Claire Dietz Der Werkintegritätsschutz im deutschen und US-amerikanischen Recht
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Claire Dietz Der Werkintegritätsschutz im deutschen und US-amerikanischen Recht
Claire Dietz
Der Werkintegritätsschutz im deutschen und US-amerikanischen Recht
De Gruyter Recht · Berlin
Dr. iur. Claire Dietz, Humboldt-Universität zu Berlin. Gedruckt mit Unterstützung des Förderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG WORT.
∞ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt.
ISBN 978-3-89949-642-0
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
© Copyright 2009 by De Gruyter Rechtswissenschaften Verlags-GmbH, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Datenkonvertierung/Satz: Werksatz Schmidt & Schulz, Gräfenhainichen Druck und Bindung: Hubert & Co., Göttingen Einbandgestaltung: Christopher Schneider, Laufen
Für Jörg und meine Familie
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im November 2008 von der Juristischen Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin als Dissertation angenommen. Die Disputation fand am 22.01.2009 statt. Rechtsprechung und Literatur sind bis Oktober 2008 berücksichtigt. Großer Dank gilt an erster Stelle meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Artur-Axel Wandtke für die hervorragende und intensive Betreuung meiner Arbeit. Er ermutigte mich immer wieder eigene Wege zu gehen und hat auf diese Weise maßgeblich zum erfolgreichen Abschluss beigetragen. Herrn Prof. Dr. Theodor Bodewig möchte ich für die Zweitkorrektur meiner Arbeit danken. Es hat mich sehr gefreut, dass er mit seinen ausgezeichneten Kenntnissen im US-amerikanischen copyright law meine Dissertation bewertet hat. Besonders hervorzuheben ist, dass es mir beide Professoren durch die so zügige Korrektur meiner Arbeit ermöglicht haben, meine Promotion innerhalb von nur drei Monaten nach Einreichen der Dissertationsschrift abzuschließen. Meinen Eltern Dagmar und Michael Dietz danke ich herzlich für die vielen und mühsamen Stunden, die sie in die Korrektur meiner Arbeit und kritische Gespräche investiert haben. Durch ihre zahlreichen Anregungen und Verbesserungsvorschläge waren sie mir eine gewichtige Hilfe und Stütze. Ein großes Dankeschön geht an meinen Bruder Eric Dietz und meine Freundin Anja Schieke für die fortwährende Motivation, aber auch die vielen schönen Ablenkungen. Sie waren es, die mich in entscheidenden Situationen immer wieder aufgebaut haben. Von ganzem Herzen möchte ich mich bei meinem Freund Jörg Polte für das gemeinsame Durchstehen von Höhen und Tiefen und seine unermüdliche Unterstützung während des Studiums und der Promotion bedanken. Berlin, den 26.04.2009
Dr. Claire Nora Dietz
Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1
1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . .
7
A. Die Entwicklung und Dogmatik des Urheberrechts . . . . . . I. Die Anfänge des Schutzes geistigen Eigentums . . . . . . . . . II. Die Entwicklung der „modernen“ Urheberrechtstheorien . . . III. Die Entwicklung der Gesetzgebung und Rechtsprechung im Bereich des Urheberrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Verhältnis von Urheberrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die doppelte Schutzrichtung des Urheberrechts . . . . . . . . II. Der Urheberpersönlichkeitsschutz . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Begriff und der Inhalt des Urheberpersönlichkeitsrechts 2. Der Schutzzweck des Urheberpersönlichkeitsrechts . . . . . 3. Die besonderen Merkmale des Urheberpersönlichkeitsrechts 3.1. Die Unübertragbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Die Vererblichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Die zeitliche Begrenztheit . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Urheberpersönlichkeitsrecht als besonderes Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8 8 15 18 22 22 23 23 24 25 25 26 27 27
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität . . . . . . . . . . . . . .
30
A. Das System der änderungsrechtlichen Vorschriften . . . . . I. Die Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Herleitung des Änderungsverbots . . . . . . . . . . . 1.1. Die Meinung der Rechtsprechung und eines Teils der Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die in der Lehre vertretenen Einzelansichten . . . . . 2. Das Verhältnis der änderungsrechtlichen Vorschriften zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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30
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31 31
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31 32
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34
X
Inhaltsverzeichnis
2.1. Das Verhältnis des allgemeinen Änderungsverbots zu § 39 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Das Verhältnis des allgemeinen Änderungsverbots zu § 14 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Lehre von der Gesamtschau der änderungsrechtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Herleitung des Änderungsverbots . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis der änderungsrechtlichen Vorschriften zueinander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das Entstellungs- und Beeinträchtigungsverbot des § 14 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Inhalt und Aufbau der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . II. Die geschützten Werkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Beeinträchtigung des Werkes . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Bedeutung von „Entstellung“ und „Beeinträchtigung“ 2. Die Erforderlichkeit der Abgrenzung der verschiedenen Eingriffsarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Der Beurteilungsmaßstab . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Entstellung und Beeinträchtigung von Werken der bildenden Kunst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Das Erfordernis einer gröblichen Entstellung oder Beeinträchtigung bei Filmwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII. § 14 UrhG als Rechtsgrundlage für ein Vernichtungsverbot . 1. Die Werkvernichtung als „andere Beeinträchtigung“ im Sinne des § 14 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Argumente für die Erfassung der Werkvernichtung durch § 14 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Argumente gegen die Erfassung der Werkvernichtung durch § 14 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Schutz vor Werkvernichtung über die Generalklausel des § 11 S. 1 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Argumente für ein aus § 11 S. 1 UrhG abgeleitetes Zerstörungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Argumente gegen ein aus § 11 S. 1 UrhG abgeleitetes Zerstörungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Schutz vor Werkvernichtung über das allgemeine Persönlichkeitsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
34 35 37 37 38 38 43 43 44 45 45 48 49 50 50 53 54 55 55 57 60 60 62 62
XI
Inhaltsverzeichnis
3.1. Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2. Der Eingriff in den Schutzbereich durch die Werkvernichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3. Die Beschränkung des Schutzes durch gegenläufige Interessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die Herleitung eines Zerstörungsverbots aus den §§ 25, 26 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1. Argumente für die Herleitung aus den §§ 25, 26 UrhG 4.2. Argumente gegen die Herleitung aus den §§ 25, 26 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die Interessengefährdung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Erfordernis einer Interessengefährdung . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Anforderungen an eine Interessengefährdung . . . . IX. Die Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Begründung des Merkmals . . . . . . . . . . . . . . 2. Die besonderen Rechte Dritter und besondere Rechtsbeziehungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Kriterien bei der Interessenabwägung . . . . . . . . . X. Die Ansprüche in Folge einer Verletzung des Rechts auf Werkintegrität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität . . A. Das Recht auf Werkintegrität als Gegenstand von Rechtsgeschäften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Grundsatz der Unübertragbarkeit und die Zulässigkeit von Rechtsgeschäften über das Recht auf Werkintegrität . II. § 39 Abs. 1 UrhG als nicht abschließende Regelung . . . . III. Die Zulässigkeit der konstitutiven Übertragung des Rechts auf Werkintegrität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die konstitutive Übertragung . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Die Klarstellung von Begrifflichkeiten . . . . . . . 1.2. Die konstitutive Übertragung von Nutzungsrechten 2. Die konstitutive Übertragung des Rechts auf Werkintegrität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Die in der Lehre vertretenen Einzelansichten . . . . 2.2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
63 64 66 69 69 70 70 77 77 79 80 81 81 82 84 87 89
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89
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XII
Inhaltsverzeichnis
B. Die „Lückenfüllung“ durch die Rechtsprechung und Literatur I. Die Theorien zur Bestimmung des Umfangs der zulässigen Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Kernbereichstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Der unverzichtbare Kern als Grenze der zulässigen Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte im Falle des Eingriffs in den unverzichtbaren Kern . . . . . . . . . 2. Die Vorhersehbarkeitstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Die Vorhersehbarkeit des Eingriffs als Grenze der zulässigen Rechtsgeschäfte . . . . . . . . . . . . . . . 2.2. Die Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte bei unvorhersehbaren Eingriffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Die erweiterte Vorhersehbarkeitstheorie . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die verschiedenen Arten von Rechtsgeschäften . . . . . . . . 1. Die Klarstellung von Begrifflichkeiten . . . . . . . . . . . . 1.1. Die Abgrenzung von dinglichen Rechten und Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die Abgrenzung von Verfügungswirkung und „dinglicher Wirkung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Schlussfolgerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Änderungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Der Erlassvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das pactum de non petendo . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Die Einwilligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Übertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.1. Die „freie“ Übertragung als Verfügung mit absoluter Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6.2. Die gebundene Rechtseinräumung . . . . . . . . . . . 7. Der Verzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8. Die Überlassung zur Ausübung und die gewillkürte Prozessstandschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Die zulässigen Änderungen im Rahmen eines vertraglichen Nutzungsverhältnisses gemäß § 39 UrhG . . . . . . . . . . . . I. Die Einordnung der Vorschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die gesetzliche Änderungsbefugnis gemäß § 39 Abs. 2 UrhG . III. Die vertragliche Änderungsbefugnis gemäß § 39 Abs. 1 UrhG .
98 99 99 99 102 103 103 104 105 105 108 109 109 110 111 112 113 114 115 119 119 120 123 125 127 130 130 130 132
Inhaltsverzeichnis
XIII
IV. Das Verhältnis des § 39 UrhG zu anderen Vorschriften . . . . 1. Das Verhältnis von § 39 UrhG zu § 14 UrhG . . . . . . . . 2. Das Verhältnis von § 39 UrhG zu § 23 UrhG . . . . . . . . V. Die entsprechende Anwendung des § 39 UrhG . . . . . . . . . 1. Das Verhältnis von Urheber und Inhaber gesetzlicher Nutzungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Verhältnis von Urheber und Eigentümer . . . . . . . . D. Das Recht auf Werkintegrität im Rahmen von Arbeitsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Die Geltung des Schöpferprinzips . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Einschränkung des Urheberpersönlichkeitsrechts im Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Das Spannungsverhältnis zwischen Arbeitnehmerurheber und Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Der Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmerurheber und Arbeitgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Die Beschränkung des Rechts auf Werkintegrität . . . . . . 3.1. Die Änderungsvereinbarung im Arbeitsverhältnis . . . 3.2. Die gesetzlich zulässigen Änderungen im Arbeitsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . E. Die Sonderregelung des § 93 Abs. 1 UrhG für Filmwerke . . . I. Die Ergänzung der §§ 88 ff. UrhG . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Urheber von Filmwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Anwendungsbereich des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG . . . . . . IV. Die Prüfung einer Integritätsrechtsverletzung von Filmwerken 1. Der Begriff der „Gröblichkeit“ . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die modifizierte Interessenabwägung . . . . . . . . . . . . 3. Die Beurteilung der Gröblichkeit von Entstellungen und Beeinträchtigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Die gröbliche Entstellung und Beeinträchtigung von Filmwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Das Verhältnis des § 93 Abs. 1 UrhG zu anderen änderungsrechtlichen Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Die Kritik an § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG . . . . . . . . . . . . . . . F. Zusammenfassung und abschließende Bewertung des deutschen Werkintegritätsschutzes . . . . . . . . . . . . . . .
135 135 136 137
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes im deutschen Urheberrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
137 137 140 140 141 141 142 144 144 145 147 147 148 149 150 150 150 151 153 157 158 159
164
XIV
Inhaltsverzeichnis
A. Eine gesetzliche Regelung für Rechtsgeschäfte über das Recht auf Werkintegrität . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Stellung und Zukunft des Urheberpersönlichkeitsschutzes in der EU und in internationalen Abkommen . . . . C. Die Verankerung des Urheberpersönlichkeitsrechts in der Verfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
164 168 178
2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183
1. Kapitel: Die moral rights . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
183
A. Die Entwicklung des copyright und der moral rights . . . I. Die englischen Wurzeln des US-amerikanischen copyright law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die königlichen Druckprivilegien und das Stationers’ Copyright . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Das Statute of Anne, die Lehre vom geistigen Eigentum und die Entwicklung der englischen Rechtsprechung im 18. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1. Das Statute of Anne von 1710 . . . . . . . . . . . 2.2. Die Lehre vom geistigen Eigentum . . . . . . . . . 2.3. Die Entwicklung der englischen Rechtsprechung im 18. Jh. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Rezeption des englischen copyright in den USA . . . . 1. Die Gesetze der Einzelstaaten, die Verfassungsklausel und das erste Bundesgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Die Gesetze der Einzelstaaten . . . . . . . . . . . . 1.2. Die Verfassungsklausel . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Das erste Bundesgesetz . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Entscheidung Wheaton v. Peters . . . . . . . . . . . 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Copyright Act von 1976 . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Die Entwicklung des moral rights-Schutzes . . . . . . . . 1. Die entscheidenden Entwicklungsstufen bis zur gesetzlichen Verankerung von moral rights . . . . . . . . . . 2. Die einzelstaatlichen moral rights-Gesetze . . . . . . . 3. Die moral rights nach dem Beitritt zur RBÜ und die Verabschiedung des VARA . . . . . . . . . . . . . . . .
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184
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184
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184
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188 188 191
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193 196 198
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198 198 200 201 203 204 205 206
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206 213
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214
XV
Inhaltsverzeichnis
4. Die moral rights in der Rechtsprechung . . . . . . 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Das dogmatische Fundament der moral rights . . . . C. Das Verhältnis von copyright und moral rights . . .
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217 218 219 221
2. Kapitel: Das right of integrity . . . . . . . . . . . . . . . . . .
226
A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Der Werkintegritätsschutz des VARA . . . . . . . . . . . . . I. Das Visual Artists Rights Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die allgemeinen Schutzvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . 1. Die geschützten Werkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1. Die Werke der bildenden Kunst . . . . . . . . . . . . . 1.2. Die vom Anwendungsbereich ausgenommenen Werke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3. Die Maßgaben für die Gerichte . . . . . . . . . . . . . 2. Die Wahrnehmung des Rechts auf Werkintegrität . . . . . 3. Die Schutzdauer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Das Recht, die Veränderung des Werkes zu verhindern, gemäß 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Inhalt des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Das Recht, die Zerstörung des Werkes zu verhindern, gemäß 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (B) . . . . . . . . . . . . . . . 1. Der Inhalt des Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Ausnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . V. Die Beschränkungen des Veränderungs- und Zerstörungsverbots . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Die Sonderregelung für in Gebäude integrierte Werke . . . 1.1. Der Regelungsinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Die Anwendbarkeit der fair-use-doctrine . . . . . . . . . . 2.1. Der Regelungsinhalt der fair-use-doctrine . . . . . . . 2.2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VI. Das Recht, die Nennung des Urhebernamens zu verhindern, gemäß 17 U.S.C. § 106A (a) (2) . . . . . . . . . . . . . . . . VII. Der Verzicht auf das right of integrity . . . . . . . . . . . .
226 227 227 228 228 229 233 236 236 237 238 239 239 245 246 247 247 253 254 257 257 257 259 260 260 261 262 263
XVI
Inhaltsverzeichnis
1. Die Voraussetzungen des Rechtsverzichts . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VIII. Die Ansprüche in Folge einer Verletzung des right of integrity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX. Zusammenfassung und abschließende Bewertung des VARA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die moral rights-Gesetze der Einzelstaaten . . . . . . . . . . I. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Die Anwendbarkeit der einzelstaatlichen Regelungen . . . . III. Der Regelungsinhalt der einzelstaatlichen Gesetze . . . . . . 1. Die Einteilung der Gesetze in zwei Gruppen . . . . . . . 2. Das California Art Preservation Act . . . . . . . . . . . . 2.1. Die allgemeinen Schutzvoraussetzungen . . . . . . . 2.2. Das right of integrity . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.3. Der Verzicht auf das right of integrity . . . . . . . . 2.4. Die Beschränkungen des right of integrity . . . . . . 2.5. Die Ansprüche in Folge einer Verletzung des right of integrity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Nach dem Vorbild des California Art Preservation Act gestaltete Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das New York Artists’ Authorship Rights Act . . . . . . 4.1. Die allgemeinen Schutzvoraussetzungen . . . . . . . 4.2. Das right of integrity . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3. Die Beschränkungen des right of integrity . . . . . . 4.4. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Nach dem Vorbild des New York Artists’ Authorship Rights Act gestaltete Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . . 6. Die Gesetze von Montana, Utah and South Dakota . . . IV. Zusammenfassung und abschließende Bewertung der einzelstaatlichen moral rights-Gesetze . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen in- und außerhalb des copyright law . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . B. Die Vorschriften des Copyright Act . . . . . . . . . . . . I. Der Schutz der Werkintegrität durch das copyright . . . 1. Das Vervielfältigungsrecht gemäß 17 U.S.C. § 106 (1) . 2. Das Bearbeitungsrecht gemäß 17 U.S.C. §§ 106 (2), 101
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263 265 266 269 273 273 273 276 276 277 277 279 281 281 282 283 284 287 287 288 291 292 292 295 296 298 298 299 299 301 302
XVII
Inhaltsverzeichnis
3. Die Regelung für Zwangslizenzen gemäß 17 U.S.C. § 115 (a) (2) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Das right of termination gemäß 17 U.S.C. § 203 . . . . . . 5. Ein right of integrity basierend auf den copyright-Theorien B. Der Schutz der Werkintegrität durch das Vertragsrecht (contract law) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Das ausdrückliche und konkludente vertragliche Änderungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . C. Der Schutz der Werkintegrität durch das Wettbewerbsrecht (law against unfair competition) . . . . . . . . . . . . . . . . . I. § 43 (a) Lanham Act . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . D. Der Schutz der Werkintegrität durch das Deliktsrecht (law of torts) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I. Der Schutz der Werkintegrität durch das Beleidigungsrecht . . 1. Das Delikt defamation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Schutz der Werkintegrität durch das right of privacy . . . 1. Das right of privacy . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . III. Der Schutz der Werkintegrität durch das right of publicity . . E. Zusammenfassung und abschließende Bewertung des US-amerikanischen Werkintegritätsschutzes . . . . . . . . . .
306 306 307 308 308 313 314 314 320 324 325 325 328 329 329 333 333 336
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes im US-amerikanischen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
343
3. Teil: Resumée . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
347
A. Der Rechtsvergleich anhand von Beispielsfällen I. Die Beispielsfälle . . . . . . . . . . . . . . . . . II. Der Rechtsvergleich . . . . . . . . . . . . . . . III. Die Ergebnisse des Rechtsvergleichs . . . . . . B. Der Werkintegritätsschutz im 21. Jh. . . . . . .
347 347 349 366 367
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XVIII
Inhaltsverzeichnis
Anlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
371
1. Auszüge aus dem Copyright Act (17 U.S.C.) . . . . . . . . 2. Auszug aus dem Visual Artists Rights Act . . . . . . . . . .
371 379
Literaturverzeichnis
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381
Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
395
Abkürzungsverzeichnis a. a.A. abl. Abs. Abschn. abw. Admin. AfP AG Am. J. Comp. L. Am./Ams. App. Ct. Ariz. St. L.J. Art. Ass’n Assocs. Aufl. ausf. Ausf. Bekl. BerG Berkeley Tech. L.J. BGB BGH Broad. Bros. Bsp. bspw. BVerfG bzgl. bzw. C.D. Cal.
auch anderer Ansicht ablehnend Absatz Abschnitt abweichend Administration Zeitschrift für Medien- und Kommunikationsrecht Amtsgericht American Journal of Comparative Law American/Americans Appellate Court Arizona State Law Journal Artikel Association Associates Auflage ausführlich Ausführungen Beklagter Berufungsgericht Berkeley Technology Law Journal Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgerichtshof Broadcasting Brothers Beispiel beispielsweise Bundesverfassungsgericht bezüglich beziehungsweise Central District California
XX
Cal. Civ. Code Cal. L. Rev. Cardozo Arts & Ent. L.J. Cath. U.L. Rev. Chan. Ct. Cir. Cl. Cmty. Co./Cos. Colum. J.L. & Arts Colum. L. Review Colum.-VLA J.L. & Arts Comm’r Comp. L. Rev. & Tech. J. Conn. Cont’l Cornell J. L. & Pub. Pol’y Cornell L. Rev. Corp. County Ct. D. D.C. d.h. D.P.R. Def. ders. dies. diff. Distribs. Div. E.D. Einf. Einl. Enters. Entm’t EU
Abkürzungsverzeichnis
California Civil Code California Law Review Cardozo Arts & Entertainment Law Journal Catholic University Law Review Chancery Court Circuit Clause Community Company/Companies Columbia Journal of Law & the Arts Columbia Law Review Columbia – VLA Journal of Law & the Arts Comissioner Computer Law Review & Technology Journal Conneticut Continental Cornell Journal of Law and Public Policy Cornell Law Review Corporation County Court District District of Columbia das heißt District of Puerto Rico Definition derselbe dieselbe differenzierend Distributors Divison Eastern District Einführung Einleitung Enterprises Entertainment Europäische Union
Abkürzungsverzeichnis
f. ff. Fla. Bar J. Fla. St. U. L. Rev. Fn. Fordham L. Rev. Found. FS FuR
XXI
folgende fortfolgende The Florida Bar Journal Florida State University Law Review Fußnote Fordham Law Review Foundation Festschrift Film und Recht (seit 1985 Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht) Ga. L. Rev. Georgia Law Review Gen. General GRUR Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht GRUR Int. Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil h.L. herrschende Lehre h.M. herrschende Meinung Halbs. Halbsatz Harv. Int’l L.J. Harvard International Law Journal Harv. L. Rev. Harvard Law Review Hastings Comm. & Ent. L.J. Hastings Communications and Entertainment Law Journal Hofstra L. Rev. Hofstra Law Review i.V.m. in Verbindung mit Ill. Illiones Inc. Incorporated Ind. Indianapolis Indus. Industries Ins. Insurance insb. insbesondere Inst. Institute Int’l International IPRax Praxis des Internationalen Privat- und Verfahrensrechts J. Intell. Prop. L. Journal of Intellectual Property Law J.L. & Tech. Journal of Law & Technology (Georgetown Universtiy Law Center) Jh. Jahrhundert
XXII
JuS krit. KUG
Ky. Labs. LG Ltd. LUG m.w.N. Mass. Mfg. Mgmt. N.C.L. Rev. N.D. N.J. N.Y. N.Y. Arts & Cult. Aff. Law N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. NJW Nr. OLG ÖSGRUM
Pa. Prods. Publ’g Publ’ns RBÜ RG Rn. S. S. Cal. L. Rev. S.D. s.o.
Abkürzungsverzeichnis
Juristische Schulung kritisch Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photografie Kentucky Laboratories Landgericht Limited Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Tonkunst mit weiteren Nachweisen Massachusetts Manufactoring Management North Carolina Law Review Nothern District New Jersey New York New York Arts & Cultural Affairs Law New York University Annual Survey of American Law Neue Juristische Wochenzeitschrift Nummer Oberlandesgericht Österreichische Schriftenreihe zum gewerblichen Rechtsschutz, Urheberund Medienrecht Pennsylvania Products/Productions Publishing Publications Revidierte Berner Übereinkunft Reichsgericht Randnummer Satz Southern California Law Review Southern District siehe oben
Abkürzungsverzeichnis
s.u. Santa Clara L. Rev. Sec. Servs. SMU L. Rev. sog. Sup. Ct. Syracuse L. Rev. Tex Int’l L.J. TMR TRIPs-Abkommen
Tul. J. Tech. & Intell. Prop. U. Pa. L. Rev. u.a. U.S.C. u.U. UFITA Univ. UPR UrhG US USA v. Val. U.L. Rev. Vand. L. Rev. VARA VerlG vgl. W.D. Wash & Lee L. Rev. Wash. Wash. L. Rev.
XXIII
siehe unten Santa Clara Law Review Section Services Southern Methodist University Law Review sogennante (r/s) Supreme Court Syracuse Law Review Texas International Law Journal The Trademark Reporter Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) Tulane Journal of Technology & Intellectual Property University of Pennsylvania Law Review unter anderem United States Code unter Umständen Archiv für Urheber-, Film-, Funkund Theaterrecht University Urheberpersönlichkeitsrecht Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte United States United States of America versus/von Valparaiso University Law Review Vanderbilt Law Review Visual Artists Rights Act Verlagsgesetz vergleiche Western District Washington and Lee Law Review Washington Washington Law Review
Einleitung Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist das persönliche Recht des Urhebers auf die Integrität seines Werkes, wie es in Deutschland und den USA seinen rechtlichen Ausdruck findet. Gerade im Zeitalter immer einfacherer und schnellerer Bearbeitungstechniken, welche der Anpassung von Werken an die Wünsche der Nutzer dienen, muss das Recht den erforderlichen Veränderungsschutz bieten. Aber nicht nur das Interesse des Schöpfers an der Integrität seines Werkes, sondern auch das Interesse der Nutzer an dessen Authentizität, gilt es über dieses Recht zu sichern. Am stärksten wird der Integritätsschutz durch politische und wirtschaftliche Entscheidungen geprägt, die sich im Spannungsverhältnis zwischen gewinnorientierter Werkverwertung und Persönlichkeitsschutz bewegen. In den letzten Jahren wurde zunehmend der kommerzielle Wert des Integritätsrechts, sowohl seitens der Werkverwerter als auch der Urheber, erkannt. Das Recht muss deshalb an seine neue „Funktion“ als Wirtschaftsgut angepasst werden. Dazu bedarf es gesetzlicher Regelungen über die Verkehrsfähigkeit des Rechts. Diese sollten einerseits weit genug sein, um eine angemessene Werkverwertung sicher zu stellen und der Vertragsfreiheit der Parteien Rechnung zu tragen; andererseits müssen sie die Grenzen eng genug ziehen, damit der Integritätsschutz nicht ausgehöhlt wird. Ein weiterer aktueller Aspekt, der im Zusammenhang mit dem Integritätsrecht relevant wird, ist die europäische und internationale Rechtsvereinheitlichung. Dabei stehen sich grundsätzlich zwei Rechtssysteme gegenüber, das copyright law der common law-Länder – zu denen als bekannteste Vertreter Großbritannien und die USA zählen – und das naturrechtlich geprägte Urheberrechtskonzept der kontinentaleuropäischen Länder. In das Recht der common law-Länder hat der Integritätsschutz erst sehr spät Eingang gefunden. Die Rechtsanpassung findet zögerlich statt. Eine Erklärung dafür ist sicherlich die Ausklammerung des Schutzes von Urheberpersönlichkeitsrechten im Rahmen der europäischen Rechtsharmonisierung mit der fadenscheinigen Begründung, es handele sich um ein Rechtsproblem ohne
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Einleitung
wirtschaftliche Dimension. Auf internationaler Ebene zeigt sich ebenso die Tendenz, die wirtschaftlichen Gesichtspunkte der Urheberpersönlichkeitsrechte zu negieren. So wurden die Rechte aus dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPs-Abkommen) wegen vermeintlich fehlendem Handelsbezug ausgeschlossen. Diese starke Opposition gegen den Schutz von Urheberpersönlichkeitsrechten, insbesondere dem Integritätsrecht, verwundert, da Art. 6bis Abs. 1 der Revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ) den Schutz der Werkintegrität für seine Mitgliedstaaten, unter ihnen alle europäischen Staaten und die USA, ohnehin verpflichtend macht. Ein Rechtsvergleich zwischen dem US-amerikanischen und deutschen Recht bietet sich vor dem Hintergrund der genannten Herausforderungen an den Integritätsschutz im 21. Jh. an. Die Länder sind Vertreter der weltweit größten Rechtstraditionen, dem civil law kontinentaleuropäischer Prägung und dem anglo-amerikanischen common law. Beide sind gemäß Art. 6bis Abs. 1 RBÜ zur Gewährleistung des Rechts auf Werkintegrität verpflichtet. Die Ausgestaltung des Rechtsschutzes könnte aber nicht unterschiedlicher sein, weshalb sich die Frage stellt, ob es ein System gibt, welches den zukünftigen Anforderungen besser gewachsen ist. Im Hinblick darauf soll die These aufgestellt werden, dass ein umfassender Integritätsschutz nach deutschem Vorbild in Zukunft am besten geeignet ist, um die persönlichen Interessen des Urhebers zu schützen und um gleichzeitig den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Urheber und Werkverwerter ausreichend Rechnung zu tragen. Deutschland hat eine lange Rechtstradition zum Schutz des Integritätsrechts. Der Schutz ist theoretisch fundiert und systematisch ausgestaltet. Dadurch wird ein hohes Schutzniveau für die Urheber aller Werkarten erreicht. Insofern kann das deutsche Konzept als Vorbild für die USA dienen. In den letzten Jahren ist jedoch ein deutlicher Bedeutungsverlust des Urheberpersönlichkeitsschutzes zu verzeichnen, der mit der zunehmenden „Ökonomisierung“ des Urheberrechts auf nationaler und europäischer Ebene zusammenhängt. Es gilt deshalb die Vorteile für die Urheber und die Verwerter, die ein System mit einem grundlegenden Integritätsschutz bietet, wieder verstärkt in das Bewusstsein zu rücken.
Einleitung
3
Eine große Schwachstelle des deutschen Konzepts ist, dass eine gesetzliche Regelung, welche die Verkehrsfähigkeit des Integritätsrechts regelt, bislang fehlt. Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht gehören zur allgemeinen Praxis, bewegen sich aber in einer rechtlichen Grauzone. Die Schaffung einer sicheren Rechtsgrundlage ist deshalb erforderlich, um den Interessen der Urheber an der Kommerzialisierung ihrer Rechte und der Verwerter an einer angemessenen Nutzung des Werkes gerecht zu werden, ohne den Schutz auszuhöhlen. Die Darstellung und Bewertung des status quo zeigt, welchen praktischen Anforderungen, aber auch gesetzlichen Vorgaben eine Norm genügen müsste. In einer gesetzlichen Regelung besteht zudem die Chance einer zukünftigen Rechtsvereinheitlichung auf europäischer und internationaler Ebene. Für die copyright-Länder, welche den Verwerterinteressen besondere Beachtung schenken, ist die Verkehrsfähigkeit von Urheberpersönlichkeitsrechten unerlässliche Schutzvoraussetzung. Bislang schützt das amerikanische Recht die persönlichen Urheberinteressen nur partiell über das Vertrags-, Wettbewerbs- und Deliktsrecht und einige Normen des copyright law. Eine gesetzliche Regelung enthält allein das im Copyright Act von 1976 integrierte Visual Artists Rights Act (VARA) von 1990 für einen sehr kleinen Kreis der Werkschaffenden, die bildenden Künstler. Die zögerliche Anerkennung und Entwicklung eines entsprechenden Rechtsschutzes hat historische und wirtschaftliche Gründe. Das amerikanische copyright hat sich als staatlich gewährtes Monopolrecht entwickelt, welches die ökonomischen Interessen der Urheber und Werkverwerter schützt. Vor allem die Unterhaltungsindustrie steht persönlichen Rechten der Urheber entgegen. Sie pocht auf die uneingeschränkte Vermarktung von Werken und verweist dabei auf die immensen finanziellen Einbußen, welche ein umfassender moral rights-Schutz ihrer Ansicht nach verursachen würde. Um zu ermitteln, wo eine Schutzerweiterung ansetzen kann, bedarf es einer genauen, vor allem historischen Analyse der dogmatischen Grundlage des copyright-Systems. Der Pragmatismus als Teil der amerikanischen Rechtstradition erweist sich dabei als primärer Ansatzpunkt. Dabei darf der moral rights-Schutz nicht mehr als Bedrohung angesehen werden, sondern dieser muss vielmehr als Chance zur Sicherung ökonomischer Werte begriffen werden. Das deutsche
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Einleitung
Recht zeigt, dass ein schöpferorientiertes System durchaus ökonomischen Interessen dient. Seit der Einführung des VARA sind nunmehr 18 Jahre vergangen. Als das Gesetz 1991 in Kraft getreten ist, wurde viel über dessen „historische“ Bedeutung und die zu erhoffenden positiven Wirkungen für den Integritätsschutz geschrieben. Das Gesetz sollte Signalwirkung für einen weitergehenden gesetzlichen Schutz haben. Diese Erwartung war vor dem Hintergrund der common law-Tradition verfehlt, wonach zunächst geeignete Regelungen durch die Rechtsprechungspraxis entwickelt und erprobt werden, um sie dann in einem zweiten Schritt einer gesetzlichen Regelung zuzuführen. Haupthindernis einer Schutzerweiterung ist die Vermischung verschiedener, konträrer Schutzzwecke. Das Allgemeininteresse an dem Erhalt gesellschaftlich wertvoller Kulturgüter lässt sich zum Teil schwer mit den persönlichen Interessen des Urhebers am Werk in Einklang bringen. Leider fehlen Untersuchungen, die aufzeigen, inwiefern das VARA den Schutz in der Praxis tatsächlich verbessert hat. Eine eingehende Auswertung der zum VARA ergangenen Rechtsprechung ist daher erforderlich. Die auf Grund des VARA eingereichten Klagen haben seit der Einführung des Gesetzes stetig zugenommen, was für ein wachsendes Bewusstsein der Urheber bildender Kunst spricht, ihr Integritätsrecht rechtlich einzufordern. Das Gesetz hat aber für die Urheber anderer Werkarten negative Folgen. Der Gesetzgeber erweckt damit den Anschein, dass die Mehrheit der Urheber weiterhin nicht schutzwürdig ist. Zudem tendiert die Rechtsprechung dazu, das VARA – entgegen der Intention des Gesetzgebers – nicht als Schutzerweiterung, sondern als Ersatz für den Schutz über die anderen Rechtsinstitute aufzufassen. Dies hat zur Folge, dass die anderen Rechtsinstitute ihre integritätsschützende Funktion zunehmend verlieren, und die nicht vom VARA erfassten Urheber verstärkt schutzlos gestellt sind. Die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Integritätsschutz in Deutschland und den USA gliedert sich in drei Teile. Die Teile eins und zwei der Arbeit behandeln den Schutz der Werkintegrität in den beiden Ländern. Eingeleitet werden sie durch allgemeine Ausführungen zur geschichtlichen Entwicklung des Schutzsystems, der Stellung des Urheberpersönlichkeitsrechts bzw. der moral rights in der jeweiligen Rechtsordnung und den dogmatischen Grundlagen der Rechte;
Einleitung
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diese erklären die unterschiedliche Konzeption und Ausgestaltung des Integritätsschutzes. Danach folgt eine ausführliche Darstellung des Rechts auf Werkintegrität bzw. des right of integrity in den beiden Rechtsordnungen, wobei problematische Aspekte erörtert und alternative Lösungsansätze aufgezeigt werden. Zum Schluss werden Entwicklungstendenzen und zukünftige Problemstellungen, die im Zusammenhang mit den persönlichen Rechten der Urheber auftauchen, beleuchtet. Der dritte Teil dient der Gegenüberstellung der Untersuchungsergebnisse an Hand von Beispielsfällen. Der Integritätsschutz von Werken bildender Kunst und Filmwerken erfährt dabei besondere Beachtung; denn erstere erlangen im amerikanischen Recht als einzige gesetzlichen moral rights-Schutz, letztere werden nur über eine Vielzahl anderer Rechtsinstitute geschützt. Die Unterschiede im Schutzniveau können auf diese Weise besonders gut verdeutlicht werden.
1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht 1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht Der erste Teil ist dem Recht auf Werkintegrität im deutschen Urheberrecht gewidmet. Neben dem Veröffentlichungsrecht und dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft zählt es zum Urheberpersönlichkeitsrecht im engen Sinne. Das Urheberpersönlichkeitsrecht dient dem Schutz der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk. Der Begriff Urheberpersönlichkeitsrecht entwickelte sich als Synonym für den französischen Begriff „droit moral“.1 In Frankreich wurde das „droit moral“ zuerst rechtlich anerkannt; 2 dies erklärt warum die französische Bezeichnung im internationalen Recht weiterhin gebräuchlich ist. Das Recht auf Werkintegrität ist für den Urheber wahrscheinlich das Bedeutendste dieser persönlichen Rechte, denn es ermöglicht ihm, das Werk in seiner ursprünglichen Form zu bewahren. Das erste Kapitel beginnt mit einer Darstellung der geschichtlichen Entwicklung des Urheberpersönlichkeitsrechts, welches sich als Bestandteil des Urheberrechts herauskristallisiert hat. Aus der Entstehungsgeschichte ergibt sich die dogmatische Fundierung des Rechts. Im Anschluss daran wird das Verhältnis des Urheberpersönlichkeitsrechts zum Urheberrecht bzw. allgemeinen Persönlichkeitsrecht näher beleuchtet. Auch Schutzzweck, Schutzumfang, Schutzdauer sowie
1 Der Begriff „droit moral“ sollte nur für das Urheberpersönlichkeitsrecht im engen Sinne synonym gebraucht werden, d.h. für die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse – wie das Veröffentlichungsrecht, das Integritätsrecht, das Rückrufrecht und das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft –, die allgemein anerkannt sind, da im französischen, dualistischen System kein Urheberpersönlichkeitsrecht im weiten Sinne existiert, vgl. Dietz S. 39. 2 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 1; Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 326.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Verkehrsfähigkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts werden kurz skizziert. Diese allgemeinen Ausführungen sind für ein Verständnis des Rechts auf Werkintegrität unerlässlich.
A. Die Entwicklung und Dogmatik des Urheberrechts Im Folgenden wird nur ein kurzer Überblick über die geschichtliche Entwicklung und Dogmatik des Urheberrechts gegeben, da sich viele Monographien und Aufsätze eingehend mit dieser Thematik befassen.3 Besonderes Augenmerk soll auf die zunehmende Anerkennung und rechtliche Absicherung der persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk gelegt werden.
I. Die Anfänge des Schutzes geistigen Eigentums In der römischen Antike und dem Mittelalter gab es noch keinen rechtlichen Schutz von Geisteswerken, allerdings wurden wirtschaftliche und persönliche Urheberinteressen „moralisch“ anerkannt. Dem Autor stand in der römischen Antike ein Recht am Manuskript zu; dieses Eigentum am Manuskript übertrug er im Regelfall gegen eine Entlohnung an einen Verleger.4 Ein geistiges Eigentum im Sinne einer zivilrechtlichen Rechtsposition am Werk kannte die römische Antike nicht; dem Urheber wurde aber ein moralisches Recht an seinem Werk – selbst nach Übertragung des Eigentums am Manuskript U.a. Ann, Die idealistische Wurzel des Schutzes geistiger Leistung, GRUR Int. 2004, 597; Bappert, Wege zum Urheberrecht, 1962; Dittrich, Woher kommt das Urheberrecht und wohin geht es, ÖSGRUM Band 7, 1988; ders. Die Notwendigkeit des Urheberrechtsschutzes im Lichte seiner Geschichte, ÖSGRUM Band 9, 1991; Gieseke, Die geschichtliche Entwicklung des deutschen Urheberrechts, 1962; Maracke, Die Entstehung des Urheberrechtsgesetzes von 1965, 2001; Wadle, Historische Studien zum Urheberrecht in Europa, 1993. Auch sind die folgenden UFITA-Bände der Urheberrechtsgeschichte gewidmet: 106 (1987); 123 (1993); 129 (1995); 130 (1996). M.w.N. Schricker/Vogel Einl. vor Rn. 50. 4 Diese Entlohnung fand aber auf „freiwilliger“ Basis statt, denn im antiken Rom herrschte die Auffassung vor, der römische Bürger müsse als der Ausführer des „Göttlichen“ seine geistige Tätigkeit unentgeltlich erbringen, dazu Eggert UFITA 138 (1999), 183, 207 ff., 216; Visky UFITA 106 (1987), 17, 22 f., 32, 37 f. 3
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
9
an den Verleger – zugebilligt.5 Der Anerkennung eines absoluten, subjektiven Rechts am Werk stand u.a. die Vorstellung entgegen, dass „das Werk mit der Veröffentlichung zum Teil des allgemeinen geistigen Lebens wurde“6 und Abschriften daher allgemein zulässig waren.7 Damals existierten bereits ein ausgeprägtes Verlagswesen und ein reger Buchhandel; Abschriften der Manuskripte konnten durch die vielen Sklaven gut und effektiv hergestellt werden.8 Der „geistige Diebstahl“ wurde von den Autoren im Bewusstsein ihres moralischen Rechts am Werk missbilligt; so geht der Begriff „Plagiat“ auf den Dichter Martial zurück, der die Poeten, welche seine Gedichte als die ihrigen vortrugen mit einem Menschenräuber (plagiarius) verglich.9 Die Urheber hatten ihres Ruhmes wegen ein starkes Interesse an der Anerkennung ihrer Urheberschaft.10 Ferner gab es wohl Vereinbarungen zwischen dem Verleger und dem Autor über die Erstveröffentlichung des Werkes.11 Wenige Belege finden sich für die Anerkennung eines Integritätsinteresses.12 So wehrte sich bspw. Material gegen den schlechten Vortrag seiner Gedichte unter seinem Namen.13 Teilweise wird die Ansicht vertreten, der Autor hätte gegen die mit einem Plagiat verbundene Verletzung seiner Persönlichkeit mit der 5 Eggert UFITA 138 (1999), 183, 190, 197 f. Zu den Gründen, warum im römischen Recht der Rechtsgedanke des „geistigen Eigentums“ nicht ausgebildet wurde, Eggert UFITA 138 (1999), 183, 190 ff. Visky UFITA 106 (1987), 17, 18, 27 f., 34 f. geht von der Anerkennung eines geistigen Eigentums aus, muss aber gleichzeitig zugeben, dass Quellen fehlen, welche die Rechte der Verfasser belegen. Zudem stellt er fest, dass das geistige Eigentum keinen Vermögenswert hatte. 6 Eggert UFITA 138 (1999), 183, 198. 7 Zur Vervielfältigungsfreiheit, Schickert S. 80. 8 Visky UFITA 106 (1987), 17, 26 nimmt an, dass der Verleger das Recht zur Vervielfältigung zusammen mit dem Manuskript erwarb. 9 Boytha GRUR Int. 1983, 379 Fn. 1; Eggert UFITA 138 (1999), 183, 188. Zum Begriff des Plagiats siehe a. Kastner NJW 1983, 1151. 10 Eggert UFITA 138 (1999), 183, 210 f. Zu den Plagiatisvorwürfen dieser Zeit, Schickert S. 66 ff. 11 Schickert S. 53 f., 83 ff.; Visky UFITA 106 (1987), 17, 24. 12 Siehe dazu die Ausf. bei Schickert, S. 74 ff., insb. die Möglichkeit des Autors die Integrität seines Werkes durch die Wahl des Verlegers, die Autorisierung von Abschriften und die Verleihung von Gütesiegeln für korrigierte Abschriften zu kontrollieren. 13 Eggert UFITA 138 (1999), 183, 212.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
actio iniuriarum vorgehen können.14 Die Verletzung der Persönlichkeit wird dabei in der Schmälerung des Ansehens des Autors gesehen, die sich daraus ergibt, dass ein Plagiator dessen Werk als das Seinige ausgibt.15 Richtig ist, dass der Tatbestand der iniuria alle ehrverletzenden Verhaltensweisen erfasste, jedoch mussten diese in einem direkten Angriff auf eine andere Person bestehen; ein direkter Angriff fehlt aber gerade beim Plagiator, weil dieser nicht die Person des Urhebers verletzen will, sondern sich selbst einen Vorteil verschaffen möchte.16 Daher ist davon auszugehen, dass der Urheber keine Möglichkeit hatte, rechtlich gegen den Plagiator vorzugehen. Dies bestätigt ebenso die Tatsache – die im Übrigen von der Gegenmeinung eingeräumt wird –, dass keine literarischen und juristischen Quellenbelege vorhanden sind.17 Im Mittelalter lag die Vervielfältigung von Werken lange Zeit in den Händen der Mönche, erst gegen Ende dieser Epoche entwickelte sich ein eigener Berufszweig, welcher sich mit der Herstellung von Abschriften und dem Handel mit Manuskripten befasste.18 Seit dem 12. Jh. gibt es Nachweise eines persönlichen Interesses des Urhebers an seinem Werk, insbesondere an der Nennung seines Namens in Verbindung mit dem Werk, der Erstveröffentlichung und der Werkintegrität.19 Die Nachahmung wurde damals nicht als Rechtsverletzung betrachtet.20 Die Autoren schützten ihre Werke vor Verfälschungen, indem sie diese mit Bücherflüchen, Drohungen und Siegeln versahen.21 Eike von Repgow verfasste bspw. eine Reimvorrede für den Sachsenspiegel; darin wünschte er allen, die seinem Rechtsbuch Falsches hinzufügen, der Aussatz möge sie befallen.22 Albrecht Dürer hingegen drohte demjenigen, welcher seine Bilder in gefälschter Form nachVisky UFITA 106 (1987), 17, 28. Vgl. Eggert UFITA 138 (1999), 183, 213 f. 16 Eggert UFITA 138 (1999), 183, 214 f. 17 Eggert UFITA 138 (1999), 183, 215; Visky UFITA 106 (1987), 17, 28. 18 Ulmer § 9 I, S. 50. 19 Schricker/Vogel Einl. Rn. 51. 20 Ulmer § 9 I, S. 51. 21 Bappert S. 79, 156; Gieseke, Vom Privileg, S. 10 f., 21 f., 28 f.; Grohmann S. 2; Heidmeier S. 31 f.; Schack Rn. 97; Schickert S. 75. 22 Federle S. 15; Heidmeier S. 32. 14 15
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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drucke, einen teuren Prozess und die Beschlagnahme des Vermögens an.23 Den Wendepunkt im Schutz von Geisteswerken brachte die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen metallenen Lettern um das Jahr 1440 als dessen Erfinder Johannes Gutenberg gilt; der Buchdruck ermöglichte größere Auflagen von Werken und weckte das Bedürfnis nach rechtlichem Schutz vor Nachdrucken.24 Bis dato wurde die Vervielfältigung von Werken nicht als besonders verwerflich angesehen, denn sie war mühsam und finanziell kostspielig.25 Nun konnten große Bücherauflagen mit vergleichsweise wenig Aufwand gedruckt werden, was zu einer wachsenden Konkurrenz auf dem Markt führte und die Amortisation der getätigten Investitionen durch den Absatz der Bücher erschwerte. Im Zusammenhang mit der neuen Vervielfältigungstechnik stellten sich deshalb plötzlich ganz andere rechtliche Fragen. Wie sollten identische Kopien der ursprünglichen Manuskripte rechtlich behandelt werden, wer war ihr Eigentümer?26 Wem sollte das Recht zur Vervielfältigung und Veröffentlichung zustehen? Dem Autor als Schöpfer, dem Verleger als Träger des finanziellen Risikos oder der Öffentlichkeit zur Förderung von Bildung? Entscheidend war, dass die technischen Neuerungen mit einem Anschauungswandel einhergingen. In der Zeit des Humanismus und der Renaissance wurde das Werk zunehmend als Ausdruck der Persönlichkeit des Schöpfers angesehen, was dazu führte, dass Autoren vom Souverän eines bestimmten Territoriums, von Städten oder von der Kirche als Belohnung für ihre geistige Schöpfung das Recht bekamen, über Druck und Veröffentlichung ihrer Werke selbst zu entscheiden (sog. Autorenprivilegien);27 viele Werke der damaligen Zeit
Grohmann S. 2. Ann GRUR Int. 2004, 597, 598; Bugbee S. 43; Garnett/James/Davies Rn. 2-07, S. 31; Gieseke, Vom Privileg, S. 13 ff.; Rehbinder Rn. 14; Ulmer § 9 II, S. 51. 25 Schricker/Vogel Einl. Rn. 53. 26 Vor Erfindung des Buchdrucks waren die Abschriften selbst einzigartig, so dass die Frage des Eigentums klar schien: Es gab gesondertes Eigentum am Manuskript und an der Abschrift, vgl. Ransom S. 21. 27 Schricker/Vogel Einl. Rn. 52, 56 f.; Rehbinder Rn. 17. Siehe Bappert GRUR 1961, 441 und Pohlmann S. 23 ff. zu der systematischen Rechtspraxis im 16. Jh. 23 24
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
sind deshalb mit dem Zusatz „cum consensu auctoris“ versehen.28 Allerdings knüpfte der Schutz weiterhin an den (beabsichtigten oder vollendeten) Druck und nicht an das geistige Werk selbst an; eine materielle Entlohnung der Autoren fand somit nur ansatzweise statt.29 Anzumerken ist, dass Privilegien, die ausschließlichen Rechte ein literarisches Werk zu vervielfältigen, zu verkaufen oder zu importieren, hauptsächlich den Druckern und Verlegern erteilt wurden.30 Im Privilegienwesen wird dennoch nach weit verbreiteter Ansicht der Ursprung des heutigen „Urheberrechts“ gesehen.31 In dieser Zeit sind die Anfänge eines persönlichkeitsrechtlichen Schutzes von Urhebern zu verorten. Die Urheber beriefen sich zusehends auf ihr Recht zur Veröffentlichung und ihr Recht sich gegen
Autoren im Wege eines Antragsverfahrens – vergleichbar mit der copyright-Registrierung – Autorenprivilegien zu erteilen. 28 Schricker/Vogel Einl. 57; Pohlmann S. 16; Schack Rn. 97. 29 Schricker/Vogel Einl. 56; Bappert GRUR 1961, 441, 444; Rehbinder Rn. 17; a.A. Pohlmann S. 15 f., 33 f., welcher die Ansicht vertritt, dass Autoren damals schon ein naturrechtlich begründetes und originäres Urheberrecht zugesprochen wurde, mit dem sie sich gegen unbefugte Veröffentlichungen ihrer Werke wehren konnten. Die Autorenprivilegien hätten die Autoren dabei zur besseren Durchsetzbarkeit ihrer Rechte beantragt. 30 In Deutschland existierten die verschiedensten Formen von Privilegien. Die Druckerprivilegien hatten den Charakter eines Gewerbemonopols. Sie sollten die Drucker, die das neue Verfahren der Buchdruckkunst in eine bestimmte Gegend gebracht hatten, vor unliebsamer Konkurrenz schützen, indem sie ihnen die ausschließliche Ausübung des Gewerbes sicherten, Rehbinder Rn. 15. Die Bücherprivilegien bezweckten den Schutz der Investitionen der Drucker und Verleger. Es gab sie in der Form von Spezial- oder Generalprivilegien, d.h. zum Schutz bestimmter Druckwerke oder einer ganzen Reihe von Büchern, z.B. Klassikern, Ulmer § 9 II 1, S. 52. Ab Mitte des 16 Jh. wurden Territorialprivilegien bewilligt. Diese Sondergesetze (Handwerksordnungen) gewährten bestimmten Personen oder Personengruppen Nachdruckverbote von begrenzter Dauer, Rehbinder Rn. 18; Schack Rn. 93. Den Herrschern dienten die Privilegien in Zeiten politischer und religiöser Unruhen als Mittel der Zensur, Garnett/James/Davies Rn. 2-08, S. 33; Gieseke, Vom Privileg, S. 57 f. Die Vergabe der Rechte erfolgte allein für Werke, die weder einen aufrührerischen, noch ketzerischen Inhalt hatten, Cornish, Statute of Anne, S. 57 f. 31 So u.a. Pohlmann GRUR 1962, 9, 10; Ulmer § 9 II 1, S. 51; a.A. Bappert GRUR 1961 441; ders. UFITA 42 (1964), 90. Zur Diskussion, ob mit dem Privilegienwesen die Geschichte des Urheberrechts beginnt, Gieseke, Vom Privileg, S. 67 ff.; Wadle UFITA 106 (1987), 95.
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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die Veränderung oder Entstellung ihres Werkes zur Wehr zu setzen.32 Martin Luther erwirkte beim Rat der Stadt Nürnberg die Verpflichtung, seinen Namen und den Erscheinungsort auf den Nachdrucken seiner Werke anzugeben sowie mit größerer Sorgfalt bei der Korrektur seiner Werke vorzugehen.33 Albrecht Dürer schützte sich durch die Anbringung seines Künstlerzeichens vor Fälschungen; die Übernahme seines Zeichens ließ er verbieten.34 Mit dem Schutz vor Verfälschung wollten die Autoren nicht nur ihre ideellen Interessen am Werk sichern, sondern sich auch vor der Konfiszierung ihrer Werke durch die Zensurbehörde schützen. Ab der zweiten Hälfte des 16. Jh. entwickelte sich bei den Druckern und Verlegern die Ansicht, ihnen stehe auch ohne ein Privileg, an den von ihnen gedruckten und herausgebrachten Werken eine Art Eigentum zu, ein originär erworbenes, gewerbliches Schutzrecht (Theorie vom Verlagseigentum).35 Diese Auffassung verstärkte sich dadurch, dass es spätestens im 17. Jh. üblich wurde, den Autoren ein Honorar zu zahlen, anstatt ihnen Freiexemplare zukommen zu lassen.36 Gleichwohl stellte das Honorar keine Gegenleistung für das Vervielfältigungsrecht dar, sondern ein Entgelt für die Übereignung des Manuskripts an den Verleger.37 Zwischen dem Eigentum am Werkexemplar und den Nutzungsrechten am Werk wurde damals weder gedanklich, noch wirtschaftlich ein Unterschied gemacht.38 In Folge der Aufklärung und dem Aufkommen der Naturrechtslehre wurde der Gewerbeschutzgedanke zunehmend durch die Vorstellung vom geistigen Eigentum des Urhebers an seinen Werken – vergleich-
Ulmer § 9 II 4, S. 54 f. Grohmann S. 2; Müsse S. 27; Rehbinder Rn. 17; Ulmer § 9 II 4, S. 54. 34 Ulmer § 9 II 4, S. 54. 35 Schricker/Vogel Einl. Rn. 58; Bappert S. 217 ff.; Gieseke, Vom Privileg, S. 93. Diese Lehre vom Verlagseigentum begründete erstmals die Stationers’ Company. Die Mitglieder dieser Londoner Buchdruckerzunft konnten ein ausschließliches, eigentumsgleiches Verlagsrecht erwerben, vgl. Rehbinder Rn. 20. Ausf. zur Entstehung der Stationers’ Company und ihrer Rechte finden sich im ersten Kapitel des zweiten Teils auf S. 185 ff. 36 Schack Rn. 98. 37 Schack Rn. 98. 38 Jänecke S. 32. 32 33
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
bar mit dem Eigentum an Sachen – verdrängt.39 Gegenstand des rechtlichen Schutzes waren jetzt die Interessen des Autors als Werkschöpfer. Das Verlagsrecht leitete sich nunmehr vom Autor als dem originären Inhaber dieses Rechts ab und wurde nicht mehr durch eine besondere Privilegienvergabe gerechtfertigt.40 Die Theorie vom geistigen Eigentum gründet auf dem naturrechtlichen Gedanken, dass die geistige Schöpfung dem natürlichen Recht an der eigenen Persönlichkeit unterliegt, da sie sich als Ausstrahlung der Persönlichkeit darstellt.41 Aus der naturrechtlichen Begründung resultierte die anfängliche Vorstellung vom ewigen Urheberrecht.42 In Deutschland befasste sich insbesondere die Schrift von Johann Stephan Püttner „Der Büchernachdruck nach ächten Grundsätzen des Rechts geprüft“ (1774) mit der naturrechtlichen Begründung des geistigen Eigentums an Werken.43 Dieser war der Ansicht, Werke seien „gleich ursprünglich ein wahres Eigenthum ihres Verfassers, so wie ein jeder das, was seiner Geschicklichkeit und seinem Fleisse sein Daseyn zu verdanken hat, als sein Eigenthum ansehen“ könne.44 Zwischen geistigem Eigentum und Manuskript unterschied er jedoch nicht, wenn er davon ausgeht, dass der Verleger im Wege der Übertragung des Eigentums am Manuskript durch den Autor ein ewiges Verlagsrecht erlangt.45
Ann GRUR Int. 2004, 597, 598; Gieseke, Vom Privileg, S. 115; Ulmer § 9 III, S. 54. In Frankreich ist das Urheberrecht bis heute im „Code de la Propriété Intellectuelle“ geregelt und in den common law-Ländern wird das Immaterialgüterrecht als „intellectual poperty law“ bezeichnet. 40 Dazu Schricker/Vogel Einl. Rn. 60. 41 V. Gramm Einf. Rn. 24. Die Theorie vom geistigen Eigentum nahm ebenfalls in England ihren Anfang und zwar mit dem Statute of Anne von 1710. Dieses Gesetz gewährte dem Autor ein auf 14 Jahre befristetes, ausschließliches Vervielfältigungsrecht an seinen Werken. Gefestigt wurde die Theorie vom geistigen Eigentum durch die englische Rsp. mit den Entscheidungen Millar v.Taylor (1769) und Donald v. Beckett (1774). Zur Entstehung der Lehre von geistigen Eigentum kann auf die Darstellung im ersten Kapitel des zweiten Teils verwiesen werden, siehe S. 191 f. 42 Schack Rn. 99; Ulmer § 16 IV 2, S. 108. 43 Zur Leistung Pütters, Schricker/Vogel Einl. 62; Möller S. 76 ff. 44 Pütter S. 25. 45 Pütter S. 73. 39
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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II. Die Entwicklung der „modernen“ Urheberrechtstheorien Die Lehre vom geistigen Eigentum beachtete die ideellen Interessen des Urhebers zu wenig. Sie stellte zu sehr auf das verkörperte Werk ab und rückte damit die vermögensrechtlichen Interessen des Urhebers in den Vordergrund.46 Eine bedeutende Wende leitete die Lehre vom Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht ein, welche sich auf die Schrift von Immanuel Kant „Von der Unrechtsmäßigkeit des Büchernachdrucks“ aus dem Jahr 1785 stützte.47 Die von Kant begründete Theorie entwickelten etliche Autoren weiter – unter ihnen Johann Caspar Bluntschli und Otto von Gierke –, indem sie die persönlichkeitsrechtlichen Bezüge des Autors zu seinem Werk herausarbeiteten.48 Gierke vertrat die Meinung, das Werk eines Urhebers gehöre dessen Persönlichkeitssphäre an.49 Das Urheberrecht gewähre dem Urheber deshalb eine Herrschaftsmacht über diesen Bestandteil der Persönlichkeitssphäre. Daraus schlussfolgerte er, dass der Schutz des Urheberrechts im Wesentlichen der Schutz der persönlichen Interessen des Urhebers sei. Die mit der Veröffentlichung des Werkes entstehenden wirtschaftlichen Interessen würden dabei nur als Folge des Persönlichkeitsrechts geschützt. Konsequenz dieser Ansicht war die Begrenzung des urheberrechtlichen Schutzes durch den Tod des Urhebers.50 In dieser Theorie vom Ur-
Grohmann S. 11; Heidmeier S. 36. Kant UFITA 106 (1987), 137. Zur Leistung Kants, Möller S. 79 ff. 48 Schricker/Vogel Einl. 64, 70; Rehbinder Rn. 29; Ulmer § 17 I 1, S. 110. Unter dem Einfluss der Lehre Kants hatte der französische Jurist Marillot den Begriff des „droit moral“ durch seine beiden bahnbrechenden Schriften „De la personalité du droit de copie qui appartient à un auteur vivant“ (1872) und „De la protection aux oevres d’art, aux photographies, aux dessins et modèles industrielles et aux brevets d’invention dans L’Empire d’Allgemagne“ (1878) systematisch in die französische Jurisprudenz eingeführt, vgl. Müsse S. 29. Gegen den Begriff „Urheberpersönlichkeitsrecht“ an Stelle von droit moral wurden in Deutschland lange Zeit Bedenken geäußert, da er fälschlicherweise suggeriere, dass die Person des Urhebers Gegenstand des Urheberpersönlichkeitsrechts sei und nicht das urheberrechtlich geschützte Werk und dessen Verbindung zum Schöpfer, vgl. Müsse S. 31 f., 34. 49 Gierke UFITA 125 (1994), 103, 109, 117. 50 Gierke UFITA 125 (1994), 103, 119. 46 47
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
heberrecht als Persönlichkeitsrecht ist der Ursprung des Rechts auf Werkintegrität zu sehen.51 Somit wurde das Urheberrecht als ein in erster Linie die persönlichkeitsrechtlichen Interessen des Urhebers schützendes Recht angesehen, was allerdings an den praktischen Bedürfnissen des Rechtsverkehrs vorbeiging. Urheber und Werkverwerter geht es primär um die vermögensrechtliche Seite des Werkes.52 Für sie ist die Verkehrsfähigkeit und Nutzbarkeit des Werkes entscheidend. An dieser Stelle ist der Hinweis angebracht, dass in dem „Gesetz über das Urheberrecht der DDR“ vom 13.09.1965 das Urheberrecht als sozialistisches Persönlichkeitsrecht ausgestaltet war, welches jedoch vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Befugnisse des Urhebers gleichermaßen umfasste (vgl. § 13 UrhG DDR).53 Der Urheber hatte u.a. das Recht jeder Verstümmelung oder Entstellung des Werkes zu widersprechen (§ 16 Abs. 1 UrhG DDR). Aus den Schwächen der Theorie vom Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht, ging die Lehre vom Urheberrecht als Immaterialgüterrecht hervor. Sie gründet auf den Überlegungen von Johann Gottlieb Fichte,54 Georg Wilhelm Friedrich Hegel55 und Arthur Schopenhauer. Ihnen ist die klare Unterscheidung zwischen Sacheigentum am Manuskript und geistigem Eigentum am Werk zu verdanken. So differenziert Fichte zwischen den zwei Wesensmerkmalen des Buches, „das Körperliche desselben, das bedruckte Papier; und sein Geistiges“, wobei letzteres „in das Materielle, den Inhalt des Buches, die Gedanken, die es vorträgt; und in die Form dieser Gedanken, die Art
Ann GRUR Int. 2004, 597, 599; Gierke UFITA 125 (1994), 103, 117; Grohmann S. 12; Kellerhals GRUR Int. 2001, 438, 440; siehe a. Kant UFITA 106 (1987), 137, 144. 52 Rehbinder Rn. 29. 53 § 13 UrhG lautete: „Das Urheberrecht ist ein sozialistisches Persönlichkeitsrecht. Aus ihm ergeben sich nichtvermögensrechtliche (§§ 14 bis 17) und vermögensrechtliche Befugnisse (§ 18) des Urhebers.“ Zur Ausgestaltung des Urheberrechts in der DDR, Wandtke, Grundlagen des Urheberrechts in der DDR, S. 227 ff. 54 Fichte UFITA 106 (1987), 155. Zur Leistung Fichtes, Möller S. 83 ff. 55 Hegel, Grundlinien der Philosophie des Rechts, 1821, §§ 68, 69. Zur Leistung Hegels, Möller S. 85 ff. 51
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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wie, die Verbindung in welcher, die Wendungen und Worte, mit denen es sie vorträgt“ zerfällt.56 Ab 1874 entwickelte Josef Kohler aus diesen Ansätzen die Lehre vom Immaterialgüterrecht.57 Er charakterisierte das Urheberrecht zum ersten Mal als ein ausschließliches Recht an einem vermögenswerten, immateriellen Gut. Das Urheberrecht sei „ein Recht an einem außerhalb des Menschen stehenden, aber nicht körperlichen, nicht faß- und greifbaren Rechtsgute“.58 Neben ihm stehe ein vom Urheberrecht unabhängiges Individualrecht, welches dem Schutz der Persönlichkeit des Urhebers diene.59 Aus diesem leitet Kohler den Schutz der Werkintegrität ab. Urheberrecht und Individualrecht sind seiner Ansicht nach vielfach verklammert, bilden jedoch kein einheitliches Recht. Kohler wendet sich mit seiner Auffassung sowohl gegen die Theorie vom geistigen Eigentum, als auch gegen die Theorie vom Persönlichkeitsrecht, indem er zwischen dem Gegenstand des Urheberrechts und der Persönlichkeit des Schöpfers unterscheidet und eine klare Trennung zum Sacheigentum vornimmt.60 Seine Lehre hat eine Ausprägung in der Ansicht gefunden, das Urheberrecht sei ein Doppelrecht, welches ein Immaterialgüterrecht und ein Persönlichkeitsrecht enthalte.61 Damit ist er zugleich Begründer der dualistischen Theorie des Urheberrechts.62 Die dualistische Theorie hat durch die strikte Trennung von Vermögensrechten und persönlichen Rechten aber den Nachteil, dass die Rechte von verschieden Personen unterschiedlich oder sogar widersprüchlich ausgeübt werden können. In Deutschland wurde die Verklammerung des materiellen und ideellen Schutzes im Laufe des 20. Jh. immer enger gesehen. Das Urheberrecht entwickelte sich so zusehends zu einem einheitlichen ImmaterialFichte UFITA 106 (1987), 155, 156 f. Siehe dazu die Schriften von Kohler: Urheberrecht an Schriftwerken und Verlagsrecht, 1907; Das Immaterialgüterrecht und seine Gegner, UFITA 123 (1993), 81; Die Idee des geistigen Eigentums, UFITA 123 (1993), 81. 58 Kohler S. 1. 59 Kohler erkannte damit lange Zeit vor der Rsp. das allgemeine Persönlichkeitsrecht an; so a. Ulmer § 17 II 1, S. 112. 60 Vgl. Wandtke GRUR 1995, 385. 61 Siehe dazu de Boor UFITA 16 (1944), 345, 351; Müller UFITA 2 (1929), 367, 380 f. Prominentester Vertreter der dualistischen Theorie ist Frankreich. 62 Vgl. Hilty, FS Rehbinder, S. 259, 261; Jänecke S. 34; Schack Rn. 106. 56 57
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
güterrecht mit doppelter Funktion.63 Folge dieser Auffassung ist die Unübertragbarkeit des Urheberrechts unter Lebenden. Diese monistische Theorie setzte sich vor allem durch die Arbeiten von Eugen Ulmer und Heinrich Hubmann durch und fand in § 11 S. 1 des Urhebergesetzes von 1965 eine gesetzliche Regelung.64 Am besten erklärte Ulmer die Theorie durch einen Vergleich des Urheberrechts mit einem Baum.65 Die beiden Interessengruppen, die das Urheberrecht schütze, seien die Wurzeln, das Urheberrecht selbst sei der Stamm des Baumes. Die urheberrechtlichen Befugnisse würden durch die Äste und Zweige verkörpert, die ihre Kraft aus beiden oder einer Wurzel ziehen. Die monistische Theorie wird heutzutage zur Erklärung der Rechtsnatur anderer kommerzialisierbarer Persönlichkeitsrechte herangezogen.66
III. Die Entwicklung der Gesetzgebung und Rechtsprechung im Bereich des Urheberrechts Auf Grund der territorialen Zersplitterung Deutschlands konnte ein wirksamer und vor allem einheitlicher Urheberrechtsschutz im 18. Jh. und Anfang des 19. Jh. kaum durchgesetzt werden. Preußen bspw. hatte 31 Gegenseitigkeitsverträge mit anderen deutschen Staaten zum Schutz literarischer Werke gegen Nachdruck geschlossen.67 Im Jahr 1835 kam es endlich zum Erlass eines Bundesbeschlusses, wonach der Nachdruck im ganzen Bundesgebiet zu verbieten war und das schriftstellerische Eigentum nach den gleichen Grundsätzen festgestellt und geschützt werden musste.68 Wie dieser Schutz aussehen sollte, blieb offen. Preußen erließ daraufhin am 11.06.1837 ein „Preußisches Gesetz zum Schutze des Eigentums an Werken der WisRGZ 123, 312, 319 f. – „Wilhelm Busch“. Hubmann, Urheber- und Verlagsrecht, 1987; Ulmer, Urheber- und Verlagsrecht, 1980. 65 Ulmer § 18 II 4, S. 116. 66 Berger/Wündisch/Freitag § 4 Rn. 65; Seemann UFITA 131 (1996), 5. 67 Schricker/Vogel Einl. 67. 68 Schricker/Vogel Einl. 67; Rehbinder Rn. 25. 63 64
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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senschaft und Kunst gegen Nachdruck und Nachbildung“.69 Der Urheber bekam ein ausschließliches Vervielfältigungsrecht, das erst 30 Jahre nach seinem Tod erlosch.70 Dieses war ebenso wie die Nachdruckverbote der anderen deutschen Staaten strafrechtlich konzipiert. Das Gesetz kann dennoch als erstes modernes, deutsches Urheberrechtsgesetz bezeichnet werden.71 1837 erging ein weiterer Beschluss der Bundesversammlung, welcher dem Urheber bzw. dessen Rechtsnachfolger 10 Jahre lang das Recht gewährte, seine literarischen oder künstlerischen Werke zu vervielfältigen; 1845 wurde diese Frist auf 30 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert.72 1841 beschloss die Versammlung ein Aufführungsrecht zum Schutz ungedruckter, dramatischer und musikalischer Werke, das 1857 auf gedruckte Werke ausgedehnt wurde.73 Die ersten Gesetze im Bereich des Urheberrechts regelten den Schutz der Werkintegrität nicht, da sie ausschließlich die vermögensrechtliche Seite des Urheberrechts behandelten.74 Die neuen theoretischen Erkenntnisse der Rechtswissenschaft wurden vom Gesetzgeber nur zögerlich aufgegriffen. So erließ der Norddeutsche Bund erst am 11.06.1870 ein „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen, musikalischen Kompositionen und dramaturgischen Werken“, welches 1871 zum Reichsgesetz wurde. Dieses Gesetz erfuhr Ergänzungen durch das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Bildenden Künste“ vom 09.01.1876, das „Gesetz betreffend den Schutz der Photographien“ vom 10.01.1876 und das „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen“ vom 11.01.1876. Die Gesetze waren allerdings inhaltlich und begrifflich noch zu stark an die Nachdruckgesetzgebung angelehnt und wiesen auch ansonsten viele Mängel auf.75
Abgedruckt und erläutert von Hitzig in UFITA 107 (1988), 163. Schricker/Vogel Einl. 67; Schack Rn. 104; Ulmer § 9 III 3, S. 59. 71 Rehbinder Rn. 26; ders. ZUM 1987, 328. 72 Schricker/Vogel Einl. 67; Gieseke, Vom Privileg, S. 227 ff.; Ulmer § 9 III 3, S. 59. Die Schutzfirst von 30 Jahren galt bis 1934, danach wurde sie nochmals auf 50 Jahre nach dem Tod des Urhebers verlängert, vgl. Rehbinder Rn. 26. 73 Rehbinder Rn. 26. 74 Grohmann S. 3. 75 Siehe dazu v. Gramm Einf. Rn. 5 ff.; Schricker/Vogel Einl. 73 f. 69 70
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Die großen Fortschritte der Rechtswissenschaft, die Gründung der Berner Übereinkunft im Jahr 1886 und die Weiterentwicklung des Urheberrechts durch die Rechtsprechung zwangen den Gesetzgeber zu Reformarbeiten, die mit dem „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und der Tonkunst (LUG)“ vom 19.06.1901 und dem „Gesetz betreffend das Urheberrecht an Werken der Bildenden Künste und der Photographie (KUG)“ vom 09.01.1907 endeten.76 Das KUG und das LUG beinhalteten Befugnisse mit persönlichkeitsrechtlichem Einschlag, gleichwohl war ihnen keine Anerkennung eines umfassenden Urheberpersönlichkeitsrechts zu entnehmen.77 Das LUG enthielt mit den §§ 9, 24 und das KUG mit den §§ 12, 21 änderungsrechtliche Vorschriften, ebenso wie das „Gesetz über das Verlagsrecht (VerlG)“ vom 19.06.1901 mit den §§ 12, 44 VerlG. Allerdings regelten diese Vorschriften nur die Änderungsbefugnis des Werknutzers im Rahmen von vertraglichen und gesetzlichen Nutzungsverhältnissen. Die Regelungen waren zudem dispositiv.78 Ein Recht gegen Entstellungen fehlte sogar gänzlich. Die Entwicklung bedeutender Prinzipien und neuer Rechte blieb der Rechtsprechung und der Lehre vorbehalten.79 Das RG hatte bereits im Jahr 1884 erstmals ein Änderungsverbot anerkannt und begründete dies mit der Verpflichtung, Geisteswerke müssten wegen des Ansehens und der Ehre des Urhebers geschützt werden.80 Dieses allgemeine Änderungsverbot verfestigte sich in der Rechtsprechung, insbesondere weil das LUG und KUG nur lückenhaften Schutz vor Änderungen des Werkes boten.81 Am 21.10.1933 verpflichtete sich Deutschland im Rahmen der RBÜ zu einem allgemeinen Änderungs-
V. Gramm Einf. Rn. 8; Schricker/Vogel Einl. Rn. 75 ff. Kellerhals GRUR Int. 2001, 438, 443 f. 78 Kellerhals GRUR Int. 2001, 438, 444. 79 Schricker/Vogel Einl. Rn. 77. Es wurde insb. die Zweckübertragungstheorie entwickelt, vgl. RGZ 118, 282, 285 – „Musikantenmädel“. Zur Entwicklung der „modernen“ Urheberrechtstheorien durch die Lehre siehe die Ausf. ab S. 15. 80 Urteil des RG vom 01.07.1884, RGZ 12, 50, 53 f.; Grohmann S. 3 f. 81 RGZ 79, 397, 399 f. – „Felseneiland mit Sirenen“; RGZ 123, 312, 319 f. – „Wilhelm Busch“; RG GRUR 1929, 508, 509 – „Lateinisches Übungsbuch“; Mittelstaedt GRUR 1913, 84, 85. Zur Entwicklung der Rsp. Kellerhals GRUR Int. 2001, 438, 443 f. 76 77
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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und Enstellungsschutz. Art. 6bis Abs. 1 RBÜ wurde später Grundlage des heutigen § 14 UrhG. Ansonsten folgte die Rechtsprechung im Wesentlichen der Lehre vom Immaterialgüterrecht, setzte jedoch 1912 in der richtungweisenden Entscheidung „Felseneiland mit Sirenen“ an die Stelle des Individualrechts das Urheberpersönlichkeitsrecht.82 Der Begriff „Urheberpersönlichkeitsrecht“ wurde vom Reichsgericht (RG) im Jahr 1919 zum ersten Mal verwendet.83 So wurde das Urheberpersönlichkeitsrecht noch vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht etabliert und höchst richterlich anerkannt.84 Die Nationalsozialisten wollten das individuelle Urheberpersönlichkeitsrecht zum Denkmalschutz nationaler Kulturgüter umfunktionieren.85 Allerdings war dies wohl mehr „ideologisierendes Wortgetöse“ ohne nennenswerte Auswirkungen.86 Aber gerade dieser kollektivistische Ansatz der Funktion des Urheberpersönlichkeitsschutzes ermöglichte letztendlich die Übernahme des kontinentaleuropäischen Konzepts durch die common law-Länder im Rahmen der RBÜ.87 Nach der nationalsozialistischen Herrschaft führte der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechtsprechung des RG weiter. Der BGH Urteil des RG vom 08.06.1912, RGZ 79, 397, 399 f. – „Felseneiland mit Sirenen“. Zur Entwicklung des Urheberpersönlichkeitsrechts in der Rsp., Maracke S. 268 f.; Gottwald S. 28 ff. 83 RG GRUR 1929, 508, 509 – „Lateinisches Übungsbuch“. Müsse S. 31 weist darauf hin, dass er ursprünglich wohl von Marwitz geprägt wurde und verweist auf Marwitz/Möhring § 9 LUG Ziff. 3. Dort heißt es: „Aus diesen Gründen glauben wir auch, daß der Begriff des droit moral durch das Wort ,Urheberpersönlichkeitsrecht‘ wiedergegeben werden sollte. Ein deutsches Wort wird um so mehr gefunden werden müssen, als die RBÜ in ihrer römischen Fassung in Abs. 2 des Art. 11a den Ausdruck ,droit moral‘ enthält und somit eine Einführung des Wortes in die deutsche Gesetzgebung sich nicht umgehen lassen wird.“ 84 BGH GRUR 1955, 197 – „Leserbrief“. Zur Anerkennung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts durch die Rsp., Jänecke S. 35 f.; Ulmer § 6 I 1, S. 28 f. 85 Bull UFITA 7 (1934), 378; de Boor, UFITA 7 (1934), 413, 431 ff.; ders. UFITA 16 (1943), 345, 359 ff.; Elster GRUR 1940, 404, 408; siehe dazu a. Jahn S. 36 ff.; Wandtke, UFITA 2002, 451, 457 ff. 86 Müsse S. 32. 87 Adeney Rn. 3.50 ff.; 15.06 ff.; siehe a. 7.32–7.38 zum Einfluss des kollektivistischen Ansatzes auf die RBÜ in der Nachkriegszeit. Zum Einfluss auf das Rechtsdenken in den USA siehe die Ausf. auf S. 207 f. 82
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
stützte seine Rechtsprechung unter Beachtung der Entscheidungen des RG und unter Fortentwicklung der Lehre auf ein naturrechtlich begründetes, geistiges Eigentum und die Achtung des schöpferischen Individuums.88 Dabei folgte er dem Grundsatz, dass der Urheber am wirtschaftlichen Nutzen, der aus seinem Werk gezogen wurde, angemessen beteiligt werden müsse.89 Am 09.09.1965 wurde das „Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz)“ erlassen, welches dem Urheber sowohl ein Urheberpersönlichkeitsrecht als auch weitreichende Verwertungsrechte gewährt und somit die in der Rechtsprechung bereits vorherrschenden Grundsätze umsetzte. Mit § 14 UrhG verankerte der Gesetzgeber endlich ein allgemeines Entstellungs- und Beeinträchtigungsverbot.90
B. Das Verhältnis von Urheberrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht I. Die doppelte Schutzrichtung des Urheberrechts § 11 S. 1 UrhG ist zu entnehmen, dass das Urheberrecht die ideellen und die materiellen Interessen des Urhebers in Bezug auf sein Werk schützt. Rechtlich tritt diese doppelte Schutzrichtung in Form des Urheberpersönlichkeitsrechts (§§ 12 ff. UrhG) und den Verwertungsrechten (§§ 15 ff. UrhG) in Erscheinung. Damit folgt das Urheberrechtsgesetz der monistischen Theorie.91 Der Urheber wird in seinen Interessen am Werk umfassend geschützt. Das Urheberrecht bildet dabei ein einheitliches Recht, dessen persönlichkeitsrechtliche und vermögensrechtliche Seiten untrennbar miteinander verbunden sind und sich oft überschneiden.92 Die Einordnung der Vorschriften des BGHZ 17, 266 – „Magnettongeräte“; v. Gramm Einf. Rn. 24; Schricker/Vogel Einl. Rn. 79. 89 So bereits RGZ 128, 102, 113 – „Schlagerliederbuch“; RGZ 134, 198, 201 – „Schallplattenrechte“; dem RG folgend BGHZ 11, 135, 143 – „Lautsprecherübertragung“. 90 Allerdings ist bereits in den Entwürfen für ein UrhG ein allgemeines Änderungsverbot vorgesehen, Maracke S. 276 ff.; Müsse S. 32, 34; Heidmeier S. 43 ff. 91 Fromm/Nordemann/Nordemann § 11 Rn. 2. 92 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 11 Rn. 5. 88
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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UrhG als urheberpersönlichkeitsrechtliche und verwertungsrechtliche Befugnisse kann deshalb nicht ausschließlich, sondern nur nach dem Schwerpunkt des durch sie geschützten Interesses erfolgen.93 Ebenso ist die Unterteilung des UrhG in Urheberpersönlichkeitsrecht, Verwertungsrechte und sonstige Rechte zu verstehen.
II. Der Urheberpersönlichkeitsschutz 1. Der Begriff und der Inhalt des Urheberpersönlichkeitsrechts
Der Begriff „Urheberpersönlichkeitsrecht“ taucht zum ersten Mal in der deutschen Gesetzessprache im UrhG von 1965 auf. Er meint diejenigen Rechtsbeziehungen des Urhebers zu seinem Werk, die nicht vermögensrechtlicher Natur sind.94 Das Urheberpersönlichkeitsrecht umfasst dabei nicht nur die im vierten Abschnitt unter „Urheberpersönlichkeitsrecht“ geregelten Rechte – das Veröffentlichungsrecht (§ 12 UrhG), das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft (§ 13 UrhG) und das Recht, Entstellungen des Werkes zu verbieten (§ 14 UrhG) –, sondern auch den das gesamte Urheberrecht, einschließlich der Verwertungsrechte, prägenden „Gedanke(n) des Schutzes der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers“, der in § 11 S. 1 UrhG festgehalten ist.95 Demnach wird zwischen einem Urheberpersönlichkeitsrecht im engen Sinne 96 und einem Urheberpersönlichkeitsrecht im weiten Sinne unterschieden.97 In § 11 S. 1 UrhG ist das Urheberpersönlichkeitsrecht im weiten Sinne ausdrücklich normiert und kommt zudem in einigen anderen Vorschriften des UrhG in besonderer Weise zum Ausdruck. Zu diesen Vorschriften gehören insbesondere das Recht des Urhebers auf Zugang zu den Werkstücken (§ 25 Abs. 1 UrhG), die Unübertragbarkeit des Urheberrechts (§ 29 Abs. 1 UrhG), das Änderungsverbot im RahVgl. Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 12; Ulmer § 18 I, S. 114 f. Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 1. 95 Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 3; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 8. 96 Auch Kernbereich des Urheberpersönlichkeitsrechts genannt, so Wandtke/ Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 4. 97 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 2 f.; Dreier/ Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 2 f.; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 6; Federle S. 20 f.; Metzger S. 6, 13 f. 93 94
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
men der vertraglichen Werknutzung (§ 39 Abs. 1 UrhG), das Rückrufrecht wegen gewandelter Überzeugung (§ 42 Abs. 1 UrhG), das Änderungsverbot im Rahmen der gesetzlichen Werknutzung (§ 62 Abs. 1 UrhG), die Pflicht zur Quellenangabe bei Zitaten (§ 63 UrhG) und der Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens (§ 97 Abs. 2 S. 4 UrhG). Dies erklärt, warum trotz eines einheitlichen Urheberpersönlichkeitsrechts regelmäßig von „Urheberpersönlichkeitsrechten“ die Rede ist. Wegen der Verklammerung von materiellen und ideellen Interessen des Urhebers, bzw. von vermögensrechtlichen und persönlichkeitsrechtlichen Elementen im Urheberrecht, ist es nicht möglich, die Einzelvorschriften abschließend aufzuzählen oder sie ausschließlich dem Urheberpersönlichkeitsrecht zuzuordnen.98 Die Regelungen des Urheberpersönlichkeitsrechts im engen Sinne gehen auf Art. 6bis Abs. 1 RBÜ zurück. Demnach behält der Urheber unabhängig von seinen vermögensrechtlichen Befugnissen und selbst nach deren Abtretung das Recht, die Urheberschaft am Werk für sich in Anspruch zu nehmen und sich jeder Entstellung, Verstümmlung, sonstigen Änderung oder Beeinträchtigung des Werkes zu widersetzen, die für seine Ehre oder seinem Ruf nachteilig sein könnten. Durch die Einbeziehung der geistigen Interessen gehen die §§ 12 ff. UrhG weit über den Schutz des Art. 6bis Abs. 1 UrhG hinaus, der mit Ehre und Ruf allein die persönlichen Interessen des Urhebers sichert. Ferner ist in Art. 6bis RBÜ kein Veröffentlichungsrecht vorgesehen. Insofern bieten die §§ 12 ff. UrhG zusammen mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht im weiten Sinne einen viel weitergehenden Schutz der Urheberinteressen als ihn die RBÜ vorschreibt.99 2. Der Schutzzweck des Urheberpersönlichkeitsrechts
§ 11 S. 1 UrhG ist zu entnehmen, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht das Werk an sich schützt, sondern die Beziehung des Urhebers zu diesem, das geistige Band zwischen Urheber und BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“; v. Gramm § 11 Rn. 6; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 11 f. Vgl. bereits S. 22 f. 99 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 4; Ulmer § 41 I, S. 216. Ausf. zum urheberpersönlichkeitsrechtlichen Schutz in der RBÜ, Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 23–25a. Vgl. a. amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 259. 98
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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Werk.100 Dies wird durch die persönlichkeitsrechtliche Natur des Rechts bestätigt. Das Werk als individuelle Schöpfung des Urhebers bringt dessen Gefühle, Wahrnehmungen, Ansichten etc. zum Ausdruck. Die Persönlichkeit des Urhebers spiegelt sich im Werk als individuelle, geistige Schöpfung wieder und rechtfertigt den Schutz des Werkes. Die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse dienen dem Schutz dieser „geistigen Verbindung“, insbesondere dann, wenn der Urheber sein Originalwerk veräußert oder einem Dritten Nutzungsoder Bearbeitungsrechte eingeräumt hat.101 Das Urheberpersönlichkeitsrecht sichert in erster Linie die ideellen Interessen des Urhebers am Werk; allerdings werden dessen vermögensrechtliche Interessen mitgeschützt. Bspw. kann sich der Urheber mit Hilfe des Entstellungsverbots des § 14 UrhG vor materiellen Nachteilen schützen, die ihm aus der Verbreitung verfälschter Werkexemplare entstehen können.102 3. Die besonderen Merkmale des Urheberpersönlichkeitsrechts 3.1. Die Unübertragbarkeit
Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist als Teil des Urheberrechts nicht übertragbar. Dieser Grundsatz ist § 29 Abs. 1 UrhG zu entnehmen und folgt ebenso aus der persönlichkeitsrechtlichen Natur des Rechts.103 Eine Verfügung über das Urheberpersönlichkeitsrecht im weiten Sinne wäre auf Grund des Fehlens einer fest umrissenen Gestalt ohnehin nicht möglich.104 Eine völlige Rechtsentäußerung bzw. die Schaffung eines „herrenlosen“ Urheberrechts, vergleichbar mit der Dereliktion im Sachenrecht (§ 959 BGB), ist nicht möglich, da der Urheber das geistige Band nicht trennen kann.105 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 11 Rn. 7; Schack Rn. 41. Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 1; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 1. 102 Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 3. 103 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 3; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 11 Rn. 13 f.; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 26. 104 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 26. Siehe a. S. 119. 105 BGH GRUR 1995, 673, 675 – Mauer Bilder. 100 101
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
3.2. Die Vererblichkeit
Das Urheberrecht ist gemäß § 28 Abs. 1 UrhG vererblich, weshalb auch das Urheberpersönlichkeitsrecht grundsätzlich vererbbar ist.106 Eine Übertragung ist daher möglich, wenn sie in Erfüllung einer Verfügung von Todes wegen oder an Miterben im Wege der Erbauseinandersetzung erfolgt. Der Urheber kann ferner einen Testamentsvollstrecker zur Wahrnehmung seiner Urheberpersönlichkeitsrechte ermächtigen; dies ergibt sich aus § 28 Abs. 2 UrhG.107 Nach § 30 UrhG hat der Rechtsnachfolger des Urhebers das Recht, die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse auszuüben. Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt. Einige Vorschriften schränken das Urheberpersönlichkeitsrecht im weiten Sinne des Rechtsnachfolgers ein (vgl. §§ 42 Abs. 1 S. 2; 46 Abs. 5 S. 1; 62 Abs. 4 S. 2; 97 Abs. 2 S. 4 UrhG). Der Rechtsnachfolger kann ansonsten die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse seinen Interessen gemäß ausüben und die Entscheidungen des Urhebers umstoßen, soweit er keine Auflagen zu beachten hat oder durch die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers wirksam gebunden ist.108 Die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre, darunter v. Gramm und Schack, gehen dagegen von einer Bindung an den erklärten oder mutmaßlichen Willen des Urhebers aus.109 Der Erbe übe die Befugnisse als eine Art verlängerter Arm des Urhebers aus, insofern stehe dem Erben nur ein fortwirkendes Urheberpersönlichkeitsrecht zu. Dieser Ansicht stehen aber die eindeutigen Regelungen des UrhG entgegen. Soll der Wille des Urhebers Beachtung finden, wurden im UrhG, wie z.B. in § 42 Abs. 1 S. 2 UrhG, besondere Regelungen getroffen.
Der Erbe kann eine natürliche oder juristische Person sein, Fromm/Nordemann/Hertin § 28 Rn. 1. 107 OLG München ZUM 1995, 721, 723 – „Hanns Heinz Ewers“; Dreier/Schulze/ Schulze Vor § 12 Rn. 11; Fromm/Nordemann/Hertin § 28 Rn. 3, § 29 Rn. 5. 108 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 7; Dreier/ Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 11; Fromm/Nordemann/Hertin § 30 Rn. 1; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 30 f.; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 12; Bullinger S. 198. 109 BGH GRUR 1955, 201, 205 – „Cosima Wagner“; BGH GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II; v. Gramm § 11 Rn. 7, § 30 Rn. 3; Schack Rn. 577; ders. GRUR 1985, 352, 356. 106
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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3.3. Die zeitliche Begrenztheit
Das Urheberpersönlichkeitsrecht erlischt als Teil des Urheberrechts 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers (§ 64 UrhG).110 Der Forderung nach einem ewigen Urheberrecht zum Schutz des Kulturinteresses der Allgemeinheit ist entgegenzutreten.111 Diesem Interesse wird ausreichend durch die öffentlich-rechtlichen Vorschriften über den Denkmalschutz gedient, welche bedeutende Werke als nationale Kulturgüter schützen.
III. Das Urheberpersönlichkeitsrecht als besonderes Persönlichkeitsrecht Das Urheberpersönlichkeitsrecht dient dem Schutz der persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers in Bezug auf sein Werk, das allgemeine Persönlichkeitsrecht dagegen schützt die Individual-, Privat- und Intimsphäre des Menschen ohne eine sachliche Beschränkung.112 Dieser Schutzgegenstand grenzt das Urheberpersönlichkeitsrecht von dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ab. Nach herrschender Meinung (h.M.) sind die Rechte wesensverwandt, beide haben ihre Wurzel in Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 1 GG.113 Das Urheberpersönlichkeitsrecht ist dabei „als rechtlich Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn 8; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 33; Schack Rn. 320. 111 Ausf. dazu Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 33 ff.; Ulmer § 79 I, II S. 347 ff. 112 BGHZ GRUR 1955, 197, 198 – „Leserbrief“; BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“; v. Gramm § 11 Rn. 5, § 14 Rn. 2; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 9; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 14; Neumann-Duesburg NJW 1971, 1640 f.; Rehbinder Rn. 391; Runge UFITA 54 (1969), 1, 5; Schack GRUR 1985, 352, 353; Ulmer § 6 III, S. 33; v. Welser S. 19. 113 Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 5; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 9; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 14; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 16; Jänecke S. 231; Krüger-Nieland, FS Hauß, S. 215, 223 f.; Neumann-Duesburg NJW 1971, 1640, 1641 f.; Osenberg S. 17; Rehbinder Rn. 391 f.; Schack Rn. 44; ders. GRUR 1985, 352, 353, 361; Tölke S. 14 f.; Ulmer § 6 III 1, S. 34; Wallner S. 51; ähnlich Kellerhals UFITA 2000, 617, 642 ff., welche die Wesensverwandtschaft aber aus den die Rechte prägenden Fallgruppen in der Rsp. ableitet; a.A. Helle S. 21 f., der jeden Zusammenhang leugnet. Vgl. a. LucasSchloetter GRUR Int. 2002, 809, 810, 815, die die „Subsumierung des droit moral unter die Persönlichkeitsrechte“ für „unnötig, nicht richtig und gefährlich“ hält; 110
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
selbständige Erscheinungsform des Persönlichkeitsrechts“ aufzufassen.114 Die Gegenansicht sieht im Urheberpersönlichkeitsrecht einen Ausschnitt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.115 Dieses schütze die Persönlichkeit jeweils im Hinblick auf bestimmte Eingriffe. Der Ansatz erlaubt nicht, bestimmte Teilbereiche des Persönlichkeitsrechts, so das Urheberpersönlichkeitsrecht, gesonderten Regelungen zu unterwerfen, wie es der Gesetzgeber mit dem UrhG getan hat.116 Zudem sprechen historische Gründe gegen diese Sichtweise. Das Urheberpersönlichkeitsrecht war noch vor dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in der Rechtsprechung anerkannt.117 Als besonderes Persönlichkeitsrecht geht das Urheberpersönlichkeitsrecht dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vor und verdrängt es; dies gilt allerdings nur so weit, wie das Urheberpersönlichkeitsrecht einen Teilbereich abschließend regelt.118 Dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht kommt deshalb eine Ergänzungs- und Auffangfunktion zu.119 Fällt eine Schöpfung mangels Werkeigenschaft (vgl. §§ 1, 2 UrhG) nicht unter den Schutz des UrhG und genießt deshalb keinen Urheberpersönlichkeitsschutz, kann auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückgegriffen werden.120 Für „Altfälle“, d.h. Eingriffe vor sie gibt insbesondere zu bedenken, dass dies den common law-Ländern das entscheidende Argument dafür liefere, es bedürfe keines moral rights-Schutzes, weil das allgemeine Persönlichkeitsrecht einen ausreichenden Schutz biete. Siehe a. die amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 259. 114 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 14. 115 BGH GRUR 1955, 197, 198 – „Leserbrief“; BGH GRUR 1971, 525, 526 – Petite Jacqueline; OLG Frankfurt GRUR 1995, 215, 216 – Springtoifel; v. Gramm Einf. Rn. 93, § 11 Rn. 5; Larenz NJW 1955, 521, 525; Wronka UFITA 69 (1973), 71, 91. 116 Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 16. 117 Schack Rn. 44. 118 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 9; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 17; Krüger-Nieland, FS Hauß, S. 215, 223; Rehbinder Rn. 137. 119 Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 5, 6; Jänecke S. 234 f.; Schack Rn. 45. 120 BGH GRUR 1955, 197, 198 – „Leserbrief“; Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 6; Bullinger S. 149; Jänecke S. 235.
1. Kapitel: Das Urheberpersönlichkeitsrecht
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Inkrafttreten des UrhG, darf das allgemeine Persönlichkeitsrecht herangezogen werden, bspw. um dem Urheber zu einem Schadensersatzanspruch zu verhelfen, da § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG auf diese Fälle nicht anwendbar ist.121 Ebenso ist ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht erlaubt, wenn aus kollisionsrechtlichen Gründen kein Urheberrechtsschutz gewährt werden kann.122 Darüber hinaus wird im Fall der Werkzerstörung mangels einer ausdrücklichen Regelung auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückgegriffen.123 Voraussetzung für die Anwendung des Urheberpersönlichkeitsrechts ist stets ein konkretes Werk, mit dem der Urheber durch ein geistiges Band verbunden ist.124 Interessen des Urhebers, die sich auf sein gesamtes Werkschaffen beziehen, werden nicht vom Urheberpersönlichkeitsrecht erfasst, sondern ausschließlich vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht.125 Allein das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist betroffen, wenn es um die Schaffensfreiheit oder die reine Kritik am Werk geht.126 Ansprüche aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht können nebeneinander bestehen und miteinander konkurrieren.127
BGH GRUR 1971, 525, 526 – Petite Jacqueline; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 19; Bullinger S. 149. 122 Jänecke S. 235; Schack Rn. 45; ders. IPRax 1993, 46, 51; v. Welser S. 21. 123 Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 17. Ausf. zum Schutz vor Werkzerstörung über das allgemeine Persönlichkeitsrecht ab S. 62. 124 BGH GRUR 1955, 197, 198 – „Leserbrief“; BGH GRUR 1965, 668, 670 – Emil Nolde; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 16. 125 BGH GRUR 1995, 668 – Emil Nolde; Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 5; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 9; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 16; Krüger-Nieland, FS Hauß, S. 215, 224. 126 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 16a. 127 Vgl. BGH GRUR 1994, 191, 203 f. – Asterix-Persiflagen; Wandtke/Bullinger/ Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 20; Rehbinder Rn. 393. 121
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität Ziel des zweiten Kapitels ist es, das im UrhG verankerte System des Werkintegritätsschutzes verständlich zu machen. Zunächst wird das Verhältnis der änderungsrechtlichen Vorschriften zueinander geklärt. Danach erfolgt eine Darstellung der einzelnen Voraussetzungen des Entstellungs- und Beeinträchtigungsverbots des § 14 UrhG. Auf dieser Vorschrift baut das gesamte Schutzsystem auf. Es bedarf dabei der Erörterung, ob § 14 UrhG dem Urheber Schutz vor der Zerstörung seines Werkes bietet.
A. Das System der änderungsrechtlichen Vorschriften Im UrhG gibt es eine Reihe von änderungsrechtlichen Vorschriften, welche dem Interesse des Urhebers am Bestand und der Integrität seines Werkes dienen. Der Urheber soll selbst bestimmen können in welcher Form sein Werk an die Öffentlichkeit gelangt und dort von seiner Mit- und Nachwelt wahrgenommen wird.128 § 14 UrhG schützt den Urheber vor Entstellungen oder anderen Beeinträchtigungen, die geeignet sind, seine geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. § 39 UrhG regelt die Zulässigkeit von Werkänderungen im Rahmen von vertraglichen Nutzungsrechten. § 62 UrhG befasst sich mit Änderungen im Rahmen von gemäß §§ 44a ff. UrhG gesetzlich zulässigen Werknutzungen. § 93 Abs. 1 UrhG enthält eine Sonderregelung für Filmwerke, die in größerem Maße Änderungen zulässt. Die Bearbeitungsrechte, geregelt in den §§ 23, 37 Abs. 1, 69c Nr. 2, 88 Abs. 1 UrhG, berühren ebenfalls änderungsrechtliche Fragen. Sie sind aber nicht Thema der vorliegenden Arbeit. Fraglich ist, in welchem Verhältnis die änderungsrechtlichen Normen zueinander stehen, denn das Gesetz erwähnt nur in § 39 Abs. 1 UrhG ausdrücklich ein Änderungsverbot. Die Beantwortung dieser Frage RGZ 79, 397, 399 – Felseneiland mit Sirenen; BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung. 128
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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hängt entscheidend von der Herleitung und Begründung eines allgemeinen Änderungsverbots ab. Dabei werden im Wesentlichen zwei Ansätze vertreten. Die Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Vorschriften geht von gesonderten Anwendungsbereichen eines allgemeinen Änderungsverbots und des Entstellungs- und Beeinträchtigungsverbots gemäß § 14 UrhG aus; ersteres leitet sie aus dem Wesen und dem Inhalt des Urheberrechts ab. Die Lehre von der Gesamtschau der änderungsrechtlichen Vorschriften sieht in § 14 UrhG die Grundnorm für ein allgemeines Entstellungs- und Beeinträchtigungsverbot, welche durch die weiteren änderungsrechtlichen Vorschriften ergänzt wird, um bestimmten Einzelfällen gerecht zu werden.
I. Die Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Vorschriften 1. Die Herleitung des Änderungsverbots 1.1. Die Meinung der Rechtsprechung und eines Teils der Lehre
Die Rechtsprechung129 und ein Teil der Lehre130 stellen einem sich aus dem Urheberrecht ergebenden, allgemeinen Änderungsverbot das Entstellungsverbot des § 14 UrhG gegenüber. Das allgemeine ÄndeBGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; BGH GRUR 1999, 230, 231 – Treppenhausgestaltung; OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189, 191 – „Grünskulptur“; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang; KG Berlin NJW-RR 2001, 1201, 1202 – „Gartenanlage“. 130 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 2, 6, – Spautz § 39 Rn. 1; Erdmann, FS Piper, S. 655, 668 f.; Paschke GRUR 1984, 858, 864 f.; Schmieder NJW 1990, 1945, 1946; Schöfer S. 123. Siehe a. Goldmann GRUR 2005, 639, 641. Sie sieht das generelle urheberrechtliche Änderungsverbot in § 39 UrhG verankert, weshalb dieses gerade auch gegenüber Nichtwerknutzungsberechtigten gelte. Sie beruft sich dabei auf die Entscheidung Kirchen-Innenraumgestaltung (BGH GRUR 1982, 107, 109). Allerdings hat der BGH dort ausdrücklich klargestellt, dass das allgemeine Änderungsverbot entgegen der Meinung des BerG nicht auf § 39 UrhG beruht, sondern seine Grundlage im Wesen und Inhalt des Urheberrechts hat, da § 39 UrhG nur gegenüber Werknutzungsberechtigten Anwendung finde. Insofern hat Goldmann die Entscheidung des BGH nicht richtig erfasst. 129
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
rungsverbot werde nicht ausdrücklich im UrhG geregelt, sondern sei „dem Urheberrecht als einer Herrschaftsmacht des schöpferischen Menschen über sein Geisteswerk immanent“ und diene „dem Schutz der persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers darüber zu bestimmen, in welcher Gestalt seine Schöpfung an die Öffentlichkeit treten“ solle.131 Es habe in den änderungsrechtlichen Vorschriften des UrhG, insbesondere den §§ 11 S. 1, 14, 39 Abs. 1, 62 Abs. 1 UrhG seinen Niederschlag gefunden.132 1.2. Die in der Lehre vertretenen Einzelansichten
Das Recht gegen Änderungen und die entsprechenden Berechtigungen zur Werkänderung in Ausnahmefällen leitet v. Gramm „unmittelbar aus dem Wesen und Inhalt des jeweils anerkannten Rechts am Werkgegenstand, Werktitel und an der Urheberbezeichnung ab“.133 Eine gesetzliche Regelung des allgemeinen Änderungsverbots erübrige sich insofern.134 Das Recht gegen Änderungen habe auch in den §§ 12–14 UrhG keine ausdrückliche Regelung erfahren; dennoch könne die urheberpersönlichkeitsrechtliche Grundlage des Rechts nicht bestritten werden.135 In den §§ 39, 62 UrhG seien für die vertraglich bzw. gesetzlich Nutzungsberechtigten Ausnahmen vom Änderungsverbot geregelt; gegenüber unberechtigten Dritten bedürfe es keiner Regelung, da diese von jeglicher Werkverwertung in veränderter oder unveränderter Form ausgeschlossen seien.136 Das positive Benutzungsrecht des Urhebers, geregelt in den §§ 15 ff. UrhG, erlaube die Nutzung des Werkes „in seiner konkreten Gestaltungsform“.137 Die Werknutzung durch einen gemäß § 31 UrhG dazu BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 2, – Spautz § 39 Rn. 1. 132 BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1999, 230, 231 – Treppenhausgestaltung; OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189, 191 – Grünskulptur; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; Paschke GRUR 1984, 858, 865. 133 V. Gramm § 39 Rn. 3. 134 V. Gramm § 39 Rn. 1, § 62 Rn. 1. 135 V. Gramm § 14 Rn. 4, § 39 Rn. 1. 136 V. Gramm § 14 Rn. 4, § 39 Rn. 2. 137 V. Gramm § 39 Rn. 3, § 62 Rn. 1, § 15 Rn. 10. V. Gramm unterscheidet bei der Werkverwertung zwischen der Nutzung durch Berechtigte und Unberechtigte und 131
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Berechtigen sei somit hierauf beschränkt; der Urheber könne ausschließlich die ihm zustehende Nutzung einer Dritten Person einräumen.138 Auf diese Art der Werknutzung beziehe sich sowohl das persönliche und geistige Interesse als auch das Verwertungsinteresse des Urhebers.139 Daraus schlussfolgert v. Gramm, dass jede Verwertung des Werkes in veränderter Form – soweit keine diesbezügliche Vereinbarung bestehe oder die Ausnahme des § 39 Abs. 2 UrhG greife – eine Verletzung des Änderungsverbots darstelle, welches sich aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht und dem Wesen der Werkverwertung ergebe.140 Allerdings würden bestimmte Änderungen dem positiven Benutzungsrecht – sie gehören damit zum konkreten Schutzgegenstand – unterliegen und seien deshalb ohne besondere Abrede zulässig, so z.B. geringfügige Abweichungen oder solche Änderungen, welche nach dem Gebrauchszweck zur sinnvollen Werknutzung erforderlich seien.141 Vinck sieht das Änderungsverbot im Rahmen von vertraglichen Nutzungsverhältnissen unmittelbar in § 39 UrhG verankert. § 39 Abs. 1 UrhG stelle den Grundsatz auf, dass Änderungen am Werk, am Titel und der Urheberrechtsbezeichnung unzulässig seien.142 Die Regelung gelte dabei für jede erlaubte Nutzung, obwohl sich die Norm dem Wortlaut nach ausschließlich an den Inhaber des Nutzungsrechts richte. Vom Grundsatz des § 39 Abs. 1 UrhG könne ausnahmsweise durch anderweitige Vereinbarung oder dann abgewichen werden,
damit zwischen einem positiven Benutzungsrecht und einem negativen Verbietungsrecht. Das in den §§ 15 ff. UrhG geregelte positive Benutzungsrecht stehe originär dem Urheber zu und bestimme den Umfang seiner Alleinberechtigung am Werk. Damit werde der Schutzgegenstand festgelegt. Das (in den §§ 97 ff. UrhG geregelte) negative Verbietungsrecht grenze das ausschließliche Recht gegenüber Dritten ab und gebe ihnen gegenüber eine Anspruchsgrundlage zur Durchsetzung des Rechts. Es regele insofern den Schutzumfang. Das Urheberpersönlichkeitsrecht diene dem Schutz der geistigen und persönlichen Beziehungen zum Werk und finde in den persönlichkeitsrechtlichen Berechtigungen des UrhG seinen Ausdruck (u.a. den §§ 12–14, 25, 26, 29, 39, 41, 42, 62 UrhG). Diese Rechte stünden selbständig nebeneinander, vgl. v. Gramm § 11 Rn. 1 ff., § 15 Rn. 10 f. 138 V. Gramm § 39 Rn. 3. 139 V. Gramm § 39 Rn. 3. 140 V. Gramm § 39 Rn. 3 f. 141 V. Gramm § 15 Rn. 11. 142 Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 1.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
„wenn der Urheber die Einwilligung zur Änderung nach Treu und Glauben nicht würde versagen können“.143 Das Änderungsverbot gegenüber Dritten werde vom Gesetz stillschweigend als selbstverständlich vorausgesetzt und habe seine Grundlage im Wesen und Inhalt des Urheberrechts.144 Es gehe dabei über das in § 14 UrhG verankerte Verbot der Entstellung und Beeinträchtigung hinaus, welches allein den persönlichkeitsrechtlichen Bereich betreffe.145 § 39 UrhG sei bei groben Werkänderungen zu beachten und gerade dann, wenn allein wirtschaftliche Interessen betroffen seien oder der Wille des Werkschöpfers, „sein Werk solle so und nicht anders bleiben, zu achten“ sei.146 2. Das Verhältnis der änderungsrechtlichen Vorschriften zueinander 2.1. Das Verhältnis des allgemeinen Änderungsverbots zu § 39 UrhG
Über den Regelungsinhalt des § 39 UrhG und das Verhältnis zum allgemeinen Änderungsverbot gibt es innerhalb der Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Vorschriften unterschiedliche Ansichten. Vor allem die Rechtsprechung ist der Ansicht, das allgemeine Änderungsverbot gelte gegenüber jedermann.147 § 39 UrhG komme ausschließlich klarstellende Funktion zu; die Norm erkläre das Änderungsverbot gegenüber vertraglich Nutzungsberechtigen für anwendbar. § 39 UrhG habe aber darüber hinaus eigenständige Bedeutung. Die Vorschrift ermögliche vertragliche Vereinbarungen über Ände-
Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 1. Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 7. 145 Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 1. 146 Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 1. 147 BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; BGH 1999 GRUR 230, 231 – Treppenhausgestaltung; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang; v. Gramm § 39 Rn. 3; Möhring/Nicolini/ Spautz § 39 Rn. 1; Erdmann, FS Piper, S. 655, 669; Paschke GRUR 1984, 858, 865. 143 144
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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rungen und gestatte Änderungen, denen der Urheber seine Zustimmung nach Treu und Glauben nicht versagen könne. Dasselbe gelte für § 62 Abs. 1 UrhG, der auf § 39 UrhG verweise.148 Andere Anhänger dieser Lehre sehen für das allgemeine Änderungsverbot allein im Verhältnis zu Nichtwerknutzungsberechtigten Bedarf, da die §§ 39, 62 UrhG das Änderungsverbot im Verhältnis zu vertraglich und gesetzlich Nutzungsberechtigten regelten.149 § 39 UrhG käme somit konstitutiver Charakter zu. 2.2. Das Verhältnis des allgemeinen Änderungsverbots zu § 14 UrhG
Innerhalb dieser Lehre besteht über das Verhältnis des allgemeinen Änderungsverbots bzw. § 39 UrhG zu § 14 UrhG weitestgehend Einigkeit. Der wesentliche Unterschied zwischen § 14 UrhG und dem Änderungsverbot zeige sich darin, dass das auf „die vermögensrechtliche Werknutzung abgestellte Recht gegen Änderungen sich gegen eine Verletzung des Bestandes und der Unversehrtheit des Werkes selbst in seiner konkreten Gestaltung, dagegen das rein urheberpersönlichkeitsrechtlich ausgestaltete Recht gegen Entstellungen sich gegen eine Beeinträchtigung der geistigen und persönlichen Urheberinteressen auch durch Form und Art der Werkwiedergabe und -nutzung richtet“.150 Sie stützt die Unterscheidung primär auf den Wortlaut des § 14 UrhG, wonach die geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers geschützt werden sollen.151 Somit bezweckt das allgemeine Änderungsverbot ihrer Ansicht nach den Schutz vermögens- und persönlichkeitsrechtlicher Interessen; dem Entstellungsverbot schreibt sie dagegen eine rein urheberpersönlichkeitsrechtliche Natur zu. V. Gramm § 62 Rn. 1. Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 1, 7; so wohl a. Möhring/Nicolini/ Kroitzsch § 14 Rn. 6. 150 BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang; KG Berlin NJW-RR 2001, 1201, 1202 – „Gartenanlage“; v. Gramm § 14 Rn. 4; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 5; Paschke GRUR 1984, 858, 864 f. 151 Vgl. v. Gramm § 14 Rn. 4 mit Verweis auf Rn. 8; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 2; Goldmann GRUR 2005, 639, 642; Paschke GRUR 1984, 858, 864; Schmieder NJW 1990, 1945, 1946. 148 149
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Aus der unterschiedlichen Schutzrichtung schlussfolgern die Anhänger der Lehre, dass die Vorschrift des § 14 UrhG gerade auch dann anwendbar sei, wenn das Werk in seiner Substanz unversehrt bleibe.152 Das Änderungsverbot setze immer eine Verletzung der Substanz voraus, die gegeben sei, wenn in die Gestalt, welche der Urheber dem Werk verliehen habe und in der er es in die Öffentlichkeit gebracht habe, eingegriffen werde.153 Folglich verletzte eine nach dem allgemeinen Änderungsverbot unzulässige Änderung das Urheberrecht grundsätzlich tief greifender als ein nach § 14 UrhG unzulässiger Eingriff und ziehe weiter reichende Ansprüche des Urhebers nach sich.154 Beide Rechte werden von dieser Lehrmeinung als in Wesen und Schutzumfang verschieden angesehen und stehen deshalb selbständig nebeneinander. Überschneidungen zwischen § 14 UrhG und 39 UrhG hält die Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Vorschriften für möglich, wenn es zu Substanzverletzungen durch den vertraglich Nutzungsberechtigen kommt.155 Die Normen kämen dann nebeneinander zur Anwendung. Der Unterschied der beiden Vorschriften ergebe sich in diesen Fällen aber, wie bereits erläutert, aus der Schutzrichtung. Ob dieser Unterschied bei der in jedem Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung Berücksichtigung finden muss, wird innerhalb der Lehre unterschiedlich bewertet.156 Eine nach § 39 UrhG BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 4; Schöfer S. 122. 153 BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189, 191 – „Grünskulptur“; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang; zustimmend, aber krit. KG Berlin NJW-RR 2001, 1201, 1202 – „Gartenanlage“; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 5, – Spautz § 39 Rn. 1. 154 BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189, 191 – „Grünskulptur“; Erdmann, FS Piper, S. 655, 668. 155 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 4. 156 Für eine Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange bei der Interessenabwägung nach § 39 UrhG: OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung; OLG Frankfurt GRUR 1986, 244 – Verwaltungsgebäude. Für eine einheitliche Interessenabwägung bei § 14 UrhG und § 39 UrhG: v. Gramm § 39 Rn. 8; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 7, – Spautz § 39 Rn. 1. Für eine unterschiedliche Interessenabwägung bei § 14 UrhG und § 39 UrhG: Schmieder NJW 1990, 1945, 1946; Schöfer S. 123; Wedemeyer, FS Piper, S. 787, 790 f. A.A. Fromm/ 152
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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zulässige Werkänderung könne dabei eine nach § 14 UrhG unzulässige Beeinträchtigung darstellen.157
II. Die Lehre von der Gesamtschau der änderungsrechtlichen Vorschriften 1. Die Herleitung des Änderungsverbots
Die Lehre von der Gesamtschau der änderungsrechtlichen Vorschriften leitet aus dem Gesamtkomplex der änderungsrechtlichen Vorschriften den einheitlichen Gedanken des Schutzes der Werkintegrität ab.158 In § 14 UrhG sieht sie die änderungsrechtliche Grundnorm bzw. das allgemeine Änderungsverbot normiert. Unter den Oberbegriff der Beeinträchtigung fielen alle Arten von Substanzverletzungen, so auch Änderungen; dies ergebe sich aus dem natürlichen Wortsinn und einem Vergleich mit Art. 6bis Abs. 1 RBÜ, auf dem die Vorschrift beruhe.159 Der Schutzumfang des § 14 UrhG ergebe sich aus der in jedem Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung.160 Damit sei § 14 UrhG die zentrale Norm zum Schutz des IntegritätsNordemann/Vinck § 39 Rn. 1, der im Rahmen des § 39 UrhG nicht immer eine Interessenabwägung für erforderlich hält, sondern vielmehr auf die Bestimmung des Urhebers unter Berücksichtigung von § 242 BGB abstellt. 157 V. Gramm § 14 Rn. 4; Schöfer S. 124. 158 LG Hamburg GRUR-RR 2001, 259, 260 – Handy-Klingeltöne [„Das UrhG hat in den im Zusammenhang zu sehenden Regelungen der §§ 14, 23, 39 und 62 …“]; Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn. 4, § 39 Rn. 1; Schricker/Dietz § 14 Rn. 1, § 39 Rn. 1; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 1 f., – Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 3; Altenburg S. 20; Castendyk ZUM 2005, 9, 16; Dieselhorst S. 120 f.; Federle S. 38; Flechsig FuR 1976, 589, 594; Grohmann S. 25 f.; Grunert S. 167 f.; Heeschen S. 47; Heidmeier S. 78 f.; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 90; Honscheck GRUR 2007, 944, 945; Huber S. 32; Jänecke S. 80; Kellerhals S. 183; Metzger S. 9; Schilcher S. 54; Schmelz GRUR 2007, 565, 569; Tölke S. 76; van Waasen S. 41; Wallner S. 71; v. Welser S. 38 f.; ähnlich Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 2, § 39 Rn. 1, der von einem allgemeinen im gesamten Urheberrecht bestehenden Änderungsverbot ausgeht, welches in den änderungsrechtlichen Vorschriften, die in Zusammenhang stehen, unterschiedlich stark zum Ausdruck komme. 159 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 5, § 39 Rn. 13; Schricker/Dietz § 14 Rn. 5, § 39 Rn. 1; Federle S. 38; Grohmann S. 24; Jänecke S. 78 f.; van Waasen S. 41. 160 Federle S. 38; Grohmann S. 24 f.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
interesses des Urhebers sowohl gegenüber vertraglich und gesetzlich Nutzungsberechtigen, als auch gegenüber Dritten.161 Der Integritätsschutz diene, der monistischen Theorie folgend, dem Schutz ideeller und materieller Interessen.162 2. Das Verhältnis der änderungsrechtlichen Vorschriften zueinander
Die Lehre von der Gesamtschau sieht in den §§ 39, 62, 93 Abs. 1 UrhG klarstellende Konkretisierungen der grundlegenden Vorschrift des § 14 UrhG.163 Nur in einer Gesamtschau mit den änderungsrechtlichen Vorschriften und mit den Bearbeitungsrechten erschließe sich der volle Regelungsgehalt des § 14 UrhG.164 Die Vorschriften stünden dabei nicht selbständig nebeneinander, sondern bildeten eine funktionale Einheit.165 In § 14 UrhG sei ein allgemeines Beeinträchtigungs- und Änderungsverbot geregelt, das dem Urheber bei allen Verletzungen der Werkintegrität ein Abwehrrecht gebe. Die Sonderregelungen der §§ 39, 62 und 93 Abs. 1 UrhG würden das allgemeine Verbot bekräftigen und die Interessenabwägung des § 14 UrhG um spezielle Gesichtspunkte erweitern, weshalb sie als Auslegungsregeln bezeichnet werden könnten.166 § 39 Abs. 1 UrhG komme zudem eigenständige Bedeutung zu, da die Norm vertragliche Vereinbarungen über Änderungen ausdrücklich zulasse.167
III. Stellungnahme Die Konstruktion eines allgemeinen, gesetzesimmanenten Änderungsverbots ist überflüssig.168 Das urheberrechtliche Änderungsverbot hat seinen Niederschlag grundlegend in den §§ 14, 39, 62, 93 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert UrhG § 39 Rn. 4; van Waasen S. 42. Schricker/Dietz § 14 Rn. 2; Jänecke S. 80; Schmelz GRUR 2007, 565, 569. 163 Federle S. 38; Huber S. 32; van Waasen S. 43; v. Welser S. 38. 164 Schricker/Dietz § 14 Rn. 1; Grohmann S. 23; Schilcher S. 54; v. Welser S. 38. 165 Schricker/Dietz § 14 Rn. 4; vgl. a. Flechsig FuR 1976, 589, 594, der von einem „Funktionszusammenhang“ spricht. 166 Federle S. 38; Schilcher S. 56. 167 Schricker/Dietz § 39 Rn. 1; Grunert S. 168, der in diesem Zusammenhang von der „Ermöglichungsfunktion“ des § 39 UrhG spricht; Jänecke S. 81. 168 So a. Grunert S. 165; Jänecke S. 79; van Waasen S. 41. 161 162
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Abs. 1 UrhG gefunden. Vor Schaffung des UrhG bestand dagegen das Bedürfnis für ein allgemeines urheberrechtliches Änderungsverbot; eine dem § 14 UrhG entsprechende Norm fehlte. Es gab lediglich einige Vorschriften, die Änderungen im Rahmen von gesetzlichen oder vertraglichen Nutzungsverhältnissen regelten (vgl. §§ 9, 24 LUG, §§ 12, 21 KUG), weshalb aus diesen von der Rechtsprechung ein allgemeines Änderungsverbot zur Vermeidung von Schutzlücken abgeleitet wurde.169 Ein allgemeines Änderungsverbot neben dem Entstellungsverbot kann nicht mit der unterschiedlichen Schutzrichtung beider Rechte begründet werden. § 14 UrhG bezweckt gemäß der in § 11 S. 1 UrhG verankerten monistischen Theorie den Schutz ideeller und materieller Interessen. Den Schutzumfang des § 14 UrhG auf die geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers zu verengen, widerspricht der Intention eines umfassenden Integritätsschutzes, den auch die Lehre von der Selbständigkeit, insbesondere die Rechtsprechung, anstrebt.170 Eine Unterscheidung zwischen einem allgemeinen Änderungsverbot, welches ausschließlich Substanzverletzungen erfasst und deshalb tief greifend das Integritätsrecht verletzt, und § 14 UrhG, der gerade auch dem Schutz vor aus dem Kontext resultierender Integritätsverletzungen dient, ist daher verfehlt. Eine unterschiedliche Interessenabwägung, wie sie ein Teil der Lehre auf Grund der vermeintlich unterschiedlichen Schutzrichtung vornimmt, ist ebenfalls abzulehnen. Sie findet keine Rechtfertigung im Gesetz. Vielmehr spricht der Verweis in § 62 Abs. 1 S. 2 UrhG auf die entsprechende Anwendung von § 39 UrhG für eine einheitliche Interessenabwägung. Sowohl § 14 UrhG als auch § 39 UrhG schützen in erster Linie persönlichkeitsrechtliche Interessen. Die vermögensrechtlichen Interessen spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Im Rahmen der Interessenabwägung beider Vorschriften sind alle Interessen zu würdigen und in einen gerechten Ausgleich zu bringen. Richtig ist, dass bei § 39 UrhG wirtschaftliche Aspekte verstärkt eine Rolle spielen, ansonsten fließen im Wesentlichen dieselben materiellen und 169 Diese Rsp. ist neben Art. 6bis Abs. 1 RBÜ Grundlage des heutigen § 14 UrhG; vgl. Schricker/Dietz § 14 Rn. 7. S.o. S. 20. 170 Z.B. BGH GRUR 765, 676 – Schulerweiterung; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
ideellen Wertungsgesichtspunkte wie bei § 14 UrhG in die Abwägung mit ein; dies zeigt eine Analyse der Rechtsprechung.171 Eine Unterscheidung zwischen den §§ 14 und 39 UrhG ist daher weder gerechtfertigt, noch praktikabel.172 Es wäre sehr widersprüchlich, dem Nutzungsberechtigten zunächst gemäß § 39 UrhG im Rahmen einer „vermögensrechtlichen“ Interessenabwägung die Änderung zu erlauben und ihm daraufhin die Änderung zu versagen, weil die „persönlichkeitsrechtliche“ Interessenabwägung nach § 14 UrhG zu einem anderen Ergebnis gelangt. Entgegen der Auffassung Vincks ist keine Werkänderung denkbar, die allein die wirtschaftlichen Interessen des Urhebers berührt und deshalb eine Anwendung des seiner Ansicht nach rein persönlichkeitsrechtlichen § 14 UrhG ausschließt. Der Wille des Werkschöpfers, sein Werk in seiner originalen Gestalt zu erhalten, lässt sich eigentlich nur mit den persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk begründen.173 V. Gramm leitet das Änderungsverbot aus den Verwertungsrechten ab. Dies widerspricht dem urheberpersönlichkeitsrechtlichen Charakter des Änderungsverbots. Die Verwertungsrechte dienen überwiegend den materiellen Interessen des Urhebers, das Änderungsverbot dagegen schützt in erster Linie dessen ideellen Interessen.174 Der Schutz der materiellen neben den ideellen Interessen des Urhebers über das Änderungsverbot entspricht der monistischen Theorie, jedoch ist der Schutz in diesem Fall eine Art „Reflex“ und hat untergeordnete Bedeutung.175 Der Begründung des Änderungsverbots mit dem Wesen der Verwertungsrechte ist entgegenzutreten. Auch versagt sein Argument, es bedürfe keiner Normierung des Änderungsverbots gegenüber Dritten, da diesen die unbefugte Werknutzung in veränderter oder unveränderter Form bereits wegen einer Siehe dazu Schricker/Dietz § 14 Rn. 4 unter Verweis auf OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung und OLG Frankfurt GRUR 1986, 244 – Verwaltungsgebäude; ebenso v. Gramm § 39 Rn. 8; Jänecke S. 80; Schmelz GRUR 2007, 565, 569; Wallner S. 75. 172 So Federle S. 38 f.; Jänecke S. 80 f. 173 So a. Wallner S. 76. 174 Vgl. Grohmann S. 29 mit Verweis auf BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau. 175 Vgl. Federle S. 37. 171
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Urheberrechtsverletzung nach § 97 Abs. 1 UrhG untersagt werden könne. Vor allem in den Fällen einer unbefugten Werknutzung durch Dritte ist es notwendig, eine Entstellung oder Beeinträchtigung des Werkes festzustellen; nur unter dieser Voraussetzung kann der Urheber immateriellen Schadensersatz gemäß § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG zugesprochen bekommen.176 Der Wortlaut des § 14 UrhG spricht vielmehr dafür, in § 14 UrhG die änderungsrechtliche Grundnorm zu sehen. Dem natürlichen Wortsinn entsprechend, erfasst der Begriff der Beeinträchtigung in § 14 UrhG als Oberbegriff neben Entstellungen auch Änderungen.177 Denn eine Beeinträchtigung des Werkes liegt vor, wenn dieses in seiner Wirkung gehemmt, behindert, eingeschränkt oder geschmälert wird, was unstreitig bei einer Änderung der Fall ist. Ein Vergleich mit Art. 6bis RBÜ bekräftigt diese Sichtweise. § 14 UrhG geht auf Art. 6bis Abs. 1 RBÜ zurück.178 Dort ist die Änderung neben der Beeinträchtigung ausdrücklich als Eingriffsform genannt. Gleichgültig ist dabei, ob im Rahmen des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ von einer Gleichordnung179 der Änderung und Beeinträchtigung ausgegangen oder die Beeinträchtigung als Oberbegriff 180 der Änderung aufgefasst wird. In beiden Varianten wäre die Änderung bei konventionskonformer Auslegung vom Wortlaut des § 14 UrhG mitumfasst. Die Verortung des allgemeinen Änderungsverbots in § 14 UrhG wird ebenso durch die Stellung im Gesetz bestätigt. Die Norm befindet sich im vierten Abschnitt – Inhalt des Urheberrechts –, Unterabschnitt zwei des UrhG, der sich mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht befasst. Eine Normierung des allgemeinen Änderungsverbots erst im fünften Abschnitt – „Rechtsverkehr im Urheberrecht“ – im Unterabschnitt Vgl. Schricker/Dietz § 14 Rn. 10; Wallner S. 74. So a. Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 3; Jänecke S. 78; Schmelz GRUR 2007, 565, 569; van Waasen S. 41. 178 Vgl. a. Federle S. 38, insb. Fn. 135 und van Waasen S. 42, die auf das Protokoll vom 16.11.1964 (4. Wahlperiode, 12 Ausschuss, Nr. 12/S. 14) der Sitzung des Unterausschusses „Urheberrecht“ des Rechtsausschusses des Bundestages hinweisen. Der Unterausschuss sei der Meinung gewesen eine Aufnahme des Begriffs „Änderung“ schade nicht, sei aber nicht unbedingt erforderlich, da der Begriff „Beeinträchtigung“ diesen bereits einschließe. 179 So Schricker/Dietz § 39 Rn. 1; Schilcher S. 55; Wallner S. 75. 180 So Jänecke S. 79. 176 177
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
zwei – Nutzungsrechte –, wäre unsystematisch.181 Dies ist ein weiterer Grund, warum Vinck nicht gefolgt werden kann, der in § 39 UrhG die Normierung eines umfassenden Änderungsverbots sieht. Die verfehlte Annahme eines selbständigen, in § 39 UrhG normierten Änderungsverbots, ist auf die Entstehungsgeschichte der Norm zurückzuführen.182 Der Wortlaut des § 39 UrhG ist an § 9 LUG angelehnt, wobei damals keine mit dem § 14 UrhG vergleichbare Norm existierte. Dort hieß es: „Im Falle der Übertragung des Urheberrechts hat der Erwerber, soweit nicht ein Anderes vereinbart ist, nicht das Recht, an dem Werke selbst, an dessen Titel und an der Bezeichnung des Urhebers Zusätze, Kürzungen oder sonstige Änderungen vorzunehmen. Zulässig sind Änderungen, für die der Berechtigte seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen kann.“ Mit der geplanten Neufassung des § 39 UrhG im Zuge der Urhebervertragsrechtsreform von 2002 sollte der Wortlaut an den neuen systematischen Zusammenhang zwischen § 14 UrhG und § 39 UrhG angepasst werden, ohne eine sachliche Änderung der Norm herbeizuführen.183 Wird in § 14 UrhG wegen dessen Stellung im Gesetz das allgemeine Änderungsverbot verortet, so ergibt sich für die Norm ein weiter Anwendungsbereich. Nach der Lehre von der Selbständigkeit, die § 14 UrhG und § 39 UrhG als selbständige Regelungen mit verschiedenen Anwendungsbereichen begreift, blieben dagegen für die „reine“ Anwendung des § 14 UrhG nur wenige Bereiche übrig.184 Die Vorschrift wäre trotz ihrer Stellung im Gesetz, welche die Regelung von etwas Grundsätzlichem nahe legt, de facto bedeutungslos. § 14 UrhG würde lediglich im Falle von Substanzverletzungen Dritter ohne Verhältnis zum Urheber und Verletzungen, die nicht in die Substanz des Werkes eingreifen, Geltung haben. Denn die Lehre von der Selbständigkeit wendet § 39 UrhG wegen § 62 Abs. 1 S. 2 UrhG nicht nur auf vertragliche Nutzungsverhältnisse, sondern auch auf gesetzliche Nutzungsverhältnisse an; ferner zieht sie § 39 UrhG entsprechend im UrheberEigentümer-Verhältnis heran.185 So a. Federle S. 37; Schilcher S. 49; Wallner S. 72 f. Vgl. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 4. 183 Siehe dazu die Ausf. ab S. 164. 184 Vgl. Schricker/Dietz § 14 Rn. 4; Schilcher S. 49 f.; Wallner S. 73; v. Welser S. 38. 185 Siehe S. 137 f. 181 182
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Insgesamt überzeugt die Lehre von der Gesamtschau. Sie begründet ein in sich schlüssiges System der änderungsrechtlichen Vorschriften des UrhG. Das Interesse des Urhebers am Bestand und der Integrität seines Werkes wird grundlegend durch § 14 UrhG geschützt. Durch die Norm erhält der Urheber ein absolutes Recht auf Werkintegrität. Der Schutz des Werkintegritätsinteresses über § 14 UrhG steht unter dem Vorbehalt einer Interessenabwägung und erfährt insbesondere durch die §§ 39, 62, 93 Abs. 1 UrhG Beschränkungen.186 Der volle Schutzumfang der Norm erschließt sich daher erst in einer „Gesamtschau“ aller änderungsrechtlichen Vorschriften.
B. Das Entstellungs- und Beeinträchtigungsverbot des § 14 UrhG I. Der Inhalt und Aufbau der Vorschrift § 14 UrhG als zentrale Norm des Integritätsschutzes gewährt dem Urheber das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten, die geeignet ist, seine berechtigten geistigen oder persönlichen Interessen am Werk zu gefährden. Die Vorschrift verbietet Verfälschungen des Werkes, die durch Eingriffe in die Substanz oder Umfeldeinwirkungen verursacht werden. Dieses „Kontrollrecht“ bietet dem Urheber speziell dann Schutz, wenn er Dritten Nutzungsrechte am Werk eingeräumt oder sein Werkoriginal veräußert hat. Das geistige Interesse des Urhebers an seinem Werk ist objektbezogen zu verstehen. Der Urheber hat ein großes Interesse daran, „sein geistiges Kind“ vor Verletzungen zu schützen, insbesondere weil über dieses die Kommunikation mit Dritten stattfindet.187 Der Urheber hat ein persönliches Interesse an der Integrität seines Werkes, da es seine Persönlichkeit zur Zeit des Schöpfungsprozesses zum Ausdruck bringt.188 Die Prüfung, ob eine Verletzung des Rechts auf Werkintegrität im Sinne des § 14 UrhG vorliegt, erfolgt in mehreren Stufen. Einigkeit besteht in Rechtsprechung und Lehre darüber, dass zunächst eine 186 187 188
Schricker/Dietz § 14 Rn. 5. Schack Rn. 315. Grunert S. 209.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Beeinträchtigung oder Entstellung des Werkes festgestellt werden muss. Danach prüfen einige Autoren, darunter Dietz und Schack, die Eignung zur Interessengefährdung und schließen eine Interessenabwägung an.189 Ein Großteil der Gerichte und ein Teil der Lehre, wie z.B. Hertin, halten dagegen den zweiten Prüfungspunkt für überflüssig und gehen deshalb nach der Feststellung einer Entstellung oder Beeinträchtigung sogleich in eine Interessenabwägung über.190 Der zwei- bzw. dreigliedrige Aufbau hängt grundsätzlich davon ab, ob die Eignung zur Interessengefährdung nur bei der Beeinträchtigung oder auch bei der Entstellung verlangt wird. II. Die geschützten Werkarten Der Integritätsschutz gilt für alle durch das UrhG geschützten Werke der Literatur, Wissenschaft und Kunst, insbesondere für Werke der bildenden Künste und für Filmwerke (§§ 1, 2 Abs. 1 UrhG).191 Dabei OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; KG Berlin NJW-RR 2001, 1201, 1202 – „Gartenanlage“; LG Berlin GRUR 2007, 964, 968 – „Hauptbahnhof“; LG München GRUR-RR 2007, 226, 228 f. – Eine Freundin für Pumuckel I; LG München GRUR-RR 2008, 44, 45 – Eine Freundin für Pumuckel II; Berger/Wündisch/Freitag § 4 Rn. 23; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 9; Schricker/Dietz § 14 Rn. 18; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 7 f.; Altenburg S. 21 f.; Grunert S. 174, 179 f.; Heidmeier S. 83 f.; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 95; Honscheck GRUR 2007, 944, 945; Kreile/Wallner ZUM 1997, 625, 630; Metzger S. 9; Schack Rn. 341; Schilcher S. 66 f.; Thies UFITA 2007, 741, 749; van Waasen S. 48 f., 97; v. Welser S. 39; ebenso Heeschen S. 49, Schmelz GRUR 2007, 565, 567 und Wallner S. 129, die ein dreistufiges Prüfungsverfahren wegen dessen Transparenz bevorzugen. 190 BGH GRUR 1982, 107, 110 – Kirchen-Innenraumgestaltung; BGH GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung; BGH GRUR 1989, 196, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II; OLG Hamburg UFITA 81 (1978), 263, 267 – „Reihenhäuser“; OLG München NJWE-MietR NJW 1996, 116 – „Dachgauben“; Büscher/ Dittmer/Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn 7; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 6; v. Gramm § 14 Rn. 9; Erdmann, FS Piper, S. 655, 671; siehe a. Möhring/ Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 18, 23, der eine Interessengefährdung prüft, wenn ein Werk der Öffentlichkeit nicht zugänglich ist. Vgl. mit abw. Begründung a. Dieselhorst S. 122, Fn. 47, der die Prüfung der Interessengefährdung insgesamt unterlässt, da jede Beeinträchtigung geeignet sei die ideellen Interessen des Urhebers zu gefährden und Federle S. 45 f. und Schöfer S. 50 f., die in dem Begriff der „berechtigten Interessen“ das Gebot zur Vornahme einer Interessenabwägung sehen. 191 Im amerikanischen Recht werden dagegen nur Werke der bildenden Kunst gesetzlich geschützt, vgl. S. 228 ff. 189
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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sind Werke im Sinne des UrhG „persönliche geistige Schöpfungen“ (§ 2 Abs. 2 UrhG). Die Schöpfung ist das Ergebnis einer gestalterischen Tätigkeit; sie muss ein gewisses Maß an Individualität und Gestaltungshöhe aufweisen; zudem muss sie zumindest mittelbar durch die menschlichen Sinne wahrnehmbar sein, eine (dauerhafte) Verkörperung ist nicht erforderlich.192 Das Werk als geistiges Gut ist vom Werkstück als der „materiellgegenständliche(n) Verkörperung der immateriellen Schöpfung“193 zu unterscheiden.194 Die ursprüngliche Verkörperung des Werkes ist das Original, die einzige Verkörperung ein Unikat. Bei mehrfacher Verkörperung des Werkes handelt es sich um Vervielfältigungsstücke. Da all diesen Verkörperungen das Werk zu Grunde liegt, unterliegen sie dem Integritätsschutz des UrhG. § 14 UrhG gibt dem Urheber nicht das Recht, die Erhaltung des Werkexemplars zu verlangen, jedoch kann er sich gegen die Veränderung der individuellen Gestaltung des Werkstücks wehren.195 Zwangsläufig entstehen Konflikte mit dem Recht des Eigentümers aus § 903 BGB.196 III. Die Beeinträchtigung des Werkes 1. Die Bedeutung von „Entstellung“ und „Beeinträchtigung“
Der Urheber hat das Recht, eine Entstellung oder eine andere Beeinträchtigung seines Werkes zu verbieten. Bereits aus der Gesetzesformulierung ergibt sich, dass die Beeinträchtigung ein Oberbegriff ist, der die Entstellung als Sonderfall erfasst.197 Ausf. zum Werkbegriff Rehbinder Rn. 55 ff.; Wallner S. 64 ff. Jänecke S. 43. 194 Zur Unterscheidung von Werk und Werkstück, Jänecke S. 43 f.; Rehbinder Rn. 65. 195 RGZ 79, 397, 401 – „Felseneiland mit Sirenen“; BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung; OLG Frankfurt GRUR 1986, 244 – Verwaltungsgebäude; Rehbinder Rn. 410 f. 196 Zur Unterscheidung zwischen Urheberrecht und Eigentum am Werkstück, Rehbinder Rn. 113 ff. 197 OLG München NJWE-MietR 1996, 116 – „Dachgauben“; KG Berlin GRUR 2004, 497, 498 – Schlacht um Berlin; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 5, 10; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 15; Schricker/Dietz § 14 Rn. 19; Bullinger S. 73; Flechsig FuR 1976, 429, 430; Schack Rn. 342; Schöfer S. 45. 192 193
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Mit Beeinträchtigung ist jede Änderung des geistig-ästhetischen Gesamteindrucks des Werkes gemeint.198 Das Werk muss in seiner Wirkung gehemmt, behindert, eingeschränkt oder geschmälert werden.199 Eine Beeinträchtigung setzt keinen direkten Eingriff in die Werksubstanz voraus. Ebenso sind bloße kontextuelle Veränderungen, die das Werk in herabsetzender Weise aus dem Sachzusammenhang reißen, umfasst.200 Als Beispiel sei die Ausstellung eines Werkes im Schaufenster eines Erotikgeschäfts genannt.201 Bei standortbezogenen Werken der bildenden Kunst – das sind Werke, die einen inhaltlichen, thematischen oder formalen Bezug zum Aufstellungsort aufweisen – ist die Möglichkeit der Abwehr dieser indirekten Eingriffe von großer Bedeutung.202 Jede objektiv nachweisbare Änderung des vom Urheber geschaffenen geistig-ästhetischen Gesamteindrucks führt zu einer Beeinträchtigung des Werkes, gleichgültig, ob sie in den Augen eines Dritten das Werk auf- oder abwertet, bzw. verbessert oder verschlechtert, da das Werk in seiner ursprünglichen, vom Urheber vorgegebenen Gestalt Ausgangspunkt der Bewertung ist.203 Entstellen meint, die Wesenszüge eines Werkes zu verfälschen, zu verzerren oder zu verstümmeln.204 Auch wenn der Bergriff „Entstellung“ OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; Dreier/ Schulze/Schulze § 14 Rn. 10; Schricker/Dietz § 14 Rn. 21; vgl. a. v. Gramm § 15 Rn. 10. 199 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 3. 200 BGH GRUR 1982, 107, 110 – Kirchen-Innenraumgestaltung; BGH GRUR 2002, 532, 534 – Unikatrahmen; OLG Frankfurt GRUR 1995, 215, 216 – Springtoifel; KG Berlin NJW-RR 2001, 1201, 1202 – „Gartenanlage“; OLG Hamburg GRUR 2006, 323 – Handy-Klingeltöne II; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 9; v. Gramm § 14 Rn. 8; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 3; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 3. Zur Unterscheidung von direktem und indirektem Eingriff, Schricker/Dietz § 14 Rn. 23–24. 201 Ulmer § 41 IV, S. 221. 202 Schricker/Dietz § 14 Rn. 23a; Bullinger S. 115 ff. 203 BGH GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II; BGH 1999 GRUR 230, 232 – Treppenhausgestaltung; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; Berger/Wündisch/Freitag § 4 Rn. 23; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 16; Federle S. 39; Schöfer S. 47. Zum Beurteilungsmaßstab siehe S. 50. 204 OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung; OLG München GRUR 1986, 460, 461 – Die unendliche Geschichte; KG Berlin GRUR 2004, 497 – 198
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eine Herabsetzung bzw. negative Abwertung beinhaltet, bedeutet dies nicht, dass künstlerisch gesehen eine Verschlechterung des Werkes erforderlich ist.205 Eine Entstellung liegt im Allgemeinen vor, wenn wesentliche Teile des Werkes gestrichen werden oder Zusätze dem Werk eine andere Färbung bzw. Tendenz verleihen. Vergleichbare Abweichungen vom Inhalt und Charakter des Werkes, „die auf die geistige Haltung oder Einstellung, den Ruf und das Ansehen des Werkschöpfers ungünstige oder zumindest unrichtige Rückschlüsse zulassen“, können ebenfalls eine Entstellung darstellen.206 Je größer die Gestaltungshöhe, desto eher ist von einer Entstellung auszugehen.207 Bei Werken der „kleinen Münze“, wie bspw. Computerprogrammen, wird eine Entstellung deshalb selten vorkommen. Zwischen einer Entstellung und einer Beeinträchtigung besteht ein gradueller Unterschied.208 So sind alle Verfälschungen, die nicht den Grad einer Entstellung erreichen, als bloße Beeinträchtigungen zu werten. Ob die Entstellung einen Eingriff in die Werksubstanz erfordert, wird unterschiedlich beurteilt. Die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre – u.a. Bullinger, v. Gramm und Hertin – verlangen für das Vorliegen einer Entstellung immer einen direkten Eingriff und subsumieren indirekte Eingriffe allein unter die „andere Beeinträchtigung“.209 Schlacht um Berlin; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 7; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 8; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 3. 205 OLG München GRUR 1986, 460, 461 – Die unendliche Geschichte; LG Mannheim GRUR 1997, 364, 365 – Freiburger Holbein-Pferd; LG München GRUR-RR 2007, 226, 228 – Eine Freundin für Pumuckel I; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 7; v. Gramm § 14 Rn. 8; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 10; Schricker/Dietz § 14 Rn. 21. 206 KG Berlin GRUR 2004, 497, 498 – Schlacht um Berlin mit Verweis auf v. Gramm § 14 Rn. 8. 207 OLG Düsseldorf GRUR 1979, 318 – Treppenwangen; OLG München GRUR 1986, 460, 461 – Die unendliche Geschichte; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 11. 208 OLG München NJWE-MietR 1996, 116 – Dachgauben; Dreier/Schulze/ Schulze § 14 Rn. 5; Schricker/Dietz § 14 Rn. 19; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 3; Bullinger S. 74; Flechsig FuR 1976, 429, 430; Grohmann S. 76; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 90, 92; Rehbinder Rn. 408; Schack Rn. 342; Schöfer S. 45; a.A. Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 3. 209 OLG Frankfurt GRUR 1995, 215; 216 – Springtoifel; KG Berlin NJW-RR 2001, 1201; 1202 – „Gartenanlage“; OLG Hamburg GRUR 2006, 323 – Handy-
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2. Die Erforderlichkeit der Abgrenzung der verschiedenen Eingriffsarten
Eine genaue Abgrenzung zwischen Entstellung, Beeinträchtigung und Änderung und folglich auch zwischen direktem und indirektem Eingriff ist erforderlich, wenn als Voraussetzung für die „andere Beeinträchtigung“ eine Interessengefährdung verlangt wird. Die Unterscheidung wird ferner relevant, wenn unter „Änderung“ im Sinne der §§ 39, 62 UrhG ausschließlich direkte Eingriffe verstanden werden. Zudem kann die Differenzierung bei den Dispositionen über das Integritätsrecht eine Rolle spielen, da die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre die Grenze zulässiger Rechtsgeschäfte im Kernbereich des Rechts sehen, welchem das Entstellungsverbot zugerechnet wird. Eine Unterscheidung der verschieden Eingriffsarten ist des Öfteren nur schwer möglich, weshalb viele Autoren, darunter Dietz, Hertin und Schulze, auf eine begriffliche Differenzierung verzichtet und Beeinträchtigungen, Entstellungen und Änderungen im Rahmen der änderungsrechtlichen Vorschriften gleich behandelt.210 Dies sei insbesondere dadurch gerechtfertigt, dass kein methodischer Unterschied zwischen den Interessenabwägung nach § 14 UrhG und § 39 UrhG bestehe.211 Im Übrigen differenziere auch Art. 6bis Abs. 1 RBÜ nicht zwischen den einzelnen Eingriffsarten.212 Dass die Entstellung im Gegensatz zur Beeinträchtigung tiefer in das Werk eingreife, könne bei der Interessenabwägung ausreichend berücksichtigt werden.213 Dasselbe gelte für die Änderung, sofern diese gegenüber der Beeinträchtigung als der schwerwiegendere Eingriff angesehen werde.214 Klingeltöne II; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 8; v. Gramm § 14 Rn. 8; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 3, 11; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 3; Bullinger S. 74; diff. BGH GRUR 1982, 106, 110 – Kirchen-Innenraumgestaltung; a.A. LG München GRUR-RR 2007, 226, 228 – Eine Freundin für Pumuckel I; LG München GRUR-RR 2008, 44, 45 – Eine Freundin für Pumuckel II; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 6; Schricker/Dietz § 14 Rn. 23; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 92; van Waasen S. 45. 210 LG Berlin GRUR 2007, 964, 967 – „Hauptbahnhof“; Büscher/Dittmer/ Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn. 5; Schricker/Dietz § 14 Rn. 20; Dieselhorst S. 123 f.; Federle S. 44; Grunert S. 177; Metzger S. 10; Schilcher S. 64 f.; Thies UFITA 2007, 741, 750; Wallner S. 133; v. Welser S. 41. 211 Schilcher S. 65. 212 Schilcher S. 65; v. Welser S. 41. 213 Schricker/Dietz § 14 Rn. 19; Federle S. 44; Schilcher S. 65. 214 Schricker/Dietz § 14 Rn. 22.
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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3. Stellungnahme
Dem Wortlaut des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ ist nicht direkt eine Differenzierung zwischen den einzelnen Eingriffsarten zu entnehmen. Die Entstehungsgeschichte der Norm zeigt gleichwohl, dass die „sonstige Beeinträchtigung“ eigens eingefügt wurde, um Umfeldeinwirkungen zu erfassen.215 Zu bedenken ist aber, dass auch tief greifende Werkverfälschungen durch Umwelteinwirkungen möglich sind. Diese wären dann, genauso wie geringfügige Werkänderungen, unter die „andere Beeinträchtigung“ zu subsumieren und nicht als Entstellung zu werten. So käme es zu einer rechtlichen Ungleichbehandlung von vergleichbar starken Werkeingriffen, die sich nicht in ihrer Intensität, sondern allein in ihrer Art unterscheiden. Der Grenzfall Werbeunterbrechung in Film- und Fernsehwerken macht zudem deutlich, dass eine genaue Abgrenzung zwischen direkten und indirekten Eingriffen nicht immer möglich ist.216 Die Rechtsprechung und der Teil der Lehre, die nur direkte Eingriffe unter den Begriff der Änderung in den §§ 39, 62 UrhG subsumieren, verkennen, dass in der Praxis alle Arten von Vereinbarungen über das Integritätsrecht, also auch Vereinbarungen über indirekte Eingriffe, erforderlich und üblich sind.217 Eine Differenzierung nach den verschiedenen Eingriffsarten ist im Ergebnis abzulehnen, da im Einzelfall eine genaue Abgrenzung nicht möglich ist und es der Rechtsprechung nicht gelungen ist, klare Unterscheidungsmerkmale herauszuarbeiten. Sie kann zur rechtlichen Ungleichbehandlung gleich gelagerter Fälle führen und ginge im Falle der Änderungsvereinbarungen an den Bedürfnissen der Praxis vorbei. Die nötige Rechtssicherheit und Rechtsklarheit schafft die Berücksichtigung der unterschiedlichen Intensität der Eingriffe bei der Interessenabwägung.
Dazu Adeney Rn. 7.19 ff. Schricker/Dietz § 14 Rn. 25. Siehe a. Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 9, der darin einen indirekten Eingriff sieht; wohingegen Pfeifer GRUR Int. 1995, 25, 30 und Schilcher S. 78 darin einen direkten Eingriff sehen. 217 So a. v. Welser S. 41. 215 216
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IV. Der Beurteilungsmaßstab Die Beurteilung, ob eine Beeinträchtigung des Werkes vorliegt, erfolgt an Hand eines objektiven Maßstabs.218 Für die Annahme einer Entstellung oder Beeinträchtigung reicht es nicht aus, dass der Urheber behauptet, sein Werk sei durch einen bestimmten Eingriff herabgesetzt worden.219 Entscheidend ist das verobjektivierte Urheberinteresse. Eine Bewertung der abstrakten künstlerischen Qualität ließe sich nicht mit der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Natur des § 14 UrhG vereinbaren.220 Deshalb ist ein Interesse der Allgemeinheit am Erhalt des Kunstwerkes nicht in die Erwägungen miteinzubeziehen. Bei der Beurteilung, ob eine Änderung des ästhetischen Gesamteindrucks vorliegt, ist auf das Durchschnittsurteil eines mit dem jeweiligen Schaffensgebiet vertrauten Menschen abzustellen.221 Ist der Richter mit dem Schaffensgebiet selbst ausreichend vertraut, so kann er die Bewertung selbst vornehmen, ansonsten muss er einen Sachverständigen hinzuziehen.222
V. Die Entstellung und Beeinträchtigung von Werken der bildenden Kunst Im amerikanischen Recht erfahren ausschließlich Werke der bildenden Kunst gesetzlichen Integritätsschutz.223 Im Hinblick auf einen späteren Vergleich lohnt es sich deshalb, den Schutz dieser Werke im deutschen Recht näher zu betrachten. Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 10; v. Gramm § 14 Rn. 8; Möhring/Nicolini/ Kroitzsch § 14 Rn. 8; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 5. S.o. S. 46. 219 LG München ZUM-RD 2000, 308, 310 f. 220 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 6. 221 BGH GRUR 1974, 675, 677 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1982, 369, 371 – Allwetterbad; BGH GRUR 1982, 107, 110 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG München GRUR 1986, 460, 462 – Die unendliche Geschichte; LG Berlin GRUR 2007, 964, 967 – „Hauptbahnhof“. 222 BGH GRUR 1974, 675, 677 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1982, 107, 110 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG München GRUR 1986, 460, 462 – Die unendliche Geschichte; LG Berlin GRUR 2007, 964, 967 – „Hauptbahnhof“. 223 Siehe S. 228 ff. 218
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Werke der bildenden Kunst können durch Übermalen, auch in künstlerischer Absicht, entstellt werden.224 Übermalt daher ein Hauseigentümer ein Wandfresko, das nackte Sirenen zeigt, an den entscheidenden Stellen, liegt darin eine Entstellung.225 Ähnlich ist der Fall zu bewerten, bei dem eine öffentlich ausgestellte Pferdeplastik mit politischen Parolen und Symbolen bemalt wird.226 Das Zerteilen oder die Veränderung der Form, des Formats oder des Volumens eines Werkes kann ebenso entstellend wirken.227 Als Beispiel sei das 44-seitige Malerbuch des Künstlers Anselm Kiefer genannt; dieses wurde in Einzelteile zerlegt, auf feste Träger gezogen und weiterveräußert.228 Die Bemalung eines Rahmens im Stil der eingerahmten Bilder oder Reproduktionen, so dass diese vergrößert werden, hat entstellende Wirkung.229 Eine Entstellung besteht im Auffüllen offener Pyramidenstümpfe einer Skulptur mit Kies und Beton.230 Sie kann ferner in der Trennung körperlich isolierter Werkteile liegen, die in einem inneren Bezug zueinander stehen.231 So hatte der Künstler Herbert Hajek ein Gesamtkunstwerk bestehend aus Skulpturen, Strukturfeldern, Farbwegen und Farbmusterungen geschaffen, welches der Eigentümer zum Teil abgebaut hat.232 Keine Entstellung wird in der Verfremdung eines Kunstwerkes mit filmtechnischen Mitteln gesehen, da der Zuschauer erkennen kann, dass diese nicht vom Urheber stammen.233 Parodien und andere Formen der Paraphrase können ebenfalls zu einer Entstellung des Werkes führen, soweit sie nicht den Grad einer Thomas Baumgärtel besprühte die Skulptur „Ruhender Verkehr“ von Wolf Vostell in künstlerischer Absicht mit Bananen, dazu Bullinger S. 91 mit Abbildung S. 270. 225 RGZ 79, 397 – „Felseneiland mit Sirenen“. 226 LG Mannheim GRUR 1997, 364, 365 – Freiburger Holbein-Pferd. 227 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 8. 228 Siehe dazu Bullinger S. 98 f. 229 BGH GRUR 2002, 532, 543 – Unikatrahmen [Der BGH ging in dem Fall allerdings von einer Beeinträchtigung aus, weil er indirekte Werkeingriffe nicht als Entstellungen auffasst.] 230 OLG Celle ZUM 1994, 437 – „Pyramidenstümpfe“. 231 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 40; Bullinger S. 99 f. 232 LG München NJW 1982, 655 – „Hajek/ADAC I“. 233 LG München ZUM-RD 2000, 308, 310 f. 224
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
freien Benutzung (§ 24 UrhG) erreichen.234 Kunstfälschungen und Plagiate sind in besonderem Maße geeignet, die Integrität des ursprünglichen Werkes zu verletzen.235 Genauso führt die unsachgemäße Restauration eines Originalwerkes der bildenden Kunst zu einer Entstellung.236 Werden Beschädigungen des Werkes oder durch den Alterungsprozess eingetretene Veränderungen desselbigen durch sachgemäße restauratorische Maßnahmen beseitigt, hat dies regelmäßig die Verfälschung des Werkes zur Folge, die eine Beeinträchtigung oder, wenn sie tief greifend ist, eine Entstellung darstellt.237 Denn ein künstlerischer Prozess kann nicht wiederholt werden. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Künstler den natürlichen Verfall vorgesehen hat.238 Im Übrigen darf Graffiti-Kunst nicht entstellt werden, da sie dem Integritätsschutz unterliegt. Diese kann jedoch, soweit sie dem Eigentümer aufgedrängt wurde, vernichtet werden.239 Die Mauer-Bilder sind ein gutes Beispiel dafür.240 Ortsbezogene Werke der bildenden Kunst werden meist durch verfälschende Umwelteinflüsse entstellt oder beeinträchtigt.241 Deshalb liegt eine Entstellung vor, wenn eine ortsbezogene Stahlgroßplastik von ihrem öffentlichen Standort auf einen nicht öffentlich zugänglichen Bauhof verbracht wird.242 Eine Gartenanlage, welche ein Werk Vgl. BGH GRUR 1994, 191, 193 – Asterix-Persiflagen; BGH GRUR 1994, 206, 208 – Alcolix; OLG Frankfurt ZUM 1996, 97, 99 – „Kondomverpackung“; Schricker/Dietz § 14 Rn. 11d; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 37. 235 So wurde z.B. die Bronze „Ile de France“ des Bildhauers Aristide Maillol von einem unbekannten Fälscher schlecht kopiert und verkauft, Fromm/Nordemann/ Hertin § 14 Rn. 9a; Bullinger S. 94 f. mit Abbildung S. 261. 236 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 41; Hamann FuR 1976, 166, 167. 237 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 41; Bullinger S. 101 f.; vgl. a. Grohmann S. 193 f. 238 Bullinger S. 102; van Waasen S. 94 f. 239 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 30; Bullinger S. 112 ff.; Schack Rn. 360; van Waasen S. 168 f.; vgl. S. 50. 240 BGH GRUR 1995, 673, 675 – Mauer-Bilder; KG Berlin GRUR 1994, 212 – Mauerbilder. 241 Schricker/Dietz § 14 Rn. 23a; Bullinger S. 115 ff.; a.A. OLG Schleswig ZUM 2006, 426, 427. 242 OLG Hamm ZUM-RD 2001, 443, 444 – „Stahlgroßplastik“; a.A. Dreier/ Schulze/Schulze § 14 Rn. 36, der nur eine Entstellung annehmen will, wenn das Kunstwerk an einem anderen Ort öffentlich aufgestellt wird und nicht, wenn es 234
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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der bildenden Kunst darstellt, kann durch das Aufstellen einer Skulptur von erheblichem Ausmaß beeinträchtigt werden, sofern diese zu einer Störung der Wahrnehmbarkeit der Gartenanlage führt.243 Zu einer Integritätsrechtsverletzung kann es ferner kommen, wenn das Werk in einem veränderten, vielleicht sogar herabwürdigenden Sachkontext präsentiert wird.244 Am besten verdeutlicht dies der Fall der Ausstellung „Entartete Kunst“ im Münchner Hofgarten im Jahr 1937. Durch das Thema der Ausstellung und die Präsentation der Werke mit abwertenden Kommentaren wurden die Werke ohne Substanzeingriff zutiefst herabgewürdigt und damit entstellt.245 Wird ein Werk der bildenden Kunst des Künstlers René Magritte auf einer Kondomverpackung abgebildet, wirkt dies beeinträchtigend.246
VI. Das Erfordernis einer gröblichen Entstellung oder Beeinträchtigung bei Filmwerken Das Recht des Urhebers, Entstellungen und Beeinträchtigungen seines Werkes zu verbieten, erfährt durch § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG bei Filmwerken eine Modifizierung. Der Urheber eines Filmwerkes oder eines zu seiner Herstellung benutzten Werkes kann sich nur gegen gröbliche Entstellungen und andere gröbliche Beeinträchtigungen seines Werkes zur Wehr setzen. Gröblich ist eine Entstellung oder Beeinträchtigung, wenn sie in besonders starker Weise in die von § 14 UrhG geschützten Interessen des Urhebers eingreift.247 Der Begriff der gröblichen Entstellung bzw. Beeinträchtigung ist, wie sich noch zeigen wird, sehr schwammig. Deshalb sollte die Intensität des Ein-
nur aus dem Verkehr gezogen wird, bspw. in einem Archiv gelagert wird. Vgl. den Fall des Abbaus einer auf einem öffentlichen Platz aufgestellten Lenin Statue. Der Abbau wurde vom LG Berlin als Werkvernichtung betrachtet, LG Berlin LKV 1992, 312 – „Lenin Denkmal“. 243 KG Berlin NJW-RR 2001, 1201, 1202 – „Gartenanlage“. 244 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 15; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 47; Bullinger S. 119 ff. 245 Bullinger S. 121. 246 OLG Frankfurt ZUM 1996, 97, 99 – „Kondomverpackung“. 247 OLG München GRUR 1986, 460, 461 – Die unendliche Geschichte; KG Berlin GRUR 2004, 497, 498 – Schlacht um Berlin.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
griffs besser bei der Interessenabwägung berücksichtigt werden. Genauere Ausführungen sind dem dritten Kapitel zu entnehmen.248 Dort wird § 93 Abs. 1 UrhG als Ergänzung und Ausnahme von § 14 UrhG ausführlich behandelt.
VII. § 14 UrhG als Rechtsgrundlage für ein Vernichtungsverbot Gerade im Urheber-Eigentümer-Verhältnis ist es von großer Relevanz, ob § 14 UrhG dem Urheber Schutz vor Werkvernichtung bietet. Dies wird besonders deutlich, wenn der Eigentümer die Vernichtung eines Unikats der bildenden Kunst anstrengt.249 Mit der Vernichtung der einzigen Verkörperung des Werks hört das Werk als Immaterialgut auf zu existieren. Das geistige Band zwischen Urheber und Werk gibt es nicht mehr. Insgesamt dürfte dem Urheber viel daran liegen, dass sein „geistiges Kind“ nicht von Dritten, vielleicht sogar mutwillig, zerstört wird. Er hat viel Arbeit und Mühe in den Schöpfungsprozess investiert. Ein Teil seiner Persönlichkeit ist darin „verarbeitet“. Durch das Werk will er sich der Außenwelt mitteilen, sein Ansehen und seinen Ruf stärken. Zum Teil wird die Werkvernichtung als Form der „anderen Beeinträchtigung“ angesehen und ein Verbotsrecht aus § 14 UrhG abgeleitet. Andere wollen dagegen ein Zerstörungsverbot aus § 11 S. 1 UrhG herleiten, welchem sie den Charakter einer Generalklausel zuschreiben. Eine dritte Ansicht wählt den Weg über das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Mindermeinung sieht das Vernichtungsverbot im Recht auf Zugang zu Werkstücken (§ 25 UrhG) und im Folgerecht (§ 26 UrhG) begründet. Die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre lehnen das Zerstörungsverbot aus verschiedenen Gründen vollkommen ab.250 Siehe die Ausf. S. 147 ff. Jänecke S. 47. 250 RGZ 79, 397, 401 – „Felseneiland mit Sirenen“; KG Berlin GRUR 1981, 742, 743 – Totenmaske; LG Berlin UFITA 1931, 258, 263 – Edenhotel; LG Berlin LKV 1992, 312 – „Lenin Denkmal“; LG München NJW 1982, 655 – „Hajek/ ADAC I“; LG München NJW 1983, 1205 – „Hajek/ADAC II“; LG Hamburg 248 249
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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1. Die Werkvernichtung als „andere Beeinträchtigung“ im Sinne des § 14 UrhG 1.1. Argumente für die Erfassung der Werkvernichtung durch § 14 UrhG
Eine Meinung in der Literatur, zu der u.a. Dietz, Hertin, Schack und Schulze zählen, fasst die Werkvernichtung unter § 14 UrhG und sieht diese als besonders starke Form bzw. äußersten Fall der „anderen Beeinträchtigung“ an.251 Die Werkvernichtung als besonders schwerwiegende Form der Beeinträchtigung und die geistigen Interessen des Urhebers in besonderem Maße verletzend, müsse erst Recht in den Anwendungsbereich der Norm fallen.252 Oft könne eine genaue Abgrenzung zwischen Beeinträchtigung und Vernichtung gar nicht vorgenommen werden.253 Die Beseitigung eines ortsbezogenen öffentlichen Kunstwerkes sei beispielhaft dafür.254 Ihrer Ansicht nach sei es richtig, dass der Gesetzgeber laut der amtlichen Begründung zum UrhG keine gesonderte Norm zum Schutz von Werken der bildenden Kunst vor Vernichtung im öffentlichen Interesse schaffen wollte. Dies schließe aber gerade nicht aus, in einer Werkvernichtung eine Beeinträchtigung im Sinne des § 14 UrhG zu
GRUR 2005, 673 – Astra-Hochhaus; Ebling/Schulze/W.Nordemann Rn. 117; v. Gramm § 14 Rn. 11; Goldmann GRUR 2005, 639, 643; Heath, FS Schricker, S. 459, 473; Hubmann S. 165 f.; siehe a. BVerfG NJW 2005, 590, 591. 251 OLG Hamm ZUM-RD 2001, 443, 446 – „Stahlgroßplastik“; Dreier/Schulze/ Schulze § 14 Rn. 27; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 18; Schricker/Dietz § 14 Rn. 38; Dieselhorst S. 125; Dietz, S. 112; Honscheck GRUR 2007, 944, 950; Metzger S. 11; Movessian UFITA 95 (1983), 77, 85, 88 f.; Samson UFITA 47 (1966), 1, 37; Schack Rn. 358; ders. GRUR 1983, 56, 57; Schilcher S. 83 ff.; Schöfer S. 139; van Waasen S. 154 f.; Wachshöfer, FS Hubmann, S. 469, 474 f.; ähnlich Richard/Junker GRUR 1988, 18, 24 und Erdmann, FS Piper, S. 655, 673, die das Vernichtungsverbot aus dem Schutzzweck und Regelungsgehalt der §§ 39, 14 UrhG ableiten. 252 Metzger S. 11; Schack Rn. 358; ders. GRUR 1983, 56, 57; Samson UFITA 47 (1966), 1, 37. Gegen den Erst-Recht-Schluss, Honscheck GRUR 2007, 944, 949. 253 Siehe das Bsp. „Beuys’sche Badewanne“ bei Hamann FuR 1976, 166. Auf die Abgrenzungsschwierigkeiten weisen hin, Dieselhorst S. 125; Schöfer S. 140; Schack Rn. 358; van Waasen S. 155. 254 OLG Hamm ZUM-RD 2001, 443, 446 – „Stahlgroßplastik“; Schricker/Dietz § 14 Rn. 37a.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
sehen.255 Zudem werde das Sacheigentum vor Zerstörung geschützt, ohne dass § 903 BGB dies ausdrücklich regle.256 Deshalb könne ein Zerstörungsverbot nicht mit dem Argument abgelehnt werden, das UrhG regle die Werkvernichtung nicht ausdrücklich. Zur Beantwortung der Frage, ob eine Vernichtung des Werkes im Einzelfall zulässig ist, nehmen die Vertreter dieser Ansicht eine Abwägung des Erhaltungsinteresses des Urhebers mit dem Zerstörungsinteresse des Eigentümers (bzw. Dritter) vor.257 Entscheidend bei der Abwägung sei, ob es sich bei dem Werk um ein Original oder eine Vervielfältigung handele, für welchen Zweck das Werk geschaffen wurde, die Gestaltungshöhe des Werkes und dessen künstlerischästhetischer Rang.258 Werke der „kleinen Münze“ oder Werke, die primär einem bestimmten Gebrauchszweck dienen, würden deshalb grundsätzlich keinen Vernichtungsschutz genießen.259 Bei Bauwerken und mit dem Boden fest verbundenen Großplastiken sei von einem Vorrang des Gebrauchsinteresses des Eigentümers auszugehen.260 Ebenso verhalte es sich, wenn ein Werk mit einem beweglichen oder unbeweglichen Gebrauchsgegenstand fest verbunden sei.261 Bei Unikaten der bildenden Kunst überwiege in der Regel das Interesse des Urhebers am Erhalt seines Werkes, insbesondere dann, wenn die Zerstörung mutwillig oder in Schädigungsabsicht erfolge.262 Die Zulässigkeit der Werkvernichtung könne sich darüber hinaus aus einer Einwilligung des Urhebers ergeben.263 Ferner könnten Eigentümer und Urheber vereinbaren, dass das Werk nicht zerstört werden
Dieselhorst S. 125; Schilcher S. 84; Schöfer S. 151 f. Schöfer S. 141. 257 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 28; Schricker/Dietz § 14 Rn. 38; van Waasen S. 156. 258 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 28; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 18; Schricker/Dietz § 14 Rn. 38, 31; Schöfer S. 156 ff.; van Waasen S. 157 ff.; vgl. a. Schulze, FS Dietz, S. 177, 181. 259 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 18; Metzger S. 11; Schack Rn. 359; siehe a. Jänecke S. 157 f. 260 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 28; Schricker/Dietz § 14 Rn. 40; siehe a. Jänecke S. 167 f. 261 Schack GRUR 1983, 56, 58; van Waasen S. 157. 262 Schricker/Dietz § 14 Rn. 38a; siehe a. Jänecke S. 177 f. 263 Schricker/Dietz § 14 Rn. 38a; siehe a. Jänecke S. 145. 255 256
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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darf.264 Habe das Werk einen persönlichkeitsrechtlichen Bezug zum Sacheigentümer, z.B. Portraits des Eigentümers oder ihm nahe stehender Personen und persönliche Briefe, überwiege regelmäßig sein Vernichtungsinteresse.265 Bei aufgedrängten Kunstwerken, wie Graffitis, gehe grundsätzlich das Interesse des Eigentümers vor.266 Bei einem Überwiegen des Erhaltungsinteresses des Urhebers, ist der Eigentümer ihrer Ansicht nach verpflichtet, dem Urheber sein Vorhaben mitzuteilen und ihm innerhalb einer angemessenen Frist die Rücknahme des Werkes – insbesondere wenn es sich um ein hochwertiges Originalwerk handle – zum Materialwert oder zumindest die Ausübung seines Zugangsrechts zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken anzubieten.267 Die Vertreter dieser Ansicht schlagen daher die Führung eines Registers bei den Verwertungsgesellschaften vor, in welchem der Name, die Adresse und das Kunstwerk der Urheber verzeichnet sind.268 Ein Verstoß des Eigentümers gegen diese Verpflichtung solle zum Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens gemäß § 97 Abs. 2 UrhG führen.269 1.2. Argumente gegen die Erfassung der Werkvernichtung durch § 14 UrhG Die Rechtsprechung 270 und ein Teil der Lehre,271 darunter Bullinger und Kroitzsch, sind der Ansicht, § 14 UrhG schütze den Urheber Schricker/Dietz § 14 Rn. 38a; siehe a. Jänecke S. 220 f. Schricker/Dietz § 14 Rn. 38a; Schack GRUR 1983, 56, 58; van Waasen S. 166 ff. 266 BGH GRUR 1995, 673, 675 – Mauer-Bilder; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 30; Schricker/Dietz § 14 Rn. 37a; Schack Rn. 359; ders. GRUR 1983, 56, 60. Siehe Hoffmann NJW 1985, 237 zu dem Fall des Schweizer Künstlers Harald Naegeli, der als „Sprayer von Zürich“ bekannt wurde. S.o. S. 52. 267 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 28; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 18; Schricker/Dietz § 14 Rn. 38a f.; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 103; Schack GRUR 1983, 56, 57 f.; Schöfer S. 164 f.; Honscheck GRUR 2007, 944, 950; van Waasen S. 171 ff. 268 Schöfer S. 165; van Waasen S. 175; dazu a. Jänecke S. 163 f. 269 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 18; van Waasen S. 175 f. 270 OLG München NJW 1982, 655 – „Hajek/ADAC I“; OLG München NJW 1983, 1205 – „Hajek/ADAC II“; OLG Schleswig ZUM 2006, 426, 427; LG Berlin LKV 1992, 312 – „Lenin Denkmal“; LG Hamburg GRUR 2005, 672, 674 – Astra-Hochhaus. 271 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn 6; Ebling/Schulze/ Nordemann Rn. 117; v. Gramm § 14 Rn. 11; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 264 265
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nicht vor der Zerstörung seines Werkes. Der Gesetzgeber habe kein Verbot der Werkvernichtung in § 14 UrhG aufnehmen wollen, was der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zu entnehmen sei.272 Deshalb sei der Eigentümer des Werkes nicht verpflichtet, das Werk zu erhalten oder zu restaurieren.273 Diesem könnten allein Duldungspflichten auferlegt werden. Oft seien die Grenzen zwischen dem zulässigen Unterlassen erhaltender Maßnahmen und der Werkvernichtung fließend. Daraus folge, dass der Eigentümer, wenn er schon zur passiven Vernichtung durch unsachgemäße Behandlung berechtigt sei, auch zur aktiven Zerstörung befugt sein müsse. Die Gegner eines in § 14 UrhG verankerten Zerstörungsverbots geben ebenfalls zu Bedenken, dass die Vernichtung als „ein Mehr“ begriffslogisch nicht in der Beeinträchtigung als „ein Weniger“ enthalten sein könne.274 Den Befürwortern wirft sie dabei eine überdehnte Auslegung des Beeinträchtigungsbegriffs vor.275 Allerdings müsste bei unersetzbaren Werken ein Weg gesucht werden, um die Vernichtung zu vermeiden.276 Weiter stellen sie darauf ab, dass § 14 UrhG das Interesse des Urhebers am unverfälschten Bestand seines Werkes schütze.277 Der Begriff Rn. 26; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 22; Bullinger S. 110 f.; Fechner S. 321; Goldmann GRUR 2005, 639, 643; Jänecke S. 86 f.; Schmelz GRUR 2007, 565, 568; ähnlich Grohmann S. 125, 130, der die bloße Zerstörung nicht unter die Beeinträchtigungsvariante des § 14 UrhG subsumiert; außer es handelt sich um eine willkürliche und mutwillige Zerstörung und es werden zusätzlich werkbezogene Urheberinteressen über die Vernichtung hinaus verletzt; zudem muss dann eine Interessenabwägung ein Einschreiten rechtfertigen. 272 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn. 6; Wandtke/Bullinger/ Bullinger § 14 UrhG Rn. 22; Bullinger S. 109; Grohmann, S. 126. Vgl. amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 260. 273 RGZ 79, 397, 401 – „Felseneiland mit Sirenen“; OLG München NJW 1983, 1205 – „Hajek/ADAC II“; v. Gramm § 14 Rn. 13; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 24; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 22; Jänecke S. 101; Paschke GRUR 1984, 858, 867. 274 So z.B. Schmelz GRUR 2007, 565, 568. 275 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 24. 276 Vgl. BGH GRUR 1995, 673, 675 – Mauer Bilder. 277 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 23; Bullinger S. 109 f.; Jänecke S. 87.
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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der Entstellung und Beeinträchtigung beziehe sich allein auf den Zustand des Werkes und nicht auf die Urheber-Werk-Beziehung. Folglich sei eine Störung dieser Beziehung nicht ausreichend, um zu einer Anwendung des § 14 UrhG zu gelangen, solange nicht eine Entstellung oder andere Beeinträchtigung des Werkes vorliege. Von einer Werkbeeinträchtigung könne allerdings nur solange gesprochen werden, wie das Werk an sich existiere. Mit der Vernichtung werde gleichzeitig dessen Verfälschung beseitigt. Somit betreffe die Werkvernichtung nicht das Interesse des Urhebers am Erhalt des Werkes in unverfälschter Form, sondern allein dessen Interesse am Fortbestand des Werkes. Bestätigt werde diese Ansicht dadurch, dass die Rechtsprechung auf die Werkvernichtung verweise, um eine Entstellung nach § 97 Abs. 1 UrhG zu beseitigen.278 Durch die Einbeziehung der Werkvernichtung in den Schutz des § 14 UrhG würde der Eigentümer seiner wichtigsten Erfüllungsmöglichkeit, des Beseitigungsanspruchs aus § 97 Abs. 1 i.V.m. § 14 UrhG, beraubt.279 Der Eigentümer werde außerdem mit Informationspflichten belastet und wäre verpflichtet, einen möglicherweise hohen Aufwand zu betreiben, um den Urheber sein Werk zurückzugeben.280 Gleichwohl bewerten die Gegner die teilweise Zerstörung des Werkes als von § 14 UrhG erfasst, da hier Teile des Werkes erhalten blieben, die es in verfälschter Form darstellen.281 Das Werkfragment müsse dabei nicht mehr die Anforderungen an einen Urheberrechtsschutz erfüllen.282 Bezugspunkt sei allein das Werk in seiner ursprünglichen Form.
LG München NJW 1982, 655 – „Hajek/ADAC I“; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 23. 279 Bullinger S. 110. 280 Bullinger S. 110. 281 OLG München GRUR-RR 2001, 177, 178 – Kirchenschiff; LG Hamburg GRUR 2005, 672, 674 – Astra-Hochhaus; Ebling/Schulze/W. Nordemann Rn. 118; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 25. 282 OLG München GRUR-RR 2001, 177, 178 – Kirchenschiff; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 25; krit. Schulze, FS Dietz, S. 177, 188 f. 278
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
2. Der Schutz vor Werkvernichtung über die Generalklausel des § 11 S. 1 UrhG 2.1. Argumente für ein aus § 11 S. 1 UrhG abgeleitetes Zerstörungsverbot
Eine weitere Ansicht in der Literatur, zu der Ulmer gezählt werden kann, will ein Vernichtungsverbot aus dem allgemeinen Urheberpersönlichkeitsrecht herleiten, das sie in der Generalklausel des § 11 S. 1 UrhG normiert sieht.283 Dieses Urheberpersönlichkeitsrecht im weiten Sinne sei ein das UrhG „überlagernder und überwölbender Grundgedanke“.284 Ihre Sichtweise gründet auf folgenden Überlegungen: Die persönlichkeitsrechtlichen Einzelbefugnisse hätten keinen abschließenden Charakter, sondern würden bestimmte typische Interessenkonstellationen normieren. Der Generalklausel des § 11 S. 1 UrhG komme daneben eine Art Auffangfunktion für Einzelfälle zu, die nicht von den anderen Einzelbefugnissen erfasst seien, aber dennoch in die geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers eingreifen würden.285 Allerdings müsse die negative Tatbestandswirkung der Einzelbefugnisse beachtet werden. Durch die Anwendung der Generalklausel dürfe die Wertung des Gesetzgebers nicht unterlaufen werden, der durch die Ausgestaltung der Einzelbefugnisse bestimmte Eingriffe in die Interessen des Urhebers gerade nicht verbieten wollte.286 Insofern bedürfe es einer systemwidrigen Regelungslücke. In der Werkvernichtung sehen die Anhänger dieser Ansicht eine Verletzung des geistigen Urheberinteresses. Das persönliche Interesse des Urhebers am Werk bestehe darin, dass es seine Persönlichkeit widerspiegele, wie er sie durch den Schöpfungsprozess in seinem Werk zum Ausdruck gebracht habe.287 Damit schütze das UrheberpersönlichJänecke S. 106; Schmelz GRUR 2007, 565, 570 f.; siehe a. Ulmer § 38 II 1, S. 209; § 41 III 1, S. 220, der ein Vernichtungsverbot aus dem allgemeinen Schutz der geistigen Interessen herleitet, welcher seiner Ansicht nach in § 11 UrhG verankert ist, ebenso Tölke S. 91 f. Vgl. a. Erdmann, FS Piper, S. 655, 673, der das Vernichtungsverbot aus dem Regelungsgehalt der §§ 14, 39 UrhG ableitet. 284 Schmelz GRUR 2007, 565, 570. 285 Schmelz GRUR 2007, 565, 570. 286 Jänecke S. 93 f. 287 Vgl. Grunert S. 209. 283
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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keitsrecht Ansehen, Ruf und Ehre und die Beziehung des Urhebers zum Werk, vergleichbar mit Art. 6bis Abs. 1 RBÜ. Eine Beeinträchtigung der persönlichen Interessen liege in der Vernichtung des Werkes nicht. Ein vernichtetes Werk könne kein falsches Bild der Persönlichkeit in die Öffentlichkeit transportieren; das Werk werde schließlich nicht mehr von der Öffentlichkeit wahrgenommen.288 § 11 S. 1 UrhG schütze aber ebenfalls die geistigen Interessen des Urhebers und stelle insofern eine Schutzerweiterung gegenüber Art. 6bis Abs. 1 RBÜ dar.289 Die geistigen Interessen des Urhebers würden sich nicht auf die Person des Urhebers, sondern auf sein Werk als geistiges Produkt beziehen.290 Mit der Vernichtung des Werkoriginals werde das geistige Band zerschnitten, welches den Urheber mit seinem Werk verbinde und welches das Urheberrecht gerade schütze.291 Ferner ende die Wirkungsmacht des Werkes mit seiner Zerstörung; der Künstler könne sich durch sein Werk der Öffentlichkeit nicht mehr mitteilen.292 Aber gerade in dieser Kommunikation und Informationsvermittlung bestehe die eigentliche Intention des Werkschaffenden. Sie sei Teil des geistigen Interesses des Urhebers, da sie direkt auf das Werk bezogen sei. Die Werkzerstörung stelle daher den stärksten Eingriff in die werkbezogenen Interessen des Urhebers dar.293 Zudem ist ihrer Meinung nach grundlegender Schutzgegenstand des Urheberpersönlichkeitsrechts die ideelle Urheber-Werk-Beziehung, was sich der amtlichen Begründung zu den §§ 11, 14 UrhG entnehmen lasse.294 Diese Beziehung setze den Bestand des Werkes voraus, in logischer Konsequenz müsse deshalb der Bestand des Werkes selbst Urheberpersönlichkeitsschutz genießen.295 Da dieser Schutz dem Regelungsbereich und dem Schutzzweck der Einzelbefugnisse nicht zu entnehmen sei, bestehe eine systemwidrige Regelungslücke, welche durch einen Rückgriff auf die Generalklausel des § 11 S. 1 UrhG geJänecke S. 95; Schmelz GRUR 2007, 565, 570. Jänecke S. 95; Schmelz GRUR 2007, 565, 570. 290 Vgl. Ulmer § 38 II 1, S. 209. 291 Jänecke S. 97; Schmelz GRUR 2007, 565, 570; vgl. a. Schöfer S. 144; Tölke S. 90. 292 Jänecke S. 97; Schmelz GRUR 2007, 565, 570. 293 Jänecke S. 97; vgl. a. Schilcher S. 84. 294 Vgl. amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 257. 295 Jänecke S. 98; Schmelz GRUR 2007, 565, 571. 288 289
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
schlossen werden könne.296 Dabei sei das Prüfungsverfahren des § 14 UrhG, insbesondere die in jedem Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung, anzuwenden.297 2.2. Argumente gegen ein aus § 11 S. 1 UrhG abgeleitetes Zerstörungsverbot
Diese Begründung des Vernichtungsverbots widerspricht der Auffassung, u.a. Bullingers, § 11 S. 1 UrhG gewähre dem Urheber keine Rechte, sondern enthalte lediglich eine allgemeine Umschreibung des Schutzgegenstandes des Urheberpersönlichkeitsrechts.298 Das über § 11 S. 1 UrhG begründete Recht gegen Vernichtung wird wegen der negativen Tatbestandswirkung der werkintegritätsschützenden Normen (§§ 14, 39, 62, 93 Abs. 1 UrhG) abgelehnt. Die Normen des UrhG regelten, die Eingriffe Dritter in das Werk abschließend.299 Alle nicht erfassten Fälle, wie die Werkvernichtung, würden insofern keine Regelungslücke darstellen, sondern seien vom Gesetzgeber bewusst nicht geregelt worden. Der Schutz vor Werkvernichtung unterliefe daher die gesetzliche Wertung. 3. Der Schutz vor Werkvernichtung über das allgemeine Persönlichkeitsrecht
Bullinger und ein paar andere Autoren sehen den Schutz vor Vernichtung von Originalwerken im allgemeinen Persönlichkeitsrecht begründet; deren Zerstörung bedeute einen gravierenden Eingriff in die persönliche Sphäre des Urhebers.300 Diese Ansicht geht von der Auffang- und Ergänzungsfunktion des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus. Grundsätzlich gehe das Urheberpersönlichkeitsrecht als Spezialregelung dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vor. Treffe das UrhG allerdings, wie im Fall der
Jänecke S. 98. Jänecke S. 143; Schmelz GRUR 2007, 565, 571. 298 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 11 UrhG Rn. 1; Grohmann S. 125. 299 Grohmann S. 126; so wohl a. v. Gramm § 14 Rn. 11. 300 Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 17, § 14 UrhG Rn. 24; Erdmann, FS Piper, S. 655, 674; Fechner S. 323; vgl. BVerfG NJW 2005, 590, 591. 296 297
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Werkvernichtung, keine Regelung und bestehe insofern eine Schutzlücke, könne diese durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschlossen werden.301 Dabei verstärke das Urheberpersönlichkeitsrecht den Schutz des Urhebers, verhindere aber gleichzeitig nicht einen weitergehenden Schutz aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.302 3.1. Der Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
Das verfassungsrechtliche allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entwickeltes, eigenständiges Grundrecht. Es wird aus der allgemeinen Handlungsfreiheit Art. 2 Abs. 1 GG und der Menschenwürde Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitet.303 Durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird die enge Persönlichkeitssphäre des Einzelnen mit dem Ziel der Sicherung von Autonomie und Selbstbestimmung in besonderem Maße und in grundlegender Weise geschützt.304 Dahinter steht der grundsätzliche Gedanke, dass Verhaltensweisen, die in einem engen Zusammenhang mit der Menschenwürde stehen, eines über die allgemeine Handlungsfreiheit hinausgehenden Schutzes bedürfen. Dabei lassen sich verschiedene Aspekte des Schutzbereichs ausmachen: Die enge persönliche Lebenssphäre, das Recht auf (informationelle) Selbstbestimmung, das Recht, sich gegen fälschliche, herabsetzende und unerbetene Darstellungen und Wahrnehmungen der eigenen Person in der Öffentlichkeit zu wehren, das Recht am eigenen Bild und das Recht am eigenen Wort.305 Die Befürworter eines aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht hergeleiteten Vernichtungsverbots halten den Schutzbereich des Rechts eröffnet, sich gegen eine fälschliche, herabsetzende und unerbetene Darstellung und Wahrnehmung der eigenen Person in der Öffentlichkeit zu wehren. Diesem Recht gemäß soll der Einzelne selbst darüber entscheiden können, wie er sich gegenüber Dritten bzw. in der ÖffentWandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 17. Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 17. 303 Z.B. BVerfG NJW 1973, 891, 892 (= BVerfGE 34, 238); NJW 1973, 1221, 1223 (= BVerfGE 34, 269) – „Soraya“; NJW 1973, 1226, 1227 f. (= BVerfGE 35, 202) – „Lebach“; NJW 1980, 2070, 2071 (= BVerfGE 54, 148). 304 Degenhart JuS 1992, 361. 305 Degenhart JuS 1992, 361 f.; Pieroth/Schlink Rn. 373–377c. 301 302
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
lichkeit darstellen will, was seinen sozialen Geltungsanspruch ausmacht und in wie weit andere über seine Persönlichkeit verfügen können, indem sie ihn zum Gegenstand öffentlicher Erörterung machen.306 3.2. Der Eingriff in den Schutzbereich durch die Werkvernichtung
Der Schutz vor Werkvernichtung über das allgemeine Persönlichkeitsrecht setzt einen Eingriff in dessen Schutzbereich voraus. Durch eine Werkänderung entsteht in der Öffentlichkeit der falsche Eindruck, der Urheber habe das Werk in dieser Form geschaffen. Da das Werk Ausstrahlung der Persönlichkeit seines Schöpfers ist, wird unmittelbar in das Recht des Urhebers eingegriffen, selbst zu entscheiden, wie er sich in der Öffentlichkeit darstellen möchte und wie er von dieser wahrgenommen werden will. Folglich ist jede Werkänderung, die dem Schöpfer von der Allgemeinheit zugerechnet wird, ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht.307 Fraglich ist nun, ob dies auf die Werkvernichtung ebenfalls zutrifft. Jänecke ist der Ansicht, dass ein nicht mehr existentes Werk kein falsches Bild von der Persönlichkeit seines Schöpfers in die Öffentlichkeit transportiere und dem Ansehen des Urhebers nicht, wie bei der Werkveränderung, schade. Somit liege keine Verletzung der persönlichen Interessen des Urhebers und insofern kein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor.308 Dieser Schluss ist nicht zwingend.309 Vielmehr kann argumentiert werden, dass ein vernichtetes Werk durchaus ein falsches Bild von der Persönlichkeit des Urhebers an die Öffentlichkeit transportiert. Wird bspw. ein kulturell bedeutsames Unikat der bildenden Kunst zerstört, so sind die Reste der einzigen Werkverkörperung und damit das zerstörte Werk selbst von der Öffentlichkeit durchaus wahrnehmbar. Diese Wahrnehmung kann auf das Ansehen des Urhebers großen
BVerfG NJW 1980, 2072 (= BVerfGE 54, 208) – „Heinrich Böll“; NJW 1999, 1322 (= BVerfGE 99, 185) – „Fall Helnwein“; NJW 2000, 1021 (= BVerfGE 101, 361) – „Caroline von Monaco“. 307 Vgl. Grunert S. 209. 308 Jänecke S. 132. 309 Siehe dazu a. die Ausf. auf S. 71. 306
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Einfluss haben, z.B. kann der Eindruck entstehen das Werk sei es auf Grund der Person des Urhebers nicht wert erhalten zu bleiben. Nach der Ansicht Jäneckes liegt jedoch ebenfalls ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht vor. Er sieht den Bestand des Werkes als vom Schutzbereich des Rechts erfasst an, in den durch die Werkvernichtung eingegriffen wird. Jänecke leitet den Schutz aus dem Menschenwürdegehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ab.310 Der Mensch werde vor jeder Behandlung, die „Ausdruck der Verachtung des Wertes, der dem Menschen kraft seines Personseins zukommt“, geschützt.311 Den Schöpfer und sein Werk verbinde ein geistiges Band; denn es spiegle sich im Werk als persönliche Schöpfung ein Teil der Persönlichkeit des Werkschaffenden wieder. Am Fortbestand dieser Verbindung und dem Werk selbst bestehe folglich, auch unabhängig von dessen Wirkung in der Öffentlichkeit, ein starkes Interesse des Urhebers.312 Dieses Interesse am Werk, welches unabhängig von Ruf und Ansehen existiere, sei das geistige Interesse des Urhebers am Werk; durch die Werkvernichtung werde dieses Band zerstört und zugleich der Eigenwert der Person des Werkschaffenden herabgewürdigt.313 Jänecke ist zudem der Auffassung, dass der Schutz vor Werkvernichtung nur in den wenigen Extremfällen eines Eingriffs in die Menschenwürde des Werkschaffenden absolut ausgestaltet ist. Dies sei dann der Fall, wenn die Person des Werkschaffenden durch die Vernichtung des Werks zum bloßen Objekt degradiert und ihr jegliche Existenzberechtigung abgesprochen werde.314 In allen anderen Fällen ergebe sich aus der in Art. 1 Abs. 1 GG zum Ausdruck gebrachten Wertentscheidung für den Achtungsanspruch des menschlichen Eigenwerts, die bei der Auslegung des Schutzbereichs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts beachtet werden müsse, ein relativer Schutz vor Werkvernichtung.315 In jedem Einzelfall müsse dann im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung über die Zulässigkeit des Eingriffs und 310 311 312 313 314 315
Jänecke S. 133. Jänecke S. 133 mit Verweis auf BVerfG NJW 1971, 275 (= BVerfGE 30, 1). Jänecke S. 134. Jänecke S. 38, 134 Fn. 498; so a. Fechner S. 322. Jänecke S. 134. Jänecke S. 134 f.
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damit eine Beschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts entschieden werden.316 Im Ergebnis ist festzuhalten, dass durch die Werkvernichtung in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eingegriffen wird. Dabei kann die Verletzung darin liegen, dass das vernichtete Werk ein falsches Bild von der Persönlichkeit des Urhebers nach außen transportiert oder, dass das geistige Band zwischen Urheber und Werk zerstört wird. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht unterliegt der Schranke der verfassungsmäßigen Ordnung, d.h. der Gesamtheit der Normen, die formell und materiell mit der Verfassung in Einklang stehen. Die Rechtsprechung zieht die Schranken des Art. 2 Abs. 1 GG entsprechend heran.317 Insofern untersteht es faktisch einem einfachen Gesetzesvorbehalt. Der Menschenwürdegehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist jedoch unantastbar. Folglich kann dieser Kernbereich nicht eingeschränkt werden.318 Daher ist Jänecke zuzustimmen, wenn er den Schutz vor Werkvernichtung im Falle eines damit verbundenen Eingriffs in die Menschenwürde als absolut ansieht. In diesem Fall muss eine Erörterung der Schranken des allgemeinen Persönlichkeitsrechts unterbleiben. 3.3. Die Beschränkung des Schutzes durch gegenläufige Interessen
Wie bereits festgestellt, darf in das allgemeine Persönlichkeitsrecht allein auf Grund einer formellen gesetzlichen Grundlage eingegriffen werden. So können sich Einschränkungen insbesondere aus anderen Grundrechten ergeben. Es ist dann ein Ausgleich der jeweils von den Grundrechten geschützten, widerstreitenden Interessen unter Beachtung des Grundsatzes der praktischen Konkordanz anzustreben.319
Vgl. BVerfG NJW 1973, 891, 893 (= BVefGE 34, 238). BVerfGE 6, 32, 37 ff.; BVerfG NJW 1989, 2525 (= BVerfGE 80, 137); NJW 2000, 1021, 1023 (= BVerfGE 101, 361) – „Caroline von Monaco“; NJW 2001, 594, 595; ebenso Pieroth/Schlink Rn. 382 f. 318 BVerfG NJW 1990, 563 (= BVerfGE 80, 367). 319 BVerfG NJW 1962, 1667 (= BVerfGE 14, 263); NJW 1971, 1645 (= BVerfGE 30, 173). 316 317
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung ist wegen des hochrangigen und absoluten Grundrechts der Menschenwürde ein strengerer Maßstab als bei der allgemeinen Handlungsfreiheit anzulegen.320 Je schwerer ein Eingriff, desto gewichtiger müssen die gegenläufigen Interessen sein, die den Eingriff rechtfertigen sollen. Ein Eingriff in den unantastbaren Kernbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist immer rechtswidrig.321 Im Falle der Werkvernichtung sind das Interesse des Urhebers am Bestand seines Werkes aus Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG und das Interesse des Eigentümers am Schutz des Erworbenen (Bestandsgarantie) nach Art. 14 Abs. 1 GG in Ausgleich zu bringen. Zum Inhalt des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs gehört § 903 BGB, welcher dem Eigentümer das Recht gibt, mit seinem Eigentum nach Belieben zu verfahren.322 Damit unterliegt grundsätzlich auch die Vernichtung des Eigentums dem Bestandsschutz des Eigentümers aus Art. 14 Abs. 1 GG. Allerdings stehen dem Eigentümer am Werk als Immaterialgut keine Rechte zu, so dass sich der Bestandsschutz des Eigentümers ausschließlich auf das Werkstück bezieht. Daraus folgt, dass das Interesse des Eigentümers, sein Werkstück zu zerstören, dem Bestandsschutz untersteht, nicht aber das Interesse, das Werk selbst zu vernichten.323 Wird § 11 S. 1 UrhG als urheberpersönlichkeitsrechtliche Generalklausel begriffen, sind die persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers an seinem Werk abschließend im UrhG geregelt. Das UrhG würde in diesem Fall als Gesetz im formellen Sinne das allgemeine Persönlichkeitsrecht in verfassungsgemäßer Weise beschränken. Das urheberrechtliche Vernichtungsverbot kann dann aus der verfassungskonformen Auslegung des § 11 S. 1 UrhG hergeleitet werden.324 Ein Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht wäre überflüssig und im Übrigen nicht zulässig, da § 11 S. 1 UrhG als Spezialregelung vorginge.
Jänecke S. 132. BVerfG NJW 2001, 594 f. 322 Zum Inhalt des verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriffs, Pieroth/Schlink Rn. 901. 323 Jänecke S. 137. 324 Jänecke S. 141. 320 321
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Die verfassungskonforme Auslegung des § 11 S. 1 UrhG ergibt, dass ein gerechter Ausgleich mit dem grundrechtlich geschützten Interesse des Eigentümers gefunden werden kann, wenn in jedem Einzelfall eine Interessenabwägung durchgeführt wird, welche dem Urheber nicht pauschal, sondern bei überwiegendem Interesse ein Recht gegen Vernichtung gibt.325 Ebenso lässt sich daraus schließen, dass die Vernichtung eines Werkes durch einen Dritten grundsätzlich verboten sein muss. Hier überwiegt das Erhaltungsinteresse des Urhebers eindeutig, denn dem Dritten steht kein grundrechtlich geschütztes Interesse zu.326 Wird in § 11 UrhG dagegen eine Bestimmung gesehen, welche den Regelungsgehalt des Urheberrechts umschreibt und zum Ausdruck bringt, dass das Urheberrecht die materiellen und ideellen Interessen des Urhebers gleichermaßen schützt, ohne aber spezifische Rechte zu gewähren, so kann hierin keine Beschränkung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Hinblick auf die Werkvernichtung gesehen werden. Die Beschränkung ergibt sich dann direkt aus der Bestandsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG. Die gegenläufigen Verfassungsgüter müssen im Wege der praktischen Konkordanz gegeneinander abgewogen werden, d.h. im Rahmen einer Einzelfallabwägung ist beiden Grundrechten zu einer möglichst optimalen Geltung zu verhelfen. Bei dieser Interessenabwägung dürften aber im Wesentlichen dieselben Kriterien eine Rolle spielen, wie im Rahmen einer nach § 14 UrhG bzw. § 11 S. 1 UrhG durchzuführenden Interessenabwägung, wobei die Gestaltungshöhe und der Gebrauchszweck des Werkes die entscheidenden Aspekte sind. Letztendlich ist eine in jedem Einzelfall vorzunehmende Abwägung der grundrechtlich geschützten, widerstreitenden Interessen von Urheber und Eigentümer erforderlich, um die Wertentscheidungen des Grundgesetzes nicht zu missachten. Ob diese im Rahmen des § 11 S. 1 UrhG (mittelbare Drittwirkung der Grundrechte im Zivilrecht) oder durch die Anwendung des Grundsatzes der praktischen Konkordanz vorgenommen wird, ist nachrangig, weil dies zu keinem anderen Ergebnis führen würde.
325 326
Jänecke S. 142. Jänecke S. 142.
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4. Die Herleitung eines Zerstörungsverbots aus den §§ 25, 26 UrhG 4.1. Argumente für die Herleitung aus den §§ 25, 26 UrhG
Eine Mindermeinung leitet das Vernichtungsverbot aus dem in § 25 UrhG geregelten Zugangsrecht ab. § 25 UrhG gewährt dem Urheber gegenüber dem Besitzer des Originals oder eines Vervielfältigungsstücks seines Werkes ein Recht auf Zugang, um Vervielfältigungsstücke herzustellen oder soweit eine Bearbeitung des Werkes dies erfordert; jedoch dürfen die berechtigten Interessen des Besitzers nicht entgegenstehen.327 Mit der Vernichtung des Werkes wird das Recht des Urhebers auf Zugang vereitelt. Ihm ist es dann nicht mehr möglich, Vervielfältigungsstücke anzufertigen oder Bearbeitungen vorzunehmen. Deshalb wird z.B. von Hertin und Rehbinder vertreten, es bestehe ein Zerstörungsverbot, wenn mit der Vernichtung des Werkes ausschließlich das Recht auf Zugang vereitelt werden soll.328 § 26 UrhG beinhaltet das Folgerecht des Urhebers. Demnach steht dem Urheber bei Weiterveräußerung eines Originalwerkes der bildenden Kunst gegen den Veräußerer ein Anspruch auf 5 % des Veräußerungserlöses zu, sofern ein Kunsthändler oder Versteigerer als Erwerber, Veräußerer oder Vermittler an dem Geschäft beteiligt war. Denkbar wäre aus diesem Folgerecht ein Zerstörungsverbot mit der Begründung abzuleiten, mit der Vernichtung des Werkes werde der Anspruch des Urhebers auf eine Beteiligung am Verkaufserlös vereitelt.329 Größtenteils wird das Zugangsrecht zu den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen gezählt, obwohl es im Gesetz bei den „sonstigen Rechten“ eingeordnet ist. Für die Einordnung als UPR: Fromm/Nordemann/Hertin § 25 Rn. 1; Schricker/Vogel § 25 Rn. 7; Rehbinder Rn. 419, van Waasen S. 181, ähnlich Wandtke/Bullinger/Bullinger § 25 UrhG Rn. 1, der von einer Norm mit urheberpersönlichkeitsrechtlichem Einschlag ausgeht; a.A. Jänecke S. 89, der von dem Zugangsrecht die persönlichkeitsrechtlichen und vermögensrechtlichen Interessen des Urhebers gleichermaßen als geschützt ansieht. 328 Fromm/Nordemann/Hertin § 25 Rn. 6; Fechner S. 321 f.; Rehbinder Rn. 410. 329 Van Waasen S. 28 verweist auf von Opet, Der Wertzuwachs des bildenden Künstlers, Annalen des deutschen Rechts, 1913, S. 379, der ein Zerstörungsverbot aus § 26 UrhG ableitet. 327
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4.2. Argumente gegen die Herleitung aus den §§ 25, 26 UrhG
Die Ableitung des Vernichtungsverbots aus dem Zugangsrecht und dem Folgerecht wird größtenteils abgelehnt.330 Soweit das Werk allein zur Vereitlung des Rechts auf Zugang vernichtet werde, folge ein Vernichtungsverbot bereits aus dem Schikaneverbot des § 226 BGB.331 Viel gewichtiger als Gegenargument sei, dass der Gesetzgeber das Zugangsrecht bewusst an den Besitz als tatsächliche Sachherrschaft geknüpft habe. Diese ende zusammen mit dem Zugangsrecht, z.B. mit Übergabe des Werkes an einen Dritten oder eben mit dessen Zerstörung.332 Der Anspruch aus § 26 UrhG stehe dem Urheber nur im Falle der Weiterveräußerung an bestimmte Personen zu, ob es dazu jemals komme, obliege allein der Entscheidungsmacht des Eigentümers.333 Mit diesem Recht solle dem Urheber ein Teil des Veräußerungserlöses gesichert werden, da ein Werk der bildenden Kunst oft immense Wertsteigerungen erfahre, die der Urheber bei der Erstveräußerung nicht absehen könne und die er sich insofern durch den Verkaufserlös nicht bezahlen lassen konnte. Ein Zerstörungsverbot werde somit gerade nicht begründet. 5. Stellungnahme
§ 11 S. 1 UrhG und der amtlichen Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers umfassend schützen wollte.334 Die Werkvernichtung bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in die persönlichen und die geistigen Interessen des Urhebers. Würde der Urheber insoweit schutzlos gestellt, so fände die Intention des Gesetzgebers an einem möglichst umfassenden Schutz der ideellen Interessen, nur lückenhaft Berücksichtigung. Ein vom Urheber-
Jänecke S. 89 f.; Schack Rn. 369; van Waasen S. 28. Jänecke S. 89. 332 Jänecke S. 89; Schmelz UFITA 2005, 705, 760. 333 Van Waasen S. 28. 334 Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 242. 330 331
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persönlichkeitsrecht umfasstes Zerstörungsverbot ist deshalb zu bejahen. Der Ansicht, es liege in der Werkvernichtung kein Eingriff in die persönlichen Interessen des Urhebers, wird nicht gefolgt. Zum einen beinhaltet die Zerstörung eines Werkes zwangsläufig als Zwischenstufe – wenn auch nur für einen kurzen Augenblick – die Beeinträchtigung bzw. Entstellung des Werkes. Zum anderen verschwindet ein vernichtetes Werk in der Regel nicht einfach aus der öffentlichen Wahrnehmung. Es bleibt in Form seiner zerstörten Verkörperung zumindest für einen bestimmten, möglicherweise recht kurzen Zeitraum öffentlich sichtbar und macht dessen Geringschätzung oder Wertlosigkeit, die in der Vernichtung zum Ausdruck kommt, öffentlich wahrnehmbar. Diese Geringschätzung überträgt sich automatisch auf die Persönlichkeit des Urhebers, welche sich in dem Werk widerspiegelt und kann so durchaus dem Ansehen und dem Ruf des Urhebers Schaden zufügen. Wird ein Bauwerk abgerissen, so wird es einige Zeit dauern, bis der Bauschutt beseitigt ist. Für diesen Zeitraum bleiben die Reste des Werkes sichtbar und vermitteln der Öffentlichkeit den Eindruck, der Erhalt des Werkes sei es offensichtlich nicht wert gewesen und dies auch im Hinblick auf die Person des Urhebers. Umgekehrt wird ein Werk möglicherweise gerade wegen der Geringschätzung oder zur Herabsetzung der Person des Urhebers zerstört. Hier sei als Beispiel die Zerstörung von entarteter Kunst während des Nationalsozialismus zu nennen. Folglich ist das Argument nicht richtig, ein vernichtetes Werk könne überhaupt kein falsches Bild an die Öffentlichkeit vermitteln. Gerade in Fällen, in denen die Grenzen zwischen Beeinträchtigung und Zerstörung fließend sind, würde die Ablehnung eines Zerstörungsverbots zu unbilligen Ergebnissen führen. Die Vernichtung eines Werkes kann daher ebenso das öffentliche Ansehen des Künstlers im Bezug auf sein gesamtes Werkschaffen beeinträchtigen.335 Dieses Interesse wird allerdings nicht vom Urheberpersönlichkeitsrecht geschützt, welches immer einen bestimmten Werkbezug voraussetzt.336 Vgl. Schack GRUR 1983, 56, 57; Tölke S. 89; van Waasen S. 146. Vgl. BGH GRUR 1995, 668 – Emil Nolde; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 16; Jänecke S. 96; van Waasen S. 147; a.A. Richard/Junker GRUR 1988, 18, 24, welche die Bedeutung des Werkes für das Gesamtschaffen des Künstlers in die
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Die Herleitung eines Zerstörungsverbots aus dem Zugangsrecht und dem Folgerecht überzeugt am wenigsten. Beide Rechte dienen offensichtlich nicht dem Schutz des Urhebers vor der Werkzerstörung. Inhalt und Zweck der Rechte können dem Wortlaut des Gesetzes entnommen werden. Gerade bei dem Folgerecht stehen die vermögensrechtlichen Interessen des Urhebers eindeutig im Vordergrund, wohingegen die Werkzerstörung in erster Linie die ideellen Interessen des Urhebers berührt. Der Schutz vor Vernichtung ist durch diese Rechte nicht begründbar. Das Zerstörungsverbot aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abzuleiten, ist plausibel, dennoch ist diese Herangehensweise im Hinblick auf § 11 S. 1 UrhG unzulässig. § 11 S. 1 UrhG ist als urheberpersönlichkeitsrechtliche Generalklausel aufzufassen, auf welche immer dann zurückgegriffen werden kann, wenn der umfassende Schutz der ideellen Urheberinteressen über die Einzelbefugnisse nicht sichergestellt werden kann. § 11 S. 1 UrhG lediglich klarstellenden Charakter zukommen zu lassen, widerspricht der exponierten Stellung der Norm im UrhG und der Intention des Gesetzgebers, die ideellen Interessen des Urhebers durch das UrhG umfassend zu schützen. Der Sichtweise steht ferner die Entstehungsgeschichte der Norm entgegen. Denn schon das RG hat das Urheberpersönlichkeitsrecht als umfassendes, subjektives Recht anerkannt, obwohl im LUG und KUG nur Einzelbefugnisse mit persönlichkeitsrechtlichem Einschlag geregelt waren.337 Mit dem UrhG sollten die Rechte des Urhebers nicht beschränkt, sondern erweitert werden, was nicht der Fall wäre, wenn das Urheberpersönlichkeitsrecht als abschließend in den Einzelbefugnissen normiert angesehen würde.338 Das Argument mit der negativen Tatbestandswirkung der änderungsrechtlichen Normen ändert an dieser Sichtweise nichts. Die Normen können nur für die Fälle eine negative Tatbestandswirkung entfalten, Interessenabwägung nach § 14 UrhG bei der Werkzerstörung miteinbeziehen wollen; Schack GRUR 1983, 56, 57. 337 Vgl. RGZ 79, 397, 398 f. – „Felseneiland mit Sirenen“; RG GRUR 1929, 508, 509 – „Lateinisches Übungsbuch“. 338 Vgl. amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 242; Jänecke S. 92.
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die von ihrem Regelungsbereich erfasst sind, was aber im Falle der Werkzerstörung gerade nicht klar ist. Folglich besteht im UrhG keine Regelungslücke, die durch einen Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschlossen werden müsste. § 11 S. 1 UrhG ist insofern lex specialis und verdrängt das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Die Wertentscheidungen des Grundgesetzes müssen durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 11 S. 1 UrhG in das Urheberrecht einfließen. Jedoch bedarf es eines Rückgriffs auf die urheberpersönlichkeitsrechtliche Generalklausel nur dann, wenn § 14 UrhG als Einzelbefugnis wirklich keine Regelung über die Werkvernichtung trifft. Die Werkzerstörung wird von einem Teil der Lehre als eine „andere Beeinträchtigung“ im Sinne des § 14 UrhG aufgefasst. Als besonders schwerwiegender Eingriff in das Werk müsse von § 14 UrhG erst Recht die Werkzerstörung erfasst sein. Für diese Auffassung spricht ein Vergleich mit Art. 6bis Abs. 1 RBÜ, auf den § 14 UrhG zurückgeht. Auf der Konferenz von Brüssel im Jahr 1948 bestand Einigkeit darüber, dass der neu eingefügte Begriff „andere Beeinträchtigung“ weit genug gefasst ist, neben den kontextuellen Werkänderungen die Werkzerstörung zu erfassen.339 Die Werkzerstörung wurde nicht explizit in den Artikel aufgenommen, um eine prinzipielle Einigung über die Fassung des Artikels nicht zu gefährden.340 An die Mitgliedstaaten wurde aber eine Empfehlung verfasst, ein Verbot der Werkzerstörung in die nationalen Gesetze einzuführen.341 Des Weiteren geht aus dem Wortlaut der amtlichen Begründung zum UrhG hervor, dass der Gesetzgeber ein Vernichtungsverbot für Werke der bildenden Kunst im öffentlichen Interesse ablehnt, jedoch impliziert dies nicht, dass das Urheberrecht dem Urheber zum Schutz sei-
Adeney Rn. 7.22. Adeney Rn. 7.23. 341 Abgedruckt bei Adeney Rn. 7.23 und Ricketson/Ginsburg Rn. 10.26, S. 605. In den nationalen Gesetzen der common law-Länder ist ein Zerstörungsschutz verankert worden, denn dies entspricht der Rechtfertigung des copyright-Schutzes, der Förderung und Erhaltung von Kulturgütern im öffentlichen Interesse; siehe S. 247 ff. zum Zerstörungsschutz des VARA. 339 340
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ner ideellen Interessen ein Vernichtungsverbot verwehrt.342 Der Gesetzgeber hat damit festgestellt, dass das UrhG das öffentliche Interesse am Erhalt von Kulturgut für die Allgemeinheit nicht schützt und hat einem urheberrechtlichen Kulturgüterschutz eine Absage erteilt.343 Dies ist richtig, denn insofern greift der öffentlich-rechtliche Denkmalschutz. Das Urheberrecht schützt nicht das öffentliche Interesse, sondern allein die individuellen Interessen des Urhebers. Somit spricht zumindest die Entstehungsgeschichte des § 14 UrhG nicht dagegen, dass der Begriff „andere Beeinträchtigung“ die Werkzerstörung erfasst. Eine Unterscheidung zwischen einer Entstellung, einer Beeinträchtigung, einer Teilzerstörung und einer kompletten Zerstörung eines Werkes ist nicht immer leicht möglich. Die Grenzen sind oft fließend. Können die Eingriffsarten kaum auseinander gehalten werden, überzeugt das Argument wenig, die Zerstörung könnte begriffslogisch „als ein Mehr“ nicht in der Beeinträchtigung „als ein Weniger“ enthalten sein. Von den Gegnern einer Verankerung des Zerstörungsverbots in § 14 UrhG wird außerdem argumentiert, die Norm schütze allein den Bestand des Werkes in unverfälschter Form, also einen bestimmten Zustand des Werkes, und nicht dessen Fortbestand an sich. Durch die Zerstörung des Werkes werde gerade die Verfälschung aufgehoben. Diese Ansicht sieht aber die Teilzerstörung des Werkes als von § 14 UrhG erfasst an, da der verbleibende Teil das Werk in verfälschter Form darstelle; dabei müsse der verbliebene Teil des Werkes nicht mehr urheberrechtsschutzfähig sein, insofern komme es allein auf das Original an. Wie wenig stichhaltig diese Begründung ist, wird klar, wenn erneut auf die schwierige Unterscheidung der verschiedenen Eingriffsarten – Beeinträchtigung, Teilzerstörung und Zerstörung – „Es erscheint weiterhin nicht angebracht, in das Gesetz ein Vernichtungsverbot für Werke der bildenden Künste aufzunehmen, soweit an ihrer Erhaltung ein öffentliches Interesse besteht. Die Erhaltung kulturell wertvoller Kunstwerke ist nicht Aufgabe des privatrechtlichen Urheberrechts, sondern des zum Gebiet des öffentlichen Rechts gehörenden Denkmalschutzes.“, amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 260. 343 So a. Dietz S. 112; Jänecke S. 105; Honscheck GRUR 2007, 944, 949; Schilcher S. 84; Schöfer S. 151 f.; van Waasen S. 149. 342
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abgestellt wird. Das Säubern der Badewanne des Künstlers Beuys durch Putzkräfte dient dabei als anschauliches Beispiel.344 Liegt im Säubern der Wanne eine Beeinträchtigung oder bereits eine Zerstörung oder kann gar die Badewanne und der Mull, die Pflaster und ähnliche Dinge voneinander getrennt werden und darin nur eine Teilzerstörung gesehen werden? Letztendlich ist nicht die Einordnung der Werkveränderung als Entstellung, Beeinträchtigung oder (Teil-) Zerstörung entscheidend, sondern die Interessenabwägung. Diese ermöglicht eine ausreichende Differenzierung nach der Art und Intensität des Eingriffs. Hier können in jedem Einzelfall die unterschiedlichen, teils grundrechtlich geschützten Interessen der beteiligten Personen beachtet werden. Abschließend ist kurz auf zwei weitere Argumente der Gegner eines Zerstörungsverbots einzugehen. Sie behaupten, der Urheber habe das Werk durch den Verkauf gegen Entgelt bewusst den Risiken des Verkehrslebens und somit der Gefahr der Vernichtung ausgesetzt.345 Diese Begründung läuft gerade in den Fällen des gutgläubigen Erwerbs völlig leer.346 Zudem liegt in dem Argument eine „petitio principi“.347 Die Antwort auf die zu beantwortende Frage, mit welchen Folgen und Risiken der Eigentümer bei der Werkübertragung rechnen muss und welche Rechte ihm trotz Übertragung bleiben, wird vorweggenommen. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Urheber das Entgelt allein für die Eigentums- und Besitzübertragung und nicht für die Übertragung des Urheberrechts bzw. des Urheberpersönlichkeitsrechts erhält.348 Letzteres ist grundsätzlich unübertragbar (§ 29 Abs. 1 UrhG). Die Eigentumsübertragung schließt zudem nicht konkludent die Übertragung von Nutzungsrechten (vgl. § 44 Abs. 1 UrhG) bzw. Urheberpersönlichkeitsrechten mit ein. Das Zerstörungsverbot aus der fehlenden Erhaltungspflicht des Werkes durch Dritte herzuleiten, ist ebenfalls verfehlt. Hier ist ein Qualitätsunterschied Zum Sachverhalt, Hamann FuR 1976, 166. RGZ 79, 397, 401 – „Felseneiland mit Sirenen“; LG Berlin UFITA 1931, 258, 263 – Edenhotel; LG München NJW 1983, 1205 – „Hajek/ADAC II“; Grohmann S. 127. 346 Movessian UFITA 95 (1983), 77, 84; van Waasen S. 144. 347 Richard/Junker GRUR 1988, 18, 24; Schack Rn. 358; ders. GRUR 1983, 56, 57; Schöfer S. 153; van Waasen S. 144 f. 348 Honscheck GRUR 2007, 944, 949; Jänecke S. 101; van Waasen S. 144. 344 345
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der beiden Vernichtungsarten zu beachten. Im ersten Fall führt achtloses oder unbewusstes Verhalten zu einer Zerstörung des Werkes, im zweiten Fall kommt es dem Eigentümer gerade darauf an; er geht zielgerichtet vor.349 Dieses Verhalten kann nicht mehr von dem Recht des Eigentümers erfasst sein, keine Erhaltungsmaßnahmen treffen zu müssen. Hier wirkt der Eigentümer durch positives Tun auf die Werkvernichtung hin. Insgesamt sprechen somit entscheidende Argumente für die Einbeziehung der Werkzerstörung in den Schutzbereich des § 14 UrhG. Durch die Erfassung der Werkzerstörung vom Regelungsbereich der Einzelbefugnis ist ein Rückgriff auf die Generalklausel des § 11 S. 1 UrhG nicht notwendig. Es gilt der Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“. Im Ergebnis würde sich aber nichts ändern, wenn der Ansicht gefolgt wird, welche zum Schutz vor Werkzerstörung auf die Generalklausel zurückgreift. Denn im Rahmen des § 11 S. 1 UrhG findet eine dem § 14 UrhG entsprechende Interessenabwägung statt. Daher ist die Diskussion um die Einordnung des Schutzes vor Werkzerstörung letztendlich wenig ertragreich. Entscheidend ist vielmehr die Anerkennung der Notwendigkeit eines Vernichtungsschutzes, um einen umfassenden Schutz der ideellen Urheberinteressen über das UrhG zu garantieren. Dieser Schutz kann aber wegen der gegenläufigen Grundrechte nicht absolut ausgestaltet sein, sondern hängt von einer Interessenabwägung im Einzelfall ab. Dabei ist insbesondere zu beachten, ob es sich bei dem Werk um ein Original oder nur um eine Vervielfältigung handelt. Die Bekanntheit des Künstlers sowie der künstlerisch-ästhetische Rang des Werkes dürfen dagegen keine Rolle spielen, denn das Werk erfährt im UrhG ausschließlich als Teil der Schöpferpersönlichkeit Schutz.350 An dieser Stelle offenbart sich jedoch die Gefahr der Ausuferung eines Zerstörungsschutzes. Eine (nicht einmal als Kunstwerk intendierte) Amateurzeichnung dürfte u.U. ebenso wenig wie ein „Picasso“ zerstört werden. Das Problem eines zu weiten Schutzbereichs besteht andererseits auch im Rahmen des Entstellungsverbots. Das Ausweichen auf den Denkmalschutz bringt jedenfalls nicht die rettende Lösung; hier müssten Auswahlkriterien geschaffen werden, die nicht immer zu einem zufriedenstellenSo a. Jänecke, S. 103; van Waasen S. 142 f. Falsch deshalb Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 28, 31; Fromm/Nordemann/ Hertin § 14 Rn. 18; Schricker/Dietz § 14 Rn. 38. 349 350
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den Ergebnis führen würden. Wird z.B. der künstlerische Wert eines Werkes als Kriterium angeführt, so hängt das Zerstörungsverbot stark von der subjektiven Bewertung einzelner Personen ab. Der Verweis auf die Möglichkeit einer vertraglichen Regelung greift ebenfalls zu kurz. Dem Urheber als der schwächeren Vertragspartei wird die vertragliche Zusicherung eines Zerstörungsverbots kaum gelingen. Es erscheint insgesamt untragbar, den Eigentümer, der eines Werkes überdrüssig geworden ist, zu verpflichten, ein Werk ewig aufzubewahren bzw. zu lagern, obwohl ihn gerade keine Erhaltungspflicht trifft. Im Falle von Großkunstwerken könnten immense Kosten entstehen bzw. teilweise wird eine Lagerung wie bei Werken der Baukunst nicht einmal möglich sein. Demgegenüber ist nicht einsichtig, warum der Eigentümer ein (kulturell wertvolles) Werk zerstören dürfen sollte, obwohl es der Urheber oder jemand anderes gerne erhalten möchte. Der Ausweg aus dem Dilemma könnte daher über eine gesetzlich geregelte Andienungspflicht des Eigentümers führen. Richtig ist, dass die Durchsetzung dieser Pflicht mit einem hohen Aufwand verbunden wäre. Es müsste ein zentrales Register eingerichtet werden, in dem der Urheber sein Werk und seine Kontaktdaten verzeichnen lässt, damit der Eigentümer eine Möglichkeit hat den Urheber zu erreichen, sofern er das Werk zerstören möchte. Über eine derartige Pflicht würde gleichwohl ein gerechter Interessenausgleich erfolgen. Der Eigentümer müsste einerseits den Urheber benachrichtigen und ihm das Werk zum Rückkauf anbieten, andererseits könnten alle nicht eingetragenen Werke vom Zerstörungsschutz ausgenommen werden. Jedenfalls ist der Gesetzgeber aufgefordert zu handeln. Der fehlende Zerstörungsschutz stellt eine nicht hinnehmbare Regelungslücke dar. Bis dahin sollte der Schutz vor Werkzerstörung über § 14 UrhG erfolgen. VIII. Die Interessengefährdung 1. Das Erfordernis einer Interessengefährdung
Strittig ist, ob die Voraussetzung einer Interessengefährdung allein im Falle des Vorliegens einer „anderen Beeinträchtigung“ gilt oder, ob auch bei der Entstellung die Eignung zur Gefährdung der persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers geprüft werden muss.
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Die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre, u.a. Bullinger und Hertin, gehen von einem absoluten Entstellungsschutz aus, d.h. sie prüfen lediglich bei der „anderen Beeinträchtigung“ die Eignung der Gefährdung der persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers, nicht dagegen bei der Entstellung.351 Bei der Entstellung als der schwerwiegendsten Form der Beeinträchtigung sei ein Nachweis der Verletzung der persönlichen und geistigen Interessen am Werk entbehrlich, wenn der Urheber den Nachweis einer Entstellung erbringen könne.352 Denn in diesem Fall unterstelle das Gesetz die Interessengefährdung. Schließlich sei schon das bloße Vorliegen einer Beeinträchtigung Indiz genug für die Eignung zur Interessengefährdung. Ihre Ansicht bestätige der Wortlaut der Norm. Der Nebensatz „die geeignet ist, seine berechtigten geistigen und persönlichen Interessen am Werk zu gefährden“ beziehe sich auf Grund der im Singular konjugierten Verbform allein auf die andere Beeinträchtigung und nicht auf die Entstellung, insofern wäre ein eigener Prüfungspunkt „Eignung zur Interessengefährdung“ verfehlt.353 Dies lasse sich zudem mit der Entstehungsgeschichte der Norm begründen. § 14 UrhG gehe auf die alte Fassung des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ zurück, welcher ebenfalls ein im Singular konjugiertes Verb enthalten habe, die Klarstellung durch eine Änderung in Plural sei dagegen nicht adaptiert worden.354 Nicht nur der Wortlaut der Norm, sondern auch die Intention des Gesetzgebers, das Recht einzuschränken, insoweit es auszuufern drohe, spreche für diese Auffassung.355 Da die Beeinträchtigung Umwelteinwirkungen erfasse, die keine Änderung der Werksubstanz erforderten, bestehe hier die Gefahr der zu weiten Ausdehnung des Schutzbereichs. Ein Umkehrschluss aus § 39 Abs. 1 UrhG lege diese Auslegung ebenso nahe. Der Urheber könne sogar gegenüber einem NutzungsberechBGH GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II; OLG München GRUR Int. 1993, 323, 333 – Christoph Columbus; OLG Frankfurt GRUR 1995, 215, 216 – Springtoifel; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 5; Wandtke/ Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 9. 352 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 9. 353 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 5; Bullinger S. 75; siehe dazu die Kritik bei Wallner S. 129 f. 354 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn 5. 355 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 9. 351
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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tigten Werkänderungen verbieten, ohne eine Interessengefährdung nachweisen zu müssen. Deshalb sei es widersprüchlich, wenn der Urheber eine Interessengefährdung gegenüber jemandem darlegen müsse, der nicht einmal ein Nutzungsrecht habe und der durch eine Entstellung in sein Werk gravierend eingreife.356 Die Gegenansicht, der Dietz und Schulze folgen, prüft sowohl bei der Entstellung als auch bei der Beeinträchtigung die Eignung zur Interessengefährdung, weil die Entstellung eine, wenn auch schwerwiegende Form, der Beeinträchtigung sei.357 Die Ansicht wird außerdem mit der großen Reichweite der Vorschrift begründet, die gerade auch Werke erfasse, die einem bloßen Gebrauchszweck dienten. Zudem überzeuge das Argument mit der Entstehungsgeschichte nicht. Im Wege einer konventionskonformen Auslegung hätte der § 14 UrhG schon auf Grund der alten Fassung des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ so verstanden werden müssen, dass sich der Relativsatz auf die Entstellung und die andere Beeinträchtigung beziehe.358 2. Stellungnahme
Das dreistufige Prüfungsverfahren ist wegen seiner Übersichtlichkeit vorzuziehen. Hinzu kommt, dass eine Entstellung nicht immer klar von einer Beeinträchtigung getrennt werden kann und damit die Gefahr der Ungleichbehandlung gleich gelagerter Fälle besteht. Selbst wenn § 14 UrhG auf einer alten Fassung des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ beruht, ist er heutzutage dahingehend konventionskonform auszulegen, dass sich der Relativsatz auf die Entstellung und die Beeinträchtigung bezieht. Dort wurde nicht umsonst durch die Änderung des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ klargestellt, dass der Relativsatz auf alle Eingriffsarten Bezug nimmt. Praktisch dürfte dieser Streit keine allzu großen Auswirkungen haben; auch nach der zweiten Ansicht indiziert das objektive Vorlie356 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 5; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 9. 357 Schricker/Dietz § 14 Rn. 19; Metzger S. 12; Schack Rn. 342, 347; Thies UFITA 2007, 741, 749; van Waasen S. 47; diff. Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 8, der die Feststellung einer Interessengefährdung dann für entbehrlich hält, wenn offensichtlich eine Entstellung vorliegt. 358 Schricker/Dietz § 14 Rn. 8, 19.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
gen einer Beeinträchtigung grundsätzlich bereits die Eignung zur Interessengefährdung.359 Der Schwerpunkt der Prüfung liegt ohnehin auf der Interessenabwägung. Dort wird eine Differenzierung nach verschiedenen Eingriffsarten nicht an bloßen Begrifflichkeiten festgemacht, sondern kann über die verschiedenen Abwägungskriterien stattfinden. 3. Die Anforderungen an eine Interessengefährdung
Die Eignung zur Interessengefährdung wird grundsätzlich durch das objektive Vorliegen der Beeinträchtigung indiziert, weil der Urheber ein starkes persönliches und geistiges Interesse am Bestand und der Unversehrtheit seines Werkes hat.360 Die Indizwirkung kann entfallen, wenn keine Gefahr besteht, dass das beeinträchtigte Werk von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.361 Ebenso ist der Fall zu bewerten, dass dem Urheber nichts an der Erhaltung des konkreten Werkzustands liegt und er dies in einer Änderungsvereinbarung gemäß § 39 Abs. 1 UrhG bzw. der Gestattung einer Bearbeitung § 23 UrhG zum Ausdruck gebracht hat.362 Die Annahme eine Interessengefährdung stehe proportional zur Höhe des Ansehens des Urhebers, ist dagegen verfehlt.363 § 14 UrhG schützt den Ruf des Urhebers nur im Bezug auf das konkrete Werk und nicht im Allgemeinen.
OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; Schricker/ Dietz § 14 Rn. 27. 360 OLG München GRUR Int. 1993, 323, 333 – Christoph Columbus; LG Leipzig ZUM 2000, 331, 334 – „Csárdásfürstin“; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 8; Schricker/Dietz § 14 Rn. 27; Schack Rn. 347; Schilcher S. 95; Wallner S. 135. 361 OLG Schleswig ZUM 2006, 426, 427; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 10; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 23; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 8; Honscheck GRUR 2007, 944, 946; Wallner S. 136. 362 OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; Schricker/ Dietz § 14 Rn. 27; Metzger S. 12; Obergfell/Elmenhorst ZUM 2008, 23, 28; Schack Rn. 347. 363 So aber Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 11. 359
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IX. Die Interessenabwägung 1. Die Begründung des Merkmals
Im Urheberrecht gilt mit § 14 UrhG ein generelles Änderungsverbot, welches dem Bestands- und Integritätsinteresse des Urhebers Rechnung trägt.364 Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen einer besonderen Rechtfertigung durch andere überwiegende Interessen, insbesondere die des Nutzungsberechtigen oder die des Eigentümers. Deshalb unterliegt das sehr weit gefasste und unbestimmte Recht des § 14 UrhG in jedem Einzelfall einer Interessenabwägung. Diese ist bei allen Eingriffsarten vorzunehmen, bei der Entstellung als gravierendster Eingriffsform ist aber ein besonderes Gegeninteresse des Eingreifenden erforderlich.365 Die Interessenabwägung ist nicht entbehrlich, wenn dem Eingreifenden kein Recht am Werk zusteht.366 Begründen lässt sich dies mit der Herstellungsfreiheit des § 23 UrhG und dem Zitierrecht des § 51 UrhG. In diesen Fällen wollte der Gesetzgeber Dritten, die gerade keine Rechte am Werk haben, Änderungen am Werk erlauben; jedoch nur bis zu der Grenze, die § 14 UrhG zieht. Diese Grenze kann allein durch eine Interessenabwägung im Einzelfall ermittelt werden. „Übertriebene Empfindlichkeiten oder eine übersteigerte Eitelkeit des Urhebers“ dürfen bei der Interessenabwägung keine Beachtung finden.367 Der Urheber muss auf die Realitäten des Lebens und die Gepflogenheiten des Rechtsverkehrs Rücksicht nehmen.368 Den persönlichkeitsrechtlich geprägten Interessen des Urhebers darf nicht generell der Vorrang gegenüber den vermögensrechtlichen Interessen Dritter, insbesondere des Nutzungsberechtigten oder des Eigentümers, eingeräumt werden.369 Ansonsten stünde das Ergebnis der InteressenSchricker/Dietz § 14 Rn. 28; so a. Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 16, der den Gedanken eines grundsätzlichen Änderungsverbots aber im gesamten Urheberrecht verankert sieht. 365 Heidmeier S. 88. 366 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 11. 367 Schricker/Dietz § 14 Rn. 29; siehe a. v. Gramm § 14 Rn. 9; Wallner S. 137. 368 Schricker/Dietz § 14 Rn. 29; Ulmer § 41 II 2, S. 218; Wallner S. 137 f. 369 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 20; Schricker/Dietz § 14 Rn. 29; Federle S. 50; Heidmeier S. 87; a.A. Grunert S. 184; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 96 f.; Paschke GRUR 1984, 858, 865, der bei einer Kollision von Urheber- und Eigen364
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
abwägung schon von vornherein fest. Außerdem ist weder dem UrhG noch der Verfassung ein Rangverhältnis der verschiedenen, teils kollidierenden Interessen zu entnehmen.370 Die Interessen des Urhebers werden nicht mit dem zeitlichen Abstand zu dessen Tod schwächer.371 Der Gesetzgeber hat die Schutzdauer des Urheberpersönlichkeitsrechts nicht umsonst auf 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers festgelegt. Die gegenteilige Ansicht, welche sich am postmortalen Persönlichkeitsrecht orientiert, findet keinen Rückhalt im UrhG; zudem widerspricht sie der monistischen Theorie.372 Auf Grund eines gesellschaftlichen Anschauungswandels können die Interessen des Urhebers aber möglicherweise anders bewertet werden.373 2. Die besonderen Rechte Dritter und besondere Rechtsbeziehungen
Bei der Interessenabwägung sind besondere Rechte Dritter sowie besondere Rechtsbeziehungen zu beachten, die im Einzelfall zu einer Einschränkung des generellen Entstellungsverbots des § 14 UrhG führen können. Sie ergeben sich in erster Linie aus den änderungsrechtlichen Vorschriften. Im Folgenden wird nur ein kurzer Überblick über die im Rahmen der Interessenabwägung zu beachtenden Ergänzungen und Ausnahmen zu § 14 UrhG gegeben. Eine detaillierte Darstellung folgt der Übersichtlichkeit wegen im dritten Kapitel.374
tümerinteressen im Hinblick auf Werkänderungen „eine grundsätzliche Dominanz der Urheberinteressen“ annimmt; Schöfer S. 69 f., 83 f. 370 Siehe dazu Federle S. 49 f.; Grunert S. 183; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 96 ff.; van Waasen S. 49 f. 371 Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 8; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 7; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 11 Rn. 20, § 14 Rn. 20; Wandtke/Bullinger/ Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 10; Bullinger S. 206 f. 372 BGH GRUR 1989, 106, 107 – Oberammergauer Passionsspiele II; Büscher/ Dittmer/Schiwy/Haberstumpf Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 7; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 31, § 14 Rn. 29a; Federle S. 56; Jänecke S. 181; Rehbinder ZUM 1996, 613, 616; Schilcher S. 136; diff. Loewenheim in Anm. zu BGH GRUR 1989, 106, 110 – Oberammergauer Passionsspiele II und v. Gramm § 30 Rn. 4, der die Einschränkungen nicht generell, sondern in jedem konkreten Einzelfall auf Grund einer Interessenabwägung bestimmen möchte. 373 Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 11 Rn. 20, § 14 Rn. 20. 374 Das dritte Kapitel beginnt auf S. 89.
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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Zunächst können schuldrechtliche Änderungsvereinbarungen relevant werden.375 Der Urheber kann dem Inhaber eines Nutzungsrechts eine Änderungsbefugnis einräumen (§ 39 Abs. 1 UrhG). Die Änderungsbefugnis soll den Werkverwerter bei der Nutzung des Werkes vor einer Integritätsrechtsverletzung bewahren. Sie beseitigt aber nicht die Entstellung oder Beeinträchtigung, sondern verhindert nur, dass der Urheber sein Verbotsrecht aus § 14 UrhG geltend machen kann.376 Trotzdem hat der Urheber weiterhin das Recht, gegen extreme Werkentstellungen vorzugehen, auch wenn er der Änderung, welche ursächlich für die Entstellung ist, zuvor zugestimmt hat.377 Diese Schranke ergibt sich aus § 29 Abs. 1 UrhG, der eine völlige Rechtsübertragung ausschließt. Einschränkungen können sich aber nicht nur aus einer schuldrechtlichen Änderungsvereinbarung im Sinne des § 39 Abs. 1 UrhG ergeben. Trotz § 29 Abs. 1 UrhG werden in der Praxis eine Vielzahl von Rechtsgeschäften über das Integritätssrecht, darunter Verfügungen, für zulässig erachtet.378 Dem Nutzungsrechtsinhaber sind außerdem Änderungen am Werk erlaubt, die der Urheber nach Treu und Glauben nicht verbieten kann (§ 39 Abs. 2 UrhG).379 Diese gesetzlich zulässigen Änderungen sind in jedem Einzelfall durch eine Interessenabwägung zu ermitteln. Dabei hat die Nutzungsrechtseinräumung keinerlei Einfluss auf die objektiv zu ermittelnde Entstellung oder Beeinträchtigung.380 § 39 UrhG kommt gegenüber den Inhabern von gesetzlichen Nutzungsrechten über § 62 Abs. 1 UrhG entsprechend zur Anwendung. § 62 UrhG enthält in den Absätzen 2 bis 4 weitere Ausnahmen zum Entstellungsverbot. Diese müssen als Wertungen des Gesetzgebers im Rahmen der Interessenabwägung beachtet werden; und zwar über ihren unmittelbaren Anwendungsbereich hinaus.381 Vgl. S. 112 f., 132 ff. Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 12. 377 LG Berlin GRUR 2007, 964, 968 – „Hauptbahnhof“; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 12. 378 Vgl. die Ausf. ab S. 113. 379 Siehe S. 130 ff. 380 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 13. 381 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn. 8; Schricker/Dietz § 14 Rn. 33; Loewenheim in Anm. zu BGH GRUR 1989, 106, 110 – Oberammergauer Passionsspiele II; Schilcher S. 139 f. 375 376
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Spezielle Gesichtspunkte sind bei der Interessenabwägung ebenso zu beachten, wenn die Interessen des Urhebers und des Eigentümer kollidieren.382 Das Sacheigentum und das Urheberrecht am Werk bestehen nebeneinander und führen zu einem Spannungsverhältnis.383 Gemäß § 903 BGB darf der Eigentümer grundsätzlich nach Belieben mit seinem Werkstück verfahren. Nimmt der Eigentümer Änderungen am Werkexemplar vor, führt dies gleichzeitig zu einer Änderung des Werkes als Immaterialgut, welche ihm grundsätzlich nach § 14 UrhG verboten ist. Bei der Veränderung oder Zerstörung von Originalwerken der bildenden Kunst oder von Bauwerken tritt dieses Spannungsverhältnis besonders deutlich zu Tage.384 Aus den Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses können sich weitere Kriterien für die Interessenabwägung ergeben.385 Dabei spielt insbesondere der betriebliche Zweck des Werkes eine große Rolle. Bei Filmwerken gilt es die Interessen des Filmherstellers, anderer beteiligter Urheber und der Inhaber verwandter Schutzrechte in Ausgleich zu bringen (vgl. § 93 Abs. 1 S. 2 UrhG). Durch die Regelung des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG hat der Gesetzgeber von § 14 UrhG abweichende Beurteilungskriterien geschaffen.386 Dabei gebührt dem Interesse des Filmherstellers an einer möglichst ungehinderten Verwertung von Filmwerken der Vorrang. 3. Die Kriterien bei der Interessenabwägung
Bei jeder Interessenabwägung sind im Übrigen eine Vielzahl an tatsächlichen und rechtlichen Kriterien zu berücksichtigen.387 Die Art und Intensität des Eingriffs sind wichtige Abwägungskriterien. Betrifft die Änderung höchst individuelle Züge des Werkes, ist der Eingriff stark und grundsätzlich verboten.388 Änderungen des Vgl. S. 139 f. RGZ 79, 397, 400 – „Felseneiland mit Sirenen“; Schricker/Dietz § 14 Rn. 15. 384 Schricker/Dietz § 14 Rn. 16 f. 385 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 21; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 22; Schricker/Dietz § 14 Rn. 34. Siehe die Ausf. ab S. 141. 386 Schricker/Dietz § 14 Rn. 12; Wallner S. 140. Siehe die Ausf. ab S. 147. 387 Siehe zu den einzelnen Kriterien, Dietz ZUM 1993, 309, 317. 388 Schricker/Dietz § 14 Rn. 30; Schilcher S. 108 f. 382 383
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Werkes von geringer Intensität, die zu einer angemessenen Verwertung erforderlich sind, müssen – insbesondere bei Werken mit Bearbeitungscharakter – im Regelfall hingenommen werden.389 Weist das Werk ein hohes Maß an Gestaltungshöhe auf, d.h. einen hohen Grad an schöpferischer Eigenart, wiegt der Eingriff in der Regel schwer.390 Anders dagegen bei Eingriffen in Werke der „kleinen Münze“, wie Computerprogrammen; bei diesen Werken sind Änderungen in größerem Maße zu dulden, da sich das Werk an der unteren Grenze der urheberrechtlichen Schutzfähigkeit bewegt. Der künstlerische Rang des Werkes spielt in der Rechtsprechung ebenfalls eine Rolle.391 Dieses Kriterium ist äußerst kritisch zu sehen; seine Beachtung würde eine künstlerische Bewertung des Werkes im Rahmen der Interessenabwägung erfordern, welche durch ein Gericht mangels Sachkunde kaum vorgenommen werden könnte.392 Die Begutachtung durch Kunstschaffende ist ebenfalls abzulehnen, weil sie wiederrum nur ihre subjektive Einschätzung abgeben können.393 Die Rechtsprechung verkennt, dass sich die Interessenabwägung bei § 14 UrhG auf ein bestimmtes Werk bezieht und nicht auf dessen kunsthistorischen Zusammenhang. Des Weiteren darf das künstlerische Ansehen kein Abwägungskriterium sein, denn auf diese Weise würde einem anerkannten Künstler ein höher Schutz zukommen, was nicht mit dem UrhG vereinbar ist, welches das Werk als Teil der Urheber-
BGH GRUR 1974, 675, 678 – Schulerweiterung; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; Schricker/Dietz § 14 Rn. 30. 390 BGH GRUR 1974, 675, 678 – Schulerweiterung; OLG Frankfurt GRUR 1986, 244 – Verwaltungsgebäude; LG Leipzig ZUM 2005, 487, 493 – „Museumsfußboden“; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 20; Schricker/Dietz § 14 Rn. 31; Schilcher S. 109. 391 BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; dieses Kriterium bejahen auch Schricker/Dietz § 14 Rn. 31; Tölke S. 72. 392 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 17; Bullinger S. 79; Obergfell/ Elmenhorst ZUM 2008, 23, 30; van Waasen S. 82 f.; a.A. Schricker/Dietz § 14 Rn. 31 hält nur kein Urteil über den ästhetischen Wert des Werks für zulässig. 393 Van Waasen S. 83. Aber genau diese subjektive Bewertung wird im amerikanischen Recht im Rahmen des 17 U.S.C. § 106A (3) (c) durchgeführt. Sie ist logische Folge des auf das Allgemeininteresse ausgerichteten Integritätsschutzes, vgl. S. 250 f. 389
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persönlichkeit schützt und nicht weil es einen bestimmten gesellschaftlichen Wert hat.394 Werke, die einem bestimmten Gebrauchszweck dienen, erfordern in der Regel Anpassungen an veränderte Gegebenheiten; Änderungen sind vom Urheber von vornherein einzukalkulieren.395 Dieses Interesse findet sich in den §§ 23, 39, 62, 88 Abs. 1 S. 1, 93 Abs. 1 S. 1 UrhG, 44 VerlG wieder. Eingriffe wiegen daher bei Werken, die vom Urheber für einen bestimmten Gebrauchszweck geschaffen wurden weniger schwer als bei Werken der reinen Kunst, bei denen es in erster Linie auf die Authentizität ankommt.396 Kann ein Eingriff nicht mehr rückgängig gemacht werden und ist das Werk in seiner originalen Form nicht mehr „herstellbar“, ist dies als sehr starke Eingriffsform zu werten.397 Bei Werkstücken, die keine Originale sind, kann der Eingriff ähnlich schwer wiegen, wenn es sich um das letzte vorhandene Exemplar handelt.398 Zu beachten ist ferner, ob die Entstellung oder Beeinträchtigung in der Öffentlichkeit vollzogen wird; in diesem Fall kann sie dem Ansehen und dem Ruf des Urhebers in besonderem Maße schaden.399 Es könnte der Eindruck entstehen, der Urheber habe das Werk in der verfälschten Form geschaffen oder er habe der Beeinträchtigung oder Entstellung zugestimmt. Dieser Gedanke ist § 23 S. 1 UrhG zu entnehmen.400 Je mehr Menschen das beeinträchtigte Werk wahrnehmen
Siehe aber OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189, 192 – „Grünskulptur“; krit. Bullinger S. 79. 395 BGH GRUR 1974, 675, 678 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1982, 107, 110 f. – Kirchen-Innenraumgestaltung; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 18; Nahme GRUR 1966, 474, 476 f. 396 BGH GRUR 1974, 675, 678 – Schulerweiterung; OLG Hamm ZUM-RD 2001, 443, 444 – „Stahlgroßplastik“; LG Berlin GRUR 2007, 964, 969 – „Hauptbahnhof“; Schricker/Dietz § 14 Rn. 31; Goldmann GRUR 2005, 639, 642; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 98; Honscheck GRUR 2007, 944, 947. 397 Bullinger S. 80. 398 Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 UrhG Rn. 19. 399 LG Berlin GRUR 2007, 964, 969 – „Hauptbahnhof“; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 18; Schricker/Dietz § 14 Rn. 32; Federle S. 54 f.; Honscheck GRUR 2007, 944, 947. 400 Schricker/Dietz § 14 Rn. 32; Schilcher S. 122. 394
2. Kapitel: Das Recht auf Werkintegrität
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können, umso mehr schadet dies der Reputation des Künstlers.401 Dabei dürfte eine entscheidende Rolle spielen, ob dem Urheber das Werk, z.B. durch Namensnennung, leicht zuzuordnen ist.402 Rein wirtschaftliche Interessen können, insbesondere bei Bauwerken oder Film- und Fernsehproduktionen, im Rahmen der Interessenabwägung relevant werden.403
X. Die Ansprüche in Folge einer Verletzung des Rechts auf Werkintegrität Die Ansprüche, die der Urheber im Falle einer Verletzung des Integritätsrechts hat, lassen sich den §§ 97 ff. UrhG entnehmen.404 Wird ein Werk unter der Vornahme von Änderungen unerlaubt genutzt, liegt sowohl eine Urheberrechtsverletzung als auch eine Verletzung des Integritätsrechts vor.405 Dem Urheber stehen die allgemeinen zivilrechtlichen Ansprüche auf Beseitigung der Beeinträchtigung, auf Unterlassung bei Wiederholungsgefahr (vgl. § 97 Abs. 1 UrhG) und auf Schadensersatz bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Rechtsverletzung (vgl. § 97 Abs. 2 S. 1–3 UrhG) zu.406 Neben dem materiellen Schaden kann der Urheber gemäß § 97 Abs. 2 S. 4 UrhG seinen immateriellen Schaden geltend machen, allerdings nur bei schwerwiegenden und nachhaltigen Verletzungen des Integritätsrechts; dies
BGH GRUR 1971, 35, 38 – Maske in Blau; LG Berlin GRUR 2007, 964, 969 – „Hauptbahnhof“; Schilcher S. 124. 402 Schricker/Dietz § 14 Rn. 31; Dieselhorst S. 128; Federle S. 55; Hegemann, FS Hertin, S. 87, 100; Schilcher S. 136. 403 BGH GRUR 1971, 35, 38 – Maske in Blau; BGH GRUR 1974, 675, 678 – Schulerweiterung; OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung; OLG Frankfurt GRUR 1986, 244 – Verwaltungsgebäude; OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189, 192 – „Grünskulptur“; OLG München NJWE-MietR 1996, 116, 117 – „Dachgauben“; LG Berlin GRUR 2007, 964, 968 f. – „Hauptbahnhof“; Goldmann GRUR 639, 643; Schilcher S. 121 f. 404 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 43, § 39 Rn. 29; v. Gramm § 14 Rn. 6; Schricker/Dietz § 14 Rn. 41, § 39 Rn. 29, – Wild § 97 Rn. 2a f.; Wandtke/Bullinger/v.Wolff § 97 UrhG Rn. 5. 405 Schricker/Dietz § 14 Rn. 41. 406 BGH GRUR 2002, 532, 535 – Unikatrahmen; Schricker/Dietz § 14 Rn. 41. 401
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gebietet die Billigkeit.407 Die Erben können den Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens einfordern, sofern dieser zu Lebzeiten des Urhebers entstanden ist.408 Eine gröbliche Entstellung im Sinne des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG führt nicht automatisch zu einem höheren Schadensersatzanspruch.409 Die Ansprüche können neben Ansprüchen aus anderen Gesetzen bestehen (§ 102a UrhG). Grundsätzlich ist derjenige zur Geltendmachung der Ansprüche berechtigt, dessen Recht verletzt wurde. Bei den Persönlichkeitsrechten ist dies der Urheber und nach dessen Tod die Erben oder Vermächtnisnehmer.410 Eine gewillkürte Prozessstandschaft (Wahrnehmung fremder Rechte im eigenen Namen) ist zulässig, insoweit eine Übertragung des Urheberpersönlichkeitsrechts gestattet ist.411 Ist zweifelhaft, ob eine Integritätsrechtsverletzung vorliegt, kann der Urheber zumindest seinen Namen zurückziehen und verlangen, dass er nicht in Zusammenhang mit dem Werk in der veränderten Form genannt wird.412
OLG Frankfurt GRUR 1989, 203, 205 – „Wüstenflug“; OLG Hamburg GRUR 1990, 36 – Schmerzensgeld; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 334 – Christoph Columbus; OLG München NJW-RR 1997, 493; OLG Hamburg ZUM 1998, 324, 325 f.; KG Berlin GRUR 2004, 497, 499 – Schlacht um Berlin; Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 44, – Dreier § 97 Rn. 75; Schricker/Dietz § 14 Rn. 41, – Wild § 97 Rn. 77; Wandtke/Bullinger/v.Wolff § 97 UrhG Rn. 82; Bullinger S. 124 f.; Goldmann GRUR 2005, 639, 644; Wedemeyer, FS Piper, S. 787, 806 f. Keine entsprechende Anwendung des § 97 Abs. 2 UrhG auf Altfälle, BGH GRUR 1971, 525, 526 – Petite Jacqueline; siehe a. Neumann-Duesburg NJW 1971, 1640, 1641. 408 Dreier/Schulze/Dreier § 97 Rn. 74; Fromm/Nordemann/Nordemann § 97 Rn. 44. 409 KG Berlin UFITA 59 (1971), 279, 284 f. – „Oscar-Wilde“; Schricker/Dietz § 14 Rn. 41; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 18. 410 Fromm/Nordemann/Nordemann § 97 Rn. 8; Wandtke/Bullinger/v.Wolff § 97 Rn. 6. 411 Schricker/Wild § 97 Rn. 33; Wandtke/Bullinger/v.Wolff § 97 UrhG Rn. 11. Vgl. dazu die Ausf. auf S. 126 f. 412 LG Saarbrücken UFITA 79 (1977), 358, 361 – „Dokumentarfilm I“; OLG Saarbrücken UFITA 79 (1977), 364, 366 – „Dokumentarfilm II“; Dreier/Schulze/ Schulze § 14 Rn. 42. 407
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität Im zweiten Kapitel hat sich gezeigt, dass der grundlegende Integritätsschutz des § 14 UrhG unter dem Vorbehalt einer Interessenabwägung steht. Das dritte Kapitel beschäftigt sich im Detail mit den weiteren änderungsrechtlichen Vorschriften, die das Entstellungsverbot nicht nur konkretisieren und ergänzen, sondern auch einschränken. Das Kapitel beginnt mit der Zulässigkeit von Rechtsgeschäften über das Recht auf Werkintegrität. Die Ergebnisse dieses Abschnitts spielen im Rahmen der anderen Ausnahmen und Einschränkungen eine entscheidende Rolle. § 39 Abs. 1 UrhG ist zu entnehmen, dass schuldrechtliche Änderungsvereinbarungen erlaubt sind. Ansonsten fehlen gesetzliche Regelungen, weshalb eine intensive Auseinandersetzung mit der in Rechtsprechung und Lehre für zulässig erachteten Rechtsgeschäfte erforderlich ist. Danach folgen Ausführungen zur § 39 UrhG. Diese Norm ist im Urheber-Werknutzer bzw. Urheber-Eigentümer-Verhältnis von großer Bedeutung, insbesondere weil sie Werkänderungen in gewissem Maße ohne eine ausdrückliche Vereinbarung zulässt. Das Recht auf Werkintegrität im Arbeitsverhältnis und die Sonderregelung für Filmwerke in § 93 Abs. 1 UrhG werden im Hinblick auf einen Vergleich mit dem amerikanischen Recht ausführlich behandelt. Im amerikanischen Recht sind Arbeitnehmer und Auftraggeber, z.B. die Schöpfer von Filmwerken, grundsätzlich vom Integritätsschutz ausgenommen.
A. Das Recht auf Werkintegrität als Gegenstand von Rechtsgeschäften Die Frage, ob das Recht auf Werkintegrität Gegenstand von Rechtsgeschäften sein kann und in welchem Rahmen diese zulässig sind, stellt ein Teil des komplexen Problemkreises zur Zulässigkeit von rechtlichen Dispositionen über das Urheberrecht insgesamt und das Urheberpersönlichkeitsrecht im Besonderen dar. Als aktuelles Beispiel sei der Streit um die Gestaltung einer Decke im Berliner Haupt-
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
bahnhof genannt.413 Der Bauherr ließ statt der im Entwurf des Architekten vorgesehenen abgehängten Decke eine Flachdecke einbauen. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Architektenvertrags sahen vor, dass der Bauherr ohne Zustimmung des Architekten Änderungen der Pläne und Entwürfe vornehmen konnte. Allerdings sind dem vertraglichen Änderungsrecht durch das Recht auf Werkintegrität Grenzen gesetzt. So entschied das Landgericht Berlin dass die vertragliche Änderungsbefugnis nicht die vorliegende Entstellung durch den Einbau der „falschen“ Decke umfasst.
I. Der Grundsatz der Unübertragbarkeit und die Zulässigkeit von Rechtsgeschäften über das Recht auf Werkintegrität § 29 Abs. 1 UrhG enthält den Grundsatz der Unübertragbarkeit des Urheberrechts.414 Damit ist das Urheberpersönlichkeitsrecht als Teil des Urheberrechts ebenfalls unübertragbar. Dem Nutzungsberechtigen wird es jedoch nur möglich sein, ein Werk sachgerecht zu verwerten, soweit ihm Eingriffe in das Urheberpersönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht auf Werkintegrität, gestattet sind. Gerade bei Werken, die zu Gebrauchszwecken geschaffen wurden, ist eine Anpassung des Werkes an neue Gegebenheiten durch die Vornahme von Änderungen unerlässlich. Das Urheberpersönlichkeitsrecht bezweckt zwar den Schutz der ideellen Interessen des Urhebers. Es soll ihn aber nicht in irgendeiner Weise behindern, sondern der Entfaltung seiner
LG Berlin GRUR 2007, 964 – „Hauptbahnhof“; dazu Obergfell/Elmenhorst ZUM 2008, 23; Thies UFITA 2007, 741. 414 Vor in Kraft treten des UrhG von 1965 war das Urheberrecht frei übertragbar (vgl. § 137 UrhG). Allein der Kernbereich der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse wurde als unübertragbar angesehen (vgl. RGZ 123, 312, 319 f. – „Wilhelm Busch“; BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“). Das UrhG folgt dem umgekehrten Grundsatz auf Grund der Schwierigkeiten, die es bei der Abgrenzung von übertragbaren und unübertragbaren Befugnissen gab, welche Folge deren vermögensrechtlicher und persönlichkeitsrechtlicher Schutzrichtung ist. Zur Verankerung des Grundsatzes der Unübertragbarkeit im UrhG, siehe Maracke S. 592 ff. Zu beachten ist zudem, dass dieser Grundsatz nur im Geltungsbereich des UrhG gilt. Im Bezug auf Verträge und Verfügungen, die sich auf ausländische Territorien beziehen, ist eine Vollübertragung nach dortigem Recht durchaus möglich, Fromm/Nordemann/Hertin § 29 Rn. 1. 413
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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Persönlichkeit dienen (vgl. Art. 2 Abs. 1 GG).415 Deshalb muss es dem Urheber, wenn er kein Interesse am Schutz seines Werkes vor Veränderungen hat oder eine Dritte Person mit der Ausübung seines Integritätsrechts betrauen möchte, möglich sein, Rechtsgeschäfte über sein Recht auf Werkintegrität vorzunehmen. Diese Rechtsgeschäfte bedürfen aber wegen der im Regelfall schwächeren Verhandlungsposition des Urhebers bestimmter Grenzen. Ansonsten würde der Nutzungsrechtsinhaber den Urheber zu einem „Ausverkauf“ seiner urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse drängen, um das Werk völlig ungehindert verwerten zu können. Ein Rückgriff auf Art. 6bis RBÜ hilft bei der Lösung dieses Rechtsproblems nicht weiter; der Norm ist nichts über die Übertragbarkeit der Urheberpersönlichkeitsrechte zu entnehmen.416 Wegen der großen dogmatischen Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten mit copyright-System und den Staaten mit Urheberrechtssystemen kontinentaleuropäischer Prägung wurde die Verkehrsfähigkeit der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse wohl absichtlich nicht geregelt und den nationalen Gesetzgebern überlassen. Das UrhG sieht aber in § 39 Abs. 1 UrhG ausdrücklich die Möglichkeit einer obligatorischen Änderungsvereinbarung über das Werk, den Titel oder die Urheberrechtsbezeichnung vor.417 Der Norm kann leider nichts über die rechtlich zulässigen Grenzen derartiger Vereinbarungen entnommen werden. Außerdem erlaubt das UrhG in den §§ 31 ff. UrhG ausdrücklich die Einräumung von Nutzungsrechten, denen nach der monistischen Theorie auch persönlichkeitsrechtliche Interessen zu Grunde liegen. Daraus folgt, dass zumindest im Zusammenhang mit der Einräumung von Nutzungsrechten Rechtsgeschäfte über urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse möglich sein müssen.418 Für die Zulässigkeit von Rechtsgeschäften über das Urheberpersönlichkeitsrecht und damit den Vorrang des Selbstbestimmungsrechts des Urhebers spricht ebenfalls, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht 415 416 417 418
Dieselhorst S. 143; Jänecke S. 188 f.; Rehbinder Rn. 592. Siehe dazu Ricketson/Ginsburg Rn. 10.18, S. 600. Schilcher S. 145. Schilcher S. 145.
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nicht die Existenz und Unversehrtheit der Person selbst schützt, sondern die persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk. Der Schutzgegenstand ist somit von der Person des Urhebers abgeleitet, aber dennoch verselbständigt, verobjektiviert und vergegenständlicht.419 Im Ergebnis besteht in Rechtsprechung 420 und Lehre 421 weitestgehend Einigkeit darüber, dass Rechtsgeschäfte über das Urheberpersönlichkeitsrecht, gerade auch über das Recht auf Werkintegrität, in gewissem Maße zulässig und erforderlich sind, um den Bedürfnissen der Praxis gerecht zu werden. Die Grenzen derartiger Rechtsgeschäfte sowie deren rechtliche Einordnung sind recht umstritten. Im Folgenden gilt es deshalb, die im Rahmen des § 29 Abs. 1 UrhG zulässigen Rechtsgeschäfte zu ermitteln. Dazu bedarf es zunächst der Klärung der Frage, ob § 39 Abs. 1 UrhG eine abschließende Regelung darstellt und insofern allein schuldrechtliche Änderungsvereinbarungen im Sinne der Norm zulässig sind. Ist dies nicht der Fall, so lässt sich aus § 39 Abs. 1 UrhG schließen, dass zumindest obligatorische Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht erlaubt sind.
II. § 39 Abs. 1 UrhG als nicht abschließende Regelung Aus dem Wortlaut des § 29 Abs. 2 UrhG, der besagt, dass die in § 39 UrhG geregelten Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte zulässig sind, könnte geschlossen werden, in § 39 Abs. 1 UrhG befände sich eine abschließende Regelung zur Zulässigkeit von Rechtsgeschäften über Urheberpersönlichkeitsrechte. Dies ist jedoch zu verneinen. Der Wortlaut des § 29 Abs. 2 UrhG stellt vielmehr ein Redaktionsversehen dar.422 Als Teil der UrheberForkel GRUR 1988, 491, 498 f.; Schilcher S. 146; Schricker, FS Hubmann S. 409, 419. 420 BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“; BGH GRUR 1971, 269, 271 – Das zweite Mal. 421 Dreier/Schulze/Schulze § 14 Rn. 41; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4 f., § 14 Rn. 20; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 36 f.; Schilcher S. 145; Ulmer § 89 I, S. 379; so wohl a. Möhring/Nicolini/ Kroitzsch § 14 Rn. 8. 422 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28a; Schricker GRUR Int. 2002, 797, 799. 419
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vertragsrechtsreform von 2002 sollten ursprünglich in § 39 UrhG die in Praxis und Rechtsprechung für bereits zulässig erachteten Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte gesetzlich geregelt werden.423 Der Entwurf einer Neufassung des § 39 UrhG wurde letztendlich nicht in das UrhG übernommen. Der im Zuge der Reform in § 29 Abs. 2 UrhG eingefügte Verweis wurde dennoch nicht entfernt, was den missverständlichen Wortlaut der Norm erklärt. § 29 Abs. 2 UrhG stellt insofern nur klar, dass die bereits für zulässig erachteten Rechtsgeschäfte über urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse erlaubt sind.424 Ferner kann mit dem Sinn und Zweck der Gesetzesänderung argumentiert werden. Der Urheber sollte durch die Reform am wirtschaftlichen Nutzen seiner Arbeit angemessen beteiligt werden.425 Werden dem Urheber die bereits anerkannten, rechtlichen Dispositionsmöglichkeiten genommen, so würde dem Urheber die wirtschaftliche Verwertung seines Werkes, entgegen der Intention des Gesetzgebers, erheblich erschwert. Insgesamt hat sich durch die Reform des Urhebervertragsrechts nichts an der bisherigen Rechtslage geändert. Anstatt Unsicherheiten zu beseitigen, hat der Gesetzgeber mit § 29 Abs. 2 UrhG für weitere Verwirrung gesorgt. Die Grenzen sowie die rechtliche Einordnung der Rechtsgeschäfte über das Urheberpersönlichkeitsrecht sind weiterhin unklar. Gegen eine abschließende Regelung in § 39 Abs. 1 UrhG sprechen zudem die §§ 41 Abs. 4, 42 Abs. 2 UrhG. Demnach kann auf die Rückrufrechte – die nach h.M. zu den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen zählen – im Voraus nicht verzichtet werden bzw. deren Ausübung kann (im Voraus) nicht ausgeschlossen werden. Diese Regelungen wären überflüssig, wenn der Urheber über die gemäß § 39 Abs. 1 UrhG zulässigen Rechtsgeschäfte hinaus keine rechtlichen Dispositionen treffen dürfte.426 423 Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 9; Grunert S. 39 f. Vgl. Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 14/6433, S. 4 f. 424 Dreier/Schulze/Schulze § 29 Rn. 3, § 39 Rn. 9; Schricker GRUR Int. 2002, 797, 800. 425 Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 14/6433, S. 1; Grunert S. 39 f. 426 Dieselhorst S. 138 f.; Jänecke S. 190; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 416 f.
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Darüber hinaus sprechen praktische Erwägungen gegen die Sichtweise, § 39 Abs. 1 UrhG enthalte eine abschließende Regelung. Denn dann wäre es entgegen der üblichen Praxis bspw. nicht mehr erlaubt, dass der Urheber den Verleger oder Filmhersteller den Zeitpunkt und die Umstände der Erstveröffentlichung bestimmen lässt.427 Folglich ist in § 39 Abs. 1 UrhG keine abschließende Regelung der Rechtsgeschäfte über das Urheberpersönlichkeitsrecht zu sehen. Aus § 39 Abs. 1 UrhG, der eine Ausnahme zu § 29 Abs. 1 UrhG darstellt, lässt sich schließen, dass schuldrechtliche Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht allgemein zulässig sind, weil diese nicht zu einem Rechtsverlust beim Urheber führen. Dies wirft aber die Frage auf, welche Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht neben denen schuldrechtlicher Art statthaft sind.
III. Die Zulässigkeit der konstitutiven Übertragung des Rechts auf Werkintegrität Zum Schutz des Urhebers wollte der Gesetzgeber mit der Schaffung des § 29 Abs. 1 UrhG allein den vollständigen und endgültigen Rechtsverlust durch die Übertragung des Urheberrechts oder Teilen davon verhindern. Diese Ansicht bestätigt § 39 Abs. 1 UrhG, der schuldrechtliche Änderungsvereinbarungen ausdrücklich vom Verbot des § 29 Abs. 1 UrhG ausnimmt. Deshalb verbietet der Gesetzgeber eine translative Rechtsübertragung im Zusammenhang mit der Einräumung von Nutzungsrechten. Eine konstitutive Nutzungsrechtsübertragung lässt er dagegen ausdrücklich zu.428 Die Einräumung von Nutzungsrechten hat in den §§ 31 ff. UrhG eine eindeutige gesetzliche Regelung erfahren. Die §§ 31 Abs. 5, 34, 35, 37 UrhG enthalten dabei gewisse Beschränkungen. Im Hinblick auf § 29 Abs. 1 UrhG bleibt jedoch unklar, ob die konstitutive Übertragung des Werkintegritätsrechts zulässig ist.
Jänecke S. 189 f. Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 243, 272. Das Gesetz spricht allerdings nur von einer Übertragung (vgl. § 34 Abs. 1 S. 1 UrhG) oder Verfügung (vgl. § 40 Abs. 1 UrhG). 427 428
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1. Die konstitutive Übertragung 1.1. Die Klarstellung von Begrifflichkeiten
Die Begriffe „translativ“ und „konstitutiv“ sind in der heutigen Rechtssprache nicht mehr gängig, obwohl sie eine Unterscheidung von verschiedenen Übertragungsformen erlauben, die gesetzlich vorgesehen sind.429 Die translative oder auch „freie“ Übertragung ist dabei der Regelfall. Sie ist bspw. bei der Übertragung von Eigentum an einer beweglichen Sache gegeben. Der neue Eigentümer bekommt „gerade dasjenige Recht, welches bisher dem Vorgänger zustand“.430 Der Rechtsinhalt bleibt trotz eines Wechsels der Rechtssubjekte derselbe. Eine konstitutive Übertragung ist gegeben, wenn „ein neues Recht, welches eingeschränkter ist, als das alte, von dem Rechte des Bestellers abgeleitet gebildet wird“.431 Diese besondere Art der Teilübertragung kommt bei der Bestellung des Nießbrauchs an einer beweglichen Sache vor.432 Im Sachenrecht gibt es außerdem den Nießbrauch an Rechten, allerdings muss das zu Grunde liegende Recht nutzbar und übertragbar sein.433 Das Erfordernis der Übertragbarkeit ergibt sich aus der Feststellung, dass die Bestellung nichts anderes als eine Teilübertragung ist, die sich nach den Vorschriften richtet, welche für die Übertragung des gesamten Rechts gelten. 1.2. Die konstitutive Übertragung von Nutzungsrechten
Die Nutzungsrechte werden als Tochterrechte des Urheberrechts (Mutterrechts) angesehen. Sie werden dem Nutzungsrechtsinhaber durch den Urheber auf Grund der im Nutzungsvertrag übernommenen schuldrechtlichen Verpflichtung als „gebundene Rechte“ eingeräumt.434 Durch die fortwährende Bindung der Tochterrechte an das Dernburg S. 353 verwendet synonym die Begriffe vollkommene Rechtsnachfolge und begrenzte Rechtsnachfolge, welche die Unterschiede noch deutlicher machen. 430 Dernburg S. 353. 431 Dernburg S. 353. 432 Wilhelm Rn. 8, S. 121. 433 § 1069 Abs. 2 BGB; Palandt/Bassenge § 1068 Rn. 1. 434 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 21; Schack Rn. 530. 429
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Mutterrecht behält der Urheber die Kontrolle über sein Werk.435 Der Verwerter bekommt aber die nötige Rechtssicherheit, die er für die wirtschaftliche Nutzung braucht. Bei der Übertragung werden die Vorschriften über Willenserklärungen, sowie die §§ 398, 413 BGB analog angewendet.436 Eine direkte Anwendung ist wegen der Unübertragbarkeit des Urheberrechts nicht möglich. Da im Urheberrecht kein numerus clausus wie im Sachenrecht herrscht, ist die Aufspaltung des Urheberrechts ohne eine gesetzliche Festlegung der Teilrechte möglich.437 2. Die konstitutive Übertragung des Rechts auf Werkintegrität 2.1. Die in der Lehre vertretenen Einzelansichten
Eine gesetzliche Regelung zur Zulässigkeit der konstitutiven Übertragung der Urheberpersönlichkeitsrechte hat der Gesetzgeber nicht getroffen.438 Auf Grund des praktischen Bedürfnisses der Übertragung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen in Verbindung mit der Einräumung von Nutzungsrechten liegt die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke im UrhG nahe. Ein Teil der Lehre bejaht eine derartige „Regelungslücke“,439 ohne diese aber als solche zu bezeichnen.440 Eine konstitutive RechtsüberGötting, FS Schricker, S. 53, 66. Schack Rn. 536 437 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff. Rn. 19. 438 Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 79; Schilcher S. 152. 439 Der Terminus findet sich bei Metzger S. 28 f. Eine Regelungslücke besteht immer dann, wenn trotz rechtlicher Erforderlichkeit vom Gesetzgeber für einen bestimmten Sachverhalt keine Regelung geschaffen wurde und dieser nicht bewusst darauf verzichtet hat (planungswidrige Unvollständigkeit). Auch hier soll der Begriff gewählt werden, weil die Erforderlichkeit einer Regelung besteht, obwohl sich der Begriff eigentlich nur bis zum Jahr 2002 als vollkommen zutreffend erweist. Denn damals hat sich der Gesetzgeber im Zuge der Urheberrechtsreform von 2002 bewusst dazu entschieden keine neue Regelung für Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte in das UrhG aufzunehmen. Metzger S. 30 ff. begründet die Annahme einer Regelungslücke als einziger ausführlich und überzeugend, indem er eine umfassende Gesetzesauslegung, die Wortlaut, Systematik, Historie und Sinn und Zweck der Norm beachtet, vornimmt. 440 Z.B. Forkel S. 196: „Gebundene Übertragungen für urheberpersönlichkeitsrechtliche Berechtigungen hat das neue Gesetz nicht allgemein vorgesehen …“; Rehbinder Rn. 592: „… läßt sich dem Gesetz nichts Grundsätzliches entnehmen.“ 435 436
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tragung, wie sie bei den Verwertungsrechten zulässig sei, müsse auf Grund der monistischen Theorie auch im Hinblick auf die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse erlaubt sein.441 Zudem wird auf die Rechtslage vor in Kraft treten des UrhG verwiesen. Damals seinen Verfügungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht zulässig gewesen.442 Während des Gesetzgebungsprozesses habe keine Auseinandersetzung mit der in Rechtsprechung und Praxis für zulässig erachteten Teilübertragung, noch über die möglichen Verfügungsformen stattgefunden.443 Deshalb habe der Gesetzgeber mit dem UrhG keine Änderung der Rechtslage herbeiführen wollen. Die Gegenansicht lehnt die Zulässigkeit einer konstitutiven Übertragung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen ab; dem UrhG seien weder eine ausdrückliche Regelung, noch Anhaltspunkte für die Zulässigkeit zu entnehmen.444 Die Einräumung der Nutzungsrechte regle das UrhG dagegen ausdrücklich in den §§ 31 ff. UrhG, wobei der Gesetzgeber gewisse Schutzmechanismen vorgesehen habe. Bspw. sei die Weiterübertragung von Nutzungsrechten von einer Zustimmung des Urhebers abhängig (§ 34 Abs. 1 UrhG).445 Ferner unterscheide der Gesetzgeber sprachlich zwischen den Verwertungsrechten, welche Bestandteile des Urheberrechts sind, und den Nutzungsrechten, welche einem Dritten eingeräumt werden könnten. Durch diese terminologische Differenzierung werde zum Ausdruck gebracht, dass beide Rechte nicht identisch seien.446 Eine derartige Unterscheidung treffe der Gesetzgeber bei den Urheberpersönlichkeitsrechten gerade nicht, was gegen deren Übertragbarkeit spreche. 2.2. Stellungnahme
Die erste Ansicht überzeugt. Schon vor in Kraft treten des UrhG waren Verfügungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht zulässig. Hätte der Gesetzgeber diese in jeglicher Form für unzulässig erklären Forkel S. 201 f.; ders. GRUR 1988, 491, 496; Jänecke S. 216; Grohmann S. 149; Rehbinder Rn. 598; Schilcher S. 151 f. 442 Vgl. Forkel S. 168 ff. S.o. S. 90 Fn. 414. 443 Forkel S. 168, 176, 197. 444 Dieselhorst S. 134 f.; Heeschen S. 69 f.; Müsse S. 69; Schack Rn. 564; Schilcher S. 152 f.; Ulmer § 89 I, S. 379; v. Welser S. 90. 445 Schilcher S. 153; v. Welser S. 90. 446 Schilcher S. 153; v. Welser S. 90. 441
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wollen, hätte er eine entsprechende Regelung getroffen. Durch die Schaffung des § 29 Abs. 1 UrhG wollte der Gesetzgeber zum Schutz des Urhebers allein dessen völligen Rechtsverlust verhindern. Es wäre zudem widersprüchlich, die konstitutive Übertragung von Nutzungsrechten zu erlauben, die von Urheberpersönlichkeitsrechten aber nicht. Schließlich vereinen beide als Teil des Urheberrechts vermögens- und persönlichkeitsrechtliche Aspekte in sich, weshalb die Übertragung persönlichkeitsrechtlicher Befugnisse vom Gesetzgeber nicht gänzlich ausgeschlossen, sondern ganz im Gegenteil im Rahmen der §§ 31 ff. UrhG sogar erlaubt sein sollte. Somit sind schuldrechtliche Vereinbarungen über das Integritätsrecht und dessen konstitutive Übertragung zulässig.
B. Die „Lückenfüllung“ durch die Rechtsprechung und Literatur Im Urheberrecht fehlen Regelungen, welche im Bereich des Urheberpersönlichkeitsrechts die Grenzen der zulässigen Rechtsgeschäfte und deren Rechtsnatur bestimmen. Deshalb wurden zur Füllung dieser „Regelungslücken“447 durch Rechtsprechung und Lehre eine recht unübersichtliche Anzahl rechtlicher Konstruktionen geschaffen. Die einzige Gemeinsamkeit dieser „Geschäftstypen“ besteht in der Einteilung in zwei große Fragenkomplexe.448 Einerseits wird gefragt, innerhalb welcher Grenzen Rechtsgeschäfte über die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse überhaupt möglich sind. Andererseits erfolgt eine Erörterung der Rechtsnatur derartiger Rechtsgeschäfte. Die Dispositionen werden bspw. als gebundene Rechtseinräumung,449
Hier sei erneut darauf hingewiesen, dass ins neue Urhebervertragsrecht von 2002 keine Bestimmung der Rechtsnatur und des Umfangs der rechtlichen Dispositionen über das UPR aufgenommen wurde, so dass der Gesetzgeber insofern bewusst keine Regelung treffen wollte und deshalb nicht von einer Regelungslücke im rechtlichen Sinne gesprochen werden kann. Vgl. bereits S. 96 Fn. 439. 448 Dazu Forkel S. 195; Jänecke S. 191, 198; Metzger S. 37 f. 449 So z.B. Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 26a; Forkel S. 192; Rehbinder Rn. 598. 447
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als Einwilligung,450 als Erlassvertrag 451 oder Überlassung zur Ausübung452 eingeordnet. Im Folgenden sollen zunächst die Theorien zur Bestimmung der zulässigen Grenze von Rechtsgeschäften näher beleuchtet werden und anschließend wird ein Überblick über die möglichen rechtlichen Dispositionsarten gegeben. I. Die Theorien zur Bestimmung des Umfangs der zulässigen Rechtsgeschäfte 1. Die Kernbereichstheorie 1.1. Der unverzichtbare Kern als Grenze der zulässigen Rechtsgeschäfte
Nach der h.M. in Rechtsprechung 453 und Lehre,454 u.a. nach Bullinger, Forkel, v. Gramm, Hertin und Schulze, sind Rechtsgeschäfte über das Urheberpersönlichkeitsrecht zulässig, sofern sie nicht in den unverzichtbaren Kernbereich des Urheberpersönlichkeitsrechts eingreifen. Allerdings besteht keine Einigkeit darüber, wie der unverzichtbare Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts zu bestimmen ist. So z.B. BGH GRUR 1986, 458, 459 – Oberammergauer Passionsspiele I; Jänecke S. 220. 451 So z.B. Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 5; v. Gramm § 14 Rn. 7; Rehbinder Rn. 594. 452 So z.B. Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4; Rehbinder Rn. 593; Schack Rn. 564; Schilcher S. 155. 453 RGZ 123, 312, 320 – „Wilhelm Busch“; BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“; BGH GRUR 1963, 40, 42 – Straßen – gestern und morgen; BGH GRUR 1971, 69, 271 – Das zweite Mal; BGH GRUR 1986, 458, 459 – Oberammergauer Passionsspiele I; BGH GRUR 1999, 230, 232 – Treppenhausgestaltung; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; OLG Hamburg GRUR 2006, 323, 325 – Handy-Klingeltöne II. 454 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 6; Dreier/ Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12, § 14 Rn. 41; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 3; v. Gramm § 11 Rn. 7; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 27; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 7; Bullinger S. 82; Dieselhorst S. 142; Federle S. 69 f.; Forkel S. 192 f.; Götting, FS Schricker, S. 53, 66; Grohmann S. 159 f.; Kellerhals S. 120; Osenberg S. 38; Rehbinder Rn. 595; Schack Rn. 312; Schilcher S. 165; Seetzen S. 50; Ulmer § 89 I, S. 379; Wallner S. 201; so wohl a. Möhring/ Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 8. 450
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Das RG definierte das gesamte Urheberpersönlichkeitsrecht, insbesondere den Entstellungsschutz, als unveräußerlichen Teil des Urheberrechts.455 Der BGH sieht dagegen nur einen Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts als unverzichtbar an. Dieser Teil gebe dem Urheber die Berechtigung, gegen schwerwiegende Beeinträchtigungen der „geschützten Persönlichkeitssphäre“ vorzugehen. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung wurde insbesondere in der Veröffentlichung von Aufzeichnungen in entstellender Form gesehen.456 Den weiteren Entscheidungen ist zu entnehmen, welche urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse der BGH zum unverzichtbaren Kern rechnet.457 Das Recht gegen Entstellungen aus § 14 UrhG ordnet der BGH diesem besonders sensiblen Bereich zu.458 Eine genaue Definition des unverzichtbaren Kerns erfolgt nicht. Aus der Rechtsprechung des BGH zieht deshalb ein Teil der Lehre den Schluss, der Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts werde allein bei besonders schwerwiegenden Eingriffen in die persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers in Bezug auf sein Werk berührt.459 Der unverzichtbare Kern stehe nicht genau fest, er müsse vielmehr durch eine Abwägung der Interessen der beteiligten Personen ermittelt werden, wobei es auf den konkreten Zusammenhang des Rechtsgeschäfts und die damit verfolgten Zwecke ankomme.460 Das Entstellungsverbot des § 14 UrhG sei aber auf alle Fälle zu diesem unverzichtbaren Kern zu zählen.461
RGZ 123, 312, 320 – „Wilhelm Busch“. BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“. 457 BGH GRUR 1963, 40, 42 – Straßen – gestern und morgen: Recht auf Namensnennung; BGH GRUR 1971, 269, 271 – Das zweite Mal und BGH GRUR 1986, 458, 459 – Oberammergauer Passionsspiele I: Recht gegen Entstellungen. 458 BGH GRUR 1971, 269, 271 – Das zweite Mal; BGH GRUR 1986, 458, 459 – Oberammergauer Passionsspiele I; BGH GRUR 1999, 230, 232 – Treppenhausgestaltung. 459 Dieselhorst S. 146; Forkel S. 193. 460 Dieselhorst S. 145 f.; Federle S. 70; Forkel S. 193; a.A. Schilcher S. 164, welche der Ansicht ist durch die Interessenabwägung lasse sich kein absoluter Residualbereich herausschälen, da die Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nur relative Ergebnisse zulasse. 461 V. Gramm § 11 Rn. 7, § 14 Rn. 7; Forkel S. 193 f.; 210; so a. Ulmer § 89 III 2, S. 381; diff. Osenberg S. 203 f.; a.A. Dieselhorst S. 158, 161. 455 456
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Eine andere Ansicht in der Lehre geht von der Unverzichtbarkeit des jeweiligen Stammrechts aus.462 Der unverzichtbare Kern sei demnach das geistige Band, das Urheber und Werk untrennbar miteinander verbindet.463 Bei pauschalen rechtlichen Dispositionen über das Integritätsrecht des § 14 UrhG sei der unverzichtbare Kern jedenfalls betroffen, nicht dagegen bei ausreichend konkreten Vereinbarungen.464 Zudem wird die Meinung vertreten, zur Ermittlung des unverzichtbaren Kernbereichs müsse eine Unterscheidung nach den persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers erfolgen.465 Die persönlichen Interessen seien im UrhG geregelte Anwendungsfälle des zivilrechtlichen allgemeinen Persönlichkeitsrechts, die als höchstpersönliche, auf die Person des Urhebers bezogene Regelungen, unverzichtbar seien; im Gegensatz dazu könne auf die Befugnisse, welche den geistigen Interessen des Werkes dienen, verzichtet werden, da sie wegen ihres Werkbezugs nicht zum absolut geschützten Kernbereich gehörten.466 Führe eine Werkentstellung zu einer Rufschädigung – dies sei nur dann möglich, wenn die Urheberidentität bekannt sei –, seien die unverzichtbaren, persönlichen Interessen des Urhebers betroffen; anderes dagegen im Falle einer bloßen Werkänderung, bei der nur die ideellen Interessen des Urhebers berührt seien.467 Gerade dieser Ansatz ist starker Kritik ausgesetzt. Im Urheberrecht gebe es keine Befugnisse, die allein den persönlichen oder den geistigen Interessen des Urhebers dienten.468 Die persönlichen Interessen
462 Fromm/Nordemann/Nordemann § 11 Rn. 2, – Hertin Vor § 12 Rn. 3; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 27, 28; Schilcher S. 166; vgl. a. Schricker, FS Hubmann S. 409, 413, 419. 463 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 3, Vor § 28 Rn. 2; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 27. 464 Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 20; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28; Schilcher S. 165. 465 Peter UFITA 36 (1962), 257, 271 f.; Seetzen S. 50; vgl. a. Schilcher S. 157. 466 Peter UFITA 36 (1962), 257, 280; Seetzen S. 50 f.; siehe a. Forkel S. 205 f., der die gebundene Übertragung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen davon abhängig macht, ob diese die geistigen oder persönlichen Interessen des Urhebers schützen. 467 Peter UFITA 36 (1962), 257, 279 f., 288, 297 f.; Seetzen S. 63. 468 Dieselhorst S. 144; Forkel S. 191; Jänecke S. 193.
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würden darüber hinaus allein in ihrem Kern einen absoluten Schutz genießen, ansonsten seien sie verzichtbar.469 1.2. Die Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte im Falle des Eingriffs in den unverzichtbaren Kern
Es ist ferner strittig, wie die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit von Rechtsgeschäften über das Urheberpersönlichkeitsrecht zu begründen ist, die in den absolut geschützten Kernbereich eingreifen. Eine Ansicht zieht die Grenze der Zulässigkeit bei der Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 BGB.470 Ein „Anstandsgefühl aller Recht und billig Denkenden“ in Bezug auf Eingriffe in das Urheberpersönlichkeitsrecht dürfte aber mangels einer einheitlichen Rechts- und Kulturauffassung nicht leicht zu ermitteln sein.471 Andere leiten die Unwirksamkeit aus der Natur des Urheberpersönlichkeitsrechts bzw. aus dessen Eigenart ab.472 Die Rechtsprechung verzichtet sogar ganz auf die Begründung der Nichtigkeit. Sie begnügt sich lediglich mit deren Feststellung.473
Dieselhorst S. 145; Jänecke S. 193. KG Berlin UFITA 4 (1931), 527, 532 – „Die Affäre Dreyfus“; OLG Hamm GRUR 1967, 260, 262 – Irene von Velden; Dieselhorst S. 146; Federle S. 70 f., Kellerhals S. 120; Rehbinder Rn. 595; Schack Rn. 566; Seetzen S. 64; Wallner S. 201. 471 Seetzen S. 64; Schilcher S. 162 f. Krit. dazu Jänecke S. 196; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 418 f. Ausf. Erörterungen bei Metzger S. 165 ff., 179, der im Ergebnis ein Verstoß gegen die guten Sitten bei Rechtsgeschäften über den Kernbereich des UPR nicht feststellen kann. 472 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 3; Forkel S. 190; Grohmann S. 159 f. Ausf. dazu Metzger S. 180 ff., 191 f., der aus der Natur der Sache nur Beschränkungen bzgl. Dispositionen über das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft herzuleiten vermag. 473 Z.B. BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“; BGH GRUR 1971, 269, 271 – Das zweite Mal; BGH GRUR 1986, 458, 459 – Oberammergauer Passionsspiele I; ebenso in der Literatur v. Gramm § 11 Rn. 7; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 27; Kreile/Wallner ZUM 1997, 625, 628. 469 470
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2. Die Vorhersehbarkeitstheorie 2.1. Die Vorhersehbarkeit des Eingriffs als Grenze der zulässigen Rechtsgeschäfte
Einige in der Lehre, insbesondere Schricker, halten Rechtsgeschäfte über urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse dann für zulässig, wenn die Eingriffe in das Urheberpersönlichkeitsrecht in der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung konkret umschrieben sind und im Voraus festgelegt werden, so dass für den Urheber die Eingriffe in ihrem Umfang und den Folgen voraussehbar sind.474 Vereinbarungen über pauschalisierte Eingriffe sind demnach nicht möglich. Weder § 14 UrhG noch die Kernbereichstheorie bilden eine Grenze.475 Die Theorie ist stark an die allgemeine Zweckübertragungslehre angelehnt und soll § 29 Abs. 1 UrhG gerecht werden. Ihre Anhänger verweisen auf die Rechtsunsicherheit, welche mit der Kernbereichstheorie verbunden sei.476 Mit ihr wird das Ziel der Stärkung der Privatautonomie des Urhebers, insbesondere der Vertragsfreiheit, verfolgt.477 Durch das Konkretisierungsbedürfnis bekommt aber auch der Werknutzer die „Sicherheit der Planung und Kalkulation“.478 Die Befürworter dieser Theorie argumentieren damit, dass Rechtsgeschäfte über andere Persönlichkeitsrechte wie Körperintegrität, Namensrecht und Recht am eigenen Bild, die mit dem UrheberDreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 93 f.; Heeschen S. 79; Goldmann GRUR 2005, 639, 644 f.; Grunert S. 193 f.; Jänecke S. 194 f.; Osenberg S. 40; im Grundsatz a. Metzger S. 197; v. Welser S. 74 f. Noch unter Wahrung eines Stammrechts, zu dem er das Recht gegen Entstellungen zählt, Schricker, FS Hubmann, S. 409, 419. Vgl. bereits Ulmer § 89 III 2, S. 381. Siehe a. OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; Berger/Wündisch/Freitag § 4 Rn. 28; Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 6; Fromm/Nordemann/Hertin § 14 Rn. 20; Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12, § 14 Rn. 41; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28, 28b; Erdmann, FS Nirk, S. 209, 221 f.; Wedemeyer, FS Piper, S. 787, 792. Diese vertreten im Wesentlichen die Vorhersehbarkeitstheorie ohne sich aber von der Vorstellung eines unverzichtbaren Kerns zu lösen, vgl. S. 101. 475 Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 94. 476 Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 93, v. Welser S. 70 f. 477 Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 93; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 419. 478 Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 94. 474
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persönlichkeitsrecht wesensverwandt sind, ebenfalls zulässig seien.479 Die Theorie entspreche außerdem dem Freiheitsgedanken des Art. 2 Abs. 1 GG; zu einer „Bevormundung des Urhebers“ dürfe es nicht kommen.480 Auf Grund der Rechtsnatur des Urheberpersönlichkeitsrechts seien Individualvereinbarungen, nicht aber kollektivvertragliche Lösungen, möglich.481 2.2. Die Unwirksamkeit der Rechtsgeschäfte bei unvorhersehbaren Eingriffen
Die Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts über das Urheberpersönlichkeitsrecht, dessen Umfang und Folgen für den Urheber nicht absehbar sind, ermittelt die Vorhersehbarkeitslehre durch einen Rückgriff auf den Rechtsgedanken der allgemeinen Zweckübertragungstheorie.482 So gelangt sie u.a. zur Unwirksamkeit der pauschalen Einräumung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse.483 Ihre gesetzliche Grundlage findet die Zweckübertragungstheorie in § 31 Abs. 5 UrhG; ihr Rechtsgedanke wird aber im gesamten Urheberrecht, bei den verwandten Schutzrechten und im Verlagsrecht angewendet, was die Übertragung auf das Urheberpersönlichkeitsrecht rechtfertigt.484 Sie enthält den Grundsatz, dass der Urheber im Zweifel nur in dem Umfang über seine Rechte verfügt hat, wie dies zur Erreichung des Vertragszwecks erforderlich ist. Die Regelung ist im Grenzbereich zwischen Auslegung und Korrektur anzusiedeln und
Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 93; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 412. Zu den Dispositionen über Persönlichkeitsrechte, vgl. Götting S. 142 ff., 271 f. 480 Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; vgl. a. Dreier/Katzenberger/v. Lewinski/ Schricker S. 93. 481 Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 94. 482 Jänecke S. 196 f.; Metzger S. 204 ff. [für den Werkschutz gemäß § 14 UrhG]; v. Welser S. 74 f.; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 419; vgl. a. Berger/Wündisch/ Freitag § 4 Rn. 28. 483 Vgl. BGH GRUR 1996, 121, 122 – Pauschale Rechtseinräumung. 484 BGH GRUR 1977, 551, 554 – Textdichteranmeldung; BGH GRUR 1996, 121, 122 – Pauschale Rechtseinräumung; Fromm/Nordemann/Hertin §§ 31/32 Rn. 41; v. Gramm § 30 Rn. 19; Möhring/Nicolini/Spautz § 31 Rn. 50; Schricker/ Schricker § 31 Rn. 36; Forkel S. 195 Fn. 365; Heeschen S. 82; Metzger S. 200; Schweyer S. 98 f.; v. Welser S. 74. 479
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enthält eine Spezifizierungslast für den Rechtserwerber.485 Auch wenn der Wortlaut des Vertrags keine Zweifel über den Umfang der Rechtseinräumung lässt, so bestimmt sich dieser dennoch allein nach dem Vertragszweck, was insofern zu der Unwirksamkeit der Rechtseinräumung führen kann, wenn sie vom Wortlaut, nicht aber vom Vertragszweck gedeckt ist.486 2.3. Die erweiterte Vorhersehbarkeitstheorie
Einige Autoren, darunter v. Welser und Metzger, haben die Vorhersehbarkeitstheorie bereits weiterentwickelt. Die so genannte „erweiterte Vorhersehbarkeitstheorie“ ergänzt den Ansatz um den Schutz vor Fremdbestimmung.487 So wird die analoge Anwendung des § 42 UrhG vorgeschlagen, welche den Rückruf der vertraglich gestatteten Änderungen gegen Entschädigung des Vertragspartners erlauben soll.488 Die Vertragsfreiheit des Urhebers wird durch die §§ 138, 307 BGB begrenzt.489 Die Sittenwidrigkeit ergebe sich dabei aus dem „Gesamtcharakter des Rechtsgeschäfts“, z.B. bei schwerwiegend gestörter Vertragsparität.490 3. Stellungnahme
An der Kernbereichslehre ist zu kritisieren, dass ihr eine genaue Definition des unverzichtbaren Kernbereichs nicht gelingt. Dies wiederum führt zu erheblichen Rechtsunsicherheiten. Der Werknutzer wird immer Gefahr laufen, doch in den unverzichtbaren Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts einzugreifen. Durch die Festlegung auf einen unverzichtbaren Kernbereich werden zudem weite Teile des Urheberpersönlichkeitsrechts von rechtlichen Dispositionen ausgeschlossen, welche für den Urheber finanziell interessant sein können. Die Privat-
485 Fromm/Nordemann/Hertin §§ 31/32 Rn. 19; Schricker/Schricker § 31 Rn. 34; Jänecke S. 196; Metzger S. 201. 486 Jänecke S. 196; Metzger S. 202. 487 Metzger S. 199 ff.; v. Welser S. 74 f. ohne aber den Begriff der erweiterten Vorhersehbarkeitslehre zu verwenden. 488 Metzger S. 213 ff.; v. Welser S. 80 ff. 489 Metzger S. 215 ff., 221 ff.; v. Welser S. 75, 77 f. 490 Metzger S. 223 ff.; v. Welser S. 75.
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autonomie des Urhebers wird auf diese Art und Weise zu stark eingeschränkt. Im Übrigen widerspricht die Kernbereichstheorie dem Schutzzweck des Urheberpersönlichkeitsrechts, der Sicherung der ideellen Interessen des Urhebers am Werk in Form der Selbstbestimmung, welche in einigen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Vorschriften, wie § 12 Abs. 1 UrhG und § 13 S. 2 UrhG, zum Ausdruck kommt.491 Dem Urheber als Schöpfer seines Werkes muss es grundsätzlich selbst überlassen sein, zu bestimmen, welche Eingriffe er in sein Werk erlaubt, mögen diese auch noch so schwerwiegend sein. Eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts kann jedenfalls gerade nicht in der Ausübung des vom Urheberpersönlichkeitsrecht geschützten Selbstbestimmungsrechts liegen.492 Zu beachten ist ferner, dass der freien Selbstbestimmung im Rahmen des Urheberpersönlichkeitsrechts weitaus größere Bedeutung beizumessen ist als bei anderen Persönlichkeitsrechten, denn ersteres schützt die Beziehung einer Person zu einem außerpersönlichen Gut, dem Werk; und nicht die Existenz und Unversehrtheit einer Person an sich. Allerdings muss eine pauschale Einräumung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen verboten bleiben; diese würde zur Aushöhlung des Selbstbestimmungsrechts führen, weil der Urheber nicht mehr selbst über sein Werk und die damit verbundenen ideellen Interessen verfügen könnte. Das Selbstbestimmungsrecht des Urhebers erfordert ferner, dass der Urheber Umfang und Folgen seiner Rechtseinräumung in jedem Einzelfall abschätzen kann, weshalb eine konkrete Umschreibung des Eingriffs und zwar im Voraus erforderlich ist. Zustimmung verdient die Ergänzung der Vorhersehbarkeitstheorie um den Schutz vor Fremdbestimmung. Oft hat der Urheber die weitaus schlechtere Verhandlungsposition. Die Verhandlungsmacht des Werknutzers darf nicht dazu führen, dass der Urheber seine urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse auf Grund von Zwang aufgibt. Die analoge Anwendung des § 42 UrhG ist daher sinnvoll. Die Überprüfung des Gesamtcharakters des Rechtsgeschäfts an Hand des Maßstabes von § 138 BGB ist dagegen abzulehnen. Der Begriff der 491 492
So a. v. Welser S. 74. So a. Jänecke S. 194; v. Welser S. 71.
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Sittenwidrigkeit ist zu unbestimmt. Es bedürfte in der Praxis erst einer langwierigen Herausarbeitung anerkannter Fallgruppen. Aber diese können niemals die notwendige Rechtssicherheit bieten. Jedoch ist die Anwendung des § 138 BGB aus einem anderen Grund verfehlt. Denn sie führt zu einem Zirkelschluss. Schricker hat die Vorhersehbarkeitslehre gerade entwickelt, um die Anwendung des § 138 BGB zu umgehen, weil es Rechtsprechung und Lehre nicht gelungen ist § 138 BGB im Hinblick auf die Zulässigkeit von Rechtsgeschäften über Urheberpersönlichkeitsrechte zu konkretisieren.493 Die Literatur hat sich zur Konkretisierung der Formel auf einen „unverzichtbaren Kern“ 494 berufen oder die Grenze bei „schweren Beeinträchtigungen“ 495 gezogen. Damit ist sie einer zugegebenermaßen schweren Konkretisierung des § 138 BGB aber nur ausgewichen. Durch die erneute Heranziehung des § 138 BGB als übergeordnete Kontrollnorm ist der Rechtspraxis daher wenig geholfen. Sie stünde vor dem alten Problem, der Unbestimmtheit. Gegner dieser Ansicht könnten einwenden, durch die Kumulation der Übertragung konkret bestimmter urheberpersönlichkeitsrechtlicher Einzelbefugnisse könne das Urheberpersönlichkeitsrecht so weit ausgehöhlt werden, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz von § 29 Abs. 1 UrhG vorliege. Diese Gefahr ist unrealistisch; das Urheberpersönlichkeitsrecht beinhaltet eine unendliche und unbestimmte Anzahl von Anwendungsfällen (vgl. die Generalklausel des § 11 S. 1 UrhG); der Urheber verliert durch die Übertragung von konkreten Einzelbefugnissen sein Urheberpersönlichkeitsrecht nie komplett.496 Nicht von der Hand zu weisen ist das Argument, dass durch geschickte und kunstvolle Formulierungen der Entstellungsschutz ausgehebelt werden kann.497 Dem entgegenzuhalten ist, dass der Urheber das Risiko bewusst eingeht und einkalkulieren kann. Bei der Anwendung der Schricker, FS Hubmann, S. 409, 419: „… der Brücke des § 138 BGB bedarf es dazu nicht.“ 494 V. Gramm § 11 Rn. 7; Ulmer § 41 II 1, S. 217, § 89 I, S. 379. 495 Hubmann S. 167. 496 Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 94; Jänecke S. 197. 497 Hoeren GRUR 1997, 866, 873: „Die Liste der Rechteverwerter wird folglich nur noch darin bestehen, möglichst konkrete Listen beabsichtigter oder denkbarer Werkentstellungen in ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen aufzunehmen. Formulierungskunst siegt dann über Entstellungsschutz.“; Goldmann GRUR 2005, 639, 646; Metzger S. 226 f.; v. Welser S. 74. 493
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Kernbereichstheorie bleibt er möglicherweise bis zu einem Rechtsstreit im Unklaren darüber, welche Veränderungen seines Werkes erlaubt sind, insbesondere weil die Grenzen zwischen einer Entstellung und Beeinträchtigung oft fließend sind. Im Ergebnis ist somit die Kernbereichstheorie wegen der vielen Rechtsunsicherheiten abzulehnen und der Vorhersehbarkeitstheorie zu folgen. Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht sind zulässig, sofern sie die zukünftigen Eingriffe konkret umschreiben und diese im Voraus festgelegt werden. Für den Urheber müssen die Eingriffe in sein Integritätsrecht in ihrem Umfang und den Folgen vorhersehbar sein.
II. Die verschiedenen Arten von Rechtsgeschäften Unklar ist im Übrigen, wie die Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte rechtlich zu konstruieren und einzuordnen sind. Diese Unsicherheit lässt sich wiederum auf eine fehlende gesetzliche Regelung und eine mangelhafte Rechtsprechung zur Schließung dieser „Regelungslücke“ zurückführen. Bei den herangezogenen Rechtsgrundlagen ist folgende Unterscheidung zu treffen: Der eine Teil ermöglicht dem Werkverwerter selbst, in das Urheberpersönlichkeitsrecht einzugreifen, ohne einem Abwehranspruch des Urhebers ausgesetzt zu sein; der andere Teil verschafft dem Erwerber eine Rechtsposition, mit der er selbst Eingriffe Dritter abwehren kann (treuhänderische Wahrnehmung).498 Diese unterschiedliche Ausrichtung erklärt zumindest teilweise die Bandbreite der vorgeschlagenen Rechtsgrundlagen. Auf Grund der unterschiedlichen Zwecksetzung der Rechtsgeschäfte sehen Rechtsprechung und Lehre prinzipiell nicht nur eine, sondern mehrere Rechtsgrundlagen für einschlägig an.499
Siehe dazu Metzger S. 38; Schack Rn. 563 f.; v. Welser S. 51. Z.B. Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4 f.: Überlassung zur Ausübung und Erlassvertrag; Jänecke S. 220: pactum de non petendo und tatbestandsausschließende Einwilligung. 498 499
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1. Die Klarstellung von Begrifflichkeiten
Leider verwenden einige Autoren die im Zusammenhang mit den verschiedenen „Geschäftstypen“ relevanten juristischen Begriffe, ohne sich über deren rechtliche Bedeutung genau im Klaren zu sein. Daher ist zunächst eine Definition der juristischen Begrifflichkeiten erforderlich. 1.1. Die Abgrenzung von dinglichen Rechten und Urheberrecht
Dingliche Rechte sind absolute Herrschaftsrechte an Sachen.500 Sie ordnen eine Sache (ein Objekt) einer Person (einem Subjekt) „unmittelbar“ zu und stehen deshalb dem Berechtigten gegen jedermann zu (absolute Wirkung).501 Eine Sache ist stets ein körperlicher Gegenstand (§ 90 BGB), d.h. ein greifbarer und abgrenzbarer Gegenstand.502 Die dinglichen Rechte umfassen somit die Rechtsbeziehung zwischen einer Person und einer Sache.503 Das Urheberrecht ordnet dagegen ein Werk einer bestimmten Person zu. Es schützt also die Urheber-Werk-Beziehung. Diese Zuordnung hat ebenfalls absolute Wirkung. Das Werk ist ein immaterielles Gut, welches durch eine körperliche Erscheinungsform, das Werkstück, in der Außenwelt sichtbar werden kann, aber nicht muss.504 Nur das Werkstück ist als Sache (§ 90 BGB) Gegenstand des Sachenrechts.505 Das Urheberrecht ist „ein Recht am Recht“ und nicht ein Recht an einem Sachkörper, weshalb es unkörperlich ist.506 Obwohl gewisse Parallelen zwischen beiden Rechten nicht zu leugnen sind, darf das Urheberrecht nicht als dingliches Recht bezeichnet
500 Brehm/Berger § 1 Rn. 9, 13; Palandt/Bassenge Einl. v. § 854 Rn. 2; Wilhelm Rn. 65, insb. Fn. 129. Die beschränkt dinglichen Rechte ordnen nur einzelne Befugnisse an einer Sache einer Person zu und begrenzen insofern das Herrschaftsrecht des Hauptrechtsinhabers, Palandt/Bassenge Einl. v. § 854 Rn. 5. 501 Brehm/Berger § 1 Rn. 9; Medicus Rn. 62; Schwab/Löhnig Rn. 182; Wilhelm Rn. 3, 6, 64 – 66, 75. 502 Brehm/Berger § 1 Rn. 1; Wolf Rn. 13. 503 Brehm/Berger § 1 Rn. 4. 504 Ulmer § 2 II 3, S. 13. 505 Ulmer § 2 II 1, S. 12. 506 Wilhelm Rn. 58 f.
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werden.507 Die dinglichen Rechte und das Urheberrecht zählen zu den absoluten Rechten, weil sie Wirkung gegenüber jedermann entfalten.508 Dingliche Rechte gibt es aber nur im Sachenrecht. Zwar ist das Urheberrecht auch ein gegenständliches Recht;509 allerdings ist Gegenstand des Urheberrechts eben kein Sachkörper, sondern das Werk als immaterielles Gut.510 1.2. Die Abgrenzung von Verfügungswirkung und „dinglicher Wirkung“
Verfügende Rechtsgeschäfte bewirken die Aufhebung, Übertragung und Belastung absoluter Rechte sowie die Aufhebung und Übertragung relativer Rechte.511 Verfügungsberechtigt ist allein der Inhaber der Verfügungsbefugnis; diese steht grundsätzlich dem Rechtsinhaber zu.512 Mit der Verfügung wird die Verfügungsbefugnis in dem Umfang der durch das Rechtsgeschäft bewirkten Rechtsänderung verbraucht. Weitere Verfügungen über denselben Rechtsgegenstand sind folglich nicht möglich.513 Da die Rechtsänderung gegenüber jedermann Wirkung entfaltet, hat die Verfügung absolute Wirkung.514 Die Verfügung über ein Sachenrecht wird als „dingliches“ Rechtsgeschäft“ bezeichnet, da sie die unmittelbare Begründung, ÜbertraFalsch deshalb Jänecke S. 213: „Dabei kann auch die Verbindung zu unkörperlichen Gütern wie Immaterialgütern als dingliches Recht bezeichnet werden.“ Die falsche Gleichstellung lässt sich wohl mit der „dogmatischen Stellvertreterfunktion des Sachenrechts“ (Brehm/Berger § 1 Rn. 14) begründen. Dingliche Rechte sind einfach ein Paradebeispiel für absolute Rechte. 508 Sowohl dingliche als auch absolute Rechte können den relativen Rechten gegenübergestellt werden. Diese wirken nur gegen den tatbestandlich Betroffenen. Ein Musterbeispiel sind die vertraglichen Rechte, welche ausschließlich gegen den Vertragspartner wirken. Eine Sache oder ein Recht wird also rein schuldrechtlich, d.h. mittelbar über eine Person, zugeordnet, vgl. Medicus Rn. 63; Schwab/Löhnig Rn. 181; Wilhelm Rn. 3, 6, 75. 509 Vgl. Rehbinder Rn. 90; Ulmer § 2 I, S. 11. 510 Kraßer GRUR Int. 1983, 537, 538 sieht darin allerdings nur eine terminologische Frage: „Ob man dabei nur Rechte an Sachen als körperlichen Gegenständen dingliche, Rechte an unkörperlichen Gegenständen jedoch gegenständliche oder auch diese Rechte dingliche nennt, ist eine bloß terminologische Frage.“ 511 Larenz/Wolf § 23 Rn. 35; Medicus, Rn. 208; Wilhelm Rn. 101. 512 Larenz/Wolf § 23 Rn. 38; Wilhelm Rn. 105. 513 Mit Ausnahme der Verfügung eines Nichtberechtigten und des gutgläubigen Erwerbs. 514 Metzger S. 39 f.: „Da Verfügungen absolut wirken …“. 507
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gung, Inhaltsänderung oder Aufhebung eines dinglichen Rechts beinhaltet.515 Die gegenüber jedermann geltende Rechtsänderung wird mit der „dinglichen Wirkung“ des Rechtsgeschäfts umschrieben. Im Ergebnis ist somit nichts anderes als eine Verfügung mit absoluter Wirkung über ein dingliches Recht gemeint. Wird nun im Rahmen der Verfügung über das Urheberrecht von einer „dinglichen Wirkung“ gesprochen, so entsteht der Eindruck es sei über ein dingliches Recht verfügt worden, obwohl eigentlich nur zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass die Verfügung absolute Wirkung entfaltet.516 Die Verfügungswirkung und die „dingliche“ Wirkung eines Rechtsgeschäfts müssen deshalb auseinander gehalten werden.517 1.3. Schlussfolgerung
Die Ausführungen zeigen, dass es verfehlt ist im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften über Urheberpersönlichkeitsrechte von einer „dinglichen“ Wirkung zu sprechen, insbesondere weil der Begriff „dinglich“ suggeriert das Urheberrecht habe den Charakter eines Sachenrechts. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Sachenrechte bedürfen als Brehm/Berger § 1 Rn. 18; Larenz/Wolf § 23 Rn. 13; Palandt/Bassenge Einl. v. § 854 Rn. 10. 516 Noch deutlicher wird der Unterschied zwischen Verfügung und dinglicher Wirkung im Zusammenhang mit relativen Rechten. Als Beispiel für eine Verfügung über ein relatives Recht sei die Abtretung einer Forderung (§ 398 BGB) genannt. Wird über die Forderung verfügt, so ändert sich nichts an deren Rechtscharakter als relatives Recht; es ändert sich allein ihre personelle Zuordnung mit Wirkung gegenüber jedermann. Der Zessionar bekommt keine dingliche bzw. absolute Rechtsstellung, da der Zedent keine solche Rechtsstellung hatte; siehe dazu Kraßer GRUR Int. 1983, 537, 538. Insofern hat jedes relative Recht eine absolute Dimension, nämlich bzgl. der Subjektseite der Zuordnung und nur diese ist bei der Verfügung betroffen, vgl. Wilhlem, Rn. 3. 517 Vgl. die Klarstellung bei Götting S. 144; Jänecke S. 217; Kraßer GRUR Int. 1973, 230, 232; ders. GRUR Int. 1983, 537 ff.: „Der unglückliche Einfall, wegen der scheinbaren Gemeinsamkeit in der Drittwirkung Verfügungsgeschäfte als dingliche Rechtsgeschäfte, ihre Wirkung als dinglich zu bezeichnen, erzeugt seit Jahrzehnten immer wieder Mißverständnisse.“; v. Welser S. 66. Brehm/Berger § 1 Rn. 18 weist auf die häufige Gleichstellung von Verfügung und dinglichem Vertrag hin. So unterscheidet bspw. Metzger S. 231 nicht sauber zwischen dinglicher Wirkung und Verfügungwirkung: „… sind auch Dispositionen mit Verfügungswirkung als unbedenklich einzustufen.“; „… sind grundsätzlich auch Dispositionen mit dinglicher Wirkung möglich.“ 515
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
außerpersönliche Rechte der rechtlichen Zuordnung zu einer Person. Sie unterliegen einem numerus clausus. Das Urheberrecht dagegen steht einer Person qua Schöpfungsakt zu; sein Inhalt ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Um rechtliche Unklarheiten und Verwirrungen zu vermeiden, sollte die gegenüber jedermann geltende Rechtswirkung eines Rechtsgeschäfts über Urheberpersönlichkeitsrechte immer mit „absolute Wirkung“ umschrieben werden. Die Autoren die von einer „dinglichen Wirkung“ sprechen, verwenden den Begriff vermutlich, um nicht in den Verdacht zu geraten, dass die von ihnen für zulässig erachteten Rechtsgeschäfte gegen § 29 Abs. 1 UrhG verstoßen.518 Der Begriff erlaubt ihnen eine für den Rechtsverkehr erforderliche, aber nicht unumstrittene Rechtswirkung zu verschleiern. 2. Der Änderungsvertrag
Die h.L., darunter Bullinger, Dietz, Hertin, Rehbinder und Schack, vertritt die Meinung, dass ein schuldrechtlicher Vertrag, Verletzungen des Urheberpersönlichkeitsrechts im vertraglich festgelegten Umfang zu dulden, zulässig sein müsse, um die Nutzung des Werkes überhaupt zu ermöglichen.519 Dabei dürfe allerdings der Kernbereich des Rechts nicht betroffen sein und eine wirtschaftlich sinnvolle Verwertung des Werkes müsse diese Einschränkung des Urheberpersönlichkeitsrechts rechtfertigen.520 Diese Ansicht wird gestützt durch die Möglichkeit einer obligatorischen Vereinbarung über das Änderungsrecht des Urhebers gemäß § 39 Abs. 1 UrhG.521
Um nur einige zu nennen: Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4; Wandtke/Bullinger/Bullinger § 14 Rn. 5; Bullinger S. 82; Jänecke S. 198, 213; Metzger S. 231; v. Welser, S. 57. 519 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4, § 14 Rn. 20; Möhring/Nicolini/ Kroitzsch § 14 Rn. 8, – Spautz § 39 Rn. 7; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 26, – Schricker Vor §§ 28 ff. Rn. 28; Bullinger S. 86; Rehbinder Rn. 594; Schack Rn. 566, 312; Schilcher S. 159. 520 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 26; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 Rn. 7. 521 Schilcher S. 145; vgl. a. Rehbinder Rn. 594, der § 39 Abs. 1 UrhG analog auf die anderen urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse, u.a. das Namensnennungsrecht, anwenden möchte. 518
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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Die schuldrechtliche Verpflichtung führt keine unmittelbare Rechtsänderung herbei, das Urheberpersönlichkeitsrecht bleibt in seinem Bestand unberührt.522 Der Urheber verpflichtet sich lediglich, die Ausübung seiner urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse zu unterlassen. Er behält die Möglichkeit, seine urheberpersönlichkeitsrechtlichen Verbotsrechte gegenüber Dritten geltend zu machen. Verletzt er dadurch seine Duldungspflicht aus dem Vertrag, kann er sich gegenüber seinem Vertragspartner schadensersatzpflichtig machen. In einzelnen Fällen schließt das Gesetz schuldrechtliche Einschränkungen der persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse ausdrücklich aus (§§ 41 Abs. 4 S. 2; 42 Abs. 2 S. 2 UrhG). Auf das Recht auf Werkintegrität übertragen heißt das Folgendes: Der Urheber kann einem Dritten vertraglich eine Änderungsbefugnis einräumen. Dabei verpflichtet er sich, seinen Abwehranspruch aus § 14 UrhG im Vertrag bestimmten Umfang nicht geltend zu machen. Im Ergebnis darf die Verpflichtung nie so weit gehen, dass das Integritätsrecht inhaltlich entwertet wird, denn dann liegt ein Verstoß gegen den Grundsatz des § 29 Abs. 1 UrhG vor. 3. Der Erlassvertrag
Grundsätzlich wird der Verzicht des Urhebers auf die Geltendmachung von aus der Rechtsverletzung resultierender (Unterlassungs-, Beseitigungs- und Schadensersatz-) Ansprüche im Wege eines Erlassvertrags523 (§ 397 Abs. 1 BGB) für zulässig erachtet.524 Begründet wird diese Ansicht damit, dass dem Urheber genau bewusst sei, inwieweit sein Urheberpersönlichkeitsrecht verletzt wurde und er nicht verpflichtet sei, seine Ansprüche rechtlich geltend zu machen.
Zu Inhalt und Wirkung der schuldrechtlichen Verträge, Metzger S. 40. Der Erlass ist ein verfügender Vertrag zwischen Gläubiger und Schuldner, der die „Beendigung“ der Forderung bewirkt. 524 OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; Dreier/ Schulze/Schulze § 29 Rn. 11; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 5, § 14 Rn. 20; v. Gramm § 14 Rn. 7; Federle S. 78, 81; Hubmann S. 224; Goldmann GRUR 639, 645; Rehbinder Rn. 593; Schilcher S. 161; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 417; Wallner S. 205. 522 523
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Außerdem wird zum Teil die rechtliche Konstruktion eines antizipierten Erlasses als statthaft angesehen, soweit sich der Erlass auf Ansprüche aus einer hinreichend konkretisierten, zukünftigen Rechtsverletzung bezieht, da es im Interesse des Werknutzers liege, schon vor einer potentiellen Rechtsverletzung eine vertragliche Regelung zu treffen.525 Andere halten einen (zweiseitigen) Verzicht auf einen noch nicht entstanden Abwehranspruch bereits begrifflich für ausgeschlossen.526 Ein nicht existenter Anspruch könne nicht erlassen werden.527 Zudem würde die Urheberrechtsverletzung keine Rechtsfolgen mehr auslösen, was einem unzulässigen, absoluten Verzicht auf das Urheberpersönlichkeitsrecht oder seiner Teilbefugnisse gleichkäme. Dem antizipierten Erlassvertrag wird ferner entgegengehalten, er verstoße gegen § 276 Abs. 3 BGB, welcher eine Haftungsbefreiung für zukünftiges, vorsätzlich rechtswidriges Verhalten verbiete.528 Dem Urheber wird es somit zugestanden, mit dem (potentiellen) Verletzer einen Erlassvertrag über den Verzicht von Ansprüchen aus einer (potentiellen) Integritätsrechtsverletzung zu schließen. 4. Das pactum de non petendo
Das „pactum de non petendo“ ist eine weitere Variante der Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte.529 Darunter wird die schuldrechtliche Vereinbarung, die aus der Urheberpersönlichkeitsverletzung resultierenden Ansprüche nicht geltend zu machen, ver-
BGHZ 40, 326, 330; BGH BB 1956, 1086 [mit dem Hinweis, dass diese Rechtsgeschäfte nicht unter § 397 Abs. 1 BGB fallen]; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 5; Rehbinder Rn. 593. 526 RGZ 124, 325, 326; 148, 257, 262; OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; v. Gramm § 14 Rn. 7 mit Verweis auf Einf. Rn. 109; Bullinger S. 85; Dieselhorst S. 140 f.; Federle S. 78; Grohmann S. 163; Heidmeier S. 97; Jänecke S. 200; Wallner S. 212; v. Welser S. 59; so a. Dasch S. 29 bzgl. des Rechts am eigenen Bild. 527 Vgl. Palandt/Grüneberg § 397 Rn. 3. 528 Götting S. 146; Jänecke S. 200. 529 Dieselhorst S. 141; Grohmann S. 150; Müsse S. 77; Wallner S. 211 f. Vgl. a. OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte. 525
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standen. Auf Grund dieser Vereinbarung entsteht der Anspruch; wobei die Vereinbarung als rechtshemmende Einrede wirkt.530 Durch das pactum de non petendo wird aber die Rechtswidrigkeit der Verletzungshandlung nicht beseitigt, was nicht im Interesse der Parteien liegen dürfte.531 Dasselbe gilt im Übrigen für den Erlass. Die Einrede aus dem pactum de non petendo kann als subjektives Recht gemäß §§ 413, 398 BGB mit Zustimmung des Urhebers übertragen werden.532 Das Zustimmungserfordernis ergibt sich aus folgender Überlegung: Können Nutzungsrechte nur mit Zustimmung des Urhebers auf Dritte übertragen werden, so muss das erst recht für eine urheberpersönlichkeitsrechtlich relevante Rechtsposition gelten.533 Das pactum de non petendo hat den Vorteil, dass der Urheber sich gegenüber Dritten schon vor einer Integritätsrechtsverletzung dazu verpflichten kann, spätere Ansprüche nicht geltend zu machen. 5. Die Einwilligung
Des Weiteren werden Rechtsgeschäfte im Bereich des Urheberpersönlichkeitsrechts als Einwilligung in die Rechtsverletzung angesehen.534 Umstritten ist aber, ob die Einwilligung tatbestandsausschließende oder rechtfertigende Wirkung hat. Das hängt von dem jeweiligen Tatbestand ab. Gehört ein Handeln gegen den Willen des Betroffenen zum Tatbestand, so hat die Einwilligung tatbestandsauschließende Wirkung, andernfalls allein rechtfertigende Wirkung.535 Mehrheitlich wird der Einwilligung im Hinblick auf die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse eine tatbestandsausschließende Wirkung zugeschrieben.536 Ausgehend von der Annahme, dass von den §§ 12 ff. UrhG das SelbstMüsse S. 77; v. Welser S. 60. Götting S. 146; v. Welser S. 60. 532 V. Welser S. 86. 533 V. Welser S. 86. 534 OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; v. Gramm § 14 Rn. 7; Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff. Rn. 28; Müsse. 78 f. 535 Vgl. § 227 BGB. 536 Grohmann S. 157; Jänecke S. 203; v. Welser S. 61 f.; so a. Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 170; Helle S. 102; Götting S. 146; a.A. Dasch S. 37, welcher der Einwilligung eine rechtfertigende Wirkung zuspricht. 530 531
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bestimmungsrecht des Urhebers geschützt werde und er durch die Einwilligung davon Gebrauch mache, könne diese Ausübung des Selbstbestimmungsrechts logischerweise nicht zu einer Verletzung eben dieser Rechte führen.537 Die Ansicht bestätige ein Vergleich mit dem Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG), welches, ebenso wie das Urheberpersönlichkeitsrecht, das Selbstbestimmungsrecht des Rechtsinhabers schütze.538 Rechtfertigungsgründe würden außerdem die Ausnahmen von einem im Tatbestand typisierten Unrecht darstellen. Da gerade Zustimmungen des Urhebers zu Änderungen seines Werkes der Normalfall, und nicht die Ausnahme seien, liefere ebenfalls ein Argument für die tatbestandsauschließende Wirkung.539 Strittig ist ferner, ob die Einwilligung als Rechtsgeschäft, geschäftsähnliche Handlung oder Realakt einzuordnen ist.540 Die Einordnung ist ganz entscheidend für die Option eines Widerrufs. Wird die Einwilligung als Rechtsgeschäft angesehen, finden die Regelungen über Willenserklärungen Anwendung (§§ 130 ff. BGB), so dass die Einwilligung grundsätzlich unwiderruflich ist und eine entsprechende Bindungswirkung erzeugen kann. Der Eingriff, den die Einwilligung erlaubt, ist selbst ein Realakt; diese Tatsache lässt aber keine Rückschlüsse auf die Rechtsnatur der Einwilligung selbst zu.541 Durch die Einwilligung wird der Erklärungsempfänger dem Willen des Erklärenden entsprechend in die Lage
Jänecke S. 202 f. Jänecke S. 202; siehe a. Götting S. 146. 539 V. Welser S. 61. 540 Jänecke S. 210, 212 f. plädiert für die Einordnung als Rechtsgeschäft; er möchte die Regelungen über die Willenserklärungen auf Grund des höchstpersönlichen Charakters des Urheberpersönlichkeitsrechts aber einschränken; deshalb lässt er gemäß § 42 UrhG analog einen Widerruf zu; ähnlich Götting S. 148, 166, der aber keine abschließende Einordnung als Rechtsgeschäft oder geschäftsähnliche Handlung vornimmt, sondern im Einzelfall fragt, ob die Anwendung der Regelungen zu den Willenserklärungen durch die Interessen der Beteiligten gerechtfertigt ist; so a. v. Welser S. 63 f., 80 ff [Rechtsgeschäft, aber keine schematische Anwendung der Vorschriften des BGB; Widerruf gemäß §§ 42 UrhG, 35 VerlG analog möglich]; siehe a. Dasch, S. 57 und Helle 102 f. [rechtsgeschäftliche Willenserklärung]; v. Gramm § 14 Rn. 7 mit Verweis auf Einf. Rn. 109 [verfügender Vertrag; obligatorische Verpflichtung]; Hubmann, Persönlichkeitsrecht, S. 171 [geschäftsähnliche Handlung]. 541 V. Welser S. 63 f.; a.A. BGH NJW 1959, 811. 537 538
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versetzt, in einem fremden Rechtskreis tätig zu werden, ohne Abwehransprüchen ausgesetzt zu sein.542 Damit führt die Einwilligung, ebenso wie die Willenserklärung, bewusst eine bestimmte Rechtsfolge herbei. Die Einordnung der Einwilligung als Rechtsgeschäft scheint daher angebracht. Darüber hinaus ist fraglich, welche Rechtswirkung die Einwilligung erzeugt. Die rechtliche Wirkung ist ausschlaggebend für die Rechtsposition des Verwerters. Teils wird ihr obligatorische Wirkung zugesprochen.543 Andere sehen in ihr eine Verfügung mit absoluter Wirkung.544 Gerade in diesem Zusammenhang wird von der „dinglichen Wirkung“ der Einwilligung gesprochen, obwohl nichts anders als die absolute Wirkung gemeint ist.545 Der „Nena-Entscheidung“ des BGH, die oft als Beweis für eine absolute Wirkung herangezogen wird, ist keine eindeutige Stellungnahme für eine derartige Wirkung der Einwilligung zu entnehmen.546 Denn der BGH wollte explizit nicht über die Übertragbarkeit des Rechts am eigenen Bild entscheiden.547 Dennoch hat er in seiner EntscheiV. Welser S. 63. OLG München ZUM 1985, 448, 450 – „Sammelbilder“; OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; v. Gramm § 14 Rn. 7 [Einwilligung als schuldrechtliche Verpflichtung, in dem vertraglich festgelegten Umfang keine Ansprüche geltend zu machen]; Götting S. 143; Jänecke S. 216. 544 V. Gramm § 14 Rn. 7: „dem Erlaßvertrag angenäherte Einwilligung als verfügender Vertrag über den künftigen Anspruch“; in Anlehnung an v. Gramm, ebenso OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; Dreier/ Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12; Grohmann S. 150, 163 f.; Helle, S. 109 [schuldrechtliches Verfügungsgeschäft]; abl. Götting S. 144; v. Welser S. 66. Jänecke S. 216 spricht der Einwilligung eine dingliche Wirkung zu, wobei die urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnis seiner Ansicht nach im Wege einer konstitutiven Rechtseinräumung – unter strenger Anwendung des Zweckübertragungsgrundsatzes und des § 42 UrhG analog – auf den Erwerber übergeht; abl. Götting S. 143; v. Welser S. 65. Vgl. a. Ernst-Moll GRUR 1996, 558, 562. 545 Z.B. Jänecke S. 216; v. Welser S. 64; vgl. Ernst-Moll GRUR 1996, 558, 562. 546 BGH GRUR 1987, 128 – Nena. Als Folge der Entscheidung gehen einige von einer quasi-dinglichen Wirkung der Einwilligung aus, so z.B. Ernst-Moll GRUR 1996, 558, 562. 547 „Für die Zuerkennung dieses Anspruchs bedarf es nicht einer Entscheidung der umstrittenen Frage, ob die Übertragung des Rechts am eigenen Bild wegen seines Rechtscharakters als allgemeines Persönlichkeitsrecht ausgeschlossen ist.“, BGH GRUR 1987, 128 – Nena. 542 543
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dung relativen Rechten einen Zuweisungsgehalt im Sinne der Eingriffskondiktion zugebilligt, um einen Drittschutz zu begründen.548 Kritiker halten dies jedoch für äußerst fragwürdig, weil schuldrechtliche Beziehungen Wirkung allein zwischen den Vertragsparteien entfalten könnten.549 Der Vorteil der Einwilligung mit absoluter Wirkung bestünde darin, dass der Verwerter eine gesicherte Rechtsposition bekäme. Durch die Übertragung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse kann er Dritten selbst Eingriffe in diese untersagen und Ersatzansprüche geltend machen. Bei der Einwilligung mit absoluter Wirkung kommt es außerdem, im Gegensatz zu der rein schuldrechtlichen Einwilligung, zu einem Verbrauch der Verfügungsmacht, so dass der Urheber daran gehindert ist, Einwilligungen desselben Inhalts gegenüber anderen zu erklären.550 Allerdings darf die Übertragung der Befugnisse durch die Einwilligung nur konstitutiv erfolgen, d.h. es muss eine Bindung an das Stammrecht erhalten bleiben. Eine vollständige Übertragung würde mit dem Grundsatz der Unübertragbarkeit gemäß § 29 Abs. 1 UrhG kollidieren.551 Die Unterschiede in der Wirkung werden dadurch ein wenig abgeschwächt, dass in allen Einwilligungsvarianten eine Übertragung derselbigen gemäß §§ 413, 398 ff. BGB an Dritte in Betracht kommt.552 Die Übertragung kann aber unter Heranziehung des Rechtsgedankens der §§ 34, 35 UrhG ausschließlich mit Zustimmung des Urhebers erfolgen.553 Einigkeit besteht darüber, dass sich die Einwilligung auf eine hinreichend konkretisierbare, zumindest in groben Zügen erkennbare Entstellung oder Beeinträchtigung beziehen muss.554
Zur Nena-Entscheidung, Helle S. 116; Götting S. 62; v. Welser S. 65. Hubmann, Anm. Schulze, RzU, BGZ 356, 5, 8; Götting S. 61 f. 550 Jänecke S. 217; v. Welser S. 66 f.; siehe dazu a. Götting S. 144 f. 551 Grohmann S. 147; Jänecke S. 216. 552 Jänecke S. 218 f.; v. Welser S. 86; so a. Dasch, S. 95 und Götting S. 162 f., insb. Fn. 104, die allerdings nur eine entsprechende Anwendung befürworten, da die Einwilligung kein subjektives Recht begründe. 553 Jänecke S. 219; Götting S. 163; v. Welser S. 86. 554 OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; Dreier/ Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12. 548 549
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Der Urheber kann damit Dritten eine Einwilligung zu Eingriffen in sein Integritätsrecht erteilen. Je nach Wirkung der Einwilligung ergibt sich eine unterschiedlich starke Rechtsposition des Einwilligungsempfängers. 6. Die Übertragung
Die Übertragung des Urheberpersönlichkeitsrechts wird ebenfalls in verschiedenen Formen für möglich gehalten; eine Variante, die Einwilligung mit absoluter Wirkung, wurde bereits besprochen. Bei der (Teil-)Übertragung des Urheberpersönlichkeitsrechts müssen die allgemeinen Übertragungsvorschriften der §§ 398, 413 BGB herangezogen werden.555 Diese Vorschriften können allerdings nur entsprechende Anwendung finden, weil sie eine Übertragbarkeit des Rechts voraussetzten, die beim Urheberpersönlichkeitsrecht wegen § 29 Abs. 1 UrhG gerade nicht gegeben ist. Die Übertragung als Form der Verfügung muss sich auf einen speziellen Gegenstand (Spezialitätsgrundsatz) beziehen und auf einzelne bestimmte Rechte gerichtet sein (Bestimmtheitsgrundsatz).556 Eine Übertragung des Urheberpersönlichkeitsrechts im weiten Sinne scheidet daher von vorne herein als Verfügungsgegenstand aus.557 6.1. Die „freie“ Übertragung als Verfügung mit absoluter Wirkung
Die translative Übertragung des Integritätsrechts ist wegen Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 UrhG abzulehnen.558 Der Vollständigkeit wegen werden dennoch die dazu vertretenen Rechtsansichten dargestellt. Vor Inkrafttreten des UrhG von 1965 hielt die Rechtsprechung eine derartige Übertragung des Änderungsrechts für zulässig.559 Die Westermann § 3 II 1, S. 20; Wilhelm Rn. 7. Brehm/Berger § 1 Rn. 42, 43; Schwab/Löhnig Rn 454; Wilhelm Rn. 20, 21. 557 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 26. S.o. S. 25. 558 Dieselhorst S. 135; Forkel S. 196; Wallner S. 55 f. 559 RGZ 151, 50, 53 – „Babbit-Übersetzung“; BGH GRUR 1955, 201, 204 – „Cosima Wagner“; BGH GRUR 1960, 609, 612 – Wägen und Wagen; OLG Köln GRUR 1953, 499 – „Kronprinzessin Cäcilie“. Vgl. a. S. 90 Fn. 414. 555 556
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neuere Rechtsprechung lässt Verfügungen über das Urheberpersönlichkeitsrecht in eingeschränktem Maße zu; dies aber ohne mit § 29 Abs. 1 UrhG zu argumentieren.560 Aus ihr lässt sich nichts über die Zulässigkeit von translativen Übertragungen entnehmen.561 Einige Autoren, darunter Dietz und v. Gramm, halten die Übertragung einzelner urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse für zulässig, soweit diese die Verwertung erst ermöglicht oder zumindest mit der Verwertung in unmittelbaren Zusammenhang steht und den Wesensgehalt des Urheberpersönlichkeitsrechts unangetastet lässt.562 Das Änderungsrecht sei daher übertragbar, nicht dagegen das weitergehende Recht gegen Entstellungen.563 In seiner Gesamtheit bleibe das Urheberpersönlichkeitsrecht aber unübertragbar. Eine Übertragung an Dritte, die außerhalb der Verwertung stehen, scheide ebenfalls aus. 6.2. Die gebundene Rechtseinräumung
Eine weitere Variante der Rechtsgeschäfte über das Urheberpersönlichkeitsrecht ist die von Forkel entwickelte Theorie von der „gebundenen Rechtsübertragung“; sie ist zwischen der Unübertragbarkeit und der Zulässigkeit relativ wirkender Rechtsgeschäfte angesiedelt.564 Für Forkel ist die gebundene Rechtsübertragung die bessere Alternative zur obligatorischen Vereinbarung, Einwilligung und Ermächtigung, die, wenn überhaupt, nur über „unbefriedigende(n) und umständliche(n) Konstruktionen“ verkehrsfähig seien.565 Die gebundene Rechtsübertragung verstoße nicht gegen § 29 Abs. 1 UrhG, da dieser Siehe dazu BGH GRUR 1995, 671, 673 – Namensnennungsrecht des Architekten; OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte [„dem Erlassvertrag angenäherte Einwilligung als verfügender Vertrag“]. 561 BGH GRUR 1987, 128 – Nena; siehe a. Forkel GRUR 1988, 491 f., welcher der Entscheidung des BGH Zweifel an der Unübertragbarkeit von Persönlichkeitsrechten entnimmt. 562 V. Gramm § 11 Rn. 7, § 29 Rn. 4 unter Berufung auf RGZ 151, 50, 53 – „Babbit-Übersetzung“ und RGZ 123, 312, 320 – „Wilhelm Busch“; Dietz S. 130; Krüger-Nieland, FS Hauß, S. 215, 220; Schack Rn. 563. 563 V. Gramm § 11 Rn. 7, § 14 Rn. 7, § 29 Rn. 4. 564 Forkel S. 168 ff., insb. 186 f. zum praktischen Bedürfnis der gebundenen Rechtsübertragung; ders. GRUR 1988, 491, 501; ders. NJW 1993, 3181. 565 Forkel S. 184. 560
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allein die unbeschränkte, translative Übertragung bzw. Veräußerung erfasse.566 Ferner enthalte das UrhG an einigen Stellen, allerdings versteckt, Regelungen über Verfügungen.567 Darüber hinaus weist Forkel darauf hin, dass es im UrhG keinen numerus clausus der zulässigen Rechtsgeschäfte gebe, und Persönlichkeitsrechte, nicht nur, weil ihnen ein Vermögenswert zukomme, Gegenstand von Verfügungen sein könnten.568 Dieser Konzeption haben sich etliche Autoren, wie Grunert, Rehbinder und Schulze angeschlossen.569 Der Rechtserwerb ermögliche dem Rechtserwerber eine gesicherte Rechtsposition, die im Rahmen der übertragenen Teilrechte eine von Abwehransprüchen freie Werknutzung gestatte und auf diese Weise eine Kommerzialisierung des Urheberpersönlichkeitsrechts ermögliche.570 Bei der gebundenen Rechtsübertragung bleibt das Mutterrecht (Vollrecht), das Urheberpersönlichkeitsrecht beim Urheber. Nur Tochterrechte (Teilrechte), urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse, werden davon abgespalten, die jedoch im Banne des Stammrechts stehen und dem Urheber so immer eine gewisse Kontrolle ermöglichen und den Inhaber des Tochterrechts zur Rücksichtnahme verpflichten.571 Auf Grund der beschränkten bzw. konstitutiven Wirkung sollte deshalb besser von einer „gebundenen Rechtseinräumung“ gesprochen werden, denn die rechtliche Disposition führt eben nicht zu einer vollständigen Rechtsübertragung, welche § 29 Abs. 1 UrhG gerade verbietet.572 Die Aufteilung erfolgt an Hand der jeweiligen Interessen der Forkel S. 196. Forkel S. 196 mit Verweis auf S. 178 ff. 568 Forkel S. 197 ff. 569 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 5; Dreier/ Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12, § 29 Rn. 19; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 38; Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 94; Federle S. 80; Grohmann S. 148 f.; Hubmann S. 223; Hoecht S. 101; Jänecke S. 216; Metzger, S. 228 ff.; Rehbinder Rn. 598; a.A. Kellerhals UFITA 2000, 617, 668 ff.; Heeschen S. 69 f.; Müsse S. 69; Schilcher S. 154 f.; v. Welser S. 90. Vgl. zum österreichischen Recht OGH GRUR Int. 1987, 262, 264 – Weihnachtslieder. 570 Federle S. 83; Jänecke S. 215 f. Zur Möglichkeit der Kommerzialisierung von Persönlichkeitsrechten, Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 41–44. 571 Vgl. Forkel S. 45 f.; ders. GRUR 1988, 491, 495. 572 So a. Müsse S. 66; Rehbinder Rn. 598. 566 567
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Beteiligten und nicht nach den Einzelbefugnissen.573 Das Teilrecht ist somit nicht mit einer urheberpersönlichkeitsrechtlichen Einzelbefugnis gleichzusetzen. Der Urheber verliert daher die Einzelbefugnisse nicht vollständig.574 Er kann auf diese Weise weiterhin Rechtsverletzungen Dritter abwehren und gegen Rechtsverletzungen des Inhabers des Tochterrechts vorgehen, die nicht mehr von seiner Berechtigung gedeckt sind.575 Erlischt das abgeleitete Recht, so fällt es ohne Rückübertragungsakt automatisch an den Inhaber des Mutterrechts zurück.576 Im Ergebnis handelt es sich folglich nicht um eine Übertragung, die den vollen und endgültigen Rechtsverlust bedeutet, sondern um eine Art „Teilübertragung“, ähnlich wie beim Nießbrauch.577 Somit besitzt die gebundene Rechtseinräumung Verfügungswirkung; sie bewirkt eine unmittelbare Rechtsänderung – das Mutterrecht wird belastet und in der Person des Erwerbers entsteht ein neues Recht. Die gebundene Rechtseinräumung richtet sich nach den §§ 31 ff. UrhG und in zweiter Linie nach den allgemeinen zivilrechtlichen Übertragungsregeln §§ 413, 398 ff. BGB.578 Dabei wird die beschränkte „Übertragung“ von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Berechtigungen für zulässig erachtet, soweit dies „das von den Beteiligten ins Auge gefasste konkrete Anliegen“,579 die Nutzungsrechtseinräumung, verlangt und der unverzichtbare Kern des Urheberpersönlichkeitsrechts davon unberührt bleibt.580 Der Umfang der Rechtseinräumung bestimmt sich primär nach Absprachen, fehlen diese, nach dem verfolgten Zweck.581 Daraus ergibt sich, „ob das bestellte Recht übertragbar ist oder nicht, ob Unterlizenzen statthaft sind, ob die Berechtigung eine ausschließliche oder nichtausschließliche ist und wie sie zeitlich, örtlich oder inhaltlich begrenzt ist“.582 Der unverzichtbare Vgl. Forkel GRUR 1988, 491, 495. Forkel GRUR 1988, 491, 497. 575 Forkel S. 192; ders. GRUR 1988, 491, 497; Rehbinder Rn. 598. 576 Forkel S. 192 [„Heimfall“]; ders. GRUR 1988, 491, 497. 577 Wilhelm Rn. 120. 578 Forkel S. 195 f., 203 f.; ders. GRUR 1988, 491, 497, 501. 579 Forkel GRUR 1988, 491, 497. 580 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 38; Forkel S. 184 f.; 193, 195; Hubmann S. 223 f. hält eine gebundene Übertragung in bestimmten Fällen ohne Nutzungsrechtseinräumung für zulässig. 581 Forkel S. 195. 582 Forkel GRUR 1988, 491, 497. 573 574
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Kern wird durch eine Abwägung der Interessen der Beteiligten ermittelt, bei der es auf den konkreten Zusammenhang ankommt und auf die mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Zwecke.583 Dieser wird zudem bereits durch das Verbleiben des Stammrechts beim Urheber und die fortbestehende Bindung des Teilrechts an das Stammrecht gewahrt.584 Der Urheber kann die gebundene Rechtseinräumung gemäß §§ 41, 42 UrhG analog widerrufen und etwaige zusätzliche Begrenzungen des gebundenen Rechts vereinbaren, um Schutz vor einem umfassenden Verlust seiner Berechtigung zu erlangen.585 Eine Weiterübertragung ist grundsätzlich mit Zustimmung des Urhebers möglich.586 Die gebundene Rechtseinräumung ermöglicht somit die weitreichendste Disposition über das Integritätsrecht, weil von diesem Teilrechte abgespalten werden und auf den Werknutzer übergehen. 7. Der Verzicht
Vielfach wird ein Rechtsgeschäft über das Urheberpersönlichkeitsrecht schlicht als Verzicht bezeichnet, ohne aber auf die Vieldeutigkeit des Begriffs näher einzugehen.587 Dies führt zu einer Verschleierung der eigentlichen Rechtswirkung. Verzichtsvereinbarungen werden als zulässige Dispositionen über das Urheberpersönlichkeitsrecht anerkannt, soweit sie sich allein auf die (zukünftigen) Ansprüche aus der Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten beziehen.588 Der Verzicht auf zukünftige Ansprüche wird aber nur im Falle einer hinreichend konkretisierten, zukünftigen Rechtsverletzung für zulässig erachtet. Forkel S. 193, 205. Forkel S. 192 f. 585 Forkel S. 181, 193, 195, 207 f.; 210; ders. GRUR 1988, 491, 497. 586 Jänecke S. 219. Beim Nießbrauch als unübertragbarem Recht ist dagegen nur eine obligatorische Überlassung zu Ausübung möglich (§ 1059 S. 2 BGB). 587 Metzger S. 39 Fn. 221; Osenberg S. 39; Schricker, FS Hubmann S. 409, 413. 588 Dreier/Schulze/Schulze § 29 Rn. 11; v. Gramm § 14 Rn. 7; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 5, § 14 Rn. 20; Schricker/Schricker § 29 Rn. 17; Federle S. 78; Goldmann GRUR 639, 645; Rehbinder Rn. 594; Schilcher S. 160 f.; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 417; Wallner S. 211 f. Siehe (antizipierter) Erlassvertrag S. 113 f.; pactum den non petendo S. 114 f. 583 584
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Ein Verzicht kann zudem in der schuldrechtlichen Vereinbarung, die Ausübung einer urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnis zu unterlassen, oder in der Einwilligung in eine Rechtsverletzung liegen.589 Die Grenze wird hier bei unzulässigen Pauschalverzichten gezogen. Die Gestattung von konkret umschriebenen, überblickbaren Eingriffen, auch im Voraus, ist möglich.590 Auf den Verzicht wird § 42 UrhG analog angewendet, so dass er grundsätzlich widerruflich ist.591 Überwiegend wird ein absolut wirkender Verzicht592 auf einzelne urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse oder deren Ausübung, sowie ein Generalverzicht mit absoluter Wirkung abgelehnt.593 Denn dieser Verzicht würde die einzelnen Befugnisse oder das Urheberpersönlichkeitsrecht insgesamt zum Erlöschen bringen. Die Unverzichtbarkeit wird z.B. von Schricker und Schulze aus der Unübertragbarkeit des Urheberrechts abgeleitet.594 Wie bereits erörtert ist eine translative Übertragung nicht mit § 29 Abs. 1 UrhG vereinbar. Andere, wie Bullinger, Dietz und Hertin, begründen die Unverzichtbarkeit mit der persönlichkeitsrechtlichen Rechtsnatur des
Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12; Bullinger S. 86; Schilcher S. 161. Siehe Änderungsvertrag S. 112 f., Einwilligung S. 115 ff. 590 LG München FuR 1980, 217, 218; Dreier/Schulze/Schulze Vor §§ 12 ff. Rn. 12; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28, – Schricker § 29 Rn. 19; Wandtke/Bullinger/ Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 18; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 417, 419. 591 Vgl. a. Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28d, welcher die Voraussetzungen der Widerrufbarkeit von Verzichtserklärungen und Gestattungen in Anlehnung an § 39 UrhG des RegE bestimmt. 592 Auch in diesem Zusammenhang wird fälschlicherweise oft von einer dinglichen Wirkung gesprochen, z.B. Bullinger S. 82; Jänecke S. 198; v. Welser S. 57; besser noch Federle S. 78, der vom quasi-dinglichen Verzicht spricht. 593 OLG München 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte; LG München FuR 1980, 217, 218; Dreier/Schulze/Schulze § 29 Rn. 11; Fromm/Nordemann/ Hertin Vor § 12 Rn. 5, Vor § 28 Rn. 2; v. Gramm § 29 Rn. 5; Möhring/ Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 8; Schricker/Schricker § 29 Rn. 19; Wandtke/Bullinger/ Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 5; Bullinger S. 82; Dieselhorst S. 139; Goldmann GRUR 639, 645; Heeschen S. 73; Heidmeier S. 95 f.; Hubmann S. 224; Jänecke S. 198; Osenberg S. 39, 199; Schack Rn. 312; Schilcher S. 156; Schricker, FS Hubmann S. 410, 417; Wallner S. 57; v. Welser S. 57 f. 594 Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 5; Dreier/ Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12; Schilcher S. 156; Schricker, FS Hubmann, S. 409, 413; Wallner S. 57. 589
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Urheberpersönlichkeitsrechts.595 Sie weisen darauf hin, dass der Schluss von der Unübertragbarkeit auf die Unverzichtbarkeit nicht zwingend sei; das Nießbrauchrecht sei bspw. unübertragbar (§ 1059 BGB), aber verzichtbar (§ 1064 BGB).596 Zwischen Schöpfer und Werk bestehe ein unauflösliches geistiges Band. Das Urheberpersönlichkeitsrecht habe seine Wurzeln u.a. in Art. 1 Abs. 1 GG, dem Grundrecht auf Menschenwürde. Dieses Recht sei unveräußerlich und unverzichtbar, weshalb auch auf das Urheberpersönlichkeitsrecht nicht verzichtet werden könne.597 In einzelnen Fällen schließt das Gesetz den Verzicht auf urheberpersönlichkeitsrechtliche Befugnisse sogar ausdrücklich aus (§§ 41 Abs. 4 S. 1; 42 Abs. 2 S. 1 UrhG).598 Bei einem Verzicht auf das Integritätsrecht ist daher im Einzelfall zu prüfen, welche rechtliche Wirkung mit dem Verzicht herbeigeführt werden soll. Ist eine absolute Wirkung des Verzichts beabsichtigt, so ist dieser wegen Verstoßes gegen § 29 Abs. 1 UrhG bzw. wegen der Rechtsnatur des Urheberpersönlichkeitsrechts nicht statthaft. 8. Die Überlassung zur Ausübung und die gewillkürte Prozessstandschaft
Die obligatorische „Überlassung zur Ausübung“ ist eine Variante der treuhänderischen Rechtswahrnehmung.599 Von Gegnern einer konstiFromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 3, Vor § 28 Rn. 2; v. Gramm § 29 Rn. 5; Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 5; Heidmeier S. 96; Jänecke S. 188; Osenberg S. 17; v. Welser S. 59. 596 Vgl. §§ 38 S. 1, 39, 717 S. 1, 736 BGB 597 Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 5; Bullinger S. 82. 598 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 26; Schricker, FS Hubmann S. 409, 416 f. mit dem Gegenschluss, dass diese Regelungen überflüssig wären, ließe das Gesetz den vertraglichen Ausschluss der Geltendmachung urheberpersönlichkeitsrechtlicher Befugnisse überhaupt nicht zu. 599 BGHZ 50, 133, 137 – Mephisto; Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4; Dieselhorst S. 135; Heeschen S. 69; Müsse S. 70; Rehbinder Rn. 593; Schack Rn. 564; Schilcher S. 155; Ulmer § 89 II, S. 379 f.; v. Welser, S. 101 ff. unterscheidet zwischen der zulässigen Ermächtigung zur Geltendmachung von Schadensersatz- und Abwehransprüchen und der unzulässigen Ermächtigung zu Eingriffen (Einwilligungsermächtigung) in das UPR 595
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tutiven und translativen Übertragung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen, wie Hertin, wird sie als einzige Möglichkeit der Wahrnehmung fremder Rechte in eigenem Namen angesehen.600 Der Urheber bleibt alleiniger Inhaber des Urheberpersönlichkeitsrechts. Dem Treuhänder ist es gestattet, das Recht im eigenen Namen geltend zu machen, allerdings nur neben dem Rechtsinhaber.601 Der Urheber kann somit weiterhin seine urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse wahrnehmen. Ihre Rechtsgrundlage findet die Überlassung der Rechte zur Ausübung in einer jederzeit widerrufbaren Ermächtigung zu verfügungsähnlichen Handlungen nach § 185 BGB.602 Insofern haben bei dieser rechtlichen Konstruktion im Konfliktfall die Interessen des Urhebers Vorrang.603 Kritisch wird in diesem Zusammenhang angemerkt, es werde oft verschwiegen, dass eine solche Überlassung gemäß § 399 1. Alt. BGB analog die Übertragbarkeit des Rechts zur Voraussetzung habe, was bei den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen mit höchstpersönlichem Charakter gerade strittig sei.604 Ihr prozessuales Gegenstück hat die „Überlassung zur Ausübung“ in der gewillkürten Prozessstandschaft. Der Erwerber hat so die Option, fremde Persönlichkeitsrechte prozessual im eigenen Namen geltend zu machen, soweit er ein eigenes schutzwürdiges Interesse nachweisen kann.605 Dabei sind sowohl der Dritte, als auch der Urheber aktivlegitimiert, wobei der Urheber im Konfliktfall seine Interessen gegen den Willen des Dritten durchsetzen kann. oder zum Abschluss eines Duldungsvertrags; vgl. dazu a. Götting S. 164 f.; Schack Rn. 567; a.A. Grohmann S. 147 f., der darin eine gebundene Übertragung sieht; gegen eine Überlassung zur Ausübung, Bullinger S. 192. 600 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4; Dieselhorst S. 135; Müsse S. 69 f.; Ulmer § 89 I, II, S. 379 f.; so a. Schack Rn. 564, allerdings nur im Falle der treuhänderischen Rechtswahrnehmung. 601 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4; Schack Rn. 565; Ulmer § 89 II 1, S. 380; ders., Anm. zu BGH GRUR 1971, 35, 42 – Maske in Blau. 602 Metzger S. 50; Müsse S. 70; Rehbinder Rn. 593; Schack Rn. 564; v. Welser S. 101. 603 Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 4; Müsse S. 71 f.; Ulmer § 89 II 1, S. 380; ders., Anm. zu BGH GRUR 1971, 35, 42 – Maske in Blau. 604 Metzger S. 50 und Schack Rn. 564, 725 weisen darauf hin. 605 Rehbinder Rn. 593; v. Welser S. 110 ff.
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Zum Teil wird die gewillkürte Prozessstandschaft entsprechend den zum allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelten Grundsätzen wegen des höchstpersönlichen Charakters, insbesondere der §§ 12–14 UrhG, abgelehnt.606 Die Geltendmachung des Rechts durch einen Dritten im eigenen Namen stünde dabei in Widerspruch zu der engen Verknüpfung von Person und Recht. Anders läge der Fall nur, wenn der ursprüngliche Rechtsträger verstorben sei.607 Für Anhänger der konstitutiven Rechtseinräumung ist die gewillkürte Prozessstandschaft ein Umweg, denn durch die gebundene Übertragung hat der Dritte eine eigene Rechtsposition, die er prozessual geltend machen kann.608 In den Fällen der Überlassung zur Ausübung bzw. der gewillkürten Prozessstandschaft nimmt eine Dritte Person treuhänderisch die integritätsrechtlichen Befugnisse des Urhebers wahr. Das Integritätsrecht verbleibt beim Urheber und er kann im Konfliktfall seine Interessen durchsetzen. 9. Stellungnahme
In der Praxis werden Urheber und Werknutzer die Rechtsgeschäfte über das Recht auf Werkintegrität nicht genau bezeichnen oder sie wählen sogar Generalklauseln. Diese Unbestimmtheit ist darauf zurückzuführen, dass sich die Parteien bei Vornahme der rechtlichen Dispositionen oft noch nicht im Klaren sind, welche Änderungen zu einer angemessenen Werkverwertung erforderlich sind. Durch eine Vertragsauslegung gemäß §§ 133, 157 BGB und über die entsprechende Anwendung der Zweckübertragungstheorie kann bestimmt werden, mit welcher Bindungswirkung und in welchem Umfang ein Rechtsgeschäft über das Integritätsrecht gewollt war. Dem Urheber wird es darauf ankommen, eine gewisse Kontrolle über sein Integritätsrecht zu behalten und schwerwiegende Eingriffe, auch BGH GRUR 1983, 379, 381 – Geldmafiosi [zum UWG]; Fromm/Nordemann/ Hertin Vor § 12 Rn. 6; Wandtke/Bullinger/Bullinger Vor §§ 12 ff. UrhG Rn. 5; Bullinger S. 192. 607 BGHZ 50, 133, 137, 140 – Mephisto; BGH GRUR 1995, 668, 670 – Emil Nolde; Fromm/Nordemann/Hertin Vor § 12 Rn. 6. 608 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert Vor §§ 31 ff. UrhG Rn. 40. 606
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gegenüber dem Werknutzer, abzuwehren. Der Inhaber des Nutzungsrechts strebt eine gesicherte Rechtsposition an, die es ihm erlaubt, die Nutzungsrechte auszuüben, ohne Abwehransprüchen des Urhebers ausgesetzt zu sein. Ferner möchte er gegenüber Dritten das Integritätsrecht durchsetzen können. Im Regelfall wird er außerdem ein Interesse daran haben, die Änderungsbefugnisse auf einen Lizenznehmer zu übertragen. § 39 Abs. 1 UrhG lässt schuldrechtliche Vereinbarungen über das Änderungsrecht ausdrücklich zu. Daher sind schuldrechtliche Verpflichtungen, wie die Änderungsvereinbarung, die Überlassung zur Ausübung und die Einwilligung mit obligatorischer Wirkung unbedenklich. Zu beachten ist, dass diese als Verzicht bezeichnet sein können. Die Änderungsvereinbarung und die Einwilligung (mit obligatorischer Wirkung) haben den Nachteil, dass sie den Urheber nur gegenüber dem Inhaber des Nutzungsrechts binden. Der Werknutzer erlangt keine derart gesicherte Rechtsposition, die es ihm gestattet, Eingriffe Dritter in die Integrität des Werkes abzuwehren. Die vertragliche Änderungsbefugnis kann nicht auf Dritte, insbesondere Lizenznehmer, übertragen werden. Vorteil der Einwilligung ist, dass sie bereits den Tatbestand der Rechtsverletzung ausschließt und mit Zustimmung des Urhebers als subjektive Rechtsposition weiterübertragen werden kann. Die Überlassung zur Ausübung entfaltet ebenfalls ausschließlich relative Wirkung. Der Werknutzer kann das Integritätsrecht in eigenem Namen geltend machen, jedoch hat das Urheberinteresse im Konfliktfall Vorrang. Durch die Widerrufbarkeit erhält der Werknutzer wiederum keine gesicherte Rechtsposition. Leider findet der Wille der Parteien im Rahmen der schuldrechtlichen Dispositionsarten nicht immer genügend Berücksichtigung. Am interessantesten für den Erwerber ist eine Verfügung mit absolut-translativer Wirkung, denn sie ermöglicht den Übergang des Integritätsrechts. Der Erwerber könnte das Recht auf Werkintegrität selbst ausüben und auf Dritte übertragen. Dem Urheber wird diese unbeschränkte Übertragungsform dagegen zu weit gehen. Er würde jegliche Kontrolle über die Integrität seines Werkes verlieren. Diese Dispositionsart verstößt zudem gegen § 29 Abs. 1 UrhG und ist als gesetzeswidrig abzulehnen, weshalb ohnehin davon auszugehen ist,
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dass die Parteien einen Vertrag diesen Inhalts nicht abschließen wollten. Dasselbe ist hinsichtlich eines Verzichts auf das Integritätsrecht mit absoluter Wirkung anzunehmen. Die gebundene Rechtseinräumung als Verfügung mit absolut-konstitutiver Wirkung 609 scheint aber eine geeignete Variante, um den Interessen beider Parteien gerecht zu werden. Dem Erwerber erlaubt diese Rechtskonstruktion – in dem durch das Teilrecht bestimmten Umfang – eine von Abwehransprüchen des Urhebers freie Werknutzung, die Untersagung von Rechtsverletzungen Dritter und die Weiterübertragung seiner Rechtsposition mit Zustimmung des Urhebers; insofern erlangt er eine absolute Rechtsstellung. Der Urheber als Inhaber des Stammrechts kann aber weiterhin Eingriffe in das Integritätsrecht steuern. Der Gefahr der Rechtsaushöhlung kann über die Anwendung der Vorhersehbarkeitstheorie erweitert um die analoge Anwendung des § 42 UrhG begegnet werden. Auf diese Weise wird außerdem der Anwendungsbereich der gebundenen Rechtseinräumung immens erweitert und der Vertragsfreiheit mehr Raum gegeben. Die gebundene Rechtseinräumung lässt darüber hinaus die Kommerzialisierung des Integritätsrechts zu und erhöht so dessen Vermarktungswert, vergleichbar mit dem Recht am eigenen Bild.610 Geht es den Parteien darum, die Ansprüche aus einer Integritätsrechtsverletzung abzuwehren, kommt ein Erlassvertrag und ein pactum de non petendo in Betracht. Gegen einen Erlass bereits entstandener Ansprüche bestehen keinerlei Bedenken. Der Urheber verzichtet in diesem Fall nicht auf sein Integritätsrecht, sondern auf die Ansprüche aus einer Rechtsverletzung desselbigen. Auch ein pactum de non petendo stößt auf Grund seiner relativen Wirkung auf keinerlei Einwände; vorteilhaft ist die Übertragbarkeit der sich daraus ergebenden Einrede gemäß §§ 413, 398 BGB mit Zustimmung des Urhebers. Rechtlich problematisch ist der antizipierte Erlass bzw. der Vorausverzicht auf zukünftige aus einer Rechtsverletzung resultierende AnTeilweise wird eine derartige Wirkung auch der Einwilligung zugeschrieben, vgl. S. 117. 610 LG Hamburg ZUM 2004, 399, 400 f.; Wandtke GRUR 2000, 942, 949; a.A. NJW 2000, 1021 (= BVerfGE 101, 361) – „Caroline von Monaco“. 609
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sprüche. Er verhindert bereits die Entstehung des Anspruchs. Um dem Selbstbestimmungsrecht des Urhebers und der Vertragsfreiheit genüge zu tun, ist er im Sinne der Vorhersehbarkeitstheorie dennoch zulässig, sofern er hinreichend konkretisiert ist und seine rechtliche Tragweite für den Urheber im Detail erkennbar ist. Folglich muss in jedem Einzelfall durch einen Rückgriff auf die Zweckübertragungstheorie entschieden werden, welches Rechtsgeschäft die Parteien angestrebt haben. Der Urheber will im Zweifel nur insoweit über sein Recht auf Werkintegrität disponieren, wie dies zur sachgerechten Verwertung des Werkes notwendig ist. Kann dem Interesse der Parteien durch ein Rechtsgeschäft mit schuldrechtlicher Wirkung ausreichend Rechnung getragen werden, so haben die Parteien dieses als eine das Integritätsrecht des Urhebers am wenigsten beeinträchtigende Variante gewählt. Reicht jedoch die relative Wirkung nicht aus, eine angemessene Verwertung zu ermöglichen, z.B. weil eine Übertragung des Rechts auf Dritte erforderlich ist, muss von einem verfügenden Rechtsgeschäft mit absolut-konstitutiver Wirkung ausgegangen werden. C. Die zulässigen Änderungen im Rahmen eines vertraglichen Nutzungsverhältnisses gemäß § 39 UrhG I. Die Einordnung der Vorschrift Die Vorschrift des § 39 UrhG beinhaltet Ausnahmen vom Entstellungsverbot des § 14 UrhG.611 Sie ist systematisch bei den Nutzungsrechten zu finden, denn sie setzt ihrem Wortlaut nach eine vertragliche Einräumung von Nutzungsrechten (vgl. § 31 UrhG) voraus.612 II. Die gesetzliche Änderungsbefugnis gemäß § 39 Abs. 2 UrhG Bei § 39 Abs. 2 UrhG handelt es sich um eine gesetzliche Änderungsbefugnis, welche im Interesse des Nutzungsberechtigten besteht. Die Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 1. Schricker/Dietz § 39 Rn. 7; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 1. 611 612
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Norm ist Ausdruck des vertraglichen Rücksichtnahmegebots (§ 242 BGB) zwischen dem Urheber und dem Werknutzer und nicht eine eng auszulegende Norm zum Schutz des Urhebers.613 Allein der Werknutzungsberechtigte kann sich auf § 39 Abs. 2 UrhG berufen und insofern Ansprüche des Urhebers aus den §§ 14, 97 UrhG abwehren. Deshalb müssen die nach § 39 Abs. 2 UrhG gesetzlich zulässigen Änderungen als Ergebnis der Interessenabwägung nach § 14 UrhG zulässig sein.614 § 39 Abs. 2 UrhG ist zu entnehmen, dass Änderungen des Werkes und des Werktitels, nicht aber der Urheberrechtsbezeichnung, zulässig sind, zu denen der Urheber seine Einwilligung nach Treu und Glauben nicht versagen darf. Änderungen der Urheberrechtsbezeichnung erfordern immer die Zustimmung des Urhebers.615 Solche Änderungen, die nur geringfügig vom Original abweichen und nach der Verkehrsanschauung unwesentlich sind, sind grundsätzlich erlaubt, z.B. die Korrektur eines offensichtlichen Rechtschreibfehlers in einem Text.616 Die Zulässigkeit weitergehender Änderungen hängt von dem Zweck der Einräumung des Nutzungsrechts ab und ist durch eine Interessenabwägung zu ermitteln.617 Der Spielraum des Nutzungsberechtigten kann stark variieren.618 Im Rahmen des § 39 Abs. 2 UrhG ist zwischen den urheberpersönlichkeitsrechtlichen Belangen des Urhebers und den verwertungsrechtlichen Interessen des Werknutzers abzuwägen, wobei die verOLG Frankfurt GRUR 1876, 199, 202 – Götterdämmerung; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 20; Grunert S. 168, 198 f.; a.A. OLG Hamburg GRUR 1997, 822, 825 – Edgar-Wallace-Film; LG Hamburg ZUM-RD 2006, 294, 300; Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn 4; Dreier/ Schulze/Schulze § 39 Rn. 14; Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 4; Möhring/ Nicolini/Spautz § 39 Rn. 10, 15; Castendyk ZUM 2005, 9, 17. 614 Schricker/Dietz § 14 Rn. 4, 18; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 21. 615 V. Gramm § 39 Rn. 8; Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 4; Möhring/Nicolini/Spautz § 39 Rn. 9. 616 Möhring/Nicolini/Spautz § 39 Rn. 10; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 23. 617 Schricker/Dietz § 39 Rn. 15; v. Einem ZUM 2005, 540, 542 [zur Umgestaltung eines Musikwerks zu einem Handyklingelton]; Tölke S. 71. 618 BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; KG Berlin ZUM-RD 2005, 381, 383 – Die Weber. 613
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schiedenen Interessen nicht in einem feststehenden Rangverhältnis stehen.619 „Starre, allgemein gültige Richtlinien, welche Änderungen nach Treu und Glauben“ zulässig sind, gibt es nicht.620 Die Wertungen des § 62 Abs. 2 bis 4 UrhG können entsprechend herangezogen werden.621 Die Interessenabwägung sollte immer konkret und einzelfallbezogen erfolgen.622 Die weiteren Faktoren bei der Interessenabwägung sind dieselben wie bei § 14 UrhG, die Art des Werkes, z.B. künstlerisch oder wissenschaftlich, die Eigenart der Schöpfung und die Intensität des Eingriffs.623 An Werken mit geringer Gestaltungshöhe sind Änderungen nach Treu und Glauben eher und umfangreicher möglich als an Werken mit hoher individueller Prägung.624 Das Werk muss in seinen wesentlichen Zügen erhalten bleiben.625
III. Die vertragliche Änderungsbefugnis gemäß § 39 Abs. 1 UrhG Der Urheber kann dem Werknutzungsberechtigten gemäß § 39 Abs. 1 UrhG die Änderung seines Werkes, dessen Titel oder der Urheberrechtsbezeichnung gestatten. Oft machen bestimmte Werknutzungen Eingriffe in die Werksubstanz erforderlich, insbesondere bei Werken, BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; v. Gramm § 39 Rn. 8; Schack Rn. 350 f.; siehe dazu a. Federle 50; a.A. Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 4 und Möhring/Nicolini/Spautz Rn. 10, 15, welche den Belangen des Urhebers Vorrang einräumen wollen, da die Norm dem Schutz des Werkschöpfers diene und daher als Ausnahmevorschrift eng auszulegen sei; Gerlach GRUR 1976, 613, 622. 620 BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus. 621 Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 16; Schricker/Dietz § 39 Rn. 15. 622 Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 16; Schricker/Dietz § 39 Rn. 14. 623 OLG Düsseldorf GRUR 1979, 318 – Treppenwangen; LG Leipzig ZUM 2000, 331, 334 f. – „Csárdásfürstin“; v. Gramm § 39 Rn. 8; Möhring/Nicolini/ Spautz § 39 Rn. 10; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 24. 624 OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung; v. Gramm § 39 Rn. 8. 625 BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; KG Berlin ZUM-RD 2005, 381, 383 – Die Weber; LG Hamburg GRUR-RR 2001, 259, 260 – Handy-Klingeltöne; LG Hamburg ZUM-RD 2006, 294, 300; Möhring/Nicolini/Spautz § 39 Rn. 10; siehe a. BGH GRUR 1954, 80, 81 – „Politische Horoskope“. 619
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die einem Gebrauchszweck dienen. Durch die Änderungsvereinbarung wird der Werknutzer vor der Gefahr einer Verletzung des Rechts auf Werkintegrität geschützt. Sie verhindert, dass sich der Urheber trotz Vereinbarung auf § 14 UrhG berufen und so die Werkverwertung unterbinden kann. Dabei erfasst § 39 Abs. 1 UrhG ausschließlich Änderungen des fertigen Werkes.626 Die Änderung betrifft alle zum Oberbegriff der Beeinträchtigung zählenden Eingriffe, also auch die Entstellung.627 Ferner erfasst die Änderung direkte und indirekte Eingriffe.628 Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der §§ 14, 39 UrhG. Die gemäß § 39 Abs. 1 UrhG zulässigen, schuldrechtlichen Änderungsvereinbarungen unterliegen, wie oben bereits erörtert, gewissen Grenzen.629 Die Änderungsvereinbarung muss konkret genug sein, damit der Urheber die Folgen der Rechtseinräumung überblicken kann. Daher ist die pauschale Erlaubnis von Änderungen für alle möglichen Werknutzungen und die Gestattung unbestimmter Änderungen unzulässig.630 Fraglich ist jedoch wie konkret genau die Änderungen nach Art und Ausmaß benannt werden müssen. Jedenfalls muss der Urheber zum Zeitpunkt der Gestattung erkennen können, in welcher Gestalt sein Werk an die Öffentlichkeit gelangt. Der Werknutzer bedarf dennoch eines ausreichenden Spielraums, denn oft ist zum Zeitpunkt der Vereinbarung noch nicht im Detail klar, welche Nicht jede Zustimmung zur Änderung ist eine Änderungsvereinbarung im Sinne der Norm, bei Werken mit Gebrauchscharakter bzw. der kleinen Münze will der Verwerter oft bereits in Phasen oder Stufen des Entstehungsprozesses des Werks Einfluss nehmen, dazu Schricker/Dietz § 39 Rn. 9. 627 Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 3; Schricker/Dietz § 39 Rn. 8. Siehe dazu S. 46 f. 628 Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 6; Schricker/Dietz § 39 Rn. 8; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 8; Grunert S. 186; a.A. BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang; KG Berlin NJW-RR 2001, 1201, 1202 – „Gartenanlage“; Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 2; Möhring/Nicolini/Spautz § 39 Rn. 1; Honscheck GRUR 2007, 944, 945; van Waasen S. 43. 629 Siehe dazu S. 103 ff. 630 Vgl. BGH GRUR 1984, 45, 51 – Honorarbedingungen; BGH GRUR 1996, 121, 122 – Pauschale Rechtseinräumung; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 9; Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 94; Goldmann GRUR 2005, 639, 645. 626
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Änderungen zur Werknutzung erforderlich sind.631 Wie genau die Änderungen bezeichnet werden müssen, richtet sich deshalb nach der Werkart und der Art und Weise der Werknutzung. Allerdings gilt auch hier: Je individueller das Werk und stärker der Eingriff, desto konkreter muss die Änderung zuvor bestimmt sein.632 Die Beweislast für die Vereinbarung einer zulässigen Änderung trägt der Inhaber des Nutzungsrechts.633 Änderungsvereinbarungen können stillschweigend bzw. konkludent erfolgen, insbesondere dann, wenn sich bereits aus der Art und Weise der Werknutzung zwangsläufig die Notwendigkeit einer Bearbeitung bzw. Änderung des Werkes ergibt; dies trifft zu im Fall der Werkverwertung mit Bearbeitungscharakter.634 Denn ergibt sich bereits aus dem Inhalt des Nutzungsvertrags eindeutig die Änderungsbedürftigkeit des Werkes für die beabsichtigte Nutzung, wäre die ausdrückliche Vereinbarung einer Änderungsbefugnis eine überflüssige Formsache.635 Die Annahme stillschweigender Änderungsvereinbarungen, allein durch eine Branchenübung ohne jegliche Anhaltspunkte, ist mangels ausreichender Berücksichtigung der Urheberinteressen abzulehnen.636 Der Grundsatz der Zweckübertragungstheorie, dass die Änderung nach dem Vertragszweck erforderlich sein muss und der Urheber im Zweifel keine Änderung gestattet hat, ist entsprechend anzuwenden.637 Gerade bei Werken mit Bearbeitungscharakter dürfte Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 10. Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 13. 633 Vgl. OLG Köln GRUR 1953, 499, 500 – Memoiren; Möhring/Nicolini/Spautz § 39 Rn. 17; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 9 634 BGH GRUR 1986, 458, 459 – Oberammergauer Passionsspiele I; BGH GRUR 1989, 106, 108 – Oberammergauer Passionsspiele II; BGH GRUR 1999, 230, 232 – Treppenhausgestaltung; Büscher/Dittmer/Schiwy/Haberstumpf § 14 UrhG Rn. 3; Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 10; v. Gramm § 39 Rn. 7; Möhring/ Nicolini/Spautz § 39 Rn. 7; Schricker/Dietz § 39 Rn. 11; Wandtke/ Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 13; Castendyk ZUM 2005, 9, 18; Grunert S. 189; Heeschen S. 90; Hubmann S. 167; Rehbinder Rn. 416; a.A. Fromm/ Nordemann/Vinck § 39 Rn. 2, welcher der Ansicht ist, dass stillschweigende Vereinbarungen nur dann möglich seien, wenn wie im Fall des § 88 Abs. 1 Nr. 1 UrhG eine Auslegungsregel bestehe; Goldmann GRUR 2005, 639, 644. 635 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 13. 636 Schricker/Dietz § 39 Rn. 11; Bock GRUR 2001, 397, 398; Heeschen S. 84; Schilcher S. 169 f. 637 Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 10, 13; v. Einem ZUM 2005, 240, 544 f.; Schilcher S. 170, 174 ff. 631 632
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die Abgrenzung zwischen einer stillschweigenden Änderungsvereinbarung nach § 39 Abs. 1 UrhG und einer gesetzlich zulässigen Änderung nach § 39 Abs. 2 oft sehr schwierig sein.638 Bei Werken ohne Bearbeitungscharakter ist von einer stillschweigende Änderungsbefugnis nur in ganz eingeschränktem Maße auszugehen; außer es geht um die Umsetzung des Werkes in eine andere Darbietungsform.639 Dem Schutz vor Änderung kommt bei diesen Werken große Bedeutung zu, da Gegeninteressen nur minimale Eingriffe rechtfertigen dürften. Der Nutzungsrechtsinhaber kann im Falle von Werken ohne Bearbeitungscharakter im Regelfall Änderungen nur auf Grund einer ausdrücklichen Änderungsvereinbarung vornehmen. Die Zulässigkeit von Änderungen beurteilt sich sowohl bei § 39 Abs. 1 UrhG, als auch bei § 39 Abs. 2 UrhG nach Treu und Glauben bzw. einer Interessenabwägung, weil die Änderungsklauseln in Nutzungsverträgen gemäß §§ 133, 157 BGB nach Treu und Glauben und der Verkehrssitte auszulegen sind.640 Liegt deshalb nach § 39 Abs. 2 UrhG eine zulässige Änderung vor, so kann prozessual und methodisch auf die Feststellung einer schwer nachweisbaren stillschweigenden Änderungsvereinbarung verzichtet werden.641 IV. Das Verhältnis des § 39 UrhG zu anderen Vorschriften 1. Das Verhältnis von § 39 UrhG zu § 14 UrhG
Das Verhältnis von § 14 UrhG zu § 39 UrhG wurde bereits im zweiten Kapitel ausführlich besprochen.642 Der Urheber kann Beeinträchtigungen, ebenso wie Entstellungen seines Werkes gestatten.643 Die VerDreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 16; Schricker/Dietz § 39 Rn. 11. BGH GRUR 1971, 35 – Maske in Blau; Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 13; Schricker/Dietz § 39 Rn. 2, 13; Heeschen S. 91; Rehbinder ZUM 1996, 613, 615 f.; Schilcher S. 168. 640 Schricker/Dietz § 39 Rn. 12; Schilcher S. 170. 641 Schricker/Dietz § 39 Rn. 12; Flechsig FuR 1976, 589, 595; Gerlach GRUR 1976, 613, 622; Grohmann S. 96; in diesem Sinne argumentiert a. Loewenheim in Anm. zu BGH GRUR 1989, 106, 109 – Oberammergauer Passionsspiele II. 642 Siehe die Ausf. ab S. 37 f. 643 Dreier/Schulze/Schulze Vor § 12 Rn. 12, § 39 Rn. 3; Schricker/Dietz § 39 Rn. 3. 638 639
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
einbarung beseitigt die Indizwirkung einer objektiv vorliegenden Entstellung oder Beeinträchtigung; die Urheberinteressen können durch diese nicht gefährdet werden.644 Bei Vorliegen einer Änderungsvereinbarung ist die Interessenabwägung im Rahmen des § 14 UrhG aber nicht überflüssig. Gerade dann, wenn diese zu unbestimmt ist oder der Urheber die Tragweite der Änderungen nicht erkennen kann, muss mit Hilfe der Interessenabwägung die Grenze zulässiger Änderungen ermittelt werden.645 Erfolgt die Werkänderung nicht zur Ausübung des Nutzungsrechts oder halten sich die Änderungen nicht im Rahmen der Vereinbarung, kann der Urheber sein Recht gegen Entstellungen oder sonstige Beeinträchtigungen des Werkes vorzugehen, weiterhin geltend machen.646 Darüber hinaus sind Ansprüche gemäß §§ 14, 97 ff. UrhG neben einer Änderungsvereinbarung dogmatisch und logisch wohl nicht begründbar.647 2. Das Verhältnis von § 39 UrhG zu § 23 UrhG
Das Bearbeitungsrecht des § 23 UrhG ist strikt von einer Änderungsbefugnis nach § 39 Abs. 1 UrhG zu trennen, weshalb die Einwilligung zur Veröffentlichung und Verwertung der Bearbeitung nicht mit der Änderungsvereinbarung gleichgesetzt werden darf.648 Im Einzelfall kann die Vereinbarung einer Änderungsbefugnis in der Einwilligung enthalten sein.649 Der Lizenznehmer darf einem Dritten die Rechte aus §§ 14, 23 UrhG nur insoweit einräumen, wie diese ihm selbst zu-
Krit. in diesem Zusammenhang ist aber die Entscheidung des OLG München (GRUR 1986, 460, 463) „Die unendliche Geschichte“ zu sehen. Dort hatte die Änderungsvereinbarung eine Vertrauenslage geschaffen, welche zu einer Zurückweisung der Klage gegen eine gröbliche Entstellung führte. 645 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28, § 39 Rn. 3. 646 BGH GRUR 1999, 230, 232 – Treppenhausgestaltung; Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 3; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 17. 647 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 17. 648 Möhring/Nicolini/Spautz § 39 Rn. 8; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 19; Honscheck GRUR 2007, 944, 945; a.A. Erdmann, FS Nirk, S. 209, 219. 649 Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 19, – Bullinger § 23 Rn. 12; Castendyk ZUM 2005, 9, 14 ff. [zur Einwilligung der Urhebers in die Umgestaltung seines Werks zu einem Handyklingelton]; v. Einem ZUM 2005, 540, 242 ff. 644
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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stehen. Steht daher der GEMA nicht das Recht zu, ein Musikwerk zu einem Rufton umzugestalten, so kann ein Dritter dieses Recht nicht wirksam von der GEMA ableiten und seinerseits lizenzieren.650 V. Die entsprechende Anwendung des § 39 UrhG 1. Das Verhältnis von Urheber und Inhaber gesetzlicher Nutzungsverhältnisse
Gemäß § 62 Abs. 1 S. 2 UrhG findet § 39 UrhG entsprechende Anwendung auf das Verhältnis von Urheber und Inhaber gesetzlicher Nutzungsrechte (§§ 44a ff. UrhG). Dem § 62 Abs. 2 bis 4 UrhG sind ferner einige weitere Ausnahmen vom allgemeinen Änderungsverbot zu entnehmen, welche im Rahmen der Interessenabwägung eine Rolle spielen können.651 2. Das Verhältnis von Urheber und Eigentümer
Die Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Vorschriften652 wendet § 39 UrhG größtenteils entsprechend auf das Verhältnis des Urhebers zum Eigentümer bzw. Besitzer eines Werkexemplars an. Sie rechtfertigt die analoge Anwendung des § 39 UrhG mit der besonderen Interessenlage zwischen Eigentümer und Urheber.653 Allerdings sieht sie das allgemeine, gegenüber jedermann geltende Änderungsverbot im Wesen des Urheberrechts begründet und in § 39 UrhG eine selbständige Änderungsvorschrift, die nur gegenüber den LG Hamburg ZUM 2005, 485, 486 f. – „Nutzung eines Musikwerks als Handyklingelton“. 651 Schricker/Dietz § 39 Rn. 4. Vgl. S. 83. 652 BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung; BGH GRUR 1982, 369, 371 – Allwetterbad; OLG Frankfurt GRUR 1986, 244 – Verwaltungsgebäude; v. Gramm § 14 Rn. 13; Erdmann, FS Hertin, S. 655, 669; Wedemeyer, FS Piper, S. 787, 792 f.; einschränkend Schöfer S. 123, nur für den Fall vertraglicher Beziehungen zum Urheber; a.A. Fromm/Nordemann/Vinck § 39 Rn. 7 und Möhring/ Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 6, Spautz § 39 Rn. 1, 16, die das Änderungsverbot gegenüber dem Eigentümer im Wesen und Inhalt des Urheberrechts begründet sehen; Bielenberg in Anm. zu BGH GRUR 1974, 675, 678, welcher der Ansicht ist, dass die Anwendung des § 39 UrhG eine vertragliche Beziehung voraussetzte, die im Urheber-Eigentümer-Verhältnis gerade nicht bestehe. Siehe a. S. 31 ff. 653 BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung. 650
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Inhabern von Nutzungsrechten Anwendung findet. Daraus ist zu schließen, dass der Schutz des Integritätsrechts im Urheber-Eigentümer-Verhältnis logischerweise über das allgemeine Änderungsrecht erfolgen müsste.654 Die analoge Anwendung des § 39 UrhG durch die Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Normen ist deshalb inkonsequent. Die Lehre von der Gesamtschau der änderungsrechtlichen Vorschriften wendet § 39 UrhG ebenfalls analog auf das Urheber-Eigentümer/ Besitzer-Verhältnis an. Diese analoge Anwendung ist folgerichtig; sie entnimmt § 14 UrhG als änderungsrechtlicher Grundnorm ein allgemeines Prinzip – das grundsätzliche Änderungsverbot ist in seinem Umfang durch eine in jedem Einzelfall vorzunehmende Interessenabwägung beschränkt –, welches durch die anderen änderungsrechtlichen Vorschriften ergänzt bzw. eingeschränkt wird.655 Dabei sieht sie in § 39 UrhG gleichfalls eine Sondernorm für den Inhaber von Nutzungsrechten und stellt fest, dass der Eigentümer grundsätzlich kein Nutzungsrecht am Werk hat. Allerdings, so argumentiert sie, habe der Eigentümer das Eigentumsrecht am Werkstück im Regelfall auf Grund einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Urheber erlangt. Das Eigentumsrecht stehe dabei in einem vergleichbaren Spannungsverhältnis zu dem Integritätsrecht des Urhebers am Werkstück, wie das Nutzungsrecht des Verwerters. Dies rechtfertigte es, das allgemeine Abwägungsprinzip des § 14 UrhG im Verhältnis zum Eigentümer durch eine entsprechende Anwendung des § 39 UrhG zu ergänzen. Wird der Lehre von der Gesamtschau gefolgt, muss die analoge Anwendung des § 39 UrhG im Urheber-Eigentümer-Verhältnis immer Der Fall „Schulerweiterung“ (BGH GRUR 1974, 675) ist daher wohl falsch entschieden, so a. Wallner, S. 74. Konsequent aber BGH GRUR 1982, 107, 109 – Kirchen-Innenraumgestaltung; BGH GRUR 1999, 230, 231 – Treppenhausgestaltung; OLG Düsseldorf GRUR 1990, 189, 191 – Grünskulptur; OLG Saarbrücken GRUR 1999, 420, 425 – Verbindungsgang; Möhring/Nicolini/Kroitzsch § 14 Rn. 6, – Spautz § 39 Rn. 1, 16. 655 Dreier/Schulze/Schulze § 39 Rn. 2; Schricker/Dietz § 39 Rn. 25; Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 36 f.; Schack Rn. 355; Schilcher S. 58; Tölke 78; van Waasen S. 43; Wallner S. 75. a.A. Honscheck GRUR 2007, 944, 945, der allein § 14 UrhG auf den nichtnutzungsberechtigten Eigentümer anwenden will. Siehe a. S. 37 f. 654
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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unter Beachtung von § 14 UrhG geschehen. Ansonsten wäre der Grundsatz der Einheitlichkeit der Interessenabwägung im Rahmen der änderungsrechtlichen Vorschriften nicht gewahrt.656 Durch die analoge Anwendung von § 39 Abs. 1 UrhG wird klargestellt, dass Änderungsvereinbarungen zwischen Urheber und Eigentümer bzw. Besitzer möglich sind und einen Eingriff in das Integritätsrecht rechtfertigen können. Zudem ergänzt die entsprechende Anwendung von § 39 Abs. 2 UrhG die Interessenabwägung im Rahmen von § 14 UrhG um einige Aspekte. Bei der Interessenabwägung ist zwischen Originalwerken und Werkexemplaren ohne Originalcharakter zu unterscheiden. Im Falle von Originalwerken, z.B. der bildenden Kunst, können dem Eigentümer Eingriffe in das Werk grundsätzlich – gerade auch in der Privatsphäre – untersagt werden.657 Denn wird das Originalwerk verändert, so geht es in seiner ursprünglichen Gestalt verloren. Handelt es sich dagegen um Werkstücke ohne Originalcharakter wird teilweise die Meinung vertreten, der Urheber könne grundsätzlich auch schwer entstellende Eingriffe nur dann abwehren, wenn die Öffentlichkeit Kenntnis davon erlangt.658 Es ist nicht einsichtig, warum es entscheidend auf die öffentliche Kenntnisnahme ankommen soll. Im privaten Bereich des Eigentümers verbindet den Urheber genauso ein geistiges Band mit seinem Werk.659 Die öffentliche Kenntnisnahme sollte daher, wie auch sonst, ein Kriterium bei der Interessenabwägung sein. Ihr darf aber nicht ausschlaggebendes Gewicht zukommen. Die entsprechende Anwendung von § 39 UrhG ist bei Bauwerken von großer praktischer Relevanz.660 Der Eigentümer möchte sein Bauwerk bspw. erweitern, umbauen oder Mängel beseitigen. In diesem Schricker/Dietz § 39 Rn. 25; Schilcher S. 58 f.; Tölke S. 78. Vgl. Schricker/Dietz § 39 Rn. 26 bei Originalwerken mit gewissem Rang. 658 Bereits Rsp. in RGZ 79, 397, 402 – „Felseneiland mit Sirenen“; Fromm/ Nordemann/Hertin § 14 Rn. 13; Schricker/Dietz § 39 Rn. 26; Tölke S: 77 f.; Ulmer § 41 III, S. 219. Gegen das Erfordernis jedweder öffentlicher Kenntnisnahme, egal ob es sich um ein Werk mit Originalcharakter handelt oder nicht, Möhring/Nicolini/Spautz § 39 Rn. 16. V. Gramm § 14 Rn. 13 und Schack Rn. 349 fordern auch bei Originalwerken einen Öffentlichkeitsbezug. 659 Möhring/Nicolini/Spautz Rn. 16; Fechner S. 318. 660 Siehe dazu Schricker/Dietz § 39 Rn. 27 f.; Fechner S. 319 f. 656 657
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Zusammenhang ist dem Interesse des Eigentümers an „einer bestimmungsgemäßen Verwendung des Bauwerks“ und den sich daraus ergebenden „wechselnden Bedürfnissen“ Rechnung zu tragen.661
D. Das Recht auf Werkintegrität im Rahmen von Arbeitsverhältnissen I. Die Geltung des Schöpferprinzips Das Schöpferprinzip, verankert in § 7 UrhG, gilt gleichermaßen für den Urheber im Angestellten- oder Dienstverhältnis.662 Das Urheberrecht entsteht in der Person des Arbeitnehmers, welcher das Werk in der Erfüllung seiner arbeitsvertraglichen Pflichten geschaffen hat. Die Geltung des Schöpferprinzips ergibt sich insbesondere aus der Regelung des § 43 UrhG.663 § 43 UrhG ist zu entnehmen, dass die §§ 31 bis 44 UrhG im Arbeits- und Dienstverhältnis Anwendung finden; 664 damit stellt der Gesetzgeber den angestellten und den freischaffenden Urheber grundsätzlich gleich. Ferner enthält § 43 UrhG eine Einschränkung. Die Gleichstellung hat nur Gültigkeit, soweit sich aus dem Inhalt oder Wesen des Arbeitsverhältnisses nicht etwas anderes ergibt. Da § 43 UrhG aber nicht erkennen lässt, in wie weit arbeitsrechtliche Grundsätze Anwendung finden und die urheberrechtlichen Normen eingeschränkt werden können, kommt der Regelung mangels Maßstab für die Rechtsanwendung nicht einmal die
BGH GRUR 1974, 675, 676 – Schulerweiterung. BGH GRUR 1952, 257, 258 – „Krankenhauskartei“; BAG GRUR 1961, 491 – Nahverkehrschronik; Schacht S. 43; krit. Rehbinder Rn. 250, 627. Frankreich folgt ebenfalls dem Schöpferprinzip im Arbeitsverhältnis. Dem kontinentaleuropäischen Konzept steht das anglo-amerikanische System gegenüber, dem die USA, Großbritannien und Kanada folgen; dieses sieht einen originären Rechtserwerb des Arbeitgebers vor. Hintergrund ist die unterschiedliche Begründung des Urheberrechts entweder als Naturrecht oder als zeitlich beschränktes Monopolrecht, dazu Rehbinder, Arbeitsverhältnis, S. 6 f. Dem steht nicht die RBÜ entgegen, denn dort findet sich keine Definition, wer Urheber eines Werks ist, vgl. Dittrich S. 26. 663 Schricker/Rojahn § 43 Rn. 5; Schacht S. 45. 664 Zum Begriff des Arbeits- und Dienstverhältnis, Schricker/Rojahn § 43 Rn. 10. 661 662
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Funktion einer Generalklausel zu.665 § 43 UrhG hat folglich klarstellende Bedeutung und keinen Einfluss auf die allgemeine Anwendbarkeit des Schöpferprinzips im UrhG. II. Die Einschränkung des Urheberpersönlichkeitsrechts im Arbeitsverhältnis 1. Das Spannungsverhältnis zwischen Arbeitnehmerurheber und Arbeitgeber
Auf Grund der Geltung des Schöpferprinzips im Arbeits- und Dienstverhältnis wird der Arbeitnehmerurheber als originärer Urheberrechtserwerber wie jeder andere Urheber gemäß § 11 S. 1 UrhG in seinen persönlichkeits- und vermögensrechtlichen Interessen am Werk geschützt.666 Der Arbeitnehmer kann sich somit gegenüber seinem Arbeitgeber auf das Urheberpersönlichkeitsrecht berufen. Allerdings ist umstritten, in welchem Umfang dies möglich ist.667 Denn die Wertung des § 43 2. Halbs. UrhG, das wegen der Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses Einschränkungen zu machen sind, darf nicht übergangen werden.668 Es gilt einen Ausgleich zwischen den Interessen des Arbeitnehmerurhebers und des Arbeitgebers zu finden, der sich in einer Einschränkung des Urheberpersönlichkeitsschutzes niederschlägt. Zunächst ist deshalb eine Analyse der sich gegenüberstehenden Interessen notwendig. Der Arbeitgeber wird eine maximal rentable Verwertung des vom Arbeitnehmer geschaffenen Werkes anstreben, schließlich hat er in 665 Kellerhals S. 145; Zöllner, FS Hubmann, S. 523, 526; ähnlich a. Schricker/ Rojahn § 43 Rn. 8 und Wandtke, Arbeits- und Dienstverhältnis, S. 22, die die Norm als Generalklausel ansehen, jedoch betonen, dass der Regelungsinhalt durch die Rsp. und das Schrifttum herausgearbeitet werden muss; ebenso sieht Ulmer § 95 III, S. 404 darin eine Generalklausel; vgl. a. Rehbinder Rn. 629, der von einer „nichtssagenden Regelung“ spricht. Schacht S. 61 betont dagegen die Offenheit der Norm für Einzelfallentscheidungen. 666 Kellerhals S. 146. Zum Erfordernis der Wahrung der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse durch das Schöpferprinzip, Schacht S. 85 ff. 667 RGZ 110, 393, 397 – „Inneneinrichtung Riviera“; BGH GRUR 1995, 671, 673 – Namensnennungsrecht des Architekten. 668 Wandtke, Arbeits- und Dienstverhältnis, S. 54.
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dessen Schöpfung investiert.669 Dazu muss es ihm möglich sein, die Urheberpersönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers gegenüber Konkurrenten durchzusetzen. Eine Werkverwertung entsprechend den Marktbedürfnissen erfordert zudem Eingriffe in das Urheberpersönlichkeitsrecht, wobei der Arbeitgeber nicht der Gefahr der Rechtsverletzung ausgesetzt sein möchte. Durch die Geltendmachung des Urheberpersönlichkeitsrechts könnte der Arbeitnehmer den Verwertungsprozess gravierend behindern.670 Unter den Arbeitnehmern gibt es eine Gruppe, die ein starkes eigenes Interesse an der Geltendmachung ihrer urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse hat. Das sind diejenigen Arbeitnehmer, welche im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ein Werk mit hoher Individualität schaffen und eine Kommunikation mit der Öffentlichkeit anstreben, so z.B. Komponisten, Regisseure, Redakteure.671 Arbeitnehmer, deren Werke der „kleinen Münze“ zuzurechnen sind, wird es in der Regel nicht so stark auf die Ausübung ihrer urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse ankommen. Sie wollen in erster Linie den Arbeitgeber zufrieden stellen und nur über das Unternehmen nach außen kommunizieren.672 2. Der Interessenausgleich zwischen Arbeitnehmerurheber und Arbeitgeber
Wie ein sinnvoller Interessenausgleich im Einzelfall erreicht werden kann, ist in einem zweiten Schritt zu ermitteln. Dabei sind die mit dem Urheber- und dem Arbeitsrecht verfolgen Schutzfunktionen zu berücksichtigten. Ein Rückgriff auf § 43 UrhG hilft, wie bereits festgestellt, nicht weiter. Der Ausgleich zwischen Arbeitsrecht und Urheberrecht ist durch die Anwendung des Grundsatzes der praktischen Konkordanz in Anlehnung an die Götterdämmerung Entscheidung des OLG Frankfurt
669 670 671 672
Kellerhals S. 146. Schacht S. 60. Kellerhals S. 147, 162. Kellerhals S. 147, 162 f.
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vorzunehmen.673 Dabei ist jede urheberrechtliche Befugnis „unter dem Aspekt der Wechselwirkung zwischen der Gestaltungshöhe des Werkes und der arbeitsrechtlichen Verpflichtung, Beschränkungen hinnehmen zu müssen, gesondert zu untersuchen“.674 Auf das Urheberpersönlichkeitsrecht übertragen bedeutet dies, dass eine auf den Einzelfall bezogene Interessen- und Güterabwägung durchzuführen ist, die sich am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz orientiert.675 Dem betrieblichen Zweck bzw. dem Zweck des Arbeitsverhältnisses dürfte dabei die entscheidende Rolle zukommen.676 Nach h.M. können zudem die Branchenübung 677 und die Gestaltungshöhe 678 die Geltendmachung von urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen im Arbeitsverhältnis einschränken und müssen in die Abwägung zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberinteressen einfließen.
OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 Götterdämmerung: „… es besteht … eine Wechselwirkung zwischen der Gestaltungshöhe eines Urheberrechts und der Verpflichtung des Urhebers, Änderungen seines Werkes zu billigen.“ 674 Rojahn S. 106; Schacht S. 62; ähnlich Kellerhals S. 149, die den Konflikt nicht zwischen Arbeitsrecht und Urheberrecht, sondern zwischen grundrechtlich geschützten Positionen von Arbeitnehmer und Arbeitgeber (Grundrechtskollision in einem Drittwirkungsfall) sieht. 675 Kellerhals S. 149; Schacht S. 63. 676 BGH GRUR 1995, 671, 673 – Namensnennungsrecht des Architekten; LAG Berlin UFITA 24 (1957), 134 – „Tod des Handelsreisenden“; LG Leipzig ZUM 2000, 331, 334 – „Csárdásfürstin“; Schricker/Rojahn § 43 Rn. 86; Wandtke/Bullinger/Wandtke § 43 UrhG Rn. 85; Hoecht S. 106 f.; Kellerhals S. 162 f.; Schacht S. 158 ff. 677 RGZ 110, 393, 397 – Innenausstattung Riviera; BGH GRUR 1995, 671, 673 – Namensnennungsrecht des Architekten; OLG Köln GRUR 1953, 499 – „Kronprinzessin Cäcilie“; Schricker/Rojahn § 43 Rn. 87; Osenberg S. 160; Zöllner, FS Hubmann, S. 523, 536 f.; bejahend im Falle der Überprüfung der Branchenübung, Kellerhals S. 156 und Schacht S. 156. 678 Vgl. BGH GRUR 1995, 671, 673 – Namensnennungsrecht des Architekten; OLG Hamm GRUR 1967, 260, 262 – Irene von Velden; OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung; Rojahn S. 106; für eine zurückhaltende Anwendung Schacht S. 157 f.; a.A. Kellerhals S. 160. 673
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3. Die Beschränkung des Rechts auf Werkintegrität
Die möglichen Einschränkungen des Rechts auf Werkintegrität dürften im Arbeitsverhältnis von großer Bedeutung sei. Im Bereich der Film-, Medien- und Softwareindustrie sind Änderungen üblich. Möchte der Arbeitgeber ein Werk verwerten, so muss er sich die Nutzungsrechte vom Arbeitnehmer einräumen lassen.679 Dazu wird er bereits im Arbeitsvertrag entsprechende Regelungen treffen. Insofern besteht zwischen dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der Regel ein Nutzungsverhältnis. Auf dieses ist § 39 UrhG gemäß § 43 UrhG anwendbar und stellt klar, dass das allgemeine Entstellungsverbot des § 14 UrhG Geltung hat.680 Des Weiteren sind demnach Änderungsvereinbarungen zwischen dem Arbeitnehmer und Arbeitgeber zulässig.681 Der Arbeitnehmer kann außerdem die nach Treu und Glauben zulässigen Änderungen nicht abwenden.682 3.1. Die Änderungsvereinbarung im Arbeitsverhältnis
Trotz der Überschneidungen von §§ 39 Abs. 2 i.V.m. § 14 UrhG und § 39 Abs. 1 UrhG sind Änderungsvereinbarungen aus zwei Gründen für den Arbeitgeber wichtig: Zum einen, wenn sie über das gesetzlich zulässige Maß hinausgehen, und zum anderen, um dem Arbeitgeber Rechtssicherheit zu verschaffen. Er muss sich bei der Werknutzung darauf verlassen können, nicht durch die Geltendmachung des Verbotsrechts aus § 14 UrhG durch den Arbeitnehmer blockiert zu werden. Die möglichen Rechtsgeschäfte, die ein Arbeitnehmerurheber über sein Integritätsrecht treffen kann, entsprechen den bereits Erörterten.683 Schuldrechtliche Vereinbarungen, welche dem Arbeitgeber die Ausübung des Werkintegritätsrechts ermöglichen, oder „gebundene Rechtseinräumungen“ sind erlaubt. Die Grenzen der zulässigen, Für Art und Umfang der Nutzungsrechtseinräumung ist der Vertragszweck, insbesondere der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers, entscheidend, vgl. Rehbinder Rn. 641; Schacht S. 43. 680 Kellerhals S. 181. 681 Siehe die Ausf. zu § 39 Abs. 1 UrhG, ab S. 132. 682 Siehe die Ausf. zu § 39 Abs. 2 UrhG, ab S. 130. 683 Siehe die Ausf. ab S. 112. 679
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rechtlichen Dispositionen sind wiederum nach der Vorhersehbarkeitstheorie zu treffen, d.h. die Änderung muss konkret genug bezeichnet sein, sie muss auf Grund der gewünschten Verwertung erforderlich sein und darf nicht pauschal erfolgen.684 Entstellungen dürften insofern fast nie gerechtfertigt sein.685 Mit Hilfe der entsprechenden Anwendung der Zweckübertragungstheorie kann die Frage beantwortet werden, in wie weit der Arbeitnehmer durch den Abschluss seines Arbeitsvertrages stillschweigend auf sein Änderungsrecht verzichtet hat. 3.2. Die gesetzlich zulässigen Änderungen im Arbeitsverhältnis
Im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses sind bestimmte Änderungen nach Treu und Glauben gesetzlich zulässig. Welche dies sind, ist durch eine Interessenabwägung zu ermitteln. Bei dieser spielen Branchenübung, Gestaltungshöhe, betrieblicher Zweck sowie Art und Intensität des Eingriffs eine entscheidende Rolle.686 Dabei sollte nicht aus dem Auge verloren werden, ob der Urheber als individueller Urheber über sein Werk mit der Öffentlichkeit kommunizieren möchte oder ob sein Werk als Produkt eines Unternehmens nach außen transportiert wird.687 Bei der Betrachtung des betrieblichen Zwecks ist sinnvollerweise zwischen objektiv notwendigen Änderungen und subjektiv sinnvollen Änderungen zu unterscheiden.688 Bei objektiv notwendigen Änderungen überwiegt regelmäßig das Interesse des Arbeitgebers, weil der Urheber durch eine genauere Information über den Zweck der Werkverwertung, eine sorgfältigere Gestaltung, eine umfassendere Recherche oder die Berücksichtigung der unternehmerischen Vorgaben eine Wandtke/Bullinger/Wandtke § 43 UrhG Rn. 100; Schacht S. 187; vgl. a. Wandtke, Arbeits- und Dienstverhältnis, S. 54 [Anwendung der Zweckübertragungslehre, sofern arbeits- oder tarifvertragliche Regelungen fehlen]. 685 Kellerhals S. 193; Hoecht S. 106. 686 Vgl. OLG Köln GRUR 1953, 499 – „Kronprinzessin Cäcilie“; OLG Frankfurt GRUR 1976, 199, 202 – Götterdämmerung; OLG Nürnberg ZUM 1999, 656, 657 f. – „Museumsführer“; LAG Berlin UFITA 24 (1957) 134, 136 – „Tod des Handelsreisenden“. Vgl. a. Rojahn S. 120 ff. zu den Kriterien der Interessenabwägung bei Werken in Presse, Fernsehen und Rundfunk. 687 Kellerhals S. 162 f. 688 So Kellerhals S. 187 ff. Schacht S. 186 schließt sich dieser Unterscheidung an. 684
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Änderung hätte vermeiden können.689 Hat der Urheber insofern die Zweckverfehlung zu vertreten, so kann ihm der Einwand des „venire contra factum proprium“ entgegengehalten werden.690 Bei subjektiv sinnvollen Änderungen bleibt es dagegen bei der allgemeinen Interessenabwägung.691 Ferner kann auf das Weisungsrecht des Arbeitgebers abgestellt werden.692 Änderungen sind insoweit hinzunehmen, wie der Arbeitgeber diese im Rahmen seines Weisungsrechts anordnen kann. Zulässig sind daher Änderungen, die zu einer effektiven Verwertung des Werkes unerlässlich sind, wobei auf die Verkehrsanschauung der betreffenden Branche abzustellen ist und im Zweifel der Arbeitgeber, welcher das wirtschaftliche Risiko der Werkschöpfung trägt, darüber entscheidet.693 Bei Änderungen, die über die nach § 39 Abs. 2 UrhG zulässige Grenze hinausgehen, wird zum Teil angenommen, das Interesse des Urhebers könne durch eine anonyme Werkveröffentlichung gewahrt werden.694 Damit ist dem Urheber aber nicht nur die Möglichkeit genommen über die Gestalt seines Werkes zu entscheiden, sondern auch über das „ob“ und „wie“ der Veröffentlichung.695 Es fehlt darüber hinaus an einem berechtigten Interesse des Arbeitgebers, das Recht des Urhebers auf Nennung seines Namens einzuschränken.696
Kellerhals S. 188 f.; Schacht S. 186. Kellerhals S. 189; Schacht S. 186. 691 Kellerhals S. 189 f.; Schacht S. 186. 692 Fromm/Nordemann/Vinck § 43. 6; Wandtke/Bullinger/Wandtke § 43 UrhG Rn. 101 f.; Rehbinder Rn. 651; ders., FS Roeber, S. 481, 495 f. Allerdings lässt sich über das Weisungsrecht des Arbeitgebers kein uneingeschränktes Änderungsrecht begründen, vgl. Wandtke, Arbeits- und Dienstverhältnis, S. 59. 693 Osenberg S. 159 f.; Rehbinder Rn. 651; ders. FS Roeber, 481, 496. 694 So z.B. Rehbinder Rn. 652 im Falle von Entstellungen; Dittrich S. 33 f. bei einer erheblichen Beeinträchtigung der ideellen Interessen durch Werkänderungen. 695 Kellerhals S. 190; Schacht S. 187. 696 Kellerhals S. 190. 689 690
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E. Die Sonderregelung des § 93 Abs. 1 UrhG für Filmwerke I. Die Ergänzung der §§ 88 ff. UrhG In dem aufwendigen und langwierigen Prozess der Filmherstellung ist im Voraus oft noch nicht absehbar, welche Änderungen an vorbestehenden Werken oder Beiträgen der ausübenden Künstler notwendig sind. Könnten die Urheber und ausübenden Künstler ihre urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnisse uneingeschränkt ausüben, würde dies die Filmherstellung und Filmverwertung massiv erschweren. Deshalb wurden mit den §§ 88 ff. UrhG einige Privilegierungen für die Filmhersteller geschaffen, darunter § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG, welcher das allgemeine Entstellungsverbot des § 14 UrhG zu Lasten der Urheber von Filmwerken697 (vgl. § 89 UrhG) oder der Urheber von vorbestehenden Werken698 (vgl. § 88 UrhG), die zur Herstellung eines Filmwerkes benutzt werden, einschränkt.699 Die Regelung soll bspw. Änderungen ermöglichen, die durch die Selbstkontrolle der deutschen Filmwirtschaft notwendig sind oder die eine Anpassung von Filmwerken an ausländische Verhältnisse erfordert.700 Die Privilegierung findet gemäß § 95 UrhG entsprechende Anwendung auf die Hersteller von Laufbildern.701 Zudem ist die Norm auf Fernsehwerke anwendbar.702 Ein Filmwerk ist „eine geistige persönliche Schöpfung von Bild – und Tonfolgen (…), die den Eindruck eines bewegten Bildes entstehen lassen“, Heidmeier S. 105. 698 V. Hartlieb/Schwarz/Dobberstein/Schwarz 38. Kap., S. 127 ff.; Heidmeier S. 100 f. und Wallner S. 86 ff. zur Unterscheidung zwischen Filmwerk und vorbestehendem Werk. 699 Die Vorschrift schränkt auch das Recht auf Werkintegrität der Inhaber verwandter Schutzrechte ein. Auf diesen Anwendungsbereich soll nicht näher eingegangen werden, da sich die Arbeit allein mit dem Werkintegritätsschutz des Urhebers befasst. Teilweise wird den Vorschriften eine Schutzfunktion zu Gunsten des Verwertungsinteresses des Urhebers und eine Warnfunktion zugeschrieben, Kreile/ Wallner ZUM 1997, 625, 631 f.; Wallner S. 108 f. 700 Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 320; Möhring/Nicolini/Lütje Rn. 1; Schricker/Dietz § 93 Rn. 1. 701 Schricker/Dietz § 93 Rn. 9; Wallner S. 111. Zur Def. eines Laufbildes und zur Abgrenzung zum Filmwerk, Reupert S. 47, 53 ff. 702 KG GRUR 2004, 497, 498 – Schlacht um Berlin; Dreier/Schulze/Schulze § 93 Rn. 6; Schricker/Dietz § 93 Rn. 11; Heidmeier S. 105; vgl. die insofern fragwürdi697
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II. Die Urheber von Filmwerken Dem UrhG ist nicht direkt zu entnehmen, wer Urheber eines Filmwerkes ist.703 Es grenzt den Kreis der Filmurheber aber negativ ab. Daraus folgt, dass Filmurheber diejenigen Personen sind, die „schöpferisch bei der Herstellung des Films mitwirken“.704 Sie müssen Beiträge zur Gestaltung der Bild- und Tonfolge bei den Dreharbeiten oder beim Schnitt leisten, die als persönliche geistige Schöpfung anzusehen sind. Die Quantität ihres Beitrages ist dabei irrelevant. Filmurheber können bspw. der Regisseur, der Kameramann,705 der Cutter und der Filmtonmeister sein. Der Filmproduzent ist in der Regel kein Miturheber des Films, weil er keinen schöpferischen Beitrag leistet. Er trägt jedoch die hohen finanziellen Aufwendungen, die er durch die Filmverwertung wieder amortisieren möchte. Eine sachgerechte Verwertung wird ihm nur gelingen, wenn die anderen am Film Beteiligten ihre Rechte übertragen. Es wurde bereits erwogen, dem Produzenten über eine Fiktion das Urheberrecht am Filmwerk zukommen zu lassen.706 Diese Kon-
gen Entscheidungen, in welchen die Gerichte die Anwendung des § 93 UrhG nicht einmal erörtert haben, OLG Frankfurt GRUR 1989, 203 – „Wüstenflug“; OLG München GRUR Int. 1993, 332 – Christoph Columbus; LG Saarbrücken UFITA 79 (1977), 358, 361 – „Dokumentarfilm I“; OLG Saarbrücken UFITA 79 (1977), 364, 366 – „Dokumentarfilm II“; a.A. Wandtke, FS Schricker 2005, S. 609, 613, 614. 703 § 93 UrhG als Kompromisslösung ist letztendlich das Ergebnis davon, dass im UrhG von 1965 der Filmhersteller nicht zum Urheber des Filmwerkes erklärt wurde, Wandtke, FS Schricker, S. 609, 610. 704 Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 318; BGH GRUR 1963, 40, 41 – Straßen – gestern und morgen; BGH GRUR 2002, 961 – Mischtonmeister; OLG Köln GRUR-RR 2005, 337, 338 – Dokumentarfilm Massaker; v.Hartlieb/ Schwarz/Dobberstein/ Schwarz, 37 Kap., S. 119 ff.; Heidmeier S. 120 ff.; Kreile/ Westphal GRUR 1996, 254, 256 f.; Pfeifer GRUR Int. 1995, 25, 28; Rehbinder Rn. 279; Reupert S. 89; Schack Rn. 298 f. 705 OLG Köln GRUR-RR 2005, 337, 338 – Dokumentarfilm Massaker; Schulze GRUR 1994, 855 ff. 706 Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 318. Für die Umsetzung des ursprünglichen RegE für das UrhG, Rehbinder Rn. 280.
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struktion ist aber nicht mit dem im deutschen Urheberrecht geltenden Schöpferprinzip vereinbar. Erwägenswert wäre allenfalls eine cessio legis aller Nutzungsrechte auf den Filmhersteller.707
III. Der Anwendungsbereich des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG ist auf Entstellungen und Beeinträchtigungen im Rahmen der filmischen Erst- und Zweitverwertung anwendbar.708 Die Norm erstreckt sich nicht auf außerfilmische Buchveröffentlichungen, Merchandisingprodukte, Multimediaprodukte, Computerspiele etc.709 Auf diese Verwertungsarten findet allein § 14 UrhG Anwendung. Insofern besteht Übereinstimmung mit den §§ 88 ff. UrhG, die allein der Sicherstellung der filmischen Verwertung dienen.710 Eine Ausnahme besteht lediglich dann, wenn andere Produkte durch die Übernahme von Filmsequenzen derart geprägt sind, dass sie als Film gelten.711 Die Vorschrift findet auch auf vorbestehende Werke Anwendung; diese müssen berechtigterweise in den Film eingeführt worden sein. Dies ergibt eine teleologische Auslegung des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG. Einschränkungen des Urheberpersönlichkeitsrechts sind nur dann gerechtfertigt, wenn der Filmhersteller die Erlaubnis zu Nutzung der vorbestehenden Werke hat. Es bedarf daher einer vertraglichen Beziehung zwischen dem Urheber des vorbestehenden Werkes und dem Filmhersteller.712 Schack Rn. 297. Schricker/Dietz § 93 Rn. 11; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 6; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 14; a.A. Wallner S. 112 ff., der § 93 Abs. 1 UrhG nur im Rahmen der Erstverwertung anwendet und bei der Zweitverwertung § 14 UrhG heranzieht; ebenso Zlanabitnig AfP 2005, 35, 37; Wandtke, FS Schricker, S. 609, 613 f. 709 Büscher/Dittmer/Schiwy/Lewke § 93 UrhG Rn. 4; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 UrhG Rn. 12; Wandtke/Bullinger/Mangeold § 93 UrhG Rn. 6. 710 Amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 319. 711 Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 13; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 6. 712 Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 1; Schricker/Dietz § 93 Rn. 16; Wallner S. 111 f.; a.A. Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 3 [Der Wortlaut der Norm stelle nur auf die tatsächliche Mitwirkung ab]. 707 708
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IV. Die Prüfung einer Integritätsrechtsverletzung von Filmwerken Die Prüfung, ob eine gemäß §§ 14, 93 Abs. 1 S. 1 UrhG unzulässige Werkänderung vorliegt, folgt demselben Prüfungsschema wie bei § 14 UrhG. Zunächst muss die gröbliche Entstellung oder gröbliche Beeinträchtigung festgestellt werden. Diese muss geeignet sein, die Interessen des Urhebers zu gefährden. Im Anschluss daran erfolgt eine Interessenabwägung. 1. Der Begriff der „Gröblichkeit“
Wird die Beeinträchtigung als Oberbegriff angesehen, die auch die gravierendere Form der Entstellung erfasst, ist zu klären, was unter einer gröblichen Beeinträchtigung zu verstehen ist; bei dieser müsste es sich gerade um eine Entstellung handeln.713 Dieselbe Frage stellt sich im Hinblick auf die gröbliche Entstellung. Aufgrund dieser Abgrenzungsschwierigkeiten sollte die Prüfung des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG nicht an diesen Begrifflichkeiten festgemacht werden, sondern es gilt die Art und Intensität des Eingriffs ausreichend bei der Interessenabwägung zu berücksichtigen.714 2. Die modifizierte Interessenabwägung
Durch die Beschränkung des Entstellungsschutzes auf gröbliche Entstellungen bzw. Beeinträchtigungen werden die technischen, organisatorischen und finanziellen Mittel, die der Filmhersteller zur Filmproduktion einsetzen muss und die für ihn ein besonderes Investitionsrisiko bedeuten, als vom Gesetzgeber vorgegebenes Beurteilungskriterium berücksichtigt.715 § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG ist dabei, vergleichbar mit den Absätzen 2 bis 4 des § 62 UrhG, als gesetzlich typisierte Vorwegnahme der in jedem Einzelfall nach § 14 UrhG vorzunehmenden
Heidmeier S. 110; Wandtke, FS Schricker, S. 609, 612. So a. Heidmeier S. 111 mit Hinweis auf die Interessenabwägung bei § 14 UrhG. 715 Schricker/Dietz § 93 Rn. 2; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 2. 713 714
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Interessenabwägung zu verstehen.716 Bei der Interessenabwägung ist daher der sachliche Vorrang der Verwerterinteressen gegenüber solchen Entstellungen bzw. Beeinträchtigungen zu beachten, die keine schwerwiegende Interessengefährdung des Urhebers nach sich ziehen.717 Aus dem Rücksichtnahmegebot in § 93 Abs. 1 S. 2 UrhG ergibt sich zudem die angemessene Berücksichtigung der Interessen anderer beteiligter Urheber (vgl. § 88 Abs. 1, 89 Abs. 3 UrhG) und der Inhaber verwandter Schutzrechte neben denen des Filmherstellers.718 Damit gibt der Gesetzgeber ebenfalls eine Wertung für die Interessenabwägung vor.719 Jedoch kommt der Vorschrift rein klarstellende Bedeutung zu, denn die gegenseitige Rücksichtnahme ist der nach §§ 14, 93 Abs. 1 S. 1 UrhG gebotenen Interessenabwägung ohnehin immanent.720 3. Die Beurteilung der Gröblichkeit von Entstellungen und Beeinträchtigungen
Ob eine Entstellung oder Beeinträchtigung gröblich ist, kann nur im Einzelfall unter Berücksichtigung der Gestaltungshöhe des Werkes, der Art und Intensität des Eingriffs und der Interessen der Beteiligten KG Berlin GRUR 2004, 497, 499 – Schlacht um Berlin; Möhring/Nicolini/ Lütje § 93 Rn. 5; Schricker/Dietz § 93 Rn. 2; Wandtke/Bullinger/Mangeold § 93 UrhG Rn. 2; a.A. v. Gramm § 93 Rn. 4; Heidmeier S. 111, die darin eine Konkretisierung der bei urheberpersönlichkeitsrechtlichen Berechtigungen stets notwendigen Interessenabwägung sieht; Huber S. 39, die § 93 Abs. 1 UrhG nur klarstellende Bedeutung zumisst und darauf hinweist, dass bei einer sachgerechten Anwendung des § 14 UrhG dasselbe Ergebnis herauskommt. 717 OLG München GRUR 1986, 460, 461 – Die unendliche Geschichte; KG Berlin GRUR 2004, 497, 498 – Schlacht um Berlin; v. Gramm § 93 Rn. 4; Schricker/ Dietz § 93 Rn. 2; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 12; Reupert S. 135. 718 Dies sind Urheber bereits bestehender Filmwerke (§§ 88 Abs. 1, 89 Abs. 3 UrhG) oder eigentliche Filmurheber (§ 89 Abs. 1 UrhG), sowie ausübende Künstler (§§ 89 Abs. 1, 75 UrhG), vgl. Schricker/Dietz § 93 Rn. 4. 719 Schricker/Dietz § 93 Rn. 4. 720 Schricker/Dietz § 93 Rn. 10; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 17; Heidmeier S. 112; Schack Rn. 362; ähnlich Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 8, der dem S. 2 keine eigenständige Bedeutung zumisst; a.A. Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 31, der darin eine weitergehende Bedeutung sieht; trotz gröblicher Entstellung könnten Unterlassungsansprüche des Urhebers wegen dem Gebot der Rücksichtnahme entfallen. 716
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bewertet werden.721 Der mit den veränderten Werkteilen verfolgte künstlerische Zweck im Rahmen des Gesamtkunstwerkes Film spielt ebenfalls eine entscheidende Rolle.722 Das OLG München hat in seiner Entscheidung „Die unendliche Geschichte“ eine Entstellung als gröblich beurteilt, wenn sie in besonders starker Weise die in § 14 UrhG genannten Interessen des Urhebers verletzt oder wenn eine völlige Verkehrung des ursprünglichen Sinngehalts des Filmwerkes bzw. des ihm zu Grunde liegenden Werkes, entgegen der Intention des Urhebers, stattfindet.723 Die gröbliche Entstellung sah das Gericht in einer Schlussszene des Films, welche der Intention und dem Charakter des Romans von Michael Ende in sinnentstellender Weise zuwider lief. Der Anspruch des Urhebers scheiterte letztendlich trotzdem an einer vom ihm geschaffenen Vertrags- und Vertrauenslage.724 Die Anforderungen an das Vorliegen einer gröblichen Entstellung des OLG München werden in der Lehre als zu weit gefasst kritisiert; dies insbesondere im Hinblick auf die Offenheit der Rechtsfolgen im Falle der Verletzung des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG und der Untersagung der Filmwerkverwertung als ultima ratio.725 Von einer gröblichen Entstellung ist auszugehen, wenn der Film ohne Änderung verwertet hätte werden können.726 Anpassungen und Änderungen eines Werkes, die der sachgerechten wirtschaftlichen Verwertung des Films oder des vorbestehenden Werkes dienen, sind wegen ihrer geringen Intensität grundsätzlich vom Urheber zu dulden.727 Der Hinweis Rehbinders, dass viele Entstellungen von den GeMöhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 24; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 12; Schack Rn. 365. 722 Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 24. 723 OLG München GRUR 1986, 460, 461 mit Verweis auf v. Hartlieb/Schwarz/ Schwarz/U.Reber 54 Kap., Rn. 12, S. 176. 724 Krit. zu der Entscheidung Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 5; Schack Rn. 365. 725 Vgl. KG Berlin GRUR 2004, 497, 499 – Schlacht um Berlin; Büscher/Dittmer/Schiwy/Lewke § 93 UrhG Rn. 5; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 24, der dieser weiten Auslegung mit verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet; Wandtke/ Bullinger/Manegold § 93 Rn. 12. 726 Dreier/Schulze/Schulze § 93 Rn. 9. 727 OLG München GRUR 1986, 460, 461 – Die unendliche Geschichte; Möhring/ Nicolini/Lütje § 93 Rn. 24; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 12. 721
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richten vielleicht deshalb nicht mehr als gröblich angesehen werden, weil sie „üblich“ sind, ist gerechtfertigt.728 4. Die gröbliche Entstellung und Beeinträchtigung von Filmwerken
Die Kürzung von Filmwerken kann zu einer gröblichen Entstellung führen.729 So beurteilte das KG Berlin die Kürzung eines Dokumentarfilms über das Alltagsleben vor und nach dem Zweiten Weltkrieg auf die fast unveränderte erste Hälfte des Films als eine Entstellung, nicht aber als eine gröbliche Entstellung.730 Anders entschieden hat das OLG Frankfurt bei einer Kürzung eines Films um 1/3 der Spiellänge, allerdings ohne eine nähere Begründung.731 Ebenso kann durch Werbeunterbrechungen eine Verletzung des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG eintreten. Der zulässige Umfang von Werbeunterbrechungen bei Spielfilmen ist aber sehr strittig, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung medienrechtlicher Vorgaben als Bewertungsmaßstab. Das Erfordernis, medienrechtliche Vorgaben zu beachten, hängt davon ab, ob diese dem urheberpersönlichkeitsrechtlichen Schutz dienen.732 Die Intensität des Eingriffs kann nach Platzierung, 728 Rehbinder Rn. 287; Rosén GRUR Int. 2004, 1002, 1010, der auf die Gewöhnung des Publikums an Werbeunterbrechungen hinweist und der Ansicht ist, das Publikum nehme den Film daher trotzdem als Gesamtheit in seinem künstlerischen Wert und seiner Eigenheit wahr; Liuzzo GRUR Int. 1989, 110, 113, der darauf hinweist, dass Werbeunterbrechungen, weil sie von den Zuschauern als alltäglich betrachtet und nicht dem Urheber zugeschrieben werden, nicht weniger beeinträchtigend wirken. 729 V. Hartlieb/Schwarz/Schwarz/U.Reber 54 Kap., Rn. 14, S. 177; Heidmeier S. 178 ff. 730 KG Berlin GRUR 2004, 497, 498 f. – Schlacht um Berlin; vgl. dazu Zlanabitnig AfP 2005, 35, 37 f., der in diesem Fall der Zweitverwertung § 14 UrhG und nicht § 93 UrhG nicht für anwendbar hält; ebenso Wandtke FS Schricker 2005, S. 609, 612 ff. 731 OLG Frankfurt GRUR 1989, 203, 205 – „Wüstenflug“; krit. zu dieser Entscheidung KG Berlin GRUR 2004, 497, 499 – Schlacht um Berlin; vgl. a. KG Berlin UFITA 59 (1971), 279, 281 – „Oscar Wilde“; Schulze, LG Berlin ZUM 1997, 758, 761 – „Regievertrag“. In beiden Entscheidungen wurde die Interessenabwägung nicht offen gelegt und das Ergebnis nicht begründet. 732 Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 27 und Schricker/Dietz § 93 Rn. 21 halten Rückwirkungen der medienrechtlichen Vorgaben auf das UPR für intendiert,
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Länge, Häufigkeit und Inhalt der Werbeunterbrechung sowie deren Vorhersehbarkeit für den Zuschauer beurteilt werden.733 Bei künstlerisch ambitionierten Filmen werden Werbeunterbrechungen in der Regel nicht zugelassen.734 Kann der Urheber selbst bei der Produktion die späteren Unterbrechungen positionieren (Sollbruchstellen), so kann darin im Nachhinein keine gröbliche Entstellung liegen.735 Das Einblenden des Logos eines Fernsehunternehmens ist regelmäßig zulässig und stellt keinen Eingriff in § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG dar; denn das Logo ist erkennbar kein gestalterisches Element des Films und verändert den Inhalt des Films nicht.736 gehen aber davon aus, dass das UPR grundsätzlich unberührt bleibt; Wandtke/ Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 14 und Heidmeier S. 167 ff. sehen medienrechtliche Vorgaben zumindest hinsichtlich der höchstzulässigen Gesamtdauer von Werbung als urheberrechtlich verbindlich an; a.A. Pfeifer GRUR Int. 1995, 25, 43 f.; siehe a. Zlanabitnig AfP 2005, 35, 38 f. Zur rechtsvergleichenden Bewertung von Werbeunterbrechungen: Pfeifer, Werbeunterbrechungen in Spielfilmen nach deutschem und italienischen Urheberrecht, GRUR Int. 1995, 25; Liuzzo, Die Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts durch Werbeeinblendungen, GRUR Int. 1989, 110; Rosén, Werbeunterbrechungen von Spielfilmen nach schwedischem Recht – (immer noch) ein Testfall für das droit moral?, GRUR Int. 2004, 1002. 733 Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 6; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 27; Pfeifer GRUR Int. 1995, 25, 39, 40 f. Wallner S. 169; Zlanabitnig AfP 2005, 35, 38; vgl. den italienischen Fall „Serafino“, GRUR Int. 1985, 586. Dort wurde der Film alle 12 bis 13 Minuten durch Werbespots unterbrochen. 734 Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 6, welcher der Ansicht ist, der Rhythmus und der filmische Ablauf dürfen bei Filmen mit künstlerischem Anspruch nicht zersplittert oder gestört werden; ebenso Huber S. 92; Heidmeier S. 172 f.; Pfeifer GRUR Int. 1995, 25, 40; Schack Rn. 363; Schilcher S. 108; Schulze GRUR 1994, 855, 861; a.A. Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 27, der eine Unterbrechung in einem 1,5 Stunden langen Spielfilm nicht als gröbliche Entstellung wertet, gleichgültig ob dieser künstlerisch ambitioniert ist oder nicht. 735 Vgl. KG GRUR 2004, 497, 499 – Schlacht um Berlin. Dort wurden die Ereignisse in Berlin vor und nach dem Krieg chronologisch geschildert. Die Beendigung des Krieges wurde dabei als inhaltliche Zäsur und damit gewissermaßen als Sollbruchstelle angesehen [krit. zu der Entscheidung Obergfell, in Schulze, RzU, KGZ 121, S. 14]; Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 6; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 27; Schricker/Dietz § 14 Rn. 21; Heidmeier S. 167; Pfeifer GRUR Int. 1995, 25, 42; Schack Rn. 364; Schilcher S. 78; Wallner S. 168. 736 Büscher/Dittmer/Schiwy/Lewke § 93 UrhG Rn. 6; v.Hartlieb/Schwarz/ Schwarz/U.Reber 54 Kap., Rn. 14, S. 177; Schricker/Dietz § 93 Rn. 21; Wandtke/ Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 15; Heidmeier S. 190; Wallner S. 176 f.; a.A. Huber S. 97; Reupert S. 159; Schack Rn. 364; Schulze GRUR 1994, 861.
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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Im teilweisen oder vollständigen Austausch von Filmmusik kann eine gröbliche Entstellung liegen, wenn dadurch der dramaturgisch-ästhetische Gesamteindruck des Films verändert wird.737 Ansprüche eines Filmkomponisten aus §§ 39 und 93 Abs. 1 S. 1 UrhG wurden vom OLG Hamburg verneint, als Teile von Filmen ohne gleichzeitige Übernahme der ursprünglichen Filmmusik in eine Comedy-Serie integriert wurden.738 Ferner kann § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG durch Formatanpassungen und Laufzeitveränderungen verletzt werden. Die häufigsten Fälle von Formatanpassungen („panning und scanning“) entstehen, wenn ein Kinofilm auf ein Fernsehformat gebracht werden soll.739 Laufzeitveränderungen kommen durch hinzufügen von Filmteilen („adding“), Herausschneiden von Filmteilen („cutting“), Laufzeitverkürzungen („time compression“) und Laufzeitverlängerungen („time expansion“) zu Stande. Sie dienen meistens der Nutzung im Fernsehen, z.B. um Werbespots einblenden zu können, oder aber um Filme für den Flugverkehr zu nutzen. Das LG Berlin hat in einer Kürzung einer einzelnen Folge einer Fernsehserie um jeweils 10 Minuten durch Laufzeitänderungen und Formatanpassungen eine gröbliche Entstellung gesehen.740 Die Laufzeitänderung durch eine Geschwindigkeitsvariation innerhalb einer Marge von 2–7 % wird zum Teil nicht einmal als objektiv wahrnehmbare Änderung gesehen.741 Anders dagegen Laufzeitveränderungen, die durch das Hinzufügen oder Herausschneiden von Filmteilen entstehen. In diesen Fällen liegt eine gröbliche Entstellung vor, wenn die hinzugefügte Filmszene dem wesentlichen Inhalt des Filmwerkes widerspricht oder die herausgeschnittene Szene wesentlicher Inhalt des Filmwerkes war.742 In der Literatur werden Formatanpassun-
OLG München GRUR Int. 1993, 332 – Christoph Columbus [allerdings wurde in dieser Entscheidung § 93 UrhG fälschlicherweise nicht angewendet]; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 29. 738 OLG Hamburg GRUR 1997, 822 – Edgar-Wallace. 739 Zur Technik des panning und scanning, v. Lewinski/Dreier GRUR Int. 1989, 635, 636. 740 LG Berlin ZUM 1997, 758, 761. 741 Wallner S. 189; a.A. v. Lewinski/Dreier GRUR Int. 1989, 635, 645. 742 Heidmeier S. 179; Wallner S. 190; vgl. dazu a. Zlanabitnig AfP 2005, 35, 37 f. 737
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gen oft schwerwiegender als geringfügige Laufzeitänderungen bewertet.743 Das Abschneiden des Nachspanns744 und des Vorspanns745 oder Manipulationen an der digitalisierten Fassung von Filmen746 können ebenfalls gröbliche Entstellungen darstellen. Im Übrigen kann die Kolorierung von Schwarz-Weiß-Filmen eine gröbliche Entstellung des Filmwerkes bedeuten.747 Dabei wird in der Lehre nach der schöpferischen Eigenheit des Films differenziert.748 Eine gröbliche Entstellung ist durch die Kolorierung demnach gegeben, wenn der Film künstlerisch ambitioniert bewusst in schwarzweiß gehalten wurde. Als Beispiel sei der Spielfilm „Schindlers Liste“ aus dem Jahr 1993 genannt; dieser wurde bewusst in schwarz-weiß gedreht. Die nachträgliche Kolorierung eines wissenschaftlichen Films zur Erzielung einer höheren Kontrastwirkung ist dagegen nicht vom Änderungsverbot der §§ 14, 93 Abs. 1 S. 1 UrhG erfasst. 743 Schricker/Dietz § 93 Rn. 24; v. Lewinski/Dreier GRUR Int. 1989, 635, 646; Reupert S. 153 ff.; a.A. Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 25 und Wallner S. 185, die bereits das Vorliegen einer Beeinträchtigung bei Formatanpassungen bezweifeln. 744 Schricker/Dietz § 92 Rn. 24; diff. Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 6; Reupert S. 157 geht von einer gröblichen Entstellung aus, soweit der Nachspann integraler Bestandteil des Films ist, ähnlich Büscher/Dittmer/Schiwy/Lewke § 93 UrhG Rn. 6; a.A. Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 15, der dies nicht als Problem der §§ 14, 93 UrhG ansieht, da keine inhaltliche Veränderung vorliege; er verweist auf § 13 UrhG, das Recht des Urhebers namentlich genannt zu werden; ebenso Heidmeier S. 190 f. 745 So Büscher/Dittmer/Schiwy/Lewke § 93 UrhG Rn. 6; Wandtke/Bullinger/ Manegold § 93 UrhG Rn. 15 [wegen der dramaturgischen Wichtigkeit]. 746 Siehe dazu Wallner S. 196 ff. 747 Schricker/Dietz § 93 Rn. 22; v. Lewinski/Dreier GRUR Int. 1989, 635, 646; Reupert S. 145; Schack Rn. 363; ders. IPRax 1993, 46, 47. Zur Technik der Kolorierung, v. Lewinski/Dreier GRUR Int. 1989, 635. Vgl. den Fall „John Huston II“, entschieden durch den Cour de Cassation, abgedruckt in GRUR Int. 1992, 304, 260; zur Entscheidung des Cour d’Appel im selben Fall, GRUR Int. 1989, 937 – „John Huston I“. 748 Büscher/Dittmer/Schiwy/Lewke § 93 UrhG Rn. 6; Schricker/Dietz § 93 Rn. 22; Dietz ZUM 309, 317; Heidmeier S. 154 f.; Huber, S. 86; v. Lewinski/Dreier GRUR Int. 1989, 635, 645 f., Schack Rn. 363; Wallner S. 159 f.; a.A. Platho GRUR 1987, 424, 426 f., die Kolorierungen immer als gröbliche Entstellungen wertet; Reupert S. 145 f., die in jedem Fall dem Filmurheber die Entscheidung über eine nachträgliche Kolorierung belässt; Schilcher S. 115 f.
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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V. Das Verhältnis des § 93 Abs. 1 UrhG zu anderen änderungsrechtlichen Vorschriften Das Gröblichkeits- und das Rücksichtnahmekriterium des § 93 Abs. 1 UrhG sind im Rahmen des § 39 UrhG zu beachten. Ferner muss § 8 Abs. 1 UrhG berücksichtigt werden, wonach Änderungen des Werkes nur mit Einwilligung der Miturheber zulässig sind. § 39 Abs. 1 UrhG ist „im Lichte der Vorschriften“ der § 88 Abs. 1 UrhG und § 89 Abs. 1 UrhG auszulegen.749 § 88 Abs. 1 UrhG stellt eine Konkretisierung des § 23 UrhG und des § 39 Abs. 1 UrhG dar. Mit der Verfilmung notwendigerweise verbundene Änderungen oder Bearbeitungen des verfilmten Werkes gelten als stillschweigend im Verfilmungsvertrag vereinbart.750 Der angestellte Urheber erwirbt das Urheberrecht und Urheberpersönlichkeitsrecht am Werk; jedoch werden wegen § 93 Abs. 1 UrhG und § 88 Abs. 1 UrhG weiter reichende Änderungen am Werk nach § 39 UrhG zulässig sein.751 § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG kommt gegenüber § 39 Abs. 1 UrhG zudem eigenständige Bedeutung zu, da die Norm dispositiven Charakter hat.752 Vereinbarungen, die zum Nachteil des Urhebers über § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG hinausgehen, sind daher zulässig, wenn die vertraglich zugestandenen Vereinbarungen konkret genug waren und der Betroffene deren Wirkung im Detail vorhersehen konnte.753 Ein Anspruch auf Unterlassung der Filmverwertung muss im Rahmen des § 97 Abs. 1 UrhG ultima ratio bleiben, weil ansonsten die
Schricker/Dietz § 93 Rn. 16. Schricker/Dietz § 14 Rn. 12; Wallner S. 126. 751 Zum angestellten Urheber vom Filmwerken, Wallner S. 120 f. 752 OLG München GRUR 460, 461 – Die unendliche Geschichte; Dreier/Schulze/ Schulze § 93 Rn. 11; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 33; Schricker/Dietz § 93 Rn. 18; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 Rn. 3; einschränkender Zlanabitnig AfP 2005, 35, 39; a.A. v. Gramm § 93 Rn. 2 und Fromm/Nordemann/Hertin Rn. 7 [zu Gunsten des Urhebers existierende Mindestregelung, deshalb nur zu seinen Gunsten abdingbar, ansonsten zwingend] 753 Schricker/Dietz § 93 Rn. 18; Möhring/Nicolini/Lütje § 93 Rn. 33; Wandtke/ Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 3; Heidmeier S. 113 f. 749 750
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Verwerterinteressen völlig außer Acht blieben.754 Ferner kommt die Aufnahme einer Distanzierungserklärung („ein Film, sehr frei nach dem Roman von …“) im Vor- oder Nachspann des Filmes in Betracht.755 Der Urheber kann außerdem gemäß § 13 S. 2 UrhG die Nennung seines Namens in Verbindung mit einem entstellenden Filmwerk verbieten.756 Jeder Miturheber darf gemäß § 8 Abs. 2 S. 3 UrhG Ansprüche aus der Verletzung des § 93 Abs. 1 UrhG alleine geltend machen.
VI. Die Kritik an § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG Die gesetzlich typisierte Vorwegnahme einer Interessenabwägung im Rahmen des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG ist im Hinblick auf die starke Beschränkung des Integritätsrechts nicht unkritisch zu sehen.757 § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG verstößt aber nicht gegen die RBÜ, denn die Regelung des Art. 14bis RBÜ, die sich mit den Rechten von Urhebern von Filmwerken befasst, weist ebenfalls eine verwerterfreundliche Tendenz auf, welche im Rahmen der Interessenabwägung nach Art. 6bis Abs. 1 RBÜ Beachtung finden muss.758 Dennoch ist fraglich, ob die Norm den verfassungsrechtlichen Wertungen der Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG entspricht.759 Die Befürworter der Norm verweisen auf deren dispositiven Charakter. Dem Urheber stehe es frei, die Norm abzubedingen und einen stärkeren Entstel-
OLG München GRUR 1986, 460, 464 – Die unendliche Geschichte; OLG Köln GRUR-RR 2005, 337, 338 – Dokumentarfilm Massaker; Möhring/Nicolini/ Lütje § 93 Rn. 35. 755 KG Berlin UFITA 59 (1971), 279, 284 – „Oscar-Wilde“. 756 OLG Saarbrücken UFITA 79 (1977), 364, 366 – „Dokumentarfilm II“; v. Hartlieb/Schwarz/Schwarz/U.Reber 54 Kap., Rn. 12, S. 176; Schricker/Dietz § 93 Rn. 13; Schack Rn. 365. 757 Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 2; Wandtke, FS Schricker, S. 609, 611; siehe a. die Kritik bei Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 92, 94. 758 Schricker/Dietz § 93 Rn. 3; Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 UrhG Rn. 2; zurückhaltender Dreier/Schulze/Schulze § 93 Rn. 2. 759 Krit. zur Entscheidung „Schlacht um Berlin“ (KG Berlin GRUR 2004, 497), die sich nicht mit der verfassungsrechtlichen Problematik auseinandersetzt, Obergfell, in Schulze, RzU, KGZ 121, S. 14. 754
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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lungsschutz zu vereinbaren.760 Dem Urheber als der schwächeren Vertragspartei wird es in der Praxis jedoch kaum gelingen, die Norm außer Kraft zu setzen.761 Die Gegner der Vorschrift, wie Dietz, Hertin und Wandtke, begründen ihre verfassungsrechtlichen Bedenken durch einen Vergleich mit anderen Bereichen moderner Medien. Dort müssten die Urheber trotz hoher Produktionskosten keine Rechtseinschränkungen hinnehmen.762 Eine Sondermeinung in diesem Zusammenhang vertritt Hertin.763 Ruf und Ansehen eines Menschen seien sowohl allgemein als auch in Bezug auf sein Werk Teil seiner Menschenwürde, welche ohne eine besondere gesetzliche Regelung von der Verfassung geschützt sei. Dieses vornehmste Menschenrecht könne der Gesetzgeber nicht einschränken, indem er dem Urheber nur Schutz gegen „gröbliche“ Verletzungen seines Integritätsrechts gewähre. Im Ergebnis ignoriert Hertin im Rahmen einer verfassungs- und konventionskonformen Auslegung das Kriterium der „Gröblichkeit“. In Anlehnung an § 39 Abs. 2 UrhG nimmt er eine „Treu und Glauben-Kontrolle“ vor, welche das komplexe Medium Film berücksichtigt.
F. Zusammenfassung und abschließende Bewertung des deutschen Werkintegritätsschutzes § 14 UrhG ist als Grundnorm anzusehen, die ein generelles Änderungsverbot enthält. Diese wird durch die weiteren änderungsrechtlichen Normen, insbesondere die §§ 39, 62, 93 Abs. 1 UrhG, ergänzt, aber gleichzeitig auch beschränkt. Den genannten Normen liegt das OLG München GRUR 1986, 460, 461 – Die unendliche Geschichte. OLG München GRUR 1986, 460, 463 – Die unendliche Geschichte [in dieser Entscheidung hält das Gericht fest, dass der Kläger der Verfilmung seines Drehbuchs nur aus wirtschaftlichen Gründen und gegen seine innere Überzeugung zugestimmt hat]; Huber S. 38 f.; Wallner S. 107; Zlanabitnig AfP 2005, 35, 37. 762 Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 2; Schricker/Dietz § 93 Rn. 2; Heeschen S. 60; Wandtke, FS Schricker 2005, S. 609, 610. Dreier/Katzenberger/v. Lewinski/ Schricker S. 92, 94 schlagen eine Streichung des § 93 UrhG vor. Eine Gleichbehandlung von Filmwerken und Multimediawerken müsse in einer einheitlichen gesetzlichen Regelung für Rechtsgeschäfte über das UPR erfolgen, die sich an der Vorhersehbarkeitstheorie orientiert. 763 Vgl. dazu die Ausf. bei Fromm/Nordemann/Hertin § 93 Rn. 3–5. 760 761
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
einheitliche Prinzip einer in jedem Einzelfall durchzuführenden Interessenabwägung zu Grunde, welche u.a. besondere Rechte Dritter sowie besondere Rechtsbeziehungen berücksichtigt. Dabei besteht zwischen den Interessen des Urhebers, des Werkverwerters und des Eigentümers eines Werkstückes kein festes Rangverhältnis. Eine Ausnahme stellt lediglich § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG dar; durch die Norm wird den Interessen des Filmproduzenten der Vorrang eingeräumt. Erst als Ergebnis der Interessenabwägung steht fest, ob im konkreten Einzelfall eine Integritätsrechtsverletzung vorliegt. Durch das Zusammenspiel der Normen besteht ein einheitliches, umfassendes und nahezu lückenloses Schutzsystem. Im Rahmen des § 14 UrhG müssen wegen bestehender Abgrenzungsschwierigkeiten alle Eingriffsarten gleich behandelt werden, wobei deren unterschiedliche Eingriffsintensität bei der Interessenabwägung Berücksichtigung findet. Nach der Feststellung des Eingriffs in Form einer Entstellung oder Beeinträchtigung muss die Gefährdung der geistigen und persönlichen Urheberinteressen geprüft werden; denn der Relativsatz in § 14 UrhG bezieht sich – zumindest als Ergebnis einer konventionskonformen Auslegung – auf alle Eingriffsarten. Erst danach folgt die Interessenabwägung. Das UrhG muss wie auch immer gearteten Schutz vor Zerstörung bieten, da die Werkvernichtung die persönlichen und geistigen Urheberinteressen berührt. Leider fehlt eine ausdrückliche Regelung im Hinblick auf den Zerstörungsschutz, weshalb der Gesetzgeber aufgefordert ist eine gesetzliche Regelung zu schaffen. Um einen einigermaßen gerechten Interessenausgleich zwischen Urheber und Eigentümer zu erzielen, könnte der Zerstörungsschutz mit einer Andienungspflicht des Eigentümers verbunden werden.764 Bis eine derartige Norm geschaffen wird, ist davon auszugehen, dass die Zerstörung als „andere Beeinträchtigung“ von § 14 UrhG erfasst ist. Eine änderungsrechtliche Norm, welche das Verhältnis von Eigentümer und Urheber regelt, existiert ebenfalls nicht. Durch eine analoge Anwendung des § 39 UrhG können bereits sachgerechte Ergebnisse erzielt werden, besser wäre aber der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit wegen eine gesonderte Regelung. Denn das Spannungsverhältnis 764
Siehe S. 77.
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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zwischen Urheber und Eigentümer tritt in der Praxis häufig auf und erfordert einen Ausgleich der grundrechtlich geschützten Interessen. Zu begrüßen ist, dass für den Arbeitnehmerurheber das Schöpferprinzip gilt und er deshalb prinzipiell Urheberpersönlichkeitsschutz genießt. Inwiefern das Integritätsrecht im Rahmen von Arbeitsverhältnissen Einschränkungen unterworfen ist, kann dem UrhG nicht direkt entnommen werden und ist deshalb über eine Interessenabwägung zu ermitteln. Der Integritätsschutz hängt von der Art der Arbeit, der Werkart, dem Werkzweck, der Gestaltungshöhe sowie der Branchenübung ab. Als sinnvoll erweist sich die Unterscheidung zwischen objektiv notwendigen und subjektiv erforderlichen Änderungen. Demnach muss der Arbeitnehmer Änderungen, mit denen er rechnen musste, im Regelfall hinnehmen. Das Weisungsrecht sollte kein Maßstab im Rahmen der Interessenabwägung sein; es steht der Beachtung persönlicher Arbeitnehmerinteressen seiner Natur nach entgegen. Das Kriterium der Branchenübung ist zurückhaltend anzuwenden. Nur weil gewisse Änderungen in einer bestimmten Branche im Interesse der Verwerter üblich sind, können diese das Integritätsrecht dennoch (gravierend) verletzen. Sinnvoll erscheint wiederum eine ausdrückliche Regelung des Arbeitnehmerurheberpersönlichkeitsrechts.765 Die Sonderregelung für Filmwerke in § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG, welche den Integritätsschutz auf gröbliche Entstellungen und Beeinträchtigungen beschränkt, ist verfehlt. Die Hersteller anderer Werke, bspw. von Musik- und Multimediawerken, können einem ähnlichen Investitionsrisiko ausgesetzt sein. Für sie gilt die Privilegierung aber nicht. So kommt es zu einer ungerechtfertigten und nicht tragbaren Bevorzugung einer Verwertergruppe. Die Regelung hat die Filmindustrie ihrer starken Lobby zu verdanken, welche die geplante Streichung des § 93 Abs.1 UrhG im Zuge der Urhebervertragsrechtsreform im Jahr 2002 zu verhindern wusste. Sie fürchtet die Rechtsunsicherheit, welche bei einer bloßen Verpflichtung zur Rücksichtnahme auf die Interessen der anderen Beteiligten entstehen würde.766 Der Gesetzgeber Vgl. Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 95, die eine Regelung des Arbeitnehmerurheberpersönlichkeitsrechts vorschlagen und Vereinbarungen über das UPR gemäß den unternehmerischen Zwecken in einem weiteren Rahmen zulassen möchten. 766 Wandtke/Bullinger/Manegold § 93 Rn. 4. 765
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sollte die Streichung nachholen. Die besonderen Interessen der Filmproduzenten können im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung des § 14 UrhG in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden. Diese Forderung ist auch im Hinblick darauf angebracht, dass die Gerichte des Öfteren den Gröblichkeitsmaßstab des § 93 Abs. 1 UrhG einfach übergingen.767 Das größte Problem bereitet die Zulässigkeit der Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht. Die Regelung des § 39 Abs. 1 UrhG erweist sich als unzureichend. Neben Rechtsgeschäften mit obligatorischer Wirkung werden in der Praxis schon seit jeher Rechtsgeschäfte mit weitergehender Bindungswirkung vorgenommen. So ist die Verfügung mit absolut-konstitutiver Wirkung über das Integritätsrecht eine beliebte Variante, um dem Verwerter eine gesicherte und übertragbare Rechtsposition zu verschaffen. Allerdings darf der Begriff der „dinglichen Wirkung“ für diese Art der Rechtswirkung nicht synonym verwendet werden, da er die eigentliche, absolute Rechtswirkung verschleiert und zu Fehlvorstellungen über die Natur des Urheberrechts führt. Ferner bleibt der Umfang zulässiger Rechtsgeschäfte unklar. Die Kernbereichstheorie, der die Rechtsprechung und ein Teil der Lehre folgt, ist abzulehnen; diese beschränkt das Selbstbestimmungsrecht und die Vertragsfreiheit zu stark. Zudem sorgt sie für Rechtsunsicherheit, denn eine genaue Definition des Kernbereichs des Integritätsrechts fehlt. Vorzuziehen ist daher die Vorhersehbarkeitstheorie, welche die Grenze zulässiger Rechtsgeschäfte mit Hilfe der Zweckübertragungstheorie bestimmt. Sinnvoll ist eine Erweiterung dieser Vorhersehbarkeitstheorie um den Schutz vor Fremdbestimmung. Ein Widerruf des Rechtsgeschäfts sollte entsprechend § 42 Abs. 1 UrhG möglich sein; allerdings nur solange der Nutzungsrechtsinhaber noch nicht mit der Verwertung begonnen, d.h. das veränderte Werk nicht an die Öffentlichkeit gebracht hat. Dem Verwerter muss im Falle des Widerrufs ein Schadensersatzanspruch für die im Vertrauen auf die Rechtslage getätigten Aufwendungen gemäß § 42 Abs. 3 UrhG analog zustehen. Vgl. OLG Saarbrücken UFITA 79 (1977), 358, 364 – „Dokumentarfilm I“; OLG Saarbrücken UFITA 79 (1977) 364, 366 – „Dokumentarfilm II“; OLG München GRUR 1993, 332, 333 – Christoph Columbus; OLG Frankfurt GRUR 1989, 203, 205 – „Wüstenflug“. 767
3. Kapitel: Die Beschränkungen des Rechts auf Werkintegrität
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Insgesamt bieten die änderungsrechtlichen Normen des UrhG einen zuverlässigen und flexiblen Schutz der Werkintegrität. Dennoch bestehen einige „Regelungslücken“, welche auf Grund der großen Bedeutung des Integritätsrechts nicht hinnehmbar sind.
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes im deutschen Urheberrecht Auf nationaler Ebene gilt es endlich, eine gesetzliche Regelung für Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht zu schaffen. Neue Herausforderungen an den Integritätsschutz ergeben sich ferner auf europäischer Ebene. Ziel muss dort die Rechtsvereinheitlichung sein. Diese darf aber nicht um den Preis der Aufgabe der kontinentaleuropäischen Rechtstradition mit ihrem starken Urheberpersönlichkeitsschutz geschehen. Momentan ist in Europa eine zunehmende „Ökonomisierung“ des Urheberrechts zu beobachten, welche mit dem Bedeutungsverlust des droit moral einhergeht. Zur Stärkung des Urheberpersönlichkeitsrechts wird daher eine verfassungsrechtliche Regelung vorgeschlagen. Im Folgenden sollen deshalb in der gebotenen Kürze die aktuellen Diskussionspunkte um die Zukunft des Integritätsschutzes dargestellt werden. A. Eine gesetzliche Regelung für Rechtsgeschäfte über das Recht auf Werkintegrität Wie wichtig die Schaffung einer klaren Gesetzeslage bzgl. der Rechtsgeschäfte über das Integritätsrecht ist, haben bereits die Erörterungen im dritten Kapitel gezeigt. In der Vergangenheit gab es einen begrüßenswerten Regelungsvorschlag, der leider bis zum heutigen Tage nicht in das UrhG integriert wurde. Am 22.05.2000 legten die Professoren Dietz, Löwenheim, Nordemann, Schricker und Vogel einen von ihnen, auf Anregung der damaligen Bundesministerin für Justiz Herta Däubler-Gmelin erarbeiteten „Professorenentwurf“ vor.768 Dieser sollte die längst überfällige Regelung des Urhebervertragsrechts bringen.769 Abgedruckt mit Begründung in Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/ Vogel GRUR 2000, 765. Auf dem Professorenentwurf bauen ein Referentenentwurf vom 16.5.2001 und ein Gesetzesentwurf der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 26.6.2001 (BT-Drs. 14/6433) auf. Zudem gab es eine Stellungnahme des Bundesrates mit einer Gegenäußerung der Bundesregierung. Diese Materialien sind abgedruckt bei Hucko ab. S. 91. 769 Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 785. Be768
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes
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In § 39 UrhG n.F. war eine Regelung der Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte vorgesehen. § 39 UrhG n.F. wäre in erster Linie klarstellende Bedeutung zugekommen. Die Vorschrift hätte kaum über das in Praxis und Rechtsprechung bereits „für zulässig erachtete Maß an Verfügungen über Urheberpersönlichkeitsrechte“ hinausgeführt.770 Der für das Integritätsrecht entscheidende § 39 Abs. 3 UrhG n.F. lautete: „Der Urheber kann durch Vereinbarung dem Inhaber eines Nutzungsrechts gestatten, im Zusammenhang mit der Werknutzung stehende Änderungen des Werkes, seines Titels oder der Urheberbezeichnung vorzunehmen. Die Vereinbarung ist nur wirksam, wenn die beabsichtigten Änderungen nach Art und Ausmaß genau bezeichnet sind und sich auf eine bestimmte beschränkte Nutzung des Werkes beziehen. Für den Widerruf der Gestattung gilt Absatz 2 Satz 2 entsprechend.“771 Daneben sollten gemäß § 39 Abs. 4 UrhG n.F. die nach Treu und Glauben zulässigen Änderungen weiterhin möglich sein. § 39 UrhG n.F. hätte über § 43 UrhG auf die urheberpersönlichkeitsrechtlichen Rechtsverhältnisse im Arbeitsverhältnis Anwendung gefunden.772 Einer generellen Beschränkung der Urheberpersönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer wurde damit eine Absage erteilt. Diese Neuerungen wurden wegen Bedenken der Medienindustrien, allen voran der Filmindustrie, durch „Formulierungshilfen“ des Bundesjustizministeriums vom 19.11.2001 und 14.01.2002 gestrichen, die
reits der amtlichen Begründung des UrhG von 1965 ist die Notwendigkeit eines ergänzenden Urhebervertragsrechts angesichts der nur rudimentären Bestimmungen in den §§ 31 ff., 88, 89 UrhG zu entnehmen, vgl. amtliche Begründung des Regierungsentwurfs zum UrhG, BT-Drs. 4/270, S. 27, abgedruckt in UFITA 45 (1965), 240, 271. 770 Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 777; siehe dazu Wandtke/Bullinger/Grunert § 39 Rn. 2; Hucko S. 128; Metzger GRUR Int. 2003, 9, 10 f. 771 Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 767. § 39 Absatz 2 S. 2 UrhG n.F lautete: „Der Widerruf des Verzichts kann nur mit Wirkung für die Zukunft und nur für solche Nutzungen erfolgen, die noch nicht begonnen worden sind; er kann nicht ausgeschlossen werden.“ 772 § 43 Abs. 1 UrhG n.F.: „Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten auch für Urheber, die das Werk in Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis schaffen.“, siehe Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/ Vogel GRUR 2002, 765, 767.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
im Grunde eine Änderung des Regierungsentwurfs darstellten.773 Die Verwerterindustrie fürchtete eine zu starke Beschränkung ihrer Vertragsfreiheit.774 Die Kritik beruhte in diesem Fall bedauernswerterweise auf Widersprüchlichkeiten und Fehldeutungen.775 Das „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 22.03.2002 trat zum 01.07.2002 in Kraft, ohne eine Regelung über Rechtsgeschäfte das Urheberpersönlichkeitsrecht betreffend zu enthalten. Im Ergebnis demonstrierte die Industrie gerade die wirtschaftliche Machtstellung, die Anlass zur Reform gegeben hatte, auch gegenüber dem Gesetzgeber, und setzte sich damit durch.776 Da der Regierungsentwurf nur eine gesetzliche Regelung der bereits bestehenden Praxis bedeutet hätte, ist der Widerstand der Medienwirtschaft nicht ganz einleuchtend.777 Die damals im Entwurf vorgesehene Regelung hätte die Rechtsposition der Urheber und der Verwerter immens abgesichert und damit gestärkt. Der Vertragsfreiheit wäre sogar ein größerer Spielraum als bisher eingeräumt worden. Die Zulässigkeit der Rechtsgeschäfte hätte sich nicht mehr nach der Kernbereichstheorie, sondern nach der Vorhersehbarkeitstheorie bestimmt.778 Den Vertragsparteien wäre es möglich gewesen RechtsInsbesondere der Zeitungs- und Buchverleger, sowie der privaten Fernsehanstalten, Schricker/Vogel Einl. Rn. 85; dazu a. Haas Rn. 51. Die Formulierungshilfe vom 14.1.2002 ist abgedruckt bei Hucko, S. 149 ff. 774 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff. Rn. 3b; Schricker GRUR Int. 2002, 797; dazu a. Haas Rn. 20 ff. 775 Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff. Rn. 3b, 28; Schricker GRUR Int. 2002, 797. Es wurde fälschlicherweise dessen Verfassungsmäßigkeit angezweifelt, vgl. dazu Gounalakis/Heinze/Dörr, Urhebervertragsrecht, 2001; Geulen/Klinger ZUM 2000, 891, 897; Bayreuther UFITA 2002, 623, 683 ff.; Thüsing GRUR 2002, 203, 212. Rechtsvergleichende Hinweise erwiesen sich als unzutreffend, vgl. dazu Reber ZUM 2000, 729, 732 ff.; ZUM 2001, 282. 776 Vgl. Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 768: „Der Gesetzentwurf soll deshalb dazu beitragen zu verhindern, daß eine wirtschaftliche Machtstellung der Verwerterseite dazu mißbraucht wird, unausgewogene Verträge durchzusetzen. Dies ist nicht nur eine Forderung der Gerechtigkeit für die unmittelbar Betroffenen, sondern dient gleichzeitig dem Interesse der Allgemeinheit, die bei der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung der Gesellschaft gerade auch auf die Leistungen frei schaffender Urheber und ausübender Künstler angewiesen ist.“ 777 Schricker/Dietz Vor §§ 12 ff. Rn. 28a. 778 Metzger S. 235 f. 773
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes
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geschäfte über das Integritätsrecht abzuschließen, die in dessen Kern eingreifen, sofern die Änderungen nach Art und Ausmaß genau bezeichnet und auf bestimmte Nutzungen des Werkes beschränkt sind.779 Die Widerrufsmöglichkeit des Verzichts nur mit zukünftiger Wirkung und für noch nicht begonnene Nutzungen hätte das besondere Vertrauen des Verwerters geschützt. Ihm wäre die Sicherheit gegeben worden, dass die Amortisation seiner Investitionen für bereits begonnene Nutzungen nicht gefährdet wird. Die Regelung ist in einigen Punkten kritikwürdig. Der Entwurf des neuen § 39 UrhG lässt die Rechtsnatur der Rechtsgeschäfte über Urheberpersönlichkeitsrechte offen.780 In Bezug auf den Widerruf bleibt unklar, wann eine Nutzung begonnen hat.781 Der Begründung des Entwurfs ist allein zu entnehmen, dass „der Widerruf des Verzichts nur für andere Nutzungen als die bereits begonnenen und für abgrenzbare Teile der bisherigen Nutzungen (etwa eine neue Auflage) gilt“.782 Zudem trifft die Norm keine Schadensersatzregelung für den Fall des Widerrufs, die den Besonderheiten des Urheberrechts Rechnung trägt. Schon im Vorfeld der Nutzung können dem Verwerter immense Kosten entstehen. Leider werden die in der Praxis üblichen Vereinbarungen zwischen dem Urheber und dem Eigentümer des Werkes ebenfalls nicht geregelt.783 Genau in diesem Sinne ist zu begrüßen, dass der neue § 39 UrhG über § 43 UrhG im Arbeitsverhältnis anwendbar gewesen wäre. Insgesamt hätte der Entwurf im Bereich der Urheberpersönlichkeitsrechte viel zur Rechtssicherheit und Rechtsklarheit beitragen können. Darüber hinaus wäre ein angemessener Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen der Vertragsparteien erzielt worden, wobei das Die Nutzung hätte „konkret ins Auge gefaßt sein“ und „die jeweilige Ausgabe, Auflage, Produktion, Wiedergabe oder sonstige Nutzung in der Vereinbarung genau bezeichnet“ werden müssen, vgl. Dietz/Loewenheim/Nordemann/ Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 777. 780 „Darüber hinaus werden die in § 39 geregelten Rechtsgeschäfte über Persönlichkeitsrechte vorbehalten, ohne daß über deren Rechtsnatur eine Aussage gemacht wird.“, Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 773. 781 Metzger S. 241. 782 Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 777. 783 Metzger S. 238 f. 779
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Selbstbestimmungsrecht des Urhebers und die Vertragsfreiheit ausreichend Beachtung gefunden hätten. Der Gesetzgeber ist deshalb aufgefordert, die Reform nachzuholen.784 Der alte Entwurf könnte dabei als Grundlage dienen, jedoch bedarf er in einigen Punkten der Überarbeitung. Eine Regelung der Rechtsgeschäfte über das Urheberpersönlichkeitsrecht ist gerade im Zusammenhang mit der Einführung von moral rights in den copyright-Ländern von großer Bedeutung.785 Sie würde eine Annäherung der Systeme erheblich vereinfachen, weil die Verkehrsfähigkeit des droit moral bzw. der moral rights wohl der strittigste Punkt zwischen den Vertretern der unterschiedlichen Systeme ist.
B. Die Stellung und Zukunft des Urheberpersönlichkeitsschutzes in der EU und in internationalen Abkommen Die Suche nach europäischen Regelungen zum Urheberpersönlichkeitsschutz ist größtenteils vergebens. Der zentrale Bestandteil des kontinentaleuropäischen Urheberrechtskonzepts wurde in den europäischen Richtlinien bislang stark vernachlässigt. Die seit 1991 erlassenen europäischen Richtlinien zur Harmonisierung des Urheberrechts klammern die Zukunft und Stellung des droit moral in Europa aus oder schweigen gänzlich dazu.786 Begründet wird dies zu einem So a. Wandtke/Bullinger/Wandtke/Grunert § 39 UrhG Rn. 2; Schack GRUR 2002, 853, 859. 785 Kellerhals S. 197; Metzger S. 1, 233 f. 786 Vgl. die Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte klammert in Erwägungsgrund 20 und Art. 9 den Urheberpersönlichkeitsschutz eindeutig aus: „Es empfiehlt sich klarzustellen, daß sich diese Richtlinie nicht auf die Urheberpersönlichkeitsrechte erstreckt.“ „Diese Richtlinie lässt die Bestimmungen der Mitgliedstaaten zur Regelung der Urheberpersönlichkeitsrechte unberührt.“; ebenso die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft in Erwägungsgrund 19: „Die Urheberpersönlichkeitsrechte sind im Einklang mit den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und den Bestimmungen der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und der Kunst, des WIPOUrheberrechtsvertrages und des WIPO-Vertrages über die Darbietungen und Tonträger auszuüben. Sie bleiben deshalb außerhalb des Anwendungsbereichs der 784
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes
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mit den Unterschieden von kontinentaleuropäischem Urheberrecht und dem copyright-Konzept sowie den damit verbundenen Harmonisierungsschwierigkeiten.787 Ein weiteres Argument ist die mangelnde Relevanz des droit moral für die Grundfreiheiten und den freien Wettbewerb. Dennoch behandelt das Grünbuch der Kommission „Urheberrecht und verwandte Schutzrechte in der Informationsgesellschaft“ das „Urheberpersönlichkeitsrecht“ – schwerpunktmäßig den Integritätsschutz in der Informationsgesellschaft – in einem eigenen Abschnitt.788 Als Grund der Befassung mit dem droit moral führt die Kommission aus, dass in der heutigen Informationsgesellschaft Werkänderungen und Werkanpassungen sehr leicht durchzuführen sind.789 Das Argument, die Rechtsvereinheitlichung scheitere an der Unterschiedlichkeit der Konzepte, ist nicht völlig von der Hand zu weisen. Richtlinie.“; sowie die Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27.09.1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelerweiterung in Erwägungsgrund 28: „Die Ausübung des Urheberpersönlichkeitsrechts wird vom Regelungsgehalt dieser Richtlinie nicht erfasst.“ Nur Erwägungsgrund 28 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.03.1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken erkennt zumindest Urheberpersönlichkeitsrechte an: „Für die Urheberpersönlichkeitsrechte der natürlichen Person, die die Datenbank geschaffen hat, und deren Ausübung haben die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Einklang mit den Bestimmungen der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken und der Literatur und der Kunst zu gelten; sie bleiben deshalb außerhalb des Anwendungsbereichs dieser Richtlinie.“ 787 Vgl. Grünbuch über Urheberrecht und die technologische Herausforderung – Urheberrechtsfragen, die sofortiges Handeln erfordern, KOM (88) 172, Juni 1988, Inhalt zusammengefasst in Initiativen zum Grünbuch, GRUR Int. 1991, 359, 369; Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 80. 788 Grünbuch zum Urheberrecht und zu den verwandten Schutzrechten in der Informationsgesellschaft, KOM (95), 382, 19.07.1995, S. 65 ff.; siehe a. Asmus S. 93 f.; v. Lewinski GRUR Int. 1995, 831, 836, welche die dort aufgeworfenen Fragen zusammenfasst mit „Schwächung des Schutzes (des Urhebers) zugunsten praktikabler Lösungen“; Dreier/Katzenberger/v.Lewinski/Schricker S. 86 f. [zu den von der Kommission im Grünbuch aufgeworfenen Fragen und der Stellungnahme des Max-Planck-Instituts]. 789 “In an interactive environment such as that of the information society, where it will be very easy to modify and adapt existing works, one vital consideration will be the author’s moral rights, including the right to object to any unauthorized modification of his work and to claim the right of author’s paternity.”, KOM (95), 382, S. 65.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Was zum droit moral gehört, ist in den europäischen Ländern sehr unterschiedlich geregelt. Die Ausgestaltung des Urheberpersönlichkeitsschutzes variiert, je nachdem, ob den Urheberinteressen oder den Verwerterinteressen der Vorrang eingeräumt wird. Eine Harmonisierung ist daher nicht ohne die Klärung des Verhältnisses von Urheber- und Verwerterinteressen möglich.790 Sie könnte aber erst einmal im Bezug auf die in Art. 6bis Abs. 1 RBÜ festgelegten Rechte erfolgen. Diese Vorschrift kann bereits jetzt als erweitertes EU-Urheberrecht begriffen werden; denn alle EU-Länder sind als Mitgliedsstaaten der Berner Übereinkunft gemäß Art. 6bis RBÜ zum Schutz des droit moral verpflichtet.791 Es gab bereits einen Richtlinienvorschlag, welcher die Schutzdauer des Art. 6 Abs. 2 bis RBÜ in das europäische Urheberrecht integrieren sollte.792 Denkbar wäre auch die Verankerung einer dem Art. 6bis RBÜ entsprechenden Vorschrift in der Europäischen Verfassung.793 Im Ergebnis entsteht jedenfalls ein unlösbarer Zirkelschluss, wenn das Fehlen einer Harmonisierung mit der Unterschiedlichkeit der Systeme begründet wird, die gerade durch die Harmonisierung beseitigt werden soll.794 Das Fehlen einer europäischen Regelung wird zudem mit der mangelnden wirtschaftlichen Relevanz des droit moral für die Verwirklichung der Grundfreiheiten und der Freihandelszone sowie einem damit einhergehenden Kompetenzmangel der EU begründet. Dessen wirtschaftliche Relevanz ist aber spätestens seit der Diskussion um die Kolorierung von Schwarz-Weiß-Filmen nicht mehr zu leugnen.
Asmus, S. 112 ff. Zu den Harmonisierungsfragen, Dietz ZUM 1993, 315; Ellins S. 290 f.; Lausen ZUM 1993, 359. 791 Asmus S. 40, der von einem „mittelbaren Harmonisierungseffekt“ spricht; Metzger, FS Schricker, S. 455, 457; Walter/Walter, Stand der Harmonisierung, Rn. 100. 792 Der Richtlinienvorschlag ist abgedruckt in GRUR Int. 1992, 452. Dort heißt es in Art. 6 Abs. 2: „Die dem Urheber zuerkannten Urheberpersönlichkeitsrechte bestehen mindestens bis zum Erlöschen der Vermögensrechte fort“. In den Erwägungsgründen wird zudem darauf hingewiesen, dass mit der Regelung nicht einer Harmonisierung der Urheberpersönlichkeitsrechte vorgegriffen werden solle; siehe dazu v. Lewinski, GRUR Int. 1992, 724, 732. Leider wurde dieser nicht umgesetzt. 793 Vgl. Art. 17 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union lautet: „Geistiges Eigentum wird geschützt“. 794 Metzger, FS Schricker, S. 455, 469. 790
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Die Entscheidung „John Huston“ ist dabei ein prominentes Beispiel für die wirtschaftliche Bedeutung des droit moral.795 Die unterschiedliche wirtschaftliche Verwertung von Werken hängt maßgeblich vom nationalen Urheberpersönlichkeitsschutz ab. Das droit moral fällt somit durchaus in den Anwendungsbereich des EG-Vertrags, denn es berührt die Warenverkehrsfreiheit und den freien Wettbewerb.796 Wird dessen Relevanz für die Verwirklichung der Grundfreiheiten bejaht, so besteht die Kompetenz der EU in diesem Bereich.797 Die Unsicherheiten und die Behinderungen, die sich bei der internationalen Verwertung aus dem Fehlen einer einheitlichen Regelung ergeben, sind nicht tragbar.798 Allerdings sieht die Gemeinschaft das offensichtlich anders.799 Wie ließe sich sonst die fast völlige Ausklammerung des droit moral in den europäischen Urheberrechtsrichtlinien erklären. Zu der Entscheidung „John Huston“ (GRUR Int. 1992, 304; 1989, 937) und der wirtschaftlichen Bedeutung von Kolorierungen ursprünglich in schwarz-weiß produzierter Filme, v. Lewinski/Dreier GRUR Int. 1989, 635, 641 ff., 645. 796 Vgl. EuGH GRUR Int. 1994, 53, 55 (Nr. 20, 22) – Collins/Imtrat. Zur Kompetenz der EU, Asmus S. 57 f., 65 f.; 86. 797 Ausf. zu Art. 95, 47 Abs. 2, 55 EG als Rechtsgrundlage für eine Harmonisierung des droit moral finden sich bei Metzger, FS Schricker, S. 456, 466 ff. 798 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, Erwägungsgrund 7: „Der bestehende Gemeinschaftsrahmen zum Schutz des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte ist anzupassen und zu ergänzen, soweit dies für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarktes erforderlich ist. Zu diesem Zweck sollten diejenigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrecht, die sich von Mitgliedsstaat zu Mitgliedsstaat beträchtlich unterscheiden oder eine derartige Rechtsunsicherheit bewirken, dass der Binnenmarkt in seiner Funktionsfähigkeit beeinträchtigt und die Informationsgesellschaft in Europa in ihrer Entwicklung behindert ist angepasst … werden.“ 799 “In practice, however, the international legal framework seems to provide an adequate level playing field for the markets to operate taking into account the protection for moral rights. No evidence exists in the digital environment either that the current state of affairs does affect the good functioning of the Internal Market. This was also the conclusion of an independent study carried out for the Commission by external consultants in 2000. On the basis of these arguments there is no apparent need to harmonize moral rights protection in the Community at this stage.”, Commission Staff Working Paper on the review of the EC legal framework in the field of copyright and related rights, 19.7.2004, SEC (2004) 995, 3.5, S. 16. Zur Argumentation der Kommission, Metzger, FS Schricker S. 455, 464 f. 795
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Zwei neuere Richtlinien enthalten zumindest Ansätze eines Urheberpersönlichkeitsschutzes.800 Die Richtlinie zur Harmonisierung des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte in der Informationsgesellschaft macht etwas versteckt bedeutende Aussagen zur Natur des europäischen Urheberrechts und der Urheberpersönlichkeitsrechte.801 Die Erwägungsgründe 9 bis 12 und 19 der Richtlinie sind dabei besonders aufschlussreich.802 Die Durchsetzungsrichtlinie schließt in Art. 2 Abs. 1 den Urheberpersönlichkeitsschutz zumindest nicht aus, Walter/Walter, Stand der Harmonisierung, Rn. 98 weist darauf hin, dass Ansätze eines Änderungsverbotes in den Art. 4b) der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14.05.1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen und Art. 5 b) der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.03.1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken gesehen werden können, vorausgesetzt unter „andere Umarbeitung“ bzw. „jede andere Umgestaltung“ wird eine Änderung und keine Bearbeitung verstanden. Diese Auslegung liegt nahe, da die Bearbeitung extra aufgelistet ist. 801 Lehmann IIC 2003, S. 521, 522; Reinbothe GRUR Int. 2001, 733, 735. 802 Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22.05.2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, Erwägungsgrund 9: „Jede Harmonisierung des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte muss von einem hohen Schutzniveau ausgehen, da diese Rechte für das geistige Schaffen wesentlich sind. Ihr Schutz trägt dazu bei, die Erhaltung und Entwicklung kreativer Tätigkeit im Interesse der Urheber, ausübenden Künstler, Hersteller, Verbraucher, von Kultur und Wirtschaft sowie der breiten Öffentlichkeit sicherzustellen. Das geistige Eigentum ist daher als Bestandteil des Eigentums anerkannt worden.“; Erwägungsgrund 10: „Wenn Urheber und ausübende Künstler weiter schöpferisch und künstlerisch tätig sein sollen, müssen sie für die Nutzung ihrer Werke eine angemessene Vergütung erhalten, was ebenso für die Produzenten gilt, damit diese die Werke finanzieren können. Um die Produkte wie Tonträger, Filme oder Multimediaprodukte herstellen und Dienstleistungen, z.B. Dienste auf Abruf, anbieten zu können, sind beträchtliche Investitionen erforderlich. Nur wenn die Rechte des geistigen Eigentums angemessen geschützt werden, kann eine angemessene Vergütung der Rechtsinhaber gewährleistet und ein zufrieden stellender Ertrag dieser Investitionen sichergestellt werden.“; Erwägungsgrund 11: „Eine rigorose und wirksame Regelung zum Schutz der Urheberrechte und verwandten Schutzrechte ist eines der wichtigsten Instrumente, um die notwendigen Mittel für das kulturelle Schaffen in Europa zu garantieren und die Unabhängigkeit und Würde der Urheber und ausübenden Künstler zu wahren.“; Erwägungsgrund 12: „Ein angemessener Schutz von urheberrechtlich geschützten Werken und sonstigen Schutzgegenständen ist auch kulturell gesehen von großer Bedeutung. Nach Artikel 151 des Vertrages hat die Gemeinschaft bei ihrer Tätigkeit den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen.“; Erwägungsgrund 19, siehe S. 168 f. Fn. 786. 800
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes
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so dass die Regelung auch bei Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten Anwendung zu finden scheint.803 Im Bezug auf das droit moral wird durch die Richtlinien keine eigene Regelungsaussage getroffen, sondern nur auf die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten und die internationalen Konventionen verwiesen. Darin kann jedoch durchaus eine Bekräftigung und weitere Anerkennung der bereits existierenden Regelungen zum Schutz der geistigen und persönlichen Interessen der Urheber gesehen werden.804 Ferner lässt die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes im Bereich des Urheberrechts einige Rückschlüsse auf den Schutz von Urheberpersönlichkeitsrechten zu.805 Es sollte daher nicht so weit gegangen werden und aus den fehlenden Regelungen zum Urheberpersönlichkeitsrecht ein Paradigmenwechsel im Bereich des Urheberrechts hergeleitet werden, denn das europäische Urheberrecht war schon immer ökonomisch geprägt. Dennoch spricht die Haltung und Vorgehensweise der EU für eine noch stärkere Betonung der ökonomischen Seite des Urheberrechts. Die Rechtsangleichung im Bereich der Verwertungsrechte ist sehr weit vorangeschritten, wobei diese genau an der Schnittstelle von wirtschaftlichen und persönlichen Interessen des Urhebers endet.806 Die Einbeziehung neuer Werkarten, wie Computerprogramme und Datenbanken, in den Schutzbereich des Urheberrechts, welche kaum eine persönliche Prägung aufweisen, spricht ebenso für eine verstärkte „Ökonomisierung“ des Urheberrechts. Die Anforderungen an den Originalitätsstandard sind, verglichen mit dem deutschen KriteRichtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums. Allerdings gibt es in der Richtlinie keine Norm, welche die Kompensation immaterieller Schäden regelt; immaterielle Schäden werden nur als „Aufschlag“ bei der Berechnung materieller Schäden berücksichtigt, vgl. Art. 13 Abs. 1 a); siehe dazu Metzger, FS Schricker, S. 455, 460. 804 Dietz GRUR Int. 2006, 1, 7 spricht von einem „Rückbezug auf die persönlichkeitsrechtlichen Aspekte des Kulturschaffens“. 805 EuGH GRUR Int. 1994, 53, 55 – Collins/Imtrat. 806 Z.B. Erwägungsgrund 28 der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27.09.1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelerweiterung: „Die Ausübung des Urheberpersönlichkeitsrechts wird vom Regelungsbereich dieser Richtlinie nicht erfasst.“ 803
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rium der Gestaltungshöhe, wesentlich niedriger.807 Es sind die Werke der „kleinen Münze“, die in neuster Zeit auf europäischer Ebene das Urheberrecht prägen. Die Notwendigkeit von Urheberpersönlichkeitsschutz stellt sich deshalb wohl für den europäischen Gesetzgeber erst gar nicht: Wessen Persönlichkeit soll geschützt werden, wenn die Werke kaum persönliche Aspekte aufweisen?808 Diese Ausrichtung birgt einige Gefahren in sich. Das droit moral könnte in den nationalen Rechtsordnungen seine starke Bedeutung verlieren und auf europäischer Ebene als grundlegendes Rechtsprinzip völlig verschwinden. Auf nationaler Ebene sprechen historische und kulturpolitische Argumente für einen starken Urheberpersönlichkeitsschutz.809 Durch die Anerkennung der Leistung des einzelnen Urhebers werden für diesen neue Anreize zur Schaffung von Werken geschaffen, die letztendlich der kulturellen Entwicklung dienen. Die Übernahme dieses aus dem anglo-amerikanischen Rechtsraum stammenden Ansatzes bei gleichzeitiger Beibehaltung der traditionellen, individuellen Schutzbegründung schadet nicht, sondern fördert eher eine Vereinheitlichung. Dass das Urheberpersönlichkeitsrecht in den nationalen Urheberrechtsgesetzen – gerade auch denen neueren Datums 810 – der meisten europäischen Mitgliedstaaten weiterhin einen festen Bestandteil darstellt, lässt hoffen, dass dessen Bedeutung in Zukunft erhalten bleibt. Selbst das Mutterland des copyright, Großbritannien, hat mit dem Copyright, Designs and Patents Act (CDPA) von 1988 einen Urheberpersönlichkeitsschutz eingeführt.811
Erwägungsgrund 8 und Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14.05.1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen, dazu Drexl, S. 96 f., 103; ebenso Erwägungsgrund 16 und Art. 3 Abs. 1 Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.03.1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken; Art. 6 der Richtlinie 2006/116/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte. Zum Originalitätsstandard von Werken in der EU, Ginsburg GRUR Int. 2000, 97, 100 f.; Loewenheim GRUR Int. 1997, 285, 288. 808 Metzger, FS Schricker, S. 455, 458. Siehe a. Walter, Stand der Harmonisierung, Rn. 101. 809 Siehe dazu Metzger, FS Schricker, S. 455, 462; Schricker GRUR 1992, 242, 244, 246; Wandtke, FS Rehbinder, S. 389, 403 f. 810 Dietz ZUM 1993, S. 313 f. 811 CDPA, Chapter IV; dazu Cornish GRUR Int. 1990, 500. 807
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Es mag nicht einleuchten, warum die Staaten, die, wenn auch auf Grund von Art. 6bis RBÜ, einen Urheberpersönlichkeitsschutz auf nationaler Ebene befürworten, ihn auf europäischer Ebene derart vernachlässigen. Diese Haltung der EU ist im Bereich des internationalen Urheberrechts besonders bedenklich, versuchen doch die amerikanische Regierung und die amerikanische Filmindustrie den Urheberpersönlichkeitsschutz auf internationaler Ebene massiv zu bekämpfen.812 Dem Ausschluss des Urheberpersönlichkeitsschutzes im TRIPs-Abkommen wurde seitens der EG-Kommission leider wenig Widerstand entgegengesetzt, angeblich, um wichtige Kompromisse in anderen Bereichen zu erzielen.813 Der Hinweis Art. 6bis RBÜ werde ja nur für das TRIPs-Abkommen und insbesondere dessen Streitschlichtungsmechanismus ausgeschlossen, überzeugt wenig.814 Denn die Signalwirkung, welche von dieser Ausklammerung ausgeht, ist nicht zu unterschätzen; das droit moral erhält dadurch den Charakter eines undurchsetzbaren Scheinrechts zur Beschwichtigung der Europäer.815 Das Gemeinschaftsrecht im Bereich des Urheberrechts ist stark beeinflusst von den internationalen Abkommen im Bereich des Immaterialgüterrechts, in neuerer Zeit insbesondere dem TRIPs-Abkommen und den WIPO-Verträgen.816 Die weitere Entwicklung des europäDietz ZUM 1993, 309, 312: Zum Verhalten der USA bei den Verhandlungen zum TRIPs-Abkommen, S. 218 f. 813 Noch einen Schritt weiter, fast bis zur Verleugnung ihrer eigenen Rechtstradition, wären die europäischen Staaten im Rahmen der OECD gegangen, wenn das MAI-Abkommen, welches von den USA initiiert worden war, zu Stande gekommen wäre. Dort ging es um den Schutz der Auslandsinvestitionen von Investoren. Unter den Begriff der Investoren wären alle natürlichen oder juristischen Personen, die direkt oder indirekt Inhaber immaterialgüterrechtlicher Befugnisse sind oder diese kontrollieren, gefallen. Neben den wirklichen Urhebern hätten also gerade die Verwerter als diejenigen, die zur internationalen Verwertung im Ausland Investitionen tätigen, Schutz unter dem MAI-Abkommen erlangt. Da das Abkommen den Urheber als „Investor“ betrachtet hätte und das Schutzgut die „Investition“ gewesen wäre, wären persönlichkeitsrechtliche Befugnisse der Urheber logischerweise nicht erfasst worden, dazu Haedicke, GRUR Int. 1998, 631, 633. 814 Reinbothe GRUR Int. 1992, 707, 709. 815 Dietz ZUM 1993, 312 „Das droit moral … wird zur Spielwiese einiger unverbesserlicher Kontinentaleuropäer.“; Ginsburg GRUR Int. 2000, 97, 105. 816 Auch der WCT-Vertrag übernimmt in Art. 3 den Art. 6bis RBÜ; eine Verstärkung oder Erweiterung des Schutzes hat aber nicht stattgefunden, abgedruckt in GRUR Int. 2004, 112, 113. 812
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ischen Urheberrechts wird von der Ausgestaltung multilateraler Abkommen abhängen. Auf Grund der starken Position der EU wird es dieser, wie schon in der Vergangenheit, gelingen ihre Vorstellungen eines internationalen Urheberrechtsschutzes größtenteils durchzusetzen. Leider hat die EU die Bedeutung des Urheberpersönlichkeitsschutzes auf internationaler Ebene bislang nicht erkannt. Es wäre zu wünschen, dass sie sich in Zukunft verstärkt für dessen Integrierung in neue Abkommen einsetzt und so den Schutz von Art. 6bis RBÜ nicht nur festigt, sondern auch ausweitet.817 Die Signalwirkung für andere Länder, die von einem derartigen Engagement ausgehen würde, ist nicht zu unterschätzen.818 Ein weiterer bedeutender Aspekt im Zusammenhang mit der europäischen Rechtsvereinheitlichung ist sicherlich der Urheberrechtsschutz juristischer Personen. Zunehmend wird Werken der „kleinen Münze“ Urheberrechtsschutz gewährt. Diese Werke werden meist im Rahmen von Arbeitsverhältnissen als „Massenware“ produziert.819 Zudem werden die Werke immer komplexer, so dass der Schöpfungsprozess arbeitsteilig in Form von Teamwork erfolgt. Die Zuordnung des Werkes zu einer bestimmten Person ist nicht mehr möglich. Ohne die organisatorische Leitung und die Investition von Unternehmen kann ein Werk gar nicht entstehen.820 Infolgedessen stellt sich die Frage, ob nicht auch in Deutschland bzw. auf europäischer Ebene eine der amerikanischen „work-made-for-hiredoctrine“ vergleichbare Regelung geschaffen werden müsste.821 Bislang
Siehe auch Lehmann, FS Dietz, S. 117, 125, der einen global wirksamen Urheberpersönlichkeitsschutz fordert. 818 Asmus S. 53, welcher der Harmonisierung des UPR eine wichtige Außenwirkung im Hinblick auf die internationale Entwicklung des Urheberrechts, an der die EU maßgebend beteiligt ist, beimisst. Insbesondere die copyright-Länder können dann nicht mehr den Eindruck mangelnder Bedeutung des UPR gewinnen. 819 Rehbinder Rn. 624, der von „unpersönlichen Werken spricht“; vgl. a. Rehbinder, Arbeitsverhältnis, S. 19, der einen Schutz persönlicher Arbeitnehmerinteressen über das allgemeine Persönlichkeitsrecht anstatt über das droit moral für ausreichend erachtet, weil sich heutzutage nur in wenigen Werken die Persönlichkeit des Arbeitnehmerurhebers widerspiegle. 820 Rehbinder Rn. 624. 821 Einige europäische Länder, darunter die Niederlande, Frankreich, Luxemburg, Spanien, Portugal, Italien, Großbritannien, Irland, sprechen die Urheber817
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wurde dies auf Grund der hohen Voraussetzungen an die Originalität abgelehnt. Nehmen diese Voraussetzungen aber wesentlich ab, so liegt es nicht fern, in Zukunft juristischen Personen Urheberrechtsschutz zu gewähren. Die Richtlinie über den Schutz von Computerprogrammen und die Datenbankrichtlinie eröffnen den Mitgliedstaaten bereits die Möglichkeit eine Urheberschaft juristischer Personen zu gestatten.822 Der deutsche Gesetzgeber hat § 69b UrhG in das UrhG integriert und ist nicht so weit gegangen, dem Arbeitgeber die Urheberschaft, an dem im Rahmen eines Arbeits- oder Dienstverhältnisses geschaffenen Computerprogramm, zuzusprechen. Allerdings erwirbt dieser kraft Gesetz ein umfassendes und ausschließliches Nutzungsrecht an dem vom seinem Arbeitnehmer entwickelten Computerprogramm.823 Erwähnenswert ist, dass die europäischen Richtlinien bei der Filmurheberschaft grundsätzlich vom Schöpferprinzip ausgehen; es den Mitgliedstaaten aber unbenommen ist dem Filmproduzenten, der wohl auch eine juristische Person sein kann, zum Mit-
schaft trotz prinzipieller Anerkennung des Schöpferprinzips per gesetzlicher Regelung einer anderen Person als dem wahren Schöpfer zu, vgl. Doutrelepont GRUR Int. 1997, 293, 301. 822 Vgl. Art. 2 Abs. 1 und 3 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14.05.1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen: „Der Urheber eines Computerprogramms ist die natürliche Person, die Gruppe natürlicher Personen, die das Programm geschaffen hat, oder, soweit nach den Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten zulässig, die juristische Person, die nach diesen Rechtsvorschriften als Rechtsinhaber gilt. Soweit kollektive Werke durch die Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaats anerkannt sind, gilt die Person als Urheber, die nach den Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaats als Person angesehen wird, die das Werk geschaffen hat.“; „Wird ein Computerprogramm von einem Arbeitnehmer in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen, so ist ausschließlich der Arbeitgeber zur Ausübung aller wirtschaftlichen Rechte an dem so geschaffenen Programm berechtigt, sofern keine andere vertragliche Vereinbarung getroffen wird.“ Siehe ebenfalls Art. 4 Abs. 1 und Erwägungsgrund 29 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11.03.1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken. Dazu a. Loewenheim GRUR Int. 1997, 285, 290. 823 Dieser derivative Erwerb kraft Legalzession geht auf Art. 2 Abs. 3 der EG Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen vom 14.05.1991 zurück (RL 91/250/EWG); dazu Rehbinder Rn. 659, Schacht S. 43 f.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
urheber zu erklären.824 Mit der Frage der Urheberschaft wird unstreitig Industriepolitik betrieben.825 Wird gedanklich noch ein Schritt weiter gegangen, wäre es zukünftig ebenfalls denkbar, juristischen Personen für ihre Werke Integritätsschutz zu gewährleisten.826 Eine andere Variante wäre im Falle der Urheberschaft juristischer Personen das Recht auf Werkintegrität vom Urheberrechtsschutz auszuklammern. Welchen Weg die EU und Deutschland in dieser Frage einschlagen werden, ist offen. Das Problem wird mit Voranschreiten der technischen Entwicklung und Einbeziehung neuer Werkarten in den Urheberrechtsschutz immer dringender.
C. Die Verankerung des Urheberpersönlichkeitsrechts in der Verfassung Die immer stärkere ökonomische Ausrichtung des Urheberrechts bei gleichzeitigem Bedeutungsverlust des Urheberpersönlichkeitsrechts führt zu der Überlegung, wie diesen Tendenzen zum Schutz der Urheber und ausübenden Künstler entgegengewirkt werden kann. In neuster Zeit mehren sich die Stimmen, die Verfassungsklauseln als Möglichkeit sehen, dem Urheberrecht seine nötige Legitimität zurückzugeben und seine Bedeutung für Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft zu bekräftigen.827 Die „klassischen“ Begründungen des UrVgl. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2006/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2006 zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums: „Der Hauptregisseur eines Filmwerks oder audiovisuellen Werks gilt als sein Urheber oder als einer seiner Urheber. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass weitere Personen als Miturheber gelten.“; Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 93/98/EWG des Rates vom 29.10.1993 zur Harmonisierung der Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte; dazu Loewenheim GRUR Int. 1997, 285, 291. 825 Schricker GRUR 1992, 242, 244. 826 Ein erheblicher Teil der Lehre bejaht dies für das niederländische Recht unter Bezugnahme auf die Rsp., Doutrelepont GRUR Int. 1997, 293, 301. 827 Z.B. Dietz GRUR Int. 2006, 1; Geiger IIC 2006, 371. Siehe a. Leistner/Hansen GRUR 2008, 479, 486, 488 f., welche die Integrierung einer Schutzzweckklausel in das UrhG befürworten. Diese Schutzzweckklausel solle individualistische 824
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes
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heberrechtsschutzes des 18. und 19. Jh. wurden allmählich durch den Investitionsschutz als modernen Rechtfertigungsgrund ersetzt.828 Dies führte zu einer übermäßigen Berücksichtigung der Verwerterinteressen, welche in den Urheberrechtsreformen der letzten Jahre besonders deutlich wurde.829 Verfassungsklauseln können einen festen und im Hinblick auf die verschiedenen Interessen ausgewogenen Rahmen für eine Neugestaltung der Urhebergesetze bilden, welcher nötig sein wird, um eine Anpassung an die Herausforderungen und Entwicklungen des 21. Jh. vorzunehmen.830 Sie binden als ranghöchstes Recht den Gesetzgeber bei der Schaffung neuer Gesetze. Bei der Auslegung von Gesetzen durch die Rechtsprechung müssen sie ebenfalls Beachtung finden. Gleichzeitig können sie aber einer Überregulierung entgegenwirken, welcher der Wirtschaft und dem Allgemeinwohl schadet. Eine verfassungsrechtliche Regelung wäre daher durchaus geeignet, den zunehmenden Wert- und Bedeutungsverlust des Urheberpersönlichkeitsrechts auf europäischer und nationaler Ebene aufzuhalten. Mit ihrer Hilfe könnte der Schutz der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers, gemäß der kontinentaleuropäischen Rechtstradition, wieder seine ehemals starke Stellung erlangen und in den modernen Urheberrechtsvorschriften seine Verankerung finden. Erstaunlich ist, dass gerade in den Staaten mit kontinentaleuropäischer Rechtstradition, wie Frankreich und Deutschland, die „so stolz … auf ihre humanistische Tradition“ sind, keine expliziten Verfassungsklauseln existieren.831 Nur Kapitel 2 Art. 19 der schwedischen und kollektivistische Begründungsansätze für das Urheberrecht enthalten, welches damit einen positivistischen Charakter erhielte. Damit fände eine Anpassung an das copyright-Konzept statt! 828 Geiger IIC 2006, 371, 380 f., 406; vgl. a. Ann GRUR Int. 2004, 597, 603 mit dem Hinweis „Bloßer Investitionsschutz bedarf keiner idealistischen Begründung“; sowie Leistner/Hansen GRUR 2008, 479. 829 Die letzte Änderung des Urhebervertragsgesetzes brachte das Gesetz zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 10.9.2003 und das gleichnamige Gesetz vom 31.10.2007 („Zweiter Korb“). Diese stellen die Interessen der Verwerter wieder klar in den Vordergrund; Schricker/Schricker Vor §§ 28 ff. Rn. 3i. 830 Ausf. dazu Fechner S. 502 f.; Geiger IIC 2006, 371, 386 ff.; 398 ff., 406. 831 Bestenfalls sind diese implizit durch die Eigentumsgarantie der Verfassung gewährleistet, Dietz GRUR Int. 2006, 1, 3.
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1. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im deutschen Urheberrecht
Verfassung,832 welches die Grundrechte und Freiheiten beinhaltet, und Kapitel 2 Art. 42 der portugiesischen Verfassung,833 der zu den persönlichen Rechten, Freiheiten und Garantien zählt, enthalten derartige Regelungen.834 Die Verfassungsklauseln sind bedauernswerterweise nicht sehr konkret. Sie begnügen sich vielmehr mit der Feststellung, dass das Urheberrecht bzw. das Recht am Werk verfassungsrechtlich geschützt ist. Im deutschen Grundgesetz wird das Urheberrecht nur als Gegenstand der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes in Art. 73 Nr. 9 GG ausdrücklich erwähnt. Darin kann verständlicherweise keine verfassungsrechtliche Verankerung des Urheberrechtsschutzes gesehen werden.835 Eine indirekte oder implizite Verbürgung findet sich vor allem in der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG.836 Die vermögenswerten Bestandteile des Urheberrechts, insbesondere die Verwertungsrechte, sind (geistiges) Eigentum im Sinne von Art. 14 Abs. 1 GG.837 Die persönlichkeitsrechtlichen Bestandteile des Urheberrechts werden dagegen durch Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG geschützt.838 Urheberpersönlichkeitsrecht und allgemeines Persönlichkeitsrecht haben in diesen Verfassungsnormen ihre gemeinsamen Wurzeln.839 Das Urheberrecht hat also in der deutschen Verfassung keine ausdrückliche Regelung gefunden, die „seiner persönlichkeitsrechtlichen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Bedeutung entspräche“.840 Das Urheberrecht wurde aber zumindest durch zahlreiche Entscheidungen des Bundesverfassungsgericht (BVerfG) weiterentwickelt und gestärkt.841 „Schriftsteller, Künstler und Fotografen haben gemäß den gesetzlichen Bestimmungen das Recht am eigenen Werk“. 833 „(1) Die geistige, künstlerische und wissenschaftliche Entfaltung ist frei. (2) Diese Freiheit umfasst das Recht der Erfindung, Herstellung und Verbreitung des wissenschaftlichen, literarischen und künstlerischen Werkes und schließt den gesetzlichen Schutz des Urheberrechts mit ein.“ 834 Die Verfassungsklauseln sind abgedruckt bei Schack Rn. 78. 835 Dietz GRUR Int. 2006, 1, 4. 836 Schricker/Schricker Einl. Rn. 12; Schack Rn. 82. 837 BVerfGE 31, 229, 239; 49, 382, 392; 79, 29, 40; Ulmer § 11 I, S. 65. 838 Ulmer § 11 I, S. 65. 839 Schack Rn. 81. 840 Dietz GRUR Int. 2006, 1, 5. 841 Eine Übersicht der Entscheidungen findet sich bei Schack Rn. 80. 832
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes
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Dietz hat bereits einen guten, die unterschiedlichen Interessen der Beteiligten beachtenden Entwurf für einen Artikel zum Schutz des Urheberrechts in einer Länder- oder der EU-Verfassung unterbreitet.842 Er will ihn aber als Diskussionsgrundlage verstanden wissen. Denn im Hinblick auf die großen, historisch gewachsenen Systemunterschiede innerhalb der EU wird eine endgültige Fassung noch viel Arbeit und Kompromissbereitschaft erfordern.
842
Abgedruckt in Dietz GRUR Int. 2006, 1, 8 f.
2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht 1. Kapitel: Die moral rights Im anglo-amerikanischen Rechtskreis werden die persönlichen Rechte des Urhebers, darunter das right of integrity, als moral rights bezeichnet.1 Mit der Unterzeichnung der RBÜ im Jahr 1988 haben sich die USA international zu ihrem Schutz verpflichtet. Als kontinentaleuropäisches Rechtsinstitut fanden die moral rights erst 1990 Eingang in das US-amerikanische Copyright Act von 1976. Das erste Kapitel des zweiten Teils widmet sich zunächst der geschichtlichen Entwicklung des copyright law und der moral rights, da sich allein historisch erklären lässt, warum eine Anerkennung des Rechts auf Werkintegrität (right of integrity) und ein damit einhergehender rechtlicher Schutz nur zögerlich und fragmentarisch stattfindet. Die Kenntnis des historischen Hintergrunds hilft außerdem, die Ausgestaltung des Integritätsschutzes zu verstehen, mit dem sich das zweite Kapitel befasst. Zudem zeigt die geschichtliche Analyse, dass es im amerikanischen Recht durchaus Ansätze zum Schutz von moral rights gegeben hat und die Rechte somit nicht als ein völlig fremdartiges Rechtsinstitut bezeichnet werden können. Anknüpfungspunkte für ein zukünftiges, umfassenderes Schutzkonzept sind vorhanden. Die moral rights werden ferner in das System des copyright law eingeordnet. Seit der Schaffung des VARA ist klar, dass ein gesetzlicher Schutz auf die verfassungsrechtliche copyright-Kompetenz gestützt und im Copyright Act verankert werden kann. Das Verhältnis der moral rights zu dem rein ökonomischen copyright bedarf deshalb einer Klärung. “The term ‘moral rights’ originates in continental European law and ‘is meant to capture those rights of a spiritual, non-economic and personal nature’ …”, Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 12 (S.D.N.Y 2003); ebenso Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 71 F.3d 77, 81 (2d Cir. 1995).
1
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Zum Schluss wird versucht die dogmatische Grundlage des moral rights-Schutzes herauszuarbeiten. Ohne eine Auseinandersetzung mit dem Fundament des Integritätsrechts können das bestehende Schutzkonzept nicht sinnvoll bewertet und weitere Entwicklungsmöglichkeiten diskutiert werden.
A. Die Entwicklung des copyright und der moral rights In den USA wurden erst 1990 mit dem VARA moral rights auf Bundesebene gesetzlich regelt. Die Geschichte des moral rights-Schutzes beginnt jedoch schon sehr viel früher. Sie ist eng verwoben mit der Entstehung des amerikanischen copyright. Im Folgenden wird deshalb die Entwicklung beider Rechtsinstitute skizziert. Diese historische Darstellung dient ferner dem Verständnis des rein ökonomischen copyright-Konzepts, in dem moral rights als rein persönliche Rechte lange Zeit keinen Platz hatten.
I. Die englischen Wurzeln des US-amerikanischen copyright law 1. Die königlichen Druckprivilegien und das Stationers’ Copyright
Das moderne amerikanische copyright hat seine Wurzeln in England, weshalb es unerlässlich ist, die entscheidenden Entwicklungsstufen des englischen copyright zu betrachten: Die Gewährung von Druckprivilegien durch „die Krone“, die Verleihung eines Verlagsmonopol an die Stationers’ Company und die damit verbundene Zensur durch Staat und Bücherzunft. Die Geschichte des englischen copyright beginnt im Jahr 1476 mit der Einführung des Buchdrucks in England durch William Caxton.2 Auch dort führte die technische Neuerung gekoppelt mit einem Anschauungswandel letztlich zur Einführung und Verbreitung des Privilegienwesens im Laufe des 16. Jh.3 2 3
Bugbee S. 49; Ransom S. 6; Whale S. 3. Siehe dazu die Ausf. auf S. 11 f. im ersten Kapitel des ersten Teils.
1. Kapitel: Die moral rights
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In England wollten „Krone“ und Kirche die Kontrolle über die sich ausbreitende Reformation durch die Konzentration des Verlagswesens in einer Hand erreichen.4 Deshalb konnte das „right to copy“ ab Mitte des 16. Jh. nur durch ein königliches Privileg (printing patent), basierend auf dem königlichen Hoheitsrecht (royal prerogative), oder durch den Beitritt zur Stationers’ Company erworben werden.5 Die Stationers’ Company war eine Londoner Buchdruckerzunft, welche im Jahr 1557 durch die „Charter Mary“ – erlassen von der Königin Mary – den Status einer juristischen Person und ein Verlagsmonopol erhielt.6 Das so genannte „Stationer’s Copyright“7 wurde exklusiv an Mitglieder der Zunft vergeben. Die englischen Buchdrucker waren daher gezwungen, der Zunft beizutreten, wenn sie ihr Gewerbe weiter ausüben wollten.8 Diese Zentralisierung erleichterte der Obrigkeit die Überwachung des Buchwesens ungemein. Die Zunftmitglieder erwarben durch die Verleihung des Stationers’ Copyright eine Art originäres, wirtschaftliches Eigentum am Werk, um ihre Investitionen vor der Konkurrenz zu schützen.9 Dieses PriviBugbee S. 50; Drone S. 55; Ransom S. 23 f.; Stewart Rn. 2.12, S. 20. Cornish, Statute of Anne, S. 58. Das Druckprivileg der englischen Krone war zunächst beliebter, da aus ihm viel mehr Profit geschlagen werden konnte. Das Privileg wurde oft nicht nur für ein bestimmtes Werk verliehen, sondern deckte eine ganze Werkkategorie ab (letters patent). Es erlaubte bspw. den Druck von Bibeln, Gebets- und Schulbüchern, Ransom S. 26. Die Patente hatten den Vorteil, dass sie übertragbar, teilbar und vererbbar waren. Im Gegensatz zum Stationers’ Copyright hatte das königliche copyright zwei entscheidende Vorteile: Es ging im Konfliktfall vor und konnte an jedermann verliehen werden; sein einziger Nachteil war die zeitliche Beschränkung, dazu Patterson S. 78 f., 90. Die Unterscheidung zwischen den königlichen Druckprivilegien und den Druckpatenten verschwamm aber immer mehr, Ransom S. 27. 6 Patterson S. 28; Ransom S. 29. Die „Charter Mary“ bestätigten andere Monarchen über Jahrhunderte hinweg, Ellins S. 37 Fn. 8. Nach a.A. erfolgte die Verleihung durch ein Star Chamber Decree im Jahr 1556, Phillips/Durie/Karet S. 3; Strömholm S. 5; Whale S. 4. Das Star Chamber, die oberste Zensurbehörde, war nach freiem Ermessen zuständig für den Erlass von Gesetzen im Bereich des Buchhandels im Auftrag der Krone; die Behörde wurde 1640 abgeschafft. 7 Das Stationers’ Copyright meint das „right to copy“, das Recht zur Vervielfältigung von Werken, welches von der Zunft verliehen und geregelt wurde, Patterson S. 4. 8 Goldstein S. 32. Mitglieder der Zunft waren Buchbinder, Buchdrucker und Buchverkäufer, Phillips/Durie/Karet S. 3. 9 Bugbee S. 51. Zur Herleitung des Stationers’ Copyright siehe Patterson S. 9 f. 4 5
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
leg umfasste allein den Druck und die Veröffentlichung des Werkes, es wurde jedoch als ein „ewiges“, im common law10 begründetes Recht betrachtet.11 Voraussetzung des Rechtserwerbs war die Eintragung in das Zunftregister, denn auf diese Weise konnte der Inhaber des jeweiligen copyright eindeutig identifiziert und ihm das Recht langfristig gesichert werden.12 Autoren blieb die Mitgliedschaft in der Zunft verwehrt, folglich konnten sie nicht Inhaber des Stationers’ Copyright werden.13 Um ihr Auskommen zu sichern, sahen sie sich deshalb gezwungen, ihr im common law begründetes Eigentumsrecht am Manuskript an die Verleger zu verkaufen.14 Die Zunft erkannte das Recht des Autors auf ein Honorar und auf die Integrität seines Werkes an.15 Dies war mit dem Eigeninteresse der Zunft durchaus vereinbar. Schon damals benötigten die Stationers das Einverständnis des Autors zur Werkveröffentlichung, was dieser ohne Bezahlung kaum gegeben hätte.16 Indem sie dem Autor das alleinige Recht zur Veränderung des Werkes zustanden, konnten sie den Wert des copyright erhalten und Rivalitäten in der Zunft vermeiden.17 Den Stationers war es nämlich erlaubt ihr copyright zu verkaufen oder zu lizenzieren; teilweise waren mehrere Buchdrucker Inhaber eines gemeinsamen copyright. An veränderten Werken konnte ebenfalls ein copyright begründet werden. Vorausgesetzt, die Zunft hätte den Buchdruckern ein Recht zur Werkänderung zugebilligt, so wären weitere copyrights an den veränderten Werken begründet und weiterverkauft bzw. lizenziert worden; was wiederum den Wert des ursprünglichen copyright immens geschmälert hätte.18 Zudem war zu erwarten, dass durch konkurrierende Rechte Konflikte Common law meint das nicht kodifizierte Recht, welches insb. in Gerichtsentscheidungen niedergelegt ist. Das frühere englische Rechtssystem wurde ebenso bezeichnet. 11 Bugbee S. 51; Patterson S. 9 f.; Phillips/Durie/Karet S. 3, 5; Ricketson 3.2.5., S. 69. 12 Patterson/Lindberg S. 21 f.; Ricketson 3.2.3., S. 67. 13 Goldstein S. 32. 14 Vgl. Drone S. 26. Von diesem common law-Recht leiteten die Verleger dann ihr „ewiges“ Eigentumsrecht ab. 15 Patterson S. 67, 71. 16 Patterson S. 69. 17 Patterson S. 76. 18 Die copyrights hätten zum Druck und zur Veröffentlichung nicht werkgetreuer Kopien berechtigt. 10
1. Kapitel: Die moral rights
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zwischen den Zunftmitgliedern entstehen. Die Gefahr der Werkänderung durch den Autor konnte die Zunft über das Vertragsrecht bannen. Insgesamt kann das Verhältnis zwischen Zunft und Autor durchaus als kooperativ bezeichnet werden.19 Der Autor hatte ein Interesse an der Veröffentlichung seines Werkes, wohingegen die Zunft neue Werke zum Verlegen benötigte. Beiden ging es letztendlich um die Verfolgung ureigenster Interessen. Die Monopolstellung der Stationers’ Company im Buchhandel war somit eng gekoppelt mit der Zensurpolitik der Regierung in Zeiten politischer und religiöser Unruhen. Die Regierung nutzte die Zunft als eine Art Polizei, welche in ihrem Auftrag den gesamten Buchdruck und -handel überwachte und regulierte.20 Im Gegenzug erhielt diese eine Vielzahl an Privilegien, die sie immer einflussreicher und machtvoller werden ließ.21 Daher hatte die Zunft ein großes Interesse an der Beibehaltung der Zensur und der damit verbundenen Privilegien.22 Diese ermöglichten ihr die Ausschaltung des unerwünschten Wettbewerbs bei gleichzeitigem Investitionsschutz im risikobeladenen Verlagsgeschäft.23 Die Krise von Staat und Kirche kamen der Zunft dabei entgegen. Folglich gaben die staatliche Zensurpolitik und das Streben der Zunft nach wirtschaftlicher Vormachtstellung dem ersten copyright sein Gepräge. Es war ein reines Verlegerrecht.24 Der Schutz der Urheber fand, wenn überhaupt, im Interesse der Zunft Beachtung.
Patterson S. 66. Die Zunft durfte verbindliche Vorschriften zur Regulierung des Verlagswesens (by-laws) erlassen und eine eigene Gerichtsbarkeit unterhalten, welche bspw. die Beschlagnahme oder Verbrennung missbilligter Bücher als Strafe anordnete, Drone S. 56; Ransom S. 29. Durch die eigene Gerichtsbarkeit der Zunft konnte sich kein copyright im common law entwickeln, Patterson/Lindberg S. 22 f. 21 Bugbee S. 50. 22 Patterson/Lindberg S. 24. 23 Ellins S. 38. 24 Der Begriff Verleger wird im Folgenden synonym mit den Begriffen Buchdrucker und Buchhändler verwendet, da diese Berufe lange Zeit in einem Betrieb vereint waren, vgl. Ellins S. 38, Fn. 20. 19 20
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
2. Das Statute of Anne, die Lehre vom geistigen Eigentum und die Entwicklung der englischen Rechtsprechung im 18. Jh.
Im Verlauf des 18. Jh. kam es zu einer Trennung des anglo-amerikanischen und des kontinentaleuropäischen „Urheberrechts“. Entscheidend waren hierbei das Statute of Anne von 1710 und die englische Rechtsprechung. Das Statute of Anne ist Nachfolger der englischen Gesetzgebung des 16. und 17. Jh. und gilt als Vorbild für die frühen copyright-Gesetze der USA, so z.B. des ersten Bundesgesetzes von 1790.25 Es stellt einen Wendepunkt in der Entwicklung des copyright dar, da es nicht nur das Monopol der Bücherzunft beendete, sondern auch die Zensur abschaffte. Die Entscheidungen in den Fällen Millar v. Taylor und Donaldson v. Beckett prägten die Ausgestaltung des heutigen copyright gleichermaßen. Zur selben Zeit setzte sich in England die Lehre vom geistigen Eigentum immer weiter durch, welche die anderen europäischen Urheberrechtskonzepte stark beeinflusste.26 In England selbst hatte die Lehre nicht die entscheidenden Auswirkungen auf Gesetzgebung und Rechtsprechung, was sich durch die frühe Festlegung auf eine utilitaristische Begründung des copyright erklären lässt. 2.1. Das Statute of Anne von 1710
Im Jahr 1694 endete das Licensing Act von 1662 und mit ihm das Druckmonopol der Stationers. Danach florierte das Geschäft mit dem Nachdruck von Werken. Die Zunftordnungen waren als Privatrecht nur für Mitglieder bindend und konnten somit die fehlenden Harrison S. 2. Zum ersten Bundesgesetz der USA siehe S. 201 f. Vor dem Statue of Anne gab es einige Star Chamber Decrees und ein paar weitere Gesetzte, darunter das Licencing Act aus dem Jahr 1662, die dazu dienten das Monopol der Bücherzunft zu stärken und damit die Zensur durch die Regierung weiter auszubauen. Allerdings befassten sich diese Regelungen, mit Ausnahme des Gesetzes von 1662, nicht mit dem copyright an sich, sondern nur mit Konzepten literary property betreffend, Ransom S. 72 f., 77. Ergänzt wurden diese Regelungen durch die by-laws – Ergänzungen zum Gesetzesrecht – der Bücherzunft, Gorman/Ginsburg S. 1, 5; Phillips/Durie/Karet S. 3; vgl. a. S. 187 Fn. 20. 26 Siehe zur Lehre vom geistigen Eigentum im deutschen Recht S. 13 f. 25
1. Kapitel: Die moral rights
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Regelungen im Buchwesen nicht ersetzen. Die Zunft, welche den immer größeren Konkurrenzdruck zu spüren bekam, wandte sich deshalb an das Parlament.27 Dieses hatte mittlerweile das Star Chamber als gesetzgebendes Organ abgelöst und sollte ein Gesetz zum Schutze ihrer wohl erworbenen Rechte erlassen.28 Die Stationers beanspruchten ein Eigentumsrecht an den Vervielfältigungen der Werke, welches sie von einem common law copyright der Autoren an ihren literarischen Werken ableiteten.29 Das Parlament verabschiedete 1710 das berühmte Statute of Anne.30 Es gilt als Grundlage des modernen copyright-Konzepts.31 Die Ausrichtung am Interesse der Öffentlichkeit (public interest) wird schon in der Präambel deutlich, welche die „Produktion“ von Bildungsgut im Allgemeinwohlinteresse als Gesetzeszweck festlegt.32 Als trade regulation statute diente das Gesetz dazu, wieder Ordnung in das anarchische Buchwesen zu bringen.33 Zum Erstaunen der Stationers bezweckte es auch die Zerschlagung des Zunftmonopols und die Verhinderung erneuter Monopolbildung im Interesse der Öffentlichkeit.34 Hintergrund dieser politischen Kehrtwende waren die wachsenden Ressentiments gegen die zu machtvolle Zunft, welche in rücksichtsloser Art und Weise versuchte, ihre Privilegien zu erhalten.35 Außerdem hatten immer mehr Autoren, darunter John Locke in seiner Abhandlung Two Treatises on Civil Gouvernment aus dem Jahr 1689, eine rechtliche Verankerung der schöpferischen Interessen der Urheber gefordert.36
Sie befürchteten vor allem die Konkurrenz aus Schottland, welche gegen ihre ewigen copyright-Befugnisse vorgehen würde, Ransom S. 79. 28 Gorman/Ginsburg S. 1. Zum Star Chamber S. 185 Fn. 6. 29 Vgl. Cornish Rn. 10-03; Drone S. 67; Goldstein S. 33 f. 30 Bzgl. des Zeitpunkts des Erlasses gibt es Meinungsverschiedenheiten. Teilweise wird das Gesetz auf das Jahr 1709 datiert. Die Unklarheit ist durch ein zeitweiliges Abweichen von historischem und kirchlichem Jahr zu erklären, dazu Ellins S. 40 Fn. 33. 31 Garnett/James/Davies Rn. 2-15, S. 37; Patterson S. 12; Stewart Rn. 1.15, S. 8. 32 Vgl. Bugbee S. 53 f. 33 Patterson S. 14; Stewart Rn. 2.14., S. 22. 34 Boytha GRUR Int. 1983, 379; Schack Rn. 101. 35 Patterson/Lindberg S. 27. 36 Stewart Rn. 2.14, S. 22. 27
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Das Monopol der Bücherzunft sollte durch zwei entscheidende Unterschiede zum Stationers’ Copyright gebrochen werden:37 Jeder bekam die Möglichkeit, ein gesetzliches copyright zu erwerben, und zwar beschränkt auf 14 Jahre; dem Autor wurde zusätzlich eine 14-jährige Verlängerungsmöglichkeit (right of renewal) zugestanden.38 Dennoch garantierte das Gesetz den Zunftmitgliedern die bereits bestehenden Stationers’ Copyrights für weitere 21 Jahre. Das Parlament hatte sich nicht getraut, der Bücherzunft ihre Privilegien auf einen Schlag zu entreißen. Auf den ersten Blick macht es den Anschein, der Gesetzgeber habe den Urheber zum Inhaber des copyright machen wollen. Dass durch das Statute of Anne aus dem Verleger-copyright ein „author’s copyright“ wurde, ist mehr als zweifelhaft.39 Sinn und Zweck des Gesetzes war nicht, dem Urheber eigene Rechte einzuräumen, und das copyright in der Form, wie es die Zunft geprägt hatte, abzuschaffen. Der Urheber wurde vielmehr als Instrument zur Bekämpfung des Zunftmonopols benutzt.40 Die Schaffung einer Regelung, welche die Übertragbarkeit des copyright erlaubte, macht deutlich, dass die Buchdrucker weiterhin begünstigt werden sollten.41 Der Gesetzgeber ging davon aus, der Urheber werde das copyright gegen Bezahlung ohnehin an den Drucker oder Verleger abtreten. So war das copyright weiterhin als Verlegerrecht konzipiert. Das Gesetz enthielt zudem keine Anerkennung eines vorgesetzlichen, natürlichen Rechts des Urhebers an seinem Werk; 42 diese erfolgte erst Mitte des 18. Jh. mit Hilfe der naturrechtlichen Theorie vom geistigen Eigentum. Die utilitaristische, am Gemeinwohl orientierte Ausrichtung des Gesetzes kommt in mehrfacher Hinsicht zum Ausdruck. Zur Erlangung des copyright war die Erfüllung bestimmter formeller Voraussetzungen erforderlich – das Registrierungserfordernis in der Stationers’ Hall, der copyright-Vermerk und die Abgabe von neun Exemplaren Zum Inhalt des Statute of Anne, Drone S. 69; Garnett/James/Davies Rn. 2-15, S. 37; Patterson S. 13. 38 Damit vereinte das gesetzliche copyright Elemente des Stationers’ Copyright und des königlichen Druckprivilegs, vgl. S. 185 Fn. 5. 39 So aber Boytha ÖSGRUM 9 (1991), 69, 78; Stewart Rn. 2.14, S. 22. 40 Patterson/Lindberg S. 28. 41 Patterson/Lindberg S. 28. 42 Dieselhorst S. 7; Patterson S. 146. 37
1. Kapitel: Die moral rights
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an öffentliche Bibliotheken.43 Das copyright wurde zeitlich beschränkt, um sicherzustellen, dass ein Werk nach Ablauf der Schutzfrist von der Gesellschaft frei genutzt werden konnte. Preisregulierungsvorschriften sollten der breiten Masse den Erwerb von Werken zu Bildungszwecken ermöglichen. Das Gesetz stellte folglich einen Kompromiss zwischen den Interessen der Verleger und der Öffentlichkeit – vertreten durch das Parlament – dar. Es erlaubte „den Übergang vom regionalen Privileg in den freien und dennoch geschützten Wettbewerb“.44 Das Parlament hatte ein copyright-Konzept geschaffen, welches die Regulierung des Buchhandels, insbesondere die Verhinderung von erneuter Monopolbildung, in den Mittelpunkt rückte. Ferner war das Gesetz Ausgangspunkt für den Zugang der breiten Öffentlichkeit zu „urheberrechtlich“ geschützten Werken: Durch die Preisregulierungsvorschriften waren die Werke erschwinglich und nach Ablauf der Schutzfrist konnten sie allgemein genutzt werden.45 Den Urhebern wurde erstmals die Möglichkeit gegeben, an ihren Werken ein copyright zu erlangen, sowie ihre finanziellen Interessen durch das right of renewal durchzusetzen. Das Parlament hatte allerdings verpasst zwischen den Autoren- und Verlegerinteressen zu differenzieren, wodurch das copyright zu einem „Oberbegriff für sämtliche Rechte an Veröffentlichungen“ wurde. Darin liegt wohl die Ursache für die fehlende Anerkennung von wahren Urheberrechten begründet.46 Insgesamt dürfte dieses werknutzerorientierte Gesetz viel dazu beigetragen haben, dass im anglo-amerikanischen Rechtskreis ein utilitaristischer – und nicht naturrechtlicher – Ansatz vorherrscht. 2.2. Die Lehre vom geistigen Eigentum
In seiner Frühphase diente das copyright ausschließlich dem Schutz literarischer Werke, gleichgültig, ob diese neu erschaffen worden waren oder es sich um ältere Werke handelte. Denn Zweck des copyright war der Investitionsschutz und nicht der Schutz des Werkes als Produkt geistiger Schöpfung. Erst gegen Mitte des 18. Jh. gelang es Dieselhorst S. 8; Gorman/Ginsburg S. 2, Phillips/Durie/Karet S. 6; Rehbinder Rn. 21. 44 Cornish, Statute of Anne, S. 65. 45 Patterson/Lindberg S. 30. 46 Ellins S. 44; Patterson S. 151. 43
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
der Lehre vom geistigen Eigentum das Geisteswerk als Rechtsgut zu erfassen. Dabei wurden die bisherigen wirtschaftlichen Erwägungen als Rechtfertigung für rechtlichen Schutz durch die besondere Verbindung des Schöpfers zu seinem Werk ersetzt.47 In England stellte der Philosoph und Naturrechtler John Locke die These auf, dass der Mensch allein auf Grund seiner Arbeit Eigentum an etwas erwerbe; da die Arbeit unbestreitbar Eigentum des Arbeiters sei, habe nur dieser das Recht an etwas, was mit seiner Arbeit verbunden wurde.48 Auf dieser Grundlage entwickelten sich die einzelnen Theorien zum geistigen Eigentum, obwohl Locke selbst seine Lehre nicht auf immaterielle Güter anwenden wollte.49 Zunächst forderte William Warbuton, Bischof von Gloucester, in seiner Schrift „A letter from an author to a member of Parilament; Concerning litterary propriety“ aus dem Jahr 1747 die Begründung eines literarischen Eigentums.50 Danach war es William Blackstone, der das Recht des Autors an seinem Werk mit dessen geistiger Arbeit rechtfertigte.51 Die Lehre vom geistigen Eigentum setzte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jh. in England immer mehr durch, wobei sie sich vor allem durch die Rechtsprechung in Richtung einer „gerechtigkeitsorientierten Arbeitstheorie“ 52 weiterentwickelte und der naturrechtliche Ansatz wegfiel.
Siehe bereits die Ausf. auf S. 13 f. Locke 5. Kap., § 27, S. 218. Zur Arbeitstheorie Lockes, Oberndörfer S. 20–62, insb. S. 27 f. 49 Locke befürwortete vielmehr einen positivrechtlichen Schutz, vgl. Rehbinder Rn. 21. 50 Zur Rezeption der Arbeitstheorie Lockes durch Warburton, Oberndörfer S. 63 ff., Osterrieth S. 116 ff. 51 “There is still another species of property, which (if it subsists by the common law) being grounded on labour and invention, is more properly reducible to the head of occupancy than any other; since the right of occupancy itself is supposed by Mr. Locke and many others, to be founded on the personal labour of the occupant. And this is the right, which an author may be supposed to have in his own original literary compositions, so that no other person without his leave may publish or make profit of the copies. When a man by the exertion of his rational power has produced an original work, he seems to have clearly a right to dispose of that identical work, as he pleases, and any attempt to vary the disposition he has made of it, appears to be an invasion of that right.”, Blackstone Kap. 26, Abschn. 8, S. 405 f. Zur Rezeption der Arbeitstheorie Lockes durch Blackstone, Osterrieth S. 120 f. 52 Oberndörfer S. 81. 47 48
1. Kapitel: Die moral rights
193
2.3. Die Entwicklung der englischen Rechtsprechung im 18. Jh.
Das Statute of Anne hatte die Rechte der Stationers’ Company nicht, wie erwartet, stärker geschützt, sondern im Gegenteil immens geschwächt. Die einzige Möglichkeit zur Erhaltung ihres Monopols nach Ablauf der 21-jährigen Schutzfrist sahen die Mitglieder der Zunft in der Sicherung von Autorenrechten.53 Daher versuchten sie in Rechtsstreitigkeiten die Rechte der Autoren unter common law erstarken zu lassen. Ihre Argumentation war ziemlich simpel und orientierte sich an den Schriften von Locke, Warburton und Blackstone: Der Autor habe als Schöpfer des Werkes ein ewiges common law copyright, basierend auf seinen natürlichen Rechten, welches er mit dem Verkauf des Manuskripts auf die Buchverleger übertrug; dieses Recht existiere unabhängig von dem gesetzlich geregelten copyright.54 Der gesetzliche Schutz sei als Verstärkung des common law-Schutzes anzusehen. Indem sie ihre Rechte mit denen der Autoren verbanden, hatten sie ein kaum schlagbares Argument zur Beibehaltung ihres Monopols gefunden. Durch den Erwerb des ewigen copyright konnten sie die zeitliche Beschränkung des statutory copyright umgehen. Da sie vor Gericht immer wieder mit den Autorenrechten unter common law argumentierten, wurde aus dem Verleger-copyright zusehends ein author’s copyright.55 Gegen diese Taktik wehrten sich die Buchhändler aus den englischen Provinzen und Schottland, die nicht Mitglieder der Zunft waren. Sie hatten nun zum ersten Mal die Chance gemeinfrei gewordene Werke ohne den Vorwurf der Raubkopiererei (book piracy) zu drucken. Die alten copyrights der Stationers sahen sie mit dem Gesetz von 1710 als erloschen an; ihre Rechte wollten sie allein auf die positivrechtlichen Regelungen stützen.56 Dieser „Battle of the Booksellers“57 war Ausgangspunkt einer „Jahrhundertdebatte um das Wesen des Copyright“:58 Ist das copyright ein gesetzlich fundiertes Recht oder basiert Patterson 15; Ricketson 3.2.8., S. 71. Siehe dazu Goldstein S. 35; Patterson/Lindberg S. 33; Phillips/Durie/Karet S. 7; Whale S. 10. 55 Patterson S. 14 f. 56 Stewart Rn. 2.14, S. 22 f. 57 Patterson/Lindberg S. 33; Stewart Rn. 2.14, S. 23. 58 Ellins S. 45. 53 54
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
es auf den natürlichen Rechten des Urhebers? Denn eine eindeutige Rechtsprechung oder gesetzliche Regelung, die den Autoren ein copyright zuerkannte, fehlte bislang. Während des gesamten 17. Jh. gab es keine Gerichtsentscheidung, in der eine Auseinandersetzung mit dem common law copyright stattfand; die Gerichte beschäftigten sich vielmehr mit der Gültigkeit von Patenten oder der Rechtmäßigkeit des königlichen Hoheitsrechts.59 Erst der Fall Millar v. Taylor im Jahr 1769 sollte Klarheit bringen.60 Dort ging es vor der Kings Bench um die Frage, ob sich der Inhaber des copyright, nach Veröffentlichung des Werkes oder Ablauf des gesetzlichen copyright-Schutzes, auf einen common law copyright berufen konnte.61 Dabei bestand Einigkeit darüber, dass der Autor vor der Veröffentlichung Rechte nach common law an seinem Werk hatte.62 Die Richter bejahten ein common law copyright nach Veröffentlichung mit der Begründung, dem Urheber stehe nach common law ein eigentumsgleiches Recht am Werk zu, welches nicht durch das Gesetzesrecht verdrängt werde; gesetzliche Regelungen verstärkten nur den common law-Schutz für einen bestimmten Zeitraum. Das common law copyright entspreche zudem der natürlichen Gerechtigkeit; dem Urheber müssten die finanziellen Vorteile seines Einfallsreichtums und seiner Arbeit zukommen. Demnach konnten sich die Stationers durch Erwerb des „ewigen“ copyright eine unantastbare Position verschaffen.63 Bemerkenswert ist, dass sich die Richter auf naturrechtliche Theorien beriefen und die enge Verbindung zwischen dem Urheber und seinem Werk hervorhoben. Gerade die Arbeitstheorie von Locke wurde zur Grundlage ausführlicher Erörterungen über das geistige Eigentum.64 Diese Ransom S. 86. Im Jahr 1762 hätte schon der Fall Tonson v. Collins Klarheit bringen können; die Richter verweigerten aber eine Entscheidung in der Sache als eine Absprache der Parteien bekannt wurde, die zur Strategie der Zunft gehörte, vgl. Drone S. 71 f.; Goldstein S. 36; Oberndörfer S. 75. 60 Millar v. Taylor, 4 Burr. 2303, 98 Eng. Rep. 201 (K.B. 1769). 61 Erläuterungen zum „Millar-Entscheidung“ finden sich bei Bugbee S. 55; Goldstein S. 36 ff.; Osterrieht S. 123 ff.; Ricketson 3.2.8., S. 71. 62 Ricketson 3.2.8., S. 71. 63 Ellins S. 47. 64 Eine Darstellung der richterlichen Auseinandersetzung findet sich bei Oberndörfer S. 76 f. 59
1. Kapitel: Die moral rights
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Begründungen werden in den USA heute noch von moral rightsBefürwortern zur Rechtfertigung herangezogen. Der Fall ist so entscheidend, weil er erstmals das copyright als ein natürliches Recht des Urhebers unter common law anerkannte. Nicht beachtet wurde aber, dass der Autor seine Rechte in der Regel an einen Verleger übertrug und damit schnell wieder verlor. Die Richter machten außerdem keinen Unterschied zwischen dem copyright am Werk und dem Eigentum am Werkstück.65 Doch dieser Sieg der Zunft sollte nicht lange währen. Fünf Jahre später folgte der Parallelfall Donaldson v. Beckett 66 im Jahr 1774 vor dem House of Lords. Das Gericht war nunmehr der Meinung, das common law copyright erlösche mit der Veröffentlichung, wobei an dessen Stelle das gesetzlich gewährte copyright trete.67 Das gesetzliche, zeitlich beschränkte copyright stelle einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Autors, des Verlegers und der Allgemeinheit dar. Mit dem Urteil wollten die Richter die Londoner Verleger im Namen des public interest in ihre Schranken weisen; sie hatten deren wahre Absicht – die Sicherung ihrer Monopolstellung – längst erkannt.68 Die Entscheidung war ein Versuch des Gerichts, dem Dilemma zu entkommen, das durch den „Millar-Fall“ seinen Anfang genommen hatte: Die Sicherung von Autorenrechten nach common law musste mit dem Ziel der Zerschlagung des Zunftmonopols einhergehen.69 Unklar bleibt, warum die Richter nicht den einfachsten Weg wählten: Sie hätten den Erwerb des copyright einfach auf die Autoren beschränken können. Es lässt sich auch nicht klären, ob das Statute of Anne tatsächlich die Abschaffung des common law copyright beabsichtigte, oder ob dies nicht schlicht eine Fehlinterpretation der Richter auf Grund der entstanden Zwangslage war.70 Das Parlament hatte
Patterson/Lindberg S. 35. Donaldson v. Beckett, 4 Burr. 2408, 98 Eng. Rep. 257 (H.L. 1774). 67 Erläuterungen zur Entscheidung finden sich bei Gorman/Ginsburg S. 3; Stewart Rn. 2.15, S. 23; Ulmer § 9 III 1, S. 55 f.; Whale S. 11. 68 Ellins S. 48, 75 f. 69 Patterson S. 16. 70 So Drone S. 20 ff., 46 f. 65 66
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
sich nicht zu der Frage geäußert; und in dem Gesetz selbst ist keine Aussage zum common law copyright getroffen.71 Diese „Fehlentwicklung“ wird bei Betrachtung der Gesamtsituation verständlich. Die Rechtsprechung hatte einfach verpasst, das copyright zu einem früheren Zeitpunkt zu definieren. Es bestand schon über 150 Jahre unabhängig vom common law. Nun war es zu spät, das copyright in einem „case-to-case-approach“ herauszuarbeiten. Vielmehr waren die Gerichte konfrontiert mit dem Monopol der Zunft, der konzeptionellen Ausgestaltung des copyright als natürlichem Autorenrecht und dessen Umwandlung in ein Monopolrecht nach Veröffentlichung. Diese Probleme verlangten nach einer zeitnahen Lösung. Bedauerlich ist, dass die natürlichen Rechte des Urhebers nach common law nie genauer bestimmt worden waren, was aber logische Folge der ersten Funktion des copyright, der Kontrolle des Bücherwesens, gewesen ist.72 Die Einordnung der Eigentumsrechte der Urheber und Verleger als rein künstliche Rechtsschöpfungen führte letztendlich zur Weiterentwicklung des copyright-Konzepts auf einer rein positivistischen und nicht naturrechtlichen Basis. 2.4. Zusammenfassung
Hintergrund der Entwicklung eines author’s copyright war der „Battle of the Booksellers“. Die Autoren selbst hatten bis dato kaum eigene Rechte geltend gemacht. Weder der Rechtsprechung noch dem Gesetzgeber war es letztendlich gelungen, die Probleme in Zusammenhang mit der Ausgestaltung des copyright zu lösen. Das Ende des Zunftmonopols der Stationers bedeutete deshalb nur den Anfang von neuen Verlegermonopolen. Die allmähliche Erfassung weiterer Werkarten durch das copyright verschärfte die ganze Situation. Um die Schwierigkeiten endgültig zu lösen, hätte die Rechtsprechung den Erwerb des copyright mit Hilfe des Naturrechts auf die Urheber beschränken müssen. Voraussetzung dafür wäre eine gesonderte Analyse der Rolle und Interessen der Verleger im Rahmen der Bekämpfung von Monopolen im Buchhandel gewesen.73 Die Verlegerinte71 72 73
Strömholm S. 5 Phillips/Durie/Karet S. 7; Stewart Rn. 2.15, S. 23; Whale S. 11. Patterson S. 217.
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ressen wurden aber stattdessen mit den Interessen der Autoren gleichgesetzt. Ausgelöst hatten dies die Verleger selbst, welche die Autorenrechte nutzten, um ihre Interessen zu verfolgen. Somit war das copyright von Anfang an ein durch die Obrigkeit geschaffenes Recht, welches ausschließlich die Verhinderung von Raubkopien mit dem Ziel des Investitionsschutzes bezweckte.74 Der Schutz des Werkes – nicht des Urhebers – stand dabei im Vordergrund. Persönlichkeitsrechtliche Belange wurden nicht in den Schutzzweck miteinbezogen, weshalb der Schutz natürlichen wie juristischen Personen zu Teil werden konnte. Das Werk wurde betrachtet als „vermarktbare Ware, unbeschränkt veräußerbar, übertragbar und allein den Gesetzen des freien Handels unterworfen“.75 Es führte ein absolut autonomes, von seinem Schöpfer unabhängiges Dasein als Wirtschaftsgut und Vermögensrecht. Eine einheitliche copyright-Theorie, basierend auf einer philosophisch-juristischen Grundlage wie in Deutschland, wurde nie geschaffen. Das copyright wurde auf Grund von akutem Handlungsbedarf rein pragmatisch an Hand von Einzelproblemen durch den Gesetzgeber oder die Judikatur weiterentwickelt, wobei verschiedene Interessengruppen Einfluss nahmen.76 Das copyright ist nie ein common law-Recht gewesen, sondern vielmehr das Ergebnis von Zensur, Monopolisierung, Handelsgesetzen und Interessenkonflikten.77 Diese Entwicklung macht mehr als deutlich, warum im copyright-System kein Platz für persönliche Rechte des Urhebers war. Durch den frühen Wegfall der naturrechtlichen Grundlage konnte eine Entwicklung hin zu einem wahren author’s right gar nicht mehr stattfinden.
74 75 76 77
Ellins S. 77. Ellins S. 78. Ellins S. 80. Patterson S. 18 f.
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II. Die Rezeption des englischen copyright in den USA 1. Die Gesetze der Einzelstaaten, die Verfassungsklausel und das erste Bundesgesetz
Die Phase der Rezeption des englischen Rechts kann in vier Abschnitte gegliedert werden: Den Erlass von copyright-Gesetzen durch die Einzelstaaten, die Schaffung einer verfassungsrechtlichen Regelung, die Verabschiedung des ersten Bundesgesetzes auf Grundlage der Verfassung und die Entscheidung des Supreme Court in Wheaton v. Peters. Aus keiner dieser Entwicklungsstufen ging ein einheitliches copyright-Konzept hervor, sondern in jeder dominierte eine andere Vorstellung der Funktion des copyright: Es sollte die Rechte des Urhebers schützen (protection-of-the-author policy); die Bildung fördern (promotion-of-learning policy), den Buchhandel als staatlich gewährtes Monopolrecht regulieren und schädliche Monopole verhindern (preservation-of-the-public-domain policy).78 1.1. Die Gesetze der Einzelstaaten
Bis Ende des 18. Jh. besaßen die Kolonien keine eigenen copyrightGesetze. Erst der Unabhängigkeitskrieg und die damit verbundene Trennung von England machten dort einen copyright-Schutz erforderlich. Bis zum Erlass eigener copyright-Gesetze galt in den Kolonien auf Grund einer Empfehlung des Continental Congress aus dem Jahr 1973 de facto das Statute of Anne.79 Zwischen 1783 und 1786 erließen 12 der 13 Staaten copyright-Gesetze, welche unterschiedlich stark vom englischen Recht und Rechtsdenken geprägt waren.80 Das erste copyright act entstand in Connecticut im Jahr 1783, das letzte 1786 in New York. Den Gesetzen der Einzelstaaten ist eine identische Zielsetzung gemein: Die finanzielle Absicherung der Autoren und die Förderung von Bildung.81 Besondere Auf-
Die Bezeichnungen der einzelnen Funktionen sind Patterson/Lindberg S. 49 ff. entnommen. Zu den einzelnen Funktionen des copyright, Davies Rn. 2-001 ff. 79 Davies Rn. 5-001; Patterson S. 183. 80 Bugbee S. 2. 81 Vgl. Bugbee S. 108; Patterson S. 186. 78
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merksamkeit ist den Präambeln der Gesetzte von Massachusetts,82 New Hampshire83 und Rhode Island84 zu schenken, denn diese enthalten naturrechtliche Begründungsansätze des copyright.85 Sie zeigen deutlich, dass dem Schutz des Urhebers aus Gründen der natürlichen Gerechtigkeit großes Gewicht beigemessen wurde. Fast alle Staaten konzipierten das copyright als author’s right und nicht als Verlegerrecht.86 Dies dürfte unter anderem darauf zurückzuführen sein, dass sich in Amerika die Autoren für den Schutz ihrer Werke stark machten. Sie wollten die Entwicklung einer nationalen Literatur vor den primär aus England stammenden Raubkopierern schützen. Der bedeutendste Lobbyist für den gesetzlichen copyrightSchutz war Noah Webster; er reiste von Staat zu Staat, um Überzeugungsarbeit zu leisten.87 Das gesetzliche copyright erfasste die Rechte auf Druck, Veröffentlichung und Verkauf, an denen der Autor vermögensrechtliche Interessen hatte und die er an den Verleger übertragen konnte.88 Durch diese Beschränkung konnten alle vier Zielsetzungen des copyright miteinander vereinbart werden. Daneben wurde Raum für die Entwicklung eines common law copyright gelassen, welches die übrigen Interessen des Autors an seinem Werk erfassen sollte, allerdings nur bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung; von da an galten die gesetzlichen copyright-Regelungen.89 Einige dieser Gesetze traten jedoch niemals in Kraft bzw. wurden bereits 1790 durch das Bundesgesetz ersetzt. “As the principal encouragement such persons can have to make great and beneficial exertions of this nature, must exist in the legal security of the fruits of their study and industry to themselves; and as such security is one of the natural rights of all men, there being no property more peculiarly a man’s own than that which is produced by the labour of his mind …”, Copyright Enactments, Copyright Office Bulletin No. 3, Washington 1963, Rn. 10, 15, S. 4. 83 Copyright Enactments, Copyright Office Bulletin No. 3, Washington 1963, Rn. 10, S. 8. 84 Copyright Enactments, Copyright Office Bulletin No. 3, Washington 1963, Rn. 15, S. 9. 85 Somit hatten einige amerikanische Staaten noch vor den europäischen Staaten „Urheberrechtsgesetze“, welche auf naturrechtlichen Ansätzen beruhten, vgl. Dieselhorst S. 12. 86 Patterson S. 188. 87 Bugbee S. 106 ff.; Goldstein S. 40 f.; Strömholm S. 6; Trebbel Vol. I, S. 138 f. 88 Patterson S. 191. 89 Patterson S. 191. 82
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1.2. Die Verfassungsklausel
Aus Gründen der Rechtsvereinheitlichung und Effektivität wurde schon bald eine verfassungsrechtliche Regelung für nötig erachtet.90 Im Jahr 1787 integrierte der Verfassungskonvent 91 deshalb Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8 in die US-Verfassung, der bis heute unverändert geblieben ist: “The Congress shall have Power … To promote the Progress of Science and useful Arts, by securing for limited Time to Authors and Inventors the exclusive Right to their respective Writings and Discoveries.”
Auf Grund der verfassungsrechtlichen Regelung kann den Urhebern ein ausschließliches Recht (exclusive right) an ihren Werken, das den Charakter eines staatlichen Monopolrechts hat, für einen bestimmten Zeitraum gewährt werden. Dieses Recht ist im Kontext des 18. Jh. als ein Recht zum Druck und zur Veröffentlichung eines Werkes zu verstehen.92 Ein vorgesetzliches copyright des Urhebers, basierend auf common law, wird durch die Klausel nicht ausgeschlossen. Dies ist dem Terminus „securing“ zu entnehmen; die Sicherung eines Rechts ist begriffslogisch nur möglich, wenn es vorher bereits existierte.93 Der Ausdruck copyright taucht in der Verfassung nicht auf und das Recht wird nicht definiert. Diese Auslassung ermöglicht die Erfassung des copyright und des Patents als Immaterialgüterrechte mit vermögensrechtlicher Konzeption in einer Verfassungsklausel.94 Primärer Zweck der copyright-Gewährung ist nicht der Schutz von Urheberinteressen, sondern die Förderung von Wissenschaft und Kunst im Interesse der Allgemeinheit.95 Der Verfassungskonvent wählte somit eindeutig einen utilitaristischen Ansatz. Der Schutz persönlicher Urheberinteressen ist deshalb nur indirekt möglich, wenn dieser den Urhebern einen Anreiz zur Schaffung neuer Werke von gesellschaftlichem Nutzen bietet. Die anderen Funktionen des copyBugbee S. 124; Drone S. 88. Dieser bestand aus Delegierten von 12 der 13 Einzelstaaten. 92 Patterson/Lindberg S. 50 f. 93 Vgl. Bugbee S. 129; Mersmann S. 25; Schack UFITA 136 (1988), 219, 221. Teilweise wird aus der Regelung die gegenteilige Schlussfolgerung gezogen, die Verfassung bestätige nicht die Autorenrechte, sondern schaffe diese vielmehr selbst, Dieselhorst S. 12; Patterson S. 196. 94 Vgl. Patterson S. 195. 95 Patterson S. 196. 90 91
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right finden ebenfalls Beachtung, bspw. die Verhinderung von Monopolen durch die zeitliche Beschränkung des Rechts.96 Die Werkverwerter und ihre Interessen werden nicht genannt. Sie waren zur damaligen Zeit aber denknotwendig Teil des copyright-Konzepts; denn ohne Druck und Veröffentlichung konnte das gesetzliche copyright nicht entstehen.97 Von einem naturrechtlich begründeten Urheberrechtsschutz wurde durch die verfassungsrechtliche Regelung endgültig Abstand genommen. Dies verwundert sehr, weil zu dieser Zeit die natürlichen Rechte des Menschen besondere Aufmerksamkeit erlangten, so z.B. in der „Declaration of Independence“ oder der „Rights of Men“. Eine wirkliche Erklärung dafür gibt es nicht. Vermutlich aber verwirrten und verunsicherten die vielen neuen Rechtsvorstellungen die Verfassungsgeber zu sehr („confusion of ideas“), als dass sie diese zur Grundlage einer Verfassungsklausel machen wollten.98 1.3. Das erste Bundesgesetz
Am 31. Mai 1790 erließ der Kongress das erste Bundesgesetz, jedoch finden sich dazu keine Gesetzesmaterialien; dessen Zielsetzung und die dahinter stehende Politik können daher nicht exakt ermittelt werden.99 Nicht nur der Titel100 ähnelte stark dem Statute of Anne, sondern auch inhaltlich war es an dieses angelehnt.101 Hervorzuheben sind das Recht des Urhebers, sein copyright für weitere 14 Jahre zu erneuern (right of renewal )102 und eine Regelung gegen die unerlaubte Patterson/Lindberg S. 50. Patterson/Lindberg S. 54. 98 “… this was the era of natural rights, the Rights of Men, the Declaration of Independence, and the Bill of Rights. The only explanation is a confusion of ideas, and there is indication of such confusion.”, Patterson S. 200. 99 Gorman/Ginsburg S. 4. 100 Der Titel lautete folgendermaßen: “An Act for the encouragement of learning, by securing the copies of maps, charts and books, to the author and proprietors of such copies, during the time therein mentioned.” Der Titel des Statue of Anne lautete: “An Act for the Encouragement of Learning, by vesting the Copies of printed Books to the Authors or Purchasers of such a Copy.”, vgl. Gorman/Ginsburg S. 2. 101 “The English statute was copied by Congress in 1790 …”, Drone S. 1. Auszüge sind abgedruckt bei Davies Rn. 5-002; Gorman/Ginsburg S. 5. 102 Das right of renewal ist kein moral right. Es diente allein den vermögensrechtlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk und konnte als eigenständiges 96 97
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Verwendung der Urschrift des Autors, abgeleitet aus common law.103 In diesem Gesetz finden sich ebenfalls alle vier Zielsetzungen des copyright wieder. Der Schwerpunkt des Gesetzes lag auf der staatlichen Gewährleistung des copyright und seiner Ausgestaltung als Monopolrecht. Die utilitaristische Ausrichtung wird wiederum an der Belastung des Autors mit übertriebenen Formalien deutlich. Dahinter stand die Logik, dass der Urheber, wenn er ein wahres Interesse an seinem Werk hat, die formellen Vorgaben beachtet. Andernfalls wurde es als gerecht angesehen, das Werk der Öffentlichkeit frei zugänglich zu machen. Das copyright als Monopolrecht war sowieso „odious in the eye of the law“.104 Gesetzlichen Schutz erfuhren ausschließlich die Werke amerikanischer Autoren, was das systematische Herstellen von Raubkopien englischer Werke im Laufe des 19. Jh. nach sich zog.105 Das Bundesgesetz wurde in den folgenden Jahren etliche Male ergänzt, wobei vor allem weitere Werkarten geschützt wurden.106 Die Frage nach natürlichen Rechten trat immer mehr in den Hintergrund. Ganz pragmatisch widmete sich der Gesetzgeber konkreten Problemen, die sich aus der Entwicklung neuer Technologien ergeben hatten.107 Die Gesetzesrevision von 1891 ermöglichte den copyrightSchutz für ausländische Werke, allerdings nur auf Grundlage der Gegenseitigkeit.108 Das Copyright Act von 1909 setzte dann die meisten früheren gesetzlichen Regelungen außer Kraft und stellte einen Abschluss der Entwicklung des 19. Jh. dar.109 Moral rights erwähnte es an keiner Stelle.110 Vielmehr verschärfte der Kongress die zu beachRecht übertragen werden; es ist seiner Zielsetzung nach mit dem europäischen Folgerecht vergleichbar, siehe Dieselhorst S. 29 ff. 103 Gorman/Ginsburg S. 5. 104 Odious = verhasst; Gorman/Ginsburg S. 5. 105 Strömholm S. 7; Trebbel Vol. I, S. 141. 106 Gorman/Ginsburg S. 6; Strömholm S. 14 f. 107 Goldstein S. 45. 108 Harrison S. 3; Strömholm S. 15. Zur „Urheberrechtspiraterie“ der USA vor Inkrafttreten des Copyright Act von 1981, Haedicke S. 35 f. 109 Strömholm S. 15. Das Gesetz ist abgedruckt in Copyright Enactments, Copyright Office Bulletin No. 3, Washington 1963, S. 66. 110 Strömholm S. 15, 21.
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tenden formellen Anforderungen zur Erlangung eines copyright und baute so den Charakter des Rechts als staatlich gewährtes Monopolrecht aus.111 Das Gesetz stellt dennoch einen Wendepunkt der amerikanischen copyright-Gesetzgebung dar. Es führte zu einer Funktionsverschiebung des copyright, weg von der Regulierung des Handels hin zum Schutz von Vermögensrechten.112 Dieser Wandel kam deutlich in der Einführung der work-made-for-hire-doctrine zum Ausdruck, welche Grundlage des corporate copyright ist.113 Die rein utilitaristische Ausrichtung des copyright in der Verfassung und den ersten Bundesgesetzen fügt sich überhaupt nicht in die anfängliche Entwicklung des copyright law in den USA ein. Die Einzelstaaten hatten bereits vor Gründung der USA copyright acts erlassen, welche naturrechtliche Begründungsansätze enthielten. Im Gegensatz zu England hatten die Autoren eine recht starke Lobby. Zudem hätte in der Zeit der Naturrechtslehren und Menschenrechtserklärungen ein naturrechtliches copyright-Konzept nahe gelegen. Vermutlich orientierten sich die USA einfach noch zu stark an England, dem Mutterland des copyright. Diese Ansicht wird durch die Entscheidung der Richter in Wheaton v. Peters bestätigt. 2. Die Entscheidung Wheaton v. Peters
Da weder die Verfassung, noch das Bundesgesetz von 1790 ein common law copyright erwähnte, musste die Rechtsprechung diesbezüglich eine Entscheidung treffen. In Wheaton v. Peters 114 bestätigte der Supreme Court 1834 die Rechtsprechung des House of Lords aus Donaldson v. Beckett für das amerikanische Recht, ohne die Begründungen dieser recht zweifelhaften und umstrittenen Entscheidung nochmals zu überprüfen.115 Der Streitpunkt war, ob das copyright, wenn ausgestaltet als Monopolrecht, erst durch das Copyright Act geschaffen wurde oder ob das Gesetz ein vorgesetzliches Recht Siehe dazu Dieselhorst S. 27 ff. Patterson/Lindberg S. 77 f. 113 “… and the word ‘author’ shall include an employer in the case of works made for hire.”, siehe Copyright Enactments, Copyright Office Bulletin No. 3, Washington 1963, Rn. 15, S. 86. Zur Einführung der work-made-for-hire-doctrine, Patterson/Lindberg S. 85 ff. Siehe zum Inhalt der Doktrin S. 222. 114 Wheaton v. Peters, 33. U.S. (8 Pet.) 591, 8 L. Ed. 1055 (1834). 115 Drone S. 48; Gorman/Ginsburg S. 5. 111 112
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bestätigte. Die Entscheidung war eine reine Interessenfrage. Die Richter entschieden sich für das Interesse der Öffentlichkeit und stellten fest, dass es kein common law copyright nach Veröffentlichung eines Werkes gebe; allein das Copyright Act gewähre dann rechtlichen Schutz.116 In der nachfolgenden Zeit entwickelte die Rechtsprechung das copyright maßgeblich weiter. Die Judikatur gewährte dem Urheber ein umfassendes, zeitlich unbeschränktes Veröffentlichungsrecht, welches dem Urheber erlaubte, jede unbefugte Erstveröffentlichung seines Werkes zu untersagen.117 In der Rechtsprechung war somit durch dieses vor Werkveröffentlichung bestehende common law copyright ein naturrechtlich begründetes „Urheberrecht“ vorhanden, welches einem persönlichkeitsrechtlichen Urheberrechtsverständnis sehr Nahe kam. 3. Zusammenfassung
Als Folge der frühen Festlegung auf ein utilitaristisches copyrightKonzept wurden die USA durch die im 19. Jh. geführten Auseinandersetzungen um naturrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Urheberrechtsideen in Europa nicht beeinflusst. Die am Gemeinwohl orientierte Ausrichtung wird besonders gut sichtbar am Wortlaut des „Report“ des House of Representatives von 1909: “The enactment of copyright legislation by Congress under the terms of the Constitution is not based upon any natural right that the author has in his writings, for the Supreme Court has held that such rights as he has are purely statutory rights, but upon the ground that the welfare of the public will be served and progress of science and useful arts will be promoted by securing to authors for limited periods the exclusive rights to their writings. The Constitution does not establish copyrights, but provides that Congress shall have the power to grant such rights if it thinks best. Not primarily for the benefit of the author, but primarily for the benefit of the public, such rights are given … The granting of such rights, under the proper terms and conditions, confers a benefit upon the public that outweighs the evils of the temporary monopoly.” 118 Zum Inhalt der Entscheidung Wheaton v. Peters, Goldstein S. 43; Gorman/ Ginsburg S. 6. 117 Zur Entwicklung des Rechts und den Rechtsprechungsnachweisen, siehe Dieselhorst S. 32, ins. Fn. 22 und 23. 118 H. R. Rep. No. 60-2222 (1909), S. 7; abgedruckt bei Davies Rn. 5-041. 116
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Die anglo-amerikanische Urheberrechtstradition entwickelte sich demnach „bewußt pragmatisch und gesellschaftsorientiert“.119 Das Interesse der Öffentlichkeit an der Werknutzung wurde stets in den Vordergrund gestellt. Daneben spielten bei der Ausgestaltung des copyright ausschließlich die Vermögensinteressen der Autoren und Verleger eine Rolle. Persönliche Rechte des Urhebers fanden dagegen keinen Eingang in das amerikanische copyright law. Offensichtlich boten die bestehenden copyright-Regelungen keinen zufriedenstellenden Schutz; dies belegt die Aussage Thorvald Solbergs, dem Register of Copyright: “The laws as they stand fail to give the protection required, are difficult of interpretation, application, and administration, leading to misapprehension and misunderstanding, and in some directions are open to abuses.”120
III. Das Copyright Act von 1976 Von 1909 bis 1976 gab es in Amerika keine grundlegende Gesetzesrevision. Das Copyright Act von 1909 war bis dato gültig. Es existierte weiterhin die Unterscheidung zwischen gesetzlichem copyrightSchutz nach Werkveröffentlichung und common law-Schutz vor Veröffentlichung. Allerdings erforderten die neuen Werkarten, entstanden durch eine zunehmende Technisierung (Fotografie, Radio, Fernsehen etc.), und der Export von amerikanischen Werken sowie der daraus resultierende Wunsch nach Schutz von US-Werken im Ausland eine neue gesetzliche Regelung. Ferner sollte das Recht an die internationalen Urheberrechtsabkommen angepasst werden.121 Das Copyright Act von 1976, welches erst 1978 in Kraft trat, beinhaltete deshalb ein völlig neues copyright-Konzept. Es wurde zum ersten Mal zwischen dem Werk selbst und dem copyright daran unterschieden; die Rechte, welche das copyright umfassen sollte, wurden erheblich ausgedehnt.122 Als bedeutendste Neuerung machte der Gesetzgeber den copyright-Schutz – anstatt von der Veröffentlichung – von der
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Boytha ÖSGRUM 9 (1991), 69, 73. Solberg S. 7. Dieselhorst S. 33; Gorman/Ginsburg S. 7. Patterson/Lindberg S. 92 ff.
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körperlichen Existenz des Originalwerkes abhängig.123 Diese Vorverlagerung des gesetzlichen Schutzes führte logischerweise zu einer starken Einschränkung des naturrechtlich begründeten Schutzes in Form des common law copyright, welcher bis dato vor Werkveröffentlichung bestand; dieses Recht steht dem Urheber seitdem nur noch für unverkörperte Werke zu. Erwähnenswert ist ferner die Kodifizierung der fair-use-doctrine.124 Das Gesetz konnte die Gefahr der Monopolbildung wiederum nicht an ihrer Wurzel, bei den Verlegern, bekämpfen, weil immer noch nicht zwischen einem Urheber- und Verleger-copyright differenziert wurde. Außerdem hatte der Gesetzgeber der Tatsache zu wenig Beachtung geschenkt, dass der Urheber nicht nur wirtschaftliche Interessen an seinem Werk hat, sondern gerade auch persönliche Interessen für ihn eine gewichtige Bedeutung haben. Die natürlichen Rechte des Urhebers wurden deshalb fälschlicherweise auf seine wirtschaftlichen Interessen beschränkt. Der Gesetzgeber hatte einen historischen Ansatz gewählt, anstatt nach den Interessen von Urheber, Verleger und Öffentlichkeit zu fragen und diese sorgsam gegeneinander abzuwägen. Der Zweck und die Funktion des copyright hätten ebenso neu überdacht werden müssen. Das Copyright Act von 1976 brachte folglich keinerlei Änderungen im Hinblick auf moral rights. Diesen schenkte der Gesetzgeber weiterhin keinerlei Beachtung. Vielmehr wurde durch die Einschränkung des common law copyright der letzte persönlichkeitsrechtliche Ansatz weiter aus dem amerikanischen Recht gedrängt.
IV. Die Entwicklung des moral rights-Schutzes 1. Die entscheidenden Entwicklungsstufen bis zur gesetzlichen Verankerung von moral rights Die Debatte um „moral rights“ in den USA begann mit deren Verankerung in Art. 6bis der RBÜ im Jahr 1928. Seit 1885 hatten die USA bei den Reformverhandlungen des Abkommens Beobachterstatus. 123 124
Patterson/Lindberg S. 95 ff. Patterson/Lindberg S. 102 ff. Zur fair-use-doctrine siehe S. 223.
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Einer Mitgliedschaft stand primär nicht die Verpflichtung zur Einführung von moral rights entgegen. Beitrittsprobleme bereitete vielmehr die Ausgestaltung des amerikanischen copyright-Schutzes: Zur Erlangung des copyright mussten viele Formalien eingehalten werden, die Schutzdauer des copyright war stark begrenzt und es konnten nur Werke, die in den USA produziert waren, copyright-Schutz erlangen (manufacturing clause).125 Der erste Gesetzesentwurf mit einer moral rights-Regelung stammt aus dem Jahr 1935 und basierte auf Art. 6bis RBÜ, allerdings rückte er den Schutz kommerzieller Interessen in den Mittelpunkt.126 Er diente der Anpassung des Copyright Act von 1909 an die RBÜ mit dem Ziel des Beitritts. Eine gesetzliche Umsetzung erfolgte nicht. Im Jahr 1940 wurde erneut ein Gesetzesentwurf zur Ermöglichung des Beitritts zur RBÜ in den Kongress eingebracht; dieser sah ebenfalls den Schutz von moral rights vor. Jedoch sollten keine neuen moral rights geschaffen werden, sondern vielmehr die im common law und dem Gesetzesrecht enthaltenen Regelungen beibehalten und geschützt werden.127 Dieser blieb letztendlich erfolglos, weil der Einführung der Rechte von Anfang an eine starke und organisierte Lobby, vor allem der Filmindustrie, entgegen stand.128 Die ersten moral rights-Debatten waren stark von dem kollektivistischen Denken geprägt, das im Europa der 30er Jahre vorherrschte.129 In der amerikanischen Literatur wurde daher heftig der Schutz von Kulturgütern über moral rights diskutiert. Stephen Ladas war in seiner einflussreichen Arbeit aus dem Jahr 1938 über das internationale Urheberrecht der Ansicht, dass das Recht auf Werkintegrität der Erhaltung von Kunstwerken diene und durch das öffentliche Interesse an der Kultur und der Entwicklung von Kunst gerechtfertigt sei.130 Der Aufsatz von Martin Roeder, veröffentlicht im Jahr 1940, ist Die manufactoring clause war Teil des US International Copyright Act von 1891. Sie wurde erst 1986, also kurz vor dem Beitritt der USA zur RBÜ abgeschafft. Zu den Beitrittshindernissen, siehe Haedicke S. 39 f. 126 Der Text des Gesetzesentwurfs ist abgedruckt in Adeney Rn. 15.23. 127 Adeney Rn. 15.25. 128 Adeney Rn. 15.23 Fn. 42 mit Verweis auf Goldman, Studies on Copyright 1963, Vol. 2, S. 10 f. 129 Adeney Rn. 15.06; 15.14. 130 Ladas S. 603. 125
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
in diesem Zusammenhang ebenfalls interessant, denn dieser wurde später oft zitiert, um moral rights im amerikanischen Recht zu begründen.131 Roeder stellte fest, dass das kollektivistische Rechtsdenken in seinem Anti-Individualismus den Zweck des copyright und der moral rights verfehle. Ungeachtet dessen, ging auch er von der doppelten Natur der moral rights aus; diese schützten nicht nur den Urheber, sondern auch die Integrität der Kultur, weshalb der wahre Grund für den moral rights-Schutz nach dem Tod des Urhebers in dem Bedürfnis der Gesellschaft liege, die Integrität des kulturellen Erbes zu schützen. Einen weiteren bedeutenden Aufsatz schrieb Arthur Katz im Jahr 1951.132 Dieser beschäftigte sich mit den österreichischen, italienischen und argentinischen Regelungen zum Schutz persönlicher Urheberinteressen. Auch Katz ging von einem doppelten Schutzzweck der Rechte aus, wobei er die persönlichen Interessen des Urhebers am Werk besonders betonte. Der kollektivistische Ansatz findet sich heute noch im VARA und vielen einzelstaatlichen Gesetzen wieder, während er in Europa einem rein individualistischen Konzept weichen musste. Erst in das Copyright Act von 1976 ist mit § 115 (a) (2) eine Regelung zum Schutz persönlicher Urheberinteressen integriert worden. Die Norm regelt die Zwangslizenz für nicht-dramatische, musikalische Werke und verbietet dem Lizenznehmer die Veränderung der grundlegenden Melodie bzw. des Charakters eines Werks.133 Zwar gewährt die Norm dem Urheber nicht wirklich ein Recht auf Werkintegrität. Die Rechtfertigung im „Report“ des House of Representatives zur Einfügung des Paragraphen erinnert aber stark an naturrechtliche Begründungsmuster.134 In den 80er Jahren fanden die entscheidenden Entwicklungen statt, welche schließlich die USA dazu bewogen, der RBÜ im Jahr 1989 131 Roeder 53 Harv. L. Rev. 554, 575, 577 (1940). Er war wohl beeinflusst von den Arbeiten von Michaélidès-Nouaros, Le droit moral de l’auteur, 1935 und von de Boor, UFITA 7 (1934), 413, 431 ff.; ders. UFITA 16 (1943), 345, 359 ff.; so Adeney Rn. 15.09 f. Roeder wurde z.B. zitiert von dem Gericht in Crimi v. Rutgers Presbyterian Church, 194 Misc. 570, 573 (N.Y. Sup. Ct. 1949). 132 Katz 24 S. Cal. L. Rev. 375, 406 Fn. 169, 426 (1951). 133 In 17 U.S.C. § 115 (a) (2) heißt es “… but the arrangement shall not change the basic melody or fundamental character of the work …” Siehe a. die Ausf. S. 306. 134 H.R. Rep. No 94-1476 (1976), reprinted in 1976 USCCAN 5659.
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beizutreten. Die weltweite Zunahme von Raubkopien verursachte ein Handelsdefizit in den USA.135 Gleichzeitig war der Einfluss der Amerikaner im Bereich des internationalen Urheberrechtsschutzes recht gering; sie waren nicht Mitglied des bedeutendsten Abkommens in diesem Bereich, der RBÜ.136 Der Beitritt ermöglichte ihnen erheblichen Einfluss auf die zukünftige Entwicklung des internationalen „Urheberrechts“, u.a. weil in der World Intellectual Property Organization (WIPO), von der die RBÜ verwaltet wird, die Stimmen einstimmig abgegeben werden müssen.137 Die Beitrittserwägungen hatten folglich wenig mit dem Schutz von Urheberinteressen zu tun, im Vordergrund standen vielmehr wirtschaftliche und politische Argumente.138 Im Jahr 1980 wurde von der Regierung eine „Ad Hoc Working Group“ eingerichtet, die sich mit den Beitrittsfragen eingehender beschäftigen sollte. Die Arbeitsgruppe war hauptsächlich mit Vertretern verschiedener Interessenvereinigungen und Organisationen der betroffenen Industriezweige (insbesondere der Film-, Musik- und Verlagsbranche) besetzt; daneben gab es wenige Vertreter der Urheber und einige offizielle Mitglieder.139 In ihrem Abschlussbericht kam die „Ad Hoc Working Group“ zu dem Schluss, dass die USA die Voraussetzungen von Art. 6bis RBÜ durch das Zusammenspiel von einzelstaatlichem und bundesstaatlichem Gesetzesrecht sowie common law erfüllten (totality theory),140 obgleich sie kein systematisches und theoretisch fundiertes moral rights-Schutzkonzept ausmachen konnte.141 Auf Grund des Gutach-
Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 328. Zwar waren die USA Mitglied des Welturheberrechtsabkommens (WUA). Allerdings hatten sie dort durch ihren Austritt bei der UNESCO im Jahr 1984 ihr Stimmrecht verloren. Zudem waren weit weniger Staaten Mitglieder des WUA. Zum Abschluss des WUA, Haedicke S. 40 f. 137 Oman 3 J. L. & Tech. 71, 111 f. (1988); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 328. 138 Adeney Rn. 15.29. 139 Zur Zusammensetzung der Arbeitsgruppe, Adeney Rn. 15.32 Fn. 53. 140 Zu nennen sind insb. 17 U.S.C. §§ 106 (2), 115 (a) (2) und § 43 (a) Lanham Act. 141 Final Report of the Ad Hoc Working Group on Moral Rights in the US, 10 Colum.-VLA J.L. & Arts 513, 542 Fn. 28, 547 (1986); siehe dazu Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 595. 135 136
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tens sah die Regierung keine Veranlassung, moral rights im amerikanischen Recht gesetzlich zu verankern. Diese Ergebnisse wurden in der Folgezeit in- und außerhalb des Parlaments heftig debattiert. Die vertretenen Positionen reichten dabei von einer völlig ablehnenden Haltung gegenüber moral rights – über einen vermittelnden Ansatz – bis hin zu einer absoluten Befürwortung dieser Rechte. Die Angst vor einer Infiltration des US-Rechts durch fremde Rechtsprinzipien war ein Hauptargument der moral rights-Gegner, so z.B. der „Coalition to Preserve the American Copyright Tradition“.142 Sie fürchteten sowohl die unmittelbare Anwendbarkeit von Art. 6bis RBÜ im amerikanischen Recht,143 als auch die Heranziehung der Norm oder europäischer Präzedenzfälle, die zu der Regelung ergangen waren, durch die amerikanischen Gerichte.144 Eine fundamentale Änderung des copyright-Systems in Richtung eines naturrechtlichen Konzepts musste ihrer Meinung nach verhindert werden.145 Daher strebten sie eine Sicherung der bestehenden Rechtslage an (freezing of the rights).146 In einigen wissenschaftlichen Arbeiten zogen die Autoren infolgedessen die Entwicklung einer eigenen moral rights-Theorie aus der Vielzahl der zum Schutz von moral rights vorgebrachten Rechtsinstitute in Betracht.147 Die Anhänger eines so genannten minimal approach waren ebenfalls der Ansicht, es werde bereits ausreichend rechtlicher moral rightsSchutz gewährt, jedoch standen sie einer Weiterentwicklung des amerikanischen Rechts im Einklang mit Art. 6bis RBÜ nicht entgegen.148
Diese Koalition der Zeitungs- und Verlagsindustrie wurde von David Ladd einem ehemaligen Register of Copyright angeführt; die Mitglieder sind aufgelistet bei Adeney Rn. 15.34 Fn. 60. Siehe zu den Argumenten von Ladd, Dietz GRUR Int. 1989, 627, 629 f. 143 Vgl. zum Begriff „self-executing“, American Law Institute, Restatement of Foreign Relations Law of the United States, Third, § 111. 144 Adeney Rn. 15.35. 145 Adeney Rn. 15.42. 146 Zu den Gesetzesvorschlägen, Adeney Rn. 15.38 ff. 147 Geller 10 Colum.-VLA J. L. & Arts 665 (1986); Damich 23 Georgia L. Rev. 1, insb. 75 ff. (1988). 148 Dietz GRUR Int. 1989, 627, 630. 142
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Für einen sofortigen Erlass von moral rights-Regelungen plädierten dagegen die Befürworter, obwohl ihnen klar war, dass eine allmähliche Anpassung des amerikanischen Rechts der wahrscheinlichere, weil weniger radikale Weg sein würde.149 Die Vereinbarkeit von moral rights mit der amerikanischen Verfassung, primär Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8, führte ebenfalls zu Kontroversen. Die persönlichen Rechte sahen viele als Erweiterung und nicht als Begrenzung des gesetzlichen Monopolrechts an. Des Weiteren wurde die Unvereinbarkeit der moral rights mit der verfassungsrechtlichen Zielvorgabe kritisiert – Schaffung eines Anreizes für die Entwicklung von Wissenschaft und Kunst durch die Gewährung von ökonomischen Rechten.150 Die Film- und Verlagsindustrie sah die moral rights als Hindernis für bestehende Handelspraktiken an.151 In diesem Zusammenhang erfolgte der Hinweis auf das hohe Prozessrisiko, dem die Werkverwerter durch moral rights ausgesetzt sein würden. Im Laufe der 80er Jahre wurden eine Reihe von Gesetzesentwürfen in das Parlament eingebracht, welche das US-Recht in Einklang mit der RBÜ bringen sollten.152 Von diesen Entwürfen erhielt nur der Vorschlag des Abgeordneten Kastenmeier moral rights-Regelungen.153 Im Oktober 1988 erließ der Kongress dann den Berne Convention Implementation Act (BCIA). Dieser schließt die direkte Anwendbarkeit bzw. direkte Berufung auf die Regelungen der RBÜ aus; ebenso stellt das Gesetz klar, dass eine Erweiterung oder Reduzierung von im amerikanischen Recht bereits bestehenden Rechten durch die RBÜ Adeney Rn. 15.37. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken, Adeney Rn. 15.42 f. 151 Adeney Rn. 15.44. 152 Diese sind aufgelistet bei Adeney Rn. 15.31 Fn. 50. 153 H.R. Rep. 1623 (1987) teilweise abgedruckt bei Adeney Rn. 15.49, 15.52. Der Entwurf sah unter anderem die Übertragbarkeit der moral rights vor. So wären die moral rights wie das copyright als Wirtschaftgut ausgestaltet gewesen. Der Entwurf wurde aber erst nach der Veröffentlichung des „Final Report“ der „Ad Hoc Working Group“ in den Kongress eingebracht. Da dieser den moral rightsSchutz im US-Recht im Hinblick auf Art. 6bis RBÜ für ausreichend erachtete, war Kastenmeiers Entwurf zu diesem Zeitpunkt bereits überholt. Er distanzierte sich später selbst von seinem Entwurf mit der Begründung, er habe damit ohnehin nur eine Debatte entfachen wollen, Adeney Rn. 15.46 Fn. 82. 149 150
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nicht möglich ist.154 Der Copyright Act von 1976 wurde daher nur soweit geändert, wie unbedingt für einen Beitritt erforderlich; bspw. entfielen die formellen Anforderungen an die Erlangung des copyright. Eine Verpflichtung zur Schaffung von moral rights oder entsprechende Regelungen enthält der BCIA nicht.155 Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass andere common law-Länder und Mitglieder der RBÜ, wie Großbritannien und Australien, keinen entsprechenden Schutz böten und persönlichkeitsrechtliche Interessen allein über das common law schützten. Die Entwicklung von moral rights sollte den Gerichten und späteren Gesetzgebern überlassen werden. Diese Begründung war aber wenig stichhaltig: Großbritannien verabschiedete noch im selben Jahr das Copyright, Designs and Patents Act (CDPA), welches moral rights vorsieht;156 und in Australien war die Debatte um die Einführung von moral rights zu dem damaligen Zeitpunkt schon weit fortgeschritten; dort wurde im Jahr 2000 in den Copyright Act ein umfassender moral rights-Schutz integriert. Trotz alldem bestärkte sogar der Generaldirektor der WIPO, Árpárd Bogsch, die USA in einem Schreiben vom 16.06.1987 darin, ihr Recht sei bereits mit Art. 6bis RBÜ konform.
BCIA Sec. 3 (a) (2): “The provisions of the Berne Convention shall not be enforceable in any action brought pursuant to the provisions of the Berne Convention itself.” 17 U.S.C. § 104 (c): “No right or interest in a work eligible for protection under this title may be claimed by virtue of, or in reliance upon, the provisions of the Berne Convention, or the adherence of the United States thereto. Any rights in a work eligible for protection under this title that derive from this title, other Federal or State statutes, or the common law, shall not be expanded or reduced by virtue of, or in reliance upon, the provisions of the Berne Convention, or the adherence of the United States thereto.” 155 BCIA Sec. 2 (3): “The amendments made by this Act, together with the law as it exists on the date of the enactment of this Act, satisfy the obligations of the United States in adhering to the Berne Convention and no further rights or interests shall be recognized or created for that purpose.”; BCIA Sec. 3 (b): “The provisions of the Berne Convention, the adherence of the United States thereto, and satisfaction of United States obligations thereunder, do no expand or reduce any right of an author of a work, whether claimed under Federal, State, or the common law (1) to claim authorship of the work; or (2) to object to any distortion, mutilation, or other modification of, or other derogatory action in relation to, the work, that would prejudice the author’s honor or reputation.” 156 Siehe dazu Dietz GRUR Int. 1989, 627, 628. 154
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Damit war das Thema moral rights noch nicht von der Agenda des Parlaments verschwunden. Viele Einzelstaaten hatten seit Anfang der 80er Jahre moral rights-Regelungen zum Schutz von Werken der bildenden Kunst erlassen. Dies entfachte die Debatte um moral rights immer wieder neu und führte zu Gesetzesvorschlägen für ein entsprechendes Bundesgesetz. 2. Die einzelstaatlichen moral rights-Gesetze
Schon bevor die bundesstaatliche Diskussion mit dem BCIA ihren vorläufigen Abschluss fand, hatten viele Einzelstaaten im Laufe der 80er Jahre auf Grundlage von Art. 6bis RBÜ moral rights-Regelungen erlassen. Kalifornien verabschiedete als erster Einzelstaat im Jahr 1980 das California Art Preservation Act; das Gesetz geht auf Bemühungen und Vorschläge der Künstlervereinigung National Artists Equtiy Association (NAEA) zurück.157 Es kann als Teil eines damaligen Trends zum verstärkten Schutz von historischen und kulturellen Artefakten angesehen werden, auf Grund dessen auch das bundesstaatliche National Historic Preservation Act im Jahr 1966 erneuert wurde.158 Im Bereich der Kunst hatte es außerdem schon seit den 70er Jahren Bestrebungen zur Schaffung von gesetzlichem Schutz für Künstler gegeben. Dem Beispiel Kaliforniens folgte bald New York. Das New York Artists’ Authorship Rights Act aus dem Jahr 1983 rückt jedoch den Schutz des Künstlers mehr in den Mittelpunkt. Nach dem Vorbild dieser beiden Gesetze erließen in den folgenden Jahren noch etliche Einzelstaaten moral rights-Gesetze,159 deren Schutzzweck meist ein doppelter ist: Nicht nur das Ansehen von bildenden Künstlern soll bewahrt, sondern auch das kulturelle Erbe im öffentlichen Interesse erhalten werden. Damit orientieren sich diese einerseits an den Vorgaben der US-Verfassung; andererseits sind sie an das kollektivistische Rechtsdenken angelehnt. Die große Bedeutung der einzelstaatlichen Gesetze liegt in ihrer Vorbildfunktion für das erste Bundesgesetz VARA. Adeney Rn. 15.62, insb. Fn. 101. Vgl. 16 U.S.C. § 470. 159 Maine 1985; Massachusetts 1985; New Jersey 1986; Louisiana 1986; New Mexico 1987; Pennsylvania 1987; Rhode Island 1987; Conneticut 1988; Nevada 1989. Siehe die Ausf. zu den einzelstaatlichen Gesetzen ab S. 277. 157 158
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
3. Die moral rights nach dem Beitritt zur RBÜ und die Verabschiedung des VARA
Nach dem Beitritt der USA zur RBÜ gab es zunächst eine Diskussion um den Schutz von Filmwerken, die sich zentral um die copyright-Registrierung von kolorierten Filmen drehte. In diesem Zusammenhang forderten vor allem Regisseure moral rights-Schutz für ihre Schwarz-Weiß-Filme. Obwohl sie die wahren Urheber der Filme sind, steht ihnen auf Grund der work-made-for-hire-doctrine im Regelfall kein copyright zu. Vielmehr werden die Filmstudios als Produzenten und Arbeitgeber bzw. Auftraggeber per gesetzlicher Fiktion als copyright-Inhaber betrachtet und können daher die Filmwerke beliebig abändern. Kontroversen entzündeten sich zudem an der Frage, ob kulturell wertvolle Filme grundlegenden Änderungen, bspw. durch Kolorierungen und Laufzeitveränderungen, unterzogen werden durften oder nicht.160 Folge dieser Auseinandersetzungen waren eine Reihe von Gesetzesentwürfen in den 80er und 90er Jahren, die dem Schutz von Filmwerken von kultureller Bedeutung dienten, so z.B. der Entwurf des Film Integrity Act von 1987.161 Letztendlich trat 1988 das National Film Preservation Act in Kraft,162 welches die bewusste öffentliche Ausstrahlung oder Verbreitung eines grundlegend veränderten oder kolorierten Films verbot, sofern der Film in das National Film Registry eingetragen worden war. Eine Ausnahme von diesem Verbot galt bei Kennzeichnung der Änderungen. Im Jahr 1992 hob der Gesetzgeber dieses Regelwerk auf und ersetzte es durch das National Film Preservation Act of 1992. Dieses enthielt keine Kennzeichnungspflicht mehr. Es diente vielmehr dem physischen Erhalt der Filmwerke. Das Gesetz wurde noch zweimal, 1996 und 2005,163 durch eine neue Version ersetzt. Nach Streichung der Kennzeichnungspflicht wurden einige Gesetzesentwürfe zur Ergänzung des wettbewerbsrechtlichen Lanham Act eingebracht, um die nun entstandene Schutzlücke zu Zur Debatte der Kolorierung von Schwarz-Weiß-Filmen in den USA, Dieselhorst GRUR Int. 1992, 902, 905 f.; Dietz GRUR Int. 1989, 627, 631 f. 161 Siehe dazu Adeney Rn. 15.68 ff. 162 Ehemals geregelt in 2 U.S.C. §§ 178–178 l. 163 Film Preservation Act of 2005, 2 U.S.C. 179 l bis w. 160
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schließen. Die dazu verfassten „Reports“ des House of Representatives zeigen deutlich das Hauptmotiv der USA zum Schutz der Werkintegrität: Das Interesse am Erhalt von Kulturgütern.164 Darüber hinaus gab es im Jahr 1995 einen Vorschlag zur Ergänzung des Copyright Act. Den Urhebern von Filmwerken – dem Haupt-Regisseur, dem Haupt-Drehbuchautor und dem Haupt-Kameramann – sollten das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht auf Werkintegrität gewährt werden.165 Dem „Report“ des House of Representatives zum VARA ist der Grund für das Scheitern des Entwurfs zu entnehmen: Zur kommerziellen Verwertung des Filmwerks müsse dieses jederzeit verändert werden können.166 In Anlehnung an die moral rights-Gesetze der Einzelstaaten kam es im Jahr 1990 schließlich zum Erlass des Visual Artists Rights Act (VARA) auf Bundesebene.167 Das Gesetz gewährt Urhebern von Werken der bildenden Kunst das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht auf Werkintegrität. Bereits seit 1977 existierten Vorschläge zur Ergänzung des Title 17 United States Code (U.S.C.) um moral rights für bildende Künstler.168 Dabei stellt sich die Frage, warum so kurz, nachdem die Regierung im Zusammenhang mit dem Beitritt zur RBÜ verlautbaren ließ, das amerikanische Recht biete ausreichenden moral rights-Schutz, ein Gesetz mit entsprechenden Regelungen erlassen wurde; dieses wäre ja dann geradezu überflüssig gewesen.169 Vermutlich waren sich die USA durchaus des fehlenden Schutzes bewusst.170 Adeney Rn. 15.75. Die Erwägungsgründe zur Schaffung des Film Disclosure Act of 1992, H.R. Rep. No. 5868 (1992) sind abgedruckt bei Adeney Rn. 15.74. 165 Theatrical Motion Picture Authorship Act, H.R. Rep. No. 1244 (1995), abgedruckt bei Adeney Rn. 15.76. Eine derartige Regelung besteht im australischen copyright law, vgl. §§ 189, 195AL Copyright Act of 1968. 166 Z.B. H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6919. 167 Das VARA trat am 01.06.1991 in Kraft. 168 Vgl. H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6928; siehe dazu Adeney Rn. 15.80 f. 169 Siehe dazu Carpenter 63 Wash. & Lee L. Rev. 1601, 1618 (2006); Dworkin 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 229, 259 (1995). 170 Die Äußerung der Richter in NASCAR v. Scharle, 356 F. Supp. 2d 515, 528 (E.D. Pa. 2005) legt dies nahe: “Passed by Congress in 1990 to bring this country more in line with others in protecting certain ‘moral’ rights of artists, the VARA …” 164
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Im Gegensatz zur Einführung eines umfassenden moral rightsSchutzes im Zuge des Beitritts zur RBÜ wurde der Entwurf des VARA kaum debattiert. Das Gesetz war offensichtlich gut ausgearbeitet und pragmatisch präsentiert worden und ließ wenig Spielraum für die Gegner von moral rights. Gerade die Film- und Verlagsindustrie konnte nichts dagegen einwenden, da sie schlicht nicht davon betroffen war.171 Auch hatte die Einführung der moral rights-Regelungen in den Einzelstaaten keine merklichen Nachteile für die Unterhaltungsindustrie gebracht. So wurde das Bundesgesetz, welches denselben Anwendungsbereich hatte, verbunden mit dem Vorteil der Rechtsvereinheitlichung und Rechtssicherheit, nicht als Gefahr für die einschlägigen Industrien betrachtet. Außerdem sollte das Gesetz eine Lücke im Rechtsschutz von Originalkunstwerken schließen und nicht fremdes Recht implementieren.172 Kunstwerke werden selten über Verträge, die ihre Verwertung regeln, vermarktet. Die Einzigartigkeit derartiger Werke macht diese aber besonders verletzbar. Schon deren bloße Beeinträchtigung kommt einer Zerstörung gleich und das bedeutet wiederum einen Angriff auf die Persönlichkeit des Urhebers und den Verlust einzigartiger und kulturell wertvoller Werke für die Allgemeinheit. Andere zur kommerziellen und massenhaften Nutzung geschaffene Werke schützt in der Regel das copyright, denn sie werden über Vervielfältigungen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Im Übrigen vereinfachten pragmatische Argumente die Einführung der moral rights für Künstler immens. Die Schaffung der persönlichen Urheberrechte bedeutete eine Erleichterung für die zukünftige internationale Harmonisierung im Bereich des copyright law, weil moral rights mittlerweile in den Gesetzen anderer common law-Länder, wie Großbritannien und Australien, verankert worden waren. Die USA zeigten auf diese Weise zudem ihren Willen, persönliche Rechte der
“Limiting moral rights to a particular set of original works of visual art not only greatly reduces the practical reach of statutory moral rights, but also excludes virtually all controversies in which the interests of authors as actual creators of copyrightable works conflict with the interests of market intermediaries and commercial users, which are precisely the most important fields of application of moral rights in Continental Europe”, Rigamonti 47 Harv. Int’l L.J. 353, 407 (2006). 172 Adeney Rn. 15.85. 171
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Urheber im Einklang mit der RBÜ zu schützen. Obendrein hatten die moral rights einen gesamtgesellschaftlichen Nutzen, die Förderung und Erhaltung der nationalen Kunst; mit diesem Argument konnte ferner der Eingriff in die Vertragsfreiheit bei den stärksten Kritikern gerechtfertigt werden.173 Die moral rights des VARA befinden sich somit nicht nur im Einklang mit der US-Verfassung, sondern mit der gesamten copyrightTradition. Zwar wurden die Befürworter eines umfassenden moral rights-Schutz enttäuscht. Trotzdem wird das Gesetz von ihnen als kleiner Sieg angesehen; denn – so dachten sie sich – sind moral rights erst einmal gesetzlich verankert, können die mit ihnen verbundenen Ängste abgebaut und ihr Anwendungsbereich schrittweise erweitert werden.174 4. Die moral rights in der Rechtsprechung
Lange Zeit lehnte die Rechtsprechung den Schutz von moral rights über das common law ab.175 Allmählich setzte sich jedoch das Bewusstsein durch, dass der Urheber als Schöpfer des Werkes nicht völlig schutzlos gestellt werden durfte.176 Zumindest das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und das Recht auf Werkintegrität sollten ihm zukommen. Eine Anerkennung von moral rights nach kontinentaleuropäischem Vorbild kam gleichwohl nicht in Betracht.
Robinson 68 Fordham L. Rev 1935, 1936 (2000). Adeney Rn. 15.83. 175 Vgl. zur Entwicklung und Anerkennung: Shostakovich v. Twentieth CenturyFox Film Corp., 196 Misc. 67, 70 f. (N.Y. Sup. Ct. 1948) [“In the present state of our law the very existence of the right is not clear…”]; Vargas v. Esquire, Inc., 164 F.2d 522, 526 (7th Cir. 1947); Crimi v. Rutgers Presbyterian Church, 194 Misc. 570, 574 ff. (N.Y. Sup. Ct. 1949); Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 591 (2d Cir. 1952) [“Without rejecting the doctrine of ‘moral right’…”]; Edison v. Viva Int’l, Ltd., 70 A.D.2d 379, 384 (N.Y. Sup. Ct. 1979). 176 Den absoluten Wendepunkt brachte die Entscheidung Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14 (2d Cir. 1976). Siehe a. Cmty. for Creative Non-Violence v. Reid, 270 U.S. App. D.C. 26, 846 F.2d 1485, 1499 (D.C. Cir. 1988). Das Gericht machte in seiner Entscheidungsbegründung die Aussage, dass der Künstler “… may have rights against [the plaintiff] should it publish an excessivly mutilated or altered version.” 173 174
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Dieses persönlichkeitsrechtliche Konzept passte nicht in das rein ökonomisch geprägte copyright law. Deswegen versuchte die Rechtsprechung, den Schutz vor allem über bereits bestehende Rechtsinstitute außerhalb des copyright law zu entwickeln. Bis heute werden das Vertrags-, Delikts- und Wettbewerbsrecht dazu benutzt, die persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk zu schützen; leider mit mäßigem Erfolg. Der völlig andere Schutzzweck und die sich daraus ergebende Ausgestaltung der Normen verhindern einen effektiven und umfassenden Schutz. Dennoch hat der Urheber durch das Zusammenspiel der verschiedenen Anspruchsgrundlagen zumindest einen nicht zu verachtenden Mindestschutz. 5. Zusammenfassung
Die langsame und fragmentarische Verankerung von moral rights im amerikanischen Recht ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Die USA wurden erst sehr spät Mitglied der RBÜ und haben kein anderes internationales Abkommen unterzeichnet, welches sie zum Schutz von moral rights verpflichtet hätte. Leider war die Rechtsprechung nicht mutig genug, einen umfassenden moral rights-Schutz basierend auf common law zu entwickeln. Sie versuchte vielmehr, bereits bestehende Rechtsinstitute zum Schutz von moral rights umzufunktionieren. In keinem anderen Land hatte die Wirtschaft so großen Einfluss auf die Entwicklung des „Urheberrechts“. Die betroffenen Industrien fürchteten auf Grund von moral rights erhebliche finanzielle Verluste und wussten deren Einführung durch eine starke Lobby stets abzuwenden. Insbesondere die Filmindustrie verhinderte bzw. verzögerte die Unterzeichnung von internationalen Abkommen, wie der InterAmerican Convention on the Protection of Literary and Artistic Coypright oder der RBÜ, weil diese moral rights-Regelungen enthielten.177 Der amerikanischen Wirtschaft ist es gelungen, mit Art. 9 Abs. 1 TRIPS moral rights-Verpflichtungen aus dem TRIPs-Abkommen zu streichen. Dieser Ausschluss erfolgte im Einvernehmen mit der Politik. Wären moral rights zum Bestandteil des TRIPs-Abkom-
177
Adeney Rn. 15.17 f.; Federle S. 91.
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mens gemacht worden, so hätten die USA jederzeit damit rechnen müssen, wegen mangelndem moral rights-Schutz den effektiven Rechtsdurchsetzungsmaßnahmen des Abkommens ausgesetzt zu werden.178 Der Einfluss des kontinentaleuropäischen Rechtsdenkens in den USA war und ist sehr gering.179 Allein zur Zeit der ersten moral rightsDebatten im Zusammenhang mit einem möglichen Beitritt der USA zur RBÜ von 1928 wurden diese stark vom kollektivistischen Rechtsdenken des Europas der 30er Jahre beeinflusst.180 Seither wird der Schutzzweck von moral rights nicht primär in dem Schutz der persönlichen Interessen des Urhebers gesehen, sondern in der Bewahrung des kulturellen Erbes im gesamtgesellschaftlichen Interesse.
B. Das dogmatische Fundament der moral rights Die historische Analyse der moral rights-Entwicklung zeigt, dass den Rechten kein einheitliches und systematisches Konzept zu Grunde liegt. Vielmehr stützt sich ihre Daseinsberechtigung, wie die des copyright, auf eine Mischung aus utilitaristischen und pragmatischen Begründungsansätzen.181 Naturrechtliche Erwägungen finden sich dagegen kaum. Seinen Ursprung hat der utilitaristische Ansatz im kollektivistischen Rechtsdenken, das zur Zeit der Schaffung von Art. 6bis RBÜ in Europa vorherrschte, und die Diskussion um den Schutzzweck von
Die WIPO hält keine derartigen Mechanismen bereit; weshalb eine Durchsetzung von Art. 6bis RBÜ schwierig ist. Die einzige Möglichkeit bestünde in der Anstrengung eines Vertragsbruchverfahrens; allerdings wurde von dieser insb. gegen die USA aus wirtschaftlichen und politischen Gründen kein Gebrauch gemacht. Siehe a. Asmus S. 49 f.; Haedicke S. 153 ff. 179 Als Gegenbeispiel sei das common law-Land Kanada genannt; dort wurden sehr früh nach französischem Vorbild moral rights eingeführt. 180 Adeney Rn. 15.06, 15.14. 181 Dazu Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471 (2004): “Likewise, our system of common law evolved to solve specific disputes, and has been occupied with ‘reestablishing peace rather than [articulating] a moral basis for the social order’”; Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 672 f. (2007): “In contrast to the international view, the American view has primarily been one of utilitarianism, a theory based largely on economics.” 178
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
moral rights bis heute prägt.182 Längst nachdem in Europa zu einer rein individualistischen Sichtweise zurückgekehrt wurde, blieb der kollektivistische Ansatz in den USA erhalten. Vermutlich, weil er sich so gut mit den Vorgaben des Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8 der amerikanischen Verfassung und dem rein ökonomisch ausgerichteten copyrightSystem vereinbaren ließ. Voraussetzung der Gewährung von moral rights ist daher, dass sie einen Anreiz für den Urheber darstellen, schöpferisch tätig zu werden und dem Erhalt von Werken mit kultureller Bedeutung dienen.183 Die Rechtsgewährung darf aber nicht zu unerwünschten Monopolen führen und ist infolgedessen nur beschränkt möglich.184 Diese Anforderungen erfüllen sowohl das VARA als auch die einzelstaatlichen moral rights-Gesetze. Daneben spielen beim Schutz der persönlichen Interessen der Urheber seit jeher rein pragmatische185 Argumente eine entscheidende Rolle. Die USA gingen die Verpflichtung unter Art. 6bis RBÜ letztendlich im Hinblick auf andere Zielsetzungen ein:186 Sie wollten durch einen Beitritt eine Führungsrolle in der Entwicklung des internationalen Urheberrechts übernehmen. Davor prägten die Europäer mit ihrem Urheberrechtssystem das internationale Recht. Außerdem waren die USA mit der Zunahme von Raubkopien ihrer Werke – insbesondere im asiatischen Raum – konfrontiert, die zu einem großen Handelsdefizit geführt hatte. In der Internationalisierung und Verein-
Vgl. Adeney Rn. 6.29; 6.57 ff. Martin v. City of Indianapolis, 982 F. Supp. 625, 629 f. (S.D. Ind. 1997); Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1474 (1989); Krigsman 73 TMR 251, 252 (1983); Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1940 (2000); Vineyard 6 Tul. J. Tech. & Intell. Prop. 223, 233 (2004) [“Therefore, any enactment of moral rights must be measured carefully against the Constitution and the goals it wishes to achieve.”]. 184 Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 673 (2007). 185 Eine Erläuterung des Terminus „Pragmatismus“ findet sich bei Cotter 76 N.C.L. Rev. 1, 29 (1997): “… whatever proves itself useful, in light of all its consequences, to the task at hand.” 186 So a. VerSteeg 67 Wash. L. Rev. 827, 832 (1992): “Congress’ ‘minimalist approach’ shows clearly that Congress wanted to attain the maximum benefits that adherence to Berne could bring while shouldering the minimum burdens. If there had been equivalence to Berne, in fact, then Congress had no valid reason to avoid adopting any of Berne’s moral rights provisions.”; sowie Burton 48 SMU L. Rev. 639, 640 (1995); Haedicke S. 42 f.; Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 328; Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 648 (2007). 182 183
1. Kapitel: Die moral rights
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heitlichung des Urheberrechtsschutzes sahen sie die einzige Möglichkeit, dieser Gefahr wirksam zu begegnen. Ein weiterer Aspekt ist die Angst der Judikative traditionelle Eigentumsrechte (property rights) durch die Anerkennung ideeller Interessen an Eigentum zu zersplittern und auf diese Weise ein gut funktionierendes System zu erschüttern.187 Dass moral rights allein im Bereich der bildenden Kunst existieren, ist ebenso Teil des amerikanischen Pragmatismus. Auch in anderen Bereichen existieren kulturell wertvolle und schützenswerte Werke. Diese eignen sich jedoch meistens für eine massenhafte, kommerzielle Verwertung. Das wirtschaftliche Interesse der Industrie an ihrer ungehinderten Verwertung ist aus diesem Grund sehr stark. In der Vergangenheit wurden in der Unterhaltungsindustrie die größten wirtschaftlichen Gewinne erzielt, was auch von gesamtgesellschaftlichem Nutzen war. So verwundert es nicht, dass dieser Industriezweig, welcher durch die moral rights große finanzielle Einbußen befürchtete, stets seine wirtschaftliche Stärke und Lobby benutzen konnte, um Politik und Recht in seinem Sinne zu beeinflussen. Die amerikanischen Künstler gewannen zudem seit den 40er Jahren für ihre Kunstwerke wachsende internationale Anerkennung; der Wert ihrer Werke stieg drastisch an. Gleichzeitig wuchs die Sorge um die negativen kulturellen und ökonomischen Effekte, welche die Veränderung oder Zerstörung derartiger Werke mit sich bringt.188
C. Das Verhältnis von copyright und moral rights Das copyright ist nicht, wie das kontinentaleuropäische Urheberrecht, individualrechtlich begründet und am Schutz des Urhebers ausgerichtet, sondern es ist ein vom Gesetzgeber geschaffenes Monopolrecht, welches der Schaffung von Geisteswerken im Interesse der Allgemeinheit dient.189 Durch die Gewährung des copyright soll dem Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1473 (2004); Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 705 (2005). 188 Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 705 (2005). 189 Dies kommt deutlich in der Verfassungsklausel zum Ausdruck Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8. 187
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Urheber ein Anreiz gegeben werden, Werke zur Förderung von Wissenschaft und Kunst zu „produzieren“.190 Das copyright schützt allein die vermögensrechtlichen Interessen des Inhabers. Es ist als Wirtschaftsgut ausgestaltet, was sich bspw. in dessen freier Übertragbarkeit äußert.191 Die Registrierung des copyright ist Voraussetzung für die Gewährung von Rechtsschutz im Falle einer copyright-Verletzung.192 Der copyright-Schutz erfordert, dass das Werk unter eine der Werkkategorien des 17 U.S.C. § 102 fällt. Copyright-Schutz können insbesondere literarische, musikalische, dramatische, künstlerische und architektonische Werke sowie Filmwerke genießen. Werksammlungen und -bearbeitungen sind gemäß 17 U.S.C. § 103 ebenfalls copyrightfähig. Es werden nur Originale – eigene und unabhängige Schöpfungen des Urhebers – (original works auf authorship) geschützt.193 Die Anforderungen an die Gestaltungshöhe bzw. das Maß an Individualität sind dabei minimal. Des Weiteren muss das Werk in einem materiellen Ausdrucksmittel fixiert bzw. verkörpert sein (in any tangible medium of expression).194 Originärer copyright-Inhaber ist grundsätzlich der Urheber als natürliche Person.195 Allerdings wird im Falle eines Werkes, das im Rahmen eines Angestellten- oder Auftragsverhältnisses geschaffen wurde, der Arbeitgeber oder Auftraggeber – dieser kann auch eine juristische Person sein – als Urheber angesehen und erwirbt somit das originäre copyright (work-made-for-hire-doctrine).196 Zu beachten ist weiter, dass das copyright oder Teile davon frei übertragbar sind, weshalb
Mazer v. Stein, 347 U.S. 201, 219 (1954). 17 U.S.C. § 201 (d). 192 17 U.S.C. § 411 (a). 193 Davies IIC 1995, 964, 969 f. zur Bedeutung von „Originalität“ im kontinentaleuropäischen Rechtskreis und im anglo-amerikanischen Rechtskreis. Zum Merkmal der Originalität siehe a. S. 235 f., 302 f. 194 Das Erfordernis der körperlichen Fixierung ergibt sich aus dem Terminus „Writings“ in Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8 der US-Verfassung. 195 17 U.S.C. § 201 (a). 196 17 U.S.C. § 210 (b). Die Urheberschaft kann allerdings durch schriftlichen Vertrag anderweitig geregelt werden. Zum Entstehen der work-made-for-hire-doctrine, Hoecht S. 158 f. Zu den Voraussetzungen der Urheberschaft des Arbeitgebers/Auftraggebers siehe S. 234 f. Fn. 258. 190 191
1. Kapitel: Die moral rights
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andere natürliche oder juristische Personen das copyright am Werk des Urhebers erwerben und die jeweiligen Rechte ausüben können.197 Der Inhaber des copyright hat das ausschließliche Recht zu Vervielfältigung, Bearbeitung und Vertreibung des Werkes.198 Daneben gewährt es dem Inhaber weitere Rechte, je nach Werkart. Die stärkste Beschränkung erfährt das copyright durch die fair-use-doctrine; demnach führen bestimmte, ungenehmigte Werkverwertungen als Ergebnis einer Interessenabwägung nicht zu einer copyright-Verletzung.199 Grundsätzlich beginnt der copyright-Schutz ab Werkschöpfung und endet 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.200 Für anonyme oder pseudonyme Werke und Werke, die im Rahmen eines Angestelltenoder Auftragsverhältnisses geschaffen wurden, beträgt die Schutzdauer 95 Jahre ab Veröffentlichung bzw. 120 Jahre ab Werkschöpfung; maßgebend ist die kürzere Frist.201 Das amerikanische copyright kann nicht mit dem deutschen Begriff „Urheberrecht“ übersetzt und diesem gleichgestellt werden. Zum einen ist Inhaber des Urheberrechts immer der Urheber als Schöpfer des Werkes. Das copyright kann dagegen auch Dritten zustehen.202 Außerdem vereint das Urheberrecht vermögensrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Elemente, wohingegen das amerikanische copyright rein ökonomischer Natur ist. Das copyright gewährt dem jeweiligen Inhaber ausschließlich übertragbare Verwertungsrechte und schützt so allein dessen kommerzielles Interesse am Werk. Bemerkenswert ist, dass das copyright die verwandten Schutzrechte (Leistungsschutzrechte) mit umfasst, was auf Grund der niedrigen Anforderungen an die Gestaltungshöhe des Werkes problemlos möglich ist. Dies lässt sich wiederum auf das pragmatische und utilitaristische copyright-Konzept zurückführen.203 Der markanteste Unterschied zwischen dem kontinentaleuropäischen und dem amerikanischen 17 U.S.C. § 201 (d). 17 U.S.C. § 106. 199 17 U.S.C. § 107. 200 17 U.S.C. § 302 (a). 201 17 U.S.C. § 302 (c). 202 Siehe dazu den Rechtsvergleich zwischen civil law und common law bei Davies IIC 1995, 964, 970 ff. 203 Haedicke S. 12, 15. 197 198
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
„Urheberrecht“ ist die „work-made-for-hire-doctrine“. Eine derartige Regelung wäre im kontinentaleuropäischen Recht undenkbar, setzt doch die Schöpfung eines Werkes den individuellen Geist eines Menschen voraus.204 Urheber kann nur sein, wer das Werk selbst erschaffen hat (Schöpferprinzip). Die Urheberschaft von Personen, die nicht zugleich Schöpfer des Werkes sind, führt zu schwerwiegenden kollisionsrechtlichen Problemen bei länderübergreifenden Rechtsstreitigkeiten.205 Neben dem copyright stehen die moral rights; diese umfassen das Recht des Urhebers auf Anerkennung seiner Urheberschaft und das Recht auf Werkintegrität. Das Veröffentlichungsrecht zählt nicht dazu. Leider werden die moral rights nur einer sehr kleinen Gruppe von Werkschaffenden, den bildenden Künstlern, im Copyright Act gewährt.206 Daneben findet moral rights-Schutz über Rechtsinstitute des Vertrags-, Delikts- und Wettbewerbsrechts statt. Den sichersten Schutz erfährt der Urheber, wenn er sich die Rechte bei Veräußerung seines copyright oder der Einräumung von Nutzungsrechten am Werk vertraglich zusichern lässt. Der Begriff „moral rights“ ist in Anlehnung an die französische Bezeichnung droit moral nicht sehr glücklich gewählt, denn durch seine Zweideutigkeit erweckt er den Anschein, moralische Wertungen in das Recht einzubringen, und steht so einer Anerkennung persönlicher Rechte entgegen.207 Besser wäre daher die Verwendung des Terminus personal rights.208 Dies ist wohl ein Grund, warum der Begriff moral rights in keinem amerikanischen Gesetz zu finden ist. Trotz allem ist die Bezeichnung moral rights für die Rechte zum Schutz der persönlichen Interessen des Urhebers im amerikanischen Recht durchaus üblich.209 Haedicke S. 13. Zu den Anknüpfungsfragen siehe Klass GRUR Int. 2008, 546; Nordemann/ Nordemann, FS Schricker, S. 473, 476 ff.; Skrzipek S. 49 ff. 206 17 U.S.C § 106A. 207 Vgl. dazu a. Shostakovich v. Twentieth Century-Fox Film Corp., 196 Misc. 67, 71 (N.Y. Sup. Ct. 1948): “Is the standard to be good taste, artistic worth, political belief, moral concepts, or what is it to be?”; Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 594. 208 Diesen Begriff gebraucht Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 6 (1988), weil der Terminus moral zweideutig sei. Für diese Übersetzung spricht sich auch Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1472 (2004) aus. 209 Z.B. Camber 73 Fla. Bar J. 69 (1999). 204 205
1. Kapitel: Die moral rights
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Die moral rights existieren auf Grund ihres rein persönlichkeitsrechtlichen Charakters unabhängig vom copyright. Sie sind nicht wie das deutsche Urheberpersönlichkeitsrecht Teil des Urheberrechts. Insofern besteht ein dualistisches Schutzsystem. Die Rechte dienen einerseits der Schaffung eines Klimas der Wertschätzung und gesellschaftlichen Anerkennung, welches für den Urheber einen Anreiz zur oft beschwerlichen Schöpfung von Werken bieten soll.210 Die Gewährung von moral rights ist gerechtfertigt, weil der Urheber während des Schaffensprozesses einen Teil seiner Persönlichkeit in das Werk einbringt.211 Der Schutz des Ansehens des Urhebers ist daher eine zentrale Schutzaufgabe. Andererseits zielen die Rechte darauf ab, Werke von gesamtgesellschaftlichem Wert zu erhalten. Durch die Einflussnahme der Wirtschaft haben die gesetzlich geregelten moral rights für bildende Künstler einen vermögensrechtlichen Charakter erhalten. Besonders deutlich wird diese Ausgestaltung durch die gesetzlichen Regelungen, welche die Verzichtbarkeit der Rechte gestatten212 und die Anwendbarkeit der fair-use-doctine ermöglichen.213 Anzumerken ist, dass dem Werkschöpfer und seinen persönlichen Interessen im copyright law eine sehr schwache Stellung eingeräumt wird. Durch die Übertragbarkeit des copyright werden die Rechte an den Werken bei der Industrie konzentriert. Die Rechte verschaffen dieser eine starke nationale und internationale Machtstellung, welche wiederum die Einflussnahme auf die Wirtschaftspolitik der USA ermöglicht. Deshalb verwundert es kaum, dass deren starke Lobby bislang die umfassende gesetzliche Regelung von moral rights nicht nur auf nationaler Ebene verhindern konnte.
210 211 212 213
Martin v. City of Indianapolis, 982 F. Supp. 625, 629 f. (S.D. Ind. 1997). Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 71 F.3d 77, 81 (2d Cir. 1995) 17 U.S.C. § 106A (e). 17 U.S.C. § 106A (a) i.V.m. § 107.
2. Kapitel: Das right of integrity A. Einleitung Das Recht auf Werkintegrität erfährt im amerikanischen Recht in einem Teilbereich, dem der bildenden Kunst, durch das copyright law und Spezialgesetze der Einzelstaaten eine gesetzliche Regelung. Daneben ziehen die Gerichte andere Rechtsinstitute, wie z.B. das Wettbewerbs- und Deliktsrecht heran, um die Schutzlücken im Gesetzesrecht zu schließen. Diese Anspruchsgrundlagen haben jedoch primär andere Zielsetzungen und sind dementsprechend ausgestaltet. Zum Schutz der Werkintegrität eignen sie sich daher nur bedingt. Da es von den Gegebenheiten des Einzelfalls abhängt, welche Rechtsinstitute angewendet werden können, wirkt der Schutz willkürlich. Eine Analyse des case law wird dies eindrücklich zeigen. Das zweite Kapitel ist den einzelnen Möglichkeiten zum Schutz der Werkintegrität gewidmet. Im Vordergrund der Untersuchung steht das Bundesgesetz VARA. Dabei interessiert vor allem wie die Gerichte, die in den USA für die Interpretation und Weiterentwicklung des Gesetzesrechts verantwortlich sind, die integritätsschützenden Normen anwenden und „ausbauen“. Die Häufung der nach den Vorgaben des VARA getroffenen Gerichtsentscheidungen in den letzten 15 Jahren belegt ein wachsendes Bewusstsein der Urheber für ihre persönlichen Rechte.214 Eine Darstellung und Auseinandersetzung mit den Gesetzen der Einzelstaaten schließt sich an; diese bieten teilweise einen weitergehenden Integritätsschutz als das VARA und schließen so entscheidende Schutzlücken. Danach werden die alternativen Schutzmechanismen über das copyright, das Vertrags-, Wettbewerbs- und Deliktsrecht beleuchtet, wobei
So bereits im Jahr 1999 Camber 73 Fla. Bar J. 69 (1999): “In the last few years, artists have become aware of their right to prevent destruction and mutilation of their work. As a consequence, there has been a flurry of interest in pursuing VARA claims, and several reported decisions interpreting VARA.” 214
2. Kapitel: Das right of integrity
227
sich die Frage stellt, ob eine Weiterentwicklung dieses Schutzes überhaupt sinnvoll ist. Die Gerichte besinnen sich jedenfalls wieder verstärkt auf die eigentliche Funktion und Aufgabe der Rechtsinstitute.
B. Der Werkintegritätsschutz des VARA I. Das Visual Artists Rights Act Das VARA215 gewährt ausschließlich bildenden Künstlern (visual artists) „moral rights“. Der amerikanische Gesetzgeber hat die Rechte nicht als moral rights bezeichnet,216 dennoch ist allgemein anerkannt, dass sie einen entsprechenden Schutz bieten.217 Ein Vergleich mit dem Wortlaut des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ legt diese Einordnung ebenfalls nahe.218 Die Schöpfer von literarischen, musikalischen und dramatischen Werken sowie Filmwerken sind weiterhin auf andere Schutzmechanismen des amerikanischen Rechts angewiesen. Insofern unterscheidet sich das amerikanische Bundesgesetz von den moral rightsGesetzen anderer common law-Länder. Kanada, Großbritannien und Australien bieten den Urhebern fast aller Werkarten Schutz.219 Das Gesetz beinhaltet das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft 220 und das Recht auf Werkintegrität.221 Der Integritätsschutz
Gesetz vom 01.12.1990, in Kraft getreten am 01.06.1991. Das VARA nennt sie nur “rights of attribution and integrity”, vgl. 17 U.S.C. § 106A (a). 217 H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6917; vgl. a. Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 852 F. Supp. 228, 232 (S.D.N.Y. 1994): “VARA grants artists certain rights known as ‘droit moral’ or moral rights.”; Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 313 (S.D.N.Y. 1994): “In passing VARA Congress for the first time provided for protection of artists’ moral rights”. 218 A.A. Adeney Rn. 15.02. Sie ist der Meinung, dass die RBÜ zwar den Anstoß für die Einführung der Rechte gab, aber sich deren Existenz und Ausgestaltung nicht auf die RBÜ zurückführen lässt. Dieser Ansicht ist zu widersprechen. 219 Z.B. §§ 77 (1), 80 (1) CDPA of 1988. 220 17 U.S.C. § 106A (a) (1) und (2). 221 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) und (B). Der Urheber hat aber nicht das Recht sein Werk fertigzustellen (right to complete), Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 329 (S.D.N.Y. 1994); Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 535 (S.D.N.Y. 2001). 215 216
228
2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
ist in 17 U.S.C. § 106A (a) (3) geregelt, auch wenn sich dies nicht ausdrücklich aus dem Gesetz ergibt.222 Die Rechte stehen dem Künstler zu, sobald sein Werk der bildenden Künste geschaffen ist.223 Das Integritätsrecht ermöglicht den bildenden Künstlern, ihr Ansehen zu bewahren und die von ihnen geschaffenen Originalwerke zu erhalten. Dahinter steht aber weniger die Intention des Gesetzgebers, das Werk als Teil der Persönlichkeit des Künstlers zu schützen. In erster Linie bezweckt das Gesetz – ganz nach Maßgabe von Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8 der US-Verfassung – die Förderung und Erhaltung von nationaler Kunst.224 Da es sich bei Werken der bildenden Kunst in der Regel um Unikate handelt, hat ihr Schutz im gesamtgesellschaftlichen Interesse oberste Priorität.
II. Die allgemeinen Schutzvoraussetzungen 1. Die geschützten Werkarten
Das VARA erfasst im Prinzip nur Originalwerke der bildenden Künste. In den Genuss von gesetzlichem Integritätsschutz kommen daher wenige Urheber. Eine Definition, was ein Werk der bildenden Kunst ist, findet sich in 17 U.S.C. § 101 („work of visual art“); aus der Norm ergeben sich zwei Prüfungspunkte.225 Erste Voraussetzung ist, dass das betreffende Werk unter die positive Auflistung der erfassten Werkarten subsumiert werden kann. Ist dieses nicht aufgelistet, so genießt es von vorne herein keinen Schutz.226 In einem weiteren Vgl. aber H.R. Rep. No. 101-514, 6 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6917, 6924; Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 706 (2005). 223 Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 706 (2005). 224 Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1485 (2004): “With [the decision] Flack, a picture begins to emerge that VARA protects not so much the artist’s reputation as it protects a very limited body of worthwhile artistic work.”; a.A. Dieselhorst GRUR Int. 1992, 902, 907. 225 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 71 F.3d 77, 84 (2d Cir. 1995); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 24 (S.D.N.Y. 2003); Baucks ZUM 1992, 72, 73. 226 Nicht erfasst sind Puppen und Kostüme: Gegenhuber v. Hystopolis Prods., Inc., 1992 U.S. Dist. LEXIS 10156, 1, 11 (N.D. Ill. 1992); law reviews: Choe v. Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp. 44, 49 (S.D.N.Y. 1995); literarische Werke: Shaw v. Rizzoli Int’l Publ’ns Inc., 1999 U.S. Dist. LEXIS 3233, 1, 25 222
2. Kapitel: Das right of integrity
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Schritt gilt es zu ermitteln, ob das positiv erfasste Werk nicht doch auf Grund der Negativliste vom Schutzbereich ausgenommen ist. Der Anwendungsbereich wurde vom Kongress bewusst derart eng gestaltetet; eine Erweiterung des Schutzbereiches durch eine weite Auslegung der Werke, die als visual art gelten, verbietet sich daher.227 Werke, die eine massenhafte Verwertung zulassen, sollten weiterhin im Interesse der Industrie uneingeschränkt nutzbar sein. Infolgedessen sind Werke, die kommerziell verwertbar sind oder die einem Gebrauchszweck dienen, nicht durch das VARA geschützt. 1.1. Die Werke der bildenden Kunst
Zu den Werken der bildenden Kunst228 zählen Malereien, Zeichnungen, Drucke, Plastiken und Skulpturen, sowie „unbewegte“ fotografische Abbildungen,229 vorausgesetzt letztere wurden rein zu Ausstellungszwecken geschaffen.230 Von diesen Werken darf ein Original Fn. 14 (S.D.N.Y. 1999); Kettenburg v. Univ. of Louisville, 2005 U.S. Dist. LEXIS 12170, 1, 5 (W.D. Ky. 2005); elektronische Publikationen/Websites: Ganjavi v. Smith, 2007 U.S. Dist. LEXIS 57332, 1, 8 (N.D. Ill. 2007); ortsbezogene Kunst: Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 459 F.3d 128, 143 (2006); Entwurf einer Trophäe: NASCAR v. Scharle, 356 F. Supp. 2d 515, 529 (E.D. Pa. 2005); Notizkarten und Lithographien: Lee v. A.R.T Co., 125 F.3d 580 (7th Cir. 1997). 227 “We will not read into VARA that which Congress has evidently chosen to leave out, for, having included extensive categories of work that do or do not constitute ‘visual art’, Congress could have included works such as puppets, costumes and sets if it desired to afford them the protections of section 106A.”, Gegenhuber v. Hystopolis Prods., Inc., 1992 U.S. Dist. LEXIS 10156, 1, 11 (N.D. Ill. 1992); so a. Camber 73 Fla. Bar J. 69 (1999); VerSteeg 67 Wash. L. Rev. 827, 837 (1992). 228 17 U.S.C. § 101 (“work of visual art”) (1) und (2). 229 Was genau ein “still potographic image” sein soll, ist unklar. Wahrscheinlich sollte der Gegensatz zu den vom VARA ausgeschlossenen Filmwerken verdeutlicht werden; vgl. Lilley v. Stout, 384 F. Supp. 2d 83, 86 (D.D.C. 2005). Das fertige Foto und/oder das Negativ können unter dem VARA geschützt sein. Es ist jeweils eine gesonderte Feststellung zu treffen. 230 Fraglich ist, wann ein fotografisches Werk nur zu Ausstellungszwecken geschaffen wurde. Vermutlich ist dieses Kriterium nicht erfüllt, wenn ein Künstler ein Werk, ohne einen bestimmten Verwendungszweck vor Augen zu haben, schafft, an ein Museum verkauft und dieses es dann ausstellt. Das Merkmal wurde eingefügt um Schnappschüsse vom Anwendungsbereich auszunehmen und so den Anwendungsbereich des VARA eng zu halten. Es darf aber nicht so eng verstanden werden, dass ein kommerzieller Verwendungszweck keine Rolle spielen darf, siehe dazu Lilley v. Stout, 384 F. Supp. 2d 83, 87 ff. (D.D.C. 2005); Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 952, 977 (1990); VerSteeg 67 Wash. L. Rev. 827, 840 f. (1992).
230
2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
oder eine limitierte Auflage von 200 oder weniger Werkstücken existieren.231 Die Werkstücke müssen vom Urheber fortlaufend nummeriert und signiert, bzw. im Falle von Plastiken und Skulpturen so gekennzeichnet sein, dass der Urheber eindeutig identifizierbar ist. In der Praxis sind Drucke, Skulpturen und Plastiken in limitierten Auflagen durchaus üblich. Diese werden oft an Hand von Druckplatten, Gussformen, Modellen etc. von Anfang an in einer bestimmten Stückzahl hergestellt. Daher gibt es nicht ein Original, sondern eben eine bestimmte Anzahl von Drucken, Abgüssen usw., die alle den Status eines Originalwerkes haben. Malereien und Zeichnungen sind hingegen regelmäßig Unikate. Limitierte Auflagen werden dennoch selten vom Anwendungsbereich erfasst sein, weil es sehr unwahrscheinlich erscheint, dass ein Künstler alle seine Werkstücke fortlaufend nummeriert und signiert.232 Folglich sind Vervielfältigungen eines Werkes grundsätzlich nicht vom Schutzbereich erfasst.233 Nur als Teil von limitierten Auflagen werden „Reproduktionen“ wegen ihres Originalcharakters ausnahmsweise geschützt. Die Begrenzung auf 200 Werkstücke ist völlig willkürlich gewählt. Diese Zahl korrespondiert nicht mit der maximal möglichen Anzahl an Reproduktionen durch ein bestimmtes Herstellungsverfahren.234 Ziel war eindeutig, massenhaft produzierte Werkkopien, die eben nicht einem Originalwerk gleichstellt werden können, vom Schutz
17 U.S.C. § 101 (“work of visual art”) (1) und (2). Nicht als Zeichnungen im Sinne des Gesetzes wurden deshalb Entwurfszeichnungen für eine Trophäe angesehen, da von ihnen nicht nur ein Original bzw. eine limitierte Auflage, sondern zahlreiche Versionen existierten, um ein optimales Design zu erreichen, NASCAR v. Scharle, 356 F. Supp. 2d 515, 528 f. (E.D. Pa. 2005). 232 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 952 (1990). 233 Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 14 f. (S.D.N.Y 2003); Nogueras v. Home Depot, PR Holding, Inc., 330 F. Supp. 2d 48, 51 (D. Puerto Rico 2004). Diese Fälle zeigen deutlich den Unterschied zum Urheberpersönlichkeitsschutz. Das VARA schützt keine Vervielfältigungen des Originals, die nicht nummeriert und signiert sind. Ganz im Gegensatz zu den Gesetzen einzelner Bundesstaaten, vgl. Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 136 f. (S.D.N.Y. 1990). Zum Vervielfältigungsschutz siehe a. Adeney Rn. 16.14; Baucks ZUM 1992, 72, 73. 234 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 976 (1990). 231
2. Kapitel: Das right of integrity
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auszunehmen.235 Der Kongress erörterte merkwürdigerweise nicht, ab welcher Stückzahl Massenproduktion beginnt. Obwohl Bearbeitungen (derivative works) 236 von Werken der bildenden Kunst nicht ausdrücklich in 17 U.S.C. § 101 („work of visual art“) genannt sind, spricht nichts dagegen, diese in den Schutzbereich mit einzubeziehen.237 Sie sind ebenso originale Schöpfungen, deren Schutz das VARA in erster Linie bezweckt.238 Das Werk der bildenden Kunst kann aus mehr als einem Bestandteil bestehen, wobei die einzelnen Teile zu einander in Beziehung stehen oder zusammenhängen müssen, z.B. auf Grund ihrer Thematik239. Ein Park, der einen Skulpturengarten eines einzigen Künstlers enthält, kann daher Integritätsschutz genießen.240 In der Entscheidung Phillips v. Prembroke Real Estate, Inc.241 wurde ortsbezogene Kunst (site-specific art), bei der Ort oder Umfeld Teil des Kunstwerkes sind, vom Anwendungsbereich des VARA ausgenommen. Diese Auslegung des VARA stößt auf vielseitige Kritik; ortsbezogene Kunstwerke werden von vielen Fachleuten als eindeutig vom Gesetz erfasst angesehen, da diese auch aus mehreren, zusam-
Dies bestätigt die Entscheidung Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 15 (S.D.N.Y 2003) [“There is no indication that in passing VARA Congress meant to penalize purchasers of mass-produced posters who treated them with less than the respect due to the original works of art.”] 236 17 U.S.C. § 101 (“derivative work”). 237 Adeney Rn. 16.30 f. 238 Zum Merkmal der Originalität siehe S. 222, 302 f. 239 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 314 f. (S.D.N.Y. 1994); 71 F.3d 77, 83 f. (2d Cir. 1995); Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 628 (S.D.N.Y. 1995); English v. BFC & R East 11th St. L.L.C., U.S. Dist. LEXIS 19137, 1, 9 (S.D.N.Y. 1997); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 97 ff. (D. Mass. 2003); 459 F.3d 128, 137 Rn. 6 (2006); Camber 73 Fla. Bar J. 69 (1999). 240 English v. BFC & R East 11th St. L.L.C., U.S. Dist. LEXIS 19137, 1, 9 f. (S.D.N.Y. 1997); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 99 (D. Mass. 2003) [Die Richter lehnten in dem Fall den Schutz eines Skulpturengartens unter dem VARA ab, weil der Park auch Skulpturen anderer Künstler und einige andere nicht vom Künstler selbst geschaffene oder konzipierte Elemente enthielt.] 241 Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 459 F.3d 128, 143 (2006). 235
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
menhängenden Bestandteilen bestehen; ein Teil davon ist eben der Ausstellungsort bzw. die Umgebung.242 Erklären lässt sich dieser Ausschluss durch die Angst, den Eigentümer eines Grundstücks, insbesondere die öffentliche Hand, durch den Schutz von site-specific art in seinem verfassungsmäßigen Recht zu beschneiden, wonach er mit seinem Grund und Boden nach Belieben verfahren kann.243 Diese Befürchtung ist aber unbegründet; denn eigentlich ist den Eigentümerinteressen durch die Möglichkeit des Verzichts (waiver) auf die moral rights in ausreichendem Maße Rechnung getragen worden. Gegen diese Interpretation des VARA spricht jedenfalls die Intention des Gesetzgebers. Laut Kongress dürfen Material und Medium nicht dafür ausschlaggebend sein, ob ein Werk unter die Definition von „visual art“ fällt.244 Hier wird aber gerade das künstlerische Ausdrucksmittel als Ausschlusskriterium verwandt. Im Übrigen hätte der Kongress keine Ausführungen dazu machen müssen, ob die Ortsbezogenheit eines Werkes unter die presentation Ausnahme fällt,245 wenn site-specific art bereits vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgeschlossen wäre.246 Die Ansicht des Gerichts in Phillips v. Prembroke Real Estate, Inc. widerspricht ferner der Intention der copyright-Klausel der Verfassung. Der Anreiz für Künstler zur Schaffung von ortsbezogener Kunst geht ohne Schutz verloren.247 Gerade diese Art von Kunst dient aber in besonderem Maße dem öffentlichen Interesse. Sie befinZ.B. Nordby 35 Fla. St. U.L. Rev. 167, 168, 186 ff. (2007); Robbins 9 Tul. J. Tech. & Intell. Prop. 395, 403 ff. (2007). 243 Vgl. den Fall Serra v. U.S. Gen. Servs. Admin., 664 F. Supp. 798 (S.D.N.Y. 1987); 667 F. Supp. 1042 (S.D.N.Y. 1987); 847 F.2d 1045 (2d Cir. 1988). Der Künstler Richard Serra wurde von der GSA beauftragt eine Skulptur zu schaffen. Diese wurde dann wie geplant auf dem Platz vor einem Gebäudekomplex der GSA aufgestellt. Als die Skulptur von dem Platz wieder entfernt werden sollte, wehrte sich der Künstler dagegen, da er der Ansicht war, die Skulptur werde dadurch zerstört. Im Übrigen berief er sich auf eine vertragliche Vereinbarung, wonach die Skulptur dauerhaft auf dem Platz installiert bleiben sollte. Der Künstler verlor den Prozess. 244 H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6921. 245 Zur Ausnahme des 17 U.S.C. § 106A (c) (2) vom moral rights-Schutz, S. 245 f. 246 “Generally the removal of a work from a specific location comes within the [presentation] exclusion because the location is a matter of presentation.”, H.R. Rep. No. 101-514 (1990), S. 12, reprinted in 1990 USCCAN 6915. 247 Robbins 9 Tul. J. Tech. & Intell. Prop. 395, 404 (2007). 242
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det sich zumeist im öffentlichen Raum, z.B. in Grün- und Parkanlagen und an öffentlichen Plätzen.248 Prinzipiell ist der Ausschluss somit nicht gerechtfertigt. Mit der Entscheidung Phillips v. Prembroke Real Estate, Inc. hat sich bislang ein einziges Gericht mit der Problematik auseinandergesetzt. Andere Gerichte, die nicht dem First Circuit249 angehören, sind nicht an die Entscheidung gebunden, weshalb abzuwarten bleibt, wie diese das Gesetz auslegen. Der Vorschlag einer Sonderregelung für site-specific art – vergleichbar mit der Ausnahmeregelung in 17 U.S.C. § 113 (d) für Hauseigentümer – scheint die beste Möglichkeit, den Interessen aller Beteiligter gerecht zu werden.250 1.2. Die vom Anwendungsbereich ausgenommenen Werke
Nicht als work of visual art gelten Plakate,251 Landkarten, Stadtpläne und Übersichtstafeln, Globen, Graphiken, Schaubilder und Tabellen, technische Zeichnungen,252 Diagramme, Vorlagen, Muster und Modelle,253 angewandte Kunst,254 Filme oder andere audiovisuelle Werke, Robbins 9 Tul. J. Tech. & Intell. Prop. 395, 404 (2007). In den USA sind die Gerichte bestimmten Gerichtsbezirken zugeordnet, für die jeweils ein Appellationsgericht zuständig ist; dessen Entscheidungen sind nur für die ihm zugeordneten Gerichte bindend. 250 Garson 11 Cornell J. L. & Pub. Pol’y 203, 240 ff. (2001). Zur Ausnahmeregelung des 17 U.S.C. § 113 (d), S. 257 f. 251 Zum Begriff “poster”, Pollara v. Seymour, 206 F. Supp. 2d 333, 337 Fn. 8 (N.D.N.Y. 2002); siehe a. Peker v Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 222 (E.D.N.Y. 2000); Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 14 (S.D.N.Y 2003). 252 Die Entwurfszeichnungen für eine Trophäe sind aus dem Anwendungsbereich des VARA ausgenommen, das sie entweder als technische Zeichnungen oder als Modelle einzuordnen sind, NASCAR v. Scharle, 356 F. Supp. 2d 515, 529 (E.D. Pa. 2005). 253 Der Begriff “model” hat zwei Bedeutungen. Ein Modell kann eine kleinere Kopie oder Nachahmung eines bereits bestehenden Objekts sein. Ein Modell kann aber auch eine Art Entwurf oder Plan für ein größeres, noch zu schaffendes Objekt sein. Dem H.R. Rep. ist zu entnehmen, dass die Standards der Künstlergemeinschaft gekoppelt mit dem gesunden Menschenverstand entscheidend sind, um zu entscheiden, ob ein Werk unter das VARA fällt (vgl. H.R. Rep. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6921). So wird in Künstlerkreisen ein Modell aus Ton oder Wax, was zur Herstellung eines größeren Kunstwerkes dient, als eigenes Kunstwerk angesehen und des Öfteren öffentlich ausgestellt. Im Ergebnis ist ein derartiges Modell also nicht vom Anwendungsbereich des VARA 248 249
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Bücher, Magazine, Zeitungen, Zeitschriften, Datenbanken, elektronische Informationsdienste, elektronische Publikationen oder vergleichbare Veröffentlichungen, Merchandising Artikel, Werbe-,255 Verkleidungs- und Verpackungsmaterial oder dazu dienende Gefäße und Behältnisse.256 Im Übrigen werden Teile dieser Werkarten nicht als bildende Kunst geschützt.257 Werke, die in einem Angestellten-, Dienst- oder Auftragsverhältnis geschaffen wurden (works-made-for-hire), fallen ebenfalls nicht in den Schutzbereich.258 Ohne eine derartige Regelung könnten auf Grund ausgeschlossen, Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 532 ff. (S.D. N.Y. 2001); siehe a. NASCAR v. Scharle, 356 F. Supp. 2d 515, 529 (E.D. Pa. 2005). 254 “Applied art” meint zwei- und dreidimensionale Verzierungen (bzw. Dekor), die an Gebrauchsgegenständen angebracht sind, vgl. Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 315 (S.D.N.Y. 1994); siehe a. Kieselstein-Cord v. Accessories by Pearl, Inc., 632 F.2d 989, 997 (2d Cir. 1980), Adeney Rn. 16.21. Das VARA schützt allerdings Kunstwerke, die angewandte Kunst integrieren, Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 315 f. (S.D.N.Y. 1994); Camber 73 Fla. Bar J. 69 (1999). 255 Zur Definition von “advertising”, Martin v. City of Indianapolis, 982 F. Supp. 625, 631 f. (S.D. Ind. 1997); Pollara v. Seymour, 206 F. Supp. 2d 333, 337 (N.D.N.Y. 2002); 344 F.3d 265, 270 f. (2d Cir. 2003): “Congress chose to exclude from the scope of VARA all advertising and promotional materials, regardless of whether the thing being promoted or advertised was a commercial product or … weather the work being used to promote or advertise might otherwise be called a painting, drawing or sculpture.” [eine andere Ansicht vertritt Richter Gleeson (siehe Minderheitsvotum auf S. 271 f.), der darauf hinweist, dass ein Kunstwerk, das ursprünglich zu Werbezwecken geschaffen wurde mit der Zeit durchaus anerkannte Qualität erlangen kann und deshalb seine Eigenschaft als bloßes Werbeobjekt verliert]; Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 14 (S.D.N.Y 2003); Nogueras v. Home Depot, PR Holding, Inc., 330 F. Supp. 2d 48, 51 (D. Puerto Rico 2004). 256 17 U.S.C. § 101 (“work of visual art”) (A) (i) und (ii). Zu den ausdrücklich ausgeschlossenen Werkarten, Adeney Rn. 16.18 ff. 257 17 U.S.C. § 101 (“work of visual art”) (A) (iii) 258 17 U.S.C. § 101 (“work of visual art”) (B) und (“work made for hire”). Mit der work made-for-hire-doctrine wird nichts anderes beschrieben als die common law agency doctrine. Für die Unterscheidung, ob eine Partei Angestellter oder Selbständiger ist, sind mehrere Kriterien ausschlaggebend (vgl. “Reid test”) Demnach ist entscheidend, ob die angestellte Partei das Recht hat die Art und Weise der Herstellung zu bestimmen, insofern also künstlerische Freiheit besitzt. Weiter ist zu prüfen, welche Fähigkeiten und fachlichen Qualifikationen erforderlich sind, um das Werk zu schaffen. Auch die Leistungen des Arbeitgebers sind entschei-
2. Kapitel: Das right of integrity
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der work-made-for-hire-doctrine juristische Personen moral rightsSchutz erlangen.259 Diese hat aber gleichzeitig den negativen Effekt, dass die Arbeit- oder Auftragsnehmer als die eigentlichen Schöpfer des Werkes keine persönlichen Rechte am Werk haben. Weitere Voraussetzung ist der copyright-Schutz des Kunstwerkes.260 Bei dem betreffenden Werk muss es sich um eine originäre Schöpfung des Urhebers handeln (original work of authorship).261 Dazu bedarf es einer wie auch immer gearteten Verkörperung (in any tangible medium of expression), so dass Dritte das Werk wahrnehmen können.262 Ein Werk, das Originalität besitzt, muss nicht durch Neuheit, Einzigartigkeit und Einfallsreichtum glänzen, sondern vielmehr eine eigene, unabhängige Schöpfung des Urhebers darstellen.263 Das Merkmal „original“ impliziert daher ein sehr geringes Maß an Kreativität bzw. dend, insb. ob er für die angestellte Partei Versicherungsleistungen zahlt. Des Weiteren ist die steuerliche Behandlung des Angestellten ausschlaggebend. Ein weiteres Kriterium ist, ob die angestellte Partei mit zusätzlichen Projekten des Arbeitgebers beauftragt ist. Ganz wichtig ist, ob der Angestellte das copyright am Werk, z.B. auf Grund einer vertraglichen Abrede besitzt. Daneben existieren noch eine Reihe weiterer Aspekte, die bei der Bewertung beachtet werden müssen, bspw. die Dauer der Geschäftsbeziehung oder die Zahlungsweise, vgl. Cmty. for Creative Non-Violence v. Reid, 490 U.S. 730, 751 f. (1989); Aymes v. Bonelli, 980 F.2d 857, 860 ff. (2d Cir. 1992); Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 852, F. Supp. 228, 233 ff. (S.D.N.Y. 1994); 861 F. Supp. 303, 316 ff. (S.D.N.Y. 1994); 71 F.3d 77, 85 ff. (2d Cir. 1995). Zur Bedeutung von “in scope of employment”, Martin v. City of Indianapolis, 982 F. Supp. 625, 632 ff. (S.D. Ind. 1997). Siehe ausf. zu den Voraussetzungen für das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses nach amerikanischem Recht in Abgrenzung zum deutschen Recht, Hoecht S. 160 ff., ebenso Weiche S. 70. ff. 259 Vgl. 17 U.S.C. § 201 (b). Siehe a. S. 222. 260 17 U.S.C. § 101 (“work of visual art”) (C). Vgl. zu den Voraussetzungen bereits S. 222. 261 17 U.S.C. § 102 (a); Feist Publ’ns, Inc. v. Rural Tel. Serv.Co., Inc., 499 U.S. 340, 345 (1991): “The sine qua non of copyright ist orginality.” 262 17 U.S.C. § 102 (a). 263 Zum Merkmal der Originalität: Feist Publ’ns, Inc. v. Rural Tel. Serv.Co., Inc., 499 U.S. 340, 345 ff. (1991); Batlin & Son, Inc. v. Snyder, 536 F.2d 486, 490 f. (2d Cir. 1976); Durham Indus., Inc., v. Tomy Corp., 630 F.2d 905, 909 f. (2d Cir. 1980); Seemann UFITA 131 (1996), 5, 23 f. Dieses Merkmal erfordert oft ein Urteil des Gerichts über die Ästhetik des Werkes. Allerdings dürften auf Grund der niedrigen Anforderungen an die Gestaltungshöhe, die Gerichte nur selten den copyright-Schutz verweigern, dazu Gorman 25 Colum. J.L. & Arts 1, 3 f. (2001). Das Kriterium ist auch bei der Einordnung eines Werkes als Bearbeitung (derivative work) entscheidend, siehe S. 231, 302 f.
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Gestaltungshöhe.264 Die Vervielfältigung eines Werkes, auch in einem anderen Medium, oder der Nachweis, dass bei der Schaffung des Werkes besondere technische Fähigkeiten ausschlaggebend waren, sind nicht ausreichend, um dem Erfordernis der Originalität genüge zu tun.265 1.3. Die Maßgaben für die Gerichte
Ob ein Werk zu den geschützten Werkarten zählt, ist letztendlich eine Tatsachenfrage,266 welche die Gerichte nach dem gesunden Menschenverstand und generell akzeptierten Standards der Künstlergemeinschaft zu bestimmen haben.267 Dabei dürfen das Ausdrucksmittel und das Material nicht ausschlaggebend sein.268 Die Gerichte müssen sich strengstens an die Vorgaben des Gesetzes halten.269 Der Urheber trägt die Beweislast dafür, dass das VARA auf sein Werk Anwendung findet.270 2. Die Wahrnehmung des Rechts auf Werkintegrität
Die moral rights kann ausschließlich der Schöpfer des Kunstwerkes ausüben. Dabei spielt es keine Rolle, ob er der copyright-Inhaber ist oder nicht.271 Haben mehrere Personen das Werk geschaffen, sind sie gemeinsame Inhaber der persönlichen Rechte.272 Unklar bleibt, ob im Falle des Unvermögens des Urhebers ein Dritter das Integritätsrecht wahrnehmen kann. Dasselbe gilt für den Fall, dass die moral rights nach dem Tod des Urhebers bestehen bleiben.273 Aus den Gesetzesentwürfen lässt sich zumindest schließen, dass nach Feist Publ’ns, Inc. v. Rural Tel. Serv.Co., Inc., 499 U.S. 340, 345 (1991); Batlin & Son, Inc. v. Snyder, 536 F.2d 486, 490 (2d Cir. 1976). 265 Batlin & Son, Inc. v. Snyder, 536 F.2d 486, 491 (2d Cir. 1976). 266 Leicester v. Warner Bros., 232 F.3d 1212, 1216 (9th Cir. 2000). 267 H.R. Rep. No 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6921. 268 H.R. Rep. No 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6921. 269 Gegenhuber v. Hystopolis Prods., Inc., 1992 U.S. Dist. LEXIS 10156, 1, 11 (N.D. Ill. 1992); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 459 F.3d 128, 143, insb. Fn. 12 (2006). 270 H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6923. 271 17 U.S.C. § 106A (b). 272 17 U.S.C. § 106A (b). 273 Vgl. 17 U.S.C. § 106A (d) (2). 264
2. Kapitel: Das right of integrity
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dem Tod des Urhebers die Erben oder Vermächtnisnehmer die Rechte ausüben sollen.274 In § 989 (c) des California Civil Code ist vorgesehen, dass eine Organisation, welche im Bereich der Kunst tätig ist, im öffentlichen Interesse eine Unterlassungsklage (injunctive relief) anstrengen kann, um die Integrität eines Kunstwerkes zu erhalten.275 Diese Möglichkeit ist im VARA nicht gegeben, obwohl sie dem Schutzzweck des Gesetzes, einzigartige Werke für die Öffentlichkeit zu erhalten, durchaus entsprechen würde. 3. Die Schutzdauer
Dem Urheber eines Werkes, das am Tag des bzw. nach in Kraft treten des VARA am 01.06.1991 geschaffen wurde, wird das Recht auf Werkintegrität und das Recht gegen Zerstörung für seine Lebenszeit gewährt.276 Gibt es mehrere Urheber, endet der Schutz mit dem Tod des letzten Urhebers.277 Die Schutzfrist ist ausnahmsweise genauso lange wie die für das copyright – 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers –, wenn das Werk vor dem in Kraft treten des Gesetzes entstanden ist und der Künstler zumindest bis zu diesem Zeitpunkt Inhaber des copyright am Werk war.278 Eine längere Schutzdauer kann in den Gesetzen der Einzelstaaten festgelegt sein. Ihre moral rights-Gesetze werden insofern nicht durch das Bundesgesetz verdrängt.279 Die Beibehaltung des längeren einzelstaatlichen Schutzes wurde sogar als notwendig erachtet, um den Anforderungen von Art. 6bis Abs. 2 RBÜ gerecht zu werden.280 Vgl. die Ausf. bei Adeney Rn. 16.128 f.; Damich 39 Cath. U. L. Rev. 945, 992 (1990); siehe a. H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6920 Fn. 23. 275 Siehe S. 282 f. 276 17 U.S.C. § 106A (d) (1). Krit. zur Schutzdauer Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 969 f. (1990), der darin einen Verstoß gegen Art. 6bis Abs. 2 RBÜ erblickt. 277 17 U.S.C. § 106A (d) (3). 278 17 U.S.C. §§ 106A (d) (2); 302 (a); Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 628 (S.D.N.Y. 1995); Moakly v. Eastwick, 423 Mass. 52, 60 (Mass. Sup. Ct. 1996); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2005 U.S. Dist. LEXIS 9139, 1, 3 (S.D.N.Y. 2005). 279 17 U.S.C. § 301 (f) (2) (C). 280 Adeney Rn. 16.126. 274
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
4. Stellungnahme
Durch die genaue Auflistung der erfassten bzw. nicht erfassten Werke hat der Gesetzgeber eine Ausweitung des Integritätsschutzes auf weitere Werkarten ausdrücklich ausgeschlossen. Das VARA findet nur auf Unikate der bildenden Kunst Anwendung, die sich ohnehin nicht zu einer massenhaften Verwertung eignen. Das Interesse der verwertenden Industrien wird so, wenn überhaupt, marginal beschnitten. Der eigentlichen Zielsetzung des Gesetzes – Förderung und Erhaltung von Kunst im öffentlichen Interesse – steht der enge Schutzumfang eigentlich entgegen. Kommerziell nutzbare Kunstwerke sind für die Gesellschaft oft nicht weniger wertvoll. An dieser Stelle wird aber klar, dass eben nicht das Werk als immaterielles Gut sondern bestimmte Kunstgegenstände geschützt werden sollten.281 Ihre Verpflichtung unter Art. 6bis Abs. 1 RBÜ zur Gewährung von moral rights-Schutz für alle Urheber von „Werken der Literatur und Kunst“282 erfüllen die USA durch die gesetzliche Regelung jedenfalls nicht. Die Ausnahme von Werken, die im Rahmen eines Arbeits- oder Auftragsverhältnisses geschaffen wurden, führt letztendlich ebenso zu einer Verfehlung des Schutzzwecks. Auf Grund des hohen finanziellen Aufwands entstehen viele Werke als Auftragsarbeiten. Die so entstandenen Unikate der bildenden Kunst erfahren keinen gesetzlichen Schutz, obwohl auch sie gesamtgesellschaftlichen Wert besitzen. Gerade weil die Arbeit- und Auftragsnehmer kein copyright an den von ihnen geschaffenen Werken erwerben und insofern völlig rechtlos gestellt sind, hätten sie als die wahren Schöpfer zumindest persönliche Rechte erhalten müssen. Dies entspricht außerdem dem Grundgedanken der RBÜ, dem Schöpfer, der einen Teil seiner Persönlichkeit in das Werk einbringt, besondere Rechte am Werk einzuräumen. Die auf die Lebenszeit des Künstlers begrenzte Schutzdauer widerspricht Art. 6bis Abs. 2 S. 1 RBÜ, wonach die moral rights zumindest so lange wie die wirtschaftlichen Rechte an einem Werk gewährt werden müssen. Sie wird nicht einmal der Ausnahmeregelung des Art. 6bis Abs. 2 S. 2 RBÜ gerecht, welche auf die USA ohnehin keine Anwendung findet; denn Voraussetzung für die Anwendbarkeit der 281 282
Krit. Dieselhorst GRUR Int. 1992, 902, 908 f. Vgl. Art. 1 und 2 RBÜ.
2. Kapitel: Das right of integrity
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Ausnahme ist, dass zum Zeitpunkt der Ratifikation bzw. des Beitritts zur RBÜ eine gesetzliche Regelung zum Schutz von moral rights existierte. Auch erlaubt Art. 6bis Abs. 2 S. 2 RBÜ nur im Hinblick auf einzelne und nicht auf alle moral rights die Schutzdauer auf die Lebenszeit des Urhebers zu beschränken. III. Das Recht, die Veränderung des Werkes zu verhindern, gemäß 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) 1. Der Inhalt des Rechts
Das VARA gewährt bildenden Künstlern das Recht, die Integrität ihrer Kunstwerke – selbst nach deren Veräußerung oder der Einräumung von Verwertungsrechten – zu schützen.283 Die zentrale änderungsrechtliche Vorschrift des Copyright Act in 17 U.S.C. 106A (a) (3) (A) lautet: “… the author of a work of visual art (3) … shall have the right (A) to prevent any intentional distortion, mutilation, or other modification of that work which would be prejudicial to his or her honor or reputation, and any intentional distortion, mutilation, or modification of that work is a violation of that right …”
Demnach hat der Urheber das Recht, jede vorsätzliche Entstellung, Verschandelung oder andere Veränderung seines Werkes zu unterbinden, welche für seine Ehre oder seinen Ruf nachteilig sein könnte. Dem zweiten Halbsatz ist zudem zu entnehmen, dass jede vorsätzliche Werkänderung eine Rechtsverletzung darstellt. Warum diese zusätzliche, scheinbar überflüssige Erläuterung eingefügt wurde, wird im Folgenden noch zu klären sein. Der Wortlaut ist somit eindeutig an Art. 6bis Abs. 1 RBÜ angelehnt, wenn er auch einige Abweichungen enthält.284 Die Veränderung (modification) ist der Oberbegriff für alle Arten von Eingriffen in die Werkintegrität; sie umfasst die Entstellung und die 283 Pollara v. Seymour, 344 F.3d 265, 269 (2d Cir. 2003); Scott v. Dixon, 309 F. Supp. 2d 395, 400 (E.D.N.Y. 2004); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 459 F.3d 128, 143 (2006) [“In other words, theses moral rights protect what an artist retains after relinquishing ownership (an/or copyright) of the tangible object that the artist has created.”] 284 Dieselhorst S. 72.
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Verschandelung als sehr starke Eingriffsformen.285 Dies erschließt sich aus dem Wortlaut und der Satzkonstruktion („… or other modification of that work“). Eine Differenzierung im Einzelfall ist nicht erforderlich – diese wird von den Gerichten ebenfalls nicht vorgenommen –, da die Ansprüche, die der Künstler im Falle einer Rechtsverletzung hat, für alle Werkänderungen dieselben sind.286 Der Urheber kann physische Veränderungen des verkörperten Werkes verhindern, nicht aber Veränderungen des Kontextes oder Umfelds. Das bewusste Abweichen vom Wortlaut der RBÜ legt diese Auslegung nahe; dort ist festgelegt, dass sich der Urheber gegen andere, für das Werk nachteilige Handlungen (other derogatory action) wehren kann. Für die Interpretation spricht ferner die Intention des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich der Norm möglichst eng zu halten. Dennoch wäre es theoretisch möglich, Umfeldveränderungen als „andere Veränderungen“ aufzufassen.287 Bedauernswerterweise finden sich dazu keine Präzedenzfälle. Das Erfordernis eines Nachteils für die Ehre oder den Ruf des Urhebers zeigt erneut den Wunsch einer konformen Umsetzung des Art. 6bis Abs. 1 RBÜ. Über das Kriterium finden die persönlichen Interessen des Urhebers besondere Beachtung.288 Das VARA enthält selbst keine Definition der Begriffe „prejudical“, „honor“ oder „reputation“. Der Gesetzgeber wollte der Rechtsprechung auf diese Weise ermöglichen, eine im Einzelfall sachgerechte Entscheidung zu treffen.289 In dem Fall Carter v. Hemsley-Spear, Inc. sah sich das Gericht deshalb dazu aufgerufen, die Begriffe auszulegen.290 Die Jones 8 Comp. L. Rev. & Tech. J. 355, 387 (2005). Als ein Bsp. für eine Entstellung sei die nicht fachgerechte Herstellung einer Gussform zur Reparatur einer Bronzeskulptur genannt, Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 530 (S.D.N.Y. 2001). 287 Adeney Rn. 16.67 Fn. 109. Siehe a. Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1437 f. (1989). 288 Adeney Rn. 16.68. 289 H.R. Rep. No. 101-514 (1990), S. 15, reprinted in 1990 USSCAN 6915. 290 Dabei ist wie im deutschen Recht der Wortlaut der Norm Ausgangspunkt für die Interpretation. Daneben sind der Sinn und Zweck der Norm, die Historie und die Einordnung der Norm im Gesetz entscheidend. Die Auslegung nach dem Wortlaut darf dabei nicht der Intention des Gesetzgebers zu wider laufen; vgl. Samuels, Kramer & Co. v. Comm’r of Internal Revenue, 930 F.2d 975, 979 (2d Cir. 1991); Botello v. Shell Oil Co., 229 Cal. App. 3d 1130, 1135 (1991); Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 532 (S.D.N.Y. 2001). 285 286
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Tatbestandsmerkmale wurden dabei nicht als zu unbestimmt bewertet.291 Als nachteilig (prejudicial) gilt eine Veränderung, wenn sie infolge der Beurteilung eines anderen verletzend oder schädigend wirkt.292 Unter Ehre (honor) wird der gute Name oder die öffentliche Wertschätzung einer Person verstanden.293 Der Begriff „reputation“ umfasst dagegen den Zustand als wert- oder verdienstvoll zu gelten.294 Die Ehre oder der Ruf kann sich aus dem Werk oder der künstlerischen Tätigkeit ergeben.295 Der Künstler braucht daher keinen bereits bestehenden Stand in der Künstlergemeinschaft nachzuweisen, so dass auch junge und unbekannte Künstler ein schützenswertes Ansehen genießen können.296 Folglich prüft das Gericht, ob die Änderung des Werkes das öffentliche Ansehen des Künstlers verletzt oder schädigt.297 Dabei muss es sich im Regelfall Sachverständiger bedienen.298 Entscheidend dürfte Die Bekl. hatten noch vor dem Prozess argumentiert, dass das VARA, insb. die Begriffe honor, reputation und stature, zu unbestimmt und deshalb verfassungswidrig seien. Allerdings stützten sich die Bekl. später nicht mehr auf das Argument. Dennoch nahm der Richter Edelstein darauf Bezug. Seiner Meinung nach sind die Begriffe allgemein gebräuchlich, ihre Bedeutung kann leicht verstanden werden und sollte allen Parteien ersichtlich sein. Das VARA sei flexibel und angemessen weit gestaltet; jedenfalls sei es nicht verfassungswidrig, vgl. Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 323, 326 Fn. 14 (S.D.N.Y. 1994). 292 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 323 (S.D.N.Y. 1994). 293 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 323 (S.D.N.Y. 1994). 294 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 323 (S.D.N.Y. 1994). 295 “An author need not prove a pre-existing standing in the artistic community. The Committee appreciates that less well-known or appreciated artists also have honor and reputations worthy of protection”; “The Committee believes that the best approach to construing the term ‘honor or reputation’… is to focus on the artistic or professional honor or reputation of the individual as embodied in the work that is protected…The formulation for determining whether harm to honor or reputation exists must of necessity be flexible”, H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCAAN, 6915, 6925; Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 328 (S.D.N.Y. 1994). 296 Camber 73 Fla. Bar J. 69, 70 (1999). 297 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 323 (S.D.N.Y. 1994). Dabei trifft das Gericht wohl ein Urteil darüber, ob es sich um einen guten oder durchschnittlichen Künstler oder eben um keinen Künstler handelt, krit. dazu Gorman 25 Colum. J.L. & Arts 1, 11 (2001). 298 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 323 f. (S.D.N.Y. 1994). 291
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die Wahrnehmung des veränderten Werkes durch die Öffentlichkeit sein, denn diese ist per Definition Voraussetzung eines Nachteils für die Ehre oder den Ruf des Urhebers.299 Die konditionale Konstruktion „would be prejudical“ dient der Verdeutlichung, dass der Schaden zum Zeitpunkt der Verletzungshandlung nicht unbedingt eingetreten sein muss; die Wahrscheinlichkeit eines zukünftigen Schadenseintritts genügt. Vorbild für diese Ausgestaltung waren die Gesetze der Einzelstaaten, so heißt es z.B. in § 14.03 des New York Artists’ Authorship Rights Act „reasonably likely to result in damage to reputation“ oder in Ch. 597.740 (1) des Nevada Rev. Stat. Ann. „if damage to the reputation of an artist is reasonable foreseeable“. Für den Künstler ist das von großem Vorteil. Er kann Ansprüche auf Grund der Rechtsverletzung ohne einen tatsächlichen Schaden für sein Ansehen geltend machen, solange er nur die Wahrscheinlichkeit einer zukünftigen Schädigung glaubhaft macht.300 Durch den weiten Terminus „to prevent“ – zu deutsch „verhindern“ – im ersten Halbsatz wird klargestellt, dass der Künstler im Falle einer (drohenden) Rechtsverletzung die Option hat, eine (vorbeugende) Unterlassungsklage anzustrengen.301 Aus dem zweiten Halbsatz ergeben sich die Anforderungen an eine Rechtsverletzung und in der Folge für die anderen Ansprüche, wie z.B. Schadensersatz. Da im zweiten Halbsatz das Erfordernis eines Nachteils für das Ansehen des Urhebers fehlt, stellt sich die Frage, ob die Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs höhere sind als für einen Schadensersatzanspruch.302 Das Fehlen der Anspruchsvoraussetzung ist als bloßes Redaktionsversehen zu werten, welches durch den eindeutigen Bezug zum ersten Teil – diesen stellt das Wort „that“ her – keine rechtlichen Folgen hat. Redaktionsversehen sind in amerikanischen Gesetzen nicht unüblich; viele juristische Laien sind an dem Entwurf eines Gesetzes beteiligt, welche terminologische Feinheiten leider nicht beachten.303 Der 299 300 301 302 303
Dieselhorst S. 72 f. Adeney Rn. 16.63. Adeney Rn. 16.65. Zur Auslegung des zweiten Halbsatzes, Federle S. 112 Fn. 153. Adeney Rn. 16.65 Fn. 107.
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Gesetzgeber wollte verhindern, dass auf Grund des Begriffs „prevent“ der Eindruck entsteht, der Urheber könne sich nur bei drohenden Veränderungen auf sein Recht berufen. Deshalb hat er durch die Einfügung des zweiten Halbsatzes nochmals das Recht des Urhebers, Ansprüche bei bereits eingetretenen Veränderungen geltend zu machen, bestätigt.304 Für diese Auslegung spricht ebenso, dass die USA den Anwendungsbereich des Integritätsrechts sicher nicht weiter als in der RBÜ ziehen wollten; dort ist eine Schädigung des Ansehens immer Voraussetzung einer Rechtsverletzung.305 Der Urheber wird lediglich vor vorsätzlichen (intentional) Werkänderungen geschützt. Eine Änderung, die nachteilig für die Ehre oder den Ruf des Urhebers ist, aber ohne Vorsatz, grob fahrlässig oder fahrlässig herbeigeführt wurde, führt nicht zu einer Rechtsverletzung. Diese Einschränkung wird zwar auch in einigen Gesetzen der Einzelstaaten gemacht. Sie findet sich aber weder in Art. 6bis Abs. 1 RBÜ noch in den moral rights-Regelungen anderer common law-Länder wieder.306 Was unter Vorsatz zu verstehen ist, definiert das Gesetz nicht. Darunter fällt jedoch nicht die grobe Fahrlässigkeit. Dies ergibt ein Umkehrschluss aus 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (B). In der Regelung sind Vorsatz (intention) und grobe Fahrlässigkeit (gross negligence) als unterschiedliche Verschuldensformen genannt. Auch die Autorisierung (authorization) oder das Beitragen zu einer Verletzungshandlung (contributory infringement) führen zu einer Rechtsverletzung. Eine diesbezügliche Regelung existiert nicht; es gibt allerdings keinen Grund, warum diese allgemeinen Rechtsprinzipien keine Anwendung finden sollten.307 Der Urheber hat nicht das Recht gegen indirekte Verletzungshandlungen, wie das Ausstellen und den Verkauf des entstellten oder veränderten Werkes, vorzugehen, obwohl gerade diese dem Ansehen des Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 961 (1990). Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 961 (1990). 306 Vgl. Ricketson/Ginsburg Rn. 10.22, S. 603. 307 Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526 (S.D.N.Y. 2001). In dem Fall wurde ein Angestellter mit der Reparatur einer Bronzeskulptur beauftragt, was zur Entstellung des der Skulptur zu Grunde liegenden Modells führte. In dem Fall Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393 (N.D.N.Y. 2001) wurden Angestellte beauftragt, ein Werk von einem Gebäude zu entfernen. 304 305
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Urhebers in besonderer Weise schaden können.308 Die Verhaltensweisen sind weder als Teil der ursprünglichen, noch einer weitergehenden Verletzungshandlung konzipiert, was wiederum mit dem Schutz des Verwertungsinteresses der Wirtschaft erklärt werden kann.309 Daraus folgt, dass der Ort der Rechtsverletzung immer derjenige ist, an dem die Veränderung stattgefunden hat und nicht dort, wo das veränderte Werk an die Öffentlichkeit gelangt ist.310 Bei länderübergreifenden Sachverhalten ist diese Feststellung zur Bestimmung des anwendbaren Rechts von großer Bedeutung.311 Das VARA trifft keine Aussage dazu, ob eine Verletzung des Rechts vorliegt, wenn nur Teile des Werkes beeinträchtigt werden. Zwar bestehen Werke der bildenden Kunst oft aus einem einzigen Objekt; aber selbst dann kann es dazu kommen, dass die Kunstwerke, z.B. zum Transport, in Einzelteile zerlegt werden müssen. Die Richter im Fall Flack v. Friends of Queen Catherine, Inc. haben das Problem folgendermaßen gelöst: Dem Kopf einer Skulptur wurde selbst Werkcharakter im Sinne des VARA zugesprochen, so dass der Integritätsschutz Anwendung fand.312 Das Gericht bediente sich bei seiner Bewertung – der Vorgabe des Gesetzgebers gemäß – des gesunden Menschenverstandes und den allgemein akzeptierten Standards der Künstlergemeinschaft. Folge der fehlenden Regelung und der vom Gericht zu dem Problem entwickelten Lösung dürften weitaus weniger Rechtsverletzungen als in Australien oder Großbritannien sein, wo gesetzlich geregelt ist, dass eine teilweise Werkbeeinträchtigung eine Rechtsverletzung darstellt.313 In den seltensten Fällen werden Werkteile die recht hohen Anforderungen des Gesetzes an den Integritätsschutz erfüllen. Ursprünglich sollte die Norm ausschließlich Werke, die gesellschaftliche Anerkennung verdienen (works of recognized stature), schütAnders geregelt dagegen im N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (1), vgl. S. 289 f. So a. Adeney Rn. 16.119. 310 Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 629 (S.D.N.Y. 1995). 311 Adeney Rn. 16.82. 312 Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 532 (S.D.N.Y. 2001). 313 Vgl. das australische und britische Recht, § 195AZH Copyright Act of 1968 [substantiality test]; § 89 CDPA of 1988. 308
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zen.314 Dieses Kriterium wurde wieder fallen gelassen; der Gesetzgeber fürchtete Auseinandersetzungen zwischen Sachverständigen über diese Frage.315 Zudem hätte der Urheber möglicherweise zunächst seinen Stand in der Künstlergemeinschaft nachweisen müssen, damit sein Ansehen geschützt wird.316 Auf Grund dieser Argumente scheint es widersprüchlich, genau dieses Kriterium in 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (B) einzufügen. Die Veränderung eines Werkes, welches gesellschaftliche Anerkennung verdient, dürfte jedoch grundsätzlich eine Schädigung von Ehre und Ruf begründen.317 2. Die Ausnahmen
17 U.S.C. § 106A (c) nennt einige Werkänderungen, welche nicht zu einer Rechtsverletzung führen. Eine Veränderung eines Werkes, die auf Grund der fortschreitenden Zeit eintritt oder die in der Eigenheit des Materials begründet ist, verletzt das Recht aus 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) nicht.318 Dasselbe gilt für Veränderungen, welche in Folge von Erhaltungsmaßnahmen und der öffentlichen Ausstellung, einschließlich der Beleuchtung oder Platzierung, entstehen, außer diese wurden grob fahrlässig verursacht.319 Da die Ortsbezogenheit (site specifity) eines Werkes nach dem Willen des Gesetzgebers als Gegenstand der öffentlichen Ausstellung (public presentation) und nicht als Bestandteil des Werkes selbst aufzufassen ist, führt die Veränderung von site-specific art – vorausgesetzt ortsbezogene Kunst fällt überhaupt in den AnEine ausf. Erläuterung des Kriteriums erfolgt im Rahmen des Rechts gegen Zerstörung, siehe S. 249 ff. 315 H.R. Rep. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6925. 316 H.R. Rep. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6925; Adeney Rn. 16.73. 317 H.R. Rep. No. 101-514 (1990), S. 14, reprinted in 1990 USSCAN 6915; Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 97 (D. Mass. 2003). 318 17 U.S.C. § 106A (c) (1); Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 535 (S.D.N.Y. 2001). 319 17 U.S.C. § 106A (c) (2). Aus dem Fall Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 535 (S.D.N.Y. 2001) lässt sich schließen, dass es zur Erfüllung des Tatbestandmerkmals “gross negligence” ausreicht, wenn die Anstellung einer Person zu Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen grob fahrlässig war; ebenso Adeney Rn. 16.78. 314
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wendungsbereich des VARA320 – nicht zu einer Verletzung des Integritätsrechts.321 Die Auslegung des Begriffs presentation zeigt erneut das Bestreben des Kongresses, den Schutzbereich des Gesetzes möglichst eng zu halten, in diesem Fall, um den kollidierenden Eigentümerinteressen gerecht zu werden.322 Insofern ergänzt diese Regelung 17 U.S.C. § 113 (d), die zum Schutz der Eigentümer von Gebäuden eingefügt wurde. Aus der Ausnahme lässt sich ferner schließen, dass den Eigentümer oder Besitzer keine positive Pflicht zur Erhaltung des Werkes trifft.323 Zudem ist 17 U.S.C. § 106A (c) zu entnehmen, dass eine Vervielfältigung, Beschreibung, Darstellung oder ein anderer direkter oder indirekter Gebrauch eines Werkes der bildenden Künste keine Entstellung, Verschandelung oder andere Veränderung im Sinne von 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) darstellt. Somit führen die Vervielfältigung eines Werks, ebenso wie dessen Gebrauch – auch in einem anderen Sachzusammenhang –, nur dann zu einer Rechtsverletzung, wenn dabei die Werksubstanz beeinträchtigt wird. 3. Stellungnahme
Das Integritätsrecht bietet minimalen und lückenhaften Schutz. Der Künstler kann nur gegen vorsätzliche Verletzungen, die sich negativ auf sein öffentliches Ansehen auswirken, vorgehen. Der Nachweis des entsprechenden Verletzervorsatzes dürfte dem Urheber grundsätzlich schwer fallen. Durch das Nachteilserfordernis wird der Künstler nicht S.o. S. 231 ff. “Generally the removal of a work from a specific location comes within the [presentation] exclusion because the location is a matter of presentation.”, H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USSCAN 6915, 6927; English v. BFC & R East 11th St. L.L.C., U.S. Dist. LEXIS 19137, 1, 15 (S.D.N.Y. 1997); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 99 (D. Mass. 2003) [“… it is not … to preserve a work of visual art where it is, but rather to preserve the work as it is”]; Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 34 (S.D.N.Y. 2003). Diese Ausnahmeregelung wurde nach dem Rechtsstreit Serra v. United States Gen. Serv. Admin., 664 F. Supp. 798 (S.D.N.Y. 1987); 667 F. Supp. 1042 (S.D.N.Y. 1987), 847 F.2d 1045 (2d Cir. 1988) entworfen; krit. dazu Garson 11 Cornell. J.L. & Pub. Pol’y 203, 232 Fn. 213 (2001); Jones 8 Comp. L. Rev. & Tech. J. 355, 387 (2005). 322 Jones 8 Comp. L. Rev. & Tech. J. 355, 388 (2005). 323 Camber 73 Fla. Bar. J. 69, 72 (1999). 320 321
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vor Veränderungen seines Werkes geschützt, welche dieses objektiv gesehen verbessern. Der Ausschluss von Umfeldveränderungen engt das Recht zusätzlich ein. Über die Ausnahmeregelungen erfahren die Verwerterinteressen eine besondere Anerkennung. Vor allem die Ausnahme des 17 U.S.C. § 106A (c) (2) läuft dem Integritätsschutz stark entgegen; sie bezweckt wohl in erster Linie, Museen oder ähnliche Einrichtungen vor Ansprüchen der Urheber zu schützen; denn diese beschäftigen sich hauptsächlich mit Erhaltungsmaßnahmen sowie der öffentlichen Ausstellung von Kunstobjekten. Mit einem umfassenden, den persönlichen Interessen des Urhebers dienenden Integritätsschutz im kontinentaleuropäischen Sinne hat die Regelung nichts gemein.
IV. Das Recht, die Zerstörung des Werkes zu verhindern, gemäß 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (B) 1. Der Inhalt des Rechts
Neben dem Recht auf Werkintegrität gehört zum Integritätsschutz des VARA das Recht des Künstlers, die Zerstörung seines Kunstwerkes zu verhindern. So heißt es in 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (B): “… the author of a work of visual art (3) …shall have the right (B) to prevent any destruction of a work of recognized stature, and any intentional or grossly negligent destruction of that work is a violation of that right.”
Verglichen mit dem Recht gegen Werkveränderungen, ist das Recht gegen Werkzerstörung einerseits enger, denn es ist auf Werke begrenzt, die gesellschaftliche Anerkennung verdienen (works of recognized stature); andererseits ist es weiter, denn es setzt keinen Nachteil für die Ehre oder den Ruf des Urhebers voraus und es erfasst sowohl vorsätzliche,324 als auch grob fahrlässige 325 Rechtsverletzungen.326 Die Vgl. Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 398 f. (N.D.N.Y. 2001) “Pennsylvania courts have defined gross negligence as ‘a form of negligence where the facts support substantially more than ordinary carelessness, inadvertence, laxity, or indifference’. The behavior of a defendant must be flagrant, grossly deviating from the ordinary standard of care.”, Hunter v. Squirrel Hill Assocs., L.P., 413 F. Supp. 2d 517, 519 f. (E.D. Pa. 2005) [In dem Fall wurde ein Wandgemälde durch Wasser zerstört, welches durch das Dach eindrang, das wegen Renovierungsarbeiten undicht war]. 326 Damich 39 Cath. U. L. Rev. 945, 962 (1990). 324 325
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leicht fahrlässige Zerstörung eines Kunstwerkes ist somit nicht erfasst.327 Ansonsten ist der Zerstörungsschutz identisch wie der Integritätsschutz konzipiert, weshalb auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann. Das Fehlen des Nachteilserfordernisses hängt mit der Zielsetzung der Norm zusammen, das kulturelle Erbe zu schützen. Im Gegensatz zur bloßen Werkänderung, hört das Werk mit seiner Zerstörung auf zu existieren und verliert vollkommen seinen Wert für die Öffentlichkeit. Um den Schutz zu erhöhen, wurden deshalb die Anspruchsvoraussetzungen durch das bewusste Streichen des auf den Schutz persönlicher Urheberinteressen zugeschnittenen Merkmals heruntergesetzt. Mit der Haftungsverschärfung sollte zum Ausdruck gebracht werden, wie schwer die Vernichtung des Werkes in das Interesse der Allgemeinheit am Erhalt des Kunstwerkes eingreift. Damit spiegelt die Norm ganz deutlich die hinter den moral rights-Regelungen stehende Intention des Gesetzgeber, den Schutz von nationaler Kultur im öffentlichen Interesse, wieder.328 Dies erklärt zudem, warum die Gerichte im Falle einer Werkzerstörung gewillt sind, hohe Schadensersatzansprüche zu gewähren.329 Die Zerstörung fällt unter den Oberbegriff der Veränderung, was sich aus dem Wortlaut von 17 U.S.C. § 106A (c) (1) und (2) ergibt.330 Sie stellt den schwersten Eingriff in die Werkintegrität dar. Eine Werkzerstörung erfordert mehr als eine Beschädigung des Werkes. Das Werk muss derart beeinträchtigt sein, dass eine Reparatur oder Wiederherstellung nicht mehr möglich ist.331 Zu beachten ist, dass eine Veränderung des Werkes durch die Umplatzierung eines standortspezifischen Werkes im Regelfall gerade keine Zerstörung desselbigen darstellt, da der Ausstellungsort nicht Lubner v. City of Los Angeles, 45 Cal. App. 4th 525, 531 (1996). H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6926; Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 324 (S.D.N.Y. 1994). 329 Martin v. City of Indianapolis 4 F. Supp. 2d 808, 811 (S.D. Ind. 1998). 330 “The modification of a work of visual art … is not a distortion, mutilation, or other modification described in subsection (a)(3)(A).”; “The modification of a work of visual art … is not a destruction, distortion, mutilation, or other modification described in subsection (a)(3) …” 331 Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 535 (S.D.N.Y. 2001); Adeney Rn. 16.90. 327 328
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als Teil der Werkes selbst, sondern eben als Aspekt der Präsentation angesehen wird.332 Der Begriff „prevent“ deutet auch in diesem Fall darauf hin, dass der Urheber eine Rechtsverletzung im Wege der (vorbeugenden) Unterlassungsklage verhindern kann, wenn er glaubhaft macht, dass der Beklagte mit der Zerstörung bereits begonnen hat bzw. beabsichtigt, das Werk zu zerstören.333 Die Verschuldensformen Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit finden sich allein bei der Definition der Rechtsverletzung im zweiten Halbsatz. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Urheber im Rahmen der Unterlassungsklage nicht glaubhaft machen muss, der potentielle Verletzter wolle das Werk vorsätzlich oder grob fahrlässig zerstören.334 Ein Gericht wird der Klage wohl kaum stattgeben, sollte es nicht davon überzeugt sein, dass die Zerstörung später vorsätzlich oder grob fahrlässig erfolgt und deshalb den Tatbestand der Rechtsverletzung erfüllt.335 Es findet sich leider keine plausible Begründung, warum die Verschuldensformen nicht in den ersten Halbsatz integriert wurden. Vermutlich ist dies erneut auf ein Redaktionsversehen zurückzuführen. Werke werden allerdings nur vor der Zerstörung geschützt, wenn sie „recognized stature“ besitzen. Das VARA enthält weder eine Definition des Merkmals, noch gibt es Auslegungshilfen, weshalb zu klären ist, wie die Gerichte das Merkmal „recognized stature“ interpretieren. Aus dem Wortlaut erschließt sich die Bedeutung jedenfalls nicht. In der Entscheidung Carter v. Helmsley-Spear, Inc. haben die Richter ein zweistufiges Prüfungsverfahren entwickelt.336 Zuerst solle der Kläger, also im Regelfall der Künstler, glaubhaft machen, dass sein Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 34 Fn. 14 (S.D.N.Y. 2003); siehe dazu S. 245 f. 333 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325, insb. Fn. 11 (S.D.N.Y. 1994). 334 A.A. Dieselhorst GRUR Int. 1992, 902, 907. 335 Adeney Rn. 16.88. 336 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 (S.D.N.Y. 1994): “Thus, for a work of visual art to be protected under this Section, plaintiff must make a two-tired showing: (1) that the visual art in question has ‘stature’, i.e. is viewed as meritorious, and (2) that this stature is ‘recognized’ by art experts, other members of the artistic community, or by some cross-section of society.” 332
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Werk stature besitzt, was der Fall sei, wenn das Werk Anerkennung verdient oder künstlerischen Wert hat. In einer zweiten Stufe müsse er dann beweisen, dass das Werk die Anerkennung oder Wertschätzung tatsächlich durch Kunstexperten, andere Mitglieder der Künstlergemeinschaft oder einen Querschnitt der Gesellschaft bekomme. In den nachfolgenden Entscheidungen wurde die Prüfung immer so durchgeführt.337 Kritisiert wurde u.a., dass der Begriff „stature“ eigentlich wertneutral sei und daher nicht im Sinne von Anerkennung verdienend oder lobenswert ausgelegt werden könne.338 In der Praxis müssen die Richter folglich als Kunstkritiker tätig werden.339 Diese Betätigung läuft dem Grundsatz des amerikanischen Rechts entgegen, wonach Richter sich nur mit Fragen des Rechts, nicht aber der Kunst zu befassen haben.340 Bislang wurde von den amerikanischen Gerichten daher die Rolle von Kunstkritikern tunlichst gemieden.341 Wie genau der Kläger im Einzelfall nachweisen kann, dass sein Werk Anerkennung verdient und erfährt, ist ebenfalls nicht geregelt. Die Gesetze der Einzelstaaten enthalten hierfür gesonderte Bestimmungen. Demnach können Künstler, Kunsthändler, Kunstsammler, Kuratoren, Restauratoren und andere mit dem Gebiet der bildenden Kunst vertraute Personen als Sachverständige herangezogen werden. 337 Lubner v. City of Los Angeles, 45 Cal. App. 4th 525, 531 (1996); Martin v. City of Indianapolis, 982 F. Supp. 625, 631 (S.D. Ind. 1997); 192 F 3d 608, 612, 615 f. (7th Cir. 1999); Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 397 (N.D.N.Y. 2001); 206 F. Supp. 2d 333, 336 (N.D.N.Y. 2002); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 97 (D. Mass. 2003); Scott v. Dixon, 309 F. Supp. 2d 395, 400 (E.D.N.Y. 2004); Hunter v. Squirrel Hill Assocs., L.P., 413 F. Supp. 2d 517, 520 (E.D. Pa. 2005). Der Begriff “recognized quality” in den Gesetzen einiger Einzelstaaten wird ebenso ausgelegt. 338 Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1968 (2000). 339 Gorman 25 Colum. J.L. & Arts 1, 11 f. (2001); Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1965 (2000). 340 Dieselhorst GRUR Int. 1992, 902, 908; Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1966 (2000). 341 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 (S.D.N.Y. 1994) unter Verweis auf Bleistein v. Donaldson Lithograhing Co., 188 U.S. 239, 251 (1903): “It would be a dangerous undertaking for persons trained only to the law to constitute themselves final judges of the worth of pictorial illustrations, outside of the narrowest and most obvious limits.”; Damich 39 Cath. U.L Rev. 945, 955, 962 (1990).
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Ursprünglich sollte das VARA eine derartige Regelung enthalten. Diese hat der Kongress aber wieder gestrichen, um den Gerichten einen größeren Ermessensspielraum bei der Bestimmung zu lassen, ob ein Werk dieser Anforderung gerecht wird.342 Die Richter in Carter v. Helmsley-Spear, Inc. haben die Notwendigkeit der Heranziehung von Sachverständigen betont 343 und auf die gestrichene Regelung im Entwurf des VARA verwiesen.344 Demnach kommen als Sachverständige die dort genannten Personen in Betracht. Die Heranziehung von Sachverständigen ist aber nicht ungefährlich; diese können von den Parteien für ihre Zwecke manipuliert werden oder sich in der Bewertung eines Kunstwerkes einfach irren.345 Die Gerichte stellen recht unterschiedliche Anforderungen an den Nachweis.346 In Martin v. City of Indianapolis reichten Zeitungs- und Zeitschriftenartikel aus;347 in Carter v. Helmsley-Spear, Inc.348 wurden Kunstexperten (u.a. ein Professor der Kunstgeschichte und der Präsident der Art Society of New York) befragt; in Lubner v. City of Los Angeles dienten die künstlerische Karriere und der dadurch erworbene Ruf der Künstler als Beweis dafür, dass das Werk der Künstlers anerkannt ist;349 in Hunter v. Squirrel Hill Assocs., L.P. basierte die Anerkennung darauf, dass das Kunstwerk in den Medien war und Preise gewonnen hatte sowie auf der Auszeichnung der Künstlerin für Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 Fn. 10 (S.D.N.Y. 1994). Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 (S.D.N.Y. 1994): “In making this showing, plaintiffs generally, but not inevitably, will need to call expert witnesses to testify before the trier of fact.”; vgl. a. Martin v. City of Indianapolis, 192 F 3d 608, 616 (7th Cir. 1999): “Instances where expert testimony on this point [recognized stature] is not necessary, will be rare …” 344 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 Fn. 10 (S.D.N.Y. 1994). 345 Harry 9 J. Intell. Pop. L. 193, 202, 204 f. (2001). 346 Krit. dazu Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1957 f., 1967 (2000); Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 715 (2005). 347 Martin v. City of Indianapolis, 982 F. Supp. 625, 630 f. (S.D. Ind. 1997); 192 F 3d 608, 613 (7th Cir. 1999). Krit. dazu die dissenting opinion von Richter Manion, Martin v. City of Indianapolis, 192 F 3d 608, 616 (7th Cir. 1999). 348 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 852, F. Supp. 228, 236 (S.D.N.Y. 1994); 861 F. Supp. 303, 325 f. (S.D.N.Y. 1994). 349 “Accepting the Lubners’ argument that they are recognized artists who have created and exhibited their paintings and drawings for over 40 years, we assume that their art included works of recognized stature under 17 United States Code Annotated section 106A.”, Lubner v. City of Los Angeles, 45 Cal. App. 4th 525, 531 (1996). 342 343
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
das Kunstwerk;350 und in Hanrahan v. Ramirez war es paradoxerweise gerade die VARA-Klage, welche dem Werk gesellschaftliche Anerkennung verschaffte.351 In der Entscheidung Scott v. Dixon werteten die Gerichte das Ansehen der Künstlerin nicht als so groß, dass jedes ihrer Kunstwerke, selbst wenn es eine künstlerische Leistung darstellt, automatisch recognized stature erlangt.352 Es ist nicht erforderlich, dass der Künstler nachweist, so bekannt wie Picasso oder Chagall zu sein.353 Der Status anderer Werke des Künstlers kann den des zu beurteilenden Werkes nicht beeinflussen.354 Es ist ausreichend, dass das Werk die Anerkennung erst nach der Verletzungshandlung bzw. nach Einreichen der Klage erlangt hat, insbesondere dann, wenn der Künstler bereits ein gewisses Ansehen in der Künstlergemeinschaft genießt.355 Dies leitet sich wiederum aus dem Schutzzweck der Norm ab, kulturell wertvolle Kunstwerke für die Öffentlichkeit zu bewahren.356 Dem Verletzter muss diese Eigenschaft des Werkes nicht bekannt sein; ansonsten würde eine besonders ignorante Haltung im Hinblick auf den Status des Kunstwerkes noch „belohnt“ werden.357 Dem Kläger dürfte es im Übrigen sehr schwer fallen, dem Beklagten eine diesbezügliche Kenntnis nachzuweisen. Ein unveröffentlichtes Werk kann das Kriterium ebenfalls erfüllen. In Pollara v. Seymour begründete das Gericht seine Ansicht mit dem doppelten Schutzzweck des VARA: Das öffentliche Interesse am Erhalt von Werken, die einen hohen künstlerischen Wert darstellen, und das Interesse des Künstlers am Erhalt des Kunstwerkes zur Stärkung seines Ansehens seien nicht von der öffentlichen Anerkennung Hunter v. Squirrel Hill Assocs., L.P., 413 F. Supp. 2d 517, 518 (E.D. Pa. 2005). In dem Fall machte die öffentliche Empörung über die Zerstörung das Werk erst bekannt, Hanrahan v. Ramirez, No. 97-CV-7470 (C.D. Cal. 1998). 352 In diesem Fall war das Kunstwerk noch nicht öffentlich präsentiert worden, weshalb es noch keine öffentliche Anerkennung erfahren konnte, Scott v. Dixon, 309 F. Supp. 2d 395, 400 f. (E.D.N.Y. 2004). 353 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 (S.D.N.Y. 1994). 354 Scott v. Dixon, 309 F. Supp. 2d 395, 400 (E.D.N.Y. 2004). 355 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 Fn. 12 (S.D.N.Y. 1994); Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 398 (N.D.N.Y. 2001). 356 Zur Bedeutung des Schutzzwecks bei der Gesetzesauslegung, Lubner v. City of Los Angeles, 45 Cal. App. 4th 525, 529 (1996). 357 Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 398 (N.D.N.Y. 2001). 350 351
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des Werks vor dessen Zerstörung abhängig, gerade dann, wenn der Künstler ein hohes Ansehen in der Künstlergemeinschaft genieße.358 Schließlich würde bei der Bewertung eines neu entdeckten Kunstwerkes von Picasso oder Matisse kein Unterschied gemacht, ob dies der Öffentlichkeit bereits bekannt sei oder eben nicht.359 Im Übrigen sei das Interesse des Künstlers am Ergebnis seiner Arbeit kein anderes als nach der Veröffentlichung.360 Abschließend stellt sich die Frage, in wie weit es bei der Beurteilung einen Unterschied macht, ob der Künstler sein Werk ursprünglich als Kunst, möglicherweise zu Ausstellungszwecken, geschaffen hat, oder ob sein Werk anderen Zwecken dient. Dem Schutzzweck des VARA nach rechtfertigt dies keine unterschiedliche Bewertung. Das Werk in Pollara v. Seymour konnte jedenfalls kein „recognized stature“ erwerben, weil es für ein einmaliges Event zu Protestzwecken geschaffen wurde.361 Die Norm regelt wiederum nicht, inwiefern die Zerstörung eines Teils des Werkes eine Rechtsverletzung darstellt. Hier gilt konsequenterweise dasselbe wie bei der Veränderung eines Werkteils, weshalb auf die obigen Ausführungen verwiesen wird.362 2. Die Ausnahmen
Die Ausnahmen in 17 U.S.C. § 106A (c) (2) und (3) wurden bereits bei dem Recht gegen Werkveränderungen ausgeführt. Insofern gelten obige Ausführungen entsprechend.363 358 Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 397 (N.D.N.Y. 2001) [a.A. das Minderheitsvotum von Richter Gleeson, in Pollara v. Seymour, 344 F.3d 265, 271 (2d Cir. 2003)]; ebenso Scott v. Dixon, 309 F. Supp. 2d 395, 400 (E.D.N.Y. 2004). 359 Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 397 Fn. 8 (N.D.N.Y. 2001). 360 Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 397 f. (N.D.N.Y. 2001). 361 Pollara v. Seymour, 206 F. Supp. 2d 333, 337 Fn. 6 (N.D.N.Y. 2002). Das Gericht war der Meinung, dass der Schutz eines Werkes, welches niemals dazu konzipiert war dauerhaft erhalten zu bleiben und dadurch öffentliche Anerkennung zu erfahren – selbst wenn es einen hohen künstlerischen Wert besitze –, nicht unter das VARA falle, da es dessen Zielsetzung widerspreche. Folge einer Erfassung dieser Werke wären eine unerlaubte Ausdehnung des Schutzbereiches und unnötige Rechtsstreitigkeiten. Siehe dazu a. Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1493 (2004). 362 Adeney Rn. 16.123; vgl. S. 244. 363 Siehe S. 245 f.
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Eine weitere von der Rechtsprechung entwickelte Ausnahme gibt es für den Eigentümer eines Grundstückes. Dieser hat das Recht, Werke der bildenden Kunst zu zerstören, wenn sie sich illegal auf seinem Grundstück befinden und er sie nicht entfernen kann.364 Andernfalls könnten Dritte die weitere Entwicklung von Grundstücken verhindern. Bei dem häufigsten Fall der Graffiti-Kunst dürfte es sich im Regelfall nicht um ein Werk der bildenden Kunst im Sinne des Gesetzes und schon gar nicht um ein Anerkennenswertes handeln, so dass das VARA ohnehin nicht anwendbar wäre.365 Ob der Eigentümer eines Kunstwerkes, z.B. ein Kunstsammler, ein Werk zerstören darf, weil er es nicht mehr möchte, ist leider nicht geregelt.366 In diesem Fall scheint es konsequent, dass der Eigentümer dem Künstler sein Werk, zumindest zum Rückkauf, anbieten muss. Lehnt der Künstler den Rückkauf ab, so ist es dem Schutzzweck des Gesetzes gemäß wohl erforderlich, dass der Eigentümer das Werk, einer öffentlichen Einrichtung, z.B. einem Museum, anbietet, bevor er es zerstören darf. 3. Stellungnahme
Die heftige Kritik an der Regelung367 ist allzu verständlich. Durch die Einfügung des Kriteriums „recognized stature“, ohne gesetzliche Vorgaben zur Auslegung zu machen, hat der Gesetzgeber eine sehr un364 English v. BFC & R East 11th St. L.L.C., U.S. Dist. LEXIS 19137, 1, 10 f. (S.D.N.Y.1997); a.A. Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 396 Fn. 4 (N.D.N.Y. 2001). Krit. dazu Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1492 (2004). 365 Adeney Rn. 16.104. 366 Zur Regelungslücke Camber 73 Fla. Bar J. 69, 72 (1999). 367 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 962 (1990): “Limiting the right against destruction to works of recognized stature is inconsistent with moral rights theory, the Berne Convention, and the United States copyright law tradition of refraining from judgments as to quality.”; Davis 17 Hofstra L. Rev. 317, 354 (1989) zum Merkmal recognized quality in einigen einzelstaatlichen Gesetzen: “What all this points out is the likelihood of inconsistent verdicts on the issue of what constitutes recognized quality. Therein lies the paradox of such quality control – it may actually discourage vigorous enforcement by the artist out of a well-founded fear that a particular jury may decide that his work fails to meet a recognized quality standard. Such a negative verdict could do more harm to the artist’s reputation than the physical defacement of his work.”
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bestimmte Regelung geschaffen, die ihrem Zweck, Schutz von amerikanischem Kulturgut, nicht gerecht wird.368 Das Merkmal sollte daher gestrichen werden.369 Der Status eines Kunstwerkes kann sich im Laufe der Zeit verändern. Ein heute noch nicht geschätztes Werk kann später zum Meisterwerk seiner Epoche erklärt werden und umgekehrt; was heute als hochwertige Kunst gilt, kann in der Gesellschaft von morgen nichts mehr wert sein.370 Es hat sich gezeigt, dass Künstler und ihre Werke oft erst lange Zeit nach dem Tod des Künstlers auf Grund eines gesellschaftlichen und kulturellen Wandels wirklich bekannt werden und öffentliche Wertschätzung erfahren. Eine Bewertung eines Kunstwerkes am „Tag X“ kann dessen zukünftige kulturelle Bedeutung einfach nicht erfassen. Zudem werden selbst Kunstexperten ein Werk recht unterschiedlich bewerten.371 In einem Rechtsstreit werden die Parteien deshalb versuchen, jeweils Experten zu finden, welche die ihnen günstigere Bewertung attestieren. Somit wird klar, dass das Kriterium „große Kunst“ nicht wirklich zu schützen vermag.372 Der Kongress verhält sich widersprüchlich, wenn er das Kriterium bei 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) wegen seiner geringen Justiziabilität und der Ausklammerung (noch) unbekannter Künstler streicht und es bei 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (B) als geeignetes, einschränkendes Merkmal verwendet. Die Einfügung des Kriteriums hat der Kongress mit der Gefahr der ausufernden Anwendung der Norm begründet. Durch das Erfordernis sollte eine Klagewelle, verursacht durch die Harry 9 J. Intell. Pop. L. 193, 202, 203 (2001); Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1966, 1970 (2000). 369 Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1971 (2000); Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 682 (2007). 370 Vgl. die Entscheidung Scott v. Dixon, 309 F. Supp. 2d 395 (E.D.N.Y. 2004). In dem Fall wurde eine Schwanenskulptur aus Stahl zwar als künstlerische Leistung gewertet, allerdings erhielt sie keinen Zerstörungsschutz, da diese mangels öffentlicher Präsentation noch keine gesellschaftliche Anerkennung erlangen konnte. Dazu a. Harry 9 J. Intell. Pop. L. 193, 194 f., 201 f. (2001); Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1965 (2000); Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 658 (2007); Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 714 (2005). 371 Z.B. in Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 f. (S.D.N.Y. 1999). 372 Etwaige Lösungsvorschläge, wie z.B. die Einführung eines „preservation test“ zu Vermeidung dieses Dilemma, finden sich bei Harry 9 J. Intell. Pop. L. 193, 210 ff. (2001). 368
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Zerstörung von Amateurwerken, verhindert werden.373 Jedoch wirkt dieses Argument wenig stichhaltig; die Gefahr besteht auch bei 17 U.S.C. § 106 (a) (3) (A) und dennoch wurde das Merkmal dort nicht eingefügt.374 Unerwünschte Klagen können im Übrigen genauso gut durch eine Einschränkung der jeweiligen Ansprüche verhindert werden, z.B. durch die Kopplung des Schadensersatzes an den Marktwert eines Kunstwerkes.375 Der in Carter v. Helmsley-Spear, Inc. entwickelte Test zur Feststellung, ob eine Werk „recognized stature“ besitzt, ist nicht dazu geeignet, den Schutz kulturell wertvoller Werke zu leisten. Er war sogar der Kritik der ihn anwendenden Gerichte ausgesetzt; die Richter im Fall Martin v. City of Indianapolis werteten den Test als „more rigorous than Congress intended“.376 Bei der Auslegung des Kriteriums werden die Bewertungsschwankungen, welcher Kunst im Laufe der Zeit unterliegen kann, zu wenig berücksichtigt. Das Problem gegensätzlicher Expertenmeinungen wird ebenfalls keiner Lösung zugeführt. Es bleibt zu hoffen, dass der Test weiterentwickelt wird und die Schwachstellen ausgeräumt werden; der Kongress hat die Interpretation des Kriteriums jedenfalls den Gerichten überlassen und keine Vorgaben im Gesetz gemacht. Insbesondere sollte das gesetzgeberische Ziel, die Erhaltung von einzigartigen Kunstwerken, stets als Richtlinie bei der Auslegung beachtet werden.377 Eine gesetzliche Definition ist aus Gründen der Rechtssicherheit empfehlenswert. Auf den Kläger können hohe Sachverständigenkosten zukommen, die er möglicherweise nicht tragen kann, da ihm der Nachweis für das Vorliegen des recognized stature-Merkmals obliegt. Der Künstler wird deshalb in vielen Fällen sein Werk nur in Folge fehlender finanzieller Mittel nicht vor der Zerstörung retten können. Vor diesem Hintergrund verwundert es umso mehr, dass der „Öffentlichkeit“ kein Klagerecht eingeräumt wurde, sollen doch primär ihre Interessen geschützt werden.378 “gate-keeping mechanism”, Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 325 (S.D.N.Y. 1994); Damich, 39 Cath. U.L. Rev. 945, 954 (1990). 374 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 955 (1990). 375 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 955 (1990). 376 Martin v. City of Indianapolis, 192 F 3d 608, 612 (7th Cir. 1999). 377 Vgl. Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 397 (N.D.N.Y. 2001). 378 Camber 73 Fla. Bar J. 69, 72 (1999). 373
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Anerkennenswert ist, dass der US-Gesetzgeber mit der Regelung einen weiter reichenden Integritätsschutz als viele kontinentaleuropäische Urhebergesetze ihn bieten, geschaffen hat. Er hätte das recognized stature-Kriterium wegen seiner negativen Wirkungen aber besser nicht einfügen sollen. Gerade die besonders schutzbedürftige Gruppe der jungen Künstler wird so schutzlos gestellt.379 Die Zerstörung eines Werkes hat immer dieselbe Auswirkung auf die Persönlichkeit des Urhebers. Ganz gleichgültig, um welche Werkart es sich handelt oder ob das Werk bekannt oder unbekannt ist.380 Aber an dieser Stelle wird eben der große Unterschied zum naturrechtlich geprägten, kontinentaleuropäischen Ansatz deutlich. Der Zerstörungsschutz wird nicht im Interesse des Urhebers gewährt. Ziel der Regelung ist eine Art „Kulturgüterschutz“ nach Maßgabe der Verfassung. Hierfür gibt es selbst in den USA gesonderte Gesetze, z.B. das National Film Preservation Act of 2005, weshalb die Forderung nach einer Auslagerung des Kulturgüterschützes in ein spezielles Gesetz nicht von der Hand zu weisen ist.381 Die Diskussion um das Merkmal macht eines deutlich: Die hinter der amerikanischen moral rights-Doktrin stehenden Zielsetzungen vertragen sich nicht mit dem Persönlichkeitsschutz, der eigentlicher Zweck der Gewährung von moral rights sein sollte. In dieser Hinsicht negieren die USA die Intention und Vorgaben der RBÜ, insbesondere von Art. 6bis RBÜ. V. Die Beschränkungen des Veränderungsund Zerstörungsverbots 1. Die Sonderregelung für in Gebäude integrierte Werke 1.1. Der Regelungsinhalt
Sofern ein Kunstwerk in ein Gebäude eingebunden bzw. Teil des Gebäudes ist, erfährt der Integritätsschutz des Künstlers durch So a. Dieselhorst GRUR Int. 1992, 902, 908; vgl. a. H.R. Rep. No. 101-514 (1990), S. 16, reprinted in 1990 USSCAN 6915, der paradoxerweise das Bsp. des jungen Künstlers Snelson anfüht. 380 Dieselhorst GRUR Int. 1992, 902, 908. 381 Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1971 f. (2000). 379
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17 U.S.C. § 113 (d) im Interesse des Gebäudeeigentümers eine Einschränkung.382 Je nachdem, ob das Kunstwerk von dem Gebäude wieder entfernt werden kann (removeable), ohne dass es zerstört oder verändert wird, oder eben nicht (non removeable), gelten unterschiedliche Regelungen.383 Der Kongress hat keinerlei Vorgaben gemacht, wann ein Werk entfernbar ist und wann nicht.384 Der Arbeits- und Kostenaufwand für die Entfernung scheinen aber keine Rolle zu spielen. Entscheidend ist, ob die Entfernung tatsächlich ohne Zerstörung oder Veränderung des Werkes möglich ist. Sind Werke demnach nicht entfernbar und hat der Künstler entweder vor in Kraft treten des VARA dem Einbau bzw. der Anbringung des Werkes zugestimmt oder hat er am Tag des bzw. nach in Kraft treten mit dem Eigentümer eine schriftliche, von beiden unterzeichnete Vereinbarung mit dem Inhalt getroffen, dass die Entfernung möglicherweise zu der Zerstörung oder der Veränderung des Werkes führt, so finden das Recht gegen Werkzerstörung und das Recht gegen Werkveränderung keine Anwendung.385 Diese Regelung hat weit reichende Folgen für den Künstler. Der Eigentümer kann bei Vorliegen einer Zustimmung oder Vereinbarung das Kunstwerk zerstören oder verändern, selbst wenn dies nicht seiner Entfernung dient, da die Norm die integritätsschützenden Rechte ohne Begrenzung auf den Beseitigungsvorgang ausschließt.386 Ist das Kunstwerk dagegen „removable“, genießt es grundsätzlich Zerstörungs- und Veränderungsschutz gemäß 17 U.S.C. § 106A (a) (3).387 Dieser Schutz entfällt, wenn der Eigentümer hinreichende (diligent 17 U.S.C. § 106A (a) (3): “… subject to the limitations set forth in section 113(d), shall have the right …” 383 Der Begriff „to remove“ meint von einer Stelle entfernen oder von einer Stelle zur anderen befördern. Zur Unterscheidung removable/non-removable, vgl. Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 852, F. Supp. 228, 235 (S.D.N.Y. 1994); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 32 f. (S.D.N.Y. 2003); 2003 U.S. Dist. LEXIS 13201, 1, 5 (2005); U.S. Dist. LEXIS 9139, 1, 11 (S.D.N.Y. 2005). 384 Krit. Camber 73 Fla. Bar J. 69, 71 (1999). 385 17 U.S.C. § 113 (d) (1). 386 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 956 (1990). 387 17 U.S.C. § 113 (d) (2). 382
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and good faith),388 aber erfolglose Anstrengungen unternommen hat, um den Urheber von seinem das Werk betreffenden Vorhaben in Kenntnis zu setzen,389 oder wenn er den Künstler schriftlich davon in Kenntnis gesetzt hat, dieser aber nicht innerhalb von 90 Tagen nach Erhalt der Anzeige das Werk selbst entfernt bzw. für dessen Entfernung bezahlt hat.390 1.2. Stellungnahme
Insgesamt gehen diese Regelungen viel weiter, als es erforderlich wäre, um die Interessen der Gebäudeeigentümer mit denen der Künstler in Einklang zu bringen.391 Durch sie wird der ohnehin schon geringe Integritätsschutz nochmals stark beschränkt. Die Norm verdeutlicht aber eindrücklich, welchen Stellenwert die Rechte eines Eigentümers im Gegensatz zum Persönlichkeitsrecht des Urhebers haben. Es ist nicht gerechtfertigt, dass die Norm dem Eigentümer die Veränderung oder Zerstörung eines „nicht entfernbaren“ Kunstwerkes erlaubt, ohne dass überhaupt die Notwendigkeit der Entfernung besteht. Die Norm sollte dahingehend eingeschränkt werden, dass dem Eigentümer Veränderungen des Kunstwerkes unter der Voraussetzung erlaubt sind, dass diese unbedingt notwendig sind, um das Gebäude zu erhalten bzw. an eine neue Gebäudenutzung anzupassen; und eine Werkzerstörung sollte lediglich als ultima ratio gestattet sein.392 Es wird vermutet, dass der Eigentümer hinreichende Anstrengungen unternommen hat, wenn er an die aktuellste beim US Copyright Office registrierte Adresse des Urhebers eine Benachrichtigung per Einschreiben gesendet hat, vgl. 17 U.S.C. § 113 (d) (2). 17 U.S.C. § 113 (d) (3) schreibt die Einrichtung von Verzeichnissen durch den Register of Copyrights beim US Copyright Office vor, welche Aufschluss über die Identität und die Adresse des Urhebers von in Gebäuden integrierten Werken der bildenden Kunst geben. Der Register of Copyrights soll zudem Verfahren bereitstellen, welche dem Urheber die ständige Aktualisierung seiner Daten erlaubt und dem Eigentümer den Nachweis ermöglichen, die Voraussetzungen des 17 U.S.C. § 113 (d) (2) erfüllt zu haben. 389 17 U.S.C. § 113 (d) (2) (A). 390 17 U.S.C. § 113 (d) (2) (B); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 13201, 1, 6 (S.D.N.Y. 2005). Kommt der Urheber für die Entfernung auf, so wird er Inhaber des copyright, vgl. 17 U.S.C. § 113 (d) (2). 391 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 956 (1990). 392 Siehe a. Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 987 (1990). 388
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Es kann im Übrigen nicht angehen, dass der Eigentümer nach Beachtung der Formalien mit dem entfernbaren Kunstwerk de facto machen kann, was er will.393 Nur weil der Künstler vielleicht nicht für die Entfernung aufkommen kann oder keine Lagerungsmöglichkeit für sein Werk hat, wird er seiner Rechte „beraubt“. Die Norm ist wiederum vor dem Hintergrund des primären Schutzzwecks des Gesetzes verfehlt. Das öffentliche Interesse wird den Eigentümerinteressen nachgeordnet. Dem Urheber sollte in diesem Zusammenhang zumindest das Recht zustehen, die Nennung seines Namens in Verbindung mit dem veränderten bzw. zerstörten Kunstwerk zu untersagen. Über eine entsprechende Anwendung oder Erweiterung des Anwendungsbereiches der Norm könnte theoretisch das Problem von sitespecific art einer Lösung zugeführt werden; dieses bewegt sich ebenso im Spannungsverhältnis von Eigentümer- und Urheberinteressen. Ortsbezogene Kunst wäre als nicht entfernbar im Sinne des 17 U.S.C. § 113 (d) (1) (A) einzustufen, da eine Umplatzierung immer eine Veränderung mit sich bringt.394 Die Gefahr der Aushebelung des kompletten Integritätsschutzes durch den 17 U.S.C. § 113 (d) (1) in seiner derzeitigen Fassung wurde bereits besprochen. 2. Die Anwendbarkeit der fair-use-doctrine 2.1. Der Regelungsinhalt der fair-use-doctrine
Weitere Einschränkungen ergeben sich aus der Anwendbarkeit der „fair-use-defence“, geregelt in 17 U.S.C. § 107.395 Die Doktrin ist wiederum Ausfluss der verfassungsrechtlichen copyright-Klausel.396 Sie Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 957, 987 (1990), der eine Veränderung oder Zerstörung nur erlauben will, wenn sich keine alternative Verwendung für das Werk findet. 394 Vgl. Zlatarski 23 Colum.-VLA J.L. & Arts 201, 223 (1999). 395 17 U.S.C. § 106A (a): “Subject to section 107 …”; 17 U.S.C. § 107: “Notwithstanding the provisions of sections 106 and 106A …” 396 “Fair use (…) is a right – codified in § 107 and recognized since shortly after the Statute of Anne – that is ‘necessary to fulfill copyright’s very purpose, to promote the Progress of science and the useful arts’ …”, NXIVM Corp. v. The Ross Institute, 364 F.3d 471, 485 (2d Cir. 2004). 393
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ist vergleichbar mit der in vielen civil law-Ländern vorgenommenen Interessenabwägung oder der „defence of reasonableness“ anderer common law-Länder.397 Bei der Prüfung, ob die Veränderung oder Zerstörung eines Werkes im Einzelfall angemessen (fair) ist und deshalb keine Rechtsverletzung nach sich zieht, sind einige Kriterien zu beachten (four-factor-test), insbesondere der Zweck und die Art und Weise der Werknutzung, z.B. ob die Nutzung in einem kommerziellen oder einem nicht kommerziellen, erzieherischen Rahmen erfolgt, die Werkart, wie viel oder wie Wesentliches von dem Werk genutzt wird, sowie die Auswirkungen der Nutzung auf einen potentiellen Markt und der Wert des Werkes.398 Derjenige, der sich auf „fair use“ beruft, trägt die Beweislast für das Eingreifen der Ausnahme; allerdings müssen nicht alle Kriterien zu seinen Gunsten ausfallen.399 Entscheidend ist eine Abwägung der Ergebnisse der Kriterienanalyse unter Beachtung des Zwecks des copyright und der moral rights sowie der fair-usedefence.400 (Böse) Absicht des Verletzers hindert die Anwendung der fair-use-doctrine nicht, ist aber bei der Abwägung zu beachten.401 Unter fair use fiel bspw. die kritische Auseinandersetzung mit einem Seminarleitfaden an Hand von zitierten Passagen aus den besagten Unterlagen.402 2.2. Stellungnahme
Fraglich ist, ob durch die fair-use-defence nicht eine zu starke Aushöhlung des Integritätsschutzes stattfindet. Dies gerade im Hinblick darauf, dass der „Test“ für das ökonomische copyright entwickelt Z.B. Deutschland: § 14 UrhG; Australien: §§ 195AR, 195AS Copyright Act of 1968. Siehe a. Adeney Rn. 16.112. 398 Zur Prüfung der einzelnen Kriterien, siehe Acuff-Rose Music, Inc. v. Campbell, 972 F.2d 1429, 1435 ff. (6th Cir. 1992); Nunez v. Caribbean Int’l News Corp., 235 F.3d 18, 21 ff. (1st Cir. 2000); NXIVM Corp. v. The Ross Institute, 364 F.3d 471, 476 ff. (2d Cir. 2004). 399 NXIVM Corp. v. The Ross Institute, 364 F.3d 471, 476 (2d Cir. 2004). 400 “… all factors must be explored and the results weighed together in light of the purposes of copyright and the fair use defense.”, NXIVM Corp. v. The Ross Institute, 364 F.3d 471 (2d Cir. 2004). 401 NXIVM Corp. v. The Ross Institute, 364 F.3d 471, 479 (2d Cir. 2004). 402 In dem Fall NXIVM Corp. v. The Ross Institute, 364 F.3d 471 (2d Cir. 2004) beriefen sich die Kläger auf 17 U.S.C. § 106A. Das Gericht hat jedoch die Anwendbarkeit des VARA nicht erörtert. Sie hätte aber abgelehnt werden müssen. 397
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
wurde und sich daher nur bedingt für die Einschränkung von moral rights eignet.403 Gerechtfertigt ist eine Interessenabwägung im deutschen Recht, weil gerade auch Werke mit Gebrauchszweck vom Integritätsschutz erfasst werden, bei denen eine Anpassung möglich sein muss. Das VARA dagegen schließt derartige Werke von vorne herein von seinem Anwendungsbereich aus. Eine erste Interessenabwägung hat der Gesetzgeber bereits pauschal durch die Schaffung der Normen des VARA vorgenommen. Eine weitere Abwägung zugeschnitten auf die ökonomischen Rechte der Urheber läuft dem intendierten Schutz entgegen. Ferner sind eigentlich keine Fälle denkbar, die bspw. die Zerstörung eines Kunstwerkes, gerade im Hinblick auf dessen Bedeutung als nationales Kulturgut, als „fair“ rechtfertigen.404 Es bleibt abzuwarten, inwieweit die Gerichte Raum für die fair-usedefence lassen. Bislang finden sich keine einschlägigen Entscheidungen. So ist u.a. unklar, in wie weit Parodien der vom VARA erfassten Werke im Rahmen des fair use erlaubt sind.405 VI. Das Recht, die Nennung des Urhebernamens zu verhindern, gemäß 17 U.S.C. § 106A (a) (2) 17 U.S.C. § 106A (a) (2) gewährt dem Urheber das Recht, die Nennung seines Namens in Verbindung mit seinem zerstörten oder veränderten Werk zu verbieten. Wörtlich heißt es dort: “the author of a work of visual art (2) shall have the right to prevent the use of his of her name as the author of the work of visual art in the event of Adeney Rn. 16.114. Eine vergleichbare Regelung für moral rights könnte folgende sinnvolle Abwägungskriterien enthalten: die Werkart, der Werkzweck, die Art und der Umfang der Änderung, die öffentliche Wahrnehmung, die Auswirkungen auf den Ruf des Urhebers, vgl. Dietz IIC 1994, 177, 183 ff. 404 Das hat wohl auch der Gesetzgeber erkannt, wenn er davon ausgeht, dass die fair-use-defence im Regelfall keinen Erfolg haben wird, H.R. Rep. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6932. 405 Siehe dazu Yonover 29 Val. U.L. Rev. 935 (1995) und 14 Cardozo Arts & Ent. L.J. 79 (1996), der einen fiktiven Fall – Leonardo v. Duchamp – konstruiert und an Hand dessen den Konflikt zwischen moral rights und Parodie aufzeigt, so wie eine Lösung über fair use aufzeigt. 403
2. Kapitel: Das right of integrity
263
distortion, mutilation, or other modification of the work which would be prejudicial to his or her honor or reputation.”
Das „Namensunterdrückungsrecht“ des Urhebers setzt voraus, dass die Werkzerstörung oder -veränderung nachteilig für das Ansehen des Urhebers ist. Der Urheber muss nicht nachweisen, dass die Zerstörung oder Veränderung grob fahrlässig bzw. vorsätzlich erfolgte. Daher hat der Urheber eines veränderten Werkes, der nicht beweisen kann, dass der Verletzter mit Vorsatz handelte, zumindest einen Anspruch darauf, nicht weiter als Schöpfer eines Werkes genannt zu werden, das er so nicht geschaffen hat. Die Vorschrift deckt die Schnittstelle zwischen dem Recht auf Anerkennung der Urheberschaft und dem Recht auf Werkintegrität ab. In erster Linie dient die Regelung dem Interesse des Schöpfers, nicht als solcher in Erscheinung zu treten. Indirekt wird aber die Werkintegrität geschützt; denn ein Werknutzer wird grundsätzlich keine Werkveränderungen vornehmen, die nachteilig für das Ansehen des Urhebers sind, wenn es ihm darauf ankommt, dass das Werk in der Öffentlichkeit den Urheber als Schöpfer ausweist.406
VII. Der Verzicht auf das right of integrity 1. Die Voraussetzungen des Rechtsverzichts
Das Recht gegen Werkveränderungen und das Recht gegen Zerstörung können als höchstpersönliche Rechte unter Lebenden nicht auf Dritte übertragen werden („… may not be transferred …“).407 Viel diskutiert wurde, ob diese Regelung mit dem freedom of contract-Prinzip vereinbar ist.408 Dies ist zu bejahen, da im amerikanischen Recht eine Beschränkung der Vertragsfreiheit zum Schutz der Rechte schwächerer Vertragsparteien, in diesem Fall wären das die Urheber, erlaubt ist. Dieselhorst S. 76. 17 U.S.C. § 106A (e) (1); Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 706 (2005). Das “right to waive” ist aus diesem Grund ebenfalls nicht übertragbar, VerSteeg 67 Wash. L. Rev. 827, 847 (1992). Ob die Rechte nach dem Tod des Künstlers übertragen werden können, bleibt unklar, siehe S. 236 f. 408 Zur Diskussion VerSteeg 67 Wash. L. Rev. 827, 848 f. (1992). 406 407
264
2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Der Verzicht auf die Rechte ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich.409 Ein wirksamer Rechtsverzicht bedarf einer schriftlichen, vom Urheber unterzeichneten Verzichtserklärung.410 Diese muss das Werk und die Nutzungen genau bezeichnen, auf die sich der Verzicht bezieht.411 Ein zu unbestimmt gefasster Verzicht ist unwirksam. Hat ein Werk mehrere Urheber, entfaltet der Verzicht eines Urhebers Wirkung für die Miturheber.412 Somit kann der Verzicht zwar sehr weitreichend sein, aber weder mündlich noch pauschal erfolgen.413 Das Bestimmtheitserfordernis lässt sich wiederum mit dem Kulturgüterschutz begründen; außerdem sollte der Urheber vor einem „Ausverkauf“ seiner Rechte geschützt werden.414 Wie sich das Bestimmtheitserfordernis in der Praxis auswirkt, zeigt ganz anschaulich der Fall Martin v. City of Indianapolis. Der Künstler gestattete die Entfernung seines Kunstwerkes vom ursprünglichen Aufstellungsort. In dieser vertraglichen Abrede wurde mangels Bestimmtheit aber nicht die Gestattung der Werkzerstörung gesehen.415 Die Übertragung des Eigentums an einem Werkexemplar oder des copyright sowie die Einräumung ausschließlicher Nutzungsrechte am copyright stellen keinen Verzicht auf die moral rights dar; ebenso führt der Verzicht auf moral rights nicht zu der Übertragung der besagten Rechte, außer der Künstler hat hierzu sein schriftliches Einverständnis abgegeben und seine Erklärung unterzeichnet.416 Im Auftrag des Kongresses führte das Copyright Office eine Untersuchung zu dem Gebrauch und den Auswirkungen des Verzichts in
Krit. zum Verzicht Damich 39 Cath. U. L. Rev. 945, 966 ff. (1990). 17 U.S.C. § 106A (e) (1) S. 1. 411 17 U.S.C. § 106A (e) (1) S. 2; Martin v. City of Indianapolis, 982 F. Supp. 625, 635 ff. (S.D. Ind. 1997). Vgl. die Anforderungen der Vorhersehbarkeitstheorie im deutschen Recht S. 103 f. 412 17 U.S.C. § 106A (e) (1) S. 3. 413 Adeney Rn. 16.136. 414 In der Vergangenheit waren Künstler gezwungen sich ihre Rechte vertraglich zu sichern, insofern stellt die Regelung eine Umkehrung der Ausgangslage dar, Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 600. 415 Martin v. City of Indianapolis, 192 F 3d 608, 614 (7th Cir. 1999). 416 17 U.S.C. § 106A (e) (2). 409 410
2. Kapitel: Das right of integrity
265
der Praxis nach dem Erlass des VARA durch.417 Es wurde befürchtet die Urheber würden auf Grund ihrer geringeren Verhandlungsstärke des Öfteren zu einem Verzicht „gezwungen“. Das Copyright Office musste aber u.a. feststellen, dass dieser in der Praxis keine allzu große Rolle spielt, weil Künstlerverträge in der Regel mündlich geschlossen werden. Die Untersuchung beschäftigte sich erstaunlicherweise ausschließlich mit den Interessen der Urheber und denen der Werknutzer, nicht jedoch mit dem öffentlichen Interesse am Kulturgüterschutz.418 2. Stellungnahme
Art. 6bis RBÜ ist nicht zu entnehmen, ob ein Verzicht auf die moral rights zulässig ist. Die hinter der RBÜ stehende Intention, Schutz des Werkes als Teil der Persönlichkeit des Urhebers, spricht eigentlich gegen jedwede rechtsgeschäftliche Einschränkung der Rechte.419 In allen Mitgliedstaaten wird aber die Notwendigkeit einer vertraglichen Einschränkung des droit moral anerkannt, um das Werk angemessen zu verwerten. Da der Verzicht rein schuldrechtliche Wirkung zu haben scheint – ansonsten würde er gegen den Grundsatz der Unübertragbarkeit verstoßen – und nicht pauschal erfolgen kann, bewegt er sich zumindest nicht außerhalb vergleichbarer Einschränkungsmöglichkeiten anderer Mitgliedstaaten.420 Die waiver-Option hat für die Urheber einen entscheidenden Vorteil. Sie verschafft diesen in Zukunft eine stärkere Verhandlungsposition, da die persönlichen Rechte einen nicht zu unterschätzenden wirtschaftlichen Wert haben.421 Dennoch ist die Gefahr der Rechtsaushöhlung natürlich nicht zu leugnen.422
Copyright Office, Waiver of Moral Rights in Visual Artworks, Executive Summary, 24.10.1996 [www.copyright.gov/reports/exsum.html]. 418 Adeney Rn. 16.142. 419 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 966 f. (1990). 420 In diesem Sinne a. Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 599. 421 Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 716 f. (2005); VerSteeg 67 Wash. L. Rev. 827, 846. (1992). 422 Davis 17 Hofstra L. Rev. 317, 360 (1989); Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 717 (2005). 417
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Der Verzicht ist im Hinblick auf einen Ausgleich mit den Verwerterinteressen eigentlich gar nicht erforderlich. Der Interessenausgleich ist bereits pauschal dadurch erfolgt, dass Kunstwerke, die der kommerziellen Nutzung dienen, vom Anwendungsbereich des VARA ausgeschlossen sind. Kollidierende Eigentümerinteressen könnten bspw. durch die Möglichkeit der Zustimmung zu einzelnen Verletzungshandlungen in ausreichendem Maße Berücksichtigung finden. Die Regelung, welchem einem Miturheber den Rechtsverzicht im Namen der Übrigen erlaubt, zeigt deutlich, dass die moral rights keine naturrechtliche Grundlage haben und nach dem Vorbild des copyright geschaffen wurden. Hätten diese einen rein naturrechtlichen Ursprung, so wäre ein Verzicht auf das höchstpersönliche Recht eines anderen undenkbar. Die Möglichkeit des Verzichts ist im Lichte der Dogmatik, Schutz des kulturellen Erbes, eigentlich widersprüchlich: Dem Urheber wird die Entscheidung überlassen, was im Interesse der Öffentlichkeit an seinem Werk schützenswert ist.423 Hier musste der Utilitarismus – ganz dem amerikanischen Pragmatismus gemäß – den kommerziellen Interessen der Wirtschaft an einer möglichst ungehinderten Werkverwertung weichen.
VIII. Die Ansprüche in Folge einer Verletzung des right of integrity Die Ansprüche, die der Urheber im Falle einer Integritätsrechtsverletzung geltend machen kann, decken sich grundsätzlich mit denen einer copyright-Verletzung.424 Ein Anspruch basierend auf dem VARA kann nur für Verletzungshandlungen, die nach in Kraft treten des Gesetzes stattgefunden haben, geltend gemacht werden.425 Adeney Rn. 16.133; Davis 17 Hofstra L. Rev. 317, 360 (1989). 17 U.S.C. § 501 (a); Martin v. City of Indianapolis, 28 F. Supp. 2d 1098, 1102 (1998). 425 VARA § 610 (b) (2). Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 628 f. (S.D.N.Y. 1995) zu der Frage, ob die Ausstellung eines Werkes in veränderter Form eine Verletzungshandlung oder eine fortdauernde Verletzung darstellt und deshalb das VARA anwendbar ist. In dem Fall wurden nur zwei von vier Teilen eines Kunstwerkes bestehend aus Bronzeskulpturen öffentlich ausgestellt. Das 423 424
2. Kapitel: Das right of integrity
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Der Urheber kann vom (potentiellen) Rechtsverletzter die Unterlassung der Rechtsverletzung,426 die Vernichtung oder Herausgabe verletzender Objekte,427 Schadensersatz und die Herausgabe des Verletzergewinns 428 sowie die entstandenen Verfahrenskosten und Anwaltsgebühren verlangen.429 Strafrechtliche Sanktionen sind nicht vorgesehen.430 Die Geltendmachung der Ansprüche setzt keine copyright-Registrierung voraus.431 Ihrer Natur nach werden die Ansprüche dem Billigkeitsrecht (equity) zugeordnet, da sie über eine bloße Schadensverhinderung oder -wiedergutmachung hinausgehen.432 Der Kläger hat die Wahl entweder Schadensersatz für den tatsächlich entstandenen Schaden (actual damages) geltend zu machen und den Verletzergewinn (profits) einzufordern oder alternativ gesetzlichen Schadensersatz (statutory damages) zu verlangen.433 Die statutory damages können sich zwischen $ 750 und $ 30.000 bewegen; 434 die obere Grenze erhöht sich jedoch auf $ 150.000, wenn die Verletzung absichtlich oder mutwillig vorgenommen wurde; wofür der Kläger die Beweislast trägt.435 Das VARA sieht keinen Strafschadensersatz Gericht kam zu dem Ergebnis, dass, wenn ein verändertes Werk über einen längeren Zeitraum ausgestellt wird, nur eine Verletzungshandlung vorliegt, die am Tag der Aufstellung zur Ausstellung des veränderten Werkes vorgenommen wird. 426 17 U.S.C. § 502. Ein Unterlassungsanspruch kommt insb. in Betracht, wenn die Verletzung zu einem irreparablen Schaden führen würde. Zu den Voraussetzungen eines Unterlassungsanspruchs, siehe a. Video Trip Corp. v. Lightning Video, Inc., 866 F.2d 50, 52 (2d Cir. 1989); Bourne Co. v. Tower Records, Inc. 976 F.2d 99, 101 (2d Cir. 1992). 427 17 U.S.C. § 503. 428 17 U.S.C. § 504. 429 17 U.S.C. § 505. Zu den Voraussetzungen des Ersatzes von Anwaltsgebühren, Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 330 f. (S.D.N.Y. 1994); Martin v. City of Indianapolis 4 F. Supp. 2d 808, 812 (S.D. Ind. 1998). 430 17 U.S.C. § 506 (f). 431 17 U.S.C. §§ 411 (a) S. 1; 412 S. 1; Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 531 (S.D.N.Y. 2001). 432 Pollara v. Seymour, 150 F. Supp. 2d 393, 399 (N.D.N.Y. 2001). 433 17 U.S.C. § 504 (b) und (c) (1). 434 17 U.S.C. § 504 (c) (1); vgl. a. Martin v. City of Indianapolis 4 F. Supp. 2d 808, 811 f. (S.D. Ind. 1998). 435 17 U.S.C. § 504 (c) (2). Eine vorsätzliche Handlung reicht nicht aus, die Verletzung muss vorsätzlich geschehen. Vorsatz ist nicht nur bei tatsächlichem Wissen gegeben, sondern es reicht auch “constructive knowledge”, d.h. aus dem Handeln
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
(punitive damges) vor, allerdings wird den erhöhten statutory damages eine strafende und abschreckende Wirkung im Hinblick auf vorsätzliche moral rights-Verletzungen beigemessen.436 Bei der Entscheidung über den Ersatz der Verfahrenskosten und Anwaltsgebühren muss das Gericht folgende Aspekte miteinbeziehen: Die Berechtigung der Klage, die dahinter stehenden Beweggründe der Parteien und die abschreckende Wirkung der Kosten im Hinblick auf zukünftige Rechtsverletzungen.437 Zu kritisieren ist, dass die Schadensersatzregelungen allein auf die Verletzung von Vermögensrechten zugeschnitten sind.438 Im Falle von moral rights wird der Schadensersatz aber für die Verletzung der Persönlichkeit des Künstlers gewährt, vergleichbar wie bei den Delikten defamation und right of privacy. Daher sollte die Begrenzung des Schadensersatzes der Höhe nach bei den statutory damages keine Anwendung finden; ein Kunstwerk kann schließlich einen viel höheren ideellen Wert oder Marktwert haben. Der Urheber kann seine Ansprüche nur innerhalb von drei Jahren ab Anspruchsentstehung einklagen.439
des Verletzers muss auf dessen Wissen um die Verletzungshandlung geschlossen werden können, oder “reckless disregard”, d.h. eine rücksichtslose Nichtbeachtung der copyright-Befugnisse eines anderen. Siehe dazu, N.A.S. Import, Corp. v. Chenson Enters., Inc., 968 F. 2d 250, 252 f. (2d Cir. 1992); Wildlife Express Corp. v. Carol Wright Sales, Inc., 18 F.3d 502, 511, 514 (7th Cir. 1994); Martin v. City of Indianapolis, 28 F. Supp. 2d 1098, 1102 (1998). 436 Wildlife Express Corp. v. Carol Wright Sales, Inc., 18 F.3d 502, 511, 514 (7th Cir. 1994) [zitiert folgenden Satz “Increased statutory damages may be necessary in a particular case to prove that it costs less to obey the copyright laws than to violate them.”]; Martin v. City of Indianapolis 4 F. Supp. 2d 808, 812 (S.D. Ind. 1998) [“… destruction of works of art is not acceptable behaviour under the law or in the eyes of the public.”]; 28 F. Supp. 2d 1098, 1102 (1998); siehe dazu Camber 73 Fla. 69, 72 (1999). 437 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 330 (S.D.N.Y. 1994); Martin v. City of Indianapolis 4 F. Supp. 2d 808, 812 (S.D. Ind. 1998) [“it will serve to deter municipalities and others from wrongly destroying works of art …”]; Adeney Rn. 16.150. 438 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 971 f. (1990). 439 17 U.S.C. § 507 (b); Hunter v. Squirrel Hill Assocs., L.P., 413 F. Supp. 2d 517, 520 f. (E.D. Pa. 2005).
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IX. Zusammenfassung und abschließende Bewertung des VARA Das Bundesgesetz VARA bietet, gemessen an den Vorgaben von Art. 1, 2 und 6bis RBÜ, einen mehr als unzureichenden Schutz. Es findet nur auf sehr wenige Werkarten Anwendung. Im Wesentlichen sind dies unersetzbare Originalwerke aus dem Bereich der bildenden Kunst. Einen umfassenden Schutz aller literarischen und künstlerischen Werke, wie ihn die RBÜ fordert, gewährt das Gesetz nicht. Wird es aber als erster und wichtiger Schritt eines umfassenderen moral rights-Schutzes angesehen,440 macht es durchaus Sinn beim Schutz von Unikaten der bildenden Kunst zu beginnen,441 deren Integrität besonders verletzlich ist. Vervielfältigungen werden grundsätzlich nicht geschützt, weshalb der Urheber keine Möglichkeit hat, rechtlich gegen nicht werkgetreue Reproduktionen vorzugehen, obwohl diese, weil sie in der Regel gleich in großen Stückzahlen vorhanden sind, dem Ansehen des Urhebers besonders schaden können. Das Recht auf Werkintegrität ist durch das Erfordernis einer vorsätzlichen Verletzungshandlung stark eingeschränkt. Die Rechte der RBÜ erfahren keinerlei Haftungsbeschränkungen. Auch wird nur Schutz vor physischen Werkveränderungen gewährt. Veränderungen des Werkes, die von Umfeldeinwirkungen herrühren, sind nicht erfasst. Zwar beschränkt die RBÜ das Integritätsrecht auf Verletzungen, die nachteilig für das Ansehen des Urhebers sind. Diese Einschränkung wurde allerdings im Hinblick auf einen Kompromiss mit den common law-Ländern vorgenommen. Ansonsten wird der Integritätsschutz in den kontinentaleuropäischen Ländern nicht begrenzt. Den USA kann wegen der Beschränkung des „Rechts gegen Zerstörung“ durch das recognized stature-Erfordernis kein Verstoß gegen die RBÜ vorgeworfen werden, da unklar ist, ob Art. 6bis Abs. 1 RBÜ den Zerstörungsschutz erfasst.442 Diese Einschränkung widerspricht So z.B. Burton 48 SMU L. Rev. 639, 641 f. (1995); Camber 73 Fla. Bar J. 69, 73 (1999); Dietz IIC 1994, 177, 180 f.; Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 684 (2007). 441 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 954 (1990). 442 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 963 (1990). 440
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aber der kontinentaleuropäischen droit moral-Theorie – die auch der RBÜ zu Grunde liegt – und allen Werken als Teil der Persönlichkeit ihres Schöpfers gleichen Schutz bietet. Dieses Merkmal steht in Einklang mit dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung kulturell wertvoller Werke; jedoch scheint es mehr die Angst vor einer Klageschwemme gewesen sein, welche zur Einfügung dieses Kriteriums geführt hat. Prinzipiell ist der Schutz vor Werkzerstörung zu begrüßen. Die begrenzte Schutzdauer aller moral rights auf die Lebenszeit des Künstlers verletzt Art. 6bis Abs. 2 S. 1 RBÜ. Demnach müssen die moral rights zumindest solange wie die vermögensrechtlichen Befugnisse am Werk gewährt werden. Ein kleiner Ausgleich in dieser Hinsicht bringt die „preemption clause“ des VARA, wenn sie die längere Schutzfrist der einzelstaatlichen moral rights bestehen lässt.443 Eine Angleichung der Schutzdauer an die vermögensrechtlichen Befugnisse scheint trotzdem dringend geboten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die USA den Wortlaut des VARA an Art. 6bis Abs. 1 RBÜ angelehnt haben, vermutlich um den Anschein der Übereinstimmung zu erwecken. In Wirklichkeit wird der Schutz des Abkommens durch das Gesetz aber stark beschnitten. Nicht nur im Sinne einer Argumentation nach der kontinentaleuropäischen droit moral-Doktrin besteht das Erfordernis eines umfassenderen Integritätsschutzes, der auch den Urhebern anderer Werkarten die entsprechenden persönlichen Rechte zugesteht. Die Beachtung der Vorgaben der amerikanischen Verfassung führen zum selben Ergebnis. Andere Werkarten sind für die Förderung und Erhaltung des amerikanischen Kulturguts ebenso von großer Bedeutung. So hat bspw. ein Filmklassiker denselben kulturellen Wert für eine Gesellschaft, wie ein Werk der bildenden Kunst. Einem umfassenderen Schutz stehen aber eindeutig wirtschaftliche Interessen an der ungehinderten Verwertung, insbesondere von Film-, Fernseh- und Musikwerken, entgegen.444 Der amerikanische Pragmatismus geht anscheinend so weit, dass er notfalls die Verfassung aushebeln kann. 443 444
Vgl. S. 276. Dworkin 19 Colum.-VLA J. L. & Arts 229, 260 (1995).
2. Kapitel: Das right of integrity
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Die work-made-for-hire-doctrine findet im Bereich der moral rights keine Anwendung. Dies führt aber zu dem unbefriedigenden Ergebnis, dass die große Gruppe von angestellten bzw. beauftragten Urhebern überhaupt keinen Integritätsschutz genießen, obwohl deren Ansehen durch eine unerwünschte Werkveränderung genauso Schaden nehmen kann. Hier müsste eine andere Lösung gefunden werden, um das Interesse des Arbeitgebers bzw. Auftraggebers an der Amortisation seiner Kosten mit dem Interesse des Urhebers am Schutz der Integrität seines Werkes in Einklang zu bringen. Gerade der enge Anwendungsbereich des VARA erfordert eigentlich keinen pauschalen Ausschluss der moral rights für diese große Gruppe von Urhebern, zumal die work-made-for-hire-doctrine allein auf ökonomische Rechte zugeschnitten ist.445 Es ist widersprüchlich, den moral rights-Schutz unter den Vorbehalt der fair-use-doctrine zu stellen. Klar ist, dass ein Ausgleich mit den Interessen Dritter im Einzelfall möglich sein muss, allerdings ist die fair-use-doctrine für die vermögensrechtlichen Befugnisse entwickelt worden und kann deshalb den Besonderheiten bei der Beschränkung der persönlichen Reche des Urhebers nicht gerecht werden. Die waiver-Regelung stellt auf den ersten Blick hohe Anforderungen an die Vertragsparteien. Dennoch höhlt sie den minimalen Schutz des VARA immens aus. Kann der Künstler im Bezug auf sein Werk auf den Integritätsschutz verzichten, wird der gesamte Schutzzweck – Schutz des Ansehens und Erhalt kulturell wertvoller Werke im öffentlichen Interesse – eigentlich obsolet. In der Rechtspraxis wird sich der Künstler als schwächere Vertragspartei sowieso dem Willen des Werkverwerters beugen müssen. Ein kleiner Trost kann nur sein, dass bei der Untersuchung des Copyright Office festgestellt wurde, der Verzicht auf die moral rights komme in der Rechtspraxis selten vor, da im Bereich der Kunst mündliche Vertragsabschlüsse Usus sind. Darüber hinaus ist die Regelung zu kritisieren, die es einem Miturheber erlaubt, für die anderen Urheber auf die moral rights wirksam zu verzichten. Auf Grund des persönlichen Charakters von moral rights sollten diese nur im gegenseitigen Einvernehmen verzichtbar sein. 445
Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 966 (1990).
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Ferner fehlt eine Regelung, die besagt, wer die moral rights im Falle des Unvermögens des Urhebers zu seinen Lebzeiten oder nach seinem Tod ausübt, dies ist eine weitere Schwachstelle des Gesetzes. Die auf Vermögensrechte zugeschnittenen Schadensersatzregelungen sind ebenfalls zu kritisieren. Bei der Verletzung von Persönlichkeitsrechten entstehen Schäden, die nicht nach wirtschaftlichen Regeln messbar sind oder nicht durch den in der Höhe begrenzten Schadensersatz bei wirtschaftlichen Schäden ausgeglichen werden können.446 Hier müsste eine gesonderte Regelung eingeführt werden, die sich an den deliktischen Schadensersatzansprüchen orientiert. Insgesamt zeigt sich, dass die Regelungen nicht zum Schutz persönlicher Rechte geeignet sind; sie wurden aber dazu auch niemals konzipiert. Die Normen lassen den Werkverwertern viele „Schlupflöcher“, um den Integritätsschutz zu umgehen. Eine Ausweitung des Schutzes kann leicht durch eine enge Auslegung der preemption clause erreicht werden,447 weil viele einzelstaatliche Gesetze einen weiter reichenden Schutz bieten. Diese einzelstaatlichen Gesetze wurden schließlich vom Kongress als Nachweis für einen bereits bestehenden moral rights-Schutz in den USA vorgebracht. Eine Beschränkung der Gesetze durch den engeren Anwendungsbereich und Schutzumfang des VARA ist deshalb inkonsequent. Das VARA müsste dagegen viel weiter ausgelegt werden; der Wortlaut der Normen lässt dies sicherlich zu. Dem steht aber die Intention des Gesetzgebers entgegen, den Anwendungsbereich des VARA so eng wie nur möglich zu halten, um eben nur unersetzbare Kunstwerke zu schützen und eine Kollision mit den Interessen der Wirtschaft zu vermeiden. Im Ergebnis stellt das Gesetz in jeder Hinsicht ein Regelwerk dar, das an ökonomischen Interessen ausgerichtet ist und das weder den Anforderungen der RBÜ an einen umfassenden Schutz persönlicher Urheberrechte, noch den Vorgaben der amerikanischen Verfassung gerecht wird. Mehr als ein erster Schritt in die richtige Richtung kann in dem Gesetz nicht gesehen werden. Nachbesserungen sind dringend erforderlich, nicht zuletzt weil sich die Schwachstellen mittlerweile 446 447
Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 972 f., 994 f. (1990). Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 947 f. (1990).
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in der Praxis – wie z.B. bei der Interpretation des recognized statureKriteriums oder dem Umgang mit ortsbezogener Kunst – gezeigt haben. B. Die moral rights-Gesetze der Einzelstaaten I. Einleitung Bereits 1979 hat Kalifornien als erster Staat der USA ein Gesetz zum Schutz der moral rights von bildenden Künstlern erlassen. Diesem Beispiel folgte bald darauf New York. Der Erlass eines Bundesgesetzes war zu diesem Zeitpunkt nicht absehbar. In den Kunstzentren der USA, Kalifornien und New York, war das Bewusstsein für die Rechte der Künstler seit jeher besonders ausgeprägt, weshalb hier die Notwendigkeit eines gesetzlichen moral rights-Schutzes, insbesondere eines Werkintegritätsschutzes, als erstes gesehen wurde.448 Diese Sichtweise wird dadurch bestätigt, dass in New York bislang die meisten VARA-Verfahren anhängig wurden.449 Trotzdem schließen diese Gesetze kommerziell verwertbare Kunst, wie z.B. Filmwerke, von ihrem Anwendungsbereich aus.450 Nach dem Vorbild der ersten beiden Gesetze wurden im Laufe der 80er Jahre weitere einzelstaatliche Gesetzte erlassen, was deren starke Ähnlichkeit erklärt. Beim Entwurf des VARA nutzte der Bundesgesetzgeber die Gesetze ebenfalls als Grundlage. Durch den Erlass des VARA hat die Bedeutung der einzelstaatlichen Gesetze stark nachgelassen. Grundsätzlich werden ihre Regelungen verdrängt und es bleibt nur noch ein sehr begrenzter Anwendungsbereich erhalten. II. Die Anwendbarkeit der einzelstaatlichen Regelungen Seit dem in Kraft treten des Bundesgesetzes VARA stellt sich die Frage der Anwendbarkeit der einzelstaatlichen Regelungen.451 Die Vgl. Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1736 (1984); Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1960 ff. (2000). 449 Vgl. S. 339 Fn. 786. 450 Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1739, insb. Fn. 51 (1984). 451 Noch keine preemption der einzelstaatlichen Gesetzte in: Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 135 f. (S.D.N.Y. 1990); Schatt v. Curtis Mgmt. 448
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Supremacy Clause, verankert in Art. 6 der amerikanischen Verfassung, schreibt vor, dass einzelstaatliche Gesetze, die sich mit bundesstaatlichen Gesetzen überschneiden oder sogar in Widerspruch zu diesen stehen, verdrängt werden. Auf Grund dieser verfassungsrechtlichen Vorgabe enthalten viele Gesetze so genannte „preemption clauses“. Im Copyright Act befinden sich die preemption clauses in 17 U.S.C. § 301 (a) und (f). Demnach wird ein einzelstaatliches Gesetz vom VARA verdrängt, wenn das Werk auf Grund dessen Rechte beansprucht werden nach 17 U.S.C. §§ 102, 103 unter den Gegenstand (subject matter) des copyright fällt452 und wenn das Gesetz Rechte gewährt, die denen des VARA gleichen bzw. entsprechen.453 Da die „copyright preemption clause“ in 17 U.S.C. § 301 (a) schon lange vor dem VARA existierte und strukturell und inhaltlich eine große Ähnlichkeit mit der „VARA preemption clause“ in Absatz (f) aufweist, können die zu ihrer Auslegung entwickelten Prüfungsverfahren herangezogen werden.454
Group, Inc. 764 F. Supp. 902, 911 (S.D.N.Y. 1991). Keine Verdrängung der einzelstaatlichen Gesetze, da die Verletzungshandlung vor in Kraft treten des VARA stattfand, in: Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 626 f. (S.D.N.Y. 1995). Aber Verdrängung der einzelstaatlichen Gesetze dann in: Lubner v. City of Los Angeles, 45 Cal. App. 4th 525, 531 (1996); Cort v. St. Paul Fire and Marine Ins. Cos., Inc., 311 F.3d 979, 984 Fn. 1 (9th Cir. 2002); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 52 (S.D.N.Y. 2003). 452 “In general terms, that subject matter is ‘original work of authorship fixed in any tangible medium of expression’, 17 U.S.C. § 102 (a), including ‘compilations and derivative works’, 17 U.S.C. § 103 (a).”, Mayer v. Josiah Wedgwood & Sons, Ltd., 601 F. Supp. 1523, 1532 (S.D.N.Y. 1985). 453 17 U.S.C § 301 (f) (1); H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6931; Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 42 (S.D.N.Y. 2003); vgl. a. Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 135 (S.D.N.Y. 1990). In dem Fall ging es vor in Kraft treten des VARA um die Frage, ob die ausschließlichen copyrightBefugnisse des 17 U.S.C. § 106 vergleichbar mit den Rechten aus § 14.03 des New York Artists’ Authorship Rights Act sind; dieselbe Frage stellte sich in in Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 627 (S.D.N.Y. 1995). 454 Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 40 f. (S.D.N.Y. 2003); Federle S. 117.
2. Kapitel: Das right of integrity
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Zunächst kann die Vergleichbarkeit der gewährten Rechte mit Hilfe des „extra element test“ ermittelt werden.455 Dabei wird geprüft, ob der Anspruch des einzelstaatlichen Gesetzes im Vergleich zu dem des VARA die Erfüllung zusätzlicher Kriterien verlangt, was zur Veränderung des Anspruchscharakters führt.456 Die Verdrängung wird aber nicht allein dadurch verhindert, dass das einzelstaatliche Recht im Detail enger oder weiter gefasst ist.457 Zudem kann die Gleichwertigkeit mit dem „objective test“ festgestellt werden. Demnach entsprechen sich die Rechte, wenn die jeweiligen Gesetzgeber mit den Regelungen identische Zielsetzungen verfolgen. Als dritte Möglichkeit kommt die Durchführung des „conflict test“ in Betracht,458 wonach nur das Bundesgesetz Anwendung findet, sofern die Gesetze in Widerspruch zueinander stehen. Führt die Gleichwertigkeitsprüfung zu dem Ergebnis, dass das einzelstaatliche Gesetz dem VARA entspricht, so wird es vom Bundesgesetz verdrängt und allein dieses findet Anwendung. Im Regelfall kommt es zu einer derartigen Verdrängung der einzelstaatlichen Rechte, da das VARA denselben Schutzzweck verfolgt und inhaltlich ähnlich ausgestaltet ist.459 Die Frage der Verdrängung ist bis heute nicht abschließend für alle einzelstaatlichen Gesetze geklärt.460
Mayer v. Josiah Wedgwood & Sons, Ltd., 601 F. Supp. 1523, 1535 (S.D.N.Y. 1985); Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 135 (S.D.N.Y. 1990). 456 “The extra element, however must be one which changes the nature of the action so that it is qualitvely different form a copyright infringement claim. Elements such as awareness or intent, which alter the action’s scope but not its nature, will not save it from preemption under § 301”, Mayer v. Josiah Wedgwood & Sons, Ltd., 601 F. Supp. 1523, 1535 (S.D.N.Y. 1985); Michaels v. Internet Entm’t Group, Inc., 1998 U.S. Dist. LEXIS 20786, 1, 7 (C.D. Cal. 1998). 457 Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 43 (S.D.N.Y. 2003). 458 Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1467 (1989). 459 Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 972 (1990). Siehe Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 136 Fn. 2 (S.D.N.Y. 1990) und Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 49 f. (S.D.N.Y. 2003) zum Verhältnis zwischen VARA und dem New York Artists’ Authorship Rights Act. 460 Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 626 (S.D.N.Y. 1995) mit Verweis auf Ossola, Law for Art’s Sake, The Recorder, 8.1.1991: “Wheater the rights conferred by VARA are equivalent to those of § 14.03 ‘will occupy courts for years to come …’” 455
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Es gibt drei gesetzlich geregelte Ausnahmefälle, in denen die einzelstaatlichen Regelungen anwendbar bleiben. Der erste Anwendungsfall der einzelstaatlichen Regelungen betrifft einen Klageanspruch, der aus einer Unternehmung herrührt, die vor in Kraft treten des VARA begonnen hat.461 Das einzelstaatliche Recht bleibt ebenso anwendbar, wenn es dem Künstler Rechte gewährt, welche nicht im VARA geregelt sind und sich von diesen grundlegend unterscheiden, was sich bspw. aus den geschützten Interessen ergeben kann.462 Diese Variante scheint aber sehr unwahrscheinlich; es wird kaum ein moral right geben, welches nicht unter das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft oder das Recht auf Werkintegrität des VARA fällt.463 Zudem orientieren sich alle moral rights-Gesetze letztendlich an der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8, so dass der Schutz anderweitiger Interessen als im VARA recht abwegig ist. Die dritte Möglichkeit, welche in der Praxis am häufigsten vorkommen wird, ist, dass die Schutzdauer unter dem einzelstaatlichen Gesetz länger ist als die unter dem VARA.464 Darüber hinaus bleiben die einzelstaatlichen Regelungen anwendbar, wenn das VARA ein bestimmtes Kunstwerk von seinem Anwendungsbereich her nicht erfasst, das einzelstaatliche Gesetz aber schon.465 III. Der Regelungsinhalt der einzelstaatlichen Gesetze 1. Die Einteilung der Gesetze in zwei Gruppen
Die einzelstaatlichen Gesetze können ihrem Schutzzweck gemäß in zwei Gruppen eingeteilt werden. Der Zweck des Gesetzes bestimmt dabei immer die Ausgestaltung der Regelungen.466 Dient es, wie in Kalifornien, sowohl dem persönlichen Interesse des Künstlers an der 17 U.S.C. § 301 (f) (2) (A); Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 628 f. (S.D.N.Y. 1995). 462 17 U.S.C. § 301 (f) (2) (B). 463 Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 43 f. (S.D.N.Y. 2003) 464 17 U.S.C. § 301 (f) (2) (C). 465 Gegenhuber v. Hystopolis Prods., Inc., 1992 U.S. Dist. LEXIS 10156, 1, 11 (N.D. Ill. 1992); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 443 Mass 110, 118 f. (SJCM 2004); 288 F. Supp. 2d 89, 100 (D. Mass. 2003); Adeney Rn. 16.154. 466 Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1941 f. (2000). 461
2. Kapitel: Das right of integrity
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Integrität seines Werkes als auch dem Interesse der Öffentlichkeit an dem Erhalt von Kunstwerken, so wird den Urhebern von Originalwerken, die anerkannte Qualität besitzen, Veränderungs- und Zerstörungsschutz gewährt. Soll mit dem Gesetz nach dem Vorbild von New York dagegen primär das Ansehen des Künstlers geschützt werden, fallen sowohl Originalwerke als auch Reproduktionen in den Schutzbereich, vorausgesetzt diese werden in veränderter Form öffentlich präsentiert. Im Folgenden werden die Gesetze deshalb nach ihrem jeweiligen Schutzzweck entweder dem California Art Preservation Act oder dem New York Artists’ Authorship Rights Act zugeordnet. 2. Das California Art Preservation Act
Das California Art Preservation Act stammt aus dem Jahr 1979 und wurde mit den §§ 980–989 in den California Civil Code (Cal. Civ. Code) integriert. Die für den Integritätsschutz zentrale Norm stellt Cal. Civ. Code § 987 dar. In Absatz (a) wird zunächst die doppelte Schutzrichtung des Integritätsschutzes festgelegt.467 Zum einen sollen Künstler vor jeder Werkänderung oder -zerstörung geschützt werden, die für ihr Ansehen nachteilig ist. Dabei fällt auf, dass das Kunstwerk gerade auch als Ausdruck der Persönlichkeit des Künstlers Schutz erfährt. Diese Formulierung ähnelt stark naturrechtlichen Begründungsansätzen. Ebenso dient das Gesetz dem öffentlichen Interesse an dem Erhalt der Integrität von kulturellen und künstlerischen Schöpfungen, was insbesondere an dem recognized quality Kriterium, dem Zerstörungsschutz, dem postmortalen Schutz und einem Klagerecht für Organisationen – sofern ein substantial public interest vorliegt –, deutlich wird. 2.1. Die allgemeinen Schutzvoraussetzungen
Künstler im Sinne des Gesetzes ist jede natürliche Person (oder Personen), welche das Werk der schönen Künste (fine art) geschaffen hat.468 Unter schöner Kunst wird ein Gemälde,469 eine Skulptur oder Cal. Civ. Code § 987 (a). Cal. Civ. Code § 987 (b) (1). 469 Wandgemälde zählen als Gemälde ebenfalls zu den Werken der schönen Künste, Botello v. Shell Oil Co., 229 Cal. App. 3d 1130, 1135 ff. (1991). 467 468
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Plastik, eine Zeichnung oder ein Werk aus Glas 470 verstanden.471 Bei den Werken muss es sich um Originale handeln. Vom Schutzbereich sind folglich keine Vervielfältigungen erfasst. Die Kunstwerke müssen anerkannte Qualität (recognized quality) besitzen. Ob dies der Fall ist, muss der „trier of fact“ mit Hilfe von anderen Personen, die mit der Schöpfung von Kunst oder deren Vermarktung befasst sind, ermitteln, z.B. Künstler, Kunsthändler, Kunstsammler und Kuratoren.472 Dieses Kriterium wurde zur Verhinderung des Missbrauchs des Gesetzes eingefügt; bspw. sollten Zeichnungen von Kindern oder Amateurkünstlern vom Anwendungsbereich ausgeschlossen werden.473 Die mit der Einfügung des Merkmals verbundenen Gefahren wurden bereits ausführlich im Rahmen des VARA behandelt.474 Im Gegensatz zum VARA ist für alle Werke der schönen Künste die anerkannte Qualität Schutzvoraussetzung und nicht nur Anspruchsvoraussetzung im Falle der Zerstörung.475 Das kalifornische Gesetz hat deshalb den Charakter eines wahren Kulturgüterschutzgesetzes. Vom Schutzbereich ausgenommen sind ferner Kunstwerke, die im Rahmen eines work-made-for-hire-Verhältnisses geschaffen wurden, sofern beabsichtigt ist, diese kommerziell, z.B. zu Werbezwecken oder in Printmedien, zu nutzen.476 Der moral rights-Schutz endet 50 Jahre nach dem Tod des Künstlers. Die Rechte können nach dem Tod des Künstlers von dessen Erben, Das ausgerechnet Glaswerke erfasst sind, verwundert auf den ersten Blick, erklärt sich jedoch dadurch, dass die Ehefrau eines an der Gesetzgebung Beteiligten Glaskünstlerin war vgl. Adeney Rn. 16.157 Fn. 129 mit Verweis auf Goetzl 15 Hastings Comm. and Ent. L.J. 893, 899 (1993). 471 Cal. Civ. Code § 987 (b) (2). Graffiti fällt nicht unter “fine art”, da es in der Regel ohne Erlaubnis des Künstlers angebracht wird und unter einige Strafgesetze fällt, Botello v. Shell Oil Co., 229 Cal. App. 3d 1130, 1134 Fn. 2 (1991). 472 Cal. Civ. Code § 987 (f). 473 Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1739 (1984) 474 Siehe die Ausf. S. 254 ff. 475 Vgl. 17 U.S.C. § 106A (3) (B). Dort ist Voraussetzung des Zerstörungsschutzes, dass das Werk recognized stature besitzt. Der Terminus quality ist im Gegensatz zu dem Begriff stature nicht wertneutral. Im Wesentlichen dürfte aber dasselbe damit gemeint sein, vgl. S. 249 ff. 476 Cal. Civ. Code § 987 (b) (2) und (7); Robert H. Jacobs, Inc. v. Westoaks Realtors, Inc. 159 Cal App. 3d 637, 644 (1984). 470
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Begünstigten, Vermächtnisnehmern oder persönlichen Vertretern ausgeübt werden.477 Das Gesetz findet auf Rechtsverletzungen nach in Kraft treten des Gesetzes am 01.01.1980 Anwendung, gleichgültig wann die Werke geschaffen wurden.478 Obwohl das Gesetz hierzu keinerlei Regelung enthält, ist davon auszugehen, dass das Gesetz ausschließlich in Kalifornien Anwendung findet. Denn der Supreme Court hat in Goldstein v. California festgestellt, dass ein von einem Einzelstaat verliehenes „Urheberrecht“ allein in den Grenzen dieses Staates Geltung hat.479 2.2. Das right of integrity
Cal. Civ. Code § 987 (c) (1) ist zu entnehmen, dass niemandem erlaubt ist,480 ein Werk der schönen Künste vorsätzlich physisch zu entstellen, zu verschandeln, zu verändern oder zu zerstören bzw. eine derartige vorsätzliche Werkveränderung oder -zerstörung zu autorisieren.481 Das Verbot gilt nicht für den Künstler, der das Werk geschaffen hat, vorausgesetzt dieses gehört ihm noch und befindet sich in seinem Besitz.482 Dies bedeutet in der Folge, dass ein Künstler sein Werk nicht mehr verändern bzw. zerstören darf, wenn er das Eigentum daran übertragen hat. Durch Cal. Civ. Code § 987 (c) (2) wird das Verbot für bestimmte Personengruppen abgewandelt. Einer Person, welche ein Werk der
Cal. Civ. Code § 987 (g) (1). Cal. Civ. Code § 987 (j). 479 Goldstein v. California, 412 U.S. 546 (1973); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 347. 480 In Cal. Civ. Code § 987 (b) (3) ist klargestellt, dass mit “person” nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen, sowie sonstige Zusammenschlüsse von natürlichen Personen, ungeachtet ihrer Organisationsform, gemeint sind. 481 Cal. Civ. Code § 987 (c) (1). Zum Tatbestandsmerkmal “intentional”, Lubner v. City of Los Angeles, 45 Cal. App. 4th 525, 529 f. (1996). In dem Fall konnten die Künstler keinen Schadensersatz wegen der Zerstörung ihrer Kunstwerke bekommen, da ihre Gemälde nur fahrlässig zerstört wurden, als ein Lastwagen in ihr Haus krachte. 482 Siehe Peifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 341, die darauf hinweisen, dass darin in beschränkten Umfang ein droit de repentir gesehen wird. 477 478
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
schönen Künste zu Ausstellungszwecken präpariert,483 daran Erhaltungsmaßnahmen durchführt, um dessen Verfall oder Beschädigung aufzuhalten bzw. zu verhindern,484 oder Restaurierungsarbeiten vornimmt,485 ist es untersagt, das Kunstwerk durch eine grob fahrlässige Handlung zu verändern oder zu zerstören bzw. eine derartige Handlung zu autorisieren. In diesem Zusammenhang bedeutet grob fahrlässig ein derart geringes Maß an Sorgfalt, dass es gerechtfertigt ist, dem Verletzter Gleichgültigkeit im Bezug auf das Kunstwerk zu unterstellen. Die unterschiedliche Ausgestaltung des Verbots, je nach Eigentumsund Nutzungsverhältnissen, führt zu folgendem Ergebnis: Künstler verlieren ihr Änderungsrecht, wenn sie sich einmal dazu entschlossen haben, ihr Werk an Dritte zu veräußern. Über das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Werks kann dieser Rechtsverlust gerechtfertigt werden. Des Weiteren werden (öffentliche) Einrichtungen, bspw. Museen, von einer positiven Erhaltungspflicht befreit.486 Sie sind es hauptsächlich, die Werke zu Ausstellungszwecken präparieren oder Erhaltungsmaßnahmen durchführen. Der Integritätsschutz ist somit in mehrfacher Hinsicht beschränkt. Zum einen, wie oben bereits festgestellt, auf Originalwerke der schönen Künste, welche anerkannte Qualität besitzen. Zudem muss die Werkintegrität im Regelfall vorsätzlich487 verletzt worden sein. Dem Wortlaut nach sind allein physische Veränderungen, nicht dagegen Umfeldeinwirkungen erfasst. Die Eingriffe in das Integritätsrecht müssen jedoch keine nachteiligen Folgen für das Ansehen des Künstlers haben. Das Fehlen des Schutzkriteriums ist wiederum mit dem öffentlichen Interesse am Erhalt wertvoller Kunstwerke zu erklären. Positiv anzumerken ist, dass die Autorisierung einer vorsätzlichen Werkveränderung oder -zerstörung ausdrücklich als Verletzungshandlung genannt ist. “To frame” ist in diesem Zusammenhang weit zu verstehen und meint nicht nur wörtlich ein Kunstwerk rahmen, sondern ein Kunstwerk für dessen Ausstellung vorbereiten, Cal. Civ. Code § 987 (b) (4). 484 Cal. Civ. Code § 987 (b) (6). 485 Cal. Civ. Code § 987 (b) (5). 486 Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1747 (1984); Dreier GRUR Int. 1992, 525, 529. 487 Der Umkehrschluss aus Cal. Civ. Code § 987 (c) (2) ergibt, dass unter “intentional” nicht die grobe Fahrlässigkeit fällt. 483
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2.3. Der Verzicht auf das right of integrity
Auf das Recht auf Werkintegrität kann durch eine schriftliche, vom Künstler unterzeichnete Vereinbarung verzichtet werden.488 Dieser Grundsatz gilt vorbehaltlich der Regelung in Cal. Civ. Code § 987 (h) (1), welche einen Verzicht kraft Gesetz anordnet. Der Verzicht unterliegt keinem Bestimmtheitserfodernis, weshalb selbst ein Generalverzicht zulässig ist.489 2.4. Die Beschränkungen des right of integrity
Kann ein Werk der schönen Künste nicht ohne wesentliche physische Veränderung oder Zerstörung von einem Gebäude entfernt werden, wird vermutet, dass der Künstler auf seine ihm nach Cal. Civ. Code § 987 zustehenden Rechte verzichtet hat.490 Der gesetzlich angeordnete Verzicht kann durch eine schriftliche, vom Eigentümer des Gebäudes unterschriebene Vereinbarung, welche eine gesetzliche Beschreibung des Eigentums enthält und genau registriert wurde, verhindert werden.491 Die Vereinbarung, sollte sie ordnungsgemäß registriert sein, bindet nachfolgende Eigentümer des Gebäudes. Damit hängt der Integritätsschutz bei Kunstwerken, die „non removable“ sind, stark von dem Willen des Gebäudeeigentümers ab. Möchte der Eigentümer eines Gebäudes dagegen ein Kunstwerk, welches grundsätzlich ohne wesentliche Beschädigung entfernt werden kann, beseitigen und beabsichtigt der Eigentümer die Veränderung oder Zerstörung des Kunstwerkes im Zuge der Entfernung oder will er hierzu seine Erlaubnis erteilen, so finden die in Cal. Civ. Code § 987 begründeten Rechte grundsätzlich Anwendung. Der Eigentümer kann aber den Integritätsschutz durch die Beachtung einiger Formalien umgehen. Entweder muss er gewissenhaft, aber vergeblich versucht haben den Künstler 492 von seinem Vorhaben schriftlich in Kenntnis zu setzen oder es müssen nach der schriftlichen Inkenntnissetzung des Künstlers 90 Tage vergangen sein, wobei der Künstler das Cal. Civ. Code § 987 (g) (3). Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1744 (1984). 490 Cal. Civ. Code § 987 (h) (1). 491 Cal. Civ. Code § 987 (h) (1). 492 Oder für den Fall, dass der Künstler Tod ist, dessen Erben, Begünstigte, Vermächtnisnehmer sowie persönliche Vertreter. 488 489
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Kunstwerk weder selbst entfernt noch für dessen Entfernung bezahlt hat.493 Der Künstler wird Eigentümer des Werkes und und Inhaber des copyright, sofern er für die Entfernung aufkommt.494 In Cal. Civ. Code § 987 (h) (3) findet sich eine vergleichbare Regelung für Kunstwerke, die in Gebäude integriert sind, die abgerissen werden sollen. 2.5. Die Ansprüche in Folge einer Verletzung des right of integrity
Um seine Rechte durchzusetzen, kann der Künstler eine Klage auf Unterlassung, den Ersatz des tatsächlich entstandenen Schadens, Strafschadensersatz 495 und den Ersatz angemessener Anwalts- und Sachverständigenkosten anstrengen.496 Zudem ist jedes andere Klagebegehren zulässig, welches das Gericht für geeignet erachtet.497 Die Klage muss innerhalb von drei Jahren nach der Verletzungshandlung oder innerhalb von einem Jahr nach Entdeckung derselbigen, je nachdem, welche Frist länger ist, eingereicht werden.498 In Cal. Civ. Code § 989 erhält die Öffentlichkeit ein eigenes Klagerecht, da die moral rights auch zum Schutz des öffentlichen Interesses am Erhalt der Integrität von kulturellen oder künstlerischen Schöpfungen gewährt werden.499 Es gibt Fälle, in denen allein die Öffentlichkeit ein Interesse am Schutz der Integrität des Werkes haben wird; bspw., wenn der Künstler eines Werkes unbekannt oder bereits verstorben ist.500 Cal. Civ. Code § 989 (c) gewährt einer im öffentlichen Interesse handelnden Organisation das Recht, eine (vorbeugende) UnterlassungsCal. Civ. Code § 987 (h) (2). In dem Fall Botello v. Shell Oil Co., 229 Cal. App. 3d 1130 (1991) wurden die Künstler vor der Zerstörung ihres Wandgemälde nicht aufgefordert es zu entfernen. 494 Dasselbe gilt für den Fall, dass Erben, Begünstigte, Vermächtnisnehmer oder persönliche Vertreter für die Beseitigung aufkommen. 495 Cal. Civ. Code § 987 (e) (3). Den Strafschadensersatz sollen gemeinnützige oder erzieherische Organisationen erhalten, die mit fine art in Kalifornien befasst sind. Das Gericht wählt die Organisation(en) nach seinem Ermessen aus, Cal. Civ. Code § 987 (e) (3). Das VARA sieht die Gewährung von Strafschadensersatz nicht vor. 496 Cal. Civ. Code § 987 (e). 497 Cal. Civ. Code § 987 (e) (5), z.B. Feststellungsklage. Insofern ist das Gesetz weiter als das VARA. 498 Cal. Civ. Code § 987 (i). 499 Cal. Civ. Code § 987 (a) und 989 (a). 500 Robinson 68 Fordham L. Rev. 1935, 1944 (2000). 493
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klage anzustrengen, um die in Cal. Civ. Code § 987 (c) verbotenen Handlungen zu verhindern und so die Integrität eines Werkes der schönen Künste (fine art) zu erhalten. Bei der Organisation muss es sich um einen gemeinnützigen, öffentlichen oder privaten Rechtsträger bzw. eine vergleichbare Vereinigung handeln, die zum Zeitpunkt der Klageeinreichung zumindest drei Jahre besteht und deren Hauptzweck in der öffentlichen Inszenierung, Ausstellung oder anderweitigen Präsentation von Kunstwerken oder der Förderung von Kunst bzw. Künstlern liegt.501 Unter „fine art“ fallen in diesem Zusammenhang alle Gemälde, Skulpturen, Plastiken, Zeichnungen oder Werke aus Glas, die anerkannte Qualität besitzen und an denen zusätzlich ein wesentliches öffentliches Interesse besteht (substantial public interest).502 Dabei erfolgt die Bestimmung der anerkannten Qualität und des wesentlichen öffentlichen Interesses nach denselben Grundsätzen wie in Cal. Civ. Code § 987 (f), d.h. mit Hilfe von Sachverständigen.503 Weitere Rechte werden den Organisationen im Zusammenhang mit in Gebäuden integrierten Kunstwerken zugestanden.504 Anzumerken ist, dass die Organisationen aber nicht gegen Künstler vorgehen können, denen das von ihnen geschaffene Werk weiterhin gehört.505 2.6. Stellungnahme
Im Vergleich zum VARA ist der Anwendungsbereich der Norm von vornherein auf Kunstwerke von anerkannter Qualität beschränkt. Die erfassten Kunstwerke sind im Prinzip dieselben. Ein Vervielfältigungsschutz findet überhaupt nicht statt. Der Veränderungs- und Zerstörungsschutz ist nicht gesondert geregelt. Dieser hängt im Wesentlichen von denselben Voraussetzungen wie der Integritätsschutz des VARA ab, allerdings erfordert er keinen Nachteil für das Ansehen des Künstlers. Die Autorisierung von Verletzungshandlungen ist ausdrücklich verboten. Der Schutz endet nicht wie beim VARA mit dem Tod des Künstlers, sondern erst 50 Jahre danach. Die Rechte können nach dem Tod des Künstlers von anderen Personen ausgeübt 501 502 503 504 505
Cal. Civ. Code § 989 (b) (2). Cal. Civ. Code § 989 (b) (1). Cal. Civ. Code § 989 (d). Cal. Civ. Code § 989 (e). Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1750 Fn. 128 (1984).
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werden. Auf das Integritätsrecht kann generell, durch eine schriftliche, vom Künstler unterschriebene Erklärung verzichtet werden. Eine gewisse Sicherheit bietet das Erfordernis der Schriftlichkeit und der Unterschrift des Künstlers. In der Realität werden aber vor allem junge und unbekannte Künstler – um aus dem Verkauf ihres Werkes oder der Einräumung von Nutzungsrechten finanziellen Nutzen zu ziehen – gezwungen sein, auf ihre Rechte zu verzichten.506 Die Anforderungen an einen Verzicht im VARA sind weitaus höher: Die Verzichtserklärung muss das Werk und die Nutzung des Werkes genau bestimmen, auf die sich der Verzicht bezieht. Die Verzichtsmöglichkeit ist eigentlich nicht notwendig: Kunstwerke, die der kommerziellen Nutzung dienen, sind ohnehin vom Anwendungsbereich des kalifornischen Gesetzes ausgeschlossen. Die Konzeption der Regelungen zeigt, dass das Gesetz primär die Erhaltung von Kunstwerken bezweckt. 3. Nach dem Vorbild des California Art Preservation Act gestaltete Gesetze
Die Staaten Massachusetts (1984),507 Pennsylvania (1986) 508 und New Mexico (1987) 509 verfolgen mit ihren moral rights-Regelungen denselben Schutzzweck wie das California Art Preservation Act und haben sich daher in der Ausgestaltung der Normen stark am kalifornischen Gesetz orientiert. Die Rechte sollen einerseits dem Schutz des Ansehens der Schöpfer von bildender Kunst dienen; andererseits verfolgt das Gesetz das Ziel, Kunst im öffentlichen Interesse zu erhalten.510 Dies wird in mehrfacher Hinsicht offenbar: Es werden nur Werke von anerkannter Qualität geschützt.511 Ob dieses Merkmal So a. Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1745 (1984). Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S. Das Gesetz von Kalifornien war Vorbild, siehe Moakly v. Eastwick, 423 Mass. 52, 55, 58 (Mass. Sup. Ct. 1996); Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 101 (D. Mass. 2003). 508 73 P.S. § 2101–2110. 509 N.M. Stat. Ann. § 13-4B-1 bis 3. 510 Zum doppelten Schutzzweck vgl. Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (a); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-1; Moakly v. Eastwick, 423 Mass. 52, 57 (Mass. Sup. Ct. 1996): “The Act’s preservation function is subsidiary to this [safeguard artists’ professional reputation] main purpose”. 511 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (b) “fine art”; 73 P.S. § 2102 “fine art”; N. M. Stat. Ann. § 13-4B-2 (B). Zur weiten und flexiblen Definition von fine art 506 507
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erfüllt ist, wird durch die Hinzuziehung von Sachverständigen bestimmt.512 Vervielfältigungen des Originalwerkes sind vom Anwendungsbereich der Gesetze ausgeschlossen. Zudem bieten die Gesetze Schutz vor Zerstörung. Die Schutzdauer endet erst 50 Jahre nach dem Tod des Künstlers.513 Nach dessen Tod können die Erben, Vermächtnisnehmer oder persönliche Vertreter die Rechte ausüben. Die gesetzlichen Regelungen schließen im Gegensatz zu ihrem kalifornischen Vorbild graphische Werke mit ein.514 Ferner sind in Massachusetts und New Mexico Filmwerke ausdrücklich vom Schutzbereich erfasst,515 was eine beachtenswerte Besonderheit darstellt, da die Lobby der Filmindustrie stets die Erfassung von Filmwerken zu verhindern versuchte. Werke mit Originalcharakter516 fallen nicht nur in einer bestimmten Stückzahl bzw. als limitierte Auflage in den Anwendungsbereich. Die im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses geschaffenen Kunstwerke werden, ebenso wie Kunstwerke, die Werbezwecken oder der kommerziellen Nutzung dienen, nicht geschützt.517 Die Rechtsverletzung besteht in der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen 518 Veränderung oder Zerstörung des Werkes.519 Die Autorisierung einer derartigen Verletzungshandlung ist ebenfalls verboten.520 im Gesetz von Mass., Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 101 f. (D. Mass. 2003) [auch ein Park ist erfasst; ebenso wie die Ortsbezogenheit des Werkes, da keine presentation exclusion existiert]. 512 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (f); 73 P. S. § 2106; N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (D); Moakly v. Eastwick, 423 Mass. 52, 54 (Mass. Sup. Ct. 1996). 513 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (g); 73 P. S. § 2107 (1); N. M. Stat. Ann. 13-4B-3 (E). 514 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (b) “fine art”; 73 P. S. § 2102 “fine art”. 515 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (b) “fine art”; N. M. Stat. Ann. § 13-4B-2 (B). 516 Z.B. Drucke, Abgüsse. 517 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (b) “artist”; 73 P. S. § 2107 (3); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-2.(A). 518 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (b) “gross negligence”; N. M. Stat. Ann. § 13-4B-2 (C). 519 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (c); 73 P. S. § 2104 (a); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (A) mit der Besonderheit, dass das Kunstwerk in oder an einem öffentlichen Gebäude angebracht sein muss [zu public bulding und public view vgl. § 13-4B-2 (D), (E)]. 520 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (c); 73 P. S. § 2104 (a); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (A).
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In Massachusetts und New Mexico hat neben dem Künstler eine von dem Künstler dazu schriftlich autorisierte bona fide-Vereinigung oder Künstlerorganisation ein Klagerecht.521 Eine Klage setzt nicht voraus, dass der Schaden bereits eingetreten ist.522 Ist der Künstler verstorben und wird sein Werk in öffentlichen Gebäuden ausgestellt oder an diesen angebracht, so kann in Massachusetts und New Mexico der Generalbundesanwalt die Rechte für den Künstler ausüben und eine Unterlassungsklage anstrengen.523 Auf die Rechte kann der Künstler durch eine schriftliche, von ihm unterzeichnete Vereinbarung verzichten; diese muss sich auf ein bestimmtes Werk beziehen.524 Ein konkludenter Verzicht wird für den Fall vermutet, dass ein in ein Gebäude integriertes Kunstwerk nicht ohne Veränderung oder Zerstörung von diesem entfernt werden kann.525 Der Künstler kann sich seine Rechte aber durch eine schriftliche, vom Gebäudeeigentümer unterzeichnete und vor der Installation des Kunstwerkes registrierte Erklärung vorbehalten; diese bindet die Rechtsnachfolger des Eigentümers.526 Die Rechte des Künstlers finden dagegen für den Fall Anwendung, dass die Entfernung eines derartigen Kunstwerks von dem Gebäude ohne wesentliche Beschädigung möglich ist, außer der Gebäudeeigentümer beachtet bestimmte Formalien.527 In Pennsylvania begeht der Gebäudeeigentümer keine Rechtsverletzung, wenn er ein Kunstwerk in einer Notsituation von seinem Gebäude entfernt und es dabei verändert oder zerstört.528 Die Rechtsverletzung muss in den Staaten und am Tag des bzw. nach in Kraft treten des Gesetzes vorgenommen worden sein.529 Allein das Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (e); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (C). Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (e); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (C) (1). 523 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (g) und (b) “public view”; N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (E). 524 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (g); 73 P. S. § 2107 (2); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (E). 525 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (h) (1); 73 P. S. § 2108 (a); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (F). 526 In Pennsylvania ist kein Registrierungserfordernis vorgesehen; dies bedeutet einen erleichterten Rechtsschutz für den Künstler. 527 Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S (h) (2); 73 P. S. § 2108 (b); N. M. Stat. Ann. § 13-4B-3 (G). 528 73 P. S. § 2108 (d). 529 73 P.S. § 2110 (a) und (b). Aus der Entscheidung Goldstein v. California, 412 U.S. 546 (1973) ergibt sich dies für die anderen Staaten, vgl. S. 279. 521 522
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Gesetz von Pennsylvania findet ausdrücklich auf Werke Anwendung, die vor dessen in Kraft treten geschaffen wurden.530 4. Das New York Artists’ Authorship Rights Act
Der Staat New York ist mit dem New York Artists’ Authorship Rights Act aus dem Jahr 1983 einen eigenen Weg gegangen. Das Gesetz ist Teil des New York Arts & Cultural Affairs Law (N.Y. Arts & Cult. Aff. Law). Zentrale Norm zum Schutz der Werkintegrität ist § 14.03. Primärer Schutzzweck ist das Ansehen des Künstlers und nicht das Interesse der Öffentlichkeit am Erhalt von anerkannten Kunstwerken.531 Dies wird deutlich durch das Fehlen des recognized quality-Erfordernisses und des Zerstörungsschutzes,532 ebenso wie durch den um Vervielfältigungen des Werkes erweiterten Schutz.533 Der alleinige Klageanspruch des Künstlers im Falle einer Rechtsverletzung bestätigt diese Sichtweise. 4.1. Die allgemeinen Schutzvoraussetzungen
Künstler534 im Sinne des Gesetzes ist der Schöpfer eines Werkes der schönen Künste bzw. diejenige Person, welche die „Vorlage“ konzipiert oder geschaffen hat, die zur Herstellung von Vervielfältigungen mit Originalcharakter genutzt wird.535 Unter den Begriff der „schö-
73 P.S. § 2210 (b). Nicht aber in Mass; dies würde die Rechtsbeziehung und Erwartungen der Künstler und Eigentümer des Kunstwerks verändern, Moakly v. Eastwick, 423 Mass. 52, 57 ff. (Mass. Sup. Ct. 1996). 531 Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1749 f. (1984); Smith 70 Cornell L Rev 158, 170 (1984). 532 Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 51 f. (S.D.N.Y. 2003). 533 Vgl. N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (16) Def. “reproduction”, § 14.03 (1); Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 136 f. (S.D.N.Y. 1990); Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1740 (1984). 534 Das kann auch ein Unternehmen sein vgl. Wesselmann v. Int’l Images, Inc. 169 Misc. 2d 476, 482 (N.Y. Sup. Ct. 1996): “An artist can be a corporation pursant to section § 11.01 (1) and (13) of the Arts and Cultural Affairs Law.” 535 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (1). 530
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
nen Kunst“ (fine art) 536 fallen Gemälde, Skulpturen und Plastiken,537 Zeichnungen, graphische Werke und Drucke.538 Die Schutzdauer des Integritätssrechts ist der Regelung nicht zu entnehmen. Da aber nur der Künstler selbst einen Klageanspruch hat und auch andere Ehrschutzrechte, wie defamation, mit dem Tod des Rechtsinhabers enden, ist anzunehmen, dass die moral rights mit dessen Tod erlöschen.539 Ein Rechtsverzicht ist nicht vorgesehen, allerdings ist dem Wortlaut nach (“…person acting with the artist’s consent …”), die Zustimmung zu einzelnen Verletzungshandlungen möglich.540 Ein Verzicht dürfte dennoch prinzipiell möglich sein. Aus dem Grundsatz des amerikanischen Rechts, dass die Ausnahme eine sehr strenge Gesetzesauslegung ist (exceptio est strictissimae interpretationis), ergibt sich die Zulässigkeit von allem, was nicht ausdrücklich (anderweitig) geregelt ist.541 4.2. Das right of integrity
Jedem,542 außer dem Künstler oder einer Person, die mit dessen Einverständnis handelt, ist es verboten, wissentlich ein Werk der schönen Künste oder ein Kunstwerk,543 das Teil einer limitierten Auflage von N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (9). N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (18) Def. “sculpture”. Die Skulptur muss einen Wert über $ 15.000 haben; vgl. Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 624 (S.D.N.Y. 1995). 538 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (14) Def. “print”. Die Begriffe “print” und “multiple” verwendet das Gesetz synonym, siehe dazu Wesselmann v. Int’l Images, Inc. 169 Misc. 2d 476, 482 (N.Y. Sup. Ct. 1996); 172 Misc. 2d 247 (N.Y. Sup. Ct. 1996). 539 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (4) (a). 540 Vgl. N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (1); Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1744 (1984). 541 Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 342; a.A. Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1745 (1984). 542 „Person“ meint nicht nur natürliche Personen, sondern auch Partnerschaften, Unternehmen, Vereinigungen oder andere organisierte Gruppierungen, N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (13). 543 Diese Werkstücke zählen nicht als schöne Kunst, genießen aber dennoch als Kunstwerke mit Originalcharakter Schutz. Vgl. a. N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (9), (20); Wesselmann v. Int’l Images, Inc. 169 Misc. 2d 476, 482 (N.Y. Sup. Ct. 1996) [“The statute clearly applies to prints or multiples as well as to fine art”]. 536 537
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nicht mehr als 300 Vervielfältigungen ist544 oder eine Reproduktion bzw. Vervielfältigung 545 dieser Werke, in einer veränderten, entstellten, verschandelten oder umgestalteten Form an einem öffentlich zugänglichen Ort auszustellen oder zu veröffentlichen.546 Voraussetzung für eine Rechtsverletzung und die Geltendmachung von Ansprüchen ist, dass das veränderte Originalwerk, ein verändertes Exemplar der limitierten Auflage oder eine veränderte Vervielfältigung des Werkes derart ausgestellt, veröffentlicht oder vervielfältigt werden, dass es den Anschein erweckt, diese seien originale Werke des Künstlers, oder unter Umständen, unter denen diese vernünftigerweise als Werke des Künstlers angesehen werden.547 Ferner muss eine Schädigung des Ansehens des Künstlers mit hoher Wahrscheinlichkeit eintreten.548 Von dem Verbot ausgenommen sind sequenzielle Bilder, insbesondere Filme.549 Die Verletzungshandlung besteht folglich nicht in der Veränderung des Werkes, sondern in der öffentlichen Ausstellung oder VeröffentN.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (10). Die limitierte Auflage besteht aus identischen Werken, die alle auf eine Vorlage bzw. einen Entwurf zurückgehen (vgl. N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (11) Def. “master”; z.B. Druckplatte; Negativ; Gussform). Zum Nachweis der limitierten Auflage sind diese in der Regel nummeriert oder anderweitig markiert. Siehe zum Begriff der limitierten Auflage, Schatt v. Curtis Mgmt. Group, Inc. 764 F. Supp. 902, 912 f. (S.D.N.Y. 1991). 545 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (16). Der Künstler hat ein Recht auf werkgetreue Vervielfältigung; dies ergibt sich aus einer Zusammenschau von N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (1) und (3) (b). Das Recht ist jedoch durch das Ausstellungserfordernis und Erfordernis eines Schadens für das Ansehen des Künstlers beschränkt, vgl. Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 135, 136 f. (S.D.N.Y. 1990); Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1740 (1984). 546 Zur öffentlichen Ausstellung und Veröffentlichung, Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 135, 138 (S.D.N.Y. 1990) [In dem Fall wurden über 200 Pamphlete an verschiedene Personen im Staat N.Y. versendet]; Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 624 (S.D.N.Y. 1995). 547 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (1). 548 Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 135, 139 f. (S.D.N.Y. 1990). Aus dem Fall ergibt sich ein reasonable person standard [“a reasonable person would conclude that damage to the artist’s reputation is likley”]; Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 624 (S.D.N.Y. 1995). 549 Somit werden Filmwerke nicht schon von der Def. von fine art ausgenommen, sondern erst von den verbotenen Verletzungshandlungen, N.Y. Arts & Cult. Aff. Law §§ 11.01 (9), 14.03 (1). 544
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lichung des veränderten Werkes, welche dem Ansehen des Künstlers sehr wahrscheinlich schaden könnte.550 Wichtig ist, dass diese Bestimmung immer in Zusammenhang mit N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (4) (e) gelesen wird. Daraus ergibt sich das Erfordernis der Öffentlichkeit als Anspruchsvoraussetzung, weil nur dann eine Ansehensschädigung des Künstler möglich ist. Hängt ein Museum ein Bild direkt in die Sonne, so dass die Farbe ausbleicht, ist dies rechtsverletztend; nicht dagegen, wenn das Bild im feuchten Keller des Museums, abseits der Öffentlichkeit, gelagert und deshalb beschädigt wird.551 Ebenso hat die Veränderung von Werken, die sich in Privatbesitz befinden und nicht an die Öffentlichkeit gelangen, keinerlei rechtliche Folgen.552 Die Werkzerstörung ist nicht von dem Schutzzweck des Gesetzes – Schutz des Ansehens – erfasst und daher nicht geregelt.553 Dahinter verbirgt sich die Annahme, dass es zu einer Schädigung des Ansehens nur dann kommen kann, wenn ein Werk existiert, das die Öffentlichkeit in Verbindung mit dem Schöpfer bringt.554 Der Vervielfältigungsschutz ist durch den Sinn und Zweck des Gesetzes, primär das Ansehen des Künstlers und nicht die Substanz des Werkes zu schützen, gerechtfertigt.555 Filmwerke werden nicht durch die Definition von „fine art“ vom Schutzbereich des Gesetzes, sondern nur vom Verbot der öffentlichen Ausstellung oder Veröffentlichung in veränderter Form ausgenommen. Die Autorisierung einer Rechtsverletzung ist gesetzlich nicht geregelt, trotzdem ist diese bereits auf Grund von allgemeinen Rechtsprinzipien verboten. Der Künstler kann Ansprüche, wie z.B. auf Unterlassung und Schadensersatz, geltend machen, ohne einen tatsächlichen Schaden haben zu müssen.
Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1741 (1984). Vgl. Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1746 (1984). 552 Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 342. 553 Dreier GRUR Int. 1992, 525, 530. 554 Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1741 (1984). 555 Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 137 f. (S.D.N.Y. 1990); Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1740 (1984). 550 551
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4.3. Die Beschränkungen des right of integrity
Das Verbot in N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (1) unterliegt ein paar Einschränkungen. Veränderungen, die durch das Fortschreiten der Zeit oder die Eigenheit des Materials begründet sind, können allein nicht zu einer Rechtsverletzung führen; vorausgesetzt, dass eine derartige Veränderung nicht Folge eines grob fahrlässigen Handelns bei der Instandhaltung oder dem Schutz des Werkes der schönen Künste war.556 Im Falle von einfachen Vervielfältigungen reicht es für eine Rechtsverletzung nicht aus, wenn das gewöhnliche Reproduktionsmittel zur Veränderung des Werkes führt (z.B. Detailverlust, Größenreduzierung).557 Daraus folgt, dass Veränderungen, die normalerweise nicht bei der Vervielfältigung entstehen, eine Rechtsverletzung darstellen können.558 Grundsätzlich stellen Erhaltungsmaßnahmen, die über den bloßen Schutz vor Verfall und die Erhaltung im ursprünglichen Zustand 559 hinausgehen keine Veränderung im Sinne der Regelung dar, außer sie werden fahrlässig durchgeführt.560 Dies bedeutet aber im Umkehrschluss, dass einfache Erhaltungsmaßnahmen, wie auch immer sie durchgeführt werden, niemals eine Veränderung im Sinne des Gesetzes darstellen können. Damit sollten insbesondere Museen vor einer Haftung geschützt werden.561 Die Regelung findet keine Anwendung auf Werke, die im Rahmen von Vertragsverhältnissen für Werbe- oder Handelszwecke geschaffen werden, es sei denn dies ist im Vertrag ausdrücklich vorgesehen.562 Im Falle einer Rechtsverletzung kann der Künstler eine Schadensersatz- oder Unterlassungsklage anstrengen.563 Eine Klage ist ausge-
N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (3) (a). N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (3) (b). 558 Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 137 (S.D.N.Y. 1990); Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1740. 559 Vgl. N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 11.01 (7) Def. “conservation”. 560 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (3) (c). 561 Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1745 (1984). 562 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (3) (d). 563 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (4) (a). 556 557
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schlossen, wenn sie nicht innerhalb von drei Jahren nach der Verletzungshandlung – der öffentlichen Präsentation des veränderten Werkes – oder ein Jahr nach der Entdeckung der Verletzungshandlung, je nachdem, welche Frist länger ist, eingereicht wird.564 Das Gesetz findet nur Anwendung auf Rechtsverletzungen im Staate New York.565 4.4. Stellungnahme
Insgesamt ist der Integritätsschutz sehr schwach, weil er allein dem Schutz des Ansehens des Künstlers dient. Die bloße Werkveränderung ist für eine Rechtsverletzung nicht ausreichend. Erst die öffentliche Präsentation des veränderten Werkes begründet einen Anspruch. Das Vorsatzerfordernis schränkt das Recht weiter ein. Positiv zu werten ist, dass das Gesetz nicht verschiedene Schutzzwecke vermischt und so in sich widerspruchsfrei bleibt. Im Übrigen zeichnet sich das Gesetz durch viele Definitionen aus und schafft Rechtssicherheit. Die Persönlichkeit des Künstlers ist hier zentrales Schutzanliegen, dennoch ist auch dieses Gesetz von wirtschaftlichen Interessen geprägt, was der Ausschluss von Filmwerken zeigt. Durch den einfachen Schutzzweck ergeben sich einige, entscheidende Unterschiede zum VARA. 5. Nach dem Vorbild des New York Artists’ Authorship Rights Act gestaltete Gesetze
Die Staaten Maine (1985),566 New Jersey (1986),567 Louisiana (1986),568 Rhode Island (1987),569 Connecticut (1988) 570 und Nevada N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (4) (b); Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620, 625 f. (S.D.N.Y. 1995). 565 N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (4) (e). 566 M.R.S. 27 § 303. 567 N.J. Stat. Ann. § 2A: § 24A-1 bis 8. 568 La. R.S. § 51: 2151 bis 2156. Die Einordnung des moral rights-Gesetzes von Louisiana bereitet große Schwierigkeiten. Einerseits erfasst es nur Werke der bildenden Kunst von anerkannter Qualität, was für einen Schutz im öffentlichen Interesse spricht. Andererseits schützt das Gesetz nur vor Werkveränderungen und nicht vor der Werkzerstörung; zudem bietet es Vervielfältigungsschutz. Darüber hinaus besteht die Rechtsverletzung nicht in der Veränderung des Werkes, sondern in der öffentlichen Präsentation desselbigen in veränderter Form. So rückt es insgesamt näher zu den Gesetzen, welche primär das Ansehen der Künst564
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(1989) 571 haben ihre „moral rights-Gesetze“ nach dem Vorbild New Yorks geschaffen. Integritätsschutz wird den Schöpfern bildender und graphischer Kunst lediglich zum Schutz ihres Ansehens gewährt.572 Der einfache Schutzzweck ist durch den fehlenden Zerstörungsschutz, die Begrenzung der Schutzdauer auf die Lebenszeit des Künstlers, den Vervielfältigungsschutz,573 und den Verzicht auf das recognized quality-Merkmal 574 erkennbar. Besonders deutlich wird er aber durch die Definition der Rechtsverletzung; diese besteht nicht in der Veränderung des Werkes, sondern in der öffentlichen Ausstellung oder Veröffentlichung des veränderten Werkes bzw. der veränderten Vervielfältigung. Der Anwendungsbereich ist um graphische Werke erweitert.575 Schutz wird nicht nur Originalwerken geboten; limitierte Auflagen (von Fotodrucken und/oder Skulpturen) von nicht mehr als 300 Werk-
ler schützen. Auch inhaltlich weißt es starke Ähnlichkeiten zu dem New Yorker Gesetz auf, so dass es gerechtfertigt scheint, es diesem zuzuordnen. 569 R.I. Gen. Laws § 5-62-2 bis 6. 570 Conn. Gen. Stat. § 42-116s und 116t. Inhaltlich ähnelt das Gesetz von Connecticut auf den ersten Blick zwar mehr dem von Kalifornien (Verletzungshandlung besteht in der Veränderung des Werkes; Schutzdauer von 50 Jahren). Allerdings dient der Schutz wohl primär dem Ansehen der Künstler, da das Gesetz nicht nur Werke von anerkannter Qualität schützt und keinen Schutz vor Zerstörung bietet. Zudem erfasst das Gesetz Vervielfältigungen, da die Definition von “work of fine art” kein Orginalitätserfordernis enthält, vgl. Conn. Gen. Stat. Ann. § 42-116s (2); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 346. Dem Schutzzweck gemäß muss die Einordnung hier erfolgen. 571 Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.720 bis 597.750. 572 Vgl. insb. die Aussagen in der Präambel, N. J. Stat. 2A: § 24A-2. 573 27 M.R.S. § 303 (1) (C) und (2); N. J. Stat. 2A: § 24A-3 (d) und 4; La. R.S. § 51:2152 (5) und 2153 (2); R.I. Gen. Laws § 5-62-2 (15) und 3; Conn. Gen. Stat. Ann. § 42-116s (2); Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.720 (2) und 740 (1). 574 Eine Sonderstellung nimmt hier Louisiana ein. Das Gesetz von La. begrenzt den Schutz auf Werke von anerkannter Qualität, vgl. La. R.S. § 51:2152 (7). Demnach hat ein Werk anerkannte Qualität, wenn es Eigenschaften besitzt, die dessen Wert erhöhen. Das Vorliegen derartiger Eigenschaften wird wiederum durch die Hinzuziehung von Personen, die mit bildender Kunst vertraut sind, bestimmt, vgl. La. R.S. § 51:2152 (4). 575 27 M.R.S. § 303 (1) (D); N. J. Stat. 2A: § 24A-3 (e); La. R.S. § 51:2152 (7); R.I. Gen. Laws § 5-62-2 (20); Conn. Gen. Stat. § 42-116s (2); Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.720 (3).
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stücken genießen ebenfalls Schutz.576 Ausgeschlossen sind Filmwerke 577 und Werke, die in einem Angestellten- oder Auftragsverhältnis geschaffen wurden bzw. Handels- oder Werbezwecken dienen.578 Wie bereits erwähnt, liegt die Rechtsverletzung in der öffentlichen Präsentation des veränderten Werkes oder einer veränderten Kopie bzw. Reproduktion davon.579 Die Rechtsverletzung kann ebenso in der Autorisierung einer derartigen Handlung bestehen.580 Die Einschränkungen der Verbotsnormen sind im Wesentlichen dieselben, wie im New Yorker Gesetz, so z.B. die Festlegung eines geringeren Sorgfaltsmaßstabes für Erhaltungsmaßnahmen.581 Eine Zustimmung des Künstlers schließt grundsätzlich die Rechtsverletzung aus.582 Ein Schaden für das Ansehen des Künstlers ist zum Teil nicht erforderlich, sondern muss lediglich wahrscheinliche Folge der Verletzungshandlung sein.583 Die Gesetze von Conneticut und Nevada sehen die Möglichkeit des pauschalen Rechtsverzichts vor.584 Die Schutzdauer 27 M.R.S. § 303 (1) (D); N. J. Stat. 2A: § 24A-3 (e); La. R.S. § 51:2152 (7); R.I. Gen. Laws § 5-62-2 (20); Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.720 (3); nicht aber in Connecticut, Conn. Gen. Stat. § 42-116s (2). 577 27 M.R.S. § 303 (1) (D); N. J. Stat. 2A: § 24A-3 (e); La. R.S. § 51:2152 (7); R.I. Gen. Laws § 5-62-2 (20); Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.720 (3) (a); nicht aber in Connecticut, Conn. Gen. Stat. § 42-116s (2). 578 27 M.R.S. § 303 (4); N.J. Stat. 2A: § 24A-7; La. R.S. § 51:2155 (D); R.I. Gen. Laws § 5-62-5 (d); Conn. Gen. Stat. § 42-116s (2) (A) und (B); Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.720 (3) (b) und (c). 579 27 M.R.S. § 303 (2); N. J. Stat. 2A: § 24A-4; La. R.S. § 51:2153; R.I. Gen. Laws § 5-62-3; Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.740 (1); nicht aber in Connecticut; dort besteht die Rechtsverletzung in der Veränderung des Werkes, vgl. Conn. Gen. Stat. § 42-116t (a). 580 Ausdrücklich geregelt nur in Conn. Gen. Stat. § 42-116t (a). Ansonsten ergibt sich dies aus den allgemeinen Rechtsgrundsätzen. 581 Z.B. 27 M.R.S. § 303 (4); N.J. Stat. 2A: § 24A-6; La. R.S. § 51:2155 (A)–(C); R.I. Gen. Laws § 5-62-5 (a)–(c); Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.740 (3) und (4). In Connecticut sind keine Ausnahmen vorgesehen! 582 27 M.R.S. § 303 (2); N.J. Stat. 2A: § 24A-4; La. R.S. § 51:2153; R.I. Gen. Laws § 5-62-3; Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.740 (1). 583 27 M.R.S. § 303 (2) [“… damage to the artist’s reputation is reasonably likely to result form …”]; N.J. Stat. 2A: § 24A-4 [“… if damage to the artist’s reputation is reasonably likely to result …”]; La. R.S. § 51:2153 [“… damage to the artist’s reputation is reasonably likely to result there from.”]; Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.740 (1) [“… if damage to the reputation of an artist is reasonably foreseeable …”]. 584 Conn. Gen. Stat. § 42-116t (d) (3); Nev. Rev. Stat. Ann. § 597.750; nicht aber in Maine, New Jersey, Louisiana und Rhode Island; hier fehlen entsprechende Regelung. In Louisiana und Connecticut ist ein konkludenter Verzicht für den 576
2. Kapitel: Das right of integrity
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ist nicht ausdrücklich geregelt; sie dürfte aber dem engen Schutzzweck gemäß auf die Lebenszeit des Künstlers beschränkt sein.585 Zudem hat grundsätzlich allein der Künstler ein Klagerecht,586 wobei die Klagemöglichkeit befristet ist.587 Die Gesetze finden auf Rechtsverletzungen Anwendung, die in den Staaten vorgenommen wurden.588 In Conneticut ist der Schutz begrenzt auf Werke, die nach in Kraft treten des Gesetzes geschaffen wurden.589 6. Die Gesetze von Montana, Utah and South Dakota
Die Staaten Montana,590 Utah 591 und South Dakota 592 haben keine wirklichen „moral rights-Gesetze“ für die Schöpfer bildender Kunst. Vielmehr wurden dort Gesetze erlassen, welche darauf abzielen, die Lebensqualität der Bürger und die kulturelle Entwicklung in den Staaten durch den staatlichen Erwerb von Kunstwerken und deren öffentliche Präsentation, vor allem in öffentlichen Gebäuden, zu verbessern.593 Im Rahmen dieser Gesetze werden den bildenden Künstlern bestimmte persönliche Rechte gewährt.594
Fall vorgesehen, dass ein Kunstwerk nicht ohne physische Veränderung von einem Gebäude entfernt werden kann, La. R.S. § 51:2155 (F) (1); Conn. Gen. Stat. § 42-116t (e). 585 Dazu Adeney Rn. 16.171. Nicht aber in Conn., vgl. Conn Gen. Stat. § 42-116t (d) (1); dort ist die Schutzdauer auf 50 Jahre begrenzt. Die Rechte können nach dem Tod des Künstlers von dessen Erben, Vermächtnisnehmer und persönlichen Vertretern ausgeübt werden 586 27 M.R.S. § 303 (5); N.J. Stat. 2A: § 24A-8 (a); La. R.S. § 51:2156 (A); R.I. Gen. Laws § 5-62-6 (a); Conn. Gen. Stat. § 42-116t (c). 587 27 M.R.S. § 303 (5); N.J. Stat. 2A: § 24A-8 (b); La. R.S. § 51:2156 (B); R.I. Gen. Laws § 5-62-6 (b); Conn. Gen. Stat. § 42-116t (f). 588 27 M.R.S. § 303 (4); N.J. Stat. 2A: § 24A-7; La. R.S. § 51:2155 (E); R.I. Gen. Laws § 5-62-5 (e). 589 Conn. Gen. Stat. § 42-116t (g). 590 Mont. Code Ann. § 22-2-401 bis 407 (“Percent-for-Art Act”) 591 Utah Code Ann. § 9-6-401 bis 409 (“Utah Percent-for-Art Act”) 592 S.D. Codified Laws § 1-22-1 bis 16. 593 Zum Schutzzweck der Gesetze, siehe Mont. Code Ann. § 22-2-402; Utah Code Ann. § 9-6-402; S.D. Codified Laws § 1-22-1. 594 Mont. Code Ann. § 22-2-407; Utah Code Ann. § 9-6-409; S.D. Codified Laws § 1-22-16 [z.B. “The right to prevent degradation, mutilation or aesthetic ruining of the work.”]
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
IV. Zusammenfassung und abschließende Bewertung der einzelstaatlichen moral rights-Gesetze Die unterschiedliche Schutzrichtung der Gesetze zeigt ganz deutlich die ambivalente Haltung der USA im Hinblick auf die Funktion der moral rights. Oft verfolgen die Gesetze nicht nur eine bestimmte Zielsetzung, sondern dienen mehreren, unter Umständen gegenläufigen Zwecken. Nachteilige Folge davon ist, dass die Gesetze letztendlich keinem Schutzzweck vollkommen gerecht werden können. Als Beispiel sei das recognized quality-Merkmal genannt; es wurde eingefügt, um kulturell wertvolle Unikate für die Nachwelt zu erhalten. Das Kriterium läuft dem Persönlichkeits- bzw. Ansehensschutz zu wider, denn es stellt grundsätzlich (junge) unbekannte Künstler schutzlos. Paradoxerweise hat sich gezeigt, dass das Merkmal nicht einmal dem öffentlichen Interesse am Schutz gesellschaftlich anerkannter Werke gerecht wird; es ist zu wenig flexibel, um die kulturelle Wertsteigerung bzw. den kulturellen Wertverlust als Bewertungsaspekt mit einfließen zu lassen, dem ein Kunstwerk im Laufe der Zeit unterliegt.595 Nur unter Zugrundelegung der verschiedenen, miteinander verknüpften Zielsetzungen kann die unterschiedliche Ausgestaltung der Gesetze erklärt werden und deren Auslegung erfolgen.596 Wie sich gezeigt hat, sind die folgenden Punkte besonders charakteristisch für die Einordnung der Gesetze. Zunächst sind die erfassten Werkarten entscheidend. Schützt das Gesetz viele verschiedene (Kunst-) Werke, so spricht dies für einen starken Persönlichkeitsschutz; werden nur wenige erfasst, überwiegt das öffentliche Schutzinteresse. Das recognized quality-Merkmal, welches von vorne herein zahlreiche Kunstwerke vom Anwendungsbereich ausschließt, ist eindeutig dem öffentlichen Interesse zuzuordnen, ebenso wie der Schutz vor Zerstörung; denn das Ansehen des Künstlers kann nach weit verbreiteter Ansicht ausschließlich durch ein verändertes Werk, nicht aber durch ein zerstörtes Werk Schaden nehmen. Vervielfältigungen des Originalwerkes werden dagegen nur vor Veränderungen geschützt, wenn das Gesetz dem Ansehensschutz des Künstlers dient; es besteht in der Regel kein öffentliches Erhaltungsinteresse an bloßen Kopien. Auch die Schutz595 596
Siehe die Ausf. auf S. 255. Vgl. Damich 84 Colum. L. Rev. 1733, 1755 (1984).
2. Kapitel: Das right of integrity
297
dauer verrät viel über den Schutzzweck des Gesetzes; wird davon ausgegangen, dass das Ansehen eines Künstlers nach dessen Tod nicht mehr beschädigt werden kann, so wird der Schutz lediglich zu Lebzeiten des Künstlers gewährt; verfolgt das Gesetz allerdings preservatorische Zwecke, muss der Schutz nach dem Tod des Urhebers fortbestehen. Insgesamt sind die Gesetze der Einzelstaaten, was die Zahl der erfassten Werkarten oder die Schutzdauer angeht, oft weiter als das VARA gefasst, jedoch bieten sie keinen umfassenden Schutz der persönlichen Interessen von Urhebern literarischer, musikalischer und dramatischer Werke, wie ihn die RBÜ vorschreibt. Sie sind weit entfernt von dem naturrechtlich geprägten, kontinentaleuropäischen Urheberpersönlichkeitsschutz, welcher der RBÜ zu Grunde liegt. Hauptproblem ist dabei die Kombination von verschiedenen Schutzzwecken. In kontinentaleuropäischen Urheberrechtsgesetzen gibt es keine derartige Verflechtung öffentlicher und persönlicher Interessen. Der Schutz des öffentlichen Interesses ist aus dem Urheberrecht ausgelagert und findet sich in gesonderten denkmalschützenden Gesetzen wieder. Dies ermöglicht einen umfassenden Schutz geistiger und persönlicher Urheberinteressen und verhindert gesetzesinterne Widersprüche. Die Bedeutung der einzelstaatlichen Gesetze hat seit dem in Kraft treten des Bundesgesetzes VARA stark nachgelassen. Die Gesetze erfüllen trotzdem eine wichtige Funktion. In vielen Fällen können sie Schutzlücken des VARA schließen, die vor allem durch die auf die Lebenszeit der Künstler begrenzte Schutzdauer entstehen. In vielen Gerichtsentscheidungen zeigt sich, dass die Frage der preemption durch das VARA noch nicht abschließend geklärt ist, weshalb nicht immer klar ist, ob ein einzelstaatliches Gesetz neben dem VARA Anwendung findet.597
Z.B. Verdrängung des N.Y. Arts & Cult. Aff. Law § 14.03 (1) in Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 52 (S.D.N.Y. 2003). Keine Verdrängung des Mass. Gen. Laws Ann. ch. 231, § 85S dagegen in Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89, 100 (D. Mass. 2003). So a. Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1494 (2004), der darauf hinweist, dass die preemption außerhalb von N.Y. noch nicht geklärt zu sein scheint.
597
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen in- und außerhalb des copyright law A. Einleitung Leider gewährt das VARA, ebenso wie die moral rights-Gesetze der Einzelstaaten, ausschließlich Urhebern von Werken der bildenden Kunst Integritätsschutz. In diesem Bereich ist sicherlich das öffentliche Interesse am Erhalt des Werkes im Originalzustand am größten, dennoch wäre ein Schutz für Werke mit (hohem) kommerziellem Wert ebenso wünschenswert. Gerade diese Werke sind besonders der Gefahr von unerwünschten Veränderungen ausgesetzt, was die Debatte um die Kolorierung von Schwarz-Weiß-Filmen in den 80er Jahren verdeutlicht hat.598 Ihre kulturelle Bedeutung und das öffentliche Interesse an ihrem Erhalt sind vielfach nicht weniger groß. Allerdings scheint in diesen Fällen das Vermarktungsinteresse, insbesondere der Film-, Fernseh- und Musikindustrie, aus wirtschaftlichen Gründen vorzugehen. Die Unterhaltungsindustrie konnte bislang durch eine starke Lobby und die direkte Beteiligung am Gesetzgebungsprozess einen umfassenden moral rights-Schutz verhindern. Die Urheber sind daher weiterhin auf den Schutz durch andere Rechtsinstitute in- und außerhalb des copyright law angewiesen. Auf diese wurde verwiesen, als es im Zuge des Beitritts der USA zur RBÜ um die Konformität des US-Rechts mit Art. 6bis RBÜ ging. So stützen die amerikanischen Gerichte ihre Entscheidungen zum Schutz der Werkintegrität auf das copyright, die Vertragsauslegung, das Wettbewerbsrecht (unfair competition) und die Delikte defamation und right of privacy.599 Diese Anspruchsgrundlagen bieten aber keine Vgl. S. 214. Am bemerkenswerten ist der Fall Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14 (2d Cir. 1976). Dort beschäftigt sich das Gericht mit dem Schutz der Werkintegrität über das copyright, das Vertragsrecht und das Wettbewerbsrecht und stützt seine Ergebnisse auf das kontinentaleuropäische droit moral-Konzept; vgl. a. die Aussagen in Seroff v. Simon & Schuster, Inc., 6 Misc. 2d. 383, 387 (N.Y. Sup. Ct. 1957): “Nevertheless, a right analogous to ‘moral right’ though not referred to as such, has been recognized in this country and in the common-law countries of the British Commonwealth so that in at least a number of situations the integrity and 598 599
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
299
sichere Grundlage für einen wirklichen Schutz der Werkintegrität; der Schutz erfolgt weder systematisch noch ist eine eigene Dogmatik erkennbar.600 Im Folgenden sollen die weiteren rechtlichen Möglichkeiten zum Schutz der Werkintegrität im amerikanischen Recht dargestellt werden. Dabei ist zu beachten, dass die Rechte nicht auf den Schutz der ideellen Interessen der Urheber abzielen. Sie wurden vielmehr im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung dazu umfunktioniert.
B. Die Vorschriften des Copyright Act Neben dem 17 U.S.C. § 106A können andere Vorschriften des Copyright Act zum indirekten Schutz der Werkintegrität herangezogen werden.
I. Der Schutz der Werkintegrität durch das copyright Durch das copyright können die Urheber nicht nur die wirtschaftliche Kontrolle über ihr Werk ausüben. In gewissem Maße ermöglicht das Vermögensrecht den Schutz von persönlichen Interessen, wie dem an der Integrität des Werkes. Dieser erfolgt aber bloß indirekt, weil die Veränderung des Werkes, sowie der damit verbundene Ansehensverlust des Künstlers, finanzielle Auswirkungen und damit eine ökonomische, unter das copyright fallende Dimension haben.601
reputation of an artistic creator have been protected by judicial pronouncements. The express grounds on which common-law protection has been given include libel, unfair competition, copyright, and the right of privacy, with some groping toward what Roeder has called ‘a tort theory of a personal sui generis nature’.” 600 Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 75 ff., 95 f. (1988) entnimmt dem amerikanischen case law, insb. zum right of privacy, ein aus seiner Sicht noch nicht vollständig anerkanntes right of personality, welches Ausgangspunkt der Entwicklung eines einheitlichen Systems zum Schutz der Persönlichkeitsrechte von Urhebern sein könnte. So kommt er zu dem Schluss, dass der gesetzliche Schutz von Persönlichkeitsrechten von Urhebern kein fremdes Rechtsprinzip ist, sondern durchaus Anerkennung im amerikanischen Recht gefunden hat. 601 Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 24 (2d Cir. 1976).
300
2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Zum Schutz der Werkintegrität sind am ehesten die ausschließlichen Vervielfältigungs- und Bearbeitungsrechte des copyright-Inhabers nach 17 U.S.C. § 106 (1) und (2) geeignet.602 Problematisch ist dabei, dass der Urheber des Werkes nicht unbedingt dessen copyright-Inhaber ist. Der Urheber erwirbt zwar originär das copyright an seinem Werk; 603 er kann es jedoch frei veräußern,604 wozu er oft auf Grund seiner schwächeren Verhandlungsposition gezwungen sein wird.605 Bei einem Werk, das im Rahmen eines Angestellten- oder Auftragsverhältnisses geschaffen wurde (work-madefor-hire), erlangt zudem der Arbeitgeber oder Auftraggeber das copyright.606 Daher kann der Urheber die Kontrolle über die Integrität seines Werkes überhaupt nur dann über das copyright ausüben, wenn er selbst dessen Inhaber (geblieben) ist. Weitere Grundvoraussetzung ist, dass der copyright-Schutz an dem Werk noch besteht. Dieser endet grundsätzlich 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.607 Darüber hinaus ist zu beachten, dass alle vom copyright umfassten Rechte unter dem Vorbehalt der fair-use-doctrine stehen.608 Demnach sind Verletzungen der ausschließlichen copyrightRechte gerechtfertigt, wenn eine Abwägung der vermögensrechtlichen Interessen der Beteiligten ein überwiegendes Interesse des Verletzers ergibt. Z.B. Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 142 (S.D.N.Y. 1990); Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 218 (E.D.N.Y. 2000); Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 536 (S.D.N.Y. 2001). Siehe a. Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 38 (1988). Allerdings ist der moral rights-Schutz nicht intendiert, vgl. Lee v. A.R.T Co., 125 F.3d 580, 583 (7th Cir. 1997): “It would not be sound to use § 106 (2) to provide artists with exclusive rights deliberately omitted from the Visual Artists Rights Act.” 603 17 U.S.C. 201 (a); vgl. die Ausf. auf S. 222 f. 604 17 U.S.C. 201 (d). 605 Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1446 (1989). 606 17 U.S.C. § 201 (b). Krit. zur Unbestimmtheit und unterschiedlichen Auslegung der Regelung durch die Gerichte, Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1444 ff. (1989). 607 17 U.S.C. §§ 302–305. 608 17 U.S.C. § 107. Die in 17 U.S.C. § 107 genannten Kriterien sind nicht abschließend. Zur Entstehungsgeschichte, dem Sinn und Zweck sowie den Voraussetzungen von fair use: Harper & Row, Publishers, Inc. v. Nation Enters, 471 U.S. 539, 5547 ff. (1985); Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 142 ff. (S.D.N.Y. 1990); Lish v. Hapers’s Magazine Foundation, 807 F. Supp. 1090, 1096 (S.D.N.Y. 1992). Siehe a. S. 260 f. 602
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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Für den copyright-Schutz bedarf es keiner copyright-Registrierung; eine Klage wegen einer Rechtsverletzung setzt aber eine Registrierung voraus.609 Folglich unterliegt der Integritätsschutz über das copyright einigen Voraussetzungen und Beschränkungen: Nur wenn der Urheber Inhaber des copyright ist, die Schutzfirst noch nicht abgelaufen ist, das Verhalten des Verletzers nicht über fair use gerechtfertigt ist und das copyright registriert wurde, hat eine Klage wegen copyright-Verletzung wirklich Aussicht auf Erfolg und hilft indirekt dem Schutz der Werkintegrität. 1. Das Vervielfältigungsrecht gemäß 17 U.S.C. § 106 (1)
Das Recht des copyright-Inhabers auf Vervielfältigung des Werkes gemäß 17 U.S.C. § 106 (1) wird verletzt, wenn das Werk ohne dessen Zustimmung vervielfältigt und dabei verändert wird.610 Eine Rechtsverletzung erfordert, dass die Reproduktion eine grundsätzliche Ähnlichkeit (substantial similarity) zum Originalwerk besitzt.611 Als Beispiel sei der Fall genannt, dass ein Poster von einem Ölgemälde als Grundlage zur Herstellung einer werkgetreuen Kopie des Ölgemäldes genutzt wird.612
17 U.S.C. § 411; Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303, 331 (S.D.N.Y. 1994). 610 Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 142 (S.D.N.Y. 1990); Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 218 f. (E.D.N.Y. 2000); Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 536 (S.D.N.Y. 2001); Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 21 f. (S.D.N.Y 2003). Zum Vervielfältigungsrecht, insb. dem Begriff der Vervielfältigung, Hoecht S. 168 ff. 611 “Substantial similarity” ist bereits gegeben, wenn ein Laie die Kopie als dem Originalwerk entsprechend betrachtet (ordinary observer test). Dabei muss die Kopie nicht jedes Detail des Werkes enthalten, Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 219 (E.D.N.Y. 2000). Zu dem Kriterium siehe a. Wildlife Express Corp. v. Carol Wright Sales, Inc., 18 F.3d 502, 509, 511 (7th Cir. 1994) [“The Act does not require identical copying, only substantial similarity.”]; Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 22 ff. (S.D.N.Y 2003); Stanislawski v. Jordan, 337 F. Supp. 2d 1103, 1108, 1114 ff. (E.D. Wis. 2004). 612 Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 217 f. (E.D.N.Y. 2000). 609
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Dieser Vervielfältigungsschutz ist für den Schutz der Werkintegrität sehr bedeutend, weil das VARA weder Schutz vor Veränderungen des Werkes, die durch Vervielfältigungsprozesse entstehen, noch vor Veränderungen der Vervielfältigungen des Werkes bietet.613 2. Das Bearbeitungsrecht gemäß 17 U.S.C. §§ 106 (2), 101
Viel effektiver kann die Integrität des Werkes über das Bearbeitungsrecht des copyright-Inhabers nach 17 U.S.C. § 106 (2) geschützt werden. Wird eine Werk ohne die Zustimmung des Urhebers verändert und stellt diese Veränderung eine Bearbeitung im Sinne der Norm dar, stehen dem Urheber Ansprüche wegen copyright infringement zu.614 Das Recht wird bedauerlicherweise durch 17 U.S.C. § 101 stark eingeschränkt, der eine gesetzliche Definition der Bearbeitung (derivative work) enthält. Demnach ist eine Werkveränderung, eine Bearbeitung im Sinne von 17 U.S.C. § 106 (2), wenn diese die Voraussetzungen des copyright-Schutzes erfüllt, d.h. bei dem bearbeiteten Werk muss es sich selbst um ein original work of authorship handeln. Das Merkmal setzt voraus, dass das „neue“ Werk selbst als copyrightfähiges Originalwerk aufgefasst werden kann.615 Diese Originalität unterscheidet die Bearbeitung von der bloßen Kopie des Ausgangswerkes; erstere erfordert eine eigene Schöpfung des Bearbeiters und Adeney Rn. 16.179. Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 19 f. (2d Cir. 1976); Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 142 (S.D.N.Y. 1990); Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 221 (E.D.N.Y. 2000); Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 536 (S.D.N.Y. 2001). Zum Bearbeitungsrecht, insb. dem Begriff der Bearbeitung, Hoecht S. 175 ff. 615 Zum Merkmal der Originalität siehe Lee v. A.R.T Co., 125 F.3d 580, 581 f. (7th Cir. 1997); Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 221 (E.D.N.Y. 2000); siehe a. Feist Publ’ns, Inc. v. Rural Tel. Serv.Co., Inc., 499 U.S. 340, 345 ff. (1991); Alva Studios, Inc. v. Winninger, 177 F. Supp. 265, 267 f. (S.D.N.Y. 1959); Batlin & Son, Inc. v. Snyder, 536 F.2d 486, 490 f. (2d Cir. 1976); Durham Indus., Inc., v. Tomy Corp., 630 F.2d 905, 909 f. (2d Cir. 1980); Lone Ranger Television, Inc. v. Program Radio Corp., 740 F.2d 718, 722 (9th Cir. 1984); Federle S. 109; ebenso S. 222, 235 f. Falsch ist wohl die Entscheidung in WGN Cont’l Broad. Com. v. United Video, Inc., 693 F.2d 622, 625 ff. (7th Cir. 1982); in diesem Fall wurde der Teletext eines Fernsehprogramms (audiovisual work) als vom copyright mitumfasst angesehen. 613 614
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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ein Minimum an Gestaltungshöhe.616 Somit hat der Urheber im Falle einer Werkänderung keine Ansprüche wegen copyright-Verletzung, wenn die Änderung nicht die nötige Originalität aufweist. Ein Beispiel für eine Bearbeitung stellt die Nachbildung einer Gussform vom Kopf einer Bronzeskulptur in stark entstellter Weise dar.617 Insgesamt ist der Bearbeitungsbegriff sehr eng gefasst, weshalb das Recht keinen Schutz vor bloßen Veränderungen und Entstellungen oder der Zerstörung des Werkes bietet.618 Ebenso wenig werden nicht werkgetreue Vervielfältigungen geschützt, weil Vervielfältigungen nicht als Bearbeitungen des Werkes gelten.619 Im Ergebnis wird dem Urheber allein das Recht gewährt, Veränderungen zu verhindern, die selbst unter den Schutz des Copyright Act fallen. Der Urheber verliert sein Bearbeitungsrecht, wenn er das copyright komplett veräußert oder sich bei der Lizenzgewährung das Bearbeitungsrecht nicht ausdrücklich vorbehält.620 Gestattet er deshalb die Verwertung seines Werkes und möchte er weiterhin die Kontrolle über die Integrität seines Werkes behalten, muss er darauf achten, dass er sich sein Recht ausdrücklich vertraglich sichert.621 Trifft der Urheber diesbezüglich keine Regelung, besteht die Gefahr der konkludenten Rechtseinräumung, da viele Werke überhaupt nur sinnvoll verwertet werden können, wenn Änderungen an ihnen möglich sind.622 616 Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 221 (E.D.N.Y. 2000); Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 42 (1988); Gorman 25 Colum. J.L. & Arts 1, 3 f. (2001). 617 Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 536 (S.D.N.Y. 2001). 618 Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 38 (1988). 619 In diesen Fällen hilft das Vervielfältigungsrecht weiter, da es eine Verpflichtung zur werkgetreuen Abbildung enthält, Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 38, 43 (1988). 620 Entsprechendes gilt selbstverständlich für das Vervielfältigungsrecht gem. 17 U.S.C. § 106 (1). 621 Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 21 f. (2d Cir. 1976). Siehe a. Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526, 537 (S.D.N.Y. 2001) [in dem Fall erlaubte eine allgemeine Vertragsklausel dem Bekl. Bearbeitungen des Werkes zu erstellen; allerdings stand eine spezielle Klausel dazu in Widerspruch – diese gehen im Zweifel vor –, so dass dem Bekl. letztlich doch keine Bearbeitungsrecht zu Stand]. 622 Vgl. McGuire v. United Artists Television Prods., Inc., 254 F. Supp. 270, 271 (S.D. Cal. 1966); Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 23 (2d Cir. 1976); Federle S. 109.
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Ein Konflikt zwischen dem Integritätsrecht des Urhebers, dessen Werk dem Schutz des VARA unterfällt, und dem Bearbeitungsrecht des copyright-Inhabers – der nicht mit dem Urheber identisch ist – kann entstehen, wenn die Bearbeitung eine Veränderung im Sinne des 17 U.S.C. § 106A (3) (a) darstellt. In diesem Fall müssen sowohl das persönliche Interesse des Urhebers als auch das öffentliche Interesse am Erhalt des Kunstwerkes mit dem Verwertungsinteresse des copyright-Inhabers in Einklang gebracht werden. Eine Interessenabwägung kann dennoch unterbleiben. Durch die Festlegung des primären Schutzzwecks des VARA – Erhalt unersetzbarer Originalwerke der bildenden Kunst –, hat der Kongress bereits eine Entscheidung zu Gunsten des Integritätsrechts getroffen.623 Sollten in Zukunft andere Werkarten moral rights-Schutz erlangen, muss hier ein gerechter Interessenausgleich gefunden werden. Dieser ist heute bereits erforderlich, wenn die dem Ansehensschutz dienenden, einzelstaatlichen moral rights-Gesetze einen weitergehenden Schutz bieten. Paradebeispiel für den Schutz der Werkintegrität über das Bearbeitungsrecht ist der Fall Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc.624 Die englische Komikergruppe Monty Python schloss mit der British Broadcasting Corporation (BCC) einen Vertrag über die Lieferung von Drehbüchern für die von der Rundfunkanstalt produzierte Fernsehsendung „Monty Pythons’s Flying Circus“. Der Vertrag gewährte BBC das Recht, kleinere Änderungen an den Drehbüchern vor der Aufnahme der Sendung vorzunehmen. Ansonsten behielt sich die Gruppe ausdrücklich die kreative Kontrolle am Skript vor. Nach Ansicht des Gerichts umfasste diese das Änderungsrecht. Die BBC hatte zudem die Lizenz für die Ausstrahlung der Fernsehsendung in Übersee und konnte deshalb der amerikanischen Filmproduktionsfirma Time Life Films das Verbreitungsrecht für die Sendung in den USA einräumen. Dabei erlaubte BBC der Time Life Films das Bearbeiten der Sendungen, unter anderem für Werbeunterbrechungen und die Anpassung an nationale Gesetzesvorgaben. Die Rundfunkgesellschaft American Broadcasting Companies, Inc. (ABC) erwarb wiederum von Time Life Films die Ausstrahlungs623 624
Damich 39 Cath. U.L. Rev. 945, 981 (1990). Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14 (2d Cir. 1976).
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
305
rechte für Auszüge der ursprünglichen Fernsehsendung. ABC sendete diese mit Werbeunterbrechungen in gekürzter und zusammengeschnittener Fassung als „Special“ aus, wobei ca. 27 % des ursprünglichen Programms fehlten. Eine weitere Sondersendung sollte folgen. Als Monty Python von der stark veränderten Ausstrahlung ihrer Fernsehsendung und der geplanten zweiten Sondersendung hörte, bemühte sich Monty Python um eine einvernehmliche Lösung bzgl. der unautorisierten Änderungen. Da ihre Einigungsversuche aber erfolglos blieben, erhoben sie in den USA Klage gegen ABC auf Unterlassung und Schadensersatz. In erster Instanz wurde die Klage abgewiesen. Das Appellationsgericht gab Monty Python dagegen Recht. Es sah in den Eingriffen eine Bearbeitung des Werkes, welche nicht von der Rechtseinräumung Monty Pythons an die BBC gedeckt war. Die BBC könne der Time Life Films und diese wiederum der ABC keine Bearbeitungsrechte einräumen, welche sich Monty Python ausdrücklich im Vertrag mit der BBC vorbehalten hätte.625 Eine bemerkenswerte Ausnahme von 17 U.S.C. § 106 (2) findet sich in 17 U.S.C. § 120 (b): “Notwithstanding the provisions of section 106(2), the owners of a building embodying an architectural work may, without the consent of the author or copyright owner of the architectural work, make or authorize the making of alterations to such building, and destroy or authorize the destruction of such building.”
Die Norm beinhaltet eine vorweggenommene Interessenabwägung zu Gunsten des Eigentümers eines Gebäudes, das ein architektonisches Werk darstellt. Dieser kann ohne Zustimmung des Urhebers bzw. copyright-Inhabers des architektonischen Werks Änderungen an diesem vornehmen bzw. vornehmen lassen oder das Gebäude zerstören. “Monthy Python, moreover, had reserved to itsself any rights not granted to BBC. Since a grantor may not convey greater rights than it owns, BBC’c permission to allow Tim-Life, and hence ABC, to edit appears to have been a nullity.”, Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 21 (2d Cir. 1976). Damit stellt sich jede Werknutzung des neuen Inhabers, die über das dem ursprünglichen Werknutzer eingeräumte Recht hinausgeht als eine Verletzung des beim Urheber verbliebenen copyright dar. Der Vorbehalt hat somit de facto absolute Wirkung, denn er belastet die eingeräumten oder abgetretenen copyright-Befugnisse mit Wirkung gegenüber jedermann. Bei Verletzung des Vorbehalts kann der Urheber eine Klage wegen Verletzung des copyright anstrengen, vgl. Dieselhorst S. 83.
625
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
3. Die Regelung für Zwangslizenzen gemäß 17 U.S.C. § 115 (a) (2)
17 U.S.C. § 115 (a) (2) regelt Zwangslizenzen für nicht-dramatische, musikalische Werke. Durch die Norm wird das Integritätsinteresse des Urhebers – sofern er der copyright-Inhaber ist – in sehr beschränkter Weise, aber immerhin ausdrücklich geschützt.626 Durch ihren engen Anwendungsbereich ist die Bedeutung der Vorschrift gering. Musikalische Arrangements dürfen demnach vorgenommen werden, soweit dies notwendig ist, um den Stil oder die Art der Interpretation an die Darbietung anzupassen. Dabei ist dem Nutzungsberechtigten die Veränderung der Grundmelodie oder des grundlegenden Charakters des Werkes verboten. 4. Das right of termination gemäß 17 U.S.C. § 203
Das unverzichtbare right of termination, geregelt in 17 U.S.C. § 203, gibt dem Urheber oder seinen Rechtsnachfolgern nach Ablauf von 35 Jahren die Möglichkeit entgegen einer anderweitigen Vereinbarung, eine copyright-Lizenz zu beenden.627 Die Frist beginnt mit der Gewährung der Lizenz. Das Recht besteht für die Dauer von fünf Jahren. Mit Ausübung des termination interests fallen alle Rechte, welche die Lizenz beinhaltet, wieder an den Urheber oder seine Rechtsnachfolger zurück.628 Der Urheber kann daher – sofern er sein copyright nicht veräußert hat – die Kontrolle über sein Werk zurückgewinnen. Hat der Urheber einem Dritten das Bearbeitungsrecht am Werk eingeräumt, so steht ihm nach 35 Jahren, begrenzt auf die Dauer von fünf Jahren, das Recht zu, den Lizenzvertrag zu beenden. Auf diese Damich 23 Ga. L. Rev 1, 43 (1988); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 332. Vgl. 17 U.S.C. § 111 (c) (3); dort befindet sich eine Norm mit ähnlichem Regelungsgehalt, welche dem Schutz vor Veränderung von Fernsehprogrammen dient, die Werke enthalten; dazu WGN Continental Broad. Co. v. United Video, Inc., 693 F.2d 622, 624 f. (7th Cir. 1982). 627 17 U.S.C. § 203 (a) (3). 628 17 U.S.C. § 203 (b). 626
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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Weise kann der Urheber, z.B. weil sich seine Überzeugung gewandelt hat, weitere unerwünschte Bearbeitungen verhindern und die Integrität des Werkes schützen. Bereits unter der alten Lizenz entstandene Bearbeitungen kann der ehemalige Lizenznehmer aber weiterhin nutzen. 5. Ein right of integrity basierend auf den copyright-Theorien
Das Gericht in Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. ging von der Annahme aus, dass das copyright und die ihm zu Grunde liegende „incentive theory“ ein angestammtes Recht des copyright-Inhabers voraussetze, dass sein Werk nicht verändert werden darf.629 Damit leitete das Gericht das Integritätsrecht erstaunlicherweise aus Theorien des amerikanischen copyright law her. Leider blieb diese Entscheidung folgenlos; es entwickelte sich kein common law right of integrity.630 Dennoch hat die Rechtsprechung erstmals das amerikanische utilitaristische Urheberrechtsverständnis für den Schutz von moral rights nutzbar gemacht.631 Die Gewährung von Werkintegritätsschutz wurde nicht als Hindernis, sondern als Anreiz für die Werkproduktion und damit als verfassungskonform betrachtet.
“Our resolution of these technical arguments serves to reinforce our initial inclination that the copyright law should be used to recognize the important role of the artist in our society and the need to encourage production and dissemination of artistic works by providing adequate legal protection for one who submits his work to the public.”, “Nevertheless, the economic incentive for artistic and intellectual creation that serves as the foundation for American copyright law, cannot be reconciled with the inability of artists to obtain relief for the mutilation or misrepresentation of their work to the public on which the artists are financially dependent.”, “Although such decisions are clothed in terms of propriety right in one’s creation, they also properly vindicate the author’s personal right to prevent the presentation of his work to the public in a distorted form.”, Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 23 f. (2d Cir. 1976). 630 Vgl. Choe v. Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp. 44, 49 (S.D.N.Y. 1995) [“There is no claim for violation of plaintiff’s alleged ‘moral righs’ ”]; Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 56 (S.D.N.Y. 2003) [mit dem Hinweis, dass nur das VARA reinen Integritätsschutz bietet]; Adeney Rn. 16.185. 631 Comment 125 U.PaL.Rev. 611, 634 (1977). 629
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
B. Der Schutz der Werkintegrität durch das Vertragsrecht (contract law) I. Das ausdrückliche und konkludente vertragliche Änderungsverbot Die Rechtsprechung hat das Vertragsrecht schon Anfang des 20. Jh. zum Schutz der Werkintegrität eingesetzt, indem sie den Grundsatz entwickelte, es stehe dem Urheber prinzipiell frei seine Persönlichkeitsrechte vertraglich zu sichern.632 So heißt es in der Entscheidung Clemens v. Press Publ’g Co.: “If the intent of the parties was that the defendant should purchase the rights to the literary property and publish it, the author is entitled not only to be paid for his work, but to have it published in the manner in which he wrote it. The purchaser cannot garble it or put it out under another name than the author’s; nor can he omit altogether the name of the author, unless his contract with the latter permits him so to do.” 633
Kann sich ein Urheber deshalb auf eine vertragliche Abrede stützen, wird seine Klage wegen Verletzung der Werkintegrität im Regelfall Erfolg haben.634 Problematisch wird es für den Urheber nur dann, wenn ein Gericht das Recht auf Werkintegrität prinzipiell nicht anerkennt. Dies zeigen die folgenden Entscheidungen ganz deutlich: In Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. hatten sich die Kläger die kreative Kontrolle (creative control ) über das Drehbuch für eine Fernsehsendung vorbehalten; aus dieser Tatsache schloss das Gericht, dass die Kläger auch die Kontrolle über die Programmaufzeichnung inne Clemens v. Press Publishing Co., 67 Misc 183, 184 (N.Y. Sup. Ct. 1910); Seroff v. Simon & Schuster, Inc., 6 Misc. 2d. 383, 388 f. (N.Y. Sup. Ct. 1957) [mit Verweis auf Chafee, Reflections on the Law of Copyright, 45 Col. L. Rev. 719, 729: “Meanwhile any copyright owner who really cares about his moral rights can always protect them by inserting appropriate clauses in his contracts with publishers and producers, for example, by expressly forbidding any alterations or omissions made without his consent.”] 633 Clemens v. Press Publishing Co., 67 Misc 183, 184 (N.Y. Sup. Ct. 1910). 634 Royle v. Dillingham, 53 Misc. 383, 385 (N.Y. Sup. Ct. 1907); Manners v. Famous Players-Lasky Corp., 262 Fed. 811, 813 (S.D.N.Y. 1911); Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 22 f. (2d Cir. 1976); Zim v. Western Publ’g Co., 573 F.2d 1318, 1323 f. (5th Cir. 1978). Siehe dazu a. Considine v. Penguin Corp., 1992 US Dist LEXIS 10570, 1, 4 ff. (S.D. N.Y. 1992). 632
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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haben wollten und ihnen daher das Bearbeitungsrecht an dieser zustehe.635 Erstaunlicherweise ging das Gericht dabei einfach über den Fakt hinweg, dass der Vertrag keine ausdrückliche Regelung zur Änderung der Programmaufzeichnung enthielt; sein Ergebnis stützte es auf die moral rights doctrine.636 Vollkommen anders urteilten die Richter dagegen (noch) in dem Fall McGuire v. United Artists Television Prods., Inc.637 Der Beklagte fügte in einen vom Kläger produzierten Film, an dem ihm der Kläger das copyright übertragen hatte, Werbeunterbrechungen ein. Einigkeit bestand zwischen den Parteien darin, dass der Kläger das kreative Kontrollrecht haben sollte, allerdings hatten sich die Parteien nicht über den Inhalt dieses Rechts verständigen können. Da das kreative Kontrollrecht üblicherweise die Kontrolle über den Schöpfungsprozess des Werks bedeutet und die Parteien keine ausdrückliche Vereinbarung über den Inhalt des Rechts geschlossen hatten, hielt das Gericht die Werbeunterbrechungen für zulässig.638 Eine ausdrückliche, vertragliche Vereinbarung des Rechts auf Werkintegrität wird in der Rechtspraxis auf Grund der oft unterschiedlichen Verhandlungsstärke der Vertragspartner und der für das amerikanische Recht unkonventionellen Vertragsklausel zum Schutz von persönlichen Urheberrechten selten vorkommen.639 Diese Ansicht wird bestätigt durch die wenigen Gerichtsentscheidungen, die sich mit einer ausdrücklichen, vertraglichen Vereinbarung befassen.640 Im Regelfall werden sich die Werkverwerter in Standardverträgen ausdrücklich umfassende Eingriffsrechte einräumen lassen. Ein Urheber kann zudem, trotz ausdrücklicher Vertragsabrede, Werkänderungen,
“A reading of the contract seems to indicate that Monty Python obtained control over editing the script only to ensure control over the program recorded from the script.”, Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 22 (2d Cir. 1976). 636 Comment 125 U. Pa. L. Rev. 611, 630 (1977). 637 McGuire v. United Artists Television Prods., Inc., 254 F. Supp. 270 (S.D. Cal. 1966). 638 McGuire v. United Artists Television Prods., Inc., 254 F. Supp. 270, 272 (S.D. Cal. 1966); vgl. a. Preminger v. Columbia Pictures Corp., 49 Misc. 2d 363, 367 (N.Y. Sup. Ct. 1966). 639 Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1459 (1989); Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 66 (1988); Federle S. 141; Krigsman 73 TMR 251, 259 (1983). 640 S.o. S. 308 Fn. 634. 635
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
die für eine angemessene Nutzung des Werkes erforderlich sind, nicht verbieten.641 Lange Zeit konnte der Urheber Vertragsabreden gegenüber seinem Vertragspartner durchsetzen, allerdings war er machtlos, wenn dieser seine copyright-Lizenz ohne ein Veränderungsverbot auf einen Dritten übertrug. Er konnte dann nicht direkt gegen die Werkveränderung des Dritten vorgehen, sondern ausschließlich von seinem Vertragspartner Schadensersatz wegen breach of contract verlangen. Mit der Entscheidung Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. zeichnete sich eine interessante Wendung in der Rechtsprechung ab. Das Gericht stellte fest, dass der Lizenznehmer seine Lizenz nur so, wie er sie selbst von dem copyright-Inhaber erlangt habe, auf Dritte weiter übertragen könne. Enthalte die Lizenz ein Änderungsverbot, gelte dieses folglich auch gegenüber Dritten.642 Der Urheber kann sich vor der Vernichtung seines Werkes – mit Ausnahme von 17 U.S.C. § 106A (3) (b) – grundsätzlich allein durch eine ausdrückliche, vertragliche Regelung schützen.643 Werkänderungsverbote können sich ferner konkludent aus dem Werknutzungsvertrag ergeben. Der Wille der amerikanischen Gerichte, persönliche Rechte des Urhebers im Wege der Vertragsauslegung anzuerkennen, kann dabei als Gradmesser für deren zukünftige Anerkennung und Weiterentwicklung genommen werden.644 Bei den konkludenten Änderungsverboten sind mehrere Fälle zu unterscheiden: Räumt der Urheber dem Werknutzer ein Veränderungsrecht ein, sind dennoch keine wesentlichen Veränderungen („substanital or material alterations“) gestattet, welche den Gesamtcharakter des Werkes verfälschen.645 Allerdings werden VeränderunManners v. Famous Players-Lasky Corp., 262 Fed. 811, 813, 815 (S.D.N.Y. 1911); Dieselhorst S. 79. 642 Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 21 (2d Cir. 1976); vgl. dazu a. Considine v. Penguin Corp., 1992 US Dist LEXIS 10570, 1, 7 f. (S.D. N.Y. 1992). 643 Crimi v. Rutgers Presbyterian Church, 194 Misc. 570, 576 f. (N.Y. Sup. Ct. 1949). 644 Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 66 (1988). 645 Curwood v. Affiliated Distribs., Inc., 283 Fed. 219, 222 (S.D.N.Y. 1922); Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667, 669 (9th Cir. 1954) [“Although appellees unquestionably have a right to cut and edit the motion pictures, and to license others to do the same, we can conceive that some such cutting and editing could result in 641
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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gen von den Gerichten – gerade dann, wenn sie im Zusammenhang mit der kommerziellen Verwertung eines Werkes erfolgen – selten als wesentlich angesehen. In dem Fall Autry v. Republic Prods., Inc. war unstreitig, dass Republic Prods, Inc. als Filmproduzent das vertraglich vereinbarte Recht zustand, den Film des Künstlers Autry zu kürzen, zu bearbeiten oder anderweitig zu ändern. Als Republic Prods, Inc. den Film erheblich kürzte und Werbeunterbrechungen einfügte, wollte der Künstler die Ausstrahlung des Films im Fernsehen verhindern. Das Gericht sah darin keine wesentliche Veränderung. In dem Fall Chesler v. Avon Book Div.646 hatte die Autorin Änderungen an ihrem Buch durch den Verlag nicht ausdrücklich von ihrer Zustimmung abhängig gemacht. Bei der Neuauflage ihres Buches als Taschenbuch ließ der Verlag u.a. einige Illustrationen und Fußnoten aus und änderte die Kapiteleinführungen, die noch in der Vorauflage, erschienen als gebundenes Buch, enthalten waren. Wiederum bewertete das Gericht die Veränderungen nicht als so wesentlich. Der Verlag wurde immerhin dazu verpflichtet die Änderungen kenntlich zu machen.647 Der Werknutzungsvertrag kann die konkludente Vereinbarung enthalten, das Werk in der branchenüblichen Art und Weise zu nutzen und zu verändern.648 Die Veränderungen dürfen dabei niemals so weit gehen, dass das Werk zerstört oder wesentlich verändert bzw. entstellt emasculating the motion pictures so that they would no longer contain substantially the same motion and dynamic and dramatic qualities which it was the purpose of the artist’s employment.”]; Seroff v. Simon & Schuster, Inc., 6 Misc. 2d. 383, 386 (N.Y. Sup. Ct. 1957) [Der Kläger verlor den Fall obwohl sein Werk wesentlich verändert wurde, da der Bekl. nicht für die falsche französische Übersetzung verantwortlich gemacht werden konnte]; Bonner v. Westbound Records, Inc. 49 Ill. App. 3d 543, 550 (1977); Edison v. Viva Int’l, Ltd., 70 A.D.2d 379, 383 (N.Y. Sup. Ct. 1979). 646 Chesler v. Avon Book Div., 76 Misc, 2d 1048, 1052 (N.Y. Sup. Ct. 1973). 647 Chesler v. Avon Book Div., 76 Misc, 2d 1048, 1052 (N.Y. Sup. Ct. 1973): “Although the right to do so exists under the contract, there is an obligation to make known to readers that the right [to cut and edit] has been exercised. This is simply telling the truth.” 648 Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667, 669 (9th Cir. 1954); Preminger v. Columbia Pictures Corp., 49 Misc. 2d 363, 366 (N.Y. Sup. Ct. 1966) [“… in the absence of specific contractual provision, the parties will be deemed to have adopted the custom prevailing in the trade or industry.”]; Stevens v. NBC 148 U.S.P.Q. 755, 758 (Cal. Sup. Ct. 1966); Jaeger v. Am. Int’l Pictures, Inc., 330 F. Supp. 274, 277 (S.D.N.Y. 1971).
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wird.649 Die Gerichtsentscheidungen zeigen, dass eine bestimmte Branchenübung sehr weitreichende Änderungen rechtfertigt; die Grenze der Wesentlichkeit ist demnach sehr hoch angesetzt. So wurde das Einfügen von 25 Minuten neuem Filmmaterial und das Herausschneiden von ganzen Filmteilen für die englische Version eines deutschen Erotikfilms als zulässig erachtet.650 Anzumerken ist, dass die meisten Rechtsstreitigkeiten über die Branchenüblichkeit von Änderungen aus der Filmbranche stammen. Dabei zeigt sich, dass Werbeunterbrechungen in Filmen, die Anpassung von Filmen an den amerikanischen Markt oder die Herausnahme von beanstandungswürdigen Filmsegmenten als branchenüblich angesehen werden.651 Als weitere Möglichkeit kann sich das Werkänderungsverbot als Nebenpflicht aus einem vertraglich vereinbarten Benennungsrecht des Urhebers ergeben.652 In dem Fall Packard v. Fox Film Corp. autorisierte der Urheber die Verfilmung einer von ihm erfundenen Geschichte und die Benutzung seines Namens in Verbindung mit dem Film, u.a. zu Werbezwecken; die Geschichte wurde dann im Rahmen des Drehbuchs stark verändert und so verfilmt. Das Gericht stellte daraufhin den Grundsatz auf, dass niemand in Verbindung mit einem Werk genannt werden dürfe, dass er so nicht geschaffen habe.653 In den Fällen, in denen ein Benennungsrecht vertraglich vereinbart wurde, untersagten die Gerichte die Veröffentlichung des veränderten Werkes oder gewährten dem Urheber das Recht, die Nennung seines
Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667, 669 (9th Cir. 1954); Stevens v. NBC 148 U.S.P.Q. 755, 756 (Cal. Sup. Ct. 1966). 650 Jaeger v. Am. Int’l Pictures, Inc., 330 F. Supp. 274 (S.D.N.Y. 1971). 651 Als Sondermeinung muss dabei die dissenting opinion von Richter Rabin in Preminger v. Columbia Pictures Corp., 25 A.D. 2d 830, 833 (N.Y. Sup. Ct. 1966) angesehen werden: “The exibition of a garbeld version under Preminger’s name should be all means be enjoined.” 652 Curwood v. Affiliated Distribs., Inc., 283 Fed. 219, 222 (S.D.N.Y. 1922); Packard v. Fox Film Corp., 207 A.D. 311, 313 (N.Y. Sup. Ct. 1923); Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 588 (2d Cir. 1952); Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 26 (2d Cir. 1976). Zur Vereinbarung vertraglicher Benennungsrechte, Clemens v. Press Publishing Co., 67 Misc 183, 184 (N.Y. Sup. Ct. 1910); Vargas v. Esquire, Inc., 164 F.2d 522, 525 f. (7th Cir. 1947); Dieselhorst S. 81; Krigsman 73 TMR 251, 257 (1983). 653 Packard v. Fox Film Corp., 207 A.D. 311, 312 f. (N.Y. Sup. Ct. 1923). 649
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Namens zu untersagen.654 In erster Linie sollen damit aber das Ansehen des Urhebers und die Verbraucher vor Irreführung geschützt werden; der Integritätsschutz ist notwendige Voraussetzung dafür.655
II. Stellungnahme Die Entscheidungen machen deutlich, dass sich die Gerichte mit der moral rights doctrine auseinander setzen, deren direkte Anwendung als fremdes Rechtsinstitut aber ablehnen.656 Indem sie eine Vereinbarkeit des Integritätsschutzes mit dem Vertragsrecht gesucht haben, scheinen die Richter schon früh das Bedürfnis des Urhebers, sein Werk vor Veränderungen zu schützen, erkannt zu haben.657 Sie haben deshalb im Wege der Vertragsauslegung zwar kein right of integrity anerkannt, aber ein Recht gegen wesentliche Änderungen und Entstellungen (right against mutilation).658
Curwood v. Affiliated Distribs., Inc., 283 Fed. 219, 223 (S.D.N.Y. 1922); Packard v. Fox Film Corp., 207 A.D. 311 (N.Y. Sup. Ct. 1923); Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 588 (2d Cir. 1952). 655 Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 70 (1988). 656 Ablehnung der moral rights doctrine noch in Vargas v. Esquire, Inc., 164 F.2d 522, 526 (7th Cir. 1947); Anerkennung des von den moral rights geschützten Interesses dann in Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 591 (2d Cir. 1952); Seroff v. Simon & Schuster, Inc., 6 Misc. 2d. 383, 386. (N.Y. Sup. Ct. 1957); Chesler v. Avon Book Div., 76 Misc, 2d 1048, 1051 (N.Y. Sup. Ct. 1973); Edison v. Viva Int’l, Ltd., 70 A.D.2d 379, 383 (N.Y. Sup. Ct. 1979). 657 Clemens v. Press Pub. Co., 67 Misc. 183 f. (N.Y. Sup Ct. 1910): “Even the matter-of-fact attitude of the law does not require us to consider the sale of the rights to a literary production in the same way the we would consider the sale of a pork … While an author may write to earn his living, and may sell his literary productions, yet the purchaser, in the absence of a contract which permits him so to do, cannot make as free a use of them as he could do of the pork which he purchased.”, “The purchaser cannot garble it or put it out under another name than the authors’s; nor can he omit altogether the name of the author, unless his contract with the latter permits him so to do.”; Chesler v. Avon Book Div., 76 Misc, 2d 1048, 1051 (N.Y. Sup. Ct. 1973): “An author or artist is entitled to judicial protection where there is a sufficient demonstration of ‘mutilation’ or other serious alteration of the creator’s work.” 658 Dafür sprechen bspw. die Entscheidungen Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667, 669 (9th Cir. 1954) und Stevens v. NBC 148 U.S.P.Q. 755, 756 (Cal. Sup. Ct. 1966); ebenso Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 70 f. (1988). 654
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Bei der Entscheidung der Fälle spielte oft das Interesse der Wirtschaft eine entscheidende Rolle. Die Anerkennung bestimmter Handelspraktiken (trade practices) in der Filmindustrie durch die Gerichte führt bspw. dazu, dass Werbeunterbrechungen, Laufzeitverkürzungen oder das Herausschneiden von Filmsegmenten – obwohl diese das Werk durchaus entstellen können – als zulässige, weil nicht wesentliche Werkänderungen gelten.659 Zu begrüßen ist, dass eine Entwicklung hin zur Anerkennung eines Rechts gegen Entstellungen stattgefunden hat. Leider stützen die Gerichte ihre Entscheidungen nicht immer klar auf diese Rechtsgrundlage, so dass Unsicherheiten bestehen bleiben. Der Urheber kann sich deshalb nur wirklich vor unerwünschten Änderungen seines Werkes schützen, wenn er auf eine ausdrückliche, vertragliche Abrede besteht.660 Entscheidender Nachteil des Integritätsschutzes über die Vertragsauslegung ist, dass der Spielraum des Gerichts bei der Auslegung von Vertragsklauseln von der Begabung des Vertragsgestalters und der Verhandlungsstärke der Parteien abhängt. C. Der Schutz der Werkintegrität durch das Wettbewerbsrecht (law against unfair competition) I. § 43 (a) Lanham Act Teilaspekte des Rechts auf Werkintegrität werden durch das common law tort unfair competiton 661 und § 43 (a) Lanham Act 662 geschützt. Preminger v. Columbia Pictures Corp., 49 Misc. 2d 363, 366 f. (N.Y. Sup. Ct. 1966). 660 In diesen Fällen wurde mangels ausdrücklicher vertraglicher Regelung die Klage abgewiesen: McGuire v. United Artists Television Prods., Inc., 254 F. Supp. 270, 272 (S.D. Cal. 1966); Preminger v. Columbia Pictures Corp., 49 Misc. 2d 363, 367 (N.Y. Sup. Ct. 1966); Jaeger v. Am. Int’l Pictures, Inc., 330 F. Supp. 274, 277 f. (S.D.N.Y. 1971); Chesler v. Avon Book Div., 76 Misc, 2d 1048, 1052 (N.Y. Sup. Ct. 1973). 661 Insb. missappropriation; z.B. Prouty v. National Broad. Co., Inc., 26 F. Supp. 265, 266 (D. Ct. Mass. 1939); Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 588 f. (2d Cir. 1952); Shaw v. Time-Life Records, 38 N.Y. 2d 201, 206 f. (1975). 662 15 U.S.C § 1125 (a) (1): “Any person who, on or in connection with any goods or services, or any container for goods, uses in commerce any word, term, name, sym659
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Ursprünglich wurde § 43 (a) Lanham Act als Gegenstück zu den einzelstaatlichen unfair competition-Regelungen zum Schutz vor falschen Darstellungen oder Angaben (misrepresentation) geschaffen, welche dem geschäftlichen oder persönlichen Ruf des davon Betroffenen schaden können.663 § 43 (a) Lanham Act bezweckt den Schutz von Wettbewerbern und Verbrauchern vor unlauterem Verhalten im zwischenstaatlichen Handel, insbesondere der Täuschung (deception) über die Herkunft eines Produkts oder einer Dienstleistung.664 Wettbewerbsrechtlich werden derartige Falschzuschreibungen als ein Fall von „passing off“ gewertet. Grundsätzlich reicht für eine Rechtsverletzung aus, dass bei der Präsentation eines Produkts ein falscher Eindruck über dessen Herkunft bzw. Ursprung erweckt wird und dadurch die Möglichkeit der Verbrauchertäuschung besteht.665 Klageberechtigt ist jeder Betroffene, allerdings nicht die Verbraucher.666
bol, or device, or any combination thereof, or any false designation of origin, false or misleading description of fact, or false or misleading representation of fact, which (A) is likely to cause confusion, or to cause mistake, or to deceive as to the affiliation, connection, or association of such person with another person, or as to the origin, sponsorship, or approval of his or her goods, services, or commercial activities by another person, or (B) in commercial advertising or promotion, misrepresents the nature, characteristics, qualities, or geographic origin of his or her or another person’s goods, services, or commercial activities, shall be liable in a civil action by any person who believes that he or she is or is likely to be damaged by such act.” 663 Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 24 (2d Cir. 1976). 664 “Its purpose is to prevent consumer confusion regarding a product’s source … and to enable those that fashion a product to differentiate it from others on the market.”, Centaur Communications, Ltd. v. A/S/M Communications, Inc., 830 F.2d 1217, 1220 (2d Cir. 1987), vgl. a. EMI Catalogue Partnership v. Hill Holiday, Connors, Cosmopulos Inc., 2000 U.S. App. LEXIS 30761 (2d Cir. 2000); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 54 (S.D.N.Y. 2003). 665 Geisel v. Poynter Prods., Inc., 283 F. Supp. 261, 267 f. (S.D.N.Y. 1968); 295 F. Supp. 331, 353 (S.D.N.Y. 1968); Yamata Co., Ltd. v. Capitol Records, Inc., 279 F. Supp. 582, 586 f. (S.D.N.Y. 1968); Rich v. RCA Corp., 390 F. Supp. 530, 531 (S.D.N.Y. 1975); Stanislawski v. Jordan, 337 F. Supp. 2d 1103, 1119 (E.D. Wis. 2004). 666 Colligan v. Activities Club of New York, Ltd., 442 F.2d 686, 688 ff. (2d Cir. 1971); Smith v. Montoro, 648 F.2d 602, 608 (9th Cir. 1981).
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Im Laufe Zeit hat die Rechtsprechung § 43 (a) Lanham Act zum Schutz der persönlichen Rechte des Urhebers – dem right of attribution 667 und dem right of integrity – weiterentwickelt.668 In der Grundsatzentscheidung Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. stellte das Gericht fest, dass dem Urheber eines Werkes ein Klageanspruch nach § 43 (a) Lanham Act zustehe, wenn dessen Werk in veränderter Form öffentlich präsentiert werde und dabei der Eindruck entstehe, es handle sich um das ursprüngliche, unveränderte Werk des Schöpfers.669 Bemerkenswerterweise hätte sich das Gericht in der Entschei§ 43 (a) Lanahm Act gewährt in erster Linie Schutz vor der falschen Zuschreibung der Urheberschaft (false attribution). Dabei sind zwei Fallgruppen zu unterscheiden: Das Werk der Urhebers wird jemandem anderen zugeschrieben; das Werk einer anderen Person wird mit einer falschen Urheberbezeichnung versehen. Mangels einer Urheber-Werk-Beziehung handelt es sich im zweiten Fall nicht um ein moral right. Siehe dazu folgende Fallbeispiele: Clemens v. Belford, Clark & Co., 14 F. 728, 731 (N.D. Ill Cir. Ct. 1883); Geisel v. Poynter Prods., Inc., 295 F. Supp. 331, 352 ff. (S.D.N.Y. 1968); Yamata Co., Ltd. v. Capitol Records, Inc., 279 F. Supp. 582, 586 f. (S.D.N.Y. 1968); Benson v. Paul Winley Record Sales Corp., 452 F. Supp. 516, 518 (S.D.N.Y. 1978); Follett v. New Am.Library, Inc., 497 F. Supp. 304, 312 (S.D.N.Y. 1980); Smith v. Montoro, 648 F.2d 602, 608 (9th Cir. 1981); Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23, 31 ff. (2003). 668 Zur Rechtsfortbildung, Federle S. 119, insb. Rn. 199. 669 “Thus an allegation that a defendant has presented to the public a ‘garbled’ (…), distorted version of plaintiff’s work seeks to redress the very rights sought to be protected by the Lanham Act (…) and should be recognized as stating a cause of action under that statute.”, Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 24 f. (2d Cir. 1976); siehe a. Comment 125 U. Pa. L. Rev. 611, 621, 623 (1977). Zum Sachverhalt siehe S. 304 f. Allerdings wurden schon vor in Kraft treten des Lanham Act die wettbewerblichen Grundsätze zum Schutz der Werkintegrität angewandt, Federle S. 120, insb. Fn. 207, vgl. dazu die Fälle Prouty v. National Broad. Co., Inc., 26 F. Supp. 265, 266 (D. Ct. Mass. 1939); Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 588 f. (2d Cir. 1952); Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667, 669 f. (9th Cir. 1954); Harms, Inc. v. Tops Music Enters., Inc., 160 F. Supp. 77, 83 (S.D. Cal. 1958). In folgenden Fällen wurde § 43 (a) Lanham Act zum Schutz der Werkintegrität herangezogen: Jaeger v. Am. Int’l Pictures, Inc., 330 F. Supp. 274, 278 (S.D.N.Y. 1971); Benson v. Paul Winley Record Sales Corp., 452 F. Supp. 516, 518 (S.D.N.Y. 1978); Schatt v. Curtis Mgmt. Group, Inc. 764 F. Supp. 902, 913 (S.D.N.Y. 1991); Lish v. Haper’s Magazine Found., 807 F. Supp. 1090, 1106 ff. (S.D.N.Y. 1992); Considine v. Penguin Corp., 1992 US Dist LEXIS 10570, 1, 11 f. (S.D.N.Y. 1992); King v. Innovation Books, 976 F.2d 824 (2d Cir. 1992); Playboy Enters., Inc. v. Dumas, 831 F. Supp. 295, 315 ff. (S.D.N.Y. 1993); Choe v. Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp., 44, 48 f. (S.D.N.Y. 1995); siehe a. Board 667
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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dung überhaupt nicht mit der Anwendbarkeit des Wettbewerbsrechts zum Schutz der Werkintegrität auseinandersetzen müssen; die Klage wäre bereits auf Grund von 17 U.S.C. § 106 (2) und dem Vertragsrecht erfolgreich gewesen. Wirklich erstaunlich ist aber die Heranziehung des kontinentaleuropäischen droit moral-Konzepts zur Begründung des Anspruchs:670 “This cause of action, which seeks redress for deformation of an artist’s work, finds its roots in the continental concept of droit moral, or moral right, which may generally be summarized as including the right of the artist to have his right attributed to him in the form in which he created it.”
Eine weiteres Beispiel für die Anwendung von § 43 (a) Lanham Act ist der Fall Geisel v. Poynter Prods., Inc.671 Ein Künstler und Autor, der sich Dr. Seuss nennt, erfand Cartoonfiguren; diese dienten als Grundlage für Puppen der Firma Poynter Products. Die Puppen wiesen gegenüber den Cartoonfiguren auf Grund von Material, ästhetischen Gesichtspunkten sowie Kostengründen einige Veränderungen auf; die Veränderungen waren letztendlich unumgängliche Folge der Umwandlung der Cartoonfiguren in Puppen. Das Gericht stellte fest, dass die Firma nicht unter Verwendung der Bezeichnung Dr. Seuss für die Puppen werben und diese verkaufen dürfe.672 Verwende sie den Namen dagegen in Verbindung mit den Zusätzen “based on”, “derived from”, “suggested by” oder “inspired by”, so könne kein falscher Eindruck über die Herkunft der Puppen entstehen und mithin auch keine Verbrauchertäuschung.673 Ein großer Nachteil der Anwendung der Norm zum Schutz der Werkintegrität ist das Fehlen von eindeutigen Schutzvoraussetzungen. Die Gerichte verlangen eine wesentliche Veränderung (substantial alteration),674 ohne eine einheitliche Handhabung des Merkmals of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 53 ff. (S.D.N.Y. 2003). 670 Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 24 (2d Cir. 1976), Comment 125 U. Pa L. Rev. 611, 627 f. (1977); vgl. a. Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 590 f. (2d Cir. 1952). 671 Geisel v. Poynter Prods., Inc., 295 F. Supp. 331 (S.D.N.Y. 1968). 672 Geisel v. Poynter Prods., Inc., 283 F. Supp. 261, 268 (S.D.N.Y. 1968); 295 F. Supp. 331, 352 f. (S.D.N.Y. 1968). 673 Geisel v. Poynter Prods., Inc., 295 F. Supp. 331, 353 ff. (S.D.N.Y. 1968). 674 Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 19 (2d Cir. 1976); Considine v. Penguin Corp., 1992 US Dist LEXIS 10570, 1, 12 (S.D. N.Y. 1992); Lish v.
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
erkennen zu lassen.675 Die Kürzung der Fernsehsendung „Monty Python’s Flying Circus“ um 27 % wurde z.B. als wesentliche Änderung betrachtet.676 Der Werknutzer kann teilweise durch das Anbringen eines disclaimer die Verletzung des Wettbewerbsrechts verhindern.677 Unklar bleibt, in Haper’s Magazine Found., 807 F. Supp. 1090, 1106 f. (S.D.N.Y. 1992); Playboy Enters., Inc. v. Dumas, 831 F. Supp. 295, 317 (S.D.N.Y. 1993); Choe v. Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp. 44, 48 (S.D.N.Y. 1995). 675 So wurde in folgenden Fällen erstaunlicherweise wesentliche Veränderungen verneint: In Considine v. Penguin Corp., 1992 US Dist LEXIS 10570, 1, 12 (S.D. N.Y. 1992) enthielt ein Auszug aus einem Buch, etliche Fehler, insb. inkorrekte Daten und Zitierungen; zudem wurde dessen Stil verändert. In Lish v. Haper’s Magazine Found., 807 F. Supp. 1090, 1107 (S.D.N.Y. 1992) wurde ein Brief um die Hälfte gekürzt und abgedruckt; eine Anspruch wurde aber verneint, da wesentliche Änderungen durch die Kürzungen vorgenommen, aber keine Wörter ergänzt oder Sätze verändert worden seien. Der Brief, wenn auch in stark verkürzter Fassung, stamme also tatsächlich von Lish, was eine Täuschung über die Herkunft ausschließe. In Playboy Enters., Inc. v. Dumas, 831 F. Supp. 295, 317 (S.D.N.Y. 1993) wurden vier von zehn Postern einer Kollektion verändert. In Choe v. Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp. 44, 48 (S.D.N.Y. 1995) war ein comment völlig fehlerhaft. Es wurde aber dennoch keine wesentliche Veränderung angenommen, da die Leser noch die grundlegende Bedeutung der Kommentierung erschließen könnten. 676 Gilliam v. American Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 25 Fn. 12 (2d Cir. 1976). 677 In dem Fall Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 25 Fn. 13 (2d Cir. 1976) wurde das Anbringen eines disclaimer zu Beginn der Sendung nicht als ausreichend erachtet. Begründet wurde dies damit, dass der Verbraucher nicht allein durch ein paar klarstellende Worte den durch die Fernsehsendung vermittelnden Eindruck verliert, Monty Python habe diese Sendung so nicht geschaffen, gerade weil dem Zuschauer der Vergleich mit dem Original fehle. Auch bringe der disclaimer wenig, wenn ein Zuschauer erst nach Beginn der Sendung zuschalte. Anders wurde dies noch in der ersten Instanz gesehen sowie in der concurring opinion von Richter Gurfein. Siehe a. Benson v. Paul Winley Record Sales Corp., 452 F. Supp. 516, 518 (S.D.N.Y. 1978) [“An explanatory label placed on each “Erotic Moods” album would be inadequate to give Benson the relief to which he is entitled since both the record jackets and the labels on the records themselves contain extensive false information.”]. Ein disclaimer reichte jedoch in folgenden Fällen aus: Geisel v. Poynter Prods., Inc., 295 F. Supp. 331, 352 ff. (S.D.N.Y. 1968) [Die Verwendung des Namens Dr. Seuss wurde als Verletzung von § 43 (a) Lanham Act angesehen, jedoch nicht in Kombination mit den Zusätzen based on/derived from/suggested by/inspired by Dr. Seuss]; Landon v. Twentieth Century-Fox Film Corp., 384 F. Supp. 450, 459 f. (S.D.N.Y. 1974); Follett v. New Am.Library, Inc., 497 F. Supp. 304, 313 (S.D.N.Y. 1980); Lish v. Haper’s Magazine Found., 807 F. Supp. 1090, 1108 (S.D.N.Y. 1992) [“From an introductory letter sent last summer by Gordon Lish
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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welchen Fallkonstellationen die Anbringung eines disclaimer ausreichend ist, um eine Rechtsverletzung zu verhindern. Im Regelfall steht dem Urheber allein ein Anspruch auf die Beseitigung der irreführenden Herkunftsangabe, nicht aber das Unterlassen der Werkveröffentlichung zu.678 Der moral rights-Schutz über das Wettbewerbsrecht ist grundsätzlich durch das Vertragsrecht beschränkt. Haben die Parteien vereinbart, dass der Urheber nicht genannt werden soll oder das Änderungen erlaubt sind, geht diese Vereinbarung vor.679 Entscheidender Vorteil der Anwendung des Wettbewerbsrechts ist, dass der Schutz nach dem Tod des Urhebers bestehen bleibt.680 Fraglich ist, ob der Urheber im Voraus vertraglich auf sein „Recht auf Werkintegrität“ basierend auf dem Wettbewerbsrecht verzichten kann. Dies ist wegen der verbraucherschützenden Funktion desselbigen abzulehnen.681 Ausgehend von der Annahme, dass das Wettbewerbsrecht auch nicht kommerzielle Interessen von Urhebern schützt, muss beachtet werden, dass das VARA das common law tort unfair competition bzw. § 43 (a) Lanham Act verdrängt (preemption) – immer vorausgesetzt es to students enrolled in his fall fiction-writing workshop”]; King v. Innovation Books, 976 F.2d 824, 831 (2d Cir. 1992); Playboy Enters., Inc. v. Dumas, 831 F. Supp. 295, 316 (S.D.N.Y. 1993) [“Images from The Playboy Collection by Patrick Nagel”]. Siehe a. Chesler v. Avon Book Div., 76 Misc, 2d 1048, 1052 (N.Y. Sup. Ct. 1973) [“Nonetheless appropriate action must be taken by Avon in connetion with the distribution of further paperbacks and advertising to indicate to the public and prospective purchasers of the paperback version that changes have been made involving chapter introductions, omission of illustrations and footnotes and column juxtaposition.”]. 678 Ein Unterlassunsanspruch wurde ausnahmsweise in Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 26 (2d Cir. 1976) gewährt. Siehe a. Dieselhorst S. 91; Federle S. 123. 679 Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667, 670 (9th Cir. 1954); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 333. 680 In Playboy Enters., Inc. v. Dumas, 831 F. Supp. 295, 315 (S.D.N.Y. 1993) klagte die Witwe auf Grund von § 43 (a) Lanham Act. 681 Eine andere Tendenz zeigt sich in Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667, 670 (9th Cir. 1954) und Jaeger v. Am. Int’l Pictures, Inc., 330 F. Supp. 274, 277 (S.D.N.Y. 1971) [obwohl dort letztendlich ein Anspruch auf Grund von § 43 (a) Lanham Act als vertretbar angenommen wurde].
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
geht um die Veränderung eines Werkes, welches in den Schutzbereich des VARA fällt.682 § 43 (a) Lanham Act ist ausschließlich im zwischenstaatlichen Handel (in commerce) anwendbar.683 Im Rahmen des einzelstaatlichen Handels gelten die dortigen Regelungen. Auf Ausführungen zum einzelstaatlichen Wettbewerbsrecht kann verzichtet werden; denn das Lanham Act ist das Gegenstück zu den Wettbewerbsgesetzen (unfair competition laws) der Einzelstaaten und die Gerichte unterscheiden in der Regel nicht zwischen Bundes- und Landesrecht.684
II. Stellungnahme Über § 43 (a) Lanham Act können einige Teilaspekte der persönlichen Interessen des Urhebers an seinem Werk geschützt werden. Zu einem weiteren Ausbau der Regelung mit dem Ziel eines umfassenden moral rights-Schutz eignet sich die Norm trotzdem nicht. Die Vermischung von Wettbewerbsrecht und moral rights-Schutz ist nicht unproblematisch, da die eigentlichen Zielsetzungen sehr unterschiedlich sind. Das Wettbewerbsrecht, insbesondere § 43 (a) Lanham Act, dienen dem Schutz der Wettbewerber und Verbraucher vor Irreführung und nicht dem Schutz der Persönlichkeit des Urhebers.685 Deshalb kann sich der Urheber mit Hilfe des Wettbewerbsrechts nicht gegen die Werkänderung an sich, sondern ausschließlich gegen die Veröffentlichung des veränderten Werkes unter falscher Herkunftsangabe 17 U.S.C. § 301 (f) (1); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 56 (S.D.N.Y. 2003). 683 Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 142 (S.D.N.Y. 1990) [“Every instance of the Lanham Act’s far-reaching application has been to practices commercial in nature, involving imitation, misrepresentation, or misappropriation in connection with the sale of goods or services by the defendant.”]; Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 55 (S.D.N.Y. 2003). 684 Das Wettbewerbsrecht der Einzelstaaten ist sehr homogen, denn dieses basiert auf dem von der Federal Trade Commission entwickelten Modell des Unfair Trade Practices and Consumer Portection Law, welches in einer seiner drei Versionen in allen Staaten in einzelstaatliches Recht umgesetzt wurde; vgl. die Ausf. zum Wettbewerbsrecht der Einzelstaaten bei Federle, S. 127 f., insb. die Entscheidungen auf S. 128 Fn. 241. 685 Vgl. Krigsman 73 TMR 251, 268 (1983). 682
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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wehren.686 Das Recht auf Werkintegrität im Rahmen des § 43 (a) Lanham Act ist somit an das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft geknüpft.687 Wird der Urheber, wie im Falle von anonymen und pseudonymen Werken, nicht in Verbindung mit dem (veränderten) Werk gebracht, liegt keine Verbrauchertäuschung und folglich keine Verletzung des Wettbewerbsrechts vor.688 Dasselbe gilt, wenn das veränderte Werk aus dem öffentlichen Sichtfeld entfernt wird.689 Es wird sehr deutlich, dass über das Wettbewerbsrecht nicht die Urheber-Werk-Beziehung geschützt wird. Schutzzweck ist vielmehr das Ansehen des Urhebers im Wirtschaftsverkehr bzw. der ideelle Firmen- oder Geschäftswert, z.B. der gute Ruf eines Unternehmens (goodwill).690 Ein Schutz vor Zerstörung des Werkes kann das Wettbewerbsrecht daher ebenfalls nicht bieten. Ferner passt die wettbewerbsrechtliche Terminologie einfach nicht zum Schutz ideeller Interessen.691 Die wettbewerbsrechtlichen Regelungen eignen sich zum Schutz von business interests, nicht aber zum Schutz von persönlichen Urheberinteressen. Dies erklärt den eher rückläufigen Schutz der moral rights über das Wettbewerbsrecht. Vor allem in den 70er Jahren wurde § 43 (a) Lanham Act sehr weit ausgelegt; 692 seit Anfang der 90er Jahre wenden die Gerichte die Norm immer seltener an.693 Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 57 f. (S.D.N.Y. 2003). 687 So a. das Gericht in Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 24 (1976); Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 597; Verbit 78 TMR 579, 605, 613 (1988). 688 Comment 125 U. Pa. L. Rev. 611, 623 f (1977); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 333. 689 Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 58. (S.D.N.Y. 2003). 690 Granz v. Harris, 198 F.2d 585, 588 (2d Cir. 1952) [“… the purchaser of the master discs could lawfully use them to produce the abbreviated record and could lawfully sell the same provided that he did not describe it as a recording of music presented by the plaintiff.”]; Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 61 (1988). 691 So a. Federle S. 127. 692 Vgl. Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 24 f. (2d Cir. 1976); Benson v. Paul Winley Record Sales Corp., 452 F. Supp. 516, 518 (S.D.N.Y. 1978). 693 Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 142 (S.D.N.Y. 1990); Lish v. Haper’s Magazine Found., 807 F. Supp. 1090, 1106 ff. (S.D.N.Y. 1992); Considine v. Penguin Corp., 1992 US Dist LEXIS 10570, 1, 12 (S.D.N.Y. 1992); Playboy Enters., Inc. v. Dumas, 831 F. Supp. 295, 315 ff. (S.D.N.Y. 1993); Choe v. 686
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Dieser Rechtsprechungswandel wird mehrfach sichtbar. Zum einen orientieren sich die Gerichte bei ihren Entscheidungen wieder stärker an dem Wortlaut von § 43 (a) Lanham Act.694 Zum anderen werden disclaimer im Regelfall als ausreichend erachtet, um eine Verletzung des Wettbewerbsrechts abzuwenden.695 Was den Schutz der Werkintegrität angeht, wird das substantial alteration-Erfordernis selten als erfüllt angesehen, obwohl die Veränderungen nicht weniger schwer sind als in früheren Fällen.696 Die Entscheidung Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp.697 des US Supreme Court bestätigt diese Einschätzung und setzt der Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts zum Schutz von moral rights wohl ein Ende.698 Dem Urteil ist leider nicht zu entnehmen, ob Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. weiterhin Gültigkeit hat.699 Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp. 44, 48 f. (S.D.N.Y. 1995); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 57 (S.D.N.Y. 2003); Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23, 31 ff. (2003). 694 Vgl. Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 142 (S.D.N.Y. 1990); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 57 f. (S.D.N.Y. 2003); Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23, 32 (2003) [“…the phrase ‘origin of goods’ is … incapable of connoting the person or entity that originated the ideas or communications that ‘goods’ embody or contain. Such an extension would not only stretch the text [of § 43 (a)], but be out of accord with the history and purpose of the Lanham Act and inconsistent with precedent.”] 695 Vgl. S. 318 f. Fn. 677. 696 Vgl. S. 318 Fn. 675. 697 Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23 (2003): “Lanham Act’s common-law foundations … were not designed to protect originality or creativity.” Zu den Hintergründen und der Prozessgeschichte der Entscheidung Jones 8 Comp. L. Rev. & Tech. J. 445 (2004); LaFrance 23 Cardozo Arts & Ent. L.J. 197, 202 ff. (2005); Landau 61 N.Y.U. Ann. Surv. Am. L. 273, 290 ff. (2005). 698 So a. Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1494 (2004): “Where Gilliam may represent the waxing of moral rights in America, Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., might have begun its wane.” Vgl. die Stellungnahme des Gerichts in Choe v. Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp. 44, 49 (S.D.N.Y. 1995) zur “Gilliam-Entscheidung”: “The dictum [in Gilliam] itself is not the kind of prescriptive statement intended to guide trial courts in later cases, but only language intended, perhaps, to ‘stimulate informed commentary’ or to ‘provoke future consideration on emerging issues’. Even if the idea of a ‘moral rights’ claim presented an ‘emerging issue’ in 1976, when Gilliam was decided, or in 1988, when Reid was decided, the failure of that issue to emerge fully as a recognized claim by now sug-
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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Eine Firma produzierte 1995 eine Reihe von neuen Videokasetten, indem sie Videokassetten einer Fernsehserie kaufte, kopierte und Änderungen daran vornahm. Ein Filmunternehmen, welches ursprünglich das copyright an der Fernsehserie hatte – die copyrightSchutzfirst war 1977 abgelaufen, weshalb das Werk nun gemeinfrei war – und zwei andere Unternehmen, welchen das Filmunternehmen die Lizenz zur Herstellung und dem Vertrieb von Videokassetten der Fernsehserie gegeben hatte, verklagten das Konkurrenzunternehmen wegen Verletzung von § 43 (a) Lanham Act, da diese nicht auf die Fernsehserie und deren Produzenten hinwies. Die Richter lehnten es ab, neben dem right of attribution, welches das Copyright Act in 17 U.S.C. § 106A (a) (A) gewährt, ein Recht auf Anerkennung der Urheberschaft mit Hilfe von § 43 (a) Lanham Act zu konstruieren. Der Begriff „origin“ wurde von dem Supreme Court so ausgelegt, dass nur der Produzent der Güter und nicht der Urheber, der den Gütern zu Grunde liegenden Ideen, Konzepte etc., erfasst ist.700 Die Richter argumentierten, dass eine anderweitige Interpretation das copyright law unterlaufen würde. Der Kongress habe mit dem VARA eine abschließende Regelung zum Schutz der Zuschreibung der Urheberschaft treffen wollen.701 Fragen der Werkintegrität wurden in dem Urteil nicht erörtert. In der Folge würde dies für die Urheber vom VARA ausgeschlossener Werkarten bedeuten, dass sie ohne jeglichen moral rights-Schutz zurückbleiben, wenn sie kein copyright am Werk besitzen; denn
gests that such emergence should occur in the first instance, if at all, at the circuit level and not in this court.” Eine Chance zumindest zur Herstellung des status quo des moral rights-Schutzes über § 43 (a) Lanham Act sieht Carpenter 63 Wash & Lee L. Rev. 1601, 1630 ff., insb. 1646 (2006). in § 43 (a) (1) (B) Lanham Act; denn durch die Dastar-Entscheidung sei nur die Anwendbarkeit von § 43 (a) (1) (A) Lanham Act ausgeschlossen worden. 699 Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23, 31 ff. (2003). 700 Zu beachten ist, dass § 43 (a) Lanham Act durch das Trademark Law Revision Act of 1988 einige entscheidende Änderungen erfahren hat. Das Gesetz wurde zeitgleich mit dem BCIA erlassen, daher ist anzunehmen, dass § 43 (a) Lanham Act n.F. durchaus unkörperliche Güter erfassen sollte, um der moral rights-Verpflichtung unter der RBÜ gerecht zu werden. Somit würde die Interpretation von „origin“ in Dastar dem Willen des Gesetzgebers widersprechen; siehe dazu die Ausf. bei LaFrance 23 Cardozo Arts & Ent. L.J. 197, 211, 223 ff. (2005). 701 Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23, 34 f. (2003).
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
nach der Dastar-Entscheidung wäre rechtlicher Schutz auf Bundesebene allein über 17 U.S.C. §§ 106 und 106A zu erlangen.702 Dies kann aber nicht der Wille es Gesetzgebers gewesen sein, der das VARA geschaffen hat, um den Anforderungen von Art. 6bis RBÜ besser gerecht zu werden und nicht um einen Rechtszustand herbeizuführen, welcher der RBÜ geradezu widerspricht. Das Gericht hat die Intention des Gesetzgebers in diesem Fall schlicht verkannt. Der Gesetzgeber versteht das VARA als Schutzerweiterung und nicht als Ersatz für den bisherigen moral rights-Schutz.703 Eine zukünftige Weiterentwicklung des Wettbewerbsrechts zum Schutz von moral rights ist nach dieser, wenn auch falschen Entscheidung kaum mehr zu erwarten. Die in Folge von Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp.704 ergangenen Entscheidungen untermauern diese Sichtweise.705 Da das Wettbewerbsrecht grundsätzlich zum Schutz von moral rights ungeeignet ist, sind Zweifel berechtigt, ob eine derartige Weiterentwicklung je sinnvoll gewesen wäre.706
D. Der Schutz der Werkintegrität durch das Deliktsrecht (law of torts) In gewisser Hinsicht kann der Integritätsschutz über das Deliktsrecht erfolgen.707 Voraussetzung dafür ist, dass die Werkänderung dem Ansehen oder dem seelischen Wohlbefinden des Urhebers schadet. Schutz vor der Zerstörung des Werkes ist über das law of torts folglich nicht möglich.
LaFrance 23 Cardozo Arts & Ent. L.J. 197, 211, 229 f. (2005). LaFrance 23 Cardozo Arts & Ent. L.J. 197, 211, 232 (2005). 704 Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23 (2003). 705 Z.B. Williams v UMG Recordings, Inc. 281 F. Supp. 2d 1177, 1185 (C.D. Cal 2003). 706 In diesem Sinne a. Jones 8 Comp. L. Rev. & Tech. J. 445, 453 (2004). 707 Diamond 68 TMR 244, 264 (1978); Krigsman 73 TMR 251, 259 (1983); Kwall 38 Vand. L. Rev. 1, 22 f. (1985). 702 703
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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I. Der Schutz der Werkintegrität durch das Beleidigungsrecht 1. Das Delikt defamation
Eine Werkveränderung allein erfüllt den Tatbestand des Delikts defamation nicht; eine Beleidigung ist aber zu bejahen, wenn das veränderte Werk des Urhebers unter dessen Namen in einer für sein Ansehen schädlichen Weise öffentlich präsentiert wird.708 Eine Diffamierung kann zudem darin liegen, dass Teile des Werkes mit dem Namen des Urhebers versehen in einem anderen Kontext öffentlich in Erscheinung treten.709 Der Abdruck von Bildern eines Künstlers in einem Pamphlet und zwar in veränderter Form und nur in Ausschnitten, so dass der Eindruck entsteht bei dem Originalkunstwerk des Künstlers handle es sich um pornographische Bilder, erfüllt den Deliktstatbestand;710 ebenso wie die Herausgabe der Neuauflage eines Buches, die unter dem Namen des ursprünglichen Verfassers erscheint, aber fehlerhaft ist.711 Eine bloße Veränderung kann nicht beleidigend sein, weil diese einerseits zu einer Verbesserung des Werkes führen kann und andererseits nicht bedeuten muss, dass der Urheber lächerlich gemacht oder herabgewürdigt werden sollte.712 Das Delikt (tort) defamation gibt es in den Formen libel und slander.713 Libel erfordert eine Ehrverletzung in schriftlicher Form bzw. anderweitiger Verkörperung, wobei das beleidigende Material veröffentlicht werden muss.714 Bei slander muss die Beleidigung in mündGeisel v. Poynter Prods., Inc., 295 F. Supp. 331, 357 (S.D.N.Y. 1968); Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 147 (S.D.N.Y. 1990); Cort v. St. Paul Fire and Marine Ins. Cos., Inc., 311 F.3d 979, 985 (9th Cir. 2002); Krigsman 73 TMR 251, 260 (1983). 709 Vgl. Shostakovich v. Twentieth Century-Fox Film Corp., 196 Misc. 67, 69 f. (N.Y. Sup. Ct. 1948); Adeney Rn. 16.188. 710 Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 147 (S.D.N.Y. 1990). 711 Clevenger v. Baker Voorhis & Co., 8 N.Y.2d 187 (N.Y. Ct. App. 1960). 712 Edison v. Viva Int’l, Ltd., 70 A.D.2d 379, 385 (N.Y. Sup. Ct. 1979). 713 Defamation entwickelte sich zunächst als common law right. Mittlerweile haben die meisten Einzelstaaten gesetzliche Regelungen getroffen z.B. Californien in Cal. Civ. Code §§ 44–46. Diese ähneln sich, können im Einzelfall aber Unterschiede enthalten. 714 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 568 (1). „Grundsteinlegung“ der Rsp. in D’Altomonte v. New York Herald Co. 154 A.D. 708
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
licher Form, durch Gesten oder in einer damit vergleichbaren (vergänglichen) Weise geschehen.715 Diese Unterscheidung bereitet aber in unserem Kommunikations- und Informationszeitalter große Schwierigkeiten.716 Mittlerweile hat sich der Grundsatz entwickelt, dass eine beleidigende Äußerung im Radio oder Fernsehen, gleichgültig, ob sie von einem Manuskript abgelesen wird oder nicht, als libel zu werten ist.717 Eine neue Herausforderung für die Gerichte dürften die mittels Internet begangenen Beleidigungen sein. Damit eine Klage, gestützt auf defamation, Aussicht auf Erfolg hat, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Eine Person wird nur durch eine „Äußerung“ beleidigt, wenn diese geeignet ist, ihr Ansehen in der Gesellschaft zu schmälern oder Dritte davon abhält, mit ihr Umgang zu pflegen oder Geschäfte zu machen.718 Des Weiteren
435 (N.Y. 1913). Fälle von libel durch eine Werkänderung: Am. Law Book Co. v. Chamberlayne, 165 Fed. 313, 316 (2d Cir. 1908); Locke v. Benton & Bowles, Inc., 165 Misc. 631, 634 (N.Y. Sup. Ct. 1937); 253 AD 369, 370 (N.Y. Sup. Ct. 1938); Shostakovich v. Twentieth Century-Fox Film Corp., 196 Misc. 67, 69 f. (N.Y. Sup. Ct. 1948); Seroff v. Simon & Schuster, Inc., 6 Misc. 2d. 383, 390 f. (N.Y. Sup. Ct. 1957); Clevenger v. Baker Voorhis & Co., 8 N.Y.2d 187 (N.Y. Ct. App. 1960); 10 A.D.2d 365, 370 f. (N.Y. Sup. Ct. 1960); 19 A.D.2d 340 (N.Y. Sup. Ct. 1963); 14 N.Y.2d 536 (N.Y. App. Ct. 1964); Edison v. Viva Int’l, Ltd., 70 A.D.2d 379, 385 (N.Y. Sup. Ct. 1979); Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 147 (S.D.N.Y. 1990); Lish v. Haper’s Magazine Found., 807 F. Supp. 1090, 1108 (S.D.N.Y. 1992). Vgl. a. Cort v. St. Paul Fire and Marine Ins. Cos., Inc., 311 F.3d 979, 986 (9th Cir. 2002) [In diesem Fall wurde die Überdeckung eines Wandgemäldes an einem Gebäude mit Abdichtungsmittel im Zuge von Renovierungsarbeiten nicht als Werkänderung angesehen, weshalb der Tatbestand von libel nicht erfüllt war.] Zu libel siehe a. Ben-Oliel v. The Press Publ’g Co., 251 N.Y. 250, 254 ff. (N.Y. App. Ct. 1929). 715 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts § 568 (2); Locke v. Gibbons 164 Misc. 877, 881 (N.Y. Sup. Ct. 1937). 716 Vgl. Locke v. Gibbons, 164 Misc. 877, 878 ff. (N.Y. Sup. Ct. 1937); Locke v. Benton & Bowles, Inc., 165 Misc. 631, 633 f. (N.Y. Sup. Ct. 1937) [Dort wird diskutiert, ob eine Beleidigung im Radio, die auf dem veränderten Ablesen eines Skript basiert, libel oder slander darstellt. Wegen derselben Voraussetzungen beider Varianten letztlich offen gelassen in, Locke v. Benton & Bowles, Inc., 253 AD 369, 370 (N.Y. Sup. Ct. 1938)]. 717 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts § 568A. 718 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts §§ 558 (a), 559; Locke v. Gibbons, 164 Misc. 877, 878 (N.Y. Sup. Ct. 1937); Clevenger v. Baker Voorhis & Co., 8 N.Y.2d 187, 191 (N.Y. Ct. App. 1960).
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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muss die „Äußerung“ unwahr ( false) sein.719 Es ist ferner erforderlich, dass die Beleidigung gegenüber einer Dritten Person erfolgt.720 Im Fall von slander ist grundsätzlich ein tatsächlicher Schaden des Klägers notwendige Voraussetzung.721 Dagegen bekommt der Verletzte auf Grund von libel auch dann Schadensersatz zugesprochen, wenn kein Schaden eingetreten ist (libelous/actionable per se).722 Zu prüfen ist außerdem, ob die Beleidigung möglicherweise gerechtfertigt ist.723 Bei der Beleidigung eines Beamten (public official) oder einer anderen Person des öffentlichen Lebens im Hinblick auf deren Verhalten, Fähigkeiten und Funktion gilt eine Haftungsmilderung, sofern diese Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist. Der Betroffene muss dem Beklagten Vorsatz (actual malice) nachweisen.724 Ein Täter handelt vorsätzlich, wenn er bewusst eine unwahre Aussage getroffen hat und weiß, dass diese den Betroffenen beleidigt, oder wenn er die Wahrheit rücksichtslos missachtet.725 Liegt malice vor, so ist ein Schadensnachweis durch den Kläger entbehrlich; zudem kann er punitive damages zugesprochen bekommen.726 In allen anderen Fällen, insbeThe American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, §§ 558 (a), 581A; Cort v. St. Paul Fire and Marine Ins. Cos., Inc., 311 F.3d 979, 984 Fn. 1 (9th Cir. 2002). 720 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 558 (b). Äußerungen gegenüber der betroffenen Person fallen nicht unter defamation, gegen sie kann aber bspw. auf Grund von mental suffering vorgegangen werden. 721 Allerdings gibt es von diesem Grundsatz eine Ausnahmen, vgl. The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 570. 722 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts § 569; siehe a. Ben-Oliel v. The Press Publ’g Co., 251 N.Y. 250, 255 (N.Y. App. Ct. 1929); Wojnarowicz v. Am. Family Ass’n, 745 F. Supp. 130, 147 (S.D.N.Y. 1990). 723 Die Beleidigung kann auf Grund von „absolut privileges“ (The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts §§ 583–592A) und „conditional privileges“ (The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts §§ 594–598A), gerechtfertigt sein. Das Vorliegen der Rechtfertigungsgründe muss aber der Bekl. beweisen, vgl. The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts § 613 (2); z.B. freedom of expression in New York Times Co. v. Sullivan, 376 U.S. 254 (1964). Die Zustimmung des Beleidigten wirkt grds. rechtfertigend, The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 583. 724 Dazu die Grundatzentscheidung Gertz v. Robert Welch, Inc., 418 U.S. (1974); siehe a. Wojnarowicz v. American Family Association, 745 F. Supp. 130, 147 (S.D.N.Y. 1990); krit. zu diesem Merkmal, Diamond 68 TMR 244, 265 (1978). 725 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts § 580A. 726 Götting S. 169 f. 719
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
sondere in denen es um rein private Angelegenheiten geht, muss der Betroffene nachweisen, dass der Täter im Hinblick auf die Unwahrheit der „Äußerung“ und deren beleidigenden Charakter zumindest fahrlässig gehandelt hat.727 Die Ansprüche im Falle einer Rechtsverletzung sind sehr beschränkt. Das law of torts gewährt wegen einer Verletzung des Ansehens ausschließlich materiellen und immateriellen Schadensersatz, sowie punitive damages.728 Eine (vorbeugende) Unterlassungsklage kann der Kläger nicht anstrengen, weil diese nach Auffassung der Rechtsprechung nicht mit dem Recht auf Meinungsäußerung (right of free speech) vereinbar ist.729 Dasselbe gilt im Hinblick auf einen Anspruch auf Widerruf der beleidigenden „Äußerung“. Seit in Kraft treten des VARA kann eine Klage wegen Veränderung eines Kunstwerks nur noch beschränkt auf defamation gestützt werden. Das VARA verdrängt diesen Integritätsschutz, da sowohl das right of integrity des VARA als auch das Delikt defamation den Schutz des Ansehens des Urhebers bezwecken.730 Eine defamationKlage kann deshalb allein im Falle von Beleidigungen mittels Werken, die nicht in den Anwendungsbereich des VARA fallen (z.B. literarische Werke, Filmwerke), angestrengt werden.731 2. Stellungnahme
Viele Gerichte erkennen die Möglichkeit an, eine Klage wegen Verletzung der Werkintegrität auf defamation zu stützen. Ihr wird jedoch in The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts §§ 558 (c); 580B, 613 (g). 728 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 621. Strafschadensersatz wird aber nur gewährt, wenn ein öffentliches Interesse an Abschreckung besteht, Clevenger v. Baker Voorhis & Co., 19 A.D.2d 340 (N.Y. Sup. Ct. 1963); Edison v. Viva Int’l, Ltd., 70 A.D.2d 379, 383, 386 (N.Y. Sup. Ct. 1979). 729 Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 65 (1988); Diamond 68 TMR 244, 264 (1978); Götting S. 170; Kwall 38 Vanderbilt L. Rev. 1, 25, Fn 91 (1985); vgl. aber die Tendenz des Gerichts in Shostakovich v. Twentieth Century-Fox Film Corp., 196 Misc. 67, 70 (N.Y. Sup. Ct. 1948). 730 17 U.S.C § 301 (f) (1). 731 Adeney Rn. 16.189. 727
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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der Regel nicht stattgegeben.732 Die meisten Klagen scheitern an der Beweislast des Klägers. Oft kann dieser den rufschädigenden Charakter der Werkänderung nicht beweisen.733 Ein weiterer Nachteil des auf defamation gestützten Integritätsschutzes ist, dass dieser mit dem Tod des Urhebers endet, denn nur ein lebender Mensch ist überhaupt beleidigungsfähig.734 Da die defamation-Klage auf den Schutz des Ansehens abzielt, bietet sie nur eingeschränkten Schutz vor Werkveränderungen, allerdings keinerlei Schutz vor Zerstörung des Werkes.735 Die Urheber anonymer und pseudonymer Werke, sowie unbekannte oder erfolglose Urheber bleiben dadurch schutzlos.736 II. Der Schutz der Werkintegrität durch das right of privacy 1. Das right of privacy
Schutz kann der Urheber ebenso durch das right of privacy737 bekommen, wenn sein Werk verändert wird und dieses weiterhin mit seinem Am. Law Book Co. v. Chamberlayne, 165 Fed. 313, 316 (2d Cir. 1908); Locke v. Gibbons, 164 Misc. 877, 881 (N.Y. Sup. Ct. 1937); Seroff v. Simon & Schuster, Inc., 6 Misc. 2d. 383, 390 f. (N.Y. Sup. Ct. 1957); Geisel v. Poynter Prods., Inc., 295 F. Supp. 331, 351, 357 (S.D.N.Y. 1968). 733 Z.B. Ben-Oliel v. The Press Publ’g Co., 251 N.Y. 250, 256 (N.Y. App. Ct. 1929); Locke v. Gibbons, 164 Misc. 877, 881 (N.Y. Sup. Ct. 1937); Locke v. Benton & Bowles, Inc., 253 AD 369, 370 f. (N.Y. Sup. Ct. 1938); Edison v. Viva Int’l, Ltd. 70 A.D.2d 379, 385 f. (1979); Lish v. Haper’s Magazine Found., 807 F. Supp. 1090, 1108 (S.D.N.Y. 1992); siehe a. Federle S. 131. Die Beweislast des Geschädigten ist in The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 613 geregelt. 734 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 560. Allerdings können Ehefrau/mann oder Verwandte des Betroffenen eine defamation-Klage anstrengen, wenn sie nachweisen können, dass ihr Ansehen von der Beleidigung betroffen ist, vgl. Eagles v. Liberty Weekly, Inc., 137 Misc. 575 (N.Y. Sup. Ct. 1930); Ryan v. Hearst Publ’ns, Inc., 3 Wn.2d 128, 131 f. (Wash. Sup. Ct. 1940); Alfone v. Newark Umbrella Frame Co., 13 N.J. Super. 526, 530 (N.J. County Ct. 1951); Diamond 68 TMR 244, 264 (1978). 735 Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 65 (1988). 736 Diamond 68 TMR 244, 265 (1977); Kwell 38 Vand. L. Rev., 1, 25, Fn. 91 (1985); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 335. 737 Dieses geht zurück auf Warren/Brandeis, The Right of Privacy, 4 Harv L Rev 193 (1890); Anerkennung als Rechtsprinzip in Pavesich v. New England Life Ins. 732
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Namen versehen ist.738 Bis auf Minnesota erkennen alle amerikanischen Einzelstaaten das Recht auf Grund von common law oder gesetzlicher Regelungen an.739 Der Schutzumfang des right of privacy variiert, bspw., was den Schutz des Berechtigten nach seinem Tod angeht.740 Liegt eine Werkänderung vor, kommen die Deliktsvarianten appropriation of the other’s name or likeness741 und publicity that unreasonably places the other in a false light before the public in Betracht.742 In den appropriation-Fällen nutzt eine andere Person fremde Persönlichkeitsmerkmerkmale, insbesondere den Namen und das Bildnis, für kommerzielle Zwecke oder einen anderen eigennützigen Zweck oder Vorteil.743 Der Urheber eines Werkes hat daher einen Anspruch, wenn mit einer geänderten Werkfassung unter seinem Namen geworCo., 122 Ga. 190 (1905). Zur Entstehungsgeschichte, Götting S. 168 ff.; ders. GRUR Int. 1995, 656 f.; Klüber S. 157 ff. Das right of privacy ist konzeptionell unabhängig vom common law copyright, obwohl teilweise ähnliche Interessen geschützt werden, Estate of Ernest Hemingway v. Random House, Inc. 23 N.Y.2d 341, 345 (N.Y. App. Ct. 1968) [In diesem Fall wurde die Klage auf das common law copyright und das statutory right of privacy gestützt.]; Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 52 (1988). 738 Manger v. Kree Inst. of Electrolysis, Inc., 233 F.2d 5, 8 (2d Cir. 1956); Stevens v. NBC 148 U.S.P.Q. 755, 756 (Cal. Sup. Ct. 1966) [zu false light]; Williams v. Weisser, 273 Cal. App. 2D 726, 741 f. (1969); Zim v. Western Publ’g Co., 573 F.2d 1318, 1326 f. (5th Cir 1978) [zu appropriation]. 739 So z.B. New York N.Y. Civil. Rights Law § 50; Cal. Civ. Code § 3344. Vgl. Götting S. 178, Klüber S. 159. 740 Größtenteils wird es wegen seines höchstpersönlichen Charakters als unvererblich angesehen. 741 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, §§ 652A (b), 652C. In dieser Variante entspricht das Recht dem right of publicity, s.u. S. 335. 742 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, §§ 652A (d), 652E. Das right of privacy beinhaltet zudem die Varianten „unreasonable intrusion upon the seclusion of another“ und „unreasonable publicity given to other’s private life“, The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, §§ 652A, 652B, 652D. Die Einteilung in vier Fallgruppen geht zurück auf Prosser 48 Cal. L. Rev. 383 (1960); siehe a. Götting GRUR Int. 1995, 657 f. 743 In einigen Staaten ist das Delikt auf die Nutzung kommerzieller Zwecke beschränkt, Stephano v. News Group Publ’ns, Inc. 64 N.Y.2d 174, 184 ff. (N.Y. Ct. App. 1984). Vgl. a. Götting S. 183 f., der darauf hinweist, dass dies auf Grund der zahlreichen Entscheidungen, die wichtigste Fallgruppe ist und deshalb einige Bundesstaaten nur diese Variante gesetzlich geregelt haben.
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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ben oder gehandelt wird.744 Es wird nur der richtige Name geschützt; im Fall von Pseudonymen, wie Künstlernamen, oder Firmenbezeichnungen scheidet ein Anspruch aus. Werden Puppen, die auf einem Cartoon basieren unter der Firmenbezeichnung „Dr. Seuss“ des Künstlers verkauft, so steht diesem kein Anspruch basierend auf dem right of privacy zu.745 Besonderheit der Fallgruppe ist, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gewährt werden kann.746 Ein Fall von appropriation liegt vor, wenn ein Artikel in einer Fachzeitschrift in einer veränderten Fassung veröffentlicht wird.747 Auch die Veröffentlichung einer Vorlesungsmitschrift – wobei diese nicht vollständig wiedergegeben wurde – unter dem Namen des Professors, fällt unter appropriation.748 In den false light-Fällen wird eine Person durch eine unrichtige Tatsachenbehauptung in der Öffentlichkeit in ein falsches Licht gerückt.749 Wird nun durch die Werkänderung ein falsches und anstößiges Bild von der Person des Urhebers vermittelt, kann dieser einen Abwehranspruch aus false light geltend machen.750 Die Abgrenzung von false light und defamation ist schwierig, weshalb für defamation teilweise eine ehrrührige „Äußerung“ verlangt wird, für das right of privacy dagegen nicht; bei letzterem wird eine in hohem Maße anstößige Behauptung als ausreichend erachtet.751 Es erschließt sich Neyland v. Home Pattern Co., Inc., 65 F.2d 363, 364 (2d Cir. 1933); Manger v. Kree Inst. of Electrolysis, Inc., 233 F.2d 5, 8 (2d Cir. 1956); Williams v. Weisser, 273 Cal. App. 2d 726, 741 f. (1969). Zim v. Western Publ’g Co., 573 F.2d 1318, 1327 (5th Cir. 1978). Versagt wurde der Schutz dagegen in Shostakovich v. Twentieth Century-Fox Film Corp., 196 Misc. 67, 69 (N.Y. Sup. Ct. 1948). 745 Geisel v. Poynter Prods., Inc., 295 F. Supp. 331, 355 f. (S.D.N.Y. 1968). Krit. Zabatta 43 Syracuse L. Rev. 1095, 1122 f. (1992) 746 Götting S. 190. Bsp. für einen Unterlassungsanspruch basierend auf dem right of privacy (appropriation), Michaels v. Internet Entm’t Group, Inc., 5 F. Supp. 2d 823, 843 (C.D. Cal. 1998). 747 Manger v. Kree Inst. of Electrolysis, Inc., 233 F.2d 5 (2d Cir. 1956). 748 Williams v. Weisser, 273 Cal. App. 2d 726, 742 (1969). 749 Michaels v. Internet Entm’t Group, Inc., 1998 U.S. Dist. LEXIS 20786, 1, 19 (C.D. Cal. 1998); Götting S. 182. 750 Stevens v. NBC 148 U.S.P.Q. 755, 756 (Cal. Sup. Ct. 1966) [false light]; Cort v. St. Paul Fire and Marine Ins. Cos., Inc., 311 F.3d 979, 987 (9th Cir. 2002); Federle S. 134. 751 Cort v. St. Paul Fire and Marine Ins. Cos., Inc., 311 F.3d 979, 987 (9th Cir. 2002). In diesem Fall kam ein Anspruch basierend auf dem right of privacy in 744
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
nicht, was der Unterschied zwischen einer ehrrührigen und einer in hohem Maße anstößigen Behauptung sein soll. Im Grunde braucht dieser Streit gar nicht entschieden zu werden; beide Ansprüche haben im Wesentlichen dieselben Einschränkungen, z.B. die Haftungsprivilegierung mit „malice“ für Personen des öffentlichen Lebens,752 die Begrenzung durch Rechtfertigungen, wie das right of free speech,753 die Gewährung von Schadensersatz im Falle einer Rechtsverletzung.754 Zu beachten ist aber, dass das right of privacy nicht an eine Schädigung des Ansehens, sondern an die Zufügung von seelischen Schmerzen anknüpft.755 Ein Anspruch basierend auf dem right of privacy ist ausgeschlossen, wenn der Urheber durch die Einräumung von Nutzungsrechten ausdrücklich oder konkludent seine Einwilligung in die Rechtsverletzung gegeben hat.756 In der öffentlichen Selbstdarstellung wird regelmäßig ein konkludenter Rechtsverzicht gesehen.757 Das right of privacy ist als höchstpersönliches Recht weder übertragbar noch vererblich.758
Betracht, da ein Anspruch auf Grund von defamation mangels einer unwahren Tatsachenbehauptung ausschied. Siehe a. Götting S. 182, Klüber S. 161. 752 Estate of Ernest Hemingway v. Random House, Inc. 23 N.Y.2d 341, 352 (N.Y. App. Ct. 1968); Götting S. 187. 753 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 652F (absolute priviliges), § 652G (conditional privileges); Pavesich v. New England Life Ins. Co., 122 Ga. 190, 202 ff. (1905); Carlisle v. Fawcett Publ’ns, Inc., 201 Cal. App. 2d 733, 745 ff. (1962). 754 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, §§ 621, 652H. 755 Götting S. 189. 756 Pavesich v. New England Life Ins. Co., 122 Ga. 190, 199 (1905); Neyland v. Home Pattern Co., Inc., 65 F.2d 363, 364 f. (2d Cir. 1933); Manger v. Kree Inst. of Electrolysis, Inc., 233 F.2d 5, 9 (2d Cir. 1956); Jaeger v. Am. Int’l Pictures, Inc., 330 F. Supp. 274, 277 f. (S.D.N.Y. 1971); Zim v. Western Publ’g Co., 573 F.2d 1318, 1327 (5th Cir. 1978); Götting S. 188. 757 Bi-Rite Enters., Inc. v. Button Master, 555 F. Supp. 1188, 1198 (S.D.N.Y. 1983) [“… public figures, with their likenesses, names and images already in the public domain, they have waived their rights to claim intrusions into their common law privacy rights.”]; Götting S. 186, Klüber S. 162; Seemann UFITA 131 (1996), 5, 32. 758 Klüber S. 167.
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
333
2. Stellungnahme
Das right of privacy weist große Ähnlichkeit zu defamation auf, jedoch dient es in erster Linie dem Schutz der Gefühle und der Privatsphäre des „kleinen Mannes“.759 Daher muss der Schaden in einer seelischen Beeinträchtigung bestehen.760 Die Schutzvoraussetzungen sind bei dem right of privacy nicht ganz so hoch. Ein Anspruch basierend auf appropriation kann nach dem Tod des Berechtigten geltend gemacht werden.761 Bedauerlicherweise kann der Urheber im Falle des right of privacy nur dann indirekten Werkintegritätsschutz erlangen, wenn sein verändertes Werk mit seinem Namen versehen wird. Findet überhaupt keine Zuschreibung der Urheberschaft statt, ist der Urheber schutzlos. Über das Recht kann mangels Schutz der Urheber-Werk-Beziehung kein Zerstörungsschutz erfolgen. Außer in dem appropriation-Fällen steht dem Urheber kein Unterlassungsanpruch zu, sondern bestenfalls eine Anspruch auf Unterdrückung seines Namens bei der Werkverwertung.762 Durch die vorgenommene Einteilung in Fallgruppen besteht die Gefahr der Rechtsverengung.763 Eine Weiterentwicklung zum Schutz der Werkintegrität wird dadurch erschwert. III. Der Schutz der Werkintegrität durch das right of publicity Das common law right of publicity ist in einigen Einzelstaaten gesetzlich geregelt.764 Das Recht hat seine Wurzeln im right of privacy, “… its primary purpose, like that of common law privacy, is to protect the feelings and privacy of ‘little man’.”, Bi-Rite Enters., Inc. v. Button Master, 555 F. Supp. 1188, 1198 (S.D.N.Y. 1983). 760 “Relief is available under the applicable privacy law only for acts that invade plaintiffs’ privacy and consequently bruise their feelings”, Bi-Rite Enters., Inc. v. Button Master, 555 F. Supp. 1188, 1198 (S.D.N.Y. 1983). 761 The American Law Institute, Restatement of the Law, Second, Torts, § 652I. 762 Siehe dazu Curwood v. Affiliated Distribs., Inc., 283 Fed. 219, 223 (S.D.N.Y. 1922). 763 So a. Götting S. 185 f. 764 Eine Regelung hat es bspw. im Cal. Civ. Code § 990 (b) und im Nev. Rev. Stat. § 598.984 gefunden. Siehe a. The American Law Institute, Restatment of Law, Third, Unfair Competition §§ 46–49a. 759
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
jedoch dient es als eigentumsähnliches Recht dem Schutz kommerzieller Interessen und nicht dem Schutz der Privatsphäre.765 Es hat sich im Zusammenhang mit der unbefugten Verwertung der Identität bekannter Personen für Werbezwecke als Vermögensrecht entwickelt und muss deshalb als von dem right of privacy, das allein dem Schutz ideeller Interessen dient, unabhängiges Recht begriffen werden.766 Das right of publicity beinhaltet das Recht, anderen die kommerzielle Verwendung von Persönlichkeitsmerkmalen zu gestatten bzw. zu untersagen. Das Recht steht nicht nur prominenten, sondern auch nicht-prominenten Personen zu.767 Voraussetzung einer Rechtsverletzung ist, dass der Name oder das Bildnis des Klägers Öffentlichkeitswert besitzt und, dass der Beklagte sich dieses Recht ohne Zu-
“… the so-called ‘right of publicity’, a tort derived from the appropriation branch of the right of privacy. That right … grants a person an exclusive right to control the commercial value of his name and likeness and to prevent others from exploiting that value without permission. It prevents unjust enrichment by providing a remedy against exploitation of the goodwill and reputation that a person develops in his name or likeness through the investment of time, effort, and money.”, Bi-Rite Enters., Inc. v. Button Master, 555 F. Supp. 1188, 1198 (S.D.N.Y. 1983). Zum vermögensrechtlichen Charakter des right of publicity, Klüber S. 170 ff. 766 Bekannte Persönlichkeiten können keinen Schutz über das right of privacy erlangen, da angenommen wird, dass sie durch ihre öffentliche Selbstdarstellung auf ihr right of privacy verzichtet haben, vgl. Edison v. Edison Polyform & Mfg. Co., 73 N.J. Eq. 136, 142 (N.J. Chan. Ct. 1907). Zur Schließung der so entstandenen Schutzlücke wurde das right of publicity entwickelt. Zur Entstehungsgeschichte Gauß GRUR Int. 2004, 558, 563 f.; Götting GRUR Int. 1995, 656, 659 ff., Klüber S. 161 ff.; Reber GRUR Int. 1995, 884. In dem Fall Haelan Labs., Inc. v. Topps Chewing Gum, Inc. 202 F.2d 866, 868 (2d Cir. 1953) wurde ein von dem gesetzlichen right of privacy unabhängiges right of publicity anerkannt, welches vor der Aneignung des kommerziellen Werts der Identität einer bekannten Persönlichkeit schützt; das Recht wurde nicht als Persönlichkeitsrecht, sondern als Vermögensrecht anerkannt [“We think that, in addition to and indepedent of that right of privacy (which in New York derives from statute), a man has a right in the publicity value of his photograph, i.e. the right to grant the exclusive privilige of publishing his picture …”]; siehe a. Götting S. 191; Halpern 39 Vand. L. Rev. 1199, 1255 (1986). In Stephano v. News Group Publ’ns, Inc., 64 N.Y.2d 174, 183 (1984) wurde das right of publicity als Unterfall des gesetzlich geregelten right of privacy angesehen. Die Anerkennung eines common law right of publicity wurde damit abgelehnt. 767 Götting S. 211 ff., 243; Klüber S. 168. 765
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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stimmung des Klägers zu Werbe- oder Handelszwecken angeeignet hat.768 Das Recht weist große Ähnlichkeit mit der Fallgruppe appropriation des right of privacy auf.769 Allerdings ist das Recht als intellectual property right übertragbar und (größtenteils auch) vererblich ausgestaltet.770 Bei Verletzung des right of publicity stehen dem Rechtsinhaber sowie einem exklusiven Lizenznehmer Ansprüche auf Schadensersatz und Unterlassung zu.771 Im Falle von irreführender Werbung ist an § 43 (a) Lanham Act zu denken. Diese Norm kann neben dem right of publicity Anwendung finden und schließt in den Staaten Schutzlücken, die das Recht nicht anerkennen.772 Bislang sind keine Fälle bekannt, in denen das right of integrity über das right of publicity indirekten Schutz erfahren hat. Möglich wäre dies z.B. für den Fall, dass mit dem Namen oder dem Bildnis einer bekannten Person im Zusammenhang mit einem veränderten Werk
Zu den Anspruchsvoraussetzungen: Michaels v. Internet Entm’t Group, Inc., 5 F. Supp. 2d 823, 837 (C.D. Cal. 1998); 1998 U.S. Dist. LEXIS 20786, 1, 9 (C.D. Cal. 1998); Götting S. 191; Krigsman 73 TMR 251, 261 (1983). In dem New Yorker Fall Bi-Rite Enters., Inc. v. Button Master, 555 F. Supp. 1188, 1198 f. (S.D.N.Y. 1983) wurde in Anlehnung an den Fall Lerman v. Chukleberry Publishing, Inc., 521 F. Supp. 228, 232 (S.D.N.Y. 1981) zudem verlangt, dass der Verletzte seinen Namen oder sein Bildnis bereits selbst vermarktet hat und so dessen kommerzieller Wert bewiesen ist. Die Anforderungen an eine Rechtsverletzung sind daher höher. 769 Klüber S. 161. Vgl. Michaels v. Internet Entm’t Group, Inc., 5 F. Supp. 2d 823, 839 (C.D. Cal. 1998); in dem Fall wurde die Klage sowohl auf das right of publicity als auch auf das right of privacy (appropriation) gestützt; das Gericht macht in seiner Entscheidung keine weiteren Ausführungen zu dem right of privacy-Anspruch und verweist auf die Ausführungen zu dem right of publicity. S.o. S. 330. 770 Die Vererblichkeit ist in acht Staaten ausdrücklich geregelt, in zwei durch common law anerkannt und nur in zwei Staaten ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossen, siehe Klüber S. 169 ff.; Seemann UFITA 131 (1996), 5, 33 f. Vgl. zur Diskussion der Vererblichkeit a. Götting S. 237 ff. 771 Zu den Ansprüchen im Falle einer Rechtsverletzung, Götting S. 257 ff.. Bsp. für einen Unterlassungsanspruch basierend auf dem right of publicity, Michaels v. Internet Entm’t Group, Inc., 5 F. Supp. 2d 823, 843 (C.D. Cal. 1998). 772 Siehe dazu Götting S. 255 ff. 768
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
geworben wird.773 Dies liegt vermutlich an der uneinheitlichen Anerkennung des Rechts und den Kontroversen bzgl. seiner Herleitung. Problematisch ist der vermögensrechtliche Charakter des Rechts. Das Recht schützt dennoch, wenn auch nur indirekt, ideelle Interessen der Rechtsinhaber. In Zukunft könnten jedenfalls Fälle denkbar sein, in denen über das right of publicity persönliche Interessen von Urhebern, wie die Werkintegrität, geschützt werden.774 Vorteil der Anwendung des right of publicity zum Schutz der Werkintegrität wäre, dass das Recht prominenten Urhebern Schutz bietet sowie übertragbar und vererblich ausgestaltet ist.775 Von Nachteil ist, dass das Recht allein auf den Schutz von Vermögensinteressen abzielt und der Schutz nicht an ein bestimmtes Werk, sondern an die Person gekoppelt ist.776 E. Zusammenfassung und abschließende Bewertung des US-amerikanischen Werkintegritätsschutzes Der Integritätsschutz des VARA genügt in keinster Weise den Anforderungen von Art. 6bis RBÜ.777 Am besten wird dies dadurch deutlich, dass alle Altfälle mit Ausnahme des Falls Crimi v. Rutgers Presbyterian Church778 weiterhin nach anderen Rechtsinstituten des USRechts entschieden werden müssten. Lediglich eine einzige VARAKlage, Martin v. City of Indianapolis, hatte wirklich Erfolg. Zu viele Kunstwerke fallen von vornherein aus dem Schutzbereich;779 diese “Plaintiff might, perhaps, have sued for invasion of her right of publicity.”, Manger v. Kree Inst. of Electrolysis, Inc., 233 F.2d 5, 9 (2d Cir. 1956). 774 Krigsman 73 TMR 251, 261 f. (1983). 775 Federle S. 139; Götting GRUR Int. 1995, 656, 664; Krigsman 73 TMR 251, 261 (1983). 776 Vgl. Krigsman 73 TMR 251, 262 (1983). 777 So a. Baucks ZUM 1992, 72, 76; Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1439 (1989); Pfeifer/Kamen-Methler ZUM 1993, 325, 352; Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 658 f. (2007). 778 Crimi v. Rutgers Presbyterian Church, 194 Misc. 570, 576 f (N.Y. Sup. Ct. 1949). 779 Nicht erfasst sind Puppen und Kostüme: Gegenhuber v. Hystopolis Prods., Inc., 1992 U.S. Dist. LEXIS 10156, 1, 11 (N.D. Ill. 1992); law reviews: Choe v. Fordham Univ. School of Law, 920 F. Supp. 44, 49 (S.D.N.Y. 1995); literarische Werke: Shaw v. Rizzoli Int’l Publ’ns Inc., 1999 U.S. Dist. LEXIS 3233, 1, 25 Fn. 14 (S.D.N.Y. 1999); Kettenburg v. Univ. of Louisville, 2005 U.S. Dist. LEXIS 773
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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Problematik wird in den Entscheidungen Pollara v. Seymour, Carter v. Helmsley-Spear, Inc. und Phillips v. Prembroke Real Estate, Inc. besonders gut sichtbar.780 Erstaunlicherweise befasst sich keiner der VARA-Fälle mit dem Schutz von Unikaten der bildenden Kunst in Museen und anderen Einrichtungen, für deren Schutz das Gesetz primär konzipiert wurde. Ursache des minimalen Schutzniveaus sind die Begrenzung des Schutzes auf Werke der bildenden Kunst, der Ausschluss von Vervielfältigungen aus dem Schutzbereich, die auf die Lebenszeit des Urhebers begrenzte Schutzdauer, das Vorsatzerfordernis im Hinblick auf die Rechtsverletzung und die Verzichtsmöglichkeit. Der pauschale Ausschluss von Werken, die im Rahmen eines Angestellten- bzw. Auftragsverhältnisses geschaffen wurden oder die einem Gebrauchszweck dienen, engt den Schutz ebenfalls stark ein und ermöglicht keinen, dem Einzelfall gerecht werdenden Interessenausgleich zwischen Urheber, Verwerter und Eigentümer. Dieser kann auch nicht sinnvoll über die auf Vermögensrechte zugeschnittene fair-use-defence erzielt werden.781 Der auf Kunstwerke begrenzte Schutz birgt darüber hinaus die Gefahr der Rechtsverengung. Die Gerichte tendieren seit dem Erlass des VARA dazu dem Urheber – mit dem Verweis auf das VARA als abschließende Regelung –, den Rechtsschutz über andere Rechtsinstitute zu versagen, ungeachtet dessen, dass dies der Intention des Gesetzgebers widerspricht.782 12170, 1, 5 (W.D. Ky. 2005); elektronische Publikationen/Websites: Ganjavi v. Smith, 2007 U.S. Dist. LEXIS 57332, 1, 8 (N.D. Ill. 2007); ortsbezogene Kunst: Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 459 F.3d 128, 143 (2006); der Entwurf einer Trophäe: NASCAR v. Scharle, 356 F. Supp. 2d 515, 529 (E.D. Pa. 2005); Notizkarten und Lithographien: Lee v. A.R.T Co., 125 F.3d 580 (7th Cir. 1997); Werbung: Pollara v. Seymour, 206 F. Supp. 2D 333, 337 Fn. 8 (N.D.N.Y. 2002); Poster: Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216, 222 (E.D.N.Y. 2000); Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 14 (S.D.N.Y 2003); Vervielfältigungen: Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420, 1, 14 (S.D.N.Y 2003). 780 Jones 8 Comp. L. Rev. & Tech. J. 355, 375 f. (2005); Thurston 20 Berkeley Tech. L.J. 701, 713 (2005). 781 Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 683 (2007) schlägt daher einen eigenen Test zum Interessenausgleich im Rahmen des moral rights-Schutzes vor. 782 Lee v. A.R.T Co., 125 F.3d 580, 583 (7th Cir. 1997) in Bezug auf U.S.C. § 106 (2) [“It would not be sound to use § 106 (2) to provide artists with exclusive rights
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Der enge Anwendungsbereich des VARA ist zum einen auf die doppelte Ausrichtung des Gesetzes – Ansehens- und Kulturgüterschutz – zurückzuführen. Andererseits lässt sich dieser durch die Einflussnahme der Wirtschaft während des Gesetzgebungsprozesses erklären.783 Die Lobby der starken Unterhaltungsindustrie hat mit allen Mitteln die Ausdehnung des Schutzes auf andere, kommerziell massenhaft verwertbare Werkarten verhindert; auch achtete sie darauf, dass der ohnehin schon begrenzte Schutz für Kunstwerke mit den Interessen der Wirtschaft vereinbar ist. Dies zeigt bspw. die Einführung der waiver-Option. Die Vermischung der verschiedenen Schutzzwecke führt dazu, dass der angestrebte Schutz letztendlich überhaupt nicht erreicht wird. Am Beispiel des recognized stature-Merkmals wird dieser negative Effekt am deutlichsten sichtbar. Der größte Kritikpunkt am VARA ist dessen Unbestimmtheit. Der Gesetzgeber wollte den Gerichten einen großen Ermessensspielraum für Einzelfallentscheidungen lassen. Prinzipiell ist dies zu begrüßen; jedoch darf dieser Spielraum nicht so weit gehen, dass er letztendlich die intendierte Schutzfunktion des Gesetzes aushebelt. Auslegungsschwierigkeiten bestehen insbesondere bei den Merkmalen prejudical, honor, reputation und recognized stature sowie bei den waiver- und preemption-Regelungen.784 Die Gerichte konnten diese Probleme bislang durch die Entwicklung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht beseitigen. Dies liegt daran, dass nur wenige VARA-Entscheidungen bis vor die Appellationsgerichte kamen.785 Die meisten Klagen gab es im US District Court für den Southern District von New York.786 Die Urteile des Gerichts haben keine Bindungswirkung für die Gerichte
deliberately omitted from the Visual Artists Rights Act.”]; Dastar Corp. v. Twentieth Century Fox Film Corp., 539 U.S. 23 (2003) in Bezug auf § 43 (a) Lanham Act; Rigamonti 47 Harv. Int’l L.J. 353, 407 ff. (2006). 783 Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1476 f. (2004). 784 Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1477 (2004); Burton 48 SMU L. Rev. 639, 658 (1995); Stuart 47 Santa Clara L. Rev. 645, 671 (2007). 785 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 71 F.3d 77 (2d Cir. 1995); Martin v. City of Indianapolis, 192 F 3d 608 (7th Cir. 1999); Peker v. Masters Collection, 96 F. Supp. 2d 216 (E.D.N.Y. 2000); Cort v. St. Paul Fire and Marine Ins. Cos., Inc., 311 F.3d 979 (9th Cir. 2002); Pollara v. Seymour, 344 F.3d 265 (2d Cir. 2003).
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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der anderen Staaten, so dass Auslegungsfragen des VARA nicht abschließend geklärt werden konnten.787 Die Auslegungspraxis unterscheidet sich sogar stark zwischen den einzelnen Instanzen. Der Fall Phillips v. Prembroke Real Estate, Inc. ist dafür ein Paradebeispiel. Die Instanzengerichte waren sich nicht einig darüber, ob site-specific art vom VARA erfasst ist oder eben nicht. Somit hat das Gesetz de facto nicht die gewünschte Rechtssicherheit geschaffen. Eine starke Verbesserung würde die Einfügung von Definitionen für die unbestimmten Rechtsbegriffe bringen. Bis der Gesetzgeber tätig wird, ist den Vertragsparteien zu empfehlen, bestehende Rechtsunsicherheiten in Zusammenhang mit dem VARA vertraglich auszuräumen.788 Langfristig kann ein umfassender, den Anforderungen der RBÜ gerecht werdender Schutz der persönlichen Interessen des Urhebers nur erreicht werden, wenn weitere Werkarten in den Anwendungsbereich der Norm aufgenommen werden789 und der Kulturgüterschutz in gesonderte Regelungen ausgelagert wird. Andere common lawLänder – ein gutes Beispiel ist Australien – haben gezeigt, dass das copyright-System einen moral rights-Schutz zulässt, welcher den Anforderungen der RBÜ entspricht. Ohne eine Gesetzesänderung könnte durch eine weite Auslegung der VARA-Regelungen ein verbesserter Integritätsschutz erreicht werden. Die Gerichte werden dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers, den Anwendungsbereich möglichst eng zu halten, aber kaum widersprechen. Im Ergebnis ist weiter festzuhalten, dass nicht die Verfassung einem umfassenderen moral rights-Schutz entgegensteht, sondern vielmehr die wirtschaftlichen Interessen der USA. Dies beweist insbesondere
Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 861 F. Supp. 303 (S.D.N.Y. 1994); Pavia v. 1120 Ave. of the Ams. Assocs., 901 F. Supp. 620 (S.D.N.Y. 1995); Flack v. Friends of Queen Catherine, 139 F. Supp. 2d 526 (S.D.N.Y. 2001); Grauer v. Deutsch, No. 01 Civ. 8672 LAK (S.D.N.Y. 2002); Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221 (S.D.N.Y. 2003); Silberman v. Innovation Luggage, Inc., 2003 U.S. Dist. LEXIS 5420 (S.D.N.Y. 2003). 787 Alexander 36 Ariz. St. L.J. 1471, 1473 f. (2004). 788 Vgl. VerSteeg in 67 Wash. L. Rev. 827, 863 ff. (1992). 789 So a. Carpenter 63 Wash & Lee L. Rev. 1601, 1646 f. (2006). 786
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
die Entscheidung Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc.; in diesem Fall haben die Gerichte gezeigt, dass das utilitaristische copyright-Konzept dem Schutz der Werkintegrität nicht entgegensteht. Vielmehr bietet die Gewährung persönlicher Rechte wohl den größten Anreiz zur Schaffung neuer, kulturell wertvoller Werke.790 Gerade das Integritätsrecht dient in besonderer Weise der Erhaltung dieser Kulturgüter. Insofern würde der gesetzliche Schutz von moral rights den Vorgaben der Verfassung mehr als gerecht werden; dies natürlich unter der Maßgabe, dass ein Ausgleich mit kollidierenden Verfassungsrechten, insbesondere dem Recht auf Meinungsfreiheit und dem Recht auf Eigentum, angestrebt wird. Die gleiche Kritik wie am VARA kann an den einzelstaatlichen Gesetzen geübt werden, die dem Modell von Kalifornien folgen. Hier findet sich ebenfalls der doppelte Schutzzweck, welcher die Ausgestaltung der Gesetze prägt und letztendlich zu einer Verfehlung des Schutzzweckes führt. Positiv zu bewerten ist die an das copyright angepasste Schutzdauer und der Zerstörungsschutz. Die nach dem Vorbild von New York geschaffenen, einzelstaatlichen Gesetze dienen dagegen allein dem Schutz des Ansehens. Dies wirkt sich auf den Schutzumfang aus. Zwar erfassen diese, wie alle Gesetze der Einzelstaaten, nur Kunstwerke, allerdings wird der Schutz nicht auf Werke von anerkannter Qualität begrenzt und Vervielfältigungen sind in den Schutzbereich miteinbezogen. Leider schützen die Regelungen nicht vor direkten Werkveränderungen, sondern nur vor einer ansehensschädigenden, öffentlichen Präsentation veränderter Werke. Die Frage der preemption der einzelstaatlichen Regelungen durch das VARA ist, obwohl dringend erforderlich, nicht abschließend geklärt. Mit Hilfe der einzelstaatlichen Gesetze können, sofern diese eben anwendbar sind, einige Schutzlücken des Bundesgesetzes verringert werden. Zu hoffen ist, dass die Gerichte die preemption clause eng auslegen, um den weiter reichenden Schutz der einzelstaatlichen Gesetze für die Urheber nutzbar zu machen. Darüber hinaus hat sich gezeigt, dass die Ergänzung des VARA durch andere Rechtsinstitute in- und außerhalb des copyright law die Siehe dazu die Schlussfolgerungen von Joffrain 36 Tex Int’l L.J. 735, 791 ff. (2001). 790
3. Kapitel: Die weiteren Schutzmechanismen des copyright law
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großen gesetzlichen Schutzlücken nicht schließen kann. Die Anwendung vieler verschiedener Rechtsinstitute zum Schutz eines einzigen Interesses, der Werkintegrität, ist nicht nur verwirrend, sondern schafft Rechtsunsicherheit.791 Je nach Sachlage muss aufwendig geprüft werden, welche Rechte zum Schutz der Werkintegrität in dem besonderen Einzelfall geeignet sind. Oft versagen gleich mehrere Schutzmechanismen. Ein umfassender und einheitlicher Schutz gewährleistet das amerikanische Recht so nicht. Auffällig ist die fehlende dogmatische Fundierung der Ansprüche zum Schutz der Werkintegrität. In der Regel dienen die Rechte ganz anderen Zielsetzungen. Sie wurden, weil die Gerichte mit der Zeit ein gewisses Schutzbedürfnis anerkannten, umfunktioniert. Aber gerade dies führt in den meisten Fällen dazu, dass dem Urheber der Schutz vor Veränderung und Zerstörung seines Werkes verwehrt bleibt. Deutlich wird das Problem vor allem beim Schutz der Werkintegrität über das Delikt defamation, welches nur im Falle einer Ansehensschädigung des Urhebers greift. Gleiches lässt sich über § 43 (a) Lanham Act sagen; die Norm verlangt die Gefahr der Irreführung von Verbrauchern. Weitere Folge der anderen Schutzfunktion ist, dass die Rechtsinstitute nicht auf den Schutz der Werkintegrität zugeschnittene Anspruchsvoraussetzungen haben. Den meisten Entscheidungen zum Schutz der Werkintegrität über das Vertrags-, Wettbewerbs- und Deliktsrecht ist gemein, dass das Werk des Urhebers in irgendeiner Art und Weise verfälscht wird, jedoch als Originalwerk des Urhebers präsentiert wird und diese Präsentation durch eine Klage verhindert werden soll. Dabei setzt der Klageanspruch des Urhebers voraus, dass das Werk, direkt oder indirekt, den Urheber als originären Schöpfer des Werkes ausweist (attribution) und diese Zuschreibung der Urheberschaft irreführend ist. Gibt es nun aber keinen Hinweis auf die Urheberschaft oder wird nicht der Eindruck erweckt, das Werk sei das Originalwerk des Urhebers, z.B. durch das Anbringen einer entsprechenden Klarstellung (disclaimer), versagen diese auf der Täuschung oder der Irreführung anderer Personen beruhenden Klageansprüche. 791 “… the minimalist position relies on protections that are makeshift, inelegant, and, ultimately, conjectural.”, Brooks 77 Cal. L. Rev. 1431, 1443 (1989).
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
Die Rechte bieten mangels Schutz der Urheber-Werk-Beziehung prinzipiell keinen Schutz vor der Zerstörung des Werkes.792 Nur wenn der Urheber sich auf eine ausdrückliche vertragliche Abrede berufen kann, hat er eine gewisse Sicherheit, die Veränderung oder Zerstörung seines Werkes verhindern zu können. Ausdrückliche vertragliche Abreden sind aber in der Praxis sehr unüblich, weil der Urheber sich mit seiner Forderung nach Werkintegritätsschutz gegenüber den Werkverwertern im Regelfall schlecht durchsetzen kann. Selbst wenn die Anspruchsvoraussetzungen an sich erfüllt sind, kann es sein, dass der Urheber trotzdem schutzlos bleibt – die entsprechenden Ansprüche werden allein bei finanziellen Verlusten oder wirtschaftlichen Schäden gewährt. Im Regelfall ist nur ein Schadensersatzanspruch vorgesehen; der für den Integritätsschutz so wichtige Unterlassungsanspruch dagegen nicht. Im Übrigen ist zu beachten, dass die anderen Rechtsinstitute durch die Vorschriften des Copyright Act verdrängt werden können, wie z.B das Delikt defamation durch das VARA. Die anderen Rechtsinstitute können vielleicht die Funktion des Integritätsrechts ersetzen, aber niemals dessen intrinsic value, den ihm innewohnenden Wert, und dessen Signalwirkung. Erst durch die Schaffung eigens zum Schutz der Werkintegrität vorgesehener (gesetzlicher) Rechte wird das Werk bzw. die schöpferische Leistung als wichtiger Beitrag für die Gesellschaft anerkannt; der sichere rechtliche Rahmen bietet dann den nötigen Anreiz für die weitere Werkproduktion.793
Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 39, 74 f. (1988). Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 594; Ong 26 Colum. J.L. & Arts 297, 310 ff. (2003). 792 793
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes im US-amerikanischen Recht Seit der Verankerung des droit moral-Schutzes in der RBÜ im Jahr 1928 wird in den USA über die Vereinbarkeit des copyright right law mit den moral rights diskutiert. Die Rechte standen lange Zeit einem Beitritt der USA zur RBÜ entgegen und nach ihrem Beitritt zur RBÜ versuchten die USA stets, eine gesetzliche Regelung der Rechte zu umgehen. Zu groß war die Angst vor wirtschaftlichen Einbußen der so gewinnbringenden Unterhaltungsindustrie. Kritiker verwiesen sie auf den entsprechenden Schutz durch Rechtsinstitute in- und außerhalb des copyright law und die moral rights-Gesetze der Einzelstaaten. Dennoch waren sich die USA wohl durchaus bewusst, dass ihr Recht nicht dem Standard der RBÜ entspricht. Zudem mussten die Kritiker im eigenen Land beschwichtigt werden.794 Anders lässt es sich nicht erklären, dass die USA im Jahr 1990 das VARA erlassen haben, welches zum ersten Mal gesetzlichen Werkintegritätsschutz auf Bundesebene festlegte. Mit dem Gesetz trugen sie ein Stück weit zur internationalen Harmonisierung bei; selbst Großbritannien, als Mutterland des copyright law, hatte mit dem CDPA von 1988 mittlerweile moral rights gesetzlich geregelt. Die USA stehen einem umfassenden Integritätsschutz aber weiterhin ablehnend gegenüber. Dies belegen u.a. der enge Anwendungsbereich des VARA, eine fehlende Schutzerweiterung seit 1990, die Haltung der USA während der Verhandlungen zum TRIPs-Abkommen, die letztendlich zu einer Ausklammerung von Art. 6bis RBÜ im Rahmen des Abkommens führte, und die fehlende Umsetzung des WIPO Performances and Phonograms Treaty (WPPT), mit dessen Unter-
Vgl. “H.R. 2960 brings US law into greater harmony with the laws of other Berne countries.”, H.R. Rep. No. 101-514 (1990), reprinted in 1990 USCCAN 6915, 6920; “A chief motivation in the implementation of VARA stemmed form the United States’ ratification of the Berne Convention, and international treaty dealing with copyright.”, Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221, 1, 23 Fn. 9 (S.D.N.Y. 2003)
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2. Teil: Der Schutz der Werkintegrität im US-amerikanischen Recht
zeichnung im Jahr 1997, sich die USA zur Gewährung von moral rights für Leistungsschutzberechtigte verpflichtet haben.795 Ein Lichtblick ist allein, dass das Bewusstsein für die persönlichen Rechte der Urheber in der Gesellschaft selbst zu steigen scheint. Die Lobby der Werkschaffenden ist jedoch immer noch viel zu schwach, um es mit der Wirtschaft aufzunehmen. Der Streik der Drehbuchautoren Ende 2007 – Anfang 2008, die nicht nur auf ihre schlechte Bezahlung, sondern auch auf ihre Rolle in der Filmindustrie aufmerksam machen wollten, hat aber gezeigt, dass der Kampf nicht aussichtslos ist. Mit prominenter Unterstützung haben sie die Unterhaltungsindustrie wirklich unter Druck gesetzt. Bekannte und quotenbringende Fernsehsendungen und Shows mussten vorübergehend abgesetzt werden. Die Gala zur Verleihung der Golden Globes wurde abgesagt; für kurze Zeit sah es sogar so aus, als ob dies ebenso mit der Oscarverleihung geschehen würde. Die utilitaristische und pragmatische Ausprägung des copyrightSchutzes stand bisher einem umfassenden moral rights-Schutz entgegen. Einige Gerichtsentscheidungen zeigen aber die Möglichkeit der Vereinbarkeit von moral rights mit dem bereits bestehenden Ansatz.796 Gerade der amerikanische Pragmatismus bietet dabei die Chance einer Neuausrichtung und Anpassung des bestehenden Rechts. Gern wird vergessen, dass sich in Europa ein systematisches Schutzkonzept erst im Laufe des 19. Jh. durch Rechtsprechung und Lehre entwickelte.797 Diese Möglichkeit der allmählichen Rechtsentwicklung muss den USA ebenso zugestanden werden. Leider fehlte insbesondere der Rechtsprechung bislang der Wille und der Mut, die persönlichen Rechte des Urhebers anzuerkennen und dementsprechend zu schützen. Eine „Oktroyierung“ des kontinentaleuropäischen Konzepts ist verfehlt, was die Schaffung des VARA verdeutlicht.798 Da das Gesetz nur einen kleinen Teil der Werkschaffenden schützt, hat es die allgemeine Akzeptanz von moral rights nicht im geringsten Art 5 des WPPT ist abgedruckt in GRUR Int. 2004, 112, 117. Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14, 23 f. (2d Cir. 1976); Follet v. New American Library, Inc. 497 F. Supp. 304, 311 ff. (S.D.N.Y. 1980); so. a. in Comment 125 U. Pa L. Rev. 611, 634 (1977). 797 Siehe dazu die Ausf. bei Rigamonti 55 Am. J. Comp. L. 67, 92 ff., 120 f. (2007). 798 Rigamonti 47 Harv. Int’l L.J. 353, 412 (2006). 795 796
4. Kapitel: Die Zukunft des Werkintegritätsschutzes
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erhöht. Mit dem Gesetz signalisierte der Gesetzgeber vielmehr, die Masse der Urheber und ihre Interessen seien es nicht wert genug, um gesetzlichen Schutz zu erlangen. Ein „case-by-case-approach“ und eine darauf basierende Kodifikation – ganz der amerikanischen Rechtstradition gemäß – ist in Zukunft wohl die beste Variante zur Schutzerweiterung.799 Das amerikanische Recht schützt durch das right of privacy und das right of publicity bereits heute bestimmte Aspekte der Persönlichkeit. Zudem wurde im Vertragsrecht von der Rechtsprechung ein „Recht gegen Entstellungen“ entwickelt. Hier bestehen Anknüpfungspunkte, wenn es um eine mögliche Weiterentwicklung des Schutzes der kreativen Persönlichkeit geht.800 Ferner sollten die Gerichte das VARA nutzen, um dem Integritätsschutz zu einer breiteren gesellschaftlichen Anerkennung zu verhelfen und ihn umfassender auszugestalten. Sehr unwahrscheinlich ist, dass der Gesetzgeber tätig wird, denn dieser verspürt bislang nur seitens der Wirtschaft Druck. Das wahrscheinlich stärkste Argument der Gerichte für die Anerkennung und Stärkung von moral rights im amerikanischen Recht sollte dabei die Durchbrechung der monopolistischen Natur des copyright sein, welches einst Anlass für dessen gesetzliche Regelung bot.801
So bereits Patterson S. 220: “The problem of the author’s creative interest is a delicate subject which, by its very nature, can best be developed by judges in the caseby-case method of the common law, for its development will require perceptive analysis and careful distinction. Yet, if properly done, it offers an escape from the continuing discontent with copyright law.”; ebenso Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 602. 800 “Aside from any right of ‘privacy’ or ‘publicity’, perhaps she might also have had a cause of action for publication of a garbled version of her essay.”, Manger v. Kree Inst. of Electrolysis, Inc., 233 F.2d 5 (2d Cir. 1956); Damich 23 Ga. L. Rev. 1, 57 (1988). 801 Patterson S. 220. 799
3. Teil: Resumée A. Der Rechtsvergleich anhand von Beispielsfällen Der letzte Teil der Arbeit dient dazu die Ergebnisse der Länderbetrachtungen einander gegenüber zustellen. Ein direkter Vergleich des amerikanischen und deutschen Werkintegritätsschutzes ist nur in einem kleinen Teilbereich möglich. Ansonsten divergieren die Schutzkonzepte zu stark. Mit Hilfe von einfachen Beispielen aus den Bereichen bildende Kunst und Film, die sich an echten Entscheidungen orientieren, soll dennoch versucht werden, die auffälligsten Unterschiede, aber auch bestehende Gemeinsamkeiten, herauszuarbeiten und nochmals zu verdeutlichen. Diese Bereiche bieten sich an, denn im amerikanischen Recht erfahren ausschließlich Werke der bildenden Kunst gesetzlichen Integritätsschutz und Filmwerke werden bewusst keiner gesetzlichen Regelung zugeführt. Im deutschen Recht genießen Filmwerke zudem als einzige Werkart eine Sonderstellung. I. Die Beispielsfälle Der erste Beispielsfall ist den Entscheidungen Crimi v. Rutgers Presbyterian Church1 und „Felseneiland mit Sirenen“2 nachgebildet. Ein Eigentümer übermalt (teilweise) das Wandbild eines bekannten Künstlers aus dem Jahr 1992 im Zuge der Sanierung des maroden Hausflur seines Mehrfamilienhauses. Der Eigentümer und der Künstler haben einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, indem klargestellt ist, dass das Werk durch seine Entfernung möglicherweise verändert oder zerstört werden kann. In einer abgewandelten Variante des Falls haben beide vereinbart, dass der Künstler im Laufe von einem Jahr gegen eine monatliche Bezahlung die gesamten Wände des Hauses bemalt. Als Vorlage dient der Fall Carter v. Helmsley-Spear, Inc.3 Crimi v. Rutgers Presbyterian Church, 194 Misc. 570 (N.Y. Sup. Ct. 1949). RGZ 79, 397 – „Felseneiland mit Sirenen“. 3 Carter v. Helmsley-Spear, Inc., 852, F. Supp. 228, 232 (S.D.N.Y. 1994); 861 F. Supp. 303, 328 (S.D.N.Y. 1994); 71 F.3d 77 (2d Cir. 1995). 1 2
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3. Teil: Resumée
Im zweiten Beispielsfall verbringen städtische Angestellte eine Skulptur, die für einen Themenpark konzipiert und dort aufgestellt wurde, in einen Bauhof. Die Skulptur wird als nicht mehr zeitgemäß angesehen und soll durch eine Neue ersetzt werden. Dieser Fall ist angelehnt an Serra v. U. S. Gen. Serv. Admin.,4 English v. BFC & R East 11th Street LLC,5 Phillips v. Prembroke Real Estate, Inc.,6 Board of Managers Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York7 und „Keilstück“8 sowie „Lenin Denkmal“.9 Der dritte Fall betrifft einen Filmproduzenten, der einen Kinofilm (erheblich, d.h. um 1/3) kürzt, um ihn für das Fernsehen nutzbar zu machen. Zwischen dem Regisseur und dem Filmproduzenten gibt es einen Nutzungsvertrag, aber keinen Vertrag, der dem Filmproduzenten die Vornahme von Änderungen gestattet. In der Abwandlung haben beide einen Vertrag geschlossen, der dem Filmproduzenten pauschal Änderungen erlaubt. Dieser Fall orientiert sich an den Fällen Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc.,10 McGuire v. United Artists Television Prods., Inc.,11 Autry v. Republic Prod., Inc.,12 Preminger v. Columbia Pictures Corp.,13 Jaeger v. American Int‘l Pictures Inc.,14 Manners v. Famous Players-Lasky Corp.15 und an „Die unendliche Geschichte“,16 „Schlacht um Berlin“17 sowie „Regievertrag“.18 4 Serra v. U.S. Gen. Serv. Admin., 664 F. Supp. 798 (S.D.N.Y. 1987); 667 F. Supp. 1042 (S.D.N.Y. 1987); 847 F.2d 1045 (2d Cir. 1988) 5 English v. BFC & R East 11th St. L.L.C., U.S. Dist. LEXIS 19137 (S.D.N.Y. 1997). 6 Phillips v. Pembroke Real Estate, Inc., 288 F. Supp. 2d 89 (D. Mass. 2003); 459 F.3d 128 (2006). 7 Board of Mangers of Soho Int’l Arts Condominium v. City of New York, 2003 U.S. Dist. LEXIS 10221 (S.D.N.Y. 2003). 8 OLG Hamm ZUM-RD 2001, 443 – „Stahlgroßplastik“, vgl. a. OLG Schleswig ZUM 2006, 426, 427. 9 LG Berlin LKV 1992, 312 – „Lenin Denkmal“. 10 Gilliam v. Am. Broad. Cos., Inc. 538 F.2d 14 (2d Cir. 1976). 11 McGuire v. United Artists Television Prods., Inc., 254 F. Supp. 270 (S.D. Cal. 1966). 12 Autry v. Republic Prods., Inc. 213 F.2d 667 (9th Cir. 1954). 13 Preminger v. Columbia Pictures Corp., 49 Misc. 2d 363 (N.Y. Sup. Ct. 1966). 14 Jaeger v. Am. Int’l Pictures, Inc., 330 F. Supp. 274 (S.D.N.Y. 1971). 15 Manners v. Famous Players-Lasky Corp., 262 Fed. 811 (S.D.N.Y. 1911). 16 OLG München GRUR 1986, 460 – Die unendliche Geschichte. 17 KG Berlin GRUR 2004, 497 – Schlacht um Berlin. 18 LG Berlin ZUM 1997, 758 – „Regievertrag“.
3. Teil: Resumeé
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II. Der Rechtsvergleich Dem amerikanischen und deutschen Werkintegritätsschutz liegen zwei völlig unterschiedliche Systeme zu Grunde: Das amerikanische utilitaristisch ausgerichtete und von Verwerterinteressen geprägte copyright law und das Urheberrecht, welches die Interessen des Werkschöpfers in den Mittelpunkt rückt. Das copyright law entwickelte sich stets pragmatisch. Auch der Werkintegritätsschutz fand auf Grund pragmatischer Erwägungen Eingang in das amerikanische Gesetzesrecht. Einerseits wollten die USA zumindest dem äußeren Schein nach ihrer Verpflichtung unter Art. 6bis RBÜ nachkommen und die Kritiker im eigenen Land beschwichtigen, die ein – gemessen an der RBÜ – unzureichendes Schutzsystem bemängelten. Andererseits sollte die Wirtschaft zur massenhaften Verwertung geeignete Werke weiterhin ungehindert nutzen können. Das Ergebnis dieser Erwägungen ist das Visual Artists Rights Act (VARA) von 1990, welches in den Copyright Act integriert wurde. Es gewährt ausschließlich Urhebern von Werken der bildenden Kunst das Recht auf Werkintegrität; dieses steht völlig unabhängig neben dem vermögensrechtlichen copyright. Insofern besteht in den USA ein dualistisches Schutzsystem. Das Gesetz entspricht ferner der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 1 Abschn. 8 Abs. 8; der Schutz von bildender Kunst liegt im Allgemeininteresse. Das VARA wird durch vergleichbare Gesetze der Einzelstaaten ergänzt. Die Masse der Urheber ist auf den indirekten Integritätsschutz des Copyright Act angewiesen; zudem werden das Vertrags-, Wettbewerbs- und Deliktsrecht zu ihrem Schutz umfunktioniert. Das Urheberrecht des UrhG hat dagegen eine philosophisch-juristische Grundlage. Das Werk wird als Teil der Schöpferpersönlichkeit geschützt. Deshalb bedarf es eines gewissen Maßes an Gestaltungshöhe (vgl. § 2 Abs. 2 UrhG). Das Urheberrecht vereint vermögensrechtliche und persönlichkeitsrechtliche Aspekte. Es gewährt dem Urheber Verwertungsrechte und Urheberpersönlichkeitsrechte, darunter das Recht auf Werkintegrität, welches zentral in § 14 UrhG verankert ist. Der Integritätsschutz des § 14 UrhG wird durch weitere änderungsrechtliche Normen konkretisiert und ergänzt, aber auch beschränkt.
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3. Teil: Resumée
Im amerikanischen Recht sind Werke mit einer minimalen Gestaltungshöhe copyright-fähig. Das copyright ist nicht an die Person des Urhebers gebunden. Es ist frei veräußerlich. Einem Arbeitgeber steht das copyright an einem Werk originär zu, wenn es sein Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschaffen hat (work-made-forhire-doctrine). Dasselbe gilt für den Auftraggeber im Hinblick auf die Werke eines Auftragsnehmers. Daher ist im Regelfall nicht der Filmschöpfer, sondern der Filmproduzent originärer Urheber des Filmwerks. Das Urheberrecht ist dagegen unübertragbar. Nur der Schöpfer eines Werkes kann Urheber im Sinne des UrhG sein. Der Arbeitnehmer ist Urheber, der von ihm im Rahmen des Arbeitsverhältnisses geschaffenen Werke. In der Konzeption des copyright als reines Vermögensrecht zeigt sich ganz deutlich die Verwerterfreundlichkeit des copyright law. Mit dem Charakter des Urheberrechts, welches das Werk als Teil der Schöpferpersönlichkeit schützt, wäre die freie Übertragbarkeit bzw. die Fiktion der Urheberschaft unvereinbar. 17 U.S.C. § 106A (a) (3) des Copyright Act gewährt dem Urheber eines Werkes der bildenden Kunst (visual art) das right of integrity. Eine Definition von „visual art“ findet sich in 17 U.S.C. § 101. Unter bildender Kunst im Sinne des Gesetzes werden Originalwerke und diesen gleichgestellte Vervielfältigungen von nicht mehr als 200 Stück verstanden. Werke, die einem Gebrauchszweck dienen bzw. sich zur massenhaften Verwertung eignen sowie im Rahmen von Arbeits- oder Auftragsverhältnissen geschaffen wurden, gelten dagegen nicht als work of visual art. Das Recht auf Werkintegrität ist in § 14 UrhG verankert, jedoch schützt die Norm gemäß §§ 1, 2 Abs. 1 UrhG alle literarischen, wissenschaftlichen und künstlerischen Werke, darunter Filmwerke, ebenso wie die Vervielfältigungen dieser Werkarten. Der Schutz besteht unabhängig davon, ob die Werke einem Gebrauchszweck dienen oder von einem Arbeitnehmer geschaffen wurden. Das Recht auf Werkintegrität schützt den Urheber umfassend in seinen persönlichen und geistigen Interessen am Werk. Dagegen bezweckt das right of integrity – neben dem Schutz des Ansehens des
3. Teil: Resumeé
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Urhebers als persönliches Interesse – die Förderung und den Erhalt von Kulturgütern im Allgemeininteresse. Die Schutzdauer ist im amerikanischen Recht für Werke nach in Kraft treten des VARA auf die Lebenszeit des Künstlers beschränkt; im Übrigen grundsätzlich auf 70 Jahre nach dem Tod des Künstlers. Im deutschen Recht gilt der Integritätsschutz einheitlich bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers. Der sehr begrenzte Anwendungsbereich ist auf die starke Lobby der von einer gesetzlichen Regelung des moral rights-Schutzes betroffenen Industrien, insbesondere der Film- und Verlagsindustrie, zurückzuführen, welche starke Umsatzeinbußen fürchtet. Vordergründig versuchen die USA den engen Schutzbereich mit der verfassungsrechtlichen Vorgabe zu rechtfertigen. Diese Begründung ist wenig einleuchtend. Warum soll allein der Schutz von bildender Kunst im Allgemeininteresse liegen? Im Prinzip schützt das VARA ausschließlich Originalkunstwerke. Die wirtschaftlich interessanten Vervielfältigungen von Originalkunstwerken sind vom Schutzbereich des VARA ausgenommen. Damit werden die Interessen der verwertenden Industrien, wenn überhaupt, marginal beschnitten. Diese Werke eignen sich nicht zur massenhaften Verwertung. Im deutschen Recht werden gerade auch Vervielfältigungen der geschützten Werkarten vom Anwendungsbereich des UrhG erfasst; durch in hoher Stückzahl hergestellte, nicht werkgetreue Verkörperungen der geistigen Schöpfung werden in besonderem Maße die persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers verletzt. Die längere Schutzdauer stärkt den Integritätsschutz im deutschen Recht zusätzlich. Die Vermischung so konträrer Schutzzwecke im VARA ist bedenklich. Das persönliche und geistige Interesse des Urhebers an der Integrität seines Werkes ist selten identisch mit dem Interesse der Allgemeinheit, es als Kulturgut zu erhalten. Konsequenz ist letztendlich die Verfehlung beider Schutzzwecke. Durch die klare Ausrichtung des UrhG auf den Schutz der persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers am Werk kann diesen im Einzelfall optimale Geltung verschafft werden. Das Interesse der Allgemeinheit an den Werken wird durch darauf zugeschnittene Sondergesetze gewahrt.
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3. Teil: Resumée
Der Künstler im ersten Beispielsfall genießt sowohl nach amerikanischen, als auch nach deutschem Recht Integritätsschutz. Ein Wandbild ist ein Werk der bildenden Kunst im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG. Als Gemälde fällt es unter die Definition von „work of visual art“ in 17 U.S.C. § 101. Dabei ist wichtig, dass es nicht von der Negativliste erfasst ist, d.h. keinem Gebrauchszweck dient, nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen wurde und copyright-Fähigkeit besitzt. In der Abwandlung ändert sich im deutschen Recht nichts; denn der Arbeitnehmerurheber genießt Urheberpersönlichkeitsschutz. Im amerikanischen Recht gelten dagegen Werke, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen wurden, gemäß 17 U.S.C. § 101 nicht als „visual art“. Folge davon ist, dass dem Künstler als Arbeitnehmer kein Recht auf Werkintegrität zusteht. Im Beispiel zwei ist nicht klar, ob die Skulptur als Teil der Parkanlage von dem Schutz des VARA erfasst ist. Teilweise wird ortsbezogene Kunst (site-specific art) von dem Anwendungsbereich des 17 U.S.C. § 106A ausgenommen, da der Aufstellungsort nicht als Bestandteil des Kunstwerkes angesehen wird. Im deutschen Recht ist der Anwendungsbereich des UrhG unproblematisch eröffnet. Auf den dritten Fall ist 17 U.S.C. § 106A (a) (3) nicht anwendbar; Filmwerke wurden ausdrücklich gemäß 17 U.S.C. § 101 vom Anwendungsbereich des VARA ausgenommen. Filmwerke werden gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG vom UrhG erfasst. Beide Normen basieren auf Art. 6bis Abs. 1 RBÜ, wodurch sich in ihrer Ausgestaltung Ähnlichkeiten ergeben. Sie verbieten die Entstellung, Änderung und Beeinträchtigung des Werkes, wobei zwischen den verschiedenen Eingriffsarten graduelle Unterschiede bestehen. 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) schützt den Urheber vor direkten Eingriffen in sein Werk, indirekte Eingriffe durch kontextuelle Veränderungen sind nicht erfasst. Einige Werkänderungen gelten zudem nicht als Änderungen im Sinne der Norm, so z.B. Veränderungen, die in der Eigenheit des Materials begründet sind bzw. die durch den natürlichen Verfallsprozess entstehen sowie Veränderungen verursacht durch die bloße Vervielfältigung oder den bloßen Gebrauch eines Werkes. Darüber hinaus sind Veränderungen ausgenommen, die im Rahmen von Erhaltungsmaßnahmen oder der öffentlichen Präsentation eines Werkes eintreten. Die Einschränkungen sind in 17 U.S.C.
3. Teil: Resumeé
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§ 106A (c) (1) bis (3) geregelt. Sie können als pauschalisierte Interessenabwägungen zu Gunsten der Verwerter und der Eigentümer begriffen werden. § 14 UrhG schützt den Urheber vor allen Arten von Eingriffen. Dieser weitergehende Schutz wird gerade bei standortbezogenen Werken relevant, die einen inhaltlichen, thematischen oder formalen Bezug zum Aufstellungsort aufweisen. Restaurationsmaßnahmen führen in Deutschland grundsätzlich zu einer Werkänderung. Für Filmwerke modifiziert § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG den § 14 UrhG. Demnach muss eine gröbliche Entstellung bzw. Beeinträchtigung des Filmwerkes vorliegen. Da der Begriff „gröblich“ aber zu ungenau ist und letztendlich zur Privilegierung der Interessen der Filmproduzenten eingefügt wurde, sollte das Gröblichkeitskriterium im Rahmen der Interessenabwägung berücksichtigt werden. § 14 UrhG greift im Falle der Gefährdung persönlicher und geistiger Urheberinteressen. 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) verlangt dagegen einen Nachteil für die Ehre oder den Ruf des Urhebers und betrifft insofern allein dessen persönliches Interesse. Eine Beeinträchtigung der Ehre oder des Rufes setzt die öffentliche Wahrnehmung voraus. Eine weitere Einschränkung macht 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A), indem er eine vorsätzliche Rechtsverletzung verlangt. Durch die Einbeziehung der geistigen Interessen geht § 14 UrhG weit über den Schutz des 17 U.S.C. § 106A (a) (3) hinaus. Die Beschränkung auf vorsätzliche Veränderungen engt den Schutz im amerikanischen Recht drastisch ein. 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (B) verbietet die vorsätzliche oder grob fahrlässige Zerstörung von Werken, die gesellschaftliche Anerkennung verdienen („recognized stature“) und auch tatsächlich erhalten. Der ausdrückliche Zerstörungsschutz ist Ausfluss des doppelten Schutzzwecks. Würde das Werk ausschließlich als Teil der Schöpferpersönlichkeit geschützt, dürfte es keinen Unterschied machen, ob es gesellschaftlich anerkannt ist oder nicht. Das Kriterium verdeutlicht anschaulich die Schutzzweckverfehlung durch die Verflechtung gegenläufiger Interessen: Auf Grund der Unbestimmtheit des Merkmals beachten die Gerichte die Bewertungsunterschiede, denen ein Werk im Laufe der Zeit unterliegt, zu wenig, was dazu führen kann, dass ein Werk zerstört werden darf, welches in Zukunft vielleicht als
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3. Teil: Resumée
Meisterwerk seiner Epoche gilt. Dem Interesse der Gesellschaft am Erhalt eines wertvollen Kulturgutes wird das Gesetz auf diese Weise nicht gerecht. Das deutsche UrhG bietet ebenfalls Schutz vor Zerstörung; durch die Vernichtung des Werkes wird in die persönlichen und geistigen Interessen des Urhebers eingegriffen. Die Werkzerstörung ist von § 14 UrhG als „andere Beeinträchtigung“ erfasst. Im ersten Beispiel liegt nach beiden Normen eine Entstellung des Werkes vor. Durch das teilweise Übermalen des Wandbildes werden dessen Wesenszüge verfälscht. Das Vorsatzerfordernis des amerikanischen Rechts ist in Fall eins erfüllt. Bei der Entstellung des Wandbildes ist von einer Gefährdung der geistigen Interessen sowie von einem Nachteil für die Ehre oder den Ruf des Künstlers auszugehen. Das Wandgemälde wurde in einem Mehrfamilienhaus angebracht; daher kann in der Öffentlichkeit der Eindruck entstehen, der Künstler habe das Werk von Anfang an so geschaffen. Sein Ansehen nimmt in der Öffentlichkeit Schaden. Wird das Wandbild im ersten Fall dagegen völlig übermalt, handelt es sich um eine Werkzerstörung. Im amerikanischen Recht hängt der Zerstörungsschutz im konkreten Fall davon ab, ob das Bild gesellschaftliche Anerkennung verdient und erlangt. Der Künstler ist bekannt, weshalb das „recognized stature“ Erfordernis als erfüllt anzusehen ist. Nach deutschem Recht ist die Zerstörung eine „andere Beeinträchtigung“ im Sinne des § 14 UrhG. Die Bekanntheit des Künstlers bzw. die Anerkennung seines Werkes spielen keinerlei Rolle. Eine Entstellung ist nach deutschem Recht im Fall zwei zu bejahen. Die Skulptur ist Teil eines Themenparks und weist daher einen engen Bezug zum Aufstellungsort auf. Durch das Verbringen in den Bauhof wird die Skulptur völlig aus dem Kontext gerissen; darin liegt eine Verfälschung. 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A) erfasst keine kontextuellen Veränderungen. Die Umsetzung könnte aber als „andere Veränderung“ von der Norm erfasst werden, wenn der Ort als Bestandteil des Werkes begriffen wird. Jedoch wird U.S.C. § 106A (c) (2) von den Richtern, die ortsbezogene Kunst nicht schon vom Anwendungsbereich des VARA ausnehmen, so ausgelegt, dass die Umplatzierung ortsbezogener Kunst keine Veränderung des Werkes darstellt. Der Ort wird dabei als Form der öffentlichen Präsentation gesehen. Demnach ist in Fall zwei die Um-
3. Teil: Resumeé
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platzierung der Skulptur keine Änderung im Sinne des 17 U.S.C. § 106A (a) (3) (A). Eine Prüfung des zweiten Falls ist nach amerikanischem Recht zu Ende. Der Urheber kann sich gegen die räumliche Änderung seines Werkes nicht wehren. Im Fall drei ist in der Kürzung des Films eine Werkbeeinträchtigung zu sehen. Wird der Film erheblich gekürzt, handelt es sich um eine Entstellung. Auch im zweiten und dritten Fall liegt nach deutschem Recht eine Gefährdung der geistigen und persönlichen Urheberinteressen vor. Anzumerken ist, dass nunmehr allein der Urheber im ersten Fall einen Anspruch aus einer Integritätsrechtsverletzung nach amerikanischem Recht geltend machen kann. In allen anderen Fällen ist der Anspruch bereits gescheitert. Hier bleibt zu prüfen, ob andere Rechtsinstitute des amerikanischen Rechts einen alternativen Schutz bieten. Eine differenzierte Interessenabwägung erfolgt im Rahmen des 17 U.S.C. § 106A (a) (3) nicht. Durch die Anwendbarkeit der in 17 U.S.C. § 107 verankerten fair-use-doctrine findet lediglich eine grobe Abwägung der Urheber- und Verwerterinteressen statt. Die Norm ist auf das copyright zugeschnitten, daher sind die zu beachtenden Kriterien für eine Einschränkung des persönlichkeitsrechtlichen Integritätsrechts wenig geeignet. Ist demnach eine Veränderung oder Zerstörung des Werkes im Einzelfall angemessen (fair), begründet sie keine Rechtsverletzung. Bei der Prüfung der Angemessenheit sind u.a. folgende Kriterien zu beachten: der Zweck und die Art und Weise der Werknutzung, z.B. ob die Nutzung in einem kommerziellen oder einem nicht kommerziellen, erzieherischen Rahmen erfolgt, die Werkart, wie viel oder wie Wesentliches von dem Werk genutzt wird, sowie die Auswirkungen der Nutzung auf einen potentiellen Markt und der Wert des Werkes. Ansonsten erfolgt der Interessenausgleich in pauschalisierter Weise. Die Ausnahmen in 17 U.S.C. § 106 (c) (2) zu Gunsten der Eigentümer und Verwerter wurden oben bereits erwähnt. Eine weitere pauschalisierte Interessenabwägung wurde durch die Festlegung des Anwendungsbereichs des VARA vorgenommen. Der Gesetzgeber hat den Schutzbereich auf Werke der bildenden Kunst begrenzt. Werke, die sich zur massenhaften Verwertung eignen, wie
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3. Teil: Resumée
bspw. Musik- und Filmwerke, sowie Werke mit Gebrauchszweck sind nicht erfasst. Der Gesetzgeber hat somit eindeutig den Verwerterinteressen den Vorrang eingeräumt; genau genommen verstößt er dadurch gegen die Vorgaben der Verfassung, welche den Erhalt von Kulturgütern im Allgemeininteresse als Schutzzweck festlegt. Der Erhalt von Werken, die sich zur massenhaften Verwertung eignen, kann durchaus von öffentlichem Interesse sein, bspw. im Fall von Filmklassikern. Die Interessen des Gebäudeeigentümers genießen durch 17 U.S.C. § 113 (d) ebenfalls Vorrang vor den Urheberinteressen.19 Dabei ist zu unterscheiden, ob ein Werk der bildenden Kunst untrennbarer Bestandteil eines Gebäudes geworden ist oder nicht und daher im Falle seiner Entfernung verändert oder zerstört würde. Im ersten Fall genießt der Urheber keinen Integritätsschutz, wenn er der Anbringung seines Werkes vor in Kraft treten des VARA zugestimmt hat oder wenn er nach in Kraft treten mit dem Eigentümer einen Vertrag geschlossen hat, indem klargestellt ist, dass das Werk durch seine Entfernung möglicherweise verändert oder zerstört wird. Im Regelfall wird der Urheber der Installation zugestimmt haben, zumindest konkludent; und nach in Kraft treten des VARA ist davon auszugehen, dass ein Gebäudeeigentümer auf eine vertragliche Regelung mit dem Urheber besteht. Diese Regelung ist aber nicht nur wegen der pauschalen Bevorzugung der Eigentümerinteressen kritisch zu sehen, sondern weil der Integritätsschutz unabhängig von einem Entfernungsbedürfnis des Eigentümers, z.B. um Renovierungsarbeiten an dem Gebäude vorzunehmen, entfällt. Kann das Werk dagegen von dem Gebäude entfernt werden, ohne dass es verändert oder zerstört wird, so muss der Eigentümer den Urheber davon in Kenntnis setzten, dass er das Werk entfernen möchte. Beim Register of Copyright wird zu diesem Zweck ein Verzeichnis der Urheber, ihrer Werke und ihrer Anschrift geführt. Der Urheber hat nach Inkenntnissetzung 90 Tage Zeit, sein Werk zu entfernen. Entfernt er das Werk in diesem Zeitraum nicht, kann es der Eigentümer beseitigen, wobei ihm danach frei steht, das Werk zu verändern oder zu zerstören, denn das Recht auf Werkintegrität steht
19
Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 599.
3. Teil: Resumeé
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dem Urheber dann nicht mehr zu. Gelingt es dem Eigentümer nicht, den Urheber trotz großer Bemühungen ausfindig zu machen, ist es ihm erlaubt, die Entfernung ohne Kenntnis des Urhebers auszuführen. In der Norm findet der Umstand keine Beachtung, dass es dem Urheber, insbesondere aus Kostengründen oder mangels Lagerungsmöglichkeit, oft nicht möglich sein wird, sein Werk binnen 90 Tagen zu entfernen bzw. entfernen zu lassen. Im Übrigen ist nicht klar, warum der Eigentümer ein entfernbares Kunstwerk ohne weiteres zerstören oder verändern dürfen soll. Der Gesetzgeber hätte dem Eigentümer nur das Recht zur Beseitigung geben können. Das Recht zur Veränderung oder Zerstörung des Werkes geht weit über das Entfernungsinteresse des Eigentümers hinaus. Der Urheber kann in Deutschland im Falle des Überwiegens seiner Interessen Ansprüche aus der Verletzung des Rechts auf Werkintegrität geltend machen. Deshalb erfolgt nach der Feststellung des Eingriffs und der Interessengefährdung eine allgemeine Interessenabwägung; diese ist der zentrale Prüfungspunkt einer Integritätsrechtsverletzung. Im Rahmen der Interessenabwägung werden die anderen änderungsrechtlichen Normen u.a. die §§ 39, 62, 93 Abs. 1 UrhG relevant. Sie modifizieren die allgemeine Interessenabwägung nach § 14 UrhG im Verhältnis von Urheber und (vertraglichem/gesetzlichem) Nutzungsberechtigten bzw. Eigentümer. Geht es um die Änderung von Filmwerken erhalten die Interessen des Filmproduzenten über das „Gröblichkeitskriterium“ des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG besonders Gewicht. Das „Gröblichkeitskriterium“ ist schwer definierbar, weshalb es selbst die Rechtsprechung teilweise einfach übergeht. Nach h.M. ist es aber so auszulegen, dass die Verwerterinteressen Vorrang gegenüber solchen Entstellungen bzw. Beeinträchtigungen haben, die keine schwerwiegende Interessengefährdung des Urhebers nach sich ziehen. Somit ist im UrhG ebenfalls eine Art pauschalisierte Interessenabwägung zu finden. Im Falle eines Arbeitnehmerurhebers sind die Besonderheiten des Arbeitsrechts in Einklang mit dem Integritätsrecht zu bringen. Der Arbeitnehmerurheber muss daher durch die Besonderheiten des Arbeitsverhältnis bedingte Einschränkungen seines Urheberpersönlichkeitsrechts hinnehmen. So sind objektiv notwendige Änderungen in der Regel zulässig. Der betriebliche Zweck des Werkes ist bei der Abwägung von großer Bedeutung.
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Die Eigentümerinteressen erfahren im Rahmen der Interessenabwägung durch die analoge Anwendung des § 39 UrhG besondere Berücksichtigung, was im Hinblick auf eine angemessene Werknutzung erforderlich ist. Als Beispiel sei ein Werk der Baukunst genannt, mit welchem grundsätzlich ein Gebrauchszweck verfolgt wird. Zur Aufrechterhaltung des Gebrauchszwecks muss dem Eigentümer die Umgestaltung oder Sanierung des Gebäudes möglich sein. Bevor ein Eigentümer sein Werkstück zerstören darf, ist er verpflichtet es dem Urheber, soweit dies möglich ist, zum Rückkauf in Höhe des Materialwerts anzubieten. In Deutschland wird deshalb die Führung eines Urheberverzeichnisses in Erwägung gezogen. Bei jeder Interessenabwägung sind eine Vielzahl an tatsächlichen und rechtlichen Kriterien zu beachten, wie die Art und die Intensität des Eingriffs, die schöpferische Eigenart, der Gebrauchszweck, die Irreversibilität des Eingriffs und der Grad der Öffentlichkeit. Interessant ist, dass für die Rechtsprechung der künstlerische Rang eines Werkes ein Abwägungskriterium im Rahmen der Interessenabwägung darstellt.20 Sie hat damit ein mit dem „recognized stature“ vergleichbares Kriterium eingeführt. Allerdings darf der künstlerische Wert im Rahmen der Interessenabwägung keine Rolle spielen; das Werk wird als Teil der Schöpferpersönlichkeit geschützt und nicht, wie im amerikanischen Recht, im Allgemeininteresse. Ein gerechter Interessenausgleich im Einzelfall erfolgt durch das VARA nicht. Die meisten Werke werden schon pauschal aus dem Anwendungsbereich ausgenommen, weil sie mit den Interessen Dritter, insbesondere der Verwerter, divergieren. Des Weiteren wird den Verwerterinteressen im Rahmen der Ausnahmen des 17 U.S.C. § 106 (c) und durch die Anwendbarkeit der fair-use-doctrine der Vorrang eingeräumt. Dasselbe gilt für die Eigentümerinteressen im Hinblick auf 17 U.S.C. § 113 (d). Eine Sonderregelung für die Eigentümer von Gebäuden mag sinnvoll sein. Es hätte aber ausgereicht den Interessen im Rahmen der Aufrechterhaltung des Gebrauchszwecks den Vorrang einzuräumen. 17 U.S.C. § 113 (d) geht weit über dieses Eigentümerinteresse hinaus. Letztendlich wird der Urheber zu Gunsten des Gebäudeeigentümers seines Integritätsrechts völlig „beraubt“. Ein Vgl. BGH GRUR 1971, 35, 37 – Maske in Blau; OLG München GRUR Int. 1993, 332, 333 – Christoph Columbus. 20
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gerechter Interessenausgleich verbirgt sich in der Norm nicht. Insgesamt wird deutlich, welchen Rang das persönliche Interesse des Urhebers an der Integrität seines Werke im Gegensatz zu den Eigentümer- und Verwerterinteressen im amerikanischen Recht hat. Nach deutschem Recht werden dagegen durch die in jedem Einzelfall vorgenommene Interessenabwägung, welche besondere Rechte Dritter bzw. besondere Rechtsbeziehungen beachtet, sachgerechte Ergebnisse erzielt. Die Sonderregelung des § 93 Abs. 1 S. 1 UrhG fällt aus dem Rahmen. Zum einen ist sie nicht erforderlich. Die Interessen der Filmproduzenten können im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung angemessen berücksichtigt werden. Andererseits ist die Privilegierung ungerechtfertigt, weil die Hersteller anderer Werke oft kein geringeres Interesse an der Amortisation ihrer Kosten haben. Die Norm zeigt aber deutlich, dass auch in Deutschland Gesetze nicht unabhängig vom Lobbyismus (der Filmindustrie) geschaffen werden. Die Interessen des Künstlers müssen im ersten Fall hinter die Interessen des Eigentümers zurücktreten. Zur Sanierung seines maroden Hausflurs darf der Eigentümer, wenn dies unbedingt erforderlich ist, das Wandbild komplett übermalen. Das Angebot des Rückkaufs zum Materialwert kommt hier nicht in Betracht. Aber von dem Eigentümer kann erwartet werden, dass er den Künstler von seinem Vorhaben in Kenntnis setzt, damit dieser z.B. wenigstens Bildaufnahmen von seinem Kunstwerk machen kann. Im vorliegenden Fall handelt es sich um ein nicht entfernbares, nach in Kraft treten des VARA geschaffenes Werk. Der Künstler hat durch das Malen des Wandbildes im Hausflur seine Zustimmung zur Anbringung gegeben; diese ist nach in Kraft treten des VARA aber nicht ausreichend, um die Anwendung des 17 U.S.C. § 106 (a) (3) auszuschließen. Der Eigentümer und der Künstler haben jedoch in einer Vereinbarung klargestellt, dass das Werk im Rahmen seiner Entfernung verändert oder zerstört werden kann. Dies führt gemäß 17 U.S.C. § 113 (d) (1) dazu, dass dem Künstler sein Integritätsrecht nicht mehr zusteht. Im Fall zwei überwiegt dagegen das Interesse des Urhebers. Seine Skulptur wird durch das Verbringen auf den Bauhof völlig aus dem Kontext gerissen. Allein, dass die Skulptur vielleicht nicht mehr zeitgemäß ist, rechtfertigt diese Entstellung nicht. Anders würde der Fall sicherlich liegen, wenn die Skulptur vorübergehend in den Bauhof ver-
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bracht werden soll, um die Parkanlage neu zu gestalten oder um die Skulptur zu restaurieren. Das Interesse des Filmproduzenten überwiegt im dritten Fall, sofern dieser kleinere Änderungen vornimmt, die nötig sind, um den Kinofilm für das Fernsehen nutzbar zu machen. Die Kürzung des Films um 1/3 ist dem Produzenten dagegen nicht gestattet, da diese schwerwiegend in die Interessen des Urhebers eingreift. Die Ansprüche, welche der Urheber im Falle einer Integritätsrechtsverletzung geltend machen kann, sind im deutschen und amerikanischen Recht nahezu identisch. Der Urheber hat ein Anspruch auf Unterlassung und Schadensersatz, die Vernichtung oder Herausgabe verletzender Objekte sowie die Herausgabe des Verletzergewinns. In Deutschland kann der Urheber darüber hinaus immateriellen Schadensersatz beanspruchen. Der gesetzliche Schadensersatz (statutory damages), den der Urheber in Amerika an Stelle des tatsächlich entstandenen Schadens (actual damages) und des Verletzergewinns (profits) geltend machen kann, ist der Höhe nach begrenzt; was problematisch ist, weil nicht nur der Marktwert, sondern auch der ideelle Wert eines Kunstwerkes weitaus höher sein kann. Zudem kommt dem gesetzlichen Schadensersatz eine strafende Funktion zu. Da nach deutschem Recht Zivilrecht und Strafrecht nach ihren jeweiligen Funktionen streng zu trennen sind, ist die Gewährung von „Strafschadensersatz“ im Rahmen von zivilrechtlichen Ansprüchen unzulässig. Im zweiten und dritten Fall kann der Urheber nach deutschem Recht vom Eigentümer bzw. Verwerter u.a. Unterlassung und Schadensersatz verlangen. Die Gesetze zum Schutz der bildenden Kunst der US-Einzelstaaten sind teilweise weiter gefasst, was den Anwendungsbereich – gerade im Hinblick auf den Schutz von Filmwerken und Vervielfältigungen – sowie die Schutzdauer anbelangt. Insofern werden sie nicht vom VARA verdrängt, weshalb der Urheber im Einzelfall sein Werk über das einzelstaatliche Recht schützen kann. Die einzelstaatlichen Gesetze finden nur auf Integritätsrechtsverletzungen Anwendung, die in den jeweiligen Staaten vorgenommen werden. Das Massachusetts Art Preservation Act schützt bspw. ortsbezogene Werke der bildenden Kunst. Es enthält eine weitere Definition von
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„visual art“ und keine dem 17 U.S.C. § 106 (c) (2) vergleichbare „public presentation exclusion“. Wird ortsbezogene Kunst nicht als vom VARA umfasst angesehen, bleibt das Gesetz anwendbar. Dem Künstler stehen deshalb im zweiten Fall nach dem Massachusetts Art Preservation Act Ansprüche aus einer Integritätsrechtsverletzung zu, immer vorausgesetzt, dass sich die Skulptur in einem Themenpark in Massachusetts befand. Der Werkintegritätsschutz ist im deutschen Recht abschließend in UrhG geregelt. Nur im Falle einer Regelungslücke kann auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht zurückgegriffen werden. Dieser Rückgriff ist aber auf Grund des systematischen und umfassenden Schutzes des UrhG grundsätzlich nicht erforderlich. Die meisten Werke erfahren – weil sie nicht in den Regelungsbereich des VARA fallen – über andere Rechtsinstitute des amerikanischen Rechts indirekten Schutz vor Veränderung. Der Schutz ist aber sehr lückenhaft; denn die Rechtsinstitute dienen anderen Schutzzwecken und sind dementsprechend ausgestaltet. Über das Vervielfältigungs- und Bearbeitungsrecht des copyright, geregelt in 17 U.S.C. § 106 (1) und (2), kann der Urheber die Integrität seines Werkes kontrollieren, wenn er der copyright-Inhaber ist. Im Falle von Werken, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen wurden, wird der Arbeitgeber als originärer Urheber angesehen; ihm steht deshalb das copyright am Werk zu. Das Copyright Act stellt an eine Bearbeitung recht hohe Anforderungen; diese muss selbst copyright-fähig sein. Der Urheber kann sein Werk nur vor solchen Veränderungen schützen, welche eine Bearbeitung im Sinne des Gesetzes darstellen. Die Zerstörung oder die nicht werkgetreue Vervielfältigung des Werkes gelten nicht als Bearbeitungen. Der Urheber sollte ferner darauf achten, dass er sich bei der Gewährung von copyright-Lizenzen sein Bearbeitungsrecht ausdrücklich vorbehält. Ausschließlich das Vervielfältigungsrecht bietet dem Urheber Schutz vor nicht werkgetreuen Vervielfältigungen seines Werkes. Der indirekte Schutz über das Wettbewerbsrecht, insbesondere § 43 (a) Lanham Act, und das Deliktsrecht mit den torts defamation und right of privacy setzt voraus, dass das veränderte Werk einer anderen Per-
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son als dem wahren Urheber zugeschrieben wird und deshalb eine Täuschung des Rechtsverkehrs über die Herkunft des Werkes, eine Ansehensschädigung oder eine seelische Beeinträchtigung vorliegen. Ferner müssen im Einzelfall die besonderen Anspruchskriterien der wettbewerbsrechtlichen und deliktischen Ansprüche erfüllt werden, so z.B. das Erfordernis des innerstaatlichen Handels bei § 43 (a) Lanham Act oder der Schädigungsabsicht bzw. Kenntnis im Rahmen von defamation. Zum Schutz der Werkintegrität wurde für § 43 (a) Lanham Act das Erfordernis einer substantial alteration entwickelt, wobei unklar bleibt, wann eine derartige wesentliche Veränderung vorliegen soll. Einen Schutz vor Zerstörung bieten diese Rechtsinstitute, die völlig anderen Zielsetzungen – Schutz von Geschäftsinteressen und Verbrauchern, Schutz des Ansehens und der Privatsphäre – als der Urheber-Werk-Beziehung dienen, nicht. Sie gewähren dem Urheber größtenteils nur einen materiellen Schadensersatzanspruch. Der so wichtige Anspruch auf Unterlassung steht dem Urheber dagegen nicht zu. Das Deliktsrecht greift im Regelfall nicht nach dem Tod des Urhebers. Seit in Kraft treten des VARA wird der Schutz über diese Rechtsinstitute zumindest für den Bereich der bildenden Kunst verdrängt. In der Rechtsprechung sind Tendenzen festzustellen, die das VARA als abschließende Regelung des Integritätsschutzes ansehen und deshalb den indirekten Schutz über die anderen Rechtsinstitute auch für die anderen Werkarten ablehnen. Im ersten Fall kann der Künstler über keine dieser Rechtsinstitute alternativen Schutz erfahren. Das VARA trifft für das Wandbild als Werk der bildenden Kunst eine abschließende Regelung. Dasselbe gilt für die Skulptur in Fall zwei. In Fall drei hilft dem Regisseur das Bearbeitungsrecht des copyright nicht weiter, denn er hat das copyright am Filmwerk nicht originär erworben. Über § 43 (a) Lanham Act kann er sein Werk genauso wenig schützen; er erscheint nicht als Urheber eines veränderten Werkes. Dasselbe gilt für die deliktischen Ansprüche. Sein Ansehen kann in der Öffentlichkeit keinen Schaden nehmen, weil er nicht als Urheber des veränderten Werkes in Erscheinung tritt. Der Urheber kann sich in den USA gegen unerwünschte Veränderungen und die Zerstörung seines Werkes am effektivsten über das Ver-
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tragsrecht schützen. Grundsätzlich sind alle Arten von Vereinbarungen in Bezug auf die Integrität des Werkes erlaubt. Der Vertragsfreiheit sind keine Grenzen gesetzt, weil ein gesetzlicher Schutz des Rechts weitestgehend fehlt. Nur die Urheber von Werken der bildenden Kunst sind in ihrer Dispositionsfreiheit beschränkt. Das VARA sieht ausschließlich den Verzicht auf das Integritätsrecht vor. Das Recht kann nicht übertragen werden. Insofern muss der Verzicht schuldrechtlicher Natur sein. Auf Grund der relativen Wirkung des Verzichts kommt eine Weiterübertragung durch den Verwerter nicht in Betracht. Ein wirksamer Rechtsverzicht bedarf einer schriftlichen, vom Urheber unterzeichneten Verzichtserklärung, in der das Werk und die Nutzungen genau bezeichnet sind, auf die sich der Verzicht bezieht. Der Urheber kann mit dem Verwerter eine ausdrückliche Änderungsvereinbarung treffen. Hält sich der Verwerter nicht an die Vereinbarung, so wird er dem Urheber schadensersatzpflichtig. Trotz einer Änderungsvereinbarung sind dem Verwerter aber keine wesentlichen Veränderungen („substantial or material alterations“) gestattet, welche den Gesamtcharakter des Werkes verfälschen. Damit hat der Urheber eine Art Recht gegen Entstellungen. Das vertragliche Änderungsrecht gilt zudem gegenüber Dritten. Der Verwerter kann Unterlizenzen nur insoweit einräumen, wie er sie selbst vom Urheber erhalten hat. Ein vertragliches Änderungsrecht kann sich ferner konkludent aus einem Nutzungsvertrag ergeben. Demnach sind dem Verwerter bspw. branchenübliche Änderungen erlaubt. Gerade im Bereich der Filmwerke ist der Schutz über das Vertragsrecht besonders wichtig. Die Schöpfer des Filmwerkes erwerben wegen der workmade-for-hire-doctrine nicht das originäre copyright am Film. Ihre persönlichen Interessen am Filmwerk sollten sie deshalb in Form einer vertraglichen Vereinbarung absichern. Im deutschen Recht kann der Integritätsschutz durch vertragliche Regelungen modifiziert werden. Ihre Grenze finden die Vereinbarungen in der Unübertragbarkeit des Integritätsrechts gemäß § 29 Abs. 1 UrhG. Nach § 39 Abs. 1 UrhG sind schuldrechtliche Änderungsvereinbarungen im Rahmen von Nutzungsverhältnissen ausdrücklich zulässig. Schuldrechtliche Vereinbarungen, darunter Verzichtsvereinbarungen, sind aber auch außerhalb eines Nutzungsverhältnisses mög-
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lich; § 39 UrhG stellt keine abschließende Regelung dar. Änderungsvereinbarungen können konkludent erfolgen, insbesondere dann, wenn sich bereits aus der Art und Weise der Werkverwertung zwangsläufig die Notwendigkeit einer Bearbeitung bzw. Änderung des Werkes ergibt. Allerdings hat der Urheber nach der Zweckübertragungstheorie grundsätzlich allein solche Änderungen gestattet, die zur Verwertung erforderlich sind. Aus einer bestimmten Branchenübung ergibt sich keine konkludente Änderungsvereinbarung. Darüber hinaus ist es dem Urheber gestattet, Dritten im Wege der Verfügung mit absolut-konstitutiver Wirkung integritätsrechtliche Befugnisse einzuräumen. Welche Art von Rechtsgeschäft im Einzelfall vereinbart wurde, ist nach dem Vertragszweck zu ermitteln. Der Urheber muss vorhersehen können, in wie weit in sein Recht eingegriffen wird. Der Eingriff ist daher konkret zu bezeichnen und darf nicht pauschal erfolgen. In beiden Ländern können im Rahmen von Nutzungsverträgen konkludente Änderungsvereinbarungen bestehen. Welche Änderungen diese erfassen, ist mit Hilfe des Vertragszwecks zu ermitteln. Auf Grund einer bestimmten Branchenübung kann im deutschen Recht, im Gegensatz zum amerikanischen Recht, aber nicht auf die Zulässigkeit bestimmter Änderungen geschlossen werden. Pauschale Änderungsvereinbarungen sind im amerikanischen Recht zulässig, weil das Recht auf Werkintegrität für die meisten Urheber keine gesetzliche Verankerung gefunden hat bzw. nicht allgemein durch die Rechtsprechung anerkannt ist. Positiv ist, dass die Rechtsprechung ein Recht gegen Entstellungen entwickelt hat, welches als Korrektiv für die sehr weitgehenden Vereinbarungen wirkt und dem Urheber, als der im Regelfall schwächeren Vertragspartei, einen Mindestschutz sichert. Insgesamt sind damit ausdrückliche oder konkludente Änderungsvereinbarungen im Rahmen von vertraglichen Nutzungsverhältnissen in vergleichbarem Umfang zulässig. Die Zulässigkeit von Änderungsvereinbarungen richtet sich in beiden Ländern nach dem Vertragszweck. Im dritten Fall hat der Regisseur mit dem Filmproduzenten keine ausdrückliche Änderungsvereinbarung getroffen. Zwischen beiden besteht aber ein Nutzungsvertrag. Daher findet § 39 UrhG Anwendung. Es besteht die Notwendigkeit, Änderungen an dem Kinofilm vorzunehmen, um ihn für das Fernsehen zu nutzen. Kleinere Änderungen kann der
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Filmproduzent vornehmen. Diese sind ihm gemäß § 39 Abs. 2 UrhG nach Treu und Glauben gestattet und ergeben sich aus einer konkludenten Änderungsvereinbarung gemäß § 39 Abs.1 UrhG, wonach dem Filmproduzenten Änderungen, soweit dies die Verwertung erfordert, erlaubt sind. Eine Kürzung des Films um 1/3 ist für eine angemessene Verwertung nicht notwendig. Nach Treu und Glauben ist daher eine derartige Kürzung nicht zulässig. Eine diesbezügliche konkludente Änderungsvereinbarung ergibt sich ebenfalls nicht. In der Abwandlung besteht zwischen dem Regisseur und dem Filmproduzent eine Änderungsvereinbarung. Die Vereinbarung ist aber nach deutschem Recht unwirksam. Der Urheber kann nicht pauschal Änderungen seines Werke erlauben; dies käme einer Rechtsübertragung gleich. Die Änderungsvereinbarung muss so konkret gefasst sein, dass der Urheber vorhersehen kann, welche Eingriffe in sein Integritätsrecht erfolgen. Die Erwägungen finden im Rahmen der Interessenabwägung des § 14 UrhG Beachtung, weshalb der Urheber im Falle der Kürzung des Kinofilms um 1/3 Ansprüche wegen einer Integritätsrechtsverletzung geltend machen kann. Nach amerikanischem Recht ist im Grundfall ebenfalls von einer konkludenten, sich aus dem Nutzungsvertrag ergebenden Änderungsvereinbarung auszugehen. Dem Filmproduzenten sind branchenübliche Änderungen erlaubt. Kleinere Kürzungen, um einen Kinofilm für das Fernsehen nutzbar zu machen, sind in der Filmbranche durchaus üblich. Die Kürzung des Films um 1/3 ist nicht branchenüblich und daher unzulässig. Die pauschale Änderungsvereinbarung, die zwischen dem Urheber und dem Filmhersteller in der Abwandlung besteht, ist wirksam. Sie findet ihre Grenze in wesentlichen Änderungen bzw. Entstellungen des Werkes, die den Gesamtcharakter des Werkes verfälschen. Kleinere Kürzungen sind daher von der Änderungsvereinbarung gedeckt, nicht dagegen die Kürzung des Films um 1/3, da diese als wesentliche Veränderung anzusehen ist.
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III. Die Ergebnisse des Rechtsvergleichs Das Recht auf Werkintegrität des VARA bietet Urhebern von Werken der bildenden Kunst minimalen Schutz, was vor allem damit zusammen hängt, dass den Interessen der Eigentümer und Verwerter gegenüber den Interessen der Künstler pauschal der Vorrang eingeräumt wird. Ein sachgerechter Interessenausgleich findet nicht statt. Ferner versagt der Schutz auf Grund der Verflechtung von verschiedenen Schutzzwecken. Das Gesetz bezweckt eindeutig nicht den Schutz der Urheber-Werk-Beziehung. Die Urheber anderer Werkarten genießen de facto keinen Integritätsschutz. Allein über das Vertragsrecht haben die Urheber die Möglichkeit, ihre Werke recht umfassend vor Veränderungen zu schützen. Das im Vertragsrecht entwickelte Recht gegen Entstellungen bietet dabei eine Art Mindestschutz. Der indirekte Schutz über das Wettbewerbs- und Deliktsrecht greift auf Grund der für den Integritätsschutz unpassenden Schutzvoraussetzungen sehr selten. Das copyright hilft dem Urheber nur, wenn er überhaupt dessen originärer Inhaber ist bzw. wenn er es nicht übertragen hat. Das copyright ist jedoch ein Vermögensrecht und deshalb, schon seiner Natur nach, nicht zum Schutz der persönlichen Urheberinteressen geeignet. § 14 UrhG bietet als Grundnorm den Urhebern aller Werkarten einen umfassenden Integritätsschutz. Der Schutzumfang ergibt sich im Zusammenspiel mit den anderen änderungsrechtlichen Vorschriften. Im Rahmen der allgemeinen Interessenabwägung des § 14 UrhG sind die besonderen Interessen der Eigentümer, Verwerter und Arbeitgeber zu beachten, ohne dass diesen pauschal der Vorrang eingeräumt wird. In jedem Einzelfall wird das Recht auf Werkintegrität nur soweit eingeschränkt, wie dies erforderlich ist, um einen gerechten Interessenausgleich zu erzielen. Somit ergibt sich in beiden Ländern ein höchst unterschiedliches Schutzniveau. In weiten Bereichen erfahren die Urheber in den USA überhaupt keinen Integritätsschutz, was an dem Vorrang der Verwerterinteressen, der Ausfluss des pragmatischen copyright law ist, und den Vorgaben der Verfassungsklausel liegt, copyright-Schutz nur im Allgemeininteresse zu gewähren. Das deutsche Recht dagegen zeigt, dass in einem System, welches die persönlichen und geistigen Interes-
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sen des Urhebers in den Mittelpunkt rückt und einen umfassenden Integritätsschutz gewährt, die wirtschaftlichen Interessen der Verwerter in einem für die Verwertung ausreichendem Maße Beachtung finden können.
B. Der Werkintegritätsschutz im 21. Jh. Die Analyse des deutschen und amerikanischen Rechts macht deutlich, dass ein umfassender Integritätsschutz nach deutschem Vorbild besser geeignet ist, die geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers zu schützen und gleichzeitig den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Urheber und Verwerter Rechnung zu tragen. In Zukunft wird es nur mit Hilfe eines derartigen Schutzsystems gelingen, das Werk als Teil der Urheberpersönlichkeit, ebenso wie als Wirtschaftsgut zu bewahren. Die große Herausforderung besteht darin, das Schutzkonzept an die zunehmende „Ökonomisierung“ des Urheberrechts anzupassen, welche dazu führt, dass dieses seine Legitimität verstärkt durch den Schutz von Investitionen bekommt. Die positiven und negativen Effekte dieses Wandels für das Recht auf Werkintegrität erfordern eine Erweiterung des bestehenden Schutzes und verstärkt differenzierte Regelungen. Das Recht auf Werkintegrität unterliegt einem allmählichen Bedeutungsverlust, obwohl es Teil einer langen Rechtstradition ist, die sich bewährt hat. Dieser Entwicklung kann durch eine verfassungsrechtliche Verankerung des Urheberpersönlichkeitsrechts auf nationaler und auf europäischer Ebene entgegengewirkt werden. So würde stets eine solide Basis zum Schutz der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers bestehen, die es dennoch ermöglicht, den Urheberrechtsschutz an neue Gegebenheiten und (technische) Entwicklungen anzupassen. Die Möglichkeit der Vermarktung des Integritätsrechts ist zu begrüßen; sie verschafft dem Urheber eine zusätzliche Beteiligung an den Gewinnen der verwertenden Industrien. Trotzdem darf das Recht nur im Rahmen klarer Regelungen als Wirtschaftsgut eingesetzt werden; andernfalls würde es zum bloßen Scheinrecht verkommen und gerade den ihm innewohnenden Wert verlieren, der erst seine Kom-
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sen des Urhebers in den Mittelpunkt rückt und einen umfassenden Integritätsschutz gewährt, die wirtschaftlichen Interessen der Verwerter in einem für die Verwertung ausreichendem Maße Beachtung finden können.
B. Der Werkintegritätsschutz im 21. Jh. Die Analyse des deutschen und amerikanischen Rechts macht deutlich, dass ein umfassender Integritätsschutz nach deutschem Vorbild besser geeignet ist, die geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers zu schützen und gleichzeitig den wirtschaftlichen Bedürfnissen der Urheber und Verwerter Rechnung zu tragen. In Zukunft wird es nur mit Hilfe eines derartigen Schutzsystems gelingen, das Werk als Teil der Urheberpersönlichkeit, ebenso wie als Wirtschaftsgut zu bewahren. Die große Herausforderung besteht darin, das Schutzkonzept an die zunehmende „Ökonomisierung“ des Urheberrechts anzupassen, welche dazu führt, dass dieses seine Legitimität verstärkt durch den Schutz von Investitionen bekommt. Die positiven und negativen Effekte dieses Wandels für das Recht auf Werkintegrität erfordern eine Erweiterung des bestehenden Schutzes und verstärkt differenzierte Regelungen. Das Recht auf Werkintegrität unterliegt einem allmählichen Bedeutungsverlust, obwohl es Teil einer langen Rechtstradition ist, die sich bewährt hat. Dieser Entwicklung kann durch eine verfassungsrechtliche Verankerung des Urheberpersönlichkeitsrechts auf nationaler und auf europäischer Ebene entgegengewirkt werden. So würde stets eine solide Basis zum Schutz der geistigen und persönlichen Interessen des Urhebers bestehen, die es dennoch ermöglicht, den Urheberrechtsschutz an neue Gegebenheiten und (technische) Entwicklungen anzupassen. Die Möglichkeit der Vermarktung des Integritätsrechts ist zu begrüßen; sie verschafft dem Urheber eine zusätzliche Beteiligung an den Gewinnen der verwertenden Industrien. Trotzdem darf das Recht nur im Rahmen klarer Regelungen als Wirtschaftsgut eingesetzt werden; andernfalls würde es zum bloßen Scheinrecht verkommen und gerade den ihm innewohnenden Wert verlieren, der erst seine Kom-
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merzialisierung ermöglicht.21 Die Werterhaltung über einen starken Integritätsschutz, gerade auf internationaler Ebene, sollte dabei nicht nur im Interesse des Urhebers, sondern auch im Interesse der Industrie liegen, welche mit einer Masse an schlechten und billigen Plagiaten, allen voran aus dem asiatischen Raum, konfrontiert ist. Der partielle Schutz der Werkintegrität, wie ihn die USA praktizieren, läuft jedenfalls der Gewinnerzielung der Industrie entgegen. Die Anerkennung des Rechts als Wirtschaftsgut und die klare Regelung von dessen Verkehrsfähigkeit würde ein wichtiges Signal in Richtung copyright-Länder im Hinblick auf eine internationale Rechtsvereinheitlichung senden; denn hier bestehen die größten Systemdifferenzen.22 Durch die Erfassung immer neuer Werkarten, die sich an der unteren Grenze der Schutzfähigkeit bewegen, wie z.B. Datenbanken, Computerprogramme etc., stößt das deutsche System langsam an seine Grenzen.23 Diese Werke werden in der Regel arbeitsteilig, im Auftrag von Unternehmen geschaffen; sie können nicht mehr einem IndiviVgl. die Argumente bei Hilty, FS Rehbinder, S. 259, 279 f. gegen das Dogma der Unübertragbarkeit. Er stellt in Raum, dass ein umfassendes Urhebervertragsrecht eigentlich gar nicht notwendig wäre, wenn das Unübertragbarkeitsdogma halten würde, was es verspricht. 22 Vgl. Dietz/Loewenheim/Nordemann/Schricker/Vogel GRUR 2000, 765, 773; dort wird das Fehlen von Regelungen für Rechtsgeschäfte über UPR als in der internationalen Diskussion nachteilig bezeichnet. Zu diesem Problem siehe a. Alemdjrodo S. 9, 13 f. 23 Schricker, FS Kreile, S. 715, 719 f. möchte das Kriterium der Gestaltungshöhe abschaffen, da es die Erfassung von Werken der kleinen Münze wegen einer verfehlten Heraufsetzung des Schutzstandards erschwere. Ohnehin stelle Deutschland als einziges Land in der EU dieses Kriterium auf, was dazu führe, dass die europäische Rechtsangleichung für eine zunehmende Anzahl von Werktypen ausgeschlossen werde. Der Urheberrechtsschutz sollte daher allein von der Individualität des Werkes abhängig gemacht werden. Vgl. a. Die Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14.05.1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen. Dort heißt es in Art. 1 Abs. 3 „Computerprogramme werden geschützt, wenn sie individuelle Werke in dem Sinne darstellen, daß sie das Ergebnis der eigenen geistigen Schöpfung ihres Urhebers sind. Zur Bestimmung ihrer Schutzfähigkeit sind keine anderen Kriterien anzuwenden.“ und in den Erwägungsgründen: „Qualitative oder ästhetische Vorzüge eines Computerprogramms sollten nicht als Kriterium für die Beurteilung der Frage angewendet werden, ob ein Programm ein individuelles Werk ist oder nicht.“ Siehe zum veränderten Schutzstandard a. Drexl S. 103: “The European Community, in harmonizing the law on software at the beginning of the 90s, acepted a concept of originality that does not require expression of the perspnaligy of the author, but contents itsself with independent creation 21
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duum als seine geistige Schöpfung zugeordnet werden. Um den Urheberrechtsschutz nicht weiter zu „verwässern“, gibt es deshalb zwei Möglichkeiten: Neue Werkarten ohne eine persönliche Prägung werden in Zukunft vom Urheberrechtsschutz ausgenommen oder der Urheberrechtsschutz muss in Werkkategorien unterteilt werden.24 Folge davon wäre, dass bei traditionellen Werkarten mit hoher Gestaltungshöhe, wie z.B. Literatur und Kunst, der Integritätsschutz weiterhin umfassend ausgestaltet ist. Dagegen würde er bei Werken, die sich an der Grenze der „kleinen Münze“ bewegen, wesentlich schwächer ausfallen; denn Integritätsschutz ist hier in erster Linie Investitionsschutz. Für diese Werke wäre die Urheberschaft juristischer Personen und ein damit einhergehendes Recht auf Werkintegrität denkbar. Diese Differenzierung im Bezug auf bestimmte Werkkategorien bedeutet letztendlich eine weitere Annäherung an das copyright-System, die einen Kompromiss auf internationaler Ebene fördert.
of the author.”; Loewenheim GRUR Int. 1997, 285, 288; Wandtke GRUR 2002, 1, 8 f. 24 Vgl. Dietz ZUM 1993, 309, 315 f.; Ginsburg GRUR Int. 1991, 593, 601.
Anlage 1. Auszüge aus dem Copyright Act (17 U.S.C.) § 101 Definitions A “derivative work” is a work based upon one or more preexisting works, such as a translation, musical arrangement, dramatization, fictionalization, motion picture version, sound recording, art reproduction, abridgment, condensation, or any other form in which a work may be recast, transformed, or adapted. A work consisting of editorial revisions, annotations, elaborations, or other modifications, which, as a whole, represent an original work of authorship, is a “derivative work”. A “work of visual art” is (1) a painting, drawing, print or sculpture, existing in a single copy, in a limited edition of 200 copies or fewer that are signed and consecutively numbered by the author, or, in the case of a sculpture, in multiple cast, carved, or fabricated sculptures of 200 or fewer that are consecutively numbered by the author and bear the signature or other identifying mark of the author; or (2) a still photographic image produced for exhibition purposes only, existing in a single copy that is signed by the author, or in a limited edition of 200 copies or fewer that are signed and consecutively numbered by the author. A work of visual art does not include (A)(i) any poster, map, globe, chart, technical drawing, diagram, model, applied art, motion picture or other audiovisual work, book, magazine, newspaper, periodical, data base, electronic information service, electronic publication, or similar publication; (ii) any merchandising item or advertising, promotional, descriptive, covering, or packaging material or container; (iii) any portion or part of any item described in clause (i) or (ii); (B) any work made for hire; or (C) any work not subject to copyright protection under this title. A “work made for hire” is (1) a work prepared by an employee within the scope of his or her employment; or (2) a work specially ordered or commissioned for use as a contribution to a collective work, as a
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part of a motion picture or other audiovisual work, as a translation, as a supplementary work, as a compilation, as an instructional text, as a test, as answer material for a test, or as an atlas, if the parties expressly agree in a written instrument signed by them that the work shall be considered a work made for hire. For the purpose of the foregoing sentence, a “supplementary work” is a work prepared for publication as a secondary adjunct to a work by another author for the purpose of introducing, concluding, illustrating, explaining, revising, commenting upon, or assisting in the use of the other work, such as forewords, afterwords, pictorial illustrations, maps, charts, tables, editorial notes, musical arrangements, answer material for tests, bibliographies, appendixes, and indexes, and an “instructional text” is a literary, pictorial, or graphic work prepared for publication and with the purpose of use in systematic instructional activities. § 102 Subject matter of copyright: In general (a) Copyright protection subsists, in accordance with this title, in original works of authorship fixed in any tangible medium of expression, now known or later developed, from which they can be perceived, reproduced, or otherwise communicated, either directly or with the aid of a machine or device. Works of authorship include the following categories: (1) literary works; (2) musical works, including any accompanying words; (3) dramatic works, including any accompanying music; (4) pantomimes and choreographic works; (5) pictorial, graphic, and sculptural works; (6) motion pictures and other audiovisual works; (7) sound recordings; and (8) architectural works. § 106 Exclusive rights in copyrighted works Subject to sections 107 through 122, the owner of copyright under this title has the exclusive rights to do and to authorize any of the following: (1) to reproduce the copyrighted work in copies or phonorecords; (2) to prepare derivative works based upon the copyrighted work. § 106A Rights of certain authors to attribution and integrity (a) Rights of Attribution and Integrity. Subject to section 107 and independent of the exclusive rights provided in section 106, the author of a work of visual art
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(1) shall have the right (A) to claim authorship of that work, and (B) to prevent the use of his or her name as the author of any work of visual art which he or she did not create; (2) shall have the right to prevent the use of his or her name as the author of the work of visual art in the event of a distortion, mutilation, or other modification of the work which would be prejudicial to his or her honor or reputation; and (3) subject to the limitations set forth in section 113(d), shall have the right (A) to prevent any intentional distortion, mutilation, or other modification of that work which would be prejudicial to his or her honor or reputation, and any intentional distortion, mutilation, or modification of that work is a violation of that right, and (B) to prevent any destruction of a work of recognized stature, and any intentional or grossly negligent destruction of that work is a violation of that right. (b) Scope and Exercise of Rights. Only the author of a work of visual art has the rights conferred by subsection (a) in that work, whether or not the author is the copyright owner. The authors of a joint work of visual art are coowners of the rights conferred by subsection (a) in that work. (c) Exceptions. (1) The modification of a work of visual art which is the result of the passage of time or the inherent nature of the materials is not a distortion, mutilation, or other modification described in subsection (a)(3)(A). (2) The modification of a work of visual art which is the result of conservation, or of the public presentation, including lighting and placement, of the work is not a destruction, distortion, mutilation, or other modification described in subsection (a)(3) unless the modification is caused by gross negligence. (3) The rights described in paragraphs (1) and (2) of subsection (a) shall not apply to any reproduction, depiction, portrayal, or other use of a work in, upon, or in any connection with any item described in subparagraph (A) or (B) of the definition of “work of visual art” in section 101, and any such reproduction, depiction, portrayal, or other
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use of a work is not a destruction, distortion, mutilation, or other modification described in paragraph (3) of subsection (a). (d) Duration of Rights. (1) With respect to works of visual art created on or after the effective date set forth in section 610(a) of the Visual Artists Rights Act of 1990, the rights conferred by subsection (a) shall endure for a term consisting of the life of the author. (2) With respect to works of visual art created before the effective date set forth in section 610(a) of the Visual Artists Rights Act of 1990, but title to which has not, as of such effective date, been transferred from the author, the rights conferred by subsection (a) shall be coextensive with, and shall expire at the same time as, the rights conferred by section 106. (3) In the case of a joint work prepared by two or more authors, the rights conferred by subsection (a) shall endure for a term consisting of the life of the last surviving author. (4) All terms of the rights conferred by subsection (a) run to the end of the calendar year in which they would otherwise expire. (e) Transfer and Waiver. (1) The rights conferred by subsection (a) may not be transferred, but those rights may be waived if the author expressly agrees to such waiver in a written instrument signed by the author. Such instrument shall specifically identify the work, and uses of that work, to which the waiver applies, and the waiver shall apply only to the work and uses so identified. In the case of a joint work prepared by two or more authors, a waiver of rights under this paragraph made by one such author waives such rights for all such authors. (2) Ownership of the rights conferred by subsection (a) with respect to a work of visual art is distinct from ownership of any copy of that work, or of a copyright or any exclusive right under a copyright in that work. Transfer of ownership of any copy of a work of visual art, or of a copyright or any exclusive right under a copyright, shall not constitute a waiver of the rights conferred by subsection (a). Except as may otherwise be agreed by the author in a written instrument signed by the author, a waiver of the rights conferred by subsection (a) with respect to a work of visual art shall not constitute a transfer of ownership of any copy of that work, or of ownership of a copyright or of any exclusive right under a copyright in that work.
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§ 107 Limitations on exclusive rights: Fair use Notwithstanding the provisions of sections 106 and 106A, the fair use of a copyrighted work, including such use by reproduction in copies or phonorecords or by any other means specified by that section, for purposes such as criticism, comment, news reporting, teaching (including multiple copies for classroom use), scholarship, or research, is not an infringement of copyright. In determining whether the use made of a work in any particular case is a fair use the factors to be considered shall include (1) the purpose and character of the use, including whether such use is of a commercial nature or is for nonprofit educational purposes; (2) the nature of the copyrighted work; (3) the amount and substantiality of the portion used in relation to the copy-righted work as a whole; and (4) the effect of the use upon the potential market for or value of the copy-righted work. The fact that a work is unpublished shall not itself bar a finding of fair use if such finding is made upon consideration of all the above factors. § 113 Scope of exclusive rights in pictorial, graphic, and sculptural works (d) (1) In a case in which (A) a work of visual art has been incorporated in or made part of a building in such a way that removing the work from the building will cause the destruction, distortion, mutilation, or other modification of the work as described in section 106A(a)(3), and (B) the author consented to the installation of the work in the building either before the effective date set forth in section 610(a) of the Visual Artists Rights Act of 1990, or in a written instrument executed on or after such effective date that is signed by the owner of the building and the author and that specifies that installation of the work may subject the work to destruction, distortion, mutilation, or other modification, by reason of its removal, then the rights conferred by paragraphs (2) and (3) of section 106A(a) shall not apply. (2) If the owner of a building wishes to remove a work of visual art which is a part of such building and which can be removed from the building without the destruction, distortion, mutilation, or other modification of the work as described in section 106A(a)(3), the author’s rights under paragraphs (2) and (3) of section 106A(a) shall
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apply unless (A) the owner has made a diligent, good faith attempt without success to notify the author of the owner’s intended action affecting the work of visual art, or (B) the owner did provide such notice in writing and the person so notified failed, within 90 days after receiving such notice, either to remove the work or to pay for its removal. For purposes of subparagraph (A), an owner shall be presumed to have made a diligent, good faith attempt to send notice if the owner sent such notice by registered mail to the author at the most recent address of the author that was recorded with the Register of Copyrights pursuant to paragraph (3). If the work is removed at the expense of the author, title to that copy of the work shall be deemed to be in the author. (3) The Register of Copyrights shall establish a system of records whereby any author of a work of visual art that has been incorporated in or made part of a building, may record his or her identity and address with the Copyright Office. The Register shall also establish procedures under which any such author may update the information so recorded, and procedures under which owners of buildings may record with the Copyright Office evidence of their efforts to comply with this subsection. § 115 Scope of exclusive rights in nondramatic musical works: Compulsory license for making and distributing phonorecords (a) Availability and Scope of Compulsory License (2) A compulsory license includes the privilege of making a musical arrangement of the work to the extent necessary to conform it to the style or manner of interpretation of the performance involved, but the arrangement shall not change the basic melody or fundamental character of the work, and shall not be subject to protection as a derivative work under this title, except with the express consent of the copyright owner. § 120 Scope of exclusive rights in architectural works (b) Alterations to and Destruction of Buildings. Notwithstanding the provisions of section 106(2), the owners of a building embodying an architectural work may, without the consent of the author or copy-
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right owner of the architectural work, make or authorize the making of alterations to such building, and destroy or authorize the destruction of such building. § 201 Ownership of copyright (a) Initial Ownership. Copyright in a work protected under this title vests initially in the author or authors of the work. The authors of a joint work are coowners of copyright in the work. (b) Works Made for Hire. In the case of a work made for hire, the employer or other person for whom the work was prepared is considered the author for purposes of this title, and, unless the parties have expressly agreed otherwise in a written instrument signed by them, owns all of the rights comprised in the copyright. (d) Transfer of Ownership. (1) The ownership of a copyright may be transferred in whole or in part by any means of conveyance or by operation of law, and may be bequeathed by will or pass as personal property by the applicable laws of intestate succession. (2) Any of the exclusive rights comprised in a copyright, including any subdivision of any of the rights specified by section 106, may be transferred as provided by clause (1) and owned separately. The owner of any particular exclusive right is entitled, to the extent of that right, to all of the protection and remedies accorded to the copyright owner by this title. § 203 Termination of transfers and licenses granted by the author (a) Conditions for Termination. In the case of any work other than a work made for hire, the exclusive or nonexclusive grant of a transfer or license of copyright or of any right under a copyright, executed by the author on or after January 1, 1978, otherwise than by will, is subject to termination under the following conditions: (1) In the case of a grant executed by one author, termination of the grant may be effected by that author or, if the author is dead, by the person or persons who, under clause (2) of this subsection, own and are entitled to exercise a total of more than one-half of that author’s termination interest. (3) Termination of the grant may be effected at any time during a period of five years beginning at the end of thirty-five years from the date
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of execution of the grant; or, if the grant covers the right of publication of the work, the period begins at the end of thirty-five years from the date of publication of the work under the grant or at the end of forty years from the date of execution of the grant, whichever term ends earlier. (b) Effect of Termination. Upon the effective date of termination, all rights under this title that were covered by the terminated grants revert to the author, authors, and other persons owning termination interests under clauses (1) and (2) of subsection (a), including those owners who did not join in signing the notice of termination under clause (4) of subsection (a), but with the following limitations: (1) A derivative work prepared under authority of the grant before its termination may continue to be utilized under the terms of the grant after its termination, but this privilege does not extend to the preparation after the termination of other derivative works based upon the copyrighted work covered by the terminated grant. § 301 Preemption with respect to other laws (a) On and after January 1, 1978, all legal or equitable rights that are equivalent to any of the exclusive rights within the general scope of copyright as specified by section 106 in works of authorship that are fixed in a tangible medium of expression and come within the subject matter of copyright as specified by sections 102 and 103, whether created before or after that date and whether published or un-published, are governed exclusively by this title. Thereafter, no person is entitled to any such right or equivalent right in any such work under the common law or statutes of any State. (f)(1) On or after the effective date set forth in section 610(a) of the Visual Artists Rights Act of 1990, all legal or equitable rights that are equivalent to any of the rights conferred by section 106A with respect to works of visual art to which the rights conferred by section 106A apply are governed exclusively by section 106A and section 113(d) and the provisions of this title relating to such sections. Thereafter, no person is entitled to any such right or equivalent right in any work of visual art under the common law or statutes of any State. (2) Nothing in paragraph (1) annuls or limits any rights or remedies under the common law or statutes of any State with respect to (A)
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any cause of action from undertakings commenced before the effective date set forth in section 610(a) of the Visual Artists Rights Act of 1990; (B) activities violating legal or equitable rights that are not equivalent to any of the rights conferred by section 106A with respect to works of visual art; or (C) activities violating legal or equitable rights which extend beyond the life of the author. § 302 Duration of copyright: Works created on or after January 1, 1978 (a) In General. Copyright in a work created on or after January 1, 1978, subsists from its creation and, except as provided by the following subsections, endures for a term consisting of the life of the author and 70 years after the author’s death. (c) Anonymous Works, Pseudonymous Works, and Works Made for Hire. In the case of an anonymous work, a pseudonymous work, or a work made for hire, the copyright endures for a term of 95 years from the year of its first publication, or a term of 120 years from the year of its creation, whichever expires first. § 501 Infringement of copyright (a) Anyone who violates any of the exclusive rights of the copyright owner as provided by sections 106 through 122 or of the author as provided in section 106A(a), or who imports copies or phonorecords into the United States in violation of section 602, is an infringer of the copyright or right of the author, as the case may be. For purposes of this chapter (other than section 506), any reference to copyright shall be deemed to include the rights conferred by section 106A(a). 2. Auszug aus dem Visual Artists Rights Act § 610 (b) Applicability. The rights created by section 106A of title 17, United States Code, shall apply to (2) works created on or after such effective date, but shall not apply to any destruction, distortion, mutilation, or other modification (as described in section 106A(a)(3) of such title) of any work which occurred before such effective date.
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Stichwortverzeichnis Abwägungskriterien 68, 76, 81 ff., 131 f., 143, 145, 151, 357 f.; siehe a. Interessenabwägung allgemeines Änderungsverbot 20, 31 ff., 37 f., 159 f. Allgemeines Persönlichkeitsrecht – Beschränkung durch gegenläufige Interessen 66 ff. – Eingriff in den Schutzbereich 64 ff. – Ergänzungs- und Auffangfunktion 28 f., 62 – Schutzbereich 27, 63 f. – Schutz vor Werkzerstörung 29, 54, 62 ff. – UPR als besonderes Persönlichkeitsrecht 27 ff., 361 Änderung (modification) 46, 48, 133, 239 ff., 248; siehe a. Beeinträchtigung, Entstellung – gesetzlich zulässige Änderung 83, 130 ff., 145 f., 165; siehe a. Arbeitsverhältnis änderungsrechtliche Vorschriften 30 – System 30 ff. – Verhältnis zueinander 34 ff., 38, 157 f. Änderungsvereinbarung 80, 83, 92 ff., 112 f., 124, 128, 132 ff., 308 ff., 363 f.; siehe a. Rechtsgeschäfte – bei Filmwerken 157 – im Arbeitsverhältnis siehe Arbeitsverhältnis – konkludent / stillschweigend 134 f., 157, 310 ff., 363 f. Andienungspflicht 57, 77, 254 Ansehen (reputation) 10, 20, 47, 54, 61, 64 f., 71, 80, 85 f., 159, 213, 225, 228, 241 f., 245, 252 f., 263, 269, 271, 277, 280, 284, 287, 290, 293, 296 f., 313, 321, 324 ff., 328, 332, 338, 340 f., 350 f., 362; siehe a. persönliches Interesse
Ansprüche 29, 87 f., 266 ff., 282 f., 291, 302, 328, 335, 342, 360; siehe a. Schadensersatz, Unterlassung Antike 8 ff. antizipierter Erlassvertrag 114, 129 f.; siehe a. Erlassvertrag, Rechtsgeschäfte appropriation of the other’s name or likeness 330 f. Arbeitsverhältnis 84, 140 ff., 357 – Änderungsvereinbarung 144 f. – betrieblicher Zweck siehe betrieblicher Zweck – Einschränkung des UPR 141 ff. – Geltung des Schöpferprinzips 140 f. – gesetzlich zulässige Änderung 145 f. – Interessenabwägung 142 ff., 157, 161, 357 – Weisungsrecht 146 attribution siehe Zuschreibung der Urheberschaft aufgedrängtes Werk 52, 57, 254 author’s copyright 190, 193, 196 f., 199 authorization siehe Autorisierung Autorisierung (authorization) 243, 279 f., 285, 290, 294 Battle of the Booksellers 193, 196 Bearbeitung (derivative work) 222 f., 231, 302, 361 Bearbeitungsrecht 30, 38, 136 f., 302 ff., 361 Beeinträchtigung 45 ff.; siehe a. Änderung, Entstellung – gröbliche Beeinträchtigung 53, 84, 151 ff., 161, 353 Beeinträchtigungsverbot 43 ff. Berne Convention Implementation Act (BCIA) 211 f. Berner Übereinkunft siehe Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ)
396 Bestimmtheitserfordernis 103, 264 betrieblicher Zweck 143, 145 f., 357 Beurteilungsmaßstab 46, 50, 236 bildende Kunst (work of visual art / fine art) 19 f., 44, 50 ff., 54, 64, 69 f., 73 f., 84, 139, 213, 215, 221, 229 ff., 277 f., 283, 285, 287 f., 290, 293 f., 295, 304, 337, 349 f., 350, 355 f., 360, 362 f., 366 Branchenüblichkeit 134, 143, 145, 161, 311 f., 314, 363 f. breach of contract 310 Buchdruck 11, 184 Bücherflüche 10 f. California 213, 273, 277 ff.; siehe a. California Art Preservation Act California Art Preservation Act 213, 277 ff. – allgemeine Schutzvoraussetzungen 277 f. – Ansprüche 282 f. – Beschränkungen 281 f. – right of integrity 279 f. – Verzicht 281 common law – copyright 185 f., 189, 193, 194 ff., 199, 200, 203 f., 205 f. – right of integrity 307 – right of privacy 330 – right of publicity 333 – unfair competition 314, 319 f. conflict test 275; siehe a. preemption Connecticut 198, 292 ff. Constitution siehe Verfassung contract law 308 ff., 363 Copyright Act of 1790 201 f. Copyright Act of 1909 202 f. Copyright Act of 1976 205 f., 299 ff. copyright 221 ff., 299 ff. – Bearbeitungsrecht siehe Bearbeitungsrecht – besondere Merkmale 221 ff. – Entwicklung 184 ff. – Funktion 198, 221 f. – Registrierung 222, 301 – Schutzdauer 223, 300
Stichwortverzeichnis – Übertragbarkeit 222 f., 300 – Verhältnis zu moral rights 221 ff. – Vervielfältigungsrecht siehe Vervielfältigungsrecht copyright-clause 200 f. creative control 308 f. damages siehe Schadensersatz Dastar Corporation v. Twentieth Century Film Corporation 322 f. defamation 325 ff., 331, 361 f.; siehe a. libel, slander defence of reasonableness 261 Denkmalschutz siehe Kulturgüterschutz derivative work siehe Bearbeitung destruction siehe Zerstörungsverbot Deutsche Demokratische Republik (DDR) 16 dingliche Wirkung 110 f.; siehe a. Verfügungswirkung dingliches Recht 109 f. direkter Eingriff siehe Eingriffsarten disclaimer 318 f., 341 Donaldson v. Bekett 195 droit moral 7, 168 ff. dualistische Theorie 17, 225, 349; siehe a. monistische Theorie Duldungspflicht 58 Ehre (honor) 241 f. Eigentümer 45, 57, 67, 84, 137 ff., 160 f., 257 ff., 279 f., 281 f., 286, 305, 356 f., 358, 366 Eingriffsarten 46 f., 48, 74 f., 133, 160, 239 f., 248, 352 f.; siehe a. Änderung, Beeinträchtigung, Entstellung Einwilligung 115 ff., 124, 128; siehe a. Rechtsgeschäfte einzelstaatliche Gesetze 198 f., 213, 273 ff., 360 f. Entstellung 46 f.; siehe a. Änderung, Beeinträchtigung – gröbliche Entstellung 53, 84, 151 ff., 161, 353 Entstellungsverbot 43 ff.; siehe a. Entstellung
Stichwortverzeichnis Erhaltungspflicht 45, 58, 75, 77, 280 Erlassvertrag 113 f., 123, 129; siehe a. antizipierter Erlassvertrag, Rechtsgeschäfte erweiterte Vorhersehbarkeitstheorie 105; siehe a. Vorhersehbarkeitstheorie Europäischer Urheberpersönlichkeitsschutz 168 ff. extra element test 275; siehe a. preemption fair-use-doctrine / fair-use-defence 206, 223, 225, 260 ff., 271, 300, 337, 355 Fälschung siehe Plagiat false light siehe publicity that unreasonably places the other in a false light before the public Felseneiland mit Sirenen 21, 347 Filmwerk 53 f., 84, 147 ff., 161 f., 177 f., 215, 222, 227, 273, 285, 289, 294, 328, 350, 353, 355 f., 357, 360, 363 fine art siehe Bildene Kunst Folgerecht 54, 69 f., 72 freedom of contract-Prinzip 263 freezing of the rights 210 Gebrauchszweck 68, 79, 86, 233 f., 262, 337, 350, 355 f., 358 gebundene Rechtseinräumung 118, 120 ff., 129; siehe a. Rechtsübertragung, Verfügung geistiges Band 24 f., 29, 54, 61, 65, 125, 139 geistiges Eigentum 8, 13 f., 16, 21 f., 180, 191 f.; siehe a. Theorie vom geistigen Eigentum geistiges Interesse 43, 61, 65, 353; siehe a. persönliches Interesse Generalklausel 54, 60 ff., 67, 72; siehe a. UPR im weiten Sinne geschützte Werkarten 44 f., 228 ff., 277 f., 287 f., 350; siehe a. bildende Kunst, Original, Vervielfältigung
397 Gestaltungshöhe 45, 47, 68, 85, 132, 143, 145, 151, 161, 173 f., 177, 222, 231, 235 f., 302 f., 349 f., 368 f. gewillkürte Prozessstandschaft 88, 126 f.; siehe a. Rechtsgeschäfte Gilliam v. American Broadcasting Companies, Inc. 304 f. Graffiti 52, 57, 254 grobe Fahrlässigkeit (gross negligence) 243, 245, 247, 263, 279 f., 285, 291, 353 Gröblichkeitskriterium 53 f., 150 ff., 161, 353, 357; siehe a. Beeinträchtigung, Entstellung gross negligence siehe grobe Fahrlässigkeit Harmonisierung siehe Europäischer Urheberpersönlichkeitsschutz honor siehe Ehre indirekter Eingriff siehe Eingriffsarten integrity siehe right of integrity intention siehe Vorsatz Interessenabwägung 53 f., 62, 68, 76, 81 ff., 131 f., 136, 159 f., 161, 355 ff. – Begründung des Merkmals 81 f. – bei Filmwerken 157, 160 – besondere Rechte Dritter / besondere Rechtsbeziehungen 82 ff. – im Arbeitsverhältnis 143, 145 – Kriterien siehe Abwägungskriterien – modifiziert 150 f., 353 – pauschalisiert 352 f., 355 f. Interessengefährdung 77 ff., 353 Kernbereichstheorie 99 ff. kollektivistischer Ansatz 21, 207 f., 213, 219 f.; siehe a. Utilitarismus Kolorierung 156, 170, 214 konstitutiv 95; siehe a. Rechtsübertragung, translativ KUG 20; siehe a. LUG Kulturgüterschutz 21, 27, 74, 76, 213, 215, 257, 278, 284, 339, 350 f. künstlerischer Rang 76, 85, 358
398 Lanham Act siehe Wettbewerbsrecht law against unfair competition siehe Wettbewerbsrecht Lehre von der Gesamtschau der änderungsrechtlichen Vorschriften 37 f., 138 Lehre von der Selbständigkeit der änderungsrechtlichen Vorschriften 31 ff., 137 f. libel 325, 327; siehe a. defamation, slander Louisiana 292 ff. LUG 20; siehe a. KUG Maine 292 ff. malice 327, 332; siehe a. Vorsatz Massachusetts 199, 284 ff., 360 f. Menschenwürde 27, 63, 65 f., 67, 125, 159, 180; siehe a. Allgemeines Persönlichkeitsrecht Millar v. Tylor 194 minimal approach 210 f. Mittelalter 10 ff. moderne Urheberrechtstheorien 15 ff. modification siehe Änderung monistische Theorie 17 f., 22, 349; siehe a. dualistische Theorie Monopol 187, 189, 195 f., 198, 206, 220 f., 345 Montana 295 moral rights 183 ff. – Begriff 183, 224 – Dogmatik 219 ff. – Einzelstaaten 213, 273 ff.; siehe a. einzelstaatliche Gesetze – Entwicklung 206 ff. – Rechtsprechung 217 f. – Schutzdauer 237, 270, 278 f., 285, 288, 294 f., 351 – Wahrnehmung 236 f. mutilation siehe right against mutilation Nachdruckverbote 18 f. Namensunterdrückungsrecht 88, 146, 158, 262 f., 312 f., 333
Stichwortverzeichnis National Film Preservation Act 214 Nationalsozialismus 21, 71 Naturrechtslehre siehe Theorie vom geistigen Eigentum negative Tatbestandswirkung 60, 62, 72 f.; siehe a. Generalklausel Nevada 292 ff. New Jersey 292 ff. New Mexico 284 ff. New York 198, 213, 273, 277, 287 ff., 340; siehe a. New York Artist’s Authorship Rights Act New York Artists’ Authorship Rights Act 213, 287 ff. – allgemeine Schutzvoraussetzungen 287 f. – Ansprüche 291 – Beschränkungen 291 – right of integrity 288 ff. – Verzicht 288 Nutzungsrecht – Einräumung 91, 94 ff. – gesetzlich 30, 83, 137 – vertraglich 30, 83, 132 ff. objective test 275; siehe a. preemption Öffentlichkeit 80, 86 f., 139, 241 f., 290, 331, 334, 353, 358 Original 45, 62, 69 f., 74, 76, 84, 86, 139, 206, 216, 222, 228 ff., 235 f., 269, 277 f., 280, 285, 287, 289, 293, 302 ff., 325, 341, 350 f.; siehe a. geschützte Werkarten Originalität siehe Gestaltungshöhe ortsbezogenes Werk (site-specific art) 46, 52 f., 231 ff., 245 f., 248 f., 353, 360 f. pactum de non petendo 114 f., 123, 129; siehe a. Rechtsgeschäfte Parodie 51 f., 262 Pennsylvania 284 ff. persönliches Interesse 43, 60 f., 64 f., 71, 241, 353; siehe a. Ansehen, geistiges Interesse
Stichwortverzeichnis Plagiat 9 f., 52, 368 Pragmatismus 197, 202, 205, 216, 219 ff., 223, 266, 270, 344, 349, 366 preemption 237, 270, 272, 274 ff., 297, 319 f., 328, 340, 342, 360 f., 362; siehe a. conflict test, extra element test, objective test prejudicial 241 f., 248 prejudicial injunction siehe Unterlassung presentation-clause 245 f. prevent 242, 249 privacy siehe right of privacy Privilegienwesen 11 ff., 184 ff. Prüfungsreihenfolge 43 f., 150 public interest 189, 195, 198, 204 f. publicity siehe right of publicity publicity that unreasonably places the other in a false light before the public 330 ff. punitive damages siehe Strafschadensersatz Recht auf Werkintegrität 30 ff.; siehe a. right of integrity – Beschränkung 89 ff., 144 ff. Rechtsgeschäfte 83, 108 ff., 162 – Änderungsvertrag siehe Änderungsvereinbarung – antizipierter Erlassvertrag siehe antizipierter Erlassvertrag – Einwilligung siehe Einwilligung – Erlassvertrag siehe Erlassvertrag – gebundene Rechtseinräumung siehe gebundene Rechtseinräumung – gesetzliche Regelung 164 ff. – gewillkürte Prozessstandschaft siehe gewillkürte Prozessstandschaft – pactum de non petendo siehe pactum de non petendo – Überlassung zur Ausübung siehe Überlassung zur Ausübung – Übertragung siehe Rechtsübertragung – Verfügung siehe Verfügung – Verzicht siehe Verzicht
399 Rechtsübertragung 25, 94 ff., 119 ff., 263 f., siehe a. gebundene Rechtseinräumung, Verfügung, Verfügungswirkung – konstitutiv 96 f.; siehe a. konstitutiv – translativ 119 f.; siehe a. translativ recognized stature / quality siehe work of recognized stature / quality removable / non removable 257 ff., 281 f., 286, 356 f. renewal siehe right of renewal reproduction siehe Vervielfältigung reputation siehe Ansehen Restauration 52, 245 f., 291, 352 f. Revidierte Berner Übereinkunft (RBÜ) 20 f., 24, 41, 48, 73, 91, 158, 170, 176, 183, 206 f., 208 ff., 220, 227, 237, 240, 269 f., 297, 336, 343, 349, 352 Rhode Island 199, 292 ff. right against destruction siehe Zerstörungsverbot right against mutilation 310 ff., 317 f., 362 f. right of attribution siehe Zuschreibung der Urheberschaft right of integrity 226 ff., 350 – Ausnahmen 245 f., 253 f. – Beschränkungen 257 ff., 281, 291 – Einzelstaaten 276 ff. – VARA 239 ff. right of privacy 329 ff., 333 f., 345, 361 f. right of publicity 333 ff., 345; siehe a. right of privacy right of renewal 190 f., 201 right of termination 306 f. Rücksichtnahmegebot 82 ff., 121, 131, 151, 157, 160 Sachverständiger 50, 85, 241, 245, 250 f., 278, 283, 284 f. Schadensersatz (damages) 29, 87 f., 267 f., 272, 282, 291, 328, 332, 335, 342, 360, 362; siehe a. Ansprüche, Unterlassung
400 Schöpferprinzip 44 f., 140 f., 148 f., 177 f., 224, 349; siehe a. Arbeitsverhältnis site-specific art siehe ortsbezogenes Werk slander 325 f., 327; siehe defamation, libel South Dakota 295 Stationer’s Copyright 185 f. Stationers’ Company 185 ff. Statute of Anne 188 ff. Strafschadensersatz (punitive damages) 267 f., 282, 328, 360; siehe a. Schadensersatz substantial alteration siehe right against mutilation substantial public interest 277, 283 substantial similarity 301 Supremacy Clause 274 Teilvernichtung/-zerstörung siehe Zerstörung termination siehe right of termination Theorie vom geistigen Eigentum 13 f., 191 f., 194; siehe a. geistiges Eigentum Theorie vom Urheberrecht als Immaterialgüterrecht 16 f. Theorie vom Urheberrecht als Persönlichkeitsrecht 15 f. Theorie vom Verlagseigentum 13 tort law 324 ff., 361 f.; siehe a. defamation, right of privacy, right of publicity totality theory 209 trade practices siehe Branchenüblichkeit translativ 95; siehe a. konstitutiv, Rechtsübertragung Treu und Glauben siehe gesetzlich zulässige Änderung TRIPs siehe Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte am
Stichwortverzeichnis geistigen Eigentum (TRIPs) 175, 218 f., 343 Überlassung zur Ausübung 125 ff., 128; siehe Rechtsgeschäfte Übertragung siehe Rechtsübertragung Umfeldeinwirkungen 43, 46, 49, 52 f., 240, 269, 280, 325, 352; siehe a. Eingriffsarten unfair competition siehe Wettbewerbsrecht Unikat 45, 54, 56 Unterlassung (prejudicial injunction) 87, 157 f., 242, 249, 267, 282 f., 286, 291, 328, 331, 333, 335, 342, 360, 362; siehe a. Ansprüche, Schadensersatz unverzichtbarer Kern siehe Kernbereichstheorie Urheberpersönlichkeitsrecht 7 ff. – Abgrenzung zu den moral rights 225 – als besonderes Persönlichkeitsrecht siehe Allgemeines Persönlichkeitsrecht – Anerkennung 21 – Begriff 21, 23 – besondere Merkmale 25 ff. – Entwicklung 8 ff. – im engen / weiten Sinne 23 f. – Inhalt 23 f. – Rechtsnachfolger 26 – Schutzdauer 27 – Schutzzweck 24 f. – Unübertragbarkeit 25, 90, 363 – Vererblichkeit 26 Urheberrecht – Abgrenzung zum copyright 223 f. – Abgrenzung zu dinglichen Rechten 109 f., siehe a. dingliches Recht – Entwicklung und Dogmatik 8 ff. – doppelte Schutzrichtung 22 – Verhältnis zum UPR 22 ff. Urheberrechtsgesetz (UrhG) 22 Utha 295 Utilitarismus 190 f., 198, 200, 202 f., 217, 219 f., 221 f., 228, 266, 277, 295,
Stichwortverzeichnis 307, 340, 344, 349; siehe a. kollektivistischer Ansatz Verfassung 178 ff., 200 f. Verfügung 25, 83, 97, 117 f., 119 ff.; siehe a. Rechtsübertragung Verfügung von Todes wegen 26 Verfügungswirkung 110 f., 122; siehe a. dingliche Wirkung, Verfügung Verlagseigentum siehe Theorie vom Verlagseigentum Vernichtungsverbot siehe Zerstörungsverbot verobjektiviertes Urheberinteresse 50; siehe a. Beurteilungsmaßstab Vervielfältigung (reproduction) 10 f., 45, 76, 216, 223, 229 f., 236, 246, 269, 278, 285, 287 ff., 293 f., 303, 337, 340, 350 f., 352, 361; siehe a. geschützte Werkarten Vervielfältigungsrecht 19, 301 f., 361 Verzicht (waiver) 93, 113 f., 123 ff., 145, 167, 225, 232, 258, 263 ff., 271, 281 f., 284, 286, 288, 294, 319, 332, 337, 356 f., 363 f. visual art siehe Bildende Kunst Visual Artists Rights Act 215 ff., 227 ff., 349 – geschütze Werkarten 228 ff. – Recht gegen Änderungen 239 ff. – Rechte gegen Zerstörung 247 ff. vorbestehendes Werk 147, 149 Vorhersehbarkeitstheorie 103 ff., 129, 145, 162 – erweiterte Vorhersehbarkeitstheorie siehe erweiterte Vorhersehbarkeitstheorie Vorsatz (intention) 87, 239, 243, 247, 263, 269, 279, 285, 327, 353, siehe a. malice waiver siehe Verzicht Werkarten – aufgedrängtes Werk siehe aufgedrängtes Werk
401 – bildende Kunst siehe bildene Kunst – Filmwerk siehe Filmwerk – geschützte Werkarten siehe geschützte Werkarten – Original siehe Original – ortsbezogenes Werk siehe ortsbezogenes Werk – Unikat siehe Unikat – Vervielfältigung siehe Vervielfältigung – vorbestehendes Werk siehe vorbestehendes Werk – Werk der kleinen Münze 47, 85, 142, 174, 176, 369 Werkintegrität siehe Recht auf Werkintegrität Wettbewerbsrecht (law against unfair competition) 214 f., 314 ff., 361 f. Wheaton v. Peters 203 f. work of recognized stature / quality 244 f., 247, 249 ff., 269 f., 277 f., 279, 284, 287, 293, 296, 338, 340, 353, 358 work of visual art siehe Bildende Kunst work-made-for-hire-doctrine 176 f., 203, 214, 222, 224, 234 f., 271, 278, 285, 291, 294, 300, 350, 361, 363 Zensur 13, 187, 197 Zerstörungsverbot (right against destruction) 29, 54 ff., 160, 216, 221, 247 ff., 263 f., 269 f., 277 f., 279 f., 285, 287, 290, 293, 296, 303, 310, 321, 324, 329, 333, 342, 353 f., 361 f. – Beschränkungen 257 ff., 281 f., 286, 355, 356 f. – Teilzerstörung 59, 74 f., 253 Zugangsrecht 23, 54, 57, 69 f., 72 Zuschreibung der Urheberschaft (right of attribution) 227, 315 f., 320 f., 323, 333, 341, 361 f. Zweckübertragungstheorie 104 f., 127, 130, 134, 145, 162, 364