Band 04 - Die letzten Tage von Atlantis von Karl H. Koizar ISBN:
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Band 04 - Die letzten Tage von Atlantis von Karl H. Koizar ISBN:
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Die Sonne ging auf über Atlantis. Das Meer sang seine ewige Melodie, bunte Vögel flatterten um die goldenen Säulen des Tempels. Es schien ein Tag werden zu wollen, wie viele andere Tage zuvor. Und dennoch - auf der Stadt lastete bedrückendes Schweigen. Die Tore der Häuser blieben geschlossen. Niemand zeigte sich auf dem Markt, nur bewaffnete Trupps der Garde des Hauptmanns Wusso ließen sich vereinzelt blicken, mit finsteren Mienen und blanken, in der Sonne blinkenden Schwertern. Die Furcht schlich als bleiches Gespenst durch die Gassen, die Angst und die Ungewißheit schnürten die Kehlen der Atlanter zu. König Amur war tot, einem Attentat zum Opfer gefallen auf dem Weg in den Tempel, wo er mit Nif-Iritt, der jüngsten Tochter des Pharao getraut werden sollte und sein Sohn, Prinz Torgo war seit Tagen spurlos verschwunden! Der von den Hohepriestern gedungene Attentäter Hyra war noch nicht entdeckt. Niemand kannte ihn, niemand wußte seinen Namen - außer Taaf und Shidra, den mächtigen Dienern des Gottes Bel, die gehofft hatten, durch dieses Attentat ihre Macht noch zu vergrößern. Prano, Prinz Torgos Freund war in Sorge um ihn. Torgo war mit seinem Diener Jargo zu einer Tigerjagd ins Gebiet der großen Sümpfe aufgebrochen und von dieser nicht mehr zurückgekehrt. Man hatte in der Hauptstadt aber auch keinerlei Nachricht über das Befinden des Prinzen. Man wußte nicht, wie diese Jagd ausgegangen war, am wenigsten aber konnte man ahnen, welch hinterlistiger Streich sich in den Sümpfen tatsächlich abgespielt hatte! Nif-Iritt war mit ihrem Vertrauten, dem blinden Ägypter Nimbur, der Sehergaben besaß, in den vereinsamten Palast zurückgekehrt und hatte seit dem Attentat ihre Gemächer nicht mehr verlassen. An jenem Morgen empfing sie Nimbur. Gül-Gül und Sil, ihre beiden Dienerinnen führten den Blinden in das Gemach, das der König reich mit Teppichen und blumengefüllten, kostbaren Vasen hatte schmücken lassen. "Sei gegrüßt Nimbur", empfing ihn die Königstochter. "Die Götter seien mit dir, Nif-Iritt", antwortete Nimbur und ließ sich zu einem Schemel geleiten, auf dem er sich niederließ. Nif-Iritt gab den beiden Dienerinnen einen Wink, sich zu entfernen. Sie sah Nimbur mit besorgter, ernster Miene an. "Wir haben ihre Hilfe nötig" sagte sie. "Der gestrige Tag war wohl der Schlimmste meines Lebens - jenen ausgenommen, an dem die Galeere versank und uns die Atlanter gefangen nahmen." "Er hatte auch sein Gutes", meinte Nimbur. "Die Ehe mit König Amur, dir nicht weniger verhaßt als mir, kam nicht zustande. Von Rechts wegen bist du frei, Nif-Iritt. Der König ist tot und der Prinz regiert nicht. Niemand dürfte uns hindern, die Insel zu verlassen." "Glaubst du?" fragte Nif-Iritt, von plötzlicher Spannung ergriffen. "Es käme auf einen Versuch an!" Nimbur schüttelte den Kopf. "Wir würden nicht weit kommen" sagte er. "Hauptmann Sarga hält den Hafen besetzt. Wussos Garde steht an allen Ausgängen des Schlosses." "Aber wer befiehlt ihnen?" "Sie befehlen sich selbst. Jeder wartet, niemand weiß was die nächste Stunde bringen wird. Der Prinz kann jeden Augenblick wiederkehren, oder Botschaft senden." (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Und wenn dies nicht geschieht?" "Dann ist Atlantis ohne König." "So ist nichts geschehen um Klarheit über Torgos Schicksal zu erlangen?" "Ich weiß es nicht. Der Rat der Ältesten soll heute zusammentreten. Inzwischen hat Wusso auf eigene Faust eine Kohorte nach den Sümpfen geschickt. Die Männer sind noch gestern Abend ausgeritten und sollen nach dem Prinzen forschen. Niemand weiß davon, ich habe es erfahren. Der Hauptmann ist dem Prinzen treu." "Ja, der Prinz ist beliebt beim Volk ich weiß es. Aber was wird nun aus uns werden, Nimbur? Sollten wir warten? Wer weiß, vielleicht verfällt die ganze Insel in Anarchie, oder aber es ergreifen die Priester die Macht, oder gar der ekelhafte Reg, der König der Bettler. In beiden Fällen wäre unser Schicksal ganz ungewiß, wenn nicht schlimm. Die Hohepriester werden ihre Macht demonstrieren wollen. Du weißt, was sie mit Bethseba vorhatten, sie können es morgen mit mir tun. Nimbur hob die Schultern. "Ich weiß es Prinzessin", antwortete er. "Wir alle sind vor ihnen nicht sicher. Noch mehr als die Priester aber fürchte ich das andere schreckliche Verhängnis, das ich in meinen Träumen schaute und das über Atlantis hereinbrechen wird." "Was du dem König prophezeit hast, hat sich erfüllt", sagte Nif-Iritt, von abergläubischer Furcht erfüllt. "Und auch das andere wird sich erfüllen - es wird sich erfüllen, wie des Königs Fluch. Auch er sah in seinen letzten Augenblicken wohl, was ich schaute. Das Entsetzliche ist unabwendbar und ich fühle, daß die Stunde nah ist." Nif-Iritt begann mit unruhigen, kurzen Schritten in dem Gemach auf und abzuwandern. "Und wenn wir unser Glück versuchen?" fragte sie. "Du meinst einen Fluchtversuch?" "Ja" sagte sie. "Wir könnten uns verkleiden." "Und was dann?" fragte Nimbur. "Du vergißt, ich bin ein blinder Mann und du hast keine andere Hilfe, als deine beiden Dienerinnen. Vielleicht gelänge es uns, ein Boot zu stehlen. Aber ein Boot allein nützt uns nicht viel. Wir brauchen Trinkwasser und Lebensmittel, wenn wir die Insel verlassen wollen." Nif-Iritt überlegte. "Gül-Gül war schon in der Stadt", sagte sie. "Sie half Nef-Naton bei den Vorbereitungen zu seiner Flucht. Vielleicht kann sie uns helfen. Ich werde mit ihr sprechen." "Es kann nicht schaden", sagte Nimbur nach kurzem Überlegen. "Es gibt einen geheimen Weg aus dem Schloß, jenen Weg den Regs Leute nahmen, als sie bei Nacht in das Schloß eindrangen und durch den Torgo seine Freunde führte, um mit ihnen den Ausfall aus dem belagerten Schloß zu machen. Dieser Weg läuft unter dem Wassergraben durch und endet in der Stadt. Ich weiß, wo der Weg beginnt. Er beginnt in den tiefen Wölben des Schlosses. Da ich blind bin, achten sie nicht auf mich und lassen mich gewähren, wenn ich zuweilen durch die Gänge und über die Treppen wandere. Aber meine Sinne sind nicht tot Nif-Iritt, meine Ohren und mein Verstand sind wachsam und rege." "Du hast den Gang gefunden?" "Ja, ich kann ihn Gül-Gül beschreiben. Sie wird durch ihn hindurch kommen, denn ich glaube nicht, daß an seinem Ausgang Wachen stehen. Haben wir Glück, so kommen wir alle durch diesen Gang in die Stadt. Aber ich denke stets an das, was folgt. Wir brauchen Nahrung, Wasser, Waffen und andere Kleidung." "Auch Waffen?" fragte Nif-Iritt. "Gewiß und ihr Frauen werdet sie führen müssen. Wer weiß, was uns auf dem Meere begegnet." Nif-Iritt atmete schwer. Sie spürte, wie sehr ihr Ratgeber recht hatte. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Besser dies alles, als noch länger die Gefangenschaft der Atlanter erdulden", rief sie trotzdem. "Das sagst du jetzt" meinte Nimbur lächelnd. "Aber erträgst du erst die Einsamkeit des Meeres, oder begegnen wir einem der Ungeheuer, die auf dem Wasser hausen, so wirst du dich zurückwünschen nach den kühlen, in edlen Stein gehauenen Zimmern dieses Palastes." "Auch Nef-Naton hat es gewagt", antwortete Nif-Iritt "und Nef-Naton war allein." "Er war ein Mann, Prinzessin. Ein Mann allein vermag viel, ist er im vollen Gebrauch seiner Sinne und Glieder. Gib mir mein Augenlicht wieder und ich will das Schwert führen wie Torgo." * Taaf berührte mit sanftem Druck eine der Verzierungen an der Wand hinter dem Allerheiligsten der Gottheit. Mit leisem Rollen wich die Wand zur Seite und gab eine kleine Kammer frei, in der die Gestalt eines Mannes erschien. "Die Luft ist rein", sagte Taaf, "du kannst fliehen. Niemand wird dich mehr sehen. Die Brücken sind geöffnet, du kannst ungehindert den Tempelbezirk verlassen." "Aber vorher erhalte ich noch die zweite Hälfte meines Lohnes", forderte Hyra. "Der König ist tot und an euch ist es nun, zu zahlen. Ich habe das Meine geleistet." "Du erhältst dein Geld", antwortete Taaf. "Komm hinüber zu Shidra. Das Gold liegt in seinen Gemächern. Dort ist es am sichersten." Hyras Augen blinzelten begehrlich bei diesen Worten. Taaf sah es wohl und ein verächtliches Lächeln umspielte seine Lippen. Hyra kannte den Weg. Taaf ließ ihn vorangehen. Sie verließen die Tempelhalle und überquerten den Vorplatz, um in den Hain, zu den Häusern der Priester zu gelangen. Hyra war ahnungslos. Er fand kaum Zeit zur Gegenwehr, als plötzlich aus den Büschen fünf, sechs Tempeldiener hervorsprangen und sich auf ihn stürzten. Mit einem kühnen Satz brachte sich Taaf außer Reichweite der Kämpfenden. Hyra wehrte sich aus Leibeskräften. Aber die Übermacht der anderen war zu groß. Der Kampf währte nicht lange und Hyra lag gefesselt im Gras. "Schurke" keuchte er, als er Taafs ansichtig wurde. "So lohnst du die, welche für dich arbeiten?" "Du erhältst den gerechten Lohn für einen Königsmörder, verlasse dich darauf", antwortete Taaf überlegen. "Los, schafft ihn fort, ich will diesen Menschen nicht mehr sehen." Die Tempeldiener schleiften den sich Sträubenden zurück nach dem Tempel, wo er in einer der unterirdischen Kammern verschwand. Taaf hingegen setzte seinen Weg zu Shidra fort. Der dicke Hohepriester war gerade bei einer beschaulichen Andacht. Sie galt den Goldbarren, welche Rostan angefertigt hatte. Shidra saß einem ganzen Stapel davon gegenüber und sonnte sich in dem Glanze des gelben Metalls. "Wenn es auch wie Rostan sagt, kein echtes Gold ist, so ist es doch eine Labsal für mich es zu sehen", sagte er als Taaf eintrat. "Und es hat ja auch für uns nicht geringeren Wert, weil wir es als echtes Gold ausgeben." "Eben habe ich uns etliches davon erspart", sagte Taaf, dem Hohepriester gegenüber Platz nehmend und nach einer Schüssel voll Trauben greifend. "Ich habe Hyra festnehmen lassen." "Das ist gut", grinste Shidra. "Der Einfall kam mir vorhin. Ursprünglich wollte ich ihn zuerst nur aus seinem Versteck lassen. Aber dann hatte ich die Idee. Wir werden dem Volk verkünden, daß wir den Mörder des Königs gefangen haben." (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Das ist gut", sagte Shidra, "aber Hyra wird reden, er wird uns verraten. Es wäre vielleicht besser, ihn ganz stumm zu machen." "Nein, das wäre schlecht", sagte Taaf. "Ein toter Mörder ist wertlos. Ein lebendiger aber verhilft uns zu einem neuen Spektakel in der Arena. Wir werfen ihn angesichts des Volkes den Löwen vor." Shidra schüttelte den Kopf. "Er wird schreien und allen zurufen, daß wir ihm Geld dafür .gegeben haben, daß wir ihn angestiftet haben, die Tat zu vollbringen für die er nun büßen soll." Taafs Gesicht überflog ein teuflisches Lächeln. "Es gibt einen Weg das zu verhindern", sagte er. "Und der wäre?" "Der Gott wird seine Zunge fordern. Man wird sie ihm aus dem Munde schneiden und auf dem Altar Bels opfern." "Das ist ein guter Einfall", lobte Shidra. "Vielleicht ist das Fest in der Arena der Anlaß, den wir erhoffen. Die Ratsältesten versammeln sich heute im Schloß. Ich habe vier vom ihnen bestochen. Wenn es ihnen gelingt, auch die anderen auf ihre Seite zu bringen, wird man uns zeitweilig, bis zur Rückkehr Torgos die Regentschaft anbieten. Wir werden sie annehmen und dann dafür Sorge tragen, daß Prinz Torgo niemals zurückkehrt." "Dann können wir es gleich in der Arena verkünden lassen", rief Taaf erfreut. "Dann will ich schnell einen Boten ins Schloß senden, daß wir den Mörder haben." "Vergiß Bels Wunsch nicht", erinnerte Shidra. Taaf nickte finster und ging. * "Wenn du das Gewölbe erreicht hast Mädchen, so halte dich links, stets an der Mauer", belehrte Nimbur Gül-Gül. "Es ist eine rauhe, alte Wand. Ich konnte nicht sehen, aus was für Steinen sie gefertigt ist, aber meine Finger fühlten sie. Der Stein ist feucht Gül-Gül, und roh beschlagen." "Und dann?" fragte Gül-Gül. "Dann endet der Stein in einer glatten Nische. Rings um die Nische sind Vertiefungen angebracht. Es soll wohl ein Zierat sein. Berühre eine solche Vertiefung in der Höhe der Brust und die Nische tut sich auf. Dahinter führt der Stollen in die Freiheit." Gül-Gül nickte. "Gut" sagte sie, "ich habe mir alles genau eingeprägt. Doch was soll ich tun? Ich kenne niemand als den Wirt in der Taverne in dieser Stadt und dieser Mann wird mich anzeigen. Denn er hat mich und Nef-Naton beherbergt und Wusso hat sein Haus nach uns durchsuchen lassen. Er wird Furcht fühlen, wenn ich wiederkomme. Er wird mir nicht mehr helfen." "So versuche dein Glück anderswo", meinte Nimbur ermunternd. "Unter Umständen hängt unser aller Leben davon ab. Daß wir die Hilfe belohnen werden, so sich dafür Gelegenheit ergibt, ist selbstverständlich." "Gut", sagte Gül-Gül, "ich werde es versuchen. Aber wie gelange ich ungesehen hinab in die Gewölbe?" Nimbur schüttelte den Kopf. "Das weiß ich nicht", antwortete er. "Frage Bethseba. Ihr hat Prinz Torgo die Freiheit geschenkt. Sie kann gehen, wohin es ihr beliebt. Aber verrate ihr nicht, was wir vorhaben. Ich glaube, daß sie Torgo liebt. Es besteht Gefahr, daß sie uns verrät." "Bethseba?" fragte Gül-Gül. "Sie würde mit den Atlantern gegen uns gemeinsame Sache machen?"
(C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Vergiß nicht, daß sie nicht eine der unseren ist. Bethseba ist eine Jüdin, die Angehörige eines verachteten und gehaßten Volksstammes, der bei uns in Ägypten kein sehr rosiges Leben führt. Wenn ich Bethseba wäre, ergriffe ich mit Freuden die Gelegenheit, mich für die Schmach die meinem Volk im Nilland angetan wird zu rächen." "Aber Bethseba ist nicht so", versicherte Gül-Gül voll aufrichtiger Überzeugung. Nimbur hob abwehrend die Hände. "Auch die Liebe vermag viel", sagte er. "Ich jedenfalls traue Bethseba nicht, sonst hätte ich mich direkt an sie und nicht an dich gewendet. Bitte sie unter einem Vorwand darum, dich hinab in die Gewölbe des Schlosses zu bringen. Sage ihr meinetwegen, daß dich die Neugier plage. Das glaubt sie sicher, denn sie ist eine Frau wie du und Frauen sind stets neugierig." "Ich werde mit Bethseba sprechen", meinte Gül-Gül "und so handeln, wie du mir aufgetragen hast." "Gut. Und vergiß in der Stadt nicht, daß wir Kleider und Waffen ebenso nötig haben, wie das was uns zur Nahrung dient." Gül-Gül mußte lächeln. "Du wirst nach Nef-Naton der zweite Ägypter sein, der seinen Bart opfern muß" sagte sie. "Die Atlanter sind bartlos. Sie schneiden sich den Bart mit scharf geschliffenen Messern ab. Auch du wirst dich also von ihm trennen müssen, denn sonst würde man dich trotz der besten Verkleidung als Fremden erkennen." Nimbur zog die Brauen zusammen. "Es wird mir nicht erspart bleiben" brummte er, "obgleich es schlimm für einen Mann ist, die Zierde seines Angesichts den barbarischen Sitten der Atlanter opfern zu müssen." Gül-Gül erhob sich. "Also sei es", sagte sie. * Hauptmann Wusso war nicht wenig erstaunt, als plötzlich ein Tempeldiener in seinen Dienstraum stürzte. "Hauptmann, Hauptmann! Wir haben ihn!" "Wen?" fragte Wusso verwundert. "Dank der Wachsamkeit von Taaf und Shidra ist es gelungen, ihn festzunehmen!" "Wer wurde festgenommen? Bei Bel ich lasse dir das Fell über die Ohren ziehen, obwohl du Tempeldiener bist, wenn du mir nicht endlich vernünftig sagst was vorfiel und wer gefangen wurde!" "Wusso schnauzte den Tempeldiener in seiner vierschrötigen Kriegerart an, daß dieser erbleichte und erschrocken einen Schritt zurückwich. "Wir haben den Mörder des Königs", sagte er. Wusso sprang auf. "Was sagst du da?!" rief er. "Ich weiß, was ich sage" blieb der Tempeldiener bei seiner Behauptung. "Taaf und Shidra senden mich zu dir. Sie halten den Mörder einstweilen in einer der unterirdischen Kammern des Tempels gefangen." "Und wer ist es?" "Wir kennen ihn nicht." Wusso griff wortlos nach seinem Waffengurt und hängte sich das Schwert um. Dann rief er fünf Mann seiner Wache. "Bring mich hin", verlangte er von dem Tempeldiener. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Nur fünf Mann nimmst du mit?" fragte der erschrocken. "Diese fünf werden wohl genügen, einen einzelnen Mann hierher zu bringen", sagte Wusso verächtlich. "Nachdem es euch gelungen ist, ihn festzunehmen kann es sich um keinen besonders gefährlichen Menschen handeln. Vielleicht irrt ihr euch sogar und der Mann hat statt des Königs nur ein Kaninchen getötet." Der Tempeldiener hob beschwörend die Hände. "Taaf und Shidra sagen die Wahrheit" rief er. "Es ist der Mörder des Königs. Er hat die Tat bereits gestanden, wir haben ihn sofort verhört und Bel schwören lassen." Wussos Miene wurde ernst. "Dann ist es etwas anderes", sagte er. "Dann wird es wohl stimmen, wenn er bei Bel schwur. Sonderbarer Mensch Wo habt ihr ihn gefunden?" "Taaf sagt, er hielt sich im Tempelbezirk versteckt und war fast verhungert." "Na, zum Verhungern braucht es eine Weile" meinte Wusso "und seit des Königs Tod sind erst vierundzwanzig Stunden ergangen. Aber wahrscheinlich hat dem Kerl der Magen gekracht und er wollte Essen stehlen. Daß sich das der dicke Shidra nicht gefallen lassen wollte, kann ich mir vorstellen." "Wie kannst du so respektlos vom Hohepriester sprechen", rief der Tempeldiener wütend. "Hast recht", sagte Wusso. "Wenn er wirklich den Königsmörder gefangen hat, kriege ich vielleicht tatsächlich noch Respekt vor ihm." Die Kohorte war bereit und die Männer gingen. * Im Ratszimmer des Palastes tagte die Versammlung der Ältesten. Have, Pulut, Korto, Hanos, Josup, Gabul, Pran und Randa hießen jene weisen Männer, die König Amur zu seinen Lebzeiten zu Beratern gewählt hatte. Jeder von ihnen hatte den siebzigsten Lenz bereits überschritten. Ihr Haar war schneeweiß und lang und zum Zeichen ihrer Würde trugen sie es in einem goldenen Reif, den sie wie eine Krone auf das Haupt gedrückt hatten. Sie wurden im ganzen Lande geachtet und geehrt. "Unsere Lage ist schwierig" begann Have. "Das Land braucht einen neuen König." "Dem Prinzen stünde es zu, jetzt den Platz seines Vaters einzunehmen", erklärte Josup hüstelnd. "Der Prinz muß die Krone von Atlantis tragen." "So will es das Gesetz", fügte Randa hinzu. "Aber" sagte Have, der für gewöhnlich in den Versammlungen das Wort führte, "wir wissen nicht, was dem Prinzen widerfahren ist. Vielleicht lebt auch er nicht mehr." "Es wird Zeit, daß wir Leute nach den Sümpfen senden", meinte Korto. "Wir müssen Gewißheit über das Schicksal des Prinzen erlangen." "Vielleicht ist auch er nicht mehr am Leben", sagte Pran sorgenvoll. "Das fürchte ich weniger. Aber vielleicht liegt er schwerkrank in einem Bauernhaus, vielleicht hat er Fieber und bedarf der Hilfe eines Heilkundigen. Es war unverantwortlich von dem König, daß er nicht gleich Boten aussandte." "Der Prinz blieb öfter ein paar Tage länger weg und es war bekannt, daß er die späte Heirat seines Vaters mit der ägyptischen Prinzessin nicht billigte", sagte Have. "Jag, das war wohl der Grund, weshalb der König nichts unternahm. Aber jetzt ist es Zeit, daß wir Klarheit bekommen. Wir müssen Boten in die Sümpfe senden, die Gewißheit über das Befinden des Prinzen erlangen sollen" "Aber", warf Josup ein, "was geschieht, wenn der Prinz etwa nicht mehr am Leben ist? Was tun wir dann?" Have runzelte die Stirn. "Dann brauchen wir einen neuen König", brummte er. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Und wer soll das sein? Einer von uns etwa?" Have schüttelte den Kopf. "Die Könige von Atlantis wurden stets aus dem Geschlecht der Atlantiden gewählt. Torgo ist der letzte von ihnen. Mit ihm ist das Geschlecht ausgestorben, wenn Torgo keine Frau nimmt, die ihm einen Sohn schenkt. Zum ersten Mal in seiner Geschichte würde Atlantis von einem König regiert werden, der nicht dem Hause der Atlantiden angehört." * "Dann darf es nur ein würdiger Mann sein", sagte Josup lauernd. "Und wer wäre würdiger die Nachfolge König Amurs anzutreten, als unser Hohepriester Shidra, der treue Diener des großen Gottes Bel." Have war über diesen Vorschlag erstaunt. "Shidra?" fragte er widerwillig. "Er ist Priester und soll es bleiben. Wenn sich Priester in Dinge der weltlichen Regentschaft mengen, ist das für das Volk selten von Vorteil." "Was für ein faszinierender Gedanke", meinte jedoch Pulut, "die geistliche und die weltliche Herrschaft in einer Hand! Denkt daran, daß es die Ägypter ebenso machen - der Pharao ist zugleich auch ihr höchster Gott." Have schüttelte den Kopf. "Weder Shidra noch Taaf sind Götter. Sie sind Priester. Der Gott ist Bel." "Aber wäre es nicht fast so, als ob Bel selbst auf unserem Throne säße, wenn sein höchster Priester die Gewalt über die Regierung ausübte?" Randa hatte das gesagt. Auch er war von Shidra bestochen. "Ich bin dafür", sagte auch Hanos, der Vierte in ihrem Bunde. * Zwischen den neun Männern entspann sich eine hitzige Debatte. Unterdessen hatte Wusso den Tempel erreicht und der Diener brachte ihn sogleich in Shidras Haus, wo der Hohepriester den Hauptmann der Garde mit gekünstelter Liebenswürdigkeit empfing. ,,Ich habe mir schon gedacht, daß du sogleich kommen würdest", sagte er händereibend, "heute ist der glücklichste Tag meines Lebens. Ich bin in der Lage, den Mörder unseres gütigen Königs seiner gerechten Strafe zuzuführen." "Wo ist er?" fragte Wusso barsch. "In einer Kammer des Tempels. Ich lasse ihn sogleich bringen." "Nicht nötig", sagte Wusso, "sonst entschlüpft er euch vielleicht noch. Wir gehen selber hin." "Wie du wünscht", meinte Shidra. Er faltete salbungsvoll die Hände über seinem Bauch und folgte der Kohorte, die den Weg hinüber zum Tempel nahm und gegenüber dessen Portal Aufstellung nahm. "Wir müssen auf die andere Seite", sagte Shidra zu Wusso, "der Eingang in die Kammern befindet sich auf der rückwärtigen Seite des Tempels Hauptmann." Wusso knurrte einen ärgerlichen Laut und ließ seine Krieger weitermarschieren. Während das Portal des Tempels mit seinen blitzenden Säulen prangte, war seine Rückseite ziemlich schmucklos gehalten. Sie bestand fast nur aus glattem, fensterlosem Mauerwerk, das lediglich auf dem Dache gewisse Verzierungen aufwies. Doch in der gleichen Höhe wie das etwas plumpe, überdimensionierte Fundament war eine Tür in der Mitte des Bauwerks eingelassen, durch die man in die unterirdischen Kammern gelangen konnte, in denen auch Bethseba, vor ihrer Errettung durch Prinz Torgo gefangen gehalten worden war. Vor diesem Eingang stand eine Anzahl von Tempeldienern in aufgeregtem Gespräch. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Was tun diese hier?" fragte Wusso. "Sie wachen, daß er nicht entfliehen kann", antwortete Shidra und wandte sich an die Tempeldiener. "Freunde, weicht zur Seite, Hauptmann Wusso ist da um den Gefangenen mitzunehmen." Die Tempeldiener gaben den Eingang frei, der zudem noch verschlossen war. Shidra hatte den Schlüssel und öffnete. "Nun mußt du vorangehen", grinste Wusso. "Du mußt uns den Weg zeigen." "Ich?" fragte Shidra erschrocken. Er dachte daran, daß er es einem der Diener überlassen könne, Hyras Gefängnis aufzuschließen, aber dann besann er sich auf seine Würde und stieg schweigend die Stufen hinab, welche in einem geradeaus unter dem Tempelschiff verlaufenden Gang endeten. Wusso folgte ihm und den Beschluß machten die fünf bis an die Zähne bewaffneten Krieger. Hyra war in der entlegensten Kammer eingeschlossen. Der Hohepriester mußte erst eine der bereitliegenden Fackeln entzünden, da der Korridor gänzlich lichtlos war, um den Kriegern und Wusso den Weg zu erleuchten. Dann rasselte der Schlüssel im Schloß. Entsetzt wich der Hauptmann zurück. Vor ihm auf dem Boden krümmte sich ein Mensch vor Schmerz in seinen Fesseln. Den Hauptmann traf ein Blick aus einem Augenpaar, der eine Welt auszudrücken schien. "Wer bist du?" fragte Wusso. Eine unverständliches Lallen war die Antwort. "Was hat das zu bedeuten? Was ist mit ihm?" fragte Wusso Shidra, der sich abgewandt hatte. "Es war Bels Wunsch", sagte der Hohepriester gepreßt, "wir mußten ihn erfüllen. Der Gott wollte als Opfer seine Zunge. Wir werden sie ihm heute Abend darbringen." Wusso wandte sich schauernd ab. Er war ein harter Krieger und in der Wahl seiner Mittel selbst nicht gerade wählerisch. Aber sein primitiver Verstand reichte durchaus dazu aus, um ihn erkennen zu lassen, daß hier eine Schurkerei getrieben wurde. "Schön", sagte er, "ich nehme diesen Mann mit mir. Stehe auf! - Leute helft ihm auf die Beine! Nehmt ihm die Fußfesseln ab, so daß er gehen kann." Hyra erhob sich wankend. Er sandte Shidra einen Blick zu, den dieser bis an sein Ende nicht mehr vergaß. Mit einem Wutlaut wollte er sich auf ihn stürzen, aber Wussos Krieger hielten ihn gewaltsam zurück. "Kommt mit uns", forderte ihn Wusso streng auf. Shidra beeilte sich, den Tempel zu verlassen. Er überließ es den Dienern, die Zelle später wieder abzuschließen. Wusso und seine Krieger aber eskortierten den Gefangenen hinüber in die Zitadelle, wo sie ihn in das Turmverlies brachten, in welchem die Verhöre stattfanden. Immer wieder stieß der Gefangene Laute aus, deren Sinn Wusso nicht begriff. Es war, als wolle er sich mit dem Hauptmann verständigen. Sein lebhaftes Mienenspiel deutete auf eine Mitteilung von Bedeutung hin. "Wie kann ich es nur anstellen, von diesem Menschen zu erfahren, was ich wissen will?" fragte sich Wusso. Aber zunächst vermochte er sich auf diese Frage noch keine Antwort zu geben. Er wußte nur, daß es sein mußte und er verwünschte insgeheim die Priester, die wie er vermeinte, aus Geltungssucht die Zunge des Gefangenen für ein Opfer behalten hatten. Den wahren Grund für diese abscheuliche Tat ahnte der Hauptmann allerdings nicht. In die Wand des Turmverlieses waren an Ringen Ketten eingelassen, an welche man die zu verhörenden Gefangenen zu hängen pflegte. Sie nahmen ihnen, je nachdem es nötig schien, mehr oder weniger Bewegungsfreiheit. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Als Hyra die Ketten sah, stieß er wilde Laute aus und sträubte sich. Er sah nicht nur die Ketten, sondern auch die verschiedenen Werkzeuge der Tortur, welche in dem Verließ hingen und mit denen schon manches Geständnis aus einem verstockten Gefangenen herausgepreßt worden war. "Ich rate dir, uns die Wahrheit wissen zu lassen", riet Wusso in barschem Ton den Gefangenen. Hyra lallte wieder und glotzte Wusso verzweifelt an. "Hängt ihn an die Ketten", befahl der Hauptmann nun den Kriegern, "aber so, daß er mir Zeichen geben kann. Irgendwie muß ich mich mit dem Menschen verständigen..." * Bethseba saß bei den Pfauen im Garten. Sie war in sich versunken und schien an ihrer Umwelt wenig Anteil zu nehmen. Gül-Gül hatte sie schon eine Weile im Palast gesucht. War es kurz vor der Hochzeit so gewesen, daß sich die Dienerinnen Nif-Iritts im Schloß fast so ungehindert wie die des Königs bewegen konnten, so spürte sie jetzt das wieder erwachte Mißtrauen und die Begegnung mit den Wachen, welche ihr hier und dort den Zutritt verwehrten, rief ihr aufs neue ins Gedächtnis zurück, daß sie eine Gefangene war. In den Garten ließ man sie gehen, war ja dort das ursprüngliche Quartier für die ägyptische Königstochter und ihren Anhang im Pavillon gewesen. Suchend blickte sie zwischen dem blühenden Strauchwerk um und endlich gewahrte sie Bethseba am Ufer des Teiches. "Bethseba", rief sie und eilte zu ihr hin. Bethseba sah auf. "Ach, Gül-Gül", sagte sie. "Bethseba! Man bekommt dich kaum mehr zu Gesicht. Du bist traurig, weil der Prinz verschwunden ist?" "Ich bin aus vielen Gründen traurig", antwortete Bethseba. "Wie kann man glücklich sein in einem Lande, in welchem Mord, Macht und Habgier regieren?" "Du hast recht", antwortete Gül-Gül. "Und deshalb versuche ich mir auf meine Art die Zeit zu vertreiben. Ich will von all dem was hier geschieht, nichts wissen." Bethseba lächelte. "Das ist eine bequeme Art", sagte sie. Mir ist es nicht gegeben, mich über solche Dinge hinwegzusetzen." "Ein wenig Ablenkung könnte auch dir nicht schaden. Und deshalb suche ich dich." Sie gedachte, nach den Worten Nimburs zu handeln. "Was möchtest du?" fragte Bethseba. "Es gibt im Palast unterirdische Räume, welche mich mehr interessieren", sagte Gül-Gül plaudernd. "Solche Räume haben immer eine magische Anziehungskraft auf mich. Es gibt wenig Häuser mit Kellern, aber die des Königs sollen besonders groß und geheimnisvoll sein." "Wahrscheinlich sind nicht halb so viele Geheimnisse dabei, wie dir deine Phantasie vorspiegelt" entgegnete Bethseba. "Mag sein. Aber ich wünsche mir nichts sehnlicher, als einen Blick in diese geheimnisvollen Gewölbe zu tun. Jedoch fürchte ich mich, mich allein da hinab zu wagen und Sil ist fast stets mit der Prinzessin beschäftigt. Da dachte ich an dich. Wollen wir nicht einmal einen gemeinsamen Ausflug in die unterirdischen Gewölbe des Palastes unternehmen, Bethseba?" Bethseba überlegte kurz. "Wenn dir so viel daran liegt", sagte sie, "dann will ich dich gerne begleiten." Gül-Gül schlang ihre Arme um sie. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Ich wußte es", lachte sie. "Doch wäre es mir wünschenswert, wenn du mir den wahren Grund für dein Interesse nennen würdest", fuhr Bethseba zu Gül-Güls Überraschung fort. "Denn nur dann hätte unser Weg wahrscheinlich den gewünschten Erfolg." Gül-Gül erschrak. Heimlich bewunderte sie die Klugheit des Mädchens. "Den wahren Grund?" fragte sie und versuchte ihre Verlegenheit zu verbergen. "Was meinst du?" * "Ich sehe an deiner Miene, daß es einen solchen Grund geben muß", antwortete Gül-Gül. "Falls du Furcht hast ihn mir zu verraten, so werde ich raten. Nimbur will mit Nif-Iritt fliehen. Ist es so?" Gül-Gül erbleichte. "Nimbur hat mir aufgetragen, dir nichts davon zu sagen, weil er dir mißtraut", antwortete sie. "Wie dumm von Nimbur", sagte Bethseba. "Ich werde ihn nicht verraten und ebenso wenig Nif-Iritt. Jeder Mensch hat das Recht auf seine Freiheit. Zwang ist Unrecht. Wenn Nif-Iritt und Nimbur fliehen wollen, so mögen sie es tun. Aber es wird hart für sie werden. Nimbur ist blind, das schafft Beschwernis." "Sie wissen es." "Wahrscheinlich möchten sie wissen, ob es einen geheimen Gang gibt, der aus dem Schloß heraus führt?" "Ja, so ist es." "Und diesen Gang sollst du suchen?" "Ja." "Hält mich Nimbur wirklich für so dumm, daß er glaubt, daß du in meiner Gegenwart nach dem Gang suchen könntest, ohne daß es mir auffiele, Gül-Gül?" "Nimbur kennt den Gang bereits. Er hat ihn trotz seiner Blindheit gefunden, aber er konnte ihn nicht sehen, er weiß nicht wo die Wachen postiert sind und wie man ungesehen da hinab gelangt. Das festzustellen, ist meine eigentliche Aufgabe." Gül-Gül sah ernst auf Bethseba, die sie prüfend betrachtete. "Ich kenne den Gang gleichfalls", sagte diese zu Gül-Güls Überraschung. "Und wenn Nimbur es will und er keinen Verrat befürchtet, so will ich euch behilflich sein, daß ihr ungesehen ins Freie gelangt." "Das würdest du tun?" rief Gül-Gül erfreut. "Sei still", zischte Bethseba, "sprich nicht so laut. In diesem Garten kann hinter jedem Busch ein Späher verborgen sein." Gül-Gül erschrak. "Du hast recht" flüsterte sie, "ich bin unbesonnen. Ich werde mit Nimbur sprechen und ihm berichten, was du mir gesagt hast." "Tue das", antwortete Bethseba. "Ich werde inzwischen überlegen, wie wir es am besten anstellen." Gül-Gül lief davon, um Nimbur die Botschaft zu bringen. * Als Hyra an den in der Wand eingelassenen Ketten hing, stand selbst in den Augen Hauptmann Wussos ein Funke von Mitleid. "Du kannst nicht sprechen" sagte er. "Aber du kannst nicken und den Kopf schütteln. Sie haben dich stumm, aber nicht taub gemacht. Du kennst die schwere Anklage, welche die Priester gegen dich erheben? Du weißt, was dir zur Last gelegt wird? Der Mord an dem (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
König. Es ist das schwerste Verbrechen das es gibt. Nur ein Mann von besonderem Mut konnte diese Tat vollbringen. Bekennst du dich schuldig?" Wusso war schlau. Er hatte die Redewendung von dem "besonderen Mut" mit Absicht einfließen lassen, um Hyra bei seiner Eitelkeit zu packen. Aber Hyra hätte sich auch ohne dem zu seiner Tat bekannt. Er wußte, daß er gegen Taaf und Shidra nicht ankam. So nickte er, um sich die Folter zu ersparen. "Du bist wahrhaft tapfer", sagte Wusso anerkennend. "Ich liebe die Ehrlichkeit. Weshalb hast du die Tat begangen? Haßtest du den König?" Hyra schüttelte den Kopf. "Warst du gegen die Heirat mit der Ägypterin? Viele Atlanter wären damit nicht einverstanden gewesen." Wieder verneinte Hyra. Wusso sah Hyra mit immer finster werdender Miene an. "So hat man dich für die Tat gedungen?" Hyra nickte eifrig. Sein Leben war verwirkt, aber er konnte die welche an ihm Verrat geübt hatten, mit sich in den Abgrund reißen und das wollte er. Doch Wusso, der treu zu Amur und Prinz Torgo hielt, spie nun dem Gefangenen verächtlich ins Gesicht. "Ein bezahlter Meuchelmörder also!" rief er. "Wenn ich bisher so etwas wie Achtung vor dir empfand, so hast du diese nun verwirkt. Du bist ein ganz verkommener Verbrecher." Auch Hyras Blicke trübten sich. Er gab einige unverständliche Laute von sich. Wusso ahnte nicht, welche Qualen dieser Mensch empfand, der die Namen der beiden Anstifter herausschreien wollte und nicht mehr dazu in der Lage war. "Wer hat es getan?" knurrte Wusso. "Wer? War es Reg, der Bettlerkönig?" Kopfschütteln. "Wer sonst als Reg könnte es gewesen sein", knurrte Wusso. "Du willst ihn decken. Ich lasse dir die Glieder ausreißen, wenn du nicht gestehst, wer es war." Hyra lallte Laute, die sich Wusso nicht enträtseln konnte. "Was plapperst du da?" spottete er. Hyra hob verzweifelt die Schultern und senkte den Kopf, Plötzlich fiel sein Blick auf den Boden. Er bestand aus Lehm, den eine Staubschicht bedeckte. Und da kam ihm ein Einfall. Er winkelte seinen rechten Fuß so weit von der Wand ab, als es ihm die Ketten erlaubten und begann mit ihm in den Staub Konturen zu zeichnen. Wusso begriff sofort. Er stellte sich neben den Gefangenen und wartete was das werden sollte. Es wurde das Portal des Tempels. "Die Priester?" fragte Wusso gedehnt und nun war ihm alles klar. Er verstand, weshalb sie Hyra der Zunge beraubt hatten. Eifrig nickte der Stumme. Wusso ballte die Fäuste. "Dieses Pack" zischte er, "ich möchte nicht in ihrer Haut stecken, wenn Prinz Torgo wiederkehrt..." * Als Torgo und Jargo erwachten, brauchten sie beide erst einige Zeit, um sich auf alles zu besinnen was geschehen war. "Herr", klagte Jargo, "wir sind gefangen! Wir sind in eine hinterlistige Falle geraten!" (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Torgos Blicke wanderten durch die primitive Schilfhütte, in welcher sie beide gefesselt lagen. "Es gibt gar keinen Tiger" knurrte er, "wir haben uns täuschen lassen. Wir wollten das Volk des Sumpflandes von einer reißenden Bestie befreien und sind dabei Räubern in die Hände gefallen." "Räubern?" fragte Jargo. "Herr erinnere dich, wie wir Kenntnis von dem Tiger erhielten. Es war am Abend, als wir von unserem Besuch beim Goldmacher in die Stadt zurückritten. Damals begegnete uns ein Mann, der von dem Tiger sprach und in dir den Wunsch weckte, hierher zu reiten. Es muß sich um eine weitverzweigte Bande und um ein abgekartetes Spiel handeln. Ich kenne nur einen, der in Atlantis zu so etwas fähig wäre." "Reg", sagte Torgo. "So ist es. Nur Reg kann es sein. Er hat die schmähliche Niederlage seines Aufstandes nicht überwunden und danach getrachtet, dich in seine Gewalt zu bekommen. Er wird sich fürchterlich rächen Herr, das ahne ich." "Ich fürchte mich nicht vor Reg", antwortete Torgo. "Mag er kommen und sich mir zeigen." "Er wird nicht mit dir kämpfen, sondern auf ein Mittel sinnen, dich auf grausame Art zu töten. Vielleicht will er auch den alten König erpressen." "Mein Vater! Er wird vergebens auf uns warten." "So mag die Hochzeit ohne dich stattfinden Herr, das ist nicht das Schlimmste. Aber wir müssen danach trachten, so schnell als möglich von hier zu verschwinden." Torgo stieß ein heiseres Lachen aus. "Wie sollen wir das anfangen?" fragte er wütend. "Diese Insel ist von Sumpfwasser umgeben, in dem es von Krokodilen nur so wimmelt, wie wir bei der Überfahrt gesehen haben. Und außerdem - dessen bin ich sicher wird die Hütte in welcher wir liegen, streng bewacht. Wir könnten keine zehn Schritte tun, ohne einen Speer oder Pfeil in den Rücken zu bekommen, ganz abgesehen davon, daß wir uns erst einmal unserer Fesseln entledigen müßten." Die Fesseln bereiten keine Schwierigkeiten", meinte Jargo, "ich habe die meinen schon halb aufgeknüpft. Aber was du sonst sagst Herr, hat seine Richtigkeit." "Und dennoch müssen wir fliehen", gab Torgo zu. "Ja, das müssen wir. Es kommt vielleicht nur darauf an, den richtigen Augenblick abzuwarten." "Wir müssen uns des Floßes bemächtigen." Jargo arbeitete fieberhaft an seinen Fesseln und war endlich so weit, daß er auch seinem Herrn helfen konnte die Bande aufzuknüpfen und seine Bewegungsfreiheit wiederzuerlangen. "Wenn jemand kommt, stürzen wir uns auf ihn und nehmen ihm die Waffen ab", flüsterte Torgo. Jargo nickte. Und sie warteten, aber niemand kam. Es war heller Tag draußen vor der Hütte. Aber nichts war zu hören als die Stimmen der Vögel in der Wildnis. Drückende Schwüle lastete auf den beiden und wurde im Verein mit der Ungewißheit ihres Schicksals zur Nervenfolter. Eine Stunde verging und noch eine und immer noch zeigte sich niemand. "Es sieht fast so aus, als wären wir allein auf der Sumpfinsel", stieß Jargo plötzlich hervor. Einem raschen Entschluß folgend, erhob sich der Prinz und trat vorsichtig vor die Hütte. Gestern Abend, im scheidenden Licht der sinkenden Sonne hatte Prinz Torgo nicht mehr viel Möglichkeit gehabt, sich über seinen erzwungenen Aufenthaltsort zu orientieren. Man hat ihn und seinen Freund und Diener Jargo auch gleich in die Schilfhütte gestoßen. Überwältigt von den Strapazen des Tages waren sie trotz ihrer schlimmen Situation bald darauf in einen schweren Erschöpfungsschlaf gesunken. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Aber nun, es war noch früh am Morgen, bot sich Torgo das ganze trostlose Bild ihrer Lage dar. Von den Leuten Regs befand sich tatsächlich niemand auf der Sumpfinsel. Die Banditen hatten wohl den Wald aufgesucht, um dort zu jagen und sich mit Nahrungsmitteln zu versehen, wozu es auf der kleinen Insel kaum Möglichkeiten gab. Die Insel war nicht sehr groß. Rings um einen kleinen Platz, auf dem sich am Aschenhaufen eine niedergebrannte Feuerstelle erkennen ließ, erhoben sich sechs etwa gleich große Schilfhütten und eine siebente, größere, stand etwas abseits. Auf der Insel gab es kein Buschwerk und das Schilf war ausgerissen. Torgo erkannte auch gleich, weshalb, an ihrem Uferrand sonnten sich riesige, fette Krokodile, aber es gab nichts, worin sie sich verkriechen konnten und man war vor unangenehmen Überraschungen sicher, weil sich die Tiere nicht weiter in das Innere der Insel wagten. Am Anlegeplatz fehlte selbstverständlich das Floß. Die Männer hatten es gebraucht um überzusetzen. Sie brauchten sich wahrhaftig um ihre Gefangenen keine großen Sorgen zu machen, es gab Wächter genug um jeden Fluchtversuch zunichte zu machen. Jargo hatte sich Torgo zugesellt. "Die Götter haben sich gegen uns gewandt" sagte er bedrückt, als auch er die Unmöglichkeit eines Fluchtversuches eingesehen hatte. Ein helles Wiehern machte die beiden Männer aufmerksam. Da kam der Schimmel Torgos angetrabt und in seiner Begleitung Jargos Brauner. Die beiden Männer kraulten ihnen die Mähnen und Torgo klopfte dem Schimmel den Hals. "Hättet ihr beide Flügel, so könntet ihr uns hinüber ans andere Ufer tragen", sagte er, "da dies aber nicht der Fall ist, werden wir wohl bis zum Abend warten müssen, bis die Bande wiederkehrt. Und was dann geschehen wird, weiß ich nicht, da man uns die Waffen abgenommen hat." "Aber es muß doch eine Möglichkeit geben von hier fortzukommen", sagte Jargo ungeduldig. "Wir müssen nachdenken Herr, es muß uns etwas einfallen!" "Was sollen wir tun?" entgegnete Torgo. "Auch die Pferde können uns nicht helfen. Sie würden unter unseren Füßen von den Krokodilen zerrissen werden." * Die Versammlung der Ältesten des Reiches war an ihrem hitzigen Höhepunkt angelangt, als plötzlich der Vorhang des Beratungszimmers auseinandergerissen wurde und Hauptmann Wusso erschien. "Was möchtest du?" rief Pran sich umwendend, dem Hauptmann entgegen. "Weißt du nicht, daß du unsere Beratung nicht stören darfst?" "Ich weiß es", entgegnete Wusso "und doch will es mir scheinen, als sei ich gerade zur rechten Zeit gekommen. Wie ich höre, besteht die Absicht den Hohepriester Shidra zum Nachfolger König Amurs zu wählen?" "Hast du gehorcht?" "Ihr spracht ja laut genug. Das halbe Schloß kann Euch hören. Was braucht man da erst zu lauschen! Ich habe eine Nachricht für Euch und diese muß ich Euch vortragen und zwar jetzt. Und dann mögt Ihr entscheiden, ganz nach Eurem Ehrgefühl!" Diese Worte klangen so sonderbar, daß sich ihm die Ältesten gespannt zuwandten. "Sprich", forderte ihn Have auf. "Man hat den Mörder des Königs gefangen." Diese Worte trafen die Versammlung wie eine Bombe. "Und dieser Mann wurde von den Hohepriestern zu diesem Mord gedungen!" rief Hauptmann Wusso in das wilde Stimmengewirr hinein das sich nun erhob. * (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Reg befand sich auf dem Wege zur Sumpfinsel, als er von dem Mord an König Amur erfuhr. Und gleichzeitig wurde ihm auch Nachricht zuteil, daß seine Leute den Prinzen gefangen hielten. Reg hatte in einer schmierigen Herberge für Wanderer Quartier genommen, in der er kostenlose Unterkunft genoß. In der Herberge war ein Kommen und Gehen: Reg empfing hier seine Nachrichten und sandte Boten nach allen Teilen des Reiches. Männer, die zerlumpt aussahen wie er. Aber die Atlanter wußten, welche Macht die Bettler im Lande hatten. Reg sandte sogleich Nachricht nach der Sumpfinsel, daß er den neuen Ereignissen Rechnung tragend, nicht kommen, sondern nach der Hauptstadt umkehren werde. Der Prinz sei jedoch auf das Schärfste zu bewachen und beim geringsten Fluchtversuch sofort zu töten. Nachdem sich der Bettlerkönig mit Proviant versehen hatte, bestieg er sein Maultier und brach mit zweien seiner Begleiter nach der Hauptstadt auf. "Nun sollen Taaf und Shidra mich kennen lernen" murmelte er, während er dem Tier eine schnelle Gangart aufzwang. Und langsam sank die Sonne. * Nimbur vernahm mit Erstaunen und anfänglichem Unwillen Gül-Güls Bericht über ihr Gespräch mit Bethseba. "Sie ist ein sonderbares Mädchen" sagte er schließlich "und man wird aus ihr nie recht klug. Wenn es so ist wie du mir berichtest, dann haben wir keine andere Wahl als ihr zu trauen, denn sie kennt nun unseren Plan und könnte uns sogleich verraten, wenn sie dazu Lust hat." "Sie wird es nicht tun Nimbur", versicherte Gül-Gül. "Ich wußte nicht, daß diese Sklavin so klug ist", versetzte Nif-Iritt, welche Zeugin dieses Gespräches war, verwundert. "Ich hielt sie stets für bedeutungslos und dumm." "Wir wollen nicht darüber diskutieren, ob Bethseba bedeutungslos ist oder nicht", meinte Nimbur. "Wenn sie uns hilft, so ist sie für uns von Bedeutung. Mögen ihr die Götter zumindest für diese Aufgabe den Verstand erleuchten, so daß unser gefährliches Vorhaben gelingt." "Sie kann mit uns kommen", fügte Nif-Iritt hinzu, "allerdings als meine Sklavin. Ich anerkenne es nicht, daß ihr die Atlanter die Freiheit geschenkt haben." "Ich glaube nicht, daß sie es tun wird Herrin" antwortete Gül-Gül, denn sie hält es für Unrecht, anderen Menschen die Freiheit zu nehmen. Es ist der gleiche Grund, aus dem sie dir und Nimbur helfen will." "Ich sagte doch, daß sie dumm ist", meinte Nif-Iritt. "Wie kann sie sich mit mir, einer Tochter des Pharao, auf eine Stufe stellen!" "Ich an ihrer Stelle wäre lieber Sklavin in Ägypten als frei, aber tot in Atlantis", fügte Nimbur hinzu. "Ich werde es ihr sagen", meinte Gül-Gül. "Tu das und suche sie wieder auf" forderte Nimbur sie auf. "Vielleicht hat sie bereits einen Einfall, wie sie uns heimlich zu dem unterirdischen Gang bringen kann!" Gül-Gül nickte und ging. Nif-Iritt und Nimbur standen einander allein gegenüber. Nimbur horchte Gül-Güls eiligen Schritten nach. "Vielleicht ist das ein guter Anfang" sagte Nif-Iritt optimistisch. "Hoffentlich", meinte Nimbur. Doch seiner Stimme war anzuhören, daß er nach wie vor Zweifel am Gelingen des Unternehmens hegte. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
* Reg und seine beiden Begleiter mieden die Hauptstraße. Sie wählten Seitenwege und schlugen sich auf vielfach nur ihnen bekannten Pfaden durch das Dickicht des Waldes. So kam es, daß ihnen die Kohorte entging, welche im Auftrag Hauptmann Wussos auf dem Wege nach dem Sumpfland war und die überall nach dem Prinzen Erkundigungen einzog. Man hatte ihn und seinen Diener Jargo da und dort gesehen und der Weg der beiden war daher nicht so schwer zu verfolgen. Verhältnismäßig rasch kam die Kohorte vorwärts. Unterdessen erwarteten die Gefangenen auf der Insel voll Ungeduld die Rückkunft der Bettlerbande. Torgo und Jargo hatten die Zeit bis zum Abend nicht ungenützt verstreichen lassen. Aus einigen dürren, von niedergebrannten Büschen übrig gebliebenen Ästen, hatten sie sich mit einiger Mühe Prügel und Stoßspeere angefertigt. Dann hatten sie ihre Hütte wieder aufgesucht und warteten an beiden Seiten des Eingangs versteckt. Als der Abend kam, begann es drüben am Ufer wieder laut zu werden. Die Vögel flatterten erschreckt auf und kreischten. Stimmen von Menschen wurden laut. Die Bettlerbande begann sich zu versammeln. Ein jeder brachte seine Jagd oder auch Bettlerbeute aus der Umgebung angeschleppt. Man wartete, bis alle vollzählig beisammen waren, um dann das Floß zu besteigen, das alle gemeinsam nach der Sumpfinsel bringen sollte. Als es so weit war, stakten sie sich unter eintönigem Singsang mit langen Stangen nach der Insel hinüber. Torgo und Jargo hörten an dem Lied, wie sie näher und näher kamen. Offenbar wähnten sie die beiden Gefangenen noch immer in ihren Fesseln liegend, denn sie ließen keine Vorsicht walten. Unter lautem Schreien und mit Steinwürfen verscheuchten sie die Krokodile vom Anlegeplatz. Sie hatten zu diesem Zweck eigens eine ganze Menge Steine auf dem Floß mitgenommen. "Jetzt kommen sie", flüsterte Jargo "Jetzt ist es so weit. Aufgepaßt Herr, gleich werden sie in unsere Hütte kommen!" Tatsächlich näherten sich gleich darauf Schritte. "Nun wollen wir nach den Gefangenen sehen", rief jemand. "Reg hat uns befohlen, sie scharf zu bewachen. Also wollen wir es tun. Aber verhungern lassen dürfen wir sie nicht, die beiden brauchen etwas zu essen!" Das war nur zu wahr. Torgo und Jargo hatten seit gestern Abend nichts im Magen. Aber nun war keine Zeit, ans Essen zu denken. Der erste, welcher seinen Kopf in die Hütte steckte, empfing einen Hieb, daß er bewußtlos zusammensackte. "Schaff ihn beiseite", zischte Torgo und Jargo packte den Bettler bei seinen Lumpen und zog ihn in den Hintergrund der Hütte, wo er ihn knebelte und fesselte. "He, wo bleibst du denn?" fragte draußen einer bereits ungeduldig und kam gerade im rechten Moment, als Jargo fertig geworden war. Auch er lag bald neben seinem Kameraden in sanftem Schlummer. "Bis jetzt geht alles gut", äußere sich Jargo händereibend. "Auf diese Weise könnten wir die ganze Bande erledigen." "Diesen Gefallen werden sie uns nicht tun", meinte Torgo flüsternd. Leider erwiesen sich seine Worte nur als allzu wahr. Drei, vier Bettler schoben sich plötzlich in die Hütte. Man hatte draußen Verdacht geschöpft. Ein wilder Kampf entspann sich. Torgo und Jargo kämpften wie die Löwen um ihre Freiheit, aber die Bettler erhielten von draußen Verstärkung.
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"Nach rückwärts hinaus", rief plötzlich Torgo, einem Einfall folgend und warf sich gegen die Hinterwand der Schilfhütte, von Jargo gefolgt. Das leichte Bauwerk brach in sich zusammen und begrub unter einem Haufen von Schilf die schimpfenden und um sich schlagenden Bettler, die im Augenblick gar nicht wußten wie ihnen geschah. "Die Pferde!" rief Torgo. Auf Jargos Pfiffe kamen die beiden braven Tiere herbeigetrabt. "Los komm", rief Torgo dem Freunde zu. Da stand einer beim neu entfachen Feuer und hob die Arme. Er trug Torgos und Jargos Waffen. Offenbar kommandierte er hier auf der Insel. "Die Waffen her!" schrie ihm Jargo zu und drang auf ihn ein. Es war ein kurzer Kampf und Jargo wurde Sieger. Torgo hatte inzwischen die beiden Pferde auf das Floß geführt und eben, als die Bettler sich aus den Resten der Schilfhütte befreit hatten, sprang auch er auf das Floß und mit gewaltigem Stoße stießen die beiden jungen Männer von der Insel ab. Unter zornigem Geschrei kamen ihnen die Bettler bis ans Ufer nachgelaufen und schwangen wütend die Fäuste. "Jetzt sind sie auf ihrer eigenen Insel gefangen" lachte Jargo, "denn ohne dieses Floß können sie nicht weg und auf der Insel gibt es kein Material, womit sie sich ein neues bauen könnten." "Ihnen geschieht recht", meinte Torgo. "Wir wollen uns beeilen! Die Sonne sinkt rasch und bei Nacht möchte ich nicht mehr auf diesem Sumpfwasser sein." Zu beiden Seiten hörten sie verdächtiges Plätschern. Sie sahen die langen Leiber der riesigen Echsen, welche hungrig das Floß begleiteten, auf billige Beute lauernd. Die Insel mit den Zurückgebliebenen entfernte sich mehr und mehr und das Ufer kam näher. Da wurde Torgo am Ufer eine Bewegung gewahr. Er machte Jargo darauf aufmerksam, aber es war bereits zu dunkel, um sie erkennen zu lassen, worum es sich handelte. "Da ist jemand", sagte er, "Leute sind es, ein ganzer Trupp..." "Herr!" rief Jargo plötzlich, "das sind Krieger! Die kommen sicher, um nach uns zu suchen! Wir sind gerettet!" Er stieß einen Jubelschrei aus, der zugleich Wussos Leute aufmerksam machte. Auch Torgo fiel nun in die Rufe mit ein und zu zweit machten sie sich bemerkbar. Die Krieger hörten es und schwenkten ihre Lanzen, indem sie gleichfalls ein wildes Geheul anhuben. Als das Boot landete, wurden Torgo und Jargo sogleich von Wussos Leuten umringt, welche laut ihre Freude darüber zum Ausdruck brachten, daß sie die Vermißten gefunden hatten. * Für die Männer der Ratsversammlung, welche mit den Hohepriestern gemeinsame Sache machten, war die Mitteilung Hauptmann Wussos ein Schlag. "Es ist nicht wahr", schrien sie wild durcheinander, "es ist alles Lüge! Dieser Mann will die Priester beleidigen und herabsetzen!" "So?" entgegnete Wusso. "Will ich das? Dann kommt einmal mit, seht euch den Gefangenen an und fragt ihn selber!" "Wie können wir ihn fragen, wenn er stumm ist?" fragte Randa spottend. "So stumm ist er wieder nicht, daß er nicht Mittel wüßte uns wissen zu lassen, was er zu sagen hat. Und bei Bel, ich glaube ihm aufs Wort, denn alle Umstände deuten darauf hin, daß er die Wahrheit spricht!" (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Wo ist der Gefangene jetzt?" fragte Randa. "Ich habe ihn mit einer Kohorte in die Stadt geschickt. Er wird sie nach der Wohnung führen, wo er das Gold das er zum Lohn für seine Tat erhielt, verborgen hat. Wir werden sehen, wo er das Gold her hat. Dann werden wohl die letzten Zweifel schwinden!" "Die Priester hätten diesen Mann zum Morde angestiftet?" rief auch Josup. "Unmöglich! Der Gedanke allein ist Wahnsinn. Dieser Verbrecher will sich ausreden, um die Schuld auf die demütigen Diener Bels zu wälzen, die an allem unschuldig sind und deren edle Art ihnen verbieten wird, sich zu verteidigen!" "Das glaube ich, daß sie sich nicht verteidigen werden!" antwortete Wusso herausfordernd. "Sie werden es nämlich gar nicht können. Sie werden zusammenbrechen unter der Last der Beweise! Hyra ist schuldig, er wird sterben. Aber die Hintermänner, die wollt ihr laufen lassen? Nein, da hat Wusso auch noch ein Wörtchen mitzureden." "Langsam", rief Have. "Du kommandierst die Garde, weiter nichts." "Weiter nichts? Und Sarga? Und Hauptmann Alwa? ! Ihr seid Greise, die um einen Tisch hocken und debattieren. Wir aber halten die wahre Gewalt in Händen. Wir kommandieren die Krieger zu Land und zur See und wenn das Königreich in Gefahr ist, so werden wir es verteidigen, wenn Ihr es nicht vermögt. Und daß Ihr es wißt: Ihr habt bis jetzt noch keinen Beschluß gefaßt, des Prinzen wegen. Ich aber habe gehandelt. Wenn der Prinz noch lebt, so werden ihn meine Leute finden!" Wütend verließ Wusso den Beratungssaal und ließ die Ältesten des Reiches in einem Zustand der Verwirrung, der Furcht und der Uneinigkeit zurück. Sein Weg führte ihn hinüber zur Zitadelle, wo er Sarga, den Kommandierenden der Schiffe und Alwa, welcher die Landtruppen und die Kriegswagen befehligte, wußte. Sein Entschluß stand fest. Er wollte mit den beiden Männern zusammen ein Militärtriumvirat aufrichten, daß so lange im Amt bleiben sollte, bis der Prinz gefunden war. Die den Hohepriestern verpflichteten Ältesten erkannten diese Absicht und verließen schleunigst die Versammlung, um hinüber in den Tempelbezirk zu laufen. Taaf und Shidra erwarteten diese Männer. Sie jubilierten innerlich, als sie sie so eilig über die Brücke kommen sahen, denn sie vermeinten nichts anderes, als daß sie ihnen die Botschaft vom Gelingen ihres Planes brächten. "Die Stunde ist gekommen", rief Taaf, "alle unsere Mühen werden belohnt. Der Thron ist unser, Shidra! Du wirst sehen, in wenigen Minuten werden wir es erfahren!" Aber als sie die bestürzten Mienen der Ankömmlinge sahen, wurde ihnen langsam klar, daß es keineswegs die erwartete frohe Nachricht sein könne, was die alten Männer so in Trab brachte. Taaf faßte sich als erster. Er trat aus dem Hause und eilte den Männern entgegen. "Josup", rief er erschrocken, "Randa, Hanos - ihr alle, was ist? Redet, was ist geschehen?" "Etwas Entsetzliches geschieht", rief Gabul schon von weitem, "euer Gefangener hat euch verraten!" "Hyra? Das ist unmöglich", antwortete Shidra, der nun gleichfalls herbeigelaufen kam, unter seinem eigenen Gewicht keuchend. "Und doch ist es so", ergänzte Randa Gabuls Worte, "Wusso weiß alles, er hat bereits nach dem Prinzen gesandt und wird euch, wenn ihr nicht schnell handelt, zuvorkommen!" "Bei Bel", knurrte Taaf, die Hände zu Fäusten ballend, "das soll er bleiben lassen! So kurz vor dem Ziel kommt uns dieser Hauptmann nicht mehr in die Quere. Gabul, lauf zu den Tempeldienern! Sie sollen in die Stadt gehen und ausrufen, daß sich das Volk in der Arena versammeln möge!" "Was habt ihr vor?" fragte Hanos besorgt. "Einen Gewaltstreich", antwortete Taaf. Sogleich können sie unmöglich etwas unternehmen. Sie sind zu dritt und werden lange beraten. Bis dahin aber haben wir bereits die Macht durch das Volk! Dann sollen sie kommen, wir werden sie samt ihren Kriegern verjagen!" (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Unterdessen war Reg, der Bettlerkönig, mit seinen beiden Begleitern nach einem Gewaltmarsch in der Hauptstadt angelangt. Schon auf dem Wege dahin hatte er allerlei Dinge vernommen, die weit über die Mitteilungen hinausgingen, die ihn zur Umkehr bewogen hatten. Die Lage hatte sich weiter zugespitzt. Und als Reg eben durch das Stadttor einritt, hörte er das laute Rufen der Tempeldiener, welche die Bevölkerung einluden, in die Arena zu kommen, damit über das Schicksal des Reiches entschieden werde. "Mir scheint, ich komme gerade im rechten Augenblick", rief Reg und suchte sogleich sein "Hauptquartier", ein altes Wirtshaus nahe der Stadtmauer auf, um von da aus seine Fäden zu spinnen. Wie überall, wo Reg residierte, liefen auch von diesem Hause aus Boten bald hierhin, bald dahin. Auch aus der Stadt hinaus liefen seine Boten und seine Nachrichten wurden weitergegeben. Als die Zeit für die Volksversammlung gekommen war, füllte sich die halbe Arena mit Bettlern, niemand vermochte zu sagen, woher sie so rasch gekommen waren. Reg saß an einem gut sichtbaren Platz mitten unter ihnen. Er wartete. Und tatsächlich, da kamen sie, Shidra und Taaf, geleitet von den Tempeldienern. Sie nahten sich in feierlicher Prozession und hatten ihre Prunkgewänder angelegt. Zur gleichen Stunde wurde in der Zitadelle fieberhaft beraten. Die drei Hauptleute saßen beisammen und suchten auf ihre Weise eine Entscheidung herbeizuführen. Wusso, Sarga und Alwa, der Mann, der den König auf seiner letzten Inspektionsreise begleitet und für ihn gekämpft hatte. "Ich könnte mit meinen Schiffen den Hafen blockieren und keine Maus heraus lassen", meinte Sarga. "Allein ich fürchte, das hilft wenig." "Doch, auch das hilft", erklärte Wusso, der für seine Idee Feuer und Flamme war. "Ich halte mit einem Teil meiner Leute das Schloß besetzt. Mit den übrigen marschiere ich in den Tempelbezirk, riegle ihn ab und setze die Hochverräter gefangen. Du Alwa, besetzt alle Ausgänge der Stadt und ihre wichtigsten Punkte. Jeder Widerstand muß sofort im Keim erstickt werden." Ein Krieger unterbrach die Versammlung. "Hauptmann", meldete er Alwa, "draußen laufen Tempeldiener durch die Stadt und wiegeln das Volk auf. Es sollen sich alle in der Arena versammeln." "Da habt ihr es!" rief Wusso. "Sie wollen uns durch einen Streich zuvorkommen. Das müssen wir ihnen versalzen." "So marschieren wir nach der Arena" rief Alwa, von Wusso angesteckt. "Wir treiben sie zu Paaren, wer sich wiedersetzt, wird niedergemacht!" Die drei sprangen auf. "Für den Hafen genügen wenige Schiffe", rief Sarga. "Ich kann dir einen Teil meiner Leute zur Verfügung stellen. Ich werde die Stadttore und die wichtigsten Plätze besetzen!" "Einverstanden", sagte Wusso. "Dann lasse auch ich nur wenig Mannschaft im Schloß." "Wusso und ich vereinigen unsere Hauptmacht und werfen sie nach der Arena. Wir zernieren den Tempelbezirk. Dann sollen sogleich Boten in die Provinzen reiten, man soll die ganze Hauptstadt abriegeln, damit sich der Aufstand nicht weiter ausbreitet. Man soll Streitwagen schicken! Ich werde die unseren gleichfalls ausfahren lassen." Shidra fühlte ein leises Zittern, als er die Blicke der vielköpfigen Volksmenge auf sich gerichtet sah. Er hatte geglaubt, daß er sich angesichts der vielen Leute im Vollbesitz seiner Macht fühlen werde. Statt dessen empfand er plötzlich Bangigkeit. Eine böse Ahnung beschlich ihn, daß nicht alles so glatt gehen werde, wie er es sich vorgestellt hatte. Und tatsächlich, kaum hatten er und Taaf in der Loge Platz genommen, als sich ein unbeschreiblicher Tumult erhob. "Die Bettler", rief Taaf, "die Bettler haben die Arena besetzt!" "Was sollen wir tun?" fragte Shidra entsetzt. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Reg erhob sich und winkte mit beiden Armen. Ruhe trat ein, erwartungsvolle Stille, die Stille vor dem Sturm. "Leute!" rief Taaf so laut, daß man es bis auf die obersten Sitzreihen des weiten Runds verstehen konnte. "Leute, König Amur ist tot, der Prinz verschwunden! Er wird wohl nicht wiederkommen. Atlantis ist ohne Regierung, wir brauchen einen neuen König!" "Reg, Reg, Reg!" riefen die Bettler im Chor, während die nicht beteiligte Volksmenge ein wildes Geschrei erhob. "Ich schlage vor, wir wählen Shidra, den Hohepriester Bels es gibt keinen Würdigeren als ihn!" brüllte Taaf verzweifelt, als eine kleine Ruhepause eintrat. Doch kaum hatte er diese Worte gesprochen, als faule Tomaten, Äpfel, Zitronen und Steine aus allen Richtungen geflogen kamen. Irgend jemand hatte einen Korb mit Enteneiern mitgebracht und zielte mit bewundernswerter Genauigkeit nach der Loge, während die Tempeldiener versuchten, ihre Herren zu decken, prasselte ein wahrer Hagel von Wurfgeschoßen auf die beiden Verschwörer, deren kunstvolle Ornate bald keineswegs mehr einen festlichen Anblick bildeten. Reg blieb währenddessen ungerührt auf seinem Platz sitzen. Der Chor der Stimmen, die seinen Namen riefen, verstärkte sich jedoch immer mehr und schwoll zum Orkan. Da erhob er sich und gebot Schweigen. Stille trat ein, während sich Taaf und Shidra unter wilden Schimpfreden von den Steinbänken erhoben, auf denen sie Schutz gesucht hatten. "Leute", rief Reg laut, "Volk von Atlantis... Ihr wollt mich zu eurem König wählen?" Die Bettler ließen ein vielstimmiges Zustimmungsgeschrei hören, während die nichtbeteiligte Volksmenge sich passiv verhielt, nur wenige Stimmen protestierten. "Gut denn", rief Reg antwortend, aber er kam nicht weiter. An den Ausgängen der Arena war plötzlich Militär erschienen. Oben auf dem weiten Rund tauchten die blitzenden Helme der Krieger auf. Gespannte Bogen richteten sich auf Reg und die Priester. Reg sah es und verstummte. Auf die eben noch wild lärmende Volksmasse legte sich lähmende Stille. Man hörte nichts, als die Tritte der Krieger, welche auf den zwischen den einzelnen Sektoren befindlichen Treppen herabstiegen, die Loge mit den Priestern zernierten und um Reg einen engen Kordon bildeten. "Jetzt ist alles aus", keuchte Shidra und mit lauter Stimme rief Taaf: "Zurück! Wer wagt es, Hand an die höchsten Priester eures Gottes zu legen? Weicht von mir sage ich, sonst wird mich die Gottheit fürchterlich rächen." "Ja, Bel wird uns rächen!" bekräftigte Shidra weinerlich. "Halt den Mund" fuhr ihn Wusso an, der plötzlich in der Loge auftauchte. Und er beugte sich über die Brüstung und rief den Kriegern, welche sich um Reg gescharrt hatten zu: "Habt ihr ihn? Dann fesselt den Halunken und schafft ihn nach den Kasematten und seine lautesten Schreier mit dazu. "Atlanten" wendete er sich sodann an die übrigen Teilnehmer der Massenversammlung, "hier war ein Staatsstreich geplant, den wir verhindert haben. Geht ruhig auseinander und bleibt in euren Häusern. Die Stadt ist von Militär besetzt, alle Ausgänge und der Hafen stehen unter Bewachung. Aus den Provinzen sind weitere Truppen in Anmarsch. Widerstand ist sinnlos! Die Verräter werden bestraft, gleich wer es ist. Was die Priester anbetrifft, so wisset, daß diese Schurken den Tod des Königs auf dem Gewissen haben. Wir haben den Schützen gefaßt, der den mörderischen Pfeil auf unseren Herrscher abschoß und der Mann hat gestanden, von den Priestern bestochen worden zu sein." Auf diese Worte hin erhob sich ein neuerlicher Tumult. "Lüge, alles Lüge", schrie Shidra. Aber seine und Taafs Beteuerungen gingen unter in dem allgemeinen Lärm. Wilde Verwünschungen gegen die Verräter wurden laut, drohende Fäuste geschüttelt und man hätte Taaf und Shidra beinahe gelyncht, hätte Wusso nicht seine Gefangenen schleunigst (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
aus der Arena bringen lassen. * Torgo und Jargo hörten voll Erstaunen, was sich mittlerweile in der Hauptstadt ereignet hatte. Torgo war von wildem Schmerz und von Verzweiflung erfüllt, als er vom Tode seines Vaters vernahm. Der Führer der Kohorte, ein Krieger namens Leeg, hatte ihm vom Mord an dem König unterrichtet. Torgo vermochte es fast nicht zu fassen. "Mein Vater tot, vom Pfeil eines Mörders getroffen!" rief er. "Oh, Poseidon! Mein armer Vater! Und ich war nicht bei dir, konnte dir nicht beistehen in deiner letzten Stunde! Hat man den Schurken gefaßt, der diese Tat beging?" "Als wir von Atlantis fortritten, Prinz, suchte man ihn noch," antwortete Leeg. "So laß uns schleunigst zurückreiten", rief Torgo. "Der Griff meines Schwertes brennt mir in meiner Faust. Ich will nicht eher ruhen, bis ich nicht den Tod meines Vaters gerächt habe." "Und was soll mit den Leuten auf der Insel geschehen, Prinz?" fragte Jargo. "Wir vernichten das Floß, so daß sie nicht entfliehen können", antwortete Torgo finster, "Die Krokodile mögen sie fressen!" Aufgewühlt von seinem Schmerz war Torgo grausam. "Herr," wandte Jargo ein, "es sind Menschen, auch wenn sie uns nach dem Leben trachteten und uns der Freiheit beraubten." "Jargo," rief Torgo, "ich soll Gnade walten lassen in der Stunde in der ich erfahre, daß man meinen Vater getötet hat?" Jargo beantwortete diese Frage nicht. Eine andere Stimme erhob sich in Torgo, es war die Stimme Bethsebas, "Laß sie nicht umkommen", sprach diese Stimme. Voll Verwunderung lauschte Torgo dem Ruf, den er in seinem Inneren erklang. "Nehmt die Bettler gefangen", sprach er schließlich, "und übergebt sie den nächsten Leuten, die ihr trefft, man mag sie nach der Hauptstadt bringen, wo man über sie Gericht halten wird." Noch in der gleichen Nacht brach Torgo nach einer kurzen Ruhepause auf. Mit ihm ritt fast die vollzählige Kohorte. Nur einige Mann waren zurückgeblieben. Sie trommelten in der Umgebung einige Bewohner des Sumpflandes zusammen, um mit ihnen gemeinsam die Leute Regs dingfest zu machen und Torgos Befehl auszuführen. Unterdessen herrschte in der Hauptstadt bereits völlige Anarchie. Auch die Militärs waren nicht mehr Herr der Lage. Die Volksmenge strömte ungehindert in den Tempelbezirk und begann die Wohnungen zu plündern. Über allem thronte der goldene Bel unbeweglich und schaute mit starrem Götzengesicht auf das Gewühl der Menge zu seinen Füßen. Wusso hatte bereits nach den Goldvorräten Shidras suchen lassen und sie gefunden. Es waren die gleichen Barren, welche man in Hyras Unterschlupf entdeckt hatte. Woher der Hohepriester das viele Geld hatte, vermochte sich Wusso nicht zu enträtseln. Er ließ sie deshalb in den Turm schaffen, um sie dort einem schweren Verhör zu unterziehen. Der allgemeine Wirrwarr, der sich auch im Schloß bemerkbar machte, schien Nimburs Plänen entgegenzukommen. "Die Gelegenheit ist günstig", sagte er zur Prinzessin. "Mach dich bereit. Wenn es je gelingen sollte, unbemerkt von hier wegzukommen, dann jetzt. Ich habe Gül-Gül bereits wissen lassen, daß sie Bethseba verständigen soll. Heute Nacht wollen wir es versuchen."
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Tatsächlich hatte Gül-Gül mit Bethseba ihre Vereinbarung für die kommende Nacht getroffen. Da Bethseba den Geheimgang kannte, war es nicht nötig gewesen, daß Gül-Gül erst mit ihr hinab in den Keller stieg. Bethseba wußte, wann sich die Posten im Schloß für gewöhnlich abzulösen pflegten. Sie wußte auch, welche Rundgänge sie unternahmen, wann sie in die Nähe des Ganges kommen mußten. Gegen elf Uhr abends war man dort unten sicher. Vorher, etwa um zehn, mußten Nif-Iritt, Nimbur und die beiden Dienerinnen ihre Gemächer verlassen und zu Bethseba kommen, um dort die in der Zwischenzeit vorbeipatrouillierenden Posten abzuwarten. Nif-Iritt hatte von König Amur als Brautgeschenk einige Schmuckstücke erhalten. Diese packte sie zu ihren persönlichen Habseligkeiten. Nimbur ließ sich unterdessen schweren Herzens von Sil den Bart abnehmen. Ein paar unverfängliche Kleidungsstücke für die Frauen hatte Bethseba gleichfalls beschafft, nun änderte Nif-Iritt auch noch ihre Haartracht und entledigte ihr Gesicht der Schminke, welche sie nach ägyptischer Sitte stets aufzulegen pflegte. Zur Not konnte man sie nun für eine Atlanterin halten. Um zehn klopfte Bethseba an die Tür zum Gemach der Prinzessin, um sie zu holen. Hier waren sie alle bereits versammelt: Nif-Iritt, Nimbur, Gül-Gül und Sil. Die beiden Dienerinnen trugen Bündel mit den Habseligkeiten aller. "Gut" sagte Bethseba, die getroffenen Vorbereitungen überblickend. "Der Posten ist auf seinem Rundgang. Er hat diesen Korridor bereits passiert. Ihr könnt mitkommen, ohne gesehen zu werden. Kommt also!" Nimbur nickte. "Komm, Prinzessin", sagte auch er, "die Götter mögen uns beistehen." Im Korridor, der mit kunstvollen Steinmosaiken belegt war, herrschte Finsternis. Nur in großen Abständen brannten Fackeln, welche ein unheimliches, düsteres Licht verbreiteten. Bethseba ging voran. An jeder Biegung hielt sie an, spähte um die Ecke und winkte dann den Vieren, ihr zu folgen. Sie bemühten sich, so wenig Lärm wie möglich zu machen. Auf den Steinfliesen waren Schritte laut hörbar und es bedurfte großer Vorsicht, um Geräusche zu vermeiden. Glücklich gelangten sie in Bethsebas Gemach, das bisher nur Sil und Gül-Gül, nicht aber Nimbur und Nif-Iritt betreten hatten. Es war nicht groß, aber mit allem Nötigen und unter Vermeidung besonderen Prunkes eingerichtet. Unwillkürlich blickte sich die Prinzessin überrascht um. "Diesen Raum hat dir Prinz Torgo zugewiesen?" fragte sie Bethseba. "Nicht angewiesen, ich habe ihn selbst von allen, die mir zur Auswahl standen gewählt", antwortete Bethseba. "Laßt euch hier nieder und stärkt euch noch einmal. Hier ist ein Korb mit etwas Lebensmitteln. Die Prinzessin soll ihn tragen, damit es nicht auffällt, daß sie ohne Gepäck geht. Er ist nicht schwer, ich konnte nicht viel beschaffen, ohne dabei aufzufallen. Aber fürs erste wird es langen. Nun heißt es, sich in Geduld zu fassen. Der Posten kontrolliert jetzt die unteren Räume. Wir können erst nach Ablauf einer gewissen Zeit sicher sein, daß wir unentdeckt den Gang erreichen können." Als es dann so weit war, führte Bethseba die Flüchtlinge hinab in die Tiefe des Schlosses. Der Zugang zum Stollen war so zu öffnen, wie Nimbur es gesagt hatte. Bethseba selbst betätigte den Mechanismus. Als die Wand zurückwich und den Weg in die dunkle Tiefe freigab, wünschte sie den Flüchtlingen Glück auf ihrem gefahrvollen Weg. "Geht jetzt", sagte sie. "Wo der Gang endet, weiß ich nicht und ich kann euch auch nicht mehr helfen, sobald ihr das Schloß verlassen habt. Ihr geht einem ungewissen Schicksal entgegen, aber ihr seid nun Herr aller eurer Entschlüsse. Das wiegt manches auf. Lebt wohl." Nif-Iritt nickte. "Sei bedankt, Bethseba", sagte sie. "Du hast gehandelt, wie es deine Pflicht war. Wohl bist du meine Sklavin und hast mir zu gehorchen, aber hier liegen die Verhältnisse nun einmal (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
anders. Ich kann dich nicht zwingen, mit mir zu kommen. Mögest du es nie bereuen, hier geblieben zu sein." Nimbur war stehen geblieben, während Nif-Iritt bereits im dunklen Gange verschwunden war. "Ich weiß, daß diese Insel auf schreckliche Weise zugrunde gehen wird", sagte er warnend. "Noch ist es Zeit Bethseba, mit uns zu kommen. Ich glaube fast, ich habe mich in dir getäuscht und du verdientest, gerettet zu werden." Bethseba schüttelte den Kopf. "Ich muß sein wo Torgo ist", sagte sie. "Ich fühle, daß er noch lebt und zurückkehren wird. Dann braucht er mich. Habe Dank Nimbur und lebe wohl und auch du Gül-Gül und Sil, der Herr möge euch geleiten und schützen." Gül-Gül, Sil und Bethseba küßten einander. Dann verschwanden die Flüchtlinge im Tunnel, während Bethseba aufatmend die Geheimtür schloß. Nun konnte ein Posten kommen, er würde sie nicht mehr in der Gesellschaft der ägyptischen Prinzessin und ihres Anhanges finden. Je näher Prinz Torgo und Jargo der Hauptstadt kamen, umso mehr verdichteten sich die Gerüchte, welche von einem Umsturz sprachen. Der Königsmörder sei verhaftet und geständig, hieß es und ebenso wären die Hohepriester und der Bettlerkönig Reg unter Arrest. Ansonsten aber hörte man verworrene Berichte über die Lage in der Hauptstadt. Die Bettler hätten einen neuen Aufstand begonnen um ihren Anführer zu befreien, und die Anhängerschaft der Priester verursachte Gärung im Volke. Das Triumvirat Wusso, Alwa und Sarga regiere unter Schrecken und Gräueln. Genaues jedoch wußte niemand und es zeigte sich auch bald, warum. Als sie die Hügel um die Hauptstadt erreicht hatten und auf Atlantis hinabblickten, glich das Tal einem Heerlager. Die Stadt schien besetzt zu sein. Formationen mit Streitwagen hatten Aufstellung genommen, bereit durch die Tore einzufallen und Fußtruppen und selbst Kampftürme, welche auf den Rücken von Elefanten geschnallt waren und eine gefürchtete Kriegswaffe bildeten, standen in Bereitschaft. Torgo ließ die Kohorte halten. "Welch ein Bild", sagte er überrascht. "Ja, es sieht großartig aus, aber es zeigt zugleich den Ernst der Lage Herr", meinte Jargo. "Ich würde jetzt nicht in die Stadt einreiten! Sieh, dort drüben auf dem Berg ist das Haus des Goldmachers Rostan, in dem auch mein Freund Nebussor wohnt. Wie wäre es, wenn wir erst dort Quartier nähmen und Leeg und seine Leute in die Stadt entsenden würden, um mit Wusso, Alwa und Sarga Verbindung aufzunehmen. Wer weiß, vielleicht sind auch sie von dir abgefallen und wollen die Herrschaft allein. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist alles möglich. Deshalb schlage ich vor, wir senden den flinken, geschickten Nebussor zu Prano. Er ist dir treu ergeben und hat mit seinen Anhängern schon einmal geholfen. Sie sind dir alle treu." "Kein schlechter Einfall", meinte Torgo überlegend. "In der Tat, es heißt vorsichtig zu sein. Die Lage ist gänzlich undurchsichtig und ohne Wusso und den beiden anderen Hauptleute nahe treten zu wollen, müssen wir uns doch sichern. Zudem liegt Rostans Haus abgelegen und ist im Notfall leicht zu verteidigen." "Richtig Herr. Denken wir an unsere Sicherheit. "Wir wollen nicht Regs Banditen entronnen sein um jetzt, in der Hauptstadt das gleiche Schicksal zu erleiden das deinem Vater, dem König beschieden war." "Glaubst du, daß man auch mich ermorden würde?" fragte der Prinz, unwillkürlich nach seinem Schwert greifend. "Man muß auf alles gefaßt sein Herr", antwortete Jargo. "Ein Herrscher ist der Erste im Lande und dennoch ist er nicht Herr seiner selbst. Er ist nicht Person, sondern Symbol und viele gibt es die das Symbol der alten Ordnung stören wollen, um eine neue aufzurichten." "Gut", entschied Torgo nach kurzem Überlegen. "Wir nehmen Quartier in Rostans Haus. Geht alles gut, so kann ich von dort aus gleich die militärischen Vorgänge leiten." Die Kohorte nahm die neue Richtung auf und bald kletterten die Pferde die verschlungenen Serpentinenpfade aufwärts, die auf den kahlen Berg führten.
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Es war nicht die Stunde, zu der Rostan im Hause zu weilen pflegte. Er war um diese Zeit in den Stallungen bei den Tieren, denen er Futter gab. Nebussor kletterte auf dem Dach umher und war gerade dabei, die Beschädigungen, welche Torgo und Jargo bei ihrem letzten Besuch unfreiwilligerweise verursacht hatten, wieder in Ordnung zu bringen. "He, Nebussor!" rief Jargo nach oben. "Jargo", antwortete Nebussor und kam bis an den Rand des Daches gekrochen, "du hier und Prinz Torgo! Welche Überraschung! Im ganzen Land sucht man nach euch!" "Man soll noch eine Weile nach uns suchen", antwortete Jargo. "Mein Herr und ich haben beschlossen, einstweilen bei Rostan Quartier zu nehmen. Mach uns auf und sage deinem Herrn Bescheid!" "Daß ich ihm sogleich Kunde geben werde, ist gewiß, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand!" rief der Kleine, sprang auf und gleich darauf sauste ein Topf mit Lehm in hohem Bogen vom Dache und landete knapp vor Jargo, dessen Pferd vor Schreck einen Satz zur Seite tat und seinen Reiter beinahe abgeworfen hätte. "Kannst du nicht aufpassen", schimpfte Jargo lachend. "Den Göttern sei es geklagt", antwortete der Zwerg entsetzt, "das wollte ich nicht, lasse den Topf nur liegen, ich komme sogleich und schließe auf!" Nebussor verschwand und wenige Minuten später wurde das Tor des Hauses aufgeschlossen. "Tretet ein ihr Herren", sagte Nebussor, während Torgo und Jargo absprangen. "Laßt mich für eure Pferde sorgen, unter dem Dach meines Herrn seid ihr sicher vor unliebsamen Überraschungen. Ihr wißt ja, wir haben einen besonderen Wächter. Wir werden ihn vor dem Gemach des Prinzen wachen lassen. Wer dann versuchen sollte, ungerufen bei ihm einzudringen, ist des Todes das ist gewiß und wenn ich es selbst wäre, obgleich meine Wiege im fernen Persien stand." Er nahm die Pferde beim Zügel und trippelte eilig mit ihnen den abseits gelegenen Stallungen zu, in denen sich Rostan aufhielt. Torgo gab Leeg einen Wink ihm zu folgen. Leeg ließ seine Männer absitzen und trat dann zusammen mit Torgo in den Vorraum des Hauses. "Ruht euch ein wenig aus, eßt und trinkt", sagte Torgo. "Dann reitet in die Stadt, sagt den drei Hauptleuten, wo ich zu finden bin. Sie mögen morgen in der Frühe zu mir kommen." "Es wird geschehen, Prinz", antwortete Leeg. Er entfernte sich, um für seine Leute und deren Tiere zu sorgen. Wenig später kam Rostan, vor dem der kleine Nebussor aufgeregt einher trippelte. "Prinz", rief Rostan erfreut aus, "das ist aber eine Überraschung! Ich freue mich, dich am Leben zu finden. Wilde Gerüchte sind im Umlauf. Nach dem Tode des Königs vermutete man Schlimmes, auch dein Schicksal betreffend. Nun bin ich glücklich, daß es anders gekommen ist. Dein Vater, der König, hat mir großzügige Hilfe beim Bau meiner Erfindung zugesagt. Stünde jetzt schon einer der großen Sonnenspiegel auf dem Dach meines Hauses, du könntest von hier aus jeden beliebigen Punkt der aufrührerischen Stadt in Brand setzen! Daraus ersiehst du, wie wichtig es ist, daß die Arbeiten sofort in Angriff genommen werden, sobald du gekrönt bist." "Bis dahin hat es noch eine Weile", antwortete Torgo. "Gekrönt bin ich noch lange nicht. Ich habe nicht einmal noch den schrecklichen Tod meines Vaters überwunden und du sprichst bereits von Krönung!" Aber es muß sein, Prinz", wandte Rostan ein. "Das Leben geht weiter. Das Land braucht einen Herrscher, der mit starker Hand zu regieren weiß und auch eine Königin mußt du ihm geben damit das Geschlecht der Atlantiden auch künftige Generationen regieren kann. Vielleicht ist in jener Nacht, in der die Galeere an den Strand geworfen wurde, Atlantis zukünftige Königin in ihr Reich gekommen, ohne daß wir es wußten. Dein Vater hat nicht unklug gehandelt, als er Nif-Iritt heiraten wollte. Aber an dir wäre es gewesen, sie als Frau (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
heimzuführen." "Ich denke jetzt weder an Heirat noch an den Thron", erwiderte Torgo ärgerlich. "Ich denke einzig und allein daran, Ordnung zu schaffen und die Mörder meines Vaters zu bestrafen." "Das eine geht mit dem anderen Hand in Hand Prinz. Sei mein Gast, ruhe in Frieden in meinem Haus und denke zu guter Stunde an die Worte, die ich dir sagte." "Ich werde es tun", sagte Torgo, mehr aus Höflichkeit als aus Überzeugung. "Im Übrigen bitte ich dich, mir Nebussor für einen Abend zu überlassen. Er soll in die Stadt." "Verstehe", nickte Rostan. "Nebussor steht dir zur Verfügung. Sende ihn wohin es dir beliebt." Der Prinz nickte zufrieden. Nebussor führte ihn und seinen Diener in ein Gemach, das Rostan für seinen Gast bestimmt hatte. "Hier könnt ihr bleiben", sagte Nebussor "und nun sage mir deinen Wunsch Prinz." "Du mußt zu meinem Freund Prano und zwar noch vor Einbruch der Dunkelheit. Er soll die Freunde verständigen, daß ich hier sei. Sie mögen vor Sonnenaufgang bewaffnet zur Stelle sein." "Ich werde es genau bestellen", versicherte Nebussor und verschwand. Wenig später machte er sich mit seinem Esel auf den Weg und bald darauf brach auch Leeg auf, um Alwa, Sarga und Wusso von der Rückkunft des Prinzen zu benachrichtigen. * Als Nef-Naton die Besinnung wiederkehrte, klang der seltsame Gesang noch immer in seinen Ohren nach. Nef-Naton schlug die Augen auf, sich auf den Planken seines kleinen Fischerbootes "Nußschale" zu befinden und statt dessen erblickte er ein mächtiges, vom Winde geblähtes Segel. Nef-Naton starrte es an, gleich einem Wunder. Er war gewohnt, daß so mächtige Schiffe von Menschenhand vorwärts bewegt wurden. Daß man die Windkraft auch für so große Schiffe zu Hilfe nahm war ihm neu, obgleich er es auch bei den etwas kleineren Kampfschiffen der Atlanter bereits gesehen hatte. Er sah Männer in seltsamen Gewändern auf Deck und diese Gewänder erinnerten ihn an die Abgesandten des griechischen Königs, mit denen er am Hofe des Pharao zusammengetroffen war. Auch sie waren ähnlich, wenn auch kostbarer gekleidet gewesen. Dann sah er auch Frauen, sie trugen Gewänder, welche denen der Männer ähnlich waren. Sie saßen alle beisammen am Fuße des Mastes und eine von ihnen hielt eine Leier in Händen, die sie mit zarten Fingern schlug. Zusammen sangen sie das fremdartige Lied, welches Nef-Naton gehört hatte. Irgendwo ertönte eine barsche Stimme. Nef-Naton richtete sich halb auf und sah sich um. Er blickte geradewegs in das harte Gesicht des Steuermanns, welcher das Ruder handhabte. Ein paar Schiffsleute, die sich in ihrer Kleidung sehr wesentlich von der Reisegesellschaft unterschieden, waren in seiner Nähe an der Arbeit. Der Steuermann hatte Nef-Natons Bewegung wahrgenommen. "Er erwacht, Jupiter sei es gedankt", rief er. "Nun werden wir ja wohl erfahren, was Hermes dazu bewog, uns diesen sonderbaren Mann vor den Bug unseres Schiffes zu senden. "Frage Juno, Jupiters Gemahlin", kam es von den Frauen herüber. "Frauen sind neugierig und wissen alles." Unter Lachen wurde das Spiel abgebrochen und die Aufmerksamkeit der ganzen Gesellschaft richtete sich auf Nef-Naton. "Gebt ihm zu trinken und Nahrung", verlangte der Steuermann. "Man sieht doch, er ist ganz von Kräften gekommen. Und dann wartet erst einmal, welche Sprache er spricht. Am Ende können wir ihn gar nicht verstehen." (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Nef-Natons Zweifel verschwanden. Er hatte das Griechische am Hofe des Pharao erlernt und war nicht zuletzt seiner Sprachkenntnisse wegen der Prinzessin beigegeben worden. "Ihr seid Griechen", redete er sie daher in ihrer Muttersprache an "und ich bin Ägypter. Ich will zu König Telaus. Wo sind wir? Ihr müßt wenden, ich sah die Schiffe der Atlanter, sie waren hinter mir her, sie haben die Prinzessin geraubt - - oh, - ohEr wurde fast wieder bewußtlos. Eine der Griechinnen eilte herbei und flößte ihm einen kühlen Trunk ein, der ihn wieder belebte. "Trink, trink, Fremder", sagte sie. "Wenn du zu Telaus willst, so haben dich die Götter auf das richtige Schiff geleitet. Du hättest es nicht besser treffen können. Du hast fast zwei Tage ohne Bewußtsein gelegen. Wir wähnten dich schon in Hades. Aber der Fährmann hat dich nicht über den Strom gebracht. Nun bist du wieder bei uns und mußt erzählen, was dir widerfahren ist." "Ich bin ein Gesandter des Pharao", brachte Nef-Naton mühsam hervor. "Ich war beauftragt, Nif-Iritt, seine jüngste Tochter, die Braut Königs Telaus, an dessen Hof zu geleiten." Diese Worte riefen allgemeine Bewegung hervor. "Seit Monden wartet König Telaus auf Nif-Iritt", rief einer der Kaufleute. Und ebenso lange ist sie Gefangene der Atlanter", antwortete Nef-Naton. "Oh, deshalb phantasiertest du vorhin von den Schiffen der Atlanter", meinte der Steuermann. "Ich phantasierte nicht, es ist wahr!" rief Nef-Naton mit wiedererwachender Furcht. "Sie waren hinter mir her, sie hatten mich fast erreicht, als plötzlich aufkommender Nebel mich ihren Blicken entzog." "So bist du ein besonderer Günstling der Götter", meinte der Steuermann. "Wir trieben in der Nebelbank und waren vom Kurs abgekommen, als dein Boot an unsere Bordwand stieß. Wir nahmen dich auf, als die Sonne wieder kam änderten wir unsere Richtung und fahren nun der Küste von Hellas zu. In zwei, drei Tagen werden wir sie erreichen, wenn uns die Winde günstig sind." "So sei Isis und Osiris Dank gesagt", stieß Nef-Naton aufseufzend hervor. "Diese wunderbare Rettung werde ich bis an das Ende meiner Tage nicht vergessen. Bringt mich zu König Telaus und meidet den Kurs der Atlanter. Ihr werdet große Belohnung erhalten, wenn ich heil an den Hof des Königs gelange. Er muß ein Heer rüsten, um Nif-Iritt zu befreien und auch den Pharao wissen lassen, welches Schicksal seine unglückliche Tochter erlitten hat. Fahrt zu Leute, fahrt zu, bringt mich zu eurem König!" * Gül-Gül hat als erste den Ausgang des unterirdischen Stollens erreicht. Ihr folgte Nif-Iritt, welche vor Furcht und Kälte schauderte. Sie hielt Nimbur an den Händen, welcher ohne diese Hilfe wahrscheinlich verloren gewesen wäre. "Der Gang führt steil aufwärts, hier gibt es jetzt Stufen", zischte Gül-Gül. "Aufgepaßt! - Au! Was ist denn das? Ich befinde mich inmitten von Dornen und werde gestochen, meine Kleider hängen. Ich kann nicht vor und nicht zurück!" "Eine Falle", rief Nif-Iritt furchtsam, "laßt uns umkehren!" Sie wollte Nimbur zurückdrängen und Gül-Gül kurzerhand sich selbst überlassen, aber Nimbur sagte: "Wahrscheinlich ist der Ausgang des Stollens durch Dornengerank markiert. Ich kenne ähnliches aus unserem Heimatland." Diese Worte beruhigten Nif-Iritt. Tatsächlich hatte sich inzwischen Gül-Gül aus den Dornen befreit. "Hier Prinzessin", sagte sie, "hier geht es weiter. Sei vorsichtig, damit du dich nicht verletzt." Nif-Iritt, Nimbur und Sil folgten ihr ins Freie. Aufatmend sogen sie die würzige Nachtluft ein. Die letzte Viertelstunde hatten sie in der muffigen, dumpfen Luft des unterirdischen Ganges verbracht. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Wo befinden wir uns hier?" fragte Nimbur, der keinen Augenblick die Möglichkeiten der Gefahr außer acht ließ. "Wo sind wir, Gül-Gül? Orientiere dich." Gül-Gül machte ein paar Schritte, stolperte über Wurzeln und stand schließlich auf einer Straße. "Der Stollen endet in einem Gebüsch", sagte sie leise. "Hinter euch ist der Kanal, vor uns die Häuser der Stadt. Ich stehe bereits auf einer Straße. Wenn mich nicht alles täuscht, gelangt man von hier aus auf den Marktplatz und dann weiter zum Stadttor. Durch dieses gelangt man entweder hinauf in die Berge oder nach rechts, zu der Felsenküste." "Aber wie kommt man nach dem Hafen?" fragte Nimbur, während er mit den übrigen folgte und das Gebüsch verließ. "Ich glaube, wenn wir die Straße nach rechts verfolgen, kommen wir zu dem Platz vor dem Königsschloß und von da aus weiter zum Hafen." "So wollen wir einen Umweg durch Seitengassen zu machen versuchen. Vor dem Schloß stehen ganz gewiß Wachen, denen ich nicht in die Hände laufen will", sagte Nimbur. Wieder setzte sich Gül-Gül an die Spitze und die Flüchtlinge wanderten in die Nacht hinein. Sie erreichten den Hafen. Er lag in völliger Dunkelheit. Die Straßen waren menschenleer, die Schenken geschlossen. Draußen auf dem dunklen Wasser schaukelten Fischerboote. "Kommt", sagte Gül-Gül, kurz entschlossen. "Ich sehe niemand weit und breit. Wir sind unbeobachtet. Schnell! Bevor eine Wache kommt, sind wir mit dem Boot auf und davon!" Eiligen Schrittes näherten sie sich einer Mole, auf der die Boote vertaut lagen, sprangen in eines davon und waren eben dabei, das Tau zu lösen, als Stimmen laut wurden. "He, was macht ihr da? Wohin wollt ihr? Wißt ihr nicht, daß das Verlassen der Stadt verboten ist?!" "Schnell", zischte Nimbur, "macht es los, stoßt es ab, bei allen Göttern - oh, wäre ich doch nicht blind!" Gül-Gül und Sil waren mit zitternden Fingern bemüht, das Tau aufzuknüpfen, während Nif-Iritt, vor Angst halb ohnmächtig, sich in den entferntesten Winkel des Bootes verkroch. Aber Gül-Gül und Sil konnten ihre Arbeit nicht glücklich beenden. Sargas Leute, die Hafenwachen, waren schneller. Plötzlich standen sie vor ihnen und richteten die Speere auf sie. "Kommt herauf", riefen sie, "oder ihr seid des Todes!" Nimbur seufzte auf. "Zu spät", knirschte er, "alles ist vergebens!" * In der gleichen Nacht pochte Nebussor an Pranos verschlossene Hauspforte. Vorsichtig blickte er sich nach allen Seiten um. "Wer ist draußen?" erklang es nach einer Weile. "Mach auf", zischte Nebussor, "ich bin ein Freund das ist gewiß!" "Das kann jeder sagen!" "Aber nicht, daß seine Wiege im fernen Persien stand!" Da knarrte die Tür in ihren Angeln und Pranos Gesicht erschien. "Du bist Nebussor, Rostans Diener", begrüßte ihn Prano. "An deinem Sprüchlein habe ich dich erkannt. Was willst du?" "Laß mich ein, ich bringe Botschaft vom Prinzen", flüsterte Nebussor unwillig und schlüpfte kurzerhand unter Pranos Armen durch, um in den hinter der Mauer befindlichen Garten zu gelangen. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Lachend und verwundert schloß Prano hinter ihm wieder ab. "Vom Prinzen, sagst du?" "Jawohl Herr. Er lebt, ist wohlauf und befindet sich bereits vor den Toren der Stadt, genauer gesagt, im Hause meines Herrn, des Rostan." "Bei Poseidon! Das sagst du so gelassen, als ob es sich um Zitronenpreise handeln würde?" "Wie soll ich es sonst sagen, Herr? Das Wichtigste kommt ja noch. Höre, du sollst bei Sonnenaufgang mit allen deinen Freunden bewaffnet vor Rostans Haus sein." "Wie sollen wir das anstellen?" fragte Prano. "Der Prinz weiß offenbar nicht, daß niemand in die Stadt hinein und niemand hinaus darf." "Wie du siehst, bin auch ich hineingekommen", entgegnete Nebussor. "Ich weiß ein Loch in der Stadtmauer, durch das bin ich geschlüpft, mein Esel steht draußen und wartet auf mich, das ist gewiß. Ich hoffe nur, daß ihm die Zeit nicht zu langweilig wird!" "Ich fürchte, für die Größe deines Loches bin weder ich noch sind meine Freunde geschaffen. Und was unsere Pferde angeht, so bringen wir sie erst recht nicht hindurch." "Aber ihr könnt mit ihnen die Mauer überspringen, im Süden der Stadt weiß ich eine Stelle, dort ist sie abgebröckelt und nur mehr halb so hoch, wie man sie baute. Dort bereitet die Mauer guten Reitern kein Hindernis." "Das ist wahr", meinte Prano überlegend. "Du bist ein Tausendsassa, kleiner Nebussor. Du hast recht, dort läßt es sich machen. Zwar werden Krieger dort sein, aber die fürchten wir nicht." "Sie haben Streitwagen in der Nähe aufgestellt, aber wenn ihr reitet, ,seid ihr schneller als sie. Haltet euch entlang den Hügeln, dort ist das Gelände so uneben, daß sie euch niemals einholen können." "Gut", sagte Prano. "Du weißt für alles einen Rat. Komme ins Haus, iß und trink." "Das schlage ich nicht ab, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand. Aber dann mache ich mich gleich wieder auf den Weg, denn mein Esel ist langsam, vor allem bei Nacht, er fürchtet sich in der Dunkelheit!" Leeg hatte Wusso, Sarga und Alwa die Botschaft des Prinzen überbracht. Sie war mit gemischten Gefühlen aufgenommen worden. Alle drei Männer, die ihr gemeinsames Hauptquartier in der Festung aufgeschlagen hatten, freuten sich über die Nachricht, daß der Prinz am Leben sei. Zugleich aber dachten sie daran, daß sie die Macht nun abgeben mußten, an den Erben der Krone, den Sohn König Amurs. Und sie hatten selbst geschmeckt, wie es tat, die Zügel der Macht in Händen zu halten und zu herrschen. Sie hatten wie einen süßen Rausch, die ihnen anvertraute Gewalt gekostet. Bald aber würden sie wieder nichts anderes sein als die Vollstrecker des Willens eines anderen. Wusso war dennoch dem Prinzen treu. "Er wird uns belohnen", sagte er. "Wir haben ihm den Thron gerettet. Ohne uns wäre das Reich in Anarchie verfallen. Prinz Torgo ist treu, er wird es uns nicht vergessen. Wir wollen seinem Befehl Folge leisten und uns morgen früh vor dem Hause des Rostan einfinden." "Weshalb kam er nicht gleich in die Stadt?" murrte Alwa. "Mißtraut er uns etwa? Ich sage euch, er mißtraut uns." "Nein, nein", wehrte Sarga ab, der Torgo gleich Wusso gern leiden mochte. "Es ist nicht Mißtrauen gegen uns. Es sind die allgemeinen Verhältnisse, die ihn vorsichtig machen. Denkt doch, sein Vater wurde ermordet. Ich an seiner Stelle würde mich auch erst vergewissern, ob es überhaupt ratsam ist, in die Stadt zu kommen. Er wird uns hören wollen, um mit uns gemeinsame Maßnahmen zu beraten." Diese Worte waren vernünftig und leuchteten Alwa ein. Zwar hatte auch Alwa für des Königs Leben Kopf und Kragen riskiert, aber seit der König dann dennoch einem Attentat zum Opfer gefallen war, hegte er gewisse innere Zweifel an der Unbezwinglichkeit des Königtums. Und (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
die Gewalt, welche er selbst zusammen mit den beiden anderen Hauptleuten ausübte, hatte diese noch verstärkt. Es wurde beschlossen, den nächsten Morgen nach dem kahlen Berg zu reiten. Aber in derselben Nacht noch machten sich Pranos Leute auf den Weg. Eine so große Anzahl von Männern konnte nicht unbemerkt bleiben. Mit lautem Geschrei verfolgten sie die Streitwagen, unter gellenden Rufen entspann sich eine wilde Verfolgungsjagd. Die Räder kreischten, die Hufe dröhnten donnernd über den sandigen Boden, als Torgos Freunde im Schatten der Hügel durch die Nacht jagten, scheinbar einem anderen Ziele zu, um die Streitwagen irre zu führen. Sie nahmen ihren Weg über holpriges Land, in welches die Kaninchen ihre Löcher gegraben hatten. Die Räder sprangen über Hindernisse, die Speichen krachten in allen Fugen und die Männer, welche die Wagen lenkten, riefen Verwünschungen, wild durcheinandergeschüttelt, mit letzter Kraft die Zügel haltend, um nicht von der Plattform geschleudert zu werden. Und dennoch konnten sie Prano und die übrigen Freunde des Prinz Torgo nicht einholen. Wie die wilde Jagd verschwanden sie in der Dunkelheit. Alwa und seine beiden Freunde hatten sich bereits zur Ruhe gelegt, als sie von Kriegern geweckt wurden. "Wir haben Flüchtlinge aufgegriffen", meldete man ihnen. Hauptmann Wusso staunte wenig, als er kurz darauf Prinzessin Nif-Iritt, Nimbur und die beiden Dienerinnen gegenüber stand. "Das war ein unnötiger nächtlicher Ausflug, Prinzessin", sagte Wusso verärgert. "Auf welche Weise ist es euch gelungen, das Schloß zu verlassen?" Nif-Iritt senkte den Blick. "Die Freigelassene hat uns den Weg gezeigt", sagte sie ohne zu zögern. "Bethseba", staunte Wusso. "So ist es." "Das wird Prinz Torgo interessieren. Und nun zurück mit euch ins Schloß. Der Prinz kehrt zurück. Ich werde ihm berichten müssen, daß ihr versucht habt zu fliehen. Ich weiß nicht, wie er dann über euch entscheiden wird." "Schreie nicht", bat Nimbur. "Wir verstehen dich auch, wenn du leise mit uns sprichst." Wusso sah ihn an und lachte. "Ohne Bart siehst du gar zu komisch aus", sagte er. "Wie können ein Blinder und drei Frauen so einfältig sein, zu glauben, daß sie aus dem Hafen entfliehen können!" "- - den meine Leute bewachen", setzte Sarga hinzu. "Beinahe ist es für mich eine Beleidigung." Unter Bedeckung wurden die Flüchtlinge zurück in das Schloß geführt. "Ihr hättet Bethseba nicht verraten sollen, Herrin", sagte Gül-Gül vorwurfsvoll. "Wer weiß, ob nicht sie uns verraten hat", entgegnete Nif-Iritt spitz. "Es ist doch gar seltsam, daß wir gerade im letzten Moment gefasst wurden." * Rostan war mit Torgo in sein unterirdisches Reich hinabgestiegen. Torgo wurde Zeuge, wie der seltsame Mann wie ein Zyklop mit Amboß und Feuer arbeitete, wie er Metalle schmolz, miteinander mischte und in seltsame Formen goß, deren Sinn und Zweck der Prinz nicht verstand. "Dies hier", sagte Rostan, "wird der Bewegungsmechanismus für meine Spiegel. Mit seiner Hilfe wird es möglich sein, sie nach allen Richtungen hin zu wenden, ohne daß es vieler Kraft bedarf. Die Spiegel sind groß und schwer. In ihrem Brennpunkt sammeln sich alle Sonnenstrahlen und man schleudert sie dann an jenen Ort, wo man sie haben will. Dort werden bald Flammen auflodern, es wird Tod und Verderben sein. Du kannst alle deine (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Feinde vernichten, ganze Städte verbrennen, Wälder in Brand setzen. Erst wenn du diese Spiegel hast, besitzest du wahrhaft Macht. Und du siehst, wie sehr du ihrer bedarfst, wenn du über dieses aufrührerische Volk regieren willst. Glaube mir, die Masse kennt nichts anderes und will nichts anderes als den Druck nach oben. Sie will nicht denken, nicht selbständig entscheiden. Sie überläßt dies gerne denen, die an der Macht sind. Aber immer gibt es auch welche unter ihnen, die eigene Vorstellung von den Dingen haben und das Leben auf ihre Weise gestalten möchten. Diese Leute sind gefährlich. Von Zeit zu Zeit entzünden sich an ihren Redereien auch die Stumpfen, Trägen. Dazu darf man es nicht kommen lassen. Auch gibt es Feinde von außen, Könige die dir dein Reich, deine Macht, deinen Wohlstand neiden. Sie wollen dort ernten, wo du gesät hast und dir das nehmen was deine Väter hinterließen. Sei wachsam ihnen gegenüber. Zeige ihnen und deinem Volk deine Macht, dann werden alle dich achten und fürchten." Torgos Herz war noch immer voll des Schmerzes und des Zorns über den Tod seines Vaters. Er hatte einst das Volk der Atlanter geliebt. Nun aber glaubte er, es hassen zu müssen. Und so fielen Rostans Worte auf fruchtbaren Boden. Am frühen Morgen kehrten Rostan und Torgo an die Oberwelt in das Haus zurück. Jargo hatte die ganze Nacht hindurch tief und fest geschlafen. Sein Freund Nebussor kehrte eben auf seinem Esel von seiner nächtlichen Exkursion zurück. Nicht lange nach ihm langten Prano und Torgos Freunde an. Prano und Torgo umarmten einander. Es gab ein Händeschütteln und viele Fragen. Torgo versammelte den Kreis der Männer um sich und berichtete seine Erlebnisse von dem Augenblick an, da ein unbekannter Wanderer ihm und Jargo von dem Tiger erzählt hatte, welcher die Dörfer in der Umgebung der Sümpfe gefährde. "Und nun" schloß Torgo, "kehre ich in die Stadt zurück, um die Mörder meines Vaters zu bestrafen." "Sie sind verheiratet", berichtete Prano. "Es ist Hauptmann Wussos Verdienst, daß man Hyra und die Hohepriester, welche ihn angestiftet hatten, überführte." "Sie werden sterben", sagte Torgo finster, "so, wie mein Vater gestorben ist, - oder nein, schmählich und elend." "Und weshalb hast du uns kommen lassen?" fragte Prano gespannt. "Ich erwarte die Hauptleute", sagte Torgo. "Und ich traue nunmehr niemand, außer euch. Ich wünsche eure Gegenwart zu meinem Schutz, bis wieder normale Verhältnisse herrschen." "Wusso will dir wohl", antwortete Prano überlegend, "ebenso die anderen. Sie werden dein Mißtrauen als Undank empfinden. Du wirst sie verletzen." "Das will ich nicht", meinte Torgo "aber sei es drum. Bleibt bei mir Freunde, bei euch fühle ich mich sicher." Nach etwa einer Stunde kamen die drei Hauptleute. Sie hatten ein starkes Truppenkontingent mitgebracht und staunten nicht wenig, vor dem Hause Rostans Pferde und bewaffnete Männer zu finden. "Der Prinz ist hier", empfing sie Prano. "Er hat uns zu seinem besonderen Schutz bestellt." "Zu diesem Zweck haben wir Krieger mitgebracht", antwortete Alwa ebenso verärgert, wie verwundert. "Das hat der Prinz nicht von euch verlangt. Er hat euch zu einer Besprechung befohlen. Kommt herein, er erwartet euch." Rostan hatte Torgo sein großes Arbeitszimmer zur Verfügung gestellt. "Seid gegrüßt und setzt euch", sagte er. "Hinterlistige Subjekte hielten mich gefangen und hinderten meine Rückkehr in die Residenz. Diese Leute ließ ich gefangen nehmen, sie sollen Numrods Arbeitskräfte werden. Ich schickte sie ins Bergwerk." "Daran tatest du gut", antwortete Alwa erfreut. "Mein Freund Numrod kann stets frische Arbeitssklaven gebrauchen."
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"Ich habe gehört, was sich inzwischen in der Hauptstadt zugetragen hat und wie ihr die Versuche Regs und der Hohepriester, die Macht zu ergreifen niedergeschlagen habt. Dafür ist euch mein Dank gewiß." "Wir taten nur unsere Pflicht Prinz", erklärte Wusso. "Aber nicht schön ist es, daß du uns hier wie Gefangene empfängst." "Ich brauche diese treuen Freunde hier, das müßt ihr verstehen. Darf man den Truppen trauen?" "Man darf", meinte Sarga. "Meinen Männern zur See jedenfalls." "Und meinen Leuten auch", verbürgte sich Wusso. "Die Garde hat sich heldenhaft gehalten, als der König in Gefahr war!" "Und meine Krieger haben die ganze Stadt umschlossen", ereiferte sich Alwa. "Wir werden alle fangen, die besser ins Bergwerk als auf die Straßen gehören." "Schön" sagte der Prinz, "ich will ihnen trauen. Dann will ich also ungehindert und ungefährdet in das Schloß gelangen. Ich nehme an, daß der Kronrat der Ältesten mich inzwischen vertreten hat." "Das hat er nicht", sagte Wusso. "Der Kronrat, den die Götter verschlingen mögen, war zur Hälfte von den Hohepriestern bestochen. Daraufhin haben wir ihn aufgelöst. Wir drei, Sarga, Alwa und ich, haben dich vertreten und die Interessen der Krone wahrgenommen." "Von wem werde ich die Krone des Reiches empfangen", fragte Torgo, "wenn die Hohepriester verhaftet und der Rat der Ältesten aufgelöst ist?" "Du empfängst sie aus unserer Hand", erklärte Alwa. "Und unser Wort gilt künftighin an Stelle des Rates der Ältesten." Torgo sah von einem zum anderen. Er las in ihren Worten Wohlwollen, aber auch Entschlossenheit. Dies war mehr als ein Vorschlag, es war eine Forderung. "Die Priester des Bel werden nicht wieder ins Amt eingesetzt", entschied er schließlich. Da mengte sich Rostan, welcher bis dahin schweigend im Hintergrund gestanden hatte, ein. "Jetzt begreife ich erst, wozu sie die Goldbarren von mir haben wollten!" rief er. "Was", rief Wusso, "von dir ist das Gold, mit dem sie die Mörder bezahlten?" "Es ist kein echtes Gold", entgegnete Rostan. "Sie machten uns glauben, daß es für das Hochzeitsfest des Königs benötigt werde. Sie wollten die Feier besonders würdig gestalten. Ich habe auch Nebussor in die Stadt geschickt, Erkundigungen einzuziehen, ob ihre Angaben auf Richtigkeit beruhten, da wir die Geschichte von der Hochzeit zuerst gar nicht glauben wollten. Als sich aber schließlich ihre Angaben als richtig erwiesen, machte ich ihnen das Gold, in der Hoffnung, damit auch dem König einen Dienst zu erweisen." "So ist die Beweiskette geschlossen", meinte Wusso knurrend. "Diese Priester haben den Tod verdient, ebenso aber die Ältesten, welche sich zu ihren Handlangern erniedrigten und ihnen die Krone zuschanzen wollten." "Auch sie werden ihre Strafe finden", erklärte der Prinz. "Und wie ist es nun, bleiben wir an ihrer Stelle Berater der Krone?" fragte Alwa drängend. Der Prinz sah im Augenblick keinen anderen Ausweg, als ihrem Wunsche zuzustimmen. "Gemeinsam mit jenen Ältesten, die der Krone treu ergeben blieben", schränkte er ein. "Gut", meinte Wusso, "das ist gerecht." Er fühlte sich durch die Entscheidung des Prinzen nicht gekränkt. "Aber", sagte Rostan, "du mußt dem Volk neue Priester geben. Das Volk glaubt an übernatürliche Dinge. Es will Weihrauch sehen, Wunder erleben und Feste und Zeremonien." "Darüber werde ich später entscheiden", erklärte der Prinz. "Der Tempel Bels ist vorläufig verwaist und wird es wohl noch eine Weile bleiben."
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"Das Volk hat den Tempel geplündert", grinste Alwa. "Alles haben sie gestohlen, bis auf den goldenen Bel, der war ihnen zu schwer und zu groß." "Nun wollen wir darüber beraten, wie wir den Prinzen ungehindert und sicher in die Stadt bringen", drängte Prano. "Das ist nicht schwer", sagte Alwa. "Er wird von einer starken Eskorte begleitet. Die Straßen auf dem Weg zum Schloß werden von einer dreifachen Reihe von Kriegern gesäumt. Und das Volk muß in den Häusern bleiben. Wer sich zeigt, wird getötet oder kommt ins Bergwerk." "Gestern Nacht", sprangen Wussos Gedanken plötzlich auf ein anderes Thema über, "hat die ägyptische Prinzessin samt ihrem Anhang zu fliehen versucht. Und was glaubst du, Prinz, wer ihr dabei behilflich war? Bethseba..." * Es geschah so, wie Alwa es vorgeschlagen hatte. Unzählige Krieger säumten den Weg, den Prinz Torgo nahm. Er fuhr, aufrecht stehen, in einem Streitwagen, während Jargo hinter ihm ritt und den Schimmel des Prinzen mit am Zügel führte. Den Streitwagen umgab die berittene Garde Pranos und seiner Freunde. Sie deckten den Prinzen selbst gegen die Krieger, welche in gewaltigem Zuge dem Prinzen folgten. An ihrer Spitze ritten die drei Hauptleute. Die Krieger stimmten überall wo der Prinz vorbeikam, wilde Rufe der Begeisterung an. Ihr Geschrei pflanzte sich fort von Straße zu Straße bis vor das Schloß. "Es lebe Prinz Torgo, es lebe Prinz Torgo!" hallte der Ruf von den Mauern der Häuser des Marktes wider und schließlich, vor dem Schloßportal, brach die Menge der Krieger in vielstimmiges Geschrei aus, sie schwenkten ihr Waffen und bezeugten ihre Anhänglichkeit. Der Prinz stieg vom Wagen und sprang einige Stufen empor. Mit einer Handbewegung gebot er Schweigen. "Männer" rief er, "ich danke euch! Nun wird wieder Ordnung herrschen in Atlantis und den Tod des Königs wollen wir rächen!" Laute Jubelrufe machten die Zustimmung der Krieger kund. Torgo aber und seine Begleiter verschwanden im Schloß. Seit den zuletzt geschilderten Ereignissen war ein Tag vergangen. Der Prinz hatte sich in das Arbeitszimmer seines Vaters zurückgezogen. Er saß stundenlang vor dem Tisch, auf welchem noch alles so war wie es sein Vater in den letzten Stunden vor seinem Tode verlassen hatte. Er hätte so gern Zwiesprache gehalten mit König Amur, den er nichtsahnend verlassen hatte und der in der Vorfreude seiner späten Hochzeit in der Residenz zurückgeblieben war. Aber der Mund des Königs war für immer verstummt. Die drei Hauptleute verlangten von Torgo rasche Entscheidungen. Er ließ ihnen zumeist ihren Willen und ihre Unternehmungen, die darauf abzielten so rasch als möglich das normale Leben in der Hauptstadt wieder herzustellen, hatten Erfolg. Trotzdem sie rauhe Männer waren, verstanden sie den Schmerz, den Torgo bei der Wiederbegegnung mit all den Räumen, in denen sein Vater gelebt und gewirkt hatte, empfand. Als Torgo schließlich die Gruft der Könige aufsuchte, um am Grabe seines Vaters allein zu sein, ließ man ihn, seinen Schmerz achtend, ungestört. Aber Torgo war nicht allein an jenem Grab: Als er sich dem Mausoleum näherte, erkannte er schon von weitem eine weibliche Gestalt. "Bethseba", rief er, näher tretend. Sie wandte sich um. "Torgo" sagte sie leise und Tränen standen in ihren Augenwinkeln, "du kommst spät, sehr spät." "Nicht zu spät Bethseba, um den Tod König Amurs zu rächen." (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Die Rache ruft ihn nicht ins Leben zurück, Torgo." "Aber ich muß die Hochverräter und Königsmörder bestrafen. Und da ich dich sehe, brennt mir eine Frage auf der Zunge. Weshalb verhalfst du Nif-Iritt zur Flucht?" Bethseba mußte trotz ihrer traurigen Stimmung lächeln. "Du vermagst niemand zu halten, der nicht bleiben will. Bindest du seinen Körper an dein Haus, so wird doch seine Seele weit fort von dir sein. Nif-Iritt wollte in ihre Heimat zurückkehren. Sie empfand in diesem Land das niemand zu regieren schien, große Furcht. Du kannst es ihr nicht verdenken." "Und nur aus diesem Grunde hast du ihr den Weg durch den Tunnel gezeigt?" fragte Torgo verwundert. "Aus keinem anderen." "Und du?" "Mein Weg ist nicht der ihre." Wie immer, wenn Torgo diesem Mädchen gegenüber stand, empfand er eine seltsame Regung in seinem Inneren, die er sich nicht zu erklären wußte. Er ließ sich auf den Stufen des Mausoleums nieder und bat sie, sich zu ihm zu setzen. "Erzähle mir von deinem Gott, Mädchen", verlangte er. Bethseba dachte ein wenig nach. "Ich würde deinen Wunsch gern erfüllen" sagte sie, "aber du würdest ihn noch nicht begreifen. Er ist groß, viel größer als du ahnen kannst. Sein ist alles und alles Leben ist sein Werk, es ist in ihm und kommt aus ihm. Du kannst es nicht begreifen Torgo, noch nicht, aber der Tag wird kommen, an dem du ihm begegnen wirst." "Ich, ich werde ihm begegnen?" lächelte er ungläubig. "Du wirst ihm begegnen und ihn nicht erkennen. Und wieder wird ein Tag kommen, da wirst du ihn ahnen. Und noch einer, an dem du deine Knie vor ihm beugen wirst." Torgo schüttelte verwundert den Kopf. "Du führst sonderbare Reden, Mädchen", sagte er. "Ich werde die Krone von Atlantis tragen." "Er wird dir zeigen, wie nichtig alle Kronen dieser Welt sind." "Ich werde herrschen über ein Reich, Mädchen!" "Nur sein Reich ist unvergänglich." Bethseba blickte still auf die Stufen aus grauem Marmor, die zum Grabmal des Königs empor führten. "Diesen Weg" sagte sie, "sind sie alle gegangen, die vor dir die Krone der Insel trugen. Als man sie begrub, begrub man mit ihnen ihre Pläne, Wünsche, .Hoffnungen, ihre Macht und ihre unerfüllten Träume. Die Pforte der Vergänglichkeit hat sich hinter ihnen geschlossen. Denke an diesen Weg Torgo, wenn du dich von ihm am fernsten wähnst. Jeder geht ihn, ob Bettler, ob König. Für den einen führt er über Stufen aus Marmor, der des anderen geht über nacktes Erdreich, aber sie enden alle am selben Ziel." "Warum sagst du mir das?" fragte Torgo. "Um dir zu zeigen, wie groß ein König von Atlantis ist und wie groß der Gott, der uns schuf, der keinen Anfang kennt und kein Ende." "Der Gott in unserem Tempel ist von Händen geschaffen", meinte Torgo. "Und Hände können ihn zerstören: Das Volk hat seinen Tempel geplündert und er hat es zugelassen. Er ist hohl. Die Stimme, die aus ihm spricht, ist die Stimme der Priester. Sie steigen in seinen Körper durch einen geheimen Aufgang und schreien in den Tempel hinab und das Volk zittert vor Furcht und glaubt an ein Wunder und daß der Gott lebt." Bethseba lächelte.
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"Ich weiß es", sagte sie. "Dieser Gott ist kein Gott. Er ist ein Götze. Ihr betet ein totes Bildnis an, das ihr euch selbst geschaffen habt." "So ist es", bestätigte Torgo düster. "Aber wo ist der, von dem du sprichst? Ihn sieht man nicht. Du sagst, ich würde ihm begegnen. Nun, wenn er so mächtig ist, wie du sagst, will ich ihm in meinem Palast die besten Zimmer geben, ich will ihn bewirten und es soll ihm an nichts fehlen." "Er bedarf dessen nicht. Gib ihm Wohnung in deinem Herzen." "Ich will ihm einen Tempel bauen, größer als der, den wir Bel errichteten." "Das kannst du nicht. Er wohnt nicht in Tempeln, welche Menschenhände errichten. Sein Tempel ist die Unendlichkeit." Torgo schüttelte den Kopf. "Was du mir über deinen Gott erzählst, vermag ich nicht zu fassen. Ein solches Wesen will nicht in meinen Verstand, ich kann es nicht begreifen, Was will es, was bezweckt es? Wenn es so mächtig ist wie du sagst, weshalb läßt es dann zu, daß man andere Götter neben ihm verehrt? Weshalb hat dein Gott unseren Bel nicht schon längst vernichtet?" "Seine Pläne sind anders als deine Torgo und das Maß, mit welchem du mißt, taugt ihm nicht. Für dich ist ein Tag ein Tag, für ihn aber kaum der Hauch eines Augenblickes. Und dennoch wirst du noch erleben, wie euer Bel in Schutt und Asche sinkt." * Als das Schiff der griechischen Handelsleute landete, verbreitete sich die Kunde davon wie ein Lauffeuer in der Stadt und damit die Nachricht, daß ein Gesandter des Pharao angekommen sei. Auch König Telaus war davon unterrichtet und sandte sogleich Krieger nach dem Hafen, welche Nef-Naton in Empfang nehmen und nach dem Palast geleiten sollten. Nef-Naton bewunderte staunenden Auges das ihm fremdartig und merkwürdig erscheinende Treiben und die mächtigen Bauten, die Villen der Reichen auf den Hügeln, die Tempel, die Bäder. Er bemerkte einen mächtigen Rundbau, den man ihm als Theater bezeichnete und gelangte schließlich in den Königspalast. Wie anders waren hier die Gebäude als in Atlantis! Alles war gleich mächtig und doch in den Formen vollendeter, eleganter, ausgewogener. Nef-Naton sah Standbilder aus Stein und Erz, deren täuschende Ähnlichkeit mit ihren Vorbildern ihn erstaunte. Die Griechen schienen ein kluges, aufgewecktes Volk zu sein, das über Geschmack und Intelligenz verfügte und einem solchen Volk fühlte sich der Ägypter verbunden. Der König empfing Nef-Naton auf seinem Thron, im Beisein zahlreicher Berater und Würdenträger. Die Mienen der Männer waren ernst und gespannt, man wußte noch nicht, was davon zu halten war, daß Nef-Naton allein, ohne die königliche Braut und unter derart seltsamen Umständen gekommen war. König Telaus war nicht mehr jung, aber zweifellos ein Mann von staatsmännischer Klugheit. Er war mittelgroß, besaß Züge, die nicht unhübsch waren und mochte im Ganzen einmal ein hübscher Jüngling gewesen sein. Sein kurz geschnittenes Haar trug er unter einem breiten Goldreif, welcher zugleich auch seine Würde kennzeichnete. Ein kurzer Bart verlieh ihm ein energisches Aussehen. Unter seinen Beratern sah Nef-Naton mehrere alte Männer, denen langes Haar und lange Bärte den Ausdruck von Weisheit verliehen, sowie einige, deren Kleidung und Waffen sie als dem Stand der Krieger zugehörig bezeichneten. Telaus erste Worte verrieten Nef-Naton bereits dessen diplomatische Geschicklichkeit. "Hast du eine gute Reise gehabt?" Diese scheinbar alltägliche Höflichkeitsfrage gewann in der gegenwärtigen Situation besondere Bedeutung. Sie enthielt zugleich die Aufforderung, zu berichten und Rechenschaft über das Schicksal der königlichen Braut abzulegen.
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"Ich hatte keine gute Reise Herr", antwortete deshalb Nef-Naton nach kurzem Besinnen. "Die Götter haben uns eine schwere Prüfung auferlegt. Mein Gebieter, der Pharao, sandte dir seine jüngste Tochter, dem gegebenen Wort gemäß und er sandte sie auf einem Schiff, welches beladen war mit reichen Geschenken für dich und der kostbaren Aussteuer Nif-Iritts. Zusammen mit Nif-Iritt reisten Nimbur und ich als Beauftragte und Gesandte des Pharao, sowie Nif-Iritts Dienerinnen und Krieger, die man uns zum Schutze auf die Fahrt mitgegeben hatte. Alles ging gut und unser Kapitän berechnete bereits den Tag, an welchem wir in deinem Hafen einlaufen konnten. Da geschah es, daß uns ein Sturm überfiel, ein Orkan von solcher Heftigkeit, daß wir vom Kurs abkamen und in unbekannte Gewässer verschlagen wurden. Das Unwetter warf uns auf die Klippen eines unbekannten Landes. Dort erwarteten uns bereits Feinde, die sich voll Hinterlist und Tücke zwischen den Riffen und in den Felsklüften des Ufers verborgen gehalten hatten, die Atlanter. Sie machten von der Mannschaft nieder, was noch lebte und sich nicht ergab. Die Prinzessin und Nimbur, ein hoher Vertrauter des Pharao, wurden gefangen weggeführt und mit ihnen noch andere Reisegefährten. Ich aber konnte nach Tagen des Umherirrens auf jenem Boote fliehen, auf welchem mich griechische Kaufleute auf wunderbare Weise fanden und hierher brachten. Dies ist die traurige Geschichte König, welche ich dir zu berichten habe. Prinzessin Nif-Iritt ist in Gefangenschaft und hofft auf Befreiung. Du wirst sie ihr nicht versagen Herr, der du ihr künftiger Gemahl und der Freund ihres Vaters bist. Sende sogleich nach Ägypten, daß auch der Pharao ein Heer rüste, um gemeinsam mit dir die Atlanter zu schlagen und für die freche Übeltat die sie uns angetan, zu bestrafen." Tief aufatmend beendete Nef-Naton seine Rede. Als er schwieg, blickten die Anwesenden mit betroffener Miene auf den König. Telaus saß unbeweglich auf dem Thron und hatte die Blicke auf Nef-Naton geheftet. Kein Muskel zuckte in seinem Gesicht und nichts verriet, was in seinem Inneren vorging. Endlich, nach einer Weile, die Nef-Naton wie eine Ewigkeit erschien, fragte er: "Die Atlanter waren es, sagst du?" "Gewiß, Herr. Ich kann dir ihre Hauptstadt und ihren Hafen beschreiben." "Und hast du dir die Stellung der Gestirne gemerkt, wenn du in einem Kahn nachts über das Meer fuhrst?" "Ich habe sie stundenlang in bangen Nächten geschaut Herr und vergesse sie nie. Ich kann den Steuerleuten deiner Schiffe sagen, welchen Kurs sie nehmen müssen, um nach Atlantis zu gelangen. Und ich sehne die Stunde herbei, wo ich wieder meinen Fuß auf die Erde dieses verfluchten Reiches setzen darf, aber diesmal mit dem Schwerte in der Hand, um mich zu rächen." Telaus Mienen entspannten sich. Er nickte gnädig. "Deine Worte gefallen mir Abgesandter", sagte er "und das Schicksal der Prinzessin liegt mir am Herzen, wie mein eigenes. Wir werden verfahren, wie du gesagt hast. Verfasse einen Bericht an den Pharao, der alle notwendigen Einzelheiten enthält. Schreibe ihn sogleich, ruhen kannst du später. Ich will den Bericht noch heute an meinen Freund und Verbündeten abgehen lassen, damit geschieht, wie du gesagt hast." Nef-Naton verbeugte sich. "Ich werde sogleich ans Werk gehen König", erklärte er. "Gut. Man wird dir eine Wohnung anweisen und für dein Wohlergehen Sorge tragen. Bringe mir den Bericht, sobald du fertig bist. Einstweilen will ich einen Boten wählen und ihm auftragen, sich für die Reise fertig zu machen. Du hast meine Gnade." Er verabschiedete Nef-Naton, der sich unter Verbeugungen entfernte. Er vermutete, daß der König bei Gelegenheit der Übergabe seiner Schrift noch einmal mit ihm sprechen würde, um sich ausführlich über alle Einzelheiten seines Abenteuers zu unterrichten. Was jedoch alle wissen mußten war gesagt worden. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Und Nef-Naton wußte nur zu gut, was es bedeutet. Es bedeutete Krieg, Krieg mit Atlantis. * Numrod, der Herr des Kupferbergwerkes, in dessen Tiefe die Gefangenen der Atlanter schufteten, stand auf der Terrasse seines Holzhauses und blickte mit zufriedener Miene auf das weit geöffnete Tor. Schon vor Stunden hatten die Posten auf den Wachtürmen ihm das Herannahen einer neuen Sklavenkarawane angekündigt. Nun war es so weit. Flankiert von Hauptmann Alwas berittenen Truppen wankten die von langen Fußmärschen Erschöpften auf den großen Platz, welcher gesäumt war von den Hütten der Aufseher. Aber wie erstaunte Numrod, als er unter den Gefangenen bekannte Gesichter erblickte, Gesichter, die er nie hier zu sehen erwartet hätte. In einer Reihe mit üblen Gesindel schleppten sich da Taaf und Shidra dahin, die beiden höchsten geistlichen Würdenträger des Reiches. Shidra war abgemagert und kaum zu erkennen und Taafs Miene war verbissen, sein Rücken krumm und eine solche Welle von Haß ging von ihm aus, daß Numrod unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. In der Hauptstadt mußten sich geradezu unglaubliche Dinge zugetragen haben. Wie war es möglich, daß man ihm Taaf und Shidra schicken konnte? Was hatten sie verbrochen? Wie hatte es überhaupt geschehen können, daß man Hand an sie legte, die doch für unantastbar gegolten hatten? Hauptmann Alwa hatte auch diesmal wieder selbst den Transport begleitet. Er ließ die Kolonne halten, sprang vom Pferd und lief auf Numrod zu, um ihn zu begrüßen. Numrod ging ihm entgegen. "Alwa" sagte er, "wie immer freue ich mich, dich zu sehen. Doch heute bringst du mir eine absonderliche Gesellschaft. Was soll ich davon halten? Wie soll ich mit diesen Männern verfahren?" Absichtlich hatte er es vermieden, Taafs und Shidras Namen auszusprechen. Alwa verstand ihn sofort. "Diese Leute kommen ebenso ins Bergwerk wie alle anderen. Sie erhalten keinerlei Vergünstigungen gegenüber jenen. Es ist ohnehin eine besondere Gnade des Prinzen, daß er sie ins Bergwerk sandte und nicht öffentlich den Löwen zum Fraß vorwerfen ließ. Besonders der eine wäre für die Tiere ein fetter Bissen gewesen." "Wie, eine Begnadigung nennst du es, daß er sie zu mir ins Bergwerk sandte?" fragte Numrod verwundert. Er wußte nur zu gut, daß das Bergwerk für manche schlimmer als der Tod war. "Sie haben einen Mann zum Königsmord angestiftet", erklärte Alwa finster. "Dieser allerdings hat sein Leben verwirkt. Er wird bei Neumond hingerichtet werden." "Schrecklich", rief Numrod. "Du mußt mir vieles erzählen, Alwa. Hier heroben in den Bergen ist man auf zufällige Nachrichten angewiesen, welche uns gelegentliche Boten übermitteln, die zum Zweck der Befehlsübermittlung hierher gesandt werden. Du weißt es Alwa. Meist sind das ungebildete Krieger, mit denen ich kein vernünftiges Wort reden kann. Es ist jedesmal ein Labsal für mich, wenn du kommst, mit dir kann ich mich ordentlich aussprechen. Na, laß sie gleich hinab ins Bergwerk schaffen. Es ist Bedarf genügend vorhanden. Vorige Woche starben sechs von meinen Gefangenen, dein heutiger Transport kommt wie gerufen." "Ich habe noch jemand mitgebracht", sagte Alwa, "er reitet eben mit seinem Diener durch das Tor." "Wer ist das?" fragte Numrod stirnrunzelnd. "Dieser Mann sieht ganz merkwürdig aus, und sein Diener gleicht einem Zwerg. Soll ich die beiden etwa auch in das Bergwerk stecken? Was soll ich heroben mit ihnen anfangen?" Alwa lachte. "Sie fangen selbst an, wozu sie Lust haben. Die beiden sind Rostan und sein Diener Nebussor. Sie haben besondere Vollmachten des Prinzen und werden dir manche Aufträge (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
erteilen." "Mir? Aufträge?" fragte Numrod, der bisher als unbeschränkter Gebieter des Bergwerks regiert hatte, erschrocken. "Keine Sorge, du hast von ihnen nichts zu befürchten", beruhigte ihn jedoch der Hauptmann. "Dieser Rostan ist ein verrückter Gelehrter, der sich einbildet, eine gewaltige Erfindung gemacht zu haben, welche unser Prinz für das Wohl und Wehe von Atlantis für unbedingt notwendig hält. Du sollst Rostan bei der Ausführung seiner Pläne behilflich sein." "Ach, so ist es" entfuhr es Numrod erleichtert, während die beiden von denen hier die Rede war, vor der Terrasse anhielten und sich von ihren Tieren schwangen. Der kleine Nebussor kam seinen Herrn vorangetrippelt und wandte sich an Numrod. "Du bist Numrod das ist gewiß", sagte er "und ich bin Nebussor, dessen Wiege im fernen Persien stand. Und hinter mir kommt mein Herr, der weise Rostan, dem alle Welt Achtung und Ehrerbietung zollt. Ich hoffe, auch du wirst es daran nicht fehlen lassen." "Der Hauptmann hat mir bereits von euren Plänen unterrichtet", begrüßte Numrod den Erfinder. "Aber ich habe nur bescheidene Quartiere für dich und deinen Diener. Ich weiß nicht, ob ihr damit zufrieden sein werdet." "Wir sind zufrieden", sagte Rostan. "Auch bleiben wir nicht allzu lange. Freunde achten inzwischen auf mein Haus in der Nähe von Atlantis und versorgen die Tiere, welche ich dort habe. Des Prinzen Diener Jargo sieht dort selbst gelegentlich nach dem Rechten. Und doch möchte ich nicht allzu lange fernbleiben. Ich werde mich hier nur solange aufhalten als nötig ist, um dir meine Pläne zu erklären und meine Wünsche so auseinandersetzen, daß bei ihrer Durchführung nichts fehl gehen kann." "Gut", sagte Numrod, der dies durchaus gern hörte. "So kommt mit, ich werde euch eine freie Hütte zeigen, in der ihr so lang wohnen könnt. Du Alwa, schaffst inzwischen die Gefangenen hinab, damit sie von hier verschwinden." Er verzichtete auf die Rede, die er sonst jedes mal an die Neuankömmlinge zu richten pflegte und während Alwa den Transport abmarschieren ließ, brachte Numrod Rostan und Nebussor zu einem kleinen, abseits stehenden ein wenig verfallen wirkenden Haus, das keinen sehr einladenden Eindruck machte. "Ich werde schon dafür sorgen Herr, daß du dich hier wohl fühlen wirst", sagte Nebussor, nachdem sie das Gebäude besichtigt hatten. "Es wird dir an keiner Bequemlichkeit mangeln das ist gewiß, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand." Er verriet zwar nicht, wie er das anstellen wolle, aber bei seinem Einfallsreichtum zweifelte Rostan nicht daran, daß Nebussor sein Versprechen wahr machen werde. Numrod war wieder zu Alwa zurückgekehrt, der den kleinen Gästeraum in Numrods Haus bezogen hatte, um diesen in einem ausführlichen Gespräch über die Ereignisse in der Residenzstadt zu informieren. Was er hörte, versetzte ihn in höchstes Erstaunen. "Da hätte ich dabei sein müssen", bedauerte er. "Weshalb?" spöttelte Alwa, "hättest du dich dann etwa selbst zum König ausrufen lassen?" Mit letzter Kraft schleppte sich unterdessen Shidra an Taafs Seite durch den Stollen abwärts, bis der ganze Zug in die gewaltige Höhle gelangte, von deren Wänden das Erz in freien Terrassen abgebaut wurde. Wie geisterhafte Wesen arbeiteten hier unzählige Gefangene, die das Sonnenlicht seit ihrer Einbringung in das Bergwerk nicht wiedergesehen hatten. Unwillkürlich stießen Taaf und Shidra Rufe des Staunens aus über das was sie hier sahen. "Welch ein gewaltiges, unterirdisches Reich" keuchte Taaf und Shidra fügte hinzu, "zu denken, daß hier all das Kupfer herkommt, aus welchem Rostan unser Gold fabrizierte... " Unwillkürlich hatten seine Augen wieder einen gierigen Glanz angenommen und seine Finger krümmten sich, als wolle er unsichtbare Goldbarren zusammenraffen. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Wenn wir Bel hier unten einen neuen Tempel errichten könnten", murmelte Taaf. Da fühlte er den Stoß eines Aufsehers in seinem Rücken, der ihn derb an die rauhe Wirklichkeit gemahnte, die freilich ganz und gar ohne allen Weihrauch war... * Am Tage des Neumonds sprach ganz Atlantis von nichts anderem als jenem gräßlichen Schauspiel, welches das Leben von Hyra beenden sollte. Schon am frühen Nachmittag begann sich die Arena zu füllen. Männer, Weiber und Kinder wollten den Mann sterben sehen, welcher König Amur durch einen Pfeilschuß aus dem Hinterhalt getötet hatte. Wer es irgendwie einrichten konnte, ging nach der Arena. Die Raubtiere brüllten in ihrer Grube. Sie hatten zwei Tage lang ausgehungert. Das hatte man mit Absicht geschehen lassen, um sie zu reizen und auf ihre Beute begierig zu machen. Hyra lag zur Stunde noch in den Kasematten völlig teilnahmslos in Ketten. Er hatte nur einen Wunsch: so rasch als möglich zu sterben. Er hätte etwas darum gegeben, wenn er einen Dolch zur Hand gehabt hätte, der ihm die Zähne der Löwen erspart hätte. Daß es keine Möglichkeit zur Flucht gab, wußte Hyra. Man ließ ihn nicht aus den Augen und er hatte die Hoffnung zu entkommen, auch bereits aufgegeben. Hyra erinnerte sich der Stunde, da man ihn vor den Prinzen geführt hatte, als er vor Torgo stand, dessen Augen voll Zorn und Empörung auf ihm geruht hatte. Der Blick des Prinzen hatte ihn wie ein Schwert durchdrungen. Damals schon war er seinen ersten Tod gestorben. Er hatte den Urteilsspruch des Prinzen ruhig angehört. Er empfand ihn gerecht. Und zugleich wurde ihm eine Genugtuung zuteil. Mit ihm richtete der Prinz auch Shidra und Taaf, die bis zum letzten Augenblick in erbärmlicher Weise zeterten, schrien und ihre Unschuld beteuerten. Auch sie hatten das Todesurteil befürchtet. Sie atmeten auf, als ihnen der Prinz das Leben schenkte und sie nach dem Bergwerk zu bringen befahl. Doch Hyra wußte es, der Prinz erwies ihnen damit keine Gnade. Vielleicht hätte es böses Blut gegeben, wenn man die beiden öffentlich hingerichtet hätte. So verschwanden sie sang- und klanglos und waren eines langen Elends gewiß. Er, Hyra aber, beendete die Qual an einem Nachmittag. Diese Auffassung entsprach seiner Lebensart. Er ging, als die Stunde gekommen war und sie ihn abholten, so gefaßt dem Tode entgegen, wie er das Attentat auf den König begangen hatte. Der Prinz war mit Prinzessin Nif-Iritt in der Loge der Arena erschienen. In den Augen des Volkes kam es ihr zu, der Hinrichtung beizuwohnen, denn sie war die Braut des König Amurs gewesen. Das Trauerspiel währte kaum eine halbe Stunde. Ein Herold verlas die Schandtat, die Hyra begangen hatte und verkündete das Urteil. Hierauf wurde .Hyra unter den Schmährufen der Menge in die Arena geführt, in deren Mitte man einen Pfahl in das Erdreich gerammt hatte. An diesem Pfahl band man ihn aufrecht fest. Unwillkürlich erinnerte sich Torgo daran, wie er selbst da unten gestanden und angesichts des Volkes um das Leben von Bethseba und Jargo gekämpft hatte. Aber Hyra war kein Kampf vergönnt. Er mußte tatenlos erwarten, was mit ihm geschah. Die Löwengrube hatte frischen Zuzug durch kürzlich gefangene Tiere erhalten. Sie waren die Gefangenschaft ungewohnt und durch Hunger gereizt. Sie umschlichen den Pfahl und als sie erkannt hatten, daß der Mensch daran wehrlos war, begann das Ende. Prinz Torgo wendete sich unwillkürlich ab, aber Nif-Iritt verfolgte das schreckliche Bild mit weit aufgerissenen Augen. Ja, Torgo glaubte sogar, den Ausdruck des Vergnügens in der maskenhaften Miene der Prinzessin zu erblicken. Unwillkürlich empfand er Schauder vor dieser Frau, deren Auffassungen und Gemütsbewegungen er immer weniger begriff, je näher er Bethseba kennenlernte.
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Die Menge verlief sich dann, in ihrer Schaulust befriedigt und mit neuem Gesprächsstoff für die nächsten Tage versorgt. Der Prinz fuhr in einem prunkvollen Streitwagen in den Palast zurück, während Nif-Iritt in einer Sänfte dahin getragen wurde. Sogleich zog sich Torgo wieder in seine Gemächer zurück. Der Tod Hyras war für ihn eine Sache der Gerechtigkeit gewesen, aber nun, da der Mann gestorben war, begriff er Bethsebas Worte, die ihm gesagt hatte, daß durch den Tod des Mörders der Gemordete nicht wieder zum Leben erweckt werde. Nein, er fand keine Befriedigung über Hyras Tod. Der Schatten König Amurs war ihm nicht näher in diesen Stunden als sonst. Steinern und stumm stand das Mausoleum der Könige und die Kälte des Todes, die von diesem Bauwerk ausging, machte Torgos Augen tränenlos. Have war gekommen und begehrte, den Prinzen zu sprechen. Er trug ihm den Plan eines Denkmals für König Amur vor. Der Prinz fand, daß dies vielleicht ein Weg sei, um der Liebe zu seinem toten Vater Ausdruck zu verleihen und in der Beschäftigung mit dem Projekt seinen Schmerz zu lindern. Er nahm Haves Vorhaben gnädig auf. Dann erklang aus den Gemächern der Prinzessin das Spiel eines Saiteninstrumentes und bald darauf fiel die Stimme Gül-Güls mit einem Lied ein. Torgo verabschiedete Have und sandte einen Diener zu Nif-Iritt mit dem Befehl, daß man das Musizieren und Singen abstellen möge. Der Diener kehrte mit der Antwort Nif-Iritts wieder. Sie lud ihn ein, zu ihr zu kommen und dem Spiel beizuwohnen. Sie halte das, ließ sie sagen, für ein glänzendes Mittel, um den Kummer zu verscheuchen. Torgo war wütend. Er wollte der Prinzessin selbst die Meinung sagen und machte sich auf den Weg. Unterwegs traf er Bethseba. Aber er war so mit sich beschäftigt, daß er grußlos an ihr vorüberschritt. Die ägyptische Prinzessin hatte sich auf einem mit schweren, weichen Teppichen belegten Sofa niedergelassen und sich auf kostbare Kissen gestützt. Sil stand hinter ihr und fächelte ihr Kühlung zu, während Gül-Gül vor ihr auf dem Boden auf einem niedrigen Kissen saß und spielte. Wütend schlug der Prinz den Vorhang auseinander und trat ein. Aber er sagte nichts, obgleich Gül-Gül ihr Spiel abbrach und sich die Blicke der Frauen ihm zuwandten. Das Bild das sich ihm bot, schien Torgo zu fesseln. In der Tat war Nif-Iritt schön, sie hatte eines der kostbaren Gewänder angelegt, welche ihr König Amur vor seinem Tode schenkte. "Torgo", begrüßte sie den Prinzen, "nimm ein Kissen und setze dich zu uns. Seit du wieder in der Stadt bist, haben wir kaum zwei Worte miteinander gesprochen und doch wäre ich beinahe deine Stiefmutter geworden." Ihre Worte klangen halb scherzhaft, halb ernst, auf jeden Fall vorwurfsvoll. Torgo wußte, daß sie recht hatte. Er war ihr absichtlich aus dem Weg gegangen, hatte eine Aussprache vermieden. Und was hätte auch zwischen ihm und Nif-Iritt zu besprechen gegeben? Offenbar hatte Nif-Iritt doch ein Thema, denn er merkte, daß sie es darauf angelegt hatte, ihn in ihr Gemach zu locken, um mit ihm reden zu können. "Was willst du Prinzessin?" fragte er, näher tretend. "Setze dich", wiederholte sie ihre Einladung. Unwillig nahm der Prinz auf einem Schemel Platz. "Sage mir, was du willst", drängte er, "ich habe nicht viel Zeit, ich bin beschäftigt." Die Prinzessin sah ihn aus ihren dunklen, von langen Wimpern beschatteten Augen, ein wenig spöttisch an. "Nun" sagte sie, "es betrifft mein ferneres Schicksal. Dein Vater hatte vor, mich zu heiraten und sodann den Pharao aufzusuchen. Ich nehme an. daß deine Pläne andere sind. Aber was wird aus mir? Willst du mich ewig hier behalten?" (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Du weißt sehr gut, daß du den Atlantern als Geisel gegen Griechenland und Ägypten dienst", erklärte Prinz Torgo hart. Nif-Iritt schüttelte unwillig den Kopf. "Dein Vater war klüger" sagte sie, "er suchte ein Bündnis. Weshalb machst du dir nicht seine Pläne zunutze? Ich bin sicher, daß der Pharao und König Telaus rüsten werden, sobald sie Kunde von meinem Schicksal haben. Aber selbst wenn dies nicht geschehen sollte, mußt du eines Tages mit den Griechen und mit meinen Landsleuten rechnen." "Wir fürchten uns nicht", antwortete Torgo. "Sie mögen kommen! Wir haben Waffen, mit denen wir alle Feinde vernichten können." Er dachte dabei an Rostans Spiegel. "Niemand bezweifelt den Mut der Atlanter Prinz", entgegnete die Prinzessin, "doch ein kluger König vermeidet den Krieg, wenn er kann. Sende mich zurück nach Ägypten und ich werde von deiner Gastfreundschaft und der Ehre, welche mir an eurem Hofe wiederfuhr, günstig berichten. Noch ist es nicht zu spät. Alles kann sich zum Guten wenden. Aber lasse mich gehen Prinz, ich habe keine Lust, länger hier zu sein." "Ja, ich weiß", antwortete Torgo, "du hast bereits versucht zu entfliehen. Probiere es kein zweites Mal, es würde dir schlecht bekommen." "Wie würdest du mich bestrafen?" fragte Nif-Iritt kokett. "Ich weiß es nicht", antwortete der Prinz, sich erhebend, "ich habe noch nicht darüber nachgedacht." Er entfernte sich grußlos. Er fand, daß die Prinzessin in manchem was sie sagte, recht hatte und sagte sich, daß eigentlich seit der Aufbringung der Galeere allzu viel Zeit ungenützt verstrichen sei. Der alte König hatte sich in Nif-Iritt verliebt, er hatte persönliche Gründe gehabt, sie nicht außer Landes zu lassen. Diese Gründe fielen bei Torgo weg. Er mußte über Nif-Iritts Schicksal eine klare und sachlich richtige Entscheidung treffen. Der Plan des Bündnisses mit Ägypten, den König Amur nebenbei im Auge gehabt hatte, war, staatsmännisch gesehen, so übel nicht. Und gewiß wäre es ein Weg gewesen, die Prinzessin einfach frei zu lassen und mit vielen Grüßen an den Pharao heim zu schicken, aber wer gab ihm die Gewähr, daß den Ägyptern zu trauen sei? Er wußte nicht, daß wenige Minuten, nachdem er die Prinzessin verlassen hatte, Nimbur, von Sil geführt, das Gemach Nif-Iritts betrat. "Nun, wie steht es?" fragte der Blinde. "Noch vermag ich nichts zu sagen", antwortete Nif-Iritt. "Aber fast glaube ich, er beißt an." "Laß nichts unversucht", forderte Nimbur. "Es wäre ein Segen für uns, wenn wir von dieser Insel fortkämen. Versuche, sein Mißtrauen zu beseitigen. Mach ihn glauben, daß er dir trauen darf, so wird es vielleicht gelingen." * Numrod staunte nicht wenig über die Pläne, welche ihm Rostan vorlegte, "Es geht jetzt weniger darum, neues Kupfer zu gewinnen, als vielmehr um die Ausführung dieser Vorhaben" erklärte er, "der Prinz befiehlt dir durch mich, deine Arbeiter für die Erzeugung dieser großen Sonnenspiegel einzusetzen. Hier hast du alle Pläne und Berechnungen. Ich selbst werde den Beginn des Bau beaufsichtigen, kehre dann für eine Weile nach Atlantis zurück, werde aber bei der Fertigstellung des ersten Spiegels wieder zugegen sein. Die Folgenden könnt ihr dann genau nach bauen." "Und wozu soll dieses riesige, seltsame Gerät dienen?" fragte Numrod, der den Sinn der Erfindung nicht begriffen hatte. "Das will ich dir zeigen, sobald der erste dieser Spiegel fertig ist", antwortete Rostan "und dann brauche ich wieder Sklaven, mehr als zuvor. Sie müssen das Gerät nach der Hauptstadt schaffen." (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Kopfschüttelnd begann Numrod, seine Anordnungen zu treffen. In der Tiefe des Bergwerks wurden die Arbeiter von den Wänden des Berges abgezogen. Unter Rostans Anleitung und nach seinen Befehlen verwandelte sich die riesige unterirdische Halle alsbald in ein überdimensioniertes Abbild seiner eigenen Werkstatt und die Geräusche neuer Arbeit begannen sie zu erfüllen, Geräusche, die wie Musik in Rostans Ohren klangen. Der Bau des ersten Brennspiegel begann. * Der Bote König Telaus an den Pharao war bereits abgegangen. Der König sammelte seine Flotte in den Gewässern vor Hellas und bereitete die Schiffe für den Kampf vor. Der bevorstehende Feldzug gegen Atlantis war das Tagesgespräch. In vielen eingehenden Gesprächen hatte Nef-Naton dem König von Atlantis, seinen Menschen, seinen Kriegern berichtet. Er hatte ihm die Insel geschildert, soweit er sie kannte. Der König war nach allem, was er über die Atlanter zu hören bekam, der Meinung, daß ein Krieg mit ihnen zwar schwere Verluste bringen, aber nicht aussichtslos sein werde. Er fühlte sich sogar stark genug, es mit ihnen notfalls auch ohne ägyptische Hilfe aufzunehmen. Denn es würde einige Zeit dauern, bis Telaus Bote in Ägypten am Hofe des Pharao angekommen war und noch mehr Zeit würde vergehen, bis die Flotte des Pharao zur Verfügung war. Und in der Zwischenzeit schmachtete Nif-Iritt in Gefangenschaft. Nein, es würde zu lange dauern für Telaus Ungeduld. Der König versammelte seine Feldherren und ließ schließlich das Orakel befragen. Sein Spruch lautete günstig. Daraufhin entschied sich der König, den Kriegszug sogleich in Angriff zu nehmen. Er ließ die Schiffe mit Nahrungsmittel und Waffen beladen und sammelte ein Heer das sich im Hafen einschiffte. Die Flotte der Ägypter mochte nachkommen, wer zuerst siegt, hat größeren Ruhm und größere Beute. Dies alles nahm fast zwei Wochen in Anspruch. Unterdessen war auch die Botschaft an den Pharao unterwegs, die diesem vom Schicksal seiner jüngsten Tochter Kunde geben sollte. Prinz Torgo hielt indessen vor dem Mausoleum eine gewaltige Trauerfeier für den toten König ab. Alle Würdenträger des Reiches waren bei dieser Feier versammelt. Auch die ägyptische Prinzessin war wieder erschienen. In bewegten Worten gedachte Prinz Torgo des Lebens und Wirkens seines Vaters, der ein guter König gewesen war. Was man ihm auch nachsagen mochte - aber das Wohl seines Reiches hatte er stets im Auge gehabt. Eine unübersehbare Menschenmenge gedachte mit ihm des Toten. Selbst Nif-Iritt fühlte sich in diesen Augenblicken seltsam bewegt. Auch Bethseba war gekommen. Sie stand im Gefolge des Prinzen und hielt ihre Blicke unverwandt auf ihn gerichtet. Schließlich verkündete der Prinz die Errichtung des Monuments, welches Have vorgeschlagen hatte. "Dieses Standbild" rief er, "soll uns immer an dich, mein Vater und König, erinnern. Wir werden es stets vor Augen haben und dabei deiner Güte und Klugheit gedenken. Ich will versuchen, den Weg zu gehen den du gingst und meinem Volke ein Herrscher sein, den es liebt, wie es dich liebte." Diese Worte beendeten zwar die Trauerfeier für König Amur, sie wurden aber zugleich als Auftakt für die bevorstehende, notwendige Festlichkeit der Krönung Prinz Torgos empfunden. Torgo sollte der neue König von Atlantis werden. Viele im Volk knüpften an ihn manche Hoffnung. König Amur hatte viele Wünsche nicht erfüllen können. Manche Interessen blieben unberücksichtigt. Zudem war der König alt, konservativ und dem Zug der Zeit nicht immer gewachsen gewesen. Von dem jungen Prinzen versprach man sich viel Gutes. Man kannte und schätzte ihn, seine freimütigen Ansichten ebenso wie seine praktische und gerechte Sinnesart. Man rechnete allgemein damit, daß eine gute Zeit für Atlantis anbrechen werde und die Wirtsleute und (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
.Händler berechneten im Stillen bereits den Profit, den ihnen die Krönungsfeierlichkeiten in der Hauptstadt einbringen mußte und den sie sich als Vorschuß für künftige Zeiten dachten. Am Abend nach der gigantischen Trauerfeier erging sich der Prinz im Garten, als Jargo kam. "Rostan ist vom Bergwerk zurückgekommen", meldete er. "Er sagt, es geht rasch voran. Wenn alles gut geht, kannst du noch vor Ablauf dieses Mondes über den ersten Spiegel verfügen." "Das ist gut", nickte Torgo versonnen. "Ich freue mich, daß du wieder bei mir bist Jargo. Aber ich fürchte, die fröhlichen Zeiten der Jagd und der Ritte über Land und hinaus auf die Klippen sind für uns vorbei. Das königliche Handwerk des Regierens schlägt mich in goldene Fesseln. Manchmal sehne ich mich fort aus diesem Palast, ich will andere Gesichter sehen als die der Höflinge, der Berater, der Bittsteller und aller jener, welche sich offen oder heimlich Vorteil von mir erhoffen." Jargo nickte. "König sein ist nun einmal so", sagte er. "Was meinst du, soll ich mit der Ägypterin machen?" fragte Torgo. "Soll ich sie ziehen lassen? Sie möchte gern. Ich kann es ihr nachfühlen. Aber wenn ich sie gehen lasse, begebe ich mich eines Trumpfs, den ich jetzt gegenüber Griechenland und Ägypten in der Hand halte." "Ich kann dir nicht raten Herr", meinte Jargo. "Ich weiß nur, daß Rostans Kühe und Schweine gut gefüttert sind und daß ich den kleinen Nebussor auf dem kahlen Berg würdig vertreten habe, damit du so rasch als möglich zu deinen Spiegeln kommst. Leider leben Nebussor und Rostan auf dem Berg so abgeschieden, daß sie sonst keine Freunde haben, welche diesen Dienst für sie verrichten würden." "Ich werde Prano bitten, in Hinkunft einen seiner Diener damit zu beauftragen", erklärte Torgo. "Du mußt bei mir bleiben, du hast mir gefehlt." "Das ist gut" lachte Jargo erfreut, "du kannst mir glauben, dich bediene ich lieber als Nebussors Kühe, Ziegen und Schweine, ganz unabhängig davon, daß man mit diesen Tieren nicht reden kann." Torgo gewann durch diese respektlos geäußerten Worte seine gute Laune wieder. "Wie geht es Bethseba?" fragte Jargo. "Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich hält sie sich im Garten auf." "Frage doch sie einmal, was Sie davon hält, die Ägypter einfach ziehen zu lassen." "Danach brauche ich sie nicht zu fragen. Ihre Meinung hat sie uns bereits dadurch gezeigt, daß sie deren Flucht begünstigte." "Und was sagen Alwa, Wusso und Sarga?" "Auch das weiß ich. Sie wollen Nif-Iritt als Geißel hier behalten." "Und die Ältesten?" "Have wäre für ein Bündnis, wie es mein Vater gewollt hat." Jargo kratzte sich hinterm Ohr. "Es ist eine verzwickte Situation", sagte er, "ich muß einmal Nebussor fragen, wie er darüber denkt." "Das kannst du tun", meinte Torgo lachend. Am folgenden Nachmittag hatte der Prinz eine Unterredung mit Nimbur, der sein Vorhaben, von der Insel fortzukommen, mit allem erdenklichen Eifer betrieb. "Prinz", sagte der Blinde, "ich richte namens der Prinzessin an dich die Bitte, ein Schiff auszurüsten und sie und uns, die wir zu ihrem Gefolge gehören, zurück nach Ägypten zu führen." "Ich kenne den Wunsch der Prinzessin", antwortete Torgo. "Ich werde sehr bald darüber entscheiden." (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Wovon hängt deine Entscheidung ab, Prinz?" "Von den Beziehungen zwischen Atlantis und Ägypten. Als wir eure Galeere aufbrachten, wußten wir nicht, wer sich auf ihr befand. Allerdings habt ihr ein Gebot unseres Reiches gebrochen." "Das wir nicht kannten, Prinz." "Zugegeben, aber das Gebot besteht. Es besagt, daß kein fremdes Schiff an unserer Küste landen darf." "Prinz", meinte Nimbur und legte den Kopf ein wenig zur Seite, "die Ereignisse welche dazu führten, daß wir in Atlantis gegen unseren Willen an Land gingen, sind dir und mir bekannt. Wir hatten Todesopfer durch den Sturm und eure Krieger. Andere wieder wurden ins Bergwerk verschleppt. Ich bin der einzige, der von dort wiederkam, aber ich habe mein Augenlicht dabei verloren. Dies alles wollen wir nicht in die Waagschale werfen. Ich bin bereit, mit dem Pharao für dich zu verhandeln. Dein Vater hätte das Übel durch die erzwungene Heirat verschlimmert. Er hätte auch König Telaus gegen sich gehabt." Der Prinz überlegte. "Ich werde anders handeln", sagte er. "Schreibe an den Pharao. Teile ihm mit, in welcher Lage du dich samt der Prinzessin befindest. Ich werde ein Schiff nach Ägypten senden und mein Bote wird dem Pharao dein Schreiben und Habseligkeiten überbringen, die er als Eigentum der Prinzessin erkennen wird." "Und was weiter?" fragte Nimbur, dessen Stirn sich umwölkte. "Mein Bote wird dem Pharao noch eines bringen. Meine Bedingungen, unter denen ich gewillt bin, euch alle, auch diejenigen, die zu euch gehören und im Bergwerk sind, freizulassen." "Und was für Bedingungen werden das sein?" fragte Nimbur. "Das muß ich mir noch überlegen. Auf jeden Fall wird er mir Garantie geben müssen, daß weder er noch die Griechen in kriegerischer Absicht ihren Fuß auf unser Land setzen." "Und worin soll diese Garantie bestehen?" "In einer feierlichen Abmachung und in Faustpfändern, welche ich vernichten kann, sobald einer von ihnen sein Wort bricht." Nimbur ging schwer enttäuscht und begab sich zu Nif-Iritt, um sie von der neuen Lage in Kenntnis zu setzen. "Auf diese Weise kommen wir niemals von hier fort", klagte Nimbur, "oder zumindest nicht so bald als nötig. Ich werde jede Nacht von schrecklichen Träumen geplagt. Ich fühle den Untergang dieses Reiches immer näher kommen. Oh, wäre doch unser Fluchtversuch gelungen." * Unzählige standen auf dem Platz vor dem Tempel des Mars, des Kriegsgottes, als die hellenischen Priester den Stier schlachteten, welcher als Opfer für das Gelingen des Kriegszuges gegen die Atlanter dargebracht wurde. Vom Platz des Königs aus beobachtete Nef-Naton die Zeremonie. Sie erinnerte an ähnliche Bilder in Ägypten, aber auch Atlantis. Nur die Götter zu denen gebetet wurden, waren verschieden. Das stimmte den Ägypter ein wenig nachdenklich. Aber nur wenig. Nef-Naton trug voll Stolz die Zierde seines inzwischen wieder gewachsenen Bartes zur Schau, den er sich mit vieler Mühe und manchem Ärger auf ägyptische Weise hatte flechten lassen, wozu hiesige Haarkünstler nur nach allerlei Anweisungen mehr recht als schlecht imstande waren. Immerhin, Nef-Natons Bart erregte Aufsehen. König Telaus hatte ihn zudem mit kostbaren Gewändern beschenkt, so daß er sich nach den überstandenen Aufregungen und Strapazen endlich wieder wie ein Mensch und hoher Würdenträger vorkam. Auch sahen einige Griechinnen recht appetitlich aus, so appetitlich, daß sie trotz der heiligen Handlung Nef-Natons Interesse erweckten. Eine von Ihnen erinnerte ihn fast an Gül-Gül. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Arme Gül-Gül. Was wohl mit ihr geschehen war? Ob er jemals das erfahren würde? Jedenfalls waren Nef-Natons Lebensgeister wieder erwacht und im Grunde genommen begeisterte ihn die Aussicht, alle diese Herrlichkeiten des Lebens so rasch wieder verlassen zu müssen, um an einem Feldzug gegen die Atlanter teilzunehmen, bei dem man womöglich noch umkommen konnte, keineswegs. Aber König Telaus mußte so handeln und auch ihm blieb es nicht erspart. Er fühlte, wie ungezählte Augenpaare sich immer wieder nach ihm wandten. Nef-Naton war der ausgesprochene Mittelpunkt dieses gewaltigen Opferfestes, er der Abgesandte des Pharao, der den Händen der Atlanter entronnen war. Und draußen im Hafen lagen bereits die Schiffe zur großen Fahrt gegen Atlantis. Sie warteten auf des Königs Befehl. Das Flaggschiff würde ihn, Nef-Naton, aufnehmen. Er würde den griechischen Schiffen den Kurs weisen müssen. Kerzengerade stieg der Rauch aus den Räucherschalen vor dem Altar zum Himmel. Der Kriegsgott nahm das Opfer gnädig an. Voll Freude sahen es die Griechen. Bald würde der Kriegszug beginnen. * Have und Rostan saßen dem Prinzen gegenüber. Der eine war gekommen um einen Bildhauer vorzuschlagen, welcher das Monument für König Amur verfertigen sollte und der andere kündigte die Lieferung des ersten Spiegels an. "In der Stadt spricht alles von der bevorstehenden Krönung" meinte Rostan. "Im übrigen bin ich froh, bald wieder von hier fort zu kommen. Dieses lärmende Treiben! Diese Sucht nach Vergnügungen! Niemand hat Sinn für ernste Dinge." "Ja", bestätigte Have. "Sie haben König Amur bereits vergessen. Das Denkmal ist nötig, damit sie sich seiner wieder erinnern." "Sie werden sich nicht erinnern", widersprach Rostan. "Sie werden das Denkmal einen Tag lang bestaunen als etwas Neues und am nächsten Tag werden sie bereits vorbeigehen, um sich auf ihre Art weiter zu beschäftigen." "Ja, so ist das Volk", klagte Have bekümmert, "aber es war noch nie so schlimm wie in diesen Tagen. Die Wirtshäuser sind überfüllt. Man würfelt auf den Straßen. Die Frauen hängen dem Schmuck nach und die Männer oberflächlichen Neigungen. Es fehlt die Gottheit, Prinz. Früher glaubten sie wenigstens an Bel, aber jetzt glauben sie an gar nichts mehr." Bethseba erschien. Torgo hatte sie rufen lassen, um sie den Gesprächen über das Denkmal bei zu ziehen. Sie hatte Haves Worte mit angehört. "Du irrst", widersprach sie. "Niemals war Bels Herrschaft gefestigter. Sie beten ihn an, auch wenn sie nicht seinen Tempel besuchen. Alles wovon du sprichst, ist Bels Werk. Sie haben ihren Gott und wollen keinen anderen." "Bald", sagte Rostan, "werden sie den künftigen König anbeten. Laßt mich nur erst meine ersten Spiegel aufstellen, dann hat Torgo Macht über Leben und Tod auf dieser Insel." "Auch du dienst Bel", wandte sich Bethseba an ihn, "du weißt es nur nicht." "Was sagst du da?" lachte Rostan. .,Ich habe nie an diesen Götzen geglaubt, denn ich habe ihnen selbst das Material für ihn geliefert. Wenn du willst, schaffe ich zehn neue Bels." "Nein", entgegnete Bethseba. "Das ist nicht nötig, denn du tust es bereits." Und sie wandte sich an Have. "Der Gedanke eines Denkmals für den König Amur ist schön. Aber was nützt ein Denkmal aus Stein und Marmor, wenn niemand daran gehen will, eines in seinem Herzen zu errichten? Spare den Bildhauer Have, und auch du Torgo, denn die Mühe ist vergebens. Rostan hat recht. Sie haben den toten König längst vergessen. Sie sind wie Kinder, die sich auf ein neues Schauspiel freuen. Aber ihre Herzen sind nicht so rein wie die von Kindern. Sie brauchen den Lärm, um die Leere zu füllen, welche in ihren Hirnen ist. Sie brauchen die Dinge, mit denen sie sich behängen, um ihre Armseligkeit zu verdecken, die sie selbst nicht sehen möchten und die keiner erkennen soll. Und sie brauchen die Menge, in die (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
sie sich drängen, wie die Schafe in eine Herde. Aber sie fühlen sich trotzdem allein." "Auch ich fühle mich allein", sagte Torgo, "ich, der künftige König." "Die Unwissenheit" erklärte Bethseba, "ist es welche das Gefühl des Alleinseins schafft, die Unwissenheit um die Zusammenhänge aller Dinge, die Gemeinsamkeit allen Seins als ein einziges, großes Ganzes." "Wer hat dich das gelehrt?" fragte Rostan erstaunt. "Niemand", antwortete Bethseba, "ich weiß es einfach und in deinem tiefsten Inneren weißt es auch du. Aber du achtest nicht auf die Stimmen in dir, welche davon erzählen, du übertönst sie mit dem Lärm, den du dir schaffst und den dir die anderen schaffen. Erkenntnis wächst nur in der Stille. Taaf und Shidra hatten am Bau des gewaltigen ersten Spiegels mithelfen müssen. Auch sie hatten keine Ahnung von der Wirksamkeit des Gerätes. Sie hatten sich geplagt wie die anderen und als das Ding fertig war, hatte Numrod eine gewaltige Kolonne von Arbeitssklaven zusammengestellt, welche auf Rollen und an langen Seilen, angetrieben durch die Knuten der Aufseher, den Koloß in seinen Bestandteilen ans Tageslicht zerrten. Von hier ging es weiter, über die Serpentinen und durch die Schluchten des Berglandes hinab ins Tal, über staubige, im Sonnenglast ausgedörrte Straßen, bis endlich die Küste in Sicht kam. Auf halbem Wege erwarteten Truppen unter Hauptmann Alwa den Transport. Rostan, der die letzten Arbeiten am Silberspiegel selbst überwacht hatte und sein kleiner Diener Nebussor schienen in der Kolonne allgegenwärtig zu sein. Bald waren sie hier, bald dort und erteilten Anweisungen. Langsam ging es der Hauptstadt zu. Indessen hatte Nimbur den Befehl Torgos ausgeführt und das Schreiben an den Pharao ausgefertigt. Mehrere Papyrusrollen waren bedeckt mit seinen Zeichen, welche das Schicksal der Galeere und ihrer Insassen schilderten. Dann hatte Torgo einen Gesandten auserwählt: seinen Freund Prano. Von ihm wußte er, daß er die Interessen der Atlanter mit allem Nachdruck, allem Mut und aller Redegewandtheit vertreten werde. Für ihn rüstete Hauptmann Sarga ein Kampfschiff aus. Auf dieses Schiff sollte der Spiegel Rostans kommen. Der Spiegel sollte es vor allen Feinden schützen und zugleich die Macht der Atlanter dokumentieren. Dadurch würde allen, welche eventuell Lust hatten mit Atlantis anzubinden, der Appetit auf einen Krieg vergehen. Als sich der Zug der Sklaven mit den Teilen des Spiegels der Hauptstadt näherte, lief alles Volk zusammen, um zu sehen und zu staunen. "Es ist ein großer Augenblick das ist gewiß" rief Nebussor ärgerlich, als er sah, wie durch die Volksmenge der Transport ins Stocken kam, "aber wenn ihr uns nicht vorbeilaßt, kehren wir wieder um und nehmen alles mit, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand!" Diese fürchterliche Drohung schien allerdings weniger zu fruchten, als die handgreiflichen Argumente der Krieger Hauptmann Alwas, welche sich rücksichtslos Bahn brachen. Der Prinz und Jargo erschienen im Hafen. Fast einen Tag lang dauerte die Errichtung des Spiegels auf dem Verdeck. "Nun müßten wir ihn erst erproben", meinte Rostan. "Gut", sagte Torgo, "morgen früh fahren wir aus und suchen eine unbewohnte Stelle der Insel. Dort nehmen wir uns ein paar Büsche am Ufer aufs Korn und setzen sie in Brand. "Da fahre ich mit Herr", bat Jargo. "Selbstverständlich" sagte Torgo, "du darfst mitkommen und sehen, wie Rostans Erfindung funktioniert." Torgo kehrte ins Schloß zurück. Dort erwarteten ihn Deputationen der Stände, es handelte sich um die bevorstehende Krönung, die in wenigen Wochen stattfinden sollte. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Als die Leute gegangen waren, ließ Torgo Nif-Iritt und Nimbur kommen. Er sagte ihnen, daß das Schiff bereit sei, welches Nimburs Botschaft an den Pharao nach Ägypten bringen werde. Danach wollte er die beiden entlassen. ,,Herr" sagte er, "hat man dir von der Weissagung deines Vaters berichtet? Als der König starb, hatte er ein schreckliches Gesicht. Er prophezeite den Untergang von Atlantis. Er hat die Insel verflucht und alle, die auf ihr leben." "Mein Vater sprach im Zorn, angesichts seines Todes", erwiderte Torgo. "Und eben darum haben seine Worte doppelte Bedeutung", fuhr Nimbur fort. "Herr, die Insel wird untergehen. Laß uns mit dem Schiff fahren, geselle dich uns zu, verlasse mit uns Atlantis!" Diese Worte waren so sehr aus innerster Überzeugung gesprochen, daß Torgo aufhorchte. Aber dann machte er eine wegwerfende Handbewegung. "Wie kann Atlantis untergehen", rief er aus. "Atlantis steht schon seit tausenden von Jahren. Poseidon hat es aus dem Meer gehoben. Er wird nicht zulassen, daß das Land, welches seine Nachkommen ihre Heimat nennen, vernichtet wird." Nimbur ging kopfschüttelnd und mit hängenden Schultern. Er hatte die Hoffnung fast aufgegeben, Atlantis lebend zu verlassen. Aus Hellas hatte sich unterdessen die Flotte der Griechen in Bewegung gesetzt. Nef-Naton befand sich auf dem Flaggschiff. Er gab dem Kapitän Weisungen bezüglich des Kurses.Die Flotte bestand aus acht stark bewaffneten Schiffen. Sie hatten Stein und Pechschleudern an Bord und rund zweitausend Soldaten. Die Krieger der Griechen waren gut bewaffnet und im Kampf geübt. Sie kannten keine Furcht. Zu fürchten waren höchstens die Streitwagen der Atlanter. Die Griechen wären noch siegessicherer gewesen, hätten sie geahnt, daß auch aus Ägypten bereits Schiffe unterwegs waren. Mit Hilfe einer Stafette hatte die Botschaft König Telaus den Pharao rascher erreicht, als der König geahnt hatte. Und der Pharao hatte seinerseits bereits eine kriegerische Expedition ausgerüstet gehabt, die bereit war, zur Suche der verschwundenen Königstochter aufzubrechen. So bewegten sich die beiden Flottenverbände unabhängig von einander über das Meer in Richtung der atlantischen Insel. Die ägyptischen Schiffe wurden von Sklaven gerudert, während die Griechen außer Ruder noch Segel zur Verfügung hatten. Sie boten einen majestätischen Anblick, ihre Segel blitzten in der Sonne, das Meer war tiefblau und der Himmel nur von wenigen Wolken bedeckt. Der Wind stand ihnen günstig. Nef-Naton, der Kommandant des Flaggschiffes und dessen Steuermann, bestimmten während der Fahrt öfter den Standort des Schiffes nach der Sonne, auf welche Weise sie dann den Kurs feststellen und wenn nötig, korrigieren konnten. Die Ägypter kamen langsamer vorwärts. Ihre Galeeren waren schwerfälliger gebaut, aber die Krieger, welche an Bord waren, wild und grausam. Immer mehr näherten sich die Schiffe Prinz Torgos Reich. Hätte Nimbur ihre Annäherung geahnt, er wäre gewiß etwas zuversichtlicher gewesen. Auch die Atlanter ahnten nichts von der Gefahr, die sich ihnen mit jedem Ruderschlag näherte. Nur der Routine gemäß kreuzten die Kampfschiffe Sargas in einiger Entfernung von der Küste, mehr nach Beute spähend als auf Kundschaft gegen etwaige Feinde. An jenem Morgen begaben sich Prinz Torgo, Jargo, Rostan und Nebussor, aber auch Prano, der das Schiff, mit dem er die gefährliche Reise antreten sollte, genau kennenlernen mußte, an Bord. Kein Wölkchen trübte den Himmel über Atlantis. Auf dem Markt lärmten sie wie eh und je, die Straßen waren belebt mit Kaufleuten, Handwerkern und Passanten, vor den Brunnen standen Frauen, um Wasser zu schöpfen und bei dieser Gelegenheit Neuigkeiten zu tauschen und vor dem königlichen Schloß patroullierten .Hauptmann Wussos Wachen. Nur die Brücken zum Tempelbezirk waren hochgezogen und Bels Tempel war geplündert und von den Gläubigen verwaist. Hauptmann Sarga selbst befehligte das Kampfschiff. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Befiehlst du, daß wir auslaufen Prinz", fragte er. Jawohl fahren wir", antwortete Torgo. Jargo stieß einen lauten Jubelruf aus. Er freute sich, wieder einmal mit seinem Herrn die Planken eines Schiffes unter den Füßen zu haben. Rostan und Nebussor standen gespannt neben dem Spiegel. Heute galt es zu beweisen, daß die Erfindung etwas taugte und hielt, was Rostan von ihr versprochen hatte. Sarga befand sich auf dem Kommandostand und erteilte den Schiffern seine Anweisungen. "Es ist gerade das richtige Wetter für ein Experiment", meinte Rostan. "Das ist gewiß", bestätigte Nebussor. "Aber was machen wir Herr, wenn etwa Wolken aufkommen? Bei trübem Wetter funktioniert unser Spiegel nicht, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand!" "Du hast recht", sagte Rostan betroffen. "An diese Möglichkeit habe ich noch gar nicht gedacht. Meist scheint ja in Atlantis die Sonne. Aber bei trübem Wetter oder gar bei Nacht ist die Erfindung wertlos." "Weiß es der Prinz, Herr?" fragte der Diener. "Nein, der Prinz hat davon keine Ahnung", gestand Rostan. "Dann wollen wir es ihm lieber nicht sagen Herr", erklärte Nebussor, "sonst verliert er am Ende die Freude an der schönen Sache. Denke nach, vielleicht gibt ein Mittel, um diesen Fehler auszugleichen." Rostan mußte lachen, obgleich ihm nicht danach zumute war. "Was für ein Mittel?" fragte er. "Glaubst du, ich könnte eine künstliche Sonne an den Himmel zaubern, oder mit den kalten Strahlen des Mondes mein Glück versuchen?" "Das würde auch nicht viel nützen Herr", meinte Nebussor, "denn was machst du dann bei Neumond?" "Schweig still", verlangte Rostan ärgerlich. "Der Prinz kommt. Wir wollen ihn nicht auf dieses Thema bringen." Prinz Torgo kam mit Jargo, um noch einmal genau den Spiegel zu besehen. "Er ist viel größer als der, welchen ich in meiner Werkstatt baute", erläuterte Rostan "und infolgedessen auch viel wirksamer. Wir haben die Hohlscheibe nun gegen den Himmel gerichtet. Siehst du die Hebel hier, Prinz, und die Ketten? Wenn ich hier drehe und diesen Hebel niederdrücke, senkt sich der Spiegel so weit, daß er die Strahlen der Sonne auffangen kann. Mit dieser Schwenkeinrichtung kann ich ihn sodann in die Richtung bringen, welche nötig ist, um die eingefangenen Sonnenstrahlen auf das gewünschte Ziel zu richten." Er und Nebussor bewegten den Spiegel, dessen gewaltige Hohlscheibe sich abwärts senkte. Das war um die Zeit, als Nef-Naton und der Kommandant des griechischen Flaggschiffes glaubten, einen Blitz auf dem Meeresspiegel wahr zu nehmen, dessen Ursprung sie sich nicht erklären konnten. "Wir kommen nun in das Gebiet der Atlanter", sagte Nef-Naton "und hier beginnt es, nicht geheuer zu werden. Rufe die Männer auf ihre Posten, wir müssen jeden Augenblick gewärtig sein, einem atlantischen Kampfschiff zu begegnen. Was das heißt, davon kann ich ein Lied singen." Der Kommandant fand es für ratsam, Nef-Natons Warnung Folge zu leisten. In einigem Abstand hinter ihnen folgten die griechischen Schiffe in Schwarmlinie. Der Gischt schäumte vor den Bugen. Gleich gewaltigen, majestätischen Schwänen eilten die Schiffe dahin. Torgos Kampfschiff machte gute Fahrt. Sie waren fast eine Stunde unterwegs und das Land das sie in weitem Bogen umfahren wollten, um zu einer abgelegenen Küste zu gelangen, nur mehr als dunkler Strich am Horizont erkennbar, als ihnen ein Wachschiff der eigenen Flotte in voller Fahrt entgegenkam.
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Aufgeregt wurden Winksignale gegeben und als die beiden Schiffe Bord an Bord waren, brüllte der Kommandant des Wachschiffes herüber: "Wendet, gebt Alarm! Sieben große feindliche Schiffe kommen!" "Sieben Schiffe?" rief Jargo Torgo zu. "Das bedeutet Kampf, Krieg, Herr!" "Sie kommen wegen der ägyptischen Prinzessin das ist gewiß!" rief Nebussor. "Was sollen wir tun Herr?" fragte Sarga. "Willst du wenden?" "Wenden?" erwiderte Torgo. "Ich denke nicht daran. Jetzt Rostan, hast du die beste Gelegenheit, deine Erfindung zu erproben, die dir geboten werden kann! Wir wollen die feindlichen Schiffe in Grund und Boden brennen!" Jargo stieß einen Schrei der Begeisterung aus. Sarga aber formte die Hände zu einer Muschel und rief nach dem Wachschiff hinüber: "Alarmiere die Flotte! Der Hafen ist zu sperren! Alwa soll den Strand besetzen, die Kampfschiffe sollen uns folgen, wir greifen an!" "Verstanden Sarga", rief es von drüben zurück. Dann jagte das Wachschiff mit geblähten Segeln der Küste zu, während Torgos Schiff seinen Kurs fortsetzte. Rostan und Nebussor hantierten fieberhaft an dem Spiegel. Sie forderten jene Leute an, welche später den Spiegel bediene sollten, damit diese die notwendigen Handgriffe gleich erlernen konnten. "Also doch die Griechen", meinte Jargo, "Herr es ist kein Wunder, daß sie kommen. Dein Vater hat zu lange gezögert." "Und jetzt, wo ich Botschaft nach Ägypten senden will, sperrt mir König Telaus den Weg zu einer friedlichen Regelung", meinte Torgo ärgerlich. "Nimm es, wie es kommt Herr", entgegnete Jargo. "Wenn sie unsere Macht fühlen, wird vielleicht alles anders." "Du hast recht", antwortete Torgo. "Rostan, bist du bereit? Mir will scheinen, ich sehe bereits ein Segel über dem Horizont wachsen." Rostan mußte sich anstrengen. Er hatte nicht so gute Augen wie Torgo, aber Nebussor sah es. "Ich richte den Spiegel. Jetzt sollt ihr ein Wunder erleben, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand", rief er, und murmelnd fügte er hinzu: "Alle Götter der Atlanter, Griechen und Ägypter und Perser zusammengenommen, helft, daß keine Wolken kommen!" Gemeinsam richteten sie nach Nebussors Angaben den Spiegel auf das noch ferne, sich langsam nähernde Ziel. Das Flaggschiff fuhr indessen ahnungslos den Kurs. Es hatte volle Segel gesetzt, nachdem es in der Ferne das Wachschiff gesichtet hatte. "Zu dumm, daß wir dem Schiff begegnet sind", sagte der Kommandant, "es nahm Reißaus und wird nun die Atlanter warnen." "Die Atlanter lassen viele solche Schiffe rings um ihre Küsten kreuzen. Es wäre ein Wunder gewesen, wenn wir auf keines von ihnen gestoßen wären", meinte Nef-Naton. Plötzlich bemerkten sie auf der Spitze ihrer Masten einen eigentümlichen, hellen Lichtschein. Weder Nef-Naton noch der Kommandant vermochten sich diese Erscheinung zu erklären. "Das ist seltsam", sagte der Kommandant. "Alle Schatten laufen nach der entgegengesetzten Richtung. Dieser Mast aber wirft auf den nächsten einen Schatten entgegen dem Lichtstrahl der Sonne!" "Es geschieht ein Wunder", rief Nef-Naton abergläubisch, "oh, Isis, Osiris, seid uns gnädig, wendet nicht euer Angesicht von uns." (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Da sieh, der Blitz auf dem Meer, er ist zu einer riesigen Flamme geworden!" Der Kommandant rief es. Die Mannschaft drängte sich an den Bordwänden und starrte mit abergläubischem Entsetzen Schiffs voraus. das Kampfschiff der Atlanter war gar nicht zu sehen, so grell blendete das Licht aus dem Spiegel die Blicke der Männer. Der helle Schein hatte allmählich die gesamte Segelfläche erfaßt. Eine unnatürliche Hitze breitete sich über das Schiff. Das Tuch begann zu rauchen. "Feuer, wir fangen Feuer!" rief der Kommandant. Das ausgedörrte Holz der Mastbäume begann zu kohlen. Da und dort knisterten auf dem Schiff kleine Flammen auf. Hals über Kopf sprangen die Männer, deren Haut vor Hitze wie Feuer brannte, über Bord in die kühle Flut, um Hilfe rufend, um von den nachfolgenden Schiffen aufgenommen zu werden. Nur Nef-Naton befand sich noch an Deck. Rings um ihn war Rauch, waren Flammen. Aus dem Bauch des Flaggschiffes krochen König Telaus Krieger mit Ruß geschwärzten Gesichtern. Auch sie sprangen über Bord und brüllten auf vor Entsetzen, als sie der Haifische ansichtig wurden, welche von allen Seiten herbei schossen. Längst schon hatten Nebussor und Rostan ihren mörderischen Brennspiegel auf andere Ziele gerichtet. Längst auch hatten die Griechen das atlantische Schiff entdeckt, dessen unheimliche Waffe ihnen ein Rätsel war. Ein griechisches Schiff um das andere ging in Flammen auf, bis endlich die letzten beiden abdrehten und in wilder Flucht den sie verfolgenden Hitzestrahlen zu entkommen suchten. Eben versank das Flaggschiff im Meer und in seinen Fluten fand Nef-Naton sein Grab. Als die Flotte der Atlanter erschien, konnten sie viele auf den Wellen treibende Überlebende bergen - neuen Nachschub für Numrods Bergwerk. Torgo war begeistert. Auch Prano klopfte Rostan wohlwollend auf die Schulter. "Das hast du großartig gemacht, Rostan", lobte er. "Ein einziges atlantisches Schiff hat eine ganze griechische Flotte vernichtet und in die Flucht geschlagen! Diese Tat wird einst in die Geschichte unseres Reiches eingehen." "Das ist noch gar nichts", versprach Rostan und ein dunkles Feuer glühte in seinen Augen, "gib mir jene Männer, die heute aus dem Meer aufgelesen wurden und laß mich mit ihrer Hilfe weitere Spiegel bauen und noch andere Geräte, welche mein Geist ersinnen wird. Und du Torgo, wirst ein König werden, dessen Namen man nur mit Schrecken nennen wird." Die beiden griechischen Schiffe, die der Vernichtung durch Rostans Spiegel entgangen waren, befanden sich in voller Flucht. Sie hatten kehrt gemacht. Ihre Kommandanten hatten von diesem Abenteuer genug. Gegen Zaubermächte konnte man nicht Krieg führen - und Zaubermächte waren es, welcher sich die Atlanter offenbar versichert hatten. Kein Mensch hätte sonst zu erklären vermocht, was heute geschehen war. Das Orakel hatte gelogen und die Götter waren wohl selbst machtlos gegen diesen atlantischen Zauber. Denn die Griechen fühlten es - sonst wären ihnen die Umstände günstig gewesen. Allmählich, als sie eine gehörige Entfernung zwischen sich und dem Ort dieses einstigen Kampfes, bei dem die griechischen Waffen gar nicht zum Einsatz gekommen waren, gelegt hatten, verlangsamten sie ihre Fahrt. Der Schrecken saß den Männern noch in allen Gliedern. Da meldete ein Mann auf Ausguck eine Flotte voraus... Sollten ihnen die Atlanter etwa in den Rücken gefallen sein? Besaßen sie so schnelle Schiffe, daß sie die beiden Griechen etwa in weitem Bogen überholt hatten und sie nun aus der Gegenrichtung angriffen?" (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Alle Mann zu den Waffen!" ertönte der Befehl und die Männer machten sich bereit, ihr Leben zu verteidigen. "Es sind Ägypter, bei Jupiter und Mars!" klang es da vom Ausguck. Tatsächlich, die Galeeren des Pharao waren es, näherten sich mit der ihnen eigenen gemächlichen Geschwindigkeit... "Die Galeeren des Pharao, die Galeeren des Pharao!" schallte der Ruf über das Wasser. Signale wurden gewechselt, dann ließen die Griechen ein Boot zu Wasser, während die Ruder der Galeeren stillhielten. Es waren fünf große Galeeren und der griechische Offizier suchte mit seinen Blicken das Schiff des ägyptischen Befehlshabers. Es war an seiner besonderen Ausstattung bald zu erkennen. "Bringt mich da hinüber", befahl er seinen Ruderern und der Kahn setzte sich in Bewegung. Auch an Bord der Ägypter herrschte große Überraschung. Aber sie merkten es gleich, daß etwas Schlimmes geschehen sein mußte, denn offenbar hatten die beiden griechischen Schiffe den Rückzug angetreten. "Zwei von insgesamt sieben", berichtete wenig später der griechische Kommandant seinem ägyptischen Kollegen. "Und unser Flaggschiff war dabei. Auf ihm befand sich Nef-Naton, der Botschafter eures Herrschers. Er hat gleichfalls den Tod gefunden." Die Ägypter strichen ihre Bärte. "Laßt uns überlegen", sagten sie. Und dann begann man, eine Beratung abzuhalten. Die Rückkehr der atlantischen Flotte gestaltete sich zu einem triumphalen Erfolg. Die Menschen lärmten, lachten und umarmten einander auf den Straßen, als sich die Kunde von dem, was sich auf See ereignet hatte, verbreitete. Die Nachricht eilte Torgo voraus und in den Palast. Sie erreichte Nimbur und Nif-Iritt. Nif-Iritt zitterte vor Aufregung, als Nimbur ihr mitteilte, was er soeben erfahren hatte. "Die Griechen sind vor unserer Küste", berichtete er. "Sie haben versucht anzugreifen. Aber Torgo hat sie mit einer geheimnisvollen Zauberwaffe geschlagen." "So werden sie nicht wiederkehren?" fragte Nif-Iritt voll Bangigkeit. "Woher soll ich das wissen, Prinzessin?" fragte Nimbur. "Vielleicht kehren sie wieder, im Schutz der Nacht. Wir müssen jedenfalls darauf gefaßt sein und uns bereit halten." "Und wenn wir nochmals unser Glück versuchen? Den Weg aus dem Schloß kennen wir nun." "Aber der Geheimgang ist Tag und Nacht bewacht, Prinzessin." "Verschaffe uns Dolche und ich will eigenhändig die Posten zum Verstummen bringen." Nimbur lächelte. "Das sagt sich leicht Prinzessin", sagte er. "Getan ist es schwerer. Bedenke, daß auch du einen Dolch ins Herz bekommen kannst." "Aber wenn sie nun in die Nähe der Küste kämen und wir wären in der Lage, ihnen entgegen zu rudern!" "Vorläufig kommt nur einer, nämlich Torgo, der Sieger" versetzte Nimbur. Tatsächlich näherte sich der Triumphzug dem Schloß. Rostan der Erfinder, wurde auf den Schultern der Menge getragen. Torgo und Jargo ritten auf ihren Pferden hinterdrein und hernach folgte Nebussor auf einem Esel. "Es war ein großer Erfolg das ist gewiß", schimpfte er vor sich hin, "aber schließlich bin ich es doch gewesen, welcher den Spiegel auf das feindliche Flaggschiff gerichtet hat. Und um mich kümmert sich niemand, so wahr meine Wiege im fernen Persien stand!" (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
Von allen Seiten wurden Blumen nach den Siegern geworfen. Auch Hauptmann Sarga, der stolz auf seinem Braunen ritt, bekam etwas ab. "Das war ein glücklicher Tag für Atlantis", rief er ein ums andere Mal, "ein glücklicher Tag!" "Man müßte Bel danken", rief ihm jemand zu. "Ja, Bel", lachte Sarga, . "danke ihm doch, wenn du dazu Lust hast!" Torgo hatte es gehört: Auch er hatte Lust, jener Gottheit zu danken, die alles für ihn zum Guten gelenkt hatte. Aber er kannte sie nicht. Endlich erreichten sie den Palast. Die Wachen drängten die Menge ab. "Kommt mit", rief Torgo seinem Gefolge zu, "wir wollen diesen großen Sieg feiern!" "Da bin ich dabei", rief Prano. Der Prinz ließ im Schloß ein großes Gastmahl für alle bereiten, welche an der glücklichen Fahrt teilgenommen hatten und dazu lud er Alwa und Wusso, die ihm ergebensten Ältesten, Nif-Iritt und Nimbur sowie Bethseba. Nif-Iritt und Nimbur erschienen mit bedrückter Miene. Sie empfanden diese Einladung als Hohn, sollten sie doch die Niederlage derer feiern, welche gekommen waren, sie aus der Gefangenschaft zu erretten. Auch Bethseba schien über Torgos Erfolg keineswegs so glücklich, wie er insgeheim erwartet wurde. "Du freust dich nicht mit mir?" fragte er. "Ich denke an die, welche heute starben", sagte Bethseba. Sarga hörte es mit an. Er machte eine ärgerliche Handbewegung. "So ist der Krieg Mädchen", erklärte er, "tötest du mich nicht, töte ich dich. 'Wer uns angreift, muß damit rechnen, es mit seinem Leben zu bezahlen." Bethseba schüttelte den Kopf. "Es begann mit der Galeere", sagte sie, "Ihr habt an diesen Menschen Unrecht getan. Nun gebiert Unrecht neues Unrecht." "Ich vergaß, daß du eine von ihnen bist", versetzte Sarga wütend. Doch Torgo achtete nicht mehr auf das Gespräch. Er war ärgerlich auf Bethseba und hatte keine Lust, sich seine gute Laune verderben zu lassen. "Bringt Wein, laßt die Tänzerinnen kommen", befahl er, "und macht Musik!" Das große Fest nahm seinen Anfang, es war das erste Fest seit dem Tode des Königs. Auf großen, kostbaren Schalen brachten die Sklaven Fleisch und saftige Früchte. Honig wurde gereicht und Wein. Seltsame Lieder erklangen, die von den Heldentaten der atlantischen Könige in ferner Vergangenheit berichteten. Dazu tanzten mit bunten Schleiergewändern bekleidete Mädchen im großen Saale rhythmische Reigen. Und draußen, in der Stadt feierte das Volk den Sieg auf seine Weise. "Es ist ein guter Anfang", sagten die Leute, "ein guter Anfang für Torgos Regentschaft. Den besten, den es geben konnte. Er wird ein großer König sein!" "Ja, er wird ein großer König sein", wurde von allen Seiten bestätigt. * Unterdessen war die Nacht auch über das Meer hereingebrochen. Noch immer hielten die Schiffe der Griechen und die ägyptischen Galeeren am gleichen Standort. Für die Galeerensklaven war es eine unerwartete, willkommene Ruhepause. Sie schliefen todmüde, angekettet auf ihren Bänken. In der Kajüte des Kommandanten aber berieten die Kapitäne seit jenem unerwarteten Treffen ohne Unterlaß. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Was kann es nur sein, was sie da verwendet haben?" fragte Tach-Hamon, der Kommandant der ägyptischen Flotte. "Sollte es etwa eine neue Art von Feuerwerk gewesen sein das eure Flotte in Brand gesteckt hat?" "Unmöglich", antwortete Menelaus, einer der griechischen Kapitäne. "Von eurem Feuerwerk, wie ihr es nennt, habe ich schon viel erzählen hören, aber ich hörte stets, es sei nur ein Schauspiel und keine Waffe." "Wir haben sogar Feuerwerk das unter Wasser brennt", erklärte Tach-Hamon stolz." "Was tut das", antwortete der Grieche, der praktisch dachte. "Damit erschreckt ihr höchstens eure Fische." "Es sind bei Feuerwerken schon Brände vorgekommen." "Nein, es war etwas anderes", erklärte Reros, der andere griechische Schiffskommandant. "Es war, als besäßen sie eine eigene Sonne, die so hell brannte, daß sie unsere Augen blendete und unsere Segel in Brand setzte." "Eine Sonne?" fragte Tach-Hamon ungläubig. "Das geht über meinen Verstand. Diese Atlanter müßten besser hexen können, als unsere Priester. "Ich hätte beinahe Lust hinzufahren, um es mit eigenen Augen zu sehen", erklärte Ref-Sik, einer der ägyptischen Kapitäne. - - - und dabei umzukommen und elend zu sterben", erklärte Menelaus kopfschüttelnd. "Das würde ich dir wahrlich nicht raten", fügte Reros hinzu, "es wäre dein und deiner Mannschaft sicheres Ende." "So sollen wir hier wenden und vor den Pharao in Schimpf und Schande hintreten und ihm sagen, wir seien umgekehrt, ohne einen einzigen Pfeilschuß abgefeuert, ja, ohne den Feind überhaupt gesehen zu haben?" fragte Tach-Hamon grimmig, indem er die Fäuste ballte. "Der Pharao würde mich noch am selben Tag zu den Juden in die Ziegeleien schicken!" "Was willst du tun?" fragte Menelaus. "Du hast die Wahl - du kannst den Tod wählen, wenn er dir lieber ist. Wir haben genug von den Atlantern, wir kehren um." Reros nickte, ihm beipflichtend. "So kehrt um, ihr Feiglinge", rief Tach-Hamon verächtlich ausspuckend. "Ich will die Atlanter angreifen, und zwar heimlich, bei Nacht. Ich will sie überraschen. Ich will sehen, ob ihre Sonne im Dunkel eben so hell brennt, wie sie bei Tag leuchtet." Reros schüttelte den Kopf. "Versuche es allein" sagte er, "wir wünschen dir dazu den Segen unserer Götter. Wir haben fünf Schiffe und tausend fünfhundert Mann unserer besten Krieger verloren. Ich fürchte mich vor dem Augenblick, da ich dies König Telaus melden muß." Tach-Hamon klopfte ihm besänftigend auf die Schulter. "Ich möchte nicht in deiner Haut stecken", sagte er. "Doch ich will es mit aller Vorsicht wagen. Ich werde die Insel umfahren und von der anderen Seite her an Land gehen. Im Schutze der Nacht können wir vielleicht von Land her die Hauptstadt erreichen, in das Schloß eindringen und die Prinzessin befreien." "Ich wünsche, daß es euch gelingt", antwortete Menelaus. "Wie ist es, wenn wir hier verbleiben und die Rückkehr der Freunde erwarten?" fragte Reros. "Damit ihr hernach unseren Ruhm in Anspruch nehmen könnt?" polterte Tach-Hamon aufs neue. "Fahrt nur heim und laßt uns unseren Sieg allein." Das beleidigte die beiden griechischen Kapitäne. Das Gespräch fand dadurch endlich ein Ende und die beiden Griechen kehrten in ihren Booten auf ihre Schiffe zurück. "Ich hätte nie erwartet, daß sie so feige sind", sagte einer der Ägypter zu Tach-Hamon. Tach-Hamon schüttelte den Kopf.. "Sie sind nicht feige", sagte er, "aber es muß etwas Furchtbares gewesen sein, was sie erlebt haben. Aus ihren Erzählungen bei der Beratung wurde ich nicht schlau. Jedenfalls (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
müssen wir sehr, sehr vorsichtig sein und es geschickt anfangen. Sie hatten wie sie sagten, das Pech vorher gesichtet worden zu sein. Das darf uns nicht passieren." "Aber wir können doch einem atlantischen Boot begegnen." "Gewiß, aber es darf keine Gelegenheit mehr haben, unser Nahen zu melden. Wir müssen es versenken, um jeden Preis. Nur wenn wir tatsächlich unbeobachtet an Land gehen können, So gingen schließlich auch die Ägypter, nach ihren Schiffen zurückkehrend, zur Ruhe. Es war beschlossen worden, diese Nacht und den folgenden Tag dazu zu benutzen, um die Insel in weitem Bogen zu umfahren und sich erst in der nächsten Nacht, von der entgegengesetzten Himmelsrichtung kommend, zu nähern. So hoffte Tach-Hamon, die Wachsamkeit der Atlanter zu überlisten. * Das Fest im Schloß hatte seinen Höhepunkt erreicht. Hell klangen die Flöten und Zimbeln. Immer ekstatischer wurde der Tanz. Der Wein floß in Strömen. Rann über Tische und Schemel, benetzte die Fliesen. Torgo sah alles nur noch wie durch einen Schleier. "Trinkt Freunde, trinkt", rief er ein ums andere Mal, "trinkt auf das Wohl des künftigen Königs von Atlantis." "Du wirst mächtig sein Torgo, wie kein atlantischer König zuvor", lallte Rostan, neben ihm sitzend, "ja, ich möchte behaupten, daß du mächtiger sein wirst als alle Könige der Welt. Du wirst ein Gott sein. Wir stürzen Bel Torgo und werden dich an seine Stelle setzen." Er lachte in sich hinein. "Ein Gott? Warum nicht - hicks" meinte Nebussor, mit einem heftigen Schluckauf kämpfend, "das wäre einmal etwas Neues das ist gewiß." "Ja, ein Gott" fuhr Rostan fort, "ein Gott, der Gewalt hat über Leben und Tod. Du hast heute gesehen in den letzten Tagen und Wochen - etwas, was selbst du nicht geschaut hast, Torgo." " - - - so wahr meine Wiege im fernen Persien stand", setzte Nebussor wichtig hinzu. "Das gibt es nicht", behauptete Jargo. "Was kannst du schon gesehen haben, Nebussor." "Was wir gesehen haben, hicks?" fragte Nebussor. "Die Bergwerke Jargo, die Bergwerke!" "Ja, die Bergwerke", bestätigte Rostan leuchtenden Auges. "Die Bergwerke Torgo, die müßtest du sehen und erleben. Welch ein erhebender Anblick! Tausende krumm gebeugter Rücken, tausende Hände, die sich nach fremdem Willen regen, tausende Menschen, die zu Werkzeugen geworden sind, zu nichts als Werkzeugen, welche dir gehorchen..." "Aber diese Menschen haben keinen eigenen Willen mehr", mengte sich Bethseba ins Gespräch. "Das ist ja das Schöne daran", erklärte Rostan lallend. "Welch ein Gefühl von Macht, ihnen allen gebieten zu können. Ich sage dir Torgo, in diesen Bergwerken liegt die Zukunft des Volkes von Atlantis." "Welch ein entsetzlicher. Gedanke", meinte Bethseba. Doch Rostan fuhr fort, ohne auf sie zu hören: "Mit Hilfe meiner Spiegel könntest du dein ganzes Königreich in ein einziges, riesiges Bergwerk verwandeln Sie müßten dir gehorchen, alle... Kein unerlaubtes Wort... Kein falscher Gedanke. Du beherrscht sie alle! Dann erst, Torgo, wärest du wahrhaft König!" "Ein Gott", fügte Torgo hinzu, von dem Gedanken fasziniert. "Jawohl, ein Gott" lallte Rostan. Torgo schienen sich ungeahnte Perspektiven und Möglichkeiten zu eröffnen. Er lauschte wie gebannt den Worten des Erfinders, der selbst von seinen Plänen hingerissen zu sein schien.
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Er häufte vor Torgos geistigem Auge Berge von Reichtum und legte ihm eine unerschöpfliche Fülle von Macht zu Füßen. Und Torgo sah nach Bethseba. Wie hatte sie gesagt? Daß er seine Knie zu beugen habe? Torgo wähnte sich dem ferner denn je... Bethseba sah er nicht mehr. Sie hatte während Rostan seine Phantasien geschwatzt hatte, in aller Stille den Festsaal verlassen und war hinab in den Garten gegangen. Dort stand sie, vor sich die nicht sehr ferne Silhouette des Mausoleums der Könige. "Torgo", murmelte sie, "wie sehr führt dich dein Weg in die Irre! Wie weit bist du vom Ziel. Wäre ich doch imstande, dir den Pfad zu weisen." Auch Nif-Iritt und Nimbur waren in ihre Gemächer zurückgekehrt. Sie fanden beide keinen Schlaf. Heiß und drückend lastete die Luft auf ihnen. Die Nachtigallen, die sonst jeden Abend Lieder sangen, waren heute verstummt. Ahnungsvolle Stille lastete über der Insel. Kein Windhauch regte sich... Nur die Menschen lachten und lärmten wie sonst, gingen ihrem Vergnügen nach und sangen freche Lieder. Oder sie stöhnten unter der Qual ihres Lebens wie Taaf und Shidra, welche in Numrods Bergwerk für ihre Schandtat büßten. Sie hatten einen schweren Tag hinter sich gebracht und lagen nun auf hartem, feuchten Felsgestein, in dem Stollen, der den Gefangenen als Schlafraum diente und in welchem es immer Nacht war, Dunkelheit ohne Unterlaß. Sie hörten das Stöhnen der anderen neben sich und den schweren, röchelnden Atem manchen Schläfers, der kaum daß er an seinem Platz zu Boden gefallen war, in einen bleischweren Erschöpfungsschlaf verfiel. Doch da waren noch seltsame Geräusche in dieser Nacht im Berg. Irgendwo knisterte und rieselte es, irgendwo prasselten kleine Brocken zu Boden, weckten die Schläfer aus dem Schlaf, die sich unwillig zur Seite wandten, um weiter von der Freiheit zu träumen. Wieder rieselte irgendwo Gestein. Furchtsam berührte Shidra Taafs Arm. "Du - hörst du das?" fragte er flüsternd. Taaf stieß Shidras Hand von sich. "Ja ich höre es", sagte er. "Was soll damit? Sie wecken uns wieder in ein paar Stunden. Laß mich schlafen." Seufzend wandte sich Shidra um und versuchte, gleichfalls Ruhe zu finden. Bald sah er in seinem Traum des riesigen Gottes Bel goldene Gestalt vor sich, wie sie gewaltig im Tempel der Hauptstadt stand, starr und hoch aufgereckt und in das Nichts glotzend, die Augen tot, der Mund stumm - ein Bildnis ohne Seele. Doch plötzlich kam Leben in dieses Bild... Es bewegte sich, wankte, neigte sich vor - und brach plötzlich von seinem Postament, mitten in die Halle des Tempels stürzend, wo sie mit gewaltigem Donner zerbarst. Mit einem Schrei erwachte Shidra. Doch der Donner wich nicht aus seinen Ohren. Er schien den ganzen Berg erfaßt zu haben, der in seinen Grundfesten erbebte. Von namenlosem Entsetzen gepackt, drückte sich Shidra gegen eine Wand des Felsens und hielt sich die Ohren zu.
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Und gleichzeitig mit ihm schrie das Volk von Atlantis auf und erwachte nur für einen Augenblick aus seinen Träumen. Die Menschen erwachten auf ihren Ruhelagern, sie erhoben sich von den Tischen der Wirtshäuser, stürzten aus Hütten und Palästen. Sie liefen auf die Straßen, in den Gärten und zum Ufer des Meeres, dessen unheimlich donnernde Brandung wie mit Geisterhänden nach ihnen zu greifen schien. Als die Erde zu zucken begann, stürzten auch im Palast des Königs die weingefüllten Schalen von den Tischen und zerbarsten. Die Wände schienen zu wanken. Die Pechfackeln zischten und viele erloschen. Irgendwo schrie jemand auf. Die Sänger verstummten und die Tänzerinnen flüchteten kreischend in kopfloser, sinnloser Hast durch die Korridore. Die Gäste des Königs dachten nur an Flucht. Rostan war der erste, der mit torkelnden Schritten über die Freitreppe hinab das Weite suchte, gefolgt von dem hinter ihm drein zappelnden Nebussor, und vorbei an den bleichen Wachen. Alwa, Sarga, Wusso und die Ältesten, sie alle flohen, Auf den Fersen folgten ihnen die Musikanten, die nur daran dachten, sich selbst und ihre kostbaren Instrumente in Sicherheit zu bringen. Auf den Straßen stauten sich die Menschen. Alles drängte nach den freien Plätzen und den Stadttoren zu. Dem ersten Erdstoß folgte ein zweiter, heftigerer. Morscher Lehm bröckelte von den Wänden der Häuser, traf Flüchtende. Kinder schrieen, Frauen kreischten, Männer fluchten und drängten sich, wild ihre Ellbogen gebrauchend vorwärts. Bleich und unberührt von all dem Schrecken stand die Mondsichel, über den Gassen und beleuchtete diese Nacht des Schreckens. Im Hafen schwankten die Schiffe und zerrten wild an ihren Vertäuungen. Das Beben der Erde hatte sich dem Meer mitgeteilt. Die Wasser brausten gegen den nachtdunklen Himmel in hohen Wellen, über die der Gischt der Wogenkämme tanzte. Viele hatten ihre Habseligkeiten in Körben mit sich genommen, das Notwendigste oder das, was sie gerade erraffen konnten. So drängten sie durch die Tore, zum Wasser, oder hinauf in die Berge. Und in der Stadt wankten die Mauern und stürzten krachend und berstend die ersten Häuser ein, unter sich begrabend, was noch nicht ins Freie geflohen war. Prano schlug sich durch die wild nach allen Seiten schiebende und drängende Menge. Er dachte an seine Mutter, die er in seinem Hause wußte. Er kämpfte sich verbissen vorwärts und erreichte das Haus. Die Frau fand er im Garten, im Schutze der Bäume. "Komm", sagte er, "hier ist es nicht sicher genug!" Und er nahm sie auf die Arme und trug sie aus dem Garten. Jargo hatte es hinab zum Hafen getrieben. Dort wohnten sein alter Vater und seine Schwester in einem Fischerhaus. Seinen Braunen am Zügel, stolperte er über Trümmer und die Leiber gefallener Menschen, welche in der allgemeinen Panik niedergetrampelt worden waren. Dem Hafen zu waren alle Gassen verstopft. Jargo schwang sich auf den Braunen und riß ihn hoch, so daß die Menschen vor den wild um sich schlagenden Hufen entsetzt zurückwichen. "Beiseite", rief er, "geht beiseite!" Dann gab er dem Pferd Schenkeldruck und drängte es in die Menge hinein. Das Haus stand nicht mehr, als er es endlich erreichte. Aber er fand seine Schwester und seinen Vater. Der alte Mann war von einem Lehmbrocken verwundet worden und blutete. Jargos Schwester kümmerte sich um ihn.
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So irrte mancher in dieser Nacht umher, seine Angehörigen suchend, und aus der Stadt flüchtend, in der er geboren wurde und die sein Leben formte, so wie es in den Jahren seines Daseins geworden war. Geborstene Wände, geknickte Säulen, eingestürzte Dächer... Und dies alles ist das Werk einer Viertelstunde, die vernichtete, was in Jahren geschaffen worden war. Als sich der Staub von den Gassen hob, war der Mond ein Stück seines Weges weitergewandert. Die Menschen standen in ratlosen Gruppen beieinander, nicht wissend, was sie beginnen sollten. Die meisten von ihnen beschlossen zu bleiben, wo sie waren, und den Morgen im Freien zu erwarten. Und so verbrachten sie eine bange Nacht. Prinz Torgo saß noch immer im Saal des Gastmahles. Er saß allein. Die letzten Fackeln waren fast niedergebrannt, der Saal wirkte unheimlich und groß in seiner Dunkelheit. Stille herrschte ringsum, nichts war zu hören als das Knistern der Fackeln. Die Lieder waren verstummt und das Lachen der Gäste. Der Tisch an dem sie gesessen hatten, bot ein Bild wüsten Ekels. Speisereste lagen in zerbrochenen Schalen, der Durst von verschüttetem Wein lagerte über allem. Der Prinz starrte vor sich hin, als glaube er zu träumen. "Rostan - he, Rostan", rief er halblaut. Niemand antwortete. "Prano - mein Freund Prano, wo bist du?" Der Ruf widerhallte von den steinernen Wänden, doch kein lebendiges Echo kam. "Nebussor, Zwerg - antworte mir!" Nebussor war seinem Herrn gefolgt und vom Tisch des Prinzen verschwunden. "Jargo...!" Der Prinz richtete sich auf. Er wankte ein wenig, aber es war weniger der Wein als die Ernüchterung, welche ihn plötzlich überfiel, als er merkte, daß ihn alle auf die er zählte, verlassen hatten, als es um ihr eigenes Leben ging. "Jargo!" Daß auch Jargo einer von ihnen war, war für Torgo eine schmerzliche Erkenntnis. Gab es denn welche, die ihm näher standen als er, mit dem er so viele Gefahren, so viele Freuden geteilt hatte? Keine Wachen, keine Diener... Torgo riß eine der niederbrennenden Fackeln aus ihrem Halter und stürzte mit ihr aus dem Saal. "He", rief er, "he, - ist da niemand?!" Doch bevor er den Vorhang erreicht hatte, teilte sich dieser und eine Gestalt stand ihm gegenüber und kam ihm ein paar Schritte entgegen. "B e t h s e b a", rief er fast erschrocken zurückweichend. "Weshalb erschrickst du vor mir?" fragte sie. "Weil ich allein bin. Weil ich dachte, auch du hättest mich in dieser Stunde verlassen." "Wie könnte ich das", antwortete sie. "Weil es doch alle getan haben." Sie lächelte. (C) eBook-Edition 2003 by readersplanet GmbH, Passau
"Du kennst mich nicht", sagte sie, "obwohl du mich in dein Haus aufgenommen hast. Du liebst die verschlungenen Pfade des Abenteuers. Du liebst die Macht und möchtest herrschen. Du suchst Menschen, doch nicht dich selbst, als ob du wüßtest, daß es am schwersten ist, sich selbst zu finden." "Du sprichst in Rätseln, Bethseba." "Wirklich?" fragte sie und sah ihn durchdringend an. "Habe ich dir nicht vor wenigen Tagen gesagt, daß du an meinem Gott vorbeigehen würdest, ohne ihn zu erkennen? Nun wohl, du bist ihm begegnet. Sieh hinüber nach dem Tempel, schau auf das Standbild des Bel: es liegt in Trümmern." Der Prinz trat auf die Terrasse und sah hinüber nach dem Tempelbezirk. Dort stand düster flackernder Feuerschein über den Bäumen? Und über der Stadt stand ein fahler, grauer Morgen. Aber er zeigte dem Prinzen die Galeeren der Ägypter nicht, welche in weitem Abstand vom Lande die Insel umfuhren. ENDE
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