Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Beiträge zum ausländischen öffentlichen Rech...
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Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht
Begründet von Viktor Bruns
Herausgegeben von Armin von Bogdandy · Rüdiger Wolfrum
Band 222
Stephan Bitter
Die Sanktion im Recht der Europäischen Union Der Begriff und seine Funktion im europäischen Rechtsschutzsystem “Sanction” as a Legal Term in the Law of the European Union. The Term and Its Function within the System of Remedies Foreseen by European Union Law (English Summary)
ISSN 0172-4770 ISBN 978-3-642-17353-0 e-ISBN 978-3-642-17354-7 DOI 10.1007/978-3-642-17354-7 Springer Heidelberg Dordrecht London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-PlanckInstitut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Heidelberg 2011 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf : WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Meinen Eltern
Vorwort Diese Arbeit entstand während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und am MaxPlanck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht in Heidelberg. Mein erster Dank gilt meinem ursprünglichen Doktorvater, Prof. Dr. Dr. h.c. Manfred Zuleeg, Frankfurt am Main, der die Arbeit thematisch angeregt und stets mit großem Engagement verfolgt hat. Er war es auch, der mein Interesse und vor allem meine Freude am Europarecht während des Studiums geweckt hat und mir zeigte, dass hervorragende fachliche Qualifikation und tiefe Menschlichkeit eine schöne Verbindung eingehen können. Meinem „zweiten“ Doktorvater, Prof. Dr. Armin von Bogdandy, Heidelberg, bin ich ebenso tief zu Dank verpflichtet. Er hat die Entwicklung der Arbeit von Beginn an mit besonderem Interesse begleitet und später die sehr zügige Erstellung des Erstgutachtens übernommen. Als wissenschaftlicher Mitarbeiter zunächst an seinem Lehrstuhl an der Goethe-Universität und später am Max-Planck-Institut kam ich bei ihm in den Genuss äußerst anregenden wissenschaftlichen Arbeitens im Rahmen eines stets offenen und kritischen Diskussionsprozesses. Die Arbeit hätte ohne diese Schule nicht diese Form gefunden. Weiter danke ich Prof. Dr. Stefan Kadelbach für die besonders schnelle Erstellung des Zweitgutachtens und für hilfreiche kritische Anmerkungen. Der Studienstiftung des deutschen Volkes danke ich für die großzügige Unterstützung im Rahmen eines Promotionsstipendiums, die weit über die bloß finanzielle Hilfe hinausging. Prof. Dr. Armin von Bogdandy und Prof. Dr. Dres. h.c. Rüdiger Wolfrum danke ich für die Aufnahme in die Reihe „Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht“. Dank gebührt auch Dr. Jürgen Bast, der durch viele kritische Anmerkungen und anregende Diskussionen zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen hat. Beim Verfassen der englischen Zusammenfassung hat mir Eric Pickett geholfen. Besonders will ich Dr. Sandra Fink danken: Sie hat die Arbeit kritisch gelesen, mich stets freudig, liebevoll und geduldig unterstützt und im-
VIII
Vorwort
mer hilfreiche Ratschläge gegeben. Vor allem aber danke ich ihr dafür, dass sie immer da war und ist. Meinen Eltern, Ingrid und Dr. Ulrich Bitter, ist diese Arbeit gewidmet. Karlsruhe, September 2010
Stephan Bitter
Inhaltsverzeichnis Einleitung................................................................................................. 1 A. Problemstellung.................................................................................... 1 B. Gang der Untersuchung ...................................................................... 7
1. Kapitel: Theoretische Grundlagen ............................................... 9 A. Etymologisches: Sanktion als autonomer Akt zur Verleihung der Geltungskraft eines Gesetzes ...................................................... 11 B. Soziologisches, Philosophisches und Theoretisches: Die Sanktion und ihre Bedeutung für das Recht ............................. 13 I. Die Begriffe Zwang und Sanktion in den Grundlagenwissenschaften........................................................ 13 1. Die Sanktion als Wirksamkeitsbedingung des Rechts: Rechtssoziologie................................................................... 14 2. Die Sanktion als Geltungsbedingung des Rechts............... 18 a) Die Sanktion als ontologische oder phänomenologische Bedingung des Rechts: Rechtsphilosophie .......................................................... 18 (i) Thomas Hobbes.............................................................. 18 (ii) Immanuel Kant ............................................................... 18 (iii) Georg Wilhelm Friedrich Hegel.................................... 25 (iv) Als Zwischenergebnis: Arthur Schopenhauer.............. 27 b) Die Sanktion als analytisch-logischer Bestandteil des Rechtsbegriffs: Rechtstheorie.................................. 28 II. Weitere Unterscheidungen ........................................................ 31 1. Positive und negative Sanktionen........................................ 31 2. Sanktionszwecke .................................................................. 33 C. Zwischenergebnis: Der Begriff der Sanktion im Diskurs über das Recht ............................................................................................. 35
2. Kapitel: Die rechtsschutzspezifische Funktion des unionsrechtlichen Sanktionsbegriffs ...................................... 37 A. Der Zusammenhang zwischen den Verteidigungsrechten und der Sanktion ........................................................................................ 37
X
Inhaltsverzeichnis
I.
Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen führen können: Die Rechtsprechung seit der Rechtssache Hoffmann-La Roche...................................... II. Verteidigungsrechte nur aufgrund abgeleiteten Rechts, wenn keine Sanktion.................................................................. III. Verteidigungsrechte schon dann, wenn „beschwerende Maßnahme“? .............................................................................. 1. Verteidigungsrechte, wenn „nachteilige Auswirkungen“: Die Rechtssache Al-Jubail Fertilizer Company ................. 2. Verteidigungsrechte der Mitgliedstaaten, wenn „beschwerende Maßnahme“ und die Anwendung des Grundsatzes auf Individuen ................................................ 3. „Sanktion“ und „beschwerende Maßnahme“ als gleichzeitige Kategorien mit rechtsschutzeröffnender Funktion: Die Rechtssache Fiskano .................................... 4. Die „beschwerende Maßnahme“ als zentrale Kategorie des Rechtsschutzes seit der Rechtssache Lisrestal ............. IV. Synthese: Die Sanktion als besondere „beschwerende Maßnahme“ ..................................................... V. Zusammenfassung: Die Verhängung einer Sanktion führt in den „sicheren Bereich“ der Verteidigungsrechte................. B. Abgrenzungen I: Die beschwerende Maßnahme im Beamtenstatut und die Klagebefugnis nach Art. 230 Abs. 4 EG .... I. Das Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme als Sachurteilsvoraussetzung nach dem Beamtenstatut ................ II. Beschwerende Maßnahme und Klagebefugnis nach Art. 230 Abs. 4 EG............................................................ C. Abgrenzungen II: Die Sanktion als Frage der Kompetenz ............. D. Zusammenfassung: Die Funktion des Begriffs der Sanktion im unionalen Rechtsschutzgefüge ..........................................................
38 43 47 47
49
54 58 62 71 73 73 77 81 87
3. Kapitel: Der Begriff der Sanktion: Die Vorgehensweise in der europarechtlichen Literatur ................ 91 A. Der Sanktionsbegriff bei Heitzer ...................................................... 92 I. Rechtstheoretischer Sanktionsbegriff und „punitive Sanktionen“ ............................................................... 92 II. Begriff im Unionsrecht nur „vereinzelt“?................................ 97 1. Seltene Verwendung des Begriffs?....................................... 97 2. Systematisch isolierte Verwendung des Begriffs? ............ 100 3. Zwischenergebnis: Weder seltene noch systematisch vollkommen isolierte Verwendung des Begriffs .............. 101
Inhaltsverzeichnis
B. Der Sanktionsbegriff bei Böse ......................................................... C. Der Sanktionsbegriff bei Hækkerup ............................................... D. Der Sanktionsbegriff in der weiteren europarechtlichen Literatur ............................................................................................ E. Zusammenfassung: Kein gesicherter Sanktionsbegriff in der Europarechtswissenschaft................................................................
XI
103 104 105 113
4. Kapitel: Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion? ........ 115 A. Vorfragen und Methodik ................................................................. B. Die Sanktion in den Normtexten des primären und des abgeleiteten Rechts ........................................................................... I. Europäisches Primärrecht: Keine inhaltliche Bestimmung eines europäischen Sanktionsbegriffs............... 1. Sanktionen und Zwangsmaßnahmen im EG-Vertrag...... 2. Geldbußen und Zwangsgelder im EGKS-Vertrag........... 3. Die Zwangsmaßnahmen der Kommission nach dem Euratom-Vertrag ................................................................ 4. Sanktionen nach der Satzung der Europäischen Zentralbank......................................................................... 5. Maßnahmen nach sonstigem Primärrecht ........................ 6. Ein neues Sanktionsverständnis nach dem Reformvertrag?................................................................... 7. Zwischenergebnis: Kein einheitlicher Begriff aus dem Primärrecht ......................................................................... II. Das abgeleitete Recht der Union: Gesetzgeberische Hinweise auf Bestandteile eines europäischen Sanktionsbegriffs...................................................................... 1. Sanktion in der Verordnung über den Schutz der finanziellen Interessen der EG: Ein Ausgangspunkt....... 2. Die Sanktion im Recht der Landwirtschaft...................... a) Das europäische Agrarrecht als Labor des europäischen Verwaltungsrechts ................................ b) (Strafe und) Sanktion im integrierten Verwaltungsund Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen ........................ c) Kein klarer Sanktionsbegriff durch die Verordnung über gemeinsame Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik.................................................................. d) Der typische Fall: Sanktionen im Abgabenrecht des Milchsektors ..........................................................
115 121 121 121 124 127 127 128 129 130
130 131 138 138
140
147 149
XII
Inhaltsverzeichnis
3.
4.
5. 6.
7.
(i) Das System der Milchabgabe: Informationspflichten von Erzeugern und Käufern ....................................... 149 (ii) Sanktionen gegen die Käufer bei Lieferungen von Milch............................................................................. 151 (iii) Sanktionen gegen die Erzeuger bei Direktverkäufen von Milch und Milcherzeugnissen ............................. 153 (iv) Entzug der Zulassung der Käufer und Geldbuße als allgemeine Sanktionen im Milchabgaberecht....... 154 (v) Die Sanktion im Milchabgaberecht: Geldbuße, Zwangsgeld und Entzug der Zulassung..................... 154 e) Abweichungen? Sanktion und Ausfuhrerstattungen im Agrarrecht........................... 155 (i) Sanktionen im Ausfuhrerstattungsrecht .................... 155 (ii) Verhältnis der Vorschriften des Ausfuhrerstattungsrechts zur Sanktionsverordnung .................................................. 158 (iii) Zwischenergebnis: Sanktionsbegriff der Sanktionsverordnung auch im Ausfuhrerstattungsrecht ............................................. 162 f) Strafe in den Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik ............................................................ 163 g) Zwischenergebnis: Die Sanktion im europäischen Landwirtschaftsrecht................................................... 172 Die Sanktion im europäischen Finanzverfassungsrecht...................................................... 172 a) Geldbußen und Zwangsgelder als Sanktionen im Sinne des Finanzverfassungsrechts............................. 173 b) Sanktionen im Vergaberecht ....................................... 174 Geldbußen und Zwangsgelder im Kartell- und Fusionskontrollrecht.......................................................... 175 a) Geldbußen und Zwangsgelder als Sanktionen .......... 175 b) Die Sanktionen im Wettbewerbsrecht und die „Maßnahmen zur Abstellung einer Zuwiderhandlung“ ...................................................... 180 Die Sanktion im europäischen Verkehrsrecht: Geldbuße gleich Sanktion.................................................. 181 Als Zwischenergebnis: Die Sanktion nach der Verordnung über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht............................................................... 183 Die Sanktion im europäischen Umweltrecht ................... 186
Inhaltsverzeichnis
8. Die Sanktion in den sonstigen Politikbereichen der Union: Effektive, verhältnismäßige und abschreckende Durchsetzung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten ................................................................... III. Ergebnis: Mögliche Inhalte eines Sanktionsbegriffs, hergeleitet aus dem europäischen Primär- und Sekundärrecht........................................................................... C. Die Sanktion in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz ................................ I. Sanktionen des Agrarrechts in der Rechtsprechung der europäischen Gerichte....................................................... 1. Die Streichung und Kürzung von Zuschüssen zu gemeinschaftsrechtlich geförderten Vorhaben ................. a) Die Streichung von Zuschüssen aus dem ehemaligen Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft: Die Rechtssache Conserve Italia ....................................... b) Die Kürzung und Aussetzung von Zuschüssen für die Verbesserung der Strukturen in der Fischerei ..... (i) Die Rechtssache Industrias Pesqueras Campos......... (ii) Die Rechtssache Peix................................................... c) Sanktion oder verwaltungsrechtliche Maßnahme: Die unterschiedliche Vorgehensweise der Kommission in den Fällen Conserve Italia und Industrias Pesqueras Campos auf der einen, sowie Peix auf der anderen Seite ........................................... 2. InVeKoS und die Kürzung oder Streichung einer Beihilfe als Sanktion ........................................................... a) Der normative Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems ........................... b) Die Rechtssache National Farmers’ Union: Sanktion als „Strafe“.................................................... 3. Der Verfall einer Kaution als „verdecktes Strafrecht“? ... a) Der Verfall einer Wohlverhaltenssicherheit als Sanktion........................................................................ b) Abgrenzung: Der Verfall einer Erstattungssicherheit ................................................... c) Zwischenergebnis: Sanktion oder bloße Abschöpfung................................................................ 4. Zusammenfassung: Sanktionen im Agrarrecht ................
XIII
188
190 191 192 194
197 203 203 205
207 212 212 213 218 219 225 229 230
XIV
Inhaltsverzeichnis
II.
Die Rechtsprechung zu Zwangsgeld und Pauschalbetrag nach Art. 228 Abs. 2 EG ............................... III. Die Rechtsprechung zur Sanktionierungspflicht der Mitgliedstaaten................................................................... IV. Zwischenergebnis: Die Sanktion in der Rechtsprechung ..... D. Ergebnis ............................................................................................
231 237 242 243
5. Kapitel: Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs ............................................................................... 245 A. Staatshaftung und unmittelbare Anwendbarkeit: Sanktion oder Individualberechtigung? .................................................................. I. Staatshaftung als Sanktion? ..................................................... II. Unmittelbare Anwendbarkeit als Sanktion?.......................... 1. Die gleichartige deontische Struktur von Sanktion und unmittelbarer Anwendbarkeit........................................... 2. Die unterschiedliche Zwecksetzung von Sanktion und unmittelbarer Anwendbarkeit........................................... a) Ablehnung der individualverpflichtenden Wirkung von Richtlinien............................................................. b) Unmittelbare Anwendbarkeit als Ausgangspunkt des europäischen Konstitutionalisierungsnarrativs .. (i) Unmittelbare Anwendbarkeit und europäische Konstitutionalisierung................................................. (ii) Das Individuum im Zentrum der Konstitutionalisierung als rechtlicher Einhegung der Globalisierung ....................................................... (iii) Rechtsschutzorientierte Begründung der unmittelbaren Anwendbarkeit: Das Gegenbeispiel der innerunionalen Wirkung von DSBBeschlüssen?................................................................. 3. Zwischenergebnis ............................................................... B. Ergebnis: Staatshaftung und unmittelbare Anwendbarkeit sind keine Sanktionen...............................................................................
246 246 250 252 256 256 257 257
258
262 264 264
Zusammenfassung und Ausblick.................................................. 265 A. Zusammenfassung ............................................................................ 265 B. Ausblick ............................................................................................ 270
Summary .............................................................................................. 275 Verzeichnis der Akte abgeleiteten Rechts .................................. 281
Inhaltsverzeichnis
XV
Rechtssachenverzeichnis ................................................................. 297 Literaturverzeichnis ......................................................................... 309 Sachregister ......................................................................................... 349
“Covenants without the sword are but words.”
1
„Der Grund für die Existenz von Sanktionen liegt darin, dass nur die Sicherstellung der Geltung und der Effizienz von Normen möglich scheint, wenn ein Verstoß rechtlich geahndet werden kann und auch in hinreichendem Umfang tatsächlich sanktioniert wird.“2
Einleitung A. Problemstellung Beiden Zitaten liegt die These zugrunde, dass Recht ohne Sanktion, also ohne Zwang, nicht bestehen könne. Sie erscheint häufig und prominent nicht nur im rechtstheoretischen Diskurs, sondern prägt auch die juristische Praxis3 und stützt sich in der deutschsprachigen Tradition vor allem auf Soziologen wie Weber, Geiger und Oppenheimer.4 In der französischen Tradition findet sich dieser Gedanke prägend bei Durkheim.5 Letztlich sind die Wurzeln für ein solches Verständnis jedoch schon früher in der Philosophie der Aufklärung gelegt worden, beispielweise bei Hobbes, aber auch bei Kant.6 Das Verhältnis von Normativität und 1
Thomas Hobbes, zitiert nach Arendt, Macht und Gewalt, S. 9.
2
Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 59 [Hervorhebung dort].
3
Beispielsweise bei der Frage der Gleichheitswidrigkeit eines strukturellen Durchsetzungsdefizits im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung von Spekulationsgewinnen, BVerfG, Urt. vom 9.3.2004, 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94 (112 ff.). 4
Th. Geiger, Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts, passim, v.a. S. 163 ff.; Oppenheimer, System der Soziologie, Band I/1, S. 399 ff.; Oppenheimer, System der Soziologie, Band I/2, S. 499 ff.; 511 f.; Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, passim, insbesondere S. 182 f. Siehe auch Luhmann, Rechtssoziologie, S. 114 f.; 219 ff. 5
Durkheim, Über soziale Arbeitsteilung, S. 116; Durkheim, Les Règles de la Méthode Sociologique, S. 121. 6
Hobbes, Leviathan, Kapitel 13 bis 18; Kant, Metaphysik der Sitten, § E, S. 339. Zu letzterem Strangas, Kritik der kantischen Rechtsphilosophie, S. 22 ff. Siehe auch Rawls, Theorie der Gerechtigkeit, S. 271 ff.
S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_0, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
1
2
Einleitung
Faktizität ist stets ein prekäres.7 Wie aus der Diskussion im Völkerrecht bekannt,8 wird dies auch in der europarechtlichen Literatur aufgenommen, wobei damit teilweise unterschiedliche Ziele verfolgt und unterschiedliche Schlussfolgerungen gezogen werden.9 Thema der vorliegenden Arbeit sind die Sanktionen, die der Europäischen Union (EU) zur Verfügung stehen, um ihrem Recht zur Geltung zu verhelfen. Die Bedeutung dieses Themas hat Teske auf dem 15. F.I.D.E.-Kongress in Lissabon verdeutlicht: „Denn die Frage nach den Rechtsfolgen von Gemeinschaftsrechtsverstößen berührt das Zusammenwirken der Mitgliedstaaten in und mit der Gemeinschaft unter der Herrschaft gemeinsamen Rechts an einer sensiblen Stelle und ist von zufriedenstellenden Antworten noch weit entfernt.“10 In dieser Studie soll eine thematische Eingrenzung vorgenommen werden, die ganz am Beginn einer Auseinandersetzung mit Fragen der Sanktionierung von Unionsrechtsverstößen steht: Zweck dieser Arbeit ist es, Konturen eines unionalen Begriffs der Sanktion herauszuarbeiten und im Ergebnis eine präzise Definition zu finden. Dies geschieht nicht allein aus dem wissenschaftlichen Interesse, zur Begriffsklärung beizutragen. Vielmehr – dies darzulegen, ist Gegenstand des zweiten Kapitels – verwenden der Europäische Gerichtshof (EuGH) und das Gericht erster Instanz (EuG) den Begriff der Sanktion mit einem spezifischen Verständnis seiner Funktion. Die Feststellung, dass eine Sanktion vor7
Vgl. hierzu zunächst nur als allgemeine Hinweise Habermas, Faktizität und Geltung, insbesondere das 1. Kapitel, S. 15 ff.; Kelsen, Der soziologische und der juristische Staatsbegriff, S. 91 ff.; Kelsen, Reine Rechtslehre, passim, insbesondere S. 55; Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 31 ff., 139 ff.; Dreier, NJW 1986, S. 890; Hoerster, JuS 1987, S. 181 (182 ff.); Hoerster, Verteidigung des Rechtspositivismus, S. 21 f.; Verhoeven, European Union in Search of a Democratic and Constitutional Theory, S. 46 ff. 8
Beispielsweise bei Amerasinghe, AVR 37 (1999), S. 1, passim; Arend, Legal Rules and International Society, S. 28 ff.; Kelsen, Der soziologische und der juristische Staatsbegriff, S. 104 f.; Kelsen, ZaöRV 1958, S. 234; Solte, ARSP 89 (2003), S. 519 (523 ff.); W. Schroeder, Das Gemeinschaftsrechtssystem, S. 211 ff.; Tomuschat, RdC 281 (1999), S. 9 (46 ff.). 9
Beispielsweise bei Dowrick, YEL 3 (1983), S. 169 (178 ff.); Pradel/ Corstens, Droit Pénal Européen, Rn. 389; W. Schroeder, Das Gemeinschaftsrechtssystem, S. 213 ff.; vgl. auch Weiler, JCMSt 21 (1982), S. 39 (53 f.); von Bogdandy, integration 1993, S. 210 (211 ff.). 10
Teske, EuR 1992, S. 265 (265 f.).
Einleitung
3
liegt, erfüllt in der Rechtsprechung eine rechtsschutzeröffnende Funktion. Die Literatur, die sich mit den Sanktionen im Recht der Union bisher auseinandergesetzt hat, zieht zumeist eine Bestimmung des Begriffs der Sanktion heran, die aus der Rechtstheorie stammt und folgendermaßen zusammengefasst werden kann: Sanktion ist „ganz allgemein jede nachteilige Rechtsfolge […], die gegen denjenigen ausgesprochen und durchgesetzt wird, der gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen hat“.11 Nun leidet diese Definition zunächst daran, dass es keine Bestimmung des Begriffes Sanktion aus der Rechtstheorie geben kann, ist diese doch ein eigener Wissenschaftszweig mit den unterschiedlichsten Antworten auf ebenso vielfältige Fragen. Darüber hinaus hat diese Vorgehensweise den Mangel, dass sie diesen einen Begriff auf die zu betrachtende Rechtsmaterie anwendet und danach beurteilt, ob etwas als Sanktion anzusehen ist oder nicht. Ein möglicherweise abweichendes Verständnis der politischen – und hierzu auch politisch, das heißt in der modernen Gesellschaft demokratisch legitimierten – Organe eines Hoheitsträgers muss dann unberücksichtigt bleiben und im politisch schlimmsten Fall sogar diskreditiert werden.12 Auf der anderen Seite ist es wiederum auch Beruf der Rechtswissenschaft als normativer Wissenschaft, dass sie autonom Begriffe aus dem Normenmaterial bildet und legislative Entwicklungen an diesen kritisch misst.13 Die vorliegende Arbeit versucht dementsprechend, einen Weg zwischen den Polen der Begriffsjurisprudenz und der unkritischen Übernahme positiv-rechtlicher Formulierungen zu finden. Hierzu wird die Arbeit einen Begriff der Sanktion im Recht der Europäischen Union suchen, der sich dem Verständnis der maßgeblichen Akteure auf der europäischen Ebene entnehmen lässt. Bei der Analyse des Primärrechts und der Rechtsakte des abgeleiteten Rechts wird die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs als der nach der hier vertretenen Auffassung al-
11
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 6; ähnlich Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 59; Moll, Europäisches Strafrecht durch nationale Blankettstrafgesetzgebung?, S. 8. 12
So deutlich Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 66 f., dem zuzugeben ist, dass „Begriffsbildungen stets funktional sind“. Ähnlich Sieber, in: FS Geerds, S. 113 (117 f.). Kritisch Zabel, KritV 86 (2003), S. 340 (345 ff.). 13
von Bogdandy, in: Villalón/Huber/von Bogdandy, Ius Publicum Europaeum, Bd. II, S. 807, Rn. 20 ff.
4
Einleitung
leinig zur autoritativen Auslegung des europäischen Rechts berufenen Institution (Art. 220 Abs. 1, 292 EG)14 besonders heranzuziehen sein. Welche Maßnahmen kommen dabei als „Sanktionen“ im Recht der Europäischen Union in Betracht? Zunächst ist hierzu festzustellen, dass wahrscheinlich jede Leserin und jeder Leser bei vernünftiger Würdigung eine gewisse Vorstellung davon haben wird, was eine Sanktion ausmacht. Es soll nicht bestritten werden, dass eine solche am common sense ausgerichtete Wahrnehmung Legitimität beanspruchen kann, da sie ja auch Resultat von Erfahrungswerten ist. Jedoch kann sich die vorliegende Arbeit nicht mit einer Definition des Begriffs der Sanktion zufrieden geben, die durch den ebenso berühmten wie eleganten „elephant test“ erlangt wird.15 Der Elefant mag vielleicht sein „an animal too difficult to define but easy to recognize when you see it“. Für die Frage, was eine Sanktion ist, ist diese am prima facie-Eindruck ausgerichtete Vorgehensweise im vorliegenden Zusammenhang jedoch ungenügend. Zum einen ermöglicht sie nicht, den nicht ganz so „elefantinen“ Grenzfall exakt zu qualifizieren, andererseits kann gerade die elefantine Größe den Blick auf Verwandschaften versperren.16 Analog stellt sich beispielsweise die Frage, ob
14
Weiler/Haltern, Harvard International Law Journal 37 (1996), S. 411, passim, insbesondere 424 ff.; dagegen Schilling, Harvard International Law Journal 37 (1996), S. 389 (404 ff.). Es wird hier also der – recht weiten und deswegen auch in der Kritik stehenden – Position des Gerichtshofs zu seinem Auslegungsmonopol in seinen Gutachten zum Europäischen Wirtschaftsraum und zum Übereinkommen über die Schaffung eines gemeinsamen europäischen Luftverkehrsraums gefolgt; EuGH, Gutachten 1/91, EWR I, Slg. 1991, S. I6079, Rn. 35; Gutachten 1/00, GELR, Slg. 2002, S. I-3493, Rn. 11 f.; jüngst nachdrücklich bestätigt im MOX-Plant-Fall, Rs. C-459/03, Kommission/Irland, Slg. 2006, S. I-4635, Rn. 123; dazu näher Lavranos, EuR 2007, S. 440 (449 f., 458 f.). 15 Court of Appeal, Maxwell v. Department of Trade and Industry, [1974] Q.B. 523 (539), per Lawton LJ: „From time to time […] lawyers and judges have tried to define what constitutes fairness. Like defining an elephant, it is not easy to do, although fairness in practice has the elephantine quality of being easy to recognise.” Ähnlich auch schon die folgenden Ausführungen: „It is often easy to recognise a contract of service when you see it, but difficult to say wherein the difference lies.”, Court of Appeal, Stevenson, Jordan and Harrison v. Macdonald and Evans, [1952] 1 T.L.R. 101 (C.A.) (111), per Lord Denning. 16
Wie etwa die evolutionäre Nähe des Elefanten zum Klippschliefer, einem äußerlich dem Murmeltier ähnlichen Säugetier vor allem des südlichen Afrikas,
Einleitung
5
sich die Staatshaftung prima facie als Sanktion darstellt, oder ob nicht vielmehr für eine solche Qualifikation doch bestimmte Merkmale der Sanktion als solcher zunächst herausgearbeitet werden müssen. Im Recht der Europäischen Union gibt es vielerlei Mechanismen, die dem ersten Anschein nach als Sanktionen zu qualifizieren sind. Die Europäische Kommission verhängt gegen einzelne Unternehmen Geldbußen in Rekordhöhe, weil sie wettbewerbswidrig handeln.17 Mitgliedstaaten der Europäischen Union sehen sich auf dem Prüfstand, weil sie die Kriterien des Stabilitätspaktes nicht einhalten, auch ihnen drohen Geldbußen. Zwangsgelder werden gegen Mitgliedstaaten verhängt, die ihren Verpflichtungen aus Urteilen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht nachkommen. Zugleich wird der Begriff der Sanktion in der wissenschaftlichen Literatur teilweise für die Qualifizierung bestimmter gemeinschaftsrechtlicher Institute verwendet. Hierbei handelt es sich um die Fragen, ob die unmittelbare Anwendbarkeit von Gemeinschaftsrecht oder die Staatshaftung für seine mangelhafte Umsetzung als Sanktionen anzusehen sind. Der Begriff der Sanktion dient in diesen Diskussionen (auch) dazu, aus der Qualifikation dieser Institute als Sanktion bestimmte (kritische) rechtspolitische Folgerungen in Bezug auf den Herrschaftsverband der Europäischen Union ziehen zu können.18 Schließlich wurden auch im Gefolge der Anschläge vom 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten von Amerika angesichts eines gesteigerten Sicherheitsbedürfnisses die bis dahin nur mühsam voranschreitenden Bemühungen in der Union um eine intensivere Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Strafrechts verstärkt. Prominentes Beispiel ist die Schaffung eines Europäischen Haftbefehls.19 Zu nennen sind auch die Pläne zur Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft,20 nach deStuart/Stuart, Naturführer Säugetiere des südlichen Afrikas, S. 166 (Eintrag „Schliefer“). 17
Diese Geldbußen könnten theoretisch zweistellige Milliardenbeträge erreichen, Soltész/Steinle/Bielesz, EuZW 2003, S. 202 (203). 18
Siehe dazu von Bogdandy, in: ders., Europäisches Verfassungsrecht, S. 149
(167). 19 Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. 2002, L 190, S. 1. Dazu ausführlich Vennemann, ZaöRV 63 (2003), S. 103. 20
Vgl. Kommission, Grünbuch zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und zur Schaffung einer Europäi-
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Einleitung
nen der EU eine originäre Strafrechtssetzungskompetenz eingeräumt und ein Europäischer Staatsanwalt eingerichtet werden soll. Weiterhin ist am 17.10.2002 nach mehr als sieben Jahren das Übereinkommen zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vom 26. Juli 199521 in Kraft getreten, welches auf direktem Wege eine gewisse Einheitlichkeit in den nationalen Strafrechtsordnungen schafft. Der „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ nimmt so zumindest auf dem Gebiet der Sicherheit konkrete Formen an. All diese Entwicklungen bringen zahlreiche rechtliche Fragen mit sich, die weiterhin einer konsistenten Lösung harren. Der Raum der Sicherheit geht dabei häufig nicht mit einem Raum der Freiheit und des Rechts Hand in Hand.22 So ist gerade angesichts der strafrechtlichen Innovationen, aber auch, wenn man die Höhe der verhängten Geldbußen bedenkt, der Schutz bestimmter Verfahrensrechte sowohl der Einzelnen als auch der Mitgliedstaaten von großem Interesse. Darüber hinaus sind nach wie vor die rechtlichen Grundlagen der Verhängung von Sanktionen im Recht der Europäischen Union ungeklärt oder zumindest nicht zu einem kohärenten System entwickelt.23 Antworten auf diese Fragen scheitern häufig schon daran, dass ein einheitlicher Begriff der Sanktion im Europarecht noch nicht gefunden wurde. Ein solcher würde es aber ermöglichen, die vielfältigen Arten der Sanktionierung europarechtswidrigen Verhaltens vergleichbar zu machen. Dies wiederum würde dazu beitragen, die gleichartigen Fälle in einem kohärenten System gleich, die ungleichen angesichts der tatsächlichen Unterschiede ungleich behandeln zu können. Kohärenz des europarechtlichen Sanktionensystems und zuerst des unionalen Sanktionsbegriffs ist somit kein Selbstzweck, sondern die Erfüllung einer fundamentalen Forderung der schen Staatsanwaltschaft, 11. Dezember 2001, KOM (2001) 715 endg.; sowie Art. III-270 f. und III-274 des Vertrags über eine Verfassung für Europa (VerfV), CIG 87/04 vom 6. August 2004, bzw. nun Art. 86 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). 21 Übereinkommen vom 26. Juli 1995 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1995, C 316, S. 49. 22
Monar, in: Magiera/Sommermann, Verwaltung und Governance, S. 29 (44); ähnlich von Bogdandy, in: ders., Europäisches Verfassungsrecht, S. 149 (169); zu den Entwicklungen nach dem Verfassungsvertrag Bitter, in: Dann/Rynkowski, Unity of the European Constitution, S. 255 (257 ff.). 23
So auch schon Teske, in: F.I.D.E., La Sanction des Infractions, vol. 2, S. 101 (102).
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Gerechtigkeit. Dies gilt umso mehr bei der Verhängung von Sanktionen, deren Auswirkungen für den Einzelnen wie für die Staaten von großem Gewicht sein können. Das Anliegen dieser Studie ist demnach, erste Schritte auf dem Weg zu einem einheitlichen unionalen Sanktionensystem zu machen, indem zunächst dessen grundlegende Voraussetzung geklärt wird: Welches ist der im Recht der Europäischen Union herrschende Begriff der Sanktion? Aus der thematischen Eingrenzung auf die Bestimmung des Begriffs der Sanktion folgt, dass den nur angedeuteten Entwicklungen auf dem Gebiet eines europäischen bzw. europäisierten Strafrechts im Rahmen dieser Arbeit im Einzelnen nicht nachgegangen wird. Dass das Strafrecht „Sanktionen“ zur Verfolgung rechtswidrigen Verhaltens bereitstellt, ist begrifflich eindeutig. Gegenstand dieser Untersuchung werden allerdings Maßnahmen sein, die einem Strafrecht im weiteren Sinne angehören, verstanden als nicht nur das Kriminalstrafrecht sondern auch das Verwaltungsstrafrecht24 erfassend.
B. Gang der Untersuchung Die Studie ist in sechs Teile gegliedert. In einem ersten Kapitel werden die Angebote für eine Bestimmung des Begriffs der Sanktion in den Grundlagenwissenschaften daraufhin untersucht, ob sie für die Bestimmung des unionalen Sanktionsbegriffs nutzbar gemacht werden können. Dabei wird sich zeigen, dass die verwendeten Definitionen vielfältig sind und lediglich, aber auch immerhin, zu einer theoretischen Abstützung eines möglicherweise zu findenden Sanktionsbegriffs im Unionsrecht dienen können. Im zweiten Kapitel wird die grundlegende These dieser Arbeit entwickelt, die die präzise Bestimmung des Sanktionsbegriffs über die systematische Notwendigkeit einer begrifflichen Kohärenz hinaus erforderlich macht: Der Europäische Gerichtshof und das Gericht erster Instanz nutzen danach die Feststellung, dass eine bestimmte Maßnahme eine Sanktion darstellt, als Mittel, um die Geltung der Verteidigungs-
24
Verwaltungsstrafrecht umfasst z.B. das in Deutschland geltende Ordnungswidrigkeitenrecht, die französischen sanctions administratives oder die spanischen sanciones administrativas; dazu Sieber, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 71 (72 f.).
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rechte zu begründen. Damit erfüllt der Sanktionsbegriff eine rechtsschutzspezifische Funktion. Hieraus folgt der Forschungsauftrag für die weitere Arbeit: Es sollen Konturen des unionalen Sanktionsbegriffes herausgearbeitet werden. Der Frage der Begrifflichkeit kommt aufgrund ihrer rechtsschutzspezifischen Wirkung eine größere Bedeutung zu als es bei einem rein wissenschaftlichen Interesse an klaren Begriffsverständnissen der Fall wäre. Im dritten Kapitel werden die Vorschläge zu einer Begriffsbestimmung in der europarechtlichen Literatur dargestellt. Dabei zeigt sich, dass in der Literatur bisher keine präzise Definition zu finden ist, sondern lediglich Ansätze hierzu. Vor allem fehlt den meisten Vorschlägen eine ausreichende Bindung an die Praxis der unionalen Akteure. Um eine solche Anbindung für die Zwecke der vorliegenden Arbeit zu schaffen, werden im vierten Kapitel nach einer Klärung der dazu verwendeten Methode (A) zunächst sowohl Rechtsakte des Primär- als auch des Sekundärrechts auf eine eventuelle Definition hin untersucht werden (B). Hierbei wird vor allem die maßstabsbildende Funktion der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95, der so genannten „Sanktionsverordnung“, herausgearbeitet. Anschließend wird die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz auf ihren Sanktionsbegriff analysiert werden (C). Im Ergebnis wird in diesem Kapitel deutlich, dass sich weder in den Rechtsakten noch in der Rechtsprechung eine einheitliche, kodifizierte Definition der Sanktion findet, sie sich jedoch in einzelnen Aspekten aus den betreffenden Texten herleiten lässt. Zusammen genommen steht damit am Ende dieses Kapitels eine Definition, was im Recht der EU unter einer „Sanktion“ zu verstehen ist. Die gewonnenen Erkenntnisse werden im fünften Kapitel verwendet, um eine eigene Position hinsichtlich der in der Einleitung angesprochenen und umstrittenen Frage zu begründen, ob die beiden Institute der unmittelbaren Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts und der Staatshaftung für seine mangelhafte Umsetzung in diesem Sinne, also im Sinne des unionalen Sanktionsbegriffs, als „Sanktionen“ anzusehen sind. Den Abschluss bildet eine Zusammenfassung mit einem thesenhaften verfassungsrechtlichen Ausblick.
1. Kapitel Theoretische Grundlagen „Die Gesellschaftsordnung […] kann aber auch ein bestimmtes menschliches Verhalten gebieten und zugleich an dieses Verhalten die Gewährung eines Vorteils, einen Lohn, oder an das gegenteilige Verhalten einen Nachteil, eine Strafe (im weitesten Sinne des Wortes) knüpfen. Das Prinzip, auf ein bestimmtes menschliches Verhalten mit Lohn oder Strafe zu reagieren, ist das Prinzip der Vergeltung. Lohn und Strafe können im Begriff der Sanktion zusammengefasst werden. Doch wird üblicherweise nur Strafe, das ist ein als Folge eines bestimmten Verhaltens zuzufügendes Übel – die Entziehung gewisser Güter wie Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, wirtschaftlicher Werte –, nicht aber Belohnung als Sanktion bezeichnet.“25
Diese Bestimmung des Begriffs der Sanktion, wie ihn Hans Kelsen seinen Arbeiten zugrunde gelegt hat, ist in der Rechtstheorie häufig anzutreffen. Kelsens Begriff ist einerseits eng, da er nur die negativen Sanktionen, das heißt Strafen in einem weiteren Sinne erfasst. Dagegen schließt er positive Sanktionen, also Belohnungen, aus.26 Andererseits ist sein Begriff weit, insofern er die Entziehung bestimmter Güter umfasst. Dabei bleibt der Zweck und Umfang dieser Entziehung unbeachtlich. Es sind also sowohl repressiv-punitive als auch restitutive sowie präventive Maßnahmen erfasst.27 Zweck dieses Kapitels ist es, in den Grundlagenwissenschaften erste Konturen eines Sanktionsbegriffs zu finden, der auch auf unionaler Ebene genutzt werden kann. Den dort teilweise über die Jahrhunderte entwickelten Erkenntnissen soll hier die nötige Reverenz erwiesen werden, sind sie doch Ergebnis geistiger Anstrengung großer Denker und manchmal gar erbitterter Kämpfe zwischen ihnen. Dabei wird sich zeigen, dass der Begriff nicht nur in einer wissenschaftlichen Tradition
25 26
Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 26. Zu dieser Unterscheidung: K.F. Röhl, Rechtssoziologie, S. 204 f.
27
Hierzu K.F. Röhl, Rechtssoziologie, S. 206 f.; Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 38 f.
S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_1, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
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steht, sondern dass er auch als Argument in einer Diskussion um die Rechtsqualität des Rechts der Europäischen Union dienen kann. Neben der Sanktion gibt es den Begriff des Zwangs bzw. der Zwangsmaßnahme. „Zwang“ und „Sanktion“ werden häufig unterschiedslos verwendet.28 Man kann den Zwang als „die gewaltsame Herbeiführung eines Geschehens, einer Handlung, die Überwältigung eines Willens, die Nötigung desselben gegen dessen eigene Tendenz“ definieren.29 Der Zwang hat hierbei eine tatsächliche Komponente, indem er physisch und unter Umständen auch psychisch auf eine vom Gezwungenen ungewollte Handlung oder Duldung hinwirkt. Dahingegen können wir die Sanktion als ein sozial konstruiertes Verhalten wahrnehmen. Damit ist das reaktive Element der Sanktion angesprochen, nach welchem sie Folge eines unerwünschten Verhaltens ist. Man kann im Grundsatz davon ausgehen, dass eine Sanktion immer Zwang beinhaltet, wohingegen umgekehrt der Zwang nicht per se eine Sanktion darstellen muss. Dies wird auch aus einer anderen Begriffsbestimmung deutlich, nach welcher „power“ und „coercion”, also Macht und Zwang, „an actual or potential causal relation between the interests of an actor or set of actors and an outcome” ist, wobei „cause operates specifically through the use of force or the threat of sanction”.30 Hier wird „coercion” als Oberbegriff für den Gebrauch von Gewalt oder die Androhung einer Sanktion verstanden. Auch in dieser Arbeit wird grundsätzlich so verfahren, die beiden Begriffe miteinander zu untersuchen und eine Differenzierung jeweils dort vorzunehmen, wo eine genauere Unterscheidung für die Zwecke der Arbeit erforderlich ist.31 Gegenstand sind nur die Sanktionen und Zwänge, die rechtlich eine Verhaltenssteuerung bewirken wollen. Davon sind die für die Soziologie bedeutenden gesellschaftlichen Zwänge zu unterscheiden, die besser mit dem Begriff der Struktur erfasst werden.32 Solche gesellschaftlichen Strukturen tragen zwar zur Steuerung 28
Was auch bei der Analyse des Art. 229 EG sichtbar wird, siehe unten, unter 4. Kapitel B.I.1. 29
Eisler, Wörterbuch der philosophischen Begriffe, Eintrag „Zwang“, S. 675. 30 Mansbridge, in: Benhabib, Democracy and Difference, S. 46 (47), die für die Zwecke ihres Aufsatzes „power“ und „coercion“ gleichsetzt. 31
Auch im Rahmen des EG-Vertrages können sich die beiden Begriffe gegenseitig ersetzen. Siehe hierzu Text bei Fn. 438. 32
Hierzu eingehend Fisahn, Rechtstheorie 2003, S. 269 (274 ff.).
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des menschlichen Verhaltens bei, sind jedoch als nicht-rechtliche Steuerungsmechanismen nicht Gegenstand dieser Arbeit. Da diese Arbeit die Sanktionen im Recht der Europäischen Union zum Thema hat, sind die Sanktionen, welche im Völkerrecht angewendet werden, also Repressalie und Retorsion,33 nicht Objekt der Untersuchung, da sie nicht der europäischen, sondern der völkerrechtlichen Rechtsordnung entstammen. Davon zu unterscheiden sind wiederum die möglichen Sanktionen, die in Umsetzung einer völkerrechtlichen Sanktion durch die EU oder einen Mitgliedstaat verhängt werden.34
A. Etymologisches: Sanktion als autonomer Akt zur Verleihung der Geltungskraft eines Gesetzes Im Römischen Recht war die sanctio legis der Schlussparagraf eines Gesetzes, durch den das Gesetz dadurch verbindlich wurde, dass unter anderem – neben der Bestimmung über das Inkrafttreten – Regeln für den Fall der Zuwiderhandlung getroffen wurden.35 Das Verb sancire bedeutet weihen, unverbrüchlich machen, verordnen, strafen, verbieten.36 Im 18. Jahrhundert findet das Wort Sanktion über das französische sanction Eingang in die deutsche (Rechts-)Sprache und erlangt auch dort die Bedeutung der Erteilung der Gesetzeskraft.37 Im 19. Jahrhundert stand der Begriff der Sanktion noch für ein Bündel gesetzgebungstechnischer Funktionen: als förmlicher Akt der gesetzgebenden Autorität diente die Sanktion der Feststellung der Authentizität des Gesetzeswortlauts, der Bestätigung, dass das betreffende Gesetz das verfassungsmäßige Gesetzgebungsverfahren durchlaufen hatte, und der Erklärung des Geset33
Kokott/Doehring/ Buergenthal, Völkerrecht, Rn. 481 ff.
34
Zu dieser Konstellation bspw. EuGH, Rs. C-177/95, Ebony Maritime, Slg. 1997, S. I-1111. 35 Böse, Strafen und Sanktionen, S. 46 f. Stowasser u.a., Kleiner Stowasser, Eintrag „sanctio“, S. 406, übersetzen die sanctio gar nur mit Strafbestimmung, werden damit aber dem rechtskonstitutiven Charakter der sanctio legis nicht ganz gerecht. 36 Oder auch heiligen, bekräftigen, festsetzen, bestimmen, Stowasser u.a., Kleiner Stowasser, Eintrag „sanctio“, S. 406. 37
Duden, Herkunftswörterbuch, Eintrag „Sanktion“, S. 697; Arndt, Verfassung des Deutschen Reiches, Art. 5, Anm. 5; Bornhak, Preußisches Staatsrecht, Erster Band, S. 528.
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zesbefehls.38 Die Sanktion wurde in der Regel vom Staatsoberhaupt erteilt, was im Falle der Monarchien des Deutschen Bundes auch mit einem inhaltlichen Entschließungsrecht verbunden war. Mit der Reichsgründung 1871 wurde dem Kaiser jedoch lediglich das Recht zugestanden, die Gesetze auszufertigen und zu verkünden. Der Träger der souveränen Herrschaftsgewalt, dem das Recht zur Erteilung der Sanktion zustand, war die im Bundesrat vereinigte Gesamtheit der deutschen Staaten.39 Folglich oblag dem Bundesrat die Erteilung des Gesetzesbefehls und dem Kaiser die Ausfertigung des Gesetzes, welche dieser aber – damit die Wurzel für das heutige eingeschränkte Prüfungsrecht des Bundespräsidenten schaffend – verweigern konnte, sofern er der Überzeugung war, dass das verfassungsmäßige Verfahren nicht eingehalten worden war.40 Somit trennt sich in Deutschland mit der Reichsverfassung die Ausfertigung des Gesetzes von der – nun enger zu verstehenden – Sanktion, die der Erteilung des Gesetzesbefehls diente. Der Begriff der Sanktion hat demnach etymologisch gesehen die Bedeutung eines Gesetzesbefehls bzw. einer Rechtsfolge oder Bestätigung und weitergehend einer Zwangsmaßnahme.41 Schon die etymologische Herleitung des Wortes Sanktion bietet also Ansätze für die später in der Rechtstheorie diskutierte Frage, inwieweit die Möglichkeit einer Sanktionierung eines Rechtsverstoßes notwendige Bedingung für die Geltung des Rechts ist. Mit der Position der sanctio legis am Ende eines Gesetzes findet sich zudem ein historischer Vorläufer für die in vielen europäischen Normen vorzufindenden formentypischen Abschlussklauseln42 sowie, hier insbesondere interessierend, die Regelung, dass die Mitgliedstaaten zur Umsetzung des europäischen Rechtsakts wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorzusehen haben.43 Diese Klausel ist in der Regel am Ende eines Rechtsakts zu finden, häufig auch unter der Überschrift „Übergangsund Schlussvorschriften“.
38 39 40
Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 211 f. Dort auch zum Folgenden. Laband, Staatsrecht, Bd. 2, S. 32 f. Mertens, Gesetzgebungskunst, S. 213.
41
Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, Eintrag „Sanktion“, S. 350; Pähler, in: Bernsdorf, Wörterbuch der Soziologie, Eintrag „Sanktion“, S. 906. 42 43
Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, S. 157 ff., 164 ff. Ausführlich unten, unter 3. Kapitel A.II.
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Hier wird nur der Aspekt der zwangsweisen Durchsetzung gegenüber den Rechtsunterworfenen weiter verfolgt werden, also der Bedeutungsstrang der Zwangsmaßnahme und Rechtsfolge; der performative Akt der Inkraftsetzung von Recht durch die sanctio wird nicht weiter untersucht.44
B. Soziologisches, Philosophisches und Theoretisches: Die Sanktion und ihre Bedeutung für das Recht I. Die Begriffe Zwang und Sanktion in den Grundlagenwissenschaften Die Begriffe Zwang und Sanktion sind seit jeher ähnlich umstritten wie der Begriff des Rechts selbst. Sie spielen vor allem in der Rechtstheorie und -soziologie eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Geltung und Wirksamkeit von Recht. Aber auch in der Rechtsphilosophie wurde und wird gestritten, wie Sanktion und Zwang zu verstehen sind, und vor allem, welchen Zweck sie im System des Rechts erfüllen. In diesem Abschnitt wird somit in der gebotenen Kürze und damit auch einhergehenden Verkürzung nach möglichen Definitionen in diesen Disziplinen gesucht, um einen theoretisch fundierten Begriff der Sanktion für die Zwecke der Arbeit zugrundelegen zu können. Während die Rechtstheorie Sanktionen unter dem Blickwinkel der Geltung des Rechts betrachtet, ist die rechtssoziologische Fragestellung auf die soziale Wirksamkeit von Normen bezogen.45 In beiden Teildisziplinen ist strittig, inwieweit Sanktionen notwendig für die Geltung bzw. für die Wirksamkeit des Rechts sind. Das hat auch Konsequenzen für den jeweils verwendeten Sanktionsbegriff.
44
Zu der konstativen und zugleich performativen Struktur der Inkraftsetzung von Recht in Bezug auf den Gründungsakt einer Institution Derrida, in: ders./Kittler, Politik des Eigennamens, S. 9 (10 ff.); siehe hierzu allgemein den „grammatischen Satz“ bei Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, Abschnitt 458, S. 423: „Der Befehl befiehlt seine Befolgung“. 45
Allgemein zum unterschiedlichen Fokus der Wissenschaftszweige instruktiv aus rechtsrealistischer, steuerungsorientierter Sicht Weber-Grellet, Rechtstheorie 2003, S. 157.
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1. Die Sanktion als Wirksamkeitsbedingung des Rechts: Rechtssoziologie Da in der Rechtssoziologie die Wirksamkeit der Normen von zentraler Bedeutung ist, ist ihr Sanktionsbegriff in der Regel weiter. So ist nach Parsons jede Reaktion des alter (des Sanktionsabsenders) auf die Erfüllung oder Nichterfüllung der Rollenerwartung des ego (des Sanktionsempfängers) eine Sanktion.46 Da dadurch – aus der Sicht des Sanktionsadressaten – letztlich jedes soziale Verhalten erfasst sein kann, welches in Reaktion auf ein Verhalten eines anderen erfolgt, und zwischenmenschliche Beziehungen zu komplex sind, als dass man feststellen könnte, welches Verhalten die ursprüngliche Aktion darstellte, ist es unmöglich, noch klar zwischen der (rechtmäßigen) Sanktion und dem sanktionsauslösenden (normwidrigen) Verhalten zu unterscheiden.47 Dementsprechend bestimmt Schumann soziale Sanktionen als alle „Reaktionen, mit denen ihr Absender absichtlich zum Verhalten ihres Empfängers wertend Stellung nimmt, sei es verbal beziehungsweise symbolisiert, oder dadurch, dass eine unausgesprochene Wertung als Begründung einer Teilnahmeveränderung dient […], sofern ihr Absender in der Gewissheit handeln kann, dass die zu seiner Kontrolle befugten Bezugsgruppen die Durchsetzung dieses Ausdrucks von Wertung stützen werden.“48 Für Schumann ist das zentrale Element der (sozialen) Sanktion also die ausdrückliche oder konkludente Bewertung des Verhaltens von ego durch alter. Diese Begriffsbestimmung begegnet dem Problem der Feststellbarkeit der Intention des Sanktionierenden, das sich Parsons Definition stellt. Aus denselben Gründen meint Spittler, dass Sanktionen als „Reaktionen auf Abweichungen von Verhaltensregelmäßigkeiten, durch die demonstriert wird, dass das abweichende Verhalten nicht hingenommen wird“, zu definieren seien.49 Dem entspricht auch Röhls Definition der Sanktion als Nachteil, der nicht automatisch eintritt, sondern durch den dem Abweichenden von seiner Umgebung bewusst demonstriert wird, dass man sein Verhalten nicht hinnehmen will.50 Während die Sanktion 46 47
Parsons, Social System, S. 38. Ausführlich K.F. Schumann, Zeichen der Unfreiheit, S. 40 ff.
48
K.F. Schumann, Zeichen der Unfreiheit, S. 61 [Hervorhebungen im Original]. Unter „Teilnahmeveränderung“ ist die Veränderung der Möglichkeiten der Teilnahme des Sanktionierten an den sozialen Prozessen zu verstehen. 49 50
Spittler, Norm und Sanktion, S. 22 [Hervorhebung weggelassen]. K.F. Röhl, Rechtssoziologie, S. 201.
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bei Parsons eine Reaktion auf jegliches Verhalten eines anderen ist, ist sie bei Schumann, Spittler und Röhl eine negative Reaktion auf eine Verhaltensabweichung. Damit ziehen letztere den Rahmen für den Begriff enger. Ähnlich bestimmt Luhmann die Sanktion, wenn er sie als nachträgliche (oder vorsorgliche) Durchsetzung einer enttäuschten Erwartung, als eine Strategie kontrafaktischer Erwartungsstabilisierung, als Einrichtung der Enttäuschungsabwicklung versteht.51 Die Enttäuschungserklärung in Form eines Schuldvorwurfes oder die präventive Intention der Sanktionierung ist für Luhmann dabei erst von sekundärer Bedeutung.52 Auch Habermas sieht in Sanktionen Mittel zur Erreichung von Stabilität von Verhaltenserwartungen.53 Damit korrespondiert seine grundlegende Definition des Rechts als „das moderne gesatzte Recht, das mit dem Anspruch auf systematische Begründung sowie verbindliche Interpretation und Durchsetzung auftritt“.54 Grundlegend sieht auch Rawls im Zwang und der Strafe Mittel zur Stabilisierung der gesellschaftlichen Zusammenarbeit und Verhältnisse in einer „wohlgeordneten Gesellschaft“.55 Der Zweck des Strafrechts ist für Rawls nicht die Verhaltenssteuerung, sondern die „Durchsetzung der grundlegenden natürlichen Pflichten“.56 Zusammenfassend kann man in der Soziologie von einem relativ gesicherten Begriff der Sanktion (bzw. des Zwangs) ausgehen, demzufolge sie als Mittel der Erwartungssicherung dient. Die Sanktion ist eine strategische Reaktion auf eine Erwartungsenttäuschung, also einen Normbruch.57 Ob sie darüber hinaus normkonformes Verhalten gerade bei dem aktuell Abweichenden erzielen und dessen Abweichung unterbinden soll, ist für einen soziologischen Rechtsbegriff nicht unbedingt von
51
Luhmann, Rechtssoziologie, S. 60 f., 100 f.; Luhmann, Soziale Systeme, S. 453; Luhmann, in ders., Ausdifferenzierung des Rechts, S. 113 (117). 52 53
K.F. Röhl, Rechtssoziologie, S. 241. Habermas, Faktizität und Geltung, S. 41.
54
Habermas, Faktizität und Geltung, S. 106 [Hervorhebung hinzugefügt]; dazu Ott/Mathis, ZSR 120 (2001), S. 399 (401). 55 56 57
Rawls, Theorie der Gerechtigkeit, S. 271 ff., 372, 625. Rawls, Theorie der Gerechtigkeit, S. 349.
So auch Maihofer, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 1 (1970), S. 11 (29).
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Bedeutung. Vielmehr kommt es auf die Bestätigung der Geltung der Norm selbst an: „Es kommt dem Recht also weniger darauf an, einen bestimmten Zustand durchzusetzen oder wiederherzustellen, als vielmehr die Erwartung selbst zu reetablieren.“58 Damit ist zunächst vor allem eine Aussage darüber getroffen, welche Funktion die Sanktion erfüllt, weniger aber, auf welchem Wege dies geschieht. Als Reaktion auf einen Normbruch kann die Enttäuschungserklärung nämlich auch nur in der reinen Verbalisierung der Enttäuschung liegen, um das Festhalten an der Norm für die Zukunft zu bestätigen.59 Wenn Luhmann von der (physischen) Gewalt bzw. der Gewaltbereitschaft als einem möglichen Modus der Enttäuschungsabwicklung spricht,60 die der „Darstellung des Festhaltens an der verletzten Erwartung“ dient, bietet er einerseits Anhaltspunkte zum Wirkungsmodus der Sanktion. Andererseits findet sich bei ihm die Möglichkeit, zwischen Sanktion und Zwang eine sinnvolle Unterscheidung zu finden. Die Sanktion ist zumindest auch gewaltsam,61 wobei von einem weiten Gewaltbegriff auszugehen ist, der die „abstrakte Bereitstellung physischer Gewalt“ meint, um die „Möglichkeit der Durchsetzung“ des Rechts zu schaffen.62 Hierzu findet sich bei Luhmann die Bestimmung der physischen Gewalt als „Substitution eigenen Handelns für unerreichbares Handeln anderer“ oder als „Anstoßen der Körper“.63 Während es der Gewalt um die Darstellung und Vergewisserung von Erwartungen für die Zukunft geht, deren Erfüllung nicht mehr unbedingt erforderlich ist, ist der Zwang alleinig Mittel zur Durchsetzung von Erwartungen im konkreten Fall.64 Auch, aber nicht allein physische Gewalt kann ein Mittel zur Durchsetzung darstellen. Der Zwang betrifft den Fall, wo die Erwartungserfüllung noch von einer eigenständigen Handlung des Normbrechers abhängig bleibt. Durch die Anwendung des Zwangs wird dieser zu norm58 59 60 61 62 63 64
Solte, ARSP 89 (2003), S. 519 (525). Luhmann, Rechtssoziologie, S. 58, 60. Luhmann, Rechtssoziologie, S. 107. Baraldi/Corsi/Esposito, GLU, Eintrag „Macht”, S. 114. Luhmann, Rechtssoziologie, S. 219 [Hervorhebung im Original]. Luhmann, Macht, S. 9 bzw. 61. Luhmann, Rechtssoziologie, S. 108 [Hervorhebung im Original].
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konformem Verhalten genötigt. Sowohl durch Gewalt als auch durch Zwang werden also Erwartungen stabilisiert. Da die Sanktion eine Strategie der Erwartungsstabilisierung ist, lassen sich nach Luhmann Zwang und Gewalt als Unterbegriffe der Sanktion verstehen. Sanktion und Zwang können demnach als im Verhältnis eines Allgemeinen zu seinem Besonderen stehende Begriffe verstanden werden. Weitere Hinweise für den Wirkungsmodus der Sanktion lassen sich bei Weber finden. Bei Weber spielt der Begriff der Sanktion selbst keine Rolle, dahingegen ist bei ihm jedoch der (Rechts-)Zwang von zentraler Bedeutung. Für ihn sind Recht nur direkt durch Zwang garantierte Normen.65 Im Unterschied zur Konvention und zum Brauch ist beim Recht der Eintritt der Zwangsmittel unmittelbare „Rechtsfolge“ der Normverletzung. Bei der Konvention mag er faktisch erfolgen, ist jedoch nicht rechtlich zwingend.66 Der Zwang wird dabei „durch ein auf Erzwingung der Innehaltung oder Ahndung der Verletzung gerichtetes Handeln eines e ig ens darauf eingestellten St ab es von Menschen“ ausgeübt und kann sowohl physischer wie auch psychischer Art sein.67 Webers Begriff des Zwangs lenkt den Blick auf die Frage, inwieweit es für die Bestimmung der Begriffe Zwang und Sanktion notwendig ist, auf das Sanktionssubjekt Bezug zu nehmen. Dies berührt das „Wie“ der Sanktion. Bei Weber unterscheidet sich der Rechtszwang von anderen Zwangsarten rein sozialer Herkunft durch den zur Ausübung des Zwanges ermächtigten Stab. Auch bei Luhmann findet man den „Erzwingungsstab“, der als Selektionsmechanismus der Rechtsdurchsetzung vorgelagert ist und dabei als Filter fungiert bei der Verfolgung des Normbruchs und der Durchsetzung des normgemäßen Verhaltens. Dieser Erzwingungsstab besteht konkret aus Polizei, Aufsichts- und Inspektionsdienst der öffentlichen Verwaltung und den Gerichten.68
65
Bzw. solche, die letzten Endes durch eine direkt durch Zwang garantierte Norm selbst garantiert werden, Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 183; dazu Zippelius, in: Badura/Deutsch/Roxin, Fischer Lexikon Recht, S. 10 (11). 66 67 68
Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 189 f. Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 17 [Sperrung im Original].
Luhmann, Rechtssoziologie, S. 275 ff.; Luhmann, Macht, S. 9; Lamnek, in: Endruweit/Trommsdorf, Wörterbuch der Soziologie, Eintrag „Sanktion“, S. 555; zum Zusammenspiel der jeweiligen sozialen Selektivität von Normen, Kontrolle und Erzwingungsstab R. König, in: Lüderssen/Sack, Abweichendes Verhalten I, S. 186 (204 ff.).
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2. Die Sanktion als Geltungsbedingung des Rechts a) Die Sanktion als ontologische oder phänomenologische Bedingung des Rechts: Rechtsphilosophie (i) Thomas Hobbes In der Rechtsphilosophie findet sich in diesem Zusammenhang schon bei Hobbes hierzu die Annahme, dass der Staat das zum Zwang ermächtigte Subjekt ist. Insgesamt lässt sich eine plastische Bestimmung des Begriffs Sanktion aus Hobbes’ Definition der Strafe ziehen: „Strafe ist ein Übel, welches dem Übertreter eines Gesetzes von seiten des Staates in der Absicht zugefügt wird, dass die Bürger abgeschreckt und zum Gehorsam bewogen werden.“69 Man kann folglich mehrere Elemente einer Strafe feststellen: Sie soll zum einen ein Übel darstellen, welches dem Gesetzesbrecher als Reaktion auf seinen Gesetzesverstoß widerfährt. Dieses Übel wird ihm zum anderen durch den Staat bzw. durch vom Staat hierzu Ermächtigte zugefügt. Und schließlich soll dieses Übel der Abschreckung nicht nur des Bestraften für die Zukunft, sondern aller Bürger dienen und sie zum Rechtsgehorsam zwingen. Es kommen also general- wie spezialpräventive Motive zur Geltung. Ganz entscheidendes Gewicht liegt auf der hinter der Strafe stehenden Intention, die Befolgung des Rechts auch gegen den Willen des Einzelnen durchzusetzen. Damit sind schon bei Hobbes die zentralen Elemente der Strafe genannt, wie sie später von Rechtsphilosophen verstanden wird.
(ii) Immanuel Kant So führen Kants Ausführungen zum Zwang zu einem ganz ähnlichen Ergebnis. Kant schreibt, dass Zwang „ein Hindernis oder Widerstand [ist], der der Freiheit geschieht“, und als solcher eine „Verhinderung eines Hindernisses der Freiheit“, wenn er gegen eine solche Freiheitsausübung gerichtet ist, die „selbst ein Hindernis der Freiheit nach allgemeinen Gesetzen (d.i. unrecht) ist“.70 Der Begriff des Zwangs selbst bleibt bei Kant im Grundsatz offen.71 Jedoch scheint er einen Begriff zugrunde zu legen, demzufolge sowohl die aktive Erzwingung des 69 70 71
Hobbes, Leviathan, 28. Kapitel, S. 258 [Hervorhebung weggelassen]. Kant, Metaphysik der Sitten, § D, S. 338 [Hervorhebung weggelassen]. Ebenso Höffe, in: ders., Metaphysische Anfangsgründe, S. 41 (56).
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rechtmäßigen Zustandes als auch die reaktive Bestrafung des rechtswidrigen Handelns erfasst ist. Ebenso könnten nur die allgemein der individuellen Freiheit gezogenen Grenzen des Handelns gemeint sein, die sich durch diese Begrenzung als Zwang spürbar machen, nicht in vollem Maße von seiner Freiheit Gebrauch machen zu können. Darauf scheint Kants Begriff des Rechts als der „Möglichkeit der Verknüpfung des allgemeinen wechselseitigen Zwanges mit jedermanns Freiheit“ hinzudeuten.72 Da jedoch „mit dem Rechte zugleich eine Befugnis“ verknüpft sei, „den, der ihm Abbruch tut, zu zwingen“, versteht Kant den Zwang auch als Handlung anderer gegenüber dem zu Zwingenden und nicht lediglich als Grenzziehung seiner Freiheit.73 Diese Zwangseinwirkung könnte zwar ebenso als Grenzziehung verstanden werden, ist aber mehr als nur eine Inhaltsbestimmung der Freiheit. Die Befugnis zu zwingen ist nicht als notwendige Bedingung für die Geltung des Rechts zu verstehen, sondern (lediglich) als Charakteristikum des subjektiven Rechts, vor und von einer Erzwingungsinstanz, also rechtsprechender und vollziehender Gewalt, erzwungen werden zu können.74 Mit dem Recht ist nämlich nur zugleich die Befugnis verknüpft zu zwingen. Damit wird lediglich eine Folge von Recht, nämlich die soeben beschriebene Berechtigung zur Durchsetzung des subjektiven Rechts, beschrieben, eine allgemeine Bestimmung des Rechts als notwendig durch Zwang bedingt scheidet hingegen aus.75 Dem entspre72
Kant, Metaphysik der Sitten, § E, S. 339; die allgemeinere, klassische Definition Kants, nach der Recht „der Inbegriff der Bedingungen [ist], unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des andern nach einem allgemeinen Gesetze der Freiheit zusammen vereinigt werden kann“, findet sich ebd., § B, S. 337. 73 Kant, Metaphysik der Sitten, § D, S. 339. Darüber hinaus stellt der Zwang keinen Gegensatz zur Freiheit dar, sondern ist vielmehr ihre Verwirklichung, Vosgerau, Rechtstheorie 1999, S. 227 (234). 74
Habermas, Faktizität und Geltung, S. 45; Kantorowicz, Begriff des Rechts, Anm. 11 zu S. 31; Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 198 f., 306; dem entspricht auch die Interpretation der Stellen in Kant, Metaphysik der Sitten, § E, S. 339 f.; ebd., § 49, S. 436; Kant, Über den Gemeinspruch, S. 146 ff. 75
Kersting, in: Dreier, Rechtspositivismus und Wertbezug des Rechts, S. 62 (68). Insofern ungenau: Henkel, Einführung in die Rechtsphilosophie, S. 95, der den subjektivrechtlichen Charakter des Zwanges nicht sieht. Ebenso nicht präzise in dieser Hinsicht: Luhmann, in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts, S. 154 (160) (dazu näher sogleich, Fn. 78); und Höffe, in: ders., Metaphysische Anfangsgründe, S. 41 (55), der zwar einerseits den Umstand umschreibt, dass der Einzelne rechtlich befugt ist, eine eventuell vorhandene rechtliche Befugnis
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1. Kapitel
chen Ausführungen Kants an anderer Stelle. So schreibt er: „Ein jedes Glied des gemeinen Wesens hat gegen jedes andere Zwangsrechte“,76 und erläutert das durch die „Befugnis, jeden anderen zu zwingen, damit er innerhalb den Grenzen der Einstimmung des Gebrauchs seiner Freiheit mit der meinigen bleibe“.77 Die Verteidigung eines individuellen Freiheitsraumes gegen andere, kann sich nur auf ein subjektiv zustehendes Recht beziehen, nicht hingegen auf das Recht als solches, da dieser legitime Zwang seine Grenze im Freiheitsraum des Anderen finden muss und sich dementsprechend nur auf die eigene Freiheitssphäre, welche in der juristischen Terminologie durch subjektive Rechte gekennzeichnet ist, beziehen kann.78 Insofern entspricht dieses Verständnis der Kantschen Formulierung der Definition des subjektiven Rechts bei Max Weber, nach welcher ein subjektives Recht zu haben, bedeutet, „die durch den einverständnismäßig geltenden Sinn einer Rechtsnorm faktisch garantierte Chance [zu haben], für bestimmte (ideelle oder materielle) Interessen die Hilfe eines dafür bereitstehenden „Zwangsapparates“ zu erlangen“.79
zu erzwingen, dabei jedoch immer noch allgemein von der „Verknüpfung des Rechts mit der Zwangsbefugnis“ [Hervorhebung hinzugefügt] spricht. Die „rechtliche Befugnis“, die erzwungen werden darf, ist nichts anderes als das subjektive Recht, was auch Höffe später schreibt, ohne dies jedoch zum Anlass einer Präzisierung zu nehmen, ebd., S. 41 (57). Auffallend ist die irreführende Umformulierung der Kantschen Definition bei Steinvorth, Logos n.F. 1 (1994), S. 321, passim, der schon im Titel seines Beitrages von der „Befugnis des Rechts zu zwingen“ schreibt (statt – wie Kant – von der mit dem Recht verknüpften Befugnis zu zwingen) und sich damit der Möglichkeit begibt, die hier vertretene Auffassung zumindest zu diskutieren; zur Kritik im Weiteren: Geismann, Logos n.F. 2 (1995), S. 187. Im Ergebnis wie hier: J.P. Müller, in: Höffe, Metaphysische Anfangsgründe, S. 257 (269), der jedoch nicht den Unterschied zwischen subjektivem Recht im Besonderen und (objektivem) Recht im Allgemeinen herausarbeitet, sondern vielmehr auf das Zwingende des Rechts „kraft seiner inneren Autorität als Vernunftrecht“ abstellt. 76 77
Kant, Über den Gemeinspruch, S. 146. Kant, Über den Gemeinspruch, S. 148.
78
Luhmann, in: ders., Ausdifferenzierung des Rechts, S. 154 (160 ff.), beschreibt dies überzeugend, geht jedoch weiter davon aus, dass Kant den „Rechtszwang nach dem Satze des Widerspruchs als einen Bestandteil des Rechtsbegriffs“ ansieht [Hervorhebung hinzugefügt]. 79
Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, S. 184. Dazu näher J. Schmidt, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 1 (1970), S. 299 (303 ff.).
Theoretische Grundlagen
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Dieser Zwang kann bei Kant wiederum nicht nur – wie manchmal angenommen – ein rein durch die Vernunft wirkender ideeller Zwang sein, wie wir ihm beim „Zwang“ des besseren Arguments in der Tradition der Diskurstheorie begegnen.80 Es muss sich um die nötigenfalls gewaltsame Durchsetzung eines individuellen Freiheitsraumes gegenüber anderen handeln, da sich sonst die Begriffe der „Zwangsrechte“, welche dem Rechtsinhaber zustehen, und der „Befugnis, jeden anderen zu zwingen“, in der Befugnis zu argumentieren erschöpften, um den Anderen zur Einsicht in die individuelle Freiheit zu bewegen. Diese Interpretation würde eine Reaktion auf eine Rechtsverletzung durch einen anderen lediglich im Wege der Überzeugung zulassen.81 Das kann jedoch nicht der Sinn der Aussage Kants sein, dass derjenige, der einem Recht Abbruch tut, gezwungen werden darf, da „Zwang“ bei Kant ein „Hindernis oder Widerstand, der der Freiheit geschieht“, ist.82 Ein Argument ist noch kein Hindernis für die Freiheit eines anderen. Die mit dem Recht verbundene Befugnis zu zwingen ist somit die Legalisierung des – nötigenfalls gewaltsamen – Zwangs gegen Unrechtshandlungen, die „Erlaubnis zur Verteidigung des eigenen gesetzlichen Freiheitsraumes“.83 Auf der anderen Seite stellt für Kant das oberste Sittengesetz des Menschen als Ausfluss der praktischen Vernunft ebenso einen Zwang für den Willen des Einzelnen dar, insofern es als kategorischer Imperativ der subjektiven Willkür im Wege der intellektuellen Nötigung Widerstand entgegensetzt.84 Hieraus könnte gefolgert werden, dass für Kant Zwang als intellektuelle Beschränkung der Freiheit des Einzelnen in Hinblick auf die Verwirklichung des Rechts objektiv und von außen 80
So aber J.P. Müller, in: Höffe, Metaphysische Anfangsgründe, S. 257 (260); noch weiter Rossi, in: Hüning/Tuschling, Recht, Staat und Völkerrecht bei Kant, S. 13 (25 ff., 33). Zur „Zwanglosigkeit des zur Überzeugungskraft sublimierten Zwangs einleuchtender Gründe“: Habermas, Faktizität und Geltung, S. 41. 81
Darauf deutet auch hin J.P. Müller, in: Höffe, Metaphysische Anfangsgründe, S. 257 (268). 82 83 84
Kant, Metaphysik der Sitten, § D, S. 338. Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 106.
Kant, Kritik der praktischen Vernunft, Anmerkung zu § 7, S. 143; diesen zwangsmäßigen Aspekt scheint Rossi, in: Hüning/Tuschling, Recht, Staat und Völkerrecht bei Kant, S. 13 (14, 17 ff.), zu übersehen, wenn er die Sittlichkeit, Moralität („morality“), bei Kant auf die „non-coercive power“ der rationalen Selbstgesetzgebung stützt.
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1. Kapitel
wirkt. Damit wäre aber der Zusammenhang zwischen Sittengesetz und individueller Freiheit übersehen. So ist nämlich das moralische Gesetz nach Kant nichts anderes als der Ausdruck der Freiheit des Individuums, seiner gesetzgebenden Autonomie. Erst die Freiheit des Einzelnen schafft die Bedingung für die Setzung des moralischen Gesetzes.85 Wenn der kategorische Imperativ des „Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne“86, als intellektueller Zwang für die Freiheit des Einzelnen verstanden wird, ist mit dem Zwang lediglich die Beugung des Einzelnen unter das von ihm selbst vernünftig gesetzte moralische Gesetz gemeint.87 Anders als im Bereich der sinnlich wahrnehmbaren, empirischen, der phänomenalen Welt, wo der Mensch den Zwängen der Naturgesetze unterworfen ist, ist das Individuum im Bereich der intelligiblen, noumenalen Welt, in der Welt der „Dinge an sich“88, – und hier befinden wir uns, wenn es um Fragen der individuellen Handlungsausrichtung nach Pflichten, also um Pflicht und Neigung geht – lediglich dem eigenen Zwang unterworfen, der sich in selbstgesetzlichem Verhalten ausdrückt.89 Denn die Natur des Menschen liegt in seiner Freiheit.90 85 86 87
Kant, Kritik der praktischen Vernunft, § 8, S. 144. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, § 7, S. 140. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 202.
88
Kant, Kritik der reinen Vernunft, passim, insbesondere S. 27 ff.: „Dinge an sich selbst“. Dem liegt die Unterscheidung zwischen den Erkenntnissen a posteriori, der Erfahrung, und den von Sinneseindrücken unabhängigen Erkenntnissen a priori zugrunde, ebd., S. 45. Hierzu Gulyga, Immanuel Kant, S. 142 ff. 89 90
Deggau, Aporien der Rechtslehre Kants, S. 58.
Gulyga, Immanuel Kant, S. 189. Zu Kants „Dritter Antinomie“, also zur These der Freiheit des Menschen und ihrer Antithese der naturgesetzlichen Notwendigkeit: Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 426 ff. Zur Synthese in der Unterscheidung zwischen phänomenaler und noumenaler Welt: Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 488 ff.; ebenso Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 155 ff. Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 95 ff., unterscheidet entsprechend zwischen der in der Natur herrschenden Notwendigkeit und der in der Gesellschaft herrschenden Freiheit des Menschen als sittliche Persönlichkeit. In ersterer gelte das Prinzip der Kausalität, in letzterer das der Zurechnung. Dem Prinzip der Zurechnung bei Kelsen entspricht weitgehend das Prinzip der Kausalität durch Freiheit bei Kant, Kritik der reinen Vernunft, S. 428, der aber in seiner Synthese auch schon von Zurechnung spricht, ebd., S. 503 f. Siehe zu den (vermeintlichen) Unterschieden jedoch die Anmerkung bei Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 102 ff.
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Das ist auch die Bedeutung der Worte, welche in der „Kritik der praktischen Vernunft“ den Beschluss einleiten und auf der Gedenktafel in Kants Grabmal in Königsberg zu finden sind: „Zwei Dinge erfüllen das Gemüt mit immer neuer und zunehmenden [sic!] Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken damit beschäftigt: Der bestirnte Himmel über mir, und das moralische Gesetz in mir.“91 Damit müssen wir bei Kant den inneren Zwang der moralischen Handlung, welcher Ausdruck der selbstgesetzlichen Freiheit in der noumenalen Welt ist, vom äußeren – gegebenenfalls gewaltsamen – Zwang unterscheiden, welcher durch hierzu Ermächtigte gegenüber dem Rechtsbrechenden als Teil der phänomenalen Welt ausgeübt wird.92 Gegenstand dieser Arbeit ist nur der letztgenannte Zwang. Dem entspricht auch die einzelne Verwendung des Begriffes der Sanktionen bei Kant, wo er diese als „willkürliche für sich selbst zufällige Verordnungen, eines fremden Willens“ definiert in Abgrenzung zu den aus der autonomen Gesetzgebung des Einzelnen fließenden Pflichten des moralischen Gesetzes.93 Die Sanktionen sind die äußeren Zwänge, die zu einer Verhaltensanpassung des Individuums an eine Norm führen sollen, wohingegen das moralische Gesetz des kategorischen Imperativs den inneren Zwang hierzu ausübt. Jedoch ist aus dem Vorstehenden keine nähere Definition der Sanktion für die Zwecke der Arbeit möglich, entspricht Kants Verwendung des Begriffes im vorliegenden Zusammenhang doch dem im etymologischen Abschnitt dargestellten Verständnis der Sanktion als Inkraftsetzung eines Rechtsakts durch abschließende Bekräftigung.94 Dasselbe gilt – noch deutlicher – für die Erwähnung der pragmatischen Sanktion in einer Anmerkung zu seiner Grundlegung.95 Kant scheint sich hier vor allem auf die Pragmatische Sanktion Kaiser Karls VI. vom 19. April 1713 zu beziehen, in welcher dieser die Unteilbarkeit der habsburgischen Länder und die weibliche Erbfolge im Hause Habsburg
91
Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 300. Zur Ehrfurcht vor dem moralischen Gesetz kritisch näher Jonas, Das Prinzip Verantwortung, S. 167 ff. 92 93 94 95
Deggau, Aporien der Rechtslehre Kants, S. 58 f. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 261. Siehe hierzu 1. Kapitel A. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 46.
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1. Kapitel
festlegte.96 Darauf deutet historisch der Umstand hin, dass Kant die österreichischen Erbfolgekriege unmittelbar miterleben konnte, und inhaltlich sein Verständnis der pragmatischen Sanktion als „Vorsorge für die allgemeine Wohlfahrt“.97 Ebenso betrifft die von Kant erwähnte „Sanktion eines öffentlichen Gesetzes“ die Inkraftsetzung einer Rechtsposition und nicht die Verhängung eines Zwangsaktes gegen eine rechtswidrige Verhaltensweise, auch wenn die Rechtsposition erst durch eine „dies Recht ausübende Gewalt gesichert“ wird.98 Hier ist wieder die mit dem subjektiven Recht verbundene Befugnis zu zwingen gemeint. Weiterführend ist Kants Bestimmung der Strafe als physisches Übel, welches der Glückseligkeit des Einzelnen Abbruch tut und bei Übertretung des sittlichen Gesetzes zu verhängen ist.99 Da das sittliche Gesetz des kategorischen Imperativs als Subjekt wie als Objekt neben dem Einzelnen die Allgemeinheit betrifft, ist es die letztere, welche die Strafe zu verhängen hat, wenn der Einzelne dem sittlichen Gesetz zuwider handelt.100 Dies folgt aus der Pflicht, den Menschen und die Allgemeinheit stets selbst als Zweck der Glückseligkeit und nicht bloß als Mittel 96
Siehe hierzu Becker, in: Handwörterbuch zur deutschen Rechtsgeschichte, Bd. 3, 24. Lieferung (1984), Eintrag „Pragmatische Sanktion“, Sp. 1864 ff. Schon früher – wohl seit Justinians pragmatischer Sanktion von 554 – war dieses Mittel von Herrschern genutzt worden, um bestimmte Rechtsfragen, häufig der Erbfolge oder des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche, eindeutig zu klären, so z.B. in der pragmatischen Sanktion von Bourges durch König Karl VII. vom 7. Juli 1438, in welcher er die Geltung päpstlicher Erlasse für französische Kirchen von seiner Zustimmung abhängig machte. 97
Möglich ist auch, dass Kant sich auf die später im Jahre 1789 von den cortes, der spanischen parlamentarischen Versammlung, geforderte pragmatische Sanktion bezieht, nach welcher die Möglichkeit einer weiblichen Thronfolge für Spanien vorgesehen werden sollte. Zum Zeitpunkt, als er die Grundlegung schrieb (1785), wurde diese schon diskutiert und war damit aktuell, auch wenn sie erst am 29. März 1830 von König Ferdinand VII. verkündet wurde. Inwieweit Kant in der Anmerkung mit einer doppeldeutigen Verwendung des Terminus „Vorsorge für die allgemeine Wohlfahrt“ als Zweck der pragmatischen Sanktion zum spanischen Erbfolgerecht politisch Stellung nehmen wollte, muss hier der Spekulation überlassen bleiben. 98 99 100
Kant, Metaphysik der Sitten, § 44, S. 431. Kant, Kritik der praktischen Vernunft, Anmerkung II zu § 8, S. 150.
Rossi, in: Hüning/Tuschling, Recht, Staat und Völkerrecht bei Kant, S. 13 (19 f.).
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dazu anzusehen.101 Das sanktionierende Subjekt beschreibt Kant nicht ausführlich. Jedoch steht zuallererst der vollziehenden Gewalt im Staat das „Vermögen [zu], dem Gesetze gemäß zu zwingen“.102 Also ordnet Kant die Sanktionierung rechtswidrigen Verhaltens einem Organ der exekutiven Gewalt zu. Im Grundsatz handelt es sich dabei um den Regenten, den „Agenten des Staats“, welcher der staatlichen Behördenorganisation vorsteht.103 Zusammenfassend ist für Kant der Zwang in Form der Strafe eine die Freiheit des Einzelnen beschränkende Reaktion anderer auf einen Rechtsbruch des Einzelnen mit der Folge, die rechtskonforme Verhaltensweise beim Verletzer zur Geltung zu bringen bzw. ihn für den Rechtsbruch zu bestrafen. Damit beschreibt er den Zwang so, wie Hobbes die Strafe versteht, nämlich als Reaktion anderer auf einen Gesetzesverstoß, mit welcher dem Recht wieder zur Geltung verholfen werden soll. Dabei ist das Übel bei Hobbes das Hindernis für die Freiheit bei Kant, welches im Falle der Strafe als physisches Übel wirkt.
(iii) Georg Wilhelm Friedrich Hegel Ähnlich wie bei Kant ist auch bei Hegel der Begriff des Zwangs zentral für seine Rechtsphilosophie. Dabei ist Zwang „Gewalt gegen ein natürliches Dasein, worin ein Wille gelegt ist“.104 Hier ist eine – wohl bewusste – Doppeldeutigkeit bei Hegel zu erkennen, da einerseits ein Wille in das „natürliche Dasein“ gelegt sein kann. Das bedeutete, dass Zwang nur gegen den freien Willen des Menschen ausgeübt werden könnte, da nur dieser ein „natürliches Dasein“ besitzt, in welches „ein Wille gelegt ist“.105 Zum anderen kann es auch bedeuten, dass die Gewalt zielgerichtet, willensgelenkt sein muss, um als Zwang qualifiziert 101
Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 61; Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 263. 102 Kant, Metaphysik der Sitten, § 49, S. 436. Zur Idee der Gewaltenteilung und der rechtlichen Verfasstheit des Staates bei Kant siehe Ludwig, in: Höffe, Metaphysische Anfangsgründe, S. 173; zur Frage, wozu der Staat den Bürger zwingen darf, siehe Merle, in: Höffe, Metaphysische Anfangsgründe, S. 195. 103 Kant, Metaphysik der Sitten, § 49, S. 435; hierzu Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 403; J.P. Müller, in: Höffe, Metaphysische Anfangsgründe, S. 257 (269); Deggau, Aporien der Rechtslehre Kants, S. 254 f. 104 105
Hegel, Philosophie des Rechts, Anmerkung zu § 92/93, S. 179. Dazu Hegel, Philosophie des Rechts, § 4, S. 46 ff.
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zu werden. Letztlich wird Hegel beide Interpretationen gemeint haben, sodass man den Zwang bei ihm auch als zweckgerichtete Gewalt gegen Menschen bestimmen kann.106 Der Zwang ist, da er sich gegen den freien Willen des Einzelnen richtet, „abstrakt genommen, unrechtlich“.107 Er kann nur durch einen „zweiten Zwang“ aufgehoben werden, der nun ein rechtlicher ist, was den freien Willen wiederherstellt.108 Damit ist die Grundlage für Hegels Bestimmung der Aufgabe der Strafe, das Recht wiederherzustellen,109 geschaffen. Die Strafe soll Rechtskonformität erzwingen, da sie verdeutlichen muss, dass die verletzte Norm weiterhin gilt,110 um die Unverbrüchlichkeit der Rechtsordnung durch die Bestätigung der Norm zu verteidigen.111 Die Einstellung des Rechtsbrechers gegenüber dem Recht muss als unberechtigt verworfen werden.112 Die Strafe wird bei Hegel dialektisch zur Negation der Negation, zur Verletzung der Verletzung, zum Widerspruch gegen die Verneinung des Rechts.113 Dieser Widerspruch gegen den Normbruch erfolgt auf Kosten desjenigen, der für den Normbruch verantwortlich ist. Da das Recht „Dasein des freien Willens“ ist,114 ist die Rechtsverletzung „Gewalt gegen das Dasein meiner Freiheit in einer äußerlichen Sache“.115 Gegen die Negation der Freiheit durch den ersten, unrechtmä-
106 107
Mohr, in: Siep, Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 95 (101). Hegel, Philosophie des Rechts, § 92, S. 179 [Hervorhebung im Original].
108
Hegel, Philosophie des Rechts, § 93, S. 179; dazu Peperzak, Modern Freedom, S. 283, 287; Mohr, in: Siep, Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 95 (102). 109 110 111
Hegel, Philosophie des Rechts, § 220, S. 374. Mohr, in: Siep, Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 95 (107). Peperzak, Modern Freedom, S. 287.
112
Hegel, Philosophie des Rechts, § 99, S. 187 ff.; Peperzak, Modern Freedom, S. 293. 113
Hegel, Philosophie des Rechts, § 97, S. 185 f., § 101, S.192 ; dazu Maihofer, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 1 (1970), S. 11 (29 f.); Mohr, in: Siep, Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 95 (98). 114
Hegel, Philosophie des Rechts, § 29, S. 80 [Hervorhebung im Original]; dazu Buchwalter, in: Schomberg/Baynes, Discourse and Democracy, S. 129 (137), der die Unterschiede zu Kants – und Habermas’ – Begriff des Rechts herausarbeitet. 115
Hegel, Philosophie des Rechts, § 94, S. 180 [Hervorhebung im Original].
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ßigen Zwang richtet sich die zweite Negation in Form des „zweiten“, rechtmäßigen Zwanges.116 Damit wird deutlich, dass der Zwang bei Hegel mit dem Recht verbunden, jedoch nicht analytisch zentrales Element des Rechts als solchem ist. Vielmehr ist der Zwang bei Hegel Folge von Recht.117 Wie versucht wurde zu zeigen, ist dieser Gedanke auch bei Kant anzutreffen.118 Im Unterschied zu Kant wird er bei Hegel jedoch deutlicher formuliert. Bedeutsam ist an dieser Stelle, dass die dialektische Auflösung des Unrechts durch berechtigten Zwang schon bei Kant zu finden ist, wenn dieser vom Zwang als der „Verhinderung eines Hindernisses der Freiheit“ spricht.119
(iv) Als Zwischenergebnis: Arthur Schopenhauer Entsprechendes findet sich bei Schopenhauer, wenn er das Recht als die Negation des Unrechts bezeichnet und die Wiederherstellung des Rechts auch bei ihm die Negation der Negation ist. Die Negation der Negation ist für Schopenhauer zugleich mit einem Zwangsrecht bewehrt, um den Rechtsbrecher dazu zu zwingen, dass er von seiner Verneinung des Rechts Abstand nimmt.120 Damit ist bei Hobbes, Kant und Hegel, ebenso wie bei Schopenhauer, die Sanktion eine nachteilige Folge für denjenigen, der gegen das Recht verstoßen hat, um dem Recht entgegen dem Verstoß wieder zur Geltung zu verhelfen, indem die nachteilige Folge (bei Hobbes das Übel, bei Kant das Hindernis für die Freiheit) dem Einzelnen wie auch der Gesamtheit der Rechtsunterworfenen demonstriert, dass die Rechtsordnung trotz des Verstoßes nach wie vor auch für die Zukunft Geltung beansprucht. Oder, um es in der Terminologie der modernen (Rechts-)Soziologie auszudrücken: Die Sanktion dient dazu, die im Recht ausgedrückten kontrafaktischen Verhaltenserwartungen zu stabi-
116
Peperzak, Modern Freedom, S. 284 f.
117
Hegel, Philosophie des Rechts, § 94, S. 180; Peperzak, Modern Freedom, S. 283; Mohr, in: Siep, Grundlinien der Philosophie des Rechts, S. 95 (103). 118
Text bei Fn. 74.
119
Hierzu Kersting, Wohlgeordnete Freiheit, S. 105 f., Lisser, Begriff des Rechts bei Kant, S. 44, und oben, bei Fn. 70. 120
Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, 4. Buch.
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1. Kapitel
lisieren.121 Die nachteilige Folge für das Individuum schließt die Ausübung physischen Zwangs ein.122 Das verdeutlicht, dass anders als in der Rechtssoziologie die Rechtsphilosophie keine Entscheidung darüber trifft, wer die Sanktion zu verhängen hat, sondern nur, gegen wen sie verhängt wird und welche Funktion sie hat. In der Beschreibung ihrer Funktion unterscheiden sich Philosophie und Soziologie jedoch nicht.
b) Die Sanktion als analytisch-logischer Bestandteil des Rechtsbegriffs: Rechtstheorie In der Rechtstheorie spielt der Begriff der Sanktion eine spezifische Rolle in der Diskussion darum, ob Sanktionen notwendige Bedingungen einer Rechtsordnung sind. Für die Reine Rechtslehre ist die Sanktion, das Zwangsmoment, das entscheidende Kriterium anhand dessen die Rechtsordnung von anderen Gesellschaftsordnungen zu unterscheiden ist.123 Ist das als Sanktion fungierende Übel gegen den Willen des Betroffenen – im Falle des Widerstandes auch mit Gewalt – durchzusetzen, spricht Kelsen von einem Zwangsakt.124 Dabei gibt es zwei Arten von Zwangsakten:125 Solche, die als Reaktion gegen eine von der Rechtsordnung bestimmte Handlung oder Unterlassung statuiert sind, das sind die Sanktionen im engeren Sinne, und solche, die sich nicht gegen eine bestimmte Handlung oder Unterlassung eines Individuums richten, sondern eine Reaktion gegen sozial unerwünschte Tatbestände darstellen, wie z.B. die Entziehung von Eigentum im öffentlichen Interesse. Sie weisen damit nicht den Charakter einer Sanktion im spezifischen Sinne auf. Die Sanktionen im spezifischen Sinne lassen sich in Strafen und Exekution aufteilen. Beide bestehen in der zwangsweisen Zufügung eines Übels bzw. der zwangsweisen Entziehung eines Gutes. Die Exekution, oder auch: Zwangsvollstreckung, unterscheidet sich von der Strafe dadurch, das sie zur Gut-
121 122 123 124 125
Hierzu oben, 1. Kapitel B.I.1. Alexy, Begriff und Geltung des Rechts, S. 141. Siehe nur Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 36. Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 27. Zum Folgenden Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 114.
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machung des Unrechts erfolgt, zur (Wieder-)Herstellung des rechtmäßigen Zustands.126 Die Sanktion wird also als ein Übel verstanden, als eine nachteilige Rechtsfolge, die gegen denjenigen ausgesprochen und gegebenenfalls auch mit Gewalt durchgesetzt wird, der gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen hat. Die Rechtsfolge besteht in der Entziehung bestimmter (Rechts-)Güter.127 Das die Sanktion konstituierende Übel ist nicht notwendig vom Sanktionierten als ein solches wahrzunehmen, um seinen Charakter als Sanktion beizubehalten. Nur normalerweise wird der Sanktionsadressat die Sanktion auch als Übel empfinden.128 Bei Kelsen ist anders als bei Parsons die Wahrnehmung des Sanktionierten nicht entscheidend für die Qualifizierung eines menschlichen Verhaltens als Sanktion. Die Sanktion ist bei Kelsen als gesollt bedingt durch das Gegenteil des gebotenen Verhaltens. Die Sanktion knüpft an ein von einer Norm abweichendes Verhalten an.129 Davon unterscheidet die Reine Rechtslehre noch einen weiteren Sanktionsbegriff, demzufolge die Sanktion nicht nur eine solche reine Unrechtsfolge ist, sondern auch einen Akt gegen sozial unerwünschte Sachverhalte darstellen kann. Hiervon erfasst sind nach Kelsen präventive Zwangsmaßnahmen, wie z.B. der Sicherheits-
126
Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 115.
127
Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 26. Diese Güter sind bspw. „Leben, Gesundheit, Freiheit, Ehre, wirtschaftliche Werte“, ebd. 128
Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 34; hierzu auch Weinberger, in: Lenk, Normenlogik, S. 89 (93). 129
Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 26: „Das Gesollt-sein der Sanktion schließt das Verboten-sein des Verhaltens, das ihre spezifische Bedingung ist, das Geboten-sein seines Gegenteils in sich. Dabei ist zu beachten, dass mit „Geboten-“ oder „Verboten“-sein eines bestimmten Verhaltens nicht das Gesollt-sein dieses Verhaltens oder seines Gegenteils, sondern das Gesollt-sein der Folge dieses Verhaltens, das ist: der Sanktion, gemeint ist. Das gebotene Verhalten ist nicht das gesollte Verhalten; gesollt ist die Sanktion. Das Geboten-sein eines Verhaltens bedeutet, dass das Gegenteil dieses Verhaltens Bedingung des Gesollt-seins der Sanktion ist.“ Zu dem hier zugrunde liegenden Verständnis Kelsens vom Staat als Willenssubjekt des Rechts und vom Willen als einer mit „e i n e r e i g e n e n A k t i v i t ä t d e s Wo l l e n d e n “ (Kelsen, Hauptprobleme der Staatsrechtslehre, S. 110, Sperrung im Original) verbundenen Vorstellung eines künftigen Vorgangs oder Zustands, siehe kritisch Weinberger, in: Lenk, Normenlogik, S. 89 (103 ff.).
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1. Kapitel
gewahrsam, und solche auf Grund eines Verdachts, wo das Unrecht noch nicht rechtlich festgestellt ist.130 Die Sanktion wird von einem durch die Rechtsordnung dazu ermächtigten Individuum verhängt, welches dann als Organ der Rechtsordnung handelt. Als gesellschaftlich organisierte Sanktionen werden sie der durch die Rechtsordnung konstituierten Rechtsgemeinschaft zugeschrieben.131 Der Zweck der Sanktion ist die Vergeltung des Verhaltens, was sowohl positiv durch Belohnung als auch negativ durch Strafe geschehen kann.132 Man kann unterscheiden zwischen Sanktionen, die von den Einzelnen bzw. der Gemeinschaft gegen den Normbrecher verhängt werden, und solchen, die durch eine Institution verhängt werden. Relevant ist hierbei eine weitere Unterscheidung, nämlich jene nach der Ermächtigung zur Sanktionierung. Unbestritten bedarf die Sanktionierung durch eine Institution als Hoheitsausübung in einem rechtsstaatlichen System einer rechtlichen Ermächtigung.133 Die Sanktionierung durch Einzelne im Rahmen einer rein sozialen Sanktion ist dagegen unabhängig von einer solchen Ermächtigung. Wo das Rechtssystem den Einzelnen ermächtigt, gegen Normverstöße eines anderen vorzugehen, kann man wiederum von einer rechtlichen Sanktion reden. Ein Beispiel hierfür könnte die Klage auf Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB darstellen.134 Ob ein solcher Mechanismus im europarechtlichen Kontext als Sanktion anzusehen ist, wird eine Betrachtung der Frage der Sanktionsqualität zivilrechtlicher Schadensersatzansprüche zeigen. Jedenfalls scheint der 130 131 132 133 134
Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 42 f. Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 38. Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 26. Siehe nur Denninger, in: FS Lüderssen, S. 41 (47 f.).
Zwar ist dieser Anspruch vorrangig auf Schadensausgleich gerichtet. Er hat jedoch auch die Funktion, für Genugtuung beim Geschädigten zu sorgen, wenngleich der Sühnegedanke im Schadensersatzrecht des BGB nicht tragfähig ist; BGHZ 18, 149 (Großer Zivilsenat); BGH, NJW 1995, S. 781; BGH, NJW 1993, S. 781; Palandt (55. Aufl., 1996)-Thomas, § 847, Rn. 4; bzw. nach Aufhebung des § 847 BGB und Einfügung des neuen § 253 Abs. 2 BGB nun PalandtHeinrichs, § 253, Rn. 11; mit guten Gründen kritisch G. Wagner, JZ 2004, S. 319 (321). Hinzu tritt die reine – jedoch erwünschte – Nebenfolge der Prävention, Palandt-Heinrichs, § 253, Rn. 10. Zu denken wäre auch an die Leistung von punitive damages, wie sie aus dem amerikanischen Rechtskreis bekannt ist. Zur Unterscheidung zwischen restitutiven und repressiven/ punitiven Sanktionen sogleich.
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Gerichtshof einem Verständnis zuzuneigen, nach welchem eine zivilrechtliche Haftung, die über den bloßen Schadensersatz hinausgeht und abschreckend ist, auch eine Sanktion darstellt.135 Man kann also von rechtlichen Sanktionen, für welche ein Rechtsstab oder ein Einzelner ermächtigt wird, und (rein) sozialen Sanktionen sprechen, für welche eine Ermächtigung nicht vorliegt und auch angesichts der Art der Sanktionierung nicht gegeben sein muss. Die Sanktion hat soziologisch den Zweck der kontrafaktischen Normstabilisierung und kann – als Unrechtsfolge – durch einen hierzu ermächtigten Rechtsstab oder hierzu ermächtigte Einzelne verhängt werden. Die Sanktion besteht dabei in der Entziehung bestimmter Rechtsgüter.
II. Weitere Unterscheidungen Den Erkenntnissen der Soziologie folgend kann man darüber hinaus positive von negativen sowie repressive von restitutiven und präventiven Sanktionen unterscheiden.136
1. Positive und negative Sanktionen Die erste Unterscheidung lässt sich vereinfachend als eine nach Belohnungen und Strafen verstehen.137 Positive lassen sich von negativen Sanktionen nach der Art der Einflussnahme auf den zu Sanktionierenden abgrenzen. Positive Sanktionen bieten Anreize für eine bestimmte, vom Sanktionierenden gewollte Verhaltensweise. Negative Sanktionen 135 Näher unten, unter 4. Kapitel C.III., zu EuGH, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891, Rn. 28. 136
Lamnek, in: Reinhold, Soziologie-Lexikon, Eintrag „Sanktion“, S. 545; Luhmann, Macht, S 23 f.; Raiser, Das lebende Recht, S. 229 ff. 137
So beispielsweise die Überschrift des 28. Kapitels bei Hobbes, Leviathan, S. 258: „Von Strafen und Belohnungen“; ebenso Wittgenstein, Tractatus logicophilosophicus, Satz Nr. 6.422, S. 83 (zur Ethik); Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 26; Kant, Kritik der praktischen Vernunft, Anmerkung II zu § 8, S. 151; bei Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, S. 65, – kritisch, weil nicht der autonomen, aber allgemeinen Gesetzgebung des Einzelnen entspringend –: „Reiz oder Zwang“. Normkonformes Verhalten aufgrund dieser Anreize entspricht dementsprechend nach Kant, Kritik der praktischen Vernunft, S. 191, der Legalität, aber nicht der Moralität.
32
1. Kapitel
sind Reaktionen des Sanktionierenden auf von ihm nicht gewünschte Verhaltensweisen.138 Beispiel für eine positive Sanktion wäre die Gewährung einer Beihilfe für ein bestimmtes Investitionsvorhaben. Die Auferlegung einer Geldbuße oder einer Freiheitsstrafe ist eine negative Sanktion. Die positive Sanktion enthält demnach ein Element der Freiwilligkeit des Sanktionierten, dem es überlassen bleibt, sein Verhalten dem gewünschten Verhalten anzupassen,139 während sich die negative Sanktion unabhängig vom Willen des Sanktionierten aktualisiert. Dagegen unterscheiden sich nach Parsons positive und negative Sanktionen danach, ob sie von ego (dem Sanktionsempfänger) als „gratifications-promoting or depriving“ gefühlt werden, also als „Bedürfnisbefriedigung fördernd“, als belohnend, begünstigend, oder als „Bedürfnisbefriedigung entziehend“, als benachteiligend, wahrgenommen werden. Demnach ist nicht entscheidend, welche Intention der Sanktionsabsender alter mit seiner Sanktion verfolgt, sondern nur, wie sie vom Empfänger wahrgenommen wird und dass sie eine bewusste Reaktion von alter ist.140 Das Element der Freiwilligkeit ist allerdings auch bei der positiven Sanktion nur als eingeschränkt wahrzunehmen. So kann beispielsweise eine Subvention eine Abhängigkeit des Subventionierten vom Subventionsgeber herbeiführen, die stärker auf sein Verhalten wirkt als es ein Zwangsmittel vermöchte.141 Deswegen sprach schon Erler von der Sub138
Spittler, Norm und Sanktion, S. 22; Lamnek, in: Reinhold, SoziologieLexikon, Eintrag „Sanktion“, S. 545; aus der Sicht der ökonomischen Theorie des Rechts: van Aaken, in: Bungenberg u.a., Recht und Ökonomik, S. 1 (4 ff.). 139
Luhmann, Macht, S. 24; kritisch K.F. Röhl, Rechtssoziologie, S. 210 f.; Raiser, Das lebende Recht, S. 230, die unter positiven Sanktionen nur solche verstehen wollen, bei denen das gewünschte Verhalten als Pflicht eingefordert wird. Wohl das einzige Beispiel für eine solche positive Sanktion im deutschen Recht sei der Finderlohn gem. § 971 BGB (K.F. Röhl, Rechtssoziologie, S. 205). In der Tat führte diese Bestimmung der positiven Sanktion dazu, dass kaum eine solche Sanktion zu finden sein wird. Der Finderlohn zeigt auch, dass eine positive Sanktion in Röhls Sinne auch von einer negativen Sanktion begleitet sein kann, da das entgegengesetzte Verhalten, also der Rechtspflicht nicht zu entsprechen, indem die gefundene Sache nicht zurück gegeben wird, eine negative Sanktion auslösen könnte, nämlich eine Bestrafung wegen Unterschlagung nach § 246 StGB. 140
Parsons, Social System, S. 40; K.F. Schumann, Zeichen der Unfreiheit,
S. 35. 141
Zuleeg, Bürgerlichrechtliche Schuldverhältnisse, S. 2 f.; entspricht Zuleeg, Rechtsform der Subventionen, S. 5; Scheuner, VVDStRL 11 (1952), S. 1 (41).
Theoretische Grundlagen
33
vention als „Mittel der lautlosen Gewalt“.142 Diese Aspekte hoheitlicher Steuerung individuellen Verhaltens sind nicht Objekt dieser Arbeit. Die vorliegende Arbeit wird zeigen, dass die Akteure ihren Texten einen engeren Sanktionsbegriff zugrunde legen, da es ihnen um die zwangsweisen Durchsetzungsmechanismen im Unionsrecht als Unrechtsfolge geht und nicht um jegliche Steuerungsmechanismen, die nicht nur zu einem normkonformen Verhalten führen können, sondern auch nur gewünschte Verhaltensweisen unterstützen.
2. Sanktionszwecke Die negativen Sanktionen lassen sich im Anschluss an Durkheim auch in repressive (punitive) und restitutive Sanktionen unterteilen.143 Man kann sie ihrem Zweck nach unterscheiden. Im ersten Fall soll durch die Sanktion ein unerwünschtes Verhalten geahndet werden, indem dem zu Sanktionierenden ein Übel zugefügt wird, um zu zeigen, dass für die Zukunft an der verletzten Norm festgehalten wird.144 Die repressive Sanktion entspricht auch dem in Rechtstheorie, -soziologie und -philosophie gefundenen Begriff, nach dem die Sanktion durch den Entzug von Rechtsgütern der kontrafaktischen Erwartungsstabilisierung dienen soll. Im zweiten Fall soll nur der Zustand wiederhergestellt werden, der ohne die Zuwiderhandlung bestanden hätte, also auch ein eventueller Schaden beseitigt werden.145 Ein Beispiel hierfür ist die Rückzahlungspflicht einer zu Unrecht erhaltenen Beihilfe bei normaler Verzinsung. Die Geldbuße ist wiederum ein Beispiel für eine repressive Sanktion. Daneben kann man noch die präventive, also die abschreckende Sanktion nennen, welche einem künftigen Rechtsbruch vorbeugen soll. Ein Beispiel für eine rein präventive Maßnahme ist die Sicherstellung eines gefährlichen Gegenstands, wobei fraglich bleibt, ob es sich in diesem Fall um eine Sanktion handelt. Die präventive Sanktion lässt sich zu142
Erler, Grundprobleme des Internationalen Wirtschaftsrechts, S. 37.
143
Durkheim, Über soziale Arbeitsteilung, S. 118 ff., 162 ff.; zum Folgenden: Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 38; Luhmann, Rechtssoziologie, S. 16; Raiser, Das lebende Recht, S. 87 f. 144
Damit scheidet eine Abgrenzung aufgrund des unscharfen Merkmals eines etwaigen sittlich-moralischen Unwerturteils aus; Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 115 f.; Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 38; Spittler, Norm und Sanktion, S. 22. 145
Lamnek, in: Reinhold, Soziologie-Lexikon, Eintrag „Sanktion“, S. 545.
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1. Kapitel
meist nur schwierig von den repressiven oder restitutiven Sanktionen abgrenzen, ist sie doch schon in der Definition der repressiven Sanktion als Demonstration zukünftiger Normstabilisierung durch Sanktionierung enthalten und in beiden Fällen meist als Nebenzweck der Sanktion anzusehen. Heitzers weiteres Beispiel einer präventiven Sanktion in Form eines Verbots eines gefährlichen Verhaltens für die Zukunft, dessen Gefährlichkeit sich bereits in einem Normverstoß gezeigt habe,146 ist nicht adäquat, da nicht das Verbot selbst, sondern die Reaktion des Sanktionierenden auf die Verletzung des Verbots die Sanktion darstellt. Der präventive Zweck ist in der Regel zu unklar von dem repressiven oder restitutiven Zweck zu scheiden, sodass in der vorliegenden Studie mehrheitlich die beiden letzteren Zwecke zur Unterscheidung herangezogen werden. Am Beispiel der Rechtsprechung zur Ausweisung von Unionsbürgern aus einem anderen Mitgliedstaat lässt sich auch zeigen, dass eine rein präventive Sanktion im Unionsrecht nicht tragfähig ist. Danach darf ein Unionsbürger nämlich nicht allein aus generalpräventiven Gründen ausgewiesen werden.147 Es ist weiter fraglich, ob Maßnahmen beider Zwecksetzungen im europäischen Recht auch als Sanktionen konzipiert sind. Für beides gibt es im Unionsrecht Beispiele: Für repressive Zwangsmaßnahmen kann man die Geldbußen und Zwangsgelder nach Art. 23, 24 Verordnung (EG) Nr. 1/2003148 oder nach Art. 14, 15 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004149 nennen, für eine restitutive die Rückforderung von Subventionen durch mitgliedstaatliche Behörden nach Art. 88 Abs. 2 UAbs. 1 EG, wenn diese Zuwendungen gemeinschaftsrechtswidrig erteilt worden waren. Schon hier zeigen sich Abgrenzungsschwierigkei146
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 38.
147
EuGH, Rs. 67/74, Bonsignore, Slg. 1975, S. 297, Rn. 7; Rs. 340/97, Nazli, Slg. 2000, S. I-957, R. 59; verb. Rs. C-482/01 und C-493/01, Orfanopoulos u.a., Slg. 2004, S. I-5257, Rn. 68. 148
Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. 2003, L 1, S. 1; zuvor Verordnung (EWG) Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags, „Kartellverordnung“, ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204/62. 149 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 2004, L 24, S. 1, „EGFusionskontrollverordnung“, zuvor Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 1989, L 395, S. 1.
Theoretische Grundlagen
35
ten. Im Falle der Staatshaftung für die fehlerhafte Umsetzung von Gemeinschaftsrecht ist es gerade strittig, ob darin eine repressive oder eine restitutive Sanktion gegenüber dem Mitgliedstaat zu sehen ist oder ob eben beide Zwecke verfolgt werden.150
C. Zwischenergebnis: Der Begriff der Sanktion im Diskurs über das Recht Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Begriff der Sanktion in den Grundlagenwissenschaften eine bedeutende Rolle spielt. Allerdings ist seine Bestimmung nicht eindeutig und unterscheidet sich teilweise auch innerhalb der einzelnen Teildisziplinen. Zwischen den Teildisziplinen wird zudem auf unterschiedliche Aspekte besonderer Wert gelegt. In der Rechtssoziologie wird vor allem die Frage nach dem Zweck der Sanktion diskutiert, nämlich im weitesten Sinne die Wirksamkeit des Rechts zu sichern. Folgerichtig ließen sich gerade in der soziologischen Literatur auch die weiteren Unterscheidungen zwischen positiver und negativer sowie zwischen repressiv-punitiver, restitutiver und präventiver Sanktion finden. Die erstgenannte Unterscheidung wird im weiteren Verlauf der Arbeit nicht mehr relevant sein, da die positive Sanktion als bloßer Steuerungsmechanismus für lediglich politisch erwünschtes, nicht rechtswidriges, Verhalten zum einen terminologisch weit vom normalen Sprachgebrauch abweicht. Bedeutender ist aber zum anderen, dass sich auch in der Praxis der europäischen Akteure keine Hinweise auf ein solches Begriffsverständnis finden lassen. Für die Bestimmung eines unionalen Sanktionsbegriffs kann die positive Sanktion demnach nicht herangezogen werden. Auch die Frage nach dem sanktionierenden Subjekt ist wegen der Konzentration auf die (tatsächliche) Wirksamkeit des Rechts für die Soziologie interessant. Hier trifft sich die Soziologie mit der Rechtstheorie. Bei ihr wird die Frage diskutiert, ob Sanktionen logisch notwendig für die Annahme sind, dass es sich bei einem Normensystem um ein Rechtssystem handelt. Von Bedeutung ist also, ob das Normensystem erzwungen werden kann. Hierzu muss ein Erzwingungsstab bereit gestellt sein. Hier unterscheiden sich Soziologie und Theorie von der Rechtsphilosophie, wo die Frage der Stellung der Sanktion im Rechtssystem zur Si150
Dazu unten, unter 5. Kapitel A.I.
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1. Kapitel
cherung der Geltung des Rechts relevant wird. Besonderes Augenmerk wird hier auf das sanktionierte Subjekt gelegt, für den das Recht gelten soll. Allerdings unterscheiden sich Soziologie und Philosophie nicht in ihrer Funktionszuweisung an die Sanktion. Als Kern einer Begriffbestimmung lässt sich in allen Teildisziplinen herausarbeiten, dass es sich bei einer Sanktion um ein Übel handeln muss, dass einem normwidrig handelnden Rechtssubjekt zum Zweck kontrafaktischer Normstabilisierung auferlegt wird. Die Begriffsbestimmung ist bisher nicht hinreichend präzise. Allerdings kann sie im Folgenden helfen, bestimmte Maßnahmen, deren Qualifikation nach dem Verständnis der europäischen Akteure unklar ist, eindeutiger zuzuordnen. Die damit gefundenen theoretischen Ergebnisse reichen allerdings nicht aus, von einem unionalen Sanktionsbegriff zu sprechen. Zwar muss sich auch das Recht der Europäischen Union an den Erkenntnissen dieses Kapitels messen lassen. Insofern vermögen sie Klassifikationsleistungen zu erbringen. Um einen unionalen Sanktionsbegriff zu finden, bedarf es jedoch darüber hinaus einer dogmatischen Untersuchung des Rechts der Europäischen Union.
2. Kapitel Die rechtsschutzspezifische Funktion des unionsrechtlichen Sanktionsbegriffs A. Der Zusammenhang zwischen den Verteidigungsrechten und der Sanktion Eine präzise Bestimmung des unionalen Begriffs der Sanktion ist, wie angesprochen, nicht nur von systematisch-wissenschaftlichem Interesse, sondern hat im Recht der Union vielmehr eine bedeutende Konsequenz: Nach einer mittlerweile gefestigten Rechtsprechungslinie des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz besteht zwischen der Verhängung einer Sanktion und der Gewährleistung von Rechtsschutz ein zwingender Zusammenhang.151 Dies betrifft den Schutz der Verteidigungsrechte – sowohl natürlicher und juristischer Personen als auch der Mitgliedstaaten –, die im Falle der Verhängung einer Sanktion zu gelten haben. Eine Kopplung von Sanktion und Verteidigungsrechten war zum Teil bereits auf primärrechtlicher Ebene festgelegt. Art. 36 Abs. 1 KS sah vor, dass die Kommission vor „Festsetzung der nach diesem Vertrage vorgesehenen finanziellen Sanktionen oder Zwangsgelder […] dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben“ habe. Es ist im Lichte der folgenden Ausführungen anzunehmen, dass der Gerichtshof Art. 36 Abs. 1 KS als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens gelesen hat, der darüber hinaus in anderen Sektoren des Unionsrechts Anwendung findet. Eine terminologische Vorbemerkung ist dabei angebracht: Während in manchen Urteilen von den „Verteidigungsrechten“ oder den „Verfahrensrechten“ die Rede ist, wird in anderen vom „Anspruch auf rechtliches Gehör“ oder vom „Recht auf ein faires Verfahren“ gesprochen. Und wieder in anderen Entscheidungen wird das „Recht auf Anhörung“ gewährt. Für die Zwecke der folgenden Ausführungen sollen die-
151
Als Vorstudie dazu bereits Bitter, in: Bodnar u.a., Emerging Constitutional Law, S. 15 (25 ff.).
S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_2, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
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2. Kapitel
se Begriffe als Synonyme begriffen werden, da auch die europäischen Gerichte diesem Verständnis folgen.152 Eine weitere Vorbemerkung ist hinsichtlich des in dieser Studie vertretenen Verständnisses vom Verwaltungsverfahren angezeigt. Wenn zuvor angesprochen wurde, dass zwischen der Verhängung von Sanktionen und der Gewährleistung von Rechtsschutz ein Zusammenhang besteht, der sich darin äußert, dass bei Vorliegen einer Sanktion die Verteidigungsrechte zu wahren sind, setzt das ein Verständnis voraus, nach welchem die Verteidigungsrechte im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens nicht lediglich zum Zustandekommen eines Ergebnisses dieses Verfahrens beitragen. Wenn allein dieser Zweck bestünde, wäre der Begriff der „Verfahrensrechte“ treffender als der der „Verteidigungsrechte“, da er mehr auf einen Beteiligung des Betroffenen am Entscheidungsfindungsprozess hindeutet. Der Begriff der „Verteidigungsrechte“ deutet dagegen an, dass es bei ihnen tatsächlich um den Schutz bestimmter Rechtspositionen im Rahmen des Entscheidungsfindungsprozesses geht. Das Verfahrensrecht und damit auch die Verteidigungsrechte haben selbst rechtsschützende Funktion.153 Sie gewährleisten „präventivrechtsschützende Verfahren“.154 Die Rechtsschutzfunktion der Verteidigungsrechte zeigt sich noch deutlicher bei der gerichtlichen Kontrolle von Verwaltungsentscheidungen.155
I. Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu Sanktionen führen können: Die Rechtsprechung seit der Rechtssache Hoffmann-La Roche Laut dem Urteil des EuGH in der Rechtssache Hoffmann-La Roche aus dem Jahre 1979 stellt die Gewährung rechtlichen Gehörs einen fun152
Am deutlichsten wird dies im Urteil des EuG, Rs. T-199/99, Sgaravatti Mediterranea/Kommission, Slg. 2002, S. II-3731, Rn. 55, wo auf „die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Verteidigungsrechte) in allen Verfahren“ verwiesen wird. 153
Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Rn. 2/42 f. 154
Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Rn. 6/59 [Hervorhebung im Original]. 155
Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Rn. 4/59 ff.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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damentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, der „in allen Verfahren, die zu Sanktionen, namentlich zu Geldbußen oder Zwangsgeldern führen können, […] auch in einem Verwaltungsverfahren beachtet werden muss“.156 Damit wurde die Gewährung der Verteidigungsrechte an die (mögliche) Verhängung von Sanktionen geknüpft.157 Erste Ansätze für diese Rechtsprechung sind schon in früheren Urteilen zu finden. So ist in Entscheidungen aus den Jahren 1977 und 1978 davon die Rede, „dass jede Verwaltung, wenn sie eine Maßnahme trifft, welche Interessen eines Einzelnen erheblich verletzen kann, dem Betroffenen die Möglichkeit einzuräumen hat, sich zu äußern“.158 Diese Rechtsprechung hat selbst ihren Ausgang genommen in einem Urteil aus dem Jahre 1974, in welchem es heißt, „dass die Adressaten von Entscheidungen der öffentlichen Behörden, wenn ihre Interessen durch die Entscheidung spürbar berührt werden, Gelegenheit erhalten müssen, ihren Standpunkt gebührend darzulegen“.159 In den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts stellte die Rechtsprechung dann einen klaren Zusammenhang zwischen der Gewährleistung der Verteidigungsrechte und der Verhängung von Sanktionen her. Der Gerichtshof hat seine Rechtsprechung in diesen folgenden Jahren in wichtigen Urteilen – vor allem aus dem Wettbewerbsrecht – nachdrücklich bestätigt.160 Ein Urteil des EuGH aus dem Jahre 1983 in der Sache Musique Diffusion Française (Pioneer) ermöglichte sogar zwischenzeitlich ein weiter gehendes Verständnis, nach welchem allgemein „in allen Verfahren, 156
EuGH, Rs. 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, S. 461, Rn. 9. „Verwaltungsverfahren“ ist hier in Abgrenzung zu „strafrechtlichen Verfahren“ zu verstehen. 157 Im Umkehrschluss könnte man sogar schließen, dass die Verteidigungsrechte nicht anwendbar wären, wenn keine Sanktion droht. Dazu näher gleich, unter 2. Kapitel A.II. 158
EuGH, Rs. 121/76, Moli/Kommission, Slg. 1977, S. 1971, Rn. 19/21; Rs. 75/77, Mollet/Kommission, Slg. 1978, S. 897, Rn. 20/23. 159
EuGH, Rs. 17/74, Transocean Marine Paint/Kommission, Slg. 1974, S. 1063, Rn. 15; dazu Ehlermann/Oldekop, in: F.I.D.E., Due Process in the Administrative Procedure, S. 11.1 (11.2). 160
EuGH, Rs. 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1983, S. 3461, Rn. 7; verb. Rs. 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, S. 2859, Rn. 15; Rs. 85/87, Dow Benelux/Kommission, Slg. 1989, S. 3137, Rn. 26; verb. Rs. 97/87, 98/87 und 99/87, Dow Chemical Ibérica u.a./Kommission, Slg. 1989, S. 3165, Rn. 12; Rs. 374/87, Orkem/Kommission, Slg. 1989, S. 3283, Rn. 33.
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2. Kapitel
auch in Verwaltungsverfahren, rechtliches Gehör gewährt werden“ müsste, ohne dass der Gerichtshof den Bezug zu einer Sanktion herstellte.161 Damit wäre es gleichgültig geworden, ob eine Sanktion verhängt werden kann oder nicht. Folge wäre eine sehr weitgehende Anwendbarkeit des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs gewesen. Richtigerweise führte der EuGH diese Rechtsprechung nicht weiter. Es spricht einiges dafür, dass ein solches Verständnis des Urteils nicht angemessen wäre und dass der Gerichtshof selbst sein Urteil nicht so verstanden haben wollte. Das vorgenannte Zitat führte zum einen ausdrücklich die Rechtsprechung in der Sache Hoffmann-La Roche als Beleg an und damit auch den Zusammenhang zwischen der Verhängung einer Sanktion und den Verteidigungsrechten. Zum anderen ging es in der Rechtssache Pioneer mit den Geldbußen des Kartellrechts um als Sanktionen bezeichnete Maßnahmen. Damit scheint der Schluss zulässig, dass der Gerichtshof es lediglich unterlassen hatte, die Kopplung mit den Sanktionen zu erwähnen, da dieser Zusammenhang im betreffenden Fall offensichtlich war. Jedenfalls blieb die weite Formulierung aus der Rechtssache Pioneer vereinzelt. Auch das Gericht erster Instanz übernahm den Grundsatz vom bestehenden Zusammenhang zwischen der Gewährleistung der Verteidigungsrechte und der Verhängung von Sanktionen, indem es formulierte: „Die Anhörung stellt in jedem Verfahren, das zu Sanktionen führen kann, einen fundamentalen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts dar, der unter allen Umständen – auch in einem Verwaltungsverfahren – beachtet werden muss.“162 Etwas später erweiterte das Gericht die zunächst nur geforderte Anhörung auf einen „Grundsatz des vollständig kontradiktorischen Verfahrens“ im Falle drohender Sanktionen.163 Und schließlich ist in folgenden Urteilen ganz allgemein von der „Wahrung der Verteidigungsrech-
161
EuGH, verb. Rs. 100 bis 103/80, Musique Diffusion Française (Pioneer)/Kommission, Slg. 1983, S. 1825, Rn. 10; unter Verweis auf dieses Urteil auch noch EuG, Rs. T-11/89, Shell International Chemical Company/Kommission, Slg. 1992, S. II-757, Rn. 39. 162
EuG, verb. Rs. T-10/92, T-11/92, T-12/92 und T-15/92, Cimenteries CBR u.a./Kommission, Slg. 1992, S. II-2667, Rn. 39. 163
EuG, Rs. T-17/93, Matra Hachette/Kommission, Slg. 1994, S. II-595, Rn. 34.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
41
te“ oder vom „Grundsatz des rechtlichen Gehörs“ die Rede, die bei drohenden Sanktionen zu beachten seien.164 Durch die letztgenannten Formulierungen wird – wie schon in der Sache Hoffmann-La Roche – die Problematik des Rechtsschutzes bei Sanktionen hochgestuft zu einer grundrechtlichen Fragestellung, da es sich bei „Verteidigungsrechten“ bzw. dem „Grundsatz rechtlichen Gehörs“ um Grundrechte handelt (vgl. nur Art. 47 Abs. 2 und 48 Abs. 2 Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Grundrechtecharta). Dadurch sind von der Geltung des Grundsatzes potentiell nicht nur die Verwaltungsverfahren vor der Kommission erfasst, sondern auch Verfahren vor den mitgliedstaatlichen Behörden in unionsrechtlich determinierten Fällen.165 Das ist die Konsequenz der Geltung der (europäischen) Grundrechte auch dann, wenn die Mitgliedstaaten Unionsrecht durchführen.166 Daneben kommt der Formulierung nach auch die Anwendbarkeit der Verteidigungsrechte in Gesetzgebungsverfahren in Betracht. Dies wurde jedoch von den europäischen Gerichten abgelehnt.167 Ebenso ist es durch die zitierten Formulierungen des Gerichtshofs in Hoffmann-La Roche („in allen Verfahren, die zu Sanktionen […] führen können“) und des Gerichts erster Instanz im Fall Cimenteries („in jedem Verfahren, das zu Sanktionen führen kann“) nicht ausgeschlossen, dass auch die Mitgliedstaaten in den Genuss der Verteidigungsrechte kommen, wenn gegen sie Maßnahmen verhängt werden, die als Sanktionen anzusehen sind. Der Gerichtshof scheint in der Tat dieser Auffassung zu sein, wenn man beispielsweise aus jüngerer Zeit die Ausfüh164
EuG, verb. Rs. T-39/92 und T-40/92, Groupement des cartes bancaires „CB“ u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II-49, Rn. 48; Rs. T-34/93, Société Générale/Kommission, Slg. 1995, S. II-545, Rn. 73; Rs. T-30/91, Solvay/Kommission, Slg. 1995, S. II-1775, Rn. 59; Rs. T-36/91, Imperial Chemical Industries/Kommission, Slg. 1995, S. II-1847, Rn. 69; Rs. T-37/91, Imperial Chemical Industries/Kommission, Slg. 1995, S. II-1901, Rn. 49. 165 Gundel, in: Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 18, S. 421, Rn. 33 ff. 166
EuGH, Rs. 5/88, Wachauf, Slg. 1989, S. 2609, Rn. 19; Rs. C-260/89, ERT, Slg. 1991, S. I-2925, Rn. 42; Rs. C-368/95, Familiapress, Slg. 1997, S. I-3689, Rn. 24; zu problematischen Implikationen von Bogdandy/Bitter, in: FS Zuleeg, S. 309 (319 ff.). 167
EuG, Rs. T-521/93, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1996, S. II1707, Rn. 70; EuGH, Rs. C-104/97 P, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1999, S. I-6983, Rn. 35, 37.
42
2. Kapitel
rungen im Zwangsgeld-Urteil gegen Frankreich aus dem Jahre 2005 zu der Frage betrachtet, ob Frankreich neben einem Zwangsgeld auch zu einem Pauschalbetrag verurteilt werden kann. Hier spricht der Gerichtshof von den „Verteidigungsrechten“, „die dem säumigen Mitgliedstaat in Bezug auf die in Betracht gezogenen finanziellen Sanktionen zuzuerkennen sind“.168 Damit stellt der Gerichtshof auch für Verfahren gegen Mitgliedstaaten einen Zusammenhang her zwischen der Verhängung von Sanktionen und der Anwendbarkeit von Verteidigungsrechten. Von der Geltung allgemeiner Rechtsgrundsätze bei der Verhängung von Sanktionen sowohl gegen Individuen als auch gegen Mitgliedstaaten wird in dieser Arbeit noch häufiger zu reden sein.169 Im vorliegenden Kontext ist die rechtsschutzspezifische Funktion von Bedeutung, welche der Begriff der Sanktion in der Rechtsprechung der europäischen Gerichte erfüllt. Dem Befund, dass Sanktionen verhängt wurden, folgt die Feststellung, dass deswegen Verteidigungsrechte gewahrt sein müssen. Lenaerts und Vanhamme gehen sogar so weit zu behaupten, dass die Anwendbarkeit des Rechts auf ein faires Verfahren nach dieser Rechtsprechung „confined to proceedings“, also beschränkt auf Verfahren gewesen sei, in welchen Sanktionen verhängt werden könnten.170 Zweifel an dieser Interpretation der Urteile in Hinblick auf eine ausschließliche Anwendbarkeit von Verteidigungsrechten bei der Verhängung von Sanktionen sind angebracht. Diese These wird demnach später noch zu diskutieren sein.171 Es sei hier nur schon gesagt, dass eine pauschale Anwendbarkeit der Verteidigungsrechte in jeglichen Verfahren, wie sie nach der Sache Pioneer denkbar war, ebenso unangemessen wäre wie die Beschränkung ihrer Anwendung auf die Fälle der Verhängung von Sanktionen, ohne dass andere denkbare Beeinträchtigungen von Rechtspositionen erfasst würden. Auch Lenaerts und Vanhamme gehen davon aus, dass die Gewährleistung von Verteidigungsrechten mittlerweile nicht mehr auf Fälle beschränkt sei, in wel-
168
EuGH, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 92 ff., insbes. Rn. 93. 169 Unten, unter 2. Kapitel A.III.2. und 4. Kapitel C.II. Siehe bereits näher Gil Ibáñez, The Administrative Supervision and Enforcement of EC Law, S. 97 ff. 170
Lenaerts/Vanhamme, CMLRev. 34 (1997), S.531 (535); auch Lenaerts, EuR 1997, S. 17 (28). 171
Unten, unter 2. Kapitel A.IV.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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chen Sanktionen drohten, stützen dies aber auf einen vermeintlichen Rechtsprechungswandel.172 An dieser Stelle genügt es jedoch, eine dahingehende Übereinstimmung festzustellen, dass zumindest jedenfalls, wenn Sanktionen verhängt werden, die Verteidigungsrechte zu beachten sind. Festzuhalten bleibt damit, dass der Begriff der Sanktion im Recht der Europäischen Union insoweit eine rechtsschutzeröffnende Funktion hat. Dies mutet zunächst paradox an, wird Sanktionen in der rechtstheoretischen und rechtssoziologischen Diskussion ja regelmäßig eine grundsätzlich entgegenstehende Funktion zugeschrieben, nämlich die Sicherung der Wirksamkeit oder der Geltung einer Rechtsordnung.173 Die Analyse der Rechtsprechung der europäischen Gerichte ergibt jedoch, dass dem Begriff der Sanktion im Unionsrecht zumindest auch die weitere rechtsschutzspezifische Funktion zukommt. Die rechtsschutzspezifische Funktion erfüllt nicht die Sanktion, sondern ihr Begriff. Die Anwendbarkeit der Verteidigungsrechte ist nicht lediglich ein bloßer Reflex einer Sanktion, welcher sich im Rechtsschutz widerspiegelt. Vielmehr ist es gerade Zweck der gerichtlichen Feststellung, dass eine Sanktion vorliegt, den spezifischen Rechtsschutz gegenüber solchen Maßnahmen zu begründen, der durch die Verteidigungsrechte gewährt ist. Die Sanktion selbst zeitigt mit der Anwendbarkeit der Verteidigungsrechte eine rechtsschutzeröffnende Rechtsfolge. Hiermit wird zugleich deutlich, dass die Funktionszuschreibung nicht der Sanktion als solcher, quasi als Phänomen, gilt, sondern ein konstruktiver Akt der Rechtsprechung ist.
II. Verteidigungsrechte nur aufgrund abgeleiteten Rechts, wenn keine Sanktion Die These zur Kopplung von Sanktion(-sbegriff) und Verteidigungsrechten wird verdeutlicht durch Urteile des Gerichtshofes zu Sachverhalten, in welchen keine Sanktion verhängt worden war. In diesen Fällen zeigt sich, dass Verteidigungsrechte nur gelten, wenn dies auch gesondert sekundärrechtlich vorgesehen ist. 172
Lenaerts/Vanhamme, CMLRev. 34 (1997), S.531 (535); auch Lenaerts, EuR 1997, S. 17 (28). 173
Ausführlich zu den diversen Konzepten der Sanktion und ihrer Funktion in den Grundlagenwissenschaften oben, 1. Kapitel.
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2. Kapitel
In der Rechtssache Nicolet aus dem Jahre 1986 war die Weigerung der Kommission streitig, die Einfuhr bestimmter Gegenstände vom Zoll des Gemeinsamen Zolltarifs zu befreien, da die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllt seien. Die Klägerin machte geltend, dass sie vor der Entscheidung der Kommission nicht angehört worden sei. Der Gerichtshof verwies darauf, dass die einschlägigen Verordnungen174 weder die Beteiligung des einführenden Unternehmens im Verfahren beim Ausschuss für Zollbefreiungen noch einen Anspruch auf rechtliches Gehör vor der Kommission vorsähen. Damit sei die Entscheidung der Kommission nicht aufgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs ungültig.175 Tragendes Argument für die Ablehnung der Geltung des Anspruchs auf rechtliches Gehör war demnach der Umstand, dass ein solcher Anspruch nicht in den einschlägigen Rechtsakten vorgesehen war. Dies war jedoch in den vorgehend geschilderten Fällen, in welchen ein Zusammenhang zwischen der Gewährleistung der Verteidigungsrechte und der Verhängung von Sanktionen hergestellt wurde, auch nicht der Fall. Vielmehr wurde dieses Prinzip als allgemeiner, „fundamentaler Grundsatz“ des Gemeinschaftsrechts bezeichnet, der unabhängig von einer sekundärrechtlichen Anordnung zu beachten ist.176 Die Geltung des Grundsatzes im Fall Nicolet schied aber aufgrund seiner fehlenden gesetzlichen Fixierung aus. Somit scheint der Schluss zulässig, dass der EuGH die eine Zollbefreiung ablehnende Entscheidung nicht als Sanktion ansah und deswegen die Anwendung des „fundamentalen Grundsatzes“ der Geltung der Verteidigungsrechte nicht in Frage kam, solange er nicht im Sekundärrecht vorgesehen war. Ganz ähnlich entschied der Gerichtshof in der Rechtssache Biedermann aus dem Jahre 1988. Ein Beamter des Rechnungshofes hatte nach einem Verkehrsunfall den ihm durch den Rechnungshof zuerkannten Grad seiner Teilinvalidität als zu niedrig bemängelt. Insbesondere habe man es ihm nicht ermöglicht, vom Ärzteausschuss, der seinen Invaliditäts174
Damals Verordnung (EWG) Nr. 1798/75 des Rates vom 10. Juli 1975 über die von den Zöllen des Gemeinsamen Zolltarifs befreite Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters, ABl. 1975, L 184, S. 1; und Verordnung (EWG) Nr. 2784/79 der Kommission vom 12. Dezember 1979 zur Festlegung der Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 1798/75 des Rates über die von den Zöllen des Gemeinsamen Zolltarifs befreite Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters, ABl. 1979, L 318, S. 32. 175 176
EuGH, Rs. 203/85, Nicolet, Slg. 1986, S. 2049, Rn. 13 ff. Dazu oben, unter 2. Kapitel A.I.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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grad zu begutachten hatte, gehört zu werden. Damit leide die auf dem Gutachten des Ärzteausschusses beruhende Entscheidung des Rechnungshofes am Rechtsfehler, dass ihm kein rechtliches Gehör gewährt worden sei. Der Gerichtshof stellte hierzu fest, dass weder das Beamtenstatut177 noch die Gemeinsame Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten eine solche Anhörung vor dem Ärzteausschuss vorschrieben. Daneben sei eine Anhörung auch wegen der Art der Tätigkeit des Ärzteausschusses nicht durch den Grundsatz des rechtlichen Gehörs geboten, da der Ausschuss nicht in streitiger Auseinandersetzung entscheide, sondern ärztliche Feststellungen treffe.178 Auch hier wird dem Kläger die Gewährung rechtlichen Gehörs aus dem Grund versagt, dass ein dahingehender Anspruch in den einschlägigen Vorschriften nicht vorgesehen sei. Dies legt nahe, dass der Gerichtshof auch in der Zuerkennung eines angeblich zu geringen Grades an Arbeitsinvalidität keine Sanktion sieht, die eine Gewährung rechtlichen Gehörs erforderlich macht. Mit dem Gedanken, dass auch die Art der Arbeiten des begutachtenden Organs eine Rolle bei der Beurteilung der Frage spielt, ob die Verteidigungsrechte gelten, könnte der Gerichtshof den Verteidigungsrechten unter Umständen ein anderes Feld eröffnet haben. So scheinen seine Ausführungen zu implizieren, dass der von einer Entscheidung Betroffene nur angehört werden muss, wenn diese Entscheidung in einem streitigen – also kontradiktorischen – Verfahren erlassen wird. Hiergegen spricht jedoch schon allein der Umstand, dass die Geltung der Verteidigungsrechte nicht von einem solchen Verfahren abhängig gemacht werden kann, da Entscheidungen der Kommission nicht notwendig in streitigen Verfahren ergehen und dabei trotzdem den Einzelnen belasten können. Der Rat oder auch die Kommission selbst – in den Fällen, in denen sie die Durchführungsvorschriften selbst setzt, nach welchen sie zu entscheiden hat – könnten die Entscheidungsprozesse der
177
Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind, ABl. 1968, L 56, S. 1. 178
EuGH, Rs. 2/87, Biedermann/Rechnungshof der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1988, S. 143, Rn. 16.
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2. Kapitel
Kommission mit einer Verfahrensausgestaltung ohne streitige Elemente der Geltung der Verteidigungsrechte entziehen. Entgegen dieser aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten problematischen Konsequenz ist umgekehrt davon auszugehen, dass die Durchführung eines streitigen Verfahrens aus dem Recht der Verteidigung folgt. Damit sind die Aussagen des EuGH eher so zu verstehen, dass das Vorliegen eines streitigen Verfahrens eine Indizwirkung für die Feststellung hat, dass die Verteidigungsrechte zu gelten haben. Wenn man den Begriff „streitiges“ Verfahren ernst nimmt, würde es schlechterdings sinnwidrig sein, einem Betroffenen keine Verteidigungsrechte in einem streitigen Verfahren zu gewähren, da man sich sonst gar nicht „streiten“ könnte. Abschließend sei diese letzte These von der teilweisen (sic!) Notwendigkeit einer gesetzlichen Festlegung der Anwendung der Verteidigungsrechte in bestimmten Fällen durch die Entscheidung von 1991 in der Sache Bureau Européen des Unions de Consommateurs aus dem Antidumping-Bereich untermauert. Die Klägerin, eine internationale Vereinigung nationaler Verbraucherschutzverbände mit Rechtspersönlichkeit nach belgischem Recht, hatte Zugang zu nicht-vertraulichen Dokumenten der Kommission in einem Antidumping-Verfahren verlangt, um eine Stellungnahme zu dem konkreten Fall abgeben zu können. Die Kommission hatte diesen Zugang unter Hinweis auf die damals gültige Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 verweigert,179 da diese nur dem jeweiligen Antragsteller im Antidumping-Verfahren, den bekanntermaßen betroffenen Einführern und Ausführern sowie den Vertretern des Ausfuhrlandes das Recht auf Zugang zu den nicht-vertraulichen Dokumenten der Kommission einräumte. Der Gerichtshof schloss sich der Auffassung der Kommission an und wies die Klage ab. Ein Anspruch der Klägerin auf Zugang zu den Dokumenten folge weder aus dem Recht auf ein faires Verfahren noch aus der einschlägigen Verordnung. Da das Antidumping-Verfahren zu keiner die Klägerin als internationale Verbraucherschutzvereinigung beschwerenden Maßnahme führen könne („cannot result in a measure adversely affecting them“, „ne saurait aboutir à un acte leur faisant grief“), könne sie sich nicht auf den Grundsatz des Rechts auf ein faires Verfahren berufen. Auch sei dieses Recht nicht in der Verordnung vorgesehen.180 179
Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 des Rates vom 11. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. 1988, L 209, S. 1. 180
EuGH, Rs. C-170/89, Bureau Européen des sommateurs/Kommission, Slg. 1991, S. I-5709, Rn. 19 ff.
Unions
de
Con-
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Auch in diesem Fall macht der EuGH die Geltung der Verteidigungsrechte davon abhängig, dass ein Verfahren in Frage steht, welches zu Maßnahmen führen kann, die den Betroffenen belasten. Hierbei formuliert der Gerichtshof abweichend von den oben dargestellten Fällen, indem er nicht von „Sanktionen“ spricht, sondern von „beschwerenden Maßnahmen“. Inwieweit dies einen Rechtsprechungswandel mit einer Abweichung von der bisherigen Kopplung der Verteidigungsrechte an Sanktionen bedeutet, wird anschließend diskutiert.181 Zunächst ist von Bedeutung, dass überhaupt eine solche Maßnahme vorliegen muss, damit das Recht auf ein faires Verfahren geltend gemacht werden kann. Falls eine solche Maßnahme nicht gegeben ist bzw. im betreffenden Verfahren droht, muss ein Akt abgeleiteten Rechts dieses Recht übertragen. Andernfalls ist der sich auf das Recht Berufende von dessen Schutzbereich nicht erfasst. Damit erfüllt die Qualifikation einer Maßnahme je nach ihrer Wirkung für den durch sie Betroffenen die bedeutende Funktion, die Frage zu klären, welche Rechte der Betroffene hat. In der bisher dargestellten Rechtsprechung bezieht sich dies ausdrücklich auf Sanktionen. Mit dem zuletzt genannten Urteil wird jedoch anscheinend eine neue Kategorie von Maßnahmen eingeführt, bei deren möglicher Verhängung die Verteidigungsrechte zu gelten haben: Es handelt sich um die „beschwerenden Maßnahmen“.
III. Verteidigungsrechte schon dann, wenn „beschwerende Maßnahme“? 1. Verteidigungsrechte, wenn „nachteilige Auswirkungen“: Die Rechtssache Al-Jubail Fertilizer Company Mit dem Urteil in der Rechtssache Al-Jubail Fertilizer Company aus dem Jahr 1991 – also aus dem selben Jahr wie die vorgehend untersuchte Entscheidung – setzte eine neuere Rechtsprechungslinie ein, die Zweifel am exklusiven Zusammenhang zwischen Sanktion und Verteidigungsrechten erlaubte. Der EuGH urteilte, dass die Verteidigungsrechte „nicht nur im Rahmen von Verfahren [anwendbar seien], die zu Sanktionen führen können, sondern auch in den Untersuchungsverfahren, die dem Erlass von Antidumpingverordnungen vorausgehen, 181
Unten, unter 2. Kapitel A.III.
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2. Kapitel
die die betroffenen Unternehmen trotz ihrer allgemeinen Geltung unmittelbar und individuell berühren und nachteilige Auswirkungen auf diese haben können“.182 Einerseits führte das Urteil eine schon in den Entscheidungen der späten 1980er Jahre, welche von einem Zusammenhang zwischen Sanktion und Rechtsschutz ausgingen, vorgenommene Differenzierung fort. Es handelt sich um die Unterscheidung zwischen der eigentlichen Sanktionierung und dem Untersuchungsverfahren im Vorfeld, welches zu einer Sanktion führen kann. Diesbezüglicher locus classicus ist die Entscheidung in der Rechtssache Hoechst: Auch in dem Vorverfahren seien die Verteidigungsrechte zu wahren, um zu verhindern, dass die Rechte der Beteiligten in nicht wieder gut zu machender Weise beeinträchtigt würden.183 Auch das Gericht erster Instanz hatte diese Erweiterung des Anwendungsbereichs der Verteidigungsrechte auf die Voruntersuchungsverfahren übernommen, welche zur Verhängung einer Sanktion führen können.184 Das Urteil in der Rechtssache Al-Jubail Fertilizer Company ging jedoch insofern über diese Rechtsprechung hinaus, als nun ausdrücklich nicht die Möglichkeit der Verhängung einer Sanktion im Vordergrund stand, um die Geltung der Verteidigungsrechte zu begründen, sondern daneben der mögliche Erlass einer Antidumpingverordnung, die nach dem Verständnis des Gerichtshofs keine Sanktion darstellte, sondern lediglich eine Maßnahme, die „nachteilige Auswirkungen“ haben könne.185 Der Gerichtshof erweiterte dadurch den Anwendungsbereich des rechtlichen Gehörs; nachteilige Auswirkungen sollten ausreichend sein. Die Entscheidung in der Sache Al-Jubail Fertilizer Company hatte die Voraussetzungen geschaffen für die Formulierung in der später ergangenen Entscheidung in der Sache Bureau Européen des Unions de Consommateurs. Im früheren Fall waren es die „nachteiligen Auswirkun182
EuGH, Rs. C-49/88, Al-Jubail Fertilizer Company u.a./Rat, Slg. 1991, S. I-3187, Rn. 15. 183
EuGH, verb. Rs. 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, S. 2859, Rn. 15; ebenso Rs. 85/87, Dow Benelux/Kommission, Slg. 1989, S. 3137, Rn. 26; verb. Rs. 97/87, 98/87 und 99/87, Dow Chemical Ibérica u.a./Kommission, Slg. 1989, S. 3165, Rn. 12; Rs. 374/87, Orkem/Kommission, Slg. 1989, S. 3283, Rn. 33. 184
EuG, Rs. T-34/93, Société Générale/Kommission, Slg. 1995, S. II-545, Rn. 73. 185
Siehe Fn. 182.
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gen“,186 im späteren die „beschwerenden Maßnahmen“.187 Beide Urteile betrafen das Gebiet des Antidumpingrechts, und der EuGH ging in beiden Fällen davon aus, dass es sich nicht um Sanktionen handelte. In der Tat ging es in den Fällen um das Verfahren vor dem Erlass einer Verordnung, mit der ein Antidumping-Zoll festgelegt werden sollte.188 Damit wurde fraglich, ob und gegebenenfalls inwieweit der Gerichtshof seine Rechtsprechung zur rechtsschutzspezifischen Funktion des Sanktionsbegriffs erweitert, auf andere Weise modifiziert oder gar aufgegeben, oder ob lediglich eine terminologische Veränderung stattgefunden hatte.
2. Verteidigungsrechte der Mitgliedstaaten, wenn „beschwerende Maßnahme“ und die Anwendung des Grundsatzes auf Individuen Beide Urteile, also die Entscheidungen in den Rechtssachen Al-Jubail Fertilizer Company und Bureau Européen des Unions de Consommateurs, griffen mit ihrer Formulierung auf eine andere Rechtsprechung aus der zweiten Hälfte der 1980er Jahre zurück, die der Gerichtshof bei der Frage entwickelt hatte, ob und inwieweit sich die Mitgliedstaaten im Beihilfekontrollverfahren vor der Kommission auf Verteidigungsrechte berufen können. In zwei Fällen aus dem Jahr 1986 hatte sich Belgien gegen Entscheidungen der Kommission nach Art. 93 Abs. 2 EWG-Vertrag (jetzt Art. 88 Abs. 2 EG) gewandt, nach welchen in Belgien bewilligte Beihilfen nicht mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gewesen seien. Belgien behauptete, dass die Kommission die zur Verteidigung erforderlichen Informationen nicht übermittelt habe. Die Kommission verwies – die Erwägungen im bereits geschilderten Urteil in der Rechtssache Biedermann
186
Französisch: „conséquences défavorables“; Englisch: „adverse consequences“. 187 Französisch: „acte faisant grief“ à quelqu’un; Englisch: „measure adversely affecting“ someone. 188
Siehe Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 im Fall Bureau Européen des Unions de Consommateurs, bzw. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. 1984, L 201, S. 1, im Fall AlJubail Fertilizer Company, welches die Vorgängerverordnung zur Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 war.
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2. Kapitel
vorwegnehmend189 – darauf, dass das Verfahren nach Art. 93 EWGVertrag kein kontradiktorisches Verfahren sei, in welchem dem betroffenen Mitgliedstaat besondere Privilegien zustünden.190 Der Gerichtshof bejahte die grundsätzliche Geltung der Verteidigungsrechte für den Mitgliedstaat dennoch auch in diesen Fällen, da sich unter anderem aus dem Urteil in der Rechtssache Hoffmann-La Roche191 ergebe, dass „die Gewährung des rechtlichen Gehörs in einem Verfahren, das zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen kann, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts“ sei.192 Interessant an diesen Urteilen ist nicht allein der Umstand, dass der EuGH im Anschluss daran nicht prüft, ob und inwieweit Belgien durch die Entscheidungen der Kommission tatsächlich beschwert ist. Zweifel hieran hätten nämlich durchaus eine gewisse Berechtigung. Aus einer Aufhebungsentscheidung der Kommission folgt nämlich die Pflicht des Mitgliedstaats, eine bereits gewährte Beihilfe zurück zu fordern.193 Damit führt die Entscheidung letztlich zu einem finanziellen Zugewinn für den Staatshaushalt. Da auch der Vertrauensschutz bei europarechtswidrigen Beihilfen stark eingeschränkt ist,194 ist davon auszugehen, dass der Mitgliedstaat zumindest finanziell durch die Entscheidung der Kommission nicht beschwert wird. Auch ein Schadensersatzanspruch des Beihilfeempfängers nach nationalem Recht gegen die rechtswidrig eine Beihilfe gewährende Stelle scheidet aus, da sonst die Rückforderungs-
189
Siehe Text vor Fn. 178.
190
EuGH, Rs. 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, S. 2263, Rn. 26; ebenso Rs. 40/85, Belgien/Kommission, Slg. 1986, S. 2321, Rn. 26. 191
Fn. 156.
192
EuGH, Rs. 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, S. 2263, Rn. 27; ebenso Rs. 40/85, Belgien/Kommission, Slg. 1986, S. 2321, Rn. 28. 193
Die „Aufhebung“ einer Beihilfe durch Rückforderung ist nämlich „die logische Folge der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit“: EuGH, Rs. 142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, S. I-959, Rn. 66; Rs. C-310/99, Italien/Kommission, Slg. 2002, S. I-2289, Rn. 98. Näher Beljin, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 28, Rn. 176 f., 188 ff.; Oppermann, Europarecht, Rn. 1144; Sinnaeve, Die Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger nationaler Beihilfen, S. 98 ff. 194
EuGH, Rs. C-24/95, Alcan, Slg. 1997, S. I-1591, Rn. 25. Ausführlich Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 470 ff.
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pflicht ihrer praktischen Wirksamkeit beraubt würde.195 Die für die Bundesrepublik noch ungeklärte Frage, ob die Staatshaftung auch für Schäden ausgeschlossen ist, die über den Betrag der Beihilfe hinausgehen, ist entgegen einer teilweise vertretenen Ansicht196 zu bejahen, da ein Schaden, der den zurück zu zahlenden Subventionsbetrag übersteigt, nur in Aufwendungen bestehen kann, die der Subventionsempfänger im Vertrauen auf den Bestand der Beihilfe gemacht hat. Die Berechtigung dieses Vertrauens ist jedoch bereits – wenn auch eingeschränkt – bei der Frage berücksichtigt worden, ob die Beihilfe überhaupt zurück gefordert werden darf. Eine beschwerende Wirkung hat die Entscheidung der Kommission somit lediglich in der Beschränkung der wirtschaftspolitischen Handlungsfähigkeit des Staates und der möglichen Kritik in Öffentlichkeit und Presse.197 Der EuGH nähert sich einem Verständnis dieser staatlichen Handlungsfähigkeit als „subjektivem“ Recht des jeweiligen Mitgliedslandes vergleichbar der persönlichen Handlungsfreiheit des Individuums. Gesichert wird dieses Recht durch den Anspruch auf ein faires Verfahren. Interessant sind darüber hinaus zwei weitere Aspekte: Zum einen, dass der Gerichtshof seine Rechtsprechung zu den Verteidigungsrechten für die Marktteilnehmer umstandslos auf die Mitgliedstaaten anwendet. Zum anderen, dass er zwar diese Rechtsprechung heranzieht, den zuvor festgestellten bedeutenden Zusammenhang zwischen den Verteidigungsrechten und der Verhängung einer Sanktion jedoch ausklammert bzw. nicht ausdrücklich übernimmt. Auf die Anwendbarkeit derselben Rechtsgrundsätze bei Individuen wie bei Mitgliedstaaten wird später noch näher einzugehen sein.198 Zum Überblick sei an dieser Stelle nur kurz geschildert, dass sich diese Art der Vorgehensweise des EuGH nicht nur in Beihilfesachen zeigt, son195
BVerwG, Urt. vom 23.4.1998, 3 C 15.97, BVerwGE 106, 328 (338); Beljin, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 28, Rn. 296; a.A. wohl Schmidt-Kötters, in: Heidenhain, Handbuch des Europäischen Beihilfenrechts, § 59, Rn. 6. 196
Soltész/Kühlmann, EWS 2001, S. 513 (515 f.).
197
Sinnaeve, Die Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger nationaler Beihilfen, S. 182 f. Zur hierbei bestehenden Interessenlage im Unterschied zu derjenigen bei der Rückforderung einer zu Unrecht gewährten Gemeinschaftsbeihilfe Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 465. 198
Unter 2. Kapitel A.III.2. und 4. Kapitel C.II.
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2. Kapitel
dern auch bei der rechtlichen Beurteilung anderer Sachverhalte. Zu denken sei beispielsweise an die Verfahren nach Art. 228 Abs. 2 EG. Der EuGH hat – wie bereits erwähnt – die Geltung der Verteidigungsrechte für Mitgliedstaaten in einem solchen zu Sanktionen führenden Verfahren bejaht.199 Ebenso hat der Gerichtshof den Mitgliedstaaten im Rechnungsabschlussverfahren Verteidigungsrechte zugestanden, und zwar unter ausdrücklichem Verweis auf Rechtsprechung, die bezüglich der Rechte von Unternehmen im Verwaltungsverfahren ergangen ist.200 Aus der hier nur angedeuteten Rechtsprechungslinie lässt sich herleiten, dass der Gerichtshof bereit ist, für Mitgliedstaaten und Individuen einen rechtlichen Rahmen zu entwickeln, der beide gleichermaßen vor der Überschreitung unionaler Hoheitsbefugnisse schützen soll. Dabei gelten mutatis mutandis die gleichen Rechtsgrundsätze. Eine solche Entwicklung hat – bei Berücksichtigung der strukturellen Unterschiede zwischen Staaten und Personen als Rechtssubjekten – eine kaum zu überschätzende Konsequenz für die Entwicklung eines kohärenten rechtlichen Rahmens der Sanktionierung unionsrechtswidrigen Verhaltens. Bezüglich der Frage, wann der Anwendungsbereich der Verteidigungsrechte eröffnet ist, bringen die beiden Urteile zu den belgischen Beihilfen aus dem Jahr 1986 weitere Erkenntnisse. Die bisherige Kopplung von Sanktion und Verteidigungsrechten wird hier ersetzt durch eine zwischen „beschwerender Maßnahme“ und Verteidigungsrechten. Das ist angesichts des Umstands erstaunlich, dass die Rechtsprechung bezüglich eines Zusammenhangs zwischen der Gewährleistung der Verteidigungsrechte und der Verhängung einer Sanktion zur gleichen Zeit nachdrücklich fortgeführt wurde.201 Der EuGH hat in mehreren späteren Urteilen seine Rechtsprechung zu den beschwerenden Maßnahmen und den Verteidigungsrechten für die Mitgliedstaaten weiter geführt. Die Entscheidungen betreffen allesamt das repressive Beihilfekontrollverfahren vor der Kommission, wo der
199
EuGH, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 92 ff. 200
EuGH, Rs. C-287/02, Spanien/Kommission, Slg. 2005, S. I-5093, Rn. 37; unter Verweis auf Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I-5373, Rn. 21; Rs. C-462/98 P, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 2000, S. I-7183, Rn. 36. 201
Vgl. Fn. 160.
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betreffende Mitgliedstaat die Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör geltend machte.202 Eine mögliche Erklärung für die Ersetzung der „Sanktion“ durch die „beschwerende Maßnahme“ lässt sich in dem Umstand finden, dass die zur gleichen Zeit ergehende Rechtsprechung in Bezug auf Individuen bzw. Unternehmen erging und die Formulierung in Bezug auf Sanktionen dort unproblematisch war. Zum einen betrafen diese Fälle Sachverhalte aus dem Kartellrecht, wo mit den Geldbußen und Zwangsgeldern typische Sanktionen drohten, wohingegen es einen gewissen Erklärungsbedarf mit sich gebracht hätte, eine Beihilfen-Rückforderungsentscheidung der Kommission als Sanktion zu begreifen.203 Zum anderen wäre eine Formulierung durch den Gerichtshof mit dem Begriff „Sanktion“ in Bezug auf Mitgliedstaaten unter Umständen zu diesem Zeitpunkt, also im Jahr 1986, noch politisch problematisch gewesen. Indiz für eine solche Annahme ist die bis zur Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags im Jahr 1992 geführte Diskussion zu der Frage, inwieweit bei einer Vertragsänderung Sanktionen gegen Mitgliedstaaten vorzusehen seien, falls ein Land Urteile des EuGH nicht umsetzen sollte. Anders gesagt: Auf den Umstand, dass es damals politisch unerwünscht gewesen sein mag, Maßnahmen gegen Mitgliedstaaten als Sanktion zu bezeichnen, deutet die Entstehungsgeschichte des Art. 171 Abs. 2 EGV (jetzt Art. 228 Abs. 2 EG) hin. Die Mitgliedstaaten hatten in bewusster Abkehr von der im Rahmen der Montanunion in Art. 88 Abs. 3 KS vorgesehenen Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen Zahlungen an Mitgliedstaaten auszusetzen oder sonstige repressive Maßnahmen vorzunehmen, eine solche Sanktionsmöglichkeit in den EWG-Vertrag nicht aufgenommen.204 Eine denkbare Sanktionierung außerhalb des klassischen Völkerrechts, durch eine supranationale Gemeinschaft statt durch gleichgeordnete Mitgliedstaaten, stieß auf Kri-
202 EuGH, Rs. 259/85, Frankreich/Kommission, Slg. 1987, S. 4393, Rn. 12; Rs. 301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, S. I-307, Rn. 29; verb. Rs. C48/90 und C-66/90, Niederlande u.a./Kommission, Slg. 1992, S. I-565, Rn. 44. 203
Die Rückforderung ist nach dem im Laufe dieser Studie entwickelten Verständnis keine Sanktion. 204
Jakob, Sanktionen gegen vertragsbrüchige Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, S. 107; Tesauro, in: F.I.D.E., La Sanction des Infractions, vol. 2, S. 423 (432); Tesauro, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 17 (18).
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tik.205 Letztlich spiegelte auch Art. 88 Abs. 3 KS diese Zurückhaltung der Staaten wider, indem er die dort vorgesehenen repressiven Maßnahmen durch die Kommission von einer Zustimmung des Rates mit einer Zweidrittelmehrheit abhängig machte. Die anderen möglichen Maßnahmen des Art. 88 Abs. 3 KS stellten ohnehin nur eine vertragliche Ermächtigung zu klassisch völkerrechtlichen Repressalien dar.206 Aus diesem Grunde wurde die Vorschrift auch als „lettre morte“ angesehen.207 Es bleibt festzuhalten, dass der Gerichtshof zumindest in Beihilfeverfahren eine Rechtsprechung zu den Verteidigungsrechten seit Hoffmann-La Roche entwickelte, die erweiternd wirkte. Parallel dazu hielt er jedoch sein Verständnis der Geltung der Verteidigungsrechte in den Fällen aufrecht, in welchen Sanktionen verhängt werden. Damit wurde fraglich, ob hier zwei konkurrierende, sich widersprechende Konzepte entwickelt worden waren, oder ob beide Verständnisse nebeneinander existieren und sich gegenseitig beeinflussen konnten.
3. „Sanktion“ und „beschwerende Maßnahme“ als gleichzeitige Kategorien mit rechtsschutzeröffnender Funktion: Die Rechtssache Fiskano Das Urteil in der Rechtssache Fiskano aus dem Jahr 1994 sollte die ältere Rechtsprechungslinie mit der sich abzeichnenden jüngeren zusammenführen. Ein unter schwedischer Flagge segelndes Schiff hatte ohne Lizenz in niederländischen Gewässern gefischt. Die Kommission teilte hierauf den schwedischen Behörden gemäß der damaligen Verordnung (EWG) Nr. 3929/90208 mit, dass das Schiff für die Erteilung einer Fischereilizenz nach der Verordnung (EWG) Nr. 3885/91209 für den Zeit205
Siehe Jakob, Sanktionen gegen vertragsbrüchige Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft, S. 116 f. 206
Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 26/3.
207
Timmermans, in: F.I.D.E., La Sanction des Infractions, vol. 2, S. 15 (29); ähnlich Zuleeg, Der rechtliche Zusammenhalt der Europäischen Union, S. 117. 208 Verordnung (EWG) Nr. 3929/90 des Rates vom 20. Dezember 1990 über Maßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände für Schiffe unter schwedischer Flagge (1991), ABl. 1990, L 378, S. 48. 209
Verordnung (EWG) Nr. 3885/91 des Rates vom 18. Dezember 1991 über Maßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände für Schiffe unter schwedischer Flagge (1992), ABl. 1992, L 367, S. 48. Die Bedingungen für
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raum von zwölf Monaten nicht in Betracht käme. Das schwedische Unternehmen Fiskano, welches Eigentümer des Schiffes war, wandte sich gegen die Entscheidung der Kommission und brachte unter anderem vor, dass es vor Erlass dieser Entscheidung nicht angehört worden sei. Die Kommission rügte zunächst die Zulässigkeit der Klage, da ihr Schreiben bezüglich der Fanglizenz für das betreffende Schiff lediglich eine Notifikation an den Flaggenstaat Schweden bedeutete, während die von Schweden zu verhängenden Sanktionen im Ermessen des Staates stünden. Die Mitteilung, dass ein Schiff für die Erteilung einer Fischereilizenz für einen gewissen Zeitraum ausscheidet, sei keine Entscheidung im Sinne des Gemeinschaftsrechts und würde somit das Unternehmen nicht unmittelbar und individuell im Sinne von Art. 173 Abs. 4 EGV (jetzt Art. 230 Abs. 4 EG) betreffen.210 Der Gerichtshof verwarf dieses Vorbringen. Zwar sei das Schreiben der Kommission an den Staat gerichtet. Bei der Nichtberücksichtigung für die Erteilung einer Fischereilizenz handele es sich jedoch um eine Sanktion. Damit sei die Maßnahme als Entscheidung anzusehen, die – unabhängig von ihren Rechtswirkungen gegenüber dem Staat – das Unternehmen unmittelbar und individuell betreffe; die Klage sei also zulässig.211 Diese Ausführungen sind einerseits von Interesse, da sie deutlich zeigen, dass der vorübergehende Ausschluss von der Möglichkeit, eine Lizenz zu erhalten, vom EuGH als Sanktion angesehen wird. Zum anderen zeigen die Erwägungen des Gerichtshofs zur Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage, dass er bereit ist, unabhängig von der Form, in welcher die Sanktion auftritt, und unabhängig davon, wie und wem die Sanktion bekannt gegeben wird, aus dem Umstand, dass eine Sanktion in Frage steht, eine Klagebefugnis des Sanktionierten im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG herzuleiten. Der hieraus zulässige und auch überzeugende Schluss lautet: Wenn eine Sanktion verhängt wurde, liegt eine unmittelbare und individuelle Betroffenheit vor, wobei es gleichgültig ist, an wen die diesbezügliche Entscheidung ergangen ist. Hier wird eine weitere rechtsschutzspezifische Funktion des Sanktionsbegriffs deutlich. Nach dem Urteil in der Sache Fiskano kann kein Zweifel mehr bestehen, dass die Sanktion rechtswegeröffnend wirkt. Die Frage des Zudie Fischerei durch schwedische Schiffe wurden bis zum Beitritt Schwedens zur Europäischen Union jedes Jahr durch eine Verordnung des Rates festgelegt. 210 211
EuGH, Rs. C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, S. I-2885, Rn. 21. EuGH, Rs. C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, S. I-2885, Rn. 22 ff.
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sammenhangs zwischen Verteidigungsrechten und Sanktion ist jedoch damit noch nicht beantwortet. Das ist Gegenstand des zweiten Problemkomplexes des Urteils, welcher die Frage betraf, ob die Kommission die Verteidigungsrechte der Klägerin verletzt hatte, da sie dem Unternehmen vor Erlass ihrer Entscheidung keine Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte. Das Urteil des Gerichtshofes soll in diesem Zusammenhang im Wortlaut wieder gegeben werden, um zu verdeutlichen, dass und wie der EuGH nun die beiden Rechtsprechungslinien zusammen führt. Unter Verweis auf die nahezu vollständige Liste der geschilderten Urteile seit Hoffmann-La Roche urteilte der EuGH folgendermaßen: „39. Die Gewährung rechtlichen Gehörs in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ist ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts und muss auch dann sichergestellt werden, wenn eine Regelung für das fragliche Verfahren fehlt (vgl. insbesondere Urteile des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 234/84, Belgien/Kommission, “Meura”, Slg. 1986, 2263, vom 10. Juli 1986 in der Rechtssache 40/85, Belgien/Kommission, “Boch”, Slg. 1986, 2321, vom 21. September 1989 in den verbundenen Rechtssachen 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, 2859, vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission, “Boussac Saint Frères”, Slg. 1990, I-307, vom 21. März 1990 in der Rechtssache C-142/87, Belgien/Kommission, “Tubemeuse”, Slg. 1990, I-959, und vom 12. Februar 1992 in den verbundenen Rechtssachen C-48/90 und C-66/90, Niederlande u.a./Kommission, Slg. 1992, I-565).“ Und weiter: „40. Wie aus dieser gesamten Rechtsprechung folgt, erfordert die Gewährung rechtlichen Gehörs, dass jede möglicherweise von einer Sanktion betroffene Person in zweckdienlicher Weise ihre Auffassung zu den einzelnen Gesichtspunkten darlegen kann, auf die die Kommission die Verhängung der Sanktion stützt.“212 Das ist ein bedeutsames Urteil für die Frage, in welchen Fällen die Verteidigungsrechte gelten. Mit dem Verweis auf die Rechtsprechung seit Hoffmann-La Roche bis Hoechst übernimmt der Gerichtshof eigentlich die Konstruktion der Geltung der Verteidigungsrechte bei (drohender) 212
EuGH, Rs. C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, S. I-2885, Rn. 39 f.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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Verhängung einer Sanktion. In der Randnummer 39 spricht er aber noch von der „beschwerenden Maßnahme“ und folgt damit den Formulierungen aus den von ihm in dieser Randnummer ebenfalls zitierten Urteilen, die auf Nichtigkeitsklagen von Mitgliedstaaten ergingen.213 Damit ist der Ton für die Zukunft grundsätzlich gesetzt. In einem Verfahren, in welchem eine beschwerende Maßnahme droht, müssen dem Betroffenen die Verteidigungsrechte gewährt werden. Die etwas jüngere Rechtsprechungslinie aus dem Beihilfekontrollrecht – für den Bereich des Antidumpingrechts durch die Entscheidungen Al-Jubail Fertilizer Company und Bureau Européen des Unions de Consommateurs übernommen – kann dabei grundsätzlich Vorrang gegenüber der älteren beanspruchen, die vor allem anhand des Kartellrechts entwickelt wurde. Grund für diese Annahme ist allein die Anwendung eines iudicium posterius-Grundsatzes: Das jüngste Urteil in der Sache Fiskano (iudicium postremum) übersetzt gleichsam die „Sanktion“ der ersten, älteren Urteile (iudicia prima) in die „beschwerende Maßnahme“ der dazwischen liegenden jüngeren Urteile (iudicia posteriora). So erklärt sich, warum der Gerichtshof in der darauf folgenden Randnummer 40 aus „dieser gesamten Rechtsprechung“ folgert, dass das rechtliche Gehör jedem gewährt werden muss, der möglicherweise von einer Sanktion betroffen ist. Hier tritt also wieder die ältere, wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung hervor. Damit findet sich das Urteil in der Sache Fiskano an einem Scharnier zwischen der Sanktion und der beschwerenden Maßnahme. Da der EuGH im konkreten Fall die fragliche Maßnahme als Sanktion bewertete,214 ist der zunächst einzige sichere Schluss aus diesem Urteil die Feststellung, dass die Verteidigungsrechte jedenfalls dann gelten, wenn eine Sanktion verhängt wird. Aus den beiden zusammengenommenen Randnummern des Urteils kann man entnehmen, dass der Gerichtshof offensichtlich der – plausibel scheinenden – Ansicht ist, dass eine Sanktion zugleich auch eine beschwerende Maßnahme darstellt. Ob Sanktion und beschwerende Maßnahme jedoch tatsächlich – worauf das Urteil hinzudeuten scheint – deckungsgleich sind, also auch umgekehrt jede beschwerende Maßnahme eine Sanktion darstellt, bleibt ebenso ungeklärt wie die Frage, was andernfalls eine beschwerende
213
Die Entscheidungen in den Rechtssachen Al-Jubail Fertilizer Company und Bureau Européen des Unions de Consommateurs zitiert der EuGH nicht, ohne dass ein zwingender Grund ersichtlich wäre. 214
EuGH, Rs. C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, S. I-2885, Rn. 24.
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2. Kapitel
Maßnahme gegenüber einer Sanktion konkret auszeichnet. Die nachfolgenden Urteile sollten hier mehr Klarheit bringen.
4. Die „beschwerende Maßnahme“ als zentrale Kategorie des Rechtsschutzes seit der Rechtssache Lisrestal Das Gericht erster Instanz machte sich bereits in einer kurz nach dem Urteil in der Sache Fiskano ergangenen Entscheidung die Erwägungen des Gerichtshofs zu eigen. In der Sache Lisrestal – ebenfalls aus dem Jahr 1994 – wandten sich die Klägerinnen gegen eine Entscheidung der Kommission, mit der ein ihnen zuvor gewährter Zuschuss aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) für ein Maßnahmenvorhaben der beruflichen Bildung nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 gekürzt wurde.215 Untersuchungen durch ESF-Kontrolleure hatten ergeben, dass ein Teil des Zuschusses aufgrund falscher Angaben der portugiesischen Unternehmen gewährt worden war. Um diesen Anteil kürzte die Kommission den Gesamtzuschuss. Die Klägerinnen brachten zur Begründung der Klage unter anderem vor, dass sie vor der Kürzungsentscheidung nicht von der Kommission und der für die Überprüfung der Angaben zuständigen nationalen Stelle gehört worden seien und dass sie weder die Ergebnisse der Kontrollen noch die sonstigen erforderlichen Informationen erhalten hätten. Das Gericht erster Instanz stellte unter Verweis auf die Urteile in den Rechtssachen Niederlande u.a./Kommission216 sowie Fiskano fest, dass „die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts [sei] und
215
Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds, ABl. 1983, L 289, S. 1. Nach Änderung des Systems der europäischen Strukturfonds durch die Strukturreform 1999 wäre diese Kürzung erfolgt nach Art. 39 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, ABl. 1999, L 161, S. 1, i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 1784/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 1999 betreffend den Europäischen Sozialfonds, ABl. 1999, L 213, S. 5. 216
EuGH, verb. Rs. C-48/90 und C-66/90, Niederlande u.a./Kommission, Slg. 1992, S. I-565, Rn. 44. Dazu siehe Text zu Fn. 202.
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auch dann sichergestellt werden [müsste], wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt“ [Hervorhebung hinzugefügt].217 Einen Verweis auf das mögliche Vorliegen einer Sanktion nahm das Gericht nicht vor, auch wenn es durchaus möglich gewesen wäre, den Sanktionscharakter der Zuschusskürzung zu prüfen. Als erstes Indiz sei hier nur auf die Motivation der Kommission hingewiesen, mit welcher die Kürzung verfolgt wurde: Laut Sachverhalt hatten die ESFKontrolleure nämlich den Verdacht der Vorspiegelung von Verträgen und falschen Rechnungen erhoben.218 Die Frage, ob und inwieweit Kürzungen oder Streichungen von Gemeinschaftszuschüssen als Sanktionen anzusehen sind, wird in einem späteren Abschnitt der Untersuchung näher beleuchtet werden.219 Das Gericht nahm nur auf den „beschwerenden“ Charakter der Maßnahme Bezug und löste sich damit von der Sanktion.220 Ebenso ließ auch der EuGH in seiner Rechtsmittelentscheidung den Bezug zur Sanktion fortfallen und hielt das Urteil des Gerichts erster Instanz auch in dieser Hinsicht aufrecht.221 Seine Ausführungen sind aber in diesem Zusammenhang von weiterem Interesse, da er in derselben Randnummer ausführt, was er unter „beschwerender Maßnahme“ versteht, nämlich Entscheidungen, die ihre Adressaten in ihren „Interessen spürbar beeinträchtigen“.222 Eine solche „spürbare Beeinträchtigung“ wird im 217
EuG, Rs. T-450/93, Lisrestal u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II-1177, Rn. 42. Englisch: “Observance of the right to be heard is, in all proceedings initiated against a person which are liable to culminate in a measure adversely affecting that person, a fundamental principle of Community law which must be guaranteed even in the absence of any rules governing the proceedings in question.” Französisch: “Il convient de rappeler que le respect des droits de la défense dans toute procédure ouverte à l’encontre d’une personne et susceptible d’aboutir à un acte faisant grief constitue un principe fondamental de droit communautaire qui doit être assuré même en l’absence de toute réglementation concernant la procédure.” [Hervorhebung jeweils hinzugefügt]. 218
EuG, Rs. T-450/93, Lisrestal u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II-1177, Rn. 13. 219
Siehe unten, unter 4. Kapitel C.I.1. und 4. Kapitel C.I.2.
220
Galetta, EuR 2007, S. 57 (65), die allerdings die Bedeutung der Rechtssache Fiskano für diese Rechtsprechungsänderung verkennt. 221
EuGH, Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I-5373, Rn. 21. 222
Englisch: „decisions which significantly affect their interests“, französisch: „décisions, qui affectent de manière sensible leurs intérêts“. Ebenso
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2. Kapitel
vorliegenden Fall in der Kürzung eines ursprünglich gewährten Zuschusses gesehen, da die Klägerinnen „somit unmittelbar die wirtschaftlichen Folgen der streitigen Entscheidung [tragen], die ihr Vermögen insofern berührt, als sie hauptsächlich zur Rückzahlung der ohne Rechtsgrund empfangenen Beträge verpflichtet sind“.223 In den folgenden Jahren hat das Gericht erster Instanz in einer Reihe von weiteren Urteilen diesen ausschließlichen Bezug auf die beschwerende (oder zuweilen auch „belastende“) Wirkung einer Maßnahme als zentrale, den Anwendungsbereich der Verteidigungsrechte eröffnende Kategorie weiter geführt.224 In einigen wenigen Urteilen verzichtete das Gericht sogar gänzlich darauf, eine allgemeinere Konzeption als Grundlage für die Anwendung der Verteidigungsrechte heranzuziehen: Die Verteidigungsrechte des Empfängers eines Zuschusses aus dem ESF seien schlicht zu beachten, wenn die Kommission diesen Zuschuss kürze.225 Auch der Gerichtshof hielt in späteren Urteilen an der Auffassung fest, dass die Verteidigungsrechte bei beschwerenden Maßnahmen zu gelten hätten, ohne das Vorliegen einer Sanktion zu erwähnen. Diese Entscheidungen des EuGH sind zwar seltener als die des Gerichts erster Instanz. Das liegt jedoch daran, dass die meisten Rechtssachen Direktklagen von Individuen bzw. Unternehmen betreffen, für die das Gericht erster Instanz zuständig ist.226 Die selteneren Fälle sind diejenigen, in
EuGH, Rs. C-462/98 P, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 2000, S. I-7183, Rn. 36; EuG, Rs. T-102/00, Vlaams Fonds voor de Sociale Integratie van Personen met een Handicap/Kommission, Slg. 2003, S. II-2433, Rn. 59. 223
EuGH, Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I-5373, Rn. 33 f.; EuG, Rs. T-450/93, Lisrestal u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II-1177, Rn. 48. 224
Beispielsweise EuG, Rs. T-260/94, Air Inter/Kommission, Slg. 1997, S. II997, Rn. 59; Rs. T-199/96, Laboratoires pharmaceutiques Bergaderm u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-2805, Rn. 58. 225
EuG, verb. Rs. T-180/96 und T-181/96, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-3477, Rn. 49 (allerdings aufgehoben durch EuGH, Rs. C462/98 P, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 2000, S. I-7183, Rn. 44, mit Verweis auf die ausführlichere Rechtsprechung, ohne den Grundsatz zu bestreiten); Rs. T-80/00, Associação Comercial de Aveiro/Kommission, Slg. 2002, S. II-2465, Rn. 36; Rs. T-81/00, Associação Comercial de Aveiro/Kommission, Slg. 2002, S. II-2509, Rn. 35. 226
Art. 225 Abs. 1 EG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 lit. c) Beschluss 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts
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welchen sich neben dem Unternehmen noch ein Mitgliedstaat gegen eine Entscheidung der Kommission wendet,227 und solche, in denen Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Gerichts erster Instanz eingelegt wurden. Die umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz ist dabei nicht auf bestimmte Anwendungsbereiche beschränkt. Neben den bereits erwähnten Urteilen zum Beihilfekontrollrecht228 gibt es weitere Entscheidungen zu den Verteidigungsrechten der Mitgliedstaaten,229 wie auch solche zu den Verteidigungsrechten von natürlichen und juristischen Personen. Es sind Urteile zum Recht der Strukturfonds zu finden,230 zum Recht anderer gemeinschaftlicher Beihilfen,231 aus dem Abgabenrecht,232 Entscheidungen zum Beamtenerster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1988, L 319, S. 1. Siehe Art. 51 der Satzung des Gerichtshofs. 227
Für diese Fälle ist nunmehr auch das Gericht erster Instanz zuständig, wie ein Umkehrschluss zu Art. 51 der Satzung des Gerichtshofs zeigt. 228 Ebenso EuG, Rs. T-266/97, Vlaamse Televisie Maatschapij/Kommission, Slg. 1999, S. II-2329, Rn. 35. 229
EuGH, Rs. C-287/02, Spanien/Kommission, Slg. 2005, S. I-5093, Rn. 37.
230
EuG, Rs. T-218/95, Azienda Agricola „Le Canne“/Kommission, Slg. 1997, S. II-2055, Rn. 48; verb. Rs. T-180/96 und T-181/96, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-3477, Rn. 49; Rs. T-231/97, New Europe Consulting u.a./Kommission, Slg. 1999, S. II-2403, Rn. 42; Rs. T-80/00, Associação Comercial de Aveiro/Kommission, Slg. 2002, S. II-2465, Rn. 36; Rs. T-81/00, Associação Comercial de Aveiro/Kommission, Slg. 2002, S. II-2509, Rn. 35; Rs. T-199/99, Sgaravatti Mediterranea/Kommission, Slg. 2002, S. II-3731, Rn. 55; Rs. T340/00, Comunità montana della Valnerina/Kommission, Slg. 2003, S. II-811, Rn. 136; Rs. T-102/00, Vlaams Fonds voor de Sociale Integratie van Personen met een Handicap/Kommission, Slg. 2003, S. II-2433, Rn. 59; Rs. T-306/00, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2003, S. II-5705, Rn. 107; Rs. T-141/01, Entorn/Kommission, Slg. 2005, S. II-95, Rn. 113; EuGH, Rs. C-462/98 P, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 2000, S. I-7183, Rn. 36. 231
EuG, Rs. T-217/01, Forum des migrants de l’Union européenne/Kommission, Slg. 2003, S. II-1563, Rn. 56. 232
EuG, Rs. T-42/96, Eyckeler & Malt/Kommission, Slg. 1998, S. II-401, Rn. 76; Rs. T-50/96, Primex Produkte Import-Export u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-3773, Rn. 59; Rs. T-290/97, Mehibas Dordtselaan/Kommission, Slg. 2000, S. II-15, Rn. 46; verb. Rs. T-186/97, T-187/97, T-190/97 bis T-192/97, T-210/97, T-211/97, T-216/97, T-217/97, T-218/97, T-279/97, T-280/97, T293/97 und T-147/99, Kaufring u.a./Kommission, Slg. 2001, S. II-1337, Rn. 151; Rs. T-205/99, Hyper/Kommission, Slg. 2002, S. II-3141, Rn. 50.
62
2. Kapitel
recht233 und zum Strafprozessrecht234 sowie zum Fusionskontrollrecht.235 Dies belegt, dass die europäischen Gerichte nicht – wie man hätte annehmen können – zwischen einzelnen Sachbereichen unterscheiden wollen, so dass der Anwendungsbereich der Verteidigungsrechte je nach Sektor unterschiedlich ausgestaltet wäre. Vielmehr zeigt sich in den Urteilen eine einheitliche Linie für – fast, dazu sogleich – alle Sektoren unionaler Politik: Die Verteidigungsrechte gelten, wenn ein Verfahren zu einer beschwerenden Maßnahme führen kann. In Gesetzgebungsverfahren gilt dieser Grundsatz nicht, es sei denn, ausdrückliche Bestimmungen sehen dies vor.236 Die Frage des Verhältnisses zu der Rechtsprechung, mit welcher die Verteidigungsrechte an die Verhängung einer Sanktion gekoppelt wurde, bleibt damit jedoch weiterhin ungeklärt.
IV. Synthese: Die Sanktion als besondere „beschwerende Maßnahme“ Eine Ausnahme zum nach Lisrestal festzustellenden Grundsatz, dass die Verteidigungsrechte bei beschwerenden Maßnahmen in allen Berei233
EuG, Rs. T-237/00, Reynolds/Parlament, Slg. ÖD 2002, S. I-A-5, II-163, Rn. 100; Rs. T-283/03, Recalde Langarica/Kommission, Slg. ÖD 2005, S. I-A235, II-1075, Rn. 65. 234
EuGH, Rs. C-7/98, Krombach, Slg. 2000, S. I-1935, Rn. 42.
235
EuG, Rs. T-87/96, Assicurazioni Generali u.a./Kommission, Slg. 1999, S. II-203, Rn. 88; Rs. T-102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, S. II-753, Rn. 145; EuGH, verb. Rs. C-68/94 und C-30/95, Frankreich u.a./Kommission, Slg. 1998, S. I-1375, Rn. 174. 236
EuG, Rs. T-521/93, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1996, S. II1707, Rn. 70; Rs. T-199/96, Laboratoires pharmaceutiques Bergaderm u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-2805, Rn. 58 f.; Rs. T-13/99, Pfizer Animal Health/Rat, Slg. 2002, S. II-3305, Rn. 487; Rs. T-70/99, Alpharma/Rat, Slg. 2002, S. II-3495, Rn. 388; EuGH, Rs. C-104/97 P, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1999, S. I-6983, Rn. 35, 37. Der Erlass einer Anti-DumpingVerordnung, bei dem rechtliches Gehör zu gewähren ist, stellt insofern keine Ausnahme dar, da es sich dabei nicht um einen Gesetzgebungsakt handelt. Sie ist im Gegensatz zur Anti-Dumping-Grundverordnung, der Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. 1996, L 56, S. 1, Vollzugsakt in Verordnungsform: Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, S. 90 f.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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chen zu gewährleisten seien, bleibt jedoch bestehen. Sie betrifft mit der Rechtsprechung zu den Verteidigungsrechten im Kartellrecht ein bedeutendes Gebiet unionaler Sanktionierung rechtswidrigen Verhaltens. Hier formulieren weder Gerichtshof noch Gericht erster Instanz mit der „beschwerenden Maßnahme“, sondern auch nach Lisrestal und bis heute ausschließlich mit der „Sanktion“.237 Das betrifft sowohl das Kartellrecht unter dem EG-Vertrag238 als auch das Recht des EGKSVertrags bis zu seinem Außerkrafttreten.239 Im letzteren Fall war dies – wie oben schon angesprochen240 – bereits in Art. 36 Abs. 1 KS primärrechtlich angeordnet, da die Kommission ausdrücklich verpflichtet war, vor Festsetzung einer Sanktion dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Im Bereich des EGKS-Vertrags war die Kopplung zwischen Sanktion und Verteidigungsrechten damit auch über den Bereich des Kartellrechts hinaus festgelegt. Das hinderte die europäischen Gerichte jedoch nicht daran, diesen Grundsatz verstärkend noch aus der eigenen ständigen Rechtsprechung zur Sanktion unter dem EGVertrag herzuleiten und ihn damit über Art. 36 Abs. 1 KS hinaus zu verallgemeinern.241 In den Rechtsmittelurteilen in den Sachen ARBED 237
Darauf deutet auch EuG, Rs. T-521/93, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1996, S. II-1707, Rn. 70, hin: Die Rechtsprechung zu den Sanktionen sei „ständige Rechtsprechung im Bereich des Wettbewerbs“. 238
EuG, Rs. T-308/94, Cascades/Kommission, Slg. 1998, S. II-925, Rn. 39; verb. Rs. T-305/94, T-306/94, T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u.a./Kommission, Slg. 1999, S. II-931, Rn. 246, 446, 1011; Rs. T-5/97, Industrie des poudres sphériques/Kommission, Slg. 2000, S. II-3755, Rn. 229; Rs. T-15/99, Brugg Rohrsysteme/Kommission, Slg. 2002, S. II-1613, Rn. 109; Rs. T-17/99, KE KELIT Kunststoffwerk/Kommission, Slg. 2002, S. II-1647, Rn. 63; Rs. T-23/99, LR AF 1998, vormals Løgstør Rør/Kommission, Slg. 2002, S. II-1705, Rn. 189; Rs. T-59/99, Ventouris Group Enterprises/Kommission, Slg. 2003, S. II-5257, Rn. 118; Rs. T-66/99, Minoan Lines/Kommission, Slg. 2003, S. II-5515, Rn. 48; EuGH, verb. Rs. C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C-247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij/Kommission, Slg. 2002, S. I-8375, Rn. 85. 239
EuG, Rs. T-137/94, ARBED/Kommission, Slg. 1999, S. II-303, Rn. 25; Rs. T-141/94, Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 1999, S. II-347, Rn. 77; EuGH, verb. Rs. C-65/02 P und C-73/02 P, ThyssenKrupp Stainless/Kommission, Slg. 2005, S. I-6773, Rn. 92. 240 241
Oben, unter 2. Kapitel A.
EuG, verb. Rs. T-45/98 und T-47/98, u.a./Kommission, Slg. 2001, S. II-3757, Rn. 55 f.
Krupp
Thyssen
Stainless
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2. Kapitel
und Thyssen Stahl aus dem Jahr 2003 bezog sich der Gerichtshof sogar ausschließlich auf seine diesbezügliche Rechtsprechung in der Sache Hoffmann-La Roche, ohne Art. 36 Abs. 1 KS überhaupt zu erwähnen.242 Demnach gibt es in der Rechtsprechung der europäischen Gerichte nach wie vor zwei parallele Konstruktionen zum Anwendungsbereich der Verteidigungsrechte. Während die eine Linie von der Eröffnung des Anwendungsbereichs der Verteidigungsrechte in Verfahren ausgeht, die zur Verhängung einer Sanktion führen können, nimmt die andere das an, wenn eine beschwerende Maßnahme im Raum steht bzw. stehen kann. Diese Parallelität ist schon in der Entwicklung der 1980er Jahre angelegt, als neben der Hoffmann-La Roche-Linie noch die Rechtsprechung zu den Rechten der Mitgliedstaaten entstand. Durch die mit Lisrestal einsetzende Rechtsprechung zu den beschwerenden Maßnahmen wurde der Zusammenhang zur Sanktion zurückgedrängt. Lenaerts und Vanhamme schließen daraus, dass diese Rechtsprechung nun diejenige zu den Sanktionen ersetzte.243 Aufgrund der dargestellten Rechtsprechung zum Kartellrecht scheinen Zweifel daran jedoch berechtigt. Darüber hinaus gibt es weitere Urteile, die einen anderen Schluss nahe legen. Zunächst ist das Urteil des Gerichtshofs zu dem durch die Kommission betriebenen Rechtsmittel in der Rechtssache Lisrestal selbst zu nennen. Dort musste sich der EuGH mit dem Vorbringen der Kommission auseinandersetzen, dass durch deren Entscheidung zur Kürzung des Zuschusses „keinerlei Sanktion auferlegt werde“, da es „sich nur um die administrative Folge der Entscheidung [handele], in der die Kommission den finanziellen Zuschuss bewilligt und die Bedingungen genannt habe, denen er unterworfen sei“.244 Der Gerichtshof wies dieses Vorbringen mit der Erwägung zurück, dass die Rechtsmittelgegnerinnen um Lisrestal unmittelbar die wirtschaftlichen Folgen der Entscheidung der Kommission tragen würden, da ihnen, wie das Gericht erster Instanz festgestellt habe, mit der streitigen Entscheidung der gesamte Zuschuss entzogen würde, der ihnen ursprünglich gewährt worden sei. 242
EuGH, Rs. C-176/99 P, ARBED/Kommission, Slg. 2003, S. I-10687, Rn. 19; Rs. C-194/99 P, Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 2003, S. I-10821, Rn. 30. 243 244
Lenaerts/Vanhamme, CMLRev. 34 (1997), S.531 (535).
EuGH, Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I-5373, Rn. 31.
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Damit seien ihre Interessen spürbar beeinträchtigt.245 Nun hat der Gerichtshof zwar fälschlicherweise angenommen, dass in der diskutierten Sache der gesamte Zuschuss entzogen worden sei. Vielmehr hatte sich auch das Gericht nur mit einer Kürzung befassen müssen.246 Das Urteil des Gerichtshofs bleibt jedoch bedeutend, da es auf die Frage der Kommission nach der Sanktion antwortet mit der „spürbaren Beeinträchtigung der Interessen“, also mit der Bestimmung, was der EuGH unter einer „beschwerenden Maßnahme“ versteht.247 Damit werden an dieser Stelle Sanktion und beschwerende Maßnahme zusammen gebracht. Dies erlaubt ein Verständnis, dass sich die beiden Kategorien nicht gegenseitig ausschließen. Allerdings könnte man aus dem Urteil in der Rechtssache Windpark Groothusen aus dem Jahr 1998 sogar schließen, dass sich Sanktion und beschwerende Maßnahme tatsächlich gegenseitig ausschließen. Hier hat der Gerichtshof unter Verweis auf die Rechtssache Fiskano entschieden: „Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes (vgl. Urteil vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, I-2885, Randnrn. 39 und 40) ist die Gewährung rechtlichen Gehörs für die Betroffenen vor Erlaß des Rechtsakts, der sie betrifft, nur dann erforderlich, wenn die Kommission beabsichtigt, eine Sanktion zu verhängen oder eine Maßnahme zu treffen, die die Rechtsstellung der Betroffenen beeinträchtigen kann [Hervorhebung hinzugefügt]“.248 Das „oder“ könnte auf ein Alternativverhältnis schließen lassen. Der Verweis auf die Rechtssache Fiskano zeigt aber, dass man diese Konjunktion anders verstehen muss. Schließlich ist dort in zwei aufeinander folgenden Randnummern bezüglich derselben Maßnahme einmal von der „beschwerenden Maßnahme“ und das andere Mal von der „Sanktion“ die Rede gewesen.249 Damit sind nach der Rechtssache Fiskano beide Maßnahmen als gemeinsame Schlüsselkategorien für die Eröffnung des Rechtsschutzes durch Verteidigungsrechte anzusehen. Die Rechts245
EuGH, Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I-5373, Rn. 33 f. 246
Siehe nur EuG, Rs. T-450/93, Lisrestal u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II1177, Rn. 44. 247
Siehe dazu Text bei Fn. 222.
248
EuGH, Rs. C-48/96 P, Windpark Groothusen/Kommission, Slg. 1998, S. I2873, Rn. 47. 249
Ausführlich dazu oben, unter 2. Kapitel A.III.3.
66
2. Kapitel
sache Windpark Groothusen mit ihrem scheinbaren Alternativverhältnis muss somit eher dahingehend verstanden werden, dass der betreffende Satzteil bedeutet: „eine Sanktion zu verhängen oder eine sonstige Maßnahme zu treffen, die die Rechtsstellung des Betroffenen beeinträchtigen kann“. Eine solche Deutung des Begriffs „oder“ nicht als alternative Disjunktion sondern als eine Konjunktion mit kumulativer, nebenordnender oder inklusiver Bedeutung ist sowohl grammatikalisch als auch im Sinne der Aussagenlogik möglich.250 Auch wenn daraus folgt, dass sich die beiden Maßnahmen nicht gegenseitig ausschließen, ist das genaue Verhältnis damit trotzdem noch nicht hinreichend geklärt. Letztlich sind nämlich zwei Verständnisse möglich: Zum einen können „Sanktion“ und „beschwerende Maßnahme“ als austauschbar, als Synonyme begriffen werden. Zum anderen können sie zueinander in einem Verhältnis des Allgemeinen zum Besonderen stehen und zwar in dem Sinne, dass der eine Begriff den anderen umfasst, ohne dass dies notwendig auch umgekehrt gelten würde. Bei den beiden fraglichen Maßnahmen würde sich dann aufdrängen, dass die Sanktion immer zugleich auch eine spezifische beschwerende Maßnahme wäre, während nicht jede beschwerende Maßnahme eine Sanktion wäre. Das letztere Verständnis wird nahe gelegt durch weitere Urteile der europäischen Gerichte. Als erstes sei hier das Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Atlanta aus dem Jahr 1996 erwähnt.251 Die Klägerinnen hatten Schadensersatz von der Europäischen Gemeinschaft verlangt für die Schäden, die ihnen durch die Bananenmarktordnung von 1993 entstanden seien.252 Die Klägerinnen hatten sich hierfür unter anderem auf eine Verletzung ihrer Verteidigungsrechte (Recht auf Anhörung) und auf das Urteil in der Rechtssache Groupement des cartes bancaires aus dem Jahr 1994 berufen, nach welchem der Grundsatz des rechtlichen Gehörs in allen Verfahren zu beachten sei, die zu Sanktio250
„A oder B (oder beides) trifft zu.“ Dies wird in der Logik als „unvollständige Disjunktion“ des „vel“ im Gegensatz zur vollständigen, der Alternative des „aut ... aut“ verstanden: Geldsetzer, Grundriss der pyramidalen Logik, S. 63. Ebenso EuGH, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I6263, Rn. 83, in Hinblick auf das „oder“ zwischen Pauschalbetrag und Zwangsgeld in Art. 228 Abs. 2 UAbs. 3 EG. A.A. Grabitz/Hilf-P. Karpenstein/ U. Karpenstein, Art. 228, Rn. 39. 251
EuG, Rs. T-521/93, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1996, S. II-
1707. 252
Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen, ABl. 1993, L 47, S. 1.
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nen führen können.253 Das Gericht lehnte die Geltung der Verteidigungsrechte im Gesetzgebungsverfahren, das zum Erlass allgemeiner Maßnahmen führt, ab. Das von den Klägerinnen angeführte Urteil in der Sache Groupement des cartes bancaires finde sich in einer Linie mit der Rechtsprechung, nach welcher das rechtliche Gehör in Verfahren, die zu Sanktionen führen, zu gewähren sei. Diese sei jedoch in ihrem spezifischen Kontext zu betrachten und könne nicht auf das Gesetzgebungsverfahren erstreckt werden.254 Dies ist schon für sich genommen eine wichtige Feststellung. Die Verteidigungsrechte sind also in Gesetzgebungsverfahren nicht gewährleistet, es sei denn, es ist ausdrücklich gesetzlich angeordnet.255 Im vorliegenden Zusammenhang interessant ist die Aussage im Urteil Atlanta, dass eine Anhörung der Betroffenen stattfinden müsse, „bevor Maßnahmen, insbesondere Sanktionen, gegen sie verhängt werden“.256 Hier wird ein Verständnis zugrunde gelegt, demzufolge Sanktionen als (Regel-)Beispiele von Maßnahmen angesehen werden, bei deren Verhängung die Verteidigungsrechte zu beachten sind. Mit dem Wort „insbesondere“ zeigt das Gericht, dass dieser Grundsatz auf jeden Fall zu wahren ist, wenn eine Sanktion in Frage steht. Das entspricht also dem Verständnis, dass die Sanktion eine besondere beschwerende Maßnahme ist. Weiterhin hat das Gericht erster Instanz in seinen bedeutenden Entscheidungen in den Sachen Ahmed Ali Yusuf und Kadi aus dem Jahr 2005257 auf dem Gebiet der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik unter Verweis auf die Urteile des Gerichtshofs in den Rechtssachen Fiskano, Mediocurso und Lisrestal wieder den Zusammenhang zwischen beschwerender Maßnahme und Sanktion in der Weise angenommen, wie es im Urteil Fiskano bereits der Fall gewesen war, während dieser explizite Zusammenhang in den beiden anderen genannten Urteilen 253
EuG, verb. Rs. T-39/92 und T-40/92, Groupement des cartes bancaires „CB“ u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II-49, Rn. 48. 254
EuG, Rs. T-521/93, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1996, S. II1707, Rn. 70. 255
Für weitere Urteile siehe Fn. 236.
256
EuG, Rs. T-521/93, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1996, S. II1707, Rn. 70. 257
EuG, Rs. T-306/01, Ahmed Ali Yusuf u.a./Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3533; Rs. T-315/01, Yassin Abdullah Kadi/Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3649.
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2. Kapitel
eben nicht hergestellt worden war.258 Die Verfahren betrafen unter anderem die Frage, ob Individuen in ihrem Recht auf Verteidigung verletzt würden, wenn sie ohne vorherige Anhörung in die Liste der Personen aufgenommen wurden, die vom Einfrieren ihrer Gelder nach den Anti-Terrorismusverordnungen der EU zur Durchführung der diesbezüglichen UN-Sicherheitsratsresolutionen und der Festlegungen des Sanktionsauschusses des UN-Sicherheitsrates betroffen sind.259 Das Gericht urteilte: „Es ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, der auch dann sichergestellt werden muss, wenn eine Regelung für das betreffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, dass jede möglicherweise von einer Sanktion betroffene Person in zweckdienlicher Weise ihre Auffassung zu den Gesichtspunkten darlegen kann, auf die sich die Verhängung ihrer Sanktion stützt (Urteile des Gerichtshofes vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-135/92, Fiska-
258 259
Siehe oben, unter 2. Kapitel A.III.4; vor allem Text bei Fn. 221.
Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates vom 6. März 2001 über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 337/2000, ABl. 2001, L 67, S. 1. Die Kläger waren durch die Verordnung (EG) Nr. 2199/2001 der Kommission vom 12. November 2001 zur vierten Änderung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 337/2000, ABl. 2001, L 295, S. 16, dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 hinzugefügt worden. Die Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-QaidaNetzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan, ABl. 2002, L 139, S. 9, ersetzte die Verordnung (EG) Nr. 467/2001, beließ die Kläger aber in der im Anhang wiedergegebenen Liste der vom Einfrieren der Gelder betroffenen Personen.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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no/Kommission, Slg. 1994, I-2885, Randnrn. 39 und 40, vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u. a., Slg. 1996, I-5373, Randnr. 21, und vom 21. September 2000 in der Rechtssache C-462/98 P, Mediocurso/Kommission, Slg. 2000, I7183, Randnr. 36).“260 Zwar lehnte das Gericht wegen der Besonderheiten der beiden Fälle eine Verletzung der Verteidigungsrechte ab. Unter Verweis auf das Urteil des Gerichtshofs in der Sache TU München261 stellte das Gericht fest, dass die Beachtung der Verteidigungsrechte zur Ausübung eines Ermessens der zuständigen Behörde in einer „Wechselbeziehung“ stehe.262 Im vorliegenden Fall hätten die Gemeinschaftsorgane kein Ermessen bei der Frage, ob sie eine Person auf die Sanktionsliste setzten. Dies sei eine Entscheidung, die ausschließlich der UN-Sanktionsausschuss treffe. Eine vorherige Anhörung hätte demnach keinerlei Auswirkung auf die Erstellung des Anhangs der betreffenden Verordnung gehabt. Dagegen sei die Rechtsprechung zum Zusammenhang zwischen Sanktion/beschwerender Maßnahme und der Geltung der Verteidigungsrechte auf Gebieten ergangen, wo die Gemeinschaftsorgane ein weites Ermessen hätten.263 Die an dieser Argumentation möglichen Zweifel aus rechtsstaatlicher Sicht zunächst außer acht lassend,264 kann man jedoch feststellen, dass 260
EuG, Rs. T-306/01, Ahmed Ali Yusuf u.a./Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3533, Rn. 325; beinahe wortgleich Rs. T-315/01, Yassin Abdullah Kadi/Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3649, Rn. 255. 261
EuGH, Rs. C-269/90, Technische Universität München, Slg. 1991, S. I5469, Rn. 14. 262 EuG, Rs. T-306/01, Ahmed Ali Yusuf u.a./Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3533, Rn. 327; Rs. T-315/01, Yassin Abdullah Kadi/Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3649, Rn. 257. 263
EuG, Rs. T-306/01, Ahmed Ali Yusuf u.a./Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3533, Rn. 326 ff.; Rs. T-315/01, Yassin Abdullah Kadi/Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3649, Rn. 256 ff. 264
Siehe nunmehr GA Poiares Maduro vom 16.1.2008, in: Rs. C-402/05 P, Yassin Abdullah Kadi/Rat und Kommission, Slg. 2008, S. I-0000, insbesondere Rn. 44 ff. Die Beachtung der Verteidigungsrechte ist nach dem Urteil nur – aber auch immerhin – besonders wichtig in Verfahren, wo weite Ermessensspielräume vorliegen, EuGH, Rs. C-269/90, Technische Universität München, Slg. 1991, S. I-5469, Rn. 14 („eine umso größere Bedeutung“). Das wird in der französischen und der englischen Fassung des Urteils besonders deutlich: „une importance d’autant plus fondamentale“ bzw. „of even more fundamental importan-
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2. Kapitel
sich das Gericht damit wieder den schon in der Rechtssache Fiskano eingeführten Zusammenhang von beschwerender Maßnahme und Sanktion zu eigen machte und ihn durch die Bezugnahme auf die Urteile weiterführte, in denen er gerade nicht übernommen worden war. Wie schon in Fiskano lässt sich damit auf ein Verhältnis der Spezialität zwischen Sanktion und beschwerender Maßnahme schließen.265 Schließlich sei das Urteil des Gerichtshofs in der Sache Distillerie Fratelli Cipriani aus dem Jahr 2002 angeführt. Die Distillerie Fratelli Cipriani hatte im Verfahren der Aussetzung von Verbrauchssteuern Alkoholprodukte aus Italien durch andere EU-Mitgliedstaaten befördert zum Zwecke der Ausfuhr in Drittstaaten. Bei Kontrollen ergab sich, dass die hierfür notwendigen Begleitdokumente gefälscht waren, was den Tatbestand der Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 20 der Richtlinie 92/12/EWG über das allgemeine System verbrauchssteuerpflichtiger Waren erfüllte.266 Damit trat die hierfür einschlägige Verbrauchssteuerschuld ein, und die italienischen Finanzbehörden erhoben die Steuer. Distillerie Fratelli Cipriani wandte sich gegen die Erhebung dieser Steuerschuld und machte unter anderem geltend, dass ihre Verteidigungsrechte nicht gewahrt gewesen seien. Der EuGH urteilte in seiner Vorabentscheidung: „Wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, ist die Beachtung der Verteidigungsrechte in allen Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme, insbesondere zu einer Sanktion, führen können, ein fundamentaler Grundsatz des Gemeinschaftsrechts. Dieser Grundsatz gebietet es, dass die Adressaten von Entscheidungen, durch die ihre Interessen spürbar beeinträchtigt wurden, in die Lage versetzt werden, ihren Standpunkt in sachdienlicher Weise vorzutragen (Urteile vom 24. Oktober 1996 in der Rechtssache C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u. a., Slg. 1996, I-5373, Randnr. 21, und vom 21. September 2000 in der Rechtssache C-
ce“. Der vom Gericht hergestellte zwingende Zusammenhang zwischen Ermessensentscheidung und Geltung der Verteidigungsrechte lässt sich hieraus und aus den anderen Urteilen jedenfalls so nicht herleiten. 265 266
Dazu oben, unter 2. Kapitel A.III.3.
Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren, ABl. 1992, L 76, S. 1.
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462/98 P, Mediocurso/Kommission, Slg. 2000, I-7183, Randnr. 36) [Hervorhebung hinzugefügt].“ 267 Mit diesem Urteil übernahm der Gerichtshof demnach ausdrücklich die schon zuvor angedeutete Auslegung des Verhältnisses zwischen Sanktion und beschwerender Maßnahme. Das Wort „insbesondere“ zeigt, das die Sanktion nach dem Verständnis des EuGH eine besondere beschwerende Maßnahme ist. Mit dem Verweis auf sein Urteil in der Rechtsmittelsache Lisrestal bestätigt er also die hier bereits vorgebrachte Interpretation dieses Urteils.
V. Zusammenfassung: Die Verhängung einer Sanktion führt in den „sicheren Bereich“ der Verteidigungsrechte Die vorstehend analysierten Urteile bestätigen die Scharnierfunktion zwischen „beschwerender Maßnahme“ und „Sanktion“, die das Urteil in der Sache Fiskano hatte. Mit diesem Urteil war der erste Schritt getan, die beiden Kategorien der Eröffnung des Schutzes der Verteidigungsrechte miteinander zu vereinen. Es wird also im Folgenden davon ausgegangen, dass die europäischen Gerichte unterscheiden zwischen „beschwerender Maßnahme“ und „Sanktion“. Während letztere immer zugleich auch eine beschwerende Maßnahme ist, gilt das umgekehrt nicht, da die beschwerende Maßnahme weiter gefasst ist. Die Sanktion steht zur beschwerenden Maßnahmen in einem Verhältnis der Spezialität. In allen Verfahren, die zu einer beschwerenden Maßnahme führen können, sind die Verteidigungsrechte zu gewährleisten. Dasselbe muss demnach erst recht für Verfahren gelten, in welchen eine Sanktion droht. Die im vorangegangenen Abschnitt diskutierten Urteile zeigen jedoch, dass es unter Umständen schwierig ist, eine beschwerende Wirkung nachzuweisen. Letztlich liegt es im Auge des Betrachters, ob eine solche Wirkung vorliegt. Damit scheint der Begriff der beschwerenden Wirkung zu vage, als dass er einer klaren Einordnung einer Maßnahme als rechtliche Kategorie für die Eröffnung von Rechtsschutz dienen kann. Ein potentieller Kläger vor den europäischen Gerichten wird nachweisen müssen, dass er beschwert ist. Hier besteht jedoch eine Unsicherheit, mit der ein durch eine Maßnahme Betroffener rechnen muss. 267
EuGH, Rs. C-395/00, Distillerie Fratelli Cipriani, Slg. 2002, S. I-11877, Rn. 51.
72
2. Kapitel
Anders als die „beschwerende Maßnahme“ ist die „Sanktion“ ein traditionsreicher Begriff des juristischen Diskurses.268 Darüber hinaus kommt sie im Vergleich zur beschwerenden Maßnahme sowohl in unionalen Gesetzgebungstexten als auch im politischen Diskurs häufig vor. Die Sanktion bietet sich mithin eher als rechtsschutzeröffnende Kategorie an als die beschwerende Maßnahme, da man bei letzterer ausschließlich auf die Rechtsprechung rekurrieren kann, um festzustellen, ob die Verteidigungsrechte anwendbar sind. Bei der Sanktion findet sich reichhaltiges Rechtsaktmaterial269 und eine umfangreiche und fruchtbare theoretische Literatur, die sich mit den einzelnen Facetten dieses Begriffes und seiner Funktion für das Rechtssystem beschäftigt.270 Kläger haben somit mehr Argumentationsstützen für den Nachweis, von einer Sanktion betroffen zu sein, als wenn sie versuchten zu belegen, dass sie eine Maßnahme beschwert. Es kann sich also ein Kläger sicher auf seine Verteidigungsrechte berufen, wenn ihm der Nachweis gelingt, dass gegen ihn (möglicherweise) eine Sanktion verhängt wurde oder wird. Wenn hingegen dieser Nachweis nur schwer zu erbringen ist oder wenn offensichtlich keine Sanktion droht und wenn zugleich die Geltung der Verteidigungsrechte nicht aufgrund Primär- oder abgeleiteten Rechts vorgesehen ist, bleibt der Betroffene damit noch nicht ohne Verteidigungsrechte. Der Betroffene muss nun jedoch weitere Aspekte darlegen, die belegen, dass ihn die jeweilige Maßnahme hinreichend qualifiziert beschwert. Anhaltspunkte für eine genaue Abgrenzung, ob, auf welche Weise und ab welcher Schwelle eine Maßnahme eine beschwerende Wirkung hat, sind aus der Rechtsprechung der europäischen Gerichte jedoch nur unter Schwierigkeiten herzuleiten. In der Regel nehmen die Gerichte eine solche Maßnahme einfach an oder lehnen ihr Vorliegen ab, ohne in eine vertiefte Betrachtung ihrer Wirkung einzusteigen. Ein Kriterium wird die spürbare Beeinträchtigung der klägerischen Interessen sein, wie es der EuGH in seiner Rechtsmittelentscheidung zur Sache Lisrestal formuliert hat und in späteren Urteilen – zum Teil allerdings auch zur Sanktion – weiter verwendet hat.271 Der Kläger einer 268
Zur die Regel bestätigenden Ausnahme im Beamtenrecht sogleich, unter 2. Kapitel B. 269 270 271
Dazu unten, unter 4. Kapitel B. Dazu oben, unter 1. Kapitel B.
EuGH, Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I-5373, Rn. 21; ebenso Rs. C-462/98 P, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 2000, S. I-
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Nichtigkeitsklage ist also im sicheren Bereich seiner Verteidigungsrechte, wenn es um eine Sanktion geht, wohingegen der unsicherere Bereich dort liegt, wo (lediglich) eine Beschwer geltend gemacht wird.
B. Abgrenzungen I: Die beschwerende Maßnahme im Beamtenstatut und die Klagebefugnis nach Art. 230 Abs. 4 EG I. Das Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme als Sachurteilsvoraussetzung nach dem Beamtenstatut Wenn zuvor die Ansicht vertreten wurde, dass der Begriff der „beschwerenden Maßnahme“ keine Tradition im gemeinschaftsrechtlichen Diskurs habe, muss hier auf eine praktisch bedeutsame Ausnahme hingewiesen werden: In Art. 90 Abs. 2 des Beamtenstatuts272 ist ausdrücklich ein Beschwerderecht für Beamte bei ihrer Anstellungsbehörde vorgesehen, wenn sie von einer „beschwerenden Maßnahme“ betroffen sind.273 Die Durchführung dieses Vorverfahrens ist nach Art. 91 Abs. 2 des Statuts Sachentscheidungsvoraussetzung für eine Klage zum Gerichtshof zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der beschwerenden Maßnahme nach Art. 236 EG i.V.m. Art. 91 Abs. 1 des Statuts.274 7183, Rn. 36; Rs. C-395/00, Distillerie Fratelli Cipriani, Slg. 2002, S. I-11877, Rn. 51; EuG, Rs. T-102/00, Vlaams Fonds voor de Sociale Integratie van Personen met een Handicap/Kommission, Slg. 2003, S. II-2433, Rn. 59. 272
Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind, ABl. 1968, L 56, S. 1. 273
Ebenso ist in Art. 90a Satz 2 des Statuts ein Beschwerderecht des Betroffenen zum Direktor von OLAF vorgesehen, sofern im Zusammenhang mit einer Untersuchung des Betrugsbekämpfungsamts eine „beschwerende Maßnahme“ ergangen ist. 274
St. Rspr., siehe EuGH, verb. Rs. 177/73 und 5/74, Reinarz/Kommission, Slg. 1974, S. 819, Rn. 5/7; EuG, Rs. T-50/92, Fiorani/Parlament, Slg. 1993, S. II555, Rn. 29; Beschluss vom 22.3.2006, Rs. T-4/05, Strack/Kommission, Slg. ÖD 2006, S. II-0000, Rn. 35; EuGöD, Urt. vom 2.5.2007, Rs. F-23/05, Giraudy/Kommission, Slg. ÖD 2007, S. I-0000, Rn. 69. Dazu Grabitz/Hilf-
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2. Kapitel
Was unter einer beschwerenden Maßnahme i.S.d. Art. 90 f. des Statuts zu verstehen ist, haben die europäischen Gerichte mit unterschiedlichen Schwerpunkten letztlich einheitlich bestimmt. Nach zwei parallel laufenden Rechtsprechungslinien sind beschwerende Maßnahmen solche Maßnahmen, „die die Rechtsstellung der Betroffenen unmittelbar und sofort berühren“,275 bzw. solche, „die geeignet sind, unmittelbar eine bestimmte Rechtslage zu beeinträchtigen“.276 Die letztere Formulierung hat der Gerichtshof bereits 1964 vorweggenommen, indem er Maßnahmen, „die geeignet sind, unmittelbar auf eine bestimmte Rechtsstellung einzuwirken“, als beschwerend i.S.d. Art. 91 des Statuts ansah.277 Diese beiden Linien sind in der Rechtssache Baiwir im Jahr 1996 durch das Gericht erster Instanz zusammengeführt worden.278 Die nur auf Französisch erhältliche Formulierung in dieser Rechtssache hat das Gericht auch im Beschluss in der Rechtssache Strack im Jahr 2006 beibehalten, dessen deutsche Fassung hier zitiert werden soll: „Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer beschwerenden Maßnahme im Sinne der Artikel 90 Absatz 2 und 91 Absatz 1 des Statuts eine unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit jeder Klage eines Beamten gegen das Organ, dem er angehört (Urteile des Gerichts vom 13. Juli 1993 in der Rechtssache T-20/92, Moat/Kommission, Slg. 1993, II-799, Randnr. 39, und Baiwir/Kommission, Randnr. 34). Nach der Rechtsprechung stellen nur solche Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen entfalten, die die Interessen des Klägers dadurch unmittelbar und sofort beeinträchtigen können, dass sie seine Rechtsstellung in qualifizierter Weise verändern, Handlungen dar, die Gegenstand einer Anfechtungsklage U. Karpenstein, Art. 236, Rn. 12 ff.; Lenz/Borchardt-Borchardt, Art. 236, Rn. 13. 275
EuGH, Rs. 204/85, Stroghili/Rechnungshof der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1987, S. 389, Rn. 6; Rs. 372/87, Progoulis/Kommission, Slg. 1988, S. 3091, Rn. 10; ähnlich EuG, Rs. T-20/90, Moat/Kommission, Slg. 1993, S. II799, Rn. 43. 276
EuGH, Rs. 32/68, Grasselli/Kommission, Slg. 1969, S. 505, Rn. 3/5; verb. Rs. 177/73 und 5/74, Reinarz/Kommission, Slg. 1974, S. 819, Rn. 13; verb. Rs. 66 bis 68 und 136 bis 140/83, Hattet u.a./Kommission, Slg. 1985, S. 2459, Rn. 22; EuG, Rs. T-50/92, Fiorani/Parlament, Slg. 1993, S. II-555, Rn. 29. 277 278
EuGH, Rs. 26/63, Pistoj/Kommission, Slg. 1964, S. 737 (759).
EuG, Rs. T-391/94, Baiwir/Kommission, Slg. ÖD 1996, S. I-A-269, II787, Rn. 34.
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sein können (Urteile des Gerichts vom 19. Oktober 1995 in der Rechtssache T-562/93, Obst/Kommission, Slg. ÖD 1995, I-A-247 und II-737, Randnr. 23, und Baiwir/Kommission, Randnr. 34).279 Mit dieser etwas umständlichen Formulierung hat das Gericht zur Bestimmung einer beschwerenden Maßnahme die Merkmale „verbindliche Rechtswirkungen“, „unmittelbare und sofortige Beeinträchtigung individueller Interessen“ und „qualifizierte Änderung individueller Rechtsstellung“ ausgemacht und damit die beiden zeitlich parallel verwendeten Formulierungen zusammen geführt. Der Gerichtshof hat – allerdings nur in einer Kammerbesetzung mit drei Richtern – in seinem Beschluss über das Rechtsmittel zur Rechtssache Strack im Jahr 2007 versucht, diese Rechtsprechung etwas klarer zu strukturieren. Die einschlägigen Randnummern des Urteils lauten: „62. Zunächst ist darauf zu hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs nur solche Maßnahmen, die die Rechtsstellung der Betroffenen unmittelbar und individuell betreffen, als beschwerende Maßnahmen angesehen werden können (vgl. u.a. Urteil vom 21. Januar 1987, Stroghili/Rechnungshof, 204/85, Slg. 1987, 389, Randnr. 6, sowie Beschlüsse vom 16. Juni 1988, Progoulis/Kommission, 372/87, Slg. 1988, 3091, Randnr. 10, und vom 3. Dezember 1992, Moat/Kommission, C-32/92 P, Slg. 1992, I-6379, Randnr. 9). Außerdem hat der Gerichtshof den Begriff der beschwerenden Maßnahme im Sinne von Art. 90 des Statuts wiederholt dahin ausgelegt, dass darunter alle Maßnahmen fallen, die geeignet sind, unmittelbar eine bestimmte Rechtslage zu beeinträchtigen (vgl. u.a. Urteile vom 10. Dezember 1969, Grasselli/Kommission, 32/68, Slg. 1969, 505, Randnr. 4, vom 11. Juli 1974, Reinarz/Kommission, 177/73 und 5/74, Slg. 1974, 819, Randnr. 13, und vom 11. Juli 1985, Hattet u.a./Kommission, 66/83 bis 68/83 und 136/83 bis 140/83, Slg.1985, 2459, Randnr. 22). 63. Somit hat das Gericht erster Instanz im Hinblick auf den Begriff der beschwerenden Maßnahme in seiner Auslegung durch die Gemeinschaftsgerichte zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Maßnahmen die Rechtsstellung des Rechtsmittelführers nicht unmittelbar und individuell betreffen und daher nicht als beschweren-
279
EuG, Beschluss vom 22.3.2006, Rs. T-4/05, Strack/Kommission, Slg. ÖD 2006, S. II-0000, Rn. 35.
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de Maßnahmen im Sinne von Art. 90 Abs. 2 und Art. 91 Abs. 1 des Statuts angesehen werden können.“280 Darin zeigt sich, dass es der Gerichtshof zwar bei der parallelen Bestimmung des Begriffs der „beschwerenden Maßnahme“ belassen möchte, er aber letztlich vor allem auf die unmittelbare und individuelle Betroffenheit einer Person in ihrer Rechtsstellung abstellt. Diese Formulierung weckt eindeutige Assoziationen zur Frage der individuellen Klagebefugnis nach Art. 230 Abs. 4 EG. Den Schwierigkeiten, die hieraus folgen, wird im folgenden Abschnitt nachgegangen.281 Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass es im Beamtenrecht den Begriff der beschwerenden Maßnahme gibt, zu dem auch eine umfassende Rechtsprechung ergangen ist. Der Konzeption des Statuts entsprechend handelt es sich um eine Sachentscheidungsvoraussetzung für eine dienstrechtliche Nichtigkeitsklage. Das bedeutet, dass es sich dabei zwar um eine rechtsschutzeröffnende Kategorie handelt. Diese ist jedoch allein im Rahmen der Zulässigkeit von Bedeutung, wo prinzipiell nicht allzu strenge Maßstäbe an die Darlegungslast des Klägers zu legen sind.282 Das verdeutlichen die Urteile, welche in der Zulässigkeitsprüfung nicht konkret feststellen, dass eine bestimmte Maßnahme einen Kläger beschwert, sondern dass sie „geeignet“ ist, ihn zu beschweren.283 Etwas anderes ist es jedoch, wenn es darum geht, den Geltungsbereich der Verteidigungsrechte – sei es auf Grund des Vorliegens einer beschwerenden Maßnahme, sei es wegen des Vorliegens einer Sanktion – abzugrenzen. Hierbei handelt es sich um eine Frage des materiellen Rechts, die einer genauen Prüfung bedarf. Dieses Problem ist Gegenstand der folgenden Ausführungen.
280
EuGH, Beschluss vom 8.3.2007, Rs. C-237/06 P, Strack/Kommission, Slg. 2007, S. I-33, Rn. 62 f. 281
Sogleich, unter 2. Kapitel B.II.
282
Das verdeutlicht auch der Umstand, dass Art. 91 Abs. 1 des Beamtenstatuts zum Hauptanwendungsbereich der compétence de pleine juridiction des Art. 229 EG gehört, Herdegen/Richter, in: Frowein, Kontrolldichte bei der gerichtlichen Überprüfung von Handlungen der Verwaltung, S. 209 (235). Zu Art. 229 EG näher unten, unter 4. Kapitel B.I.1. 283
EuGH, Rs. 32/68, Grasselli/Kommission, Slg. 1969, S. 505, Rn. 3/5; verb. Rs. 177/73 und 5/74, Reinarz/Kommission, Slg. 1974, S. 819, Rn. 13; verb. Rs. 66 bis 68 und 136 bis 140/83, Hattet u.a./Kommission, Slg. 1985, S. 2459, Rn. 22.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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II. Beschwerende Maßnahme und Klagebefugnis nach Art. 230 Abs. 4 EG Nach den vorangegangenen Ausführungen zur beschwerenden Maßnahme im Beamtenrecht spricht ein weiterer Gesichtspunkt für die hier vorgebrachte Auffassung, wonach dem Begriff der Sanktion gegenüber dem der beschwerenden Maßnahme eine eigene rechtsschutzspezifische Funktion zukommt. Wie vor allem die Urteile zum Beamtenrecht zeigen, in denen nicht mit der Sanktion, sondern mit der beschwerenden Maßnahme argumentiert wurde, besteht die Möglichkeit, dass der Begriff der „beschwerenden Maßnahme“ mit der Frage der Klagebefugnis bei der Nichtigkeitsklage nach Art. 230 Abs. 4 EG gekoppelt wird. Das ist gerade durch das Beamtenrecht belegt, wo die beschwerende Maßnahme wegen Art. 91 des Beamtenstatuts bei der Frage der Zulässigkeit einer dienstrechtlichen Nichtigkeitsklage relevant wird. Verstärkt wird diese bereits strukturell angelegte Zuordnung des Begriffs zu Zulässigkeitsfragen durch die Entscheidungen der europäischen Gerichte, die sich zur Bestimmung des Begriffs der beschwerenden Maßnahme mit der unmittelbaren und individuellen Betroffenheit engstens an die Formulierung anlehnen, die Art. 230 Abs. 4 EG für die Frage der individuellen Klagebefugnis bei Nichtigkeitsklagen vorsieht.284 Dagegen verdeutlicht die Rechtssache Fiskano, dass dort, wo mit der Sanktion argumentiert wird, um eine unmittelbare Betroffenheit zu begründen, klarer getrennt und somit deutlicher zwischen Verteidigungsrechten und Klagebefugnis unterschieden werden kann.285 Das liegt daran, dass das Verhältnis des unmittelbaren und individuellen Betroffenseins im Sinne der Nichtigkeitsklagebefugnis zum Beschwertsein bei der Geltung der Verteidigungsrechte höchst unklar und nur schwierig näher zu bestimmen ist. Jedoch ist es erforderlich, hier klar zu trennen, 284
So vor allem die jüngste Entscheidung des EuGH, Beschluss vom 8.3.2007, Rs. C-237/06 P, Strack/Kommission, Slg. 2007, S. I-33, Rn. 62 f. Ebenso bereits EuGH, Rs. 204/85, Stroghili/Rechnungshof der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1987, S. 389, Rn. 6; Rs. 372/87, Progoulis/Kommission, Slg. 1988, S. 3091, Rn. 10; EuG, Rs. T-50/92, Fiorani/Parlament, Slg. 1993, S. II555, Rn. 29.; Rs. T-391/94, Baiwir/Kommission, Slg. ÖD 1996, S. I-A-269, II787, Rn. 34; Beschluss vom 22.3.2006, Rs. T-4/05, Strack/Kommission, Slg. ÖD 2006, S. II-0000, Rn. 35. 285
EuGH, Rs. C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, S. I-2885, Rn. 22 ff. Siehe näher oben, Text bei Fn. 211.
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da es sich dabei um zwei unterschiedliche rechtliche Kategorien handelt. Während eine Klage eines Einzelnen wegen der Verletzung der Verteidigungsrechte begründet sein kann, ist sie nur zulässig, wenn der Einzelne nachweist, dass er durch die fragliche Maßnahme unmittelbar betroffen ist. Die Differenzierung ist über diesen dogmatischen Aspekt hinaus erforderlich, da ein direkter Schluss von der Klagebefugnis auf die Beachtung der Verteidigungsrechte droht, in der Rechtsprechung die tatsächliche Folge zu zeitigen, dass die Verteidigungsrechte zu weit oder aus (prozess-)ökonomischen Gründen die Klagebefugnis zu eng gefasst werden. Nach Art. 230 Abs. 4 EG ist eine natürliche oder juristische Person klagebefugt auch gegen Akte mit allgemeiner Geltung, wenn sie nachweisen kann, dass sie durch eine Maßnahme der europäischen Hoheitsträger unmittelbar und individuell betroffen ist. Hierzu bedient sich der EuGH seit der Rechtssache Codorniu der berühmten Formel aus der Rechtssache Plaumann aus dem Jahr 1963.286 Danach ist eine Person, ohne Adressat einer Entscheidung zu sein, von der angegriffenen Maßnahme mit allgemeiner Geltung individuell betroffen, wenn die Maßnahme sie „wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, [sie] aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und [sie] daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten“.287 Leichter festzustellen – und im vorliegenden Zusammenhang von vorrangigem Interesse – ist, ob eine Person unmittelbar betroffen ist.288 Dafür ist zu prüfen, „ob eine Handlung die Interessen des Klägers durch einen unmittelbaren Eingriff in seine Rechtsstellung beeinträchtigt“.289 Hier zeigt sich ebenso deutlich die – nach der hier vertretenen Ansicht aufgrund der Vermengung unterschiedlicher Kategorien: gefährliche – Nähe zur Formulierung der europäischen Gerichte, dass eine beschwe-
286
EuGH, Rs. C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, S. I-1853, Rn. 20. Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, S. 92 f. 287 288 289
EuGH, Rs. 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, S. 213 (238). Arnull, CMLRev. 38 (2001), S. 7 (25).
EuGH, verb. Rs. 41 bis 44/70, NV International Fruit Company u.a./Kommission, Slg. 1971, S. 411, Rn. 23/29; Rs. C-386/96 P, Société Louis Dreyfus/Kommission, Slg. 1998, S. I-2309, Rn. 43.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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rende Maßnahme im Sinne der Art. 90 f. des Beamtenstatuts eine Beeinträchtigung einer Rechtsstellung voraussetzt.290 Ob eine Handlung individuelle Interessen durch einen unmittelbaren Eingriff in eine individuelle Rechtsstellung beeinträchtigt, hängt davon ab, ob die Maßnahme noch eines weiteren Umsetzungsakts bedarf, der zumindest teilweise mit einem Ermessen der den Umsetzungsakt erlassenden Stelle einhergeht.291 Ein lediglich theoretisches Ermessen der nationalen Stelle schließt die unmittelbare Betroffenheit nicht aus.292 Irreführend ist es hingegen zu behaupten, dass eine Person unmittelbar betroffen sei, wenn „the Community measure affects the applicant’s legal situation“.293 Zum einen ersetzt eine solche Bestimmung lediglich das Wort „concerns“ durch „affects“, welche im Grunde dieselbe Bedeu-
290
EuGH, Rs. 26/63, Pistoj/Kommission, Slg. 1964, S. 737 (759); Rs. 32/68, Grasselli/Kommission, Slg. 1969, S. 505, Rn. 3/5; verb. Rs. 177/73 und 5/74, Reinarz/Kommission, Slg. 1974, S. 819, Rn. 13; verb. Rs. 66 bis 68 und 136 bis 140/83, Hattet u.a./Kommission, Slg. 1985, S. 2459, Rn. 22; Beschluss vom 8.3.2007, Rs. C-237/06 P, Strack/Kommission, Slg. 2007, S. I-33, Rn. 62; EuG, Beschluss vom 22.3.2006, Rs. T-4/05, Strack/Kommission, Slg. ÖD 2006, S. II0000, Rn. 35. 291
EuGH, verb. Rs. 106 und 107/63, Toepfer u.a./Kommission, Slg. 1965, S. 548 (556); verb. Rs. 41 bis 44/70, NV International Fruit Company u.a./Kommission, Slg. 1971, S. 411, Rn. 23/29; Rs. 92/78, Simmenthal/Kommission, Slg. 1979, S. 777, Rn. 23/26 f.; Rs. 123/77, UNICME u.a./Rat, Slg. 1978, S. 845, Rn. 8/13; verb. Rs. 103-109/78, Société des Usines de Beauport u.a./Rat, Slg. 1979, S. 17, Rn. 20/22; Rs. 222/83, Commune de Differdange u.a./Kommission, Slg. 1984, S. 2889, Rn. 12; Rs. C-386/96 P, Société Louis Dreyfus/Kommission, Slg. 1998, S. I-2309, Rn. 43; EuG, Rs. T-189/97, Comité d’entreprise de la Société française de production u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-335, Ls. 3; verb. Rs. T-172/98, T-175/98 bis T-177/98, Salamander u.a./Parlament und Rat, Slg. 2000, S. II-2487, Rn. 52. 292
EuGH, Rs. 11/82, Piraiki-Patraiki u.a./Kommission, Slg. 1985, S. 207, Rn. 7 ff.; Rs. C-386/96 P, Société Louis Dreyfus/Kommission, Slg. 1998, S. I2309, Rn. 44. 293
So aber Groussot, LIEI 30 (2003), S. 221 (224 f.) [Hervorhebung hinzugefügt], unter Verweis auf EuGH, Rs. 294/83, Partie Écologiste „Les Verts”/Parlament, Slg. 1986, S. 1339, Rn. 31. Dieser Verweis ist jedoch nur teilweise zutreffend, da auch dort das Hauptaugenmerk auf der Frage des Ermessens der nationalen Behörde liegt. Deswegen formuliert Arnull, CMLRev. 38 (2001), S. 7 (25), zu Recht differenzierter: „In order to establish direct concern, it must be shown that, at the time the contested measure was adopted, it was substantially certain that it would affect the applicant.“ [Hervorhebung hinzugefügt].
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tung haben und beide mit „betreffen“ übersetzt werden können. Für die Frage, wann eine unmittelbare Betroffenheit vorliegt, bringt diese Definition also keinen Gewinn. Insoweit auf die „rechtliche Situation“ Bezug genommen wird, mag dies ein relevanter Aspekt der Betroffenheit im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG sein.294 Jedoch wird damit nur auf die Frage geantwortet, worin eine Person durch eine Maßnahme betroffen ist, nicht hingegen, auf welche Weise dies geschieht – und eben das ist die Frage nach der Unmittelbarkeit. Schließlich bringt eine Bestimmung der Unmittelbarkeit über das Verb „to affect“ noch ein weiteres Problem mit sich. Die Urteile der europäischen Gerichte, welche die Beachtung der Verteidigungsrechte an die Verhängung einer „beschwerenden Maßnahme“ knüpfen, sprechen in den englischen Sprachfassungen davon, dass die Verteidigungsrechte zu respektieren seien „in all proceedings which are initiated against a person and are liable to culminate in a measure adversely affecting that person“.295 Zwar ist in diesem Fall „affect“ durch das Adverb „adversely“ modifiziert. Die Gefahr, den Anknüpfungspunkt für die Verteidigungsrechte mit dem für die Klagebefugnis zu verwechseln, wird durch eine Verwendung des Verbs „affect“ in beiden Fällen nichtsdestotrotz erhöht. Abgesehen davon kann auch eine gesetzgeberische Maßnahme mit genereller Wirkung eine Person im Sinne des englischen „affect“ betreffen, obwohl noch weitere Akte der durchführenden nationalen Stellen hinzutreten müssen. Aber genau hier soll ja das Merkmal der Unmittelbarkeit für eine Beschränkung des möglichen Kreises an Klagebefugten sorgen. Damit soll jedoch nicht ausgeschlossen werden, dass eine dahingehende Interpretation des Merkmals der individuellen Betroffenheit in der Zukunft de lege lata möglich ist.296 Mit der Unmittelbarkeit dieses Betroffenseins hat das aber nichts zu tun. Die Gefahr der Verwechslung von Fragen der Zulässigkeit einer Klage mit solchen nach ihrer Begründetheit wird in der Literatur gerade in diesem Zusammen294
Ähnlich van den Broek, LIEI 30 (2003), S. 61 (63): Es müsse eine „direct causality“ zwischen der angegriffenen Maßnahme und der rechtlichen Situation des Klägers bestehen. 295
Siehe nur EuG, Rs. T-450/93, Lisrestal u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II1177, Rn. 42 [Hervorhebung hinzugefügt]; Rs. T-260/94, Air Inter/Kommission, Slg. 1997, S. II-997, Rn. 59; EuGH, Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I-5373, Rn. 21; Rs. C-462/98 P, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 2000, S. I-7183, Rn. 36. 296
So z.B. Arnull, CMLRev. 38 (2001), S. 7 (43); Gormley, Cambridge YELS 4 (2001), S. 167 (177).
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hang auch gesehen, weswegen diese Bestimmung des Begriffs der individuellen Betroffenheit nur mit Vorsicht verwendet wird.297 Somit ist zu schließen, dass ein unmittelbares Betroffensein im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG vorliegt, wenn ohne weiteren Ermessensakt der mit der Durchführung befassten nationalen Stelle eine Beeinträchtigung einer individuellen Rechtsstellung vorliegt.298 Diese Antwort auf die Frage nach der Zulässigkeit einer Nichtigkeitsklage zeigt gerade mit der Formulierung des Eingriffs in eine Rechtsstellung, dass die Antwort auf die Frage nach ihrer Begründetheit mit dem Zusammenhang zur Feststellung, dass eine Sanktion vorliegt, häufig ähnlich ausfallen wird. Sie macht jedoch zudem noch deutlicher, dass es konzeptionell wesentlich leichter fällt, die Begründetheit einer Klage in Bezug auf eine Sanktion von der Zulässigkeit der Klage in Bezug auf die Voraussetzungen des Art. 230 Abs. 4 EG zu unterscheiden. Die Konstruktion der Verteidigungsrechte über die beschwerende Maßnahme führt dagegen allzu leicht zu einer Vermengung dieser voneinander zu trennenden Kategorien.
C. Abgrenzungen II: Die Sanktion als Frage der Kompetenz An dieser Stelle ist noch im Wege einer weiteren Abgrenzung auf ein anderes klassisches Problem einzugehen, welches im Zusammenhang mit der Sanktion im Recht der Europäischen Union diskutiert wird: Die Frage der Kompetenz der Union zur Verhängung oder Festlegung der Voraussetzungen einer Sanktion. Auch diesbezüglich käme es in Betracht, dem Sanktionsbegriff eine spezifische Funktion zuzuordnen. So könnte argumentiert werden, dass der Union nicht oder nur eingeschränkt die Kompetenz zusteht, Sanktionen zu erlassen oder vorzuschreiben, während sie diese Kompetenz für reine Verwaltungsmaßnahmen oder für beschwerende Maßnahmen hat. 297 298
Arnull, CMLRev. 38 (2001), S. 7 (40 ff., insbes. 42).
So im Sinne der oben, Fn. 291, angegebenen Rechtsprechung die allgemeine Ansicht, siehe nur Albors-Llorens, Cambridge LJ 62 (2003), S. 72 (75 f.); Cremer, EuGRZ 2004, S. 577 (582); Kronenberger/Dejmek, ELF 2002, S. 257 (258); J. Schwarze, DVBl. 2002, S. 1297 (1301); Usher, ELRev. 28 (2003), S. 575 (577); Varju, EPL 2004, S. 43 (46); Ward, Cambridge YELS 4 (2001), S. 413 (422).
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Als primärrechtlichen Anknüpfungspunkt für eine gemeinschaftliche Sanktionsbefugnis machten einige Autoren Art. 172 E(W)GV (jetzt Art. 229 EG) aus.299 Nach mittlerweile jedoch vorherrschender und dem Wortlaut gemäßer Auffassung setzt Art. 229 EG eine bestehende Sanktionskompetenz der Union voraus und begründet sie nicht.300 Eine über die ausdrücklichen speziellen Ermächtigungen in Art. 83 Abs. 2 lit. a) EG und Art. 110 Abs. 3 EG hinausgehende allgemeine Sanktionsbefugnis der Gemeinschaft ließ sich nicht feststellen; ein weiter Spielraum für eine wissenschaftliche Debatte war demnach gegeben.301 Der EuGH verdeutlichte jedoch schon früh, dass der Gemeinschaft eine grundsätzliche Sanktionsbefugnis zustehen kann, als er im Urteil Amsterdam Bulb aus dem Jahr 1977 den Mitgliedstaaten die Befugnis zusprach, Sanktionen für den Fall einer Gemeinschaftsrechtsverletzung vorzusehen, „wenn die Gemeinschaftsregelung keine Vorschrift enthält, die für den Fall ihrer Verletzung durch den Einzelnen bestimmte Sanktionen vorsieht“.302 Der Gerichtshof geht also seitdem davon aus, dass der Gemeinschaft selbst auch eine diesbezügliche Kompetenz zustehen kann, in Abhängigkeit von der jeweiligen Rechtsgrundlage.303 Dies blieb auch in den folgenden Jahren im Grundsatz unbestritten. Bis in die frühen 1990er Jahre ist allerdings intensiv diskutiert worden, wann eine solche Sanktionsbefugnis der Gemeinschaft einschlägig ist
299
Prominentester Vertreter: Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 26/6. Ebenso Winkler, Die Rechtsnatur der Geldbuße, S. 23; Schweitzer/Hummer, Europarecht, Rn. 418. 300
Zuleeg, JZ 1992, S. 761 (763); Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (176). Allerdings deutet Art. 229 EG umgekehrt darauf hin, dass es tatsächlich Sanktionsbefugnisse gibt, die über die in Art. 83 Abs. 2 lit. a) EG und Art. 110 Abs. 3 EG genannten Maßnahmen hinausgehen, Vogel, ebd.; Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 100. 301 Ausführliche Überblicke über die Diskussion bieten Böse, Strafen und Sanktionen, S. 61 ff.; Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 134 ff.; Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 92 ff.; Vervaele, in: ders., Administrative Law Application and Enforcement of Community Law, S. 161 ff.; Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170; Zuleeg, JZ 1992, S. 761 (762 ff.). 302
EuGH, Rs. 50/76, Amsterdam Bulb, Slg. 1977, S. 137, Rn. 33 [Hervorhebung hinzugefügt]. 303
Böse, Strafen und Sanktionen, S. 56.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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und wie weit sie gehen kann.304 Diese Diskussion hat der EuGH in seinem wegweisenden Urteil aus dem Jahr 1992 in der Rechtssache Deutschland/Kommission dadurch weitestgehend beendet oder zumindest entschärft, dass er der Gemeinschaft eine umfassende Sanktionskompetenz im Agrarbereich zugestand.305 Ausgehend hiervon besteht im Grundsatz kein Zweifel mehr, dass der Union in bestimmten Sachbereichen die Befugnis zusteht, Sanktionen vorzusehen und/oder zu verhängen. Dabei ist nach dem Urteil Deutschland/Kommission von einer weitgefassten Kompetenz auszugehen,306 die auch nicht auf das Landwirtschaftsrecht beschränkt ist, sondern auf die Bereiche der sachlichen Kompetenz der Union.307 Demnach steht der Union grundsätzlich eine Sanktionsbefugnis zu, sofern sie eine materielle Befugnis zur Rechtssetzung auf dem jeweiligen Rechtsgebiet hat, die über eine reine Koordinierungstätigkeit hinausgeht. Der Fokus der Diskussion hat sich seitdem verschoben von der Frage nach der grundsätzlichen Sanktionsbefugnis der Union zur Frage nach einer Strafrechtsetzungskompetenz im engeren Sinne.308 Die Bundesre304
Siehe beispielsweise P. Tiedemann, NJW 1983, S. 2727 (2729 f.); K. Tiedemann, NJW 1990, S. 2226 (2231); GA Jacobs, in: Rs. C-240/90, Deutschland/Kommission, Slg. 1992, S. I-5383, Rn. 8 ff. Überblicke bei Tesauro, in: F.I.D.E., La Sanction des Infractions, vol. 2, S. 423 (460 ff.); Zuleeg, JZ 1992, S. 761 (762 ff.); Grasso, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 127 (129 ff.); Vervaele, in: ders., Administrative Law Application and Enforcement of Community Law, S. 161; Kadelbach, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 81 (84); Böse, Strafen und Sanktionen, S. 61 ff., Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 134 ff. 305
EuGH, Rs. C-240/90, Deutschland/Kommission, Slg. 1992, S. I-5383, Rn. 11 ff. 306
K. Tiedemann, NJW 1993, S. 49.
307
Böse, Strafen und Sanktionen, S. 78; Grasso, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 127 (131); Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 145 ff., 166 f.; jeweils mit unterschiedlichen Differenzierungen. Restriktiver Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170. 308
Siehe ausführlich Cuerda, in: Schünemann/Suárez González, Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, S. 367 ff.; Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 90 ff. (Kapitel 2, Abschnitt B.); Sieber, in: Schünemann/Suárez González, Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, S. 349 (356 ff.); Sieber, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 71 ff.; Stiebig, EuR 2005, S. 2005; Zuleeg, in: Vervaele, Compliance and Enforcement of European Community Law, S. 349 (351 ff.); Zuleeg, European Competition Law Annual 6 (2001), S. 451 ff.
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publik hatte im Fall Deutschland/Kommission argumentiert, dass die fragliche Maßnahme deswegen nicht von der Kommission erlassen werden durfte, da sie Strafcharakter habe und der Gemeinschaft keine Kompetenz zum Erlass von Strafrechtsnormen zustehe.309 Der EuGH ließ sich hierauf nicht ein und urteilte, dass eine Strafsanktion nicht vorliege und demnach die Frage nach den strafrechtlichen Kompetenzen der Gemeinschaft nicht zu beantworten sei.310 Seitdem hat die wissenschaftliche Auseinandersetzung über die strafrechtlichen Befugnisse der Union noch an Schärfe hinzugewonnen, woran weder die den Art. 209a EGV ändernde Vorschrift des Art. 280 Abs. 4 S. 2 EG im Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Union noch die Einführung des Art. 135 S. 2 EG im Bereich der Zollzusammenarbeit durch den Amsterdamer Vertrag 1997 etwas änderte (beide lauten: „Die Anwendung des Strafrechts der Mitgliedstaaten und ihre Strafrechtspflege bleiben von diesen Maßnahmen unberührt.“).311 Auch diesbezüglich hat der Gerichtshof jedoch in seinem grundlegenden Urteil in der Rechtssache Kommission/Rat aus dem Jahr 2005 für den Bereich des Umweltrechts festgestellt, dass das Strafrecht zwar grundsätzlich nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft falle (anderes gilt für das Unionsrecht im Bereich der polizeilichen und justitiellen Zusammenarbeit in Strafsachen). Art. 175 EG ermögliche dem Gemeinschaftsgesetzgeber aber die Harmonisierung nationalen Strafrechts auf diesem Gebiet, sofern das „eine zur Bekämpfung schwerer Beeinträchtigungen der Umwelt unerlässliche Maßnahme“ sei.312 Da Art. 175 Abs. 1 oder Abs. 3 UAbs. 2 EG lediglich das „Tätigwerden der Gemeinschaft“ bzw. die zur Durchführung der Umweltaktionsprogramme „erforderlichen Maßnahmen“ als Anknüpfungspunkt für die Ausübung 309
EuGH, Rs. C-240/90, Deutschland/Kommission, Slg. 1992, S. I-5383, Rn. 17. 310
EuGH, Rs. C-240/90, Deutschland/Kommission, Slg. 1992, S. I-5383, Rn. 24 f. Dazu insbesondere K. Tiedemann, NJW 1993, S. 49. Die Ausführungen des Gerichtshofs bezogen sich nur auf den Ausschluss von einer Subvention, nicht jedoch auf den im selben Fall verhängten Zuschlag, deren strafähnlicheren Charakter man durchaus hätte diskutieren können, Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 97, Fn. 509. Das verkennt Stoffers, JA 1994, S. 131 (132). 311
Zur Diskussion um diese Vorschriften ausführlich: Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 138 ff.; Böse, GA 2006, S. 211 (214 f.); Fromm, ZIS 2007, S. 26 (28 ff.). 312
EuGH, Rs. C-176/03, Kommission/Rat, Slg. 2005, S. I-7879, Rn. 47 ff.
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der Umweltkompetenz erwähnt, ist davon auszugehen, dass sich die Rechtsprechung im Sinne einer Art Annexkompetenz auch auf andere Zuständigkeitsbereiche der Gemeinschaft ausdehnen lässt, denen ähnlich gefasste Ermächtigungsnormen zugrunde liegen.313 Das gilt nach dem jüngsten Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Kommission/Rat vom Oktober 2007 umso mehr, da er hier nicht mehr ausschließlich auf den Umweltschutzgesichtspunkt abstellte, sondern diesen lediglich neben dem der Sicherheit des Schiffsverkehrs anführte.314 Kodifiziert wird dieser Gedanke nach dem Lissabonner Vertrag durch Art. 83 Abs. 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Nach den beiden Urteilen wird Schranke für eine strafrechtliche Kompetenz der Gemeinschaft (häufig „Anweisungskompetenz“ genannt315) zur Gewährleistung der vollen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts lediglich – aber immerhin – ein verschärfter Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sein: Es müssen schwere Beeinträchtigungen der gemeinschaftlichen Politik drohen, die nur mit hierfür unerlässli-
313
Kommission, Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat über die Folgen des Urteils des Gerichtshofs vom 13. September 2005 (Rs. C-176/03, Kommission gegen Rat), 24. November 2005, KOM (2005) 583 endg., Rn. 6, 8; Spinellis, EuConstLRev. 2006, S. 293 (300); Fromm, ZIS 2007, S. 26 (27 f.); Herlin-Karnell, EPL 2007, S. 69 (78, 81 f.). Vorsichtiger das Europäische Parlament, Entschließung zu den Folgen des Urteils des Gerichtshofs vom 13. September 2005 (Rs. C-176/03, Kommission gegen Rat (2006/2007(INI)), P6_TA(2006)0260, Buchstaben I. – L.; Assemblée Nationale, No 2829 Rapport d’information déposé par la Délégation de l’Assemblée Nationale pour l’Union Européenne sur les conséquences de l’arrêt de la Cour de Justice du 13 septembre 2005 sur les compétences pénales de la Communauté européenne (COM (2005) 583 final/no E 3022) et présenté par M. Christian Philip, S. 10 f. Instruktiv der Bericht des House of Lords – EU Committee, 42nd Report – Criminal Law Competence of the EC, Rn. 38 ff. A.A. der ehemalige Richter am EuGH Jean-Pierre Puissochet bei der Anhörung im französischen Sénat, Réunion de la délégation pour l’Union européenne du mercredi 22 février 2006, abrufbar unter http://www.senat.fr/europe/r22022006_1.html, unter 3. Auch wegen der Weite kritisch zum Urteil Hefendehl, ZIS 2006, S. 161 (164 f.); Kaiafa-Gbandi, ZIS 2006, S. 521 (524 f.). 314
EuGH, Rs. C-440/05, Kommission/Rat, Slg. 2007, S. I-9097, Rn. 69; Fromm, ZIS 2008, S. 168 (173 f.). 315
Siehe nur Wegener/Greenawalt, ZUR 2005, S. 585 (586); Fromm, ZIS 2007, S. 26; Kubiciel, NStZ 2007, S. 136.
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2. Kapitel
chen Maßnahmen bekämpft werden können.316 Damit sind die Anforderungen an eine Strafrechtsetzung durch die Union auch in den Gemeinschaftspolitiken erhöht.317 Insbesondere können in einem gemeinschaftsrechtlichen Rechtsakt auf der Rechtsfolgenseite nicht Art und Maß der anzuwendenden strafrechtlichen Sanktion festgelegt werden.318 Das bleibt – wenn überhaupt gewünscht – Rechtsakten nach dem Unionsrecht vorbehalten, wobei sich vor allem Rahmenbeschlüsse nach Art. 34 Abs. 2 lit. b) EU anbieten. Eine gemeinschaftsrechtliche lex perfecta criminalis beispielsweise in Form einer Verordnung ist somit, jedenfalls vor Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags, ausgeschlossen.319 Mit der gesamten Rechtsprechung zur Kompetenzfrage in Bezug auf Sanktionen und nun auch Strafsanktionen ist schließlich geklärt, welche Bedeutung dem Begriff der Sanktion für die Frage unionaler Kompetenzen zukommt: Der Begriff der Sanktion ist für die Frage der grundsätzlichen Zuständigkeit der Union zur Rechtsetzung auch im qualifizierten Bereich des Gemeinschaftsrechts320 nicht (mehr) von Bedeutung. Lediglich eine Beschränkung der Ausübung einer vorhandenen Kompetenz wie sie auch in Art. 5 Abs. 2 und 3 EG mit dem Subsidiaritätsprinzip und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz festgeschrieben ist, kann man für den Fall der Sanktionsrechtsetzung aus der Rechtsprechung des EuGH herleiten. Konturen einer solchen Kompetenzausübungsregel lassen sich in den Urteilen Kommission/Rat aus 2005 und 2007 finden. Aber auch die Entscheidungen zu sonstigen, strafähnlichen Sanktionen der Union zeigen, dass der Gerichtshof an ein Tätigwerden der Union auf diese Weise strengere Maßstäbe anlegt als wenn reine Verwaltungsmaßnahmen erlassen werden.321 Daneben ist die Frage, ob
316
Näher Kokott, Entsteht ein einheitliches europäisches Strafrecht?, S. 7; Kokott, in: FS Kūris, unter III.A.2. Kritisch Wegener/Greenawalt, ZUR 2005, S. 585 (588). 317
Dies übersieht Heger, JZ 2006, S. 310 (312), in seiner differenzierten Anmerkung. 318
EuGH, Rs. C-440/05, Kommission/Rat, Slg. 2007, S. I-9097, Rn. 70.
319
Kokott, Entsteht ein einheitliches europäisches Strafrecht?, S. 7; Kokott, in: FS Kūris, unter III.A.2. 320
Zum Ausgangspunkt, dass Gemeinschaftsrecht ein qualifizierter Bestandteil des Unionsrechts ist: von Bogdandy, CMLRev. 36 (1999), S. 887. 321
Ein Beispiel hierfür bietet die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Kautionsverfall, dessen Strafcharakter er verneint, der aber eine strenge Beachtung des Legalitätsprinzips, des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sowie der
Die rechtsschutzspezifische Funktion
87
und inwieweit eine strafrechtliche Sanktion in Rede steht, allein für die Abgrenzung von unionsrechtlicher und gemeinschaftsrechtlicher Binnen-Kompetenz nach Art. 47 EU von Interesse. Die Feststellung, ob eine Sanktion vorliegt, ist nach alledem kein Kriterium, anhand dessen man die Kompetenzen der Union und der Mitgliedstaaten voneinander abgrenzen könnte.
D. Zusammenfassung: Die Funktion des Begriffs der Sanktion im unionalen Rechtsschutzgefüge Zusammenfassend ist festzuhalten, dass dem Sanktionsbegriff im Recht der Europäischen Union eine wichtige Funktion zukommt: Der Europäische Gerichtshof verwendet den Begriff der Sanktion, um den sicheren Anwendungsbereich der Verteidigungsrechte für den Einzelnen zu eröffnen. Hierin liegt in mehrfacher Hinsicht eine spezifische Rechtsschutzfunktion. Zum einen dienen die Verteidigungsrechte dem präventiven Rechtsschutz durch die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens. Dadurch wird zugleich der judikative Rechtsschutz erleichtert und verbessert. Schließlich fungiert die Feststellung, dass eine Sanktion vorliegt, auch rechtswegeröffnend, da eine Klagebefugnis vorliegt, wenn ein Unionsorgan eine Sanktion erlassen hat. Daneben verwendet der EuGH noch den Begriff der beschwerenden Maßnahme, dessen genaue Bestimmung allerdings unklarer ist und dessen Anwendung demnach größere Rechtsunsicherheit für die Betroffenen bedeuten kann, wenn es um die Frage geht, ob er oder sie in den Genuss der Verteidigungsrechte kommt. Gegen eine vorrangige Verwendung des Begriffs der beschwerenden Maßnahme spricht, dass er seiner Bestimmung in der Rechtsprechung gemäß allzu leicht zu einer Vermengung unterschiedlicher Kategorien führen kann: Auf der einen Seite steht die Frage der Zulässigkeit einer Individualklage, ob eine beschwerende Maßnahme den Einzelnen unmittelbar und individuell betrifft, auf der anderen Seite die Frage der Begründetheit der Klage, ob er deswegen in den Genuss der Geltung der Verteidigungsrechte kommt. Deswegen wird hier die Auffassung vertreten, dass der Begriff der beschwerenden Maßnahme in der Rechtsprechung zugunsten dessen der Sanktion zurücktreten und nur noch als Auffangtatbestand herangezoGrundrechte anmahnt, EuGH, Rs. 137/85, Maizena, Slg. 1987, S. 4587, Rn. 13 ff. Siehe ausführlich unten, unter 4. Kapitel C.I.3.
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2. Kapitel
gen werden sollte, wenn das Vorliegen einer Sanktion verneint wird, die Verteidigungsrechte aber dennoch gelten sollen. Daraus folgt, dass die Sanktion bzw. ihr Begriff im unionalen Rechtsschutzsystem eine entscheidende Bedeutung hat, indem sie eine rechtsschutzeröffnende Funktion erfüllt. Insofern ist eine gewisse Parallele zu erkennen zur vor allem ehemals rechtsschutzeröffnenden Funktion der Feststellung im deutschen Verwaltungsprozessrecht, dass eine hoheitliche Maßnahme als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist.322 Zugleich kann der Begriff der Sanktion auch als Referenzbegriff für eine beschwerende Maßnahme im Sinne eines Regelbeispiels dienen. Er kann also herangezogen werden, um festzustellen, ob eine beschwerende Maßnahme vorliegt. Es ist danach möglich, von einer beschwerenden Maßnahme auszugehen, wenn die Maßnahme den Einzelnen ebenso schwer beeinträchtigt wie denjenigen, gegen den eine Sanktion verhängt wird. In Anlehnung an die Plaumann-Formel kann man diesen Gedanken auch so formulieren: Eine beschwerende Maßnahme liegt vor, wenn sie das Rechtssubjekt in ähnlicher Weise betrifft wie einen Sanktionierten. Darin wird das Potential eines (noch zu findenden) unionalen Sanktionsbegriffs deutlich. Er hat nicht nur eine eigenständige Bedeutung an einem Kernpunkt des unionalen Rechtsschutzsystems. Von ihm ausgehend lässt sich zudem auch der an anderer Stelle verwendete, und als nicht hinreichend bestimmt bewertete Begriff der „beschwerende Maßnahme“ präzisieren. Dagegen hat der Begriff der Sanktion keine Bedeutung für die Frage des Bestehens einer gemeinschaftlichen bzw. unionalen Kompetenz. Erste Klärungen der diesbezüglichen strittigen Rechtsfragen finden sich in der Rechtsprechung. Lediglich bei strafrechtlichen Sanktionen besteht hinsichtlich Art und Maß der Sanktion eine kompetenzielle Einschränkung, die aber auch nicht die Abgrenzung der Kompetenzen der Union bzw. Gemeinschaft von denen der Mitgliedstaaten betrifft, sondern allein die unionsintern anhand von Art. 47 EU zu entscheidende Frage, ob der Rechtsakt nach Gemeinschaftsrecht oder nach Unionsrecht erlassen werden kann. Bei einem Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags fällt diese Problematik fort, da die Bestimmungen des EU-Vertrags zur polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen durch vollständige Überführung in den dann neuen AEUV „vergemeinschaftet“ werden sollen. Art. 47 EU wird als Art. 40 des Vertrags über die Europäische Union nach dem Lissabonner Vertrag (EUV-Liss.) nur 322
Dazu Bumke, in: Schuppert/Pernice/Haltern, Europawissenschaft, § 19, S. 643 (663) m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, Anh § 42, Rn. 1.
Die rechtsschutzspezifische Funktion
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noch auf die Vorschriften über die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik angewendet werden. Mit der Feststellung, dass dem Begriff der Sanktion bedeutende Funktionen im unionalen Rechtsschutzsystem zukommen, ist zugleich die Frage aufgeworfen, wie dieser Begriff denn bestimmt ist. Das zu beantworten, wird Aufgabe der folgenden Kapitel sein.
3. Kapitel Der Begriff der Sanktion: Die Vorgehensweise in der europarechtlichen Literatur Bereits in der Einleitung wurde darauf hingewiesen, dass es bei der Sanktionierung gemeinschaftsrechtswidrigen Verhaltens viele Fragestellungen gibt, die einer Lösung bedürfen. Mit dem vorangegangenen Kapitel ist deutlich geworden, dass im Kern dieses Fragenkomplexes Rechtsschutzaspekte und damit die zentralen Fragen eines rechtsstaatlichen Herrschaftsverbands stehen. Aufgrund des Zusammenhangs zwischen der Verhängung von Sanktionen und der Anwendbarkeit von rechtsstaatlichen Verteidigungsrechten ist von besonderem Interesse zuvörderst die Frage, was genau als Sanktion im Sinne des Unionsrechts zu verstehen ist. Aber auch angesichts des immer noch häufig vertretenen Arguments, dass Sanktionen nicht nur für die Aufrechterhaltung der Rechtsordnung erforderlich, sondern darüber hinaus ein logisch-analytisches Element „des Rechts“ seien, ist die Antwort auf diese Frage von Interesse. So wird vertreten, dass man von Recht nur sprechen könne, wo auch Sanktionen seien.323 Das Normenmaterial der Europäischen Union könne nur als „Recht“ bezeichnet werden, wenn Sanktionen zur Verfügung stünden, die seine Durchsetzung ermöglichen. Diese in der Tradition Webers und Kelsens stehende Sichtweise, die aus dem Völkerrecht wohlbekannt ist, ist jedoch nicht der einzige Grund, warum eine genauere Begriffsbestimmung vorgenommen werden soll. Es zeigt sich nämlich, dass die bisherigen Untersuchungen zu diesem Thema der aufgeworfenen Frage in der Regel aus dem Weg gehen, indem sie mehr oder weniger pauschal auf „den“ Begriff der Sanktion aus der Rechtstheorie (oder aus der Soziologie) verweisen.324 Von den beiden wichtigsten aus den letzten Jahren stammenden deutschsprachigen Monogra323
Zu den Positionen ausführlich oben, im 1. Kapitel.
324
Beispielsweise Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 6; Sieber, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 71 (72); Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (171). Auch Böse, Strafen und Sanktionen, S. 47, geht von „Sanktionen im rechtstheoretischen Sinne“ aus, verwendet aber für seine Arbeit einen engeren Begriff, ebd., S. 53.
S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_3, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
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3. Kapitel
phien zu diesem Komplex widmet die Dissertation von Anne Heitzer aus dem Jahr 1997 dem Begriff der Sanktion drei Seiten,325 und die von Martin Böse aus dem Jahr 1996 acht.326 In der umfangreichen englischsprachigen Monographie von Haekkerup aus dem Jahr 2001 wird eine Klärung des Begriffs der Sanktion überhaupt nicht unternommen.327 Diese Vorgehensweise mag legitimerweise dem eigentlichen Forschungsinteresse dieser Arbeiten geschuldet sein, die sich nicht mit den abstrakteren Erwägungen aufhalten wollen, da ein juristisch geübter Betrachter letztlich eine grobe Vorstellung davon haben wird, ob in einer bestimmten Maßnahme eine Sanktion zu sehen ist oder nicht. Die fehlenden Reflexionen des eigenen Untersuchungsgegenstands zeigen aber ein Forschungsdesideratum auf, welchem hiermit nachgekommen sein soll.
A. Der Sanktionsbegriff bei Heitzer I. Rechtstheoretischer Sanktionsbegriff und „punitive Sanktionen“ Anne Heitzer geht in ihrer Arbeit „vom weiten rechtstheoretischen Sanktionsbegriff“ aus, nach welchem die Sanktion eine „nachteilige Rechtsfolge [ist], die gegen denjenigen ausgesprochen und durchgesetzt wird, der gegen eine Rechtsvorschrift verstoßen hat“. Das ist auf den ersten Blick eine brauchbare Definition, da sie weit genug scheint, die erdenklichen Sanktionstypen des Unionsrechts zu erfassen, aber zugleich auch – vor allem mit dem Merkmal der Nachteiligkeit – eine Abgrenzung zu anderen Maßnahmen erlaubt. Auf den zweiten Blick leidet sie jedoch an Mängeln. Zunächst kann man nicht pauschal davon ausgehen, dass „die Rechtstheorie“ unter Sanktion das versteht, was Heitzer für die Zwecke ihrer Arbeit darunter fallen lässt. Die Rechtstheorie – wie auch „die“ Rechtssoziologie – ist auch auf diesem Gebiet durch teils widersprüchliche Vielfalt gekenn-
325 326 327
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 6-8. Böse, Strafen und Sanktionen, S. 46-53.
Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law. Dazu unten, unter 3. Kapitel C.
Der Begriff der Sanktion
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zeichnet.328 Der Begriff der Sanktion ist – so wie der Begriff der Norm329 – nicht allgemein und abschließend anerkannt definiert. Des Weiteren ist Heitzers Ausgangspunkt eines rechtstheoretischen Sanktionsbegriffs zwar vom Ansatz her zu begrüßen, da eine theoretisch begründete Begriffsbildung aus wissenschaftlicher Perspektive wünschenswert ist. Jedoch fehlt die Anbindung an die europarechtliche Dogmatik. Heitzer erkennt die Problematik wohl und nimmt deswegen eine Unterscheidung der Sanktionen in solche mit punitivem, also strafähnlichem Charakter und solche ohne diese Qualifizierung vor.330 Dafür sucht sie im Gemeinschaftsrecht nach punitiven Sanktionen und findet sie in den Geldbußen des Wettbewerbs- und Kartellrechts, des Rechts der Montanunion und in den vielfältigen Sanktionen des gemeinschaftlichen Landwirtschaftsrechts.331 Auszeichnendes Merkmal der punitiven Sanktion gegenüber den sonstigen Sanktionen sei ihr repressiver Zweck. Sonstige Sanktionen hätten lediglich präventive oder restitutive Funktion, wobei die punitive Sanktion neben dem repressiven Zweck durchaus auch die anderen Zwecke verfolgen könne.332 Zwar stellt das ein plausibles Verständnis der punitiven Sanktion dar. Jedoch ist fraglich, ob im Recht der Europäischen Union auch ein dementsprechendes Verständnis besteht. Die sechs in der Datenbank EURLex zu findenden deutschsprachigen Dokumente, die das Wort „punitive“ enthalten,333 verwenden diesen Begriff ausschließlich als aus dem Englischen entlehnt beim so genannten Strafschadensersatz, den „punitive damages“.334 Wenn bei Generalanwalt Elmer dazu noch die Erläu328
Siehe zu den unterschiedlichen Auffassungen in der Rechtssoziologie nur Raiser, Das lebende Recht, S. 229, mit Fn. 2. Dazu und zum Folgenden ausführlich oben, 1. Kapitel. 329
Dazu Spittler, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 1 (1970), S. 203 (205); Raiser, Das lebende Recht, S. 186 f. 330
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 9.
331
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 19 f., 27. Zu letzteren ausführlich unten, unter 4. Kapitel B.II.2. 332 333 334
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 38 f. Das Wort „punitiv“ im Nominativ Singular wird gar nicht verwendet.
EuG, verb. Rs. T-377/00, T-379/00, T-380/00, T-260/01 und T-272/01, Philip Morris International u.a./Kommission, Slg. 2003, S. II-1, Rn. 61; Schlussanträge des GA Elmer, in: Rs. C-259/96 P, Rat/Lieve de Nil u.a., Slg. 1998, S. I2915, Rn. 48; Schlussanträge der GA Stix-Hackl, in: Rs. C-472/00 P, Kommission/Fresh Marine Company, Slg. 2003, S. I-7541, Rn. 125; Anhang IV der Ent-
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3. Kapitel
terung tritt, dass es sich dabei um Schadensersatz handele, der Sanktionscharakter besitze,335 wird deutlich, dass mit der Bestimmung der Sanktion als „punitiv“ für den Generalanwalt sogar ein zirkelverdächtiger Pleonasmus vorläge. Dagegen zeigen die Erwähnungen des Begriffes „punitive“ in englischsprachigen Versionen europäischer Dokumente, dass es sich hierbei um eine Kategorie der Strafe oder Strafähnlichkeit handelt. Das entspricht einerseits der englischen Wortbedeutung, nach welcher „punitive“ als „inflicting or intended to inflict punishment“ verstanden wird336, es also für „strafend“ oder die Vorsilbe „Straf-“ stehen kann.337 Geht man vom lateinischen Stamm des Wortes aus, wird auch die sonstige Nähe zum Strafrecht deutlich. „Poena“ ist die „Strafe, Rache, Buße“338 und findet sich heute in den englischen „penal“, „to penalise“ oder „penalty“, in dem französischen „pénal“ oder in „la peine“, im italienischen „penale“ bzw. in „la pena“ etc.,339 die alle aus dem Strafrecht stammen. Im Deutschen gibt es die „Pein“,340 deren mittlerweile nicht mehr gebräuchlicher Bezug zum Strafrecht beispielsweise in der „peinlichen Befragung“ und der „Peinlichen Hals- und Gerichtsordnung“ Karls V. aus dem Jah-
scheidung 2000/520/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angemessenheit des von den Grundsätzen des „sicheren Hafens“ und der diesbezüglichen „Häufig gestellten Fragen“ (FAQ) gewährleisteten Schutzes, vorgelegt vom Handelsministerium der USA, ABl. 2000, L 215, S. 7 (33 f.), zu „Datenschutz und Schadensersatz“; Wirtschafts- und Sozialausschuss, Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ROM II) (KOM (2003) 427 endg.), ABl. 2004, C 241, S. 1, Abs. 8.4; Kommission, Bericht über die Anwendung der Richtlinie 85/374 über die Haftung für fehlerhafte Produkte, 31.1.2001, KOM (2000) 893 endg., S. 10. 335
Schlussanträge des GA Elmer, in: Rs. C-259/96 P, Rat/Lieve de Nil u.a., Slg. 1998, S. I-2915, Rn. 48. 336
Thompson, Concise Oxford Dictionary, Eintrag „punitive“, S. 1111.
337
Terrell/Schnorr/Morris/Breitsprecher, PONS Collins – Großwörterbuch, Eintrag „punitive“, S. 1447; siehe auch ebd., Eintrag „strafend“, S. 645. 338
Stowasser u.a., Kleiner Stowasser, Eintrag „poena“, S. 345.
339
Vgl. auch die anderen romanischen Sprachen mit ihren entsprechenden Übersetzungen. 340
Duden, Herkunftswörterbuch, Eintrag „Pein“, S. 596.
Der Begriff der Sanktion
95
re 1532, der Constitutio Criminalis Carolina,341 zutage tritt. Über eine Lautverschiebung entwickelte sich das dazugehörige lateinische Verb „poenire“ zur späteren Form „punire“, welches übersetzt wird mit „(be)strafen“ oder „rächen“342 und sich nun im englischen Verb „to punish“, dem französischen „punir“343 oder dem portugiesischen Substantiv „punição“ wieder findet. Diese Einordnung des Begriffs „punitive“ in einen strafrechtlichen Zusammenhang ist wohl auch das Verständnis, welches den dahingehenden Äußerungen vor allem der Generalanwälte aus jüngerer Zeit zu entnehmen ist. Maßnahmen oder ganze „Sanktionssysteme“ zeichnen sich demnach in den jeweils englischen Sprachfassungen dadurch aus, dass sie „punitive“ sind.344 Das Strafrecht selbst wird als „punitive“ bezeichnet.345 Paradigmatisch in dieser Hinsicht sind die folgenden Ausführungen des Generalanwalts Ruiz-Jarabo Colomer in der Rechtsmittelsache Aalborg Portland. Dort heißt es: „The penalty has a twofold purpose: it is meant to be punitive and at the same time deterrent. It is intended to penalise conduct and to discourage those responsible, and also any other prospective offenders, from engaging in anti-competitive conduct. It must therefore be suitable for those purposes, while striking a proper balance so that the fine punishes the conduct which it penalises and at the same time is exemplary“ [Hervorhebungen hinzugefügt].346 In der folgenden Randnummer wird die erste Zielsetzung der Geldbuße (penalty), nach welcher sie „punitive“ sein solle, als „retributive aspect“ bezeichnet.347
341
Dazu Creifelds, Rechtswörterbuch, Eintrag „Constitutio Criminalis Carolina (CCC)“, S. 252. 342 343
Stowasser u.a., Kleiner Stowasser, Eintrag „punio“, S. 373. Ebenso auch im Portugiesischen.
344
Schlussanträge des GA Tizzano, in: verb. Rs. C-189/02 P, C-202/02 P, C205/02 P bis C-208/02 P und C-213/02 P, Dansk Rørindustri/Kommission, Slg. 2005, S. I-5425, Rn. 130. 345
Schlussanträge des GA Ruiz-Jarabo Colomer, in: Rs. C-176/03, Kommission/Rat, Slg. 2005, S. I-7879, Rn. 48. 346
Schlussanträge des GA Ruiz-Jarabo Colomer, in: verb. Rs. C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C-213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Aalborg Portland u.a./Kommission, Slg. 2004, S. I-123, Rn. 97. 347
Ebd., Rn. 98.
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3. Kapitel
Im Deutschen lautet die erstgenannte Randnummer: „Die Geldbuße weist eine doppelte Zielsetzung auf: Sie soll ahnden und abschrecken. Sie soll ein Verhalten ahnden und die Urheber außer möglichen anderen Zuwiderhandelnden entmutigen, wettbewerbswidrige Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Sie muss daher diesen Zielen angepasst werden und das angemessene Gleichgewicht wahren, damit die Buße dem geahndeten Verhalten entspricht, und zugleich exemplarisch wirken“ [Hervorhebungen hinzugefügt]. Die folgende Randnummer übersetzt den „retributive aspect“ mit dem „Aspekt der Ahndung“. Im spanischen Original lautet die betreffende Stelle folgendermaßen: „La sanción tiene una doble finalidad: represiva y disuasoria. Quiere castigar una conducta y desalentar a los autores, además de a otros eventuales infractores, de la realización de comportamientos anticompetitivos. Debe ser, pues, apropiada a tales fines, guardando el equilibrio adecuado para que la multa retribuya la conducta que se sanciona y, a la par, sea ejemplar“ [Hervorhebungen hinzugefügt]. Die folgende Randnummer spricht vom „aspecto retributivo“. Es lässt sich also feststellen, dass mit dem englischen „punitive“ Maßnahmen charakterisiert werden, die eine strafende bzw. ahnendvergeltende Funktion und/oder Wirkung haben. Die englische Version zeigt das durch die weitere Nutzung der Worte „penalise“ und „retributive“, wo jenes als „strafen“ und dieses als „vergeltend“ übersetzt werden kann. In der spanischen Originalsprache der Schlussanträge sieht man dies anhand der Worte „represiva“ (repressiv, unterdrückend) und „castigar“ (strafen, züchtigen), sowie dem „aspecto retributivo“ (vergeltend). Deutlich wird der strafende Charakter einer „punitive measure“ auch im Vorbringen einiger Regierungen zu der Zwangsgeldsache gegen Frankreich, wo behauptet wird, Art. 228 Abs. 2 EG sei „not punitive in nature, since Article 228(2) EC does not seek to punish the defaulting Member State“, was in der deutschen Version als fehlender „Strafcharakter“ bezeichnet wird, da die betreffende Regelung den Mitgliedstaat nicht „bestrafen“ wolle.348 Als weiteres Beispiel lässt sich das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Italien/Rat über die Fangquoten für Roten Thun anführen, denen zufolge eine Quotenkürzung nicht als 348
Siehe das Vorbringen von dreizehn mitgliedstaatlichen Regierungen in: EuGH, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 79.
Der Begriff der Sanktion
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„punitive penalty“ zu verstehen sei, also – so die deutsche Fassung – „nicht den Charakter einer Strafsanktion“ habe.349 Somit ist zu schließen, dass die Verwendung des Lehnworts „punitiv“ hilfreich sein kann, um bestimmte Sanktionen von anderen abzugrenzen, sie also auf eine bestimmte Weise als „punitiv“ und damit als strafend zu qualifizieren.350 Dabei bleibt aber der Umstand außer Betracht, dass der Begriff in den deutschsprachigen Fassungen der offiziellen Dokumente der Europäischen Union – seien es Rechtsakte, Urteile oder auch nur vorbereitende Maßnahmen wie Grünbücher – keine Rolle spielt. Die aufgezeigten Beispiele aus den englischen Sprachfassungen der betreffenden Dokumente zeigen auf, dass dies auch damit zusammen hängen kann, dass im Englischen mit der Verwendung von „punitive“ der strafrechtliche Kontext eröffnet wird.351 Gerade angesichts starker nationaler Vorbehalte gegenüber der Qualifizierung einer Maßnahme als strafrechtlich aus Gründen staatlicher SouveränitätsSymbolik ist eine gewisse Vorsicht in den deutschsprachigen Texten nachvollziehbar.352 Entscheidend ist jedoch die Feststellung, dass das Adjektiv „punitiv“ lediglich eine Qualifikation bestimmter Sanktionen in Abgrenzung zu anderen Sanktionen ermöglicht. Damit ist aber kein Begriff der Sanktion im Europarecht bestimmt. Offen bleibt die Frage, ob es auch Maßnahmen gibt, die zwar punitiv sind, jedoch keine Sanktionen darstellen.
II. Begriff im Unionsrecht nur „vereinzelt“? 1. Seltene Verwendung des Begriffs? Wenn Heitzer behauptet, dass der Begriff der Sanktion im Gemeinschaftsrecht „nur vereinzelt“ auftauche, irrt sie, sofern sie damit meint,
349
EuGH, Rs. C-120/99, Italien/Rat, Slg. 2001, S. I-7997, Rn. 75.
350
So beispielsweise Spannowsky, JZ 1994, S. 326 (328): im Gegensatz zu einer „reinen Verwaltungssanktion“ habe die Zahlung eines abschreckenden Zuschlags „den punitiven Wesenszug einer Strafsanktion“. 351 Näher Baldwin, MLR 67 (2004), S. 351 (352), vor allem in Bezug auf strafrechtliche Entwicklungen im Gesellschaftsrecht. 352
Siehe nur Albrecht/Braum, ELJ 5 (1999), S. 293 (294); Pradel/ Corstens, th Droit Pénal Européen, S. 3-5; House of Lords – EU Committee, 10 Report – The Hague Programme, Rn. 10 f.
98
3. Kapitel
dass er nur selten vorkomme.353 Ganz im Gegenteil erscheint der Begriff in einer Vielzahl von Rechtsakten der Union.354 Das gilt vor allem für die geradezu unüberschaubare Menge an Normenmaterial in der Gemeinsamen Agrarpolitik, da die vielfältigen Stützungsregelungen in diesem Bereich anfällig für Betrug oder sonstige Unregelmäßigkeiten sind.355 Deswegen ist in einer großen Anzahl von Rechtsakten des Rates und der Kommission ein mit der Zeit weit ausdifferenziertes Sanktionsinstrumentarium entstanden. In vielen Fällen bezeichnen diese Rechtsakte die betreffenden Maßnahmen auch ausdrücklich als Sanktion.356 Ein weiteres, ebenso bedeutsames Beispiel bietet das Richtlinienrecht, unabhängig davon, auf welches Gebiet es sich bezieht. In vielen Richtlinien357 findet sich ein Artikel, der pauschal die Mitgliedstaaten verpflichtet, für den Fall einer Verletzung der in der Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten Sanktionen vorzusehen, die „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ sind.358 Ähnliches lässt sich im Verordnungsrecht finden.359 Diese konkreten Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit der nationalstaatlich vorzusehenden Sanktionen sind – soweit ersichtlich – zum ersten Mal in Art. 6 der Richtlinie 93/86/EWG über die Kennzeichnung von Batterien ausdrücklich festgelegt worden.360 Auch zuvor gab es schon Richtlinien, in welchen der abschreckende Aspekt der Sanktionen eine Rolle spielte. Nach Art. 13 der Richtlinie 89/592/EWG über Insider-Geschäfte mussten die Sanktionen „so weit gehen, dass sie einen hinreichenden Anreiz zur Einhaltung die353 354 355 356
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 6. Richtig daher Böse, Strafen und Sanktionen, S. 49 f. Hedtmann, EuR 2002, S. 122 (123); näher Mögele, NJW 1987, S. 1118. Dazu ausführlich unten, unter 4. Kapitel B.II.2.
357
Eine kombinierte Suche am 7.6.2008 in der Datenbank EUR-Lex über den „Suchbegriff: Sanktionen“ und die „Art des Dokuments: Richtlinie“ erbrachte 163 Treffer. 358
Näher Timmermans, in: F.I.D.E., La Sanction des Infractions, vol. 2, S. 15 (37 f.). 359
Bsp. Art. 16 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels, ABl. 1997, L 61, S. 1. 360
Richtlinie 93/86/EWG der Kommission vom 4. Oktober 1993 zur Anpassung der Richtlinie 91/157/EWG des Rates über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien und Akkumulatoren an den technischen Fortschritt, ABl. 1993, L 264, S. 51.
Der Begriff der Sanktion
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ser Vorschriften darstellen“,361 und der 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 92/109/EWG über den Handel mit Suchtstoffen forderte, dass jeder Mitgliedstaat „hinreichend abschreckende Sanktionen vorsieht, um Verstößen gegen die zur Umsetzung dieser Richtlinie erlassenen Vorschriften vorzubeugen“.362 Die Formel „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ hielt nach dem grundlegenden Urteil des Gerichtshofs zum griechischen Maisskandal aus dem Jahr 1989 Einzug in das europäische Sekundärrecht.363 Berücksichtigt man die Zeit, die für die Ausarbeitung eines Rechtsaktes und seine anschließende Annahme durch die zuständigen Organe erforderlich ist, kann man wohl davon ausgehen, dass die Richtlinie 93/86/EWG aus dem Jahre 1993 als erster Rechtsakt das Urteil aus dem Jahre 1989 für das europäische abgeleitete Recht übernahm. Der EuGH selbst hat mit seiner Entscheidung lediglich das Urteil in der Rechtssache von Colson und Kamann aus dem Jahre 1984 weiter geführt, in dem bereits alle drei Aspekte der „Maisskandal-Formel“ auftauchten, nur nicht in solch griffiger Form. Auch in diesem Fall musste die durch die Mitgliedstaaten vorgesehene Sanktion wirksam, angemessen und abschreckend sein.364 Dieser kurze Überblick zeigt, dass es eine große Anzahl rechtsrelevanter Texte gibt, in welchen der Begriff der Sanktion vorkommt; sowohl in Akten des abgeleiteten Rechts als auch in Urteilen der europäischen Gerichte. Von einem „vereinzelten“ Auftauchen kann mithin nicht die Rede sein. Allerdings wird die „Sanktion“ in diesen Fällen auch nicht für das gesamte Unionsrecht definiert. Es gibt zwar einzelne Ansätze zu einer näheren Bestimmung, was als Sanktion anzusehen sei.365 Eine übergreifende Legaldefinition lässt sich aber nicht finden – dazu später mehr.366
361
Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, ABl. 1989, L 334, S. 30. 362
Richtlinie 92/109/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 über die Herstellung und das Inverkehrbringen bestimmter Stoffe, die zur unerlaubten Herstellung von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen verwendet werden, ABl. 1992, L 370, S. 76. 363 364 365 366
B.II.
EuGH, Rs. 68/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, S. 2965, Rn. 24. EuGH, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891, Rn. 28. Unten, unter 4. Kapitel B.II.1. Böse, Strafen und Sanktionen, S. 50 f. Ausführlich unten, unter 4. Kapitel
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3. Kapitel
2. Systematisch isolierte Verwendung des Begriffs? Wenn Heitzer mit ihrer These, dass der Begriff der Sanktion nur vereinzelt im Gemeinschaftsrecht auftauche, meint, dass er, wenn er vorkommt, systematisch gleichsam „allein“, isoliert steht in der jeweiligen Norm, für deren Durchsetzung die Sanktion gedacht ist, wäre das eine etwas zutreffendere Behauptung. Gerade in den Richtlinien, zu deren Durchsetzung die Mitgliedstaaten Sanktionen festsetzen müssen, findet sich zumeist nur ein einziger Artikel, in welchem diese Verpflichtung pauschal begründet wird. Damit ist dort kein System einer Sanktionierung gemeinschaftsrechtswidrigen Verhaltens zu finden. Ähnliches lässt sich auch für viele Rechtsakte in der Gemeinsamen Agrarpolitik sagen (das betrifft vor allem die Verordnung als vorrangige Handlungsform in diesem Politikbereich367). Verstärkt wird dieser Eindruck – um ein weiteres Beispiel zu nennen – im Kartellrecht, wo der mit der Überschrift „Sanktionen“ benannte Titel der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 gerade einmal zwei Artikel umfasst.368 Andererseits lässt sich jedoch feststellen, dass vor allem seit der Agrarreform 1992 verstärkt Rahmenregelungen ergehen, welche den Zweck haben, allgemeine Vorschriften für die Sanktionierung von Verstößen gegen eine Vielzahl von anderen Vorschriften festzulegen. Zunächst sei auf die Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 über die Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen369 (im Folgenden kurz: InVeKoS) und die zur ihrer Durchführung erlassene Verordnung (EWG) Nr. 3887/92370 367
Bast, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 479 (488).
368
Art. 23 und 24 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. 2003, L 1, S. 1; ebenso die zwei Art. 14 und 15 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 2004, L 24, S. 1. 369
Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992, L 355, S. 1; mittlerweile aufgehoben und ersetzt durch Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2003, L 270, S. 1. 370
Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992,
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hingewiesen. Durch beide Rechtsakte wurde ein für eine immer weiter steigende Anzahl von Beihilferegimen geltendes allgemeines Kontrollund Sanktionssystem eingeführt.371 Mit der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 (im Folgenden kurz: Sanktionsverordnung) ist später eine grundlegende Rahmenverordnung ergangen, welche allgemeine Regelungen über Sanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union über den Bereich des gemeinschaftlichen Agrarrechts hinaus kodifiziert.372 Diese Rechtsakte lassen Zweifel daran aufkommen, dass der Begriff der Sanktion im Gemeinschaftsrecht nur vereinzelt im Sinne isoliert stehender Erwähnung in Rechtsakten der Union vorkomme.
3. Zwischenergebnis: Weder seltene noch systematisch vollkommen isolierte Verwendung des Begriffs Anders als Heitzer anzunehmen scheint, kommt der Begriff der Sanktion also im Unionsrecht weder selten noch systematisch vollkommen isoliert vor. Ihrer Feststellung, dass der Begriff der „Sanktion“ im Europarecht nur „vereinzelt“ vorkomme, kann insofern eine gewisse Berechtigung zugesprochen werden, wenn sie sich mit ihrer Formulierung auf die systematische Stellung des Begriffes im gesamten Unionsrecht beziehen sollte. Hier können auch die soeben angeführten Rechtsakte nicht über das bisherige grundsätzliche Fehlen einer allgemeinen Kodifikation für die Sanktionierung unionsrechtswidrigen Verhaltens hinwegtäuschen.373 Es ist trotz erster Ansätze in die andere Richtung festzustellen, dass die Sanktionen im Recht der EU nach wie vor über eine Vielzahl von Vorschriften verteilt sind. Auch die Regelungen mit bereits
L 391, S. 36; mittlerweile aufgehoben und ersetzt durch Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2004, L 141, S. 18. 371
Dazu ausführlich unten, unter 4. Kapitel B.II.2.b.
372
Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1995, L 312, S. 1. 373
Ebenso Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 143.
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3. Kapitel
eher systematischem Charakter entsprechen lediglich sektorspezifisch den Erfordernissen einer kohärenten Sanktionierungsweise. Damit hätte Heitzer, wenn man ihr unterstellt, sie habe mit dem Wort „vereinzelt“ auf die in systematischer Hinsicht isolierte Stellung des Begriffes „Sanktion“ im Unionsrecht hingewiesen, zwar ein Forschungsdesiderat aufgezeigt. Jedoch hätte sie die bedeutenden Ansätze zu einer grundsätzlicheren Rahmenregelung auf diesem Gebiet unterschätzt, die in der Sanktionsverordnung und im InVeKoS zu finden sind. Von diesen löst sie sich ausdrücklich, um für die Zwecke ihrer Untersuchung mit dem „weiten rechtstheoretischen Sanktionsbegriff“ weiter zu arbeiten.374 Das Problem eines solchen Ansatzes zeigt sich aber dann, wenn Heitzer Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 nicht als Legaldefinition der „verwaltungsrechtlichen Sanktionen“ verstehen möchte.375 Vielmehr entspreche die Unterscheidung der Verordnung zwischen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und verwaltungsrechtlichen Sanktionen letztlich derjenigen zwischen nicht-punitiven und punitiven Sanktionen.376 Damit wird die gesetzgeberische Entscheidung, die verwaltungsrechtlichen Maßnahmen eben nicht als Sanktionen zu verstehen, sondern sie vielmehr davon abzugrenzen, unter Bezugnahme auf eine vorher festgelegte eigene Begrifflichkeit beiseite gelassen. Diese eigene Begriffsbestimmung beruht jedoch auf der falschen Prämisse, es gebe „den Begriff aus der Rechtstheorie“. Die eigenständige Begriffsbildung bei Heitzer lässt sich somit nicht mit der europarechtlichen – möglichen – Begriffsbestimmung und ihrer – eventuellen – Dogmatik in Einklang bringen. Heitzer hat demnach in ihrer Arbeit nur Ansätze für eine mögliche Begriffsbestimmung der Sanktion im Unionsrecht geboten, diese aber nicht ausreichend an das zugängliche Normenmaterial gekoppelt. Dagegen nimmt die vorliegende Untersuchung vorrangig die Norm- und Urteilstexte der europäischen Rechtsordnung in den Blick, um einen Sanktionsbegriff zu finden, der auch in der Praxis verwendbar ist und verwendet wird.
374
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 8.
375
Zur Frage, ob Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 eine Legaldefinition bietet, ausführlich unten, unter 4. Kapitel B.II.1. 376
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 127.
Der Begriff der Sanktion
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B. Der Sanktionsbegriff bei Böse Auch die Monographie von Martin Böse lässt hinsichtlich des Sanktionsbegriffs im Unionsrecht unbefriedigt. In seiner Dissertation „Strafen und Sanktionen im Europäischen Gemeinschaftsrecht“ widmet er der Bestimmung des Sanktionsbegriffs acht Seiten, wovon fünf auf einen eventuellen europarechtlichen Begriff entfallen.377 Tatsächlich untersucht Böse einschlägige Normtexte und Urteile danach, welcher Sanktionsbegriff ihnen zugrunde liegt. In den Blick geraten nur wenige Texte, die zudem bezüglich der Frage nach dem Begriff auch nur oberflächlich analysiert werden. Die Zwangsmaßnahmen des Art. 172 EGV (jetzt Art. 229 EG) erfassen, so Böse, repressive und präventive Maßnahmen, während die Sanktionen der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 keine restitutiven Maßnahmen umfassten.378 Weitere mögliche Ansätze für eine Begriffsbestimmung in Rechtsakten stellt er nicht dar. Die Bedeutung der Sanktionsverordnung gerade für ein präziseres Begriffsverständnis wird trotz des Hinweises auf die Definitionsversuche in den betreffenden Vorarbeiten der Kommission und der Regelungen in der Verordnung selbst nicht erkannt.379 Auch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs wird knapp abgehandelt, und Böse schließt mit der Aussage, dass der EuGH einen weiten Sanktionsbegriff verwende, der repressive, restitutive und präventive Maßnahmen umfasse.380 Dagegen sei die Verwendung des Begriffs der Sanktion in der europarechtlichen Literatur „alles andere als einheitlich“.381 Nach dieser Feststellung folgt Böse einem engen Begriffsverständnis, welches nur die repressiven Sanktionen erfasst, die ihrer Zielsetzung nach „den Strafen am nächsten stehen und diesen daher am ehesten vergleichbar sind“.382 Seine Arbeit verfolgt demnach einen ähnlichen Ansatz wie die vorliegende Untersuchung. Jedoch wird das zu knapp umgesetzt. Trotz der Feststellung, dass zwischen den Normtexten und den Urteilen des EuGH ein Unterschied im Sanktionsverständnis zu finden sei, versucht Böse nicht, diese Begrifflichkeiten miteinander zu vereinen – wobei die Berechtigung dieser Annahme noch dahingestellt bleiben 377 378 379 380 381 382
Böse, Strafen und Sanktionen, S. 49-53. Böse, Strafen und Sanktionen, S. 50 f. Dazu ausführlich unten, unter 4. Kapitel B.II.1. Böse, Strafen und Sanktionen, S. 52. Böse, Strafen und Sanktionen, S. 53. Böse, Strafen und Sanktionen, S. 53.
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3. Kapitel
soll.383 Vielmehr schließt er sich einer Definition an und führt seine Arbeit auf dieser Grundlage weiter. Damit wird das Potential, welches in der Arbeit mit dem reichhaltigen Textmaterial für einen einheitlichen Begriff der Sanktion im Recht der EU steckt, vertan.
C. Der Sanktionsbegriff bei Hækkerup Die umfangreiche Monographie von Nick Hækkerup schließlich unterscheidet zwischen „administrative measures“, „administrative penalties“ und „criminal penalties“.384 Hækkerup nimmt überzeugend die Sanktions-Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 als Ausgangspunkt seiner Überlegungen, da diese eine Rahmenregelung für zukünftige Sanktionsgesetzgebung auf Seiten der Gemeinschaft schaffen solle. Seine Unterscheidung sieht er angelegt in den verwaltungsrechtlichen Maßnahmen nach Art. 4, den verwaltungsrechtlichen Sanktionen nach Art. 5 Abs. 1 sowie deren Abgrenzung zu den strafrechtlichen Sanktionen nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95. Verwaltungsrechtliche Maßnahmen definiert er als „the legal consequences of irregularities which are characterised by the withdrawal of an advantage wrongfully obtained, possibly with the addition of interest, calculated on a flat-rate basis.“385 Dagegen seien „administrative penalties“ schwerer zu definieren. Ausgehend von der Definition in Art. 7 Abs. 1 des Verordnungsvorschlags der Kommission von 1994,386 der zu der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 führte, welche diese Begriffsbestimmung jedoch gerade nicht übernahm, legt sich Hækkerup lediglich darauf fest, dass die „administrative penalty“ „unfavourable economic consequences“ habe.387 Zwar könnte auch die reine Entziehung eines unrechtmäßig erlangten Vorteils als „unfavourable economic consequence“ angesehen werden. Hækkerup sieht diese – ganz im Sinne der herrschenden Interpretation 383 384 385
Dazu unten, unter 4. Kapitel D. Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 143. Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 144.
386
Kommission, Vorschlag für eine Verordnung (EG, Euratom) des Rates über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften, 7.7.1994, KOM (1994) 214 endg., ABl. 1994, C 216, S. 11. 387
Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 148.
Der Begriff der Sanktion
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des Verordnungsvorschlags388 – jedoch nicht vom Begriff der „administrative penalty“ erfasst, sondern vielmehr von dem der „administrative measure“. Ebenso sei ein Freiheitsentzug keine „administrative penalty“, sondern vielmehr eine „criminal penalty“, deren Abgrenzung im Übrigen aber schwer falle. Eine „criminal penalty“ liege in „a measure of a personal or economic nature against a person who is culpable of an illegal act“.389 Lediglich wenn eine Maßnahme persönlich nachteilhaft sei, könne die Abgrenzung ohne Schwierigkeiten vorgenommen werden, da das die Verhängung einer Freiheitsstrafe bedeute, was eine „administrative penalty“ ausschließe. Bei Hækkerup steht mithin der Begriff der „penalty“ im Mittelpunkt. Die „penalty“ steht im Verordnungsvorschlag der Kommission für die Sanktion. Wo die englische Version des Vorschlags von den „Community administrative penalties“ spricht, ist in der deutschen Version nämlich von den „verwaltungsrechtlichen Sanktionen der Gemeinschaften“ die Rede und in der französischen von den „sanctions administratives communautaires“. Damit wird deutlich, dass sich Hækkerup zwar mit den unterschiedlichen Sanktionsarten im Europarecht auseinander setzt. Der Begriff des Ausgangspunktes, also der Begriff der Sanktion selbst, bleibt jedoch ungeklärt. Die Ausführungen von Hækkerup sind demnach nur für die Qualifizierung einer Sanktion, also für die Feststellung ihrer Eigenschaften im konkreten Fall, von Bedeutung. Zuvor muss jedoch geklärt sein, was allgemein unter einer Sanktion zu verstehen ist. Die Bestimmungen bei Hækkerup können allerdings Hinweise geben, was unter einer Sanktion zu verstehen sein kann.
D. Der Sanktionsbegriff in der weiteren europarechtlichen Literatur In der weiteren europarechtlichen Literatur ist der Sanktionsbegriff auch noch nicht hinreichend geklärt. Da es sich vorrangig um kürzere Zeitschriftenbeiträge handelt, ist verständlich, dass bei der Kürze eines solchen Beitrags mit einer präzisen Begriffsbestimmung nicht zu rechnen ist, sofern dies nicht selbst Aufgabe eines eigenen Beitrags sein sollte. Die meisten Aufsätze beschränken sich darauf, bestimmte Maßnah388
Siehe beispielsweise Vervaele, in: ders., Administrative Law Application and Enforcement of Community Law, S. 161 (186). 389
Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 158 f.
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3. Kapitel
men im Gemeinschaftsrecht zu untersuchen und bei der Analyse explizit oder konkludent einen Sanktionsbegriff zu unterstellen, ohne ihn jedoch präzise zu bestimmen, gegebenenfalls aber durch Unterscheidungen zu qualifizieren, wie derjenigen zwischen Verwaltungs- oder Strafsanktion oder derjenigen zwischen repressiver, restitutiver oder präventiver Sanktion.390 In anderen Fällen, in denen eine Begriffsbestimmung unternommen wird, findet in der Regel keine ausreichende Anbindung an die Verwendung des Begriffs in der Praxis statt. Gerade dabei zeichnen sich die Definitionen durch eine große Weite aus. Das geht soweit, dass der Begriff der Sanktion als „Sammelbegriff für grundsätzlich jeden Rechtsnachteil, der Folge entweder einer begangenen Normverletzung oder eines Missbrauchs von Institutionen ist“, dient und damit „nicht nur strafrechtliche, sondern auch zivilrechtliche oder sonstige administrative Reaktionen auf begangene Rechtsverletzungen“ umfassen kann.391 Denkbare zivilrechtliche Sanktionen wären beispielsweise die Rechtsfolge der Nichtigkeit eines zivilrechtlichen (oder auch öffentlichrechtlichen) Vertrages392 oder die Haftung für deliktisches Handeln.393 In diese Kategorie könnte man dazu noch die Staatshaftung und die außervertragliche
390
Vgl. insofern beispielhaft, mit jeweils unterschiedlicher Schwerpunktsetzung, Sevenster, CMLRev. 29 (1992), S. 29 (32); Cuerda, in: Schünemann/Suárez González, Bausteine des europäischen Wirtschaftsstrafrechts, S. 367 (368 f.); K. Tiedemann, in: FS Pfeiffer, S. 101 (114 f.); Spannowsky, JZ 1994, S. 326 (328 f.); Sieber, in: FS Geerds, S. 113 (115 ff.); Sieber, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 71 (72 f.); Schmidt-Aßmann/H.C. Röhl, EuR Beiheft 1/1997, S. 87 (93 f.); Harding, ELRev. 25 (2000), S. 374 (378 f.); J. Schwarze, EuZW 2003, S. 261 (264 f.). 391
So Appel, DVBl. 1995, S. 280 (280), zur verwendeten Begrifflichkeit auf dem Jahreskongress 1994 der Europäischen Rechtsakademie in Trier. Vgl. beispielsweise Sieber, in: FS Geerds, S. 113 (115 ff.). 392
So beispielsweise Sevenster, CMLRev. 29 (1992), S. 29 (32 f.); Wurmnest, RIW 2003, S. 896 (897). 393
So beispielsweise Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (171); Sieber, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 71 (73); Herbots, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 91 (91); näher dazu Steindorff, Jura 1992, S. 561.
Der Begriff der Sanktion
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ßervertragliche Haftung der Gemeinschaft nach Art. 288 Abs. 2 EG zählen.394 Die Frage nach der Sanktionsqualität der unmittelbaren Anwendbarkeit und der gemeinschaftsrechtlich geforderten Staatshaftung bei fehlerhafter Richtlinienumsetzung395 weist dabei auf einen bedeutenden Aspekt hin: Diskutiert wird die Qualifikation der Rechtsinstitute als Sanktionen nämlich anhand ihrer Funktion und ihrer Wirkung. In beiden Fällen geht es um eine irgendwie geartete unerwünschte Folge eines rechtswidrigen Verhaltens durch ein Rechtssubjekt, welches in diesen Konstellationen ein Mitgliedstaat ist. Die Wirkung zeigt sich im Fall der unmittelbaren Anwendbarkeit in der Durchsetzung des erwünschten Zustands, obwohl ein Rechtsbruch vorliegt, der dies eigentlich verhindern würde. Im Fall der Staatshaftung liegt die Wirkung in einer Entschädigung für einen solchen Rechtsbruch, die zumindest finanziell einen gleichwertigen Zustand herstellen soll, als wenn der Rechtsbruch nicht stattgefunden hätte. Insoweit stellt die diesbezügliche Diskussion auf die Frage ab, ob in diesen Konsequenzen eine „sanktionierende“ Wirkung zu sehen ist. Das hängt jedoch ganz entscheidend auch von der Wahrnehmung des von der Maßnahme Betroffenen ab. Die Funktion der beiden Institute zeigt sich in ihrer Zwecksetzung. Hier kreist die Debatte um die Frage, welchen Zweck die beiden Institute verwirklichen sollen. Auf der einen Seite steht dabei der Gedanke des Rechtsschutzes – wie er hier vertreten wird –, nach welchem durch die beiden Institute die beabsichtigten Rechte des Einzelnen durchgesetzt werden sollen, ohne dass ein Staat sich gegen diese gemeinschaftsrechtliche Berechtigung stellen und sie damit praktisch unwirksam machen kann. Auf der anderen Seite ist der Gedanke der „Bestrafung“ des rechtswidrig handelnden Mitgliedstaats zu finden, der für seine Obstruktion nachteilige Folgen zu tragen hat. Dabei soll dem europäischen Recht objektiv zur Durchsetzung verholfen werden, wobei die Berechtigung des Einzelnen eigentlich nur positiver Reflex der Durchsetzung ist. Es finden sich also zwei Kriterien, anhand derer diskutiert wird, ob in den genannten Rechtsinstituten Sanktionen zu sehen sind. Ausgehend 394
So in der Tat Bebr, in: Curtin/Heukels, Institutional Dynamics of European Integration, S. 303 (327); Magiera, DÖV 1998, S. 173 (181); van den Bossche, MJ 3 (1996), S. 371 (397 f.); von Danwitz, DVBl. 1997, S. 1 (4); von Danwitz, JZ 2004, S. 301 (303). 395
Siehe dazu ausführlich 5. Kapitel A.I. sowie 5. Kapitel A.II.
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3. Kapitel
von einer unerwünschten Folge für den rechtsbrüchigen Mitgliedstaat wird erstens gefragt, wie die jeweilige Maßnahme auf ihn einwirkt, und zweitens, welchen Zweck sie verfolgt. Diese Aspekte können durchaus miteinander zusammenhängen, sind jedoch analytisch voneinander getrennt zu behandeln, da sie eine Maßnahme aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Einmal ist die Position des sanktionierten Objekts, also des Mitgliedstaates gefragt, das andere Mal steht die Perspektive des sanktionierenden Subjekts, also der Union im Mittelpunkt. Die Frage, ob diese beiden Aspekte tatsächlich Teil eines unionsrechtlichen Sanktionsbegriffs sind, kann jedoch erst nach der Untersuchung der unionalen Praxis beantwortet werden. Hier soll zunächst genügen, dass aus der Diskussion um die Sanktionsqualität von unmittelbarer Anwendbarkeit und Staatshaftung folgt, dass die genannten Aspekte in der folgenden Untersuchung relevant werden müssen. Eine weitere Begriffsbestimmung der Sanktion findet sich bei Lenaerts, demzufolge „jede beschwerende Maßnahme der Gemeinschaftsorgane, die über die schlichte Erklärung hinausgeht, das Verhalten des betroffenen Unternehmens stelle einen Rechtsverstoß dar“, als Sanktion anzusehen ist.396 Lenaerts schränkt die Weite dieser Begriffsbestimmung im Anschluss daran dadurch ein, dass er zwischen „Ausgleichssanktionen“, die „nur die unrechtmäßigen Wirkungen rechtswidrigen Verhaltens beseitigen“, und „Strafsanktionen“ oder „penalties“ unterscheidet, die einen „exemplarischen Charakter“ haben, indem sie einen „Verlust auferlegen“ wegen des Schadens, der „anderen oder dem öffentlichen Interesse zugefügt“ wurde.397 Der weite Begriff der Sanktion erlangt damit erst durch die Qualifikation als Ausgleichs- oder Strafsanktion Schärfe. Der eigentliche Begriff selbst kann kaum zu einer näheren Differenzierung bestimmter Maßnahmen führen. Er ist insofern zu weit, da ohne nähere Erklärung davon ausgegangen wird, dass mit den Ausgleichssanktionen auch restitutive Maßnahmen als Sanktionen angesehen werden. Das koppelt Lenaerts jedoch nicht an eine dahingehende Verwendung der Begriffe in der Praxis der europäischen Organe, sodass es sich als reines Konstrukt darstellt. Dessen Berechtigung soll nicht vorschnell verneint werden. Zweifel daran sind jedoch aus methodischer Perspektive angebracht.398
396
Lenaerts, EuR 1997, S. 17 (18).
397
Lenaerts, EuR 1997, S. 17 (18 f.); ihm folgend Hedtmann, EuR 2002, S. 122 (129). 398
Zur hier verwendeten Methode näher unten, unter 4. Kapitel A.
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Etwas präziser scheint der Sanktionsbegriff bei Rideau zu sein, dem zufolge „cette notion [sc. der Sanktion] doive être interprétée de manière large en englobant les procédés par lesquels l’administration vise à imposer le respect de la norme et donc en examinant, au-delà des interventions purement répressives, les cas où l’administration communautaire intervient pour empêcher qu’une infraction soit commise ou poursuivie.“399 Hiernach scheiden zivilrechtliche Sanktionen aus, da es sich um hoheitliche Maßnahmen handelt. Die Sanktion soll den Respekt für die verletzte Norm durchsetzen und wiederherstellen, also – soziologisch gesprochen – der Erwartungsstabilisierung dienen.400 Die Maßnahmen können aber auch über (solche) rein repressive Eingriffe hinausgehen, sind „jenseits“ dieser repressiven Maßnahmen („au-delà des interventions purement répressives“), und sollen dann vielmehr abschreckend wirken. Auch das ist eine weite Bestimmung des Begriffs, der neben repressiven auch präventive Maßnahmen erfasst. Darüber hinaus kann die Sicherung des „respect de la norme“ auch durch die reine Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands erlangt werden, beispielsweise durch die Rückzahlungsverpflichtung bei einer gemeinschaftsrechtswidrig erlangten Beihilfe zuzüglich der hierfür fälligen Zinsen. Hiermit wären demnach auch restitutive Maßnahmen erfasst. Deutlich präziser bestimmt Vogel den Begriff, wenn er in der Sanktion einen rechtlichen Nachteil sieht, „der Folge einer begangenen Normverletzung oder eines begangenen Institutionenmissbrauchs ist“.401 Diese Sanktion im „weitesten, rechtstheoretischen Sinne“ grenzt er im Anschluss daran von den „supranationalen Sanktionen“ ab, die „in primärem oder sekundärem Gemeinschaftsrecht mit unmittelbarer Rechtswirkung für die Bürger der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften angeordnet werden“.402 Die supranationalen Sanktionen unterteilt Vogel in die Geldbußen, Zwangsgelder und Verwaltungssanktio399
Rideau, Annuaire européen d’administration publique XVIII (1995), S. 219 (220). 400
Dazu näher oben, unter 1. Kapitel B.I.1.
401
Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (171); im Anschluss an Kindhäuser, in: Görres-Gesellschaft, Staatslexikon, Bd. 4, Eintrag „Sanktion“, Sp. 999. 402
Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (171 f.) [Hervorhebung im Original].
110
3. Kapitel
nen.403 Vogel unterscheidet bei den Verwaltungssanktionen die finanziellen Sanktionen im weitesten Sinne von den Rechtsverlusten. Erstere seien in bestimmten Zahlungsverpflichtungen, auch mit Strafzinsen, oder im Verfall von Kautionen zu sehen. Typische „Rechtsverluste“ seien beispielsweise die Streichung oder Kürzung von Subventionen oder der Ausschluss von der Gewährung von Subventionen für künftige Zeiträume.404 Damit findet sich bei Vogel zwar auch der Verweis auf eine allgemeine Definition der Sanktion ausgehend von einem rechtstheoretischen Begriff. Allerdings wird dessen Weite für das Europarecht nicht einfach willkürlich eingeschränkt, sondern vielmehr anhand existenter gemeinschaftsrechtlicher Sanktionen präzisiert. Einen ähnlichen Ansatz wählen Pernice und Kadelbach, die für die Bestimmung des Begriffs der Sanktion auf die Definition des Verordnungsvorschlags der Kommission aus dem Jahre 1991405 zurückgreifen und Sanktionen als Maßnahmen begreifen, „die ‚negative finanzielle oder wirtschaftliche Auswirkungen mit sich bringen’, sofern diese mehr verlangen als der Betroffene kraft vertraglicher Bindung oder als Ausgleich für zu Unrecht Erhaltenes zu leisten verpflichtet ist“.406 Hierbei unterscheiden Pernice und Kadelbach im europäischen Wirtschaftsverwaltungsrecht noch verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen. Unter letzteren verstehen die Autoren nicht Freiheitsstrafen, sondern Sanktionen mit Strafcharakter, wie er den Geldbußen durch den Europäischen Gerichtshof zuerkannt worden sei.407 Der Gerichtshof verwendet an den zitierten Stellen den Begriff der Strafsanktion selbst nicht; die dortigen Ausführungen zeigen damit also eher, was die Autoren unter einer Maßnahme mit Strafcharakter verstehen. Die Klägerinnen hatten in den Rechtssachen nämlich vorgebracht, dass die kartell403
Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (173). In Ausnahmefällen gebe es daneben noch Kriminalstrafen. 404
Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (174 f.). 405 Art. 4 Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über Kontrollen und Sanktionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik, 21.5.1990, KOM (1990) 126 endg., ABl. 1990, C 137, S. 10, in der Fassung der Änderung des Vorschlags für eine Verordnung (EWG) des Rates über Kontrollen und Sanktionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik, 25.10.1991, KOM (1991) 378 endg., ABl. 1991, C 294, S. 17. 406 407
Pernice/ Kadelbach, DVBl. 1996, S. 1100 (1112) [Zitat im Original].
Vgl. EuGH, Rs. 41/69, ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, S. 661, Rn. 172/176; Rs. 44/69, Buchler/Kommission, Slg. 1970, S. 733, Rn. 49.
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rechtlichen Geldbußen nicht gegen bereits abgestellte Zuwiderhandlungen verhängt werden dürften und damit als Zwangsgelder zu verstehen seien, nicht hingegen als Strafsanktionen.408 Der Gerichtshof argumentierte (im Übrigen im Einklang mit der Systematik der Art. 15 f. der Verordnung (EWG) Nr. 17, die zwischen Geldbußen einerseits und Zwangsgeldern andererseits unterscheiden), dass die Geldbußen keine Zwangsgelder seien, sondern auch unerlaubte Handlungsweisen ahnden und Wiederholungen vorbeugen sollten. Pernice und Kadelbach sehen also in Strafsanktionen Maßnahmen, die ahnden und abschrecken sollen. Mit der Übernahme der Definition aus dem Verordnungsvorschlag der Kommission schließen sie die Freiheitsstrafen aus und beziehen sich ausschließlich auf finanzielle oder wirtschaftliche Nachteile. Damit nehmen sie als Ausgangspunkt einen engen Sanktionsbegriff, der allerdings durch einschlägige europäische Rechtsakte nahegelegt wird. Jedoch wird durch den Ausschluss der Kriminalstrafen ein bedeutsamer Aspekt der Sanktionierung unionsrechtswidrigen Verhaltens außer Acht gelassen: Die mitgliedstaatliche Verpflichtung, Gemeinschaftsrechtsverstöße nach denselben Regeln zu verfolgen, mit denen sie Verstöße gegen vergleichbares nationales Recht verfolgen. Das kann409 und muss im Einzelfall auch die Folge haben, bestimmte Verstöße mit strafrechtlichen Mitteln, und damit gegebenenfalls auch mit Freiheitsstrafen, zu ahnden.410 In jüngerer Zeit trat zu dieser Verpflichtung noch eine weitere, direktere Möglichkeit der Gemeinschaft hinzu, auf echte strafrechtliche Sanktionen durch die Mitgliedstaaten hinzuwirken. Wie bereits angesprochen, hat der EuGH der Union in zwei Urteilen zugestanden, im Rahmen des EG-Vertrages eine gewisse strafrechtliche Mindestharmonisierung vorzunehmen, wenn das für die effektive Durchführung einer Gemeinschaftspolitik erforderlich sein sollte, obwohl das Strafrecht ebenso wie das Strafprozessrecht nach wie vor als solches nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft falle.411 408
EuGH, Rs. 41/69, ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, S. 661, Rn. 170/171; siehe auch Rs. 44/69, Buchler/Kommission, Slg. 1970, S. 733, Rn. 48. 409
EuGH, Rs. 50/76, Amsterdam Bulb, Slg. 1977, S. 137, Rn. 32.
410
EuGH, Rs. 68/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, S. 2965, Rn. 23 ff.; Rs. C-326/88, Hansen, Slg. 1990, S. I-2911, Rn. 17 ff.; Zuleeg, JZ 1992, S. 761 (767); Zuleeg, in: Sieber, Europäische Einigung und Europäisches Strafrecht, S. 41 (55 f.); näher Baker, Cambridge YELS 4 (2001), S. 25 (29 ff.); Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 334 ff. 411
Näher oben, unter 2. Kapitel C.
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3. Kapitel
Somit haben Pernice und Kadelbach zwar eine zielführende Definition der „Sanktion“ für ihre Arbeit herangezogen und diese vor allem an eine Verwendung in der Praxis angebunden. Jedoch ist der Begriff zu eng, um alle denkbaren und tatsächlich auch existierenden Sanktionen im Recht der Union zu erfassen. Die Autoren verweisen dabei weiterführend auf einen anderen Text von Kadelbach, in welchem er den Begriff der Sanktion noch treffender bestimmt.412 Hier versteht Kadelbach – zunächst von einem ganz allgemeinen Begriff ausgehend, welcher sowohl negative wie auch positive Sanktionen umfasst – die Sanktion in ihrem negativen Sinne „als eine gegen rechtlich missbilligtes Verhalten gerichtete Maßnahme […], durch die dem Verantwortlichen nötigenfalls durch Zwang ein Nachteil zugefügt wird“. Das erfasst potentiell auch strafrechtliche Sanktionen, hat jedoch ebenso wie in den anderen Beiträgen den Nachteil, dass vorab ein Begriff festgelegt wird (wenn auch ein an die Praxis angebundener), um dann die nach diesem Begriff als Sanktion zu qualifizierenden Maßnahmen in Hinblick auf die jeweilige Fragestellung des betreffenden Beitrags zu untersuchen. Sieber hat seinen vielen einschlägigen Veröffentlichungen zum Thema einen weiten Sanktionsbegriff zugrunde gelegt, der strafrechtliche, verwaltungsstrafrechtliche, verwaltungsrechtliche und zivilrechtliche Sanktionen umfasst. Der Begriff nimmt – ähnlich wie bei Heitzer – seinen Ausgangspunkt in einem „Sanktionsbegriff der Rechtstheorie“, welcher jede „nachteilige Rechtsfolge zur Sicherung von (normativer oder faktischer) Rechtsgeltung“ erfasst.413 Diese Vorgehensweise leidet unter derselben Schwäche, die auch bei Heitzers Bestimmung festzustellen ist, da es schwer auszumachen ist, welches „der Begriff der Rechtstheorie“ ist. Die Kategorisierung bestimmter Maßnahmen im Unionsrecht nach der Unterscheidung von Sieber vorzunehmen, ist jedoch in der Tat hilfreich, um einzelne Sanktionen systematisch einzuordnen. Die Kategorisierung ist dann jedoch Folge der Bestimmung einer Maßnahme als Sanktion und nicht ihr Ausgangspunkt. Damit bleibt die Frage bedeutend, was im Unionsrecht als Sanktion anzusehen ist. Ob die danach im Einzelfall identifizierte Sanktion eine strafrechtliche, verwaltungsstrafrechtliche, verwaltungsrechtliche oder zivilrechtliche ist, muss dann anhand der hierfür festgelegten Kriterien bestimmt werden, wobei zuvor 412
Kadelbach, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 81. 413
Sieber, in: FS Geerds, S. 113 (115 ff.); Sieber, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 71 (72 f.).
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geklärt sein muss, ob ein so weiter Sanktionsbegriff im Unionsrecht überhaupt anwendbar ist. Problematisch ist hier vor allem die so genannte zivilrechtliche Sanktion. Hinzu tritt, dass auch die Unterscheidung nach diesen vier Kategorien nicht einheitlich vorgenommen werden kann. So können sich beispielsweise strafrechtliche und verwaltungsstrafrechtliche – in der Terminologie des deutschen Rechts: ordnungswidrigkeitenrechtliche – Sanktionen im Einzelfall nur schwer unterscheiden lassen. Dasselbe kann für die Unterscheidung zwischen verwaltungsstrafrechtlicher und verwaltungsrechtlicher Sanktion gelten. Die letztgenannte Unterscheidung kann zum Beispiel nicht vollkommen mit derjenigen in pönale Verwaltungsmaßnahmen, administrative Rechtsnachteile und exekutorische Maßnahmen in Einklang gebracht werden.414
E. Zusammenfassung: Kein gesicherter Sanktionsbegriff in der Europarechtswissenschaft Es wird deutlich, dass trotz wichtiger Ansätze und Kategorisierungen ein präziser Sanktionsbegriff für das Unionsrecht, der auch eine ausreichende Kopplung zur Praxis der unionalen Organe hat, noch nicht gefunden ist. Es muss damit Anliegen dieser Arbeit sein, einen weiteren Beitrag auf dem Weg zu einem einheitlichen Sanktionensystem für die EU zu leisten.415 Der erste Schritt hierfür ist die präzise und kohärente Bestimmung des unionalen Sanktionsbegriffs. Die Anforderungen an einen solchen Begriff sind, einerseits hinreichend weit zu sein, um den vielfältigen Instrumenten gerecht zu werden, die das Unionsrecht hervorgebracht hat, andererseits auch nicht so weit gefasst zu sein, dass ihm jegliche Konturen fehlen. Wie der Überblick über die europarechtliche Literatur zeigt, ist das bisher noch nicht geschehen. Ausgangspunkt muss nach der hier vertretenen methodischen Ansicht die Praxis der Unionsorgane sein. Aufgabe des folgenden Kapitels ist mithin die Untersuchung der unionalen Rechtsakte und der Rechtsprechung der europäischen Gerichte auf ein ihnen eventuell unterliegendes Sanktionsverständnis. 414 415
So bei Jaag, in: FS Trechsel, S. 151 (152).
Zum wissenschaftlichen Streben nach Systematisierung speziell für das Öffentliche Recht: Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Rn. 1/1; Dann, German LJ 6 (2005), S. 1453 (1468).
4. Kapitel Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion? A. Vorfragen und Methodik Das folgende Kapitel versucht, durch eine Analyse der relevanten Texte ein eventuelles Sanktionsverständnis der wichtigsten Akteure zu finden. Das bezieht sich einerseits auf die Texte des europäischen Verfassungsgebers, also die in der Regierungskonferenz vertretenen Mitgliedstaaten im Zusammenwirken mit den verfassten Unionsorganen, vgl. Art. 48 EU,416 und des Unionsgesetzgebers, also der in spezifischen Verfahren im Gesetzgebungsprozess zusammenwirkenden Organe Parlament, Rat und Kommission. Andererseits werden die Texte der Spitze der europäischen Judikative untersucht: die Urteile des Europäischen Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz. Die möglichen Begriffsverständnisse in den einzelnen Mitgliedstaaten sind somit ausdrücklich nicht von der Analyse erfasst, da die vorliegende Arbeit kein rechtsvergleichendes Anliegen hat. Im Folgenden werden die Anwendungsdiskurse für Sanktionen im Recht der Europäischen Union analysiert. Bei der Untersuchung des primären und des abgeleiteten Rechts der Union wird die Akteursperspektive des europäischen Verfassungs- und des Gesetzgebers relevant. Normtexte werden auf diese Weise zumindest auch als Ausdruck eines Willens des Gesetzgebers als Akteur verstanden. Ein anspruchsvolles demokratisches Gesetzgebungsverständnis hier außer acht lassend,417 bedeutet das für die in der folgenden Untersuchung vor allem relevanten Verordnungen und Richtlinien (neben den einschlägigen Bestimmungen der Gründungsverträge), dass Regelungen abstrakt-genereller
416
Möllers, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 1 (28).
417
Siehe nur Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, Rn. 502 ff.: Gesetzgebung als im verfassungsrechtlich vorgesehenen demokratischen Verfahren zustande gekommene Form politischer Willensbildung mit der grundlegenden Bedeutung rechtsstaatlicher Freiheitsgewährleistung durch Rationalisierung, Stabilisierung und Entlastung.
S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_4, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
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4. Kapitel
Art im Fokus stehen,418 die durch diese Qualität grundsätzlich prädestiniert sind, eine allgemein gültige Bestimmung des Sanktionsbegriffs für das Recht der Union zu liefern.419 Andererseits gibt es im Europarecht keine bereichsübergreifende Kodifikation, kein allgemeines „Sanktionsgesetzbuch“, auf welches bei der Verhängung von Sanktionen zugegriffen wird, unabhängig davon, innerhalb welchen Sektors sanktioniert wird.420 Sanktionsrelevante Regelungen finden sich – das wird die folgende Untersuchung zeigen – in sektoriell differenzierten Vorschriften und sind auch den sektoriell verschiedenen Bedürfnissen angepasst. Es ist dem europäischen Gesetzgeber nicht verwehrt, sich für unterschiedliche Gebiete seiner Tätigkeit auf unterschiedliche Sanktionsverständnisse zu stützen. Demnach kann ein solches Begriffsverständnis des Gesetzgebers changieren zwischen dem Anspruch, allgemein gültige Regeln zu setzen, und der Notwendigkeit, für die jeweiligen Problemlagen in unterschiedlichen Politikfeldern angemessene Lösungen zu finden. Aus der Perspektive des anderen Akteurs, der europäischen Judikative, ist festzustellen, dass die zu analysierenden Urteile anlassbezogen, auf den Einzelfall gerichtet ergehen. Das gilt abgeschwächt für prinzipale Normenkontrollen wie die Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, die eine abstrakte Prüfung des in Frage stehenden Rechtsakts erlaubt und auch verlangt, verstärkt jedoch für Urteile im Wege der Vorabentscheidung nach Art. 234 EG, wo die Beurteilung eines konkreten Lebenssachverhalts vor einem nationalen Gericht die Beantwortung gemeinschaftsrechtlich bedeutsamer Fragen erforderlich macht, ohne dass allgemeine, systematisierende Erwägungen zwingend sind. Damit wäre eine Analyse der Rechtsprechung unter Umständen weniger geeignet, 418
Zur Allgemeinheit der Gesetze siehe nur Eschenburg, Staat und Gesellschaft in Deutschland, S. 246 f. 419
Das soll nicht außer acht lassen, dass der Union auch andere Handlungsformen zur Verfügung stehen, die abstrakt-generelle Normen enthalten können, wie z.B. die Entscheidung; vgl. von Bogdandy/Bast/Arndt, ZaöRV 62 (2002), S. 77 (97 ff.). Ausführlich zu den Handlungsformen Bast, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 479; Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, S. 42 ff. 420 Zum ersten Schritt in Richtung auf ein allgemeines Sanktionenrecht in Bezug auf den Schutz der finanziellen Interessen der Union mit der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1995, L 312, S. 1; unten ausführlich, unter 4. Kapitel B.II.1.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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ein allgemeines Verständnis des Begriffs der Sanktion zutage zu fördern. Auf der anderen Seite hat Rechtsprechungstätigkeit jedoch immer auch ein systematisierendes Element. Gerichte sind bemüht, auch bei der Entscheidung von Einzelfällen einheitliche Standards aufzustellen und zu einer kohärenten Rechtsordnung beizutragen.421 Geleitet werden die Gerichte dabei vom systematischen Bestreben, das „gleichlautende Begriffe ein und derselben Rechtsordnung […] grundsätzlich auch den gleichen Inhalt“ zugewiesen erhalten.422 Die rationalisierende Funktion der Rechtsprechung ist nicht Selbstzweck, sondern entspricht einer fundamentalen Forderung der Gerechtigkeit, indem sie Rechtssicherheit fördert und künftige Entscheidungen vorhersehbar oder zumindest ex post nachvollziehbar macht.423 Nur eine um Kohärenz bemühte Rechtsprechung entspricht dem rechtsstaatlichen Erfordernis der Rechtsanwendungsgleichheit.424 Schließlich liegt auch dem einzelfallbezogenen Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG der allgemeine Zweck zugrunde, für eine einheitliche Anwendung des Gemeinschaftsrechts in der Union zu sorgen, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen.425 Ein Verständnis des Sanktionsbegriffs, welches sich in der Rechtsprechung der europäischen Gerichte zu einer bestimmten Sachfrage findet, kann von dem Verständnis abweichen, welches in Entscheidungen zu anderen Sachfragen auftaucht. Das schließt aber eingedenk der rationalisierenden Funktion der rechtsprechenden Tätigkeit nicht aus, dass trotz unterschiedlicher Rechtsgebiete gleichartige Sanktionsbegriffe verwendet werden.
421
Zu dieser Gleichzeitigkeit von Einzelfallentscheidung und rationaler Allgemeinheit bei der Rechtsprechung F. Müller/Christensen, Juristische Methodik I, S. 437 f. 422
Potacs, Auslegung im öffentlichen Recht, S. 78.
423
Zur rationalisierenden und stabilisierenden Funktion der Rechtsprechung näher Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, Rn. 549. Voraussehbarkeit ist eine Forderung des Rechtsstaatsprinzips, BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998, 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, 216 (243), zum Steuerrecht. 424
Zu diesem Gedanken vgl. E. Kaufmann, in: ders., Rechtsidee und Recht, S. 246 (261 f.). 425
EuGH, Rs. 314/85, Foto-Frost, Slg. 1987, S. 4199, Rn. 18; näher F.C. Mayer, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 229 (238 ff.); Henze/Sobotta, EuGH-Verfahrensrecht, in: Beermann/Gosch, AO, FGO-Kommentar, Rn. 32.
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4. Kapitel
Die Unsicherheit, welche bei der Analyse sowohl gesetzgeberischer als auch rechtsprechender Akte hinsichtlich der Frage besteht, ob ein allgemeiner Sanktionsbegriff verwendet wird oder nicht, kann nur dadurch behoben werden, dass neben den beiden Akteursperspektiven eine dritte, beobachtende Perspektive eingenommen wird. Das ist die Sicht der Wissenschaft, welche hermeneutisch ebenso eine Akteursperspektive ist, da gerade Rechtswissenschaft immer auch teilnehmende Beobachtung bedeutet.426 Die Wissenschaft nimmt eine intersektorale Perspektive ein und analysiert die Zeugnisse der anderen Akteure kritisch. Sie versucht, zugrunde liegende Ideen und Leitgedanken herauszuarbeiten, die nicht notwendig dem jeweiligen Akteur auch bewusst gewesen sein mussten. Das beinhaltet zuvörderst auch die Herausbildung eines Systems mit allgemeinen Grundsätzen, welches unter Umständen auf den ersten Blick nicht erkennbar scheint, oder gar den Akteuren so nicht vorschwebte. Das Einnehmen der Wissenschaftsperspektive hat für die Frage, ob es einen Begriff der Sanktion im Recht der Europäischen Union gibt, die Folge, dass eine Untersuchung die Normtexte wie die einschlägigen Entscheidungen der Gerichte analysieren und dabei eine kritisch informierte und systematisch orientierte Distanz zu diesen Texten beibehalten muss. Der Normtext ist ernst zu nehmen – was bereits aus demokratischen Gesichtspunkten unabdingbar ist – und bleibt damit zentrales Untersuchungsobjekt. Er darf aber andererseits nicht überhöht und dadurch kritikfest werden. Urteilstexte wiederum sind Produkt eines Rechtsanwendungsprozesses im Einzelfall, dessen Ergebnis letztlich kontingent ist, auch wenn er durch fundamentale Grundsätze gelenkt ist wie Rationalität, Methoden- und Rechtsanwendungsgleichheit sowie generell Rechtsstaatlichkeit.427 Die Einhaltung dieser Grundsätze führt dazu, dass der Text eines Urteils nicht unbeachtet bleiben kann – angesichts der Bedeutung der dritten Gewalt eine Selbstverständlichkeit. Methodisch hat dies zur Konsequenz, dass die einschlägigen (Normund Entscheidungs-)Texte zunächst sehr eng an Wortlaut und Systematik ausgerichtet gelesen werden.428 Festgestellte Abweichungen in be426
F. Müller/Christensen, Juristische Methodik I, S. 32; F. Müller/Christensen, Juristische Methodik II, S. 160. 427
Zu Rechtsstaatlichkeit und Rationalität für das Verwaltungsverfahren näher Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Rn. 2/75 ff. 428
Die Schwierigkeiten, vollkommen zwischen grammatikalischer und systematischer Auslegung zu unterscheiden, und dabei zudem nicht die Grenze
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stimmten Verwendungen von Begriffen werden dabei als rechtfertigungsbedürftig aber auch -fähig verstanden. Für eine Rechtfertigung kommen sachliche Gründe in Betracht, die eine Begriffsabweichung im jeweiligen Sektor sanktionierender Tätigkeit erfordern. Weiterhin werden in Einzelfällen die gesetzgeberischen Vorarbeiten durch die Kommission in ihren Grün- und Weißbüchern herangezogen, die in diesem Zusammenhang von Bedeutung sein könnten. Damit entfernt sich die Analyse etwas von der Frage des Verständnisses des Gesetzgebers hin zu der Frage nach dem Begriff der Sanktion im Verständnis der Institutionen. Das korrespondiert mit dem weiteren Aufbau der Studie, wenn nach den Handlungen der politischen Organe Kommission, Rat und Parlament in einem folgenden Abschnitt das Verständnis des Europäischen Gerichtshofs näher betrachtet wird. Erst in der Zusammenschau der Aussagen sowohl des europäischen Gesetzgebers sowie der Kommission als des politischen Motors der Union als auch der Hinweise in den Urteilen der Judikative kann sich ein angemessenes Verständnis der Begriffe Sanktion und Zwang im Recht der Europäischen Union ergeben. Besondere Bedeutung kommt dem Problem der Mehrsprachigkeit in der Union zu. Da alle Sprachversionen europäischer Rechtstexte mit allgemeiner Geltung gleichrangig sind (Art. 314 EG, sowie Art. 290 EG i.V.m. der Verordnung (EWG) Nr. 1429),430 werden im Bedarfsfall auch zur teleologischen Interpretation zu überschreiten, sollen hier nicht bestritten werden, siehe dazu F. Müller/Christensen, Juristische Methodik I, S. 274 ff. 429
Verordnung (EWG) Nr. 1 des Rates zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385, in der Fassung der letzten Änderungen durch Verordnung (EG) Nr. 920/2005 des Rates vom 13. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung Nr. 1 vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und der Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Atomgemeinschaft sowie zur Einführung befristeter Ausnahmeregelungen zu diesen Verordnungen, ABl. 2005, L 156, S. 3 (nun auch Irisch als Amtssprache, davor nur Vertragssprache); sowie durch Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 zur Anpassung einiger Verordnungen, Beschlüsse und Entscheidungen in den Bereichen freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft (einschließlich des Veterinär- und Pflanzenschutzrechts), Verkehrspolitik, Steuerwesen, Statistik, Energie, Umwelt, Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, Zollunion, Außenbeziehungen, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Organe anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABl. 2006, L 363, S. 1.
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4. Kapitel
mehrere Sprachfassungen herangezogen, um Auslegungsergebnisse zu erhalten. Die hierfür angewandte Methode kann nicht eine einfache Mehrheitsbestimmung sein, bei welcher festgestellt wird, ob eine bestimmte Verwendung eines Begriffs in der Mehrheit der Sprachfassungen vorzufinden ist. Vielmehr werden hier – und das scheint letztlich die Vorgehensweise des EuGH zu sein – solche Mehrheitsverhältnisse nur als ein grammatischer Ausgangspunkt genommen für eine den übrigen Auslegungsmethoden, vor allem der teleologischen, folgende Interpretation des betreffenden Normtextes.431 Eine dadurch gefundene Auslegung wird sich danach wieder im Wortlaut finden lassen müssen. Das entspricht der Auslegungsmethode des EuGH.432 In Bezug auf Urteilstexte werden der Verfahrenssprache und dem Französischen als regelmäßiger Arbeitssprache des Gerichtshofs433 im Zweifelsfall besondere Bedeutung zukommen. Wortbedeutungen werden in diesen Sprachen nicht zwangsläufig den Vorrang vor anderen haben. Jedoch wird die in den für die Streitsache relevanten Sprachen einem bestimmten Begriff zugewiesene Bedeutung größeres Gewicht haben als diejenige in anderen Amtssprachen, in welche die Urteilstexte434 erst im Nachhinein übersetzt werden. 430 Ausführlich zur „multilingual equality“, der „gleichrangigen Vielsprachigkeit“ in der EU und auch zu den weiterhin bestehenden praktischen Schwierigkeiten ihrer Beachtung: F.C. Mayer, in: Bodnar u.a., Emerging Constitutional Law, S. 359; F.C. Mayer, Der Staat 44 (2005), S. 367; F. Müller/ Christensen, Juristische Methodik II, S. 22 ff., 207 ff. Zum handlungsformenspezifischen Charakter dieser Anforderung Bast, Grundbegriffe der Handlungsformen der EU, S. 110 f. 431
F. Müller/Christensen, Juristische Methodik II, S. 25.
432
F. Müller/Christensen, Juristische Methodik II, S.31 ff.; gestützt auf Dederichs, Die Methodik des EuGH. Weiterführend bereits Krajewski, Geldbußen und Zwangsgelder im Recht der EG, S. 7-14, vgl. aber auch jetzt die neuere Literatur, z.B. Anweiler, Die Auslegungsmethoden des EuGH; Dederichs, EuR 2004, S. 345. 433 434
Schilling, EuGRZ 2000, S. 3 (25 f.).
Und zwar nur die Urteilstexte und gegebenenfalls das Vorabentscheidungsersuchen – die vollständige Verfahrensakte mit den Schriftsätzen wird lediglich in der Verfahrenssprache und Französisch geführt. Die vor allem für den Verfahrensablauf gerichtshofsintern bedeutsamen rapports préalables der Berichterstatter nach Art. 44 § 1 VerfO-EuGH und die notes anderer Gerichtshofsmitglieder werden in der Regel sogar ausschließlich auf Französisch verfasst; dazu näher Henze/Sobotta, EuGH-Verfahrensrecht, in: Beermann/Gosch, AO, FGO-Kommentar, Rn. 56.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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Mehrsprachigkeit ist für den Rechtsanwender nicht nur Problem, sondern auch Chance.435 Die Spiegelung eines für eine Sprache gefundenen Begriffsinhalts in dem einer anderen Sprache erlaubt ein tieferes Verständnis der autonomen, „gemeinschaftsbezogenen“ Bedeutung eines Begriffes im Unionsrecht.436 Gegebenenfalls können andere Sprachfassungen dazu dienen, scheinbar verschiedene Verwendungen eines Begriffs innerhalb derselben Sprache in unterschiedlichen Normtexten als bloße Folge von Übersetzungsschwierigkeiten zu verstehen, wodurch Spannungen zwischen vermeintlich unterschiedlichen Normen derselben Sprachfassung wieder aufgehoben werden können. Ein typisches Beispiel hierfür schon auf vertraglicher Ebene bieten die verschiedenen sprachlichen Fassungen des Art. 229 EG.437
B. Die Sanktion in den Normtexten des primären und des abgeleiteten Rechts I. Europäisches Primärrecht: Keine inhaltliche Bestimmung eines europäischen Sanktionsbegriffs 1. Sanktionen und Zwangsmaßnahmen im EG-Vertrag In der deutschen Fassung des EG-Vertrags lässt sich der Begriff der Sanktion nicht finden. Neben den Erwähnungen der Geldbußen und Zwangsgelder in den Art. 83 Abs. 2 lit. a), 104 Abs. 11, 4. Spiegelstrich, 110 Abs. 3, 228 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 EG bietet allein Art. 229 EG gewisse Anhaltspunkte. Art. 229 EG spricht jedoch von „Zwangsmaßnahmen“, was grundsätzlich eher für eine Auslegung dahingehend spräche, dass nur präventive Beugemaßnahmen erfasst wären. Der deutsche Text ist aber insoweit einzigartig, da bis auf die schwedische Sprachfassung alle anderen entweder direkt den einer „Sanktion“ entsprechenden Begriff verwenden oder einen, der der „Strafe“ entspricht.438 Man kann 435 436 437 438
F. Müller/Christensen, Juristische Methodik II, S. 35, 221 ff. F. Müller/Christensen, Juristische Methodik II, S. 39 ff., insbes. 44. Dazu sogleich, unter 4. Kapitel B.I.1.
Bulgarisch „санкциите“ i.S.v. „Sanktionen“ (zit. nach Art. 261 der bulgarischen konsolidierten Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. 2008, C 115, S. 47); dänisch „sanktioner“; englisch „penalties“; estnisch „karistuste“ i.S.v. „Strafen, Sanktionen“; finnisch „seuraamus“ i.S.v. „Strafen, Sanktionen“; französisch „sanctions“; gälisch „pionóis“ i.S.v.
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4. Kapitel
also davon ausgehen, dass im Rahmen des Art. 229 EG der Begriff der Sanktion mit dem der Zwangsmaßnahme austauschbar ist.439 Dieser Befund wird durch die Analyse des einschlägigen Sekundärrechts zum Wettbewerbsrecht bestärkt, worauf später noch näher einzugehen sein wird.440 Jedoch ist der Begriff der Zwangsmaßnahme in Art. 229 EG nicht weiter definiert. Ihn einfach mit Geldbußen gleichzusetzen und dabei den Zwangsgeldern gegenüberzustellen,441 würde einerseits der Vielfalt der Mechanismen zur Erzwingung gemeinschaftsrechtskonformen Verhaltens nicht gerecht. Andererseits führte diese Gegenüberstellung de lege lata zum Ausschluss der Zwangsgelder aus dem Anwendungsbereich des Art. 229 EG.442 Das ist jedoch nicht nur angesichts der Praxis der Unionsorgane zweifelhaft, übertragen doch beispielsweise die Art. 31 Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zur Durchführung der Art. 81 und 82 EG443 und Art. 16 Verordnung (EG) Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen444 dem EuGH ausdrücklich un„Sanktionen“; griechisch „κυρώσεις“ i.S.v. „Strafen“; italienisch „sanzioni“; lettisch „sankcijâm“; litauisch „baudas“ i.S.v. „Strafen“; maltesisch „issanzjonijiet“; niederländisch „sancties“; polnisch „kar“ i.S.v. „Strafen“; portugiesisch „sanções“; rumänisch „sancţiunile“ (zit. nach Art. 261 der rumänischen konsolidierten Fassung des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, ABl. 2008, C 115, S. 47); slowakisch „sankcií“; slowenisch „kazni“ i.S.v. „Strafen“; spanisch „sanciones“; tchechisch „sankcí“; ungarisch „szankciók“. Die schwedische Version verwendet den Begriff „påföljder“, was den deutschen „Konsequenzen“ entspricht. Dazu näher Vogel, in: Dannecker, Bekämpfung des Subventionsbetrugs, S. 170 (173); Lind/Otsa/Sootak, Juridica International X (2005), S. 180. 439
Böse, Strafen und Sanktionen, S. 49; wohl auch von der Groeben/Schwarze-Gaitanides, Art. 229, R. 3. 440 441
Siehe hierzu unten, unter 4. Kapitel B.II.4. Lenz/Borchardt-Borchardt, Art. 229, Rn. 1.
442
Diese Konsequenz zieht freilich auch Lenz/Borchardt-Borchardt, Art. 229, Rn. 1, nicht. 443
Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. 2003, L 1, S. 1; zuvor Verordnung (EWG) Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags, „Kartellverordnung“, ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204. 444
Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 2004, L 24, S. 1, „EGFusionskontrollverordnung“, zuvor Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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ter Bezugnahme auf Art. 229 EG die unbeschränkte Nachprüfung sowohl einer Bußgeldentscheidung wie auch einer solchen über die Festlegung eines Zwangsgeldes. Darüber hinaus erscheint eine solche Auslegung auch weder sinnvoll noch zweckentsprechend.445 Im Ergebnis ist von Art. 229 EG ausgehend darauf zu schließen, dass der Begriff der Zwangsmaßnahmen und damit auch der Sanktion im EG-Vertrag zumindest Bußgelder und Zwangsgelder umfasst.446 Das wird durch die herrschende Auffassung bestätigt, nach der Geldbußen und Zwangsgelder als die typischen Sanktionen anzusehen sind.447 Die Auslegung wurde auch durch den Art. III-363 des Verfassungsvertrags (VerfV) bestärkt, der Art. 229 EG entsprach. Hier wurde der Begriff der Zwangsmaßnahmen in der deutschen Version durch den der Sanktionen ersetzt.448 Nach dem Lissabonner Vertrag bleibt Art. 261 AEUV (entspricht Art. 229 EG) allerdings unverändert. Das Instrument des Zwangsgelds lässt sich im Sinne der theoretischen Erwägungen im 1. Kapitel449 als negative Sanktion auffassen, da es zwar dem Einzelnen überlassen bleibt, ob und wann er sein Verhalten dem rechtlich geforderten anpasst. Das Zwangsgeld wird aber bis zu diesem Zeitpunkt verhängt werden, sodass es eben nicht vom freien Willen des Sanktionierten abhängt. Im Übrigen gibt auch die Regelung der Zwangsvollstreckung von Entscheidungen des Rates oder der Kommission gemäß Art. 256 EG sowie der Entscheidungen des EuGH gemäß Art. 244 i.V.m. 256 EG und der Entscheidungen der EZB gemäß Art. 110 Abs. 2 UAbs. 4 i.V.m. 256 EG keinen Hinweis auf ein bestimmtes Sanktionsverständnis des Vertrages. Der Begriff der Zwangsvollstreckung ist rein technisch zu verstehen als das Verfahren, in dem Leistungs- und Haftungsansprüche durch staatli-
vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 1989, L 395, S. 1. 445
Krajewski, Geldbußen und Zwangsgelder im Recht der EG, S. 38.
446
Allgemeine Meinung: von der Groeben/Schwarze-Gaitanides, Art. 229, Rn. 4; Grabitz/Hilf-Booß, Art. 229, Rn. 3; Streinz-Ehricke, Art. 229, Rn. 2; so schon Wohlfarth/Everling/Glaesner/Sprung, EWG, Art. 172, Anm. 3; dagegen noch Johannes; EuR 1968, S. 63 (106 f.). 447 Siehe nur Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 19; Böse, Strafen und Sanktionen, S. 50; Kadelbach, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 81 (84 f.). 448 449
Vgl. Lind/Otsa/Sootak, Juridica International X (2005), S. 180. Oben, unter 1. Kapitel B.II.1.
124
4. Kapitel
chen Zwang verwirklicht werden.450 Art. 256 EG legt lediglich fest, dass die Entscheidungen, die eine Zahlung auferlegen, im nationalen Zivilprozessrecht vollstreckbare Titel darstellen. Hiermit sind zwar auch und vor allem Bußgeld- und Zwangsgeldentscheidungen vollstreckbar, eine Aussage zum Begriff der Sanktion und der Zwangsmaßnahme ist nicht getroffen.
2. Geldbußen und Zwangsgelder im EGKS-Vertrag Etwas ergiebiger in Hinblick auf einen Begriff der Sanktion war der EGKS-Vertrag, der bestimmungsgemäß nach seinem Art. 97 am 23. Juli 2002 außer Kraft getreten ist. Erkenntnisse aus dem EGKS-Vertrag können damit nur indizielle Wirkung haben. Das ändert gleichwohl nichts an der bis dahin bestehenden Normativität des Vertrages einerseits und der darüber hinausgehenden Bedeutung der Regeln des EGKS-Vertrags für eine historische und genetische Interpretation entsprechender oder abweichender Regeln der Römischen Verträge andererseits. Eine genetische Auslegung schied bisher streng genommen angesichts mangelnden Zugangs zu den travaux préparatoires der verhandelnden Parteien aus, konnte aber zumindest „Anregungen und Hinweise für Arbeitshypothesen“ geben.451 Durch die mittlerweile stattgefundene Veröffentlichung der Materialien452 ist die genetische wie die historische Auslegung nunmehr auf verbreiteter Datenbasis möglich und wird nach dem Reformvertrag von Lissabon, wenn er in Kraft treten sollte, unter Umständen sogar noch bedeutender. Das gilt insbesondere angesichts des umfänglichen Zugangs zu den KonventsDokumenten beispielsweise auf der Archivseite des Europäischen Konvents im Internet für die materiellen Gehalte des Verfassungsvertrags, die in den Reformvertrag eingeflossen sind.453 Art. 36 KS, der eine dem Art. 229 EG entsprechende, sogar obligatorische unbeschränkte Ermessensnachprüfung durch den EuGH vorsah, 450
Thomas/Putzo-Hüßtege, Vorbem § 704 ZPO, Rn. 1.
451
Zuleeg, EuR 1969, S. 97 (102); Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 5/80, beide jedoch nicht in Bezug auf die für die Entstehung der Verträge maßgeblichen Materialien, sondern in Bezug auf die mitgliedstaatlichen Begründungen im Ratifikationsverfahren. 452 453
R. Schulze/Hoeren, Dokumente zum europäischen Recht.
Noch zum Verfassungsvertrag: Dann, German LJ 6 (2005), S. 1453 (1463); Dann, in: Dann/Rynkowski, Unity of the European Constitution, S. 37 (48).
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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und Art. 91 KS unterschieden zwischen „finanziellen Sanktionen und Zwangsgeldern“.454 Hier ist ebenso fraglich wie bei Art. 229 EG, inwieweit dies eine Begriffsbestimmung bot, der zufolge Zwangsgelder (zumindest) nicht als (finanzielle) Sanktion anzusehen gewesen seien.455 Die einschlägigen Art. 47 Abs. 3, 54 Abs. 6, 58 § 4, 59 § 7, 64, 65 § 5, 66 § 5 Abs. 4, 66 § 6, 66 § 7, und 68 § 6 KS sahen Ermächtigungen zur Verhängung von Geldbußen und Zwangsgeldern vor. Daneben konnten im Falle des Art. 50 § 3 KS Zinszuschläge erhoben,456 nach Art. 63 § 2 UAbs. 2 KS die Begrenzung oder das Verbot von Handelsgeschäften ausgesprochen oder auch, wie in Art. 91 KS, geschuldete Zahlungen ausgesetzt werden.457 Außerdem konnte die Kommission nach Art. 66 § 5 Abs. 5 KS selbst Vollzugsmaßnahmen vornehmen, wenn eine Zwangsgeldandrohung nach Abs. 4 nicht erfolgreich war. Das beinhaltete insbesondere die Aussetzung von Rechten, die Ernennung eines treuhänderischen Verwalters, Zwangsverkäufe sowie die Nichtigerklärung von Rechtsgeschäften, Entscheidungen oder Beschlüssen des betreffenden Unternehmens. Schließlich sah Art. 95 Abs. 2 KS im Rahmen der Kompetenzergänzungsklausel vor, dass die Kommission mit einstimmiger Zustimmung des Rates in für das Erreichen der Ziele der EGKS erforderlichen Entscheidungen und Empfehlungen die „anzuwendenden Sanktionen“ bestimmen durfte. Hier wurde vertreten, dass dieser Begriff der Sanktion weiter sei als der in Art. 36 KS verwendete Begriff der „finanziellen Sanktion“.458 Gegen diese Auslegung spricht der Umstand, dass das Zwangsgeld eben gerade auf die finanzielle Situation des zu Zwingenden Einfluss nehmen möchte, indem es ihm eine regelmäßige Zahlungspflicht auferlegt, die er dadurch abwenden kann, dass er den rechtmäßigen Zustand (wieder)herstellt bzw. sich
454
Auch im später aufgehobenen Art. 52 Abs. 1 EGKSV war das der Fall.
455
So aber Krajewski, Geldbußen und Zwangsgelder im Recht der EG, S. 35. Die englische Fassung sprach von „pecuniary sanctions and periodic penalty payments“. 456
Diese wurden allgemein als Sanktion angesehen, Winkler, Die Rechtsnatur der Geldbuße, S. 20, Fn. 91; Zimmermann, Die Preisdiskriminierung im Recht der EGKS, S. 386, Fn. 141; Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 26/5; Krajewski, Geldbußen und Zwangsgelder im Recht der EG, S. 35. 457 458
Näher Jaenicke, ZaöRV 1951/52, S. 727 (746 ff.).
Osterheld, Die Vollstreckung von Entscheidungen der EGKS, S. 30; Krajewski, Geldbußen und Zwangsgelder im Recht der EG, S. 35.
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4. Kapitel
wieder rechtmäßig verhält.459 Damit ist das Zwangsgeld eine Maßnahme, welche eine finanzielle Vermögenseinbuße mit sich bringt.460 Wenn es vom weiter verstandenen Begriff der Sanktion in Art. 95 Abs. 2 KS erfasst sein sollte, erscheint es nicht sinnvoll, das Zwangsgeld nicht auch als „finanzielle Sanktion“ wie in den Art. 36 und 91 KS zu verstehen. Auch die europäischen Gerichte gingen anscheinend von der hier vertretenen Auffassung aus. In Urteilen zur in Art. 36 Abs. 1 KS festgelegten Verpflichtung der Kommission, dem Betroffenen vor Verhängung einer Sanktion Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben,461 trennten sie nicht zwischen „finanziellen Sanktionen“ einerseits und „Zwangsgeldern“ andererseits. Stattdessen verwiesen sie lediglich auf die nach dem EGKS-Vertrag möglichen „finanziellen Sanktionen“ insgesamt.462 Damit konnten die Zwangsgelder vom Begriff der „finanziellen Sanktion“ nicht ausgeschlossen sein, wenn die Gerichte sich nicht gegen den klaren Vertragswortlaut stellen wollten. Eine andere Auslegung würde auch dem Erfordernis der Einheit des Gemeinschaftsrechts und der Widerspruchsfreiheit der Verträge entgegenstehen.463 Bereits in diesem kurzen Überblick zeigt sich, dass finanzielle Sanktionen und Zwangsgelder nicht streng begrifflich zu trennen waren. Eine allgemeine oder gar abschließende Definition der Sanktion war auch nach dem Wortlaut des EGKS-Vertrags nicht möglich.
459
Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 26/7: „Zwangsgelder sind Geldleistungen, durch deren Auferlegung ein vertragsgemäßes Verhalten erzwungen werden soll“ [Hervorhebung im Original]. 460 461
Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 60 f. Dazu oben näher, siehe Text zu Fn. 239.
462
EuG, Rs. T-137/94, ARBED/Kommission, Slg. 1999, S. II-303, Rn. 25; Rs. T-141/94, Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 1999, S. II-347, Rn. 77; verb. Rs. T-45/98 und T-47/98, Krupp Thyssen Stainless u.a./Kommission, Slg. 2001, S. II-3757, Rn. 55; EuGH, Rs. C-176/99 P, ARBED/Kommission, Slg. 2003, S. I-10687, Rn. 19; verb. Rs. C-65/02 P und C-73/02 P, ThyssenKrupp Stainless/Kommission, Slg. 2005, S. I-6773, Rn. 92. 463
Hierzu Zuleeg, EuR 1969, S. 97 (102 f.); Kadelbach, in: von Bogdandy/Ehlermann, Konsolidierung und Kohärenz des Primärrechts, EuR Beiheft 2/1998, S. 51.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
127
3. Die Zwangsmaßnahmen der Kommission nach dem Euratom-Vertrag Im Euratom-Vertrag ist Art. 83 EA die zentrale Sanktionsvorschrift für Verstöße gegen die Sicherheitsvorschriften des Vertrags.464 Hier wird die stufenweise Verhängung von vier Zwangsmaßnahmen vorgeschrieben, die normkonformes Verhalten erzwingen sollen.465 Dieser Katalog ist insoweit abschließend,466 worauf auch die dem Art. 229 EG ähnliche Vorschrift des Art. 144 lit. b) EA hinweist, welche eine unbeschränkte Ermessensnachprüfung nur für die Zwangsmaßnahmen vorsieht, die im Rahmen des Art. 83 EA verhängt wurden. Gleichwohl sieht Art. 145 Abs. 1 EA vor, dass die Mitgliedstaaten ihrerseits Zwangsmaßnahmen nach ihren innerstaatlichen Vorschriften zu verhängen haben, wenn eine Vertragsverletzung von einer Person begangen wurde, auf welche Art. 83 EA keine Anwendung findet. Da den Mitgliedstaaten nicht vorgeschrieben ist, welche Art von Zwangsmaßnahmen sie verhängen dürfen, bietet Art. 83 EA zwar einen abschließenden Katalog der möglichen Zwangsmaßnahmen durch die Kommission im Rahmen von Euratom, nicht aber eine Definition des Begriffes.
4. Sanktionen nach der Satzung der Europäischen Zentralbank Nach Art. 19.1 Satz 2 der Satzung des ESZB und der EZB467 kann die EZB „Strafzinsen erheben und sonstige Sanktionen mit vergleichbarer Wirkung verhängen“ [Hervorhebung hinzugefügt], wenn die mitgliedstaatlichen Kreditinstitute ihrer Pflicht zur Unterhaltung von Mindestreserven auf Konten bei der EZB und den nationalen Zentralbanken nicht nachkommen. Daher sind Strafzinsen nach der Konzeption der Satzung als Sanktionen anzusehen. Daneben kann die EZB nach Art. 34.3 der Satzung Unternehmen mit „Geldbußen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Strafgeldern“ belegen, wenn diese ihre Verpflichtungen nicht einhalten, die sich 464
Böse, Strafen und Sanktionen, S. 247. Art. 81 Abs. 3 EA sieht daneben noch den Erlass eines sog. Gerichtsbefehls durch den Präsidenten des EuGH vor, mit dem die Durchführung einer Überwachungsmaßnahme eines Sicherheitsinspektors der Kommission im Zwangswege sichergestellt werden soll. 465 Ballreich, ZaöRV 1958, S. 24 (39, 50), bezeichnet alle diese Maßnahmen als Sanktionen. 466 467
Tsolka, Der allgemeine Teil des supranationalen Strafrechts, S. 37.
Protokoll über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, ABl. 1992, C 191, S. 68.
128
4. Kapitel
aus den Verordnungen und Entscheidungen der EZB ergeben. Diese Maßnahmen werden in Art. 17.4 Satz 2 der Geschäftsordnung der EZB als Sanktionen bezeichnet.468 Der mit Art. 34.3 der Satzung korrespondierende Art. 110 Abs. 3 EG spricht demgegenüber von „Geldbußen oder in regelmäßigen Abständen zu zahlenden Zwangsgeldern“. Es findet sich also eine sprachliche Abweichung zwischen den in Verbindung stehenden Artikeln des EG-Vertrags („Zwangsgelder“) und der EZBSatzung („Strafgelder“). In den jeweiligen anderen Sprachfassungen des Vertrags und der Satzung entsprechen sich die Begriffe jedoch. Neben der deutschen Fassung weicht nur die spanische Version ab, wo Art. 110 Abs. 3 EG von „pagos periódicos de penalización“ und Art. 34.3 der Satzung von „pagos periódicos coercitivos“ spricht.469 Es ist mit der ganz herrschenden Ansicht davon auszugehen, dass in Art. 34.3 der EZB-Satzung mit den Strafgeldern keine eigene Sanktionskategorie eingeführt wurde, sondern vielmehr Zwangsgelder gemeint sind.470 Es bleibt festzuhalten, dass auch der EZB-Satzung keine Definition der Sanktion entnommen werden kann. Allerdings wird deutlich, dass sie Geldbußen, Zwangsgelder und Strafzinsen als Sanktionen ansieht.
5. Maßnahmen nach sonstigem Primärrecht Im EU-Vertrag werden die Begriffe „Sanktion“ oder „Zwangsmaßnahme“ nicht verwendet. Die Aussetzung bestimmter Rechte eines Mitgliedstaats im Verfahren nach Art. 7 Abs. 3 EU, in welcher die Literatur in der Regel eine „Sanktion“ sieht,471 wird gemäß Art. 7 Abs. 4 EU als „Maßnahme“ (englisch: „measure“, französisch „mesure“) bezeichnet. Die Satzung und die Verfahrensordnung des Europäischen Gerichtshofes bieten neben der Möglichkeit, gegen ausbleibende Zeugen oder solche, welche die Aussage oder den Eid verweigern, Geldbußen zu verhängen (Art. 27 EuGH-Satzung, Art. 48 § 2 VerfO-EuGH), auch keine 468
Geschäftsordnung der Europäischen Zentralbank in der geänderten Fassung vom 22. April 1999, ABl. 1999, L 125, S. 34. 469 470 471
Hierzu Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 59. Satzger, Die Europäisierung des Strafrechts, S. 61 f.
Siehe ausführlich Schorkopf, Die Maßnahmen der XIV EU-Mitgliedstaaten gegen Österreich, S. 61 ff. Ebenso Hatje, Loyalität als Rechtsprinzip in der Europäischen Union, S. 78 f.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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Anhaltspunkte, was unter einer Zwangsmaßnahme bzw. Sanktion zu verstehen sei.
6. Ein neues Sanktionsverständnis nach dem Reformvertrag? Der Vertrag über eine Verfassung für Europa bezeichnete die Maßnahmen zur Vermeidung eines übermäßigen Defizits als Zwangsmittel (englisch „coercive means“, französisch „moyens contraignants“), Art. III-197 Abs. 2 lit. b) VerfV mit Art. 184 Abs. 9 und 10 VerfV (bzw. Art. III-91 Abs. 2 lit. b) VerfE-Conv mit Art. III-76 Abs. 9 und 10 VerfE-Conv). Der EG-Vertrag trifft zwar diesbezüglich bisher keine eigene Formulierung. Allerdings wird durch die Neufassung nach Art. 139 Abs. 2 lit. b) AEUV die für den VerfV vorgesehene Vorschrift übernommen. Jedoch lässt sich auch hieraus keine Unterscheidung der Zwangsmittel oder -maßnahmen von einer Sanktion herleiten, gelten doch gerade Geldbußen, wie sie Art. III-184 Abs. 10 lit. d) VerfV vorsah bzw. Art. 104 Abs. 11 4. Spiegelstrich EG (entspricht Art. 126 Abs. 11 4. Spiegelstrich AEUV) vorsieht, im Europarecht als typische Beispiele einer Sanktion.472 Ferner behielt Art. III-276 Abs. 3 S. 2 VerfV die Anwendung von Zwangsmaßnahmen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts den zuständigen nationalen (Strafverfolgungs-)Behörden vor und schloss somit eine solche durch Europol aus.473 Diese Vorschrift wird nach Lissabon durch Art. 88 Abs. 3 S. 2 AEUV übernommen. Mit den Zwangsmaßnahmen ist insbesondere die Ausübung unmittelbaren Zwangs durch die hierzu ermächtigten nationalen Strafverfolgungsbehörden erfasst, nicht hingegen die Verhängung und Vollstreckung von Strafurteilen, welche Gegenstand der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sind.474 Damit findet sich hier ein engerer Begriff der Zwangsmaßnahmen als beispielsweise in Art. 229 EG, der durch Art. 261 AEUV unverändert
472
Siehe nur Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 19; Böse, Strafen und Sanktionen, S. 50; Kadelbach, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 81 (84 f.); alle jedoch in Bezug auf Sanktionen gegen Einzelne, nicht – wie beim Defizitverfahren – gegen die Mitgliedstaaten. 473
Ausführlich zu den Handlungsbefugnissen Europols und dem erforderlichen Rechtsschutz Frowein/Krisch, JZ 1998, S. 589. 474
Dazu näher Monar, integration 2003, S. 536 (542 f.).
130
4. Kapitel
bleibt. Ein einheitlicher Begriff für das Recht der Union lässt sich hieraus nicht ableiten. Die übrigen Vorschriften des VerfV, welche die bisherigen Regelungen über Zwangsmaßnahmen und Sanktionen des EG-Vertrages übernahmen, führten – mit den geschilderten Ausnahmen des Art. III-197 Abs. 2 lit. b) und III-363 VerfV475 – keine neuen Aspekte zu der Frage ein, ob es einen einheitlichen Begriff für Sanktion und Zwangsmaßnahme im Unionsrecht gibt. Der Lissabonner Vertrag wird von diesen beiden Aspekten allein denjenigen der Zwangsmittel im Defizitverfahren beibehalten.
7. Zwischenergebnis: Kein einheitlicher Begriff aus dem Primärrecht Somit lässt sich feststellen, dass sowohl im aktuellen wie auch im möglicherweise kommenden europäischen Primärrecht zwar bestimmte Sanktionen vorgesehen sind oder ihre Existenz primärrechtlich zumindest anerkannt wird. Eine genauere Bestimmung des Begriffes der Sanktion lässt sich den Verträgen jedoch nicht entnehmen.476 Ein wesentlicher Ertrag der Durchsicht der Verträge ist jedoch, dass aus Sicht des europäischen Verfassungsgebers „Sanktionen“ und „Zwangsmaßnahmen“ Synonyme sind.
II. Das abgeleitete Recht der Union: Gesetzgeberische Hinweise auf Bestandteile eines europäischen Sanktionsbegriffs Im europäischen Sekundärrecht finden sich verschiedene Rechtsakte, die einen einheitlichen Rahmen für die zwangsweise Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts schaffen. Inwieweit die betreffenden Vorschriften allgemein gültige Erkenntnisse über einen unionsrechtlichen Begriff von Sanktion bzw. Zwangsmaßnahme erlauben, oder ob sie nicht vielmehr rein sektorale Regelungen darstellen, die eine einheitliche Handhabung dieser Durchsetzungsmechanismen ermöglichen wollen, ist Gegenstand der folgenden Ausführungen. Ausgegangen wird von denjenigen Akten des abgeleiteten Rechts, die bezwecken, gemeinsame Regeln aufzustellen, und somit auch sektorübergreifend eine Rolle spielen könnten. 475 476
Zu letztgenannter Ausnahme oben, unter 4. Kapitel B.I.1. Ebenso Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 142.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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1. Sanktion in der Verordnung über den Schutz der finanziellen Interessen der EG: Ein Ausgangspunkt Es liegt nahe, zunächst die sogenannte Sanktionsverordnung zu betrachten. Die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften477 geht auf eine Initiative der Kommission aus dem Jahr 1994 zurück.478 In einem Vorschlag hatte die Kommission einen Katalog an „verwaltungsrechtlichen Sanktionen“ und Maßstäbe für ihre Verhängung zum Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften erarbeitet. Zugleich definierte sie, was sie unter einer verwaltungsrechtlichen Sanktion versteht. Nach Art. 7 Abs. 1 des Vorschlags sind verwaltungsrechtliche Sanktionen der Gemeinschaften „im Gemeinschaftsrecht vorgesehene Maßnahmen zur Bekämpfung der in Artikel 5 genannten Verhaltensweisen, die finanzielle oder wirtschaftliche Nachteile für die in Artikel 8 genannten natürlichen oder juristischen Personen zur Folge haben“. In Artikel 5 des Vorschlags sind Betrug, Missbrauch gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften und sonstige Verstöße genannt. Betrug und Missbrauch wiederum sind in Art. 2 bzw. 3 des Vorschlags definiert.479 Diese Definition der Sanktion ist in der schließlich hieraus hervorgehenden Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 nicht mehr enthalten. Dem Vorschlag entsprechend trifft die Sanktionsverordnung eine sektorübergreifende Rahmenregelung zum Schutz der finanziellen Interessen der Union, Art. 1 Abs. 1 der Verordnung. Hierzu werden gemeinsame Regeln über die Anwendung bestimmter Sanktionen und soge477
Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1995, L 312, S. 1. 478
Kommission, Vorschlag für eine Verordnung (EG, Euratom) des Rates über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften, 7.7.1994, KOM (1994) 214 endg., ABl. 1994, C 216, S. 11; siehe bereits den Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über Kontrollen und Sanktionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik, 21.5.1990, KOM (1990) 126 endg., ABl. 1990, C 137, S. 10. 479
Dabei ist zu beachten, dass die als Betrug erfassten Verhaltensweisen im Kommissionsvorschlag deutlich von denen im deutschen § 263 StGB abweichen können. Insofern ähnelte der Vorschlag auch dem Betrugstatbestand im Corpus Juris-Projekt, der deswegen scharfe Kritik erntete. Zum Corpus Juris vgl. Delmas-Marty/Vervaele, Implementation of the Corpus Juris; House of Lords – EC Committee, 9th Report – Prosecuting Fraud on the Communities’ Finances.
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4. Kapitel
nannter verwaltungsrechtlicher Maßnahmen sowie der für die Durchsetzung der finanziellen Interessen der Union erforderlichen Kontrollen festgelegt. Diese einheitliche Regelung soll zum einen die bisher in den betreffenden speziellen Rechtsakten der Gemeinsamen Agrarpolitik vorgesehenen Durchsetzungsmechanismen in einem Rechtsakt zusammenfassen und dafür allgemeine Regeln aufstellen. Darüber hinaus sollen nach dem 8. Erwägungsgrund die bisher für die Landwirtschaftspolitik vorgesehenen Instrumente durch die Verordnung auch in anderen Bereichen eingeführt werden. In der sektorübergreifenden Qualität der Sanktionsverordnung liegt die Berechtigung begründet, sie als allgemeinen Teil eines supranationalen Sanktionsrechts zu begreifen.480 Hierfür spricht die Festlegung allgemeiner Grundsätze für die Anwendung der jeweiligen Maßnahmen nach Art. 2 f. und 6 f. der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95, wie z.B. des Rückwirkungsverbots, des Gesetzmäßigkeits- oder des Verhältnismäßigkeitsgebots sowie der Verjährungsfristen und der sanktionsrechtlichen Verantwortlichkeit. Die Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf den Schutz der finanziellen Interessen der Union zeigt indes die Grenzen dieses Verständnisses auf. Für die sonstigen Bereiche möglicher Verstöße gegen das Unionsrecht können die allgemeinen Grundsätze der Sanktionsverordnung nur indiziellen Charakter haben, wobei eine Vermutung dafür streitet, dass die genannten Grundsätze für alle Verwaltungssanktionen im Unionsrecht Geltung beanspruchen.481 Der EuGH wird sich jedoch im Zweifelsfall an seiner Rechtsprechung zu den rechtsstaatlichen Grundsätzen ausrichten. Ein Widerspruch zwischen den sekundärrechtlich festgelegten Grundsätzen der Sanktionsverordnung und seiner im Rang des Primärrechts stehenden Rechtsprechung zum Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten482 wird demnach zugunsten der letzteren aufgelöst werden. Als Beleg lässt sich hierfür die Rechtsprechung heranziehen, nach welcher grundrecht-
480
Feit, Schutz der finanziellen Interessen im Ausfuhrerstattungsrecht, S. 123; Dannecker, ZStW 1996, S. 577 (604); Wolffgang, in: Ehlers/Wolffgang, Rechtsfragen der Europäischen Marktordnungen, S. 209 (222); Wolffgang/Ulrich, EuR 1998, S. 616 (633). 481 482
Ähnlich Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 159.
Siehe nur EuGH, Rs. 29/69, Stauder, Slg. 1969, S. 419, Rn. 7; Pernice, Grundrechtsgehalte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 27 ff.; Zuleeg, DÖV 1992, S. 937 (940 f.).
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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lich geschützte Verfahrensrechte gewahrt sein müssen, obgleich der Sekundärrechtsakt solche nur in geringerem Umfang schützt.483 Im Gegensatz zu Art. 7 Abs. 1 des Kommissionsvorschlags bietet die Sanktionsverordnung selbst keine Definition ihres Begriffs.484 Vielmehr bestimmt Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 konkret in einem Katalog, was als Sanktion im Sinne der Verordnung anzusehen ist. Danach werden hinsichtlich der „Unregelmäßigkeiten in bezug auf das Gemeinschaftsrecht“ nachstehende Rechtsfolgen als „verwaltungsrechtliche Sanktionen“ aufgezählt: die Zahlung einer Geldbuße, die Zahlung einer über die bloße Rückzahlung des rechtswidrig erhaltenen Betrags hinausgehenden Summe, der vollständige oder teilweise Entzug eines gemeinschaftsrechtlich gewährten Vorteils, auch wenn nur ein Teil dieses Vorteils rechtswidrig erlangt wurde, der vorübergehende Ausschluss von gemeinschaftsrechtlichen Beihilfesystemen oder sonstigen Vorteilen, der Verlust einer Sicherheit oder die Rückzahlung einer ungerechtfertigterweise freigegebenen Sicherheit und sonstige sektorbezogene Sanktionen wirtschaftlicher Natur. Diese Sanktionen sind grundsätzlich nur zulässig, soweit die Unregelmäßigkeiten vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurden. Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung können sie einer strafrechtlichen Sanktion nicht gleichgestellt werden.485 In Art. 5 der Sanktionsverordnung nicht ausdrücklich genannt sind Zwangsgelder. Zwangsgelder bzw. Maßnahmen, die den Charakter eines Zwangsgelds tragen, ohne explizit als solche bezeichnet zu werden, kommen auch in Angelegenheiten vor, die den Schutz der finanziellen Interessen der Union betreffen.486 Man kann sie allerdings zu den Maßnahmen des Art. 5 Abs. 1 lit. g) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zählen, also zu den wirtschaftlichen Sanktionen gleichwertiger Art und Tragweite wie die anderen im selben Artikel genannten 483
EuGH, Rs. T-7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, S. II1711, Rn. 53 f. Näher Tridimas, The General Principles of EC Law, S. 264; Bitter, in: Bodnar u.a., Emerging Constitutional Law, S. 15 (23). 484
Böse, Strafen und Sanktionen, S. 51; Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 127.
485
Die Formulierung strafrechtlicher Tatbestände wurde in dem auf Art. K.3 Abs. 2 lit. c) EUV (jetzt Art. 34 Abs. 2 lit. d) EU) gestützten Übereinkommen vom 26. Juli 1995 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1995, C 315, S. 49, vorgenommen. 486
Prominentes Beispiel sind die Maßnahmen im Milchabgaberecht; dazu ausführlich unten, unter 4. Kapitel B.II.2.d.
134
4. Kapitel
Sanktionen.487 Zwangsgelder stellen finanzielle Nachteile dar, die einer natürlichen oder juristischen Person auferlegt werden, wenn durch einen dauerhaften Zustand oder eine andauernde Handlung (bzw. ein Unterlassen) gegen das Unionsrecht verstoßen wird, um den hierfür Verantwortlichen zur Behebung dieses rechtswidrigen Zustands zu bewegen.488 Ein einmal geleistetes Zwangsgeld wird bei Behebung des rechtswidrigen Zustands nicht zurückgezahlt. Damit wird durch ein Zwangsgeld nicht lediglich die Herstellung des rechtmäßigen Zustands gesichert, sondern vielmehr ein Rechtsnachteil auferlegt, der unabhängig davon bestehen bleibt, ob der rechtmäßige Zustand mittlerweile wieder hergestellt ist. Das Zwangsgeld unterscheidet sich von einer rein restitutiven Maßnahme und wirkt präventiv, bis der rechtmäßige Zustand hergestellt wurde, sowie repressiv, wenn dies nicht in einer vorgesehenen Zeit geschehen sollte. Die im Vergleich zu den sonstigen Sanktionen geringere belastende Wirkung des Zwangsgelds, welches ja durch die Herstellung des rechtmäßigen Zustands bzw. durch rechtmäßiges Verhalten abgewendet werden kann, ermöglicht die Einordnung unter diese „Sanktionen gleichwertiger Art und Tragweite“. Eine gleich schwere Wirkung unter Ausschluss einer weniger schweren Wirkung ist durch Art. 5 Abs. 1 lit. g) der Sanktionsverordnung nicht gefordert. Er gibt vielmehr die Obergrenze dessen an, was im Rahmen des Schutzes der finanziellen Interessen der Union an Sanktionen verhängt werden darf.489 Im Abgrenzung zu den Sanktionen des Art. 5 werden in Art. 4 der Verordnung als „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“ solche bezeichnet, die rein restitutiv den rechtswidrig erlangten Vorteil wieder entziehen, indem sie die Verpflichtung zur Zahlung des geschuldeten oder die 487 Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 150. Ein Argument liefert der Sanktionsbegriff der Haushaltsordnung und des Wettbewerbsrechts, wo Zwangsgelder jeweils als Sanktionen verstanden werden; siehe ausführlich unten, unter 4. Kapitel B.II.3.a) zum Finanzverfassungsrecht und 4. Kapitel B.II.4.a) zum Wettbewerbsrecht. 488
Harding, European Community Investigations and Sanctions, S. 93; Immenga/Mestmäcker-Dannecker/Biermann, Vorbem. Art. 23 ff. Kartellverfahrensordnung, Rn. 28; sowie dies., Art. 24 Kartellverfahrensordnung, Rn. 6. 489
A.A. Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 157 f., der davon ausgeht, dass Art. 5 Abs. 1 lit. g) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 eine Untergrenze möglicher Sanktionen vorsieht, um diese besser von den verwaltungsrechtlichen Maßnahmen abgrenzen zu können, während eine Obergrenze nicht feststellbar sein soll.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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Rückerstattung des rechtswidrig erhaltenen Geldbetrags auferlegen, oder den vollständigen oder teilweisen Verlust einer Sicherheit anordnen, die für einen Antrag auf Gewährung eines Vorteils oder bei Zahlung eines Vorschusses geleistet wurde.490 Zu diesem bloßen Entzug eines erlangten Vorteils treten gegebenenfalls noch die betreffenden Zinsen, Art. 4 Abs. 2 Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95. Durch die Verordnung (EWG) Nr. 595/91 wird diese Pflicht zur Wiedereinziehung unrechtmäßig erlangter Beträge für die Ausgaben im Rahmen des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), früher „Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft“ (EAGFL), genauer ausgestaltet.491 Mit der in Art. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 vorgenommenen Ausgestaltung der Rückforderung als verwaltungsrechtliche Maßnahme wird die Rechtsprechung des EuGH anerkannt. Dieser hatte festgestellt, dass die Pflicht zur Rückforderung unrechtmäßig erlangter Beträge nichts weiteres sei, als die ausdrückliche Bestätigung einer aus dem Grundsatz loyaler Zusammenarbeit (Art. 10 EG) folgenden Pflicht der Mitgliedstaaten.492 Nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung stellen diese Maßnahmen keine Sanktionen dar. Sie folgen unabhängig von der individuellen Schuld auf jede Unregelmäßigkeit. Der Verordnung über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften liegt somit – ebenso wie dem Kommissionsvorschlag – ein rein repressiver Sanktionsbegriff zugrunde.493 Eine allgemeine Begriffsbestimmung für das Unionsrecht lässt sich einer solchen Liste möglicher Rechtsfolgen nicht entnehmen, da sie nicht abschließend für das gesamte Unionsrecht ist.494 Zwar ist die Liste nach Art. 5 Abs. 2 Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 für den Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Union umfassend. Jedoch gelten nach Art. 5 Abs. 1 lit. g) der Verordnung als Sanktionen auch 490
Wolffgang/Ulrich, EuR 1998, S. 616 (629 f.).
491
Verordnung (EWG) Nr. 595/91 des Rates vom 4. März 1991 betreffend Unregelmäßigkeiten und die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik sowie die Einrichtung eines einschlägigen Informationssystems und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 283/72, ABl. 1991, L 67, S. 11. 492 493 494
EuGH, Rs. 54/81, Fromme, Slg. 1982, S. 1449, Rn. 5. Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 7. Bitter, in: Bodnar u.a., Emerging Constitutional Law, S. 15 (17).
136
4. Kapitel
„weitere ausschließlich wirtschaftliche Sanktionen gleichwertiger Art und Tragweite“. Abgesehen davon, dass es eine zirkelhafte Definition der Sanktion bedeuten würde, hierin eine exakte Begriffsbestimmung der Sanktion zu sehen, zeigt Buchstabe g), dass die Ausschließlichkeit des Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 schon im Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Union nicht absolut gilt; für das gesamte Unionsrecht kann die Verordnung demnach erst recht keine abschließende Regelung treffen. Entscheidend ist, dass die Verordnung ausweislich ihres Art. 1 nur für den Schutz der finanziellen Interessen der Union gilt, also gegenüber Handlungen, die sich nachteilig auf den Haushaltsplan der Union auswirken. Damit sind beispielsweise die Geldbußen und Zwangsgelder wegen Verstößen gegen das Kartellverbot nicht von der Verordnung erfasst. Daneben bleibt schon im Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Union die Möglichkeit unerwähnt, Unternehmen, bei welchen das „Risiko der Unzuverlässigkeit“ zu bestehen scheint, auf eine sog. „Schwarze Liste“ zu setzen.495 Ob das als eine „wirtschaftliche Sanktion gleichwertiger Art und Tragweite“ wie die in Art. 5 Abs. 1 lit. a) bis f) der Verordnung vorgesehenen Sanktionen angesehen werden kann, ist zweifelhaft. Eine Schwarze Liste hat eine stigmatisierende Wirkung, die über die nachteilige Leistung eines finanziellen Betrages hinausgehen kann, wenn ein Unternehmen dadurch nicht mehr bei Vergabeentscheidungen der Kommission berücksichtigt wird.496 Es ist festzustellen, dass die in der Verordnung beschriebenen Sanktionen zwar sektorübergreifend gelten, jedoch nur für den Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Union abschließend aufgezählt sind.497 Die ausschließende Wirkung dieses numerus clausus wird dabei schon durch Art. 5 Abs. 1 lit. g) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 stark abgeschwächt.498 Hinzu tritt, dass gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung auch noch Sanktionen verhängt werden können,
495
Verordnung (EG) Nr. 1469/95 des Rates vom 22. Juni 1995 über Vorkehrungen gegenüber bestimmten Begünstigten der vom EAGFL, Abteilung Garantie, finanzierten Maßnahmen, ABl. 1995, L 145, S. 1. 496
Art. 4 Verordnung (EG) Nr. 745/96 der Kommission vom 24. April 1996 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1469/95 des Rates über Vorkehrungen gegenüber bestimmten Begünstigten der vom EAGFL, Abteilung Garantie, finanzierten Maßnahmen, ABl. 1996, L 102, S. 15. 497 498
Heitzer, Punitive Sanktionen, S. 6. Böse, Strafen und Sanktionen, S. 329.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
137
die bei Erlass der Verordnung bereits in anderen sektorbezogenen Regelungen vorgesehen waren. Nichtsdestotrotz bietet die Sanktionsverordnung wegen ihres sektorübergreifenden Anliegens einen wichtigen Ausgangspunkt für die Bestimmung des Sanktionsbegriffes im Europarecht: Zumindest Maßnahmen, die punitiv auf ein Fehlverhalten eines Rechtssubjekts reagieren, sind nach der Verordnung als Sanktionen anzusehen. Maßnahmen, die lediglich einen unberechtigten Vorteil abschöpfen wollen – ob bewusst oder unbewusst fälschlich erlangt – gelten nach der Verordnung nicht als Sanktionen, sondern als „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“.499 Solche Maßnahmen werden im Folgenden als restitutive Maßnahmen bezeichnet. Diese Unterscheidung hat wegen des zentralen Charakters der Sanktionsverordnung für die Verhängung von Sanktionen im Unionsrecht im Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Union für die vorliegende Arbeit erkenntnisleitende Funktion. Zwar kann die Verordnung nicht als vollständig abschließend bezeichnet werden. Jedoch kommt ihr Zweck der Schaffung eines einheitlichen Rahmens für die Sanktionierung von Fehlverhalten zu Lasten der finanziellen Interessen der Union dem Interesse dieser Arbeit an einem einheitlichen Rahmen für die zwangsweise Durchsetzung des gesamten Unionsrechts so nah, dass man sie für eine Bestimmung der Begriffe Sanktion und Zwang als Ausgangspunkt heranzuziehen hat.500 Abweichungen von der Begriffsbestimmung der Sanktionsverordnung unterliegen damit einem erhöhten Rechtfertigungsdruck, hat der Gemeinschaftsgesetzgeber doch mit ihr seinen eindeutigen Willen zum Ausdruck gebracht. Andere Bestimmungen der Begriffe erlauben sich nur durch eventuell vorzufindende Lücken in der durch die Verordnung vorgegebenen Definition oder widersprüchliche Regelungen auf einer normhierarchisch höher gelegenen oder gleichen Ebene oder durch explizite Abweichungen, deren grundsätzliche Zulässigkeit dann zu prüfen wäre.501 Das lenkt den Blick auf 499
Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 148.
500
Ähnlich geht Hækkerup, Controls and Sanctions in EU Law, S. 27 f., vor, wenn er den in der Verordnung festgelegten Begriff der Unregelmäßigkeit als für seine Studie maßgeblich anerkennt. 501
Vgl. dazu die Erwägungen bei EuGH, C-295/02, Gerken, Slg. 2004, S. I6369, Rn. 55 ff., wo der EuGH prüft, ob die neue Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaft-
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4. Kapitel
die anderen einschlägigen sekundärrechtlichen Akte. Es wird zu prüfen sein, ob hier relevante Abweichungen von den in der Sanktionsverordnung gefundenen Begrifflichkeiten zu entdecken sind.
2. Die Sanktion im Recht der Landwirtschaft a) Das europäische Agrarrecht als Labor des europäischen Verwaltungsrechts Im folgenden Abschnitt wird zunächst der Frage nachgegangen, ob dem europäischen Recht der Landwirtschaft ein bestimmter Sanktionsbegriff zu entnehmen ist.502 Das liegt in zweifacher Hinsicht nahe: Zum einen war europäisches Agrarrecht immer schon Versuchslabor für das gesamte europäische Verwaltungsrecht.503 Instrumente aus der Gemeinsamen Agrarpolitik wurden häufig auch in anderen Gebieten mutatis mutandis angewandt, sodass ein eventuell gefundener Begriff für das europäische Recht Verallgemeinerungsfähigkeit besitzen kann. Eine ähnliche Bedeutung als Referenzgebiet für die (Weiter-)Entwicklung des europäischen Rechts vor allem auf dem Gebiet des allgemeinen Verwaltungsrechts hat in jüngerer Zeit beispielsweise das Umweltrecht gewonnen.504 Man denke nur an die dort erweiterten Verfahrens- und Informationsrechte durch die Umweltinformationsrichtlinie505 oder die
liche Beihilferegelungen, ABl. 2001, L 327, S. 11, vom Gebot der rückwirkenden Anwendung der milderen Sanktionierung in Art. 2 Abs. 2 S. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 abweichen will; näher dazu, Text bei Fn. 556. 502
Agrarrecht und Landwirtschaftsrecht werden in dieser Arbeit als Synonyme verwendet. Nachweise zum Streit darüber, ob hier eine Differenzierung, beispielsweise zwischen öffentlich-rechtlichem Agrarrecht und privatrechtlichem Landwirtschaftsrecht, vorgenommen werden müsste, finden sich bei Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 2. 503
Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 36. Zum grundsätzlich exemplarischen Charakter des europäischen Agrarverwaltungsrechts: Ehlermann, AgrarR 1989, Beilage II, S. 3; Barents, Agricultural Law of the EC, S. 13, 366. 504
Näher Schmidt-Aßmann, Das allgemeine Verwaltungsrecht als Ordnungsidee, Rn. 1/60; 6/143 ff. 505
Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABl. 1990, L 158, S. 56; jetzt Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Ja-
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung506. Hierbei zeigt sich auch die Bedeutung des Umweltrechts als Referenzgebiet für die Europäisierung nationalen Verwaltungsrechts.507 Zum anderen hat die Sanktions-Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 ihre Wurzeln im europäischen Agrarrecht, deswegen ist sie von besonderem Interesse, da Abweichungen und Kontinuitäten nachvollzogen werden können. Sie ist damit besonderer Beleg für die These, dass das europäische Landwirtschaftsrecht ein Referenzgebiet für das gesamte europäische Recht bieten kann. Dass dies auch dem gesetzgeberischen Willen entspricht, zeigt der 8. Erwägungsgrund der Sanktionsverordnung: „Das Gemeinschaftsrecht sieht verwaltungsrechtliche Sanktionen der Gemeinschaft im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik vor. Derartige Sanktionen sind auch in anderen Bereichen einzuführen.“ An dieser Stelle ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der exemplarische Charakter des europäischen Landwirtschaftsrechts sich nicht nur auf die Akte des Sekundärrechts bezieht. Darüber hinaus – und für die weitere Entwicklung des Unionsrechts vielleicht noch bedeutsamer – ist die Rechtsprechung des EuGH, der im Rahmen der Agrarpolitik Rechtsgrundsätze entwickelte, die für das gesamte Unionsrecht Bedeutung erlangen sollten.508 Als herausragendes Beispiel sei hier nur die Entwicklung der Rechtsprechung zu den gemeinschaftlichen Grundrechten genannt, die auf dem Gebiet des Landwirtschaftsrecht erging.509
nuar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. 2004, L 41, S. 26. 506
Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. 1985, L 175, S. 40. 507
Ausführlich Kadelbach, Allgemeines ropäischem Einfluss, S. 415 ff., 420 ff.
Verwaltungsrecht
unter
eu-
508
Näher Borchardt, in: FS Zuleeg, S. 473 (473 f.); Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 79 f. 509
Siehe nur EuGH, Rs. 29/69, Stauder, Slg. 1969, S. 419, Rn. 7; Rs. 44/79, Hauer, Slg. 1979, S. 3727, Rn. 15; zu diesem Komplex grundlegend Pernice, Grundrechtsgehalte im Europäischen Gemeinschaftsrecht, S. 27 ff.; Zuleeg, DÖV 1992, S. 937 (940 f.).
140
4. Kapitel
b) (Strafe und) Sanktion im integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen Im Zusammenhang mit der Sanktionsverordnung ist das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem für gemeinschaftliche Beihilferegelungen im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (InVeKoS) zu sehen, welches im Zuge der Agrarreform von 1992 durch die Verordnung (EWG) Nr. 3508/92510 eingeführt wurde.511 Zweck dieser Verordnung war es ausweislich ihrer Begründungserwägungen, ein übergreifendes integriertes System der Beihilfengewährung und der Kontrolle der Verwendung der gewährten Mittel der gemeinschaftlichen Stützungsregelungen auf dem Gebiet landwirtschaftlicher Kulturpflanzen und der Rind-, Schaf- und Ziegenfleischproduktion sowie der Tierfleischproduktion in bestimmten benachteiligten landwirtschaftlichen Gebieten512 einzurichten, nachdem für diese Sektoren bislang lediglich sektorspezifische Regelungen bestanden hatten.513 Die Einführung des Systems war notwendig geworden, da die Agrarreform eine Verlagerung der europäischen Politik auf diesem Gebiet weg von den interventionistischen öffentlichen An- und Verkäufen von Überschussgütern hin zu einer direkteren Beeinflussung des Erzeugerverhaltens zum Ziel hatte.514 Die Reform brachte einen wesentlich erhöhten Verwaltungsaufwand mit sich, dessen Effektivität und Effizienz durch die horizontalen Regelungen erhöht werden sollte. Das „integrierte“ an dem System hat in diesem Zusammenhang eine doppelte Bedeutung: So bezieht sich das Sys510
Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992, L 355, S. 1. 511
Ausführlich Mögele, EWS 1993, S. 305.
512
Beispielsweise in Berggebieten. Eine nähere Begriffsbestimmung bietet für die aktuelle Rechtslage Art. 50 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ABl. 2005, L 277, S. 1, der an die Stelle der Art. 17 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen, ABl. 1999, L 160, S. 80, getreten ist. 513 514
Näher Hedtmann, EuR 2002, S. 122 (125).
Mögele, EWS 1993, S. 305 (306); Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 40. Ausführlich zur Agrarreform 1992 Scherer, DVBl. 1993, S. 281.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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tem einerseits sektorübergreifend und damit harmonisierend auf mehrere Sektoren landwirtschaftlicher Tätigkeit – vor allem sowohl auf die pflanzliche als auch die tierische Produktion –, andererseits beinhaltet es Regelungen sowohl zur Gewährung als auch zur anschließenden Kontrolle der ordnungsgemäßen Verwendung der Beihilfen durch den Mittelempfänger. Von Bedeutung war die Möglichkeit für den Rat, das System nachfolgend auch auf zusätzliche Bereiche zu erweitern, sowie für die Mitgliedstaaten, die Instrumente des Systems bei der Durchführung anderer gemeinschaftlicher und sogar nationaler Beihilferegelungen anzuwenden. Durch die Verordnung wurde die zuvor in Praxis und Wissenschaft kritisierte Zersplitterung der gemeinschaftlichen Verfahrens-, Kontroll- und Sanktionsvorschriften für die landwirtschaftlichen Beihilfesysteme515 zumindest teilweise behoben, wodurch ihr eine erhebliche „Bündelungs- und Konzentrationswirkung“ zukam.516 Auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 ist die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten System ergangen.517 Nach Art. 9 dieser Durchführungsverordnung wurden die tatsächlich ermittelten grundsätzlich beihilfefähigen Flächen gekürzt (mit der Folge, dass die hierfür gewährte Beihilfe geringer ausfiel) bzw. die Beihilfen bei besonders großen Abweichungen ganz gestrichen, wenn sich die im Beihilfeantrag angegebene förderungswürdige Fläche von der durch Kontrollen festgestellten Fläche unterschied. Dasselbe galt nach Art. 10 der Verordnung für den Fall, dass sich die im Antrag angegebene Anzahl beihilfefähiger Tiere von der durch Kontrollen festgestellten Zahl unterschied. Daneben war sowohl für Flächen- als auch für Tierbeihilfen der Ausschluss von der Gewährung einer Beihilfe für das betreffende Kalenderjahr vorgesehen, wenn die falschen Angaben zumindest grob fahrlässig gemacht worden waren, sowie der Ausschluss des Beihilfeempfängers auch für das darauf folgende Kalenderjahr, wenn die Angaben absichtlich falsch gemacht wurden.
515
Z.B. bei Angerer, AgrarR 1992, S. 288 (290); Ehlermann, AgrarR 1989, Beilage II, S. 3 (6). 516 517
Mögele, EWS 1993, S. 305 (307).
Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992, L 391, S. 36.
142
4. Kapitel
In Art. 11 der Durchführungsverordnung wurden diese Maßnahmen als „Strafen“ bezeichnet.518 Der durch die Verordnung (EG) Nr. 1678/98 neu eingeführte Art. 11 Abs. 1a der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 lautete nach Änderung nun:519 „Die nach den Artikeln 9 und 10 geltenden Sanktionen werden nicht verhängt in Fällen, in denen der Betriebsinhaber die zuständige Behörde innerhalb von 10 Werktagen, nachdem er festgestellt hat, dass der von ihm gestellte Antrag andere Irrtümer enthält als absichtlich oder grob fahrlässig gemachte falsche Angaben, die zur Anwendung einer oder mehrerer der vorgenannten Sanktionen führen können, von sich aus schriftlich über diese Irrtümer unterrichtet, es sei denn, die zuständige Behörde hat dem Betriebsinhaber mitgeteilt, dass sie beabsichtigt, eine Vor-Ort-Kontrolle durchzuführen, oder der Antragsteller hat anderweitig von dieser Absicht Kenntnis erlangen können oder die zuständige Behörde hat den Betriebsinhaber bereits unterrichtet, dass der gestellte Antrag Irrtümer enthält.“ Die betreffende Änderung in der Begrifflichkeit (jetzt „Sanktionen“ statt wie bisher „Strafen“) war allerdings ein deutsches Spezifikum, da beispielsweise die englische (penalties) oder die französische Fassung (sanctions) hier keine Änderung erfuhren. Damit waren im Rahmen des integrierten Informations- und Kontrollsystems schon nach altem Recht die zulässigen Beihilfekürzungen und -streichungen sowie die Ausschlüsse von der Beihilfegewährung für einen bestimmten Zeitraum als Sanktionen anzusehen.520 Die Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 3887/92 wurde – gestützt auf die Grundverordnung (EWG) Nr. 3508/92 – durch die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 aufgehoben und ersetzt.521 In der neuen Durchführungsverordnung sprachen die Art. 42, 47 und 51 von Sanktionen. Da518
Im Englischen „penalties“, im Französischen „sanctions“.
519
Verordnung (EG) Nr. 1678/98 der Kommission vom 29. Juli 1998 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1998, L 212, S. 23. 520
So beispielsweise auch BVerwG, Beschluss vom 29.3.2005, 3 B 117.04, RdL 2005, S. 224. 521 Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 2001, L 327, S. 11.
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nach wurden als Sanktionen angesehen: die in Titel IV der Durchführungsverordnung im Einzelnen vorgesehenen Beihilfekürzungen, der Ausschluss von einer Beihilfegewährung bei schwerwiegenderen Verstößen für einen nachfolgenden Beihilfezeitraum sowie der Entzug des Rechts, prämienrelevante Erklärungen anzugeben, für mindestens ein Jahr. Dass es sich dabei nach der Konzeption der Verordnung um Sanktionen handeln sollte, geht aus einer systematischen Betrachtung der Art. 42, 47 und 51 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 i.V.m. dem 34. und dem 43. Erwägungsgrund zur Verordnung hervor. Insbesondere war Art. 47 Abs. 1 der Verordnung, der von unabhängig voneinander vorzunehmenden Kürzungen und Ausschlüssen sprach, mit „Zusammentreffen mehrerer Sanktionen“ überschrieben. Zudem sollten die Kürzungen und Ausschlüsse nach der Verordnung gemäß dem 43. Erwägungsgrund „unbeschadet weiterer Sanktionen […] angewendet werden“. Die Grundverordnung (EWG) Nr. 3508/92 wurde im Rahmen der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik 2003 durch die neue Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 über die gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik aufgehoben.522 Das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem wird jedoch durch die neue Verordnung übernommen und in seinem Anwendungsbereich erweitert. Es findet ausweislich des Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 unmittelbar nur für die in der Verordnung selbst geregel-
522
Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2003, L 270, S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 293/2008 der Kommission vom 1. April 2008 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates hinsichtlich der in demselben Anhang festgesetzten nationalen Obergrenzen, ABl. 2008, L 90, S. 5. Dazu sogleich unter 4. Kapitel B.II.2.c). Zur GAP-Reform 2003 ausführlich Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 107 ff. Hauptmerkmal der Reform ist eine mit der Abkopplung der Beihilfen von der Produktion bestimmter Erzeugnisse einhergehende Hinwendung zu einer entkoppelten Einkommensstützung in Form einer Betriebsprämie, Bundesministerium für Verbraucherschutz, Landwirtschaft und Ernährung, Meilensteine der Agrarpolitik, S. 13 f.; Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Die EU-Agrarreform, S. 11 f.; Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 41, 127 ff.; Borchardt, in: FS Zuleeg, S. 473 (478).
144
4. Kapitel
ten Direktzahlungen Anwendung.523 Daneben müssen die Mitgliedstaaten nach der Kompatibilitätsklausel des Art. 26 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 hinsichtlich bestimmter, im Anhang V der Verordnung genannter Stützungsregelungen524 dafür sorgen, dass ihre Verwaltungs- und Kontrollverfahren hinsichtlich der drei wichtigsten Merkmale des InVeKoS – elektronische Datenbank, System zur Identifizierung landwirtschaftlicher Parzellen und Verwaltungskontrollen – mit dem InVeKoS kompatibel sind.525 Zunächst blieb auch die noch auf der Grundlage der alten Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 erlassene neuere Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2419/2001 weiterhin gültig. Mittlerweile wurde die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 jedoch gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 durch die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 aufgehoben und ersetzt.526 Damit ist der Begriff der Sanktion im Rahmen des integ-
523
Sowie gemäß Art. 153 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 bis zum 31.5.2005 auch für die Direktzahlungen nach Art. 2a der im Übrigen durch die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 aufgehobenen Verordnung (EG) Nr. 1259/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. 1999, L 160, S. 113. 524
Beispielsweise nach den gemeinsamen Marktorganisationen für Trockenfutter oder für Wein. Der Anhang V wurde zuletzt geändert und dabei stark gekürzt durch Verordnung (EG) Nr. 1182/2007 des Rates vom 26. September 2007 mit besonderen Vorschriften für den Obst- und Gemüsesektor zur Änderung der Richtlinien 2001/112/EG und 2001/113/EG sowie der Verordnungen (EWG) Nr. 827/68, (EG) Nr. 2200/96, (EG) Nr. 2201/96, (EG) Nr. 2826/2000, (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 318/2006 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2202/96, ABl. 2007, L 273, S. 1. 525 526
Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 116.
Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2004, L 141, S. 18; diverse Änderungen, die letzte durch Verordnung (EG) Nr. 145/2008 der Kommission vom 19. Februar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen
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rierten Systems nicht mehr der Durchführungsverordnung aus dem Jahre 2001, insbesondere ihren Art. 42, 47 und 51, zu entnehmen. Vielmehr finden sich Hinweise auf einen Begriff der Sanktion nunmehr vor allem in den Art. 62, 71 und 75 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004. Dabei entspricht Art. 62 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 dem Art. 42 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, wonach Schlachthöfen als Sanktion das Recht, prämienrelevante Erklärungen abzugeben, für mindestens ein Jahr entzogen wird, wenn sie zum zweiten Mal grob fahrlässig oder vorsätzlich eine falsche Bescheinigung oder Erklärung im Zusammenhang mit der Schlachtprämie nach Art. 121 der Verordnung (EG) Nr. 1973/2004527 ausgestellt bzw. abgegeben haben. Die Art. 71 Abs. 2 und 75 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 zeigen i.V.m. dem 61., dem 65. und dem 70. Erwägungsgrund, dass die Kürzungen und Ausschlüsse nach der Verordnung als Sanktionen zu verstehen sind. Die Art. 71 Abs. 2, 75 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 sind dabei wortgleich mit den betreffenden Art. 47 und 51 der Vorgänger-Verordnung (EG) Nr. 2419/2001. Allein die Überschrift zu Art. 47 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004, wo vom „Zusammentreffen mehrerer Sanktionen“ die Rede war, lautet nunmehr „Kumulierung mehrerer Kürzungen“, ohne dass aber davon auszugehen wäre, dass damit eine Änderung des Sanktionsverständnisses beabsichtigt ist. Insofern ist also festzuhalten, dass das Sanktionsverständnis innerhalb des InVeKoS seit 1992 dasselbe ist, wenn dies auch noch deutlicher aus den älteren Regelungen hervorgeht. Zu diesem Sanktionsverständnis wird deutlich, dass die betreffenden Vorschriften als Sanktion bestimmte nachteilige Reaktionen auf ein gemeinschaftsrechtlich unerwünschtes Verhalten verstanden haben wollen. Diese nachteiligen Reaktionen gehen über die bloße Anpassung des Beihilfebetrags an die tatsächlich förderungswürdigen Umstände hinAgrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2008, L 44, S. 9. 527
Verordnung (EG) Nr. 1973/2004 der Kommission vom 29. Oktober 2004 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates hinsichtlich der Stützungsregelungen nach Titel IV und IVa der Verordnung und der Verwendung von Stilllegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen, ABl. 2004, L 345, S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1548/2007 der Kommission vom 20. Dezember 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1973/2004 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates hinsichtlich der Stützungsregelungen nach Titel IV und IVa der Verordnung und der Verwendung von Stilllegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen, ABl. 2007, L 337, S. 71.
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aus. Nimmt man Art. 51 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 als Beispiel, so wird die für die Berechnung einer flächenbezogenen Beihilfe relevante Fläche gekürzt – und damit die betreffende Beihilfe –, wenn die angemeldete Flächengröße über der tatsächlich ermittelten liegt. Dabei ist ein abgestuftes, von der Größe der Flächendifferenz abhängiges System vorgesehen: Die Kürzung beträgt das Doppelte der festgestellten Differenz, wenn diese über 3 % oder 2 Hektar und nicht mehr als 20 % beträgt, Art. 51 Abs. 1 UAbs. 1. Beträgt die Differenz mehr als 20 %, wird für die betreffende Kulturgruppe keine Beihilfe gewährt, Art. 51 Abs. 1 UAbs. 2. Nach Art. 51 Abs. 2 UAbs. 1 der Verordnung wird im Falle eines Sammelantrags528 bei mehreren Flächen für das Kalenderjahr überhaupt keine Beihilfe gewährt, wenn die vom Antragssteller angegebene Fläche um 30 % über der tatsächlich ermittelten Fläche liegt. Beträgt diese Differenz mehr als 50 %, wird der Betriebsinhaber nach Art. 51 Abs. 2 UAbs. 2 der Verordnung ein weiteres Mal von der Beihilfegewährung ausgeschlossen, wobei der Betrag mit Beihilfezahlungen für die drei Folgejahre verrechnet wird. Falls die sog. „Übererklärung“ vorsätzlich erfolgte, wird dem Betriebsinhaber bereits bei einer Differenz von mehr als 0,5 % der ermittelten Fläche oder einem Hektar im Rahmen der betreffenden Beihilferegelung keine Beihilfe gewährt, Art. 53 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004. Beträgt diese vorsätzlich herbeigeführte Differenz mehr als 20 %, wird der Betriebsinhaber ein weiteres Mal von der Beihilfegewährung ausgeschlossen, Art. 53 Abs. 2 der Verordnung. Entsprechende Regelungen sehen die folgenden Bestimmungen beispielsweise für besondere Kulturen oder für Tierprämien vor, wobei für Kürzungen und Ausschlüsse dann jeweils spezifische Unregelmäßigkeiten vorausgesetzt sind. In allen Fällen bleibt festzuhalten, dass diese Kürzungen und Ausschlüsse keine bloße Anpassung an den tatsächlich zu gewährenden Beihilfebetrag bedeuten, sondern darüber hinausgehen. Die bloße Anpassung an den korrekten Betrag findet über die Art. 73 und 73a der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 durch Rückforderung zu Unrecht gezahlter Beiträge oder Wiedereinziehung zu Unrecht zugewiesener Ansprüche statt. Die als Sanktion verstandenen Kürzungen und Ausschlüsse wollen den rechtswidrig erlangten Vorteil dagegen jedoch nicht abschöpfen, sondern darüber hinausgehend den gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßenden Landwirt auch „bestrafen“, indem sie 528
Definiert in Art. 2 Abs. 11 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004.
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auch den rechtmäßig geschuldeten Beihilfebetrag bis auf Null reduzieren oder gar einen Beihilfebezug für einen zukünftigen Zeitraum ausschließen. Damit sind die Sanktionen der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 punitive Reaktionen auf ein gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten. Das steht in Einklang mit dem Begriff der Sanktion, wie er der Sanktions-Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zugrunde liegt. Fraglich ist, ob dieses Begriffsverständnis auch in anderen Rechtsakten des europäischen Agrarrechts zu finden ist. Hierbei bietet sich zunächst ein Blick in die Grundverordnung zu den Direktzahlungen in der Gemeinsamen Agrarpolitik an, für die das InVeKoS geschaffen wurde.
c) Kein klarer Sanktionsbegriff durch die Verordnung über gemeinsame Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik Wie beschrieben, hat die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003529 die Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 aufgehoben. Das integrierte Verwaltungsund Kontrollsystem wurde jedoch übernommen und erweitert, um die ordnungsgemäße Abwicklung der Gewährung von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu gewährleisten. Damit trifft die neue (wie auch die alte) Verordnung zwar lediglich eine rein sektorale Regelung für den Bereich der landwirtschaftlichen Stützungsregelungen. Jedoch zeigt das bereits geschilderte Beispiel der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95, dass Mechanismen und Instrumente zur Durchführung des Agrarrechts für die Entwicklung des Rechts auf dem gesamten Gebiet des Unionsrechts häufig exemplarisch sind.530 Ein hier zu findender Sanktionsbegriff kann also für die allgemeinen Zwecke der Arbeit herangezogen werden. In der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 werden für Unregelmäßigkeiten, die bei der Gewährung einer Beihilfe auftreten, bestimmte Mecha529
Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2003, L 270, S. 1; zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 293/2008 der Kommission vom 1. April 2008 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates hinsichtlich der in demselben Anhang festgesetzten nationalen Obergrenzen, ABl. 2008, L 90, S. 5. 530
Zum grundsätzlich exemplarischen Charakter des europäischen Agrarverwaltungsrechts: Ehlermann, AgrarR 1989, Beilage II, S. 3; Barents, Agricultural Law of the EC, S. 13, 366.
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4. Kapitel
nismen vorgesehen, wie im Falle der fehlerhaften Erfüllung der Beihilfevoraussetzungen vorzugehen ist. So können nach Art. 6 und 24 der Verordnung teilweise und vollständige Kürzungen der Direktzahlungen wie auch Ausschlüsse aus einzelnen oder mehreren Beihilferegelungen vorgenommen werden. Inwieweit diese Instrumente jedoch Sanktionscharakter haben, lässt sich nicht bei einem isolierten ersten Blick in die Verordnung feststellen. Die zweite Begründungserwägung der Verordnung spricht davon, dass die Entziehung einer Beihilfe nach der Verordnung „bisher oder künftig geltende Sanktionen nach anderen Gemeinschafts- oder einzelstaatlichen Vorschriften unberührt lassen“ soll. Dadurch wird deutlich, dass zumindest einzelne der in der Verordnung vorgesehenen Instrumente als Sanktionen angesehen werden können. Die Kürzungen der Direktzahlungen werden dabei gemeinhin als Sanktionen verstanden.531 Das leuchtet auch ein, da dem Betroffenen bei rechtmäßigem Handeln eine Rechtsposition eingeräumt wäre, derer er nun verlustig geht. Mit der Einhaltung des europäischen Rechts hätte der betreffende Landwirt einen Anspruch auf Direktzahlung gehabt. Dieser scheidet nun aus, womit eine belastende Wirkung verbunden ist. Eindeutig geht das jedoch nicht aus der Verordnung hervor. Eine tatsächliche Bestätigung findet dieses Verständnis erst in der dazu ergangenen Durchführungsverordnung mit dem InVeKoS, der Verordnung (EG) Nr. 796/2004.532 Eine klare Begrifflichkeit fördern weder die Begründungserwägung noch die betreffenden Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 zu Tage. Die Verordnung über gemeinsame Regeln für die Gewährung von Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik bietet keine Anhaltspunkte für einen europarechtlichen Begriff der Sanktion, auch wenn die vorgesehenen Instrumente gänzlich oder teilweise als Sanktionen einzustufen sein sollten. Diese Frage wird jedoch erst Gegenstand der Analyse der diesbezüglichen Rechtsprechung des EuGH sein.533
531
Beispielsweise von Borchardt, in: FS Zuleeg, S. 473 (480, 483). Dort auch näher zum Zusammenhang der Sanktionen mit der sog. Cross Compliance, nach welcher nicht nur die spezifischen Regeln des Agrarrechts eingehalten werden sollen, sondern darüber hinaus auch die sonstigen, im Unionsrecht festgelegten Belange des Gemeinwohls durch Sanktionen geschützt sind. 532 533
Dazu soeben ausführlich unter 4. Kapitel B.II.2.b. Unten, unter 4. Kapitel C.I.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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d) Der typische Fall: Sanktionen im Abgabenrecht des Milchsektors (i) Das System der Milchabgabe: Informationspflichten von Erzeugern und Käufern Ein finanzwirksames und deshalb sanktionsrelevantes Gebiet sind die diversen Quoten- und Abgabenregelungen des Agrarrechts. Exemplarisch sei hier der Milchsektor mit seinem Interventionsinstrumentarium untersucht. Mit der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 wurde das System der Abgabenerhebung im Milchsektor vereinfacht und klarer gestaltet.534 Die Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 über eine einheitliche gemeinsame Marktorganisation zum 1.4.2008 aufgehoben.535 Allerdings übernahm die neuere Verordnung die Regelungen der älteren weitestgehend, wie der 31. und der 37. Erwägungsgrund zur Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 zeigen. Bei Überschreitung einer für jeden Mitgliedstaat in Art. 66 Abs. 1 i.V.m. Anhang IX Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 festgelegten Quote (bis zum 31.3.2008 nach der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 noch „Referenzmenge“)536 an Milch und Milcherzeugnissen durch Lieferungen oder Direktverkäufe wird eine Überschussabgabe fällig, die der betreffende Mitgliedstaat nach Art. 78 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) schuldet.537 Da die Abgabe eine gegenüber der Europäischen Gemeinschaft bestehende Schuld der Mitgliedstaaten ist, betreffen Unregelmäßigkeiten die finanziellen Interessen der Gemeinschaft. Demnach sind mögliche Sanktionen nach der Verordnung (EG)
534
So zumindest der 2. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. 2003, L 270, S. 123. 535
Art. 201 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO), ABl. 2007, L 299, S. 1. 536 537
Vgl. den 36. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.
Mit der neuen Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. 2005, L 209, S. 1, wurde der EAGFL ab dem 1. Januar 2007 ersetzt durch zwei Fonds, nämlich den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).
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4. Kapitel
Nr. 1234/2007 bzw. der diesbezüglichen Durchführungsvorschriften an der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 zu messen. Die Abgabe beträgt nach Art. 78 Abs. 1 UAbs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 27,83 EUR je 100 Kilogramm Milch. Die geleisteten Zahlungen kann (und muss) der Mitgliedstaat dann nach Art. 79 der Verordnung bei den Erzeugern erheben, die jeweils zur Überschreitung der einzelstaatlichen Quote beigetragen haben. Dazu werden die Käufer (nach der Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 noch „Abnehmer“) im Falle der Lieferungen von Milch bzw. die Erzeuger selbst im Falle der Direktverkäufe von Milch und Milcherzeugnissen verpflichtet,538 über die Menge dieser Lieferungen bzw. Direktverkäufe den zuständigen mitgliedstaatlichen Behörden die erforderlichen Auskünfte zu erteilen, die diese benötigen, um zu entscheiden, ob ein Erzeuger seine ihm zugeteilte Quote überschritten hat und ob damit auch die einzelstaatliche Gesamtquote überschritten wurde. Damit schafft die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 ein System, nach welchem ein hoher Kontrollbedarf über die Einhaltung der Auskunftspflichten besteht. Das betrifft einerseits für den Fall des Direktverkaufs von Milch und Milcherzeugnissen Kontrollen bei den Erzeugern selbst und andererseits im Fall der Lieferung von Milch Kontrollen bei den Käufern, die nach Art. 81 der Verordnung für die Erhebung der Beiträge der Erzeuger zu der mitgliedstaatlichen Abgabe zuständig sind. Der Verordnung liegt demnach bezüglich der Milchlieferungen ein interessantes System der Beteiligung Privater an der dezentralen Durchführung des Gemeinschaftsrechts zugrunde.539 Festzuhalten bleibt, dass nach Art. 79 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 im Ergebnis die Erzeuger die Abgabe zu tragen haben, die zur Überschreitung der mitgliedstaatlichen Quote beigetragen haben. Dies gilt unabhängig davon, ob die Abgabe direkt durch den Er538
Nach Art. 65 lit. f) der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 ist Lieferung „jede Lieferung von Milch – unter Ausschluss aller anderen Milcherzeugnisse – von einem Erzeuger an einen Käufer, gleichgültig ob die Beförderung vom Erzeuger, vom Käufer, vom behandelnden oder verarbeitenden Unternehmen oder von einem Dritten übernommen wird“. Nach Art. 65 lit. g) ist Direktverkauf „jeder Verkauf bzw. jede Abgabe von Milch von einem Erzeuger direkt an Verbraucher sowie jeder Verkauf bzw. jede Abgabe anderer Milcherzeugnisse durch einen Erzeuger“. 539
Zu den unterschiedlichen Methoden der – auch zwangsweisen – Durchsetzung des Unionsrechts Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9 (13 ff.).
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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zeuger oder durch den Käufer entrichtet wird, der sie zuvor beim Erzeuger erhoben hat. Falls der Käufer bei einer Lieferung von Milch seiner Pflicht zur Erhebung des Abgabebeitrags beim Erzeuger nicht nachkommt, legt Art. 84 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 fest, dass der Mitgliedstaat die nichtgezahlten Beiträge direkt beim Erzeuger erheben darf. Das gilt „unbeschadet etwaiger Sanktionen gegen den säumigen Käufer“. Die Verordnung führt zu den Sanktionen allerdings nichts Näheres aus. Das geschieht erst in der Durchführungsverordnung der Kommission zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003. Diese Verordnung (EG) Nr. 595/2004 mit Durchführungsbestimmungen über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor540 wird durch die Aufhebung ihrer Grundverordnung nicht berührt, Art. 201 Abs. 3 lit. a) der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007. Bezugnahmen der Durchführungsverordnung auf die Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 gelten als Bezugnahmen auf die Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.541 Nach Art. 8, 11 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 mit Durchführungsbestimmungen über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor müssen die Mitgliedstaaten bestimmte Sanktionen gegen die Erzeuger und die Käufer verhängen, die gegen die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 verstoßen.
(ii) Sanktionen gegen die Käufer bei Lieferungen von Milch In Art. 8 Abs. 5 der Durchführungsverordnung werden in Bezug auf Lieferungen von Milch folgende Maßnahmen der Absätze 3 und 4 derselben Vorschrift als Sanktionen bezeichnet: Einerseits die Verpflichtung der Käufer von Milch, bei Überschreitung einer Meldefrist bezüglich einer Abrechnung der ihnen gelieferten Menge Milch selbst einen Anteil an der – eigentlich vom Erzeuger zu zahlenden (Art. 79 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007) – Abgabe zu leisten, bis die erforderlichen Mitteilungen erfolgt sind (Abs. 3); sowie andererseits der Entzug der Zulassung als Käufer von Milch sowie die Zahlung einer Summe, die der betreffenden Menge Milch und der Schwere des Verstoßes ent-
540
Verordnung (EG) Nr. 595/2004 der Kommission vom 30. März 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. 2004, L 94, S. 22. 541
Vgl. Art. 202 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.
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spricht, wenn eine letzte Frist für die Erteilung der erforderlichen Informationen verstrichen lassen wird (Abs. 4). Die Zahlung des Betrags bis zur Erfüllung der Informationspflichten durch den Käufer nach Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 hat den Charakter eines Zwangsgeldes, wird er doch nur je Tag Fristüberschreitung fällig und bietet einen negativen Anreiz für den betreffenden Käufer, dass dieser seinen Pflichten nachkommt. Die Zahlungspflicht hat einen Beugecharakter, wie er auch einem Zwangsgeld zukommt. Anders verhält es sich mit dem Betrag, der bei Ablauf der letzten Frist nach Art. 8 Abs. 4 der Verordnung zu zahlen ist. Hier handelt es sich um eine Maßnahme mit punitiver Wirkung, welche die Zuwiderhandlung nicht mehr abstellen, sondern nur noch negativ auf die unterlassene Information reagieren will. Damit hat sie den Charakter eines Bußgeldes. Diese Qualifikation wird auch durch dem Umstand gestützt, dass Art. 8 Abs. 4 für die Berechnung der Höhe der zu zahlenden Summe Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkte aufstellt, vor allem in Bezug auf die Schwere des Verstoßes. Zwar sieht der EuGH in Bezug auf das Verfahren des Art. 228 Abs. 2 EG auch für die Berechnung des Zwangsgelds vor, dass Schweregesichtspunkte eine Rolle spielen.542 Jedoch ist die Ausrichtung an einem solchen Kriterium eher typisch für Maßnahmen mit repressiv-punitivem Charakter als für solche mit restitutivem oder beugendem. Die zweite Maßnahme des Abs. 4, der Entzug der Zulassung des Käufers, trägt dem Umstand Rechnung, dass ein Verstoß gegen die Informationspflicht durch den betreffenden Käufer angesichts der Angewiesenheit der Kommission auf die Informationen zur Kontrolle der Einhaltung der Regeln des Milchabgabesektors schwerwiegend ist und die Gefahr einer Wiederholung vermieden werden muss. Der Entzug der Zulassung des Käufers hat neben der strafenden Wirkung des Ausschlusses von der Tätigkeit, die in dem wirtschaftlichen Verlust liegt, auch zugleich eine spezial-präventive Wirkung in Bezug auf künftige Verstöße.
542
EuGH, Rs. C-387/97, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-5047, Rn. 92; Rs. C-278/01, Kommission/Spanien, Slg. 2003, S. I-14141, Rn. 52; ausführlich dazu unten, unter 4. Kapitel C.II.
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(iii) Sanktionen gegen die Erzeuger bei Direktverkäufen von Milch und Milcherzeugnissen Ähnliche Sanktionen wie gegen die Käufer sieht Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 gegen die Erzeuger von Milch und Milcherzeugnissen vor, sofern es sich um Direktverkäufe handelt. Art. 11 Abs. 5 der Verordnung bezeichnet folgende Maßnahmen der Absätze 3 und 4 desselben Artikels als Sanktionen: Art. 11 Abs. 3 UAbs. 1 sieht für die Erzeuger eine ähnliche regelmäßige Zahlungspflicht je Kalendertag vor wie für die Käufer, wenn und bis sie ihre Erklärung über die Erzeugnisse nicht innerhalb einer bestimmten Frist abgeben. Daneben steht in Art. 11 Abs. 3 UAbs. 3 der Verordnung noch eine der Sanktion des Art. 8 Abs. 4, 2. Alt. der Verordnung vergleichbare Pflicht zur Zahlung einer Summe, die der betreffenden Menge Milch und der Schwere des Verstoßes entspricht, wenn der Erzeuger unrichtige Angaben macht. Man findet also sowohl das Zwangsgeld als auch das Bußgeld bei Verstößen der Erzeuger wieder. Darüber hinaus legt Art. 11 Abs. 3 UAbs. 2 fest, dass der Erzeuger, der seine einzelbetriebliche Quote überschritten und damit gleichzeitig zur Überschreitung einer einzelstaatlichen Quote beigetragen hat, die Abgabe für die gesamte Überschreitung seiner eigenen Quote zahlen muss, ohne dass zu seinen Gunsten die an sich nach Art. 83 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 mögliche Neuzuweisung seiner einzelbetrieblichen Quote stattfindet, wenn ein Anteil an der einzelstaatlichen Quote ungenutzt geblieben sein sollte. Wenn also ein anderer Erzeuger seinen betrieblichen Anteil an der einzelstaatlichen Quote nicht genutzt haben sollte, kommt dem Erzeuger, der seine eigene Quote überschritten hat, bei der Berechnung dieser Menge nicht zugute, dass er nach Art. 83 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 unter Umständen eine größere Quote erhalten hätte können, wenn die einzelstaatliche Quote insgesamt überschritten wurde. Das entspricht letztlich dem Entzug eines möglichen wirtschaftlichen Vorteils, da der betreffende Erzeuger durch die etwaige Neuzuweisung seines Anteils möglicherweise innerhalb seiner Quote geblieben wäre und damit keine Abgabe zu leisten gehabt hätte. Damit wirkt diese Maßnahme wie eine Geldbuße, da sie demjenigen einen finanziellen Nachteil auferlegt, der gegen seine Pflichten nach dem einschlägigen Recht im Milchabgabesektor verstoßen hat. Eine weitere Sanktion gegen Erzeuger, die auch bis zum Ablauf einer letzten Frist nicht die erforderlichen Informationen beigebracht haben, stellt Art. 11 Abs. 4 dar. Ihre Quote für Direktverkäufe fällt wieder in
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die einzelstaatliche Reserve zurück, mit der Folge, dass sie für die vollständige Menge an Direktverkäufen nach Art. 79 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 die Abgabe zu zahlen haben (sofern diese Verkäufe trotz mangelnder Information nachgewiesen werden können). Das bedeutet, dass ein Erzeuger bei fehlender Information so gestellt wird, als ob er Milch oder/und Milcherzeugnisse ohne Quote verkauft hätte. Hieraus folgt mit der umfänglichen Zahlungspflicht der Abgabe ein beträchtlicher finanzieller Nachteil für den Erzeuger.
(iv) Entzug der Zulassung der Käufer und Geldbuße als allgemeine Sanktionen im Milchabgaberecht Als letzte Sanktion, gleichsam mit einer allgemeinen Auffangwirkung versehen, legt Art. 23 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 fest, dass einem Käufer die für die Ausübung seiner Käuferfunktion erforderliche Zulassung entzogen wird, wenn er unrichtige Erklärungen abgibt, die Bestandsbuchhaltung, Register und sonstigen relevanten Unterlagen nicht auf dem laufenden Stand hält, oder wenn er wiederholt andere Verpflichtungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007, der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 oder des einschlägigen mitgliedstaatlichen Rechts nicht einhält. Ebenso kann ihm die Zahlung einer Summe auferlegt werden, die der betreffenden Menge Milch und der Schwere des Verstoßes entspricht. Diese Maßnahmen werden in Art. 23 Abs. 4 UAbs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 595/2004 als Sanktionen bezeichnet. Das Verhältnis dieser Sanktionen zu denen des Art. 8 derselben Verordnung ist nicht ausdrücklich geregelt. Es steht jedoch zu erwarten, dass die präziser in ihrem Anwendungsbereich ausgestaltete Vorschrift des Art. 8 derjenigen des Art. 23 in Bezug auf die Aufstellung der Abrechnungen durch die Käufer als spezieller vorgeht. Damit bietet Art. 23 der Verordnung einen Auffangtatbestand für die darüber hinaus gehenden Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften des Milchabgaberechts.
(v) Die Sanktion im Milchabgaberecht: Geldbuße, Zwangsgeld und Entzug der Zulassung Zusammenfassend lässt sich schließen, dass das Milchabgaberecht drei unterschiedliche Sanktionen vorsieht: Eine der Geldbuße ähnliche Pflicht zur Zahlung einer einmaligen Summe, um eine Zuwiderhandlung zu ahnden; eine dem Zwangsgeld ähnliche Pflicht zur Zahlung einer wiederkehrenden Summe, um eine Zuwiderhandlung zu beheben; sowie den Entzug einer Zulassung, um den betrieblichen Interessen
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nachzugehen. Damit bewegen sich die Sanktionen des Milchabgabesektors im Rahmen des Sanktionsbegriffs der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 und weichen nicht von ihm ab. Das Sanktionsinstrumentarium des Milchabgabesektors kann als typisch für den Bereich des Landwirtschaftsrechts bezeichnet werden. Es greift auf bedeutende Maßnahmen zu, die in der Sanktionsverordnung vorgesehen sind: die Geldbuße und den Entzug der Zulassung zu einer bestimmten Wirtschaftstätigkeit. Damit und mit den Zwangsgeldern finden sich repressive Instrumente, die zumindest auch einen punitiven Zweck verfolgen. Daneben wird die spezialpräventive Wirkung der Maßnahmen, insbesondere beim Entzug einer Zulassung, relevant. Der Sanktionsbegriff des Milchabgaberechts folgt damit dem der Sanktionsverordnung, indem er ebenso wie letzterer repressiv-punitive Maßnahmen erfasst.
e) Abweichungen? Sanktion und Ausfuhrerstattungen im Agrarrecht Auch im Bereich der Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse finden sich Vorschriften über Sanktionen, die wegen des exemplarischen Charakters des Agrarrechts in anderen Sektoren des Unionsrechts relevant werden können. Die Verordnung (EG) Nr. 800/1999543 legt gemeinsame Durchführungsbestimmungen für die wichtigsten gemeinsamen Marktorganisationen fest. Damit ist sie zwar sektoral auf den Bereich der Landwirtschaft beschränkt, bietet sich jedoch durch ihr Anliegen, gemeinsame Vorschriften für diesen Bereich zu schaffen, besonders für den Versuch einer allgemeinen Begriffsbestimmung der Sanktion an.
(i) Sanktionen im Ausfuhrerstattungsrecht Nach Art. 51 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 erhält ein Ausführer nur einen verminderten Erstattungsbetrag, wenn er eine höhere Ausfuhrerstattung beantragt hatte als ihm zustand. Ähnliches gilt nach 543
Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ABl. 1999, L 102, S. 11. Die Verordnung hob die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ABl. 1987, L 351, S. 1, auf und ersetzte sie.
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dem zum 1.4.2008 eingefügten Art. 51 Abs. 1a der Verordnung, wenn der Ausführer bei der Ausfuhr entgegen Art. 8a der Verordnung keinen oder einen niedrigeren als den tatsächlichen Erstattungssatz angegeben hat.544 Die Minderung nach Art. 51 Abs. 1 kann gemäß Art. 51 Abs. 4 auch zu einem Negativbetrag führen, den der Ausführer zu zahlen hat. Dasselbe gilt, wenn die unrichtige Erstattung nicht stattfand, weil die betreffende Ausfuhr nicht erfolgt ist. Nach Art. 51 Abs. 5 S. 1 muss der Ausführer in einem solchen Fall den Betrag zahlen, den er zu leisten gehabt hätte, wäre die Ausfuhr erfolgt. Die Minderung nach Art. 51 Abs. 1a kann maximal zu einer Reduzierung der Erstattung auf Null führen, wie ein Umkehrschluss zu Art. 51 Abs. 4 zeigt. Die Minderung ist als Sanktion im Sinne der Verordnung zu verstehen. Das folgt aus einer Gesamtschau der Art. 4 Abs. 3, Art. 18 Abs. 3 UAbs. 3, Art. 51 Abs. 3, Abs. 5 S. 1, Abs. 7-9, Abs. 11 sowie Art. 52 Abs. 1 S. 1 mit Art. 51 Abs. 1 der Verordnung. Die im letztgenannten Artikel beschriebenen Minderungen einer Ausfuhrerstattung werden in den vorher genannten Artikeln als Sanktionen bezeichnet. Art. 52 Abs. 4 UAbs. 3 Satz 2 spricht im selben Zusammenhang von einer „Verwaltungssanktion“. Fraglich ist, inwieweit dadurch Rückschlüsse auf einen allgemeinen Sanktionsbegriff zulässig sind. Die nach Art. 51 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 bestehende Möglichkeit, dass ein Negativbetrag zustande kommt, den der Ausführer zu zahlen hat, hängt nach dem System des Art. 51 Abs. 1 davon ab, wie groß der Unterschied zwischen beantragter und tatsächlicher Erstattung ist. Je größer diese Differenz ist, desto eher muss der Ausführer einen Betrag zahlen. Im Fall vorsätzlicher Falschangaben muss der Ausführer nach Art. 51 Abs. 1 lit. b) der Verordnung einen Negativbetrag zahlen, wenn er einen Betrag angibt, der den tatsächlichen um mehr als 150 % übersteigt. In den sonstigen Fällen nach Art. 51 Abs. 1 lit. a) tritt eine Zahlungspflicht erst bei einer Überschreitung um mehr als 300 % ein. Ein Rechenbeispiel soll das belegen: Wenn der Ausführer fahrlässig eine Ausfuhrerstattung in Höhe von 2.000,00 Euro beantragt hat, während ihm tatsächlich nur 1.000,00 Euro zustehen, liegt ein Fall des Art. 51 544
Die Art. 8a und 51 Abs. 1a der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 wurden durch die Verordnung (EG) Nr. 159/2008 der Kommission vom 21. Februar 2008 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 800/1999 und (EG) Nr. 2090/2002 hinsichtlich der Warenkontrolle bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, für die eine Erstattung gewährt wird, ABl. 2008, L 48, S. 19, eingefügt.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
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Abs. 1 lit. a) der Verordnung vor. Er erhält danach den tatsächlichen Erstattungsbetrag abzüglich der halben Differenz zwischen tatsächlichem und beantragten Betrag, also 1.000,00 Euro minus 500,00 Euro, insgesamt 500,00 Euro. Wenn er fälschlicherweise 3.001,00 Euro beantragt, wird der tatsächliche Erstattungsbetrag um 1.000,50 Euro (3.001 minus 1.000, das Ergebnis geteilt durch zwei) gekürzt, sodass ein negativer Betrag in Höhe von 0,50 Euro besteht, der vom Ausführer zu zahlen wäre – sofern dem nicht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entgegenstünde. Falls der Ausführer vorsätzlich falsche Angaben gemacht hat, liegt ein Fall des Art. 51 Abs. 1 lit. b) der Verordnung vor. Danach wäre der tatsächliche Erstattungsbetrag um den doppelten Unterschied zwischen tatsächlichem und beantragtem zu kürzen. Der Ausführer müsste demnach, wenn er vorsätzlich statt 1.000,00 Euro fälschlicherweise 1.501,00 Euro beantragt hätte, 2,00 Euro zahlen (1.501 minus 1.000, das Ergebnis multipliziert mit zwei und von den tatsächlich zu leistenden 1.000 subtrahiert). Die Verpflichtung, den Negativbetrag zu zahlen, ist eine Sanktion im Sinne des Art. 5 Abs. 1 lit. b) Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95,545 da hier die Zahlung eines Betrages gefordert wird, der den rechtswidrig erhaltenen übersteigt. Es handelt sich nicht lediglich um eine Abschöpfung des rechtswidrig erhaltenen Betrages. Bei der Minderung bzw. bloßen Streichung einer Ausfuhrerstattung scheint dies jedoch nicht der Fall zu sein. In den Fällen, in denen die Differenzbeträge nicht erreicht werden oder ein Fall des Art. 51 Abs. 1a der Verordnung vorliegt, wird lediglich keine oder eine verminderte Ausfuhrerstattung geleistet. Der Wirtschaftsteilnehmer ist dadurch unter Umständen nicht negativ in einer bereits bestehenden Rechtsposition betroffen. Damit wären diese Minderungen als „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“ i.S.v. Art. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 anzusehen und nicht als „Sanktionen“, wie es die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 vorsieht. Allerdings ist festzuhalten, dass der Ausführer nach Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 bei einer Ausfuhr einen Anspruch auf Erstattung hat, mithin ein Recht. Dieser tatsächlich bestehende Anspruch wird nach den Art. 51 Abs. 1 und Abs. 1 der Verordnung im Falle falscher Angaben gekürzt. Das bedeutet, der Ausführer erhält in diesen Fällen nicht den Erstattungsbetrag, auf den er einen Anspruch hätte. Dadurch wird er in seinen Rechten betroffen, sodass auch die bloße 545
Dazu näher oben, unter 4. Kapitel B.II.1.
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4. Kapitel
Minderung, die zu einem niedrigeren Erstattungsbetrag führt, als Sanktion im Sinne der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 angesehen werden kann.
(ii) Verhältnis der Vorschriften des Ausfuhrerstattungsrechts zur Sanktionsverordnung Problematisch ist allerdings der Umstand, dass die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 auch andere Kürzungen des Erstattungsbetrags vorsieht, die nicht lediglich einen rechtswidrigen Vorteil abschöpfen, sondern auf ein nicht wertmäßig erfassbares Fehlverhalten des Ausführers folgen, ohne dass diese Kürzungen als Sanktion bezeichnet werden. Beispielsweise wird nach Art. 50 der Verordnung die Erstattung gekürzt, wenn der Ausführer die Erzeugnisse entgegen Art. 40 Abs. 1 der Verordnung nicht in ein Vorratslager verbracht hat. Deswegen kann in der unterschiedlichen Wirkung der Kürzungen eine Abweichung des Sanktionsbegriffs zwischen der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 und der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 gesehen werden. Das wirft die Frage auf, wie sich die beiden Verordnungen zueinander verhalten. Zunächst ist festzustellen, dass beide Regelungen den Schutz der finanziellen Interessen der Union bezwecken. Die Sanktionsverordnung führt den Zweck bereits in ihrem offiziellen Titel. Die Begründungserwägungen 24, 63 und 65 legen dasselbe Ziel auch den Sanktionsvorschriften der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 zugrunde. Daneben lautet die Überschrift für Titel II, Kapitel 1, Abschnitt 3 der Verordnung (Art. 20): „Besondere Maßnahmen zum Schutze der finanziellen Interessen der Gemeinschaft“. Damit überschneiden sich die Anwendungsbereiche der betreffenden Vorschriften der beiden Verordnungen, soweit es sich um die Verhängung von Sanktionen handelt. Nach dem lex posterior-Grundsatz könnte man argumentieren, dass die Regelung der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 derjenigen der Sanktionsverordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 vorgeht, da sie später erlassen wurde. Andererseits will die Sanktionsverordnung ausweislich ihrer 4. Begründungserwägung einen „allen Bereichen der Gemeinschaftspolitik gemeinsame[n] rechtliche[n] Rahmen“ festlegen und dafür „allgemeine Regeln“ für die Sanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union schaffen (7. Begründungserwägung). Art. 5 Abs. 2 der Sanktionsverordnung legt dementsprechend fest, dass nur die in Absatz 1 aufgeführten Sanktionen verhängt werden können. Daraus könnte umge-
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kehrt folgen, dass die Sanktionsverordnung der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 vorgeht. Jedoch sind beides Verordnungen im Sinne des Art. 249 Abs. 2 EG, stehen also normhierarchisch zunächst grundsätzlich auf derselben Stufe. Hiergegen könnte man einwenden, dass die jüngere Verordnung (EG) Nr. 800/1999 als Durchführungsverordnung für die gemeinsamen Marktorganisationen für landwirtschaftliche Erzeugnisse durch die Kommission erlassen wurde, während die Sanktionsverordnung als rahmengebende Grundverordnung vom Rat stammt. Hierin sind zwei Argumente zu finden, nämlich zum einen, dass ein Rechtsakt, der vom Rat erlassen wurde, höherrangig sei als ein Rechtsakt der Kommission. Zum anderen könnte eine Verordnung, die als Rahmenregelung gedacht ist, einer Durchführungsverordnung vorgehen. Zum ersten Teil der Argumentation ist festzustellen, dass es eine Hierarchieregel dahingehend, dass Rechtsakte des Rates solchen der Kommission vorgingen, im Unionsrecht nicht existiert.546 Weder sehen die Verträge eine solche Regel vor, noch kann sie aus einer besonderen Funktionszuweisung der Verträge an die jeweiligen Organe dergestalt, dass der Rat der Gesetzgeber und die Kommission die Exekutive sei, hergeleitet werden. Eine so klare Funktionszuteilung ist nicht zu erkennen. Der Vertrag erteilt zum einen dem Rat auch Durchführungsbefugnisse und zum anderen der Kommission auch Legislativkompetenzen, vgl. Art. 249 Abs. 1 EG.547 Die Zuteilung lässt sich ebenso nicht aus einer vermeintlich größeren demokratischen Legitimation des Rates herleiten.548 Die Verträge weisen den Organen ihre Funktionen nach der Regel des Art. 7 Abs. 1 UAbs. 2 EG in den jeweiligen speziellen Vorschriften zu. Dabei wird jedoch kein Rangverhältnis zwischen Rechtsakten unterschiedlicher Organe hergestellt.549
546
Bast, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 479 (503 f.).
547
Dann, in: von Bogdandy/Bast, Principles of European Constitutional Law, S. 229 (242); D. König, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 2, Rn. 68; ausführlich von Bogdandy/Bast/Arndt, ZaöRV 62 (2002), S. 77 (139 ff.). 548 Vgl. ablehnend zur Frage des Vorrangs des „demokratischeren“ Entscheidungsverfahrens Bast, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 479 (506 f.). 549
Bumke, in: Schuppert/Pernice/Haltern, Europawissenschaft, § 19, S. 643 (649 f.).
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4. Kapitel
Ein Beispiel aus jüngerer Zeit stellt die Entscheidung des EuGH zu der Frage dar, ob der Rat nach Art. 88 Abs. 2 UAbs. 3 EG insoweit von einer Entscheidung der Kommission abweichen kann, dass eine nationale Beihilfe als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar anzusehen ist, obwohl die Kommission bereits anders entschieden hatte.550 Der Gerichtshof argumentiert dahingehend, dass die vertraglich zugewiesenen Funktionen der betreffenden Organe von den anderen Organen zu beachten sind. Der Rat dürfe keine Entscheidung erlassen, die im Widerspruch zur Entscheidung der Kommission steht. Zu diesem Zweck habe Art. 88 Abs. 2 EG ein Verfahren vorgesehen, nach welchem der Kommission die fortlaufende Überprüfung nationaler Beihilfen obliege. Die Regeln des Vertrages verliehen ihr „damit eine zentrale Rolle bei der Feststellung der etwaigen Unvereinbarkeit einer Beihilfe“.551 Dagegen käme einer Ratsentscheidung lediglich Ausnahmecharakter zu. Eine Ratsentscheidung sei dabei nach Art. 88 Abs. 2 UAbs. 3 nur dann möglich, wenn der betroffene Mitgliedstaat vor Abschluss eines eventuellen Überprüfungsverfahrens der Kommission einen diesbezüglichen Antrag an den Rat gestellt hätte, welches dann bis zur Entscheidung des Rates ruhe. Wenn die Kommission jedoch ihr Überprüfungsverfahren abgeschlossen hätte, dürfe der Rat keine anderslautende Entscheidung mehr erlassen, was auch der Rechtssicherheit diene.552 Dieses Urteil verdeutlicht, dass es für die Beurteilung des Rangverhältnisses zwischen zwei Rechtsakten nicht darauf ankommt, von welchem Organ die Rechtsakte erlassen wurden. Vielmehr ist das Verhältnis der Akte zueinander im betreffenden Fall anhand des sachlichen Zusammenhangs zu beurteilen, in welchem sie im konkreten Anwendungsfall stehen. Bedeutender ist das zweite Argument, dass die rahmengebende Grundverordnung der Durchführungsverordnung vorgehe, auch wenn beide normhierarchisch grundsätzlich auf gleicher Stufe stehen. Wenn die betreffenden Rechtsakte in einem gegenseitigen Ableitungszusammenhang stehen, geht der Rechtsakt vor, aus dem sich der andere ableitet. Ein solches Ableitungsverhältnis findet sich typischerweise zwischen einer Grundverordnung und ihrer Durchführungsverordnung, die aufgrund einer Ermächtigungsnorm in der Grundverordnung ergangen ist. Hier kann man das Phänomen „partieller Hierarchisierung“ beobach550 551 552
EuGH, Rs. C-110/02, Kommission/Rat, Slg. 2004, S. I-6333, Rn. 29 ff. EuGH, Rs. C-110/02, Kommission/Rat, Slg. 2004, S. I-6333, Rn. 29. EuGH, Rs. C-110/02, Kommission/Rat, Slg. 2004, S. I-6333, Rn. 32 f., 35.
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ten, nach welchem die beiden Verordnungen untereinander in einem Rangverhältnis stehen, wobei die Grundverordnung der Durchführungsverordnung vorgeht.553 Gegenüber anderen Rechtsakten kommt den beiden Verordnungen indessen der gleiche Rang zu, was bedeutet, dass beide – sowohl die Grundverordnung als auch die Durchführungsverordnung – im selben Rang stehen können wie eine dritte Verordnung. Dieser Befund könnte für unsere Frage nach dem Verhältnis zwischen den Sanktionsbegriffen der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 und der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 zueinander fruchtbar gemacht werden. Die beiden Verordnungen stehen allerdings nicht in einem gegenseitigen Ableitungsverhältnis zueinander. Zwar ist die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 eine Durchführungsverordnung. Sie führt jedoch nur die gemeinsamen Marktorganisationen in der Landwirtschaft durch und ist nicht zur Durchführung der Sanktionsverordnung ergangen. Damit ist es nicht möglich, im Sinne einer partiellen Hierarchisierung davon auszugehen, dass die Vorschriften der Sanktionsverordnung denjenigen der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 normhierarchisch vorgehen. Andererseits stellt die Sanktionsverordnung selbst den Grundsatz auf, dass zum Schutze der finanziellen Interessen der Gemeinschaften nur die in ihr aufgeführten Sanktionen zu verhängen sind. Damit legt sie allgemeine Grundsätze für die Sanktionen auf diesem Gebiet fest. Wie bereits festgestellt, dienen die Sanktionen des Ausfuhrerstattungsrechts zumindest auch dem Schutz der finanziellen Interessen. Da beide Verordnungen auf derselben Stufe der Normenhierarchie stehen, müssten sie auch beide nebeneinander anwendbar sein, was im Falle eines Widerspruchs dazu führen müsste, dass die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 als lex posterior vorgeht. Es ist aber davon auszugehen, dass der Unionsgesetzgeber nur dann von der früheren Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 abweichen will, wenn er dies ausdrücklich vorsieht.554 Das ist Folge des Umstands, dass die Sanktionsverordnung für die spätere Sanktionsverhängung allgemeine Regeln und Grundsätze aufstellen will. Der Unionsgesetzgeber hat sich damit eine Rahmenregelung gegeben, von der man vermuten muss, dass er sich selbst als durch sie gebunden ansieht, wenn und so553
Ausführlich zum Konzept partieller Hierarchisierung Bast, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 479 (510 ff.). 554
So ausdrücklich die Schlussanträge des GA Léger, in: C-295/02, Gerken, Slg. 2004, S. I-6369, Rn. 39 f.
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4. Kapitel
lange sich aus nachfolgenden Rechtsakten nicht ausdrücklich etwas anderes ergibt. Eine Abweichung von den Regelungen der Sanktionsverordnung in einem späteren Rechtsakt steht also unter dem Vorbehalt, dass die rechtsetzenden Organe in dem späteren Rechtsakt explizit vorsehen, dass er von der früheren Sanktionsverordnung abweiche. Ein solches Verständnis erhält nachdrückliche Bestätigung durch das Urteil in der Sache Gerken, wo der Gerichtshof unter Hinweis auf die grundsätzliche Ausrichtung der Sanktionsverordnung die spätere Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem555 im Lichte der Sanktionsverordnung auslegte und damit deren weitere Maßgeblichkeit auch gegenüber der lex posterior sicherte.556 Eine ausdrückliche Abweichung von den Regeln der Sanktionsverordnung konnte der Gerichtshof nicht feststellen. Damit blieb sie weiter anwendbar und für die Auslegung der nachfolgenden Verordnung maßgeblich. Die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 weicht nicht auf diese Weise ausdrücklich von den Vorschriften der Sanktionsverordnung ab. Die Maßnahmen zum Schutz der finanziellen Interessen, welche die Ausfuhrerstattungsverordnung vorsieht, werden auch nicht technisch definiert als Sanktionen, sondern werden vielmehr im systematischen Kontext, also in den Vorschriften, die auf den Art. 51 Abs. 1 der Verordnung verweisen, insgesamt als Sanktionen bezeichnet.557 Somit sind sie nicht als strenge Definitionen zu verstehen, die konkludent von der Sanktionsverordnung abweichen.
(iii) Zwischenergebnis: Sanktionsbegriff der Sanktionsverordnung auch im Ausfuhrerstattungsrecht Im hier interessierenden Zusammenhang ist somit zu schließen, dass im Konfliktfall die Vorschriften der Sanktionsverordnung denen der Ausfuhrerstattungsverordnung vorgehen. Der horizontalen Sanktionsverordnung entsprechend ist abweichend von der Konzeption der Verord555
Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 2001, L 327, S. 11. 556 557
EuGH, C-295/02, Gerken, Slg. 2004, S. I-6369, Rn. 55 ff. Dazu oben, unter 4. Kapitel B.II.2.e)(i).
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nung (EG) Nr. 800/1999 danach zu differenzieren, ob der jeweilige Antragsteller einen Negativbetrag zu zahlen hat (dann Sanktion) oder lediglich eine verminderte Ausfuhrerstattung erhält (dann verwaltungsrechtliche Maßnahme). Der Sanktionsbegriff der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 weicht von demjenigen der Sanktionsverordnung ab, ohne dass das Auswirkungen auf einen allgemeinen europarechtlichen Sanktionsbegriff hat. Die Verordnung (EG) Nr. 800/1999 kann demnach nicht herangezogen werden, um einen einheitlichen europarechtlichen Sanktionsbegriff zu finden.
f) Strafe in den Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik Da das Recht der Gemeinsamen Fischereipolitik zur Landwirtschaftspolitik gehört (vgl. Art. 32 Abs. 1 S. 2 EG, der als landwirtschaftliche Erzeugnisse auch solche der Fischerei bezeichnet),558 kann es ebenso wie die Gemeinsame Agrarpolitik exemplarischen Charakter für das gesamte Unionsrecht aufweisen. Die Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 ist auch in diesem Bereich nur anwendbar, soweit es sich um den Schutz der finanziellen Interessen der Union handelt. Das betrifft im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik die Fälle, in denen Strukturmaßnahmen nach den Strukturfonds finanziert werden.559 In Betracht kommen hierbei die Stützungsmaßnahmen nach der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 über den Europäischen Fischereifonds (EFF),560 die für die Beihilfen auf dem Fischereisektor die Verordnung (EG) Nr. 1263/1999 über das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF)561 sowie die Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 über die Modalitäten der Strukturmaßnahmen im Fischereisektor562 ersetzt.563 In 558 559
EuGH, Rs. 262/87, Niederlande/Kommission, Slg. 1989, S. 225, Ls. 1. Berg, Implementing European Fisheries Law, S. 90.
560
Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds, ABl. 2006, L 223, S. 1. 561
Verordnung (EG) Nr. 1263/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei, ABl. 1999, L 161, S. 54. 562 Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 des Rates vom 17. Dezember 1999 zur Festlegung der Modalitäten und Bedingungen für die gemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen im Fischereisektor, ABl. 1999, L 337, S. 10. 563
Die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, ABl. 1999, L 161, S. 1, welche auch für das FIAF allgemeine Regelungen schuf, wurde durch die Verordnung
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4. Kapitel
den anderen Fällen ist die Sanktionsverordnung nicht anwendbar. Dies betrifft die generelle Durchsetzung der zentralen Vorschriften der Fischereipolitik, wie beispielsweise die Einhaltung der Fanglizenzen, bestimmter Bedingungen beim Fischen (Maschengröße der Fangnetze etc.), der Informations- und Kooperationspflichten mit den Fischereiinspektoren oder bestimmter Verkaufsmodalitäten. Gerade im Bereich der Gemeinsamen Fischereipolitik ist die Durchsetzung der betreffenden Vorschriften von besonderer Bedeutung, da es hierbei um die Bewirtschaftung eines Common Good, also einer gemeinsamen Ressource aller Mitgliedstaaten, geht.564 Als reproduzierbare Ressource sind die Fischereibestände immer von einem gewissen Bestand abhängig und damit für eine Überbewirtschaftung außerordentlich sensibel.565 Der Zusammenhang zwischen den Zielen der Gemeinsamen Fischereipolitik und den für sie erforderlichen Durchsetzungsmechanismen ist vom Generalanwalt Geelhoed in seinen ersten Schlussanträgen zur Frage, ob Frankreich gemäß Art. 228 Abs. 2 EG wegen ungenügender Durchsetzung der Fischereiregeln zu einem Zwangsgeld verurteilt werden muss, ausführlich herausgearbeitet worden.566 Konsequenterweise sieht die einschlägige Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 über die Erhaltung der Fischereiressourcen567 ein sehr differenziertes Sanktionsinstrumentarium für Verstöße gegen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik vor. Art. 25 Abs. 3 der Verord(EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999, ABl. 2006, L 210, S. 25, aufgehoben. 564
Zum spezifischen Zusammenhang zwischen Common – oder Public – Good und effektiver Durchsetzung der das Common Good schützenden Regeln näher Rawls, Theorie der Gerechtigkeit, S. 300 ff. Aus dem deutschen Schrifttum zu den Kollektivgütern, siehe nur Willke, Supervision des Staates, S. 145 ff. 565
Näher Oppermann, Europarecht, Rn. 1402.
566
Schlussanträge des GA Geelhoed vom 29.4.2004, in: Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 31 ff.; Wiedereröffnung des Verfahrens durch EuGH, Beschluss vom 16.6.2004, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich; zweite Schlussanträge des GA Geelhoed von 18.11.2004, in: Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263. Zum Sanktionsverständnis des Urteils ausführlich unten, unter 4. Kapitel C.II. 567
Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik, ABl. 2002, L 358, S. 59.
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nung benennt als mögliche Maßnahmen Bußgelder, die Einziehung von verbotenen Fanggeräten und Fängen, die Beschlagnahme oder vorübergehende Stillegung des betreffenden Schiffes sowie die Aussetzung oder den Entzug der Lizenz. Die Maßnahmen werden in der deutschen Fassung der Verordnung als „Strafen“ bezeichnet. Die englische Version spricht von „sanctions“, ebenso die französische sowie entsprechend die anderen Sprachfassungen. Gerade im Vergleich mit anderen Sprachfassungen wirft die deutsche Fassung ein bezeichnendes Licht auf den Sanktionsbegriff. Durch die Bezeichnung als „Strafen“ wird offensichtlich, dass es sich bei den Maßnahmen um solche mit punitiver Zielsetzung handelt, die nicht lediglich einen unrechtmäßig erlangten Vorteil abschöpfen. Das zeigen auch die in Art. 25 Abs. 3 der Verordnung genannten Bespiele. Daneben werden die Mitgliedstaaten nach Art. 25 Abs. 1 und 2 der Verordnung verpflichtet, bei Verstößen gegen die Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik die im nationalen Recht vorgesehenen Verwaltungs- und Strafverfahren einzuleiten, die nicht nur geeignet sein müssen, den wirtschaftlichen Gewinn aus dem Verstoß zu entziehen, sondern auch angemessen auf die Schwere des Verstoßes reagieren sollen, um wirksam von weiteren Verstößen abzuschrecken. Mit der abschreckenden, also präventiven Funktion der Strafen ist angesichts der Orientierung an der Schwere eines vergangenen Verstoßes zugleich eine repressive Wirkung verbunden. Dieser Befund könnte durch das Urteil in der Rechtssache Kommission/Frankreich aus dem Jahr 2002 gestützt werden, wo der Gerichtshof auch für die verwaltungsrechtlichen Sanktionen fordert, dass sie eine Wirkung entfalten, „die im rechten Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung steht“, und dies grundsätzlich unabhängig von der Frage behandelt, ob eine ausreichende abschreckende Wirkung auftritt.568 Das Urteil des EuGH erging jedoch noch zu Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 über die Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik.569 Die Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 tritt ausweislich ihrer 19. Begründungserwägung zunächst neben die Verordnung (EWG) Nr. 2847/93, „bis alle erforderlichen Durchführungsbestimmungen erlassen sind“. Die Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 bleibt
568 EuGH, verb. Rs. C-418/00 und C-419/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2002, S. I-3969, Rn. 65. 569
Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 des Rates vom 12. Oktober 1993 zur Einführung einer Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik, ABl. 1993, L 261, S. 1.
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4. Kapitel
demnach weiterhin gültig. Im Konfliktfall wird sie indessen der neueren Verordnung als lex prior nachgehen. Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 entspricht dem Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 inhaltlich beinahe vollständig, weicht aber in der jeweiligen deutschen Fassung in einer für die vorliegende Untersuchung bedeutsamen Weise ab. Während es im neuen Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 heißt, dass die von den Mitgliedstaaten einzuleitenden Verfahren geeignet sein müssen, „den wirtschaftlichen Gewinn aus dem Verstoß zu entziehen und ein der Schwere des Verstoßes entsprechendes Ergebnis zu bewirken, um wirksam von weiteren Verstößen dieser Art abzuschrecken“,570 müssen die nationalen Verfahren nach Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 geeignet sein, „den wirtschaftlichen Gewinn aus dem Verstoß […] zu entziehen oder Folgen zu haben, die der Schwere des Verstoßes angemessen sind und von weiteren Verstößen dieser Art abschrecken“.571 Daraus ergeben sich zwei bedeutsame Unterschiede: Zum einen steht in der älteren Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 die Restitution (die Gewinnabschöpfung) in einem Alternativverhältnis zur Repression (eine der Schwere angemessene Folge des Verstoßes) und Prävention (Abschreckung) – wobei nicht ausgeschlossen ist, dass alle drei zusammen auftreten können –, während die neuere Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 fordert, dass die nationalen Maßnahmen kumulativ sowohl restitutiv wirken, indem sie den wirtschaftlichen Gewinn entziehen (und damit den ursprünglichen Zustand wieder herstellen), als auch präventiv, indem sie von weiteren Verstößen abschrecken. Bei der neueren Verordnung ist die repressive Folge lediglich finales Mittel, eine präventive Wirkung zu erzielen. Zum anderen muss nach der deutschen Fassung des Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 die mitgliedstaatliche Reaktion in Bezug auf die Schwere des Verstoßes angemessen sein und abschreckend wirken. Hieraus kann gefolgert werden, dass die Angemessenheit einer Maßnahme analytisch durchaus von ihrer präventiven Wirkung getrennt werden kann. Das würde auch die Interpretation des EuGH im Urteil in der Rechtssache Kommission/Frankreich aus dem Jahr 2002 erklären.572 Allerdings sind die französische wie auch die englische Fas570 571 572
Hervorhebungen hinzugefügt. Hervorhebungen hinzugefügt. Siehe Text zu Fn. 568.
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sung des Art. 31 Abs. 2 der alten Verordnung in dieser Hinsicht anders gefasst. Im Französischen heißt es, dass die nationalen Verfahren „doivent être de nature […] à produire des effets proportionnés à la gravité de l’infraction de façon à décourager efficacement d’autres infractions de même nature“,573 während sie nach der englischen Fassung „shall be capable […] of producing results proportionate to the seriousness of such infringements, effectively discouraging further offences of the same kind“. In beiden Sprachfassungen ist die Angemessenheit der nationalen Maßnahme in Hinblick auf ihre abschreckende Wirkung zu messen. Noch deutlicher wird der neue Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002, indem er auch in der deutschen Fassung ein finales Verhältnis zwischen der der Schwere des Verstoßes gerecht werdenden Angemessenheit und der abschreckenden Wirkung einer Maßnahme herstellt. Das könnte dahingehend gedeutet werden, dass die Angemessenheit einer Reaktion auf einen Normverstoß nicht von ihrer Abschreckungswirkung getrennt betrachtet werden könnte. Dies hätte analytisch zur Folge, dass die Sanktionen der Verordnung dahingehend konzeptualisiert wären, dass sie nicht allein repressive Wirkung entfalten dürften, ihre Legitimation also nur aus ihrer abschreckenden Wirkung folgte. Weiter gehend könnte man auch vertreten, dass der Sanktion im Fischereirecht gar keine repressive Wirkung zukommen dürfte, sondern lediglich eine präventive. Jedoch wird man dem europäischen Gesetzgeber an dieser Stelle keine begriffsanalytischen Spitzfindigkeiten unterstellen dürfen. Vielmehr ist wohl davon auszugehen, dass Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 eine bereits erwähnte theoretische Schwierigkeit in realistischer Weise hinnimmt und verarbeitet: Es ist praktisch in der Regel kaum möglich, zwischen der repressiven und der präventiven Wirkung bzw. der repressiven und der präventiven Zielsetzung einer Maßnahme zu unterscheiden, wobei anerkannt bleibt, dass die beiden Funktionen analytisch zu trennen sind, was der Ge-
573
Hervorhebung hinzugefügt. Übersetzung d. Verf.: „sollen so beschaffen sein […], dass sie der Schwere des Verstoßes angemessene Folgen der Art zeitigen, von weiteren Verstößen derselben Art wirksam abzuhalten“ oder „angemessene Folgen zeitigen und auf diese Weise von weiteren Verstößen derselben Art wirksam abhalten“. Gleichermaßen lautet die Übersetzung der englischen Sprachfassung mit dem Partizip Präsens Aktiv „discouraging“.
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4. Kapitel
richtshof mit seinem Urteil aus dem Jahr 2002 im Ergebnis auch akzeptiert.574 Damit bietet Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 ein ausgezeichnetes Beispiel für die praktischen Schwierigkeiten, klar zwischen repressiven und präventiven Maßnahmen zu unterscheiden.575 Die Herstellung eines finalen Zusammenhangs zwischen der abschreckenden Wirkung und der Angemessenheit einer Reaktion auf die Schwere eines Normverstoßes in den Kontroll- und Sanktionsnormen des Fischereirechts hat nicht zur Folge, dass die Sanktionen eine repressive Wirkung nur entfalten dürften, wenn sie zugleich präventiv wirken. Es ist davon auszugehen, dass der Sanktionsbegriff der Kontroll- und Sanktionsvorschriften im Fischereisektor präventive wie auch repressive Maßnahmen erfasst. Das Urteil des EuGH in der Rechtssache Kommission/Frankreich aus dem Jahr 2002 trägt diesem Schluss Rechnung und könnte mit demselben Inhalt zu Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 ergehen. Es bleibt jedoch weiterhin fraglich, ob auch restitutive Maßnahmen von diesem Sanktionsbegriff erfasst sind. Hier wird nun der erstgenannte bedeutendere Unterschied zwischen den beiden Vorschriften relevant, nämlich die Frage, ob Restitution und Repression/Prävention in einem Alternativverhältnis stehen, also nicht zwingend nebeneinander eintreten müssen (so Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93), oder ob sie vielmehr kumulativ vorliegen müssen (so Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002). In Bezug auf Art. 31 Abs. 2 der älteren Verordnung ist in diesem Zusammenhang auch vertreten worden, er würde „reparatory penalties“ vorsehen.576 Die Abschreckungswirkung solle sogar nur ein „ancillary objective“ darstellen.577 Es lässt sich jedenfalls feststellen, dass sich sowohl Art. 25 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 als auch Art. 31 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 auf die nach ihrem jeweiligen Absatz 1 eingeleiteten Verfahren beziehen. Dort wiederum ist die Rede von geeigneten „Maßnahmen einschließlich der im nationalen Recht vorgesehenen Verwaltungs- und Strafverfahren“. Man kann daran anschließend 574
EuGH, verb. Rs. C-418/00 und C-419/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2002, S. I-3969. 575
Zu den theoretischen Grundlagen oben, unter 1. Kapitel B.II.2.
576
Berg, Implementing European Fisheries Law, S. 89, die die Frage jedoch letztlich offen lässt. 577
Long/Curran, Enforcing the Common Fisheries Policy, S. 205.
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vertreten, dass die restitutiven Maßnahmen, die den wirtschaftlichen Gewinn aus dem Verstoß entziehen, als Verwaltungsmaßnahmen zu verstehen sind, wohingegen die repressiv-punitiven sowie die präventiven Maßnahmen als Teil der Strafverfahren anzusehen sein würden. Insoweit verweisen die Verordnungen auf das nationale Recht. Letztlich kann es jedoch nicht auf die im nationalen Recht stattfindende Zuordnung zu einem Verwaltungs- oder einem Strafverfahren ankommen, um die Sanktionsqualität einer Maßnahme zu beurteilen. Kritisch wird dies beispielsweise bei den Maßnahmen im Verwaltungsrecht, die unter den Begriff des besonderen „Verwaltungsstrafrechts“ gefasst werden können, nämlich dem Recht der Ordnungswidrigkeiten. Damit wird deutlich, dass die Entscheidung, ob eine rein restitutive oder eine repressive Maßnahme verhängt wird, nicht entlang der Unterscheidung Verwaltungsverfahren/Strafverfahren getroffen werden kann. Vielmehr ist aus dem jeweiligen Absatz 3 von Art. 25 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 bzw. von Art. 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 auf den spezifischen Charakter der dort genannten „Strafen“ abzustellen. Wie beschrieben handelt es sich hierbei um Bußgelder, die Einziehung verbotener Fanggeräte und Fänge, die Beschlagnahme oder vorübergehende Stillegung eines Schiffes oder die Aussetzung und den Entzug der Lizenz. Wenn man davon ausgeht, dass sich die restitutive Wirkung einer Maßnahme darin ausdrückt, dass der Zustand (wieder-)hergestellt werden soll, der ohne die rechtswidrige Handlung bestanden hätte,578 und dafür beispielsweise bestimmte, durch die rechtswidrige Handlung erlangte Vorteile abgeschöpft werden, könnte man von den genannten Maßnahmen eine als restitutiv bezeichnen, die Einziehung von Fängen. Die Bußgelder, die Beschlagnahme oder Stillegung eines Schiffes sowie die Lizenzaussetzungen und -entzüge stellen nicht den Zustand her, wie er ohne das schädigende Ereignis bestünde. Vielmehr sind sie negative Reaktionen auf das Fehlverhalten der betreffenden Personen, die sowohl für ähnliche Verstöße abschreckend wirken sollen als auch derartige Verstöße für einen bestimmten Zeitraum unterbinden können. Daneben haben sie auch einen strafenden Aspekt, der sich darin ausdrückt, dass sie der betreffenden Person bestimmte Werkzeuge, die dem Rechtsverstoß dienten, oder bestimmte Rechte entziehen bzw. – wie im Fall der Bußgelder – auf sonstige Weise in das Vermögen des Betroffenen eingreifen.
578
Dazu oben, unter 1. Kapitel B.II.2.
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4. Kapitel
Es sind also Maßnahmen, die auf nachteilige Weise das Vermögen desjenigen belasten, der gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen hat. Das gilt auch für die Entziehung verbotener Fanggeräte in Art. 25 Abs. 3 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002, womöglich jedoch weniger für die ebenda zu findende Einziehung von Fängen. Wenn sie sich nämlich lediglich auf die Einziehung der Fänge bezöge, die entgegen den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 getätigt wurden, würde die Einziehung nur einen rechtswidrig erlangten Vorteil entziehen. Genau dafür spricht die Lektüre der französischen Fassung des Art. 25 Abs. 3 lit. b): Hier ist die Rede von „la saisie des engins et captures prohibés“; das „prohibés“ bezieht sich demnach sowohl auf die Geräte als auch auf die Fänge. Es ist davon auszugehen, dass sich auch in der deutschen Fassung das Wort „verbotenen“ auf die Fänge bezieht. Demnach dürfen nur die Fänge eingezogen werden, die unter Verstoß gegen die Fischereivorschriften erfischt wurden. Das ist die Abschöpfung eines aus dem rechtswidrigen Verhalten folgenden Vorteils. Eine echte Restitution wäre dabei allerdings nicht möglich, da der Schaden für die Erhaltung der Fischressourcen durch die rechtswidrige Befischung bereits entstanden ist und nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte. Somit ist fraglich, ob die Einziehung der Fänge als eine restitutive Maßnahme anzusehen ist. Das hätte zur Folge, dass zumindest auch die restitutiven Maßnahmen, die den unrechtmäßigen Gewinn abschöpfen, unter den Sanktionsbegriff der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 fielen. Man könnte mit guten Gründen vertreten, dass eine Restitution nicht angenommen werden kann, wenn eine tatsächliche Wiederherstellung des Zustands, wie er vor der rechtswidrigen Handlung bestanden hatte, nicht mehr möglich ist. Genau das ist bei der rechtswidrigen Befischung der Fall. Der den Fischbeständen entstandene Schaden kann durch den Entzug von Fängen nicht mehr rückgängig gemacht werden. Neben den direkten Verlust im Fischbestand tritt durch die Entziehung der betreffenden Menge Fisch der indirekte Verlust durch den Entzug der reproduzierenden Ressource. Damit wird langfristig der Fischbestand geschädigt. Eine echte Restitution wäre demnach nur durch Hinzufügung neuer Fische zum jeweiligen Bestand möglich. Mit einer Beschränkung der restitutiven Wirkung einer Maßnahme auf die Wiederherstellung des vorhergehenden Zustands wird man der Wirkung des Entzugs eines rechtswidrig erlangten Vorteils jedoch nicht gerecht. Typisches Beispiel für eine restitutive Maßnahme ist die Rückforderung einer Beihilfe. Hier wird der ursprünglich rechtmäßige Zustand dadurch wieder hergestellt, dass der finanzielle Vorteil beim Bei-
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hilfeempfänger eingezogen und wieder dem Haushalt des Beihilfegebers hinzugefügt wird. Eventuelle Zinsvorteile bzw. -nachteile werden durch eine regelmäßige Verzinsungspflicht abgeschöpft bzw. ausgeglichen. Im Falle der rechtswidrigen Befischung kann zwar der rechtswidrige Vorteil – also die Fänge – abgeschöpft, jedoch nicht wieder dem ursprünglichen Bestand hinzugefügt werden. Damit unterscheidet sich der Fall im Fischereirecht von dem im Beihilferecht nur – aber immerhin – in Bezug auf den Zustand des geschädigten Gutes, nicht aber auf den Zustand beim Schädigenden. Wenn man die vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands als Bedingung für die Qualifikation einer Maßnahme als restitutiv setzte, könnte in den Fällen, in denen – wie im Fischereirecht – diese vollständige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands aufgrund der besonderen Charakteristika des betreffenden Gutes unmöglich ist, nie von einer echten Restitution ausgegangen werden. Der Entzug eines rechtswidrig erlangten Vorteils könnte auch als repressive Maßnahme konstruiert werden. Dazu müsste der ohne Rechtsanspruch erlangte Vermögensvorteil auf irgendeine Weise als Rechtsposition des rechtswidrig Handelnden angesehen werden, die ihm entzogen werden könnte. Das ist jedoch angesichts der Rechtswidrigkeit seines Handelns juristisch gerade nicht möglich. Demnach muss – in Anerkennung der Schwierigkeiten, klar zwischen den jeweiligen Wirkungen einer Maßnahme zu differenzieren – die Abschöpfung eines rechtswidrig erlangten Vorteils als restitutive Maßnahme angesehen werden, auch wenn der ursprüngliche Zustand dadurch nicht vollständig wieder hergestellt werden kann. Das wird durch einen Vergleich mit den Sanktionen zum Schutz der finanziellen Interessen der Union unterstützt: Dort bestimmt nämlich Art. 4 Abs. 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zum Schutz der finanziellen Interessen der Union,579 dass der Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils keine Sanktion darstellt, sondern eine Maßnahme, die rein verwaltungsrechtlichen Charakter hat. Damit kann man im Recht der Gemeinsamen Fischereipolitik einen Sanktionsbegriff finden, der durch die beispielhafte Nennung von bestimmten Maßnahmen in Art. 25 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 (bzw. Art. 31 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2847/93) wesentlich präziser ist als in anderen Bereichen des Europarechts. Die dort genannten Maßnahmen sind größtenteils als repressiv und präven579
Siehe Fn. 477.
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4. Kapitel
tiv zu qualifizieren, da sie bestimmte Vorteile vollständig oder teilweise, dauerhaft oder vorübergehend entziehen. Hierin stehen sie in Übereinstimmung mit den Sanktionen nach Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95. Jedoch findet sich mit der Regelung zum Entzug der verbotenen Fänge auch eine restitutive Maßnahme, die damit über den rein repressiv-punitiven sowie präventiven Begriff der Sanktionsverordnung hinausgeht, welche nur für den Bereich des Schutzes der finanziellen Interessen der Union als abschließend gilt.580
g) Zwischenergebnis: Die Sanktion im europäischen Landwirtschaftsrecht Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das europäische Agrarrecht eine Vielfalt an Sanktionsmöglichkeiten vorsieht. Die Sanktionen sind in den Rechtsakten ganz überwiegend entsprechend der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften konzeptualisiert und zeichnen sich dadurch aus, dass sie sowohl repressiv-punitiv als auch präventiv, also abschreckend wirken sollen. Sie gehen – in der Regel – über die bloße Abschöpfung eines rechtswidrig erlangten Vorteils hinaus. Die in den Art. 4 und 5 der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 vorgenommene analytische Trennung zwischen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und Sanktionen überzeugt und sollte, soweit Abweichungen – wie im Fischereirecht – bestehen, de lege ferenda auch für sanktionsrelevante Bereiche übernommen werden, die nicht dem Schutz der finanziellen Interessen der Union dienen. Eine Untersuchung des Rechts weiterer Politikbereiche und der jeweiligen Durchsetzungsmechanismen kann weitere Aspekte zu der Frage zutage fördern, ob es im europäischen Recht einen übergreifenden Sanktionsbegriff gibt, der die Abweichungen möglicherweise als die Regel bestätigende Ausnahmen erscheinen lässt.
3. Die Sanktion im europäischen Finanzverfassungsrecht Da beispielsweise die Zahlung von Geldbußen und Zwangsgeldern im Kartell- und Fusionskontrollrecht direkt an den Unionshaushalt erfolgt, liegt es nahe, zu untersuchen, ob die Haushaltsordnung der Uni-
580
Dazu oben, unter 4. Kapitel B.II.1.
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on581 eine verallgemeinerungsfähige Aussage zu den Begrifflichkeiten von Sanktion und Zwangsmaßnahme im Unionsrecht trifft. Die Haushaltsordnung hat einen übergreifenden Charakter für das gesamte Europarecht, zumindest was die Einnahmen und Ausgaben der Union betrifft. Die etwaige Aussagekraft ihrer Vorschriften beschränkt sich zwar auf die für den Haushalt der Union finanzwirksamen Maßnahmen der Union. Gleichwohl gelten die Vorschriften innerhalb dieses Rahmens grundsätzlich sektorübergreifend. In der sektorübergreifenden Qualität liegt auch die Rechtfertigung dafür, zunächst das Finanzverfassungsrecht zu untersuchen, und erst anschließend auf die speziellen Maßnahmen des Wettbewerbsrechts einzugehen.
a) Geldbußen und Zwangsgelder als Sanktionen im Sinne des Finanzverfassungsrechts In Art. 74 Abs. 1 der Haushaltsordnung wird in Modifikation des in Art. 5 Abs. 1 der Haushaltsordnung festgelegten Grundsatzes der Haushaltswahrheit bestimmt, dass die „Einnahmen aus Geldbußen, Zwangsgeldern und Sanktionen sowie aus Zinsen“ nur dann endgültig als Haushaltseinnahmen verbucht werden, wenn die ihnen zugrunde liegenden Entscheidungen unanfechtbar, also bestandskräftig geworden sind. Dieser merkwürdige Dreiklang aus Geldbußen, Zwangsgeldern und Sanktionen könnte dahingehend gedeutet werden, dass die ersten beiden nicht als Sanktionen anzusehen wären. In der französischen Sprachfassung ist entsprechend von „amendes, astreintes et sanctions“ die Rede. Dasselbe gilt für die dänische,582 die italienische,583 die niederländische,584 die spanische585 und die schwedische586 Sprachfassung. Anders lauten hingegen die englische, die portugiesische sowie die slowenische Sprachfassung der Haushaltsordnung, wo es um „fines, peri581
Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 2002, L 248, S. 1; ersetzt die alte Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1977, L 356, S. 1. 582 583 584 585 586
„bøder, tvangsbøder og sanktioner“. „ammende, penali e sanzioni”. „boeten, dwangsommen en sancties“. „multas, multas coercitivas y sanciones“. „böter, avtalsviten och sanktioner skall“.
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odic penalty payments and other penalties“, „multas, sanções pecuniárias compulsórias e outras sanções“, bzw. „glob, periodiżnih denarnih kazni in drugih sankcij“ geht.587 Angesichts der Regelung in Art. 229 EG, die in der deutschen Sprachfassung mit Art. III-363 VerfV klarer formuliert worden wäre, ist davon auszugehen, dass die Geldbußen und Zwangsgelder als „Zwangsmaßnahmen“ und damit als Sanktionen anzusehen sind.588 Die etwas uneindeutige Vorschrift ist somit in Entsprechung zur englischen Version auch im Deutschen als Geldbußen, Zwangsgelder und andere Sanktionen erfassend zu lesen. Die Regelung des Art. 74 Abs. 1 der Haushaltsordnung zeigt in dieser Lesart darüber hinaus, dass es noch andere Arten der Sanktionen geben kann.
b) Sanktionen im Vergaberecht Ein Beispiel hierfür bieten die Sanktionen im Vergaberecht. Art. 96 der Haushaltsordnung sieht vor, dass im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe „verwaltungsrechtliche oder finanzielle Sanktionen“ gegen Bewerber oder Bieter verhängt werden können, die bestimmte Voraussetzungen bei der Auftragsvergabe nicht erfüllen. Nach Art. 96 Abs. 2 lit. a) der Haushaltsordnung kann ein Bieter für einen Zeitraum von bis zu zehn Jahren589 von Aufträgen und Finanzhilfen aus dem Haushalt ausgeschlossen werden. Das ist eine der möglichen „verwaltungsrechtlichen Sanktionen“, da nach Art. 96 Abs. 2 lit. b) der Haushaltsordnung einem Bieter eine ihrer Qualität nach nicht näher bestimmte „finanzielle Sanktion“ bis zur Höhe des Auftragswerts auferlegt werden kann, wenn er im Rahmen eines anderen Auftrags eine schwere Vertragsverletzung durch Nichterfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen begangen oder auf schwerwiegende Weise falsche Erklärungen im Rahmen des Bewerbungsverfahrens abgegeben hat. Eine finanzielle Sanktion, die bis zur Höhe eines Auftragswerts verhängt werden kann, muss das Auferlegen einer Zahlungspflicht für den betreffenden Bieter be587 588 589
Hervorhebungen jeweils hinzugefügt. Dazu näher oben, unter 4. Kapitel B.I.1.
Der mögliche Zeitraum wurde von fünf auf zehn Jahre erhöht durch die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 2006, L 390, S. 1.
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deuten. Eine solche Zahlungspflicht als Reaktion auf eine Unregelmäßigkeit beim Vergabeverfahren ist qualitativ nicht von einer Geldbuße zu unterscheiden. Der Begriff der Sanktion ist demnach in der Haushaltsordnung nicht ausdrücklich definiert. Es findet sich gleichwohl ein Hinweis auf eine mögliche Bestimmung dahingehend, dass sie zumindest einseitig auferlegte Zahlungspflichten als Reaktion auf eine Verfehlung erfasst. Zwar trifft Art. 96 der Haushaltsordnung nur eine Regelung in Bezug auf die öffentliche Auftragsvergabe. Ähnliches gilt für Art. 114 Abs. 3 der Haushaltsordnung, nach welchem bei Unregelmäßigkeiten im Gewährungsverfahren für Finanzhilfen „wirksame, verhältnismäßige und abschreckende verwaltungsrechtliche und finanzielle Sanktionen“ verhängt werden dürfen. Jedoch enthalten diese Bestimmungen wertvolle Hinweise auf ein Verständnis der Sanktion als Reaktion auf ein rechtswidriges Verhalten eines Einzelnen (bzw. Unternehmens), welche für den Betreffenden nachteilige Folgen zeitigt, die sowohl finanziell als auch auf sonstige rechtliche Weise zum Ausdruck kommen können.
4. Geldbußen und Zwangsgelder im Kartell- und Fusionskontrollrecht Ein bedeutender Fall der nach Art. 74 Abs. 1 der Haushaltsordnung als Haushaltseinnahmen zu verbuchenden Mittel sind die Geldbußen und die Zwangsgelder, die im Kartell- und Fusionskontrollrecht verhängt werden. Diese Maßnahmen sind zugleich die nach außen hin sichtbarsten „Sanktionen“ des Europarechts. Erinnert sei an dieser Stelle nur an die erst kürzlich durch das Gericht erster Instanz bestätigte Geldbuße in Höhe von beinahe einer halben Milliarde Euro gegen Microsoft.590
a) Geldbußen und Zwangsgelder als Sanktionen Kapitel VI der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 zur Durchführung der Art. 81 und 82 EG591 bezeichnet die in den Art. 23 f. der Verordnung 590
EuG, Rs. T-201/04, Microsoft/Kommission, Slg. 2007, S. II-3601; bezüglich Entscheidung 2007/53/EG der Kommission vom 24. Mai 2004 in einem Verfahren gemäß Artikel 82 EG-Vertrag und Artikel 54 EWR-Abkommen gegen die Microsoft Corporation in der Sache COMP/C-3/37.792 – Microsoft (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 900), ABl. 2007, L 32, S. 23. 591
Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. 2003, L 1, S. 1.
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genannten Geldbußen und Zwangsgelder als Sanktionen. Ebenso findet sich in Art. 20 Abs. 4 der Verordnung, wo es um die Pflicht der Unternehmen geht, die durch die Kommission angeordneten Nachprüfungen zu dulden, der Hinweis darauf, dass es sich bei den Geldbußen und Zwangsgeldern um Sanktionen handelt. Für den gleich gearteten Fall im Fusionskontrollrecht stellt Art. 13 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen592 fest, dass die in den Art. 14 f. der Verordnung genannten Geldbußen und Zwangsgelder Sanktionen sind. Dasselbe gilt für die Vorgängerregelungen der Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 17 (in Bezug auf Art. 15 f. dieser Verordnung)593 für das Kartellrecht bzw. Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 (in Bezug auf Art. 14 f. dieser Verordnung)594 für das Fusionskontrollrecht. Bei Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 17 fällt eine geringe Abweichung auf: Dort ist die Rede von den in den Art. 15 f. der Verordnung vorgesehenen „Zwangsmaßnahmen“. Hierbei ist jedoch, wie bereits zur deutschen Fassung des Art. 229 EG ausgeführt,595 davon auszugehen, dass dies eine spezifische Eigenart der deutschen Fassung darstellt, die sich in den anderen Sprachfassungen nicht widerspiegelt. Dort wird nämlich – ebenso wie in den jeweiligen Sprachfassungen des Art. 229 EG – das dem Begriff „Sanktion“ entsprechende Wort verwendet.596 Dementsprechend wird die Abweichung auch keine unmittelbare Konsequenz für den in der Verordnung verwendeten Sanktionsbegriff haben. Identische Formulierungen mit der gleichen Abweichung in den deutschen Fassungen fanden sich in den mittlerweile durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 aufgehobenen Art. 20 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 über den Wettbewerb in bestimmten Verkehrsbereichen
592
Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 2004, L 24, S. 1, „EGFusionskontrollverordnung“. 593
Verordnung (EWG) Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags, „Kartellverordnung“, ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204. 594 Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 1989, L 395, S. 1. 595 596
Oben, unter 4. Kapitel B.I.
Bsp.: französisch „sanctions“, italienisch: „sanzioni“, niederländisch: „sancties“; jedoch englisch: „penalties“.
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des Binnenverkehrs597 sowie Art. 18 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 über den Wettbewerb im Seeverkehr.598 Gerade letztere Verordnung zeigte, dass der deutsche Begriff der Zwangsmaßnahme als mit dem der Sanktion austauschbar gedacht werden kann: Der 2. Erwägungsgrund zu der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 stellte fest, dass die Kommission im Binnenverkehrsrecht nicht über eigene „Sanktionsmaßnahmen“ verfügte; während der 17. Erwägungsgrund zu der Verordnung davon sprach, dass Sanktionen erforderlich seien, um die Beachtung der Verbote nach Art. 85 f. EGV (jetzt Art. 81 f. EG) zu gewährleisten. Da hierfür nur die in Art. 18 Abs. 3 der Verordnung benannten Zwangsmaßnahmen der Art. 19 f. derselben Verordnung in Betracht kamen (Geldbußen und Zwangsgelder), setzte die deutsche Fassung die Zwangsmaßnahme demnach mit der Sanktion gleich. Das ist von Bedeutung für die Interpretation der aktuellen deutschen Fassung des Art. 229 EG, wo ebenso – abweichend von den anderen Sprachfassungen – von Zwangsmaßnahmen die Rede ist.599 Angesichts der deutschen Fassung des nicht in Kraft getretenen Art. III-363 VerfV könnte man davon ausgehen, dass die deutschen Sprachfassungen der jeweils einschlägigen Sekundärrechtsakte vor allem in einer früheren Phase der europäischen Integration in dieser Hinsicht von den anderen Sprachfassungen abwichen. Es scheint sich nunmehr eine einheitlichere Terminologie durchzusetzen, nach der das ältere Wort „Zwangsmaßnahme“ durch das modernere Fremdwort „Sanktion“ ersetzt wird. Allerdings kann die Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 selbst nicht als Beleg für diese „Modernisierungsthese“ hinzugezogen werden, da die 597
Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates vom 19. Juli 1968 über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßenund Binnenschiffsverkehrs, ABl. 1968, L 175, S. 1. Die Verordnung blieb im Übrigen gültig. 598
Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr, ABl. 1986, L 378, S. 4. Anders als Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 ist die Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 durch die Verordnung (EG) Nr. 1419/2006 des Rates vom 25. September 2006 zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrags auf den Seeverkehr und zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 auf Kabotage und internationale Trampdienste (Text von Bedeutung für den EWR), ABl. 2006, L 269, S. 1, nunmehr vollständig aufgehoben. 599
Näher hierzu oben, unter 4. Kapitel B.I.
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4. Kapitel
spätere Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 über den Wettbewerb im Luftverkehr600 bei ansonsten inhaltlicher Gleichheit (Art. 11 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 bezeichnet die Geldbußen und Zwangsgelder als Zwangsmaßnahmen) in den Erwägungsgründen den Begriff der Zwangsmaßnahme beibehielt, vgl. den 2. und den 5. Erwägungsgrund zur Verordnung (EWG) Nr. 3975/87. Den modernisierenden Schritt gehen erst die die Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 in ihrem Durchsetzungsteil aufhebende Verordnung (EG) Nr. 1/2003 sowie die Verordnung (EG) Nr. 411/2004 zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 im Übrigen.601 Im 2. Erwägungsgrund der letztgenannten Verordnung ist von Sanktionen die Rede. Daraus ist zu schließen, dass die Geldbußen und Zwangsgelder im Wettbewerbsrecht als Sanktionen bzw. Zwangsmaßnahmen anzusehen sind. Das kann mit den für die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zum Schutz der finanziellen Interessen der Union gefundenen Ansätzen zu einem unionalen Sanktionsbegriff in Einklang gebracht werden.602 Geldbußen sind dort ausdrücklich als Sanktionen bezeichnet. Bezüglich der Zwangsgelder schweigt die Sanktionsverordnung zwar. Die Einbeziehung von Zwangsgeldern in den Sanktionsbegriff auch der Sanktionsverordnung nach deren Art. 5 Abs. 1 lit. g)603 findet allerdings eine weitere gesetzgeberische Stütze im europäischen Finanzverfassungsrecht, wo – wie bereits geschildert604 – in Art. 74 Abs. 1 der Haushaltsordnung605 Zwangsgelder neben Geldbußen als Sanktionen angesehen werden. Hinsichtlich des Zwecks, welchen die Sanktionen im Wettbewerbsrecht verfolgen, kann festgestellt werden, dass sie sowohl repressiv als auch
600 Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 des Rates vom 14. Dezember 1987 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen, ABl. 1987, L 374, S. 1; aufgehoben durch Verordnung (EG) Nr. 411/2004 des Rates vom 26. Februar 2004 zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3976/87 sowie der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 hinsichtlich des Luftverkehrs zwischen der Gemeinschaft und Drittländern, ABl. 2004, L 68, S. 1. 601 602 603 604 605
Siehe Fn. 600. Hierzu näher oben, unter 4. Kapitel B.II.1. Ausführlich oben, unter 4. Kapitel B.II.1. Dazu oben, unter 4. Kapitel B.II.3.a). Siehe Fn. 581.
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präventiv wirken.606 Diese Doppelfunktion hat der EuGH in seinem Urteil Musique Diffusion Française anerkannt, als er feststellte, dass es der Kommission einerseits obliege „einzelne Zuwiderhandlungen zu ermitteln und zu ahnden“, sie andererseits verpflichtet sei, „eine allgemeine Politik mit dem Ziel zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze auf das Wettbewerbsrecht anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken“.607 In jenem Fall verbindet sich mit der repressiven Ahndung begangenen Unrechts auch eine spezialpräventive Wirkung. Im zweitgenannten Fall kommen generalpräventive Aspekte zum Tragen. Daneben darf dem EuGH zufolge mit der Entscheidung über die Verhängung einer Geldbuße auch die Abschöpfung des erlangten Vorteils einhergehen, sofern das bei der Einschätzung der abschreckenden Wirkung der Geldbuße einfließt.608 Die Kommission hat dementsprechend in ihren Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen ausdrücklich festgelegt, dass die Geldbuße zur Gewährleistung der abschreckenden Wirkung erhöht werden kann, um den Betrag der rechtswidrig erlangten Gewinne zu übertreffen.609 Die Abschöpfung alleine wäre nach dem bisher vorrangig in den Sekundärrechtsakten gefundenen Verständnis keine Sanktion, da sie nur den rechtmäßigen Zustand herstellt. Dadurch, dass der Abschöpfungsgedanke jedoch in die Bestimmung der Höhe der jeweiligen Geldbuße einfließt, um ihre abschreckende Wirkung zu sichern, stellt die Abschöpfung hier lediglich einen akzessorischen Aspekt der Geldbuße dar.610
606
Scholz/ Haus, EuZW 2002, S. 682 (683).
607
EuGH, verb. Rs. 100 bis 103/80, Musique Diffusion Française (Pioneer)/Kommission, Slg. 1983, S. 1825, Rn. 105. 608
EuGH, verb. Rs. 100 bis 103/80, Musique Diffusion Française (Pioneer)/Kommission, Slg. 1983, S. 1825, Rn. 108. 609
Nr. 31 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, ABl. 2006, C 210, S. 2; vormals Nr. 2, 5. Spiegelstrich (erschwerende Umstände) der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, ABl. 1998, C 9, S. 3. 610
Näher Scholz/ Haus, EuZW 2002, S. 682 (683 f.).
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b) Die Sanktionen im Wettbewerbsrecht und die „Maßnahmen zur Abstellung einer Zuwiderhandlung“ Der bereits erwähnte 2. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 411/2004 kann weitere Hinweise auf ein mögliches Verständnis der Sanktionen im Wettbewerbsrecht bieten. Dort wird zunächst festgestellt, dass der Kommission „hinsichtlich des Luftverkehrs zwischen der Gemeinschaft und Drittländern keine Ermittlungs- und Durchsetzungsbefugnisse [zustünden], die den Befugnissen entsprechen, die sie in Bezug auf den Luftverkehr in der Gemeinschaft“ habe. Weiter heißt es dann: „Insbesondere fehlen ihr die erforderlichen Instrumente zur Sachaufklärung und die Zuständigkeit für die Festlegung von Maßnahmen, die zur Abstellung einer Zuwiderhandlung erforderlich sind oder, im Falle nachweislicher Zuwiderhandlungen, von Sanktionen.“611 Zunächst ist festzustellen, dass die „Instrumente zur Sachaufklärung“ den Ermittlungsbefugnissen zugeordnet werden und die Sanktionen (sowie die sonstigen, nicht näher bezeichneten Maßnahmen) den Durchsetzungsbefugnissen. Das ist zwar nicht unbedingt zwingend, da beispielsweise auch Maßnahmen zur Sachaufklärung zu den Durchsetzungsbefugnissen gezählt werden können.612 Die in dem Erwägungsgrund vorgenommene Zuordnung bleibt jedoch in sich plausibel. Von größerer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen Maßnahmen, die „zur Abstellung einer Zuwiderhandlung erforderlich sind“, und Sanktionen, die „im Falle nachweislicher Zuwiderhandlung“ verhängt werden können. Die „Maßnahme“ ist dafür gedacht, den rechtmäßigen Zustand (wieder-)herzustellen, während die „Sanktion“ im Falle einer bewiesenen (englisch „proven“, französisch „constatée“) Zuwiderhandlung verhängt werden soll. Die „Maßnahme“ ist damit auf eine restitutive Wirkung ausgerichtet – wobei der Wortlaut auch präventive Maßnahmen nicht ausschließt –, während die „Sanktion“ davon getrennt zu betrachten ist und anscheinend einen darüber hinaus gehenden „bestrafenden“ Zweck im weiteren Sinne verfolgt. Diesem Verständnis entsprechen auch die englische und die französische Sprachfassung des Erwägungsgrundes: Die „Maßnahmen“ sind im Englischen als „remedies“, im Französischen als „mésures correctives“, die „Sanktionen“ dagegen als „penalties“ respektive „sanctions“ bezeichnet. Interessant ist dabei, dass an die Möglichkeit der Verhängung einer Sanktion durch 611 612
Hervorhebung hinzugefügt.
Für ein solches Verständnis Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9 (10).
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ihre Abhängigkeit von einer bewiesenen Zuwiderhandlung höhere Anforderungen gestellt zu werden scheinen als an die Verhängung einer bloßen „Maßnahme“. Die Pflicht, eine Zuwiderhandlung zu beweisen, bevor eine Sanktion verhängt werden kann, stellt zwar eine rechtsstaatliche Selbstverständlichkeit dar, deutet aber auch auf einen gewissen materiellen Mehrgehalt hin: Mit der Wortwahl „nachweislich“ kann im Deutschen auch die Frage der Zurechnung betroffen sein. Das bedeutet, dass eine Sanktion im Wettbewerbsrecht im Sinne des 2. Erwägungsgrunds der Verordnung (EG) Nr. 411/2004 verhängt werden kann, wenn eine Zuwiderhandlung einer – juristischen oder natürlichen – Person zugerechnet werden kann. Das bezieht sich auch auf die Schuldfrage bezüglich einer Zuwiderhandlung. Diese Aussagen stehen offensichtlich unter einem dreifachen Vorbehalt: Zum einen handelt es sich um Feststellungen in einem Erwägungsgrund, deren normative Gehalte und vor allem Wirkungen in ihrer Reichweite nur beschränkt sind. Weiter sind die Passagen selbst nicht zwingend so auszulegen, wie hier geschehen. Beispielsweise ist in der französischen Fassung von den Zuwiderhandlungen die Rede, die „constatée“, also festgestellt sind. Demnach kann man (noch) weniger als bei der deutschen Version auf die Zurechnungsfrage abstellen, da lediglich die Feststellung einer Zuwiderhandlung in Rede steht. Schließlich sind die Ausführungen in dem Erwägungsgrund naturgemäß recht vage und können damit nur Hinweise geben, die für ein Verständnis der Sanktion im Wettbewerbsrecht hilfreich sein können. Es lässt sich aber trotz dieser Vorbehalte schließen, dass Zwangsgelder ebenso wie Geldbußen im Wettbewerbsrecht als Sanktionen angesehen werden, die von – um die Terminologie der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 zu übernehmen – „verwaltungsrechtlichen Maßnahmen“ abzugrenzen sind, welche auf den Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils sowie auf die Herstellung des rechtmäßigen Zustands ausgerichtet sind.
5. Die Sanktion im europäischen Verkehrsrecht: Geldbuße gleich Sanktion Die vorgehende Analyse der Verordnungen zum Wettbewerbsrecht in bestimmten Verkehrsarten führt in den Bereich des gemeinschaftlichen Verkehrsrechts und damit zu einer weiteren Regelung, der Ansätze zu einer Bestimmung des unionalen Sanktionsbegriffs entnommen werden können: Der Verordnung (EWG) Nr. 11 über die Beseitigung von Dis-
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4. Kapitel
kriminierungen auf dem Gebiet der Frachten und Beförderungsbedingungen.613 Nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 11 kann die Kommission gegen Unternehmen, die entgegen den Art. 11, 13 der Verordnung keine oder unrichtige Auskünfte über ihre Beförderungsleistungen erteilen, Sanktionen bis zur Höhe von 500 Rechnungseinheiten verhängen.614 Nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung kann sie eine Sanktion bis zur Höhe des zwanzigfachen Betrages des erzielten oder verlangten Beförderungsentgelts verhängen, wenn sie eine Diskriminierung nach Herkunfts- oder Bestimmungsland eines Transportgutes durch den Verkehrsunternehmer i.S.v. Art. 75 Abs. 1 EG feststellt. Wenn eine solche Diskriminierung trotz dahingehender Entscheidung der Kommission 613 Verordnung (EWG) Nr. 11 des Rates vom 27. Juni 1960 über die Beseitigung von Diskriminierungen auf dem Gebiet der Frachten und Beförderungsbedingungen gemäß Artikel 79 Absatz (3) des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ABl. 52 vom 16.8.1960, S. 1121. 614
Nunmehr 500 Euro. Siehe zur Europäischen Rechnungseinheit (ERE) zunächst Art. 5 Abs. 1 der Satzung des Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit, Anhang zur Verordnung (EWG) Nr. 907/73 des Rates vom 3. April 1973 zur Errichtung eines Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit, ABl. 1973, L 89, S. 2, der den Wert einer Rechnungseinheit auf eine bestimmte Masse Feingolds festlegte. Der Beschluss 75/250/EWG des Rates vom 21. April 1975 über die Definition und Umrechnung der Europäischen Rechnungseinheit, in der die in Artikel 42 des AKPEWG-Abkommens von Lomé genannten Beträge der Hilfe ausgedrückt sind, ABl. 1975, L 104, S. 35, legte die ERE in der Form eines flexiblen Währungskorbes der nationalen Währungen fest. Dem folgte die allgemeine Anwendung dieses Grundsatzes nach Art. 10 Abs. 1 der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977. Durch Verordnung (EWG) Nr. 3180/78 des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Änderung des Wertes der vom Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit verwendeten Rechnungseinheit, ABl. 1978, L 379, S. 1, übernahm diese Funktion die Europäische Währungseinheit ECU, welche wiederum durch Art. 118 EG i.V.m. der Verordnung (EG) Nr. 3320/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Kodifizierung der geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zur Definition der ECU nach Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union, ABl. 1994, L 350, S. 27, auf feste Wechselkursbeträge fixiert wurde. Die ECU wurde dann eins zu eins durch den Euro ersetzt, Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, ABl. 1997, L 162, S. 1. Dementsprechend wird der Haushaltsplan nun nach Art. 277 EG i.V.m. Art. 16 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002, der neuen Haushaltsordnung, in Euro aufgestellt. Näher Oppermann, Europarecht, Rn. 992 ff.
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weiterhin bestehen bleibt, kann sie nach Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 11 den verantwortlichen Verkehrsunternehmer mit einer Sanktion bis zur Höhe von 10.000 Rechnungseinheiten belegen. Die Maßnahmen sind in der Verordnung ausdrücklich als Sanktionen bezeichnet. Unschwer zu erkennen ist ihre Natur als Geldbuße, da dem verantwortlichen Verkehrsunternehmer als Folge einer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften des europäischen Verkehrsrechts die Pflicht zur Zahlung eines finanziellen Betrages auferlegt wird.615 Eine solche Zahlungsverpflichtung ist typisch für die Geldbuße. Unterstützt wird diese Annahme auch durch Art. 19 der Verordnung (EWG) Nr. 11, wo bestimmt wird, dass die Sanktionen nicht strafrechtlicher Art sind. Damit wird zugleich gesagt, dass ihre Qualifikation als Geldstrafe ausscheidet. Der Verordnung (EWG) Nr. 11 liegt mithin ein sehr beschränkter Sanktionsbegriff zugrunde, nach welchem lediglich Geldbußen als Sanktionen anzusehen wären. Dies wäre jedoch nur schwerlich mit Art. 16 der Verordnung in Einklang zu bringen, nach welchem die Mitgliedstaaten die geeigneten Sanktionsvorschriften für die Unternehmer erlassen sollen, welche sich den vorgesehenen Kontrollen durch die mitgliedstaatlichen Behörden entzogen haben sowie die erforderlichen Angaben nicht oder unwahr erteilt haben. Zwar spricht die Wahl des Präteritums dafür, dass mit diesen Maßnahmen rechtswidriges Verhalten „abgestraft“ werden soll. Das hindert die Mitgliedstaaten jedoch nicht, andere Maßnahmen als Geldbußen zur Erreichung der Ziele der Verordnung zu ergreifen, die ebenso dafür geeignet sind.616 Es ist festzustellen, dass die Sanktion im europäischen Verkehrsrecht nicht abschließend bestimmt ist. Geldbußen zählen jedenfalls dazu.
6. Als Zwischenergebnis: Die Sanktion nach der Verordnung über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht Mit der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung hat der europäische Gesetzgeber im Jahre 1974 eine Vorschrift geschaffen für allgemeine Regelungen über die Ver615 Pinay, Annuaire Français de Droit International 1960, S. 828 (851); Krajewski, Geldbußen und Zwangsgelder im Recht der EG, S. 39. 616
Zu den anderen Voraussetzungen für die Maßnahmen, welche Mitgliedstaaten zur Durchsetzung des Unionsrechts zu ergreifen haben, siehe unten, unter 4. Kapitel B.II.8.
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4. Kapitel
jährung der Zuwiderhandlungen im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht.617 Nach dem neuen Art. 7a der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74, eingefügt durch Art. 37 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, ist diese Verordnung über die Verjährungsregelungen nicht mehr auf die Sanktionen der Kartellverordnung anwendbar. Für die anderen Bereiche des Wettbewerbsrechts sowie für das Verkehrsrecht bleibt sie jedoch nach wie vor gültig und kann demnach in gewisser Weise als Zusammenfassung des vorhergehenden Abschnitts dienen. Nach Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 verjährt die Befugnis der Kommission, wegen Zuwiderhandlungen „Geldbußen oder Sanktionen festzusetzen“, innerhalb von drei bzw. fünf Jahren. Dasselbe Nebeneinander von „Geldbuße oder Sanktion“ findet sich in Art. 2 Abs. 3 der Verordnung über die Unterbrechung der Verjährung. Dagegen legt Art. 4 Abs. 1 der Verordnung fest, dass die Vollstreckung der Entscheidungen, durch die „Geldbußen, Sanktionen oder Zwangsgelder festgesetzt worden sind“, in fünf Jahren verjährt, wobei die Verjährung „der Geldbuße, der Sanktion oder des Zwangsgeldes“ nach Art. 5 der Verordnung durch Änderung des Betrages der betreffenden Maßnahme oder durch jede auf die zwangsweise Beitreibung der Forderung gerichtete Handlung der Kommission unterbrochen werden kann. Die Verjährungsverordnung scheint demnach einmal zwischen Geldbußen und Sanktionen und ein andermal sogar zwischen Geldbußen, Sanktionen und Zwangsgeldern zu unterscheiden. Damit ähnelt sie dem Art. 74 Abs. 1 der Haushaltsordnung618, der ja in seiner deutschen Version zwischen „Geldbußen, Zwangsgeldern und Sanktionen“ unterscheidet. Ebenso wie dort ist davon auszugehen, dass die genannten Maßnahmen nicht in einem logischen Alternativverhältnis zueinander stehen, sondern vielmehr die Geldbußen und Zwangsgelder neben den sonstigen, also anderen Sanktionen stehen.619 Ähnlich wie bei Art. 74 Abs. 1 der Haushaltsordnung sind die englische und die portugiesische Fassung des Textes für dieses Verständnis hilfreich. In den beiden Versionen sind die Art. 4 f. der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 über die Vollstreckungsverjährung mit „enforcement of sanctions“ bzw. „exe617 Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ABl. 1974, L 319, S. 1. 618 619
Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002, siehe Fn. 581. Siehe oben, unter 4. Kapitel B.II.3.a).
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cução de sanções“ überschrieben. Die portugiesische Fassung behält dann zwar in den Artikeln selbst die Unterscheidung zwischen „multa, sanção ou adstrição“ bei. Die englische Fassung jedoch unterscheidet in den beiden Artikeln nach „fine, penalty or periodic penalty payments“ (bzw. „fines or penalties“ in Art. 1 Abs. 1 der Verordnung). Damit stellt nach der englischen Fassung der Begriff „sanctions“ den Oberbegriff für „fine, penalty or periodic penalty payments“ dar. Allerdings ist festzustellen, dass die Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 in allen Sprachfassungen zwischen Geldbuße, Sanktion und Zwangsgeld ein „oder“ setzt, wogegen die Haushaltsordnung ein „und“ dazwischen stellt. Darüber hinaus stehen die „Geldbußen, Zwangsgeldern und Sanktionen“ in der Haushaltsordnung in eben dieser Reihenfolge, während in der Verjährungsverordnung Geldbuße und Sanktion vor dem Zwangsgeld erwähnt werden. Somit war es bei der Haushaltsordnung nahe liegender, die Geldbußen und Zwangsgelder durch andere Sanktionen zu komplettieren. Ein dahingehender Versuch für Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 müsste dann lauten, dass die Vollstreckung von „Geldbußen, anderen Sanktionen oder Zwangsgeldern“ in fünf Jahren verjährt. Systematisch schlösse dies ebenso wie die unveränderte Version die Zwangsgelder von den Sanktionen aus, würde jedoch ein Verständnis der Geldbuße als Sanktion erlauben. Letztlich vermag keine dieser Interpretationen zu überzeugen. Die begrifflichen Unklarheiten in und zwischen den verschiedenen Sprachfassungen sind wohl vielmehr dem Umstand geschuldet, dass der europäische Gesetzgeber mit seiner Regelung alle denkbaren sanktionierenden Maßnahmen im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht unter die Regelung der Verjährung fallen lassen wollte.620 Um das zu gewährleisten, wurden neben die Geldbußen und Zwangsgelder noch die unbestimmten „Sanktionen“ gesetzt. Auch die englische Fassung kann nicht darüber hinweg täuschen, dass eine Abgrenzung zwischen „fine“ und „penalty“ nur schwierig zu vollbringen sein wird, da es sich in jedem Fall um finanzielle Sanktionen handelt. Das erhellt vor allem aus Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 über die Unterbrechung der Vollstreckungsverjährung, der sich auf „den ursprünglichen Betrag der Geldbuße, der Sanktion oder des Zwangsgeldes“ bezieht. Ein solcher Bezug
620
Hierzu ausführlich EuG, verb. Rs. T-22/02 und T-23/02, Sumitomo Chemical u.a./Kommission, Slg. 2005, S. II-4065, Rn. 42 ff.
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4. Kapitel
auf einen Betrag macht nur einen Sinn, wenn es sich in jedem Fall um eine finanzielle Sanktion handeln muss.621 Somit lässt sich schließen, dass trotz der Abweichungen im Wortlaut – auch zwischen den einzelnen Sprachfassungen – Geldbußen und Zwangsgelder nach der Verordnung über die Verjährungsregelungen in diesen Bereichen als Sanktionen verstanden werden. Daneben erkennt die Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 noch die Möglichkeit weiterer Sanktionen an, die sie nicht näher bestimmt. Einziges Merkmal dieser „anderen Sanktion“ ist dabei, dass es sich um finanzielle Sanktionen handeln muss.
7. Die Sanktion im europäischen Umweltrecht Im Jahre 2003 ging der Rat mit dem Rahmenbeschluss 2003/80/JI zum Schutz der Umwelt durch das Strafrecht einen bedeutenden Schritt, indem er bestimmte umweltschädliche Maßnahmen als Straftaten festlegte und für diese Taten allgemeine Grundsätze aufstellte, welche unter anderem die Schuldform (die Frage nach der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit neben dem Vorsatz), die Beteiligungsform (Anstiftung und Beihilfe), sowie die Frage der Strafbarkeit juristischer Personen betreffen.622 Daneben legte der Rahmenbeschluss fest, dass zumindest in schweren Fällen auch eine Freiheitsstrafe verhängt werden sollte. Nach Art. 5 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses sollten mit den klassischen Strafen andere „Sanktionen und Maßnahmen“ einher gehen können, wie insbesondere das „Verbot für eine natürliche Person, eine Tätigkeit, die eine offizielle Genehmigung oder Billigung erfordert, aufzunehmen oder ein Unternehmen oder eine Stiftung zu gründen, zu verwalten oder zu leiten“, wenn die Gefahr besteht, dass die kriminellen Aktivität dadurch fortgesetzt wird. Der Gerichtshof hat den Rahmenbeschluss im Jahr 2005 für nichtig erklärt. Das folgte allerdings allein aus der kompetenzrechtlichen Erwägung, dass er nicht auf Art. 34 Abs. 2 lit. b), 29, 31 Abs. 1 lit. e) EU hätte gestützt werden dürfen, sondern vielmehr auf die umweltrechtliche
621
In diesem Sinne EuG, verb. Rs. T-22/02 und T-23/02, Sumitomo Chemical u.a./Kommission, Slg. 2005, S. II-4065, Rn. 60. 622
Rahmenbeschluss 2003/80/JI des Rates vom 27. Januar 2003 über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht, ABl. 2003, L 29, S. 55.
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Kompetenz der Gemeinschaft nach Art. 175 EG.623 Mittlerweile hat der EuGH seine Rechtsprechung im Urteil zum Rahmenbeschluss 2005/667/JI über die strafrechtliche Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe624 dahingehend ausdifferenziert, dass zwar eine Harmonisierung strafrechtlicher Vorschriften auf die gemeinschaftsrechtliche Ermächtigungsgrundlage gestützt werden kann. Dabei dürfen aber nicht Art und Maß der strafrechtlichen Sanktion bestimmt werden.625 Die kompetenzielle Problematik verdeckt die für den vorliegenden Zusammenhang interessante Bestimmung des Art. 7 des Rahmenbeschlusses zum Schutz der Umwelt mit den Sanktionen gegen juristische Personen. Dieser lautete: „Jeder Mitgliedstaat trifft die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass gegen eine im Sinne des Artikels 6 verantwortliche juristische Person wirksame, angemessene und abschreckende Sanktionen verhängt werden können, zu denen strafrechtliche oder nichtstrafrechtliche Geldsanktionen gehören und andere Sanktionen gehören können, beispielsweise: a) Maßnahmen des Ausschlusses von öffentlichen Zuwendungen und Hilfen; b) Maßnahmen des vorübergehenden oder ständigen Verbots der Ausübung einer Gewerbe- oder Handelstätigkeit; c) richterliche Aufsicht; d) richterlich angeordnete Auflösung; e) Verpflichtung zum Ergreifen spezieller Maßnahmen, um die Folgen der die strafrechtliche Verantwortlichkeit begründenden Handlung zu beseitigen.“ Nach dem Rahmenbeschluss wurden zum einen die Maßnahmen des Strafrechts als Sanktionen verstanden. Das ist ein naheliegendes, da evidentes Verständnis. Mit dem Verweis auf bestimmte Betätigungsverbote zeigt der Rahmenbeschluss zum anderen auch, welche Maßnahmen als Sanktionen zu verstehen sind, die nicht dem Strafrecht im engeren Sinne zugeordnet werden können. Da der Rahmenbeschluss aufgehoben 623
EuGH, Rs. C-176/03, Kommission/Rat, Slg. 2005, S. I-7879, Rn. 53; hierzu bereits Mansdörfer, Jura 2004, S. 297 (298). 624
Rahmenbeschluss 2005/667/JI des Rates vom 12. Juli 2005 zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe, ABl. 2005, L 255, S. 164. 625
EuGH, Rs. C-440/05, Kommission/Rat, Slg. 2007, S. I-9097, Rn. 70.
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4. Kapitel
ist und eine kompetenzgerechte Regelung – jedenfalls vor Inkrafttreten des Lissabonner Vertrags – nicht wahrscheinlich scheint,626 wird der Rahmenbeschluss im Folgenden nicht weiter untersucht. Feststellen lässt sich aber, dass die spezifischen Maßnahmen den Betroffenen nachteilig belasten. Teilweise sind sie aber auch nur auf die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands gerichtet (Buchstabe c) und e)). Der Sanktionsbegriff nach dem Rahmenbeschluss ist damit etwas vom bisher gefundenen Begriffsverständnis abweichend.
8. Die Sanktion in den sonstigen Politikbereichen der Union: Effektive, verhältnismäßige und abschreckende Durchsetzung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten Der Regelfall der Durchführung europäischen Rechts ist der sogenannte indirekte Vollzug, bei dem die mitgliedstaatlichen Stellen dem europäischen Recht zur Anwendung verhelfen.627 Dementsprechend findet sich die häufigste Erwähnung von Sanktionen in Rechtsakten, die ihre Durchführung den mitgliedstaatlichen Stellen überlassen. Die dabei regelmäßige Formel lautet, dass die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen müssen, um zu gewährleisten, dass Verstöße gegen den betreffenden Rechtsakt mit Sanktionen belegt werden, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind.628 Wie bereits ausführlicher dargestellt, ist das eine sehr häufige Vorgehensweise in europäischen Rechtsakten, die nicht auf die Richtliniengebung beschränkt
626
So jedenfalls hoffend Heger, JZ 2006, S. 310 (311); Hefendehl, ZIS 2006, S. 161 (166). 627
Aus der reichhaltigen Literatur siehe nur Zuleeg, VVDStRL 53 (1994), S. 154 (158); Rengeling, VVDStRL 53 (1994), S. 202 (205); Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 18 f. Zum besonderen Fall der zwangsweisen Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts ausführlich Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9 (13 ff.). 628 Beispiele aus jüngerer Zeit sind Art. 68 Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91/670/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 und der Richtlinie 2004/36/EG, ABl. 2008, L 79, S. 1; oder Art. 23 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. 2008, L 133, S. 66.
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ist.629 In jüngerer Zeit erscheinen auch konkretere Hinweise auf die Art der Sanktionen, wenn „Sanktionen, einschließlich verwaltungsrechtlicher und strafrechtlicher“ gefordert werden.630 Geleitet wird diese Praxis von dem in der Strategie der Kommission für die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum in Drittländern geäußerten Schlüsselgedanken: „Ohne die Möglichkeit von Sanktionen ist keine Regel wirklich durchsetzbar.“631 Das bezieht sich im konkreten Zitat zwar auf die Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in Drittstaaten über die dazu vorgesehenen Mechanismen der Streitbeilegung vor allem im Rahmen der Welthandelsorganisation WTO und dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS). Das ändert jedoch nichts an der grundlegenden Einschätzung der Kommission, dass Sanktionen zu Rechtsdurchsetzung unerlässlich sind und demnach auch innerhalb der Union als notwendig angesehen werden. Es kann aber festgehalten werden, dass die typische Formulierung in europäischen Rechtsakten, die Mitgliedstaaten müssten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen vorsehen, zwar zeigt, dass die betreffende Maßnahme diese Qualifikationen haben muss. Der Begriff der Sanktion ist damit jedoch nicht bestimmt. Die Rechtsprechung ist aufgerufen, die Einhaltung der Merkmale zu überprüfen und dabei möglicherweise zur Begriffsklärung beizutragen. Das wird Gegenstand späterer Ausführungen sein.632 629
Ausführlich dazu oben, unter 3. Kapitel A.II.1.
630
So beispielsweise Art. 13 Abs. 2 der umstrittenen Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG, ABl. 2006, L 105, S. 45. Gegen diese Richtlinie ist derzeit die Klage Irlands anhängig, Klage vom 6.7.2006, Rs. C-301/06, Irland/Rat und Parlament, ABl. 2006, C 237, S. 5; vgl. hierzu GA Kokott vom 18.7.2007, in: Rs. C275/06, Promusicae, Slg. 2008, S. I-271, Rn. 82. 631
Kommission, Strategie für die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum in Drittländern, ABl. 2005, C 129, S. 3 (9). Siehe die Art. 3 und 16 der Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. 2004, L 157, S. 45, berichtigt durch ABl. 2004, L 195, S. 16; dazu Frey/Rudolph, ZUM 2004, S. 522. 632
Unten, unter 4. Kapitel C.III.
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4. Kapitel
III. Ergebnis: Mögliche Inhalte eines Sanktionsbegriffs, hergeleitet aus dem europäischen Primär- und Sekundärrecht Die vorangegangene Analyse zeigt ein uneinheitliches Bild der Verwendung der Begriffe Sanktion und Zwang sowohl im europäischen Primär- als auch im Sekundärrecht. Man kann jedoch bestimmte übereinstimmende Merkmale aus den untersuchten Vorschriften herausdestillieren. Alle betreffenden Maßnahmen ergehen als Reaktion auf ein unionsrechtlich unerwünschtes Fehlverhalten einer natürlichen oder juristischen Person bzw. eines Mitgliedstaates. Dabei können sie – je nach Art des Vollzugs des Gemeinschaftsrechts im betreffenden Bereich – sowohl von mitgliedstaatlichen als auch von unionalen Stellen verhängt werden. In den untersuchten Normtexten kristallisierte sich weiter als hervorstechendes Merkmal der Normen, die als Sanktionen verstanden wurden, heraus, dass sie präventive und zumeist auch repressiv-punitive Wirkung zeitigen sollen. Dagegen werden restitutive Maßnahmen grundsätzlich als „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“ oder ähnliches bezeichnet. Typische repressive Maßnahmen sind die Geldbuße bzw. Zahlungspflichten, die in ihrer Wirkung einer Geldbuße gleichkommen, der Entzug von Zulassungen oder Zwangsgelder. Daneben wird die spezialpräventive Wirkung der Maßnahmen, insbesondere beim Entzug einer Zulassung, relevant. Im Recht der Fischerei wird mit dem Entzug von rechtswidrigen Fängen auch eine restitutive Maßnahme als Sanktion bezeichnet. Die Bezeichnungen stehen in den überwiegenden Fällen in Übereinstimmung mit den in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften getroffenen Differenzierungen. Das bedeutet, dass die Bestimmungen der Sanktionsverordnung einen tauglichen Ausgangspunkt für die Definition eines einheitlichen Begriffs der Sanktion im Unionsrecht bieten. Einzelne Abweichungen konnten festgestellt werden, das kann allerdings nicht zu einer anderen Einschätzung führen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Sanktionsbegriff der Sanktionsverordnung auch de lege ferenda maßstabsbildend bleibt. Diese rechtspolitische These kann jedoch rechtsdogmatisch nur Bestand haben, sofern sie auch mit der Rechtsprechung der europäischen Ge-
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richte in Einklang gebracht werden kann. Dies ist Gegenstand der folgenden Ausführungen.
C. Die Sanktion in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz Auch in der Rechtsprechung von EuGH und EuG findet sich keine explizite Definition der Begriffe Sanktion, Zwang oder Strafe. Jedoch ist es unter Umständen möglich, den Urteilen Hinweise zu entnehmen, welches Verständnis der Begriffe die Gerichte ihren Urteilen unterlegen. Das bedeutet, dass die Rechtsprechung zu den einzelnen möglichen Sanktionstypen des geschriebenen Rechts, wie sie im vorhergehenden Abschnitt herausgearbeitet wurden, daraufhin untersucht werden kann, ob sie Elemente einer Definition der Begriffe beinhaltet. Dabei wird deutlich werden, dass die Gerichte – der Natur der Rechtsprechungstätigkeit gemäß – die relevanten Begriffe nicht abstrakt bestimmen, sondern anlassbezogen diskutieren. Solche Anlässe sind in der Regel – wiederum nicht überraschend – vor allem Fragen des Rechtsschutzes. Das hat zur Folge, dass eine eventuell vorgenommene Bestimmung des Begriffs der Sanktion in den Urteilen anhand der spezifischen Fragestellung vorgenommen wird, welche Maßstabsnormen bei der Verhängung einer Sanktion anwendbar sein sollen und inwieweit sich diese von den bei der Verhängung von reinen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen anwendbaren Rechtsgrundsätzen unterscheiden. Erst dann wird für die Rechtsprechung die Frage relevant, wie sich Sanktion und bloße verwaltungsrechtliche Maßnahme unterscheiden. Das bedeutet für die folgende Untersuchung, dass die Versuche der Begriffsbestimmung aus den Hinweisen in der Rechtsprechung zu den sanktionsrelevanten Tätigkeiten im Recht der Europäischen Union zugleich ein Bild von den Rechtsgrundsätzen ergeben wird, die bei der Verhängung von Sanktionen anwendbar sind. Damit schafft die Suche nach einem Begriffsverständnis der europäischen Gerichte zugleich grundlegende Voraussetzungen für die Bestimmung des rechtlichen Rahmens, in welchem sich die Sanktionen im Europarecht bewegen. Wie auch bei der Analyse des Sekundärrechts ist die Rechtsprechung des EuGH zu den Sanktionen im Agrarrecht von besonderer Bedeutung angesichts der Relevanz dieses Rechtsgebietes für die gesamte eu-
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ropäische Integration seit Gründung der EWG.633 Hinzu tritt noch der Umstand, dass der EuGH vor allem auf dem Gebiet des europäischen Landwirtschaftsrechts die Möglichkeit hatte, seine umfangreiche Rechtsprechung zu entwickeln. Im Folgenden werden demnach vor allem Sanktionen aus dem Agrarrecht Gegenstand der Untersuchung sein. Das betrifft mögliche Sanktionen gegen die Agrarmarktteilnehmer (I). Daneben wird die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Zwangsgeldern und Pauschalbeträgen gegen Mitgliedstaaten nach Art. 228 Abs. 2 EG analysiert werden (II). Schließlich werden Urteile der europäischen Gerichte zur Pflicht der Mitgliedstaaten, Gemeinschaftsrechtsverstöße zu sanktionieren, auf einen bestimmten Sanktionsbegriff hin untersucht werden (III).
I. Sanktionen des Agrarrechts in der Rechtsprechung der europäischen Gerichte In der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz im Recht der Landwirtschaft kann man sechs Fallgruppen ausmachen, welche sanktionsrelevante Tätigkeiten der Union betreffen. Diese Fallgruppen lassen sich grundsätzlich dem zentralen Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 und damit jeweils den darin genannten Sanktionen zuordnen. Genannt seien hier also die Fallgruppen, die sich aus der Rechtsprechung herleiten lassen, und, soweit möglich, ihre Zuordnung prima facie zu den betreffenden Sanktionen in der Sanktionsverordnung. Es handelt sich um: 1. Die Streichung oder Kürzung von Zuschüssen bei der finanziellen Beteiligung der Gemeinschaft an Vorhaben, die aus den Gemeinschaftsfonds gefördert werden (Art. 5 Abs. 1 lit. c) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95); 2. Die Rückforderung, der vollständige oder teilweise Verlust einer Beihilfe, der Ausschluss aus einem Beihilfeprogramm für einen bestimmten Zeitraum sowie die Zahlung eines Zuschlags für die fehlerhafte Beihilfegewährung (Art. 5 Abs. 1 lit. b) bis e) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95);
633
Bast, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, 2. Aufl., i.E., Abschnitt II.2.
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3. Die erhöhte Abgabe für Lieferung und Direktverkauf agrarischer Produkte, v.a. Milch (Art. 5 Abs. 1 lit. b) und g) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95); 4. Der Verlust und die Neuzuteilung von Quoten für die Vermarktung agrarischer Produkte (Art. 5 Abs. 1 lit. c) und d) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95); 5. Der erhöhte Rückforderungsbetrag bei Ausfuhrerstattungen (Art. 5 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95); 6. Der vollständige oder teilweise Verfall von Kautionen, die der Sicherung gemeinschaftsrechtlicher Verpflichtungen dienen, v.a. im Rahmen der Ausfuhrverpflichtungen und -lizenzen (Art. 5 Abs. 1 lit. f) der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95). Die Sanktionsqualität der jeweiligen Maßnahme bleibt im Einzelfall zu prüfen. Auch ihre betreffende Zuordnung zu den genannten Sanktionen in Art. 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 steht in concreto noch aus. So bestehen beispielsweise Zweifel, ob die Rückforderung einer Beihilfe als Sanktion anzusehen ist (siehe nur Art. 4 Abs. 1 und 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95), oder ob die Neuregelung der Quoten als „Entzug eines Vorteils“ zu bezeichnen ist. Weiterhin kann auch die Abgrenzung zwischen den betreffenden Sanktionsarten in der konkreten Anwendung Schwierigkeiten bereiten. Überschneidungen zwischen den Fallgruppen sind schließlich auch möglich. So sind insbesondere die Fälle 1 und 2 nicht in jedem Fall klar von einander zu unterscheiden. Angesichts des dieser Studie zur Verfügung stehenden Raums werden aufgrund der besonderen Bedeutung des gemeinschaftlichen Subventionsrechts sowie den Entwicklungen im Agrarrecht weg von Quoten und Ausfuhrerstattungen hin zu direkteren Stützungsmaßnahmen im Rahmen der GAP-Reform 2003 von diesen Fallgruppen im Folgenden nur die Fallgruppen 1 und 2 hinsichtlich der gemeinschaftlichen Beihilfen besonders beleuchtet. Im Anschluss wird als weiteres innovatives Mittel der Durchsetzung gemeinschaftlichen Agrarrechts die 6. Fallgruppe analysiert, der Verfall von Kautionen. Dabei wird von der Annahme ausgegangen, dass der EuGH in seiner Rechtsprechung seit Erlass der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 nicht von der dort vorgenommenen Einteilung und Unterscheidung zwischen verwaltungsrechtlichen Maßnahmen und Sanktionen abweichen wird. Jedoch gibt es auch bis 1995 eine umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs zu sanktionsrelevanten Maßnahmen. Der folgende Abschnitt wird demnach auch Kontinuitäten und gegebenenfalls Ab-
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weichungen aufzeigen können, welche die Rechtsprechungstätigkeit der europäischen Gerichte betreffen und durch später erlassene Rechtsakte, insbesondere die Sanktionsverordnung, womöglich gesetzlich anerkannt und fixiert wurden.
1. Die Streichung und Kürzung von Zuschüssen zu gemeinschaftsrechtlich geförderten Vorhaben Der erste in der vorgehenden Übersicht genannte Fall möglicher Sanktionen im Agrarrecht findet sich in der Rechtsprechung zur Streichung und Kürzung von Zuschüssen zu Vorhaben, die durch die Gemeinschaftsfonds, also insbesondere die europäischen Strukturfonds, gestützt werden. In Betracht kommen hier Zuschüsse aus dem Europäischen Fonds für die regionale Entwicklung (EFRE) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) sowie aus dem ehemaligen Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und dem ehemaligen Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF). Mit der neuen Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik wurde der EAGFL ab dem 1. Januar 2007 ersetzt durch zwei Fonds, nämlich den Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).634 Das FIAF wurde zum 4. September 2006 durch den Europäischen Fischereifonds (EFF) ersetzt.635 Als Instrumente ohne spezifisch regionalen Bezug636 kommen neben diesen Strukturfonds noch Förderungen nach dem Kohäsionsfonds zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts in der Union637 oder den beitrittsvorbereitenden Fonds,638 wie dem Strukturpoli634
Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. 2005, L 209, S. 1. Diese Verordnung setzt den Vorschlag der Kommission für eine solche Änderung um, siehe Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, 14. Juli 2004, KOM (2004) 489 endg. 635
Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds, ABl. 2006, L 223, S. 1. 636
Hierzu Schoof, Reform der EU-Strukturfonds von 1999, S. 64; Bleckmann, Europarecht, R. 2769 ff. 637
Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates vom 16. Mai 1994 zur Errichtung des Kohäsionsfonds, ABl. 1994, L 130, S. 1; wichtige Änderungen im Rahmen der Strukturfondsreform 1999 durch Verordnung (EG) Nr. 1264/1999
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tischen Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt, ISPA (Instrument structurel de pré-adhésion),639 welches wie der Kohäsionsfonds besonders bedürftige (künftige) Mitgliedstaaten in den Bereichen Umwelt und transeuropäische Netze auf dem Gebiet der Verkehrsinfrastruktur fördern soll,640 dem Fonds zur Förderung im Bereich Landwirtschaft und ländliche Entwicklung SAPARD (Special Accession Programme for Agriculture and Rural Development)641 oder dem Wirtschaftsmodernisierungsfonds PHARE (Poland and Hungary: Aid for Restructuring of the Economies)642 in Betracht. Die drei letztgenannten Instrumente sind durch das Instrument für Heranführungshilfe IPA (Instrument for PreAccession Assistance) zusammengefasst und ersetzt worden.643 Schließlich existieren noch einige weitere Förderungsinstrumente in bestimmten Politikbereichen der Union, die der Verwirklichung der Ziele der jeweiligen Politik dienen. Zu denken wäre hier beispielhaft an die Förderung von Forschungsvorhaben unter dem Sechsten Rahmenprodes Rates vom 21. Juni 1999 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 zur Errichtung des Kohäsionsfonds, ABl. 1999, L 161, S. 57; sowie durch Verordnung (EG) Nr. 1265/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 zur Errichtung des Kohäsionsfonds, ABl. 1999, L 161, S. 62. 638
Zu den letzteren allgemein die Verordnung (EG) Nr. 1266/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Koordinierung der Hilfe für die beitrittswilligen Länder im Rahmen der Heranführungsstrategie und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89, ABl. 1999, L 161, S. 68. 639
Verordnung (EG) Nr. 1267/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über ein strukturpolitisches Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt, ABl. 1999, L 161, S. 73. 640
Oppermann, Europarecht, Rn. 977.
641
Verordnung (EG) Nr. 1268/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über eine gemeinschaftliche Förderung für Maßnahmen in den Bereichen Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes zur Vorbereitung des Beitritts der Bewerberländer in Mittel- und Osteuropa während des Heranführungszeitraums, ABl. 1999, L 161, S. 87. 642
Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für die Republik Ungarn und die Volksrepublik Polen, ABl. 1989, L 375, S. 11. 643 Verordnung (EG) Nr. 1085/2006 des Rates vom 17. Juli 2006 zur Schaffung eines Instruments für Heranführungshilfe (IPA), ABl. 2006, L 210, S. 82, mit der Verordnung (EG) Nr. 718/2007 der Kommission vom 12. Juni 2007 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1085/2006 des Rates zur Schaffung eines Instruments für Heranführungshilfe (IPA), ABl. 2007, L 170, S. 1.
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gramm für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration.644 Dabei erweisen sich die Zuschüsse als Beihilfen – häufig in Form einer komplementären Finanzierung durch Gemeinschaftsmittel und nationale Mittel (sog. Kofinanzierung) –,645 die für die Durchführung gemeinschaftsrechtlich erwünschter Vorhaben stützend gewährt werden. Die Begriffe Zuschuss und Beihilfe werden teilweise synonym verstanden.646 Im Anschluss an diesen Abschnitt wird die Rechtsprechung zu den strukturell gleichartigen Beihilfen zur Förderung bestimmter Verhaltensweisen untersucht werden, die sich von den Zuschüssen im engeren Sinne dadurch unterscheiden, dass sie bestimmte Verhaltensweisen bei der Ausübung landwirtschaftlicher Tätigkeit belohnen, indem sie dafür finanzielle Mittel gewähren. Damit stellt sich der Zuschuss als ein Unterfall der Beihilfe dar, ist also eine spezifische Beihilfe, welche die Kosten einer Investition vermindern soll. Hier soll beispielhaft die Rechtsprechung der europäischen Gerichte zur Streichung, Kürzung oder Aussetzung von Zuschüssen unter dem ehemaligen EAGFL und dem FIAF betrachtet werden. Angesichts der erst unlängst erfolgten Aufhebung dieser Instrumente kann noch nicht 644
Das Sechste Rahmenprogramm wurde geschaffen durch den Beschluss Nr. 1513/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002 über das Sechste Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration als Beitrag zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums und zur Innovation (2002–2006), ABl. 2002, L 232, S. 1. Die allgemeinen Durchführungsregeln finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 2321/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen an der Durchführung des Sechsten Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft (2002–2006) sowie für die Verbreitung der Forschungsergebnisse, ABl. 2002, L 355, S. 23. 645
Vgl. Art. 8 und 28 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, ABl. 1999, L 161, S. 1; bzw. nach deren Aufhebung Art. 9 und 53 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999, ABl. 2006, L 210, S. 25. Zur Kofinanzierung vgl. Busse, in: Schulze/Zuleeg, Europarecht, § 25, Rn. 74 f. 646
Vgl. beispielsweise Art. 54 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 über EFRE, ESF und Kohäsionsfonds, wo beide Begriffe austauschbar verwendet werden.
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auf Rechtsprechung zu EGFL, ELER und EFF zurückgegriffen werden. Es ist aber angesichts der grundlegenden Fragestellung nicht anzunehmen, dass die Gerichte ihr theoretisches Begriffsverständnis ändern, weil sich die eher technischen Fragen der Finanzinstrumente verändert haben.
a) Die Streichung von Zuschüssen aus dem ehemaligen Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft: Die Rechtssache Conserve Italia Nach der Verordnung (EWG) Nr. 355/77 über eine gemeinsame Maßnahme zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse kamen bestimmte Vorhaben für die Bezuschussung aus dem EAGFL in Betracht, wenn sie der Rationalisierung oder Entwicklung der Lagerung, der marktgerechten Aufbereitung, der Konservierung, der Bearbeitung oder der Verarbeitung landwirtschaftlicher Erzeugnisse dienten (Art. 6 Abs. 1 lit. a) der Verordnung).647 Nach Art. 19 Abs. 2 der Verordnung konnte die Kommission den an die Person, welche die Kosten des Vorhabens trägt, zu zahlenden Zuschuss aus dem EAGFL „aussetzen, einschränken oder ganz einstellen“, wenn das Vorhaben nicht wie vorgesehen oder nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wurde, oder wenn bestimmte Auflagen nicht erfüllt wurden. Im Juni 1988 erließ der Rat mit der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 eine neue Verordnung über die Aufgaben und die Effizienz der Strukturfonds.648 Ein halbes Jahr später erließ der Rat zwei Verordnungen zur Durchführung der neuen Verordnung über die Aufgaben der Strukturfonds, nämlich einerseits die Verordnung (EWG) Nr. 4253/88, welche vor allem die Regeln für die Koordinierung zwischen den Strukturfonds festlegte,649 und andererseits die Verordnung (EWG) Nr. 4256/88, 647
Verordnung (EWG) Nr. 355/77 des Rates vom 15. Februar 1977 über eine gemeinsame Maßnahme zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 1977, L 51, S. 1. 648
Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates vom 24. Juni 1988 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Entwicklungsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente, ABl. 1988, L 185, S. 9. 649
Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwi-
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die spezifisch den EAGFL betraf.650 Gemäß Art. 10 Abs. 2 der letztgenannten Verordnung wurde die Verordnung (EWG) Nr. 355/77 aufgehoben. Damit traten an deren Stelle die Vorschriften der neuen Verordnung über die Aufgaben der Strukturfonds und ihrer beiden Durchführungsverordnungen.651 Die erste dieser Durchführungsverordnungen, also die Verordnung (EWG) Nr. 4253/88, sah in Art. 24 Abs. 2 unter der Überschrift „Kürzung, Aussetzung und Streichung der Beteiligung“ vor, dass die Kommission eine „finanzielle Beteiligung an der betreffenden Aktion oder Maßnahme kürzen oder aussetzen [konnte], wenn durch die Prüfung bestätigt wird, dass eine Unregelmäßigkeit“ vorlag oder eine erhebliche Veränderung der Durchführung des Vorhabens ohne Zustimmung der Kommission vorgenommen wurde. Diese Konstellation liegt der Entscheidung des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Conserve Italia zugrunde.652 Ein italienischer Zusammenschluss landwirtschaftlicher Genossenschaften hatte einen Zuschuss nach der Verordnung (EWG) Nr. 355/77 beantragt, mit dem ein Vorhaben zur Entwicklung, Rationalisierung und technischen Moderni-
schen diesen und den Interventionen der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits, ABl. 1988, L 374, S. 1. 650
Verordnung (EWG) Nr. 4256/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, ABl. 1988, L 374, S. 25. 651
Auch diese drei Verordnungen sind nicht mehr aktuell, da sie durch die Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen, ABl. 1999, L 160, S. 80, und die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, ABl. 1999, L 161, S. 1, aufgehoben und ersetzt wurden. Die Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 wiederum ist mittlerweile (größtenteils) durch die Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ABl. 2005, L 277, S. 1, die Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 durch die Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999, ABl. 2006, L 210, S. 25, aufgehoben worden. 652
EuG, Rs. T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, S. II-3139.
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sierung eines Betriebes unterstützt werden sollte. Die beantragende Firma hatte Arbeiten zur Durchführung ihres Vorhabens bereits vor Eingang des Antrags auf Bezuschussung bei der Kommission begonnen, dies jedoch auch auf das Auskunftsverlangen der Kommission hin verneint. Die Kommission gewährte den beantragten Zuschuss. Bei später von den italienischen Behörden und der Kommission gemeinsam durchgeführten Kontrollen653 ergab sich jedoch, dass durchaus vor Stellung des Zuschussantrags mit ersten Arbeiten und Käufen von erforderlichen Geräten begonnen worden war. Daraufhin hob die Kommission den Zuschuss wieder auf, da die Tätigung von Arbeiten noch vor dem Antrag auf Bezuschussung gegen die durch das beantragende Unternehmen bei Antragstellung nach der Verordnung (EWG) Nr. 2515/85654 eingegangene Verpflichtung verstoße, mit der Durchführung des Vorhabens nicht vor Eingang des Antrags beim EAGFL zu beginnen. Weiterhin sei der Kaufvertrag über eine Verpackungsmaschine gefälscht worden, um zu verschleiern, dass die Maschine schon vor Eingang des Zuschussantrags im Betrieb installiert worden sei. Das Gericht erster Instanz stellte zunächst fest, dass Personen, die Zuschüsse beantragen oder erhalten könnten, eine Informations- und Loyalitätspflicht obliege, die „dem System der Beteiligung durch den EAGFL inhärent und für sein einwandfreies Funktionieren grundlegend“ sei.655 Aus dieser Pflicht folge, dass sich ein Unternehmen nicht auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen könne, wenn es der Kommission keine Informationen über noch vor Zugang des Zuschussantrags getätigte Arbeiten zur Durchführung des Vorhabens übermittelte. Der Vertrauensschutz sei jedoch erforderlich, um in den Genuss der möglichen Ausnahme nach Art. 15 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 zu kommen, nach welchem die Kommission für bestimmte Fälle auch solche Ausgaben als durch die Fonds beihilfefähig ansehen könne, welche innerhalb von sechs Monaten vor Zugang des Antrags 653
Zur gemeinsamen Ausübung von Zwang durch europäische und nationale Institutionen näher Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9. 654
Verordnung (EWG) Nr. 2515/85 der Kommission vom 23. Juli 1985 über die Anträge auf Zuschüsse des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung, für Vorhaben zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und für Erzeugnisse der Fischerei, ABl. 1985, L 243, S. 1. 655
EuG, Rs. T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, S. II-3139, Rn. 71.
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bei der Kommission getätigt wurden. Das der Kommission hierbei für Ausnahmefälle eingeräumte Ermessen könne das betreffende Unternehmen ohne Vertrauensschutz nicht zu seinen Gunsten reduzieren. Im vorliegenden Fall hätte Conserve Italia (bzw. ihre Rechtsvorgängerin) die Kommission nicht über die vor Zugang des Antrags getätigten Arbeiten informiert und genieße demnach keinen Vertrauensschutz, der die Ausnahme rechtfertige. In der Übersendung der nicht originalgetreuen Kopie des Kaufvertrages über die Verpackungsmaschine sah das Gericht erster Instanz eine „offensichtliche und schwerwiegende Unregelmäßigkeit […], die, wenn nicht vorsätzlich, so doch zumindest grob fahrlässig war“.656 Rechtsgrundlage für die Streichung der finanziellen Beteiligung als Reaktion auf diese Unregelmäßigkeiten sei nicht nur Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 355/77,657 sondern auch Art. 24 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88, obwohl dieser seinem Wortlaut nach die Streichung eines Zuschusses nicht vorsehe, sondern nur die Kürzung oder das Aussetzen. Angesichts der Überschrift zu Art. 24 („Kürzung, Aussetzung und Streichung der Beteiligung“) müsse man jedoch diesen Widerspruch zwischen Wortlaut und Überschrift einer Norm dadurch auflösen, dass alle Worte einen Sinn ergäben. Diese Auslegungsregel und der Umstand, dass mit Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 355/77 eine weitere Vorschrift existiere, welche die völlige Einstellung einer Beteiligung vorsehe, führten das Gericht erster Instanz zu dem Schluss, dass Art. 24 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 dahingehend ausgelegt werden müsste, dass er der Kommission im Falle von Unregelmäßigkeiten erlaube, einen EAGFL-Zuschuss gänzlich zu streichen.658
656
EuG, Rs. T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, S. II-3139, Rn. 76. 657
Dagegen hat der Gerichtshof in seinem Rechtsmittelurteil entschieden, dass Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 355/77 im vorliegenden Fall keine geeignete Rechtsgrundlage für die Streichung des Zuschusses darstelle, da er zum Zeitpunkt der Streichungsentscheidung durch die Kommission nicht mehr in Kraft gewesen sei, EuGH, Rs. C-500/99 P, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2002, S. I-867, Rn. 82 f. 658
EuG, Rs. T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, S. II-3139, Rn. 92; dieser Punkt ist vom Gerichtshof ausdrücklich bestätigt worden: EuGH, Rs. C-500/99 P, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2002, S. I-867, Rn. 88.
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Dass die Kommission den konkreten Zuschuss gänzlich gestrichen habe, sei auch verhältnismäßig. Hierbei stützt sich das Gericht erster Instanz auf die ständige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass „ein Verstoß gegen die Verpflichtungen, deren Einhaltung für das ordnungsgemäße Funktionieren eines Gemeinschaftssystems von grundlegender Bedeutung ist, mit dem Verlust eines durch die Gemeinschaftsregelung verliehenen Anspruchs, etwa eines Beihilfeanspruchs, geahndet werden“ könne.659 In der Einreichung einer mit dem Original des Kaufvertrags nicht übereinstimmenden Kopie sei eine schwerwiegende Verletzung wesentlicher Pflichten zu sehen. Aus generalpräventiven Gründen sei die vollständige Streichung des Zuschusses angezeigt gewesen, da andere Maßnahmen – insbesondere die bloße Kürzung des Zuschusses um den tatsächlich nicht zuschussfähigen Anteil – Anreize zum Betrug darstellen könnten.660 Schließlich stelle die von der Klägerin behauptete Möglichkeit, dass neben der „gemeinschaftsrechtlichen Sanktion“ innerstaatliche verwaltungsrechtliche Geldbußen für das gleiche Verhalten verhängt werden könnten, noch keine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dar, da diese Kumulierung gemeinschaftsrechtlicher und innerstaatlicher Sanktionen dann vor den nationalen Gerichten geltend gemacht werden könnte.661 Damit sieht das Gericht erster Instanz in der Streichung eines EAGFLZuschusses durch die Kommission eine Sanktion.662 Diese Sanktion wird nach dem Verständnis des Gerichts als Reaktion auf schwerwiegende Unregelmäßigkeiten verhängt, welche in der schwerwiegenden Verletzung wesentlicher Pflichten des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers zu finden sind. Die Ausführungen bezüglich der Verhältnismäßig659
EuGH, Rs. C-104/94, Cereol Italia, Slg. 1995, S. I-2983, Rn. 24; vgl. insbesondere Rs. 122/78, Buitoni, Slg. 1979, S. 677, Rn. 19/20; Rs. 21/85, Maas, Slg. 1986, S. 3537, Rn. 15; bestätigt auch in der Rechtsmittelentscheidung: Rs. C-500/99 P, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2002, S. I-867, Rn. 100 ff. 660
Dieses Argument hat der Gerichtshof in seiner Rechtsmittelentscheidung übernommen: EuGH, Rs. C-500/99 P, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2002, S. I-867, Rn. 89, 101. 661
EuG, Rs. T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, S. II-3139, Rn. 108. Zu diesem Verständnis des ne bis in idem-Grundsatzes als Aspekt der Verhältnismäßigkeit siehe bereits EuGH, Rs. 14/68, Walt Wilhelm, Slg. 1969, S. 1, Rn. 11; Bitter, in: Bodnar u.a., Emerging Constitutional Law, S. 15 (23). 662
Der Gerichtshof hat sich in seiner Rechtsmittelentscheidung zu der Frage, ob und inwieweit die Streichung eines Zuschusses eine Sanktion darstellt, nicht geäußert.
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4. Kapitel
keit der vollständigen Streichung des gemeinschaftlichen Zuschusses sind weiter von besonderem Interesse, da hier der Aspekt der Abschreckung der sanktionierenden Maßnahme stark gemacht wird. Indem das Gericht argumentiert, dass die bloße Kürzung des Zuschusses um den Anteil, bei dem die Voraussetzungen für die Zuschussgewährung nicht erfüllt sind, letztlich einen Anreiz zu weiteren Unregelmäßigkeiten (das Gericht spricht deutlich von Betrug) setzen würde, erkennt es an, dass der Sanktion ein abschreckender, nämlich spezial- wie generalpräventiver Aspekt innewohnt und – das ist für die Frage der Verhältnismäßigkeit von Bedeutung – dies auch zulässigerweise tut. Damit führt die Sanktion nach diesem Verständnis ein Rechtmäßigkeitselement in sich, nämlich das ihrer Verhältnismäßigkeit. Eine rechtmäßige Sanktion ist demnach eine für den Betreffenden nachteilige Reaktion auf eine Unregelmäßigkeit oder sonstige Pflichtverletzung, die zur Verfolgung eines legitimen Zwecks verhältnismäßig sein muss. Legitimer Zweck in dieser Hinsicht ist das ordnungsgemäße Funktionieren eines Gemeinschaftssystems, insbesondere wenn es die finanziellen Interessen der Gemeinschaft betrifft. Im vorliegend besprochenen Fall lag eine schwerwiegende Unregelmäßigkeit vor, da eine wesentliche Pflicht schwerwiegend verletzt worden war. Es ist dabei fraglich, ob damit Voraussetzungen für die Verhängung einer Sanktion im Allgemeinen formuliert sind, oder ob das nicht vielmehr Kriterien sind, die bei der Frage der Verhältnismäßigkeit der konkret zu verhängenden Sanktion in Betracht zu ziehen sind. Das Gericht scheint sich dem letztgenannten Verständnis anzuschließen, da diese Erwägungen alle bei der Frage der Verhältnismäßigkeit angeführt werden. Damit ist Sanktion dem Gericht erster Instanz zufolge eine nachteilige Reaktion auf eine Unregelmäßigkeit, die sich aus der Verletzung bestimmter Verpflichtungen ergibt. Die nachteilige Reaktion findet sich mit der Streichung des Zuschusses in dem finanziellen Nachteil, den der Wirtschaftsteilnehmer zu gewärtigen hat. Diese Sanktion muss dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechend der Schwere des Verstoßes sowie der Relevanz der verletzten Vorschrift angemessen sein und einen hinreichend abschreckenden Effekt haben.
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b) Die Kürzung und Aussetzung von Zuschüssen für die Verbesserung der Strukturen in der Fischerei (i) Die Rechtssache Industrias Pesqueras Campos Diese Ausführungen beziehen sich darüber hinaus nicht lediglich auf die Streichung eines Zuschusses. Ebenso werden die Kürzung und die Aussetzung eines Zuschusses als Sanktion verstanden, wie ein früheres Urteil des Gerichts in der Rechtssache Industrias Pesqueras Campos bezüglich der Zuschüsse im Fischereisektor zeigt.663 In diesem Fall ging es um einen Gemeinschaftszuschuss im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 über die Verbesserung der Strukturen in der Fischerei.664 Diese Verordnung wurde später durch die Verordnung (EWG) Nr. 2080/93 über die Schaffung eines Finanzinstruments für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) aufgehoben.665 Durch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 vom selben Tage wurde das FIAF durch entsprechende Anpassung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 in den Rahmen der allgemeinen Regeln über die Strukturfonds überführt,666 sodass auf entsprechende Fälle unter dem FIAF dieselben Vorschriften zur Streichung, Kürzung oder Aussetzung eines Zuschusses anwendbar wurden, wie im Fall Conserve Italia und damit der Zuschüsse nach dem EAGFL.667 663
EuG, verb. Rs. T-551/93, T-231/94, T-232/94, T-233/94 und T-234/94, Industrias Pesqueras Campos u.a./Kommission, Slg. 1996, S. II-247, Rn. 163. 664
Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 des Rates vom 18. Dezember 1986 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur, ABl. 1986, L 376, S. 7. 665
Verordnung (EWG) Nr. 2080/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des Finanzinstruments für die Ausrichtung der Fischerei, ABl. 1993, L 193, S. 1; diese Verordnung wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1263/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei, ABl. 1999, L 161, S. 54, aufgehoben, welche wiederum durch die Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds, ABl. 2006, L 223, S. 1, aufgehoben wurde. 666
Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Investitionsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente, ABl. 1993, L 193, S. 5. 667
Wie die Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 über die Strukturfonds (siehe dazu Fn. 651) wurde auch die Verordnung (EWG) Nr. 2080/93 über das FIAF
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Im vorliegenden Fall wurde gemäß Art. 44 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 der ursprünglich von der Kommission bewilligte Gemeinschaftszuschuss für den Bau von Schiffen durch spanische Unternehmen gestrichen, da diese eine höhere als ihnen zustehende Beihilfe beantragt hatten, indem sie durch Kaufbelege höhere zuschussfähige Investitionen belegten, als sie tatsächlich getätigt hatten. Weiterhin hatten die Unternehmen Kontrollen der Kommission verhindert, mit denen diese den Unregelmäßigkeiten nachgehen wollte. Das Gericht stellte klar, dass sowohl die Streichung als auch die Kürzung und die Aussetzung einer Beihilfe nach Art. 44 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 eine Sanktion darstellte.668 Wie im vorgehend geschilderten Fall sah das Gericht in der vollständigen Streichung der Beihilfe eine angemessene, also verhältnismäßige Sanktion als Reaktion auf die festgestellten Unregelmäßigkeiten, weil andere Maßnahmen einer Aufforderung zum Betrug gleichgekommen wären, da „die Bewerber um einen Gemeinschaftszuschuss dann versucht gewesen wären, den in ihrem Antrag auf Gewährung eines Gemeinschaftszuschusses angegebenen Investitionsbetrag künstlich aufzublähen, um einen höheren Gemeinschaftszuschuss zu erhalten, wobei keine andere Sanktion gedroht hätte, als die Verringerung des Zuschusses um einen der Überbewertung des Investitionsvorhabens im Antrag entsprechenden Teil.“669 Jedoch machte das Gericht auch auf den Umstand aufmerksam, dass die Streichung einer Beihilfe dasselbe sei wie die Rücknahme der Entschei-
im Jahre 1999 durch die Verordnung (EG) Nr. 1263/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei, ABl. 1999, L 161, S. 54, aufgehoben. Seitdem stand das FIAF im Rahmen der allgemeinen Regeln über die Strukturfonds nach der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999. Nach deren Aufhebung ist mit der Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds, ABl. 2006, L 223, S. 1, ein Europäischer Fischereifonds (EFF) an die Stelle des FIAF getreten. Ausführlich zur Strukturfondsrevision von 1993: Tausendpfund, Europäische Regionalpolitik im kooperativen Bundesstaat, S. 155 ff.; Schoof, Reform der EU-Strukturfonds von 1999, S. 61 ff. 668
EuG, verb. Rs. T-551/93, T-231/94, T-232/94, T-233/94 und T-234/94, Industrias Pesqueras Campos u.a./Kommission, Slg. 1996, S. II-247, Rn. 159. 669
EuG, verb. Rs. T-551/93, T-231/94, T-232/94, T-233/94 und T-234/94, Industrias Pesqueras Campos u.a./Kommission, Slg. 1996, S. II-247, Rn. 163.
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dung über die Gewährung dieser Beihilfe.670 Dadurch könnte fraglich geworden sein, ob auch die einen Beihilfeantrag ablehnende Entscheidung als Sanktion anzusehen sein könnte. Hier zeigt aber das vorstehende Zitat, dass aus Sicht des Gerichts zu differenzieren ist zwischen einerseits der Abschöpfung eines Betrages, der dem durch Unregelmäßigkeiten erlangten entspricht, bzw. der Nichtgewährung einer Beihilfe in der Höhe, in welcher sie tatsächlich nicht berechtigt ist, da der Empfänger die Fördervoraussetzungen nicht erfüllt, und andererseits der hinzutretenden finanziellen Belastung des Empfängers dadurch, dass ein höherer als der rechtswidrig erlangte oder beantragte Betrag zurückgefordert bzw. nicht gewährt wird. Erst letzteres wird vom Gericht als Sanktion angesehen. Das entspricht auch der Zuordnung nach den Art. 4 und 5 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95. Während der bloße Entzug des rechtswidrig erlangten Vorteils eine verwaltungsrechtliche Maßnahme im Sinne des Art. 4 der Sanktionsverordnung darstellt und damit keine Sanktion ist (vgl. insbesondere Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95), ist der darüber hinaus gehende vollständige oder teilweise Verlust des eigentlich zu gewährenden gemeinschaftsrechtlichen Vorteils in einer Höhe, die über den Betrag hinausgeht, der rechtswidrig erlangt wurde bzw. worden wäre, eine Sanktion im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. b) und c) der Sanktionsverordnung.
(ii) Die Rechtssache Peix Diese Fragen wurden in einem jüngeren Urteil des Gerichts erster Instanz in der Rechtssache Peix wieder relevant.671 Ein spanisches Unternehmen hatte einen Gemeinschaftszuschuss für die Übertragung von drei Schiffen zum Zweck des Fischfangs an eine neu zu gründende gemischte spanisch-angolanische Fischereigesellschaft nach Art. 21a ff. der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86672 beantragt. Die Kommission hat-
670
EuG, verb. Rs. T-551/93, T-231/94, T-232/94, T-233/94 und T-234/94, Industrias Pesqueras Campos u.a./Kommission, Slg. 1996, S. II-247, Rn. 158. 671 672
EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865.
In der Fassung nach Änderung durch die Verordnung (EWG) Nr. 3944/90 des Rates vom 20. Dezember 1990 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur, ABl. 1990, L 380, S. 1.
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te den Zuschuss bewilligt. Jedoch nutzte die gemischte Gesellschaft nicht wie nach der Verordnung und im Bewilligungsbescheid vorgesehen die angolanischen Fischereiressourcen. Insbesondere war eines der Schiffe untergegangen, noch bevor die Kommission den Zuschuss ausgezahlt hatte. Die Gesellschaft hatte diesbezüglich in ihrem Antrag auf Auszahlung der ersten Rate nicht nur verschwiegen, dass das betreffende Schiff bereits untergegangen war. Darüber hinaus gab sie in ihrem Antrag auf Zahlung des Restbetrags des Zuschusses im folgenden Jahr auch einen falschen Zeitpunkt des Untergangs an, so dass die Kommission davon ausgehen musste, dass das Schiff erst nach dem Antrag auf Auszahlung der ersten Rate untergegangen war. Die Kommission kürzte daraufhin den gewährten Zuschusses und forderte dementsprechend einen Teil des Zuschusses zurück. Die Klägerin brachte vor, dass die Verfolgung der Unregelmäßigkeiten nach Art. 3 Abs. 1 der Sanktionsverordnung verjährt sei. Zunächst bekräftigte das Gericht seine eigene, durch den EuGH bestätigte Rechtsprechung aus dem Fall Conserve Italia, dass die einen Zuschuss beantragenden Personen einer Informations- und Loyalitätspflicht unterlägen, der zufolge sie der Kommission zuverlässige Angaben machen müssen, die diese nicht irreführen können. Die Einhaltung dieser Pflicht sei wesentlich für das ordnungsgemäße Funktionieren des gemeinschaftlichen Systems, unter welchem die Gemeinschaftsmittel vergeben werden.673 Damit erfüllten die Handlungen der gemischten Gesellschaft den Tatbestand der Unregelmäßigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95. Die Regeln dieser Verordnung seien somit auf den vorliegenden Fall anwendbar, insbesondere die Vorschrift des Art. 3 Abs. 1 der Sanktionsverordnung, nach welchem die Verfolgung der Unregelmäßigkeiten innerhalb von vier Jahren verjährt. Dabei sei es für die Anwendbarkeit der Verjährungsvorschriften ohne Bedeutung, ob die im konkreten Fall vorgenommene Kürzung des Zuschusses eine Sanktion im Sinne des Art. 5 der Sanktionsverordnung oder eine verwaltungsrechtliche Maßnahme darstelle.674 Letztlich wies das Gericht die Klage der gemischten Gesellschaft ab – insbesondere sei keine Verjährung eingetreten – und bestätigte damit die Kürzungsentscheidung der Kommission. Der EuGH bestätigte die673
EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 52; im Anschluss an Rs. T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, S. II-3139, Rn. 71; sowie EuGH, Rs. C-500/99 P, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2002, S. I-867, Rn. 100. 674
EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 79.
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se Entscheidung in seinem Rechtsmittelurteil im Grundsatz, auch wenn er bezüglich der Frage der Verjährung dem EuG einen Rechtsfehler vorhielt, da die Verjährung anders als vom Gericht angenommen nicht erst mit Entdeckung der Unregelmäßigkeit durch die Kommission begonnen habe, sondern bereits mit der die Unregelmäßigkeit begründenden Handlung durch das Unternehmen. Jedoch sei durch die Ermittlungshandlungen der Kommission die Verjährung unterbrochen worden, so dass im Endeffekt keine Verjährung eingetreten sei.675 Im hier interessierenden Zusammenhang sind die Ausführungen des Gerichts zur Frage der Verhältnismäßigkeit der Kürzung von Interesse. Aus diesen erhellt, dass die Kommission den Gemeinschaftszuschuss in einer dem jeweilig festgestellten Verstoß durch das Unternehmen angemessenen Weise gekürzt hat, indem es eine proratarische Kürzung vorgenommen hat statt einer zusätzlich auch noch abschreckenden Kürzung, die über diesen Betrag hinausginge.676 Damit wird gerade angesichts der offen gelassenen Frage, ob es sich dabei um eine Sanktion oder eine verwaltungsrechtliche Maßnahme handele, deutlich, dass das Gericht wohl der Ansicht ist, die Kommission habe lediglich eine verwaltungsrechtliche Maßnahme erlassen. Dem entspricht auch das diesbezügliche Vorbringen der Kommission, die entgegen dem klägerischen Vorbringen angeführt hatte, dass es sich um eine reine verwaltungsrechtliche Maßnahme gehandelt habe. Damit schien die Kommission die Frage der Verjährung umgehen zu wollen – mit der These, dass diese nur für Sanktionen, nicht jedoch für verwaltungsrechtliche Maßnahmen gelte; eine These, die sich jedoch mit den Ausführungen des Gerichts zu Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zu Recht erledigt hatte.
c) Sanktion oder verwaltungsrechtliche Maßnahme: Die unterschiedliche Vorgehensweise der Kommission in den Fällen Conserve Italia und Industrias Pesqueras Campos auf der einen, sowie Peix auf der anderen Seite Es bleibt überraschend, dass die Kommission im Fall Peix lediglich eine proratarische Kürzung des Zuschusses vorgenommen hatte und nicht – wie in den Fällen Conserve Italia oder Industrias Pesqueras Campos – eine vollständige Streichung. Gerade angesichts des dort tragenden Ar675 676
EuGH, Rs. C-226/03 P, Peix/Kommission, Slg. 2004, S. I-11421, Rn. 25 ff. EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 126.
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guments, dass etwas anderes als die vollständige Streichung einem Anreiz zum Betrug gleichkäme, verwundert die Entscheidung der Kommission. Anscheinend war auch das Gericht erster Instanz nicht gänzlich überzeugt, worauf seine Erwägungen im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Kürzung schließen lassen. Das Gericht weist dort darauf hin, dass „nur durch die Befugnis, eine Unregelmäßigkeit nicht nur mit der Kürzung des Zuschusses in Höhe des dieser Unregelmäßigkeit entsprechenden Betrages, sondern mit der vollständigen Streichung des Zuschusses zu ahnden, die für die ordnungsgemäße Verwaltung der Mittel des betroffenen Strukturfonds erforderliche abschreckende Wirkung erzielt werden“ könne.677 Hieraus folgt für das Gericht im Sinne eines Erst-Recht-Schlusses, dass die proratarische Kürzung verhältnismäßig war. Diese Erwägungen sind für sich genommen auch überzeugend, erklären die zurückhaltende Entscheidung der Kommission jedoch nicht. Eine solche Erklärung lässt sich womöglich in den zeitlichen Abständen finden, die zwischen Antragstellung, Beihilfegewährung und Rückforderung liegen. Unter Umständen fühlte sich die Kommission in ihrem Auswahlermessen bezüglich der Frage, ob sie den gewährten Zuschuss streichen oder nur kürzen wollte, im Fall Peix dadurch beschränkt, dass hier zwischen der Gewährungs- und der Rückforderungsentscheidung ein zu großer zeitlicher Abstand lag, der einen gewissen Vertrauensschutz beim Empfänger begründete. Aus diesem berechtigten Vertrauen könnte eine Pflicht der Kommission folgen, von der vollständigen Streichung trotz der Unregelmäßigkeiten Abstand zu nehmen zugunsten einer bloßen Kürzung. Die Klägerin im Fall Peix hatte den Gemeinschaftszuschuss durch Vermittlung Spaniens im Oktober 1991 beantragt, den die Kommission im Dezember 1991 bewilligte. Im Mai 1993 stellte die Klägerin den Antrag auf Auszahlung der ersten Rate, dem die Kommission einen Monat später folgte. Im Mai 1994 beantragte die Klägerin die Zahlung des Restbetrages bei den spanischen Behörden. Dieser Antrag ging bei der Kommission im September 1994 ein, die den Restbetrag noch im selben Monat auszahlte. Nach Schwierigkeiten mit der Erstellung der erforderlichen Tätigkeitsberichte durch die Klägerin, erging die fragliche Kürzungsentscheidung im Juli 1999, also etwas mehr als sechs Jahre nach Auszahlung der ersten Rate oder fast acht Jahre nach Antragstellung.
677
EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 132.
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Im Fall Conserve Italia, wo die Unregelmäßigkeiten aus generalpräventiven Gründen zu einer vollständigen Streichung des Zuschusses geführt hatten, hatte die Klägerin den Zuschuss bei der Kommission – vermittelt durch die italienische Regierung – im Oktober 1988 beantragt. Diesem Antrag wurde für das Haushaltsjahr 1989 stattgegeben, wobei seine Prüfung für eine Berücksichtigung in diesem Folgejahr verschoben wurde. Ende Juni 1990 wurde dann der Zuschuss gewährt. Im März 1993 und September 1994 fanden die Kontrollen statt, durch welche die Unregelmäßigkeiten aufgedeckt wurden, die dann im Mai 1995 zu der Aufforderung der Kommission an die Klägerin führte, zu der beabsichtigten Streichung des Zuschusses Stellung zu nehmen. Im Oktober 1996 schließlich erließ die Kommission diese Streichungsentscheidung und forderte den Zuschuss zurück. Damit fand die Rückforderung acht Jahre nach Antragstellung und mehr als sechs Jahre nach Gewährung des Zuschusses statt.678 Somit lässt sich feststellen, dass die Zeitabstände in diesen beiden Fällen nahezu identisch, im strenger behandelten Fall Conserve Italia sogar etwas größer sind. Dasselbe gilt für die Rechtssache Industrias Pesqueras Campos. Der Gedanke des Vertrauensschutzes als Grund für die unterschiedliche Behandlung der Fälle durch die Kommission scheidet somit aus. Weiterführend könnte ein Vergleich der Beträge sein, die in den jeweiligen Fällen zunächst als Zuschuss gewährt wurden, um danach gekürzt oder gestrichen zu werden. Im Fall Conserve Italia wurde ein einheitlicher Zuschuss für ein einheitliches Vorhaben gewährt, dass sich in unterschiedlichen unternehmerischen Aktionen verwirklichte. Die vollständige Rückforderung dieser Beihilfe war eine Reaktion auf schwerwiegende Unregelmäßigkeiten bei einzelnen dieser unternehmerischen Transaktionen, die sich jedoch auf das ganze Vorhaben auswirkten. Im Fall Peix fällt dagegen auf, dass ein Gesamtzuschuss in Höhe von 1.349.550,00 ECU in Frage stand, der für jedes der drei grundsätzlich förderungsfähigen Schiffe zunächst einzeln getrennt berechnet wurde.679 Hiernach wurden dann die drei Zuschüsse zu einer Gesamtsumme addiert. Nach Feststellung der Unregelmäßigkeiten wurde diese Gesamtsumme um den vollständigen, auf das untergegangene Schiff entfallenden Betrag in Höhe von 525.000,00 ECU gekürzt, da dieses nicht – 678 679
Die gleichen Zeitabstände lagen im Fall Industrias Pesqueras Campos vor.
Zu den folgenden Ausführungen vgl. die betreffenden Randnummern des Urteils, EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 12, 28 ff.
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wie in den Förderbedingungen vorgesehen – die Fischereiressourcen eines Drittlandes über einen Zeitraum von drei Jahren bewirtschaftet hatte, sondern überhaupt nicht tätig geworden war. Somit wurde tatsächlich nicht eine Beihilfe gekürzt, sondern eine von dreien vollständig gestrichen. Übrig blieb danach nur noch die Summe, die sich aus den addierten Zuschüssen für die beiden anderen Schiffe ergab (824.550,00 ECU). Die Rückforderung dieses einen Anteils am Gesamtzuschuss entspricht also im Fall Peix nicht zwingend einer Kürzung, sondern kann auch als eine Streichung einer eigenständigen Beihilfe verstanden werden.680 Damit würde die Entscheidung der Kommission nur oberflächlich als zurückhaltender zu verstehen sein als in der Sache Conserve Italia. Tatsächlich wäre in beiden Fällen mit derselben Strenge vorgegangen worden. Zu dieser Streichung des Zuschusses bezüglich des untergegangenen Schiffs tritt jedoch weiterhin tatsächlich noch eine Kürzung des auf die beiden anderen Schiffe entfallenden Zuschussanteils um 114.520,00 ECU, da auch bei diesen beiden Schiffen Unregelmäßigkeiten festgestellt worden waren. Die Schiffe waren nicht wie gefordert drei Jahre, sondern nur insgesamt 21 Monate tätig gewesen. Von den ursprünglich bewilligten 1.349.550,00 ECU blieb nach dieser Rückforderung in Höhe von insgesamt 639.520,00 ECU ein Gesamtzuschuss in Höhe von 710.030,00 ECU übrig.681 Dies führt letztlich dazu, dass eine Gesamtbetrachtung des Zuschusses im Fall Peix im Endeffekt doch ergibt, dass es sich lediglich um eine anteilige Kürzung eines Zuschusses um den nicht gerechtfertigten Betrag handelt. Eine darüber hinaus gehende, die Unregelmäßigkeiten gleichsam strafende Kürzung oder gar vollständige Streichung des Zuschusses hat die Kommission in diesem Fall nicht vorgenommen. Darauf deutet auch die Behandlung der Rückforderungsentscheidung durch das Gericht hin, welches selbst davon ausgeht, dass es sich dabei um eine proratarische Kürzung des Zuschusses handele.682 Zudem kann die Streichung des auf das untergegangene Schiff entfallenden Betrags nicht als punitive Maßnahme verstanden werden, da die Klägerin in dem Fall die 680
Auch das EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 121, unterscheidet zwischen der Streichung des Zuschusses bezüglich des untergegangenen Schiffs und der Kürzung des Zuschusses hinsichtlich der beiden anderen Schiffe. 681
Die angefochtene Rückforderungsentscheidung des Kommission erging am 8. Juni 2001, also nach Einführung des Euro. 682
EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 126.
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Förderbedingungen offensichtlich nicht einmal teilweise erfüllt hatte. Mit der Streichung der 525.000,00 ECU ist also nur der ungerechtfertigt erhaltene Betrag berücksichtigt worden, nicht eine darüber hinaus gehende Summe, mit welcher auf das Verhalten der Klägerin reagiert worden wäre, die die Auszahlung der Beihilfe beantragt hatte, obwohl ihr der Untergang des Schiffes bekannt war. Eine vollständige Streichung des gesamten auf alle drei Schiffe entfallenden Zuschusses wäre angesichts dieser Unregelmäßigkeit und der grundlegenden Bedeutung der Loyalitätspflichten in gemeinschaftlichen Förderverhältnissen für die rechtmäßige Mittelverwendung unter den europäischen Fonds zumindest denkbar und nach der hier vertretenen Ansicht den Verstößen auch angemessen und demnach verhältnismäßig gewesen. So tritt – wie bereits geschildert – auch im Urteil des Gerichts ein gewisses Unbehagen zutage, als es die Verhältnismäßigkeit der bloßen Kürzung des Zuschusses klar bejaht unter Verweis darauf, dass „nur durch die Befugnis, eine Unregelmäßigkeit nicht nur mit der Kürzung des Zuschusses in Höhe des dieser Unregelmäßigkeit entsprechenden Betrages, sondern mit der vollständigen Streichung des Zuschusses zu ahnden, die […] erforderliche abschreckende Wirkung erzielt werden“ könne.683 Damit ist der Schluss zulässig, dass die Kommission in den vorgestellten Fällen mit unterschiedlichen Maßstäben vorgegangen ist. Andere als die diskutierten Gründe des Vertrauensschutzes und der getrennten Betrachtung der einzelnen Teilzuschüsse sind für die Rechtfertigung dieser unterschiedlichen Behandlung nicht ersichtlich. Angesichts der Vorgehensweise der Kommission in den Rechtssachen Conserve Italia und Industrias Pesqueras Campos wäre eine vollständige Streichung auch im Fall Peix angezeigt gewesen. Aus den vorstehenden Ausführungen lässt sich zusammenfassend schließen, dass die Streichung eines Gemeinschaftszuschusses als Reaktion auf eine Unregelmäßigkeit bei der Beantragung oder Verwendung der Gemeinschaftsmittel im Verständnis des Gerichts erster Instanz eine Sanktion darstellt. Dasselbe gilt auch für die Kürzung eines solchen Zuschusses, soweit sie nicht nur den Betrag betrifft, der durch die Unregelmäßigkeit erlangt wurde, sondern darüber hinaus einen Betrag umfasst, der zur abschreckenden Wirkung über dem reinen Restitutionsbetrag liegt. Der Sanktion kommt nach diesem Verständnis, welches sich aus der Rechtsprechung des Gerichts erster Instanz ableiten lässt, eine abschreckende Wirkung zu, wodurch sie sich von einer reinen verwaltungsrechtlichen Maßnahme unterscheidet. 683
EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865, Rn. 132.
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2. InVeKoS und die Kürzung oder Streichung einer Beihilfe als Sanktion Der vollständige oder teilweise Verlust einer Beihilfe kann nach dem zu den Gemeinschaftszuschüssen Festgestellten als Sanktion angesehen werden. Im Folgenden soll das weiter untersucht werden anhand der Beihilfen, für die das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen gilt.
a) Der normative Rahmen des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems Wie bereits früher ausführlich dargestellt,684 wurde mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92685 ein integriertes Verwaltungs- und Kontrollsystem für gemeinschaftliche Beihilferegelungen im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik eingeführt. Auf der Grundlage dieser Verordnung ist die Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten System ergangen.686 Die Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 3887/92 wurde – gestützt auf die Grundverordnung (EWG) Nr. 3508/92 – durch die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 aufgehoben und ersetzt.687 Zwar wurde auch die Grundverordnung (EWG) Nr. 3508/92 durch die neue Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 über gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik aufgehoben.688 Zunächst blieb jedoch auch die 684
Oben, unter 4. Kapitel B.II.2.b).
685
Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992, L 355, S. 1. 686
Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992, L 391, S. 36. 687
Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 2001, L 327, S. 11. 688 Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2003, L 270, S. 1. Dazu näher oben, unter 4. Kapitel B.II.2.c).
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noch auf der Grundlage der alten Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 erlassene neuere Durchführungsverordnung (EG) Nr. 2419/2001 weiterhin gültig. Mittlerweile wurde die Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 allerdings gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 durch die Verordnung (EG) Nr. 796/2004 aufgehoben und ersetzt.689 Das ist der normative Rahmen, innerhalb dessen sich die Rechtsprechung der europäischen Gerichte zu den Sanktionen im integrierten Verwaltungsund Kontrollsystem für die Beihilferegelungen im gemeinschaftlichen Agrarrecht bewegt.
b) Die Rechtssache National Farmers’ Union: Sanktion als „Strafe“ Der Leitfall für diese Thematik ist die Entscheidung in der Rechtssache National Farmers’ Union aus dem Jahre 1997.690 Einige Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in England hatten in ihrem Beihilfeantrag gutgläubig die Größe der beihilfefähigen Stillegungsflächen um mehr als 20 % höher angegeben als der Wahrheit entsprechend. Demselben Fehler unterlagen auch andere Inhaber bezüglich der Größe ihrer beihilfefähigen Futterflächen. Gemäß Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 (entsprach nach Änderung Art. 32 Abs. 1 UAbs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001, nun Art. 51 Abs. 1 UAbs. 2 Verordnung (EG) Nr. 796/2004) hatte der zuständige Minister die Zahlung der beantragten Flächenbeihilfen in allen Fällen vollständig versagt, da bei einer solchen Überschreitung laut dieser Vorschrift „keinerlei Beihilfe für Flächen“ gewährt werde. Es würde also nicht der Beihilfeanspruch
689
Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2004, L 141, S. 18; diverse Änderungen, die jüngste durch Verordnung (EG) Nr. 145/2008 der Kommission vom 19. Februar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2008, L 44, S. 9. 690
EuGH, Rs. C-354/95, National Farmers’ Union, Slg. 1997, S. I-4559.
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4. Kapitel
für die überschätzte Fläche entfallen, sondern der gesamte Flächenbeihilfeanspruch. Durch die Verordnung (EG) Nr. 1648/95691 war Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 allerdings dahingehend geändert worden, dass die Berechnung der Höchstfläche, die für Ausgleichszahlungen für Stillegungsflächen in Betracht kam, auf der Grundlage der tatsächlich ermittelten beihilfefähigen Fläche erfolgen konnte, wenn dem Betriebsinhaber bei seinem Antrag gutgläubig ein Fehler unterlaufen war. Diese Änderung galt nicht für Futterflächen. Es bestand also nach Art. 9 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 im Falle eines gutgläubigen Betriebsinhabers die Möglichkeit, eine mildere Reaktion auf die falschen Angaben vorzusehen, da ja vor Erlass der Verordnung (EG) Nr. 1648/95 diese Möglichkeit nicht bestand, sondern in jedem Fall „keinerlei Beihilfe für Flächen“ gewährt wurde, also auch für solche nicht, die eigentlich beihilfefähig gewesen wären. Diese Änderung war jedoch erst nach dem Zeitpunkt erlassen worden, in welchem der relevante Sachverhalt des Falls abgeschlossen war. Dem EuGH stellten sich vor allem zwei Fragen: Zum einen war fraglich, ob die in Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 vorgesehene rückwirkende Anwendung weniger strenger Sanktionsvorschriften für Flächenstillegungsbeihilfen im vorliegenden Fall Anwendung finden würde, da zudem auch die Sanktionsverordnung selbst erst nach Abschluss des Sachverhalts erlassen worden war. Weiterhin war es problematisch, ob die vollständige Streichung der Futterflächenbeihilfe verhältnismäßig war, insbesondere angesichts des Umstands, dass die Betriebsinhaber gutgläubig waren. Zur Frage der rückwirkenden Anwendung der milderen Sanktionsvorschrift stellte der Gerichtshof fest, dass die Sanktionsverordnung ausweislich ihrer 10. Begründungserwägung auch auf Vorschriften anwendbar sei, die vor ihrem Inkrafttreten galten, und somit selbst rückwirkend anwendbar sei. Die Versagung einer Beihilfe nach Art. 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 stelle eine verwaltungsrechtliche Sanktion im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EG, Euratom)
691
Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1995, L 156, S. 27.
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Nr. 2988/95 dar.692 Die vor dessen Inkrafttreten erlassene Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 durch die Verordnung (EG) Nr. 1648/95 könne demnach auch selbst rückwirkend gelten. Die mildere Sanktionsregelung der letztgenannten Verordnung sei also auch im vorliegenden Fall anwendbar, sodass die Berechnung der beihilfefähigen Höchstfläche auf der Grundlage der tatsächlich ermittelten Fläche erfolgen müsse.693 Mit diesen Erwägungen hat der EuGH für die hier interessierende Frage lediglich die Sanktionsqualität der Versagung einer Beihilfe anerkannt, wie sie bereits in Art. 11 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 (bzw. später noch deutlicher in Art. 11a der Verordnung in der Fassung der späteren Verordnung (EG) Nr. 1678/98, siehe oben) zum Ausdruck kommt.694 Darüber hinaus gehend ist die begriffliche Zuordnung dieser Maßnahme zu den „verwaltungsrechtlichen Sanktionen“ der Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 jedoch bedeutsam, da sie die Bereitschaft des Gerichtshofs zeigt, die letztgenannte Verordnung als maßstabsbildend für die Sanktionierung gemeinschaftsrechtswidrigen Verhaltens beim Schutz der finanziellen Interessen der Union zu verwenden. Damit ist implizit anerkannt, dass die Sanktionsverordnung nicht nur den rechtlichen Rahmen für eine solche sanktionierende Tätigkeit hergibt, sondern auch darüber hinaus begriffsprägend ist. Um als Sanktion angesehen zu werden, muss sich eine Maßnahme von den bloßen „verwaltungsrechtlichen Maßnahmen“ unterscheiden und die zusätzlichen Qualitäten der verwaltungsrechtlichen Sanktion im Sinne der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 erfüllen. Wenn das der Fall ist, liegt eine Sanktion vor. Dies führt dann zu der Anwendbarkeit der rechtlichen Garantien, welche bei der Verhängung von Sanktionen gelten,695 wie im vorliegenden Fall die rückwirkende Anwendbarkeit der milderen Sanktionsvorschrift.696 Auch die Ausführungen des Gerichtshofes zur Verhältnismäßigkeit des pauschalen Verlusts des Beihilfeanspruchs für Futterflächen trotz Gut692
EuGH, Rs. C-354/95, National Farmers’ Union, Slg. 1997, S. I-4559, Rn. 40. 693
EuGH, Rs. C-354/95, National Farmers’ Union, Slg. 1997, S. I-4559, Rn. 39 ff. 694
Hierzu ausführlich oben, unter 4. Kapitel B.II.2.b).
695
Zu dieser Konstruktion der rechtsschutzeröffnenden Funktion der Qualifikation einer Maßnahme als Sanktion, oben ausführlich, unter 2. Kapitel A. 696
Zu diesem Grundsatz ausführlich EuGH, verb. Rs. C-387/02, C-391/02 und C-403/02, Berlusconi u.a., Slg. 2005, S. I-3565, Rn. 66 ff.
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4. Kapitel
gläubigkeit sind für den vorliegenden Zusammenhang mit der Frage, welches Verständnis der Gerichtshof von der Sanktion hat, von besonderem Interesse. Unter Verweis auf die später auch in den Urteilen des Gerichts erster Instanz in den Rechtssachen Conserve Italia, Industrias Pesqueras Campos und Peix vorgebrachte Bestimmung der Verhältnismäßigkeit über die besondere Notwendigkeit effektiver Betrugsbekämpfung im Agrarsektor,697 prüfte der Gerichtshof, ob das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem mit dieser Bedeutung der wirksamen Durchführung in Einklang steht. Der Verlust des Beihilfeanspruchs nach Art. 9 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 sei nicht pauschaler Natur, sondern hänge vielmehr von der Schwere des Fehlers ab. Eine eventuelle Gutgläubigkeit würde sich zwar nicht auf die Höhe der Sanktion auswirken. Mit der abgestuften Sanktionierung würde Art. 9 Abs. 2 der Verordnung jedoch eine der Schwere des Verstoßes angemessene Reaktion ermöglichen. Für den vollständigen Verlust wäre somit zwar keine Betrugsabsicht erforderlich, die Bedeutung der wirksamen Bekämpfung von Unregelmäßigkeiten im Agrarsektor würde jedoch dazu führen, dass den Gemeinschaftsorganen ein größeres Ermessen bei der Beurteilung eingeräumt sei, welche Maßnahmen effektiv und verhältnismäßig seien.698 Die Abstufung in der Sanktionierung ermögliche dabei eine angemessene Reaktion auf einen Verstoß gegen die Beihilfevorschriften. Zwar sei die im vorliegenden Fall vorgesehene Sanktion des Verlusts des Prämienanspruchs „eine der schärfsten in [der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92] vorgeschriebenen Strafen [Hervorhebung hinzugefügt]“. Jedoch seien in Art. 9 Abs. 2 UAbs. 3 der Verordnung „noch schärfere Sanktionen vorgesehen“, nämlich der Ausschluss von Betriebsinhabern von der Gewährung der Beihilfe für das betreffende Kalenderjahr, wenn sie grob fahrlässig falsche Angaben gemacht hätten, und für zwei Jahre, wenn sie diese Angaben absichtlich falsch gemacht hätten.699 Mit diesen Betrachtungen zur Verhältnismäßigkeit des Verlusts des Beihilfeanspruchs zeigt der Gerichtshof nicht nur, dass die Möglichkeit einer abgestuften Reaktion auf eine Unregelmäßigkeit erforderlich ist, damit eine Sanktionierung als verhältnismäßig zu bezeichnen ist, sondern darüber hinaus, dass er die Sanktionen der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 als „Strafen“ ansieht. Im Englischen, 697
Dazu oben, unter 4. Kapitel C.I.1.
698
EuGH, Rs. C-354/95, National Farmers’ Union, Slg. 1997, S. I-4559, Rn. 50 ff. 699
EuGH, Rs. C-354/95, National Farmers’ Union, Slg. 1997, S. I-4559, Rn. 54.
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welches die Verfahrenssprache war, spricht der Gerichtshof von der „sanction“ und der „penalty“, im Französischen von der „sanction“ und „l’une des pénalités“. Damit wird deutlich, dass der EuGH den Sanktionen nach der Verordnung einen strafenden Charakter beimisst. Diese punitive Wirkung liegt in dem Verlust eines eigentlich bestehenden Anspruchs oder dem vorübergehenden Entzug der Möglichkeit, einen solchen Anspruch geltend zu machen. Das tragende Argument zur Verhältnismäßigkeit der Sanktion ist neben dem weiten Ermessen der Kommission bei der Festlegung von Maßnahmen zur effektiven Durchsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik die Abstufung der Sanktion je nach Schwere des Gemeinschaftsrechtsverstoßes. Individuelle Schuld in Form von grober Fahrlässigkeit oder gar Absicht ist nicht erforderlich. Das ist in der späteren Rechtsprechung aufrechterhalten worden und kann somit als ständige Rechtsprechung angesehen werden.700 Wenn ein Betriebsinhaber jedoch falsche Angaben gemacht hat, weil er sie auf unzutreffende Informationen der zuständigen nationalen Behörde gestützt hat, durfte nach Art. 9 Abs. 2 UAbs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 keine Sanktion gegen ihn verhängt werden. Nach einem Urteil des Gerichtshofs gilt das ebenso für den Fall, dass die Angaben infolge fehlender Information durch die zuständige nationale Behörde falsch sind. Wenn sich die Behörde also weigert (im entschiedenen Fall aus Datenschutzgründen), relevante Informationen zur Berechnung der beihilfefähigen Fläche an den Antragsteller weiter zu geben, kann sie ihm nicht im Wege der Sanktion entgegen halten, dass er bei seinem Antrag die Fläche überschätzt habe, wenn dieser Fehler auf die fehlende Information zurück zu führen ist.701 Daraus kann auch geschlossen werden, dass dies nur dann gelten kann, wenn der Antragsteller diese falschen Angaben gutgläubig gemacht hat. Hierfür findet sich auch ein Anhaltspunkt in Art. 9 Abs. 2 UAbs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92, nach welchem der Betriebsinhaber nur dann keine Sanktion zu fürchten hat, wenn „er sich bei der Flächenbestimmung korrekt auf von der zuständigen Behörde anerkannte Angaben gestützt hat“ [Hervorhebung hinzugefügt]. Der EuGH scheint dieser Auslegung auch zuzuneigen, hat sich aber noch
700 EuGH, Rs. C-63/00, Schilling und Nehring, Slg. 2002, S. I-4483, Rn. 38 ff., in Bezug auf Sanktionen bei Tierbeihilfen nach Art. 10 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92. Siehe dazu auch das Folgeurteil des BVerwG, Urt. vom 24.2.2005, 3 C 26.04, RdL 2005, S. 188. 701
EuGH, Rs. C-369/98, Fisher and Fisher, Slg. 2000, S. I-6751, Rn. 43 ff.
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nicht ausdrücklich dahingehend geäußert.702 Anders die Kommission, welche im selben Fall explizit argumentierte, dass diese Ausnahmevorschrift nur dann nicht anzuwenden sei, wenn der Fehler in den Angaben der Behörde „so offensichtlich sei, dass der Antragsteller vernünftigerweise nicht auf diese vertrauen könne, und wenn die zuständige Behörde nachweisen könne, dass der Antragsteller über andere Angaben verfügt habe, die klar zeigten, dass die von ihm verwendeten Angaben falsch seien.“703 Damit stellt die Kommission auf eine Verschiebung der Beweislast ab, sofern erwiesen ist, dass der Fehler im Antrag eines Betriebsinhabers auf fehlerhafte behördliche Informationen zurück zu führen ist. In einem solchen Fall muss der Kommission zufolge die Behörde nachweisen, dass der Antragsteller nicht auf die fehlerhafte Information hatte vertrauen dürfen. Der Gedanke des Art. 9 Abs. 2 UAbs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 und seiner erweiternden Auslegung durch den EuGH ist auch in Art. 44 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 und nun in Art. 68 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 wieder zu finden, welche Beihilfekürzungen und -streichungen ausschließen, wenn der Betriebsinhaber sachlich richtige Angaben vorgelegt hat oder auf andere Weise nachweisen kann, dass ihn keine Schuld trifft. Damit ist festzuhalten, dass der Gerichtshof im Rahmen des InVeKoS unter einer Sanktion eine Maßnahme versteht, die über die bloße Abschöpfung eines nicht gerechtfertigten Vorteils hinausgeht und dadurch punitiven Charakter hat. 3. Der Verfall einer Kaution als „verdecktes Strafrecht“?704 Eine immer wiederkehrende Problematik nicht nur, aber vor allem auch im Agrarrecht, ist die Frage, inwieweit der Verfall von Sicherheiten, die ein Marktteilnehmer leisten musste, um einen gemeinschaftsrechtlichen Vorteil zu erhalten, eine Sanktion darstellt, deren Rechtmäßigkeit an entsprechende Voraussetzungen geknüpft ist.705 Nach der Definition des Art. 3 lit. a) der Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 ist eine Sicherheit 702 703 704 705
EuGH, Rs. C-304/00, Strawson and Gagg, Slg. 2002, S. I-10737, Rn. 59 ff. EuGH, Rs. C-304/00, Strawson and Gagg, Slg. 2002, S. I-10737, Rn. 56. Vgl. den Titel des Beitrags von P. Tiedemann, NJW 1983, S. 2727.
Kautionen fanden sich ursprünglich auf dem Gebiet des Stahlmarkts und nunmehr neben dem Agrarrecht auch im Zoll- oder Verkehrsrecht, Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 341.
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„eine Leistung, die Gewähr dafür bietet, daß im Falle der Nichterfüllung einer bestimmten Verpflichtung ein Geldbetrag an eine zuständige Stelle gezahlt oder von dieser einbehalten wird“.706 Dabei ist zwischen zwei Arten von Kautionsregelungen zu unterscheiden: Zum einen gibt es die Restitutionskaution, die (lediglich) einen Erstattungsanspruch der Verwaltung sichert.707 Zum anderen gibt es Sicherheiten, die unabhängig von einem eventuellen Rückgewähranspruch der Verwaltung verfallen, wenn bestimmte Verhaltenspflichten verletzt wurden. Entsprechend kann man zwischen Erstattungs- und Wohlverhaltenssicherheiten unterscheiden.708 Inwieweit der Verfall solcher Kautionen als Sanktion anzusehen ist, ist in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet worden. Vom hier verfolgten Ansatz ausgehend, werden die einschlägigen Urteile des EuGH in den Blick genommen, die sich mit den Sicherheiten beschäftigen. Dabei ging es vor allem um solche, die Ein- und Ausfuhrlizenzen und die damit einhergehenden Ausfuhr- und Lieferpflichten betrafen. Daneben gibt es auch Urteile zu Kautionen, die bestimmte Beihilfeprogramme, beispielsweise Lagerungsbeihilfen, absichern.
a) Der Verfall einer Wohlverhaltenssicherheit als Sanktion Der erste große Fall – eher bekannt wegen seiner Bedeutung für die Frage des Verhältnisses zwischen Gemeinschaftsrecht und nationalem Verfassungsrecht – ist das Urteil in der Rechtssache Internationale Handelgesellschaft aus dem Jahr 1970. Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hatte dem Gerichtshof Fragen nach der Rechtmäßigkeit des in der Verordnung (EWG) Nr. 120/67 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide709 und der Verordnung (EWG) Nr. 473/67 706
Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 1985, L 205, S. 5; zuletzt geändert durch Verordnung (EG) Nr. 1713/2006 der Kommission vom 20. November 2006 zur Aufhebung der Vorfinanzierung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 2006, L 321, S. 11. 707 Jäger, Kautionen im Agrarrecht der EWG, S. 50 ff.; P. Tiedemann, NJW 1983, S. 2727 (2728). 708 709
Böse, Strafen und Sanktionen, S. 307 ff., 310 ff.
Verordnung (EWG) Nr. 120/67 des Rates vom 13. Juni 1967 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide, ABl. 117 vom 19.6.1967, S. 2269; mittlerweile aufgehoben.
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über bestimmte Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen710 vorgesehenen Systems der Ausfuhrlizenzen und der damit verbundenen Kautionsregelungen vorgelegt und Zweifel an der Vereinbarkeit der betreffenden Regelungen mit deutschen Grundrechten geäußert. Nach Art. 12 Abs. 1 UAbs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 120/67 hing die Erteilung einer Einfuhroder Ausfuhrlizenz von der Stellung einer Kaution ab, die ganz oder teilweise verfiel, wenn die Einfuhr bzw. Ausfuhr nicht oder nicht vollständig vorgenommen wurde. Mithin handelte es sich nach der soeben getroffenen Unterscheidung im vorliegenden Fall um eine Wohlverhaltenssicherheit. Die Stellung der Kaution sollte – auch angesichts des 13. Erwägungsgrunds der Verordnung – den zuständigen Behörden eine genaue Kenntnis der beabsichtigten Warengeschäfte ermöglichen, um gegebenenfalls mit dem ihnen zur Verfügung stehenden Interventionsinstrumentarium angemessen reagieren zu können.711 Damit korrespondierend ging die Pflicht der Lizenzinhaber einher, sich entsprechend der Lizenz zu verhalten. Um das zu gewährleisten, sei – so der Gerichtshof – die Stellung einer Kaution das geeignete und angemessene Mittel.712 Das Vorbringen der Klägerin des Ausgangsverfahrens, dass es sich beim Verfall der Kaution infolge der Nichterfüllung einer Einoder Ausfuhrverpflichtung in Wahrheit um eine Geldbuße oder Strafe handle, zu deren Einführung der EWG-Vertrag nicht ermächtige, wies der Gerichtshof deutlich zurück: Es beruhe auf einem „unrichtigen Verständnis“ der Regelung, da die Kaution „nur eine Sicherheit für die Erfüllung einer freiwillig übernommenen Verpflichtung“ darstelle und „daher einer Strafsanktion nicht gleichgestellt werden“ könne.713 Diese Argumentation vermag im Kern nicht zu überzeugen, soweit sie den Schwerpunkt auf die Freiwilligkeit der übernommenen Verpflichtung legt, da die Verletzung einer freiwillig übernommenen Pflicht tatsächlich, aber auch normlogisch strafbar sein kann. Tatsächlich zeigt 710
Verordnung (EWG) Nr. 473/67 der Kommission vom 21. August 1967 über die Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen für Getreide und Getreideverarbeitungserzeugnisse, Reis, Bruchreis und Reisverarbeitungserzeugnisse, ABl. 204 vom 24.8.1967, S. 16; mittlerweile aufgehoben. 711
EuGH, Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, S. 1125, Rn. 6 f. 712 EuGH, Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, S. 1125, Rn. 9 ff. 713
EuGH, Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, S. 1125, Rn. 18; französisch: „sanction pénale“, englisch: „penal sanction“. Ebenso das Urteil vom selben Tage EuGH, Rs. 25/70, Köster, Slg. 1970, S. 1161, Rn. 34.
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sich das am Beispiel des § 266 StGB, wo mit dem Untreuetatbestand eine freiwillig übernommene Verpflichtung strafrechtlich bewehrt wird. Normlogisch folgt aus der Aussage „freiwillig übernommene Verpflichtung“ nicht zwingend, dass ihre Verletzung strafrechtlich nicht von Bedeutung sein kann. Der Gerichtshof hat jedoch trotz Kritik an dieser Argumentation714 an seiner diesbezüglichen Rechtsprechung festgehalten.715 Dass die Argumentation des Gerichtshofs an dieser Stelle nicht überzeugt, kann jedoch nichts an der Bedeutung seiner Ausführungen zur Frage des Begriffs der Sanktion ändern. Die wegen der aufgeworfenen Frage der Kompetenz gebotenen Erwägungen in seinem Urteil sollten aber nicht dahingehend fehlgedeutet werden, dass es sich beim Kautionsverfall in den Augen des EuGH nicht um eine Sanktion handle. In einem späteren Urteil bezeichnete der Gerichtshof den Verfall der Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sichernden Kaution nach Art. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 499/76716 ausdrücklich als Sanktion.717 Da der vollständige Verfall bereits bei Überschreiten einer Frist zur Vorlage bestimmter Nachweise eintreten sollte, erklärte der Gerichtshof die Regelung für unverhältnismäßig und damit ungültig. Ebenso entschied der Gerichtshof hinsichtlich des Verfalls einer Kaution, die eine Lagerungsbeihilfe für Schweinefleisch absichern sollte. Der gemäß Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1889/76718 vorgesehene Verfall sei eine Sanktion, die unverhältnismäßig sei, da er unabhängig vom Ausmaß des Vertragsverstoßes oder seiner Schwere vorgesehen sei.719 In seinem späteren Urteil in der Rechtssache Könecke zum selben Themenkomplex nutzte der EuGH die Gelegenheit, seine Rechtsprechung 714 Kadelbach, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 81 (86), Fn. 45. 715
Beispielsweise in EuGH, Rs. 137/85, Maizena, Slg. 1987, S. 4587, Rn. 10.
716
Verordnung (EWG) Nr. 499/76 der Kommission vom 5. März 1976 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 193/75 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 1976, L 59, S. 18. 717
EuGH, Rs. 122/78, Buitoni, Slg. 1979, S. 677, Rn. 16/18.
718
Verordnung (EWG) Nr. 1889/76 der Kommission vom 29. Juli 1976 über Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung auf dem Sektor Schweinefleisch, ABl. 1976, L 206, S. 82. 719
EuGH, Rs. 240/78, Atalanta Amsterdam, Slg. 1979, S. 2137, Rn. 15.
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4. Kapitel
zur Frage der Qualifikation der Sanktion als strafrechtlich oder nichtstrafrechtlich zu präzisieren. Im Fall ging es um Lagerungsbeihilfen für Rindfleisch. Die zu stellende Kaution verfiel nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 1071/68,720 wenn der Beihilfeempfänger die Pflichten aus dem Lagerungsvertrag nicht einhielt. Wie schon im Fall Internationale Handelsgesellschaft legte das Frankfurter Verwaltungsgericht erneut die Frage vor, ob ein solcher Verfall mangels Ermächtigungsgrundlage in einem Gemeinschaftsrechtsakt nicht vorgesehen werden dürfe, da es sich dabei letztlich um eine Geldstrafe handle. Die Besonderheit im Fall war, dass die Sicherheit von der damals zuständigen Bundesanstalt für landwirtschaftliche Marktordnung (BALM)721 bereits freigegeben worden war, sich aber im nachhinein herausstellte, dass die Voraussetzungen für die Lagerungsbeihilfe nicht vorgelegen hatten. Die BALM hob daraufhin die Beihilfegewährung sowie die Freigabe der Kaution auf. In Höhe des Kautionsbetrags erklärte die BALM gegen eine Forderung der Klägerin die Aufrechnung. Eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für eine solche Aufrechnung sah das Gemeinschaftsrecht nicht vor. Der Gerichtshof entschied, dass aufgrund des Fehlens einer klaren und unzweideutigen Rechtsgrundlage für die Verhängung einer Sanktion weder eine bereits freigegebene Kaution wieder eingezogen noch eine finanzielle Sanktion verhängt werden könne, die der Höhe des Kautionsbetrags entspreche.722 Da die Regelungen im Gemeinschaftsrecht insoweit auch abschließend seien, sei ei720
Verordnung (EWG) Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968 über Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung auf dem Sektor Rindfleisch, ABl. 1968, L 180, S. 19. 721
Die BALM ging zum 1.1.1995 gemeinsam mit dem Bundesamt für Ernährung und Forstwirtschaft (BEF) in der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) auf. Die BALM hatte bis 2005 ihren Sitz in Frankfurt am Main, was die örtliche Zuständigkeit des dortigen Verwaltungsgerichts nach § 52 Nr. 2 Satz 1 VwGO begründete. Nunmehr sitzt die BLE in Bonn. 722
EuGH, Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291, Rn. 16 f.; bestätigt in Rs. C-172/89, Vandermoortele/Kommission, Slg. 1990, S. I-4677, Rn. 9. Insoweit unterscheidet sich der Fall von Rs. 288/85, Plange Kraftfutterwerke, Slg. 1987, S. 611, Rn. 10, wo der Gerichtshof in Hinblick auf eine durch eine Kaution gesicherte Ausfuhrerstattung in Art. 6 Abs. 5 der Verordnung (EWG) Nr. 1957/69 der Kommission vom 30. September 1969 mit zusätzlichen Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen bei den Erzeugnissen, für die ein System gemeinsamer Preise besteht, ABl. 1969, L 150, S. 1, eine Ermächtigungsgrundlage für die Rückzahlung auch bei bereits freigegebener Kaution bejahte.
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ne entsprechende nationale Vorschrift ebenso nicht mit Gemeinschaftsrecht vereinbar. Das schließe allerdings gegebenenfalls eine strafrechtliche Verfolgung der Markteilnehmer nicht aus, wenn sie die Freigabe einer Kaution auf betrügerische Weise erlangt hätten.723 Hinsichtlich des Sanktionsbegriffs geht aus den Ausführungen zur Ermächtigungsgrundlage hervor, dass der Gerichtshof weiter davon ausgeht, dass der Verfall eine Sanktion darstellt, die nicht strafrechtlicher Natur ist.724 Die darauf folgenden Erörterungen betreffen allerdings die Frage, ob die Verpflichtung zur Zahlung eines Betrags in Höhe der Kaution eine Sanktion ist, für die das Gemeinschaftsrecht eine Ermächtigungsgrundlage bietet. Ausgehend vom Zweck der Kautionsregelung auf dem Gebiet der privaten Lagerungshaltung, sicher zu stellen, dass der Markteilnehmer seine Lagerungspflicht auch tatsächlich erfüllt, würde eine solche Verpflichtung „lediglich eine Sanktion für die Nichterfüllung der übernommenen Verpflichtung darstellen“; sie könne „nicht mehr dazu dienen, die tatsächliche Durchführung des Geschäfts zu sichern“.725 Erhellend sind in diesem Zusammenhang die Schlussanträge des Generalanwalts VerLoren van Themaat, denen der Gerichtshof in seinem Urteil im Ergebnis allerdings nicht folgte. Die Kautionsregelung bezwecke die „Schaffung einer Sicherheit für die Durchsetzung einer daneben bestehenden finanziellen Verpflichtung oder ‚Sanktion’ bei Nichterfüllung der Vertragspflichten.“ Diese hinzukommende „Sanktion“, für die Sicherheit geleistet werde, habe nicht den Charakter einer Vertragsstrafe.726 Sie sei auch nicht strafrechtlicher Natur – anders als das Verwaltungsgericht meine und einer der beteiligten Richter zudem noch in einem Zeitschriften-Beitrag vorbringe.727 Letzteres entbehrte nicht einer gewissen Pikanterie und wurde vom Generalanwalt dezent kritisiert. Auch handle es sich nicht um „Verwaltungssanktionen von genau derselben Art wie die Geldbußen“. Vielmehr ergänze der Kautionsverfall als „negativer Anreiz“ den positiven der Beihilfegewährung. 723 724 725
EuGH, Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291, Rn. 23. EuGH, Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291, Rn. 14. EuGH, Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291, Rn. 15.
726
GA VerLoren van Themaat, in: Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291, Rn. 4.1. 727
GA VerLoren van Themaat, in: Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291, Rn. 4.2; kritisch zum für den vorliegenden Abschnitt titelgebenden Aufsatz von P. Tiedemann, NJW 1983, S. 2727.
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4. Kapitel
Dennoch sei die Verfallserklärung einer Kaution eine Sanktion.728 Das geht auch aus weiteren Urteilen des Gerichtshofs mittlerweile eindeutig hervor.729 Im Urteil in der Rechtssache Maizena aus dem Jahr 1987 – erneut auf Vorlage des Frankfurter Verwaltungsgerichts – scheint der Gerichtshof jedoch vom soeben bestimmten Grundsatz abzuweichen, wenn er feststellt, „dass die erneute Stellung einer zuvor freigegebenen Kaution, die eine bestimmte Verpflichtung sichern sollte, ihren Sicherungscharakter verliert und zu einer Sanktion wird, wenn die fragliche Verpflichtung nicht eingehalten worden ist und auch nicht mehr erfüllt werden kann.“730 Diese Abweichung kann auch der einleitend festgestellte Unterschied zwischen Erstattungs- und Wohlverhaltenssicherheiten nicht erklären. In den zitierten Fällen handelte es sich jeweils um „Wohlverhaltenssicherheiten“, die neben die Entziehung oder Nichtgewährung des anvisierten finanziellen Vorteils für den Markteilnehmer traten. Auch im konkreten Fall handelte es sich nicht um eine Erstattungskaution, sondern um ein Mittel, die Einhaltung der mit der Ausfuhrlizenz übernommenen Ausfuhrverpflichtung zu sichern. Die Formulierung des EuGH ist im Zusammenhang mit der zuvor bereits kritisierten Formulierung731 zu sehen, dass der „Kautionsverfall […] einer Strafsanktion nicht gleichgestellt werden kann, weil die Kaution nur die Erfüllung einer freiwillig übernommenen Verpflichtung sichert.“732 Zuvor wurde dargelegt, dass es dabei vor allem um die Abgrenzung von strafrechtlicher Sanktion einerseits und sonstiger – verwaltungsrechtlicher – Sanktion andererseits ging. An dieser Stelle kann aus der Formulierung, dass die Stellung einer Kaution ihren Sicherungscharakter verliere, wenn sie erneut zu stellen sei, da die zu sichernde Verpflichtung nicht eingehalten wurde und auch nicht mehr er728
GA VerLoren van Themaat, in: Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291, Rn. 4.3. 729
EuGH, Rs. 21/85, Maas, Slg. 1986, S. 3537, Rn. 28; Rs. C-155/89, Philipp Brothers, Slg. 1990, S. I-3265, Rn. 40; Rs. C-199/90, Italtrade, Slg. 1991, S. I5545, Rn. 10. 730 EuGH, Rs. 137/85, Maizena, Slg. 1987, S. 4587, Rn. 12 [Hervorhebung hinzugefügt]. 731 732
Text nach Fn. 713.
EuGH, Rs. 137/85, Maizena, Slg. 1987, S. 4587, Rn. 10; nach Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, S. 1125, Rn. 18.
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füllt werden könne, geschlossen werden, dass das Hauptaugenmerk des Gerichtshofs nicht auf der Freiwilligkeit der eingegangenen Verpflichtung, sondern auf dem Sicherungscharakter der Kaution lag. Das ist umstandslos mit der Rechtsprechung vereinbar, dass der Kautionsverfall selbst eine Sanktion darstellt (ob strafrechtlich oder nicht). Die vorhergehende Kautionsstellung ist lediglich das Sicherungsmittel, um zu gewährleisten, dass der Kautionssteller sich gemäß seinen Verpflichtungen verhält. Da die Aufforderung zu einer erneuten Kautionsstellung nur erfolgt, damit diese daraufhin umgehend für verfallen erklärt werden kann, ist sie selbst nur formale Vorstufe für den bereits als Sanktion qualifizierten Kautionsverfall. In diesem Lichte erhellt die Aussage des Gerichtshofs, „dass die erneute Stellung einer zuvor freigegebenen Kaution […] ihren Sicherungscharakter verliert und zu einer Sanktion wird“733: die erste Stellung einer Kaution ist lediglich ein Sicherungsmittel, ihr Verfall ist eine Sanktion.734 Der Verfall kann nach Kautionsstellung oder aber erst nach Kautionsfreigabe eintreten. Im letztgenannten Fall ist notwendige formale Vorstufe die erneute Stellung der Kaution, die damit selbst auch als Sanktion angesehen werden kann, da die Sicherheit nach der erneuten Stellung umgehend verfällt.735 Hierbei „verliert“ die Kautionsstellung ihren „Sicherungscharakter“ und „wird zur Sanktion“.
b) Abgrenzung: Der Verfall einer Erstattungssicherheit Es bleibt die Frage zu erörtern, ob der Verfall einer Erstattungssicherheit ebenso wie derjenige einer Wohlverhaltenssicherheit nach der Rechtsprechung als Sanktion anzusehen ist. So weisen Möller und Böse darauf hin, dass der Gerichtshof in den Rechtssachen Merkur und Corman einen Kautionsverfall als Sanktion bezeichnet habe, wo nur ein unberechtigter Vorteil abgeschöpft worden sei.736 In späteren Urteilen ist der Gerichtshof allerdings davon abgerückt, den Kautionsverfall in 733
EuGH, Rs. 137/85, Maizena, Slg. 1987, S. 4587, Rn. 12.
734
So deutlich Generalanwalt Léger, in: Rs. C-346/96, Prolacto, Slg. 1998, S. I-345, Rn. 48 f. 735
Ähnlich Generalanwalt Léger, in: Rs. C-346/96, Prolacto, Slg. 1998, S. I345, Rn. 51 mit Fn. 23. 736
Möller, Sicherheiten im Recht der EG, S. 175; Böse, Strafen und Sanktionen, S. 314; zu EuGH, Rs. 147/81, Merkur Fleisch-Import, Slg. 1982, S. 1389, Rn. 12 und Ls. 2; Rs. 124/83, Nikolas Corman, Slg. 1985, S. 3777, Rn. 20.
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4. Kapitel
solchen Fällen als Sanktion zu bezeichnen.737 Worin ist dieser Unterschied begründet? Folgt der Gerichtshof einem tiefer liegenden Konzept oder hat er lediglich ungenau gearbeitet? Die Antworten auf diese Fragen sind jedenfalls nicht in den spezifischen Bedingungen zu finden, unter denen eine Kaution im jeweiligen Einzelfall verfällt. So kann für die Qualifikation als Sanktion – anders als Barents meint738 – nicht danach differenziert werden, ob ein objektiver Haftungsmaßstab vorliegt oder ein Verschulden des Marktteilnehmers für den Verfall erforderlich ist. Der als Sanktion bezeichnete Verfall trat zwar in den beiden zitierten Urteilen Merkur und Corman nach den einschlägigen Vorschriften unabhängig davon ein, ob dem Marktteilnehmer ein Verschulden zur Last fiel oder nicht. In den Fällen, wo der Verfall nicht als Sanktion bezeichnet wurde, obwohl das ebenso möglich gewesen wäre, lag ein solcher objektiver Haftungsmaßstab hingegen nicht vor, ein Verschulden war mithin erforderlich.739 Eine objektive Verantwortlichkeit kann jedoch nicht zur Qualifizierung des Verfalls auch einer Erstattungssicherheit als Sanktion führen. Zum einen wäre ein Umkehrschluss dahingehend, dass im Fall eines Verschuldenserfordernisses nicht (mehr) von einer Sanktion gesprochen werden könnte, sinnwidrig und damit unzulässig. Zum anderen zeigt bereits ein Vergleich mit strafrechtlichen Regelungen, die die Verhängung der deutlich als „Sanktionen“ erkennbaren Maßnahmen einer Freiheits- oder Geldstrafe in der Regel gerade von einem Verschuldenserfordernis abhängig machen, dass das Merkmal der objektiven Verantwortlichkeit jedenfalls nicht als für eine Sanktion begriffsbestimmend herangezogen werden kann. Das ist Ausfluss des Schuldgrundsatzes (nulla poena sine culpa), der in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankert ist und in der Bundesrepublik gemäß § 15 StGB so verstanden wird, dass Vorsatz oder Fahrlässigkeit für die Annahme einer Strafbarkeit erforderlich sind.740 Eine strict liability oder responsabilité péna737 738
EuGH, Rs. C-87/92, Hoche, Slg. 1993, S. I-4623, Rn. 23 ff. Barents, Agricultural Law of the EC, S. 289 f.
739
In EuGH, Rs. C-87/92, Hoche, Slg. 1993, S. I-4623, war nach Art. 23 Abs. 2, 2. Spiegelstrich der Verordnung (EWG) Nr. 262/79 der Kommission vom 12. Februar 1979 über den Verkauf von Butter zu herabgesetzten Preisen für die Herstellung von Backwaren, Speiseeis und anderen Lebensmitteln, ABl. 1979, L 41, S. 1, mindestens grobe Fahrlässigkeit für den vollständigen Kautionsverfall erforderlich. 740
Fischer, StGB, vor § 13, Rn. 28 f.; Böse, Strafen und Sanktionen, S. 149.
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le stricte ist allerdings im Gemeinschaftsrecht nicht grundsätzlich ausgeschlossen.741 Zum Fall Merkur ist festzustellen, dass es sich dabei entgegen Möller und Böse im Kern überhaupt nicht um eine Erstattungssicherheit handelte, sondern um eine Wohlverhaltenssicherheit. Der nach Art. 1 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EWG) Nr. 572/78742 eintretende „Verfall“ betraf eine Verarbeitungskaution für Rindfleisch, also eine Sicherheit, die die Klägerin des Ausgangsverfahrens stellen musste, um zu gewährleisten, dass sie Verarbeitungsverpflichtungen erfüllte. Der Vorteil, in dessen Genuss die Klägerin wegen der Verpflichtungsübernahme kam, lag darin, dass die Zollverwaltung bei Eintritt des von der Klägerin importierten Rindfleischs in den Binnenmarkt auf die Abschöpfungszahlung verzichtete.743 Hierin liegt auch der Grund dafür, dass die Verordnung selbst die Nicht-Freigabe der Kaution gar nicht als Verfall bezeichnet, sondern in Art. 1 Abs. 3 UAbs. 3 Satz 2 nur davon spricht, dass der nicht freigegebene Teil der Kaution „als Abschöpfung einbehalten“ wird. Die dann im Urteil als „Verfall“ bezeichnete Nichtfreigabe744 wird nach Art. 1 Abs. 3 UAbs. 3 Satz 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 8 der Verordnung Teil des „zusätzlichen Betrags“, den der Importeur als Abschöpfung zu zahlen hat. Der Betrag entspricht „der höchsten Abschöpfung für eingeführtes Gefrierfleisch derselben Tarifstelle des Gemeinsamen Zolltarifs“. Da die Abschöpfung demnach nicht anhand der Differenz des im Einzelfall tatsächlich gezahlten Einkaufspreises zum Binnenmarktpreis berechnet wurde, sondern ausgehend vom jeweils günstigsten Weltmarktpreis,745 lag eine über die bloße Erstattung des gemeinschaftsrechtswidrig erlangten Vorteils hinausgehende Wirkung vor. Dementsprechend ist davon auszugehen, dass es sich bei der betreffenden Kaution um eine Wohlverhaltenskaution handelte, deren Verfall 741
EuGH, Rs. C-326/88, Hansen, Slg. 1990, S. I-2911, Rn. 16 ff.; Rs. C-7/90, Vandevenne, Slg. 1991, S. I-4371, Rn. 18; Pradel/ Corstens, Droit Pénal Européen, Rn. 419. 742
Verordnung (EWG) Nr. 572/78 der Kommission vom 21. März 1978 mit Durchführungsbestimmungen zur Sonderregelung für die Einfuhr von zur Verarbeitung bestimmtem gefrorenem Rindfleisch sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 597/77, ABl. 1978, L 78, S. 17. 743 Zum bis 1995 bestehenden, seitdem durch im Rahmen des GATT 1994 konsolidierte Zölle ersetzten System der Abschöpfung immer noch konzise und treffend: Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 47/24. 744 745
EuGH, Rs. 147/81, Merkur Fleisch-Import, Slg. 1982, S. 1389, Rn. 3. Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 47/24.
228
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vom Gerichtshof zu Recht bzw. mit seiner hier dargestellten Rechtsprechung konsistent als Sanktion bezeichnet wurde. Anders verhält es sich im Fall Corman. Hier ist der gemäß Art. 18 Abs. 2 UAbs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 232/75 über den Verkauf von Butter zu herabgesetzten Preisen746 eintretende Verfall der vom Marktteilnehmer nach Art. 12 der Verordnung zu stellenden Verarbeitungskaution747 als Erstattungskaution zu qualifizieren. Sie wird in Bezug auf diejenige Menge an Butter freigegeben, die der Sicherungsgeber auch tatsächlich nach den Vorschriften der Verordnung verarbeitet hat. Der restliche Betrag verfällt wegen des Nichteinhaltens der Verkaufsbedingungen. Damit wird allein der zu Unrecht erhaltene Vorteil des Käufers abgeschöpft, der in der indirekten Beihilfe durch den günstigen Butterankauf besteht. Allerdings bestand im konkreten Fall eine Besonderheit: Die von der dänischen Interventionsstelle verklagte Firma Corman war selbst nicht die Verarbeiterin der von ihr gekauften Butter, sondern hatte diese weiter verkauft. Auch diese Käuferin verkaufte die Butter weiter an eine Firma, die sie wiederum an verschiedene Käufer weitergab. Nachdem die von der Firma Corman gestellte Verarbeitungskaution aufgrund einer Bescheinigung der deutschen Zollbehörden freigegeben worden war, ergab sich bei Kontrollen, dass die Butter – anders als die deutsche Zollbescheinigung bestätigte – nicht bestimmungsgemäß verarbeitet worden war. Der Gerichtshof stellte fest, dass der ursprüngliche Käufer auch nach Freigabe seiner Verarbeitungskaution für die ordnungsgemäße Verarbeitung der Butter auch durch seine Käufer verantwortlich bleibt und für deren Verhalten einzustehen hat.748 Und eben diese Verpflichtung sei „mit Sanktionen – unter anderem dem Verfall der Verarbeitungskaution – versehen“.749 Indem der Gerichtshof die vom Erstkäufer gestellte Kaution auch als Sicherungsmittel für das Verhalten der späteren Käufer ansah und damit den Erstkäufer in die Verantwortung für deren Verhalten nahm, schuf er eine Situation, in welcher der Verfall der Kau746
Verordnung (EWG) Nr. 232/75 der Kommission vom 30. Januar 1975 über den Verkauf von Butter zu herabgesetzten Preisen für die Herstellung von Backwaren und Speiseeis, ABl. 1975, L 24, S. 45. 747
Die von der nach Art. 7 Abs. 4 lit. c), Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 232/75 zu stellenden Ausschreibungskaution zu unterscheiden ist. 748 749
EuGH, Rs. 124/83, Nikolas Corman, Slg. 1985, S. 3777, Rn. 19. EuGH, Rs. 124/83, Nikolas Corman, Slg. 1985, S. 3777, Rn. 20.
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tion bei einem Fehlverhalten eines späteren Käufers für den Erstkäufer mehr als nur die Abschöpfung seines Vorteils durch den günstigen Ankauf bedeutete. Der Erstkäufer trug nunmehr auch das Insolvenzrisiko jedes Endabnehmers und das sogar in Fällen wie dem vorliegenden, wo keine direkte vertragliche Beziehung zwischen ihnen vorlag.750 Hierin ist eine größere Belastung zu sehen, die über die Abschöpfung des rechtswidrig erlangten Vorteils hinausgeht. Nur für diesen konkreten Fall muss damit die als reine Erstattungskaution konzipierte Sicherheit nach Art. 12 der Verordnung (EWG) Nr. 232/75 als Wohlverhaltenssicherheit qualifiziert werden. Nur diesen konkreten Fall hatte der Gerichtshof zu entscheiden. Mithin bezog sich seine Feststellung, dass der Verfall der Kaution eine Sanktion sei, auch nur auf den betreffenden Fall. Angesichts des Umstands, dass der Gerichtshof in späteren Fällen den Verfall einer Erstattungssicherheit nicht als Sanktion qualifizierte, ist also davon auszugehen, dass er auch im Fall Corman nur den Verfall einer Wohlverhaltenskaution als Sanktion ansah.
c) Zwischenergebnis: Sanktion oder bloße Abschöpfung Damit ist festzuhalten, dass der Gerichtshof den Verfall einer Wohlverhaltenskaution als Sanktion ansieht, den einer Erstattungskaution hingegen nicht. Das entspricht der in der Sanktions-Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 getroffenen Unterscheidung zwischen dem „Entzug eines rechtswidrig erlangten Vorteils durch vollständigen oder teilweisen Verlust der Sicherheit, die für einen Antrag auf Gewährung eines Vorteils oder bei Zahlung eines Vorschusses geleistet wurde“,751 der gemäß Art. 4 Abs. 1, 2. Spiegelstrich der Verordnung als bloße verwaltungsrechtliche Maßnahme bestimmt wird, und dem „Verlust einer Sicherheit oder einer Garantie, die zur Gewährleistung der Erfüllung der Bedingungen einer Regelung geleistet wurde, oder Rückzahlung des Betrags einer ungerechtfertigterweise freigegebenen Sicherheit“, der nach Art. 5 Abs. 1 lit. f) der Verordnung als verwaltungsrechtliche Sanktion qualifi-
750 Ähnlich Barents, ELRev. 10 (1985), S. 239 (241), der in Fn. 17 noch auf den weiteren Belastungseffekt der unterschiedlichen Preiskalkulation hinweist und auch daraus auf einen punitiven und nicht lediglich restitutiven Effekt des Verfalls schließt. 751
Hervorhebung hinzugefügt.
230
4. Kapitel
ziert wird. Es steht zudem in Einklang mit der überwiegenden Einschätzung in der Literatur.752 Daraus lässt sich im Ergebnis schließen, dass es dem Gerichtshof bei der Frage der Qualifizierung des Kautionsverfalls als Sanktion darauf ankommt, ob der Verfall eine über die bloße Restitution hinausgehende, repressiv-punitive Wirkung hat. In diesem Fall liegt auch im Verfall einer Sicherheit eine Sanktion, im anderen Fall lediglich eine verwaltungsrechtliche Maßnahme.
4. Zusammenfassung: Sanktionen im Agrarrecht Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Begriff der Sanktion, wie er von den europäischen Gerichten im Agrarrecht verwendet wird, mit seiner über die rein restitutive hinausgehenden repressiv-punitiven Wirkung in Einklang mit dem Sanktionsbegriff steht, der aus der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften hergeleitet ist. Das konnte anhand der Rechtsprechung zur Kürzung oder Streichung von Beihilfen sowie anhand der Urteile zum Verfall von Sicherheiten nachvollzogen werden. Dabei macht der Gerichtshof auch die präventive, also abschreckende Wirkung der Maßnahmen stark. Daraus erklärt sich, dass die bloße Beihilferückforderung, sofern keine weitere Belastung des Beihilfeempfängers hinzutritt, oder der Verfall einer Erstattungssicherheit in den Augen des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz keine Sanktionen darstellen, sondern – in der Terminologie der Sanktionsverordnung – „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“. Der konkrete Fall, in welchem der EuGH auch den Verfall einer Restitutionssicherheit als Sanktion bezeichnete, konnte als Sonderfall ausgemacht werden, in dem für den Kautionssteller eine besondere Belastung hinzutrat. Es ließ sich weiter feststellen, dass der Sanktionsbegriff der Urteile nicht nur in Einklang mit der Sanktionsverordnung zu bringen ist. Der Gerichtshof erkennt darüber hinaus der Sanktionsverordnung eine maßstabsbildende Funktion zu. Damit ist ihr Sanktionsbegriff nicht nur legislativ, sondern auch von Seiten der Judikative als für die Bestimmung des unionalen Sanktionsbegriffs maßgeblich anerkannt.
752
Kadelbach, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 81 (85 f.). Im Ergebnis auch P. Tiedemann, NJW 1983, S. 2727 (2728); Barents, ELRev. 10 (1985), S. 239 (242).
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
231
II. Die Rechtsprechung zu Zwangsgeld und Pauschalbetrag nach Art. 228 Abs. 2 EG Nachdem bisher vor allem Sanktionen gegen Individuen Gegenstand dieser Arbeit waren, soll nun ein prominentes Beispiel möglicher Sanktionierung des Verhaltens eines Mitgliedstaats auf den Sanktionsbegriff des Gerichtshofs hin untersucht werden. Dabei wird sich zeigen, dass die bisher in der Rechtsprechung zu Maßnahmen gegenüber Marktteilnehmern gefundenen Ergebnisse zum judikativen Verständnis des Sanktionsbegriffs auch hinsichtlich unionaler Maßnahmen gegenüber den Mitgliedstaaten tragfähig sind. Gegenstand der folgenden Ausführungen sind die Maßnahmen nach Art. 228 Abs. 2 UAbs. 3 EG, also die Möglichkeit des Gerichtshofs, auf erneute Klage der Kommission nicht nur festzustellen, dass der verklagte Mitgliedstaat seine Pflichten aus einem ersten Vertragsverletzungsverfahren nicht eingehalten hat, sondern diese Feststellung auch mit der Verhängung „eines Pauschalbetrags oder Zwangsgelds“ gegen den Mitgliedstaat zu verbinden. Dieses Mittel ist mit dem Maastrichter Vertrag eingeführt worden und sollte die Durchsetzungschancen des Gemeinschaftsrechts angesichts eines Umsetzungsdefizits bei den Mitgliedstaaten verbessern.753 Das war als erforderlich angesehen geworden, da die Nicht-Befolgung von Urteilen des Europäischen Gerichtshofs am Grundsatz der Rechtsgemeinschaft und damit letztlich an ihrem Zusammenhalt rüttelt.754 Der Gerichtshof ist bisher nur in wenigen Fällen von der Kommission um die Verhängung eines Zwangsgelds oder Pauschalbetrags angegangen worden. In noch weniger Fällen, nämlich fünf, hat er dem bisher auch Folge geleistet.755 Diese Urteile geben zusammengenommen ein 753
Calliess/Ruffert-Cremer, Art. 228, Rn. 8 f.
754
Näher Zuleeg, Der rechtliche Zusammenhalt der Europäischen Union, S. 85 f. Siehe dazu eindrücklich EuGH, Rs. 39/72, Kommission/Italien, Slg. 1973, S. 101, Rn. 24 f.; Rs. 128/78, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1979, S. 419, Rn. 12. 755
Bisher sind in folgenden Fällen Maßnahmen nach Art. 228 Abs. 2 EG ergriffen worden: EuGH, Rs. C-387/97, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-5047; Rs. C-278/01, Kommission/Spanien, Slg. 2003, S. I-14141 (entgegen den Schlussanträgen des GA Mischo); Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263; Rs. C-177/04, Kommission/Frankreich, Slg. 2006, S. I-2461; Urt. vom 10.1.2008, Rs. C-70/06, Kommission/Portugal, Slg. 2008, S. I-1. In Rs. C-119/04, Kommission/Italien, Slg. 2006, S. I-6885, hat der Gerichtshof
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4. Kapitel
recht deutliches Bild davon ab, was der Gerichtshof unter einer Sanktion versteht. Das ist umso bemerkenswerter, wenn man bedenkt, dass es sich bei den Maßnahmen des Art. 228 Abs. 2 EG um solche gegen Mitgliedstaaten handelt. Dabei zeigt sich, dass der Gerichtshof einen zu den Sanktionen im Agrarrecht kohärenten Sanktionsbegriff verwendet. In seinem ersten Urteil nach Art. 228 Abs. 2 EG gegen Griechenland aus dem Jahr 2000 und in dem Urteil gegen Spanien aus dem Jahr 2003 sprach der Gerichtshof ohne weitere Umstände bei seinen Ausführungen zur Festsetzung des jeweiligen Zwangsgelds von einer „Sankti-
entgegen GA Poiares Maduro keine Maßnahmen nach Art. 228 Abs. 2 EG ergriffen. In Rs. C-503/04, Kommission/Deutschland, Slg. 2007, S. I-6153, hat der Gerichtshof zwar festgestellt, dass die Bundesrepublik gegen Art. 228 Abs. 1 EG verstoßen hatte. In Übereinstimmung mit GA Trstenjak verhängte er aber kein Zwangsgeld, da die Kommission diesen Antrag zurückgezogen hatte. Gemäß den Schlussanträgen des GA Mazák vom 5.6.2008, in: Rs. C-121/07, Kommission/Frankreich, Slg. 2008, S. I-0000, Rn. 82, soll Frankreich zu einem Zwangsgeld, aber nicht zu einem Pauschalbetrag verurteilt werden. Nach den Schlussanträgen des GA Fennelly vom 9.12.1999, in: Rs. C-197/98, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-8609, ist die Rechtssache mit Kostentragungspflicht für Griechenland gestrichen worden: Beschluss des Präsidenten vom 6.10.2000, Rs. C-197/98, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-8609. In folgenden Fällen wurde die Rechtssache jeweils vor der mündlichen Verhandlung gestrichen: Beschluss des Präsidenten vom 23.11.2001, Rs. C-41/01, Kommission/Italien, ABl. 2002, C 109, S. 40; Beschluss des Präsidenten vom 10.7.2002, Rs. C-121/02, Kommission/Luxemburg, ABl. 2002, C 233, S. 21; Beschluss des Präsidenten vom 5.12.2002, Rs. C-274/02, Kommission/Frankreich, ABl. 2003, C 55, S. 23; Beschluss des Präsidenten vom 21.10.2003, Rs. C-57/03, Kommission/Italien, ABl. 2004, C 47, S. 27; Beschluss des Präsidenten vom 1.12.2005, Rs. C-294/03, Kommission/Irland, ABl. 2006, C 143, S. 28; Beschluss des Präsidenten vom 2.3.2005, Rs. C-165/04, Kommission/Irland, ABl. 2005, C 143, S. 30 (mit Kostentragungspflicht für Irland); Beschluss des Präsidenten vom 7.12.2005, Rs. C-136/05, Kommission/Luxemburg, ABl. 2006, C 60, S. 33; Beschluss des Präsidenten vom 14.7.2006, Rs. C-416/05, Kommission/Luxemburg, ABl. 2006, C 281, S. 27 (mit Kostentragungspflicht für Luxemburg); Beschluss des Präsidenten vom 7.12.2006, Rs. C-219/06, Kommission/Luxemburg, ABl. 2007, C 42, S. 21 (mit Kostentragungspflicht für Luxemburg). Derzeit (Stand 31. Mai 2008) anhängig sind die Verfahren Klage vom 3.8.2007, Rs. C-369/07, Kommission/Griechenland, ABl. 2007, C 269, S. 22; Klage vom 9.10.2007, Rs. C-457/07, Kommission/Portugal, ABl. 2007, C 297, S. 29; Klage vom 21.12.2007, Rs. C-568/07, Kommission/Griechenland, ABl. 2008, C 64, S. 25; Klage vom 10.3.2008, Rs. C-109/08, Kommission/Griechenland, ABl. 2008, C 116, S. 15.
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on“.756 Ebenso bezeichnete er in einem Vertragsverletzungs-Urteil nach Art. 228 Abs. 1 EG gegen das Vereinigte Königreich die Maßnahmen nach Art. 228 Abs. 2 EG als „finanzielle Sanktionen“.757 Hinsichtlich des Begriffsverständnisses des EuGH konkreter sind die Abschnitte im Urteil gegen Frankreich aus dem Jahr 2005; sie sind vor allen Dingen auch grundlegender. Danach handelt es sich bei Zwangsgeld und Pauschalbetrag um „Sanktionsarten“, die unterschiedliche Zwecke verfolgen: das Zwangsgeld soll den Mitgliedstaat veranlassen, eine Vertragsverletzung „so schnell wie möglich abzustellen“; der Pauschalbetrag beruht „mehr auf der Beurteilung der Folgen einer Nichterfüllung der Verpflichtungen des betreffenden Mitgliedstaats für die privaten und öffentlichen Interessen, insbesondere wenn die Vertragsverletzung seit dem Urteil, mit dem sie ursprünglich festgestellt wurde, lange Zeit fortbestanden hat“.758 Damit wird deutlich, dass der Gerichtshof dem Zwangsgeld eine reine Beugefunktion zuweist,759 während der Pauschalbetrag durch die hauptsächliche Berücksichtigung der Folgen der Vertragsverletzung eine Reuefunktion erhält. Das Zwangsgeld soll demnach die (Wieder-)Herstellung des gemeinschaftsrechtsgemäßen Zustands fördern. Die genaue Funktion des Pauschalbetrags war bis zum Urteil nicht geklärt. Der Generalanwalt Geelhoed schlug in seinen ersten Schlussanträgen zu dieser Sache vor, die beiden Maßnahmen danach abzugrenzen, dass der einen auch eine Präventivwirkung zukommen solle.760 Eine solche könne vor allem der Pauschalbetrag entfalten.761 Dem ist der Gerichtshof im Ergebnis mit seinem Urteil gefolgt. Der Pauschalbetrag (englisch: „lump sum“, französisch: „somme forfaitaire“) stellt sich damit letztlich wie ein Bußgeld für einen Mitgliedstaat dar, mit welchem ein Verhalten des Mitglied-
756
EuGH, Rs. C-387/97, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-5047, Rn. 79, 85; Rs. C-278/01, Kommission/Spanien, Slg. 2003, S. I-14141, Rn. 49. 757
EuGH, Rs. C-140/00, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 2002, S. I10379, Rn. 41. 758
EuGH, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 81 f. 759
von der Groeben/Schwarze-Gaitanides, Art. 228, Rn. 18.
760
GA Geelhoed, Schlussanträge vom 29.4.2004, in: Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 87. 761
GA Geelhoed, Schlussanträge vom 29.4.2004, in: Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 95.
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4. Kapitel
staats geahndet wird.762 Allerdings zeichnet auch ihn eine zum gemeinschaftsrechtskonformen Verhalten anhaltende Wirkung aus, sodass es – neben möglichen politischen Erwägungen763 – überzeugend erscheint, ihn nicht als Bußgeld zu bezeichnen.764 Umgekehrt zeichnet auch das Zwangsgeld eine punitive und abschreckende Wirkung aus. Zwar soll es auf den Mitgliedstaat „wirtschaftlichen Zwang ausüben, der ihn dazu veranlasst, die festgestellte Vertragsverletzung abzustellen“.765 Die Berechnung des Zwangsgelds nach den Mitteilungen der Kommission,766 die vom Gerichtshof als Anhaltspunkt für sein eigenes Urteil gebilligt wurden,767 macht jedoch den auch punitiven Charakter deutlich: Danach wird das Zwangsgeld auf der Grundlage eines festen, vom Bruttoinlandsprodukt und dem Stimmengewicht im Rat abhängigen Koeffizienten (ein Wert von 0,36 für Malta bis 25,40 für Deutschland) sowie eines Grundbetrags in Höhe von 600,00 Euro pro Tag berechnet. Diese werden mit einem Koeffizienten multipliziert, der der Schwere des Gemeinschaftsrechtsverstoßes – über den ohnehin schweren Verstoß gegen das Urteil nach Art. 228 Abs. 1 EG hinaus – entspricht (ein Wert zwischen 1 und 20), und einem, der die Dauer dieses Verstoßes bewertet (ein Wert zwischen 1 und 3).768 Der Gerichtshof
762 GA Mazák vom 5.6.2008, in: Rs. C-121/07, Kommission/Frankreich, Slg. 2008, S. I-0000, Rn. 80; von der Groeben/Schwarze-Gaitanides, Art. 228, Rn. 17; Grabitz/Hilf-P. Karpenstein/ U. Karpenstein, Art. 228, Rn. 35. 763
Dazu A. Geiger, EuZW 2004, S. 417.
764
In der portugiesischen Fassung des Art. 228 Abs. 2 UAbs. 3 EG ist die Formulierung etwas offener und bringt zugleich den Sanktionsbegriff ins Spiel: „uma quantia fixa ou progressiva correspondente a uma sanção pecuniária“. 765 EuGH, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 92. 766
Kommission, Mitteilung über die Anwendung von Artikel 171 EGVertrag (96/C 242/07), ABl. 1996, C 242, S. 6; Mitteilung – Verfahren für die Berechnung des Zwangsgeldes nach Artikel 171 EG-Verfahren (97/C 63/02), ABl. 1997, C 63, S. 2. Beide Mitteilungen wurden mittlerweile durch Kommission, Mitteilung – Anwendung von Artikel 228 EG-Vertrag, SEK (2005) 1658, ersetzt. 767
EuGH, Rs. C-387/97, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-5047, Rn. 84, 89. 768
Kommission, Mitteilung – Anwendung von Artikel 228 EG-Vertrag, SEK (2005) 1658, Ziff. 14 ff.
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folgt dem Grundsatz, dass das Zwangsgeld nach Dauer, Schwere und Zahlungsfähigkeit zu berechnen ist.769 Mit der Schwere und Dauer des Verstoßes werden Gesichtspunkte berücksichtigt, die bei der Abschätzung, ob eine Maßnahme effektiv zur Einhaltung des Gemeinschaftsrechts anhalten kann, nicht zwingend berücksichtigt werden müssten, da sie in der Vergangenheit liegen. Zweckentsprechend wäre es auch gewesen, das Zwangsgeld allein von vorher bestimmten Faktoren ausgehend zu berechnen, wobei eine den Zwang effektuierende Wirkung des Produkts angestrebt werden müsste. Die Berechnungsmethode ist allerdings aufgrund der für Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeit erforderlichen differenzierten Vorhersehbarkeit so akzeptiert770 – trotz Kritik in der Literatur.771 Jedenfalls zeigt die Berücksichtigung der Faktoren Dauer und Schwere, dass es nicht nur um die Herstellung des rechtmäßigen Zustands geht. Hinzu tritt ein Sühneelement, welches die Faktoren in das Zwangsgeld einführen.772 Damit wird im Ergebnis klar, was der Gerichtshof in diesem Zusammenhang unter einer Sanktion versteht: Zwangsgelder und Pauschalbeträge sind Sanktionen. Ihnen kommen sowohl eine Beugeals auch eine Sühnefunktion zu. Sie sollen zudem abschrecken. Das Zwangsgeld hat vor allem den Charakter „als Druckmittel im Hinblick auf die einheitliche und wirksame Anwendung des Gemeinschaftsrechts“.773 Wenn der Vertragsverstoß vor der Entscheidung eingestellt wurde, fällt
769
EuGH, Rs. C-387/97, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-5047, Rn. 92; Rs. C-278/01, Kommission/Spanien, Slg. 2003, S. I-14141, Rn. 52. 770
Hölscheidt, BayVBl. 1997, S. 459 (461); Grabitz/Hilf-P. Karpenstein/ U. Karpenstein, Art. 228, Rn. 44. 771
Calliess/Ruffert-Cremer, Art. 228, Rn. 12. Kritik findet sich ansonsten vor allem in Bezug auf die Einbeziehung des Stimmengewichts in den Länderkoeffizienten: Heidig, Verhängung von Zwangsgeldern und Pauschalbeträgen, S. 148 ff. 772 773
Calliess/Ruffert-Cremer, Art. 228, Rn. 12.
EuGH, Rs. C-177/04, Kommission/Frankreich, Slg. 2006, S. I-2461, Rn. 62; Urt. vom 10.1.2008, Rs. C-70/06, Kommission/Portugal, Slg. 2008, S. I1, Rn. 39.
236
4. Kapitel
wurde, fällt die Rechtfertigung für ein Zwangsgeld fort.774 Das schließt jedoch eine Verhängung eines Pauschalbetrags nicht zwingend aus.775 Die erstmals anerkannte Zulässigkeit einer kumulativen Verhängung von Pauschalbetrag und Zwangsgeld hatte im Fall Kommission/Frankreich aus dem Jahr 2005 eine weitere – für die Zwecke dieser Studie interessante – prozessuale Folge. Der Generalanwalt Geelhoed hatte in seinen ersten Schlussanträgen neben der Verhängung eines Zwangsgelds auch die eines Pauschalbetrags angeregt, obwohl die Kommission das nicht beantragt hatte.776 Da die Parteien zu dieser Frage in der mündlichen Verhandlung nicht hatten Stellung nehmen können, eröffnete der Gerichtshof das Verfahren wieder.777 In seinen zweiten Schlussanträgen bejahte der Generalanwalt sowohl die Möglichkeit, einen Pauschalbetrag neben einem Zwangsgeld zu verhängen, als auch, dies ohne Antrag der Kommission zu tun.778 Wenn der Gerichtshof erwäge, „eine schwerere Sanktion als die von der Kommission vorgeschlagene zu verhängen, gebieten es die Verteidigungsrechte, dass die Parteien zu der von ihm ins Auge gefassten Sanktion gehört werden“.779 Ebenso erkannte der Gerichtshof in seinem Urteil die Notwendigkeit an, dem Mitgliedstaat für eine Stellungnahme zu den möglichen finanziellen Sanktionen Gelegenheit zu geben. Das folge aus den Verteidigungsrechten, „die dem säumigen Mitgliedstaat in Bezug auf die in Betracht gezogenen finanziellen Sanktionen zuzuerkennen sind“.780 Es zeigt sich also auch hier: die Feststellung, dass eine Sanktion vorliegt, eröffnet den Anwendungsbereich der Verteidigungsrechte. Das gilt demnach nicht nur für
774
EuGH, Rs. C-503/04, Kommission/Deutschland, Slg. 2007, S. I-6153, Rn. 40. 775 So ist EuGH, Rs. C-503/04, Kommission/Deutschland, Slg. 2007, S. I6153, Rn. 41, zu lesen. 776
GA Geelhoed, Schlussanträge vom 29.4.2004, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 99 f. 777
EuGH, Beschluss vom 16.6.2004, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Rn. 4. 778
GA Geelhoed, Schlussanträge vom 18.11.2004, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 37, 48. 779
GA Geelhoed, Schlussanträge vom 18.11.2004, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 37. 780
EuGH, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich, Slg. 2005, S. I-6263, Rn. 93.
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Individuen, sondern auch für die Mitgliedstaaten als Subjekte des Gemeinschaftsrechts. Es lässt sich schließen, dass der Gerichtshof auch Maßnahmen gegenüber den Mitgliedstaaten als Sanktion bezeichnet, sofern sie – wie der Pauschalbetrag – sühnende Wirkung zeitigen sollen. Dasselbe gilt für das Zwangsgeld, dem zentral eine Beugefunktion zukommt, das aber aufgrund der Berücksichtigung der Schwere eines Verstoßes auch punitiven Charakter hat. In beiden Fällen tritt noch eine präventive Funktion hinzu. Das steht im Einklang mit den bisher gefundenen Ergebnissen, denen zufolge die Sanktion als repressiv-punitiv zu verstehen ist. Im Übrigen ist es auch vom von der Sanktionsverordnung ausgehenden Begriffsverständnis gedeckt.
III. Die Rechtsprechung zur Sanktionierungspflicht der Mitgliedstaaten Wie bereits angesprochen,781 hat der Gerichtshof die Mitgliedstaaten mit seinem Urteil zum griechischen Maisskandal dazu verpflichtet, darauf zu „achten, dass Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach ähnlichen sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden wie nach Art und Schwere gleichartige Verstöße gegen nationales Recht, wobei die Sanktion jedenfalls wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein muß“.782 Das folgt aus Art. 10 EG und ist eine Konkretisierung der bereits Mitte der 80er Jahre ergangenen Rechtsprechung zu den aus den Grundsätzen der Effektivität und Gleichwertigkeit (damals noch „Diskriminierungsverbot“)783 fließenden Anforderungen an Sanktionen zur wirksamen Umsetzung des Gemeinschaftsrechts.784 Diese Rechtsprechung ist allerdings nicht in jedem Fall ergiebig, was die Frage anbelangt, welches Verständnis die europäischen Gerichte von der „Sanktion“ haben. Aus dem Fall Ebony Maritime folgt zwar, dass 781
Oben, unter 3. Kapitel A.II.1.
782
EuGH, Rs. 68/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, S. 2965, Rn. 24; siehe auch Rs. C-326/88, Hansen, Slg. 1990, S. I-2911, Rn. 17; Rs. C-217/88, Kommission/Deutschland, Slg. 1990, S. I-2879, Rn. 17 ff. 783 784
Grabitz/Hilf-von Bogdandy, Art. 10, Rn. 44 ff.
EuGH, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891, Rn. 23, 28; näher Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9 (17).
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4. Kapitel
die Einziehung einer Schiffsladung wegen Verstoßes gegen eine zur Umsetzung einer Embargo-Maßnahme aufgrund einer UN-Sicherheitsratsresolution ergangene Verordnung als Sanktion anzusehen ist.785 Das lässt sich umstandslos mit dem repressiven Sanktionsbegriff erklären. In der Regel ging es in den Urteilen zur effektiven und gleichwertigen Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts aber darum, ob der jeweilige Mitgliedstaat überhaupt Sanktionen vorgesehen hat.786 So war Gegenstand des Maisskandals, dass es die griechischen Behörden gänzlich unterlassen hatten, straf- und disziplinarrechtliche Maßnahmen einzuleiten, die aus europäischer Sicht notwendig gewesen wären. Im Fall Hansen war die Frage, ob das Gemeinschaftsrecht der Einführung einer objektiven strafrechtlichen Verantwortlichkeit entgegenstehe,787 während im Fall Vandevenne die umgekehrte Problematik geklärt werden sollte, ob das Gemeinschaftsrecht zur Einführung einer solchen Verantwortlichkeit verpflichte.788 Im Fall Kommission/Deutschland aus dem Jahr 1990 hatte Deutschland dadurch gegen seine Pflichten aus Art. 10 EG verstoßen, dass es die in seinem Verwaltungsvollstreckungsrecht vorgesehenen „Zwangsmittel“ nicht eingesetzt hatte, ohne dass der Gerichtshof konkretisierte, welche Maßnahmen der Verwaltungsvollstreckung er als Zwangsmittel ansah.789 Anders verhält es sich mit dem Fall von Colson und Kamann, wo der Gerichtshof feststellte, dass zur Effektivierung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern eine Sanktion wirksam und abschreckend sein muss. Eine im nationalen Recht vorgesehene Entschädigung müsse deswegen in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen und über einen „rein symbolischen Schadensersatz wie etwa die bloße Erstattung der Bewerbungskosten hinausge-
785
EuGH, Rs. C-177/95, Ebony Maritime, Slg. 1997, S. I-1111, Rn. 37.
786
Vgl. z.B. EuGH, Rs. C-5/94, Hedley Lomas, Slg. 1996, S. I-2553, Rn. 19 ff. 787
Tut es grundsätzlich nicht: EuGH, Rs. C-326/88, Hansen, Slg. 1990, S. I2911, Rn. 19; Rs. C-177/95, Ebony Maritime, Slg. 1997, S. I-1111, Rn. 36. 788
Tut es grundsätzlich auch nicht: EuGH, Rs. C-7/90, Vandevenne, Slg. 1991, S. I-4371, Rn. 17. 789
EuGH, Rs. C-217/88, Kommission/Deutschland, Slg. 1990, S. I-2879, Rn. 19, 34.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
239
hen“.790 Grundsätzlich hält es der EuGH aber für möglich, zivilrechtlichen Schadensersatz als Sanktionskategorie einzuordnen. Auch im Fall Dekker hat der EuGH eine zivilrechtliche Haftung als Sanktion bezeichnet, allerdings unter der Bedingung des konkreten Falls, dass ein Arbeitgeber für einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot ohne Rücksicht auf ein eventuelles Verschulden oder mögliche Rechtfertigungsgründe voll haftet. Diese Sanktion müsse „wirklich abschreckend sein“.791 Das Urteil in der Rechtssache Kommission/Vereinigtes Königreich aus dem Jahr 1994 wegen der Massenentlassungen verdeutlicht, dass der reine Schadensersatz in Form der Abfindung nicht ausreicht, sondern dass der Arbeitgeber „mild oder leicht bestraft“ werden muss, um dem Erfordernis der wirksamen und abschreckenden Sanktion gerecht zu werden.792 Entschädigungsansprüche können demnach als Sanktionen angesehen werden, wenn sie mehr als nur tatsächlich erlittene Vermögenseinbußen abdecken. Das deutet darauf hin, dass der EuGH zumindest die Figur der punitive damages als Sanktion anerkennt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Rechtssache Inspire Art, wo der EuGH die persönliche gesamtschuldnerische Haftung, die den Geschäftsführer im Falle der Nichterfüllung der Verpflichtungen eines nationalen gesellschaftsrechtlichen Gesetzes neben der Gesellschaft trifft, als Sanktion bezeichnete.793 Eine solche Durchgriffshaftung schafft zwar – gleichsam auf der positiven Seite der Medaille – einen Schutz für die Gläubiger der betreffenden Gesellschaft und erweist sich darin als restitutiv. Auf der negativen Seite der Medaille besteht jedoch eine (unbeschränkte) persönliche Verantwortlichkeit der Geschäftsführer (also nicht unbedingt der Gesellschafter!), die andernfalls nicht bestünde. Falls der Geschäftsführer kein Gesellschafter wäre, hätte er bei Einhaltung der kapitalgesellschaftsrechtlichen Vorschriften überhaupt keine Haftung zu befürchten, da in diesem Fall die Gesellschaft mit ihrem Kapital haften würde. Die persönliche Geschäftsführerhaftung stellt sich damit als Maßnahme dar, die die betreffende Person wegen eines Verstoßes gegen die einschlägigen Vorschriften belastet. Darin 790
EuGH, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891, Rn. 28.
791
EuGH, Rs. 177/88, Dekker, Slg. 1990, S. I-3941, Rn. 23 ff.; ebenso Rs. C180/95, Draempaehl, Slg. 1997, S. I-2195, Rn. 19 ff. 792
EuGH, Rs. C-383/92, Kommission/Vereinigtes Königreich, Slg. 1994, S. I2479, Rn. 42. 793
EuGH, Rs. C-167/01, Inspire Art, Slg. 2003, S. I-10155, Rn. 63, 73, 141.
240
4. Kapitel
zeigt sich ihr repressiv-punitiver Gehalt. Daraus folgt, dass auch das Urteil in der Rechtssache Inspire Art von einem solchen Sanktionsverständnis ausgeht und dass die repressiv-punitiven Sanktionen auch zivilrechtlicher Natur sein können. Der Gerichtshof hat reine Schadensersatzansprüche in gleichgearteten Fällen wie beispielsweise Marshall II später nicht mehr als Sanktionen bezeichnet. Vielmehr verwendet er – auch unter Zitierung seines Urteils in von Colson und Kamann – nur noch den Begriff der „Maßnahme“.794 Eine plausible Deutung ist es, dass der Gerichtshof seinem im Vorhergehenden festgestellten Verständnis der Sanktion als repressiv-punitiv folgt, auch wenn sein Urteil in der Rechtssache von Colson und Kamann zunächst darauf hindeutete, dass er auch restitutive Maßnahmen darunter fasst. Allerdings verdeutlicht das Urteil, dass eine Sanktion im Sinne des Gemeinschaftsrechts nicht zwangsläufig auf hoheitliche Maßnahmen beschränkt ist – also verwaltungsrechtliche und strafrechtliche Sanktionen. Vielmehr kommen auch zivilrechtliche Sanktionen in Betracht,795 sofern sie nicht nur Vorteile abschöpfen. Beispiele dafür finden sich im EU-Eigenverwaltungsrecht zwar nicht. Den Mitgliedstaaten will der EuGH entsprechende Ausgestaltungsspielräume jedoch nicht von vorne herein abschneiden. Der Umstand, dass sich hierfür im Eigenverwaltungsrecht der Union kein Beispiel finden lässt, ist allerdings in Hinblick auf die im 2. Kapitel dargestellte Rechtsschutzfunktion des Begriffs der Sanktion von Bedeutung. Wenn die Verteidigungsrechte gelten, sofern eine Sanktion verhängt wurde, ist es nicht sinnvoll, auch bei Vorliegen eines zivilrechtlichen Anspruchs – sei er auch mit punitiver Wirkung versehen – die Verteidigungsrechte für anwendbar zu erklären. Das wäre im grundsätzlich gleichrangigen Verhältnis des anspruchsstellenden Bürgers gegenüber dem Anspruchsgegner nicht angemessen. Es zeigt sich, dass sich die Verwendung des unionalen Sanktionsbegriffs praktisch auf rein hoheitliche Maßnahmen beziehen muss. Damit soll jedoch nicht ausgeschlossen sein, zivilrechtliche Haftung auch als Mittel der Durchsetzung des Unionsrechts anzusehen.796 Dies trifft insbesondere auf die voranschreitenden Bemühungen zu, dem 794 EuGH, Rs. C-271/91, Marshall II, Slg. 1993, S. I-4367, Rn. 23, 26; Rs. C460/06, Paquay, Slg. 2007, S. I-8511, Rn. 44 ff. 795 796
So auch EuGH, Rs. C-186/98, Nunes, Slg. 1999, S. I-4883, Rn. 14.
Für eine Typologie Mortelmans, in: Vervaele, Compliance and Enforcement of European Community Law, S. 51 (53 ff.).
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
241
Wettbewerbsrecht mittels Schadensersatzklagen von durch Verstöße gegen das europäische Wettbewerbsrecht Geschädigten stärker zur Geltung zu verhelfen. Hier hat die Kommission jüngst ein Weißbuch angenommen.797 Interessanterweise verwendet die Kommission in dem Weißbuch den Begriff der Sanktion nur in Hinblick auf die von den nationalen Gerichten zu ergreifenden Maßnahmen, wenn ein Unternehmen Beweismittel vernichtet oder ungerechtfertigt nicht vorgelegt hat. Für die Zwecke dieser Untersuchung noch bedeutsamer sind die einschlägigen Urteile des Gerichtshofs, der in den Fällen zivilrechtlicher Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch Schadensersatz nicht von Sanktionen spricht.798 Besonders im Fall Manfredi hätte sich das angeboten, da dort auch die Frage nach Strafschadensersatz im Raum stand.799 Im Ergebnis bestätigt auch die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Sanktionierungspflicht der Mitgliedstaaten das bisher gefundene Ergebnis, dass es sich bei einer Sanktion im Sinne des Unionsrechts um eine repressiv-punitive Maßnahme handeln muss. Gerade der Vergleich zu den Schadensersatzansprüchen, die tatsächlich nur Ersatz leisten sollen, zeigt, dass restitutive Maßnahmen vom Sanktionsbegriff ausgeschlossen sein sollen. Allerdings würde eine Anwendung des im 2. Kapitel dargelegten rechtsschutzspezifischen Zusammenhangs zwischen der Sanktion und den Verteidigungsrechten im Falle der zivilrechtlichen Sanktionen zu weit führen und auch dem Verständnis der Verteidigungsrechte als Abwehrrechte gegen hoheitliche Eingriffe bzw. Sicherungsmittel für präventiven Rechtsschutz in Verwaltungsverfahren nicht gerecht werden. Der unionale Sanktionsbegriff kann sich in diesem Zusammenhang nur auf hoheitliche Maßnahmen beziehen.
797 Kommission, Weißbuch Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EGWettbewerbsrechts, 2.4.2008, KOM (2008) 165 endg. 798
EuGH, Rs. C-453/99, Courage, Slg. 2001, S. I-6297, Rn. 26 ff.; verb. Rs. C-295/04 bis C-298/04, Manfredi u.a., Slg. 2006, S. I-6619, Rn. 60 f.; ein Beispiel der Anwendung dieser Grundsätze im deutschen Recht ohne Rückgriff auf den Sanktionsbegriff bietet LG Düsseldorf, Urt. vom 1.4.2004, 13 O 55/02, EWS 2004, S. 434. 799
EuGH, verb. Rs. C-295/04 bis C-298/04, Manfredi u.a., Slg. 2006, S. I6619, Rn. 89 ff.
242
4. Kapitel
IV. Zwischenergebnis: Die Sanktion in der Rechtsprechung Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Begriff der Sanktion, wie er von den europäischen Gerichten verwendet wird, mit seiner über die rein restitutive hinausgehenden repressiv-punitiven Wirkung in Einklang mit dem Sanktionsbegriff steht, der aus der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften hergeleitet ist. Das konnte im Agrarrecht anhand der Rechtsprechung zur Kürzung oder Streichung von Beihilfen und zum Verfall von Sicherheiten, im institutionellen Recht anhand der Rechtsprechung zu Zwangsgeld und Pauschalbetrag gegen Mitgliedstaaten und auch anhand der Rechtsprechung zur aus Art. 10 EG folgenden Sanktionierungspflicht der Mitgliedstaaten nachvollzogen werden. Dabei macht der Gerichtshof auch die präventive, also abschreckende Wirkung der Maßnahmen stark. Daraus erklärt sich, dass die bloße Beihilferückforderung, sofern keine weitere Belastung des Beihilfeempfängers hinzutritt, oder der Verfall einer Erstattungssicherheit in den Augen des Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz keine Sanktionen darstellen, sondern – in der Terminologie der Sanktionsverordnung – „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“. Es ließ sich weiter feststellen, dass der Sanktionsbegriff der Urteile des Gerichtshofs nicht nur in Einklang mit der Sanktionsverordnung zu bringen ist. Der Gerichtshof erkennt der Sanktionsverordnung darüber hinaus eine maßstabsbildende Funktion zu. Damit ist ihr Sanktionsbegriff nicht nur legislativ, sondern auch von Seiten der Judikative als für die Bestimmung des unionalen Sanktionsbegriffs maßgeblich anerkannt. Gleichzeitig ist die Vorgehensweise dieser Studie im Rahmen der Untersuchung des abgeleiteten Rechts richterrechtlich anerkannt. Schließlich konnte aus der Rechtsprechung abgeleitet werden, dass es sich bei dem unionalen Sanktionsbegriff um einen hoheitlichen handeln muss. Zwar ist es nach Auffassung des Gerichtshofs möglich, auch zivilrechtliche Haftungsansprüche als Sanktionen zu verstehen, sofern sie punitive Wirkung zeitigen. Das Fehlen solcher Mechanismen auf unionaler Ebene unter Anerkennung der Möglichkeit ihrer Existenz auf mitgliedstaatlicher Ebene entspricht jedoch dem festgestellten Zusammenhang zwischen dem Sanktionsbegriff und den Verteidigungsrechten, der im Falle zivilrechtlicher Maßnahmen aufgrund der prinzipiellen Gleichrangigkeit der Rechtssubjekte im Zivilprozess nicht bestehen kann.
Ein unionsrechtlicher Begriff der Sanktion?
243
D. Ergebnis Die Analyse des einschlägigen Primär- und Sekundärrechts sowie der Rechtsprechung der europäischen Gerichte hat ergeben, dass im Recht der Europäischen Union ein Sanktionsbegriff vorherrscht, der folgende Merkmale beinhaltet: Die Sanktion im Recht der Europäischen Union ist eine ein Rechtssubjekt belastende hoheitliche Reaktion auf ein unionsrechtswidriges Verhalten, die eine repressiv-punitive Wirkung entfalten soll und über die bloße (Wieder-)Herstellung des rechtmäßigen Zustands und die Kompensation verwirklichter Schäden hinausgeht. Bestandteil der repressiv-punitiven Wirkung ist regelmäßig auch eine abschreckende Wirkung. Die Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 hat sich als geeignet erwiesen, einen Großteil der nach diesem Begriff als Sanktion zu qualifizierenden Maßnahmen zu erfassen. Die Verordnung ist zugleich als für den unionalen Sanktionsbegriff maßstabsbildend erkannt worden. Der gefundene Begriff der Sanktion ist als Destillat einer wissenschaftlichen Untersuchung der Texte praktisch wirkender Akteure in Politik und Justiz in gewisser Weise kontingent. Damit wird anerkannt, dass es auch Abweichungen gibt, die dem betreffenden Akteur unter Umständen nicht bewusst sind. So konnte im Fischereirecht ein Fall festgestellt werden, wo vom Begriff der Sanktion auch eine bloß restitutive Maßnahme erfasst ist.800 Solche Abweichungen erwiesen sich aber im Laufe der Untersuchung tatsächlich als Ausnahmen. Das definitorische Ergebnis dieser Arbeit soll in diesen Fällen de lege ferenda dazu beitragen, die Gefahr weiterer Abweichungen zu verringern, um dem Erfordernis der Rechtseinheitlichkeit genüge zu tun. Das ist angesichts der dogmatischen Folgen der Qualifikation einer Maßnahme als Sanktion für den Rechtsschutz mehr als nur eine terminologische Forderung.801 Im selben Zusammenhang wäre daran zu denken, die in manchen Zusammenhängen als „Sanktion“ qualifizierten zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche nicht weiter als Sanktion zu bezeichnen, um die rechtsschutzspezifische Funktion des Sanktionsbegriffs nicht zu verdecken. Dies konnte auch bereits anhand der Rechtsprechung zur Durchsetzung des Wettbewerbsrechts
800 801
Oben, unter 4. Kapitel B.II.2.f). Dazu oben, 2. Kapitel.
244
4. Kapitel
durch Schadensersatzklagen nachgewiesen werden, wo der Begriff der Sanktion keine Rolle spielt.
5. Kapitel Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
Im Folgenden soll der unionale Sanktionsbegriff auf die beiden in der Einleitung erwähnten klassischen Probleme angewandt werden, ob die Staatshaftung für mangelnde Umsetzung des Gemeinschaftsrechts oder seine unmittelbare Anwendbarkeit tatsächlich als Sanktionen verstanden werden können. Ein solches Verständnis wird regelmäßig vorgebracht, auch um damit ein bestimmtes Bild der Europäischen Union als Herrschaftsverband zu transportieren. Als Sanktion verstanden sind die beiden Institute (reine) Mechanismen zur Effektivierung des Gemeinschaftsrechts. Der durch die Institute begünstigte Einzelne wird benutzt, um dem Gemeinschaftsrecht zur Geltung zu verhelfen. Er wird instrumentalisiert, „mobilisiert“.802 Dem ist – ob beabsichtigt oder nicht – der inhärente Vorwurf inne, das Individuum würde nur gleichsam Transporteur des unionalen Rechtssystems in und gegen seinen Mitgliedstaat sein. Von dieser Instrumentalisierungsthese ist es nicht mehr weit zum Vorwurf, die Europäische Union würde zum Zwecke „der Verwirklichung einer immer engeren Union“, Art. 1 Abs. 2 EU, die Menschenwürde ihrer „Untertanen“ missachten.803 Eine auf den unionalen Sanktionsbegriff gestützte Untersuchung der beiden Institute Staatshaftung und unmittelbare Anwendbarkeit vermag diesem unausgesprochenen Vorwurf der Verletzung der Menschenwürde zu begegnen.
802
Masing, Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts, passim. 803
Daher die Kritik bei von Bogdandy, in: ders., Europäisches Verfassungsrecht, S. 149 (167).
S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_5, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
245
246
5. Kapitel
A. Staatshaftung und unmittelbare Anwendbarkeit: Sanktion oder Individualberechtigung? I. Staatshaftung als Sanktion? Die unionsrechtlich geforderte Staatshaftung für mangelhafte Umsetzung des Unionsrechts als Sanktion zu verstehen, ist eine bekannte Interpretation der Urteile in den Rechtssachen Francovich sowie Brasserie du pêcheur,804 nach welcher die Staatshaftung gleichsam als Strafe für mitgliedstaatliches Fehlverhalten diene.805 In dieser Untersuchung ist zum einen vorgeschlagen worden, unter dem unionalen Sanktionsbegriff nur hoheitliche Maßnahmen zu fassen. Der Schadensersatz selbst ist keine hoheitliche Maßnahme, sondern ein Vorteil, in dessen Genuss der Einzelne kommen soll. Aber auch die gemeinschaftsrechtliche Anordnung, dass dem Einzelnen gegen den Mitgliedstaat ein Schadensersatzanspruch zustehen soll, kann nach dem unionalen Sanktionsbegriff nicht als Sanktion verstanden werden. Selbst wenn man diese Anordnung als hoheitliche Maßnahme seitens der Union gegenüber den Mitgliedstaaten ansieht, stellt der Ausgleich des begangenen Unrechts nach dem in dieser Studie gefundenen Ergebnis keine Sanktion dar. Dem unionalen Sanktionsbegriff zufolge ist es nicht angemessen, bei Ausgleichsmechanismen von einer Sanktion auszugehen, da eine solche Wirkungen zeitigt, die über den bloßen Schadensausgleich hinausgehen.806 Die Staatshaftung für die mangelnde Umsetzung des Gemeinschaftsrechts ist demnach im Verständnis des Rechts der Europäischen Union keine Sanktion. Dem steht aber nicht entgegen, die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung auch als Durchsetzungsinstrument zu konzipieren. Den angespro804
EuGH, verb. Rs. C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a., Slg. 1991, S. I5357; verb. Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame, Slg. 1996, S. I-1029. 805
Siehe z.B. J. Schwarze, DVBl. 2002, S. 1297 (1304); J. Steiner, ELRev. 18 (1993), S. 3; van den Bossche, MJ 3 (1996), S. 371 (397 f.); Harlow, ELJ 2 (1996), S. 199 (204 ff.); von Danwitz, Verwaltungsrechtliches System und europäische Integration, S. 314; Masing, Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts, S. 48 f. 806
Daher zu Recht kritisch Gilsdorf, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 125 (125); Zuleeg, in: Vervaele, Compliance and Enforcement of European Community Law, S. 349 (350).
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
247
chenen rechtsstaatlichen Bedenken, dass die Staatshaftung implizit das berechtigte Individuum als Mittel zur Durchsetzung des Unionsrechts instrumentalisiere,807 kann auch bei einer Betrachtung der Staatshaftung als Effektivitätsinstrument begegnet werden. Die Steigerung der Durchsetzungsfähigkeit des europäischen Rechts ist zwar auch ein gewünschter Effekt der Staatshaftung für fehlende oder mangelhafte Umsetzung des Unionsrechts. Neben dem Aspekt der Effektivität des Gemeinschaftsrechts steht aber der Gedanke des Individualrechtsschutzes.808 So lauten die betreffenden Ausführungen des EuGH in der Rechtssache Francovich: „32. Nach ständiger Rechtsprechung müssen die nationalen Gerichte, die im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts anzuwenden haben, die volle Wirkung dieser Bestimmungen gewährleisten und die Rechte schützen, die das Gemeinschaftsrecht dem einzelnen verleiht (vgl. insbesondere die Urteile vom 9. März 1978 in der Rechtssache 106/77, Simmenthal, Slg. 1978, 629, Randnrn. 14/16, und vom 19. Juni 1990 in der Rechtssache C-213/89, Factortame, Slg. 1990, I-2433, Randnr. 19). 33. Die volle Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen wäre beeinträchtigt und der Schutz der durch sie begründeten Rechte gemindert, wenn der einzelne nicht die Möglichkeit hätte, für den Fall eine Entschädigung zu erlangen, daß seine Rechte durch einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht verletzt werden, der einem Mitgliedstaat zuzurechnen ist. 34. Die Möglichkeit einer Entschädigung durch den Mitgliedstaat ist vor allem dann unerläßlich, wenn die volle Wirkung der gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen wie im vorliegenden Fall davon abhängt, daß der Staat tätig wird, und der einzelne deshalb im Falle einer Untätigkeit des Staates die ihm durch das Gemeinschaftsrecht zuerkannten Rechte vor den nationalen Gerichten nicht geltend machen kann.“809 807
Dazu von Bogdandy, in: ders., Europäisches Verfassungsrecht, S. 149 (167). Siehe aber auch emphatisch zur Etablierung des Individuums als defensor legis: Tomuschat, RdC 281 (1999), S. 9 (150). 808 So auch noch J. Steiner, Collected Courses of the Academy of European Law, Vol. III, Book 1 (1992), S. 241 (266), entgegen ihrer später deutlicher auf den Sanktionscharakter abstellenden Position. 809
EuGH, verb. Rs. C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a., Slg. 1991, S. I5357, Rn. 32-34 [Hervorhebungen hinzugefügt].
248
5. Kapitel
Der zentrale Aspekt der Sicherung der unionsrechtlichen Berechtigung des Einzelnen, der bei zeitiger und vollständiger Umsetzung des Unionsrechts ein solches Recht im nationalen Recht gehabt hätte, steht demnach im Urteil gleichrangig neben dem der Sicherung des effet utile.810 Das Argument, das sei eine petitio principii, da das Recht durch die Umsetzung der Richtlinie erst geschaffen würde,811 geht fehl, da auch eine an die Mitgliedstaaten gerichtete unbedingte Verpflichtung subjektive Rechte schaffen kann.812 Der sekundäre Rechtsschutz über die Haftungsgrundsätze schafft für die tatsächlich noch fehlende Berechtigung zumindest eine Entschädigung.813 Hierzu tritt der Umstand, dass nicht alles, was die Durchsetzungschance einer Rechtsnorm und damit ihre Effektivität erhöht, zugleich eine Sanktion ist. „Effektivität“ betrifft die Frage der Wirksamkeit des Rechts, die Frage ob „law matters“. Damit schließt sie nach Snyder ein „– but is not limited to – implementation, enforcement, impact and compliance.“814 Und weiter: „In other words, effectiveness may include both the effects of legal norms and the following of legal norms.“815 Effektivität ist damit auch eine Frage der Durchführung, der „implementation“ des Rechts.816 Das hat zur Folge, dass auch eine Begrün810
Caranta, CMLRev. 32 (1995), S. 703 (710); Säuberlich, Die außervertragliche Haftung im Gemeinschaftsrecht, S. 51; Streinz, VVDStRL 61 (2002), S. 300 (341 ff.); Streinz, ZEuS 2004, S. 387 (411): „Mehrdimensionalität“ der Begründung des Haftungsanspruchs. So auch in Bezug auf die parallel laufende Argumentation bei der unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien nach Ablauf der Umsetzungsfrist Everling, in: FS Carstens, S. 95 (107 f.); Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 74. 811 So beispielsweise E. Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von Europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 23 mit Fn. 85, für die unmittelbare Anwendbarkeit. 812
Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 76 f. Siehe auch bereits Zuleeg, Das Recht der Europäischen Gemeinschaften im innerstaatlichen Bereich, S. 181, 301 f. 813
Zuleeg, Der rechtliche Zusammenhalt der Europäischen Union, S. 138 f. Kritisch zu dieser an der individuellen Berechtigung orientierten Begründung der Staatshaftung Harlow, ELJ 2 (1996), S. 199 (210 ff.). 814 815 816
S. 12.
Snyder, MLR 56 (1993), S. 19 (19). Snyder, MLR 56 (1993), S. 19 (19), Fn. 3. Gil Ibáñez, The Administrative Supervision and Enforcement of EC Law,
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
249
dung des Staatshaftungsanspruchs in der Effektivität des Unionsrechts nicht zwingend den Sanktionsgedanken erfordert. Vielmehr erfasst eine solche Stützung im effet utile jegliche Maßnahmen, welche die Durchsetzungschancen erhöhen, was auch durch andere Möglichkeiten der Internalisierung von Rechtsnormen geschehen kann, wie der Anerkennung der Autorität des Rechtssetzers oder der Autorität des im legitimen Verfahren gesetzten Rechts, oder, im günstigsten Fall, der Einsicht in die Vernünftigkeit des Gesetzes.817 Grundlegend hat Durkheim für dieses Nebeneinander von Zwang und Anerkennung818 zwischen mechanischer und organischer Solidarität unterschieden.819 Für den europäischen Rechtsraum hat Bieber diese Solidarität der Bürger einer Rechtsgemeinschaft untereinander als zentral für die Geltung des europäischen Rechts konzipiert.820 Die weite Bestimmung der Effektivität führt zu dem Schluss, dass „Wirksamkeit als rechtlicher Erfolg“ zu verstehen ist.821 Ein solcher kann auf vielfältige Weise erreicht werden, wobei Sanktionen nur ein Mittel dazu darstellen. Die Ahndung des europarechtswidrigen mitgliedstaatlichen Verhaltens spielt demnach nur eine untergeordnete Rolle für die Begründung des gemeinschaftlichen Staatshaftungsanspruchs.822 Gleichlaufend muss es auch – nur scheinbar im Gegensatz zu den Entscheidungen des Gerichtshofs zum Diskriminierungsverbot823 – generell abgelehnt werden, eine (zivilrechtliche) Haftung als Sanktion anzusehen, sofern sie nur einen tatsächlich entstandenen Schaden ersetzt.824
817
Siehe nur Habermas, Faktizität und Geltung, S. 91 ff., 146 ff., 154; Luhmann, Legitimation durch Verfahren, passim, insbesondere S. 27 ff.; Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 585. 818
Dazu ausführlich Krawietz, in: Weinberger/Krawietz, Reine Rechtslehre im Spiegel ihrer Fortsetzer und Kritiker, S. 315. 819
Durkheim, Über soziale Arbeitsteilung, S. 118 ff.; 162 ff.
820
Bieber, in: von Bogdandy/Kadelbach, Solidarität und Europäische Integration, S. 41 (45 f.). 821
Zuleeg, in: FS Rodríguez Iglesias, S. 221 (222).
822
Säuberlich, Die außervertragliche Haftung im Gemeinschaftsrecht, S. 64 ff.: „Vorrang des Individualrechtsschutzes“. 823
In den Fällen von Colson und Kamann, Dekker und Marshall II; dazu ausführlich oben, unter 4. Kapitel C.III. 824
van Gerven, CMLRev. 37 (2000). S. 501 (530).
250
5. Kapitel
Kern des gemeinschaftsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist demnach die Sicherung der gemeinschaftsrechtlich intendierten individuellen Rechtsposition zumindest durch sekundären Rechtsschutz. Wenn der Einzelne durch den Schadensersatzanspruch instrumentalisiert wird, erfolgt dies tatsächlich zur Durchsetzung seines eigenen Rechts. Eine Sanktion für den Mitgliedstaat liegt hierin nicht.
II. Unmittelbare Anwendbarkeit als Sanktion? Auf einer vergleichbaren Linie wird argumentiert, dass die unmittelbare Anwendbarkeit der mit Vorrang versehenen Normen des Gemeinschaftsrechts als „Sanktion“ anzusehen sei.825 Das BVerfG spricht in seinem „Kloppenburg“-Beschluss bezüglich der unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinienbestimmungen von einer „neuen Sanktionskategorie“, die neben der Vertragsverletzungsklage gegen den betreffenden Mitgliedstaat stehe.826 Diese These geht von der Annahme aus, dass „la sanction était, en effet, le moyen permettant de rendre sanctus – c’est-à-dire respecté – le droit, donc le moyen, quel qu’il soit, pour assurer le respect précis des règles, pour les rendre effectives ainsi que pour remédier à un éventuel manquement à ces règles“.827 Das bedeutet, dass aus der weit bestimmten Funktion der Sanktion, die Achtung und Einhaltung der Norm zu sichern, auf die Sanktionsqualität einer dem Rechtssystem inhärenten Regel über den Wirkungsmodus der Rechtsnormen in diesem System geschlossen wird. Der Schluss ist jedoch nicht überzeugend, da die Frage des Wirkungsmodus einer Norm auf einer anderen Ebene beantwortet wird als derjenigen, auf welcher
825
E. Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von Europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 21, 23; Timmermans, in: F.I.D.E., La Sanction des Infractions, vol. 2, S. 15 (20 ff.); J. Geiger, in: von Danwitz, Auf dem Wege zu einer europäischen Staatlichkeit, S. 109 (117); Curtin/Mortelmans, in: Curtin/Heukels, Institutional Dynamics of European Integration, S. 423 (443); Tesauro, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 17 (23 f.); Masing, Die Mobilisierung des Bürgers für die Durchsetzung des Rechts, S. 46 f.; Magiera, DÖV 1998, S. 173 (180). 826 827
BVerfG, Beschluss vom 8.4.1987, 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223 (241 f.).
Tesauro, in: van Gerven/Zuleeg, Sanktionen als Mittel zur Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts, S. 17 (17) [Hervorhebung hinzugefügt]. Ebenso Timmermans, in: F.I.D.E., La Sanction des Infractions, vol. 2, S. 15 (20).
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
251
die betreffende Norm steht. Das ist zwar nicht logisch zwingend,828 aber für eine rationale und zweckmäßige Rechtsordnung unerlässlich, da sich sonst die normsetzende Instanz die Fähigkeit anmaßen könnte, selbst festzulegen, welche Rechtswirkungen ihren Rechtsakten zukommen soll.829 Öhlinger schreibt: „Therefore, the specific justifications given to the features of direct effect and supremacy in Van Gend En Loos, Costa v. ENEL, and other famous decisions of the European Court of Justice are to be placed at the very top of the legal order of an integrated Europe.“830 Das hindert nicht, dass die unmittelbare Anwendbarkeit von Primärrecht, hier verstanden als Verfassungsrecht, durch den Verfassungsgeber angeordnet oder verhindert bzw. aufgehoben wird. Genau das ist im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen geschehen, wo Art. 34 Abs. 2 lit. b) Satz 3 EU die unmittelbare Anwendbarkeit der Rahmenbeschlüsse primärrechtlich ausschließt. Ebenso könnte theoretisch die durch den Gerichtshof im Fall van Gend en Loos auf verfassungsrechtlicher Ebene festgestellte unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 12 EWGV (jetzt Art. 25 EG) durch dahingehende Vertragsänderung ausgeschlossen werden. Somit besteht eine Ausnahme zum zuvor Festgestellten darin, dass der Wirkungsmodus von spezifischen Bestimmungen der Verfassung auch „nur“ auf verfassungsrechtlicher Ebene festgelegt werden kann. Das schließt die Möglichkeit ein, dass – wie in Art. 220 EG für den Europäischen Gerichtshof geschehen – ein Verfassungsgericht allgemein mit der Aufgabe betraut wird, „die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung“ der Verfassung (im Wortlaut „des Vertrags“) zu sichern und dabei einzelnen Verfassungsbestimmungen (Vertragsbestimmungen) bestimmte Wirkungen (verfassungs-)richterrechtlich zuzuerkennen. Der unionale Verfassungsgeber ist nicht gehindert, solche richterrechtlichen Entwicklungen zurück zu nehmen oder zu verhindern,831 wobei jedoch einschränkend anzuerkennen ist, dass eine solche Änderung nur einstimmig erfolgen kann, Art. 48 EU.
828
Anders von Arnauld, EuR 2003, S. 191 (201).
829
Eckhoff/Sundby, Rechtssysteme, S. 164, in Bezug auf das Verhältnis zwischen Kompetenznormen und Normen, die von diesen abgeleitet sind. 830
Öhlinger, in: Jyränki, National Constitutions in the Era of Integration, S. 163 (170). 831
von Arnauld, EuR 2003, S. 191 (203).
252
5. Kapitel
Unmittelbare Anwendbarkeit ist damit eine Norm zweiter Ordnung, mit der das Rechtssystem der Europäischen Union eine bestimmte Norm erster Ordnung auszeichnet.832 Weiler bezeichnet dementsprechend den „direct effect“ als „a rule of construction in result“.833 Sanktion und unmittelbare Anwendbarkeit unterscheiden sich demnach in ihrer Rechtssatzqualität. Das hat seinen Grund weniger in der deontischen Struktur der beiden Instrumente (1), als in ihrer unterschiedlichen Zwecksetzung. Letzteres ist Konsequenz des im Vorhergehenden gefundenen unionalen Sanktionsbegriffs (2).
1. Die gleichartige deontische Struktur von Sanktion und unmittelbarer Anwendbarkeit Der Unterschied zwischen Sanktion und unmittelbarer Anwendbarkeit findet seinen Grund nicht in der deontischen Struktur der unmittelbaren Anwendbarkeit, da diese sich normlogisch von der Sanktion nicht unterscheidet.834 Deontisch kann man die unmittelbare Anwendbarkeit folgendermaßen fassen:835 „Unmittelbare Anwendbarkeit der Norm N“ ist eine Eigenschaft C (treffender noch, da sowohl Eigenschaft als auch Fähigkeit und Funktion fassend: eine „capacity“)836 von N, welche besagt, dass N unmittelbar anwendbar ist, wenn bestimmte Bedingungen c1, c2, c3, …, cn erfüllt sind. Allgemein kann man das so fassen: N hat die
832
Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 75 f. 833
Weiler, Yale LJ 100 (1991), S. 2403 (2413).
834
Deontik wird hier verstanden als Logik normativer Aussagen wie beispielsweise von Rechtssätzen, Kunzmann/Burkard/Wiedmann, dtv-Atlas zur Philosophie, S. 211; Kuhn, in: Honderich, Oxford Companion to Philosophy, Eintrag „deontic logic“, S. 186 f. Anders Alexy, Theorie der Grundrechte, S. 45. 835
Das Folgende fußt auf den Ausführungen zur Aussagen- und Prädikatenlogik von Rüßmann, Deduktive Gültigkeit. Allerdings werden hier für ein besseres Verständnis andere Konstanten und Prädikate gewählt. Hauptunterschied zur klassischen deontischen Logik ist, dass tiefgestellte Buchstaben oder Ziffern hier nicht eigene Prädikate oder Konstanten bezeichnen, sondern lediglich bestimmte Prädikate oder Konstanten spezifizieren. Insbesondere werden die folgenden Funktoren der Deontik nicht verwendet: Op (Es ist geboten (bzw. gesollt), dass p); Pp (Es ist erlaubt, dass p); Fp (Es ist verboten, dass p). 836
Öhlinger, in: Jyränki, National Constitutions in the Era of Integration, S. 163 (168).
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
253
Eigenschaft C, wenn c1, c2, c3, …, cn erfüllt sind. Als Formel: (c1 ^ c2 ^ c3 ^ … ^ cn) → C(N). Die Bedingungen für die unmittelbare Anwendbarkeit unionsrechtlicher Individualberechtigungen, die der EuGH im Fall van Gend en Loos aufgestellt hat, sind die folgenden:837 1. Die Rechtssubjektivität des Einzelnen muss vom Unionsrecht prinzipiell anerkannt sein, sodass die betreffende unionale Rechtsnorm von ihrer Rechtsnatur her fähig ist, Rechte und/oder Pflichten des Einzelnen zu begründen (c1). 2. Die betreffende Rechtsnorm muss von ihrem Inhalt her geeignet sein, Rechte des Einzelnen zu begründen (c2). Die Bedingung c1 ist für das Unionsrecht stets erfüllt.838 Die Bedingung c2 ist allgemein erfüllt, wenn die betreffende Bestimmung inhaltlich hinreichend genau, also „vollständig und rechtlich vollkommen“ (c2a) und unbedingt ist (c2b) sowie keines weiteren Aktes zu ihrer Aktualisierung bedarf (c2c).839 Im Falle der Individualberechtigung muss noch der Umstand hinzutreten, dass die betreffende Norm die Verleihung eines subjektiven Rechts bezweckt. Im folgenden wird die allgemeine Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit von Unionsrecht behandelt, unabhängig davon, ob die betreffende Norm ein subjektives Recht zu verleihen bezweckt. Das ist nämlich keine zwingende Voraussetzung dafür, dass eine Norm als unmittelbar anwendbar bezeichnet werden kann. Unmit837
Das Folgende fußt leicht abgewandelt auf E. Klein, Unmittelbare Geltung, Anwendbarkeit und Wirkung von Europäischem Gemeinschaftsrecht, S. 16 f. Siehe auch allgemein zur unmittelbaren Anwendbarkeit völkerrechtlicher Normen Keller, Rezeption des Völkerrechts, S. 13 ff. In Bezug auf die Frage der unmittelbaren Wirkung von Beschlüssen des WTO-Streitbeilegungsorgans im Unionsrecht vgl. von Bogdandy, in: Dörr, Ein Rechtslehrer in Berlin, S. 1 (8 ff.). 838 839
EuGH, Rs. 26/62, van Gend en Loos, Slg. 1963, S. 3 (24 f.).
EuGH, Rs. 26/62, van Gend en Loos, Slg. 1963, S. 3 (25 f.); Rs. 57/65, Lütticke, Slg. 1966, S. 258 (266); Rs. 8/81, Becker, Slg. 1982, S. 53, Rn. 25; Rs. C141/00, Kügler, Slg. 2002, S. I-6833, Rn. 51. Siehe auch Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 5/56 f.; Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 58; Oppermann, Europarecht, Rn. 629; Uerpmann, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 339 (346 f.). Zu dieser „‚Kondensierung’ des zweiten Prüfungsschritts“ (von Bogdandy, in: Dörr, Ein Rechtslehrer in Berlin, S. 1 (10), Fn. 22) aus jüngerer Zeit näher: EuGH, verb. Rs. C-465/00, C-138/01 und C-139/01, ORF, Slg. 2003, S. I-4989, Rn. 100.
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telbare Anwendbarkeit erfordert nicht, dass die betreffende Norm ein subjektives Recht verleiht.840 Im Vorhergehenden wurde gesagt, dass die unmittelbare Anwendbarkeit eine Eigenschaft einer Norm sei, nach welcher diese bei Erfüllung bestimmter Bedingungen unmittelbar anwendbar sei. Diese Beschreibung ist jedoch insofern nicht gänzlich zutreffend, als eine Norm erst dann unmittelbar anwendbar ist, wenn sie auch tatsächlich unmittelbar angewandt wird. Damit stellt sich die Eigenschaft der unmittelbaren Anwendbarkeit selbst als kontrafaktische Aussage normativen Charakters dar. Die Eigenschaft C einer beliebigen Norm Nx ist demnach vielmehr selbst ein Rechtssatz und kann als ein solcher gefasst werden: „Nx soll unmittelbar anwendbar sein.“ Die Eigenschaft C ist mithin in Hinblick auf die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der Norm Nx die eigenständige Norm NuA(Nx). Man kann nun sagen, dass für alle Normen des Unionsrechts gilt, dass sie unmittelbar anwendbar sein sollen, wenn die hierfür erforderlichen Bedingungen c2a, c2b, und c2c erfüllt sind, oder: (∀N) [(c2a ^ c2b ^ c2c) → NuA(Nx)], wobei ∀ den logischen Allquantor darstellt841 und NuA(Nx) für die Aussage steht, dass Nx sein soll und dieses Sollen unmittelbar anwendbar sein soll.842 Das ist nichts anderes als die formelhafte Anwendung dessen auf die unmittelbare Anwendbarkeit als Rechtssatz, was Luhmann als eine zentrale Eigenschaft des positiven Rechts herausgearbeitet hat: die „konditionale Programmierung“ von Entscheidungen.843 Als eigenständige Norm wäre NuA demnach grundsätzlich selbst der unmittelbaren Anwendbarkeit fähig, erfüllt die hierfür erforderlichen Bedingungen aber nicht, da sie hierfür eines weiteren Aktes bedarf, nämlich der Setzung einer Norm, die unmittelbar anwendbar sein soll. 840
Statt vieler Uerpmann, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 339 (347). 841
Kunzmann/Burkard/Wiedmann, dtv-Atlas zur Philosophie, S. 211; Williams, in: Honderich, Oxford Companion to Philosophy, Eintrag „quantifier“, S. 737 („universal quantifier“). 842
Mit den klassischen deontischen Funktoren (siehe Fn. 835) kann man dies so fassen: (∀N) [(c2a ^ c2b ^ c2c) → Op], wobei p hier allgemein für den Satz steht: „N ist unmittelbar anwendbar“ und O für den Satz „Es ist geboten, dass...“. 843
Luhmann, in ders., Ausdifferenzierung des Rechts, S. 113 (140 ff.) = Luhmann, Jahrbuch für Rechtssoziologie und Rechtstheorie 1 (1970), S. 175 (193 ff.).
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
255
NuA ist ohne eine Norm Nx, auf die sie sich bezieht, ohne Aussage, ist also stets transitiv. Auch die Sanktion ist ein Rechtssatz NS, der besagt: „Auf ein bestimmtes Verhalten bx soll eine bestimmte Reaktion px erfolgen.“, wobei p die aktualisierte oder durchgeführte Sanktion ist.844 Weinberger schreibt: „Die Sanktion ist eine gesollte Folge, die durch Pflichtverletzung bedingt ist […]. Soweit die Sanktion auch Tatsache ist, ist sie Realisation dieses Sollens (gesollte und durchgeführte Sanktion).845 Die Sanktion ist – mit Theodor Geiger – eine an die Sanktionsinstanz gerichtete „sekundäre Reaktionsnorm“.846 Kelsen hat diesen Umstand – etwas anders – in die folgenden Worte gefasst: „Wenn eine Gesellschaftsordnung, wie die Rechtsordnung, ein Verhalten dadurch gebietet, dass sie für den Fall des gegenteiligen Verhaltens eine Sanktion als gesollt statuiert, kann man diese Sachlage in einem Satze beschreiben, der aussagt, dass im Falle eines bestimmten Verhaltens eine bestimmte Sanktion eintreten soll. […] Das Gesolltsein der Sanktion schließt das Verboten-sein des Verhaltens, das ihre spezifische Bedingung ist, das Geboten-sein seines Gegenteils in sich. Dabei ist zu beachten, dass mit „Geboten“- oder „Verboten“sein eines bestimmten Verhaltens nicht das Gesollt-sein dieses Verhaltens oder seines Gegenteils, sondern das Gesollt-sein der Folge dieses Verhaltens, das ist: der Sanktion, gemeint ist. Das gebotene Verhalten ist nicht das gesollte Verhalten; gesollt ist die Sanktion. Das Geboten-sein eines Verhaltens bedeutet, dass das Gegenteil dieses Verhaltens Bedingung des Gesollt-seins der Sanktion ist.“847 Die Sanktion S teilt als Rechtssatz mit dem der unmittelbaren Anwendbarkeit das Schicksal, dass sie ohne Bezug auf eine andere Norm ohne Aussage ist, denn allgemein gilt: (c1 ^ c2 ^ c3 ^ ... ^ cn) → NS, oder in Worten: „Wenn die Bedingungen c1, c2, c3, ..., cn erfüllt sind, gilt die Norm NS, die besagt, dass die Sanktion S verhängt werden soll“.848 Die 844 845
Weinberger, ARSP 84 (1998), S. 263 (265). Weinberger, in: Lenk, Normenlogik, S. 89 (94) [Hervorhebung im Origi-
nal]. 846 847 848
Th. Geiger, Vorstudien zu einer Soziologie des Rechts, S. 169 ff. Kelsen, Reine Rechtslehre, S. 26.
Mit den klassischen deontischen Funktoren (siehe Fn. 835) kann man dies so fassen: (c1 ^ c2 ^ c3 ^ ... ^ cn) → Op, wobei p hier allgemein für den Satz steht: „Es wird eine Sanktion verhängt“ und O für den Satz „Es ist geboten, dass...“.
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5. Kapitel
Bedingung für die Verhängung einer Sanktion ist das Verhalten bx, welches in der Nichterfüllung der bestimmten Norm Nx liegt. Das die Norm erfüllende Verhalten bx sei n, während das die Norm verletzende Verhalten ¬ n sei.849 Dann hat dies zur Folge: ¬ n → NS,850 oder in Worten: Wenn ein die Norm Nx verletzendes Verhalten ¬ n vorliegt, soll die Sanktion S verhängt werden.851 Die Sanktion hängt also immer von einer verletzten Norm ab. Als Rechtssatz ist sie demnach ebenso transitiv wie die unmittelbare Anwendbarkeit als Rechtssatz. Es sei hier ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht gilt: „Wenn das normverletzende Verhalten vorliegt, dann hat dies die Sanktion zu Folge“, also ¬ n → S, da in diesem Fall die Sanktion die logische Folge des normverletzenden Verhaltens wäre. Das ist aber nicht zwingend der Fall, da noch ein Verhalten des sanktionierenden Subjekts erforderlich ist, welches aus verschiedenen Gründen unterbleiben kann.852 Vielmehr hat ¬ n die Folge, dass das sanktionierende Subjekt eine Sanktion verhängen soll. Das verdeutlicht den normativen Charakter des Sanktionsbegriffs.853 Die Sanktion, die auf einen Rechtsbruch folgt, ist somit ebenso als Rechtssatz zu verstehen wie die unmittelbare Anwendbarkeit einer Norm. Deontisch sind sie sich ähnlich. Es ist also aus normlogischen Gesichtspunkten nicht ausgeschlossen, die unmittelbare Anwendbarkeit als Sanktion zu verstehen.
2. Die unterschiedliche Zwecksetzung von Sanktion und unmittelbarer Anwendbarkeit a) Ablehnung der individualverpflichtenden Wirkung von Richtlinien Sanktion und unmittelbare Anwendbarkeit unterscheiden sich dadurch, dass erstere – so der gefundene unionale Sanktionsbegriff – von ihrer Zwecksetzung her einen Rechtsbruch gleichsam bestrafen möchte, wäh849
In der deontischen Literatur wird das normverletzende Verhalten auch non-n geschrieben. 850
Bzw. mit den klassischen deontischen Funktoren (siehe Fn. 835): ¬ n → Op, wobei p hier allgemein für den Satz steht: „Es wird eine Sanktion verhängt“ und O für den Satz „Es ist geboten, dass...“. 851 852 853
Siehe näher Weinberger, in: Lenk, Normenlogik, S. 89 (100 f.). Weinberger, in: Lenk, Normenlogik, S. 89 (101). Weinberger, in: Lenk, Normenlogik, S. 89 (108).
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
257
rend die unmittelbare Anwendbarkeit dem Einzelnen zu seinen Rechten verhelfen soll. Wäre das nicht so, müsste beispielsweise Richtlinien eine individualverpflichtende Wirkung zukommen können, da auch eine solche der Effektivität des Gemeinschaftsrechts dienen würde. Jedoch wird das allgemein abgelehnt.854 Im Gegenteil ist der Schutz des Individualinteresses also tragende Stütze der unmittelbaren Anwendbarkeit des Unionsrechts.855 Damit zeigt sich auch das Rechtsinstitut der unmittelbaren Anwendbarkeit nicht als Sanktionskategorie, sondern als Mittel zur Effektivierung der unionsrechtlich gewünschten Individualberechtigung.856 Im „Kloppenburg“-Beschluss hat auch das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung der unmittelbaren Anwendbarkeit für den subjektiven Rechtsschutz anerkannt,857 um dann jedoch zuvörderst auf die „neue Sanktionskategorie“ abzustellen.858
b) Unmittelbare Anwendbarkeit als Ausgangspunkt des europäischen Konstitutionalisierungsnarrativs (i) Unmittelbare Anwendbarkeit und europäische Konstitutionalisierung Die Lesart, dass die unmittelbare Anwendbarkeit eine vorrangig rechtsschutzspezifische Funktion hat, drängt sich schließlich durch die Ein854
EuGH, Rs. 152/84, Marshall, Slg. 1986, S. 723, Rn. 48; verb. Rs. 372374/85, Traen, Slg. 1987, S. 2141, Rn. 24; Rs. 14/86, Pretore di Salò/X, Slg. 1987, S. 2545, Rn. 19; Rs. 80/86, Kolpinghuis Nijmegen, Slg. 1987, S. 3969, Rn. 13; Rs. C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, S. I-3325, Rn. 20 ff. Ausführlich und differenziert Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 82 ff. Zweifel am Fortbestand dieser Doktrin erhielten Nahrung durch verb. Rs. C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a., Slg. 2004, S. I-8835, Rn. 110 ff. Siehe aber klarstellend verb. Rs. C-387/02, C-391/02 und C-403/02, Berlusconi u.a., Slg. 2005, S. I-3565, Rn. 72 ff. 855
Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 74; W. Schroeder, JuS 2004, S. 180 (186); Streinz, ZEuS 2004, S. 387 (411 f.). 856
Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 74 ff.; Tomuschat, RdC 281 (1999), S. 9 (150 f.). 857
BVerfG, Beschluss vom 8.4.1987, 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223 (240 f.); unter Verweis auf seinen Milchpulver-Beschluss vom 9.6.1971, 2 BvR 255/69, BVerfGE 31, 145 (174 f.). 858
Kritisch wie hier W. Schroeder, Das Gemeinschaftsrechtssystem, S. 462 f.
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ordnung dieses Instituts in die Fundamente der Europäischen Union und seine Bedeutung für ihre Konstitutionalisierung auf.859 Die Erzählung der europäischen Integration als einer Geschichte der Verrechtlichung, dieses Narrativ europäischer Konstitutionalisierung, stützt sich zu einem großen Teil – vor allem neben der Entwicklung des Vorrangs860 – auf die unmittelbare Anwendbarkeit.861 Dieses Konstitutionalisierungsnarrativ ist bereits im Urteil des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache van Gend en Loos angelegt,862 und im ersten EWRGutachten ausdrücklich angesprochen.863
(ii) Das Individuum im Zentrum der Konstitutionalisierung als rechtlicher Einhegung der Globalisierung Konstitutionalisierung kann gerade im internationalen Kontext als Verrechtlichung von gesellschaftlichen (Teil-)Systemen – insbesondere von Herrschaftsbeziehungen – verstanden werden, sei es auf nationaler, inter- bzw. transnationaler oder supranationaler Ebene.864 Eine solche Verrechtlichung bedarf zwar auch einer ausreichenden Durchsetzung, wozu Sanktionen ein Mittel wären. Jedoch zeichnet sich Konstitutiona-
859 860
Weiler, JCMSt 21 (1982), S. 39 (42 f.). EuGH, Rs. 6/64, Costa, Slg. 1964, S. 1253, S. 1269 f.
861
So vor allem Weiler, Yale LJ 100 (1991), S. 2403 (2413 f.). E. Stein, AJIL 75 (1981), S. 1 (3 ff.). Dazu kritisch Schilling, Harvard International Law Journal 37 (1996), S. 389 (396 ff.). Hiergegen wiederum Weiler/Haltern, Harvard International Law Journal 37 (1996), S. 411 (420 ff.). Siehe auch von Bogdandy, in: ders., Europäisches Verfassungsrecht, S. 149 (164); Brunkhorst, Demokratie ernst genommen, S. 4, 8 f.; Giegerich, Europäische Verfassung und deutsche Verfassung im transnationalen Konstitutionalisierungsprozess, S. 265 f., 321 f., 341 f., 741, 998 ff.; Haltern, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 803 (805); Möllers, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 1 (48), Pescatore, ELRev. 8 (1983), S. 155 (158); Petersmann, JIEL 2 (1999), S. 189 (220 f.). Deutlich auch bereits Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 2/52: unmittelbare Anwendbarkeit als Teil des verfassungsrechtlichen Prinzips der Supranationalität. 862 863 864
EuGH, Rs. 26/62, van Gend en Loos, Slg. 1963, S. 3 (25). EuGH, Gutachten 1/91, EWR I, Slg. 1991, S. I-6079, Rn. 21.
Dazu näher Möllers, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 1 (9 ff., 47 ff.). Knapp und präzise zur WTO: Stoll/ Schorkopf, WTO, Rn. 773.
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
259
lisierung vorrangig durch einen herrschaftsbegrenzenden Aspekt aus,865 dem genauen Gegenteil dessen, was mit Sanktionen oder sonstigen Durchsetzungsmitteln bezweckt ist. Das ist Folge der grundsätzlicheren Ausrichtung des sich konstitutionalisierenden Verbands auf die Individuen.866 Einen anderen Schwerpunkt bildet hingegen die Bestimmung der Konstitutionalisierungsprozesse als „die Herausbildung übergeordneter Regelungsinhalte und -strukturen, die sich im Kern durch ihre Ausrichtung auf globale öffentliche Güter auszeichnen“.867 Damit wird Konstitutionalisierung als rechtlich verfasste Anpassung der internationalen 865
Bryde, Der Staat 42 (2003), S. 61 (62); Fischer-Lescano, ARSP 88 (2002), S. 349 (374 f.); Giegerich, Europäische Verfassung und deutsche Verfassung im transnationalen Konstitutionalisierungsprozess, S. 321 f.; Habermas, in: ders., Der gespaltene Westen, S. 113 (136 ff.); Kunig, AVR 41 (2003), S. 327 (333 f.); Möllers, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 1 (47); PereiraMenaut, Tulane European & Civil Law Forum 18 (2003), S. 75 (86) („negative constitutionalism“); Thürer, AVR 41 (2003), S. 314 (316 ff.). Zum herrschaftsbegründenden Aspekt der Konstitutionalisierung näher Möllers, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 1 (4 ff.). Ebenso für das inter- und transnationale Recht aus systemtheoretischer Perspektive – wenn auch weniger auf die Begründung von Herrschaft ausgerichtet als auf die Verrechtlichung (verstanden als die autopoietische Begründung von Recht in) einer „Vielheit von autonomen weltgesellschaftlichen Teilsystemen“ –, Teubner, ZaöRV 63 (2003), S. 1 (6, 13 ff.); Fischer-Lescano, ZaöRV 63 (2003), S. 717 (720 ff., 738 ff.). Zur lex mercatoria siehe ausführlich Zumbansen, RabelsZ 67 (2003), S. 637 ff. 866 Zur Bedeutung des Individuums für den Prozess der Konstitutionalisierung näher Frowein, Völkerrecht – Menschenrechte – Verfassungsfragen Deutschlands und Europas, S. 173 (183 ff.); Habermas, in: ders., Der gespaltene Westen, S. 113 (122 ff.); Thürer, AVR 41 (2003), S. 314 (325); Petersmann, JIEL 2 (1999), S. 189 (232 f.), der Konstitutionalisierung letztlich als Juridifizierung im Sinne der Schaffung verbindlicher Streitschlichtungsmechanismen durch Dritte (De Bièvre, Governance in International Trade, S. 2), also als Vergerichtlichung, versteht. Siehe auch Schilling, Jean Monnet Working Paper 06/05, passim, der Konstitutionalisierung ausschließlich als Übertragung des im modernen Verfassungsstaat erreichten Menschenrechtsschutzes auf internationale Rechtsstrukturen begreift und den Begriff damit in zweierlei Hinsicht zu eng fasst. 867
Tietje, DVBl. 2003, S. 1081 (1088). Siehe auch Tomuschat, RdC 281 (1999), S. 9 (72 ff., insbesondere 77 ff.), unter der Perspektive der internationalen Gemeinschaft; ebenso Kokott/Doehring/ Buergenthal, Völkerrecht, Rn. 34; dazu Nettesheim, JZ 2002, S. 569 (569 f., 572); von Bogdandy, ZaöRV 63 (2003), S. 853 (864 f.).
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5. Kapitel
Beziehungen an die (Folgen der) Globalisierung verstanden,868 als „Qualitätsmerkmal eines globalisierungsadäquaten Völkerrechts“.869 Einfach zusammengefasst zeichnet sich Globalisierung – mit Ulrich Beck gesprochen – durch die Externalisierung von „Zivilisationsrisiken“ aus.870 Die „Risikogesellschaften“ lassen „objektive ‚Gefährdungsgemeinsamkeiten’ entstehen, die letztlich nur im Rahmen der Weltgesellschaft aufgefangen werden können“.871 Die Rede von der Globalisierung erkennt an, dass sich politische, rechtliche, ökonomische Entscheidungen über die Grenzen des (in der Regel noch) nationalen Raumes hinaus auswirken können, innerhalb dessen der jeweilige Entscheidungsträger agiert.872 Das schafft Risiken für die dadurch grenzüberschreitenden Interessen von Staaten und Individuen. Nur beispielhaft ist bei der Globalisierung politischer Entscheidungen an die Probleme demokratischer Legitimation zu denken, bei rechtlichen Entscheidungen an Schwierigkeiten bei der Erlangung von Rechtsschutz oder die unterschiedliche strafrechtliche Verantwortlichkeit übernational agierender Unternehmensverantwortlicher sowie bei wirtschaftlichen Entscheidungen an die Fragen staatlicher sozialer Sicherung, ohne dass dieser ein Ausgleich durch ausreichendes Steueraufkommen entspricht.873 Das sind tatsächlich Fragen des „die Summe der 868
Habermas, in: ders., Der gespaltene Westen, S. 113 (176), schreibt etwas abgeschwächter, dass „die postnationale Konstellation einer fortschreitenden Konstitutionalisierung des Völkerrechts auf halbem Wege entgegen“ komme. 869
von Bogdandy, ZaöRV 63 (2003), S. 853 (857).
870
Beck, Risikogesellschaft, S. 48 ff. Zum schillernden Begriff der Globalisierung näher von Bogdandy, ZaöRV 63 (2003), S. 853 (854 ff.); Kadelbach, ZaöRV 64 (2004), S. 1 (3 ff.). 871
Beck, Risikogesellschaft, S. 63. So auch für das internationale Umweltrecht Wolfrum/Matz, Conflicts in International Environmental Law, S. 159 ff. Siehe aus ökonomischer Perspektive beschreibend Stiglitz, Die Schatten der Globalisierung, S. 23 f.: „engere Verflechtung von Ländern und Völkern der Welt, die durch die enorme Senkung von Transport- und Kommunikationskosten herbeigeführt wurde, und die Beseitigung künstlicher Schranken für den ungehinderten grenzüberschreitenden Strom von Gütern, Dienstleistungen, Kapital, Wissen und (in geringerem Grad) Menschen“, mit der Folge: „globale Politikgestaltung ohne globale Regierung“, ebd., S. 36 [Hervorhebung im Original]. 872 873
F. Müller, KJ 2004, S. 194 (194 ff.).
Brunkhorst, Solidarität, passim, für hier insbesondere S. 105 f., 159, 166, 180. Ausführlich auch Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen, passim.
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261
Staatsinteressen transzendierenden Gemeinschaftsinteresses“ (Bryde). Von globalen öffentlichen Gütern wird jedoch nur gesprochen, wenn es sich um „der Menschheit zugeordnete Rechtsgüter“ handelt, wie dem Weltraum, der Hohen See oder der weltweiten Ökologie.874 Zwar ist es überzeugend, den Schutz der Menschenrechte allgemein auch zu diesen globalen öffentlichen Gütern zu zählen.875 Damit drängt sich jedoch ein an der Effektivität orientiertes Verständnis des internationalen Rechts der globalen öffentlichen Güter auf. Effektivität der Menschenrechte heißt aber in erster Linie nicht Stärkung der sanktionierenden Durchsetzungsmittel beispielsweise durch internationales Strafrecht (dieses kann im Rahmen eines der rule of law verpflichteten Völkerrechts auch nur ultima ratio der Stärkung des Menschenrechtsschutzes sein)876, sondern vielmehr die Verbesserung der Möglichkeiten, für ihre Verletzung Rechtsschutz zu erlangen.
Siehe weiter Stiglitz, Die Schatten der Globalisierung, S. 256 ff. Differenziert Ladeur, EUI Working Paper LAW No. 2003/4, S. 1 ff. 874
Bryde, Der Staat 42 (2003), S. 61 (63 f.). Zum internationalen Umweltrecht instruktiv Wolfrum/Matz, Conflicts in International Environmental Law, S. 4 ff.; Kokott/Doehring/ Buergenthal, Völkerrecht, Rn. 377. 875
So Tomuschat, RdC 281 (1999), S. 9 (63 f., 80, 85); Giegerich, Europäische Verfassung und deutsche Verfassung im transnationalen Konstitutionalisierungsprozess, S. 7; F. Müller, KJ 2004, S. 194 (199). Siehe auch zur Bedeutung der Menschenrechte für das „Rechtssystem der Weltgesellschaft“ Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 574 ff., der aber eine Konstitutionalisierung im Sinne einer Verfassungsgebung für die Weltgesellschaft pauschal ausschließt, ebd., S. 582: „die strukturelle Kopplung des politischen Systems und des Rechtssystems über Verfassungen [hat] auf der Ebene der Weltgesellschaft keine Entsprechung“. Ausführlich zur Weltgesellschaft Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, S. 145 ff. 876
Auch wenn hier angesichts der bestehenden Beschränkungen rechtlicher wie faktischer Natur noch nichts zu besorgen ist. Zu den rechtlichen Beschränkungen gehört der Gedanke, dass das Völkerstrafrecht „in erster Linie die friedliche Koexistenz der Staaten gegen schwerste Beeinträchtigungen zu sichern“ habe, sowie seine Subsidiarität gegenüber dem staatlichen Strafanspruch, Triffterer, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, S. 169 (175, 200) [Hervorhebung hinzugefügt]. Zu den faktischen Beschränkungen gehört der Umstand, dass die Staaten nach wie vor behutsam mit diesem Instrument umgehen, wie nicht erst die Verhandlungen zur Einrichtung eines Ständigen Internationalen Strafgerichtshofs gezeigt haben, Tomuschat, in: Hankel/Stuby, Strafgerichte gegen Menschheitsverbrechen, S. 270 (274).
262
5. Kapitel
(iii) Rechtsschutzorientierte Begründung der unmittelbaren Anwendbarkeit: Das Gegenbeispiel der innerunionalen Wirkung von DSB-Beschlüssen? Die Perspektive der Konstitutionalisierung lenkt den dogmatischen Fokus demnach auf die rechtsschutzorientierte Begründung der unmittelbaren Anwendbarkeit – weg von der Frage der Effektivität des Unionsrechts. Das bedeutet nicht, dass aus einer rechtspolitischen Forderung nach einer stärkeren Verrechtlichung internationaler Beziehungen zwingend auf die unmittelbare Wirkung der internationalrechtlichen Verpflichtungen im internen Bereich geschlossen werden darf.877 Das zeigt die Debatte um die innerunionale Wirkung von Entscheidungen des WTOStreitbeilegungsorgans (Dispute Settlement Body, DSB) in den Rechtssachen Biret.878 Generalanwalt Alber stützte seine Annahme eines Schadensersatzanspruchs gegen die Union nach Art. 288 Abs. 2 EG wegen mangelhafter Umsetzung einer Entscheidung des DSB auf die unmittelbare Wirkung dieses Beschlusses.879 Die unmittelbare Wirkung folge aus einer Verrechtlichung der internationalen Handelsbeziehungen durch die Vereinbarung über Regeln und Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten (Dispute Settlement Understanding, DSU).880 Die Aner877
Ausführlich für das WTO-Recht von Bogdandy, in: Dörr, Ein Rechtslehrer in Berlin, S. 1 (11 ff.). 878
EuGH, Rs. C-93/02 P, Biret International/Rat, Slg. 2003, S. I-10497; sowie Rs. C-94/02 P, Établissements Biret/Rat, Slg. 2003, S. I-10565. Die Randnummern weichen in den beiden Urteilen und den Schlussanträgen nur in ihrer Nummerierung voneinander ab, sind aber in den Rechtsfragen übereinstimmend. Im Folgenden werden – im Anschluss an von Bogdandy, in: Dörr, Ein Rechtslehrer in Berlin, S. 1 (2), Fn. 4 – die Randnummern der Ausführungen von EuGH und Generalanwalt in der Rs. C-94/02 P herangezogen. 879
Im Sinne eines solchen „organrechtszentrierten Ansatzes“ lassen sich die Ausführungen in den Schlussanträgen des GA Alber, in: Rs. C-94/02 P, Établissements Biret/Rat, Slg. 2003, S. I-10565, Rn. 71, lesen. Eine andere Möglichkeit wäre es gewesen, die Schutznorm in der abstrakten vertraglichen „Norm in dem von der Entscheidung erfassten Sachverhalt“ zu sehen, wie es wohl der EuGH, Rs. C-94/02 P, Établissements Biret/Rat, Slg. 2003, S. I-10565, Rn. 60, in einem „Verbundansatz“ tat. Ausführlich und begriffsbildend von Bogdandy, in: Dörr, Ein Rechtslehrer in Berlin, S. 1 (6 ff.). 880
So die Zusammenfassung der Schlussanträge des GA Alber, in: Rs. C94/02 P, Établissements Biret/Rat, Slg. 2003, S. I-10565, Rn. 70 ff., insbes. Rn. 74, bei von Bogdandy, in: Dörr, Ein Rechtslehrer in Berlin, S. 1 (10 f.).
Anwendungen des unionalen Sanktionsbegriffs
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kennung der unmittelbaren Wirkung einer DSB-Entscheidung im Unionsrecht sei letztlich nur die Verwirklichung des Legalitätsprinzips durch den Europäischen Gerichtshof.881 Der Europäische Gerichtshof schloss sich den Ausführungen des Generalanwalts nicht an. Zwar ist es nach seinem Urteil wohl nicht gänzlich ausgeschlossen, dass nach Art. 288 Abs. 2 EG Schadensersatz wegen der Verletzung von WTO-Recht zu leisten sein kann. Allerdings konnten die Klägerinnen keinen relevanten Schaden geltend machen.882 Die ablehnende Haltung des Gerichtshofs überzeugt schon deswegen, da die Anerkennung des vom Generalanwalt vorgebrachten – und im Übrigen rechtsdogmatisch nicht näher begründeten – Legalitätsprinzips ja auch vielmehr für eine Berücksichtigung im Rahmen des Primärrechtsschutzes durch die kassatorische Nichtigkeitsklage nach Art. 230 Abs. 4 EG als im Rahmen des Sekundärrechtsschutzes durch die Schadensersatzklage nach Art. 288 Abs. 2 EG streiten würde.883 Das letztgenannte Argument würde nicht ausschließen, aus einer stärkeren Verrechtlichung eines internationalen Rechtssystems auf eine unmittelbare Wirkung dieses Rechts im internen Recht einer dazu gehörigen Teilrechtsordnung zu schließen, da es letztlich nur eine Frage der genauen Zuweisung von internen Rechtsfolgen betrifft. Es ist jedoch fraglich, ob man aus einem allgemeinen Prinzip der Verrechtlichung eine solche materielle Rechtsfolge herleiten kann, wie es die Zuordnung unmittelbarer Anwendbarkeit zu einem Rechtssatz bedeutet. Ein solcher Schluss scheint eher rechtspolitischer Natur als rechtsdogmatisch zwingend zu sein. Die Schlussfolgerung setzte zudem schon zuvor voraus, dass man überhaupt von einem „Prinzip“ (oder Grundsatz) der Verrechtlichung sprechen kann. Zwar ist es möglich, wie Generalanwalt Alber von einem Legalitätsprinzip zu reden. Das würde nach deutscher Terminologie vor allem den Grundsatz des Primats des Rechts erfassen mit seinen Implikationen beispielsweise für die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung.884 Ein so verstandenes Legalitätsprinzip könnte auch grundsätzlich für eine 881
Schlussanträge des GA Alber, in: Rs. C-94/02 P, Établissements Biret/Rat, Slg. 2003, S. I-10565, Rn. 103. 882 EuGH, Rs. C-94/02 P, Établissements Biret/Rat, Slg. 2003, S. I-10565, R. 60 ff. 883
Näher von Bogdandy, in: Dörr, Ein Rechtslehrer in Berlin, S. 1 (11 ff., 20 f.). Anders Zonnekeyn, JIEL 6 (2003), S. 761 (765 f.). 884
Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, Rn. 195.
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5. Kapitel
Annahme unmittelbarer Anwendbarkeit von Rechtsnormen streiten. Im vorliegenden Zusammenhang wird aber auf ein Legalitätsprinzip in den internationalen Beziehungen durch eine verfälschende Verwendung des Begriffes der Verrechtlichung dieser Beziehungen geschlossen. „Verrechtlichung“ kann nur Beschreibung eines mehr oder weniger dynamischen Zustands bedeuten, aus welcher ein normatives Prinzip wie das der Legalität nicht ohne weiteres hergeleitet werden kann. Aus einer bei der Analyse sozialer Beziehungen festgestellten Verrechtlichung dieser Beziehungen kann im Ergebnis nicht zwingend auf die unmittelbare Anwendbarkeit der dabei entstehenden Rechtsnormen geschlossen werden.
3. Zwischenergebnis Der im Rahmen dieser Studie herausgearbeitete europarechtliche Sanktionsbegriff erfasst nach alledem nicht die unmittelbare Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts. Letztere hat eine rechtsschutzspezifische Ausrichtung. Hiervon zu unterscheiden ist die im 2. Kapitel aufgezeigte rechtsschutzspezifische Funktion der gerichtlichen Feststellung, dass eine Sanktion vorliegt. Die unmittelbare Anwendbarkeit ist Rechtsschutz, während der Sanktionsbegriff Rechtsschutz eröffnen soll.
B. Ergebnis: Staatshaftung und unmittelbare Anwendbarkeit sind keine Sanktionen Damit bleibt festzuhalten, dass weder die gemeinschaftsrechtliche Staatshaftung noch die unmittelbare Anwendbarkeit des Unionsrechts als Sanktionen anzusehen sind. Das gilt für die unmittelbare Anwendbarkeit noch stärker als für die Staatshaftung, da bei letzterer der Gedanke der Ahndung eines gemeinschaftsrechtswidrigen Verhaltens eines Mitgliedstaats zumindest auch eine Rolle spielt. Der unionale Sanktionsbegriff erfasst die beiden Rechtsinstitute nicht.
Zusammenfassung und Ausblick A. Zusammenfassung Die vorliegende Untersuchung hatte die Sanktion im Recht der Europäischen Union zum Gegenstand. Im 1. Kapitel wurden die Grundlagenfächer auf eine mögliche Bestimmung des Sanktionsbegriffs untersucht. Dabei wurde auch die Rolle der Sanktion für die Geltung und Wirksamkeit von Recht im Allgemeinen diskutiert. Es war festzustellen, dass der Begriff der Sanktion in den Grundlagenfächern ebenso umstritten und ungeklärt ist wie in der europarechtswissenschaftlichen Literatur. Daneben wird sowohl in Rechtstheorie als auch in Rechtssoziologie und Rechtsphilosophie der Begriff des Zwangs verwendet. Das geschieht teilweise synonym mit dem Begriff der Sanktion. Teilweise aber fasst der Begriff des Zwangs auch andere Inhalte als der Begriff der Sanktion. Die Begrifflichkeiten werden zumeist bei der Frage diskutiert, inwieweit Zwang und Sanktion erforderlich sind, um bei der Betrachtung eines sozialen Systems von „Recht“ sprechen zu können. Dementsprechend floss bei der Analyse der Begriffsbestimmungen in den Grundlagenfächern auch die Diskussion um die Frage ein, was Recht sei. Dabei konnte die Tendenz ausgemacht werden, dass von der rechtsphilosophischen Debatte über die rechtstheoretische bis zur rechtssoziologischen Diskussion zunehmend Sanktion und Zwang als für Recht konstitutive Elemente ausgemacht werden. Letztlich konnten in den Grundlagenfächern bedeutende Erkenntnisse zu den Begriffen Sanktion und Zwang gefunden werden, die bei einer Suche nach dem unionalen Sanktionsbegriff unterstützend herangezogen werden können. Als Elemente einer Begriffbestimmung ließ sich in allen Teildisziplinen herausarbeiten, dass es sich bei einer Sanktion um ein Übel handeln muss, dass einem normwidrig handelnden Rechtssubjekt zum Zweck kontrafaktischer Normstabilisierung auferlegt wird. Allerdings ist für eine präzise Definition des unionalen Begriffs der Sanktion eine Anbindung an die europarechtliche Dogmatik vonnöten. Im 2. Kapitel wurde aufgezeigt, dass dem Begriff der Sanktion eine eigenständige rechtsschutzspezifische Funktion zukommt. Zwischen der Verhängung einer Sanktion und der Geltung der Verfahrensrechte beS. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_6, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
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266
Zusammenfassung und Ausblick
steht in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Gerichts erster Instanz ein Zusammenhang dahingehend, dass sich der von einer Maßnahme Betroffene dann im sicheren Bereich der Verteidigungsrechte befindet, wenn die betreffende Maßnahme eine Sanktion darstellt. Die (gerichtliche) Feststellung, dass eine Sanktion vorliegt, eröffnet den Anwendungsbereich der Verteidigungsrechte. Hierin liegt in mehrfacher Hinsicht eine rechtsschutzspezifische Wirkung: Zum einen dienen die Verteidigungsrechte dem präventiven Rechtsschutz durch die Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens. Dadurch wird zugleich der judikative Rechtsschutz erleichtert und verbessert. Schließlich fungiert die Feststellung, dass eine Sanktion vorliegt, auch rechtswegeröffnend, da eine Klagebefugnis vorliegt, wenn ein Unionsorgan eine Sanktion erlassen hat. Dagegen kommt dem Sanktionsbegriff keine eigenständige Bedeutung hinsichtlich der Abgrenzung von unionalen und mitgliedstaatlichen Kompetenzen zu. Die rechtsschutzspezifische Funktion des Sanktionsbegriffs macht es über das wissenschaftliche Bedürfnis nach klaren und einheitlichen Begrifflichkeiten hinaus dogmatisch erforderlich, den unionalen Sanktionsbegriff zu definieren. Die wichtigste Abgrenzung war diejenige zur beschwerenden Maßnahme, die in einer Rechtsprechungslinie die rechtsschutzspezifische Funktion des Sanktionsbegriffs übernahm. Es wurde herausgearbeitet, dass eine Sanktion einen Unterfall der „beschwerenden Maßnahme“ darstellt, der zugleich als Regelbeispiel oder Referenzbegriff bei der Unterscheidung herangezogen werden kann, welche sonstigen Maßnahmen die Anwendbarkeit der gemeinschaftsrechtlichen Verfahrensgarantien eröffnen. In dieser Hinsicht wurde vorgeschlagen, dass eine beschwerende Maßnahme vorliegt, wenn sie das Rechtssubjekt in ähnlicher Weise betrifft wie einen Sanktionierten. Aufgrund der größeren Begriffsschärfe der „Sanktion“ im Vergleich zur „beschwerenden Maßnahme“ und zur Vermeidung einer Vermengung mit Fragen der unmittelbaren Betroffenheit im Rahmen der Klagebefugnis für eine Nichtigkeitsklage wurde eine Konzentration auf die Sanktion angemahnt. Auch wegen seines Potentials für die Bestimmung des Begriffs der „beschwerenden Maßnahme“ kommt dem Sanktionsbegriff eine überragende Bedeutung im unionalen Rechtsschutzsystem zu. Damit drängte sich die Frage auf, was unter einer Sanktion im Recht der Europäischen Union zu verstehen ist. Im 3. Kapitel wurden die Positionen der einschlägigen wissenschaftlichen Literatur zum Europarecht auf ein ihnen zugrunde liegendes Sanktionsverständnis hin durchleuchtet. Die Untersuchung ergab, dass der Begriff der Sanktion in der
Zusammenfassung und Ausblick
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europarechtlichen Literatur uneinheitlich benutzt wird. Als Hauptgrund für diesen Mangel wurde die Tendenz ausgemacht, dass die betreffenden Arbeiten einen zuvor festgelegten Sanktionsbegriff als Ausgangspunkt ihrer Untersuchung nahmen, statt diesen anhand der einschlägigen Dokumente des Unionsrechts erst zu erlangen und damit dem Erfordernis einer europarechtsspezifischen Begrifflichkeit zu entsprechen. Über einzelne Elemente eines Sanktionsbegriffs hinaus ergab der Blick in die europarechtliche Literatur ein uneinheitliches Bild. Im 4. Kapitel wurden die Dokumente der betreffenden Akteure in der europäischen Union als Zeugnisse eines möglichen europarechtlichen Sanktionsbegriffs untersucht. Nach der hier vertretenen methodischen Auffassung ermöglicht allein diese Vorgehensweise eine taugliche Definition des unionalen Sanktionsbegriffs (4. Kapitel A). Die Untersuchung umfasste dementsprechend die einschlägigen Normtexte des Primär- und Sekundärrechts wie auch die hierzu ergangenen Urteile. Demnach wurde ein Verständnis des Sanktionsbegriffs beim europäischen Verfassungsgeber, beim Gesetzgeber und bei den europäischen Gerichten gesucht. In den Texten des europäischen Primärrechts ließ sich kein bestimmtes Sanktionsverständnis ausmachen, das über die vereinzelte Erwähnung von Geldbußen oder Zwangsmaßnahmen hinausgeht (4. Kapitel B.I). Allerdings geht das Primärrecht davon aus, dass Sanktion und Zwangsmaßnahme gleich zu verstehen sind. In den Texten des abgeleiteten Rechts fanden sich bedeutende Anhaltspunkte zur Bestimmung eines europarechtlichen Sanktionsbegriffs, die ihren wichtigsten Ausgangspunkt in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (der sog. Sanktionsverordnung) nehmen (4. Kapitel B.II). Diese Rahmenverordnung bezweckt eine sektorübergreifende, horizontale Regelung für die Verhängung von Sanktionen zum Schutz des Unionshaushalts und bietet sich damit an, allgemeine Begrifflichkeiten für das gesamte Unionsrecht zu schaffen, auch wenn sie zunächst nur den Schutz fiskalischer Interessen bezweckt. Als Sanktionen im Sinne dieser Sanktionsverordnung konnten Maßnahmen bestimmt werden, die über die bloße Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands hinausgehen und nicht lediglich restitutiv wirken. Allerdings ist die Verordnung nicht abschließend, sondern erkennt auch die Möglichkeit an, andere Sanktionen finanzieller Natur zu verhängen. Die Sanktionsverordnung kann nach ihrem Selbstverständnis als wichtiges Indiz für einen europarechtlichen Sanktionsbegriff herangezogen werden.
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Zusammenfassung und Ausblick
Auf dieser Grundlage wurde festgestellt, dass sich der Begriff der Sanktion in den Akten des abgeleiteten Rechts größtenteils mit den in der Sanktionsverordnung gegebenen Indizien deckt. Trotzdem existieren weiterhin auch andere Begriffsbestimmungen, die nicht von dem Verständnis erfasst sind, welches die Sanktionsverordnung indiziell sowie negativ abgrenzend nahe legt. Einige Kernelemente eines Sanktionsverständnisses im abgeleiteten Recht ließen sich ausmachen: Alle betreffenden Maßnahmen ergehen als Reaktion auf ein unionsrechtlich unerwünschtes Fehlverhalten einer natürlichen oder juristischen Person. In den untersuchten Normtexten kristallisierte sich weiter als hervorstechendes Merkmal der Normen, die als Sanktionen verstanden wurden, heraus, dass sie präventive und zumeist auch repressiv-punitive Wirkung zeitigen sollen. Dagegen werden restitutive Maßnahmen grundsätzlich als „verwaltungsrechtliche Maßnahmen“ oder ähnliches bezeichnet. Typische repressive Maßnahmen sind die Geldbuße bzw. Zahlungspflichten, die in ihrer Wirkung einer Geldbuße gleichkommen, der Entzug von Zulassungen oder Zwangsgelder. Daneben wird die spezialpräventive Wirkung der Maßnahmen, insbesondere beim Entzug einer Zulassung, relevant. Im Recht der Fischerei wird mit dem Entzug von rechtswidrigen Fängen auch eine restitutive Maßnahme als Sanktion bezeichnet. Die Bezeichnungen stehen in den überwiegenden Fällen in Übereinstimmung mit den in der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften getroffenen Differenzierungen. Das bedeutet, dass die Bestimmungen der Sanktionsverordnung einen tauglichen Ausgangspunkt für die Definition eines einheitlichen Begriffs der Sanktion im Unionsrecht bieten. Einzelne Abweichungen konnten festgestellt werden, das kann allerdings nicht zu einer anderen Einschätzung führen. Vielmehr ist – wie sich später herausstellte: in Einklang mit der Rechtsprechung – davon auszugehen, dass der Sanktionsbegriff der Sanktionsverordnung auch de lege ferenda maßstabsbildend bleibt. Diese rechtspolitische These kann rechtsdogmatisch nur Bestand haben, sofern sie auch mit der Rechtsprechung der europäischen Gerichte in Einklang gebracht werden kann. Im folgenden Abschnitt wurde deswegen die Rechtsprechung der Europäischen Gerichte daraufhin untersucht, welches Sanktionsverständnis ihren Urteilen zu entnehmen ist (4. Kapitel C). Zusammenfassend ließ sich feststellen, dass der Begriff der Sanktion, wie er von den europäischen Gerichten verwendet wird, mit seiner über die rein restitutive hinausgehenden repressiv-punitiven Wirkung in Einklang mit dem
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Sanktionsbegriff steht, der aus der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften hergeleitet ist. Das konnte im Agrarrecht anhand der Rechtsprechung zur Kürzung oder Streichung von Beihilfen und zum Verfall von Sicherheiten, im institutionellen Recht anhand der Rechtsprechung zu Zwangsgeld und Pauschalbetrag gegen Mitgliedstaaten und auch anhand der Rechtsprechung zur aus Art. 10 EG folgenden Sanktionierungspflicht der Mitgliedstaaten nachvollzogen werden. Es ließ sich weiter feststellen, dass der Sanktionsbegriff der Urteile des Gerichtshofs nicht nur mit dem der Sanktionsverordnung in Einklang zu bringen ist. Der Gerichtshof erkennt der Sanktionsverordnung darüber hinaus eine maßstabsbildende Funktion zu. Schließlich konnte aus der Rechtsprechung abgeleitet werden, dass es sich bei dem unionalen Sanktionsbegriff um einen hoheitlichen handeln muss. Zivilrechtliche Maßnahmen sind von diesem Begriff nicht erfasst. Im Ergebnis konnte der unionale Sanktionsbegriff unter Berücksichtigung der Erkenntnisse aus den vorangegangenen Kapiteln definiert werden: Die unionsrechtliche Sanktion ist eine ein Rechtssubjekt belastende hoheitliche Reaktion auf ein unionsrechtswidriges Verhalten, die eine repressiv-punitive Wirkung entfalten soll und über die bloße (Wieder-)Herstellung des rechtmäßigen Zustands oder Verhaltens hinausgeht. Bestandteil der repressiv-punitiven Wirkung ist regelmäßig auch eine abschreckende Wirkung. Die Sanktionsverordnung Nr. 2988/95 hat sich als geeignet erwiesen, einen Großteil der nach diesem Begriff als Sanktion zu qualifizierenden Maßnahmen zu erfassen. Die Verordnung ist als für den unionalen Sanktionsbegriff maßstabsbildend erkannt worden. Im abschließenden 5. Kapitel wurde der unionale Sanktionsbegriff auf zwei ausgewählte Problemstellungen angewendet. Das Augenmerk galt der Frage, ob die mitgliedstaatliche Staatshaftung für mangelhafte Umsetzung des Gemeinschaftsrechts oder seine unmittelbare Anwendbarkeit in diesem Sinne als Sanktionen anzusehen sind. Für beide Institute gibt es bedeutende Stimmen in der rechtswissenschaftlichen Literatur, die dies vertreten. Die Untersuchung zeigte, dass es bei Zugrundelegung des in den Kapiteln 3 und 4 herausgearbeiteten Begriffs nicht mit dem unionalen Sanktionsbegriff zu vereinbaren wäre, die beiden Institute als Sanktionen zu verstehen, da ihnen mehr eine subjektiv-rechtliche Funktion zukommt als ein „strafender“ Charakter, welcher sich
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rein der Effektivität des europäischen Rechts verpflichtet fühlt. Zwar bezieht auch der Rechtsschutzgedanke seine Stärke aus der Effektivierung des europäischen Rechts. Jedoch handelt es sich dabei um die Effektivität der betreffenden subjektiven Rechtsposition, die durch Staatshaftung und unmittelbare Anwendbarkeit erreicht werden soll.
B. Ausblick Nach der auch theoretisch abgesicherten Bestimmung des unionalen Sanktionsbegriffs ergibt sich, dass Abweichungen in den Normtexten des abgeleiteten Rechts und in den Urteilen de lege ferenda bzw. de iudicio ferenda angepasst werden sollten, um Missverständnisse zu vermeiden und vor allem um dem Gebot konsistenten juristischen Entscheidens gerecht werden zu können. Konsistentes Entscheiden innerhalb eines Rechtssystems ist eine grundlegende Forderung der Gerechtigkeit. Rechtsbegriffe dienen der Reduktion von Komplexität und der Redundanz im Entscheidungsprozess. Redundanz im Entscheidungsprozess bedeutet größere Konsistenz der Entscheidungen und dadurch Gerechtigkeit.885 Mit diesem reflexiven Verständnis der Funktion von Rechtsbegriffen ist zugleich die Bedeutung der Klärung des Begriffs der Sanktion weiter verdeutlicht. Etwas innerhalb eines Rechtssystems „auf den Begriff zu bringen“, ist schon aus erkenntnistheoretischem Interesse von Belang.886 So schreibt Wittgenstein: „Begriffe leiten uns zu Untersuchungen. Sind der Ausdruck unseres Interesses, und lenken unser Interesse.“887 Darüber hinaus ist die Begriffsbildung der erste Schritt zu einer Rechtsordnung, die der Gerechtigkeit verpflichtet ist, da dadurch die erste Voraussetzung für konsistentes Entscheiden geschaffen wird. Die wenigen Abweichungen im Sanktionsverständnis zwischen den einzelnen Akten des abgeleiteten Rechts stellen sich als Herausforderungen für das Gerechtigkeitsverständnis im europäischen Recht dar. Fraglich bleibt, wie mit diesen Herausforderungen umzugehen ist. Luhmann schreibt:
885 886 887
Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 356. von Bogdandy, JZ 2005, S. 529 (532). Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, Abschnitt 570, S. 452.
Zusammenfassung und Ausblick
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„Mit Hilfe von Begriffen können Unterscheidungen gespeichert und für eine Vielzahl von Entscheidungen verfügbar gemacht werden. Begriffe raffen, mit anderen Worten, Informationen und erzeugen dadurch die im System erforderlichen Redundanzen.“888 Wenn in einer juristischen Argumentation eine Unterscheidung nicht mitgemeint werden soll, die jedoch eine Komponente des betreffenden Begriffs darstellt, „wählt man zweckmäßigerweise ein anderes Wort und, wenn möglich, einen anderen Begriff“.889 Aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten scheint also nicht zwingend zu folgen, dass man unterschiedliche Begriffsverständnisse und damit abweichende Begriffsbestimmungen nicht rechtfertigen könnte. Jedoch ist es gerade aus Erwägungen der Zweckmäßigkeit, vor allem aber unter dem Gesichtspunkt besserer Entscheidungssicherheit geboten, divergierende Begriffsverwendungen innerhalb eines (Rechts-)Systems zu vermeiden. Rechtstheoretisch haben die Ausführungen im 1. Kapitel gezeigt, dass es Positionen in der Literatur gibt, denen zufolge nur dann von Recht zu sprechen sei, wenn das betreffende System auch zumindest in letzter Konsequenz mit Zwang durchgesetzt würde. Diese bereits aus dem Völkerrecht bekannte Debatte kann auch für das Recht der Europäischen Union nicht ohne Folgen bleiben. Ist es doch beinahe einhellige Ansicht, dass dem europäischen Recht gerade diese Durchsetzungsmacht mangels Gewaltmonopol fehle.890 Die Untersuchung konnte hierzu Erkenntnisse liefern. Sozusagen als Nebenprodukt der Suche nach dem unionalen Sanktionsbegriff zeigte sich, dass der Union ein umfangreiches und ausdifferenziertes Sanktionsinstrumentarium zu Verfügung steht, welches zur Verfolgung unionsrechtswidrigen Verhaltens herangezogen werden kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob die betreffende als Sanktion qualifizierte Maßnahme von den Mitgliedstaaten oder direkt von der Union verhängt wird. Es handelt sich in beiden Fällen um Sanktionen. Diese Sanktionen werden – wie andere Untersu-
888 889 890
Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 385. Luhmann, Das Recht der Gesellschaft, S. 387.
Siehe nur Kirchhof, in: von Bogdandy, Europäisches Verfassungsrecht, S. 893 (914); vgl. auch Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, Rn. 2/51; von Bogdandy, integration 1993, S. 210 (211); Oppermann, Europarecht, Rn. 689, 607, 725; Möllers, Staat als Argument, S. 272 ff.; 392; F.C. Mayer, in: Schuppert/Pernice/Haltern, Europawissenschaft, § 14, S. 429 (479 f.). Dagegen jetzt Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9 (11 ff.); siehe auch Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, Rn. 112 f.
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chungen zeigen891 – von der Gemeinschaft im Zusammenwirken mit den mitgliedstaatlichen Behörden durchgesetzt. Das gilt sowohl für den direkten, gemeinschaftseigenen Vollzug beispielsweise im Beamtenrecht (interner direkter Vollzug) oder im Wettbewerbsrecht (externer direkter Vollzug) als auch für den indirekten Vollzug des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedstaaten, der den Regelfall darstellt. In beiden Fällen obliegen den unionalen und den mitgliedstaatlichen Behörden umfassende gegenseitige Kooperationspflichten. Nur in diesem Zusammenwirken kann das Gemeinschaftsrecht wirksam durchgesetzt werden. Unter dieser Bedingung kann geschlossen werden, dass das Recht der Europäischen Union als solches auch zu verstehen ist, ohne dass es darauf ankäme, ob das unionale Recht selbständig mit ausreichender Durchsetzungsmacht versehen ist oder nicht. Mit Möllers lässt sich sagen: „Das Gewaltmonopol ist ein Rechtsmonopol.“892 Da die Union die Befugnis hat, zwangsweise durchzusetzendes Recht zu setzen, hat sie Anteil am Gewaltmonopol, so wie andererseits das Gewaltmonopol der Mitgliedstaaten relativiert ist.893 Diese Relativierung wird verstärkt durch die Effekte der Globalisierung und transnationaler Rechtssetzungsprozesse auch nichtstaatlicher Akteure.894 In dieser Perspektive trägt auch die Rede vom „Gewaltmonopol“ nicht mehr. Vielmehr kann man von einem „Gewaltpluripol“ sprechen, bei welchem mehrere Akteure an der Ausübung von Zwang beteiligt sind. Präziser noch wird hier von einer geteilten Rechtsmacht zwischen Union und Mitgliedstaaten ausgegangen. Die 27 Mitgliedstaaten üben gemeinsam mit der Union die Rechtssetzung und die Rechtsdurchsetzung im Raum des Herrschaftsverbands „Europäische Union“ aus.895
891
Hierzu und zum Folgenden ausführlich Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9 (13 ff.). 892 893
Möllers, Staat als Argument, S. 276 f. Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts der BRD, Rn. 112.
894
Dazu ausführlich Fischer-Lescano/Teubner, Regime-Kollisionen, passim, insbesondere S. 41 ff.; Hanschmann, in: Buckel/Christensen/Fischer-Lescano, Neue Theorien des Rechts, S. 347 (359 f.). 895
Bitter, in: Zuleeg, Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, S. 9 (13); gestützt auf EuGH, Rs. C-478/93, Niederlande/Kommission, Slg. 1995, S. I-3081, Rn. 39; verb. Rs. C-106/90, C-317/90 und C-129/91, Emerald Meats/Kommission, Slg. 1993, S. I-209, Rn. 39; dazu Kadelbach, in: Jo-
Zusammenfassung und Ausblick
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Der Umstand, dass ein unionaler Sanktionsbegriff gefunden werden konnte, hat auch auf verfassungsrechtlich-föderaler Ebene eine bedeutende Konsequenz: Da die Mitgliedstaaten im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts an das Gemeinschaftsrecht gebunden sind, sind sie auch bei der Sanktionierung gemeinschaftsrechtswidrigen Verhaltens an die für unionsrechtlich als Sanktion zu qualifizierende Maßnahmen bestehenden Rechtsgrundsätze gebunden. Das bedeutet, dass sie bei der Verhängung von Sanktionen im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts an die gemeinschaftsrechtlichen Verteidigungsrechte gebunden sind. Vom Anwendungsbereich der unionalen Verteidigungsrechte sind potentiell nicht nur die Verwaltungsverfahren vor der Kommission erfasst, sondern auch Verfahren vor den mitgliedstaatlichen Behörden in unionsrechtlich determinierten Fällen.896 Das ist die Konsequenz der Geltung der (europäischen) Grundrechte auch dann, wenn die Mitgliedstaaten Unionsrecht durchführen.897 Wenn also eine Maßnahme im Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts vom unionalen Sanktionsbegriff erfasst ist, ist der Anwendungsbereich der unionalen Verteidigungsrechte eröffnet, unabhängig davon, ob die Maßnahme auf unionaler oder auf mitgliedstaatlicher Ebene verhängt wird. Um Friktionen in der einheitlichen Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts zu vermeiden, gelten (faktisch wie normativ gesprochen) für die beteiligten Hoheitsträger einheitliche Rechtsgrundsätze.898 Diese Feststellung hat eine beachtliche „zentripetale“ Wirkung in Hinblick auf das Verhältnis des Zentrums zur Peripherie innerhalb der föderalen Europäische Union899 – wobei angesichts der hier behaupteten erges/Dehousse, Good Governance in Europe’s Integrated Market, S. 167 (171); vgl. auch Zürn/Wolf, ELJ 5 (1999), S. 272 (274, 291). 896
Gundel, in: Ehlers, Europäische Grundrechte und Grundfreiheiten, § 18, S. 421, Rn. 33 ff. 897
EuGH, Rs. 5/88, Wachauf, Slg. 1989, S. 2609, Rn. 19; Rs. C-260/89, ERT, Slg. 1991, S. I-2925, Rn. 42; Rs. C-368/95, Familiapress, Slg. 1997, S. I-3689, Rn. 24; zu problematischen Implikationen von Bogdandy/Bitter, in: FS Zuleeg, S. 309 (319 ff.). 898
Ausführlich Nehl, Europäisches Verwaltungsverfahren und Gemeinschaftsverfassung, passim, insbesondere 4. Teil, S. 413 ff.; Kadelbach, in: Joerges/Dehousse, Good Governance in Europe’s Integrated Market, S. 167 (181 ff.; 192 ff.). 899
Dazu von Bogdandy, in: ders., Europäisches Verfassungsrecht, S. 149 (191 ff.): das „Prinzip gleicher Freiheit bildet das eigentliche zentripetale Schwungrad der Rechtsordnung.“ [Hervorhebung im Original].
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Zusammenfassung und Ausblick
geteilten Rechtsmacht nicht von „Peripherie“ die Rede sein sollte, sondern vielmehr von einem polyzentrischen System, innerhalb dessen die Geltung einheitlicher Rechtsgrundsätze bei der Durchsetzung des Unionsrechts zentripetale Wirkung zeitigt.900 Der Schutz der Vielfalt innerhalb der Europäischen Union muss sich gerade auch beim Schutz der Individualrechte bewähren. Umso wichtiger ist es, einen überzeugenden Anknüpfungspunkt für unionale Grundrechtsgarantien zu finden, der das unionale Primärrecht („nur“) als Teilverfassung im europäischen Verfassungsraum anerkennt und die nach Art. 6 Abs. 3 EU geschützte Verfassungsautonomie der Mitgliedstaaten respektiert.901 Dem unionalen Sanktionsbegriff kommt demnach nicht nur eine bedeutende Wirkung im unionalen Rechtsschutzsystem für die Rechtssubjekte zu, sondern darüber hinaus auch eine nicht zu unterschätzende Rolle bei der weiteren Integration der europäischen Rechtsgemeinschaft.
900 901
Ebd., S. 193.
Siehe das Monitum bei von Bogdandy/Bitter, in: FS Zuleeg, S. 309 (321 f.).
Summary “Sanction” as a Legal Term in the Law of the European Union. The Term and Its Function within the System of Remedies Foreseen by European Union Law
The object of this study was to examine the term “sanction” as a legal term in the law of the European Union and its function within the system of remedies foreseen by European Union law (“EU law”). The necessity to define the “sanction” from a European law perspective derives from the fact that there is a variety of areas within EU law where the term plays an important role. To name but a few: the substantial fines of competition law according to Articles 81 et seq. EC (now Articles 101 et seq. Treaty on the Functioning of the European Union, TFEU) and the respective regulations, the innovative measures provided for by European agricultural law, or the lump sums and penalty payments imposed upon defaulting Member States according to Article 228 para 2 EC (now Article 260 para 2 TFEU). Although a reader, especially one learned in legal doctrine, may be able to identify a single measure as a sanction, an explicit and coherent understanding of what constitutes a sanction in EU law is yet to be found. However, in light of the impact a sanction may have on the person concerned, such a coherent understanding is desirable, not least because it would facilitate a coherent system of legal protection. Thus, the overall aim of the analysis is the definition of the unional concept of “sanction”. Chapter 1 examined whether legal philosophy, legal theory and legal sociology could provide insights into the nature of a sanction, i.e. what elements are essential for a measure to be characterised as a sanction. In this context, the function of sanctions for the application and effectiveness of law in general was examined. This analysis revealed that the definition of a sanction is as controversial and unsettled in these subjects as it is in the literature on EU law. The debate about the meaning and function of sanctions in law is made even more confusing because some authors use the term synonymously with coercion. Coercion, however,
S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7_7, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
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includes elements not found in the concept of a sanction. Both terms are typically discussed when addressing the issue of whether and to what extent coercion and sanctions are necessary in order to deem a particular social system as constituting “law”. Thus, the issue of what constitutes law formed a part of the examination of the nature of a sanction from the perspective of legal theory, legal philosophy and legal sociology. Chapter 1 concluded by showing that these three disciplines were able to provide important insights into what constitutes a sanction and what constitutes coercion. Indeed, these insights were later drawn on as supporting arguments when the study turned to defining the term “sanction” within the meaning of EU law. All three disciplines roughly had the following elements in common when defining the term “sanction”: speaking in a modern sociological terminology, a sanction must be a detriment, which is imposed on a legal subject to counterfactually stabilise normative expectations where the legal subject has acted in violation of a legal norm. However, it is necessary to firmly anchor the definition in EU legal doctrine if a precise definition of “sanction” in EU law is to be developed. In Chapter 2 it was shown that the concept of a sanction implies another specific legal function with respect to the system of legal protection. According to the European Court of Justice and the General Court there is a relationship between the imposition of a sanction and the applicability of procedural rights such that the person affected by a measure finds herself within the “certain area of application” of the rights of defence if the measure constitutes a sanction. The (judicial) finding that a measure is a sanction thus triggers rights of defence. Herein lies an effect specific to legal protection for several reasons: first, the rights of defence serve preventive legal protection by shaping the administrative procedure. Simultaneously, legal protection before the court is thereby facilitated and improved. Finally, the finding that a sanction has been imposed gives the courts jurisdiction because the affected party has standing where an organ of the EU has imposed a sanction. On the other hand, the term “sanction” has no independent meaning in respect of differentiating between the EU’s and Member States’ competences. The specific function of legal protection implied by a sanction means that, aside from the scholarly need for clear and uniform definitions, it is necessary to define the term under EU law if a coherent legal theory is to be established. The most important differentiation was the one to “an act adversely affecting an individual”. The case-law on acts ad-
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versely affecting an individual adopted the function of legal protection attached to a sanction. It was shown that a sanction is a subset of the broader notion of “acts adversely affecting an individual”. The former can thus serve as an exemplary rule or reference point for determining what other measures trigger the application of Union procedural guarantees. In this respect it was proposed that an “act adversely affecting an individual” exists where the measure in question has comparable effects to a sanction on the person or entity. It was urged to focus on the term “sanction” due to its greater precision in comparison to “acts adversely affecting an individual” and to avoid confusion with questions of direct concern in claiming standing in actions for annulment. The term “sanction” has pre-eminent importance in the EU’s system of legal protection also because of its potential to define the term “acts adversely affecting an individual”. This raised the question of what is to be understood by the term “sanction” within the meaning of EU law. In Chapter 3 the positions in the relevant scholarly literature on European law were surveyed in respect of their underlying understandings of the term. The study showed that the authors surveyed used the term “sanction” differently. It emerged that the principal reason for this discrepancy was that the relevant works selected a pre-determined conception of a sanction as a starting point for the study rather than deriving it from the relevant documents of EU law. Consequently, they did not develop a definition of the term specific to EU law, which, however, is what was needed. Beyond identifying some common individual elements of what constitutes a sanction, the survey of scholarly literature on the subject revealed a mixed picture. In Chapter 4 the documents of the relevant actors in the European Union were examined to corroborate whether a European conception of a sanction exists. According to the methodology argued for here, this is the only approach which permits an appropriate definition of the term “sanction” under the system of European Union law (Chapter 4 A). The study thus included the relevant legal texts of primary and secondary law as well as the judgements relating thereto. The European constitutional fathers’, the legislator’s and the European courts’ understanding of the term “sanction” was examined on this basis. No specific understanding of the term “sanction” could be discerned in the texts of primary EU law. Rather, only isolated references to penalties and coercive measures could be found (Chapter 4 B.I). However,
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primary law assumes that sanctions and coercive measures are to be understood synonymously. Secondary EU law provides important reference points for determining the definition of the term “sanction” in EU law. The most important starting point can be found in Council Regulation (EC, Euratom) No 2988/95 of 18 December 1995 on the protection of the European Communities financial interests (“PFI Regulation”) (Chapter 4 B.II). The intent of this framework regulation is to establish common horizontal rules governing the application of sanctions for the protection of the Union’s financial interests. It thus lends itself to establishing a general definition of the term “sanction” for the whole of EU law, even if it only relates specifically to the protection of financial interests. The analysis showed that the PFI Regulation uses an underlying concept according to which a “sanction” is a measure which goes beyond merely restoring legality – and which is not merely restitutive. However, the Regulation is not exhaustive, but rather also acknowledges the possibility of imposing other sanctions of an economic type. Given that the PFI Regulation assumes that its notion of a “sanction” has broader application within EU law, it can be drawn on as an important indication of what the term means within the EU’s legal system. On this basis it was established that the term “sanction” as used in the documents of secondary law largely corresponded to the clues set forth in the PFI Regulation. Nonetheless, there still exist other notions of “sanction” in secondary law, which are not covered by the notion of the PFI Regulation. Some key elements of what is to be understood by the term “sanction” could be discerned in secondary law: all respective measures are adopted as a response to misconduct by a natural or legal person, which is objectionable under Union law. Another striking aspect emerged from the examination of the provisions regarded as being sanctions: they are intended to have a preventive-deterrent as well as repressivepunitive effect. Restitutive measures, on the other hand, are generally called “administrative measures” or something similar. Fines and other payment obligations, which amount to a fine in respect of their effects, the withdrawal of licences and penalty payments are typical repressive measures. In addition, the specific deterrent effect of the measures, in particular of the withdrawal of licences, is also of relevance. In fisheries law, the seizure of illegal catches, which represents a restitutive measure, is designated as a sanction. The terminology corresponds in most cases to the differentiation used in the PFI Regulation. This means that the provisions of the PFI Regu-
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lation provide a plausible starting point for a uniform definition of the term sanction in EU law. Isolated deviations could be found, but this does not lead to a different assessment. Rather – as was later discovered: in accordance with the case-law – it may be assumed that the conception of sanction found in the PFI Regulation remains a standard de lege ferenda. However, this thesis of legal policy is only defensible if it is also consistent with the case-law of the European courts. In the following part the case-law of the European courts was therefore examined as to what understanding of the term “sanction” could be deduced from their judgements (Chapter 4 C). To sum up, it could be determined that the term “sanction”, as it is used by the European courts, goes beyond a purely restitutive effect and includes a repressivepunitive aspect corresponding to the definition of a sanction derived from the PFI Regulation. In agricultural law this was evidenced in the case-law on total or partial removal of State aid and on loss of security, in institutional law in the case-law on lump sums or penalty payments against the Member States according to Article 228 para 2 EC Treaty (now Article 260 para 2 TFEU) and in the case-law relating to the Member States’ obligations to prosecute and sanction conduct contrary to EU law based on Article 10 EC Treaty (now Article 4 para 3 Treaty on European Union). It could furthermore be demonstrated that the concept of “sanction” in the case-law of the Court not only was consistent with the concept underlying the PFI Regulation; the Court also confers on the PFI Regulation a standard-setting function. Finally, the analysis of the relevant case-law showed that the term “sanction” in EU law has to be confined to sovereign measures. Civil law measures thus do not fall within the scope of the EU definition of a sanction. As a result of the insights of the foregoing chapters the term “sanction” within the meaning of EU law could be defined: A sanction within the meaning of EU law is a sovereign reaction to conduct violating EU law, which imposes a burden on a legal subject, is intended to have a repressive-punitive effect and which goes beyond merely restoring the legal situation or the legal behaviour. The repressive-punitive effect is generally intended to also have a deterrent effect. The PFI Regulation proved to be satisfactory to capture the majority of the measures which are considered sanctions in accordance with this terminology. The Regulation is recognised as setting a standard for the concept of a sanction under Union law. In Chapter 5, the concluding chapter, the EU definition of “sanction” was applied to two selected issues. The focus was on the issues of
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whether the liability of the Member States for inadequately transposing Community law or its direct applicability are to be regarded as sanctions within this meaning. There are distinguished voices in legal scholarship which say that this is so for both legal institutions. The study demonstrated that, taking the conception worked out in Chapters 3 and 4, it would be inconsistent with the definition of a sanction under EU law to consider either legal institution as a sanction. Their function rather is to facilitate the protection of individual rights and they therefore do not have a punitive character which would place the emphasis more on the concept of the effectiveness of European law in general. While the notion of legal protection also derives its strength from the effectiveness of European law, this concerns making individual rights effective. State liability and direct applicability are merely the means by which individual rights are made effective.
Verzeichnis der Akte abgeleiteten Rechts Beschluss 75/250/EWG des Rates vom 21. April 1975 über die Definition und Umrechnung der Europäischen Rechnungseinheit, in der die in Artikel 42 des AKP-EWG-Abkommens von Lomé genannten Beträge der Hilfe ausgedrückt sind, ABl. 1975, L 104, S. 35. Beschluss 88/591/EGKS, EWG, Euratom des Rates vom 24. Oktober 1988 zur Errichtung eines Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1988, L 319, S. 1. Beschluss Nr. 1513/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2002 über das Sechste Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der Forschung, technologischen Entwicklung und Demonstration als Beitrag zur Verwirklichung des Europäischen Forschungsraums und zur Innovation (2002–2006), ABl. 2002, L 232, S. 1. Entscheidung 2000/520/EG der Kommission vom 26. Juli 2000 gemäß der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angemessenheit des von den Grundsätzen des „sicheren Hafens“ und der diesbezüglichen „Häufig gestellten Fragen“ (FAQ) gewährleisteten Schutzes, vorgelegt vom Handelsministerium der USA, ABl. 2000, L 215, S. 7. Entscheidung 2007/53/EG der Kommission vom 24. Mai 2004 in einem Verfahren gemäß Artikel 82 EG-Vertrag und Artikel 54 EWRAbkommen gegen die Microsoft Corporation in der Sache COMP/C-3/37.792 – Microsoft (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen K(2004) 900), ABl. 2007, L 32, S. 23. Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977 für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1977, L 356, S. 1. Kommission, Vorschlag für eine Verordnung (EWG) des Rates über Kontrollen und Sanktionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarund Fischereipolitik, 21.5.1990, KOM (1990) 126 endg., ABl. 1990, C 137, S. 10. Kommission, Änderung des Vorschlags für eine Verordnung (EWG) des Rates über Kontrollen und Sanktionen im Rahmen der Gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik, 25.10.1991, KOM (1991) 378 endg., ABl. 1991, C 294, S. 17. S. Bitter, Die Sanktion im Recht der Europäischen Union, Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht 222, DOI 10.1007/978-3-642-17354-7, © by Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., to be exercised by Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht, Published by Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2011. All Rights Reserved.
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Kommission, Vorschlag für eine Verordnung (EG, Euratom) des Rates über den Schutz der finanziellen Interessen der Gemeinschaften, 7.7.1994, KOM (1994) 214 endg., ABl. 1994, C 216, S. 11. Kommission, Mitteilung über die Anwendung von Artikel 171 EGVertrag (96/C 242/07), ABl. 1996, C 242, S. 6. Kommission, Mitteilung – Verfahren für die Berechnung des Zwangsgeldes nach Artikel 171 EG-Verfahren (97/C 63/02), ABl. 1997, C 63, S. 2. Kommission, Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden, ABl. 1998, C 9, S. 3. Kommission, Bericht über die Anwendung der Richtlinie 85/374 über die Haftung für fehlerhafte Produkte, 31.1.2001, KOM (2000) 893 endg. Kommission, Grünbuch zum strafrechtlichen Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften und zur Schaffung einer Europäischen Staatsanwaltschaft, 11. Dezember 2001, KOM (2001) 715 endg. Kommission, Vorschlag für eine Verordnung des Rates über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, 14. Juli 2004, KOM (2004) 489 endg. Kommission, Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat über die Folgen des Urteils des Gerichtshofs vom 13. September 2005 (Rs. C-176/03, Kommission gegen Rat), 24. November 2005, KOM (2005) 583 endg. Kommission, Strategie für die Durchsetzung der Rechte an geistigem Eigentum in Drittländern, ABl. 2005, C 129, S. 3. Kommission, Mitteilung – Anwendung von Artikel 228 EG-Vertrag, SEK (2005) 1658. Kommission, Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003, ABl. 2006, C 210, S. 2. Kommission, Weißbuch Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts, 2.4.2008, KOM (2008) 165 endg. Europäisches Parlament, Entschließung zu den Folgen des Urteils des Gerichtshofs vom 13. September 2005 (Rs. C-176/03, Kommission gegen Rat (2006/2007(INI)), P6_TA(2006)0260.
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Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, ABl. 2002, L 190, S. 1. Rahmenbeschluss 2003/80/JI des Rates vom 27. Januar 2003 über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht, ABl. 2003, L 29, S. 55. Rahmenbeschluss 2005/667/JI des Rates vom 12. Juli 2005 zur Verstärkung des strafrechtlichen Rahmens zur Bekämpfung der Verschmutzung durch Schiffe, ABl. 2005, L 255, S. 164. Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. 1985, L 175, S. 40. Richtlinie 89/592/EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte, ABl. 1989, L 334, S. 30. Richtlinie 90/313/EWG des Rates vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt, ABl. 1990, L 158, S. 56. Richtlinie 92/12/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren, ABl. 1992, L 76, S. 1. Richtlinie 92/109/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 über die Herstellung und das Inverkehrbringen bestimmter Stoffe, die zur unerlaubten Herstellung von Suchtstoffen und psychotropen Stoffen verwendet werden, ABl. 1992, L 370, S. 76. Richtlinie 93/86/EWG der Kommission vom 4. Oktober 1993 zur Anpassung der Richtlinie 91/157/EWG des Rates über gefährliche Stoffe enthaltende Batterien und Akkumulatoren an den technischen Fortschritt, ABl. 1993, L 264, S. 51. Richtlinie 96/22/EG des Rates vom 29. April 1996 über das Verbot der Verwendung bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von ß- Agonisten in der tierischen Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/299/EWG, ABl. 1996, L 125, S. 3. Richtlinie 96/23/EG des Rates vom 29. April 1996 über Kontrollmaßnahmen hinsichtlich bestimmter Stoffe und ihrer Rückstände in lebenden Tieren und tierischen Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinien 85/358/EWG und 86/469/EWG und der Entscheidungen 89/187/EWG und 91/664/EWG, ABl. 1996, L 125, S. 10.
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Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates, ABl. 2004, L 41, S. 26. Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. 2004, L 157, S. 45, berichtigt durch ABl. 2004, L 195, S. 16. Richtlinie 2006/24/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste oder öffentlicher Kommunikationsnetze erzeugt oder verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG, ABl. 2006, L 105, S. 54. Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. 2008, L 133, S. 66. Übereinkommen vom 26. Juli 1995 aufgrund von Artikel K.3 des Vertrags über die Europäische Union über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1995, C 316, S. 49. Verordnung (EWG) Nr. 1 des Rates zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, ABl. 17 vom 6.10.1958, S. 385. Verordnung (EWG) Nr. 11 des Rates vom 27. Juni 1960 über die Beseitigung von Diskriminierungen auf dem Gebiet der Frachten und Beförderungsbedingungen gemäß Artikel 79 Absatz (3) des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ABl. 52 vom 16.8.1960, S. 1121. Verordnung (EWG) Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags, ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204. Verordnung (EWG) Nr. 120/67 des Rates vom 13. Juni 1967 über die gemeinsame Marktorganisation für Getreide, ABl. 117 vom 19.6.1967, S. 2269. Verordnung (EWG) Nr. 473/67 der Kommission vom 21. August 1967 über die Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen für Getreide und Getrei-
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deverarbeitungserzeugnisse, Reis, Bruchreis und Reisverarbeitungserzeugnisse, ABl. 204 vom 24.8.1967, S. 16. Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 259/68 des Rates vom 29. Februar 1968 zur Festlegung des Statuts der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften sowie zur Einführung von Sondermaßnahmen, die vorübergehend auf die Beamten der Kommission anwendbar sind, ABl. 1968, L 56, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 1017/68 des Rates vom 19. Juli 1968 über die Anwendung von Wettbewerbsregeln auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs, ABl. 1968, L 175, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 1071/68 der Kommission vom 25. Juli 1968 über Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung auf dem Sektor Rindfleisch, ABl. 1968, L 180, S. 19. Verordnung (EWG) Nr. 1957/69 der Kommission vom 30. September 1969 mit zusätzlichen Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Ausfuhrerstattungen bei den Erzeugnissen, für die ein System gemeinsamer Preise besteht, ABl. 1969, L 150, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 907/73 des Rates vom 3. April 1973 zur Errichtung eines Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit, ABl. 1973, L 89, S. 2. Verordnung (EWG) Nr. 2988/74 des Rates vom 26. November 1974 über die Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung im Verkehrs- und Wettbewerbsrecht der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ABl. 1974, L 319, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 232/75 der Kommission vom 30. Januar 1975 über den Verkauf von Butter zu herabgesetzten Preisen für die Herstellung von Backwaren und Speiseeis, ABl. 1975, L 24, S. 45. Verordnung (EWG) Nr. 1798/75 des Rates vom 10. Juli 1975 über die von den Zöllen des Gemeinsamen Zolltarifs befreite Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters, ABl. 1975, L 184, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 499/76 der Kommission vom 5. März 1976 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 193/75 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Einfuhr- und Ausfuhrlizenzen sowie Vorausfestsetzungsbescheinigungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 1976, L 59, S. 18.
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Verordnung (EWG) Nr. 1889/76 der Kommission vom 29. Juli 1976 über Durchführungsbestimmungen für die Gewährung von Beihilfen für die private Lagerhaltung auf dem Sektor Schweinefleisch, ABl. 1976, L 206, S. 82. Verordnung (EWG) Nr. 355/77 des Rates vom 15. Februar 1977 über eine gemeinsame Maßnahme zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 1977, L 51, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 572/78 der Kommission vom 21. März 1978 mit Durchführungsbestimmungen zur Sonderregelung für die Einfuhr von zur Verarbeitung bestimmtem gefrorenem Rindfleisch sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 597/77, ABl. 1978, L 78, S. 17. Verordnung (EWG) Nr. 3180/78 des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Änderung des Wertes der vom Europäischen Fonds für währungspolitische Zusammenarbeit verwendeten Rechnungseinheit, ABl. 1978, L 379, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 262/79 der Kommission vom 12. Februar 1979 über den Verkauf von Butter zu herabgesetzten Preisen für die Herstellung von Backwaren, Speiseeis und anderen Lebensmitteln, ABl. 1979, L 41, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 2784/79 der Kommission vom 12. Dezember 1979 zur Festlegung der Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 1798/75 des Rates über die von den Zöllen des Gemeinsamen Zolltarifs befreite Einfuhr von Gegenständen erzieherischen, wissenschaftlichen oder kulturellen Charakters, ABl. 1979, L 318, S. 32. Verordnung (EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds, ABl. 1983, L 289, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 2176/84 des Rates vom 23. Juli 1984 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. 1984, L 201, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 2220/85 der Kommission vom 22. Juli 1985 mit gemeinsamen Durchführungsbestimmungen zur Regelung der Sicherheiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 1985, L 205, S. 5.
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Verordnung (EWG) Nr. 2515/85 der Kommission vom 23. Juli 1985 über die Anträge auf Zuschüsse des Europäischen Ausrichtungsund Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Ausrichtung, für Vorhaben zur Verbesserung der Verarbeitungs- und Vermarktungsbedingungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse und für Erzeugnisse der Fischerei, ABl. 1985, L 243, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 des Rates vom 18. Dezember 1986 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur, ABl. 1986, L 376, S. 7. Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 des Rates vom 22. Dezember 1986 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrages auf den Seeverkehr, ABl. 1986, L 378, S. 4. Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ABl. 1987, L 351, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 des Rates vom 14. Dezember 1987 über die Einzelheiten der Anwendung der Wettbewerbsregeln auf Luftfahrtunternehmen, ABl. 1987, L 374, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates vom 24. Juni 1988 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Entwicklungsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente, ABl. 1988, L 185, S. 9. Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 des Rates vom 11. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. 1988, L 209, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits, ABl. 1988, L 374, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 4256/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, ABl. 1988, L 374, S. 25.
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Verordnung (EWG) Nr. 3906/89 des Rates vom 18. Dezember 1989 über Wirtschaftshilfe für die Republik Ungarn und die Volksrepublik Polen, ABl. 1989, L 375, S. 11. Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 1989, L 395, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 3929/90 des Rates vom 20. Dezember 1990 über Maßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände für Schiffe unter schwedischer Flagge (1991), ABl. 1990, L 378, S. 48. Verordnung (EWG) Nr. 3944/90 des Rates vom 20. Dezember 1990 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 4028/86 über Gemeinschaftsmaßnahmen zur Verbesserung und Anpassung der Strukturen im Bereich der Fischerei und der Aquakultur, ABl. 1990, L 380, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 595/91 des Rates vom 4. März 1991 betreffend Unregelmäßigkeiten und die Wiedereinziehung zu Unrecht gezahlter Beträge im Rahmen der Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik sowie die Einrichtung eines einschlägigen Informationssystems und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 283/72, ABl. 1991, L 67, S. 11. Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992, L 355, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 3885/91 des Rates vom 18. Dezember 1991 über Maßnahmen zur Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände für Schiffe unter schwedischer Flagge (1992), ABl. 1992, L 367, S. 48. Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 der Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1992, L 391, S. 36. Verordnung (EWG) Nr. 404/93 des Rates vom 13. Februar 1993 über die gemeinsame Marktorganisation für Bananen, ABl. 1993, L 47, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 2080/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich
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des Finanzinstruments für die Ausrichtung der Fischerei, ABl. 1993, L 193, S. 1. Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 des Rates vom 20. Juli 1993 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 über Aufgaben und Effizienz der Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der Europäischen Investitionsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente, ABl. 1993, L 193, S. 5. Verordnung (EWG) Nr. 2847/93 des Rates vom 12. Oktober 1993 zur Einführung einer Kontrollregelung für die gemeinsame Fischereipolitik, ABl. 1993, L 261, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1164/94 des Rates vom 16. Mai 1994 zur Errichtung des Kohäsionsfonds, ABl. 1994, L 130, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 3320/94 des Rates vom 22. Dezember 1994 zur Kodifizierung der geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft zur Definition der ECU nach Inkrafttreten des Vertrages über die Europäische Union, ABl. 1994, L 350, S. 27. Verordnung (EG) Nr. 1469/95 des Rates vom 22. Juni 1995 über Vorkehrungen gegenüber bestimmten Begünstigten der vom EAGFL, Abteilung Garantie, finanzierten Maßnahmen, ABl. 1995, L 145, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1648/95 der Kommission vom 6. Juli 1995 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1995, L 156, S. 27. Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 1995, L 312, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 384/96 des Rates vom 22. Dezember 1995 über den Schutz gegen gedumpte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Gemeinschaft gehörenden Ländern, ABl. 1996, L 56, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 745/96 der Kommission vom 24. April 1996 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1469/95 des Rates über Vorkehrungen gegenüber bestimmten Begünstigten der vom EAGFL, Abteilung Garantie, finanzierten Maßnahmen, ABl. 1996, L 102, S. 15.
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Verzeichnis der Akte abgeleiteten Rechts
Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels, ABl. 1997, L 61, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1103/97 des Rates vom 17. Juni 1997 über bestimmte Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des Euro, ABl. 1997, L 162, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1678/98 der Kommission vom 29. Juli 1998 zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 1998, L 212, S. 23. Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen, ABl. 1999, L 102, S. 11. Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL) und zur Änderung bzw. Aufhebung bestimmter Verordnungen, ABl. 1999, L 160, S. 80. Verordnung (EG) Nr. 1259/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 zur Festlegung von Gemeinschaftsregeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. 1999, L 160, S. 113. Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, ABl. 1999, L 161, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1263/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei, ABl. 1999, L 161, S. 54. Verordnung (EG) Nr. 1264/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 zur Errichtung des Kohäsionsfonds, ABl. 1999, L 161, S. 57. Verordnung (EG) Nr. 1265/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1164/94 zur Errichtung des Kohäsionsfonds, ABl. 1999, L 161, S. 62. Verordnung (EG) Nr. 1266/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 zur Koordinierung der Hilfe für die beitrittswilligen Länder im Rahmen der Heranführungsstrategie und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3906/89, ABl. 1999, L 161, S. 68.
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Verordnung (EG) Nr. 1267/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über ein strukturpolitisches Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt, ABl. 1999, L 161, S. 73. Verordnung (EG) Nr. 1268/1999 des Rates vom 21. Juni 1999 über eine gemeinschaftliche Förderung für Maßnahmen in den Bereichen Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes zur Vorbereitung des Beitritts der Bewerberländer in Mittel- und Osteuropa während des Heranführungszeitraums, ABl. 1999, L 161, S. 87. Verordnung (EG) Nr. 1784/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 1999 betreffend den Europäischen Sozialfonds, ABl. 1999, L 213, S. 5. Verordnung (EG) Nr. 2792/1999 des Rates vom 17. Dezember 1999 zur Festlegung der Modalitäten und Bedingungen für die gemeinschaftlichen Strukturmaßnahmen im Fischereisektor, ABl. 1999, L 337, S. 10. Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates vom 6. März 2001 über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 337/2000, ABl. 2001, L 67, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 2199/2001 der Kommission vom 12. November 2001 zur vierten Änderung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 337/2000, ABl. 2001, L 295, S. 16. Verordnung (EG) Nr. 2419/2001 der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates eingeführten integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. 2001, L 327, S. 11. Verordnung (EG) Nr. 881/2002 des Rates vom 27. Mai 2002 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001
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des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afghanistan, ABl. 2002, L 139, S. 9. Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 2002, L 248, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 2321/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen an der Durchführung des Sechsten Rahmenprogramms der Europäischen Gemeinschaft (2002–2006) sowie für die Verbreitung der Forschungsergebnisse, ABl. 2002, L 355, S. 23. Verordnung (EG) Nr. 2371/2002 des Rates vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der Gemeinsamen Fischereipolitik, ABl. 2002, L 358, S. 59. Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln, ABl. 2003, L 1, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2003, L 270, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1788/2003 des Rates vom 29. September 2003 über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. 2003, L 270, S. 123. Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen, ABl. 2004, L 24, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 411/2004 des Rates vom 26. Februar 2004 zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3975/87 und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3976/87 sowie der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 hinsichtlich des Luftverkehrs zwischen der Gemeinschaft und Drittländern, ABl. 2004, L 68, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 595/2004 der Kommission vom 30. März 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr.
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1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor, ABl. 2004, L 94, S. 22. Verordnung (EG) Nr. 796/2004 der Kommission vom 21. April 2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2004, L 141, S. 18. Verordnung (EG) Nr. 1973/2004 der Kommission vom 29. Oktober 2004 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates hinsichtlich der Stützungsregelungen nach Titel IV und IVa der Verordnung und der Verwendung von Stillegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen, ABl. 2004, L 345, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 920/2005 des Rates vom 13. Juni 2005 zur Änderung der Verordnung Nr. 1 vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und der Verordnung Nr. 1 des Rates vom 15. April 1958 zur Regelung der Sprachenfrage für die Europäische Atomgemeinschaft sowie zur Einführung befristeter Ausnahmeregelungen zu diesen Verordnungen, ABl. 2005, L 156, S. 3. Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik, ABl. 2005, L 209, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), ABl. 2005, L 277, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds und den Kohäsionsfonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999, ABl. 2006, L 210, S. 25. Verordnung (EG) Nr. 1085/2006 des Rates vom 17. Juli 2006 zur Schaffung eines Instruments für Heranführungshilfe (IPA), ABl. 2006, L 210, S. 82. Verordnung (EG) Nr. 1198/2006 des Rates vom 27. Juli 2006 über den Europäischen Fischereifonds, ABl. 2006, L 223, S. 1.
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Verzeichnis der Akte abgeleiteten Rechts
Verordnung (EG) Nr. 1419/2006 des Rates vom 25. September 2006 zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 4056/86 über die Einzelheiten der Anwendung der Artikel 85 und 86 des Vertrags auf den Seeverkehr und zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 auf Kabotage und internationale Trampdienste, ABl. 2006, L 269, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1713/2006 der Kommission vom 20. November 2006 zur Aufhebung der Vorfinanzierung von Ausfuhrerstattungen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, ABl. 2006, L 321, S. 11. Verordnung (EG) Nr. 1791/2006 des Rates vom 20. November 2006 zur Anpassung einiger Verordnungen, Beschlüsse und Entscheidungen in den Bereichen freier Warenverkehr, Freizügigkeit, Gesellschaftsrecht, Wettbewerbspolitik, Landwirtschaft (einschließlich des Veterinär- und Pflanzenschutzrechts), Verkehrspolitik, Steuerwesen, Statistik, Energie, Umwelt, Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres, Zollunion, Außenbeziehungen, Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik und Organe anlässlich des Beitritts Bulgariens und Rumäniens, ABl. 2006, L 363, S. 1. Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1995/2006 des Rates vom 13. Dezember 2006 zur Änderung der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften, ABl. 2006, L 390, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 718/2007 der Kommission vom 12. Juni 2007 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1085/2006 des Rates zur Schaffung eines Instruments für Heranführungshilfe (IPA), ABl. 2007, L 170, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1182/2007 des Rates vom 26. September 2007 mit besonderen Vorschriften für den Obst- und Gemüsesektor zur Änderung der Richtlinien 2001/112/EG und 2001/113/EG sowie der Verordnungen (EWG) Nr. 827/68, (EG) Nr. 2200/96, (EG) Nr. 2201/96, (EG) Nr. 2826/2000, (EG) Nr. 1782/2003 und (EG) Nr. 318/2006 und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2202/96, ABl. 2007, L 273, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 des Rates vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO), ABl. 2007, L 299, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 1548/2007 der Kommission vom 20. Dezember 2007 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1973/2004 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EG) Nr.
Verzeichnis der Akte abgeleiteten Rechts
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1782/2003 des Rates hinsichtlich der Stützungsregelungen nach Titel IV und IVa der Verordnung und der Verwendung von Stillegungsflächen für die Erzeugung von Rohstoffen, ABl. 2007, L 337, S. 71. Verordnung (EG) Nr. 145/2008 der Kommission vom 19. Februar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 796/2004 mit Durchführungsbestimmungen zur Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen, zur Modulation und zum Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem nach der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelungen für Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe, ABl. 2008, L 44, S. 9. Verordnung (EG) Nr. 159/2008 der Kommission vom 21. Februar 2008 zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 800/1999 und (EG) Nr. 2090/2002 hinsichtlich der Warenkontrolle bei der Ausfuhr landwirtschaftlicher Erzeugnisse, für die eine Erstattung gewährt wird, ABl. 2008, L 48, S. 19. Verordnung (EG) Nr. 216/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Februar 2008 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Zivilluftfahrt und zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Flugsicherheit, zur Aufhebung der Richtlinie 91/670/EWG des Rates, der Verordnung (EG) Nr. 1592/2002 und der Richtlinie 2004/36/EG, ABl. 2008, L 79, S. 1. Verordnung (EG) Nr. 293/2008 der Kommission vom 1. April 2008 zur Änderung von Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates hinsichtlich der in demselben Anhang festgesetzten nationalen Obergrenzen, ABl. 2008, L 90, S. 5. Wirtschafts- und Sozialausschuss, Stellungnahme zu dem Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ROM II) (KOM (2003) 427 endg.), ABl. 2004, C 241, S. 1.
Rechtssachenverzeichnis –
BVerfG, Beschluss vom 9.6.1971, 2 BvR 255/69, BVerfGE 31, 145.
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BVerfG, Urt. vom 21.6.1977, 1 BvL 14/76, BVerfGE 45, 187.
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BVerfG, Beschluss vom 8.4.1987, 2 BvR 687/85, BVerfGE 75, 223.
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BVerfG, Beschluss vom 10.11.1998, 2 BvR 1057, 1226, 980/91, BVerfGE 99, 216.
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BVerfG, Urt. vom 9.3.2004, 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94.
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BVerwG, Urt. vom 23.4.1998, 3 C 15.97, BVerwGE 106, 328.
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BVerwG, Urt. vom 24.2.2005, 3 C 26.04, RdL 2005, S. 188.
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BVerwG, Beschluss vom 29.3.2005, 3 B 117.04, RdL 2005, S. 224.
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Court of Appeal, Stevenson, Jordan and Harrison v. Macdonald and Evans, [1952] 1 T.L.R. 101 (C.A.).
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Court of Appeal, Maxwell v. Department of Trade and Industry, [1974] Q.B. 523.
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LG Düsseldorf, Urt. vom 1.4.2004, 13 O 55/02, EWS 2004, S. 434.
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EuG, Rs. T-7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg. 1991, S. II-1711.
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EuG, Rs. T-11/89, Shell International pany/Kommission, Slg. 1992, S. II-757.
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EuG, verb. Rs. T-10/92, T-11/92, T-12/92 und T-15/92, Cimenteries CBR u.a./Kommission, Slg. 1992, S. II-2667.
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EuG, Rs. T-50/92, Fiorani/Parlament, Slg. 1993, S. II-555.
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EuG, Rs. T-20/90, Moat/Kommission, Slg. 1993, S. II-799.
Chemical
Com-
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Rechtssachenverzeichnis
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EuG, verb. Rs. T-39/92 und T-40/92, Groupement des cartes bancaires „CB“ u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II-49.
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EuG, Rs. T-17/93, Matra Hachette/Kommission, Slg. 1994, S. II595.
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EuG, Rs. T-450/93, Lisrestal u.a./Kommission, Slg. 1994, S. II1177.
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EuG, Rs. T-34/93, Société Générale/Kommission, Slg. 1995, S. II-545.
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EuG, Rs. T-30/91, Solvay/Kommission, Slg. 1995, S. II-1775.
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EuG, Rs. T-36/91, Imperial Chemical Industries/Kommission, Slg. 1995, S. II-1847.
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EuG, Rs. T-37/91, Imperial Chemical Industries/Kommission, Slg. 1995, S. II-1901.
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EuG, verb. Rs. T-551/93, T-231/94, T-232/94, T-233/94 und T234/94, Industrias Pesqueras Campos u.a./Kommission, Slg. 1996, S. II-247.
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EuG, Rs. T-391/94, Baiwir/Kommission, Slg. ÖD 1996, S. I-A269, II-787.
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EuG, Rs. T-521/93, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1996, S. II-1707.
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EuG, Rs. T-260/94, Air Inter/Kommission, Slg. 1997, S. II-997.
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EuG, Rs. T-218/95, Azienda Agricola „Le Canne“/Kommission, Slg. 1997, S. II-2055.
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EuG, Rs. T-42/96, Eyckeler & Malt/Kommission, Slg. 1998, S. II-401.
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EuG, Rs. T-308/94, Cascades/Kommission, Slg. 1998, S. II-925.
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EuG, Rs. T-199/96, Laboratoires pharmaceutiques Bergaderm u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-2805.
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EuG, Rs. T-189/97, Comité d’entreprise de la Société française de production u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-335.
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EuG, verb. Rs. T-180/96 und T-181/96, u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-3477.
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EuG, Rs. T-50/96, Primex Produkte Import-Export u.a./Kommission, Slg. 1998, S. II-3773.
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EuG, Rs. T-87/96, Assicurazioni Generali u.a./Kommission, Slg. 1999, S. II-203.
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EuG, Rs. T-137/94, ARBED/Kommission, Slg. 1999, S. II-303.
Mediocurso
Rechtssachenverzeichnis
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EuG, Rs. T-141/94, Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 1999, S. II347.
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EuG, Rs. T-102/96, Gencor/Kommission, Slg. 1999, S. II-753.
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EuG, verb. Rs. T-305/94, T-306/94, T-307/94, T-313/94 bis T316/94, T-318/94, T-325/94, T-328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u.a./Kommission, Slg. 1999, S. II931.
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EuG, Rs. T-266/97, Vlaamse Televisie Maatschapij/Kommission, Slg. 1999, S. II-2329.
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EuG, Rs. T-231/97, New Europe Consulting u.a./Kommission, Slg. 1999, S. II-2403.
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EuG, Rs. T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, S. II-3139.
–
EuG, Rs. T-290/97, Slg. 2000, S. II-15.
–
EuG, verb. Rs. T-172/98, T-175/98 bis T-177/98, Salamander u.a./Parlament und Rat, Slg. 2000, S. II-2487.
–
EuG, Rs. T-5/97, Industrie des poudres sphériques/Kommission, Slg. 2000, S. II-3755.
–
EuG, verb. Rs. T-186/97, T-187/97, T-190/97 bis T-192/97, T210/97, T-211/97, T-216/97, T-217/97, T-218/97, T-279/97, T280/97, T-293/97 und T-147/99, Kaufring u.a./Kommission, Slg. 2001, S. II-1337.
–
EuG, verb. Rs. T-45/98 und T-47/98, Krupp Thyssen Stainless u.a./Kommission, Slg. 2001, S. II-3757.
–
EuG, Rs. T-237/00, Reynolds/Parlament, Slg. ÖD 2002, S. I-A5, II-163.
–
EuG, Rs. T-15/99, Brugg Rohrsysteme/Kommission, Slg. 2002, S. II-1613.
–
EuG, Rs. T-17/99, KE KELIT Kunststoffwerk/Kommission, Slg. 2002, S. II-1647.
–
EuG, Rs. T-23/99, LR AF 1998, vormals Løgstør Rør/Kommission, Slg. 2002, S. II-1705.
–
EuG, Rs. T-80/00, Associação Comercial de Aveiro/Kommission, Slg. 2002, S. II-2465.
–
EuG, Rs. T-81/00, Associação Comercial de Aveiro/Kommission, Slg. 2002, S. II-2509.
Mehibas
Dordtselaan/Kommission,
300
Rechtssachenverzeichnis
–
EuG, Rs. T-205/99, Hyper/Kommission, Slg. 2002, S. II-3141.
–
EuG, Rs. T-13/99, Pfizer Animal Health/Rat, Slg. 2002, S. II3305.
–
EuG, Rs. T-70/99, Alpharma/Rat, Slg. 2002, S. II-3495.
–
EuG, Rs. T-199/99, Slg. 2002, S. II-3731.
–
EuG, verb. Rs. T-377/00, T-379/00, T-380/00, T-260/01 und T272/01, Philip Morris International u.a./Kommission, Slg. 2003, S. II-1.
–
EuG, Rs. T-340/00, Comunità montana della Valnerina/Kommission, Slg. 2003, S. II-811.
–
EuG, Rs. T-125/01, Peix/Kommission, Slg. 2003, S. II-865.
–
EuG, Rs. T-217/01, Forum des migrants de l'Union européenne/Kommission, Slg. 2003, S. II-1563.
–
EuG, Rs. T-102/00, Vlaams Fonds voor de Sociale Integratie van Personen met een Handicap/Kommission, Slg. 2003, S. II-2433.
–
EuG, Rs. T-59/99, Ventouris Group Enterprises/Kommission, Slg. 2003, S. II-5257.
–
EuG, Rs. T-66/99, Minoan Lines/Kommission, Slg. 2003, S. II5515.
–
EuG, Rs. T-306/00, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2003, S. II-5705.
–
EuG, Rs. T-141/01, Entorn/Kommission, Slg. 2005, S. II-95.
–
EuG, Rs. T-283/03, Recalde Langarica/Kommission, Slg. ÖD 2005, S. I-A-235, II-1075.
–
EuG, Rs. T-306/01, Ahmed Ali Yusuf u.a./Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3533.
–
EuG, Rs. T-315/01, Yassin Abdullah Kadi/Rat und Kommission, Slg. 2005, S. II-3649.
–
EuG, verb. Rs. T-22/02 und T-23/02, Sumitomo Chemical u.a./Kommission, Slg. 2005, S. II-4065.
–
EuG, Rs. T-38/02, Groupe Danone/Kommission, Slg. 2005, S. II4407.
–
EuG, Beschluss vom 22.3.2006, Rs. T-4/05, Strack/Kommission, Slg. ÖD 2006, S. II-0000.
–
EuG, Rs. T-201/04, Microsoft/Kommission, Slg. 2007, S. II-3601.
Sgaravatti
Mediterranea/Kommission,
Rechtssachenverzeichnis
301
–
EuGH, Rs. 30/59, Slg. 1961, S. 3.
–
EuGH, Rs. 26/62, van Gend en Loos, Slg. 1963, S. 3.
–
EuGH, Rs. 25/62, Plaumann/Kommission, Slg. 1963, S. 213.
–
EuGH, Rs. 26/63, Pistoj/Kommission, Slg. 1964, S. 737.
–
EuGH, Rs. 6/64, Costa, Slg. 1964, S. 1253.
–
EuGH, verb. Rs. 106 und 107/63, Toepfer u.a./Kommission, Slg. 1965, S. 548.
–
EuGH, Rs. 57/65, Lütticke, Slg. 1966, S. 258.
De
Gezamenlijke
Steenkolenmijnen,
–
EuGH, Rs. 14/68, Walt Wilhelm, Slg. 1969, S. 1.
–
EuGH, Rs. 29/69, Stauder, Slg. 1969, S. 419.
–
EuGH, Rs. 32/68, Grasselli/Kommission, Slg. 1969, S. 505.
–
EuGH, Rs. 41/69, ACF Chemiefarma/Kommission, Slg. 1970, S. 661.
–
EuGH, Rs. 44/69, Buchler/Kommission, Slg. 1970, S. 733.
–
EuGH, Rs. 11/70, Internationale Handelsgesellschaft, Slg. 1970, S. 1125.
–
EuGH, Rs. 25/70, Köster, Slg. 1970, S. 1161.
–
EuGH, verb. Rs. 41 bis 44/70, NV International Fruit Company u.a./Kommission, Slg. 1971, S. 411.
–
EuGH, Rs. 39/72, Kommission/Italien, Slg. 1973, S. 101.
–
EuGH, verb. Rs. 177/73 Slg. 1974, S. 819.
–
EuGH, Rs. 17/74, Transocean Slg. 1974, S. 1063.
–
EuGH, Rs. 67/74, Bonsignore, Slg. 1975, S. 297.
–
EuGH, Rs. 50/76, Amsterdam Bulb, Slg. 1977, S. 137.
–
EuGH, Rs. 121/76, Moli/Kommission, Slg. 1977, S. 1971.
–
EuGH, Rs. 123/77, UNICME u.a./Rat, Slg. 1978, S. 845.
–
EuGH, Rs. 75/77, Mollet/Kommission, Slg. 1978, S. 897.
–
EuGH, verb. Rs. 103-109/78, Société des Usines de Beauport u.a./Rat, Slg. 1979, S. 17.
–
EuGH, Rs. 128/78, Slg. 1979, S. 419.
und
5/74,
Reinarz/Kommission,
Marine Paint/Kommission,
Kommission/Vereinigtes
Königreich,
302
Rechtssachenverzeichnis
–
EuGH, Rs. 85/76, Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, S. 461.
–
EuGH, Rs. 122/78, Buitoni, Slg. 1979, S. 677.
–
EuGH, Rs. 92/78, Simmenthal/Kommission, Slg. 1979, S. 777.
–
EuGH, Rs. 240/78, Atalanta Amsterdam, Slg. 1979, S. 2137.
–
EuGH, Rs. 44/79, Hauer, Slg. 1979, S. 3727.
–
EuGH, Rs. 8/81, Becker, Slg. 1982, S. 53.
–
EuGH, Rs. 147/81, Merkur Fleisch-Import, Slg. 1982, S. 1389.
–
EuGH, Rs. 54/81, Fromme, Slg. 1982, S. 1449.
–
EuGH, verb. Rs. 100 bis 103/80, Musique Diffusion Française (Pioneer)/Kommission, Slg. 1983, S. 1825.
–
EuGH, Rs. 322/81, Michelin/Kommission, Slg. 1983, S. 3461.
–
EuGH, Rs. 14/83, von Colson und Kamann, Slg. 1984, S. 1891.
–
EuGH, Rs. 222/83, Commune de Differdange u.a./Kommission, Slg. 1984, S. 2889.
–
EuGH, Rs. 117/83, Könecke, Slg. 1984, S. 3291.
–
EuGH, Rs. 11/82, Piraiki-Patraiki u.a./Kommission, Slg. 1985, S. 207.
–
EuGH, verb. Rs. 66 bis 68 und 136 bis 140/83, Hattet u.a./Kommission, Slg. 1985, S. 2459.
–
EuGH, Rs. 124/83, Nikolas Corman, Slg. 1985, S. 3777.
–
EuGH, Rs. 152/84, Marshall, Slg. 1986, S. 723.
–
EuGH, Rs. 294/83, Partie Écologiste „Les Verts”/Parlament, Slg. 1986, S. 1339.
–
EuGH, Rs. 203/85, Nicolet, Slg. 1986, S. 2049.
–
EuGH, Rs. 234/84, Belgien/Kommission, Slg. 1986, S. 2263.
–
EuGH, Rs. 40/85, Belgien/Kommission, Slg. 1986, S. 2321.
–
EuGH, Rs. 21/85, Maas, Slg. 1986, S. 3537.
–
EuGH, Rs. 204/85, Stroghili/Rechnungshof der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1987, S. 389.
–
EuGH, Rs. 288/85, Plange Kraftfutterwerke, Slg. 1987, S. 611.
–
EuGH, verb. Rs. 372-374/85, Traen, Slg. 1987, S. 2141.
–
EuGH, Rs. 14/86, Pretore di Salò/X, Slg. 1987, S. 2545.
–
EuGH, Rs. 80/86, Kolpinghuis Nijmegen, Slg. 1987, S. 3969.
Rechtssachenverzeichnis
–
303
EuGH, Rs. 314/85, Foto-Frost, Slg. 1987, S. 4199.
–
EuGH, Rs. 259/85, Frankreich/Kommission, Slg. 1987, S. 4393.
–
EuGH, Rs. 137/85, Maizena, Slg. 1987, S. 4587.
–
EuGH, Rs. 2/87, Biedermann/Rechnungshof der Europäischen Gemeinschaften, Slg. 1988, S. 143.
–
EuGH, Rs. 372/87, Progoulis/Kommission, Slg. 1988, S. 3091.
–
EuGH, Rs. 262/87, Niederlande/Kommission, Slg. 1989, S. 225.
–
EuGH, Rs. 5/88, Wachauf, Slg. 1989, S. 2609.
–
EuGH, verb. Rs. 46/87 und 227/88, Hoechst/Kommission, Slg. 1989, S. 2859.
–
EuGH, Rs. 68/88, Kommission/Griechenland, Slg. 1989, S. 2965.
–
EuGH, Rs. 85/87, Dow Benelux/Kommission, Slg. 1989, S. 3137.
–
EuGH, verb. Rs. 97/87, 98/87 und 99/87, Dow Chemical Ibérica u.a./Kommission, Slg. 1989, S. 3165.
–
EuGH, Rs. 374/87, Orkem/Kommission, Slg. 1989, S. 3283.
–
EuGH, Rs. 301/87, Frankreich/Kommission, Slg. 1990, S. I-307.
–
EuGH, Rs. 142/87, Belgien/Kommission, Slg. 1990, S. I-959.
–
EuGH, Rs. C-217/88, Kommission/Deutschland, Slg. 1990, S. I2879.
–
EuGH, Rs. C-326/88, Hansen, Slg. 1990, S. I-2911.
–
EuGH, Rs. C-155/89, Philipp Brothers, Slg. 1990, S. I-3265.
–
EuGH, Rs. 177/88, Dekker, Slg. 1990, S. I-3941.
–
EuGH, Rs. C-172/89, Vandermoortele/Kommission, Slg. 1990, S. I-4677.
–
EuGH, Rs. C-260/89, ERT, Slg. 1991, S. I-2925.
–
EuGH, Rs. C-49/88, Al-Jubail Fertilizer Company u.a./Rat, Slg. 1991, S. I-3187.
–
EuGH, Rs. C-7/90, Vandevenne, Slg. 1991, S. I-4371.
–
EuGH, verb. Rs. C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a., Slg. 1991, S. I-5357.
–
EuGH, Rs. C-269/90, Technische Universität München, Slg. 1991, S. I-5469.
–
EuGH, Rs. C-199/90, Italtrade, Slg. 1991, S. I-5545.
–
EuGH, Rs. C-170/89, Bureau Européen des Unions de Consommateurs/Kommission, Slg. 1991, S. I-5709.
304
Rechtssachenverzeichnis
–
EuGH, Gutachten 1/91, EWR I, Slg. 1991, S. I-6079.
–
EuGH, verb. Rs. C-48/90 und C-66/90, Niederlande u.a./Kommission, Slg. 1992, S. I-565.
–
EuGH, Rs. C-240/90, Deutschland/Kommission, Slg. 1992, S. I5383.
–
EuGH, verb. Rs. C-106/90, C-317/90 und C-129/91, Emerald Meats/Kommission, Slg. 1993, S. I-209.
–
EuGH, Rs. C-271/91, Marshall II, Slg. 1993, S. I-4367.
–
EuGH, Rs. C-87/92, Hoche, Slg. 1993, S. I-4623.
–
EuGH, Rs. C-387/92, Banco Exterior, Slg. 1994, S. I-877.
–
EuGH, Rs. C-309/89, Codorniu/Rat, Slg. 1994, S. I-1853.
–
EuGH, Rs. C-383/92, Slg. 1994, S. I-2479.
–
EuGH, Rs. C-135/92, Fiskano/Kommission, Slg. 1994, S. I-2885.
–
EuGH, Rs. C-91/92, Faccini Dori, Slg. 1994, S. I-3325.
–
EuGH, Rs. C-104/94, Cereol Italia, Slg. 1995, S. I-2983.
–
EuGH, Rs. C-478/93, Niederlande/Kommission, Slg. 1995, S. I3081.
–
EuGH, verb. Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame, Slg. 1996, S. I-1029.
–
EuGH, Rs. C-5/94, Hedley Lomas, Slg. 1996, S. I-2553.
–
EuGH, Rs. C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u.a., Slg. 1996, S. I5373.
–
EuGH, Rs. C-177/95, Ebony Maritime, Slg. 1997, S. I-1111.
–
EuGH, Rs. C-24/95, Alcan, Slg. 1997, S. I-1591.
–
EuGH, Rs. C-180/95, Draempaehl, Slg. 1997, S. I-2195.
–
EuGH, Rs. C-368/95, Familiapress, Slg. 1997, S. I-3689.
–
EuGH, Rs. C-354/95, National Farmers’ Union, Slg. 1997, S. I4559.
–
EuGH, verb. Rs. C-68/94 und C-30/95, Frankreich u.a./Kommission, Slg. 1998, S. I-1375.
–
EuGH, Rs. C-386/96 P, Société Louis Dreyfus/Kommission, Slg. 1998, S. I-2309.
–
EuGH, Rs. C-48/96 P, Windpark Groothusen/Kommission, Slg. 1998, S. I-2873.
Kommission/Vereinigtes
Königreich,
Rechtssachenverzeichnis
305
–
EuGH, Rs. C-259/96 P, Rat/Lieve de Nil u.a., Slg. 1998, S. I2915.
–
EuGH, Rs. C-346/96, Prolacto, Slg. 1998, S. I-345.
–
EuGH, Rs. C-186/98, Nunes, Slg. 1999, S. I-4883.
–
EuGH, Rs. C-104/97 P, Atlanta u.a./Rat und Kommission, Slg. 1999, S. I-6983.
–
EuGH, Rs. 340/97, Nazli, Slg. 2000, S. I-957.
–
EuGH, Rs. C-7/98, Krombach, Slg. 2000, S. I-1935.
–
EuGH, Rs. C-387/97, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-5047.
–
EuGH, Rs. C-369/98, Fisher and Fisher, Slg. 2000, S. I-6751.
–
EuGH, Rs. C-462/98 P, Mediocurso u.a./Kommission, Slg. 2000, S. I-7183.
–
EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 6.10.2000, Rs. C-197/98, Kommission/Griechenland, Slg. 2000, S. I-8609.
–
EuGH, Rs. C-453/99, Courage, Slg. 2001, S. I-6297.
–
EuGH, Rs. C-120/99, Italien/Rat, Slg. 2001, S. I-7997.
–
EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 23.11.2001, Rs. C-41/01, Kommission/Italien, ABl. 2002, C 109, S. 40.
–
EuGH, Rs. C-500/99 P, Conserve Italia/Kommission, Slg. 2002, S. I-867.
–
EuGH, Rs. C-310/99, Italien/Kommission, Slg. 2002, S. I-2289.
–
EuGH, Gutachten 1/00, GELR, Slg. 2002, S. I-3493.
–
EuGH, verb. Rs. C-418/00 und C-419/00, Kommission/Frankreich, Slg. 2002, S. I-3969.
–
EuGH, Rs. C-63/00, Schilling und Nehring, Slg. 2002, S. I-4483.
–
EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 10.7.2002, Rs. C-121/02, Kommission/Luxemburg, ABl. 2002, C 233, S. 21.
–
EuGH, Rs. C-141/00, Kügler, Slg. 2002, S. I-6833.
–
EuGH, verb. Rs. C-238/99 P, C-244/99 P, C-245/99 P, C247/99 P, C-250/99 P bis C-252/99 P und C-254/99 P, Limburgse Vinyl Maatschappij/Kommission, Slg. 2002, S. I-8375.
–
EuGH, Rs. C-140/00, Slg. 2002, S. I-10379.
–
EuGH, Rs. C-304/00, Strawson and Gagg, Slg. 2002, S. I-10737.
Kommission/Vereinigtes
Königreich,
306
Rechtssachenverzeichnis
–
EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 5.12.2002, Rs. C-274/02, Kommission/Frankreich, ABl. 2003, C 55, S. 23.
–
EuGH, Rs. C-395/00, Distillerie Fratelli Cipriani, Slg. 2002, S. I-11877.
–
EuGH, verb. Rs. C-465/00, C-138/01 und C-139/01, ORF, Slg. 2003, S. I-4989.
–
EuGH, Rs. C-472/00 P, Kommission/Fresh Marine Company, Slg. 2003, S. I-7541.
–
EuGH, Rs. C-167/01, Inspire Art, Slg. 2003, S. I-10155.
–
EuGH, Rs. C-93/02 P, Biret International/Rat, Slg. 2003, S. I10497.
–
EuGH, Rs. C-94/02 P, Établissements Biret/Rat, Slg. 2003, S. I10565.
–
EuGH, Rs. C-176/99 P, ARBED/Kommission, Slg. 2003, S. I10687.
–
EuGH, Rs. C-194/99 P, Thyssen Stahl/Kommission, Slg. 2003, S. I-10821.
–
EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 21.10.2003, Rs. C-57/03, Kommission/Italien, ABl. 2004, C 47, S. 27.
–
EuGH, Rs. C-278/01, Kommission/Spanien, Slg. 2003, S. I14141.
–
EuGH, verb. Rs. C-204/00 P, C-205/00 P, C-211/00 P, C213/00 P, C-217/00 P und C-219/00 P, Aalborg Portland u.a./Kommission, Slg. 2004, S. I-123.
–
EuGH, verb. Rs. C-482/01 und C-493/01, Orfanopoulos u.a., Slg. 2004, S. I-5257.
–
EuGH, Beschluss vom 16.6.2004, Rs. C-304/02, Kommission/Frankreich.
–
EuGH, Rs. C-110/02, Kommission/Rat, Slg. 2004, S. I-6333.
–
EuGH, C-295/02, Gerken, Slg. 2004, S. I-6369.
–
EuGH, verb. Rs. C-397/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a., Slg. 2004, S. I-8835.
–
EuGH, Rs. C-226/03 P, Peix/Kommission, Slg. 2004, S. I-11421.
–
EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 2.3.2005, Rs. C-165/04, Kommission/Irland, ABl. 2005, C 143, S. 30.
–
EuGH, verb. Rs. C-387/02, C-391/02 und C-403/02, Berlusconi u.a., Slg. 2005, S. I-3565.
Rechtssachenverzeichnis
307
–
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EuGH, Beschluss des Präsidenten vom 14.7.2006, Rs. C-416/05, Kommission/Luxemburg, ABl. 2006, C 281, S. 27.
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Sachregister Agrarrecht, siehe Landwirtschaft, Recht der ~ Allmende, siehe Common Good Anwendbarkeit, unmittelbare ~, siehe Unmittelbare Anwendbarkeit Beamtenrecht: 44 f., 61 f., 73 ff., 108 Beamtenstatut: 45, 73 ff. Beihilfen: 32 f., 49 ff., 109, 140 ff., 147 f., 160, 170 f., 192 f., 196, 201, 203 ff., 212 ff. Beschwerende Maßnahme: 46 ff., 71 f., 73 ff., 108 Betroffenheit – individuelle ~: 55, 75 ff. – unmittelbare ~: 55, 75 ff., 78 ff. Beugefunktion: 121, 152, 233, 235, 237 Bußgeld, siehe Geldbuße Common Good: 164, 259 ff. Deontik, siehe Logik Durchsetzung: 14 ff., 21, 33, 91, 100, 107, 150, 164, 180, 188 f., 231, 237 ff., 245 ff., 258, 272 f. Durkheim, Émile: 1, 33, 249 Effektivität: 111, 188 f., 216 f., 235, 237 ff., 246 ff., 257, 261 Entzug von Zulassungen oder Lizenzen: 151 f., 154 f., 164 f., 169, 193
Erwartungen, Stabilisierung von ~: 14 ff., 27, 33, 109 Etymologie: 11 ff., 94 f. Euratom: 127 Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl: 53 f., 63 f., 93, 124 ff., 179 Europäischer Gerichtshof – Satzung des ~: 128 f. Europäische Zentralbank: 123, 127 f. Finanzverfassungsrecht: 172 ff. Fischerei, Recht der ~: 54 ff., 163 ff., 190, 203 ff., 243 Fonds, europäische ~: 58 ff., 135, 149, 163, 194 ff., 197 ff., 203 ff. Funktion (einer Maßnahme), siehe Wirkung Geiger, Theodor: 1, 255 Geldbuße: 32 f., 40, 53, 95 f., 109 ff., 121 ff., 124 ff., 127 f., 129, 133, 136, 153 ff., 172 ff., 175 ff., 181 ff., 184 ff., 201, 220, 223 Globale Güter, siehe Common Good Globalisierung, siehe auch Völkerrecht: 258 ff., 272 Griechischer Maisskandal: 99, 237 f. Habermas, Jürgen: 15, 21, 249, 259 f. Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: 25 ff.
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Hobbes, Thomas: 1, 18, 25, 27 Integriertes Verwaltungsund Kontrollsystem (InVeKoS): 100 f., 140 ff., 212 ff. Kant, Immanuel: 1, 18 ff., 27 Kaution, Verfall einer ~: 86 f., 110, 133, 135, 193, 218 ff. Kelsen, Hans: 2, 10, 22, 28 ff., 91, 255 Klagebefugnis: 55, 73 ff. Kompetenz, Rechtssetzungs-~: 81 ff., 111, 159, 186 ff., 220 f. Konstitutionalisierung: 257 ff. Landwirtschaft, Recht der ~: 83, 98, 100 f., 132, 138 ff., 192 ff. Logik, deontische ~: 66, 252 ff. Luhmann, Niklas: 15 ff., 18 f., 249, 254, 261, 270 f. Maisskandal, siehe Griechischer Maisskandal Mehrsprachigkeit: 119 ff. Montanunion, siehe Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl Normenhierarchie: 137, 159 ff. Parsons, Talcott: 14 f., 29, 32 Pauschalbetrag: 42, 231 ff. Prävention: 10, 15, 18, 29 f., 33 ff., 38, 87, 93, 98, 103, 109, 121, 134, 152, 155, 165 ff., 178 ff., 201 f., 233 ff. punitive damages, siehe Strafschadensersatz Rawls, John: 15, 164 Rechtsschutz: 37 ff., 107, 247 ff., 256 ff.
Sachregister
Reformvertrag, siehe Vertrag von Lissabon Repression: 10, 33 ff., 53 f., 93, 96, 103, 109, 135, 155, 165 ff., 178 f., 230, 238 ff. Restitution: 9, 27, 33 ff., 93, 108 f., 134, 137, 152, 166, 168 ff., 180, 190, 211, 219, 230, 239 ff. Sanktionen – negative ~: 9, 15, 30, 31 ff., 110, 112, 123, 152, 169, 223 f. – positive ~: 9, 30, 31 ff., 112, 223 f. – soziale ~: 14, 30 f. – zivilrechtliche ~: 30 f., 106, 109, 112 f., 238 ff. Sanktionsverordnung: 8, 101 ff., 131 ff., 138 ff., 147, 150, 155, 157 ff., 161 ff., 171 f., 178, 190, 192 ff., 205 ff., 214 f., 229 f., 237, 242 f. Schadensersatz: 30 f., 50 f., 93 f., 108, 238 ff., 243 f., 246 ff., 262 f. Schopenhauer, Arthur: 27 f. Schuld, individuelle ~: 135, 181, 186, 217, 226 Schwarze Liste: 68 f., 136 Sicherheiten, Verfall von ~, siehe Kaution Staatshaftung: 5, 35, 51, 106 ff., 246 ff. Strafe: 5 ff., 10 f., 15, 18, 24 f., 26, 28, 30, 31 f., 83 ff., 94 ff., 103, 105, 110 f., 121, 133, 140 ff., 165, 169, 180, 183, 186 f., 213 ff., 218 ff., 260 f. Strafrecht, siehe Strafe
Sachregister
Strafschadensersatz: 30, 93 f., 238 ff. Umweltrecht: 84 f., 138 f., 186 ff. Unmittelbare Anwendbarkeit: 5, 107, 250 ff. Verfassungsvertrag: 123 f., 129 f., 174, 177 Verkehrsrecht: 181 ff. Vertrag von Lissabon: 85 f., 88, 123 f., 129 f. Vertragsverletzungsverfahren: 231 ff., 250 Verwaltungsverfahren: 38 ff., 168 f. Völkerrecht: 2, 11, 53 f., 91 – ~ und Globalisierung: 258 ff. Weber, Max: 1, 17, 20, 91 Wettbewerbsrecht: 34, 38 ff., 100, 122 f., 175 ff., 183 ff., 240 f. Wiederherstellung, siehe Restitution Wirkung (einer Maßnahme) – beugende ~, siehe Beugefunktion
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– präventive ~, siehe Prävention – punitive ~: 30, 33, 92 ff., 137, 147, 152, 155, 165, 169, 210 f., 217 f., 229, 234, 239 ff. – repressive ~, siehe Repression – restitutive ~, siehe Restitution – wiederherstellende ~, siehe Restitution Wittgenstein, Ludwig: 13, 31, 270 Zinsen: 33, 109 f., 125, 127 f., 135, 171, 173 Zivilrecht: 30 f., 106, 109, 112 f., 239 ff., 249 Zuständigkeit, siehe Kompetenz Zwang: 10, 13 ff., 121 ff., 127, 129 f., 176 ff., 249 Zwangsgeld: 42, 53, 66, 109 ff., 121 ff., 124 ff., 128, 133 f., 136, 152 ff., 172 ff., 175 ff., 184 ff., 231 ff., 271 f. Zwangsmaßnahmen, siehe auch Zwang: 10, 121 ff.
Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht
Beiträge zum ausländischen öffentlichen Recht und Völkerrecht Hrsg.: A. von Bogdandy, R. Wolfrum Bde. 27–59 erschienen im Carl Heymanns Verlag KG Köln, Berlin (Bestellung an: Max-Planck-Institut für Völkerrecht, Im Neuenheimer Feld 535, 69120 Heidelberg); ab Band 60 im Springer-Verlag Berlin, Heidelberg, New York, London, Paris, Tokyo, Hong Kong, Barcelona 222 Stephan Bitter: Die Sanktion im Recht der Europäischen Union. 2011. XV, 351 Seiten. € € € E 84,95 Geb. 221 Holger Hestermeyer, Nele Matz-Lück, Anja Seibert-Fohr, Silja Vöneky (eds.): Law of the Sea € in Dialogue. 2011. XII, 189 Seiten. Geb. E 69,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 220 Jan Scheffler: Die Europäische Union als rechtlich-institutioneller Akteur im System der € Vereinten Nationen. 2011. XXXV, 918 Seiten. Geb. E 149,95 219 Mehrdad Payandeh: Internationales Gemeinschaftsrecht. 2010. XXXV, 629 Seiten. Geb. E 99,95 217 Michael Duchstein: Das internationale Benchmarkingverfahren und seine Bedeutung für den gewerblichen Rechtsschutz. 2010. XXVI, 528 Seiten. Geb. E 99,95 216 Tobias Darge: Kriegsverbrechen im nationalen und internationalen Recht. 2010. XXXV, 499 Seiten. Geb. E 94,95 215 Markus Benzing: Das Beweisrecht vor internationalen Gerichten und Schiedsgerichten in zwischenstaatlichen Streitigkeiten. 2010. L, 846 Seiten. Geb. E 139,95 214 Urs Saxer: Die internationale Steuerung der Selbstbestimmung und der Staatsentstehung. 2010. XLII, 1140 Seiten. Geb. E 169,95 213 Rüdiger Wolfrum, Chie Kojima (eds.): Solidarity: A Structural Principle of International Law. 2010. XIII, 238 Seiten. Geb. E 69,95 212 Ramin S. Moschtaghi: Die menschenrechtliche Situation sunnitischer Kurden in der Islamischen Republik Iran. 2010. XXIII, 451 Seiten. Geb. E 94,95 211 Georg Nolte (ed.): Peace through International Law. The Role of the International Law Commission. 2009. IX, 195 Seiten. Geb. E 64,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 210 Armin von Bogdandy, Rüdiger Wolfrum, Jochen von Bernstorff, Philipp Dann, Matthias Goldmann (eds.): The Exercise of Public Authority by International Institutions. 2010. XIII, 1005 Seiten. Geb. E 149,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 209 Norman Weiß: Kompetenzlehre internationaler Organisationen. 2009. XVIII, 540 Seiten. Geb. E 99,95 208 Michael Rötting: Das verfassungsrechtliche Beitrittsverfahren zur Europäischen Union. 2009. XIV, 317 Seiten. Geb. E 79,95 207 Björn Ahl: Die Anwendung völkerrechtlicher Verträge in China. 2009. XIX, 419 Seiten. Geb. E 289,95 206 Mahulena Hofmann: Von der Transformation zur Kooperationsoffenheit? 2009. XIX, 585 Seiten. Geb. E 299,95 205 Rüdiger Wolfrum, Ulrike Deutsch (eds.): The European Court of Human Rights Overwhelmed by Applications: Problems and Possible Solutions. 200 9. VIII, 128 Seiten. Geb. E 59, 95 zzgl. landesüblicher MwSt. 204 Niels Petersen: Demokratie als teleologisches Prinzip. 2 0 09. XXVII, 280 Seiten. Geb . E 79, 95 203 Christiane Kamardi: Die Ausformung einer Prozessordnung sui generis durch das ICTY unter Berücksichtigung des Fair-Trial-Prinzips. 2009. XVI, 424 Seiten. Geb. E 89, 95 202 Leonie F. Guder : The Administration of Debt Relief by the International Financial Institutions. 2009. XVIII, 355 Seiten. Geb. E 84, 95 zzgl. landesüblicher MwSt. 201 Silja Vöneky, Cornelia Hagedorn, Miriam Clados, Jelena von Achenbach: Legitimation ethischer Entscheidungen im Recht. 2009. VIII, 351 Seiten. Geb. E 84,95 200 Anja Katarina Weilert : Grundlagen und Grenzen des Folterverbotes in verschiedenen Rechtskreisen. 2009. XXX, 474 Seiten. Geb. E 94,95 199 Suzette V. Suarez: The Outer Limits of the Continental Shelf. 2008. XVIII, 276 Seiten. Geb. E 79,95 zzgl. landesüblicher MwSt.
198 Felix Hanschmann: Der Begriff der Homogenität in der Verfassungslehre und Europarechtswissenschaft. 2008. XIII, 370 Seiten. Geb. E 84,95 197 Angela Paul: Kritische Analyse und Reformvorschlag zu Art. II Genozidkonvention. 2008. XVI, 379 Seiten. Geb. E 84,95 196 Hans Fabian Kiderlen: Von Triest nach Osttimor. 2008. XXVI, 526 Seiten. Geb. E 94,95 195 Heiko Sauer: Jurisdiktionskonflikte in Mehrebenensystemen. 2008. XXXVIII, 605 Seiten. Geb. E 99,95 194 Rüdiger Wolfrum, Volker Röben (eds.): Legitimacy in International Law. 2008. VI, 420 Seiten. Geb. E 84,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 193 Doris König, Peter-Tobias Stoll, Volker Röben, Nele Matz-Lück (eds.): International Law Today: New Challenges and the Need for Reform? 2008. VIII, 260 Seiten. Geb. E 69,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 192 Ingo Niemann: Geistiges Eigentum in konkurrierenden völkerrechtlichen Vertragsordnungen. 2008. XXV, 463 Seiten. Geb. E 94,95 191 Nicola Wenzel: Das Spannungsverhältnis zwischen Gruppenschutz und Individualschutz im Völkerrecht. 2008. XXXI, 646 Seiten. Geb. E 99,95 190 Winfried Brugger, Michael Karayanni (eds.): Religion in the Public Sphere: A Comparative Analysis of German, Israeli, American and International Law. 2007. XVI, 467 Seiten. Geb. E 89,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 189 Eyal Benvenisti, Chaim Gans, Sari Hanafi (eds.): Israel and the Palestinian Refugees. 2007. VIII, 502 Seiten. Geb. E 94,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 188 Eibe Riedel, Rüdiger Wolfrum (eds.): Recent Trends in German and European Constitutional Law. 2006. VII, 289 Seiten. Geb. E 74,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 187 Marcel Kau: United States Supreme Court und Bundesverfassungsgericht. 2007. XXV, 538 Seiten. Geb. E 99,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 186 Philipp Dann, Michal Rynkowski (eds.): The Unity of the European Constitution. 2006. IX, 394 Seiten. Geb. E 79,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 185 Pál Sonnevend: Eigentumsschutz und Sozialversicherung. 2008. XVIII, 278 Seiten. Geb. E 74,95 184 Jürgen Bast: Grundbegriffe der Handlungsformen der EU. 2006. XXI, 485 Seiten. Geb. E 94,95 183 Uwe Säuberlich: Die außervertragliche Haftung im Gemeinschaftsrecht. 2005. XV, 314 Seiten. Geb. E 74,95 182 Florian von Alemann: Die Handlungsform der interinstitutionellen Vereinbarung. 2006. XVI, 518 Seiten. Geb. E 94,95 181 Susanne Förster: Internationale Haftungsregeln für schädliche Folgewirkungen gentechnisch veränderter Organismen. 2007. XXXVI, 421 Seiten. Geb. E 84,95 180 Jeanine Bucherer: Die Vereinbarkeit von Militärgerichten mit dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 1 EMRK, Art. 8 Abs. 1 AMRK und Art. 14 Abs. 1 des UN-Paktes über bürgerliche und politische Rechte. 2005. XVIII, 307 Seiten. Geb. E 74,95 179 Annette Simon: UN-Schutzzonen – Ein Schutzinstrument für verfolgte Personen? 2005. XXI, 322 Seiten. Geb. E 74,95 178 Petra Minnerop: Paria-Staaten im Völkerrecht? 2004. XXIII, 579 Seiten. Geb. E 99,95 177 Rüdiger Wolfrum, Volker Röben (eds.): Developments of International Law in Treaty Making. 2005. VIII, 632 Seiten. Geb. E 99,95 zzgl. landesüblicher MwSt. 176 Christiane Höhn: Zwischen Menschenrechten und Konfliktprävention. Der Minderheitenschutz im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). 2005. XX, 418 Seiten. Geb. E 84,95 175 Nele Matz: Wege zur Koordinierung völkerrechtlicher Verträge. Völkervertragsrechtliche und institutionelle Ansätze. 2005. XXIV, 423 Seiten. Geb. E 84,95 174 Jochen Abr. Frowein: Völkerrecht – Menschenrechte – Verfassungsfragen Deutschlands und Europas. Ausgewählte Schriften. Hrsg. von Matthias Hartwig, Georg Nolte, Stefan Oeter, Christian Walter. 2004. VIII, 732 Seiten. Geb. E 119,95