Die Ökologie des Lernens Eine Bewegung in Entwicklungsebenen mit NLP und Suggestopädie von Bernd Isert
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Ebenen des ...
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Die Ökologie des Lernens Eine Bewegung in Entwicklungsebenen mit NLP und Suggestopädie von Bernd Isert
1.
Ebenen des Lernens
Lernen ist vielschichtig wie das Leben – und wenn wir etwas darüber wissen wollen, werden wir Antworten auf verschiedene Fragen suchen: Wo und wann... was... wie... warum... wofür... als wer... mit wem... für wen... lernt ein Mensch? Für jede Persönlichkeit in jeder Lebensphase werden die Antworten auf diese Fragen unterschiedlich ausfallen – und doch suchen wir nach etwas Allgemeingültigem, etwas, das von Lehren-
den jeder Couleur möglichst vielen Menschen nutzbar gemacht werden kann. Wir tun das meist, indem wir jeweils nur eine der Fragen herausgreifen und diese nach allen Regeln der Kunst und der Erfahrung beantworten – in der Annahme, daß die Antworten auf die anderen Fragen vom Schicksal vorgegeben werden, oder einfach nicht so wichtig sind. Betrachten wir die Ebenen, die durch diese Fragen berührt werden, so lassen sie sich wie folgt zuordnen:
Frage
Ebene
dazu gehören...
wann und wo? was? wie? warum? wer? mit wem, für wen?
die Außenwelt das Handeln die Fähigkeiten die Motivation die Individualität die Zugehörigkeit
Raum, Zeit, Sinneseinwirkung innere und äußere Aktivitäten innere Strukturen,Potentiale Bedürfnisse,Weltsicht,Erlaubnis Rolle, Wesensart, Persönlichkeit Beziehung, Verbundenheit, Sinn
Diese sechs Bereiche sind wie Etagen des Gebäudes ganzheitlichen Lernens: sie wirken aufeinander und jede Ebene hat ihre besondere Bedeutung für den Lernprozess. Daher nenne ich sie Entwicklungsebenen. Diese mehrschichtige Sicht von Lernprozessen geht ebenso auf die Arbeiten des Philosophen Gregory Bateson, des NLP-Entwicklers Robert Dilts wie auch auf das Menschenbild indischer Philosophie zurück, wo es sich in der Chakrenlehre widerspiegelt. Im folgenden möchte ich ausgewählte Erfahrungen und Erkenntnisse aus NLP und Suggestopädie für jede der Ebenen zusammenstellen und die Wechselbeziehung zwischen den Ebenen deutlich machen: So sehen wir, auf welchen Ebenen wir Menschen, auch uns selbst, fördern können.
2. Die Außenwelt „Wann und wo“ können wir „was“ lernen? – Sie wissen aus eigener Erfahrung, welche bedeutsamen Unterschiede es da gibt. Natürlich lernen wir überall etwas, aber überall etwas anderes! Zur Lernumgebung gehört die Auswahl von Ort und Zeit. Eine Wahl, für die allein schon viele Fragen positiv beantwortet sein müssen. Betrachten wir nun die unmittelbare Lernumgebung: Dazu gehört alles, was vor Ort sinnlich wahrnehmbar ist: zu sehen, zu hören, zu fühlen: Wie kann es sich auf verschiedene Entwicklungsebenen förderlich (+) oder hinderlich (-) auswirken? Nachfolgend einige Beispiele aus der Praxis:
Art der Lernumgebung
Wirkung auf Lernende/n
betroffene Entwicklungsebenen
Anders als Alltag
(+) (+) (-) (-) (+) (-)
Motivation, Fähigkeiten Motivation, Individualität Zugehörigkeit Fähigkeiten Fähigkeiten, Motivation Fähigkeiten, Motivation
Vertraut oder bekannt
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kann Alltag hinter sich lassen „ich darf auch anders sein“ „ich fühle mich fremd“ fehlende Orientierung, Streß posit. Erfahrungen wirken nach negative Erinnerungen wirken
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Isert – Ökologie des Lernens
Art der Lernumgebung
Wirkung auf Lernende/n
betroffene Entwicklungsebenen
Stimulation aller Sinne
(+) (+) (+) (-) (+) (-) (+) (-) (+) (-) (+) (-) (+) (+) (-)
Fähigkeiten, Handeln Motivation Fähigkeiten Fähigkeiten Fähigkeiten, Individualität Motivation Individualität, Zugehörigkeit Individualität Motivation, Zugehörigkeit Individualität Fähigkeiten Motivation Zugehörigkeit, Motivation Handeln, Fähigkeiten Individualität
Entzug von Sinnesreizen Sorgfältig liebevoll gestaltet Strenger Rahmen Technische Hilfsmittel Gemeinschaft, Gruppe
Sinne im hier und jetzt, außen Freude, Erregung, Ästhetik Nerven- und Hirnstimulation Verwirrung durch Überladen Fokussieren, innere Sinne aktiv Langeweile, nichts Neues Sich gewürdigt fühlen „paßt nicht zu mir“ Sicherheit Einengung Felxibilität Künstlichkeit Austausch, Beziehung Übungsvielfalt Anpassungszwang
Die Aufstellung läßt sich beliebig erweitern. Es gibt, wie erkennbar wird, nicht die allgemein ideale Lernumgebung, sondern die für bestimmte Menschen und Themen am besten geeignete Umgebung. Der wichtigste Schritt zur Auflösung behindernder Wirkungen einer gegebenen Umgebung auf einen Lernenden besteht darin, sich dieser Wirkung überhaupt bewußt zu werden – und mit dem Lernenden Lösungen zu suchen. Allein das verändert und läßt Schwierigkeiten zur Chance werden, aus der heraus Beziehung und Motivation wachsen.
ist, beruht nicht auf Hellsehen oder vorgefaßten Konzepten, sondern auf immer wieder erneuertem Austausch, Feedback zwischen Lehrenden und Lernenden. – Aus der Erfahrung heraus, wahrgenommen zu werden, bildet sich Kontakt und Vertrauen – wichtige Faktoren der Motivation. Nach dem Gebrauch der Sinne lassen sich die Aktivitäten in solche unterteilen, die vorwiegend das Sehen, das Hören, das Sprechen und das körperliche Tun beinhalten. Das bedeutet, daß wir auch passives Zuschauen oder Zusehen als eine Form des Handelns verstehen, darüber hinaus sogar die inneren Denk- und Verarbeitungsprozesse, die dazugehören.
3. Das Handeln Aus welchen Aktivitäten, Verhaltensweisen, Inhalten besteht der Lernprozeß? Was tun die Lernenden innerlich und äußerlich? Die Kunst, das zu tun, was für einen Menschen das jeweils Sinnvollste
Nachfolgend wieder eine Aufstellung typischer Aktivitäten, die während des Lernprozesses auftreten können. Wie sie sich ergänzen, läßt sich anhand der Wirkungen leicht verstehen.
Art der Lern-Aktivität
Wirkung auf Lernende/n
betroffene Entwicklungsebenen
Visuelle Präsentation
(+) (+) (-) (+) (+) (-) (+) (-) (+) (+) (+) (-) (+) (+) (+) (+) (-)
Fähigkeiten Motivation Motivation, Handlungsfähigkeit Fähigkeiten Zugehörigkeit Fähigkeiten Motivation, Fähigkeiten Fähigkeiten, Individualität Individualität, Motivation psychische Fähigkeit Motivation, Fähigkeiten Individualität, Motivation Motivation, Zugehörigkeit Fähigkeiten Fähigkeiten, Motivation Individualität, Motivation Individualität, Motivation
Vortrag
Demonstration Übung – Ausprobieren
Spiel Tiefen-Entspannung Prüfung
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Übersicht, Erinnerung, Ausblick Distanz, „in Sicherheit sein“ „es bleibt Theorie“ eigene innere Assoziationen sich in Sprecher versetzen „1. Ohr rein, 2. Ohr raus“ sehen, hören und mit-erleben es nicht selber tun können Selbst-Erfahrung, Feedback körperliche Verhaltensmuster Erlebniswert, gern erinnert Überforderung, Selbstzweifel Spaß, Freude Ausprobieren ohne Zwang innere Sinne aktiv und offen Selbstbestätigung, Feedback Fremdbestimmung, Angst
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Isert – Ökologie des Lernens
Art der Lern-Aktivität
Wirkung auf Lernende/n
betroffene Entwicklungsebenen
Wiederholung
(+) (-) (+) (+) (+) (+) (+) (+) (+)
Fähigkeiten Motivation Fähigkeiten, Motivation Zugehörigkeit, Motivation Individualität, Motivation Fähigkeiten, Zugehörigkeit Motivation, Individualität Individualität, Zugehörigkeit Individualität, Fähgkeiten, Motivation
Bewegung Musik, Tanz Rollenspiel Projektgruppen Gruppendynamische Arbeit Einzelgespräch, -arbeit
Erinnerung, Bildung von Mustern Langeweile „Energie tanken“, Geist-Körper Gemeinschaft, Gefühl statt Logik Selbstausdruck in der Gruppe Eigenständigkeit, Teamarbeit Erlebniswert, Selbstbestätigung seine Position finden persönliche Lösungen suchen
Sicher können Sie diese Aufstellung aus Ihrer Erfahrungswelt heraus ergänzen – und dabei immer mehr dessen gewahr werden, wie verschiedenste Lernaktivitäten auf mehrere Entwicklungsebenen wirken. Der Schlüssel zur ganzheitlichen Lernerfahrung liegt sicher in der Balance unterschiedlicher Stile – wie Suggestopäden es praktizieren – weil jede Einseitigkeit, ob es das alleinige Spiel oder der alleinige Vortrag ist, die in den anderen Bereichen liegenden Chancen und Herausforderungen vermissen läßt. Es geht nicht ums „entweder-oder“, sondern ums „sowohlals auch“, nicht darum, dem Lernenden alles „mundgerecht“ zu präsentieren, aber auch nicht darum, ihn nur mit abstrakten Codes abzuspeisen. Das individuell ideale Lernverhalten ergibt sich aus den Fähigkeiten und der Vorgeschichte des Lernenden. Damit sind wir beim nächsten Abschnitt:
4. Die Fähigkeiten Jedem Menschen wohnt ein schier unerschöpfliches Potential von Fähigkeiten inne, jedoch ist davon nur ein Teil entwickelt und ein noch geringerer Teil ist bei Streß abrufbar. Lernen ist das Benutzen der bisherigen Fähigkeiten zum Erwerb weiterer Fähigkeiten. Es geht also stets darum, auf den ge-
genwärtig verfügbaren Fähigkeiten eines Menschen aufzubauen. Verfügbar sind nur jene Fähigkeiten, die der Lernende sich aufgrund seiner Zugehörigkeit, seiner Individualität und seiner persönlichen Werte auch zugesteht. Es besteht also eine besonders enge Verbindung zur Motivation. So erlauben sich manche Menschen (noch) nicht, sich zu entspannen, zu spielen oder zu phantasieren, weil sie es einfach nicht in positiver Weise kennengelernt haben. Andere blockieren Teile ihres sinnlichen Erlebens, um schmerzhafte Erinnerungen oder Konflikte zu vermeiden. In der individuellen Arbeit können diese Blockaden, die häufig auf traumatische Erfahrungen zurückgehen, aufgelöst werden. Solange dies nicht möglich ist, sollten Blockaden in ihrer positiven Schutzfunktion gewürdigt und respektiert werden. Es geht darum, von den verfügbaren Fähigkeiten ausgehend schrittweise zu wachsen. Dies ist auch das Prinzip der Natur. Von besonderer Bedeutung für das Lernen sind die Fähigkeiten des Gebrauchs der Sinne. Hier Beispiele wichtiger Fähigkeiten – und Hinweise darauf, wie sie gefördert werden können bzw. wodurch ihre Ausbildung behindert wird oder wurde.
Art der Fähigkeit
wird beeinflußt durch...
betroffene Entwicklungsebenen
Äußeres sehen, hören, fühlen
(+) (+) (-) (-) (-) (+) (-) (-) (-) (+) (-) (+) (-) (-) (+) (-)
Außenwelt, Motivation Motivation Außenwelt und Handeln Motivation, Handeln, Außenwelt Motivation: Kontrolle Individualität, Außenwelt Motivation: vermeiden von... Motivation: Erlaubnis, Kontrolle Handeln, Erinnerungsvermögen Motivation Motivation: vermeiden Handeln, Außenwelt Motivation: ja, aber... Alle Ebenen, handeln: nachholen Individualität, Handeln Motivation
Inneres sehen, hören, fühlen
Zusammenspiel der Sinne
Kreativität, Imagination
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Anregendes hier und jetzt Interesse oder Gefahr Überladung, Überanstrengung Selbstgespräch innere Konflikte Entspannung, Meditation negative alte Erfahrungen Rationalisieren fehlende Übung positive Erlebnisse verdrängte negative Erlebnisse multisensorisches Lernen innere Konflikte frühere Entwicklungsdefizite Entspannung, Spiel Rationalisieren
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Isert – Ökologie des Lernens
Art der Fähigkeit
wird beeinflußt durch...
betroffene Entwicklungsebenen
Handlungsfähigkeit
(+) (-) (+) (-)
Motivation, Handeln: üben Motivation, Zugehörigkeit Motivation, Fähigkeiten Motivation, Fähigkeiten
Denkstil: Logik Denkstil: Assoziationen
Üben, Feedback Verbot, Ängste Struktur, Sprache Imagination, Intuition
Lernen verläuft optimal, wenn die in den Sinnen codierten Fähigkeiten des Träumens, Handelns und Denkens Hand in Hand gehen. Individuelle Präferenzen und Defizite führen jedoch zur Herausbildung bestimmer Vorzugs-Lernstile. Mögen sie auch einsei-
tig sein: Es sind die offenen Türen, durch die wir das Haus des Lernenden besonders leicht betreten können. Typische Wahrnehmungspräferenzen, wie sie im NLP beschrieben und erkannt werden, sind in folgenden Gegensatzparen gegenübergestellt:
sich am Allgemeinen orientieren Ähnliches und Bekanntes suchen intuitiv, spontan lernen
sich am Speziellen orientieren Neues und Andersartiges suchen geplant, logisch, strukturiert lernen
Orientierung Lernen
auf Zukunft, auf Gegenwart, auf Vergangenheit durch handeln, durch sehen, durch hören
Betrachten wir Menschen, mit denen wir Kommunikationsschwierigkeiten haben, genauer, so werden wir mit hoher Wahrscheinlichkeit Unterschiede hinsichtlich der genannten Stile finden. Wie sich zeigt, beruhen Defizite in der Entwicklung von Fähigkeiten sehr häufig – auf fehlenden oder stark streßbesetzten vergangenen Erfahrungen, – auf fehlender Erlaubnis, Motivation oder Negativmotivation (Angst, Druck), – auf fehlendem Angleichen des Lehrenden an die Kommunikationskanäle und -stile des Lernenden. Wer hier weiterarbeiten möchte, benötigt kommunikative, häufig auch therapeutische Kompetenz. Für die Entwicklung der Fähigkeiten und Klärung der Motivation bieten das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) wie auch die Angewandte Kinesiologie ganzheitliche Lösungswege. NLP ist die geführte Erweiterung der inneren Erfahrungswelt eines Menschen. Damit ist es zum Beispiel möglich, streßbesetzte, auch traumatische vergangene Erfahrungen auf veränderte Art zu erleben und die damals fehlendenden Erfahrungen und Defizite als sogenannte Ressourcen in die persönliche Erlebniswelt eines Klienten einfließen zu lassen. Kinesiologie wiederum bedient sich eines direkten Körper-Feedbacks über Muskelfunktionstests und ermittelt auf diese Art sehr genau und subtil, welche Fähigkeiten entwickelt oder defizitär sind, und welche Korrekturmöglichkeiten auf physiologischer, emotionaler und energetischer Ebene besonders effektiv sind. Eine breite Palette steht dafür zur Verfügung. In der Praxis besonders leicht anwendbar ist die sogenannte Hirngymnastik (brain-gym). Da sich die Methoden des NLP und der Kinesiologie sehr ergänzen, habe ich für die Praxis eine Synthese beider Welten unter dem Namen „Syntuition“ entwickelt.
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5. Die Motivation Die Frage „Warum?“ ist von entscheidender Bedeutung für jegliches Lernvorhaben, denn nur wenn sie positiv beantwortet ist, wird der Lernende die für den Lernprozeß erforderliche Energie aufbringen. Motivation wird bestimmt durch das, was wir erreichen wollen. Sie bezieht sich nicht nur auf das „Endprodukt“, nämlich das fertig verpackte Wissen, sondern schließt meist den Weg, auf dem es erreicht werden soll, ein. In der Tat werden wir von verschiedensten, sich manchmal scheinbar widersprechenden Bedürfnissen, Wertvorstellungen und Annahmen über das Leben getrieben. Schauen wir sie uns genauer an, lassen sie sich jedoch auf sehr elementare und zugleich sehr bedeutsame Entwicklungsbedürfnisse reduzieren. Von Freud bis Maslow haben viele Psychotherapeuten versucht, diese zu beschreiben. Hier eine Aufstellung wichtiger, aber häufig unbeachteter Bedürfnisse, die das Lernziel und den Lernprozeß maßgeblich bestimmen:
Bereich Zugehörigkeit: Zuneigung, Kontakt, Austausch, Verläßlichkeit, Unterstützung, Vertrauen, Geborgenheit, Verantwortung, Liebe, Partnerschaft, Sinn, Solidarität, Spiritualität Bereich Individualität: Anerkennung, Selbstwert, Eigenständigkeit, den eigenen Weg gehen, Macht, materieller Gewinn, Grenzen ziehen, Entfaltung Bereich Fähigkeiten: Potentiale entwickeln, wachsen, Neues finden, Sicherheit, Herausforderung, Orientierung, Struktur, Kompetenz, Kreativität, Meisterschaft Bereich Handeln: Lebendig sein, Freude, Spaß, Genuß, Spannung Die Ebene der Motivation beinhaltet also die jeweils anliegenden Wachstumsbedürfnisse auf verschiedenen Entwicklungs-
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Isert – Ökologie des Lernens ebenen. Hinzu kommen die erlernten persönlichen oder kulturellen Wertvorstellungen und Glaubensvorstellungen jeder Art. Sie bilden den Antrieb, die Erlaubnis, oder aber die Kontrolle bzw. das Verbot, bestimmte Dinge zu tun oder zu lernen. Denn neben den positiv formulierten Bedürfnissen gibt es Erfahrungen, die ein Mensch vermeiden will oder muß, weshalb wir innerlich eine Anzahl von erstrebten und zu vermeidenden Zuständen gespeichert haben. Wenn die Motivation nur im Vermeiden (im „weg von...“) liegt, ist Gezwungen-sein, Streß und Mangel an Freude schon vorprogrammiert, was meist nicht gerade hilfreich für kreative Lernprozesse ist, wohl aber sinnvoll sein kann, wo es ganz um Fleiß und Durchhaltevermögen geht. Allgemein jedoch ist die Förderung positiver Motivation („hin zu...“) ein wichtiges Anliegen für Lehrende und Lernende. Manchmal hilft bereits die Umformulierung einer Vermeidung durch die Frage: „Was möchtest du statt dessen...?“ NLP bietet darüber hinaus verschiedene Zielfindungs-Strukturen an, wobei besonderer Wert auf positive Auswirkungen und „Nebenwirkungen“ von Zielen auf den Lebensweg eines Menschen gelegt wird. Es macht einen großen Unterschied, ob die Motivation von „innen“ oder von „außen“ kommt –, ob ein „ich will“ oder ein „ich soll“ dahintersteht. Im letzteren Fall bleibt die Energiequelle „Individualität“ ungenutzt – und wird irgendwann Einspruch erheben. Um den Lernprozeß mit den Entwicklungsbedürfnissen eines Menschen in Einklang zu bringen, ist es hilfreich, seine dahinterliegenden Intentionen zu erkennen und zu würdigen – dies ist zugleich die sicherste Basis für guten Kontakt. Auch wenn ein Verhalten nicht konstruktiv erscheint, läßt sich in genügender Tiefe stets eine dahinterliegende positive, d.h. lebensfördernde, Absicht erkennen. Sie liegt meist auf einer bisher nicht beachteten Entwicklungsebene. So dient „Trotz“ zum Beispiel meist der durchaus wichtigen Erfahrung von Eigenständigkeit und eigener Bedeutung (Entwicklungsebene Individualität). Wird die innere Intention akzeptiert, ist der Weg für neue, konstruktivere Verhaltensweisen frei. Häufig stehen verschiedene Bedürfnisse miteinander im Konflikt. Zur Klärung solcher Konflikte bietet das NLP Verhandlungsmodelle. Es geht dabei darum, daß Teilaspekte einer Persönlichkeit sich gemeinsamer übergeordneter Ziele bewußt werden und sich gegenseitig darin unterstützen, hierfür das beste tun zu können. Als Motivationsblockaden tauchen häufig aus der Vergangenheit angelernte Glaubenssätze auf, wie: „Es hat alles keinen Sinn, ich kann das nie, lernen ist eine Qual etc.“ Manchmal werden sie schon durch ein positives Gegenbeispiel, im Hier und Jetzt erlebt, verändert. Fester sitzende Verallgemeinerungen erfordern eine
Wenn die Umgebung zu dem paßt, was ich tue, Wenn, was ich tue, zu dem paßt, was ich kann, Wenn, was ich kann, zu dem paßt, was ich wirklich will, Wenn, was ich will, zu dem paßt, wer ich innerlich bin, Wenn, wer ich bin, zu dem paßt, wo ich dazugehöre, werde ich, was ich tue, wahrhaft tun, und das heißt leicht. 18
Aufarbeitung der Ursprungserfahrungen, wozu im NLP die Methoden Re-Imprinting und Time-Line-Therapie verfügbar sind. Tauchen wir wieder auf aus den Hintergründen menschlicher Motivation: Haben sie einmal daran gedacht, wie viele Bedürfnisse eines Menschen in einem einfachen Gespräch berührt werden? Kontakt, Individualität, Anerkennung, Austausch von Wissen ... Auf wie vielen Ebenen kann ein Lernprozeß zu einem Entwicklungsprozeß werden? Auch für Lehrende – denn in einer ganzheitlichen Kommunikation gewinnen beide – und lernen beide!
6. Die Individualität und Zugehörigkeit Die Fragen „Wer bin ich?“ und „Wo gehöre ich dazu?“ sind persönliche wie auch philosophische Grundfragen unseres Lebens. Wenn das, was wir im Lernprozeß tun und wonach wir streben, nicht im Einklang mit dem, womit wir uns identifizeren steht, ist alle Mühe vergebens. Viele Menschen lehnen fortschrittliche Lehrmethoden aus eben solchen Gründen ab – sie benötigen beispielsweise zuerst das Beispiel anderer, gesellschaftliche Akzeptanz, wissenschaftliche Verifikation oder einfach die Würdigung ihrer Persönlichkeit. Das Wechselspiel zwischen Individualität und Zugehörigkeit bietet zugleich die Grundlage für wirklichen menschlichen Kontakt, für Grundgefühle von Vertrauen und Würde. Für die Zugehörigkeit gilt: „Gleich und Gleich gesellt sich gern“, für die Identität gilt: „Gegensätze ziehen sich an“ – im behutsamen Wechselspiel von beidem reifen und wachsen wir in neue Formen der Individualität und Zugehörigkeit hinein. Alles braucht seine Zeit. Auch im Lernprozeß. Gerade hier ist es wichtig, die Einmaligkeit und Andersartigkeit jedes Menschen zu achten – und dabei das natürliche Prinzip von Kontakt, Verläßlichkeit und Gemeinsamkeit zu fördern. Beides ist kein Widerspruch, sondern geht wie das chinesische Yin und Yang auseinander hervor. Veränderungen der Identität und der Zugehörigkeit haben die weitestreichenden Auswirkungen auf das ganze Leben des Menschen, seine Motivation, Fähigkeiten, Handlungen.
7. Die Essenz Nachdem wir die Ebenen des Lernens betrachtet haben, stellt sich vielleicht die Frage: Was ist von all dem für mich, für einen Anderen oder eine Gruppe das Wichtigste, wo soll ich beginnen? Dort, wo die Schwachstellen oder Widersprüche in dieser Kette liegen, lauern die Lösungen – hier lohnt es sich, zu arbeiten, Ressourcen zu suchen, Veränderungen zu bewirken.
; Außenwelt + Handeln Handeln + Fähigkeiten Fähigkeiten + Motivation Motivation + Individualität Individualität + Zugehörigkeit = Persönliche Ökologie NLP aktuell 1/95