 2. Kg. 10,18-27. 13 So äußert sich auch Hiskija in seinem Gebet 2. Kg. 19, 15-19: Zwar hat Sancherib über die anderen Götter gesiegt, aber Jahwe ist ja etwas Besonderes! Cpib wnbx m m anx -Q), ferner Jes. 10, 33: Jahwes Rolle. 14 Jes. 31, 8; gegen die Bündnisse mit anderen 30. Entsprechend die Anfeuerungsrede Hiskijas in 2. Chr. 32, 7f, die sehr stark an ähnliche Reden des Judas Makkabäus erin nert, z. B. 1. Makk. 3, 18-22. Der Tenor dieser Reden ist, daß Jahwes Arm stärker als alle Feinde ist - wenn wir uns nur so verhalten, daß er uns auch aus der Gefahr retten will. Entsprechend auch die Argumentation in der Kriegsrolle der Qumran-Essener, die sich auf Jes. 31, 8 bezieht: 1QM 11,11-12. 15 Die Einzelheiten der Belagerung durch Sancherib und auch ihr Ergebnis sind um stritten; daß Jerusalem aber nicht erobert wurde, steht nicht nur in den biblischen Quel len 2. Kg. 18, 13-19 u. Jes. 36-39; 2. Chr. 32, sondern auch in den Annalen Sancheribs, ANET S. 288; TUAT I S. 389, wonach von der Eroberung von 46 befestigten Plätzen die Rede ist und auch davon, daß Hiskija „wie ein Vogel im Käfig" eingeschlossen sei aber über die Einnahme Jerusalems wissen sie nichts zu berichten. 16 J. A. Soggin (1991), S. 171, spricht dagegen vom „Scheitern" der Politik des Hiskija. 17 Vgl. die Klage Jes. 1, 4-9 über die Zustände nach der Belagerung: die Umgebung ist verwüstet, aber „einen Rest" hat Jahwe übriggelassen, nämlich den einzigen Ort, wo er verehrt wurde. 18 2. Kg. 18, 17-37; 19, 10-19; 2. Chr. 32, 9-19; Jes. 36, 13-20; 37, 9-13. Vgl. auch Jes. 10, 8-11, wo der Prophet dem König von Assur (wohl Sancherib) die Worte in den Mund legt, daß die vielen Götter Königreiche nicht retten konnten, so auch erst recht nicht Jerusalem. 19 2. Kg. 21, 1-18; 2. Chr. 33, 1-10. Die assyrischen Könige Asarhaddon (690-669) und Assurbanipal (668-627) erwähnen auch Manasse (Me-na-si-i) in ihren Inschriften als Vasallen, der Tribut zu zahlen, Ehrenbezeugungen abzulegen und militärische Hilfe zu leisten hatte: ANET S. 291; S. 294; TUAT l S. 397. Vgl. M. Weinfeld, „Cult Centralization in Israel in the Light of Neo-Babylonian Analogy", in: JNES 23 (1964), S. 202ff.
Anmerkungen 20
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Vgl. B. Oded (1977), S. 453f. Nah. 3, 8-10. Den Eindruck, den diese Eroberung auf die Zeitgenossen, insbesondere bei den Un tertanen der Assyrer gemacht haben mag, zeigt der Text des Propheten Nahum, bes. 2, 2 bis 3, 19, später als geradezu exemplarisches Schicksal einer hybriden Großmacht ge deutet, vgl. den Nahum-Kommentar 4Q pNah 4 (bezogen auf die Kittäer - Römer bzw. Griechen). 23 2. Kg. 22-23, 30; 2. Chr. 34-35; vgl. Sir 49, 1-4. In seine Zeit fallt das Auftreten der Propheten Jeremia, Zephania und Nahum. 24 Die in der Forschung umstrittenen Einzelheiten können an dieser Stelle auf sich beru hen. 25 Dazu bes. Nahum und Zephania 1, 8; 2,4ff. 26 Instruktiv hier das „Trostbuch" Jeremia 30-31. 27 2. Kg. 22, 8; ebenso 2. Chr. 34, 14. 28 Vgl. die Prophezeiung Jahwes bei Zeph. 1,5: Ausrotten will'ich: DDS>03 D'watfDm nTi^b crustfan D-'TinöDn nm cotön K3sb n-üM-Su D"nnntdDn na: das letzte Wort deutete LXX als KCCTCI XOV ßaaiXeox; avxcov, Zephania prangert aber eher den Schwur beim Nachbargott Milkom an (also zu punktieren: osboa). 29 Zur politischen Funktion von „Büchern" auch 2. Makk. 2,1 ff., bes. 13-16. 30 Die Ausgrabungen Teil Arad und dort gefundene Ostraka weisen auf griechische Söldner hin: Die Proviantierungs-Anweisungen an die dafür zuständige Person (scrbn) betreffen auch die DVO, die Kittäer; da dieser Begriff allerdings nicht mit Sicherheit auf Griechen allgemein zu beziehen ist, sind nur Vermutungen möglich; die Ostraka bei J. Renz/W. Rölling (1995), 353ff. 31 Zu den Fragestellungen, die mit dieser Reform verbunden sind, B. Oded (1977), S. 458ff. 32 Daß die Reform nicht ohne Widerstand durchgeführt wurde, ist von vornherein wahr scheinlich und durch Hinweise in der Bibel auch belegt, vgl. B. Oded (1977), S. 461. Dafür spricht auch die merkwürdige Hulda-Episode 2. Kg. 22, 11-20; 2. Chr. 34, 22-28. 33 Der Chronist nennt lediglich das Verhalten der „Fürsten, der Priester" und des Volkes (nach dem hebräischen Text) bzw. der „Angesehenen Judas", der Priester und des Vol kes des Landes (nach der LXX) treulos und „nach Art der Greuel der Heiden" (D"n:in rvoun; ßöeX'OYH.axa TÜ)V eGvcov), 2. Chr. 36, 14. Damit meint er aber, daß sie sich nicht an die Boten Jahwes, die Propheten, hielten. 34 2. Kg. 23, 29 spricht von einem Zug Nechos gegen (bu) Assur, während Jos. ant. 10, 74 (wahrscheinlich richtiger) von einer Hilfeleistung gegen das neu aufstrebende baby lonische Reich spricht (vgl. auch LXX ETCI ßaoiXea 'Aaoupicov). 35 J.A. Soggin (1991), S. 183. 36 Man weiß freilich wenig von den Zurückgebliebenen; vgl. dazu die Ausfuhrungen von B.Oded (1977), S.476ff. 37 Ez. 1,3; 3, 15. 38 Jer. 29, 5ff. 39 Zu den ihn betreffenden babylonischen Quellen vgl. E. Weidner, (1939), S. 923ff. 40 Ez. 1,2 datiert „dies war das fünfte Jahr der Verbannung (rrblb, Tfjq aixu,aXa)oia<;) des Königs Jojachin". 41 Der Tempel spielt nicht von ungefähr eine zentrale Rolle im Buch des Ezechiel, Kap. 40-48. 42 Bes. Ez. 44-6; Jes. 56,2-4; 58, 13; vgl. Jes. 40-55. 43 Vgl. B.Oded (1977), S.485f.
21
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162 44
Anmerkungen
F. Harper (1892-1914), S. 633. Zu den Juden in Babylonien vgl. E. Bickerman (1984) S. 347-357. 45 Sicher ist sie vor Kambyses Eroberung Ägyptens (525) gegründet worden, wie aus dem Papyrus Cowley 30, Z. 13 hervorgeht; Aristeas 13 nennt den ägyptischen König Psammetich, der auf jüdische Söldner zurückgriff; man darf davon ausgehen, daß Psammetich I (664-609) gemeint ist; vgl. B. Porten (1968), S. 8ff.; P. Schäfer (1997), S. 262, Anm. 3. 46 Vgl. etwa den „Kyros-Zy linder" ANET, S. 316. Demzufolge galt Kyros, nicht nur in griechischen, sondern auch jüdischen Quellen als der gute König schlechthin, vgl. dazu J. Wiesehöfer(1998),S. 71 ff. 47 Hdt. 3, 88-117. 48 So kann man aus Angaben bei Eus. chron. ann. Abr. 1657 schließen, die mit dem ar chäologischen Befund in Einklang gebracht werden können: D. Barag (1966), S. 6-12. 49 Das Buch Esther im Alten Testament und Jos. ant. 11, 184-296 (Kap. 6). Zur Datie rung des Buches vgl. M. Delcor (1989), S. 352-384, hier: 365f. 50 Jos. ant. 11,297-301. 51 Jos. ant. ll,302ff. 52 Jes. 44, 28; 45, 1-6; Vgl. die Ausschmückung bei Jos. ant. 11, 1-7. Im „Kyros-Zylinder" findet sich eine bemerkenswerte Entsprechung in der Formulierung: „Er (Marduk) suchte einen gerechten Herrscher nach seinem Herzen, er faßte ihn mit seiner Hand, etc." [Übers. Wiesehöfer (1998) S. 75]. 53 1. Makk. 8; dazu unten S. 83ff. 54 So der Titel eines Aufsatzes von P. Frei (1984), S. 7-43; ders. (1995), S. 1-35. Vgl. H. G. Kippenberg (1991), S. 182, der lieber von „Reichssanktionierung" sprechen möchte. 55 J. Wiesehöfer (1984), S. 36-46. Dabei orientiert sich Wiesehöfer an den von Frei für seine These herangezogenen Fallstudien. 56 Die „persische Zeit" des Judentums ist viel diskutiert worden, und man ist auch heute noch in der Forschung weit von einer einheitlichen Meinung entfernt. Für unsere Frage stellung ist es auch nicht notwendig, auf die chronologischen, sachlichen (etwa in Be zug auf die Authentizität der persischen Verfügungen in den alttestamentarischen Schriften) und religiösen Probleme einzugehen; extreme Positionen, die eine Bedeutung der Perserzeit für die innerjüdische Entwicklung überhaupt leugnen - etwa J. C. H. Le bram (1987), S. 103-138; G. Garbini (1986), S. 208ff. - konnten sich nicht durchsetzen. 57 Esr. 7, 26 heißt es griech. wie aram.; vielleicht noch deutlicher die Trennung beider Gesetze in 3. Esr. 24, wo vom „Gesetz deines Gottes und dem königlichen Gesetz" (xö ßccaikiKov) gesprochen wird. Ferner Esr. 6, 14 (nbx D17U und ÜTO D17U; Befehl des Kyros). Über die Frage gibt es eine lebhafte Forschungsdiskussion; richtig bei J. Wiese höfer (1995), S. 37fT.; anders P. Frei (1984), S. 20f; S. 51ff. 58 3. Esr. 6, 30 und Esr. 6, 10; vgl. auch Jer. 29, 7; Bar. 1, 10f.; ähnlich die Erklärung Jedonias, des Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde zu Elephantine, an Bagohi, den Statthalter von Juda Pap. Cowley (1923), 30, S. 25f. Daran allein ist der König interes siert, wie auch die betroffenen Juden wußten; eine Art „Reichsgesetz" hier zu vermuten, wäre verfehlt. 59 So Esr. 7, 25f, während das Gesetz aus Juda und Jerusalem allein stammt, 7, 14. 60 So in Neh. 8, 1 bezeichnet; vgl. auch 13, 1. Die Bedeutung eines solchen Gesetzbu ches auch ftlr die Abwehr von Eingriffsversuchen seitens der herrschenden Könige er hellt z. B. aus 3. Makk. 1, 12 (Ptolemaios IV Philopator wollte nach jüdischer Überlie ferung den Tempel betreten). 61 Hierhin gehören die abgrenzenden Elemente des Gesetzgebungswerkes (bes. das Ver bot der Mischehe), etwa Esr. 9f; Neh. 13.
Anmerkungen 62
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Esr. 4, 1-5; 3 Esr. 5, 63-71. Die Begründung für die Ablehnung von Hilfe: „Keines wegs steht es euch und uns zu, zusammen unserem Gott ein Haus zu bauen". 63 ( Neh.2, 11-3,32. 64 Vgl. besonders Neh. 5, 1-13: Nehemia ist mit jüdischen Klagen konfrontiert wie mit solchen über die hohen Abgaben an den König oder Verschuldung. 65 Neh. 13. 66 So kehrte er nach Abschluß der ersten Mission zum König Artaxerxes zurück, um iwenig später eine zweite Mission wegen zahlreicher Gesetzesübertretungen in Jerusa lem anzutreten, Neh. 13, 6. 67 Vgl. besonders die zeitgenössischen Propheten Haggai und Sacharja. 68 Vgl. Esr. 4; Jos. ant. 11,297-347 verlegt die Trennung, historisch sicher falsch, in die Zeit der Eroberung Palästinas durch Alexander. 69 Zu dieser Kolonie, ihrer Entstehung und Organisation, ihren Aufgaben und Proble men vgl. [seit E. Meyer (1912)] insbesondere die Sammlungen und Forschungen von B. Porten (1968); ders. (1984), S. 372-400; ders./A. Yardeni (1989); ältere Sammlungen A. Cowley (1923) (mit Übers, und Komm.; nach dieser Ausgabe zitiere ich); E. G. Kraeling (1953). Im Zusammenhang mit der Entstehung des Antisemitismus in der Antike untersuchen die Dokumente Z. Yavetz (1997), S. 53-63; P. Schäfer (1997), S. 121-135. 70 Cowley 39, Z. 14; 31, Z. 13 mit Bezug auf Kambyses; zur unbedingten Loyalität 27, Z. If: „Als die ägyptischen Abteilungen rebellierten, ließen wir unsere Stellungen nicht im Stich und etwas Schädliches wurde [nicht] an uns gefunden" ip nDnüK [Hb] ^DriD DJJ-TDDT ipae; xb pro«). 71 Cowley 30, Z. 25 ist die Rede von Speiseopfer (KnnD, Fehler für KnnDD), Weihrauch {Krü"oS>) und Brandopfer (Krrfcy), während in dem staatlichen „Memorandum" (]~QT) letzteres (nämlich das Ganzopfer, Krrfcy) bewußt ausgespart ist, Cowley 32, Z. 9. Vgl. dazu die umsichtige Analyse von P. Schäfer (1997), S. 130ff. 72 So etwa von den Samaritanern bei Esr. 4, 11-16 in einem Brief an Artaxerxes, in wel chem dem König warnend prophezeit wird, daß er, wenn Jerusalem wieder aufgebaut wird, keine Steuern und Abgaben mehr erhalten, daß er Schaden erleiden und überhaupt seines Anteils Jenseits des Stromes" verlustig gehen werde. Ähnlich die (fiktiven) Worte Hamans an König Achaschwerosch, Esther 3, 8f: Juden befolgen das Gesetz des Königs nicht (D"»rn; aramäisch emph. Km). Diese Vorwürfe werden den Juden auch in griechischer und römischer Zeit gemacht, vgl. E. Baltrusch (1998b), S. 405-423. 73 Vgl. B. Porten (1984), S. 385ff. 74 Der Bericht Jos. ant. 11, 8 (304-347), so legendenhaft er ausgeschmückt sein mag, behandelt die Loyalität der Juden: Alexander, so schreibt Josephus, schickte einen Brief mit der Bitte um
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Anmerkungen
ant. 11,33-63 (die beiden anderen, unter ihnen Zerubabel, den Wein, die Frauen und die Wahrheit). 79 Vgl. z.B. auch 1. Kg. 18, 20ff. zu Elija und den Propheten Baals: die fremden Götter, wie der tyrische Baal, kommen aufgrund der auswärtigen Begeisterung ins Land - weist man sie aus und stützt sich nur auf Jahwe, sichert man Selbstbestimmung und Autono mie. IL „Alle sollten ein Volk werden und jeder seine Gebräuche aufgeben" 1 Das Zitat stammt aus dem berühmten Dekret des seleukidischen Königs Antiochos IV, in dem er die Ausübung der jüdischen Religion verbot, überliefert bei 1. Makk. 1, 41 f.: etvou Ttdvxaq elq Xaöv eva Kai eyKataXuietv &Kaaxov xa vou.tna atixoO wird als Begründung dieses Dekretes gegeben. 2 Hellenismus gilt als Epochenbegriff, seit ihn Johann Gustav Droysen (als Vermi schung des abendländischen und morgenländischen Lebens) geprägt hatte, vgl. bes. R. Bichler (1983). Er ist also in dieser Verbindung ein moderner Begriff, für den die An tike gar keine Entsprechung hatte. Dem Hellenismus wohnte zwar kein missionarischer, anderen Kulturen und Religionen gegenüber intoleranter Eifer inne, aber dennoch waren sich die Griechen sehr wohl des Wertes, der z. B.. in verwandten Begriffen wie xa 'EAATivuca lag, bewußt. In SEG 38, 1227 z. B. verweisen die Könige von Athamanien ausdrücklich auf ihre Verwandtschaft mit Griechen/Hellenen; ferner OGIS 234 (aus dem Jahre 202/1: „würdig der Hellenen", „verwandt mit Hellenen"); Syll.3 590 (Ver dienst gegenüber den Hellenen) usw. Die jüdische Literatur kannte bereits den Begriff und setzte ihn ausdrücklich von seinem Gegenstück Judaismos ab: 2. Makk. 4, 13; 6, 8; 11, 24; Jos. ant. 12, 363. Vgl. auch Apostelgesch. 6, 1; 9, 29. Dazu unten. 3 Immerhin finden wir Andeutungen in den Quellen, daß es mit den Samaritanern Pro bleme gab: Curtius Rufus 4, 8, 34, 9-11; Jos. c. Ap. 2, 43; ant. 11, 340ff; zum Ganzen vgl. V. Tcherikover (1959), S. 42-49. Ausgrabungen in Samaria und Sichern scheinen die Konflikte zu bestätigen, M. Stern I (1974), S. 449. Manche vorsichtige Formulie rung in jüdischen Quellen (Dan. 11, 3; 1. Makk. 1, 1-7, bes. 3: Kai inr\pQT\ f| Kap5ia aüxou) werfen auch Schatten auf das Verhältnis Alexanders zu den Juden. 4 Jos. c. Ap. 1, 214 (zu Hieronymos von Kardia). 5 Besonders Jos. ant. 11, 304-347 zu Alexanders Aufenthalt in Jerusalem, zu seinem Kniefall vor dem Hohepriester, zu den Beziehungen zu den Samaritanern u.s.w. Rabbi nische Texte malen diese Legenden aus, z. B. Megillat Taanit 22; Leviticus Rabba c.13. Daneben gibt es auch samaritanische Quellenstücke mit natürlich anderem Tenor, vgl. J. Derenbourg (1867), S. 41-44. Es ist insbesondere das Verdienst von V. Tcherikover (1959), S. 41-50, den Legendencharakter endgültig enttarnt zu haben. Zur Forschungs geschichte J. Seibert (1994), S. 103-107. Zu Alexanders Feldzug und Palästina insge samt M. Hengel (1989),S. 35-45. 6 Dazu M. Hengel (1989), S. 45-52. 7 Dazu H. Hegemann (1989), S. 115-166. 8 Dazu unten. 9 Vgl. dazu V. Tcherikover (1959), S. 52-73; ders. (1957), S. 1-48; M. Hengel (1989), S. 52-72. 10 Die Geschichte der Familie der Tobiaden bei Jos. ant. 12, 4 (154-236) in bunter, le gendenhafter Ausschmückung; vgl. zu den Tobiaden zuletzt D. Gera (1998). Die Quel lenlage zur ptolemäischen Zeit des Judentums ist ohnehin disparat und z. T. historisch schwer zu überprüfen. Besonders wichtig sind die „Zenon-Papyri": 1915 wurden im
Anmerkungen
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Fayyum mehr als 2000 Dokumente entdeckt, die von Zenon, einem Gutsverwalter und Helfer des Dioketeten Apollonius, für die Jahre 260-246 v. Chr. archiviert worden sind. Etwa 40 von diesen beziehen sich auf die Verhältnisse in Syrien/Palästina, das Zenon im Auftrage seines Chefs in den Jahren 259/8 v. Chr. bereist hatte; sie sind herausgege ben, übersetzt und kommentiert von V. Tcherikover/A. Fuks I, (1957) (mit der Einfuh rung zur ptolemäischen Zeit S. 1-48). Legendär ist zwar auch das 3. Makkabäerbuch, das Ptolemaios IV Philopator (221-205 v. Chr.) massive Aktionen gegen das Judentum als Ganzes unterstellt; es muß aber auch in Betracht gezogen werden, wenn es um das Verhältnis zwischen Juden und Ptolemäern geht. Weiter ist der „Brief des Aristeas" heranzuziehen, der über die Übersetzung der hebräischen Bibel ins Griechische „infor miert". Aristeas ist ein unter griechischem Pseudonym schreibender jüdischer Autor, wohl des 2. Jahrhunderts v. Chr. In dem Pamphlet ist auch ein Brief des Königs Ptole maios II an den jüdischen Hohepriester Eleazar aufgenommen (Arist. 35-40), in dem von weiteren Wohltaten des Königs den Juden gegenüber die Rede ist; Jos. ant. 12, 11118 hat diesen Brief des Aristeas ausführlich ausgeschrieben. 11 Zum Ablauf der Ereignisse G. Hölbl (1994), S. lllff.; 121ff.; M. Hengel (1989), S. 63fT.; D.Gera (1998), S. 20-34. 12 Nicht also als Polis, Tempelland, Dynastie: J. Pastor (1997), S. 41ff. 13 Das Steuersystem im einzelnen ist uns nicht bekannt; bei Jos. ant. 12, 143 werden be sonders die Kopfsteuer, die Kranzsteuer und wohl auch die Salzsteuer erwähnt; (vgl. auchFN 18). 14 So in Phrygien: Jos.ant. 12, 147-153 der „Zeuxis-Brief1. 15 Der Brief ist wörtlich ausgeschrieben bei Jos. ant. 12, 138-144. Behandelt wurde er ausfuhrlich, bes. von E. Bickerman (1935), S. 4-35; vgl. auch E. Täubler (1946/47), S. 1-30; 125-137; 240-263; F.-M. Abel (1952), S. 88-93; V. Tcherikover (1959), S. 76-84; M. Hengel (1988), S. 15f; ders., (1989), S. 72-74; E. Will/C. Orrieux (1986), S. 97-103; H. G. Kippenberg (1991), S. 183-186; auch von J.-D. Gauger (1977), wird passim auf dieses Dokument Bezug genommen, auch wenn im Mittelpunkt von Teil A des Buches das Zeuxis-Dokument Jos. ant. 12, 148-153 steht. 16 In den schon erwähnten „Syrischen Kriegen" Nummer 4 (219-217 v. Chr.) und 5 (202-195 v. Chr.), vgl. dazu im Einzelnen M. Hengel (1988), S. 11-16 mit allen Quel len- und Literaturangaben. 17 Zur Politik des Königs gegenüber der Bevölkerung Syriens und Phönikiens in den Kriegswirren vgl. die Hefzibah-Inschrift (Dokumente 202-195 v. Chr.) bei Y. Landau (1966), S. 54-70. Außerdem T. Fischer (1979), S. 131-8; J. M. Bertrand (1982), S. 16774. SEG 29 (1979), Nr. 1613 und 1808. Zur Politik des Königs gegenüber Kleinasien vgl. die neue, weiterfuhrende Arbeit von J. Ma (1999), mit einem epigraphischen Dos sier im Anhang. Als vergleichbar unserem Brief sei besonders auf die Sardes-Inschriften 1-3 (S. 284-288) und die Dokumente von Amyzon 5-14 (S. 292-304) verwiesen; vgl. ferner P. Gauthier (1989), S. 13-45 (besonders S. 25: „L'example qui öclaire le mieux l'inscription de Sardes est celui de Jerusalem en 200"); K. Bringmann/H. v. Steuben (1995), Nr. 260, S. 298-300 zu Sardes. 18 Genannt sind bei Jos. ant. 12, 142 offensichtlich die Kopf-,, Kranz- und auch die Salz steuer (überlieferter Text allerdings: Kai iox> nepi xcov CXAACDV statt des wohl richtige ren TCDV &A.CÜV), Dazu Tcherikover (1959), S. 82 und 438, Anm. 117. 19 Zum Inhalt der Tcdxpioi vöu.oi V. Tcherikover (1959), S. 81f; und jetzt besonders H. G. Kippenberg (1991), S. 179-217; B. Schröder (1996). 20 So auch E. Will/C. Orrieux (1990), S. 100: „Reconnaitre les patrioi nomoi juifs, c'&ait, implicement, renoncer au culte dynastique". 21 Jos. ant. 12, 145f: das Strafmaß beträgt 3000 Drachmen an die Priester.
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Anmerkungen
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Einen Lobgesang auf ihn stimmte Ben Sira 50, 1-21 an; dieser Simon der Gerechte wird bAbot 2 als einer der letzten der großen Synode (nbvian nD3D) bezeichnet; er habe gesagt: „Auf drei Dingen steht die Welt (D^wn): auf der Thora, auf dem Gottes dienst (rniDU) und auf den Liebeswerken (0"HOn nVr'Dn)." Wenn es sich hier um Si mon II handelt, dann wird daraus deutlich, welche Gruppe von den Ptolemäern abge fallen und zu Antiochos III übergelaufen war. 23
1. Makk. 2, 15-28. 1. Makk. 1, 41 f.; das Edikt 41-51 formuliert ausdrücklich, das (väterliche) Gesetz zu vergessen und alles bisher gültige Recht auszutauschen: imXaQkcQai zox> vö\iox> Kai aAA&{;ai rcavxa xa 5iKaubu.aTa 2. Makk. 6, 1-12 über die Folgen des Ediktes. 25 Für die makkabäische Auseinandersetzung mit Antiochos IV gilt das ohnehin; in frü herer Zeit wurden aber erhebliche Zweifel an der Echtheit des oben besprochenen Brie fes des Antiochos III geäußert (bes. H. Willrich (1924), S. 18ff.), die jedoch von der sorgfältigen Analyse E. Bickermans (1935), S. 4 ff., widerlegt werden konnten, auch weil sich viele Parallelen in der hellenistischen Welt zu den einzelnen Klauseln finden ließen. J.-D. Gauger (1977), S. 1-151 diskutiert v. a. die Zeuxis-Urkunde (Jos. ant. 12, 147-153). 26 So E. Schürer (1973), S. 147f; vgl. aber auch H. Bengtson (1960), S. 482. Bei Tac. bist. 5, 8, 2 heißt es: rex Antiochus demere superstitionem et mores Graecorum dare adnisus, quo minus taeterrimam gentem in melius mutaret, Parthorum hello prohibitus est; ähnlich schon bei Diod. 34/35, 1, 3. Hierher gehört auch die Überlegung, daß An tiochos IV über den Kult des Zeus Olympios sein Reich vereinheitlichen wollte, nach Dan. 11,37-39. 27 E. Bickerman (1937), S. 117-136; ihm folgte M. Hengel (1988), bes. S. 464-570; vgl. auch V. Tcherikover (1959), S. 152-203; dazu E. Will/C. Orrieux (1986), S. 113-175; Z. Yavetz(1997), S. 82 ff. 28 K. Bringmann (1983), bes. S. 111-140, meinte, daß Antiochos Menelaos, den von ihm ernannten Hohepriester, nicht fallen lassen konnte. Damit hat Bringmann v. a. die althi storische Forschung sehr beeinflußt; ähnlich auch M. Sommer (2000), S. 75f. Allerdings hat er auch massive Kritik herausgefordert, die ihm (wohl zu Recht) vorhielt, mit einer „betont säkulare(n) Schau der Geschichte" das religiöse Element im Judentum unterschätzt und damit nicht dem Verständnis gedient zu haben, M. Hengel (1996), S. 282f. mit Anm. 74 und weiteren kritischen Äußerungen zu Bringmanns These. 29 Gemeint ist hier natürlich der berühmte „Tag von Eleusis" 168: E. Gruen (1993), S. 238-264. 30 Aufgrund von Polyb. 26, 1. 31 J. A. Goldstein (1976), S. 104-160; ders. (1983), S. 104-112. 32 F. Miliar (1978), S. 16f; ähnlich D. Gera (1998), S. 229: „At present it seems best to acknowledge our inability to resolve this knotty problem." 33 H.-J. Gehrke/B. Funck (1996), S. 5. 34 Vgl. dazu oben S. 33f. 35 Dazu oben S. 33. 36 Wie man am Beispiel Elephantine hat sehen können, oben S. 35ff. 37 Esra 7, 26 und oben S. 33. 38 Mit den tatsächlichen Veränderungen durch die Politik Alexanders befaßt sich eine demnächst erscheinende Studie von Chr. Mileta, Der König und sein Land. 39 Diesen fundamentalen Unterschied zwischen persischer und hellenistischer Herr schaft über Judäa übersieht etwa F.-M. Abel (1952), S. 91, der im Gegenteil die Konti nuität betont: „La Charte d'Antiochos le Grand renouvelait en somme l'ödit emanant d'Artaxerxes II et apporte* ä Jerusalem par Esdras en 459. Entre ces deux öpoques, 24
Anmerkungen
167
Alexandre et les Lagides avaient suivi la mdme ligne de conduite en concedant aux Juifs la libertä de vi vre conformöment aux lois de leurs peres". Hervorzuheben ist dabei al lerdings, daß die persische Autonomiegarantie auf Gegenseitigkeit, die hellenistische auf einseitiger Gewährung beruhte. 40 Insofern wird ein solches Religionsverbot im eigentlichen Sinne als xf)v noXixziav xcov 'IoDÖcctcov KaxaXuaai („die politische Ordnung, Verfassung der Juden aufzulö sen") aufzufassen sein, so formuliert jedenfalls 4. Makk. 17, 9 mit Bezug auf die makkabäischen Märtyrer (Greis und Mutter der 7 Söhne), die der Gewalt des Tyrannen ent gegentraten, als er „die Verfassung der Hebräer auflösen wollte; vgl. Philo, Quodomnis Über probus sit 91. 41 Sie wurden schon von Alexander in beträchtlicher Zahl gegründet, Plut. mor. 328e nennt die Zahl 70. Die umfassendste Untersuchung von Alexanders Stadtgründungstä tigkeit noch immer V. Tcherikover, Die hellenistischen Städtegründungen von Alexander dem Großen bis auf die Römerzeit, Philologus Suppl. 19, 1 (1927). Zur For schungslage J. Seibert (1994), S. 179ff. Die Nachfolger Alexanders setzten diese Politik fort. In den hellenistischen Reichen füllten Städte vielfältige Funktionen aus: Sie dien ten (natürlich) zur militärischen Sicherung in schwer kontrollierbaren Regionen, als Handelsplätze, übernahmen Verwaltungsaufgaben, versorgten Veteranen, verbreiteten die griechische Sprache und Lebensweise, brachten verschiedene Volksgruppen zuein ander. All das hatte natürlich auch auf die jüdische Religion einen Einfluß. 42 Siehe oben S. 42. 43 Jerusalem hatte zu diesem Zeitpunkt bereits einige Bedeutung für die Verwaltung als Verpflegungsstation, wie aus den Listen CPJ I 2 hervorgeht: Mit seinem Namen wird die Ausgabe einer bestimmten Menge an Getreide verbunden. 44 Dieses Bild bei M. Hengel (1996), S. 281 f. 45 Vgl. die Papyri der Sektion 1 („Jews of Palestine in the Zenon Papyri") bei V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, S. 115-130 (Nr. 1-6). Zu den Briefen des Tobias s. unten. 46 Zu der unter hellenistischem Einfluß entstandenen Dichotomie zwischen arm und reich äußerte sich um 190 v. Chr. herum Ben Sira 13, 2-5; 18-20, wo die Frage gestellt wird: „Welchen Frieden kann es zwischen dem Reichen und dem. Armen geben?" (Kai TU; elpT)VT| 7iA.o-uaicp itpöq nevexa;); noch etwas früher (ca. 270-220 v. Chr. meint M. Hengel (1988), S. 2J3) Kohelet/Ecclesiastes 5, 7: „Wenn du falsche Beschuldigung des Armen und Entfernung von Gericht und Gerechtigkeit im Lande siehst, wundere dich nicht darüber: Ein Hoher wacht über einem Hohen und Hohe wieder über sie": Das letzte Stück DiT^U DVQtt "IQÜ mD bvn naa (LXX: öxi vyriköq ETI&VCD vyr\Xox> cp\)A.ct^ai Kai \)\yr\Koi en avxouq) ist auf die ptolemäische Verwaltungspraxis zu beziehen. 47 Der Erfolg solcher „Globalisierung" wurde schon damals (da hat sich nicht viel geän dert bis heute) vermerkt: Jos. ant. 12, 224 sagt zum Tode Josephs des Tobiaden, daß er nach 22 Jahren Verantwortung für die Steuern das Volk der Juden EK Tixooxeiaq Kai rtpayu-axcov äaGevcov eiq Xau.7ipoxepa<; acpopu.a<; xou ßio\) Kaxaaxf|aa<;, womit also die materiellen Vorteile dieser internationalisierten Politik als im nationalen jüdischen Interesse liegend beschrieben werden. 48 1. Makk. 1, 11: Die \noi 7tapdvou,oi (das heißt die „Gesetzesübertreter") zogen aus und überzeugten viele, daß man internationale Kontakte knüpfen müsse, wenn man nicht, wie in der Vergangenheit, weiter unter den Nachteilen der Abgrenzung leiden wolle: 7topE\)6ü)u.ev Kai 5ia8cbp.e8a SiaGfncriv jiexä xtov EGVGOV XCÜV K\)KA,CO f)u.cov, öxi dcp' fjq EXQ)pio9T|p.Ev an a\)Xü>v, E\)pEv f]|j.a<; Kam noXXä („wir wollen hingehen und uns mit den Völkern ringsum verbinden, denn seit wir uns von ihnen getrennt ha ben, traf uns viel Unheil").
168
Anmerkungen
49
2. Makk. 4, 7ff.: Jason, der Bruder des Hohepriesters Onias, erbat von dem neuen seleukidischen König Antiochos IV ein Gymnasion, ein Ephebeion sowie xoix; ev 'iEpoaoX\)u.oi<; 'AvxioxEiq avaYpayai. Heißt das: die Erfassung der Antiochener in Jeru salem? Vgl. auch 1. Makk. 1, 13f; Jos. ant. 12, 240f. Das Ziel war also die „Verwand lung des jüdischen Ethnos bzw. des Tempelstaates von Jerusalem in eine griechische Polis", M. Hengel (1988), S. 138; über die Interpretation der Formulierung gab und gibt es (Forschungs-)Streit z. B. zwischen V. Tcherikover (z. B. (1959), S. 160-170) und E. Bickerman ((1937), S. 59-65), die den in Rede stehenden Satz jeweils nach ihrer Ausle gung übersetzten (heißt es: „die Antiochener in Jerusalem aufzuzeichnen" oder „das Volk von Jerusalem als Antiochener aufzuzeichnen"?). Z. Yavetz 1997), S. 86f, glaubt, daß nur die Oberstadt, die Akra umgetauft wurde. Daß bereits die Teilnahme einer Jeru salemer Delegation an den Feierlichkeiten in Tyros 175 zeigt, daß Jerusalem als Polis anerkannt war, hat K. Bringmann (1983), S. 84-92, zu Recht geltend gemacht. Vgl. auch E. Will/C. Orrieux (1986), S. 117-119. E. Gruen (1993), S. 241, glaubt gleichfalls nicht an eine komplette Adaption aller mit einer Polis verbundenen Institutionen in Je rusalem. 50 2. Makk. 4, 22. Für V. Tcherikover (1959), konstitutierte dieser Besuch des Königs und neuen Ktistes (Stadtgründers) offiziell die Polis; so attraktiv diese Interpretation ist, so überzeugend ist durch K. Bringmann (1983), S. 88fT., nachgewiesen, daß bereits 175 die Konstituierung als Polis erfolgt sein muß. 51 Vgl. zum Thema auch L. Feldman (1993), S. 45-83. 52 Vgl. Inschr. v. Priene 108 (Ehrenbeschluß für Moschion von Rat und Volk): Alle Be wohner der Stadt haben Zeugnis über Moschions Wohltaten abgelegt (8iau,apx\)po\)U.EVT|V); die Einladung aller: EKCCXECTEV ETCI YÄ/UKI<JU.ÖV xoix; XE XCÜVrcoXaxcovmoix; Kai
xoix; jioXixaq ndvxaq Kai 7capoiKo\x; Kai £EVO\X; Kai E^EXE"Ü8EPO\X; Kai oiKExaq etc (zur Verköstigung wurden eingeladen die Bürgersöhne, alle Bürger, Beiwohner, Fremde, Freigelassene und Bedienstete). Opferhandlungen und Geschenke waren Teil dieser Veranstaltungen. Ausdrücklich wird in dem Beschluß betont, daß Moschion Gä ste und Beiwohner nicht von seinen Gaben zurückstehen lassen wollte und daß er peni bel auf die Einhaltung des Kultes Wert legte. 53 Inschr. von Priene 109. 54 2. Makk. 4, 18f. Daß die Juden daran teilnahmen, war ihre Pflicht als Politen; daß sie Gewissensbisse hatten, ergibt sich aus dem Zwiespalt auch der hellenisierten Juden, zwar Politen sein, aber nicht vom Judentum abfallen zu wollen; daß sie schließlich das mitgebrachte Geld nicht für das Herakles-Opfer, sondern für ein anderes öffentliches, aber unverdächtiges Projekt (Schiffsbau) aufwenden, machte ihre Sonderstellung publik und suspekt - obwohl sie doch zur Integration entschlossen waren. Den Griechen in Ty ros und anderswo war gerade diese in ihren Augen halbherzige Integration ein bloßes Jagen nach den Vorteilen der Hellenisierung, woraus ein womöglich noch größeres Mißtrauen den Juden gegenüber erwuchs als aus der totalen Abgrenzung. 55 So etwa OGIS I 219: Eine Ehreninschrift der Stadt Ilion (wohl nach 277 v. Chr.) für Antiochos I Soter (280-261 v. Chr.) als Wohltäter und wegen seiner Eusebie. Solche Ehrungen waren begleitet von Opfern, Gebeten, Bekränzung und Aufstellen einer Sta tue; hieran mußten auch die Nichtbürger teilnehmen. Ferner Telmessos TAM I 1. 56 Vgl. etwa die Untersuchung von P. R. Trebilco (1991); W. Ameling (1998), S. 27-41. 57 Wie Tobias, der Vater des Joseph, in seinen Briefen, bes. CPJI 4 (dazu unten S. 54). 58 Ein besonders prägnantes Beispiel dafür ist CPJ I Nr. 19 (S. 151ff.): Ein Rechtsstreit zwischen der Jüdin Herakleia und dem Juden Dositheos nennt als Basis der Urteilsfindung ausdrücklich die 8iaYpdu.u.axa des Königs, die nokixiKoi vou.oi und die yvcbu/n. des Richters. Vgl. dazu V. Tcherikover (1957), Bd I, S. 33f.
Anmerkungen 59
169
Der bekannteste Fall gehört in die römische Zeit: Tiberius Julius Alexander war jüdi scher Apostat und konnte als solcher in römische Dienste treten; er war von 46-48 n. Chr. Statthalter von Judäa und brachte es sogar bis zum Präfekten Ägyptens, Jos. ant. 20, 100: xou; yap «axpioiq O\)K EVEjieivev ovxoq äBeaiv. Die wenigen weiteren Fälle bei L. Feldmann (1993), S. 79fif. 60 So auch die Ansicht von E. Gruen (1993), S. 259: „Nothing in the Hebrew Scriptures forbids gymnasia, military training for youths, or enrollment as Citizens of a polis or politeuma" und „The cultivation of Greek ways need not undermine the practice of Judaism". Das ist richtig; man hat aber zusätzlich zu bedenken, daß natürlich „enrollment as Citizens of a polis" und „the cultivation of Greek ways" von der Thora nicht verboten waren, weil es sie vorher (zur persischen Zeit) gar nicht gab, und sie berührten in ihren Konsequenzen doch wieder Thora-Vorschriften, wie Vielgötterei, Opfer- und Gebets handlungen u. &. 61 Zu Recht betont J. Ma (1999), bes. S. 179ff., 243ff., den Faktor „Interaction" als Reichspolitik der Seleukiden; gerade bei dieser Interaktion gab es Hindemisse für Ju den. 62 Der Begriff Politeuma ist keineswegs juristisch klar definiert und besagt namentlich für den Status nicht viel. Vgl. dazu bes. G. Lüderitz (1994), S. 183-225. Dazu unten S. 120ff. 63 Jos. c. Ap. 2; 33-47 behauptet z. B. - im Rahmen seiner Kritik an Apion - ftlr die Ju den Alexandriäs, Antiochias, von Ephesus und anderen Städten völlige Gleichstellung mit den Makedonen; vgl. Jos. ant. 12,8; 119; 14, 188; 16, 160; 19, 281; bell. 2, 487f.;.7, 44; etwas verhaltener Philo von Alexandria, leg. 150; 194; 349; Flacc. 47; 78ff.; aber 172 (KCXTOIKOI). Gegenteilig dagegen die Aussage des Kaisers Claudius in seinem Brief an die Alexandriner von 41 n. Chr., die von Alexandria als einer aXXoxpia TC6A.I<; für die Juden spricht, CPJII Nr. 153, Z. 95. Nach Lage der Dinge wurde das Definitions problem des jüdischen Politeuma erst spät und im Zuge einer rapiden Verschlechterung des gegenseitigen Verhältnisses zum Streitpunkt zwischen Juden und Griechen. Die (v. a. bei Josephus greifbare) jüdische Ansicht einer Gleichberechtigung beruhte darauf, daß bei der jeweiligen Polis-Gründung bzw. -Einrichtung (Alexandrias, Antiochias) die Frage gar nicht ausdrücklich geregelt war; die (v. a. bei Apion erkennbare) griechische Ansicht einer jüdischen Minderstellung erwuchs aus der Bewußtwerdung, daß be stimmte Rechte und Pflichten einen Politen ausmachten. Den Beginn dieses Prozesses, der dann seinen Höhepunkt in der Zeit um Christi Geburt erreichte, setzte ich mit dem Scheitern der Hellenisierung der Juden im Makkabäeraufstand an. 64 Daraufgeht die Frage Apions bei Jos. c. Ap. 2, 38 hin: TICÜJ; 'IODÖCUOI ÖVTE«; 'AX.e^avSpetq eKXf|9T|aav; vgl. 2, 65: sed super haec, quomodo ergo, inquit, si sunt cives, eosdem deos quos Alexandrini non colunt? Apion bringt damit das Probleme auf den Punkt: Jude sein und Polis-Bürger geht nicht zusammen, well Juden in das öffentliche Leben, ftlr das Kulthandlungen elementar sind, mit ihren deutlich erkennbaren Vorbe halten einer gänzlichen Apostasie gegenüber nicht zu integrieren sind. 65 Vgl. E. Baltrusch (1998b), bes. S. 416. 66 Die politische Bedeutung Jerusalems zur Zeit des persischen Großreiches erhellen die Elephantine-Papyri, bes. Cowley Nr. 21; S. 30-32. 67 Dieses eigenartige Klima zwischen Diaspora und Jerusalem scheint durch die zwei Jerusalemer Briefe an die ägyptischen Gemeinden hindurch, die in 2. Makk. 2 überlie fert sind. 68 Vgl. J. Ma (1999), S. 182ff.; 219ff.; 228ff., zum Problem des Verhältnisses König Untertanen.
170 69
Anmerkungen
Jos. c. Ap. 2, 73-78: der Vorwurf Apions ging namentlich dahin, daß Juden den Herr schern keine Statuen errichteten (73). Josephus argumentiert mit dem Bilderverbot der Thora sowie mit dem Einverständnis der Herrscher. Bezogen ist diese Auseinanderset zung natürlich auf die römische Herrschaft, aber sie ist übertragbar auf die hellenisti sche Zeit. Im frühhellenistischen Esther-Buch 3, 1-6 wird als Grund für Hamans Juror gegen die Juden gegeben, daß Mordechai Hamans herausgehobener Stellung als erstem Beamten des Königs nicht die gebührende Ehrerbietung zukommen ließ; das wurde als Übertretung des königlichen Befehls gedeutet. Im 3. Makk. 1, 8-29 sind dem ptolemäischen König (Ptolemaios IV) die jüdischen Ehrungen (Geschenke, Dankesbezeugun gen) nach seinem Sieg bei Raphia über Antiochos III schlicht zu wenig und er will sich fn Jerusalem durch einen Besuch im Tempel bei dem Gott der Juden „bedanken" und sich selbst kultisch ehren lassen. Er versteht nicht, warum die Juden das nicht zulassen wollen. Der Rahmen stimmt jedenfalls, denn Ptolemaios (mit seiner Schwester Arsinoe) besuchte tatsächlich mehrere Monate lang die Städte der Region; vgl. Polyb. 5, 86f. Zu inschriftlichen Zeugnissen M. Hengel (1988), S. 13, Anm. 18 und 19. Die Juden konn ten in diesen „Jubel" nur bedingt einstimmen und mußten deshalb auffallen. Zu den (begrenzt möglichen) inschriftlichen jüdischen Ehrungen ftir Könige, z. B. die Weihung von Synagogen „dem höchsten Gott", vgl. OGIS I 96 (Gecp vyiaxcp). 70 Tac. hist. 5, 5, 4. 71 L. Feldmann (1993), S. 83, deutet die jüdische Assimilation in der Diaspora so: „Hence, the net effect of the assimilation of the Greek language and culture by the Jews was not (Hervorhebung von mir) from Judaism but rather, on the contrary, the creation of a common bond of communication with Gentiles". Dem ist zuzustimmen, wenn man noch hinzufügt: Die Assimilation stellte mit diesem „common bond of communication" auch Konfliktpotential bereit. 72 J. Ma(1999),S. 147. 73 Zum hellenistischen Königtum A. Heuß (1995c), S. 223-235; H. Heinen (1978), S. 177-199; H.-J. Gehrke (1982), S. 247-277; ders. (1990), bes. S. 165ff; E. Will u. a. (1990), S. 441-440; G. Hölbl (1994), S. 83-91; P. Bilde/T. Engberg-Peterson/L. Hannstad/J. Zahle (1996); J. Ma (1999); neue Erkenntnisse wird auch die in Vorbereitung be findliche Studie von Ch. Mileta, Der König und sein Land Untersuchungen zur Herrschaft und Verwaltung im kleinasiatischen Binnenland der hellenistischen Zeit. 74 Hervorzuheben sind die „Tischgespräche" bei Aristeas 187-300, in denen die über sieben Tage geführte Diskussion zwischen Ptolemaios und den Juden zu wesentlichen Teilen darüber geführt werden, wie man sich als guter König zu verhalten habe. Vgl. auch Esra 4, 1-12; Jos. ant. 11, 33-63, das „Urteil über die Römer" (1. Makk. 8) unten S. 83 ff. 75 Jos. ant. 12, 159: T]KE\.XEI icXr|po\)XT|CEiv curccov XTJV Yfjv...Kod 7teu.\|(eiv xoix; evoiKTiaovcaq axpaxi(bxa<;. 76 Daraufkam es an, vgl. z. B. den Brief von Ptolemaios III an die Stadt Kildara (Karien) von 246, Epigraphica Anatolica 20, 1992, S. 127ff(SEG 42, 994); zu Recht daher J. Ma (1999), S. 164: „Cities which had received tlieir freedom by royal grant could lose it by royal ftat". Vgl. 1. Makk. 15, 3-9; 27; Jos. ant. 13, 245f. (Antiochos VII). 77 Natürlich ist hier in erster Linie an den berühmten „Tag von Eleusis" 168 v. Chr. zu denken, der bei Polyb. 29, 27; Liv. 45, 12; Diod. 31, 2 u. a. beschrieben wird. Die De mütigung des Königs durch den römischen Legaten vor Alexandria mußte kompensiert werden, denn sie beschädigte massiv das Ansehen des Herrschers. Diese Überlegung leitete E. Gruen ((1993), S. 238ff., als er den Zusammenhang zwischen dem Religions edikt in Jerusalem und dem Tag von Eleusis herstellte.
Anmerkungen 78
171
H. Heinen (1996), S. 351. Er diskutiert zwei Inschriften: 1. Inschrift des Boethos (z. Z. Ptolemaios VI, wohl zwischen 152 und 145 v. Chr.): OGIS I U I ; zuletzt E. Bernand (1992), Nr. 14; 2. Inschrift des Herodes und der Basilisten: OGIS I 130; zuletzt A. Bernand (1989), Nr. 303. 79 3. Makk. 1, lff. Thema und Darstellung erinnern stark an Heliodors „Besuch in Jeru salem" 2. Makk. 3. Vgl. oben S. 170 und Anm. 69. 80 Der Text jetzt bei A. Sachs/H. Hunger (1988-89), von 652-165 v. Chr. 81 K. Szelenyi-Graziotto (1996), S. 171-192. 82 K. Szelönyi-Graziotto arbeitet aus dem Quellenmaterial diese Entwicklung heraus, schildert die Teilnahme verschiedener Könige (Antiochos I, Seleukos III, Antiochos III) und die Eingriffe Antiochos IV, woraus sich gerade der Unterschied zu den Achämeniden ergibt; sie kommt dann aber doch S. 192 zu dem (dann überraschenden) Ergebnis, „daß die Seleukiden ... den babylonischen Traditionen im Großen und Ganzen Achtung und Anerkennung entgegenbrachten" - mir scheint, daß gerade das „im Großen und Ganzen" entscheidend ist! Ähnlich widersprüchlich auch M. Sommer (2000), S. 73-90. 83 Quellen: Diod. 29,15; Strab. 16, 1, 18; Iust. 32, 2, lf. (zu Antiochos III); Polyb. 31, 9, lff.; Diod. 31, 18a; Jos. arit. 12, 358; App. Syr. 352; 1. Makk. 6, lff; 2. Makk. 9, lff. (Antiochos IV). Vgl. (mit weiteren Quellen) M. J. Rostovzev (1984), II, S. 548ff; J. Wiesehöfer(1996),S. 51 f. 84 Dies gibt auch M. Sommer (2000), S. 82, zu: in der Struktur des Königtums „liegt der entscheidende Kontinuitätsbruch der seleukidischen Fremdherrschaft gegenüber den bisherigen Fremdherrschaften des assyrischen, neubabylonischen und achämenidischen Reichs". 85 CPJI Nr. 4 (S. 126): Tovßiaq 'ArclpAAcDvian xaipeiv]. ei a\) xe Eppcooai Kai xa aa rcavxa Kai xa Xoiicd ao[i Kaxa vovv eaxiv, 7co]XXf| x&Pl<S T 0 ^ Oeoiq. Text und Übersetzung bei R. Scholl (1983), Nr. 12 (S. 100-105); ders. (1990), Nr. 48 (S. 186189).Tobias (Hebr. i"PDü) aus dem Ostjordanland war jüdischer Hauptansprechpartner Zenons auf seiner Reise in Palästina. Er ließ dem König Geschenke übersenden und unterstützte die Reisegesellschaft Zenons mit Weizen, vgl. dazu und zur Person des To bias, seiner Herkunft und seiner Familie V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, S. 115f. 86 Davon muß man ausgehen, auch wenn V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, S. 127, Anm. 5 zu Recht hervorheben, daß es nicht zwangsläufig so, sein müsse, weil auch an dere Völker der Region dieser Sitte anhingen. 87 Um Joseph, seinen Sohn Hyrkan und ihre Erfolgsgeschichte dreht sich die TobiadenErzählung bei Jos. ant. 12, 154-236 88 Jos. ant. 13, 349ff; c. Ap. 2, 49 (spricht sogar davon, daß Philometor und Kleopatra „ihr ganzes Königreich" den beiden anvertraut hätten). Daß sie Jannaios vor dem ptolemäischen Zugriff bewahrten, steht bei Jos. ant. 13, 354. Ihr Vater, Onias IV, war wie derum der Sohn des 175 v. Chr. abgesetzten Hohepriesters Onias III und hatte mit ptolemäischer Genehmigung in Leontopolis ein neues Jahwe-Heiligtum errichtet, Jos. bell. 7, 427-430; ant. 13, 65-68; 70f. (es hieß dann fi 'Oviov x&pa, Land des Onias, Jos. ant. 14, 131; bell. 1, 190). 89 Vgl. auch Aristeas 35ff; Jos. ant. 12, 45-50, bes. 47. Man denke ferner an die Tobiaden-Erzählung bei Jos. ant. 12, 158ff, also an die öffentliche Funktion, die die Tobiaden Joseph und Hyrkan einnahmen; des weiteren heranzuziehen ist die Übersicht Jos. c. Ap. 2, 48ff über die Rolle von Juden im ptolemäischen Staat; vgl. 3. Makk. 1, 1-7; fiir die seleukidische Zeit ist auch an Jason und Menelaos am Vorabend des Makkabäeraufstandes zu denken.
172 90
Anmerkungen
Hingewiesen sei an dieser Stelle nur auf die besondere Rolle, die die Klientel forsten Antipater und Herodes in der frühen römischen Zeit spielten: Sie waren Bindeglied zwi schen Rom und den Juden in Palästina und der Diaspora. 91 Für die Ptolemäer waren Juden, wie gesehen, hilfreich bei Thronstreitigkeiten und im schwierigen Beziehungsgeflecht zwischen Griechen/Makedonen und einheimischen Ägyptern, vgl. Aristeas 35ff.; ferner aufgrund des Papyrus-Materials V. Tcherikover/A. Fuks (1957), I, bes. S. lOff 92 Jos. ant. 12, 148-153: Kritik an der Authentizität übte v. a. J.-D. Gauger (1977), S. 1151; es ist allerdings schwierig, zweifelsfrei eine Fälschung auch inhaltlich nachzuwei sen; vgl. auch H. H. Schmitt (1964), S. 104; J. Ma (1999), S. 63; 267 (direkt auf Gauger bezogen). 93 Jos. ant. 12, 150: 7te7ieiau.ai yap eüvoix; aüxoix; eaeaOai xöv fijiExepcDV cp\)A.aKa<; 6ia TTJVrcpöqxöv Geöv etiaeßeiav. 94 Beispielhaft hier ist die bei Jos. c. Ap. 1 201-204 nach Hekataios von Abdera erzählte Mosollamos-Geschichte: Ein jüdischer Söldner spottete darüber, daß sich seine griechi schen Mitsoldaten nach dem Vogelflug richteten; die Authentizität auch dieser Ge schichte wird neuerdings vehement bestritten, B. Bar-Kochva (1996), S. 57-71; als „vorbildliche Studie" bestätigt jetzt von G. C. Hansen (2000), S. 11-21, hier: S. 17f. An der zugrundeliegenden Problematik im jüdisch-griechischen Verhältnis ändert freilich die Echtheitsdebatte nichts. 95 Jos. c. Ap. 2, 65. 96 So besonders Kohelet/Ecclesiastes und seine Klage über die Vergänglichkeit und Nichtigkeit aller Dinge. Er rät 8, 13; 12, 13f. zwar zur Gottesfurcht, aber auch immer wieder dazu, zu essen, zu trinken und den Augenblick zu genießen (2,24; 3,9-13; 22; 5, 17; 6, 1-12; 7, 13-15; 8, 15; 11, 9). Anspielungen auf ptolemäische Verhältnisse kann man entdecken, 4, 13-16; die Bedeutung des Geldes 5, 9-19; Ausbeutung durch Fremde 6, 1-2; dem Wort des Königs zu folgen 8, 1-15; vgl. 9, 13; 10, 4; 16-19 (keinen Fluch über einen König, so rät Kohelet). 97 So Ben Sira, einem beredten Verfechter eines genauen Kultvollzuges, bes. 35, 1-10 (1:6 ai)VTT|p(Dv vou.ov nXeovd^ei 7ipoacpopa<;). 98 Sie fielen auf, weil sie unbeirrbar an der Sabbatheiligung festhalten wollten, selbst in Kriegszeiten, l.Makk. 2, 1-42. Die D^TOn / ovvayoayi] 'Aai6aicov waren EKouaia^O^IEVOI TU) vou.cp („dem Gesetz in Treue hingegeben"). 99 2. Makk. 4, 13; 11, 24: Zusammenhang zwischen der Blüte des Hellenismus und dem Einfließen fremder Sitten und dem daraus resultierenden Abfall vom Judaismus. Zum Judaismus 2, 21; 8, 1. 100 Die Beziehungen der drei bekannten „Philosophenschulen" (so Josephus) zu den Chasidim sind alles andere als geklärt; vgl. dazu die gegenüber neueren Überlegungen skeptischen Bemerkungen von G. Stemberger, (1991). 101 Bereits Hekataios von Abdera nannte das jüdische Leben dTcdvGpconoq Kai U.IGÖ£EVO<; (bei Diod. 40, 3,4); vgl. den erwähnten Aufsatz von G. C. Hansen (2000), S. 11-21; P. Schäfer (1997), S. 170ff.; E. Baltrusch (1998), S. 414ff. 102 Diod. 34/35, 1: oi cpi^oi xöv 'Avxioxov (sc. VII Sidetes) 7iapEKaA.o\)v u.aXiaxa U,EV cxpöriv otveXetv xö eGvoq bzw. wenn das nicht, dann mindestens KaxaXuaai xä vouap.a Kai c\)vavayKaaai xaq ayü)ya<; u.exaGea6ai. 103 Die Loyalität zeigte sich etwa in der abwartenden Haltung der Juden Alexander dem Großen gegenüber, man fühlte sich auch weiterhin an Dareios gebunden: Jos. ant. 11, 318; daß Antiochos III bei seiner Politik mit der Loyalität seiner jüdischen Kolonisten plante, wurde schon gesagt, Jos. ant. 12, 150. 104 Z. B. OGIS I 345.
Anmerkungen
173
105
Z.B.OGIS 1.96; 101; 129. Dan. 11, 37f; 1. Makk. 1, 41f. in Verbindung mit 1, 54 („Greuel der Verwüstung", ß8£A.\)Yiia epTmcboecDq; DmüD ]nptf, Dan 9, 27; 11, 31); 2. Mäkk. 6, 1-9. 107 Vgl. ausdrücklich Justin. 26,2, 12-3, 1. 108 Vgl. E. Baltrüsch (1998), S. 41 Off. 109 Vgl. M. Hengel (1996), S. 284-292. 110 Dazu E. Baltrusch (2001). 106
III. „Die Unterworfenen zu schonen und die Hochmütigen niederzuwerfen" 1
Das Zitat aus Vergil, Aeneis 6, 853 ist viel diskutiert worden; der Vater des Aeneas, Anchises, prophezeit die Wesensmerkmale Roms, die es groß machen werden; er sagt tu regere imperio populos, Romane, memento (hae tibi erunt artes), pacique imponere morem, parcere subjectis et debellare superbos. In der Tat war diese Deutung römi scher Außenpolitik in der Kaiserzeit vorherrschend, vgl. Tac. ann. 12, 20: ha maioribus placitum, quanta pervicacia in hostem, tanta beneßcientia adversus supplices utendum. („So hat es den Vorfahren gefallen: man soll eine ebenso große Wohltätigkeit gegen über den Demütigen gebrauchen wie Hartnäckigkeit gegenüber dem Feind.") 2 1. Makk. 8, 14. 3 Eine gradezu beispielhafte Episode bei Polyb. 10, 40, 4f.: als Scipio in Spanien mit dem Königstitel angesprochen wurde, wies er das zurück und sagte, daß er zwar als ßctaiXiKoq bezeichnet werden wolle, aber niemals und nirgendwo als ßaatXeix;. 4 Vgl. etwa Kohelet 4,13-16 zur Kritik am König an sich. 5 1. Makk. 8, 15; daß hier sachlich manches nicht stimmt (z. B. die Zahl 320), ist schon lange bemerkt worden, vgl. G. Stemberger (1983), S. 6f, Anm. 12; M. Hadas-Lebel (1987), S. 741, Anm. 107. 6 G. Stemberger (1983), S. 9 sieht das makkabäische Urteil über die Römer als eine „bewußte Schönfärbung Roms", um möglichen Einwänden gegen ein Bündnis zwischen Rom und den Juden, etwa von seiten der Chasidim, entgegenzuwirken. Man wird aber sehen, daß diese Deutung einseitig ist und nicht die ganze Breite des jüdischen Urteils zum Ausdruck bringt. Es waren zudem nicht nur die Juden, die Rom in solch rosigem Licht sahen. Einige Passagen muten anachronistisch an (z. B. 8, 10f), aber dennoch ist der Text nach dem historischen Zusammenhang keine „spätere literarische Fiktion", wie J.-D. Gauger (1977), S. 311, und andere meinen. 7 Vgl. E. Baltrusch (1989), S. 1, Anm. 4. 8 J.Bleicken(1975). 9 Dazu E. Baltrusch (1989), S. lff. 10 Vgl. z. B. die Darstellung im Senatsbeschluß über die Angelegenheiten der Stadt Thisbe in Böotien vom Jahr 170 v. Chr., in: Sherk Nr. 2, (1969), S. 26-31. 11 Dazu H.-J. Gehrke (1994), S. 593-622; vgl. pointiert L. H. Feldman (1993), S. 51. ,2 Liv. 30, 15, 11. 13 Vgl. E. Badian(1958),S. 125f. 14 Zu Jugurthas Kontakten Sali. Jug. 8f; vgl. W. Allen (1938), S. 90-92. 15 Es ist allerdings zu betonen, daß wir in der Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. noch sehr wenig von jüdischen Diaspora-Gemeinden im Römischen Reich wissen - mit der Aus nahme der Hauptstadt Rom selbst. Auf dieses Thema ist weiter unten genauer einzuge hen.
174 16
Anmerkungen
Liv. 39, 8-19 und der inschriftliche Text des Senatsbeschlusses CIL I2 581; dazu W. Nippel (1997), S. 65-73; zusammenfassend H. Kloft (1999), S. 32fT.; siehe auch unten S. 115fT. 17 Vgl. dazu den konzisen und anregenden Forschungsüberblick bei J. Bleicken (1999), S. 155ff. 18 Dazu Th. Hantos (1983). 19 Entsprechend wurde von modernen Forschern erklärt, daß das Bundesgenossensystem geradezu nach Expansion verlangt habe, A. Momigliano, Alien Wisdom, Cambridge 1975, S. 45; J. A. North (1981), S. 1-9. 20 Vgl. J. Hatzfeld (1919), S. 238ff. 21 Polyb. 1, 10,2. 22 Polyb. 2, 2-12.; App. Illyr. 7-8; auf die Bedeutung dieses Krieges verweist zu Recht E. Badian (1964), S. 1-33. Vgl. ausfuhrlich jetzt H. Pohl (1993), S. 58-94. 23 Polyb. 2, 8. Auch für H. Pohl (1993), S. 76 gab es auf römischer Seite ftlr das Eingrei fen keinen „anderen Zweck als die Konservierung des Status Quo". 24 Polyb. 2, 17-35; bes. 23 zum Beginn i. J. 225. 25 Zu den Kriegen gegen Karthago jetzt B. D. Hoyos (1998). 26 Liv. 41, 16, 8 schreibt C. Claudius Pulcher nach dem Sieg über die Ligurer nach Rom sua virtute acfelicitate neminem iam eis Alpes <esse> hostem populi Romani. 27 Über den Ausbruch des 2. Punischen Krieges gibt es eine lebhafte Forschungskontro verse; vgl. die Übersicht bei J. Bleicken (1999), S. 155ff.; vgl. zuletzt P. Barcelö (1998), S. 40fT. 28 Zu den Abläufen der Kriege in fundiertem Überblick H. Bellen (1994), S. 68ff. 29 Im Jahre 142 war diese Erkenntnis in der Nobilität schon so weit fortgeschritten, daß Scipio d. Jüngere die Bitte an die di immortales, ut populi Romani res meliores amplioresque faciant durch den Wunsch ut populi Romani res perpetuo incolumes servent, er setzte, Val. Max. 4, 1, 10. Die spätere Geschichtsschreibung erklärte den Zusammen hang Expansion und innere Krise zu Recht damit, ut viribus suis conficeretur (sc. res publica), Flor. 1, 47, 6f. 30 Th. Mommsen (1907), I, S. 781f. Bestätigung erhielt Mommsen von M. Holleaux (1921). Vgl. auch A. Heuß (1995b), S. 1066-1147. Das Thema wird immer noch aus giebig diskutiert, vgl. jetzt H. Pohl (1993), S. 70ff. (bes. S. 70f, Anm. 41); B. D. Hoyos (1998), S. 271ff.; K. Meister (1999), S. 90 (mit weiterer Literatur). Vgl. auch die luziden Ausführungen zum Imperialismus-Begriff und seiner Entstehung bei E. Gruen (1984), I, S. 3-8. 31 Vgl. dazu die methodisch ungewöhnliche, sozialwissenschaftlich argumentierende Arbeit von S. Podes (1986), hier bes. S. 178ff. Nach der zugrundegelegten Theorie (von J. Galtung (1971), S. 92) müßte man von „militärischem Imperialismus" sprechen; bei diesem gehe es nämlich darum, „daß vertikale Interaktion die Zentralnation (hier also Rom) im militärischen Sinne dazu befähigt, überlegene Zerstörungsmittel zu entwickeln ... Die Zentralnation biete militärischen Schutz, während die Peripherie ftlr Disziplin und die nötigen Soldaten sorge" (S. 178f). 32 Eine gewiß modernistische Deutung, aber heuristisch ist sie zu vertreten; entworfen von Frau Anke Schumacher hat sie in meinem Hauptseminar zu dem Thema „Rom und der griechische Osten" zur Klärung der Problematik beigetragen. 33 Vgl. Karneades bei Cic. rep. 3, 9ff. Seine Disputation scheint angelegt zu sein wie die römische Politik selbst; die Worte handeln von iustitia, aber die Taten sind geprägt von iniuria. 34 Cicero, im 3. Buch de re publica bei Aug. civ. 22, 6. 35 Cic. off. 2, 26.
Anmerkungen 36
175
Siehe oben. Eine Auflistung der diesen Eindruck bestätigenden Quellenstellen kann ich mir erspa ren; vgl. als Beispiele Liv. 34, 22, 12 in der Rede des Quinctius: Romanos nihil contingit, nisi quatenus liberatae Graeciae unius civitatis servitus non plenam nee integram gloriam esse sinit; femer derselbe Quinctius im Konflikt mit Nabis, dem Tyrannen von Sparta, Liv. 34, 32, in Bezug auf Argos. Vgl. auch die Rede der Rhodier gegen Eumenes im Jahre 187 v. Chr., in der (sicherlich in schmeichelnder, aber doch Roms Reputa tion berücksichtigender Absicht) das Besondere der römischen Politik hervorgehoben wird,Polyb.21,23,7iT. 38 Vgl. z. B. die bei Livius 34, 35 überlieferten und an Nabis gerichteten Vertragsbedin gungen: 1. Abziig der praesidia, 2. Besitzstandswahrung der freien Städte, 3. Rüstungs beschränkungen für Nabis, 4. Ausreisemöglichkeit der Verwandten der exules, 5. Schutz der pro^römischen Überläufer, 6. kein Bündnis mit kretischen Städten, 7. keine Anlage von Kästellen, 8. Geiseln und Entschädigungsleistung. Man kann kaum sagen, daß hier römischer Egoismus augenfällig ist. 39 Vgl. nur Polyb. 21, 11; 27, 7, 12; 29, 4, 9-10; 36, 17, 13; Liv. 44, 24, 2ff; 45, 18, 1-2; vgl. Justin. 38, 6, 7; Sali. Jug. 81, 1. 40 Vgl. 1. Makk. 8, 4ff.; 11-13; kein Diadem 14; 3. Esra4; Orac. Sib. 3, 175-179. 41 Lit. zum bellum iustum: J. Rüpke (1990); H. Botermann (1987), S. 1-29; S. Albert (1980). Vgl. L. Loreto, (1997), S. 489-521. 42 W. Dahlheim (1977), S. 191. 43 Vgl. in provokativer Fragestellung J. A. O. Larsen (1935), S. 193-214. 44 Dazu unten S. 176, Anm. 57. Vgl. Caes. bell. Gall.7, 77, 15f; Sali. hist. 4; Tac. Agr. 30. 45 Dazu insbesondere W. Dahlheim (1977); E. Gruen (1984), I, S. 13ff. 46 Dazu E. Badian (1958). 47 Bezeichnenderweise ist der Hauptvorwurf an Roms Herrschaftssystem neben einer unersättlichen cupiditas die Falschheit und Hinterlist, weil Worte und Taten der Römer nicht übereinstimmen; vgl. Sali. hist. frg. IV {epistula Mithridatis) bes. 5-9. 48 Vgl. zuletzt R. M. Kallet-Marx (1995). Er geht insbesondere von E. Badian (1958), S. 113f, aus, nach dem das Jahr 146 „sees the end of proper international relations and proper international law over the Roman world". Kallet-Marx dagegen kommt in seiner Analyse zu dem Fazit (S. 338): „The assignement of Macedonia provincia to a Roman praetor after 148 did not alter the fundamental emphasis upon command and obedience". Was die Herrschaftsorganisation angeht, hat Kallet-Marx recht; eine Zäsur war das Datum (148/146) aber gleichwohl. 49 Letzteres ist hinlänglich bekannt und braucht hier nicht weiter verfolgt zu werden; vgl. W. Dahlheim (1977), bes. das Kapitel „Die Kapazität der Herrschaft", S. 283-321; zuletzt R.Schulz (1998). 30 Raimund Schulz hat zudem jüngst mit Recht darauf hingewiesen, daß aus der rö misch-republikanischen Herrschaftspraxis auch der Charakter dieser Herrschaft deutlich werde, (1997), S. 13fT. 31 Th. Hantos (1983) hat fünf Formen herausgearbeitet. 52 Zur Provinzialverwaltung gibt es eine nahezu unüberschaubare Fülle an Literatur, insbesondere was Teilstudien über einzelne Provinzen bzw. Regionen betrifft. Beson ders hervorzuheben sind Th. Mommsen (1952); für Kleinasien D. Magie (1950); für Griechenland S. Accame (1946); E. S. Gruen (1984); G. Luzzato (1985); M. Crawford (1990), S. 91-121; A. Lintott (1993); R. M. Kallet-Marx (1995); D. Strauch (1996); ftir die Zeit seit 31 v. Chr. auch M. Sartre (1991). Zum Provinzialsystem als Ganzem W. Dahlheim (1977) und R. Schulz (1997). 37
176 53
Anmerkungen
E. Badian (1958); vgl. auch Ch. Meier (1988), S. 34ff., der auf Appian b.c. 2, 4 hin weist: cöanep aTc&aau; 7i6Xeaiv e<m xiq ev 'P6i\i\\ npooTcwriq; vgl. ferner Liv. 9, 20, 10; Dion. Hai. 2, 11, 1; Cic. Verr. 2, 2, 122; ad fam. 13, 64, 2 zu patroni dati. Pompeius wird von Cic. fam. 9, 9, 2 (Dolabella an Cicero) als neque ... regum ac nationum clientelis... tutum charakterisiert. 54 Der Begriff ist untechnisch, aber keine moderne Konstruktion; im Prinzipat, als der Kaiser der Patron aller war, konnte leicht die Vorstellung eines patronalen Verhältnisses auf außenpolitische Abhängigkeiten übertragen werden, vgl. D 49, 15, 7 (Proculus); Suet. Aug. 60 (reges verhielten sich in Rom clientium more)\ auch die res gestae des Augustus vermitteln einen solchen Eindruck (26; 31 f.). Vorbereitet war diese Übertra gung schon in der Republik, wo aber naturgemäß Privatleute Patronatsrollen übernah men (Institutionen mit immer wechselnden Mitgliedern bzw. Amtsinhabern sind zu ei ner solchen Übernahme nicht geeignet), vgl. Cic. fam. 15, 4, 15: die Insel Zypern und das Königreich Kappadokien zählen zur clientela Catos. Zur Sache etwa D. Braund (1984); vgl. auch F. Jacques/J. Scheid (1990); E. Paltiel (1991); ferner die noch unver öffentlichte Habilitationsschrift von A. Luther (1999). "Vgl. A.Luther (1999). 56 Suet. Aug. 48: nee aliter universos (sc. reges) quam membra partisque imperii curae habuit („Und nicht anders kümmerte er sich um alle, als ob sie Glieder und Teile des Reiches seien.") 57 Auf eine Quelle dieser Zeit müssen die stereotyp wiederholten Anklagen gegen die römische Herrschaft als habgierig, machtversessen, königsfeindlich und hochmütig zu rückgehen, wie wir sie bei römischen Autoren seit Caesar immer wieder formuliert fin den, z. B. Caes. bell. Gall. 7, 77, 15f. (Critognatus); Sali. Jug. 81 (Jugurtha); Sali. hist. 4 (Mithridates); Justin. 28, 2, 8ff. (die Ätoler); 29, 2 (Demetrios von Illyrien); 38, 6 (Mithridates); Sen. ep. 95, 30f; Tac. hist. 4, 32 (Civilis); Agr. 30-32 (Calgacus). 58 Vgl. dazu R. Schulz (1997), S. 42ff. zur lex Sempronia de provineiis consularibus\ S. 48ff. zu Sulla Reformen. 59 Sie ist beschrieben bei App. Mithr. 113-115. 60 Pompeius, als Person und als römischer Politiker in der modernen Forschung wenig geschätzt, müßte vor dem Hintergrund seiner konstruktiven Reichspolitik, aber auch im Vergleich mit seinem großen Gegenspieler Caesar neu bewertet werden; vgl. jetzt W. Dahlheim (2000), S. 230-249. 61 W.Dahlheim(1977),S.90. 62 Die Römer haben, man muß wohl sagen, geradezu skrupulös auf die Konformität ih rer Entscheidungen mit der geltenden Rechtslage geachtet, und das hieß: der Rechts lage, die sie beim Beginn ihrer Beziehungen zu der jeweiligen Gemeinde, Stadt oder Region bestätigt hatten. Vgl. Sherk (1969) Nr. 7, Z. 54 (che elq if)v tpiXiav xox> Siyiov xo\) 'Pcou,aicov TiapeYEveio; „als sie in die Freundschaft des römischen Volkes kam"); 9, Z. 21 f. (ux9' fjq x^Pa<ö e ^ X11M- «pikuxv xo\) [Sfipoi) x]o0 'Pcou-cxicov vv TtapEYEVovxo „mit welchem Land sie in die Freundschaft des römischen Volkes kamen"); ähnlich 10, Z. 6; als Prinzip formuliert in einem Brief des Prokonsuls an die Chier in augusteischer Zeit (4/5 n. Chr.?): KaxaKoA.o-ü9cov zf\ KaGoXiicn pot) [7tpo]8Eaei zox> TT|[P]ETV iä \>nö TCOV npö E\IO\> avGDTidxcov Ypacpevxa [cpv]Ä.dTT£iv („Meiner grundsätzlichen Vorgabe folgend, die Verfügungen der Prokonsuln vor mir zu bewahren."). Dieses Feld bedarf einer.gründlichen Untersuchung, die gerade auch den Unterschied zur hellenistischen Praxis betonen müßte. Eine im Entstehen begriffene Studie über das hellenistische Kö nigsland von Ch. Mileta (Der König und sein Land) wird dazu Wichtiges beitragen. 63 Lact. inst. 5, 16, 2-4, 5; Cic. rep. 3, 6fT.; in diesen Zusammenhang gehört wohl auch das berühmte Fragment aus Ciceros „Staat" bei Non. p. 498, 18: noster autem populus
Anmerkungen
177
sociis defendendis terrarum iam omnium potitus est („Unser Volk hat sich aller Länder bemächtigt, indem es die Bundesgenossen verteidigte."). 64 Polyb. 24, 8-10; 10, 8 bezeichnet Polybios Kallikrates als nicht wissentlichen u.eY&Ä.cov KCXKCOV apxnYÖS („Urheber großer Übel"); denn seine Vorschläge führten ja zwangsläufig zu verstärkter Einmischung. 65 Dazu E. Baltrusch (1998a), S. 217fT. 66 Zum Statthalter, seiner Ausbildung, seinem Stab und seiner Regierung jetzt R. Schulz (1997). 67 So Ch. Meier (1988), S. 35; zu Recht anders R. Schulz (1997), S. 294. d8 Vgl. Liv. 33, 24, 6: Ibi haudmulta verba facta, cum Macedones quodcumque senatus censuisset id regem facturum esse dicerent („Dort wurden nicht viele Worte gemacht, da die Makedonen sagten, daß der König das tun würde, was auch immer der Senat be schlossen hätte."). 69 Vgl. Liv. 31, 29, 9: die Gesandten Philipps im concilium Aetolorum („in der Ver sammlung der Ätoler") charakterisieren die römische Herrschaft: et quotannis alium atque alium dominum sortiuntur („und alljährlich bestimmen sie sich immer andere Her ren"); 32, 32, 7. 70 Vgl. dazu grundlegend W. Dahlheim (1977), S. 283ff.; besonders wichtig ist W. V. Harris (1979). 71 Vgl. z. B. Q. Pompeius in Spanien bei App. Ib. 340 oder Scipio Aemilianus bei Diod. 32, 4, 5. Die Belege ftlr den Hochmut römischer Aristokraten .im Osten wie im Westen bei Polybios oder Livius sind Legion. 72 Cic. prov. cons. 31. 73 Auch Augustus verwendet in seinen res gestae 26 ftir seine Provinzialpolitik im We sten pacare. 14 Die immer noch, auch in Bezug auf das Reich, vorherrschende, wegen ihrer Systema tik positive Sicht von Sullas Reformen in der modernen Geschichtswissenschaft (zuletzt R. Schulz (1997), S. 48ff.) bedarf dringend der Korrektur; diese Reformen waren alles andere als eine „Antwort auf die Anforderungen eines Weltreiches" (Schulz); sie sind vielmehr ausschließlich mit dem Blick auf die Stadt Rom initiiert gewesen. 75 Man kann dieses System pro meritis besonders an dem Senatsbeschluß über die kari sche Stadt Stratoniceia studieren, OGIS II 441 [Sherk (1969), Nr. 18]. 76 Scipios aktive Bündnispolitik in Spanien nach 218 hatte zunächst keinen anderen Zweck, als die bislang dort herrschenden Karthager zu schwächen, Liv. 21, 60; Polyb. 10, 34f. Die Hoffnungen der Bündnispartner auf baldige Freiheit zeigten sich jedoch schon bald als unrealistisch: die „Eroberung" Spaniens (App. Ib. 111: •üJifryeTo) nach 206 erfolgte ebenso aus römischen Interessen, weil sie für die abschließende Auseinan dersetzung in Afrika notwendig schien. 77 Vgl.E.Gruen(1984),I,S. 13ff. 78 So schon von Polybios 20, 9, 10-12 betont; auch bei Liv. 36, 28, 4-6 streiten sich Römer und Aetöler über den Inhalt des se inßdem alicuius permittere; der Ätoler un terbricht den Römer erbost mit der Bemerkung: non in servitutem sed inßdem tuam nos tradidimus. Über die rechtliche Seite dieses viel diskutierten Falles (und anderer Fälle yon deditiones) vgl. D. Nörr (1989), bes. S. 32f. 79 Zur Erforschung dieses Aspekts römischer Herrschaft über den griechischen Osten vgl. besonders W. Dahlheim (1977), S. 190ff.; R. Bernhardt (1971); E. Gruen (1984), I, S. 132ff.; J.-L. Ferrary (1988), S. 45ff.; D. Strauch (1996), S. 1 lff. 8 ° Liv. 33, 33. 81 Das wird bes. betont von E. Gruen (1984), I, S. 132ff., bes. S. 151ff.; S. 156f.
178
Anmerkungen
82
Dazu immer noch grundlegend A. Heuß (1995a), S. 236-297 (zuerst erschienen 1938). 83 Vgl. P. S. Drerow (1991), S. 261-270, zu einem Vertrag der illyrischen Stadt mit Rom (SEG 35, 823): in einem Dekret stellen die Pharier fest: [a7iEÖa)K<x]v TIU.IV tf|v xe nökiv [f)u.cov Kai xoix; 7iaTpio]\)q vou.ouq (nämlich die Römer). Allerdings ist völlig unklar, auf welche Zeit sich diese Angabe bezieht, also ob hier an 229/8 zu denken ist; gegen Drerow jetzt A. M. Eckstein (2000), S. 527. Es ist aber nicht unwahrscheinlich, daß Rom schon früh die (ja gerade von der illyrischen Königin Teuta bedrohte) Autonomie nutzte, um socii zu gewinnen - darin muß man keineswegs also schon Mitte des 3. Jahr hunderts „stern Roman imperialism" vermuten (Eckstein). 84 Syll.3 684 [= Sherk (1969) Nr. 43], Z.9f. Die traditionelle Zuweisung zum Jahr 115 wurde aufgrund einer noch nicht publizierten Inschrift aus Argos von J.-L. Ferrary (1988), S. 186-199 mit Anm. 228 schlüssig widerlegt. Weitere Literaturangaben zur In schrift bei D. Strauch (1996), S. 18, Anm. 25. 85 Vgl. A. Heuß (1937), S. 250. 86 Vgl. Sherk (1969) Nr. 1; S. 37; S. 38; S. 40. 87 Vgl. auch J.-L. Ferrary (1988), S. 117fT. 88 Literatur zum Roma-Kult bei D. Strauch (1996), S. 63f, und Anm. 233. 89
So seit 182 v. Chr. in einem delphischen Beschluß Syll. 630 und besonders seit Pydna; dazu J.-L. Ferrary (1988), S. 124-132. 90 Vgl. J. Toulomakos (1988), S. 304-324. 91 Vgl. dazu die guten Bemerkungen von J. Ma (1999), S. 37f; 152ff., der zwar die stark juristisch fundierte Theorie von A. Heuß über die Beziehungen zwischen Herrscher und Stadt ablehnt, aber genauso kritisch gegenüber der diametral entgegengesetzten Theorie von W. Orth auftritt. 92 z. B.Liv. 34,58, 11. 93 Vgl. Plut. rei publ. gerend. praec. 19. 94 Vgl. z. B. Polyb. 30, 9: Polyaratus, ein im Perseus-Krieg gegen Rom agitierender Rhodier, fand keine Zuflucht mehr, weil die Furcht vor Rom die griechische Welt durchdrang. 95 Liv. 21, 60; Polyb. 10, 34f. 96 Polyb. 10, 38: Abschluß eines Vertrages im Jahre 208 mit dem Fürsten der Ilergeten. 97 App. Iber. 18, 111 (im Jahre 206 v. Chr.). 98 Liv. 29, 1,24. 99 Die Begrifflichkeit nach dem Standardwerk von L. Mitteis (1891), S. 1-110. 100 Sherk S. 22 und S. 58. 101 Vgl. zuletzt die Literaturangaben bei K. Meister (1999), S. 70-90 zum sog. „Raub vertrag" zwischen Philipp V und Antiochos III, hier: S. 79ff. und S. 84ff. zum „Angst motiv" der Römer. IV. „Freundschaft mit allen, die zu ihnen kommen" 1 Das Zitat lautet im erweiterten Original: CCUTOI (sc. die Römer) evSoKouaiv ev näaiv xotq 7ipocm8EU.evoi<; ccuTotq, Kai öaoi av TipooeXGcoaiv ccuTotq, iaxcoaiv a\)tot<; (piAAav, und steht in der zu besprechenden Einschätzung der Römer durch die Juden in l.Makk. 8, 1. 2 2. Makk. 11, 13-37: die viel diskutierten vier Dokumente mit der von K. Bringmann, (1983), S. 40-51, ausgearbeiteten Datierung und Reihenfolge: 1. ein Brief des Lysias an
Anmerkungen
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die Juden vom Oktober 165; 2. der dritte Brief in der Sammlung von Antiochos IV an den Ältestenrat und die übrigen Juden vom November/Dezember 165; 3. der vierte Brief ist der noch zu besprechende Brief der drei römischen Gesandten an das Volk der Juden vom Februar/März 164 (also noch zu Lebzeiten Antiochos* IV, der Ende 164 starb); 4. der zweite Brief in der Sammlung ist der einzige des neuen Königs Antiochos V an Lysias Ende 164/Anfang 163. Aber erst seit dem Sommer 163, als Lysias seine Stellung durch Philippus akut bedroht sah (1. Makk. 6, 55f; 2. Makk.13,23), kommt es zu einem Ausgleich mit den Aufstandischen, 1. Makk. 6, 60-63. Vgl. zu den nicht im mer klar rekonstruierbaren Ereignissen ibid., S. 51-65; ferner D. Gera (1998), S. 239254. 3 2. Makk. l i , 34-38. Die Literatur über dieses Dokument ist Legion. Seine Echtheit wird ohne zwingende Gründe bestritten noch von J.-D. Gauger (1986), S. 263-291, hier 264f; O. Möfkholm (1966), S. 163f; vgl. W. Kolbe (1926), S. 77f. Grundlegend auch hier K. Bringmann (1983), bes. S. 47-50; ferner M. S. Ginsburg (1928), S. 24-30; M. Hadas-Lebel (1987), S. 720-722; A. Giovannini (1995), S. 46ff. zur Gesamteinordnung; J.-D. Gauger (1986), S. 264f (Fiktion); B. Bar-Kochva (1989), S. 516-542, hat eine an dere Reihenfolge für die 4 Dokumente als Bringmann: 1 (Okt. 165); 4 (kurz danach); 3 (Frühjahr 164); 2 (Sommer 162); Chr. Habicht (1976), S. 177-85 hat wieder eine andere Reihenfolge: 3, 1, 4 (Antiochos IV), 2; übt auch Kritik an römischer Politik, „mit abge fallenen Untertanen eines befreundeten Königs ... Kontakte anzuknüpfen" (260); D. Gera (1998), S. 245f. zur Reihenfolge. 4 Vgl. die Berichte 1. Makk. 4, 26-35; 2. Makk. 11, 1-12. 5 Die Historizität der in den Makkabäerbüchern berichteten Ereignisse ist nicht unum stritten, vgl. J. G. Bunge (1971), S. 416-25; P. Schäfer (1977), S. 566-68. 6 Vgl. den Brief des Lysias an das Volk der Juden (vielleicht Oktober 165) 2. Makk. 11, 16-21. 7 Vgl. den Brief des Antiochos IV an die Gerusie und die übrigen Juden (etwas später als der des Lysias) 2. Makk. 11,27-33. 8 Die Identifikation der Namen bereitete (und bereitet) Schwierigkeiten; die beste Lö sung bei K. Bringmann (1983), S. 47ff. (vermutet Angehörige der großen Gesandt schaft, die mit Ti. Sempronius Gracchus zwischen 166 und 164 auch in Antiochien war, Polyb. 30, 27); vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 439f; D. Gera (1998), S. 249f; anders dagegen B. Niese (1900), S: 485f. (auf der Basis Polyb. 31, 1, 6-8 ändert er Titus Manius in Manius Sergius um, worin ihm viele Forscher gefolgt sind). 9 Bes. den „Tag von Eleusis": Liv. 45, 12; vgl. 44, 19, 6-14; Diod. 31,2; App. Syr. 34951; Polyb. 29, 27, 10; Justin. 34, 3, 1-4; Jos. ant. 12, 244; Hieron. in Dan. 11, 29f. Vgl. G. Hölbl (1994), S. 133f; E. Will, (1979), S. 270-5. 10 Gegen J.-D. Gauger (1986), S. 264f. 11 So Ginsburg und Giovannini (s. Anm. 3). Vgl. zu Roms Beziehungen zum seleukidischen Reich mit einigen Richtigstellungen E. S. Gruen (1976), S. 73-95. Auch nach D. Gera (1998), S. 251, zielte die römische Initiative „at encouraging the Separatist aspirations of Judas and his men and weakening the Seleucid kingdom". 12 Ein Teil der modernen Forschung hat denn auch diesen Aspekt grundsätzlich in der Diskussion der jüdisch-römischen Beziehungen betont, vgl. Ch. Habicht (1976), S. 260, und andere. 13 Vgl. auch hierzu die noch unveröffentlichte Habilitationsschrift von A. Luther (1999). 14 Zu ihm wie zu den anderen „Reichskanzlern" des Seleukidenreiches K. Ehling (1998), S. 101.
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Anmerkungen
15 So verhielten sich die Römer auch bei anderen Aufständen innerhalb des schwächli cher werdenden seleukidischen Reiches, z. B. dem des Satrapen von Babylon Timarchos, Diod. 31, 27a; App. Syr. 47. 16 Z. B. im Senatsbeschluß über die böotische Stadt Thisbe [Sherk (1969) Nr. 2, Z.19J: a OCÜTCDV eye[Y]öveiaav, xcuha TJIICOV p[e]v EVEKEV e^eivai eöo^ev; im Senatsbe schluß de Sarapeo Deli insulae (Sherk Nr. 5, Z.32-34): KCCGOX; tö Ttpöxepov e0Epd7te\)Ev, EVEKEV T)U.COV 0Epct7tE\)Eiv E^ECJTIV bei Diod. 31, 27a heißt es Tip.otpxov EVEKEV ctt>TCDv ßctaiAEcc Eivai; in unserem hier in Rede stehenden Brief (2. Makk. 12, 35) steht: Kai TJUXI«; a\)VE\)8oKo0p.Ev. 17 1. Makk. 8, 1-16 (gekennzeichnet als eine Einleitung zu dem dann wiedergegebenen Vertrag zwischen Rom und dem jüdischen Ethnos). Den gleichsam dokumentarischen Charakter dieses Einschubs betont M. Sordi, (1975), S. 103: „Dobbiamo concludere che l'elogio dei Romani e un documento introdotto dall'autore nel suo racconto, al pari degli altri documenti di archivio da lui utilizzati; un documento certamente anteriore al 152 (zu diesem Zeitpunkt nämlich wurde Jonathan, Nachfolger des Judas Makkabaeus, von Alexander Balas investiert) e strettamente collegato con l'ambasceria e il trattato del 161". Sordis Datierung wurde einiger Anachronismen im Text wegen vehement ab gelehnt, obwohl sie diese Anachronismen einbezieht und erklärt, S. 98, Anm. 17. An ders G. Stemberger (1983), S. 6-12; M. Hadas-Lebel (1990), S. 24-31 [wie dies. (1987), S. 736-745]: Datierung Ende des 2. Jh. Nach Stemberger ist der Abschnitt über die Rö mer „bewußte Schönfärberei" (9), „unglaublich naiv", „ein Werk späterer prorömischer Propaganda" (6), „Folge schlechter Erfahrungen mit Rom oder in der Bibel begründeter Einwände". J. A. Goldstein (1976), zu 1. Makk. 8, 1-16 stellt eine bewußte Parallelisierung Roms und der Juden her und vergleicht die beschriebene römische Politik sogar mit der jüdischen Praxis Konvertiten gegenüber; vgl. ders. (1987), S. 320: „As seen through Jewish eyes, republican Rome, still puritanical, seemed to be almost Jewish." E. S. Gruen (1984), I, S. 338-341 sieht den Abschnitt doppeldeutig: „Admiration and anxiety mingle in the lines that apply to Rome in 1 Maccabees" (341). D. Flusser (1983), S. 156-158, stellt den Zusammenhang mit dem römischen Imperialismus heraus, daß viele Gefahren für Israel in dem Lob (riDü) beschrieben werden; v. a. daß die römische bellum-iustum-TheoTie nicht erwähnt wird; J.-D. Gauger (1986), S. 286, verlegt die Römerpassage gar auf die Zeit um 63 (der eine Mann könnte Pompeius sein). 18 Der hier besprochene Text ist das einzige erhaltene Urteil über den römischen Impe rialismus, das wir aus einer nicht griechisch-römischen Sichtweise besitzen; die Juden sind (noch) keine Untertanen und urteilen aus der Perspektive von potentiellen Bünd nispartnern. Wesentliche Kategorien der Imperialismus-Kritik tauchen auch hier auf, allerdings ohne den negativen Unterton: die militärische Stärke als Kennzeichen der Römer (vgl. die Calgacus-Rede in Tac. Agr. 30-32; Mithridates-Brief bei Sali. hist. 4); amicitiae als wichtigstes Herrschaftsmittel (Mithridates spricht von amicitiam simulantes: Sali. hist. 4); ihre Feindschaft gegen Könige (Jugurtha bei Sali. Jug. 81; ebenfalls Mithridates Sali. hist. 4 und Justin. 38, 6; Demetrios von Pharos bei Justin 29, 2); daß die Römer auch aus materiellem Interesse Regionen unterwarfen, kommt auch in 1. Makk. 8, 3f; 7 zum Ausdruck; dieser Aspekt weitet sich in der Imperialismus-Kritik zum avar/7/a-Motiv aus (neben den angeführten Stellen auch noch Caes. bell. Gall. 7, 77, 15f. in der Critognatus-Rede; Tac. hist. 4, 32 in der Civilis-Rede; Sen. ep. 95, 30f). All das zeigt deutlich, daß die Einschätzung der Römer durch die Juden nicht fiktiv ist; es kommt in ihr die Ungewöhnlichkeit Roms im Vergleich mit anderen Mächten zum Ausdruck. Die Hinweise auf die Imperialismus-kritischen Stellen verdanke ich dem Kollegen aus der Klassischen Philologie Widu-Wolfgang Ehlers, mit dem ich im Som-
Anmerkungen
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mersemester 2000 an der Freien Universität Berlin eine Lektüre-Übung zum Agricola des Tacitus veranstaltet habe. 19 Gegen die übliche Interpretation einer solchen „anticipazione dei fatti del 146" M. Sordi (1975), S.99, Anm. 17. 20 Der aus 1. Makk. stammende Parallelbericht bei Jos. ant. 12, 414 weicht in diesem Punkt von seiner Quelle ab, wohl weil er die Gründe der Auslassung nicht mehr ver stand. 21 Zwar werden die Könige als Angreifer dargestellt (die Formulierungen sind dement sprechend EJIEA.96VTCOV en atixoix;; ETrnppivoix; in atixotiq; xöv 7tope\)9evxa en a\)xo\)<; ei<; 7t6A.ep.ov; eßovXe'uaavxo eXGeiv Kai e£,apai avxo'oq; avxeaxT|aav a\)xoi<;: 8, 4-11; die Wortwahl stellt die Könige immer als Aggressoren dar), doch bei anderen (zumal westlichen) Gegnern fehlen dergleichen Formulierungen (8, 2-4), es werden vielmehr höchst eigennützige Interessen der Römer genannt. 22 Die älteste Erwähnung der Römer findet sich in Daniel (geschrieben wohl in den 160iger Jahren) 11, 30: ÖTp-rmD bv D17H DEh ntoai DTD D^a "D 1KTI („Und es kommen Schiffe der Kittäer gegen ihn und er wird gedemütigt und kehrt um und richtet seinen Zorn gegen den Heiligen Bund"); DTD ist in der Septuaginta wie Vulgata als Römer verstanden. Daniel bezieht sich hier auf den Tag von Eleusis und die Demüti gung Antiochos' IV. Das Bild in 1. Makk. 8 kommt also nicht von ungefähr. Kurz zuvor „prophezeite" Daniel (11, 18) auch die Niederlage Antiochos III gegen die Römer (auch hier: Kittäer). Vgl. F. F. Bruce (1978), S. 3f. Auch in den Qumran-Kommentaren zu Habakuk und Nahum rückt der kriegerische Aspekt der Römer in den Mittelpunkt, I QpHab III, 3 f. („Furcht und Schrecken"); 9ff.; IV 5ff.; VI, lff.; 4 QpNah I, 3. 23 So z. B. E. S. Gruen (1984), I, S. 339. 24 So J. A. Goldstein (1976) z. St. (der deshalb S. 355f gar die Abfassungszeit auf Alexander Jannaeus verlegt); vgl. auch M. Smith (1978), S. 3. Vgl. auch T. Rajak (1996), S. 108f. 25 Vgl. D. Flusser (1983), S. 256ff.; anders M. Sordi (1975), S. 99f. 26 1. Makk. 8, 3f, ist die Rede von den verlockenden Silber- und Goldbergwerken in Spanien; sie eroberten jede noch so entfernten Ort xfj ßo\)Xr| auxcov Kai xfj uxxKpo0i)u.ia. 27 Vgl. Polyb. 31, 10, 7. Er bestätigt das und sieht darin ein probates Herrschaftsmittel der Römer. 28 Polyb. 30, 25f; vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Pattersen (1951), I, S. 438. 29 So nach 1. Makk. 8, 16. Immer wieder wird von modernen Forschem betont, wie schlecht der Autor über die Kollegialität in der römischen Verfassung Bescheid weiß (Kai 7tiaxE\)o\)oiv evi avOpcbncp äpxeiv atixcov mx* Evia-oxöv). Das ist zwar richtig, aber dem Autor kommt es auf zwei andere Dinge an: auf die Beauftragung dieser Be amten nämlich und die jährliche Begrenzung der Amtszeit - also auf Herrschaftsbe schränkung und -Kontrolle. Die falschen Angaben mögen zurückzufuhren sein auf die Hinzunahme der Zahl der Magistrate zu der Zahl der Senatoren; auf die „Geschäftsfüh rung" eines der beiden Konsuln, als die jüdische Gesandtschaft in Rom war, so daß also die Bedeutung der Kollegialität in den Hintergrund getreten sein mochte; auch die Un kenntnis der Unterscheidung von diesfasti und dies nefasti usw. beeinflußt ja nicht die Kernaussage. 30 Bekanntlich ist dies auch die Auffassung von Polybios, bes. Buch VI. 31 Hier stand immer zu befürchten, daß Königswechsel die Situation veränderten, wie es Judäa ja auch unter den Seleukiden zu erleiden hatte (vgl. die Privilegien von Antiochos III, die Zusagen von Antiochos V oder die Politik des Demetrios I). Bündnisverträge
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Anmerkungen
mit auswärtigen Staaten mußten im Judentum immer gut begründet sein, vgl. G. Sternberger (1983), S. 10. "Jos. ant. 12,415. 33 In diesem Sinne vorbildlich ist nach wie vor die quellenkritische Untersuchung zum Vertrag von 161 v. D. Timpe (1974), S. 133-152. 34 Vgl. jetzt K. Brodersen (1999). 35 Dazu E. Baltrusch (2001). 36 So die von 1. Makk. 8 und Jos. ant. 12, 415-9 gegebene Ordnung; etwas anders Jos. bell. 1, 38. Daß Kap. 8 des 1. Makk. wie ein Einschub zwischen Kap. 7 und 9 wirkt, ist oft hervorgehoben worden, besagt aber filr sich genommen noch nicht, daß eine jüdi sche Fälschung vorliegt. Die Datierung nach dem Nikanor-Erfolg ist eindeutig und sollte, auch aus sachlichen Erwägungen heraus, nicht vor die Nikanor-Kampagne ver legt werden, so J. G. Bunge (1971), S. 660, Anm. 59a; P. Schäfer (1977), S. 589. 37 1. Makk. 6, 58: der Vorschlag des Lysias: Kai axfiacou,ev atixotq xoO 7tope\)ea9ai xolq VOU.IU.OK; atixcov („und wir wollen ihnen erlauben, nach ihren Gebräuchen zu wan deln"), wird vom König gebilligt; Jos. ant. 12, 382: Kai 7i£u.\|/a<; 6 ßaaikeix; npö<; TTTV 'Io\)8av Kai xouq <xbv a\)T(prcoA.iopKO'üu.evoiN;eipf|VT|v xe ETtTryYetXaxo Kai a\)yXcopeiv xoiqrcaxpLou;voumq XPCD^^V0'Ü9 Wv (»und der König schickte zu Judas und zu den mit ihm Belagerten und erklärte sich zum Frieden und zu der Erlaubnis bereit, daß sie nach den väterlichen Gesetzen leben dürften"); vgl. auch die schon diskutierten Dokumente 2. Makk. 11, 13-38 und die Erörterung von K. Bringmann (1983), S. 40-65. Daraufhin wird Menelaos als die Ursache allen Übels abgesetzt und von den Seleukiden hingerichtet, 2. Makk. 13, 4-8; Jos. ant. 12, 385. 38 1. Makk. 7, 1-25; Jos. ant. 12, 393. 39 Sie wurden von Alkimos gewünscht (1. Makk. 7, 25; Jos. ant. 12, 400f.); geschickt wurde der „Hasser Israels" (p.tao\)vxa Kai exOpaivovxa xcp IapaT|>.) Nikanor (1. Makk. 7, 26; von Josephus ist eine solche Kennzeichnung Nikanors unterlassen, Jos. ant. 12,402). Nikanor unterlag bei Adasa. 40 1. Makk. 7,49; 2. Makk. 15, 36; Jos. ant. 12,412. 41 Das Moment völkerrechtlicher Handlungsfähigkeit spielt auch in den römischen Deditions-Verträgen eine zentrale Rolle, deren Formular die ausdrückliche römische Nach frage an den potentiellen Vertragspartner enthält: Estne populus (hier ist der Name des betreffenden Volkes eingefugt) in suapotestate? Liv. 1, 38, lf. 42 1. Makk. 8, 17: axf|aai cpiViav Kai a\)|±uax'iav („Freundschaft und Bündnis zu schließen"); Jos. ant. 12, 415. Die Legitimation der Gesandtschaft vor dem Senat bei 1. Makk. 8, 20 gegenüber der nachlässigen Formulierung bei Jos. ant. 12, 416 („die Ge sandten von Judas"). 43 1. Makk. 8, 18. 44 Anders zuletzt J.-D. Gauger (1986), S. 266-286 zu den römisch-jüdischen Beziehun gen 161/60 v. Chr.; kritisch auch A N. Shenvin-White (1984), S. 73. Auf die seit E. Täubler diskutierte Frage, ob hier nur ein Senatsvertrag vorliege, gehe ich nicht ein; vgl. D. Timpe (1974), S. 133-152; auch die Theorie, daß es sich bei dem Text nur um ein Vertragsangebot handele, nicht aber um einen ratifizierten Vertrag [so T. Fischer (1981), S. S. 141], hat zu Recht keine Zustimmung gefunden. Zuletzt zu dem Vertrag D. Gera (1998), S. 303-312. 45 Mißverstanden von D. Gera (1998), S. 313. 46 Vgl. den Senatsbeschluß de Astypylaiis Z. 45-8. 47 Ant. 12, 417f. Der Form nach handelt es sich bei Josephus um ein SC, das den Ver tragstext wiedergibt, aber in untechnischer und nicht völlig gleichgewichtiger Aus-
Anmerkungen
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drucksweise. Betont wird die Echtheit aus formalen Gesichtspunkten auch von D. Timpe(1974),S. 133ff. 48 So auch D. Gera (1998), S. 308. 49 Das geht aus der Formulierung 7toifiaou.ev avtou; xf|v Kpiaiv (hebr. ÜDB7D) 1. Makk. 8, 32 hervor. 50 Es gibt auch sonst Belege für derartige römische Briefe an fremde Könige, z. B. an Antiochos III bei Liv. 22, 8,9-16; vgl. Polyb. 18,47. 51 Jos. ant 14,233. 52 Die Entdeckung der Urkunde, bei Josephus an ihrem Platz, für unseren Vertrag ist B. Niese (1906), S. 817fT, zu verdanken. Denn C. Fannius C. f. Cn. Strabo war Konsul 161 v. Chr. [T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 443 und S. 444, Anm. 1]; von Josephus wurde dieses Begleitschreiben allerdings in die Liste römischer Privilegien zur Zeit Hyrkans II. eingereiht. Zum Titel axpaxTiYÖq ümaxoq M. Holleaux (1918), S. 3ff. und B. Niese in seinem gerade zitierten Aufsatz. 53 Vgl. auch die guten Bemerkungen bei D. Timpe (1974), S. 143-5; anders, aber ohne überzeugende Argumente J.-D. Gauger (1986), S. 271 f. 54 Josephus hat ihn ja gerade nicht in einen Zusammenhang mit dem Vertrag von 161 gebracht. Weitere Hinweise auf den Vertrag noch bei 2. Makk. 4, 11; Justin. 36, 3, 9; Diod. 40, 2. "Vgl. l.Makk. 7,5u.9. 56 So haben es allerdings sehr viele moderne Forscher gesehen, insbesondere M. S. Ginsburg (1928), S. 34ff. mit seiner dezidiert antirömischen Darstellung. 57 Die gewiß sehr scharfsinnigen Interpretationen von J.-D. Gauger (1986), S. 266ff., zu Diod. 40, 2 (vgl. dazu M. Stern (1974), I, Nr. 64 mit Textvarianten) und bes. zu Justin. 36, 3, 9, die angeblich gegen den Abschluß eines Vertrages und für eine bloße römische Freiheitsproklamation sprächen, verlangen den Texten allzu viel ab. 58 Dazu allgemein W. Dahlheim (1977), S. 203. 59 Anders E. Gruen (1984). 60 Vgl. 1. Makk. 12, 9; 14f: „Wir wollten nun euch und den übrigen Bundesgenossen und Freunden nicht zur Last fallen, denn wir haben ja die himmlische Hilfeleistung" (xf|v e£ ovpccvoO ßof)0eiccv); vgl. ferner 1. Makk. 14, 21. 61 1. Makk. 9; 1-22; Jos. ant. 12, 420-434; bell. 1, 47. Judas lagerte in Elasa mit 3000 Mann, von denen angesichts der feindlichen Übermacht nur noch 800 verblieben. 62 l.Makk. 9, 23-73. 63 l.Makk. 10,21. 64 Zu Jonathans Führung des Aufstandes 1. Makk. 9, 23-12; Jos. ant. 13, 1-212; bell. 1, 48-49. Zunächst hatten Alkimos und die jüdischen Hellenisten mit seleukidischer Un terstützung die Macht inne (Jos. ant. 13, 4), aber 159 starb Alkimos (1. Makk. 9, 54-6), und Jonathan gewann wieder an Boden (1. Makk. 9, 73; Jos. ant. 13, 34). Das innerseleukidische Thronkarussel begann sich 152 zu drehen, als Alexander Balas gegen De metrios I auftrat; Jonathan machte sich diese Konstellation für seine eigene Stellung zu nutze (1. Makk. 10; Jos. ant. 13, 35-61). Einen ersten Höhepunkt seiner neuen Position, die er auch gewann, weil er sich den hellenistischen Spielregeln in der Politik anpaßte, erlebte er in Ptolemais (1. Makk. 10, 51-66; Jos. ant. 13, 80-5). Als es seit 148/7 zu ei nem neuen Konflikt im Reich zwischen Alexander Balas und Demetrios II und etwas später zwischen Demetrios II und Tryphon kam, war Jonathan schon so stark, daß er seine Position halten und ausbauen konnte (seine Beziehungen zu Demetrios II bei l.Makk. 11,20-37; Jos. ant. 13, 120-9; Jonathan hilft Demetrios in Antiochia: 1. Makk. 11,38-51; Jos. ant. 13, 135-142, doch dann wird Demetrios treubrüchig: 1.
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Anmerkungen
Makk. 11, 52f.; Jos. ant. 13, 143. Schließlich geht Jonathan gegen Demetrios II vor: 1. Makk. 11, 54-74; Jos. ant. 13, 145-162). 65 l.Makk. 11,57. 66 1. Makk. 11, 54-74; Jos. ant. 13, 145-62. 67 1. Makk. 11, 57f; Jos. ant. 13, 145f. Antiochos bestätigte Jonathan nicht nur in sei nem Hohepriesteramt, sondern setzte ihn zudem über vier Bezirke (vgl. 10, 30 und 11, 34) ein und ernannte ihn zum „Freund des Königs". Als äußere Symbole seiner Macht erhielt er die Vollmacht (e^ovoia), Gold und Purpur zu tragen. 68 1. Makk. 11, 60-74; vgl. auch Megillat Taanit; Jos. ant. 13, 154-162; 163: Kpaxf|oa<; o$v 'ICDV>V; Z\\ U.&XÜ Xa\inp&(;. 69 1. Makk. 12, 1: Jonathan sah öxi 6 Kocipöq curccp aDvepyet; Jos. ant. 13, 163: Jo nathan sah öxircotvc'a\)Tü) Kctxct vovv jupovoia deox> xcopei. 70 Vgl. zur Organisation Griechenlands einer römischen Zehner-Gesandtschaft unter dem Konsul von 146, L. Mummius, auch noch 145: Polyb. 39,3-6. 71 Zum Datum D. Timpe (1974), S. 146, Anm. 30. 72 1. Makk. 12, 1 formuliert: axf\aai Kai dvaveoooaaOai xf|v npöq a\)xov<; cpiUav („die Freundschaft mit ihnen festzusetzen und zu erneuern"), was von J.-D. Gauger (1986), S. 276, zu Unrecht ftir seine These, daß die Römer weder mit Judas noch mit Jonathan einen Vertrag abgeschlossen hätten, geltend gemacht wird. 73 Zu Gesandtschaft und Vertrag 1. Makk. 12, 1-4; 16; Jos. ant. 13, 163-165; der Ver tragsabschluß geht m. E. unstrittig aus 1. Makk. 12, 4 hervor, auch wenn nur die Geleit briefe erwähnt werden (s. dazu oben zu Judas); Josephus erwähnt ausdrücklich die Ver tragserneuerung. Zu dem Vertrag vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 53; E. M. Smallwood (1976), S. 7; T. Fischer (1981), S. 142f; J.-D. Gauger (1986), S. 275ff; D. Timpe (1974), S. 146f; P. Schäfer (1977), S. 593; K.-L. Noethlichs (1996), S. 12; J. A. Gold stein (1989), S. 316 und ders. (1976) z. l.Makk. 12. 74 Mit dem genauen Ablauf der spätseleukidischen Geschichte befaßt sich zur Zeit K. Ehling, Untersuchungen zur Geschichte der späten Seleukiden (164-63 v. Chr.). Vom Tode des Antiochos IV bis zur Einrichtung der Provinz Syria unter Pompeius, vorauss. Habilschrift 2002: wesentliche Ergebnisse dieser Schrift konnte ich bereits verwenden. 75 1. Makk. 12, 6-18; Jos. ant. 13, 166-170 der Brief Jonathans; 1. Makk. 12, 19-23; Jos. ant. 12, 226f. der Brief des Areus. E. Bickerman (1928), Sp. 786f, hält den Brief Jo nathans für echt, während der Areus-Brief wohl als die Fälschung eines hellenisierten Juden anzusehen sei, aber (das ist hier wichtig) von Jonathan als echt betrachtet wurde; er sei ein „Eintrittsbillet in die europäische Kultur"; ebenso M. Hengel (1989), S. 219f; ders. (1988), S. 133f; ftir eine Fälschung auch B. Cardanus (1967), S. 317-24; vgl. E. Schürer (1973), I, S. 184f, Anm. 33. 76 Vgl. 1. Makk. 12, 9 und 14f. und oben S. 92n\ zum römisch-jüdischen Vertrag von 161 v.Chr. 77 So offenbar B. Cardanus (1967), S. 317ff. auf der Grundlage von im übrigen in ganz anderem Zusammenhang formulierten Aussagen bei Jos. c. Ap. 2, 130; 172; 225-231; 259ff.;271. 78 So 1. Makk. 12, 6; Josephus ant. 13, 166 versuchte erneut, zu „verbessern", indem er die spart!atisehen Institutionen auflistet und die typisch griechische Grußadressen-For mel an den Anfang stellt. Auch der folgende Wortlaut paßt bei ihm nicht zu der von Jo nathan mit dem Brief verfolgten Absicht; gerade hier kann man sehr gut die Arbeits weise des Josephus verfolgen, der seine Quelle, 1. Makk., in eigentümlicher Weise um deutet. 79 Vgl. die Beispiele bei M. Hengel (1989), S. 219f. 80 2. Makk. 5, 9.
Anmerkungen 81
185
Es ist schon lange erkannt, daß der Brief 1. Makk. 12, 19-23 Hebraismen enthält (Bickerman) und deshalb in dieser Form kaum original sein kann; das besagt aber noch nicht, daß wir nicht ebensolche Vorgänge wie bei 1. Makk. 8 (doppelte Übersetzung!) annehmen dürfen (siehe oben). 82 Ich plädiere aber nach diesen Überlegungen dafür, den Brief, bevor wir nicht einen zweifelsfreien Beweis seiner Fälschung in den Händen haben, auch weiterhin für echt zu halten. Wenn Jos. ant. 12, 226f. zusätzliche Angaben zum spartanischen Gesandten des Areus sowie zum Siegel (Adler an einem Drachen) macht (freilich mit falscher zeit licher Einordnung), so scheint es sich um eine von 1. Makk. unabhängige Überlieferung zu handeln; genaue Analysen kann man indes darauf nicht aufbauen. 83 l.Makk. 14,20-23. 84 1. Makk. 12, 24-34; Jos. ant. 13, 174-180: Jonathan im Norden; 1. Makk. 12, 35-38; Jos. ant. 13, 181-3: Ausbesserung Jerusalems. 85 1. Makk. 12,39-53; Jos. ant. 13, 187-196; bell. 1,49. 86 1. Makk. 13-16; zu seiner für die Verfassung des hasmonäischen Staates fundamen talen Bedeutung vgl. E. Baltrusch (2001). 87 1. Makk. 13, 1-22; Jos. ant. 13, 197-209. 88 1. Makk. 13, 23; Jos. ant. 13, 209; bell. 1, 49; die Bestattung Jonathans wird 1. Makk. 13, 25-30 und Jos. ant. 13, 210-12 berichtet. 89 1. Makk. 13, 36-42; Jos. ant. 13,213-14. 90 1. Makk. 13, 43-53; Jos. ant. 13,215-17. 91 Denn in der die Verfassung konstituierenden Ehrenurkunde für Simon vom 18. Elul 172 seleuk. Zeitrechnung (also Sept. 140 v. Chr.) wird das römische Bündnis schon ge nannt, 1. Makk. 14, 40. Auch ist 14, 16 gesagt, daß die Nachricht von Jonathans Tod nach Rom gelangt war. 92 1. Makk. 14, 1-3; Jos. ant. 13, 184-186. 93 Der Text 1. Makk. 14, 16f. scheint eine römische Initiative zur Vertragserneuerung (TOO otvavecbaaoBai jcpöq CCÜTÖV cpiXiav Kai aup.p.axiav) anzunehmen, aber 14, 40 und auch 14, 22 erwähnen Gesandte Simons nach Rom. 94 Insofern braucht man nicht einmal an ein „Mißverständnis" des Autors von 1. Makk. zu denken, wie D. Timpe (1974), S. 147, vorschlägt; es ist aber nicht statthaft, wegen dieser „Initiative" der Römer die Echtheit des ganzen Berichtes in Frage zu stellen, so J.-D. Gauger (1986), S. 275. 93 1. Makk. 14, 20-23. Interessant ist die Titulatur im Vergleich'mit dem Brief Jonathans an die Spartiaten bei 1. Makk. 12, 6-18: der bnxi ]HD wird wörtlich zum iepeix; ixeyaq statt apxiepeu«; für Simon; die D*OpT werden jetzt ebenfalls wörtlich zu oi 7tpeoß\)Tepoi statt zu fj Yepovoia. Vielleicht geht das auf das Konto der verschiedenen Übersetzungen; doch möchte ich nicht ausschließen, daß Jonathans Brief die jüdischen Verfassungsinstitutionen spartanisch-griechischem Verständnis entsprechend umge formt hat, während die Spartaner die wörtlichen Übertragungen der jüdischen Titel (al lerdings nur in der Grußadresse, nicht am Schluß des Briefes, wo Simon wieder als apxiepe<)<; erscheint), dagegen Umschreibungen für ihre eigenen Institutionen aus Höf lichkeit bevorzugt haben. Auch der für griechische Ohren im internationalen Bereich ungewohnte Titel döeXcpoi nimmt die jüdische Formulierung nach DT1N bzw. 1DTIK (unsere Brüder) auf. 96 1. Makk. 14, 21 macht deutlich, daß die Juden keine Hilfe in Not erwarten. 97 1. Makk. 14, 24; 15, 16-24; Jos. ant. 13, 227 (mit falscher zeitlicher Einordnung); wohl auch 14, 145-148. Die Datierung ergibt sich aus 1. Makk. 14, 24 (\izxa. xavxa, also nach 142) und 15, 10 (Antiochos VII kam ins Land seiner Väter 174 sei. = 138 v. Chr.). Die Gesandten Simons kehrten zurück, als Antiochos VII Dora belagerte, 15, 15.
186
Anmerkungen
Vgl. dazu E. Schürer (1973), I, S. 194-7; P. Schäfer (1977), S. 595; J. Juster (1914), I, S. 135-138; M. S. Ginsburg (1928), S. 54-64; D. Timpe (1974), S. 147; K.-L. Noethlichs (1996), S. 154, Anm. 84. 98 Daher vermuten A. Giovannini/H. Müller (1971), S. 162f, zu Unrecht eine „Unacht samkeit" des Autors des römischen Briefes, ihn gerade an diese Stelle zu verlegen. 99 Nach der Grußadresse folgt 1. Makk. 15, 17-18 der Bericht über die Gesandtschaft, 19-20 dann zwei Auszüge aus dem Senatsbeschluß, eingeleitet durch rjpeaev ovv fip.lv bzw. £5oqev 5e f)u,iv. 15, 21 ist als eine auf Wunsch der Juden von den Römern weiter gereichte Bitte an die Adressaten nach Auslieferung von Übeltätern (X.oipoi). Da der erhaltene Brief an Ptolemaios VIII von Ägypten ging, vermutete A. Momigliano (1930), S. 157, daß mit den Übeltätern die Verehrer des jüdischen Tempels in Leontopolis ge meint seien, was eine mögliche, aber keineswegs zwingende Erwägung ist; eher wäre an die Feinde der Makkabäer während des Aufstandes zu denken. Paragraphen über die Auslieferung von Flüchtlingen waren durchaus völkerrechtlicher Usus, und zudem kon statiert 1. Makk. 15, 22 ausdrücklich, daß die Römer gleichlautende Schreiben (Kai TCU)T&) an die anderen Adressaten schickten. Die Kritik an der Echtheit des Schreibens bei A. Giovannini/H. Müller (1971), S. 160ff.; J.-D. Gauger (1986), S. 275f, und ande ren, ist unbegründet. 100 1. Makk. 15, 22f.: Es sind dies die Könige (außer Ptolemaios VIII) Demetrios II (Seleukidenreich), Attalus II (von Pergamon, 159-138), Ariarathes V (Kappadokien, 162-130); Arsakes (d. h. Mithridates I, Partherreich); die xropai Sampsame (unklar), Sparta, Delos, Myndos, Sikyon, Karien, Samos, Pamphylien, Lykien, Halikarnassos, Rhodos, Phaseiis, Kos, Side, Arados, Gortyna, Knidos, Zypern, Kyrene. 101 Vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 59: die Liste gebe uns „une representation tres nette de ce qu'etait la diaspora juive au milieu du deuxi6me siecle avant l'ere chr&ienne et nous permet de juger de-Tenorme autorite internationale de Rome ä cette öpoque". Vgl. auch U. Rappaport(1996), S. lf. 102 Zur Identifizierung dieses Konsuls (aber vgl. M. S. Ginsburg (1928), S. 61, der einen Übersetzungsfehler vermutet) vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 476, Anm. 1 (L. Caecilius Metellus, Konsul 142), oder S. 491 f., Anm. 2 (L. Valerius Flaccus, Konsul 131, Praetor also um 134). 103 F. Ritschi (1873), S. 596ff.; L. Mendelssohn/F. Ritschi (1875), S. 419IT. 104 (1906), S. 146ff. 105 Vgl. D. Timpe (1974), S. 147. 106 Die Gemeinsamkeiten: Pränomen; Name des einen jüdischen Gesandten (Numenius); die Erneuerung des Bündnisses als Ziel der Gesandtschaft; der goldene Schild mit Wertangabe und Annahme durch die Römer; Erwähnung von römischen Briefen an Städte und Könige zwecks Abwehr von Gefahren ftlr die Juden; die Unterschiede: Die Amtsangaben; die Zusammensetzung der jüdischen Gesandtschaft; die josephische Da tierung (ant. 14, 148 als Anhang an das SC gekennzeichnet: im 9. Jahr des Hohepriesters und Ethnarchen Hyrkan im Monat Panemos), die, selbst wenn sie fehlerhaft sein sollte, doch eher den Bezug auf Hyrkan I als auf Simon nahelegt, der ausdrücklich im Lucius-Brief 1. Makk. 15, 17 genannt ist. Manche Forscher haben deshalb die Schildge sandtschaft auch in die Zeit des Nachfolgers Simons, Johannes Hyrkan I, verlegt, vgl. bes. M.Stern (1961), S. 6. 107 Die Datierung ergibt sich aus dem bei Jos. ant. 13, 260-266 genannten Prätor (atpaxTiyoq) Fannius M. f., welcher 122 Konsul und dementsprechend frühestens 125 Prätor gewesen sein kann (T. R. S. Broughton/ M. L. Pattersen (1951), I, S. 509, Anm. 2 favorisiert 126; ferner S. 516).
Anmerkungen
187
108 Grundlage der Einordnung ist ein pergamenisches Psephisma bei Jos. ant. 14, 247255 (von Josephus offenkundig falsch eingeordnet); vgl. 14,205. Die Datierung ist aber auch hier überaus kontrovers diskutiert; ich folge in diesem Punkt den Überlegungen von M. Stern (1961), S. 7-22; T. Fischer (1970), S. 64-82. Vgl. J. A. Goldstein (1989), S. 327f; U. Rappaport(1996), S. n. i09 Diese Phase dauerte bis zum Tod des Königs auf seinem Partherfeldzug im Jahre 129, Jos. ant. 13, 228ff.; bell. 1, 54-69. Die Belagerung Jerusalems durch Antiochos bei Jos. ant.13, 245-249; Diod. 34, 1; Just. 36, 1.10; Eus. Chron. 1, 255 (Schöne). Das äu ßerst faire, von den Ratschlägen seiner cpitan abweichende Verhalten des Königs ist durch jüdische und griechische Quellen bezeugt; es kann aber nicht auf römischen Druck zurückgeführt werden, da die Quellen von einem solchen nichts verlauten lassen. 1,0 Vgl. Jos. ant. 13,273. 111 Expansion im Ostjordanland, Eroberung Samarias, ferner an der Westküste (Jos. ant. 13, 249; 281; bell. 1, 64ff.); die militärische Macht des jüdischen Staates wurde weiter gestärkt, insbesondere jetzt durch Söldner. 112 Das demonstriert die Erzählung bei Jos. ant. 13, 289-298; bKidduschin 66a. Jos. ant. 13, 288 sagt dazu: 'YpKavw 5E (pGovov EKIVTIOEV jiapa xcov 'Iovöaicov f| e\)7cpayia. Vgl. dazu jetzt E. Baltrusch (2001). Zu Hyrkan in der rabbinischen Überlieferung vgl. J. Derenbourg (1867), S. 70-82; P. Kieval (1970), S. 39-53. 113 Insofern verschob sich die Prioritätensetzung römischer Politik hin zur Bundesgenos senfrage, Agrarproblematik, Normierung des mos maiorum, was der auf den Prätor Fannius zurückzuführende Senatsbeschluß über die Vertragserneuerung mit Hyrkan auch andeutet: Jos. ant. 13, 265: jcepi U.EVXOI Ypanp.axcov ccjiEKpivovxo ßo-oXe-üEaGai, öxav anö xcov I8iü)v TI a\)yKÄ.T|xo<; ei)öxoXr\cx\. Dies spricht zumindest nicht gegen eine Datierung auf die Zeit 128-125. Zum Charakter der römischen Außenpolitik wäh rend der Krisenzeit im oben skizzierten Sinne vgl. insbesondere A. Heuß (1998), S. 229ff.: Der römischen Politik war erlaubt, „ihre Aufmerksamkeit nahezu ungeteilt den inneren Fragen zu widmen und die Außenpolitik in den Hintergrund des allgemeinen Bewußtseins zu drängen." (230). 114 Jos. ant. 13, 254 stellt den Zusammenhang zwischen dem Tod des Königs und den außenpolitischen Erfolgen Hyrkans her, die dann 254-258 berichtet werden; 259 schließt dann der Abschnitt über das Verhältnis zu Rom an (bis 266), aufweichen 267 folgt: hier wird berichtet von Demetrios II, seiner judenfeindlichen Haltung und seiner Schwäche, die von dem ptolemäisch beeinflußten Usurpator Alexander Zabinas ausge nutzt wurde. 115 Der Vertrag bei Jos. ant. 13, 246f; ähnlich Diod. 34/35, 1, 5. 1,6 Vgl. Jos. ant. 13, 273: Kai yap ccuxöq |iexa XTJV 'Avxioxoi) XEXEUXTIV xcov MCIKE86vcov ot7t4axT|. 117 Auch bei diesem SC wird immer wieder hervorgehoben, daß es die Römer bei Wor ten beließen, daß von ihnen keine wirkliche Hilfe gekommen sei: vgl. E. M. Smallwood (1981), S. 9 („Rome replied again with words alone"); M. S. Ginsburg, (1928), S. 65ff., meint, daß von Rom von Anfang an keine Hilfe zu erwarten gewesen sei; J. A. Gold stern (1989), S. 327 („The Romans declared their friendship for the Jews and promised »in the future to prevent such injuries to the Jews but took no action for the present"). Doch auch hier kam es nicht auf materielle Hilfe an. Weitere Literatur: P. Schäfer (1977), S. 598; D. Timpe (1974), S. 147f; M. Stern (1961), S. 7-12.; E. Schürer (1973), ,1, S. 204-206; T. Fischer (1970), S. 64-77; A Giovannini/H. Müller (1971), S. 165-170. 118 Alexander Zabinas schloß Freundschaft mit Hyrkan: Jos. ant. 13, 269; ftlr Antiochos VIII konstatiert Justin. 39, 2, 9, daß er acht Jahre lang (sc. 122-114) seinem Reich Ruhe (quies) verschaffte.
188
Anmerkungen
1,9 Vgl. Euseb. Chron. I 260 (Schöne); Jos. ant. 13, 273f; Justin. 39, 2, 10-3; Appian. Syr. 314; Diod. 34/35, 34. Aus dem Jahre 112 finden wir Münzen von Antiochos IX in Askalon, Ptolemais, Damaskus und Antiochia; 111 hört seine Münzprägung in Askalon auf, vgl. A. R. Bellinger (1949), S. 67; S. 87. 120
Jos. ant. 13, 274: TOV uivxoi Ye K\>£IKTIVO\) TT|V YTJV KCCKOOVTO<;.
121
Jos. ant. 13,324. Jos. Ant. 13,275-282; bell. 1, 64-66; vgl. bSota 33a; Megillat Taanit 25. 123 Jos. ant. 14, 247-255. Dazu E. Schürer (1973), I, S. 206, Anm. 7; A. Giovannini/H. Müller (1971), S. 156f. (mit älterer Lit); M. S. Ginsburg (1928), S. 72-77; J. A Gold stein (1989), S. 327f; M. Stern (1961), S. 12-17; D. Timpe (1974), S. 148; T. Fischer (1970), S. 76f. 124 Gelegentlich wird auch Antiochos VII, Sohn des Demetrios, angenommen, was dann aber eine Textveränderung erforderlich macht, vgl. F. Ritschi (1873), S. 611, Anm. 31; E. Schürer (1973), I, S. 206. 125 Auf diese Unterstützung in der Zeit großer Gefahr legt aber erneut A. S. Ginsburg (1928), S. 65ff., großen Wert: „La deTaite qu'il venait d'essuyer obligea Hyrcan I ä adresser un nouvel appel ä Rome" (74). 126 Vgl. M.Stern (1961), S. 18f. 127 Die umfänglich ausgebreitete These von D. Piatelli (1971), S. 219-340, daß die Rö mer von Anfang an die Unterwerfung Judäas intendiert hätten, hat nicht viel für sich. 128 U. Rappaport (1968), S. 329-345. 129 Wenn Pompeius 63 das jüdische Gemeinwesen erheblich verkleinerte und den Kö nigstitel nicht mehr gestattete, läßt das auf römische Unzufriedenheit mit der hasmonäischen Politik in den Jahrzehnten zuvor schließen; dazu und zu weiteren Deutungen U. Rappaport (1968), S. 337ff. 130 Vgl. nur die Einleitung zum pergamenischen Beschluß Jos. ant. 14, 247: ETUEI 'Pcou.aioi KocTctKOA.o'uOoOvTEq xfi TÜ)V npoYovcov äYCüYfl xoix; xrnip xry; KOIVT}<; &7tdvxü)v dv9p(bitcov dacpaA.eia<; KIV8\)VO\><; dvaöexovxai Kai
V. „Jeder Staat hat seine eigene Religion, wir die unsere" 1 Das Zitat stammt aus Ciceros Verteidigungsrede für den Statthalter von Asia L. Flaccus: sua cuique civitati religio est, nostra nobis (Cic. Flacc. 69).
Anmerkungen 2
189
Zur weiten Verbreitung um die Zeitenwende Jos. ant. 14, 115; c. Ap. 2, 123; 282; Seneca bei August, civ. 6, 11; Phil. leg. 281 f. Die Diaspora-Situation ist in den letzten Jah ren besonders erforscht worden, weil gerade hier neue, z. T. überraschende Funde an ar chäologischem, epigraphischem und papyrologischem Material differenzierte Einblicke in das Leben der Juden und insbesondere das Zusammenleben von Juden und Nichtjuden ermöglichten, vgl. S. J. Cohen/E. S. Frerichs (1993); J. M. G. Barclay (1996); L. V. Rutgers (1998); zu Kleinasien bes. P. R. Trebilco (1991); P. Herz/J. Kobes (1998), hier besonders die Aufsätze von P. Herz, S. 1-26, und W. Ameling, S. 27-41. Zu der oben angesprochenen Bedeutung der Zerstreuung von Juden überall in der Mittelmeerwelt für das Bild der Juden in der griechisch-römischen Literatur vgl. die demnächst publizierte Arbeit von R. S. Bloch (im Druck). 3 Das dokumentarische Material zur jüdischen Gemeinde in Rom beginnt allerdings später, frühestens im 1. Jahrhundert v. Chr. Zu den inschriftlichen Quellen der jüdischen Diaspora in Rom vgl. jetzt D. Noy (1995); H. Lichtenberger (1996), S. 16ff; dazu im mer noch J. B. Frey (1975); ferner H. J. Leon (1960); L. V. Rutgers (1998), bes. S. 4571. 4 Verneint bes. von H. Solin (1983), S. 587-789. 5 Val. Max. 1, 3, 3, der erste Text ex epitoma lanuarii Nepotiani, der zweite, ausführli chere ex epitoma Iulii Paris', beide gehören wohl in die Zeit 576. Jahrhundert n. Chr. Ausgerechnet das 1. Buch zum Thema Religion der für rhetorische Zwecke ungemein nützlichen Sammlung des Valerius Maximus ist verloren; ohne Zweifel ist die Angabe als solche (aus Livius?) glaubwürdig, allerdings geht manche Unklarheit auf Kosten der Epitomatoren und der handschriftlichen Überlieferung, vgl. E. N. Lane (1979), S. 3538. Die Datierung ist durch die Angabe der Konsuln gesichert, T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1951), I, S. 481 f. (der Vorname des Calpurnius ist allerdings nicht Lucius, sondern Gnaeus; der Prätor heißt Hispanus statt Hispalus, ILS 6; App. Libyca 375). Weil es sich hier um das erste Zeugnis, und dazu ein so bezeichnendes, für eine jüdische Gemeinde in Rom handelt, ist die Literatur zu diesem Text kaum noch überschaubar. 6 Vgl. dazu die interessanten Ausführungen von A. Alfbldi (1973), S. 131-142, der als Grund für die Vertreibung eine durch Prophezeiungen hysterisch aufgeladene Stim mung in Rom vermutet, die den Prätor zum Handeln gezwungen habe; er gelangt zu dieser Theorie durch die Auswertung numismatischen Materials. 7 E. N. Lane (1979), S. 37, vermutet noch eine dritte Maßnahme des Hispalus gegen die „Sabazius-worshippers"; sachlich ist das wohl möglich, widerspricht jedoch dem erhal tenen Text, denn der Sabazius-Kult wird ausdrücklich von Julius Paris mit den Juden in Verbindung gebracht. 8 Seit F. Cumont hat sich die Forschung intensiv mit dem Verhältnis von Sabazios, einer phrygisch-thrakischen, oft mit Dionysos identifizierten Gottheit, und der jüdischen Re ligion befaßt, vgl. F. Cumont (1906), S. 63-79; ferner (1910), S. 55-60; ders. (1989), S. 58-60; G. Wissowa (1971), S. 376; S. E. Johnson (1984), «S. 1538-1613; M. Stern, (1974), I, S. 359; P. Trebilco (1991), S. 140fT.; P. Schäfer (1997), S. 50f. 9 Letztere Position z. B. bei E. M. Smallwood (1976), S. 128ff; B.Wander (1998), S. 165 („so bleibt doch festzustellen, daß die Juden in Rom anscheinend Anhänger gewin nen konnten"); daß die Juden nur ihren Kult in Rom praktizieren wollten, bei M. Goodman (1994), S. 82f; P. Schäfer (1997), S. 106f. 10 Man kann hier auch an das Vorgehen gegen die Bacchanalien etwa 50 Jahre zuvor denken, dem ja ebenfalls die verbreitete römische Furcht vor einer „Infizierung" römi scher Sitten zugrunde lag, Liv. 39, 8-18 und die Inschrift ILS 18 (CIL I2 581); bes. wichtig J.-M. Paillier (1988); vgl. jetzt auch knapp B. Linke (2000), S. 269-273 (mit weiterer Literatur).
190
Anmerkungen
11 Darauf könnte die sonst kaum verständliche Formulierung arasque privatas e publicis locis abiecit bei Nepotianus (die von manchen Gelehrten auch auf Synagogen bezogen wird) hindeuten, wenn man sie mit E. Bickerman, auf Altäre von Römern bezieht, die damit dem jüdischen Gott Ehre bezeugen wollen. Daß dies möglich ist, zeigt Min. Fei. 6, 2 {dum aras exstruunt etiam ignotis numinibus etc.). Auch L. H. Feldman (1993), S. 301, erwägt, daß die Juden die Römer zur Beobachtung einiger Riten bringen wollten, nicht aber zum vollständigen Übertritt zum Judentum. 12 So auch E. M. Smallwood (1976), S. 130. Die Überlegung von S. Alessandri (1968), S. 187f, daß gerade die Tatsache der guten diplomatischen Beziehungen zwischen Rö mern und Juden die Nachricht des Valerius Maximus als Fiktion entlarve, hat zu Recht wenig Aufnahme gefunden. Denn sie berücksichtigt nicht, daß von Roms Seite aus nicht eine positive oder negative Haltung zu den Juden und ihrer Religion zur Wahl stand, sondern daß es um außenpolitische und innenpolitische Interessenwahrung ging. 13 1 Makk. 14 und E. Baltrusch (2001). 14 Min. Fei. 6, 1-3 läßt den Vertreter der traditionellen Gottesverehrung Caecilius sagen, daß die Römer von überallher fremde Götter herbeigeholt und zu den Ihrigen gemacht hätten; sogar unbekannten Gottheiten hätten sie Altäre errichtet. Er f&hrt fort: sie dum universarum gentium sacra suseipiunt, etiam regna meruerunt („So haben sie, während sie die Kulte aller Völker aufnehmen, auch deren Reiche verdient"). So ist es geschehen 493 (Ceres/Liber/Libera); 293 (Aesculapius); 204 (Cybele). Cic. Flacc. 69 setzt diese Einstellung voraus, indem er sie auf den umgekehrten Fall ausbleibenden Erfolges und die jüdische Religion anwendet: quam cara dis immortalibus esset docuit, quod est vieta, quod elocata, quod serva facta („Wie teuer es den unsterblichen Göttern war, lehrte die Tatsache, daß es besiegt, zinsbar gemacht und dienstpflichtig geworden ist"). 15 Vgl. Fest. p. 268 (Lindsay): sacra peregrina publice aeeepta („Fremde Kulte öffent lich eingeführt"); Cic. Verr. II 5, 187 spricht von populus Romanus, der Ceres und Libera von den Griechen nach Rom geholt habe; har. resp. 27. Laut Suet. Aug. 93 hat Au gustus ausdrücklich nur die öffentlich rezipierten Kulte akzeptiert. 16 B. Linke (2000), S. 272, weist zu Recht daraufhin, daß die Menge der Bacchanalien kult-Anhänger und ihre Organisationsform, nicht etwa der Glaubensinhalt kritisiert wird: „Für Postumius sind die rituellen Vorschriften des Kults zwar befremdlich, doch bilden sie in seinen Darlegungen keine wirkliche Gefahr, solange sie nur auf einen klei nen Teil der Bevölkerung beschränkt bleiben. So ist nicht davon die Rede, daß man die Kultausübung aus grundsätzlichen Erwägungen verbieten müßte, um eine Kontaminie rung des religiösen Lebens in der res publica zu verhindern." 17 Vgl. J. Scheid (1985), S. 12ff.; B. Linke (2000), S. 273. 18 Phil. leg. 156 sagt, daß die meisten Juden in Rom Freigelassene gewesen seien, aber die konnte man nicht herauswerfen; älinliches gilt für Sklaven und Bürger, so daß nur peregrini als Adressaten bleiben; vgl. zu Juden in Rom L. V. Rutgers (1998), S. 171 ff. 19 D 47, 22, 4 (Gaius libro quarto ad leg. XII Tabularum): auch Solon habe Vereinen nur dann Gültigkeit zugesprochen, ectv p/n aTcayope-uaTi 8T|u.6aia Ypdp.u.axa („solange das öffentliche Recht nicht beschädigt werde"); D 47, 22, 1, 1 (Marcianus, Buch III der Institutiones): Sed religionis causa coire non prohibentur dum tarnen per hoc non ßat contra senatus consultum, quo illicita collegia arcentur („aus religiösen Gründen sich zu verbinden wird nicht verboten, solange es jedenfalls nicht gegen den Senatsbeschluß geschieht, durch den unerlaubte Kollegien verhindert werden"). Die Tendenz dieser Ge setzgebung faßt Cicero leg. 2, 19 so zusammen: Separatim nemo habessit deos neve novos neve advenas nisi publice adscitos („Niemand soll getrennt Götter, weder neue noch hinzugekommene, haben, außer wenn sie öffentlich herbeigeholt worden sind").
Anmerkungen
191
20
Zur Toleranz P. Garnsey (1984), S. 1-27; L. V. Rutgers (1998), S. 186ff; E. Baltrusch (1998b), S.410ff. f21 Vgl. dazu D. Piatelli (1971), S. 219ff 22 Vgl. Polyb. 29,10; 19 und 30, 5. 23 Das Ausmaß der „Selbstabgrenzung und der Bewahrung von kodifizierten Werten und Normen", wie B. Wander (1998), S. 28, formuliert (auch um den Begriff „Identität" zu vermeiden, der ihm mit einigem Recht als zu abgegriffen erschien, vgl. S. 20, Anm. 19), war von Gemeinde zu Gemeinde und Region zu Region zum Teil sehr verschieden, aber offenkundig haben die durch zahlreiche Quellenfunde in letzter Zeit stärker nach weisbaren Beziehungen der jüdischen Diaspora-Gemeinden zur heidnischen Umwelt (z. B. Theaterbesuche, politische Mitarbeit, Synagoge in Sardis) einer Identitätswahrung nicht im Wege gestanden, auch wenn die apodiktischen Vorschriften der Mischna in Awoda Zara (vgl. bAwoda Zara 1, lf.) in bezug auf Verunreinigung durch Götzendienst selten eingehalten wurden; für Kleinasien hat das P. Trebilco (1991) herausgearbeitet (S. 187: „In fact, much evidence points to the strong retention of Jewish identity by communities in Asia Minor, despite close relations with the pagan enviroment".). 24 App. Mithr. 131; Plut. Luculi. 2. 25 Plut. Luc. 2: Kai K\)pT|vaio\)<; KaxaXaßcbv EK TupawiScov auvexcbv Kai 7toA.eu.CDV xapaxTop.evo\x; aveXaße... 26 Jos. ant. 14,; 114 nach Strabo: u.apTopet 5e Kai ev exepcp TOTCCD 6 awöq Ixpaßcov, öxi Ka9' öv Kaipöv 6ießT| ZxtWac, eiq xfjv 'EAAd8a 7ioXep.f|acov Mi9pi8&Tn. Kai AeuKoAAov Tteu.\ya<; eici xfjv ev Kupf|vr| axdoiv (lacuna) io\> e0vo\)<; fpcov fj 0 i K 0 \ ) U , e V T | 7Ce7C^f|pCOTO. 27
So J. Juster (1914), II, S. 182; E. M. Smallwood (1976), S. 141 („Jewish rising"); K. L. Noethlichs (1996), S. 14 („aufständische Juden in Cyrene"). 28 1. Makk. 15, 23; siehe oben S.103f. 29 Juden sind schon seit Ptolemaios I in Kyrene bezeugt, Jos. Ap. 2, 44, und sie hatten dort herrschaftliche Aufgaben wahrzunehmen. Das 2. Makkabäerbuch, eine Zusammen fassung des historischen undftlnfbändigenWerkes von Jason von Kyrene, deutet viel leicht auf die jüdisch-griechischen Probleme in der Heimatregion des Autors hin. In au gusteischer Zeit sahen sich Juden mehrfach veranlaßt, gegen griechische Angriffe auf ihre Eigenständigkeit römische Hilfe anzurufen, Jos. ant. 16, 160-165; 169-170. Auch das Neue Testament zeigt, daß die Bindungen zwischen der kyrenischen Diaspora und Jerusalem sehr eng waren, Apg. 2, 10; 6, 9; 11, 20; 13, 1; Mt. 27, 32; Mk. 15, 21; Lk. 23, 26 (Simon von Kyrene, der das Kreuz trug). Zum Ausbruch allen aufgestauten Frei heitsdranges kam es gerade in Kyrene beim großen Diaspora-Aufstand unter Trajan, Cass. Dio 68, 33; Eus. eccl. 4, 11, 2-4. Über die jüdische Gemeinde des kyrenischen Berenice (Benghasie) sind wir durch Inschriftenfunde aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. in formiert, die wegen der Bezeichnung noXix£\>\ia große Aufmerksamkeit in der moder nen Forschung gefunden haben, vgl. etwa G. Lüderitz (1994), S. 210ff.; B. Wander (1998), S. 25ff 30 Cic. leg. agr. 2, 51 spricht von den kyrenischen Äckern, qui Apionisfuerunt, die durch das von ihm bekämpfte rullische Ackergesetz bedroht seien; Liv. per. 70. Unter quästorische Verwaltung kam Kyrene erst 75 v. Chr. als L. Octavius und C. Aurelius Cotta Konsuln waren. Sali. hist. 2 frg. 43Mb. 31 Jos. ant. 16, 160ff. 32 Jordan. Rom 81: Ptholomeus, qui et Alexander, ann. X. quo regnante multa ludaeorum populus tarn ab Alexandrinis quam etiam ab Anthiocensibus tolerabat („Im 10. Jahr der Herrschaft des Ptolemäus, der auch Alexander heißt, erduldete das Volk der Juden viel von den Alexandrinern ebenso wie von den Antiochensern") (nach Momm-
( !
192
Anmerkungen
sen im Prooem. der MGH 5.1 S. XXVIII hat Jordanes diese Nachricht aus einer alexandrinischen Chronik). 33 Dazu ein Porphyrius-Fragment aus der Chronik des Eusebius (I p. 165 und 166 Schöne) FGrH II B. 260 F 2, 9, wonach Alexander von Io\)8aiKai E7tuco\)pioti gegen seinen Bruder Ptolemaios IX Soter II unterstützt worden sei. Mit jüdischer Hilfe hatte schon ihre Mutter Kleopatra im Kampf gegen ihren Sohn Soter II (Jos. ant. 13, 285; 349ff) rechnen können, was sich auch auf die Beziehungen zu Jerusalem und Alexander Jannaios auswirkte. 34 Porph. FGrH 260 F2,9; Cic. leg. agr. 1, 1; 2,41 f. 35 Porph. FGrH 260 F2, 8f.; Paus. 1,9, 3; Justin. 39, 5, 1. 36 Zu Lucullus in Ägypten Plut. Luc. 2f. und A. Keaveney (1992), S. 23f. 37 Dazu P. M. Fräser (1972), I, S. 88 und II, S. 168, Anm. 337; vgl. auch K. L. Noethlichs(1996), S. 14. 38 Vgl. zum Verhältnis Griechen, Juden und Römer speziell in der Provinz Asia bis zur augusteischen Zeit E. Faust (1993), S. 226-279, dessen Ausgangspunkt Eph. 2, 11-18 ist, gedeutet vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Juden und Heiden in Kleinasien. 39 Ich will hier nicht die unendliche Politeuma-Diskussion weiter ausführen; mir scheint aber wesentlich zu sein, daß die (zuletzt von Lüderitz materialreich herausgearbeitete) Unklarheit des Begriffes an sich gerade die Unklarheit des Verhältnisses zwischen jüdi schen Gemeinden und Poleis reflektiert, die wiederum als solche erst im Laufe der Dif ferenzierungsprozesse innerhalb der Polis und im Verhältnis zum jeweiligen Herrscher bewußt geworden sind. Es ging in dem Streit um eine Gleichberechtigung oder um Statusminderung von Juden, letztlich also um Auslegungsfragen, die Juden (wie Josephus) anders beantworteten als Griechen (wie Apion). 40 So Strabo bei Jos. ant. 14, 115. 41 Die frühesten römischen Zeugnisse (abgesehen von Lucrez, der im 6. Buch seiner Abhandlung de rerum natura in den Versen 756-760 an das Tote Meer erinnert) sind Cicero und Varro, aber beide haben die Werke, in denen sie auf Juden und die jüdische Religion zu sprechen kommen, erst nach der Eroberung Jerusalems 63 geschrieben, vgl. M. Stern (1974), I, S. 193ff. (Cicero); S. 207ff. (Varro). 42 Vgl. dazu die entsprechenden Abschnitte bei M. Stern (1974), I, S. 141ff (Poseidonius); 148ff. (Apollonius Molon); vgl. ferner E. Baltrusch (1998b), bes. S. 4121T. 43 Die beiden Begriffe, XIU,TJ und apxotia a\)vf|Geia, allerdings noch optimistischer ge genübergestellt, finden sich zur Kennzeichnung Roms bzw. des Judentums bei Philo leg. 305. VI. „Wie deren Nachkommen, miteinander im Streit um die Königsherrschaft, die Römer und Pompeius in die Angelegenheiten hineinzogen" 1
Das Zitat bei Jos. bell. 1, 19: (bq oi TOVTCDV gyYovoi nepi xfiq ßaaiXeiaq 8iaCTaai&aavxeq eiÄ.K'uaav eiq xa TipaYuxiTa 'Püop.aiorx; Kai rio|j.7if)iov („wie die Nachkommen dieser sich über die Königsherrschaft entzweiten und die Römer und Pompeius in die Sache hineinzogen"). Josephus äußert sich dementsprechend in seiner partitio des Jüdischen Krieges. 2 Vgl. dazu besonders Th. Hantos (1988); schon der Titel dieses Buches erinnert an die augusteische res publica restituta. 3 Ähnlich äußert sich in bezug auf die Kriegführung des Pompeius gegen die Seeräuber R. Schulz (1998), S. 131 nennt er die Strategie des Pompeius „den Höhepunkt römi-
Anmerkungen
193
scher Raumerfassung im Mittelmeer" und Voraussetzung „für die Bildung einer globa len und konkurrenzlosen Seemacht"; vgl. ders. (2000), S. 426-440. 4 Zur lex Gabinia bes. Cic. pro lege Man. 52ff.; Plut. Pomp. 25 und App. Mithr. 428433 [weitere Quellen bei G. Rotondi, (1912), S. 371f.]; zu der für den Judenstaat be deutsamen lexManilia hat Cicero eine ganze Rede gehalten, die Pompeius gegen Kritik von Seiten republikanischer Kräfte helfen sollte, das Imperium zu erhalten; ferner Plut. Pomp. 30; App. Mithr. 446-448 (weiteres bei Rotondi S. 373f). 5 Die beste Quelle zur Reorganisation des Ostens durch Pompeius ist App. Mithr. 551564; vgl. zur Politik des Pompeius auch A. N. Sherwin-White (1984), S. 186ff. 6 Das sah auch Josephus so, der in wehmütiger Reflexion den Streit der feindlichen Brüder Hyrkan und Aristobul für den Verlust der Unabhängigkeit des Jüdischen Staates verantwortlich macht, ant. 14, 77. 7 Dazu E. Baltrusch (2001). 8 Jos. ant. 13,423ff. 9 Jos. ant. 14,4ff.;bell. l,20f. 10 Jos. bell. 1, 123; etwas modifizierter in ant. 14, 8 und 11. 11 Jos. ant. 14, 15ff.; bell. 1, 124. Zu den Nabatäern vgl. kurz L. L. Grabbe (1992), II, S. 328ff. 12 Jos. ant. 14,21; vgl. bell. 1, 126fT. 13 Zum Judentum Antipaters (und Herodes) vgl. E. Schürer (1973), I, S. 234, Anm. 3; L. L. Grabbe (1992), II, S. 322f. Die Meinungen gingen schon in unseren Quellen weit auseinander; so behauptete Nikolaus von Damaskus, daß die Vorfahren Antipaters zu den ersten Rückkehrern aus Babylon gehörten, Jos. ant. 14, 9; eine andere Überliefe rung sieht ihn aus Askalon stammen, Justin. Trypho 52; Eus. eccl. 1, 7, 11. Vgl. auch die auf Herodes zu beziehenden Angaben in der „Himmelfahrt des Moses" 6, 2 („der nicht aus priesterlichem Geschlechte sein wird", Kautzsch). Das Judentum Antipaters wird heute kaum bezweifelt, weil die Idumäer (zu Antipaters idumäischer Herkunft Jos. bell. 1, 123; ant. 14, 8) unter Hyrkan zwangsjudaisiert wurden, Jos. ant. 13, 257f. Aller dings hat A. Kasher (1988), S. 44-77, gründlich nachzuweisen versucht, daß die Idu mäer kaum unter Zwang Juden geworden seien und sich auch später immer wieder zu ihrem Judentum bekannt hätten; vgl. ihm weitgehend folgend L. L. Grabbe (1992), I, S. 328ff. 14 Jos. ant. 14, 29-33; bell. 1, 127-130 mit leichten, aber in der Sache unerheblichen Abweichungen. Die genaueste Analyse findet sich bei U. Baumann (1983), S. 26ff. 15 Vgl. T. R. S. Broughton/M. L. Patterson (1986), II, S. 159; S. 163. 16 Jos. bell. 1, 128 betont allein den finanziellen Aspekt, während ant. 14, 31 dazu noch weitere, Roms Aufgabe erleichternde Aspekte nennt. 17 Jos. bell. 1, 128 sagt das auch ausdrücklich: die 300 Talente des Aristobul hatten bei Scaurus den Vorrang vor dem Recht (eTtutpoaGev xoO 8ucaio\)). 18 Seine Politik und Kriegführung bis zur Eroberung Jerusalems bei Jos. ant. 14, 34-79; bell. 1, 131-158; wichtig ist ferner noch (aus anderer Perspektive) Diod. 40, 2-4 (gele gentlich wird für Diodor wieftlrJosephus als Quelle Theophanes von Milet, Freund und Freigelassener des Pompeius, vermutet, vgl. die Angaben bei M. Stern (1974), I, S. 186, der aber zu Recht zur Vorsicht mahnt) und Dio 37, 15, 2-17, 4. Beiläufig noch Liv. per. 102; Plut. Pomp. 39, 2; 45, 4; App. Mithr. 556; 562; 568;'573; 576; Vell. 2, 40, 3; Florus ep. 1, 40, 30. Als jüdische Quelle nehmen wohl auch die Psalmen Salomons 1-2; 8; 17 auf Pompeius Bezug. An Literatur sind heranzuziehen E. Schürer (1973), I, S. 233ff.; U. Baumann (1983), S. 26-48; L. L. Grabbe (1992), II, S. 313ff.; E. M. Smallwood (1976), S. 21-30; K. L. Noethlichs (1996), S. 14f; A. R. C. Leaney/J. Neusner
194
Anmerkungen
(1977), S. 606tT.; A. Momigliano (1967), S. lfT.; M. S. Ginsburg (1928), S. 78-85; J. van Ooteghem (1954), S. 230f. 19 Vgl. Jos. ant. 14, 43, wo Hyrkan vor Pompeius Aristobul in diesem Sinne Vorwürfe machte und gleichzeitig von dessen Piraterien sprach; Dio 37, 15, 2 bestätigt, daß die von Palästina ausgehenden Gefahren flir Phönizien Pompeius zu dem Feldzug veranlaßt haben: KCCVXEVGEV ETU xfrv Zvpiav xf|v naXaiaxivT|v, ©q Kai xf|v
Anmerkungen
195
32
Beweisen läßt sich freilich eine solche Absicht nicht; Josephus ant. 14, 46 sagt ledig lich, daß Pompeius nach dem Empfang der jüdischen Gesandtschaften in Damaskus auf jeden Fall die Verhältnisse in Jerusalem nicht ungeregelt lassen wollte: eXGcov 5'eiq xfjv Xcbpav CCUXÜW £\eyev 8iaxa£eiv emaxa („er sagte, daß er ins Land kommen und al les ordnen werde"); nur wollte er zuerst noch die nabatäischen Verhältnisse „begutach ten" (I8TI). 33
Jos. ant. 14,46 (Aristobul); Diod. 40, 2 (Hyrkan). Jos. bell. 1, 133 bezeugt, daß Hyrkan und seine Anhänger Pompeius um Hilfe gebeten haben - die klassische Konstellation für römisches Eingreifen; ant. 14, 47f. verschweigt das. Vgl. generell zu den Unterschieden zwischen Jos. bell, und ant. in Bezug auf die Politik des Pompeius den Juden gegenüber J. Bellemore (1999), S. 94-118. 35 Jos. ant. 14, 61-71; bell. 1, 145-151; Dio 37, 16, 1-4 sind die genaueren Berichte von der Belagerung des Tempels. Die Datierung ist, was das Jahr 63 betrifft, durch die Nen nung der Konsuln Cicero und C. Antonius gesichert, dagegen kontrovers, was Monat und Tag angeht; Jos. ant. 14, 66 spricht vom „Fasttag", was allgemein als der Versöh nungstag, also der 10. Tischri (= Oktober) gedeutet wird (vgl. E. Schürer, (1973), I, S. 239f, Anm. 23); U. Baumann (1983), S. 42ff., vermutet dagegen irgendeinen Sabbat im Juli/August des Jahres, weil Jos. mit „Fasttag" eine heidnische Deutung des Sabbat übernommen habe. Mir scheint die erste Variante wahrscheinlicher. 36 Jos. ant. 14, 71-76; 20, 244; bell. 1, 152-158; Dio 37, 15, 4; vgl. zum auch über die Juden gefeierten Triumph des Pompeius Diod. 40, 4; Plin. n. h. 7, 98; App. Mithr. 556; 571-3; Plut. Pomp. bes. 45; vgl. Broughton/Patterson (1952), II, S. 181 zu weiteren Quellen zum Triumph. Zur pompeianischen „settlement of the East" bes. F.-M. Abel (1952), S. 255-264; D. Magie (1950), S. 268-278; A. N. Sherwin-White (1984), S. 186234. 37 Dazu Jos. ant. 14, 71; bell. 1, 152f.; vgl. Dio 37, 16, 4; Cic. Flacc. 67; Tac. hist. 5, 9, 1 (templum iure victoriae ingressus est, „mit dem Siegesrecht betrat er den Tempel"); die jüdische Deutung dieses Sakrilegs und der einige Jahre später folgenden verdienten Strafe ftlr den Delinquenten Pompeius Psalm. Salomon. 2; 8; 17; der Tod des Pompeius in Ägypten als Strafe dafür 2, 26ff. Diese Tat bestimmte das jüdische Urteil über Pom peius noch fast 200 Jahre danach, App. civ. 2, 90. 38 Vgl. nur die auf den Tempel zugeschnittenen bösartigen Verleumdungen der jüdi schen Religion, deren Umlauf Jos. c. Ap. 2, 79-88 (angebliche Verehrung eines Esel kopfes im Tempel) und 89-111 (Ritualtötung an Griechen, die, so vermutete man auf griechischer Seite, in diesem Tempel gemästet wurden) bezeugt. 39 Lediglich Dio 37, 16, 4 behauptet, daß der Tempelschatz geplündert wurde; das Ge genteil belegen aber alle anderen Quellen. Dios Angabe ist dem Desinteresse an dem zu seiner Zeit für die Definition des Judentums ja schon lange (ca. 150 Jahre) gar nicht mehr konstitutiven Tempel zuzuschreiben. 40 Jos. ant. 14,73; bell. 1,153. 41 Jos. bell. 1, 153; ant. 14, 73. Auch hier irrt Dio 37, 16, 4, wenn er sagt: i\ xe ßaaiXeicc TÜ> 'YpKcxvq) E569TI („Hyrkan wurde die Königswürde gegeben"). Gelegentlich wird darüber spekuliert, ob Hyrkan vielleicht Ethnarch gewesen sei, weil Jos. ant. 20, 244 von einer npoaxaaia xou eOvouq („die Prostasie über das Volk") spricht; doch reicht für diese Funktion angesichts der politischen Dimension der jüdischen Religion schon das Amt des Hohepriesters. 34
42
Hebr. D"Hirn -am Vian ]ron pmm bzw. D-nrnn -nnn ü*n biT\ ]n?n *pmm:
Y. Meshorer, Ancient Jewish Coinage, New York 1982, Band 1: Persian Period through Hasmonaeans, S. 84-87. Bei dem Begriff "nnn handelt es sich offensichtlich um eine Institution, wie sie ähnlich auch im zweiten Teil, den Rechtsbestimmungen, der in
196
Anmerkungen
Qumran gefundenen Damaskus-Schrift CD XII 8 (S>*nttPTanrßn73: „auf Beschluß des Rates Israels") genannt ist. 43 Jos. ant. 14, 71 und 73; bell. 1, 153f; Psalm. Salom. 8, 20: ccTcoAeaev apxovxaq a\)tü)v Kai Tcäv oocpöv ev ßo\)A.fj, e^exeev xö aijia XCÜV oiKO\)vxcov 'Iepo\)aaA.T|u. eb<; \38cDp otKaGapaiaq („er vernichtete ihre Führer und alle Weisen im Rat, er vergoß das Blut der Bewohner Jerusalems wie Wasser der Unreinheit [= unreines Wasser]"). 44 Unter ihnen Aristobul selbst, seine zwei Söhne Alexander (der wieder entfloh und für neue Unruhe sorgte) und (der ebenfalls später rebellierende) Antigonos, sowie zwei Töchter, Jos. ant. 14, 79; bell. 1, 157f; Psalm. Salomon. 8, 21. Vgl. ferner die Berichte über den Triumph des Pompeius, s. oben Anm. 00. Aristobuls Frau war aber nicht unter den Geiseln, wie Berichte über ihr weiteres Wirken in Palästina zeigen, Jos. ant. 14, 90; bell. 1, 168. 45 Strab. 16, 2,40 (762); Jos. ant. 14, 156; Tac. hist. 5,9, 1 über die Mauern Jerusalems. 46 Es kennzeichnet die Politik des Pompeius, daß abhängige Staaten (sog. Klientelstaa ten) fester an das Reich gebunden wurden und somit als Reichsteile aufzufassen waren. Das gilt auch für Judäa. Amm. Marc. 14, 8, 12 sagt ausdrücklich: Verum has quoque regiones pari sorte Pompeius, ludaeis domitis et Hierosolymis captis, in provinciae speciem delata iuris dictione formavit („auch diese Regionen hat Pompeius mit glei chem Los zur Provinz gemacht, unter Übertragung der Jurisdiktion [sc. an einen Statt halter]; er hatte nämlich die Juden gebändigt und Jerusalem eingenommen"). Das ist nicht falsch, insofern als Judäa der Oberaufsicht Syriens und damit in die provincia ei nes Statthalters (erst seit 57 eines prokonsularischen) anheimfiel; dunkel ist die Wen dung delata iuris dictione. Von der modernen Forschung wird Ammians Behauptung verworfen, vgl. M. Stern (1974), II, S. 605. Immerhin gehen auch die Formulierungen Appians Mithr. 580; vgl. Syr. 252ff. (zum jährlichen Tribut) in eine ähnliche Richtung wie die Ammians. Jos. c. Ap. 2, 134 konstatiert das Ende der Freiheit mit Pompeius (fiu.et<; 8e övxeq E^e\)0epoi ... pixpi Mayvoi) Ilop.7CT|io\)). Ferner lassen die Änderun gen des Gabinius während seiner syrischen Statthalterschaft 57-55 in Judäa und die dar auf bezogenen feindlichen Äußerungen Ciceros (in der Rede de provinciis consularibus 10-12) darauf schließen, daß die publicani mit der Steuereintreibung in Judäa befaßt gewesen waren und Gabinius dies geändert hat: (Gabinius) tradidit (publicanos) in servitutem ludaeis et Syris („übergab die Publikani in die Sklaverei von Juden und Sy rern"). Vgl. dazu A. Momigliano (1967), S. 19f. Daraus geht zweifelsfrei hervor, daß Judäas Verhältnis zu Rom über das „normale" Klientelverhältnis hinausging. Zum Tri but Jos. ant. 14, 74; bell. 1, 154; Cic. Flacc. 69; ferner der Habakuk-Kommentar, gefun den in Qumran, lQpHab VI 6-8 legt die Klage des Propheten gegen die Bedrücker Hab. 1, 16 als Joch und Fron (DDD) der Römer (Kittäer) auf alle Völker aus, die sie „Jahr um Jahr" (n3ü3 mü) verteilen und damit die Länder zugrunde richten (wohl 3"nnr6). Zum Tribut A. N. Sherwin-White (1984), S. 231 ff. 47
M.Grant(1973),S. 54. Die Einzelheiten der territorialen Regelungen, im einzelnen nicht unumstritten, kön nen hier auf sich beruhen, vgl. Jos. ant. 14, 74-76; bell. 1, 154-157; Literatur bes. E. Schürer (1973), I, S. 240 und Anm. 25; E. M. Smallwood (1976), S. 28-30; U. Baumann (1983), S. 39-41; A.-N. Sherwin-White (1984), S. 214ff.; A. H. M. Jones (1971), S. 257f. 49 Jos. ant. 14, 75; 87f; bell. 1, 155; 166; vgl. B. Head (1911), S. 787: Münzen mit der Aufschrift nop.7tT|iea)v raöapecov. 50 So z. B. E. M. Smallwood (1976), S. 29: „to hamper the Jews economically by cutting them off from maritime trade and to humble them politically by a reduction in Status and territory as a preparation for later incorporation in the empire as a province"; ahn-
48
Anmerkungen
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lieh U. Baumann (1983), S. 41; als Pufferzone gegen die Parther S. 42; M. Grant (1973), S. 51. Zu der von den Römern gewährten „Scheinselbständigkeit", um nicht in die Konflikte hineingezogen zu werden, M. S. Ginsburg (1928), S. 78-85, bes. S. 82. 51 Vgl. A. Schalit(1969), S. 1-19; L. L. Grabbe (1992), II, S. 3131T. 52 In diesem Sinne schon unsere Quellen wie Jos. c. Ap. 2, 134; Amm. Marc. 14, 8, 12. 53 Vgl. G.Allon (1961), S. 61-67. 54 Vgl. zum makkabäischen Verfassungsdokument 1. Makk. 14, 27-49 und E. Baltrusch (2001). In diesem Sinne äußerte sich die „dritte Partei" gegenüber Pompeius bei Diod. 40, 2; Jos. ant. 14, 41. Natürlich ist der hasmonäische König nicht mit dem ersehnten „König" aus dem Hause David zu identifizieren, dessen Kommen fromme Juden wie der Autor des Psalm. Salom. 17, 21 ff. wünschen. 55 Die Übereinstimmung der hasmonäischen Eroberungen mit den Forderungen der Torah und der Propheten versucht bes. J. A. Goldstein (1989), S. 292-351 herauszuar beiten. 56 Anders A. R. C. Leaney/J. Neusner (1977), S. 609: „Certainly the Roman settlement did nothing to encourage the Jewish nation to maintain its own pride and peculiar ! ethos". 57 Nach Jos. arit. 12, 150 schreibt Antiochos in seinem Brief an Zeuxis: Tierceiauxu yäp eüvoi*; ocüToix; eaeaGai TÜÖV fiu.ex£pa)v (ptiXotKaq 8td xf|vrcpcx;TÖV GEÖV evaeßeiav („Wegen ihrer Ehrfurcht gegen Gott, bin ich überzeugt, werden sie uns gegenüber freundlich gesinnt sein und auf unsere Interessen gut achtgeben"). 58 Mit E. Renan (1893), S. 151, ist auch (gegen die heutige communis opinio in der For schung) hervorzuheben, daß Pompeius in der jüdischen Literatur nicht die negative Rolle wie Nebukadnezar, Titus oder Hadrian spielt. 59 An dieser Stelle sei noch einmal Cic. Flacc. 69 in Erinnerung gerufen: istorum religio sacrorum a splendore huius imperi, gravitate nominis nostri, maiorum institutis abhorrebat. Mit diesem Satz drückt Cicero die Überzeugung aus, daß gerade der spezifische Charakter der Religion der Juden deren Integration in das Reich verhindere. 60 In diesem Sinne auch P. Kranz (1990), S. 125-141, bes.« 125, mit dem dezidierten Hinweis auf die konsequente Nutzung der Religion zur Durchsetzung politischer Ziele. 61 Diese setzten auf beiden Seiten recht früh ein. Cicero, Pompeianer und in mancherlei Hinsicht Vordenker des Prinzipates, repräsentiert die römische Haltung. Seine Rede pro Flacco von 59 v. Chr. reflektiert unmittelbar im Anschluß an die Reformen des Pom peius den römischen Unwillen über deren Anlaufschwierigkeiten, obwohl doch die Römer ihren guten Willen gezeigt hatten, vgl. 67f.: at Cn. Pompeius captis Hierosolymis Victor ex illofano nihil attigit. In primis hoc, ut multa alia, sapienter; in tarn suspiciosa ac maledica civitate locum sermoni obtrectatorum non reliquit. Non enim credo religionem et Iudaeorum et hostium impedimento praestantissimo imperatori, sedpudoremfuisse („Pompeius rührte nach der Einnahme Jerusalems als Sieger an jenem Hei ligtum nichts an. Darin handelte er besonders weise, wie auch in vielem anderen; in ei nem so mißtrauischen und übelredenden Staat ließ er dem Gerede der Neider keinen Raum. Aber ich glaube nicht, daß es die Religion der Juden und Feinde war, die den herausragenden Feldherrn zum Hindernis wurde, sondern sein Ehrgefühl"). Auf jüdi scher Seite wurde Klage über die Römer geführt, die in die entgegengesetzte Richtung zielte, nämlich über ihre Willkür, Überheblichkeit, Gewaltanwendung, vgl. Psalm. Sa lom. 2; 8; 17; 3. Orac. Sibyll.; lQpHab 4-9. Analysiert wurden diese Texte insbeson dere von M. Hadas-Lebel, (1987), S. 745-784; G. Stemberger (1983), S. 12-25 (zu den Psalmen Salomons und Qumran); S. 38-43 (zum dritten Buch der Sibyllinen). Beson dere Schwierigkeiten bereitet die historische Einordnung der Sibyllinen, vgl. J.-D. Gau-
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Anmerkungen
ger (1998); ferner mit Korrekturen an dem Bild, das die Forschung vermittelte, E. Gruen (1998), S. 268-290. 62 4 QpNah 1, 2 (Nahum-Kommentar); vgl. CD 1, 18 (Damaskusschrift) u. ö. 63 E. Baltrusch (1998a), S. 213ff. 64 Zur angeblichen Eselskopfverehrung im Inneren des Tempels und zur Ritualmordle gende vgl. oben S. 195, Anm. 38. 65 Seine jüdischen Freunde mögen ihn, als er seinen Vorsatz, den Tempel zu betreten, geäußert hatte, in ähnlicher Weise informiert haben, wie es die jüdischen Freunde des ägyptischen Königs Ptolemaios IV in 3. Makk. 1, 8ff, bes. 11 getan hatten (u.fj KCI9TJKEIV ylvEoBai xouxo 8ia xö p.T|5E xotq EK XOO E9VO\N; i^Eivai EiaiEvai U.T|5E Tcaaiv xotq iEpE\)aiv, aXXr\ jxovcp xcp TtpoTiyo'üp.evü) 7idvxcov ctpxiepet, Kai xotixco KOCX* evia\)xöv anat, („ es zieme sich nicht, daß dieses geschehe, weil es den Fremden nicht erlaubt sei, hineinzugehen, und auch nicht allen Priestern, sondern allein dem Ho hepriester als dem Anfuhrer aller, und auch diesem nur einmal im Jahr"); und vielleicht hat auch Pompeius so reagiert wie Ptolemaios IV in 3. Makk. 1, 11 ff. und gesagt er müsse hineingehen (eca>xöv 8etv EIOEXGEIV 12). Ganz sicher war aber Jerusalem, als der fremde General Pompeius von seinem Vorhaben nicht abließ, in einer Aufregung, wie sie 3. Makk. 1, 16ff.; 2. beschrieben wird. 66 Jos. ant. 14, 73; bell. 1,153. 67 So äußerst sich der Akademiker C. Aurelius Cotta in Ciceros de natura deorum 1, 115-124 in seiner Replik auf die epikureische Darlegung des Götterglaubens durch Velleiüs; bes. 118. Hier geht es zwar um die Atheisten, die Leugner von Göttern. Aber auch diese werden als superstitiosi klassifiziert (117) wie die Juden (vgl. Cic. Flacc. 67 barbara superstitio), auch diese politisieren die wahre religio (vgl. die mehrfache Her vorhebung des Begriffes religio der Juden in abschätzigem Nebensinn bei Cic. Flacc. 68f) und sind gerade darum deren Zerstörer (nat. deor. 1, 118: omnem religionemfiinditus sustulerunt). Bezeichnenderweise äußert Cotta auch vorsichtige Kritik an den My sterien, weil sie die Götter eher sinnbildlich auffaßten und so das Wesen der Götter auf zuheben schienen (Cic. nat. deor. 1, 119); und genauso bezeichnend faßt Jos. c. Ap. 2, 188f. den gesamten jüdischen Staat als ein Mysterium auf: GÖCJTIEP 8E XEXEXTV; xivoq xfjq ÖA.T|<; KoXixEiaq OLKOVOU.O\)U.EVTI<; („die ganze Verfassung ist aufgebaut wie ein Mysterium"). 68 Cic. Flacc. 67; Dio 37, 16, 4: beide Autoren berichten zwar diametral entgegenge setzt, der eine, daß Pompeius nichts anrührte, der andere, daß der Tempel geplündert wurde, aber entscheidend ist, daß keiner von beiden das erwähnt, was den Juden am wichtigsten war: die Befleckung des Tempel-Heiligtums. 69 Jos. ant. 14, 82-91; bell. 1, 160-170. 70 Cic. dorn. 23. 71 . Jos. ant. 14, 92-97; bell. 1, 171-174; Dio 39, 56, 5f; Plut. v. Anton. 3, 1-3. 72 Jos. ant. 14, 100-104; bell. 1, 176-178 73 Josephus versucht diesen Zusammenhang aus längst bekannten Gründen zu verschlei ern, da er die Römer von einer Kollektiv-Schuld an dem Konflikt zwischen Juden und Römern freisprechen möchte, indem er Vergehen Einzelner verantwortlich macht; so z. B. wenn er statt des römischen Expansionsdranges den Streit zwischen Hyrkan und Aristobul überhaupt als Ursache ftlr den Verlust der Freiheit darstellt, vgl. bes. Jos. bell. 5, 395f. (aus einer Rede des Josephus, in der er zur Übergabe des Tempels aufforderte, 9. Kapitel): „Aber wer hat die Römer nun eigentlich gegen unser Volk aufgeboten? Nicht die Gottlosigkeit (äoEßEia) der Landesbewohner? Woher begann denn unsere Knecht schaft? (Begann sie) nicht aus dem Zwist unserer Vorfahren, als der Wahnsinn Aristobuls und Hyrkans und ihr Streit miteinander Pompeius geradezu herbeirief (EJtfryaYEv)
Anmerkungen
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und Gott diejenigen, die nicht würdig der Freiheit waren, den Römern unterwarf?" So kann man auch bei den hier jn Rede stehenden Aufständen deren genuin antirömische Stoßrichtung nicht immer klar fassen; sie ist erkennbar z. B. ant. 14,82; bell. 1, 160 (Alexanders Versuch, die geschleiften Mauern Jerusalems gegen römische Weisung wieder aufzurichten); bes. aber ant. 14, 100; bell. 1, 176 (der Versuch Alexanders, alle römischen Bürger im Lande zu töten), wo die Nähe zur Agitation des Mithridates be sonders augenfällig ist. 74 Jos. bell. 6, 329 (aus einer Titus-Rede): für die Juden komme die Vernichtung zu recht, oi Ttpcüxov uev &(p* o$ riou.7if|io<; ETXEV \)|xa<; Korea Kpdxoq OÜK EJia\)aao9e vecoTcpoTcoiiaq („die ihr von Anfang an, seit Pompeius euch mit militärischer Gewalt einnahm, nicht mit umstürzlerischen Neigungen aufhörtet"). 75 Manche moderne Gelehrte stellen deshalb die von Josephus gegebene chronologische Reihenfolge um und behaupten, daß das römische Wiederaufbauprogramm der ehemals jüdischen, seit Pompeius freien Städte den Auslöser ftlr den ersten Alexanderaufstand abgegeben habe, vgl. A. Schalit (1969), S. 30ff.; E. M. Smallwood (1976), S. 31. Dage gen zurecht U. Baumann (1983), S. 52; S. 54, Anm. 21. 76 F. M. Abel (1952), S. 292f. („avec la connivence probable du parti anti-pomp6ien"). 77 Jos. ant. 14, 83; 100; bell. 1, 176. Diese römischen Bürger traten auf den Plan, als Alexander Jerusalem wieder befestigen wollte, Jos. ant. 14, 83: otXXoc TOVTOV uiv a\)TÖv e7t£afcov oi EvGauOa 'Pcou-cuoi („die dortigen römischen Bürger hielten ihn aber davon ab"). Die Ausdrucksweise Josephus ist dunkel; wer waren oi evGavGa 'Pcou-aToi? Handelt es sich um einen conventus civium Romanorum? [so A. Schalit (1937), S. 35ff.]. Oder um eine militärische Besatzung zum Zwecke der Überwachung? Ob sie ei nen solchen Auftrag hatten, ist offen, aber daß sie aufpaßten, dürfte unstrittig sein. 78 Cic. prov.cons. 10: Jam vero publicanos miseros ... tradidit in servitutem Iudaeis et Syris, nationibus natis servituti. Statuit ab initio, et in eo perseveravit, ius publicano non dicere; pactiones sine ulla iniuria factas rescidit; custodias sustulit; vectigalis multos ac stipendiarios liberavit; quo in oppido ipse esset aut quo veniret, ibi publicanum autpublicani servum esse vetuit („Die armen Publikani übergab er in die Sklaverei von Juden und Syrern, selbst Völkern zur Sklaverei geboren. Gleich zu Beginn verwei gerte er den Publikani ihr Recht, und dabei blieb er. Er beschnitt Abkommen, die ganz ohne Unrecht zustande gekommen waren; er entfernte Wachen; er befreite viele Steuerund Leistungspflichtige; in welcher Stadt er selbst war oder in welche er kam, in dieser durfte kein Publikanus oder der Sklave eines Publikanus sein."). Vgl. zu Gabinius noch Cic. Sest. 53; de domo 21, 55; Pis. 49; prov. cons. 17; Dio 39, 60, 4; Strab. 12, 3, 34 (558). 79 So kann Dio 39, 56, 6 über Gabinius sagen, daß q>6pov TOI«; 'IO-UÖCUOK; kniia%z („er erlegte den Juden einen Tribut auf), also Gabinius den Tribut installiert habe: einen Tribut hatte ja an sich schon Pompeius eingerichtet, aber Gabinius organisierte ihn neu, vgl. M.Stern (1974), II, S. 355. 80 So eine Mehrheit von Forschern wie E. M. Smallwood (1976), S. 30fT.; M. Stern (1974), I,S. 204. 81 Sie sind nur knapp referiert bei Jos. ant. 14, 90f; bell. 1, 169f; Dio 39, 56, 5f; Cic. prov. cons. 10-12. 82 Damit bleibt er natürlich auch oberster Repräsentant der Juden; es ist bei Josephus auch keine Rede davon, daß Hyrkan „seine Funktion als Ethnarch, damit auch seinen politischen Einfluß weitgehend verloren hatte", wie U. Baumann (1983), S. 55; E. Schü rer (1973), I, S. 268f.; E. M. Smallwood (1976), S. 32 („It followed from this that Hyrcanus lost his secular administrative functions as ethnarch Controlling the whole country and retained only the High Priesthood") als verbürgt ansehen. Daß Hyrkan zu-
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Anmerkungen
mindest den Oberbefehl über das Heer behielt (nach Jos. ant. 14, 98f; bell. 1, 175), muß auch E. M. Smallwood a. O. S. 34, Anm. 45 einräumen. 83 Damit sind die jüdischen Regionen Judäa, Peraea, Galiläa und (vielleicht) Idumäa einbezogen, wenn die Überlegung von B. Kanael (1957), S. 98-106, richtig ist, daß statt (des zum größten Teil heidnischen) Gadara Adora bei Jos. ant. 14, 91 (ev raöapou;) und bell. 1, 170 zu lesen ist; diese Theorie ist weitgehend akzeptiert worden (z. B. von E. M. Smallwood (1967), S. 89-92; dies. (1976), S. 32; U. Baumann (1983), S. 55 (mit Anm. 24), dort auch weitere Literatur. Vgl. ferner E. Schürer (1973), I, S. 268 mit Anm. 5. Immerhin steht die doppelte Überlieferung bei Josephus gegen eine solche Lesung. Ein anderer Vorschlag ist Gazara oder Gezer, vgl. F. M. Abel (1952), S. 292. Für das uns interessierende Konzept des Gabinius ist diese Frage aber ohne Bedeutung. 84 Jos. ant. 14, 91 sagt ausdrücklich: Kai oi u.ev ajtT|ÄAaYH.evoi 5\)vaaxeia<; ev apiaxoKpaxia ÖITJYOV („befreit von der dynastischen Herrschaft wurden sie aristokratisch verwaltet"), und bell. 1, 170 (noch deutlicher): dauivax; 6e xfjq e£ evoq eTUKpaxeiaq eÄ.e\)9epco0evxe<; xö Xotnöv apiaxoKpaxia SICOKOUVXO („gerne ließen sie sich ftlr die Zukunft eine aristokratische Verfassung gefallen, befreit von der Herrschaft eines Einzelnen"). Er betont also ausdrücklich die Befreiung von der Herrschaft eines Einzelnen, nämlich des hasmonäischen Fürsten - und das war ja eine der Hauptforde rungen der „dritten" antihasmonäischen Partei an Pompeius gewesen. Was Josephus in des unter Aristokratie im Zusammenhang mit dem jüdischen Gemeinwesen versteht, sagt er an anderer Stelle im Zusammenhang mit dem Neubau des Tempels unter dem persischen König Dareios: Kai oi u.ev \)7tep xovxtov eTuSayiA.e'uou.evoi xai^ Gixriau; Kai xf| rcepi xöv 8eöv cpiXoxiu/ia KaxcpKT|aav ev xotq 'IepoaoX\)p.oi<; rcoXixeia XP&u,evoi dpiaxoKpaxiKfj p.exä 6A.iyapxiaq, Jos. ant. 11, 111. Die Juden feierten also das persische Zugeständnis mit vielen Opfern und Gebeten und „lebten in Jerusalem unter einer aristokratischen Verfassung, beherrscht von einer kleinen Gruppe" (hier steht der Begriff Oligarchie). Diese Verfassung blieb bis zum hasmonäischen Königtum unverändert, so Josephus weiter. Der Zusammenhang der Aristokratie zur von Priestern bestimmten Theokratie ist offensichtlich, zumindest für den jüdischen Staat. 85 Bei Jos. bell. 1, 170 wird dieser Aspekt im Zusammenhang mit der Verwaltungsre form beiläufig angesprochen (oi 8e iva cuvxeXüiaiv ei<; 'Ap.aGoövxa, wobei der Be griff avvxeXeiv im Sinne der nach Amathus zu entrichtenden Steuerzahlungen aufzu fassen ist). 86 Jos. bell. 1, 178; ant. 14,103 („wie Antipater wollte"). 87 Vgl. Jos. bell. 1, 159; 162; 175; 177; ant. 14, 80f; 84; 99; 101. 88 Jos. ant. 14, 89f; bell. 1,168. 89 Vgl. Jos. ant. 14, 87f; bell. 1, 165f.: Gabinius xa<; u.ev ctTiopGfixouq nöXeiq Ka9iaxdu.evoq, xäq 8e Kaxeaxpau.u,eva<; ävaKxi^cov („einrichtend die Ordnung in den unbeschädigten Städten, wiederherstellend die zerstörten"). 90 Zum Grundsätzlichen vgl. E. Baltrusch (1998a), S. 218ff. 91 Vgl. auchCic. Flacc. 68. 92 Cic. prov. cons. 12 spricht von pactiones cum hostibus de sociis („Abkommen mit den Feinden über Verbündete"). VII. Zusammenfassung und Ausblick 1
Esr. 7, 26. So im Urteil über die Römer 1. Makk. 8, lff. 3 Vgl. nur audrücklich 1. Makk. 8, 3. 4 So A. Giovannini (1995), S. 41-60.
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Namens- und Sachregister
Personen und Orte Achab 160 Achas von Juda 159, 160 Achaschwerosch 163 Ägypten 14, 15,23-27,30,31, 35f., 38, 41, 42, 53, 55, 59, 104,115,120, 126, 149ff., 159, 162, 169, 186, 192, 195 Akra von Jerusalem 102, 142, 168 Alexander Balas 98f, 180, 183 Alexander der Große 30, 38,41, 48f.,57,59, 151, 163,164, 166, 172 Alexander Jannaios 54, 58, 88, 110f., 128, 131,136, 153,181, 192 Alexander Zabinas 108, 187 Alexander, Sohn Aristobuls 142f., 196, 199 Alexandria 11,42, 52, 89, 121 f., 149, 152, 154, 157, 169, 170 Alkimus, Hohepriester 92, 97, 183 Amon 25 Amyzon 165 Ananias 54 Antigonos Monophthalmos 41, 77 Antigonus, Sohn Aristobuls 142, 196
Antiochos I 168, 171 Antiochos III 42-46,49, 55, 57, 66,87, 139,166,170,171, 172, 181, 183 Antiochos IV 17, 39,43, 45ff., 50,53,54,56,57,84,89,91, 98, 151,164, 166,168, 171, 179, 184 Antiochos V 84, 92,97, 179, 181 Antiochos VI 99, 102 Antiochos VII 104, 106f., 109, 170, 185,188 Antiochos VIII 106,108, 187 Antiochos IX 106, 108ff., 188 Antipater 100, 125, 128, 131, 137, 139, 140, 144ff., 156, 172, 193,200 Antipater, jüdischer Gesandter 100, 103 Antonius 146, 147 Apion52, 55, 169, 170, 191, 192 Apollonius Molon 122, 192 AretasIII 128, 130 AreusI lOOff, 184, 185 Aristobul I 87, 110, 134, 138 Aristobul II 58, 74, 128-138, 142, 144, 155, 192ff. Arsames 38 Arses 32 Arsinoe 170
220
Namens- und Sachregister
Artaxerxes I 31, 33, 35,48, 163 Artaxerxes II 31 Artaxerxes III Ochos 31 Asa 159 Asarhaddon 25, 160 Assur23ff., 159ff. Assurbanipal 25, 160 Augustus 11,72,74, 146, 147, 176, 177, 190 Babylonier 13, 16, 18, 26 Bagoas 32 Bagohi 162 Bakchides 98 Bar-Kochball, 12, 139f., 157 Bascha von Israel 159 Ben Hadad I von Aram 159 Bisutun 30 Caesar 17, 74, 146, 176 Caligulall, 157 Chelkias 54 Chnubis 53 Chnum31,35 Claudius 17, 169 Cornelius Hispalus 116, 189 Daphne 89 Dareios I 30f., 33, 38, 163 Dareios II 31 Dareios III 32, 172 David 22, 23, 26, 197 Demetrios I 86, 92-99, 181, 183 Demetrios II 99-103, 107, 183, 184, 186, 187 Demetrios von Illyrien 176 Demetrios von Pharos 180 Dositheos 168 Elephantine 21, 29, 31, 35ff., 53, 150, 162, 163, 166, 169 Eleusis, Tag von 89, 91, 166, 170, 179, 181 Eljakim (bzw. Jojakim) 27
Esra21,29,31,33ff.,48, 55, 150, 154 Eupolemos 93 Fannius, C, Konsul 96f., 107, 183, 186, 187 Gabinius, Aulus 19, 135, 142147, 156, 196, 199f. Hadrianll, 139, 157, 197 Haman 163, 170 Hananiah 37 Hasmonäer86, 105ff., 120, 125ff., 188 Hefzibah-Inschrift 165 Heliodor 171 Herakleia 168 Herodes 125, 139, 140, 144, 146, 147, 156, 172, 193, 194 Herodes, der Pergamener 53 Herodes, aus Priene 50 Hilkia 26 Hiskija 17, 21, 22-25, 26, 28, 39, 59,94, 119, 149,150,154,160 Hosea 23 HyrkanI86, 105-111,153,186188 Hyrkan II 58, 74, 128-147, 155, 193ff. Hyrkan, der Tobiade 171 Jason, Gesandter 93 Jason, der Hohepriester 101, 168, 171 Jason von Kyrene 191 Jedoniah 37, 162 Jehu 160 Jerusalem passim, siehe auch Tempel in Jerusalem Jesaia23, 149 Joachas 27 Johannes Hyrkan, siehe unter Hyrkan
Namens- und Sachregister Jqjachin27, 28, 161 Jonathan 91, 98-102, 103, 105, 107, 110, 180, 183ff. Joseph, der Tobiade 42, 54, 171 Josija21,25-27,28,39, 149, 150, 154 Juda21ff.,31,34, 161 Judäa 89ff., 133ff., und passim Judas Makkabäus 84, 88, 93, 97, 98,100,106,107,110,111, 132, 160, 180, 182, 183, 184 Jugurtha 62ff, 173, 176,180 Kambyses30, 162, 163 Kittäer 161, 181, 196 Kleopatrall 171 Kleopatra III 54, 109, 192 Koile Syrien 42,43, 108 Kyaxares 25, 26 Kyrenell5, 120ff, 154,186, 191 Kyros30,32, 150, 162 Lucius, Konsul 104 Lucius Valerius 104 Lucullus 120f., 192 Lysias, Kanzler 84, 178, 179, 182 Makedonen 49, 57, 152,169, 172, 177 Manasse 25, 29,160 Manius, Titus 84, 179 Marius 63 Massinissa 63 Mattathias 45 Meder 26 Megiddo 27 Memmius, Quintus 84 Menelaus, Hohepriester 92, 171 Mesopotamien 27, 28, 55, 126 Micipsa 63 Moschion aus Priene 50, 168
221
Mosollamos 172 Nabopolassar 25, 26 Nebukadnezar 27, 28, 57, 150, 197 Necho27, 161 Nehemia21,29,31,33ff.,48, 55, 150, 154, 163 Nikanor, seleukidischer Feldherr 86,92,97,182 Nikodemus 130, 194 Ninive 25, 26 Numenius 100, 186 Onias53, 100 Onias II 45 OniasIII 171 Onias IV 54, 168, 171 Palästina 14, 15, 18, 19,29ff., 41ff.,49f, 85, 108,111, 115, 116,119,129,130,133,139, 142ff., 149ff, 155, 163ff., 171f,194, 196 Perser 13, 16, 18,21,29-39,57, 59, 119, 150 Phönikien33,41ff., 130, 165 Pompeius 17, 19, 72, 74, 97, 105, 110, 115, 125-147, 155f, 176, 180,188,192-200 Poseidonius 122, 192 Psammetich I 162 Ptolemäerl7,42,48,55, 121, 165, 166, 167, 172 Ptolemaios Apion 120 Ptolemaios, seleukidischer Statthalter 43 Ptolemaios I 42, 120, 191 Ptolemaios II 165 Ptolemaios III 53, 170 Ptolemaios IV 54, 162, 165, 170, 198 Ptolemaios VI 53, 171
222
Namens- und Sachregister
Ptolemaios VIII 104, 186 Ptolemaios IX Soter II 54, 109, 121, 192 Ptolemaios X Alexander I 121, 191 Raphia54, 170 Salmanassar V 23 Salome Alexandra 58, 110, 127f., 153, 154 Salomon 22, 26, 193, 197 Samaria 22, 23, 34, 38, 106, 108, 109,135, 164,187,188 Samaritaner 34, 163, 164 Sanballet 32 Sancherib 23, 24, 160 Sargon II 23 Scaurus, M. Aemilius 129ff., 138, 141,193, 194 Scipio (Africanus) 63, 66, 79, 174 Scipio der Jüngere 173
Seleukiden 17, 42-49, 55, 85, 88, 92,99, 107,108,117,152, 169, 171, 181, 182, 184 Simon II, Hohepriester 45, 166 Simon, der Makkabäer 58, 83, 91,99, 102-105, 106, 107, 110, 117, 120, 128, 138, 143, 185, 186 Sparta 98, 100-103 Syrien 15, 33, 41ff., 72, 108, 120, 127ff., 139, 143, 155 Tennes 31 Theben, Ägypten 25 Theophanes von Milet 193 Tiberius Julius Alexander 169 Tiglatpileser 159 Transeuphrat (Abar Nahara) 31 Tryphon99, 102, 183 Xerxes 31 Zenon49f., 164, 165, 167, 171 Zeuxis55, 165, 166, 197 Zidkija 27
— Sachen — Achämenidenreich 32, 57 Apostasie51,52, 169 Außenpolitik 13, 65-70, 73, 75, 80,86,92,99, 101,105, 106, 111, 138, 152, 153, 155, 173, 187 Autonomie 14, 17, 18,24ff., 31, 33, 37ff.,44ff., 61,64, 74ff., 85; 92, 94, 105, 110, 121, 137, 141, 143, 149, 151, 152, 154, 157, 164, 178 babylonisches Exil 21, 28f., 150 Bar-Kochba-Aufstand 11, 12, 139, 140, 157 Beschneidung 22
Chasidim55, 91, 105, 172, 173 constitutio Antoniniana 11 deuteronomistische Reform 25ff. Diadochen41 Diaspora 11, 29, 34, 35, 39, 42, 43, 50-52, 57f, 115ff., 149ff, 169, 170, 172, 186, 189, 191 Diaspora-Aufstand 12, 157, 191 Edikt des Antiochos IV 45-47, 91, 166 Eretz Israel 52, 138 Hasmonäer-Staat43, 111, 113, 153 Hellenismus 41-59, 78, 112, 151, 164ff.
Namens- und Sachregister Herodianer 113 Hohepriester 26, 42, 45, 53, 92, 94,97,99, 100, 103,106, 117, 128, 134, 135, 138, 141, 144, 145, 155, 163, 164, 165, 166, 168, 171, 186, 195, 198 Hohepriesteramt 22, 39, 91, 184 imperia extraordinaria 126 Integration 16, 45, 47, 50, 58, 60, 61,64,72,78,98, 111,115, 119,123, 127, 139, 149,151, 154, 156, 168, 197 Jüdischer Krieg 11 f., 157, 192 jüdischer Rat (Gerusia) 44, lOOf. Klientelftirstentum 19, 72, 111, 127, 155 Klientelstaat 63, 70, 72, 81, 134, 139, 155, 196 Königtum 53, 54, 60f., 87, 132, 155,170, 171,200 Kyroszy linder 32, 162 laus Romanorum 32, 86 lex Hortensiaöl Makkabäeraufstand 21, 41, 43, 45f., 58, 90f, 132, 151, 153, 169, 171 Monotheismus 21 f., 39, 57 neuassyrisches Reich 23 Israel, Nordreich 22ff., 49 Patrioi nomoi 44f, 165 Patronatssystem 72, 156 Patronatsverhältnis 64, 69 Pergamondekret 109, 188 persische Herrschaft 21, 22, 2939, 150, 166 Pharisäer 56, 111, 112, 128f., 130, 140
223
Prinzipat 11, 17,61,72, 120, 123, 125, 126, 127, 139, 149, 156, 176, 197 Provinzen 17, 66, 69, 70ff., 79, 111, 115, 126f, 146, 175, 177 publicani 143, 144,196, 199 Reichsrecht (und Volksrecht) 18, 32,79 Reichsverwaltung 13, 19, 30, 73, 126, 156 Religionseifer 140 res publica restituta 17, 190, 192 Romhaß 140 Sabazius-Kult 116, 189 Sabbat 22, 195 Sadduzäer56, 128 Sanhedrin 135 Satrapenaufstände 31 Schildgesandtschaft 103, 186 Speisevorschriften 22 Tag von Eleusis, siehe unter Eleusis Tempel in Jerusalem 21 ff., 25ff., 28f., 32, 36, 39,43ff., 48, 54, 57, 134, 140f., 150, 160, 161, 162, 170, 195, 198 Tempel von Elephantine 21, 29, 31,35f, 150 Thoral3,44f., 51, 166, 169, 170 Verfassung hellenistischer Staaten 53f. Verfassung, römische 13, 60-65, 70,73,80,87,89,93, 115, 118, 181 Volksrecht 18,79 Zeloten 143