Nr. 286
Angriff auf Kraumon Die Methans kommen - das Ende einer Stützpunkwelt naht von Harvey Patton
Das Große Imperi...
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Nr. 286
Angriff auf Kraumon Die Methans kommen - das Ende einer Stützpunkwelt naht von Harvey Patton
Das Große Imperium der Arkoniden kämpft erbittert um seine bloße Existenz, denn es muß sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen. Gegen diese inneren Feinde ist Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbe von Arkon, mit seinen inzwischen rund 15.000 Helfern bereits mehrmals erfolgreich vor gegangen. Seine geheime Zentrale, von der die meisten Aktionen gegen Orbana schol ihren Anfang nehmen, ist Kraumon. Auch auf diesem abgelegenen Planeten ist inzwischen bekannt, daß Orbanaschols Position immer unhaltbarer wird. Daher rechnet sich Atlan längst eine reelle Chance aus, den Usurpator zu stürzen, zumal die Sache des Kristallprinzen zunehmend an Popularität gewinnt. Diese Popularität hat jedoch auch ihre Schattenseiten. Sie erregt die Aufmerksam keit der Maahks, die folgerichtig zu dem Schluß kommen, daß Atlan an der Spitze des Imperiums ein gefährlicherer Gegner für sie wäre als Orbanaschol in seinen be sten Tagen. Deswegen schleusen die Methans einen Spion und Verräter bei den Arkoniden ein – deswegen starten sie auch den ANGRIFF AUF KRAUMON …
Angriff auf Kraumon
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Die Hautpersonen des Romans:
Corpkor - Der Tiermeister macht einen unfreiwilligen Besuch auf dem Planeten der Unsterblichen.
Morvoner Sprangk - Kommandant von Kraumon.
Terc on Akouhl - Ein Wissenschaftler macht ein folgenschweres Experiment.
Gonozal VII. - Der alte Imperator übernimmt ein fremdes Bewußtsein.
Grek 1 - Befehlshaber der 274. Einsatzflotte der Maahks.
Mekron Dermitron - Kommandant der MEDON.
1. Der Gleiter landete am Rand einer ausge dehnten Savanne, die von niedrigen Hügeln begrenzt wurde. Sie lag in der Äquatorge gend von Kraumon, und es war Mittagszeit. Die kleine namenlose Sonne, die nur diesen einen Planeten besaß, stand im Zenit und überschüttete die Landschaft mit Licht und Wärme. Sie war eintönig, denn Kraumon war ein alter Planet, dessen Blütezeit bereits Jahr millionen in der Vergangenheit lag. Seine Meere waren fast ausgetrocknet, die Land massen größtenteils von Wüsten bedeckt. Auch die Äquatorialzone begann allmählich zu versteppen, besonders in den höher gele genen Gebieten. Nur in den Senken und Ge birgstälern, wo es noch genügend Wasser gab, herrschten noch gute Lebensbedingun gen für Flora und Fauna. Die relativ dünne und trockene Atmo sphäre erwärmte sich zur Mittagszeit sehr stark. Das bekamen auch die beiden Insas sen des Gleiters zu spüren, als sie nun aus stiegen und die klimatisierte Kabine verlie ßen. Die Hitze überfiel sie förmlich und nahm ihnen sekundenlang den Atem. »Ich werde zerschmelzen!« jammerte Eis kralle sofort. Sein zwergenhafter Körper krümmte sich unwillkürlich, das kleine Ge sicht war ängstlich verzogen. Das Blut in seinen Adern begann rascher zu pulsieren. Man konnte das deutlich sehen, denn Eis kralles Körper war vollkommen transparent wie Glas oder klares Eis. Für einen fremden Betrachter bot er ein ungewöhnliches, im er sten Moment erschreckendes Bild. Er war ein Chretkor und das einzige bekannte Ex
emplar seiner Rasse, deren Heimatwelt ir gendwo im Dschungel der Sterne lag. Der Bauchaufschneider Fartuloon hatte ihn von einer seiner Reisen mitgebracht, und er war in Atlans Gefolge aufgenommen worden. »Bitte keine leeren Versprechungen«, meinte sein Begleiter Corpkor erheitert. »Diese Reden höre ich nun schon jahrelang – ist es kalt, fürchtest du zu erstarren, ist es warm, hast du Angst, zu zerschmelzen. Da bei ist nichts von alldem wahr. Du solltest endlich einen Psychiater konsultieren, damit er dich von diesem unbegründeten Trauma befreit.« »Wieso Psychiater – ich bin doch nicht verrückt!« fuhr der Kleine auf. »Du bist ver rückt, wenn du so etwas behauptest. Was weißt du schon von meiner Rasse, du einge bildeter Arkonide, he?« »Das wenige genügt mir vollauf«, meinte Corpkor schmunzelnd. »Ein Dutzend von deiner Sorte hier bei uns, und Kraumon wäre bald entvölkert. Wer hält dieses dauernde Gejammer schon aus?« Natürlich war dieses kleine Wortgeplän kel nicht ernst zu nehmen. Corpkor und Eis kralle verstanden sich gut, und ihre Necke reien waren durchaus freundschaftlicher Na tur. Im Lauf der Zeit hatten sie zusammen mit Atlan zahlreiche Abenteuer bestanden. Seit einiger Zeit hielten sie sich aber meist auf Kraumon auf und unterstützten Morvo ner Sprangk, der das Kommando führte, wenn der Kristallprinz abwesend war. Das war auch im Augenblick der Fall. Atlan war aus dem Großen Imperium eine Nachricht zugeleitet worden, die sein Inter esse geweckt hatte. Angeblich wollte irgend eine hochgestellte Persönlichkeit von Arkon I Kontakt zu ihm aufnehmen. Ein Mitglied
4 der mächtigen Organisation »Macht der Sonnen« sogar, die seit einiger Zeit gegen den Imperator Orbanaschol III. Stellung be zogen hatte. Dachten diese Leute ernsthaft daran, den Prinzen und rechtmäßigen Thronprätenden ten an die Spitze des Imperiums zu manö vrieren? Früher hatten sie geschlossen hinter Orbanaschol gestanden, dem sie Macht und Reichtum verdankten. Warum nun dieser plötzliche Umschwung? War es überhaupt einer? Das Ganze konn te ebensogut auch nur eine Falle sein! Viel leicht wollten diese Männer Orbanaschol und Atlan beseitigen, um dann einen Stroh mann ihrer Wahl in den Kristallpalast zu bringen. Möglich war alles in dieser turbu lenten Zeit. Jeder dachte an sich selbst zu erst, und die Nutznießer dieser Haltung wa ren die Maahks. Wenn es so weiterging, mußten sie den Krieg gegen Arkon gewin nen. Atlan mußte mit allem rechnen, hatte sich aber trotzdem entschlossen, auf das Angebot einzugehen. Er hatte zusammen mit Fartu loon und dreißig weiteren Männern Krau mon in einem Kreuzer verlassen, um ins Cerhu-System zu fliegen. Auf dem Planeten Imp sollte er näheres erfahren. Corpkor und Eiskralle wären gern mitge flogen, aber Atlan hatte auf ihre Begleitung verzichtet. Seiner Meinung nach wurden sie auf Kraumon nötiger gebraucht, denn Mor voner Sprangk war nicht mehr der jüngste. An diesem Tag hatten sie frei und be schlossen, eine Jagdexpedition zu unterneh men. Die Ernährung auf Kraumon war recht eintönig und bestand zu einem großen Teil aus Konzentratnahrung, durch gute Lebens mittel nur dann ergänzt, wenn ein Schiff der kleinen Flotte Atlans irgendwo Beute ge macht hatte. Das war nicht sehr oft der Fall, obwohl besonders die MEDON unter Me kron Dermitron heranschaffte, was sie konn te. Auf dem Planeten hielten sich nun schon fast fünfzehntausend Gefolgsleute Atlans auf, und die Stadt Gonozal-Mitte platzte aus
Harvey Patton allen Nähten. Benachbarte Täler waren be reits mit in die Siedlung einbezogen worden, an mehreren anderen Stellen gab es kleinere Stationen. Ein reger Gleiterverkehr herrsch te, und die ohnehin nicht sehr zahlreiche Tierwelt wurde immer mehr verdrängt. Man mußte schon weit fliegen, wenn man noch auf jagdbares Wild stoßen wollte. Corpkor und Eiskralle hatten sich etwa fünfhundert Kilometer von der Stadt ent fernt. In dieser Gegend war bisher noch kaum jemand gewesen, also konnten sie auf Beute hoffen. Sie nahmen nun ihre Waffen und bestiegen einen der Hügel, um Aus schau zu halten. So weit sie sehen konnten, gab es nur Grasland, mit Gruppen von niedrigen Bü schen und Bäumen bestanden. Das Gelände war fast eben, die Luft darüber flirrte im Sonnenglast. Corpkor nahm sein Fernglas hoch und spähte in die Runde. Dann wies er mit der Hand in nordwestliche Richtung. »Dort hinten scheint es einen Fluß oder Bachlauf zu geben«, erklärte er. »Die Bäu me und Büsche stehen viel dichter, das Gras wirkt höher und dunkler. Eine ideale Ge gend also für die Arten von Tieren, die wir suchen. Komm, machen wir uns auf den Weg dorthin.« »Zu Fuß?« fragte der Chretkor entsetzt. »Mann, das müssen doch einige Meilen sein! Wozu haben wir denn den Gleiter?« »Bestimmt nicht zum Verjagen der Beu te«, meinte Corpkor trocken. »Das wäre nämlich die unweigerliche Folge, wenn wir angebraust kämen. Sicher, wir könnten auch von dem Fahrzeug aus schießen, aber das wäre dann nur ein Abschlachten. Mit Jagd hätte es nichts mehr zu tun, die aus dem An schleichen und Überlisten der Tiere be steht.« »Ein schöner Sport …«, seufzte Eiskralle, folgte ihm jedoch ohne weitere Proteste.
* Auf Morvoner Sprangks Schreibtisch leuchtete ein Lämpchen auf. Der Komman
Angriff auf Kraumon dant drückte eine Taste, und die Stimme ei ner jungen Frau kam aus dem Sprechgerät: »Der Arzt Terc on Akouhl ersucht um eine Unterredung mit Ihnen, Kommandant.« »Sofort?« fragte Sprangk unwillig. Er war ein alter Soldat und ein Mann der Tat, der von dem »Verwaltungskram«, wie er ihn nannte, nicht sehr viel hielt. War er aber ein mal an der Arbeit, ließ er sich nur ungern dabei stören. »Er ist bereits hier«, bestätigte die junge Frau. »Er gibt an, daß es sich um Dinge im Zusammenhang mit Imperator Gonozal VII. handelt. Näheres will er Ihnen selbst sagen.« Morvoner runzelte die Stirn und hatte be reits eine Absage auf der Zunge. Dann über legte er es sich aber wieder anders. Er hatte noch unter Gonozal gekämpft und daher ein besonderes Verhältnis zu dieser tragischen Gestalt. In seinem Herzen rangierte der frü here Imperator gleichwertig mit Atlan, dem Sohn und Kristallprinzen. »Gut, schicken Sie ihn herein«, entschied er kurz. Seufzend schaltete er das MikroLesegerät ab, mit dem er sich zuvor beschäf tigt hatte, und schob einige Papiere zur Sei te. Gleich darauf trat Terc on Akouhl ein. Der Wissenschaftler war noch jung, klei ner als die meisten Arkoniden und ziemlich korpulent. In einem runden Gesicht saßen blaßrote Augen über einer Sattelnase, die Wangen und das Kinn wiesen Grübchen auf. Das weißblonde Haar war schon stark ge lichtet, aber sorgfältig frisiert, um diesen Mangel zu überdecken. Im ersten Moment wirkte er irgendwie farblos, doch dieser Eindruck schwand so fort, als er zu reden begann. Seine Stimme klang voll und tönend und äußerst selbstbe wußt. In diesem Mann steckte mehr, als sei nem Aussehen nach anzunehmen war. »Ich grüße Sie, Kommandant. Es tut mir leid, Sie mitten in der Arbeit stören zu müs sen, aber mein Anliegen ist wichtig. Ich ha be die Angelegenheit bereits mit dem Prin zen besprochen und erhielt von ihm den Auftrag, gewisse Vorbereitungen zu treffen. Diese sind nun abgeschlossen, aber Atlan ist
5 nicht hier; deshalb komme ich zu Ihnen.« Morvoner Sprangk wies auf einen Sessel und fragte: »Es hat mit Gonozal VII. zu tun? Macht er Ihnen Sorgen?« Diese Frage war berechtigt, denn der alte Imperator machte allen Ärzten Sorgen, die sich um ihn zu kümmern hatten. Vor rund sechzehn Jahren war er während eines Jagdausflugs auf Erskomier einem Komplott seines Bruders Orbanaschol zum Opfer gefallen. Außer diesem waren noch vier Männer daran beteiligt gewesen, durch das Versprechen von Geld und Macht ver blendet. Orbanaschols Leibdiener Offantur hatte ihn umgebracht, nachdem sein Leibarzt Fartuloon durch einen Trick von ihm fortge lockt worden war. Offiziell war es ein »Jagdunfall« gewesen, kaum jemand ahnte die schreckliche Wahrheit. Damals war Atlan erst vier Jahre alt ge wesen, und somit wurde Orbanaschol auto matisch zum Regenten von Arkon. Sein Plan, den Neffen und rechtmäßigen Thron folger auch noch zu beseitigen, ging jedoch nicht auf. Fartuloon hatte Atlan in Sicherheit gebracht und durch seine Erziehung darauf vorbereitet, eines Tages den Brudermörder zu stürzen und die ihm zustehende Herr schaft über das Große Imperium zu überneh men. Gonozal VII. war in der KARSEHRA auf dem Planeten Hocatarr bestattet worden und hatte dort lange Jahre einbalsamiert geruht. Dann aber hatte Atlan in einem Handstreich seine Leiche entführt und durch ein »Lebenskügelchen« wieder belebt. Der er hoffte Erfolg war jedoch ausgeblieben. Sein Vater »lebte« zwar, vom rein biolo gischen Standpunkt her gesehen, aber sein Geist war tot. Sein Gehirn steuerte die rein motorischen Funktionen des Körpers, doch das war auch alles. Nichts von seiner frühe ren Intelligenz war mehr vorhanden, kein ei gener Gedanke entstand mehr in seinem Kopf. Er reagierte zwar auf Anweisungen in einem gewissen Rahmen, aber das geschah rein reflektorisch. Er tat nichts aus eigenem Antrieb, sprach kein Wort, weil die Denk
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prozesse fehlten, die dazu ablaufen mußten. den sogar die POGIM auf den Hals. Ich be Wäre er nicht sorgsam gepflegt, ständig be griff sehr schnell, setzte mich rechtzeitig ab aufsichtigt und sogar gefüttert worden, wäre und kam dann auf Umwegen nach Krau er unweigerlich ein zweites Mal umgekom mon.« men. Morvoner Sprangk nickte, denn er ent Er war ein lebender Leichnam, mehr sann sich nun, Akouhls Personalakte gelesen zu haben. Der Arzt gehörte seit einiger Zeit nicht. Natürlich hatte Atlan alles versucht, um zu den Betreuern Gonozals, deren Team von Albragin geleitet wurde, dem früheren Bord diesem Zustand abzuhelfen. Viele namhafte Ärzte hatten sich seiner angenommen, zahl arzt der ISCHTAR. Bisher war er jedoch reiche Experimente waren an ihm durchge noch nicht besonders hervorgetreten. führt worden. Alles war jedoch vergebens »Was haben hyperenergetische Vorgänge geblieben. Selbst die geheimnisvollen Golt aber mit Gonozal VII. zu tun?« erkundigte ein-Heiler, von deren aufsehenerregenden er sich skeptisch. Erfolgen man überall im Imperium sprach, Terc on Akouhl machte eine weit ausho hatten ihm nicht helfen können. lende Gebärde. Jetzt befand er sich auf Kraumon, aber »Alles in diesem Universum hängt ir normalerweise bekam ihn niemand zu Ge gendwie miteinander zusammen, Komman sicht. Das eigens für ihn eingerichtete Haus dant. Der Normalzustand ist das Nichts – der an einem Berghang im Süden des Tales von leere Raum, in dem die Galaxien schwim Gonozal-Mitte lag einsam in einem Parkge men wie Inseln im Meer. Niemand weiß bis lände. Nur Ärzte, Medogehilfen und Pflege her zu sagen, wie sie entstanden sind, aber rinnen hatten dort Zutritt. Außer ihnen dach sie sind da. Ihre Schwerkraftlinien durchzie te kaum noch jemand an ihn. hen das Universum, von den Massen der Sprangk dagegen hatte ihn nie vergessen. Sonnen und sonstiger Materie ausgehend. Nun lehnte er sich vor und sah Akouhl mit Masse ist aber nur eine besondere Form der gerunzelter Stirn an. Energie und unterliegt in gewissem Rahmen Dieser winkte jedoch ab. »Im Befinden denselben Gesetzen. Über allem steht jedoch des Imperators hat sich nichts geändert, die übergeordnete Energie des Hyperraums, wenn Sie das meinen. Es könnte sich aber der wir die Bezeichnung ›fünfdimensional‹ zubilligen. Bei jeder Schiffstransition wer vielleicht etwas tun, falls meine Pläne Erfolg den Sie für wenige Sekundenbruchteile da haben sollten. Hat Sie der Prinz nicht davon unterrichtet?« mit konfrontiert, ohne sie aber erfassen zu Der Kommandant schüttelte den Kopf können.« und sah den Arzt erwartungsvoll an. Terc on Sprangk griff sich unwillkürlich ins Ge Akouhl lächelte leicht. nick, wo sich die ziehenden Transitions schmerzen am unliebsamsten bemerkbar »Gut, dann will ich Ihnen die Angelegen heit erklären. Ich bin nicht nur Arzt, sondern machten. Dann flog ein leicht verlegenes beherrsche mehrere Wissensgebiete, darun Lächeln über sein narbiges Gesicht. ter auch die Hyperphysik. Eine Zeitlang war »Akzeptiert, Bauchaufschneider. Sie ha ben mir aber immer noch nicht erklärt, in ich sogar auf Arkon ein ›großes Tier‹, denn es gelang mir, einige hyperenergetische Phä wiefern hier ein Zusammenhang zwischen nomene zu klären. Dann wurde ich aber zu Hyperenergie und dem Zustand des Impera groß für einige Arrivierte, die um ihre fetten tors existieren soll.« Posten fürchteten – nun, Sie wissen ja wohl, Akouhl richtete sich auf, seine Augen wie das auf fast allen Gebieten so ist. Man blitzten. begann gegen mich zu intrigieren und »Wir Wissenschaftler bemühen uns, Zu schickte mir unter fadenscheinigen Vorwänsammenhänge auch dort zu entdecken, wo
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sie ein Laie nie vermuten würde. Ich habe »Natürlich nicht, aber dieser Vergleich ist mich unter anderem zeitweilig auch mit dem trotzdem gar nicht so abwegig, wie Sie den Phänomen jener Leute beschäftigt, die über ken. Auch das Gehirn steht gewissermaßen sinnliche Gaben besitzen, meist Mutanten ständig unter Strom, Morvoner. Bei jedem genannt. Natürlich war ich nicht der erste, Denkvorgang, bei jedem Befehl, der zu den schon viele andere haben das getan. Alle Organen oder Extremitäten geht, fließen die sind jedoch übereinstimmend zu der Über se Ströme. Sie sind außerordentlich zeugung gekommen: Die sogenannte Psioni schwach, aber mit den geeigneten Instru sche Energie ist der normalen Geistesener menten doch meßbar. Gehirn- und Neuro gie genauso übergeordnet, wie die Hyper chirurgen führen schon seit langem Manipu energie der des Normaluniversums. Jeder lationen zu therapeutischen Zwecken durch, von uns besitzt etwas davon, sie ist das, was bei denen bestimmte Gehirnzonen durch wir Geist oder Seele nennen, gewissermaßen schwache Stromstöße stimuliert werden.« der Initialzünder für jede Intelligenz. Die Der Kommandant verzog das Gesicht. meisten denkenden Wesen besitzen nur we »Nicht nur sie allein, Bauchaufschneider; es nig davon und werden sich ihrer nie bewußt. gibt auch Leute die das zu gänzlich anderen Ohne sie geht aber nichts – verstehen Sie Zwecken tun. Die Verhörspezialisten der jetzt?« Geheimpolizei zum Beispiel wenden die Morvoner Sprangk nickte langsam. gleichen Mittel an, um hartnäckige Schwei »Ich weiß jetzt wenigstens ungefähr, wor ger zum Reden zu bringen …« auf Sie hinauswollen, Akouhl. Sie betrach Der Wissenschaftler hob die Hände. ten Gonozals jetzigen Zustand auch von die »Alles in der Welt hat zwei Seiten, Kom ser Warte aus! Er lebt zwar im biologischen mandant. Man kann die besten Dinge ins ge Sinn, doch ihm fehlt jene Initialzündung, die naue Gegenteil verkehren, wenn man sie ihm das Lebenskügelchen allein nicht geben mißbräuchlich benutzt. Doch zurück zu un konnte. Sie wollen also nun versuchen, ihm serem Thema: Ich beabsichtige, dem leeren dazu zu verhelfen?« Hirn des Imperators schwache Stöße modifi »Vollkommen richtig, Kommandant«, zierter Hyperenergie zuzuführen, die so et sagte der Wissenschaftler. »Ich habe Atlan was wie eine künstliche psionische Energie schon vor einiger Zeit mit diesem Vorhaben darstellen. Ähnliche Experimente wurden schon vor langem von Belzikaan auf Gosh vertraut gemacht, und er war im Prinzip ein verstanden. Er hängt naturgemäß sehr an bar durchgeführt, der auch eine Abhandlung seinem Vater und dessen geistige Todesstar darüber geschrieben hat. Er äußerste darin re, wie er es selbst genannt hat, bedrückt ihn die Vermutung, daß diese ›Lebensenergie‹ sehr. Er hat mich bevollmächtigt, ein ent teils aus übergeordneten Dimensionen stam sprechendes Experiment vorzunehmen, so me, teils aber auch von psionisch begabten bald ich irgendwelche Erfolgsaussichten se Lebewesen unbewußt abgestrahlt würde. Da he.« aber im Universum bekanntlich nichts verlo Sprangk lehnte sich zurück. »Jetzt sehen rengeht …« Sie offenbar welche, sonst wären Sie nicht Morvoner Sprangk stoppte seinen Rede damit herausgekommen. Wie wollen Sie es fluß mit einer kurzen Handbewegung. aber anfangen? Das menschliche Hirn ist ja »Verschonen Sie mich bitte mit Theorien, schließlich kein mechanisches Gerät wie et Akouhl! Ich bin ein Soldat und Praktiker, wa ein Hyperkom, den man durch entspre kann da also nicht mitreden. Sie werden chende Energiezufuhr zum Aufnehmen oder schon wissen, was Sie tun, und es sollte nie Emittieren von Hyperimpulsen bringt.« manden mehr freuen als mich, wenn Ihnen Akouhl lächelte, die Grübchen in seinen ein Erfolg beschieden wäre. Was kann ich nun für Sie tun?« Wangen vertieften sich.
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Terc on Akouhl wirkte leicht gekränkt, doch er beherrschte sich. »Ich bitte Sie hier mit formell um die Genehmigung, die Be handlung des Imperators aufnehmen zu dür fen. Wann der Prinz zurückkehrt, ist unge wiß, ich möchte aber möglichst schnell da mit beginnen. Ich versichere Ihnen, daß Go nozal VII. dabei in keiner Weise geschadet werden wird. Auch Albragin ist im Prinzip mit meiner Arbeit einverstanden.« »Nur im Prinzip?« fragte Sprangk anzüg lich. »Nun ja, wann sind sich Wissenschaft ler schon einmal einig gewesen … Gut, Sie haben meine Rückendeckung in Atlans Na men. Benutzen Sie alle hier vorhandenen Anlagen nach Belieben, sofern dadurch an dere Projekte nicht in Mitleidenschaft gezo gen werden.« Akouhl dankte ihm kurz und ging. Als er den Raum verlassen hatte, schaltete der Kommandant ein kleines Tongerät ab und nahm den Speicherkristall heraus. Er hoffte inbrünstig, daß der Wissenschaftler sein Ziel erreichen würde, Gonozal VII. wieder zu ei nem wirklich lebenden Mann zu machen. Doch das Experiment konnte auch mißlin gen – und für diesen Fall diente ihm der Speicherkristall als Rückendeckung …
2. Corpkor und Eiskralle näherten sich ih rem Ziel. Schon an der zunehmenden Luft feuchtigkeit und einem Hauch von Kühle, der zu ihnen herüberwehte, konnten sie die Nähe der Flusses spüren. Der Chretkor be schleunigte unwillkürlich der Schritt, aber sein Gefährte hielt ihn zurück. Beide blieben stehen, und Corpkor beobachtete interessiert einige taubengroße Vögel, die zwischen den Bäumen hin und her flogen. »Was sagen sie?« fragte Eiskralle leise. Das war eine seltsame Frage, auf die ein gewöhnlicher Mann vermutlich mit einem bezeichnenden Fingerzeig zur Stirn geant wortet hätte. Corpkor war jedoch kein ge wöhnlicher Mann. Von den Menschen enttäuscht, hatte er
sich schon vor langer Zeit ganz den Tieren zugewendet. Er hatte sich so intensiv mit ih nen befaßt, daß sie praktisch sein einziger Lebensinhalt geworden waren. Im Lauf der Zeit hatte er die besondere Gabe entwickelt, ihre Laute zu verstehen und sich mit ihnen so zu verständigen, als gehörte er zu ihnen. Sein Raumschiff war zu einer Menagerie ge worden, in der von den Insekten bis zu wah ren Ungetümen alle möglichen Lebewesen vertreten waren. Er war ihr unbestrittener Meister geworden. Allerdings hatte er diese Tiere auch als Mittel für einen ungewöhnlichen Zweck be nutzt. Seine Menschenverachtung war so weit gediehen, daß er zum Kopfjäger wurde, der gegen Entgelt Flüchtlinge und Verbre cher zur Strecke brachte, durch den Einsatz seiner Tierarmee. Eines Tages hatte ihn dann der Blinde Sofgart, einer der Attentäter Gonozals und Anführer der berüchtigten Kralasenentruppe, angeheuert und auf At lans Spur gesetzt. Corpkor hatte Kraumon gefunden und fast den Untergang des damals noch kleinen Stützpunkts herbeigeführt. Zum Schluß war er aber doch noch unterlegen und hatte dann eingesehen, daß er auf der falschen Seite stand. Er hatte sich in das Gefolge des Kri stallprinzen eingereiht und zusammen mit ihm viele Abenteuer bestanden. Auch jetzt unterhielt er noch eine kleine Menagerie, aber die gefährlichen Tiere waren daraus verschwunden. Der Tiermeister hatte seinen Platz unter den Arkoniden wiedergefunden. Seine Fähigkeiten besaß er aber nach wie vor. Nun lauschte er aufmerksam dem Gur ren und Zwitschern der Vögel, aber bald winkte er ab. »Nichts dabei, was für uns in teressant wäre«, bemerkte er. »Futtersuche und Nestpflege, darüber geht ihr Horizont nicht hinaus. Sie scheinen hier keine natürli chen Feinde zu haben, unsere Anwesenheit beirrt sie nicht im geringsten.« »Du mußt es ja wissen«, meinte der Chretkor, ohne daß es irgendwie anzüglich klang. Er akzeptierte Corpkor ebenso, wie alle anderen Bewohner von Kraumon.
Angriff auf Kraumon Sie gingen weiter und bewegten sich par allel zum Flußlauf. Bisher hatten sie noch keine größeren Tiere zu Gesicht bekommen. Säugetiere waren auf dieser Welt selten, und die Hitze trieb sie an schattige Plätze. Die beiden ungleichen Männer hielten kurz an und erfrischten sich durch einen kühlen Trunk aus einer Thermosflasche. Dann wanden sie sich durch ein Gewirr von stachligen Büschen und sahen unvermittelt den Fluß vor sich, der hier einen weiten Bo gen beschrieb. Da es in dieser Jahreszeit nur sporadisch regnete, führte er nicht viel Wasser. Sein Bett war etwa sechzig Meter breit, aber zur Hälfte ausgetrocknet. So waren unterhalb der eigentlichen Uferböschungen breite Sandstreifen entstanden, unregelmäßig mit Kieseln und vertrockneten Pflanzenresten bedeckt. Zwischen ihnen floß das Wasser ruhig, mit kaum merklicher Strömung dahin. »Keine Tiere zu sehen«, stellte Eiskralle enttäuscht fest. Corpkor wies jedoch auf ei ne Stelle etwa zwanzig Meter links ihres Standorts. Dort hatte die Uferböschung eine Lücke, und von ihr aus führte ein deutlich sichtbarer Trampelpfad bis ans Wasser. Der Sand war zerwühlt und wies zahlreiche Trittspuren auf. Der Chretkor wollte darauf zugehen, aber der Tiermeister hielt ihn zurück. Er setzte das Fernglas an und betrachtete die Ein drücke, dann nickte er zufrieden. »Hauptsächlich Fährten von Killons«, er klärte er gedämpft. »Auch Latsans und Fre vols sind vertreten, aber die brauchen uns nicht zu interessieren, ihr Fleisch ist unge nießbar für Menschen. Die Killons dagegen liefern ein zartes weißes Fleisch, das eine wahre Delikatesse darstellt. Früher gab es sie auch im Stützpunkttal, aber unsere An wesenheit hat sie von dort vertrieben.« »Wo mögen sie jetzt stecken?« fragte sein Gefährte. Corpkor wies nach links, wo jen seits der Stachelbüsche üppiger Graswuchs zu sehen war. »Während der Zeit der größten Hitze ru hen sie irgendwo im Schatten, unter Bäumen
9 oder im Gebüsch. Natürlich können wir nicht bis zum Abend warten, wenn sie wie der zum Vorschein kommen. Wir werden uns anschleichen, bis wir einige von ihnen entdecken. Es ist windstill, sie können uns also nicht wittern. Wenn wir uns leise ver halten, kommen wir bis auf Schußentfer nung heran.« »Ein kühlender Wind wäre mir lieber«, seufzte Eiskralle und verzog das Gesicht. »Was nützt mir der schönste Braten, wenn ich ihn nicht mehr genießen kann, weil ich inzwischen zerschmolzen bin?« Corpkor gab keine Antwort, sondern grin ste nur. Er setzte sich in Bewegung und suchte einen Weg durch das Gebüsch, der Chretkor folgte ihm.
* Nach langer Zeit verließ Gonozal VII. wieder einmal das einsame Haus am Berg hang. Terc on Akouhl hatte Albragin von seinem Gespräch mit Morvoner Sprangk un terrichtet und sich dann ins Medozentrum begeben, wo er das Experiment durchführen wollte. Zwei Pflegerinnen führten den alten Im perator hinaus zum Gleiter. Gonozal setzte mechanisch einen Fuß vor den anderen, oh ne zu begreifen, was mit ihm geschah. Sein blasses Gesicht war regungslos, die rötlichen Augen starrten blicklos, als würden sie in unergründliche Fernen sehen. Dieser Mann war wirklich nur noch ein lebender Leich nam, und normalerweise sah er auch so aus. Nur die Anwendung von kosmetischen Mit teln täuschte eine gesunde Hautfarbe vor. Eine Perücke bedeckte seinen Kopf. Der Gleiterpilot sah unbehaglich drein, als sich die Gruppe dem Fahrzeug näherte. Doch so wie ihm erging es den meisten Männern und Frauen auf Kraumon, wenn sie Gonozal zu Gesicht bekamen. Sie hatten ihn jubelnd empfangen, als er ihnen von Helos Trubato nach der Rückkehr der ISCHTAR präsentiert worden war. Doch ihre Begeiste rung war bald erloschen, nachdem sie erfah
10 ren hatten, wie es um diesen Mann in Wirk lichkeit stand. Auch der Gedanke daran, daß er eine große, fast legendäre Figur vergange ner Zeiten war, konnte nichts an dem Unbe hagen ändern, mit dem sie ihm nun begegne ten. Die Pflegerinnen jedoch hatten sich in zwischen an ihren stillen Patienten gewöhnt. Sie hielten ihn sanft zurück, als der Gleiter erreicht war, sonst wäre er unweigerlich da gegen gelaufen. Geduldig und behutsam bugsierten sie ihn in das Gefährt und drück ten ihn in einen der Sitze. Sie nahmen neben ihm Platz, der Gleiter stieg auf und flog zum Medozentrum. Dort wartete Akouhl bereits ungeduldig auf das Eintreffen seines Ver suchsobjekts. Er hatte sich schon seit Wochen auf die sen Augenblick vorbereitet. Ein großer La borraum war von ihm belegt und von Grund auf umgestaltet worden. Dort standen nun geheimnisvoll anmutende Apparaturen, die eigens nach seinen Angaben gebaut oder umgebaut worden waren. Bragos Neschbar hatte unwillig seine Stirn gerunzelt, als von dem Wissenschaftler immer neue Material anforderungen gekommen waren. Atlan selbst hatte ihm jedoch Anweisung gegeben, jeden dieser Wünsche zu erfüllen. In den vergangenen Tagen hatte Terc on Akouhl bereits einige Tests durchgeführt, die ihn in seinem Glauben an den Erfolg be stärkt hatten. Sein Assistent Sehrtos, ein ihm ergebener älterer Mann, hatte sich freiwillig dazu zur Verfügung gestellt. Das Verfahren schien zu funktionieren und hatte ganz er staunliche Ergebnisse gezeitigt. Als Sehrtos die vermutliche »Lebensenergie« zugeführt wurde, hatte er für kurze Zeit tatsächlich psionische Fähig keiten besessen. Obwohl vorsichtshalber narkotisiert, hatte er plötzlich zu reden be gonnen und genau das wiedergegeben, was Akouhl in diesem Moment gerade dachte. Beim nächsten Versuch hatte er, wie er sich zuvor vorgenommen hatte, durch Geistes kraft kleinere Gegenstände bewegt und se kundenlang zum Schweben gebracht.
Harvey Patton Das alles bestätigte weitgehend die Er gebnisse, die seinerzeit von Belzikaan erzielt und beschrieben worden waren. Für Akouhl gab es kaum noch einen Zweifel daran, daß auch Gonozal auf diese Energien ansprechen würde. Vielleicht würde nicht schon der er ste Versuch von Erfolg gekrönt sein. Er mußte aber Erfahrungswerte bringen, auf de nen weiter aufgebaut werden konnte. Vielleicht würden Dutzende von Experi menten notwendig sein. Terc on Akouhl wußte es nicht. Er war jedoch gewillt, nicht eher aufzugeben, bis Gelingen oder Mißer folg einwandfrei feststanden. Am völlig lee ren Gehirn des Imperators konnte er prak tisch nichts mehr verderben. Im schlimmsten Fall würde Gonozal VII. nur das bleiben, was er jetzt schon war. Wenn er jedoch Er folg hatte, wenn der »Zündfunke« über sprang … Für Akouhl hätte das den totalen Triumph und die höchsten Anerkennungen in Fach kreisen bedeutet. All das war aber nur zweit rangig für ihn. Ihm ging es nicht um den persönlichen Erfolg, sondern allein um das Befinden Gonozals. Wenn dieser daraufhin seine Geisteskräfte wiedererlangte, konnten sich unabsehbare Möglichkeiten ergeben! Schon die vorgetäuschte Aktivität des frü heren Imperators hatte eine ganze Flotte da zu gebracht, die fast verlorene Raumschlacht von Marlackskor von einer fast sicheren Niederlage in ein kaum noch erwartetes Re mis zu verwandeln. Seitdem hatte Atlan je doch darauf verzichtet, sich seines Vaters noch weiter als Galionsfigur zu bedienen. Sein Auftreten nur per Bildfunk mußte bald schon unglaubwürdig wirken. Man konnte viele Männer so präparieren, daß sie wie Gonozal VII. wirkten, ohne es zu sein. Be trüger hatte es zu allen Zeiten gegeben. Ganz anders würde es aber sein, wenn dieser Mann wirklich seine Geisteskräfte zu rückerlangte. Dann konnte er unbesorgt öf fentlich auftreten und aussagen, was sein an geblicher »Jagdunfall« in Wirklichkeit ge wesen war! Auf Erskomier waren Dinge ge schehen, die nur er allein wissen konnte. So
Angriff auf Kraumon bald er sie preisgab und seine Angaben ein gehend überprüfen ließ, mußten Orbana schols Tage als Imperator gezählt sein. Der Gleiter landete, die Pflegerinnen führ ten Gonozal VII. ins Medozentrum. Einige Neugierige machten lange Hälse, aber sie wandten sich bald wieder ab. Man hatte den Imperator schon öfters zu routinemäßigen Untersuchungen hergebracht, es würde auch diesmal nicht anders sein. Terc on Akouhl hatte es verstanden, seine Aktivitäten sorg fältig zu verschleiern. Ihm lag nichts daran, in Atlans Gefolge Hoffnungen zu erwecken, die sich vielleicht doch nicht erfüllen wür den. Er gab seine Anweisungen, und die Pfle gerinnen brachten den Patienten ins Labor. Sie betteten ihn auf eine Pneumoliege, die im Mittelpunkt von Akouhls Instrumentari um stand. Sehrtos schlurfte heran und befe stigte die Sensorkontakte eines Medocompu ters an dem reglos daliegenden Körper Go nozals. Alle Körperfunktionen wurden sorg fältig gemessen und mit den früher erzielten Werten verglichen. Rein organisch gesehen, war der frühere Imperator vollkommen gesund. Das geheim nisvolle »Lebenskügelchen« hatte ein wah res Wunder bewirkt und die Folgen seines Todes und des langen Ruhens in der KAR SEHRA restlos beseitigt. Ihm fehlte nur der geistige Antrieb dazu, wieder ein vollwerti ger Mann zu sein. Würde es nun wohl gelingen, ihm diesen zu geben? Die beiden Pflegerinnen waren von Ak ouhls Vorhaben unterrichtet. Geduldig hat ten sie ihren Patienten monatelang umsorgt, gefüttert und betreut wie ein kleines Kind. Ihnen war dieser Mann längst nicht mehr unheimlich, er war ihnen in seinem bemitlei denswerten Zustand ans Herz gewachsen. Sie seufzten enttäuscht auf, als dann der Computer anstatt einer bedruckten Psycho grammfolie wieder nur ein leeres Blatt aus warf. Nur eine schwache Wellenlinie am un teren Rand der Folie zeugte davon, daß Go nozals Gehirn wenigstens noch zur Steue
11 rung der motorischen Körperfunktionen im stande war. Doch vielleicht würde sich das bald än dern! Wenn Akouhls Vorhaben nur halb wegs das hielt, was er damit bezweckte, konnte dieses Hirn bald wieder erwachen. Selbst wenn dadurch nur ein Teilerfolg er zielt wurde, war schon viel erreicht. Hypno schulungen konnten Gonozal VII. schnell wieder so weit bringen, daß er als vollwerti ger Mensch anzusehen war. Dieser Gedanke erregte die beiden jungen Frauen, ihr Atem ging unwillkürlich schnel ler. Doch auch Akouhl und Sehrtos waren längst nicht so ruhig, wie sie sich gaben. Für sie war das, was sie jetzt durchführen woll ten, nicht nur ein Experiment wie tausend andere zuvor. Es sollte vielmehr eine Heil methode sein, die aus einem hoffnungslos dahinvegetierenden Menschen wieder einen vollwertigen Mann machte. »Wir fangen an«, bestimmte Terc on Ak ouhl mit vor Erregung leicht vibrierender Stimme. »Sie beide bleiben bei dem Patien ten, beobachten ihn und die Anzeigen des Medocomputers. Sobald Sie irgendeine Ge fahr für ihn sehen, müssen wir den Versuch sofort abbrechen.« Die beiden jungen Frauen nickten und sa hen zu, wie nun der Wissenschaftler und Sehrtos daran gingen, ihre vielfältigen Gerä te zu aktivieren. In dem Laborraum befand sich ein ganzes Instrumentarium, alles Apparaturen, die ir gendwie auf Hyperbasis funktionierten. Ei nes ergänzte das andere, alle Geräte waren zusammengeschaltet und konnten von einer zentralen Schalttafel aus gesteuert werden. Die Endstufe war ein computerähnliches Aggregat, aus dem zahlreiche Kabel mit Sensorkontakten und haarfeinen Gehirnelek tronen herauskamen. Zuvor war Gonozal VII. ein Sedativum injiziert worden, das einem Schock vorbeu gen sollte, falls er übergangslos wieder sei nen Verstand erlangte. Ein plötzliches Erwa chen in einer vollkommen fremden Umge bung konnte unvorhersehbare Reaktionen
12 auslösen, die alles wieder zunichte machten, was mit soviel Aufwand erreicht worden war. Ein Konverter lief an, denn alle mit Hy perdim-Energien arbeitenden Geräte benö tigten hohe Spannungen und Stromstärken. Akouhl nahm die ersten Schaltungen vor, Sehrtos kontrollierte die Sekundäranzeigen der einzelnen Apparaturen. Beide Männer waren plötzlich vollkommen ruhig und wirkten fast unbeteiligt. Emotionen waren der wissenschaftlichen Arbeit nur hinderlich und mußten vollkommen ausgeschaltet wer den. Nur ein völlig sachliches, allein vom Intellekt gesteuertes Arbeiten konnte den er sehnten Erfolg bringen. »Alles in Ordnung, Meister«, meldete der Assistent, als die Überprüfung beendet war. Terc on Akouhl nickte kurz und schaltete al le Geräte wieder zurück. Dann begaben sich die beiden zu dem wie tot daliegenden Im perator. Sie befestigten die Sensorkontakte der Endstufe an seinem Körper, so daß der Patient nun wie eine Marionette an zahlrei chen Drähten zu hängen schien. Dann gin gen sie daran, die Elektroden in sein Gehirn einzubringen. Ein winziger Ultraschallbohrer schuf für das bloße Auge unsichtbare Öffnungen in dem von der Perücke entblößten kahlen Schädel. Akouhl mußte Millimeterarbeit lei sten, um an genau die Hirnsektoren zu ge langen, deren Stimulierung er erreichen wollte. Dann fädelte er die Elektroden ein, auch hier wieder auf äußerste Präzision be dacht. Allein dazu brauchte er fast eine Vier telstunde. Als er fertig war, standen Schweißperlen auf seiner Stirn. Er ruhte sich einen Moment aus und trocknete sein Gesicht. Niemand sagte ein Wort. Akouhl und Sehrtos verstanden sich auch so, sie waren aufeinander eingespielt, und den beiden Pflegerinnen schnürte die Erregung die Kehlen zu. Dann erhob sich der Wissenschaftler wie der und ging mit festen Schritten auf das Schaltpult zu. Das Experiment trat in seine entscheidende Phase.
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3. »Halt!« raunte Corpkor Eiskralle zu und griff nach seinem Arm. Mitten zwischen den Dornbüschen waren sie auf eine kleine Lichtung gestoßen. Dort wucherten Majallapflanzen, die das im gan zen Imperium begehrte Wundermittel liefer ten. Hier auf Kraumon wuchsen sie so zahl reich wie irgendein beliebiges Unkraut, ohne daß Außenstehenden etwas davon bekannt war. Doch nicht sie erregten das Interesse des Tiermeisters. Seine Aufmerksamkeit galt vielmehr einem Dutzend Latsans, die sich auf diesem Fleck aufhielten und ruhig an den Pflanzen knabberten. Sie ließen sich auch dann nicht stören, als sie die beiden Männer entdeckt hatten. Sie kannten keine Feinde, denn auf dieser Welt gab es keine fleischfressenden Tiere. Latsans waren hasenähnlich, besaßen aber einen fast kugelrunden Körper mit einem dichten bläulichen Fell. Auch ihre Köpfe waren kugelförmig, die runden Ohren paß ten sich dem Gesamtbild an. Große dunkle Augen streiften die Männer nur flüchtig, um sich dann wieder auf die Futterpflanzen zu richten. Einige größere Tiere, offenbar die ältesten der Herde, ließen eine Reihe von leisen Quiektönen hören, auf die sich Corp kor konzentrierte. Er lauschte ihnen etwa eine Minute lang und war dann ehrlich verblüfft. Bisher hatte er noch keine Gelegenheit gefunden, diese Gattung zu studieren. Sie verabscheuten den Lärm, den Menschen unweigerlich machten, und hatten schon vor seiner Ankunft das Tal verlassen, in dem sich der Stützpunkt be fand. Nun mußte er zu seinem Erstaunen feststellen, daß sie einen bemerkenswert ho hen Intelligenzgrad besaßen. Unter den jetzi gen Verhältnissen auf Kraumon waren sie gewissermaßen die Primaten des Planeten. Corpkors geschulte Ohren erfaßten mühe los das System ihrer Lautäußerungen, zer gliederten die unterschiedlich hohen Töne
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und ordneten sie ein. Schließlich erschien trinken wollen. Jetzt ruhen sie drüben bei ein humorloses Grinsen auf seinem düsteren den vielen Bäumen, bis der Abend kommt. Gesicht. Könnt ihr sie nicht von hier verjagen, damit »Die Latsans haben keine besonders hohe wir ungestört leben können? Wir werden es versuchen, versprach Cor Meinung von uns«, erklärte er leise. »Unsere Aktivität im Bereich von Gonozal-Mitte hat pkor. Er quiekte noch einen Abschiedsgruß, dann schob er sich seitlich durch die Büsche sich schon bis in diese Gegend herumge sprochen. Sie hoffen, daß wir möglichst bald und zog Eiskralle mit sich. Mit einigen kurz en Worten klärte er ihn über die Unterhal wieder verschwinden, damit sie ungestört bleiben. Gut, sie sollen ihren Willen haben. tung auf, von der der Chretkor natürlich Zuvor will ich mich jedoch noch etwas mit nichts verstanden hatte. »Ich habe jetzt allerdings ein schlechtes ihnen unterhalten.« Das transparente Gesicht des Chretkors Gewissen gegenüber den Latsans«, bemerk te er dann. »Sie sind so friedlich veranlagt, verzog sich unmutig. Eiskralle war ein ruhi ges, friedliebendes Wesen, er träumte oft daß sie nie begreifen werden, weshalb ein Wesen ein anderes töten sollte.« von einer Rückkehr zu seinem weit entfern ten Volk. Von Tieren hielt er aber im Ge Eiskralle schnaufte empört auf. Er aß aus gensatz zu Corpkor nicht viel. Ein fetter Kil gesprochen gern Fleisch und konnte sich nicht in die Gedankengänge von Wesen ver lon wäre ihm bedeutend lieber gewesen als diese blauen Fellkugeln, deren Fleisch nicht setzen, die von Natur aus Vegetarier waren. »Die Biester haben es auch weit besser als als Nahrung zu gebrauchen war. Corpkor beachtete ihn jedoch nicht, son wir«, knurrte er. »Sie fressen Majalla, und dern konzentrierte sich. Dann kamen aus wenn die Pflanze auf sie eine ähnliche Wir seiner Kehle plötzlich Laute, die genau je kung hat wie auf Arkoniden, werden sie ver nen Quiektönen glichen, die die Latsans zu mutlich steinalt. Man sollte sie einmal einen vor von sich gegeben hatten. Monat lang nur mit Synthonahrung und Der Erfolg war verblüffend. Konzentraten füttern, dann könnten sie uns Schlagartig hörten alle Tiere auf zu fres bestimmt verstehen! Im übrigen finde ich es sen. Sie richteten sich auf den Hinterläufen sowieso als ausgemachten Unsinn, einem auf, drehten sich zu ihm herum und ließen Tier gegenüber ein schlechtes Gewissen zu haben.« ihre Ohren aufmerksam spielen. Ihre großen Augen sahen den Tiermeister an, der seiner Corpkors Gesicht verschloß sich augen äußeren Erscheinung nach zwar zu den un blicklich. »Ja, du …«, sagte er in abweisen geliebten Störenfrieden gehörte, der aber zu dem Ton. »Was verstehst du schon vom ihnen zu sprechen verstand, als gehörte er zu Umgang mit Tieren? Sie sind weit ehrlicher ihrer Art. und treuer, als es Menschen jemals sein kön Wir wollten euch nicht belästigen, sagten nen! Doch nun Schluß mit diesem Thema, seine Äußerungen. Es werden auch keine gehen wir weiter.« anderen mehr kommen, um euch zu stören. Sie erreichten das Ende der Buschzone Wir sind nur auf der Suche nach den Großen und hatten das freie Grasland vor sich. Corp kor nahm erneut das Fernglas zur Hand und Gehörnten, die auch in dieser Gegend leben. Wenn wir einige von ihnen gefunden haben, nickte dann. »In der Bauminsel dort vorn werden wir für immer von hier verschwin müssen sich die ersten Killons aufhalten. Es den. gibt eine schwach erkennbare Fährte, die aus Das ist gut, gab der größte der Latsans zu unserer Richtung dorthin führt, und rings um rück. Allerdings mögen wir die Gehörnten die Bäume ist das Gras teilweise abgewei auch nicht. Sie sind dumm, verjagen uns det. Vermutlich ist die Herde nur klein, aber immer vom Wasser, wenn sie selbst mehr als sechs Tiere dürfen es wohl kaum
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sein.« Der Chretkor schätzte die Entfernung ab und kratzte sich dann den Kopf. »Die Ent fernung bis zu den Bäumen beträgt ungefähr hundertfünfzig Meter. Wie sollen wir dort hinkommen, ohne daß sie uns bemerken?« meinte er pessimistisch. »Es genügt vollauf, wenn wir leise sind«, gab der Tiermeister zurück. »Auch die Kil lons haben hier keine Feinde, vor denen sie auf der Hut sein müssen, also dürften sie ru hig schlafen. Wittern können sie uns nicht, es kann also kaum etwas schiefgehen.« »Dann also los«, sagte Eiskralle und nahm die Waffe von der schmalen Schulter.
* Das gedämpfte Summen der vielen Ag gregate erfüllte den Laborraum. Akouhl hat te sie nacheinander eingeschaltet, Sehrtos al le Anzeigen nochmals kontrolliert. Nun gab er dem Wissenschaftler ein Zeichen. Terc on Akouhl nickte zurück und sah noch einmal zu dem regungslosen Imperator hinüber. Hatte er auch wirklich nichts ver gessen? Waren alle Anschlüsse richtig befe stigt? Bei diesem Vorhaben kam es auf höchste Präzision an. Schon ein kleiner Feh ler konnte dazu führen, daß das zwar leere, aber immer noch intakte Gehirn Gonozals ir reparable Schäden davontrug! Doch, es war alles in Ordnung. Akouhl berührte einen Sensor, und der Bildschirm über dem Schaltpult leuchtete auf. Er war wesentlich größer als der des Medocompu ters und dazu bestimmt, alle Vorgänge im Hirn des Patienten auch optisch sichtbar zu machen. Alle Meßwerte wurden tausendfach verstärkt, damit das möglich war. Auch die Pflegerinnen sahen auf diesen Schirm, aber der Wissenschaftler wies sie sofort zurecht. »Achten Sie ausschließlich auf den Medocomputer«, schärfte er ihnen nochmals ein. »Hier werden nur die Gehirn strommuster sichtbar, nicht aber die Reak tionen des Körpers auf die Behandlung, die ich wiederum nicht feststellen kann.«
Dann nahm er die letzte Schaltung vor. Das Summen der Apparaturen wurde lau ter, alle Anzeigen gingen augenblicklich auf Betriebswerte hoch. Unten in dem Keller raum grollte der Konverter auf, der nun auf volle Leistung gefahren wurde. Das alles be achtete Terc on Akouhl jedoch nicht. Seine Augen hingen an dem großen Bildschirm, der bisher nur die Feldlinie des ruhenden Hirns gezeigt hatte. Was würde nun wohl darauf sichtbar werden …? Stufenweise wurde innerhalb des Aggre gatverbunds nun ein Hyperwellenfeld er zeugt, dessen Frequenz der psionischen Energie entsprach, die von übersinnlich be gabten Menschen ausging. Gleichzeitig fand eine Modulation statt, ihre Intensität wurde soweit gemildert, daß sie dem Gehirn des Patienten unbedenklich zugeführt werden konnte. Akouhl verließ sich dabei auf die Erfahrungswerte Belzikaans, mit denen er schon bei den Tests mit Sehrtos gearbeitet hatte. Plötzlich überkam ihn eine fast uner trägliche Spannung, Tränen der Erregung schossen in seine Augen und beeinträchtig ten seine Sicht. Er wischte sie mit einer unbewußten Be wegung ab, und seine Hand legte sich sofort wieder über die Schaltungen. Er hatte mit den niedrigsten Werten begonnen, um ganz sicher zu gehen. Noch zeigte der Bildschirm keinerlei Reaktion darauf, und so schob Ak ouhl den Regler behutsam eine Stufe weiter. Da – jetzt begann sich eine Wirkung zu zeigen! Ein irrlichterndes Flimmern zuckte über die Bildfläche, erlosch für Sekundenbruch teile, um dann wiederzukehren. Das Hirn Gonozals VII. sprach also auf die ihm zuge führte »Lebensenergie« an. Rasch betätigte der Wissenschaftler den Regler, durch den die Elektroden beschickt wurden, die ins Großhirn des Patienten führten, in dem die »Schaltstationen« Gedächtnis und Erinne rungszentrum saßen. Das Extrahirn des Im perators hatte er absichtlich nicht mit Elek troden versehen, weil er dessen Reaktionen nicht vorhersehen konnte.
Angriff auf Kraumon Nun überstürzten sich die Ereignisse förmlich. Bisher hatte das Gehirnstrommuster Go nozals nur aus jener schwachen Feldlinie be standen, die das Funktionieren der unwill kürlichen vegetativen Lebenserhaltungszen tren anzeigte. Plötzlich huschten die irrlich ternden Punkte auf dem Oberteil des Bild schirms nach unten, und die Feldlinie be gann zu pulsieren. Für wenige Sekunden gab es ein chaotisches Durcheinander, aber dann stabilisierte sich alles wieder. Die gleichmäßig schwingende Linie exi stierte jedoch nicht mehr. Sie wurde nun von steilen Zacken unterbrochen, von Amplitu den, die abwechselnd nach oben und unten ausschwangen. Terc on Akouhl zuckte in freudigem Schreck zusammen, denn dieses Muster kannte er. Es war das eines voll ar beitenden, voll funktionierenden Großhirns! Er kam jedoch nicht dazu, das Gefühl des eben erst in ihm aufkeimenden Triumphs auszukosten. Hinter ihm klangen die er schrockenen Aufschreie der beiden Pflege rinnen auf. Hastig wandte er sich um, und dann lief ein Zittern durch alle seine Glieder. Das, was sich dort ereignete, hatte er keines falls zu sehen erwartet. Der Körper des Imperators war in Bewe gung gekommen. Gonozal zuckte mit den Armen und Beinen. Seine Augen waren weit aufgerissen, rollten wild hin und her. Unarti kulierte Laute kamen aus dem Mund. Das allein wäre jedoch kaum ein Grund gewesen, um derart zu erschrecken wie die vier Arkoniden in dem Raum. Zugleich ge schahen noch weitere, gespenstisch anmu tende Dinge. Die nackte Gestalt des Patienten begann plötzlich von innen heraus zu leuchten! Der ganze Körper erstrahlte in einem geisterhaft grünlichen Licht, das immer intensiver wur de. Dann stachen dunkle Schatten aus ihm hervor, die allmählich feste Konturen annah men. Durch das giftig grüne Leuchten hin durch wurden nach und nach die Knochen sichtbar. Zuerst die der Finger und Zehen, dann die der Arme und Beine, und schließ
15 lich das ganze Skelett … Schreiend ergriffen die beiden jungen Frauen die Flucht. Sie kamen jedoch nicht weit, denn Akouhl hatte alle Türen versperrt, um nicht gestört zu werden. Zitternd kauer ten sie sich neben dem Haupteingang nieder und preßten die Fäuste gegen die Augen, um das Schreckliche nicht mehr ansehen zu müssen. Die Panik griff auch auf den Assistenten über. Der sonst so zuverlässige Sehrtos ver ließ seinen Posten und kam mit wankenden Knien auf den Wissenschaftler zu. »Machen Sie Schluß damit, Akouhl!« for derte er mit heiserer Stimme. »Sie haben die Götter selbst versucht, als Sie dieses Experi ment begannen. Schalten Sie aus, ehe es noch schlimmer wird und wir vielleicht alle umkommen.« Terc on Akouhl hörte jedoch nicht auf ihn. Er schob die Hand seines Assistenten energisch zur Seite, ohne den Blick von Go nozal VII. zu lösen. Nun zitterten seine Glieder nicht mehr. Der erste Schock war verebbt, eine fast un natürliche Ruhe hatte ihn erfaßt. Fasziniert sah er zu, was nun weiter geschah. Die unruhig zuckenden Glieder des Pati enten kamen nach und nach zur Ruhe. Sein Körper leuchtete nach wie vor, schien nun jedoch bereits unter die Kontrolle des Ge hirns zu geraten. Es arbeitete immer noch mit voller Intensität, das zeigte ihm ein ra scher Blick auf den Bildschirm. »Fassen Sie sich wieder, Sehrtos«, sagte er tadelnd. »Die Begleiterscheinungen sind zwar reichlich ungewöhnlich, aber das Ex periment an sich scheint gelungen zu sein. Gonozal beherrscht seinen Körper wieder – da, jetzt richtet er sich sogar auf!« Er schien recht zu behalten. Der alte Im perator stemmte die Arme gegen die Pneu moliege, drückte sie dagegen und kam in Sitzstellung hoch. Gleichzeitig wurde das grelle grüne Leuchten schwächer und ver blaßte schließlich fast ganz. Die Weichteile blieben jedoch transparent, das Knochenge rüst war noch immer sichtbar. Dafür glom
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men nun die rötlichen Augen Gonozals wie ten. Sie brachten jedoch keine Leistung, nur feurig auf und wanderten scheinbar suchend ihre Anzeigen spielten verrückt und tanzten umher. wie wild auf und ab. Aus den Gehäusen »Wir haben es wirklich geschafft«, sagte zuckten irrlichternde grüne Feuerzungen und trieben alle in die Flucht, die sich in ihrer Akouhl triumphierend. »Das, was jetzt noch auf Gonozal einwirkt und diese seltsamen Nähe befanden. Auch die Hyperortungssta Effekte hervorruft, dürfte lediglich die über tionen der Bodenforts gaben plötzlich Or schüssige Hyperenergie sein, die das Hirn tungsalarm. nicht mehr brauchen kann. Ich werde jetzt Die verantwortlichen Offiziere waren das Instrumentarium ausschalten, dann wird drauf und dran, den ganzen Stützpunkt in alles von selbst wieder in Ordnung kom Alarmzustand zu versetzen. Gerade noch men.« rechtzeitig kam einer von ihnen auf die Idee, Er wandte sich wieder dem Schaltpult zu die Orter mit einem Computer zu koppeln, – und dann erstarrte er abermals. um zunächst eine Auswertung vornehmen Das Bild auf dem Sichtschirm hatte sich zu lassen. Der Rechner blieb von den seltsa vollkommen verändert. Von den Amplitu men Erscheinungen unbeeindruckt. In Se den des Gehirnstrommusters war nun nichts kundenschnelle ermittelte er, daß sich in mehr zu sehen. Der Schirm war schwarz ge weitem Umkreis von Kraumon kein einziges worden, und Akouhl begann unwillkürlich Raumfahrzeug aufhielt. Irgendein unbekann zu frösteln. Das Bild erinnerte ihn an die ab ter Faktor irritierte die Geräte und brachte solute Schwärze des Weltraums, nur die sie dazu, das Vorhandensein von Objekten Sterne fehlten darin. anzuzeigen, die es in Wirklichkeit gar nicht Was konnte das nur bedeuten …? Er er gab. fuhr es im nächsten Augenblick. Als Ausgangspunkt all dieser rätselhaften Ungewisse Leuchterscheinungen geister Ereignisse wurde schließlich ein Strukturriß ten über die Bildfläche, kamen dann zur Ru ermittelt, der sich zwischen dem Planeten he und nahmen feste Konturen an. Als Ak und der Sonne gebildet hatte. Dort hatte sich ouhl erkannte, was sie darstellten, schrie er der Hyperraum geöffnet, lange düsterrote unwillkürlich auf. Der Schirm zeigte Raum Feuerzungen zuckten durch den Raum und schiffe – Dutzende davon … waren auf Kraumon gerichtet. Doch es waren keine beliebigen Schiffe. Eine hyperphysikalische Anomalie also, Alle hatten eine ganz bestimmte Form, die der keine besondere Bedeutung beizumessen jedem Arkoniden bekannt war. Es handelte war. Die Offiziere verzichteten darauf, sich um lange Walzen mit rundem Bug und Alarm zu geben. stumpfen Heck – es waren Schiffe der Maahks! 4. Der Wissenschaftler begann zu frösteln Corpkor und Eiskralle hatten sich bis auf und sah Sehrtos wie hilfesuchend an. Der zwanzig Meter an die Bauminsel vorgear war jedoch nicht weniger erschrocken als er. beitet. Beide hielten ihre Waffen schußbe Gonozal VII. war noch immer transparent. reit. Es handelte sich aber nur um Paralysa Er saß nun unbeweglich da, und seine glü toren, nicht um Energiestrahler. Diese waren henden Augen starrten gleichfalls auf den zur Jagd vollkommen ungeeignet, denn sie Bildschirm. hätten die Beute größtenteils verkohlen las Zur gleichen Zeit geschahen in ganz Go sen. Die Jäger mußten sich also darauf be nozal-Mitte äußerst seltsame Dinge. schränken, ihr Wild lediglich zu betäuben. Sämtliche auf Hyperbasis arbeitenden Ge Später konnte es dann durch Schläge oder räte aktivierten sich wie durch Geisterhand Messerstiche getötet werden. von selbst, ohne eine Stromzufuhr zu erhal-
Angriff auf Kraumon Noch immer hatte sich zwischen den Bäu men nichts gerührt, von den Killons war nichts zu bemerken. Corpkor hielt nun an, und beide warfen sich ins Gras, das ihnen Deckung gewährte. Dann öffnete der Tier meister den Mund und stieß den langgezoge nen Lockruf eines brünstigen Killonweib chens aus. Dieser Laut war ihm von früher her bekannt, als es die Tiere noch in der Nä he des Stützpunkts gegeben hatte. Der Erfolg war verblüffend. Plötzlich begann es inmitten der Baum gruppe zu rascheln. Das dichte Unterholz geriet in Bewegung, ein Stampfen und Schnaufen wurde hörbar. Gleich darauf schob sich ein Killonbulle ins Freie, äugte um sich und trompetete eine Antwort auf den vermeintlichen Lockruf. Die Killons ähnelten Rindern, waren je doch nicht viel größer als Rehe. Auf vier stämmigen Beinen saß ein tonnenförmiger Körper, den dicken Hals krönte ein plumper Kopf mit zwei respektablen Hörnern. Ihr Fell war braun und grün gescheckt, der lan ge Haarschwanz dagegen tiefschwarz. Im Gegensatz zu den Latsans besaßen sie jedoch keine Spur von Intelligenz. Der Bulle äugte glotzend umher, hob witternd den Kopf und brüllte noch einmal auf. Corpkor imitierte ein zweites Mal seinen Lockruf, und prompt trabte der Killon auf dessen Ausgangsort zu, obwohl weit und breit kein weibliches Tier zu sehen war. Er stutzte erst, als er bis auf zehn Meter an die beiden Jäger herangekommen war, die sich nun erhoben. Nun bemerkte er, daß er getäuscht worden war, aber da war es be reits zu spät. Die Schocker der Männer summten auf, und der Bulle zuckte zusam men. Er hielt sich noch einige Sekunden auf den Beinen, dann fiel er betäubt zu Boden. Inzwischen war aber auch die übrige Her de lebendig geworden. Fünf weitere Killons kamen ins Freie, zwei Weibchen und drei Kälber. Am Rande der Bauminsel hielten sie an und starrten auf ihren gefallenen Anfüh rer und die beiden fremden Wesen. Vermut lich hätten sie noch lange so dagestanden,
17 wäre nicht Corpkor aktiv geworden. Er stieß einen weiteren, anderen Ruf aus, und plötz lich kam Bewegung in die kleine Herde. Beide Weibchen stießen ihre Jungen an, und dann wandten sich alle zur Flucht. Sie sto ben durch die Savanne davon und suchten Schutz in einer anderen Bauminsel. Der Tiermeister verzog das Gesicht. »Der Umgang mit diesen Tieren macht wirklich keinen Spaß«, bemerkte er verdrossen. »Man merkt deutlich, daß sie hier keine Feinde haben, ihre Instinkte sind vollkom men verkümmert. Ich habe bisher noch kei ne Spezies kennengelernt, die so dumm wä re wie die Killons. Sie taugen wirklich zu nichts, außer zum Gebratenwerden.« Das war ein bemerkenswertes Urteil aus dem Mund jenes Mannes, der mit seinem phänomenalen Einfühlungsvermögen in das Wesen selbst der ungewöhnlichsten Kreatu ren tatsächlich einmalig war. Er hing den Paralysator über die Schulter und winkte sei nem Gefährten. »Komm, Kleiner, pack mit an. Wir brin gen das Tier hinüber in den Schatten, hier würden wir gleich eine Unmenge von Insek ten auf dem Hals haben.« Sie mußten sich dabei redlich abmühen, denn der Bulle war schwer. Als sie dann die Bauminsel erreicht hatten und sich durch das Unterholz zu einer freien Stelle durch zwängten, geschah das Mißgeschick. Eis kralle stieß mit dem Fuß gegen ein verbor genes Hindernis, kam ins Stolpern und schlug schwer zu Boden. Die natürliche Folge war, daß auch der Killon fiel und den Tiermeister mit sich riß. Corpkor fluchte unterdrückt, denn er war mit dem Gesicht mitten in einem Dornbusch gelandet. Er rappelte sich wieder hoch und wandte sich an Eiskralle. »Komm, steh auf, du Unglückswurm. Du mußt es übernehmen, den Bullen zu töten, denn ich mag kein Tier … He, Eiskralle, was ist mit dir?« Der Chretkor antwortete nicht, weil er nicht dazu imstande war. Er war mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand ge
18 prallt und hatte das Bewußtsein verloren. Als Corpkor das bemerkte, wollte er erneut schimpfen, aber plötzlich stutzte er. Er beug te sich zum Boden hinunter und schob die Zweige auseinander; dann schüttelte er den Kopf. »Das darf doch nicht wahr sein«, murmel te er verwundert. »Wie kommt denn eine Mauer aus Plastbeton in diese Gegend?« Er sah nochmals genauer hin, aber sein er ster Eindruck wurde nur bestätigt. Eine etwa fußhohe Barriere zog sich schnurgerade nach beiden Seiten hin durch die Gewächse! Über sie war Eiskralle zuerst gestolpert und dann mit dem Kopf darauf gefallen. Auf sei ner transparenten Stirn bildete sich bereits ein blutunterlaufene Beule. Nun stöhnte er leise auf und kam wieder zu sich. »Tut mir leid, Corpkor«, entschuldigte er sich, seinem schüchternen Naturell entspre chend. Dann trat ein verwundeter Ausdruck in seine Augen. »Was suchst du denn da im Gebüsch? Ist dir deine Fassung abhanden gekommen?« »So könnte man es wirklich ausdrücken«, sagte der Tiermeister lakonisch. »Oder hät test du vielleicht erwartet, hier in der Einöde auf Relikte einer alten Zivilisation zu sto ßen? Ausgerechnet auf Kraumon noch dazu, wo es nach übereinstimmender Auffassung aller Fachleute noch nie höheres Leben ge geben haben soll.« Der Chretkor zuckte mit den Schultern und preßte die Hand auf seine Beule. »Bekanntlich irrt sich niemand öfter als die sogenannten Fachleute«, bemerkte er trocken. »Ich sehe nur nicht ein, weshalb wir uns an dieser steinalten Mauer stoßen soll ten.« »Das hast du ja bereits besorgt«, meinte Corpkor anzüglich. »Gut, dann kümmere dich um den Killon, nimm das Vibromesser und stoße es ihm ins Genick. Aufbrechen können wir ihn später, wenn wir wieder im Stützpunkt sind. In der Zwischenzeit werde ich mal nachsehen, was es mit der Mauer auf sich hat.« Er zwängte sich durch das Unterholz und
Harvey Patton folgte dem Verlauf der Plastikbetonwand. Nach zehn Minuten hatte er festgestellt, daß sie ein akkurates Rechteck von sechs zu zehn Metern umfaßte. Da der Boden uneben war, verschwand sie an manchen Stellen ganz unter ihm, an anderen wieder ragte sie höher auf. Corpkor kratzte sich den Kopf, als er wieder am Ausgangspunkt angekom men war. »Hier muß einmal ein Gebäude gestanden haben«, stellte er fest. »Sein Dach scheint aus einem anderen Baustoff bestanden zu haben, es ist dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. Die Außenwandung dagegen war recht stabil, sie weist auch jetzt noch kaum Verfallspuren auf. Ich nehme an, daß sich unter uns noch Artefakte der ausgestorbenen Planetarier finden dürften. Wenn wir einige davon bergen könnten, wäre das die Sensati on für die Wissenschaftler in Gonozal-Mit te.« Eiskralle war dabei, seine Hände vom Blut des Killonbullen zu säubern, den er in zwischen getötet hatte. »Was hätten wir da von?« fragte er mürrisch. »Laß die alten Kraumoner ruhen, Corpkor. Wir haben ge nug damit zu tun, das Vieh zu unserem Glei ter zu bringen. Noch besser wäre es, wenn einer von uns zu dem Fahrzeug zurückginge, um es hierher zu bringen. Das würde uns die ganze Schlepperei ersparen.« Corpkor wiegte den Kopf. »Keine schlechte Idee«, gab er zu. »Du hast sie ge habt, also bin ich dafür, daß du losgehst. Bis du zurückkommst, habe ich Zeit, mich hier genauer umzusehen.« Der Chretkor verzog das Gesicht. »Natürlich, immer alles auf die Kleinen«, beschwerte er sich. »Du hast viel längere Beine und kannst viel schneller beim Gleiter sein. Willst du nicht lieber gehen?« »Nein«, sagte der Tiermeister entschie den, und Eiskralle gab nach. Er sah auf den Kompaß und bestimmte den genauen Stand ort des Gleiters, dann setzte er sich wortlos in Bewegung. Corpkor sah ihm nur einige Sekunden lang nach, dann wandte er sich wieder dem uralten Gemäuer zu.
Angriff auf Kraumon Der Raum zwischen dem Rechteck war mit Humus angefüllt, in den die Bäume und Büsche ihre Wurzeln geschlagen hatten. Die Schicht mußte also ziemlich stark sein; ob es darunter noch einen Hohlraum gab, war fraglich. Das wäre nur mit Hilfe von Taster instrumenten herauszufinden gewesen, über die Corpkor aber nicht verfügte. Er besaß je doch ein Vibromesser, also ein durchaus nützliches Hilfsmittel. »Es muß auch so gehen«, murmelte er vor sich hin und begab sich auf die Suche nach einem geeigneten Ansatzpunkt. Er scheuchte einige Frevols auf, die hastig davonhuschten und sich in Sicherheit brach ten. Es handelte sich um kleine hamsterähn liche Geschöpfe, die unter der Erde weitver zweigte Baue anlegten. Der Tiermeister ver zichtete jedoch darauf, mit ihnen in Kom munikation zu treten. Er wollte sein Vorha ben beendet haben, ehe der Chretkor mit dem Gleiter kam. Surrend fraß sich die lange Doppelklinge des Vibromessers durch Erdreich und Wur zelwerk. Innerhalb weniger Minuten hatte Corpkor eine Grube von etwa sechzig Zenti meter Durchmesser geschaffen. Das ge lockerte Gut schaufelte er mit harten Rin denstücken zur Seite. Immer wieder schnitt er die etwa armstarken Gänge von Frevols an, die kreuz und quer unter den Bäumen hinwegführten. Schließlich war die Grube so tief gewor den, daß er hineinsteigen mußte, um weiter arbeiten zu können. Er hatte bald keinen trockenen Faden mehr am Leib, aber er ach tete nicht darauf. Wenn es hier etwas über die vergangenen Planetarier herauszufinden gab, dann wollte er es finden. Er hatte gerade einige armdicke Wurzeln abgeschnitten, als es ganz plötzlich geschah. Der Boden unter ihm gab nach und riesel te nach unten weg. Die Wurzeln, die er eben beseitigt hatte, hatten ihm den Halt gegeben, der nun fehlte, so daß das Erdreich sein Ge wicht nicht mehr tragen konnte. Rasch griff Corpkor nach den Seiten und versuchte sich festzuhalten, aber es war zu spät. Mit den
19 Beinen voran rutschte er in den Hohlraum, der sich unterhalb der Bauminsel befand …
* Der Tiermeister keuchte und spuckte, denn zusammen mit ihm war auch eine La dung Erde in das Loch gestürzt. Einiges da von war ihm in Mund und Nase gedrungen, ein Teil war vom Genick her in seine Kom bination gelangt. Als er endlich wieder frei atmen konnte, fluchte er ausgiebig über sei ne eigene Dummheit. »Wie ein Anfänger habe ich mich benom men! Dabei hätte ich doch darauf gefaßt sein müssen, daß so etwas passieren konnte. Jetzt sitze ich hier unten fest.« Er war etwa vier Meter tief gefallen, aber relativ weich aufgekommen, so daß er kei nen Schaden davongetragen hatte. Aus eige ner Kraft konnte er sich nicht mehr aus die ser mißlichen Lage befreien, das war ihm klar. Es konnte aber nicht mehr lange dau ern, bis Eiskralle ankam, der ihn schon fin den würde. Im Gleiter gab es Seile, also stellte dann das Verlassen der Grube kein Problem mehr dar. Corpkor versuchte sich zu orientieren, doch das schwache von oben einfallende Licht reichte dazu nicht aus. Nun, dem konnte abgeholfen werden, denn in einer Ta sche seiner Kombination steckte ein kleiner Handscheinwerfer. Er holte ihn hervor, nahm dann zuerst das noch surrende Vibro messer auf und schaltete es aus. Dann leuch tete er sein Gefängnis ab, und nun wurden seine Augen groß. Er hatte weit mehr entdeckt, als er zu fin den gehofft hatte! Er stand am Boden eines Raumes, dessen Ausmaße genau dem Rechteck entsprachen, das die oben hervortretende Mauer bildete. Die Decke befand sich etwa anderthalb Me ter über seinem Kopf, bestand aus glänzen dem plastikähnlichen Material. Sie war nur an jener Stelle durchbrochen, an der er her untergestürzt war. Auch die Wände waren mit dem gleichen Stoff ausgekleidet.
20 Das war es aber nicht, das ihn sprachlos staunen ließ. Sein Interesse galt der Einrich tung des Raumes, die noch vollständig er halten war. Da gab es einen niedrigen, nierenförmi gen Tisch in der Mitte, um den vier hocker ähnliche Gestelle aus braunem Kunststoff gruppiert waren. Auf ihm stand ein bauchi ger Krug aus dunkelblauem Glas, daneben vier Becher derselben Art. Einige weitere Gegenstände aus Metall waren so seltsam geformt, daß ihr Verwendungszweck nicht zu erkennen war. Schrankähnliche Kasten bilder an den beiden Seitenwänden mochten weitere Relikte der alten Planetarier von Kraumon enthalten. Corpkor schenkte ihnen jedoch kaum einen Blick. Am entgegengesetzten Ende des Raumes gab es eine Einrichtung, die sei ne Blickte fast magisch anzogen. Der Tiermeister war weit herumgekom men und kannte fast alle technischen Ent wicklungen, die es gab. Deshalb fiel es ihm auch nicht schwer, festzustellen, was er da vor sich hatte: Einen fremdartig anmutenden Transmitter! Es handelte sich um ein kleines Gerät, das vermutlich nur zur Personenbeförderung ge braucht worden war. Sein Vorhandensein er klärte auch, weshalb dieser Raum keinen Ausgang besaß. Die längst vergangenen Kraumoner schienen dieses bequeme Trans portmittel bevorzugt zu haben. Zu ihrer Zeit mußte sich der rechteckige Bau an der Pla netenoberfläche befunden haben. Es war dann im Lauf der Zeit entweder abgesackt oder durch angewehte Erde bedeckt worden. Fast andächtig starrte Corpkor auf die runden Metallsäulen, die etwa einen Meter voneinander entfernt waren. Sie waren zwei Meter hoch, etwa zwanzig Zentimeter stark und mit je vier handlangen spiraligen Gebil den bestückt, die zweifellos die Pole zum Aufbau des Transport- und Empfangsfeldes darstellten. An der Wand rechts befand sich eine kleine Schalttafel mit bunten Köpfen, daneben ein kleiner ovaler Bildschirm. »Phantastisch!« murmelte der Tiermeister
Harvey Patton ergriffen. »Das hier hätte ich mir wirklich nicht träumen lassen. Die Wissenschaftler im Stützpunkt werden kopfstehen, wenn sie diese Anlage zu sehen bekommen.« Er überwand den Bann, der von der ural ten Anlage ausging, und ging um den Tisch herum auf sie zu. Staubflocken wirbelten auf und tanzten im Scheinwerferlicht; die Luft war muffig, aber der Zahn der Zeit hatte hier noch nicht die kleinste Zerstörung anzurich ten vermocht. Corpkor ließ sich Zeit und betrachtete al les eingehend. Konnte es sich hier vielleicht um eine Station der Akonen handeln, die vor langer Zeit viele Welten besiedelt hatten, ehe sie sich ins Exil des Blauen Systems zu rückzogen? Atlan und seine Gefolgsleute von der ISCHTAR mußten das wissen, sie hatten ausreichend Erfahrungen mit akoni schen Transmittern gesammelt. Gedankenvoll berührte Corpkor die bun ten Schaltknöpfe und sah sein Spiegelbild in dem mattblau getönten Bildschirm. Natür lich waren alle Instrumente »tot«, auch die ovalen Leuchtflächen an der Decke funktio nierten nicht mehr. Falls es hier irgendwo auch eine dazugehörige Energiequelle gab, so mußten sich die Brennelemente längst er schöpft haben. Plötzlich schreckte er zusammen. Der Sichtschirm zeigte immer noch sein Spiegel bild, aber nun tanzten auf einmal bunte Fun ken darüber hin. Gab es wider Erwarten hier doch noch Energie – hatte die flüchtige Be rührung der Knöpfe ausgereicht, um den Schirm zu aktivieren? Unwillkürlich trat Corpkor einige Schritte zurück und befand sich nun direkt vor den beiden Transmittersäulen. Im nächsten Au genblick zuckte ein so grelles Licht unmit telbar vor ihm auf, daß er reflexartig seine Augen schloß. So sah er nicht, daß dieses Leuchten vom Transmitter ausging, der plötzlich aktiv geworden war. Der Tiermeister stand direkt davor, als sich mit leisem Zischen das Transportfeld zwischen den Säulen aufbaute. Es erfaßte ihn gedankenschnell, entmaterialisierte ihn –
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und strahlte ihn mit unbekannten Ziel ab … Das Experiment Terc on Akouhls hatte auch hier durch die Anzapfung des Hyper raums einen weiteren unerwarteten Effekt gezeitigt. Wenige Minuten später traf Eis kralle mit dem Gleiter bei der Bauminsel ein. Er entdeckte das Loch und den Raum darunter – Corpkor jedoch war spurlos ver schwunden!
* Bunte Reflexe zuckten über die Ortungs schirme in der Hauptzentrale des Maahkrau mers. Gleich darauf stabilisierte sich das Bild und zeigte einen Pulk von zehn anderen Schiffen, die geschlossen aus dem Hyper raum gekommen waren. Nach kurzer Orien tierung nahmen sie Fahrt auf und steuerten das Führungsschiff an. »Die letzten Einheiten sind angekommen, Kommandant«, meldete der Ortungsoffizier gleich darauf. Grek 1 bestätigte und rief dann zur Funkzentrale durch. »Übermitteln Sie eine Nachricht an alle Geschwaderführer«, ordnete er an. »Sie ha ben sich in einer Stunde hier im Schiff zu ei ner Lage- und Einsatzbesprechung einzufin den. Gefechtsbereitschaft für alle Einheiten wird aufrechterhalten, bis ich neue Befehle gebe.« Der Kommandant war der Grek 1, denn er hatte den Oberbefehl über einhundertzwan zig Raumer. Es handelte sich durchweg um schwere und schwerste Einheiten von 1,5 bis zwei Kilometer Länge. Sie hatten sich um das Führungsschiff gruppiert, das allen noch an Größe überlegen war. Mit 2,5 Kilometer Länge und zweitausend Mann Besatzung ge hörte es zu den stärksten Kriegsschiffen der Methans. Die Flotte stand im leeren Raum, mehrere Lichtjahre von der nächsten Sonne entfernt. Ihr Aufmarsch hatte längere Zeit bean sprucht, denn die einzelnen Geschwader wa ren in relativ großen zeitlichen Abständen eingetroffen. Die Flottenführung im Ober kommando hatte größten Wert darauf gelegt,
diesen Aufmarsch möglichst unauffällig zu bewerkstelligen. Es sollte unbedingt vermie den werden, den Gegner durch Massentran sitionen vorzeitig aufmerksam zu machen. Der Gegner hieß Atlan! Die Maahks konnten nicht ahnen, daß sich der Kristallprinz zur Zeit gar nicht auf Kraumon aufhielt. Sie versammelten die Flotte zwölf Lichtjahre von der kleinen roten Sonne entfernt an einer strategisch beson ders günstig gelegenen Stelle. Von dort aus sollte dann schlagartig zum Angriff angetre ten werden. Noch wußten die einzelnen Geschwader führer nicht, worum es überhaupt ging. Ver mutlich hatten die meisten den Namen Atlan noch nie zuvor gehört. Deshalb hatte sie der Befehlshaber zu sich rufen lassen, statt ih nen seine Anordnungen über Funk zu geben. Sie sollten über ihren Gegner und die Wich tigkeit dieses Einsatzes eingehend informiert werden. Eine Viertelstunde vor der festgesetzten Zeit lösten sich zwölf Beiboote von den Schiffen der Unterführer und steuerten das riesige Schlachtschiff an. Sie wurden einge schleust und ihre Insassen in einen Konfe renzraum nahe der Hauptzentrale geführt. Dort erwartete sie Grek 1 bereits vor einem großen Sternkartentank, von den benötigten Spezialisten umgeben. Es gab keine große Begrüßung, denn das wäre in den Augen dieser streng rationell denkenden Wesen nur eine nutzlose Zeitver schwendung gewesen. Der Befehlshaber kam sofort zur Sache. »Wir stehen vor einem Einsatz, dem in den Reihen des Oberkommandos große Wichtigkeit beigemessen wird«, begann er. »Es gibt einen Arkoniden, der zwar ein Re bell gegen den jetzigen Imperator auf Arkon I ist, zugleich aber auch unser Gegner. Er heißt Atlan und ist der Sohn des früheren Imperators, der allem Anschein nach noch lebt. Wie gefährlich dieser Mann ist, hat er bereits bewiesen. Durch sein Eingreifen wurde unser sicherer Sieg in der Raum schlacht von Marlackskor im letzten Mo
22 ment vereitelt.« Auf dieses Ereignis konnten sich alle An wesenden besinnen. Der Grek 1, der damals die Flotte der Methans befehligt hatte, war anschließend degradiert worden und bald darauf bei einem Todeskommando umge kommen. Sein Fall wurde an den Kriegs schulen als gravierendes Exempel herausge stellt. Er hatte Fehler begangen, die keine Wiederholung erfahren sollten. Der Kommandant gab seinen Unterfüh rern einige Sekunden Zeit, das zu überden ken. Dann fuhr er fort: »Es ist dem Oberkommando gelungen, den geheimen Stützpunkt dieses Rebellen ausfindig zu machen. Vom Gefangenenlager auf Posalkehn aus wurde ein umgeformter Arkonide ausgeschickt, der zu seinem Ge folge stieß. Er lieferte uns die Koordinaten jenes Planeten, der zwölf Lichtjahre von hier entfernt ist. Unser Überfall kann nicht miß lingen, denn Atlan verfügt nur über eine ge ringe Anzahl kleiner Schiffe, von denen kaum ein nennenswerter Widerstand zu er warten ist.« Einer der Geschwaderführer hob den Ten takelarm und erhielt von Grek 1 Sprecher laubnis. »Weshalb dann dieser große Aufwand von hundertzwanzig überschweren Schif fen?« fragte er. »Es erscheint mir unlogisch, einem so schwachen Gegner mit einer gan zen Flotte entgegenzutreten, die an anderer Stelle inzwischen weit mehr leisten könnte.« »Ein berechtigter Einwand«, gab der Be fehlshaber zu. »Das Oberkommando läßt sich in diesem Fall jedoch von besonderen Überlegungen leiten. Der Rebell Atlan hat gute Aussichten, in absehbarer Zeit den ar konidischen Imperator zu stürzen und seine Stelle einzunehmen, das wissen wir von un seren Spionen. Das zu unterbinden, ist der erste Zweck unseres Einsatzes. Dieser Mann wäre an der Spitze des Arkonreichs eine ern ste Gefahr für uns. Seiner Energie könnte es vielleicht sogar gelingen, das Kriegsglück zu unseren Ungunsten zu wenden. Er könnte aber auch das Gegenteil bewir-
Harvey Patton ken! Gelingt es uns, ihn freiwillig oder um geformt für unsere Zwecke zu benutzen, wä re die endgültige Niederlage der Arkoniden besiegelt. Eine Umformung würde jedoch lange Zeit beanspruchen; außerdem wäre ihr Erfolg fraglich, weil er ein Extrahirn besitzt, das die Wirkung der üblichen Mittel verei teln könnte. Es ist also besser, ihn zu der Einsicht zu bringen, daß eine Kooperation mit uns das Richtige für ihn ist. Der Logik sektor seines Extrahirns, der in uns adäqua ten Bahnen denkt, wird uns dabei eine wert volle Unterstützung sein. Atlan soll also nicht getötet, sondern nur gefangen werden. Seinen Stützpunkt werden wir aber natürlich zerstören, damit ihm jede Grundlage für ein eigenes Wirken genom men wird. Das Aufgebot dieser großen Flot te soll dabei mehr eine Demonstration sein, die großen Eindruck auf sein durch Emotio nen belastetes Denken haben muß. Sobald er die Aussichtslosigkeit seiner Lage erkannt hat, werde ich ihm ein Ultimatum stellen: Entweder Zusammenarbeit mit uns oder Tod! Umgeformte Arkoniden haben diesen Plan begutachtet und für aussichtsreich be funden. Sie waren der Meinung, daß der Re bell sich unter der Einwirkung seines Logik sektors fügen und auf unsere Seite schlagen wird. Sie haben vorgeschlagen, daß wir ihm für später die nominelle Stellung eines Ar kon-Imperators zubilligen. Seine Intelligenz muß ihm sagen, daß er zusammen mit uns dieses Ziel viel leichter erreichen kann, als bei einem Zweifrontenkrieg gegen uns und das Arkonidenreich.« Das klang vollkommen logisch und war von Grek 1 durchaus ernst gemeint. Jedes halbwegs vernünftige Wesen, vor die Wahl zwischen zwei ungleichen Möglichkeiten gestellt, mußte ihrer Ansicht nach das klei nere Übel wählen, zumal es ihm das Überle ben versprach. Daß auch geistig umgeformte Arkoniden derselben Überzeugung waren, wertete das Vorhaben noch weiter auf. Die Angepaßten, von den Maahks in ihr eigenes Denkschema gepreßt, hatten jedoch
Angriff auf Kraumon einen grundlegenden Faktor vollkommen übersehen: Den Haß gegen die Maahks, der in jedem Arkoniden lebendig war. Sie hatten ihn übersehen müssen, weil sie jetzt in ganz anderen Bahnen dachten, in de nen für diesen Haß kein Platz mehr war … Gewiß, der Kristallprinz wollte den Mör der seines Vaters stürzen und seine Stelle einnehmen. Er wollte aber auch den Kampf gegen die Methans weiterführen, noch viel härter als bisher. Er hatte sie zur Genüge kennengelernt und wußte nur zu gut, daß es zwischen ihm und ihnen keinen Kompromiß geben konnte. Er als Imperator von Gnaden des Feindes – eine solche Konstellation mußte ihm rest los widersinnig erscheinen! Nichts und nie mand hätte ihn dazu zwingen können; eher wäre er gestorben. Das war es, was kein Maahk jemals be greifen konnte, weil er keine Emotionen kannte. Auch die Geschwaderführer fanden diese schwache Stelle des Planes nicht her aus. Sie stellten zwar Fragen, aber diese be zogen sich ausschließlich auf die Durchfüh rung der geplanten Aktion. Grek 1 trat zusammen mit ihnen zum Sternkartentank und gab dem betreffenden Spezialisten den Befehl, die Projektionen zu aktivieren. Grek 48 erwachte aus seiner ab wartenden Starre und beeilte sich, die Order auszuführen. Er griff nach den Schaltern, aber plötzlich versteifte sich seine Gestalt. Im nächsten Augenblick fiel er vornüber auf den Tank, der unter seinem Gewicht zusam menbrach. Das war ein mehr als ungewöhnliches Vorkommnis. Für einen Augenblick war Grek 1 ratlos, aber faßte sich schnell wieder. »Einen Arzt her!« befahl er kurz. Auf einen Wink von ihm griffen zwei Männer zu und betteten den regungslosen Körper auf einen zur Liege umgewandelten Kontursitz. Wenig später eilte der Arzt herbei und be gann mit seiner Untersuchung des Bewußt losen. Er gab sich redliche Mühe, aber der Zustand von Grek 48 gab ihm unlösbare Rätsel auf. Alle Körperfunktionen waren
23 normal, es gab keinen ersichtlichen Anlaß für das Zusammenbrechen dieses Mannes. »Schaffen Sie ihn ins Bordlazarett«, be stimmte Grek 1 und wandte sich wieder den Geschwaderführern zu. »Kommen Sie, ne benan gibt es einen weiteren Kartentank. Unsere Einsatzbesprechung wird fortgesetzt; die Erkrankung dieses Mannes ist für uns ohne jede Bedeutung.« Wie unrecht er damit hatte, konnte er nicht ahnen …
5. Terc on Akouhl wußte nicht, wohin er sei ne Blicke richten sollte. Vor ihm auf dem Bildschirm waren die Walzenraumer zu se hen – hinter ihm auf der Liege saß der alte Imperator, transparent wie der Chretkor Eis kralle, mit glühenden Augen. Beide Bilder wirkten in ihrer Art bestürzend. Endlich überwand der Wissenschaftler seine Erstarrung und streckte die Hand aus, um sein Instrumentarium abzuschalten. Im selben Moment verschwanden jedoch die Maahkschiffe vom Schirm und machten ei nem anderen Bild Platz. Eine weite Ebene war nun zu sehen, von titanischen Stein brocken bedeckt, über der gelbgrüne Schwa den dahintrieben. Aus einem fahlgelben Himmel fiel trübes Licht auf diese trostlose Szene. Akouhls Hand blieb in der Luft hängen, unbewußt schüttelte er den Kopf. Was hatte das alles nur zu bedeuten? Wie kamen sol che Bilder auf einen Schirm, der nur zur Da tenauswertung bestimmt war? Die Ebene auf der Bildfläche schien irgendwo auf einem Riesenplaneten mit giftiger Atmosphäre zu liegen. Nun verschwamm das Bild, ein ande rer Ausschnitt tauchte auf, blieb jedoch un deutlich. Terc glaubte die Umrisse riesiger Gebäude zu sehen, aber dichte Gasschwaden hüllten sie ein. Ihm kam ein ungeheuerlicher Gedanke. Konnte es sein, daß diese Bilder im Ge hirn Gonozals VII. entstanden und über die Elektroden auf den Bildschirm übermittelt
24 wurden? Der Imperator hatte oft genug selbst im Kampf gegen die Methans gestan den. Vielleicht setzte nun seine Erinnerung gerade bei solchen Geschehnissen wieder ein? Dumpfe Geräusche und neue Aufschreie der Pflegerinnen rissen ihn aus diesen Über legungen. Hastig wandte er sich um und sah, daß Gonozal Anstalten machte, von seinem Lager zu steigen. Die Sensorkontakte fielen von seinem Körper ab, aber die Elektroden befanden sich noch immer in seinem Gehirn. Wenn nun die Zuleitungen rissen und es zu einem Kurzschluß kam, mußte er unweiger lich sterben! Akouhl drückte nun endlich den Schalter herunter. Im gleichen Augenblick wurde der Bildschirm grau, die Arbeitsgeräusche der Aggregate verstummten. Schlagartig nahm auch der Körper des Imperators wieder sein gewohntes Aussehen an. Der Wissenschaft ler atmete auf, aber um einen Moment zu früh. Gonozal fiel nicht wieder in seine frühere Starre zurück, sondern verließ nun wirklich die Liege. Er zerriß dabei alle Zuleitungen, und das schien böse Folgen zu zeitigen. Haltlos taumelte die nackte Gestalt durch das Labor, das erwachte Gehirn vermochte seine Bewegungen nicht zu koordinieren. Aus dem weit geöffneten Mund kamen rau he, krächzende Laute, die Arme schlugen wild durch die Luft. »Sehrtos – eine Injektion Grammon, schnell!« rief Akouhl dem Assistenten zu. Er war ernstlich besorgt, aber nicht mehr so erschrocken wie zuvor. Das hier war kein Phänomen, das sein Begriffsvermögen über stieg, sondern etwas, dem er mit seinen ärzt lichen Mitteln beikommen konnte. Gonozal stolperte wie blind durch den Raum, lief gegen ein Aggregat, und noch immer formte sein Mund die unverständli chen Laute. Die beiden Männer hatten keine Mühe, ihn festzuhalten, und dann zischte die Injektionspistole auf. Wenige Sekunden spä ter zeigte sich die Wirkung des starken Me dikaments. Die unkontrollierten Bewegun-
Harvey Patton gen erstarben, er ließ sich ohne jede Gegen wehr zurück zur Liege bringen und an schnallen. Nur das rauhe, sinnlose Gestam mel blieb, seine Augen wanderten ziellos durch den Raum. »Immerhin hatten wir Erfolg!« sagte Terc on Akouhl selbstzufrieden. »Ich werde jetzt Morvoner Sprangk anrufen, damit er her kommt und sich davon überzeugt. Er wird Augen machen!« Der Kommandant traf bereits zehn Minu ten später ein. Akouhl empfing ihn schon am Eingang und wollte sofort berichten, aber Sprangk wehrte ab. Mit großen Schritten stürmte er ins Labor, seine Augen suchten die Gestalt auf der Liege. Sollte der von ihm heiß verehrte Imperator wirklich wieder Herr seiner Sinne sein? Er bemerkte sogleich den Unterschied ge genüber früher, doch er hörte auch die un verständlichen Laute, die Gonozal noch im mer ausstieß. Sprangks narbiges Gesicht er starrte plötzlich, denn er kannte diese Spra che. »Das ist ja Kraahmak, die Sprache der Maahks!« sagte er verblüfft. »Verdammt, der Imperator hat dieses Idiom nie be herrscht, das weiß ich genau … Akouhl, was geht hier vor? Da stimmt doch etwas nicht!« Der Wissenschaftler hob die Schultern und setzte erneut zu einem Bericht an, aber der Kommandant winkte ungeduldig ab. »Einen Translator her, schnell!« sagte er heiser. »Ich muß wissen, was diese mysteri ösen Dinge zu bedeuten haben.« Akouhl schickte Sehrtos fort und bekam nun endlich Gelegenheit, seinen Rapport loszuwerden. Morvoner Sprangk hörte ihm aufmerksam zu, sein nüchterner Verstand strich alle nebensächlichen Dinge und kon zentrierte sich auf das Hauptproblem. Als Terc dann auf das Bild der Maahkschiffe zu sprechen kam, fuhr er zusammen. »Haben Sie eine Aufzeichnung ge macht?« erkundigte er sich erregt. Der Wis senschaftler nickte. »Natürlich, Kommandant. Ich würde nie darauf verzichten, denn bei einem derart
Angriff auf Kraumon wichtigen Experiment …« »Spielen Sie sie sofort ab«, unterbrach Sprangk ihn brüsk. Er achtete nicht auf Ak ouhls unmutig verzogene Gesicht, denn sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Natürlich hatte man auch ihm von den seltsamen Gescheh nissen berichtet, die sich kurz zuvor abge spielt hatten. Man hatte sie aber als natürli che Phänomene erklärt, und so hatte er nicht viel darauf gegeben. Jetzt erhielten die Din ge aber plötzlich ein ganz anderes Gesicht. Der Kommandant witterte Zusammenhänge, Sorge um Kraumon stieg in ihm auf. Terc on Akouhl aktivierte den Speicher der Endstufe, die Feldlinie aus Gonozals lee rem Gehirn erschien wieder auf dem Bild schirm. Dann zuckten die Amplituden auf, ihnen folgte die absolute Schwärze, aus der sich dann die Silhouetten der Walzenraumer hervorhoben. Nun stoppte Akouhl das Bild, und Morvoner Sprangk betrachtete es mit gerunzelter Stirn. »Dutzende von Großkampfschiffen!« murmelte er verbissen. »Verdammt, sollte das wirklich nur ein Zufall sein? Schließlich haben Sie doch mit Hyperenergien manipu liert – es wäre also durchaus möglich, daß Sie auf diese Weise reale Bilder irgendwo aus der Umgebung aufgefangen haben. Oder nicht?« Akouhl zog eine Grimasse. »Woher soll ich das wissen, Kommandant? Ich bin zwar Arzt und Hyperphysiker, aber von Ortungs technik verstehe ich nicht das geringste. Da müssen Sie schon kompetente Leute befra gen.« Sprangk winkte ab. »Die verstehen wie derum nichts von den medizinischen Gerä ten hier. Bis sie alle Aggregate überprüft und die Zusammenhänge herausgefunden hätten, könnten Tage vergehen. Soviel Zeit haben wir aber kaum, falls sich wirklich et was gegen uns tut. Wenn wenigstens Atlan hier wäre, er oder Fartuloon könnten viel leicht aus all dem schlau werden.« Er sah sich noch die Bilder von dem Rie senplaneten an, und dann wurde er noch ner vöser. Er war sonst ein ruhiger und ausgegli
25 chener Mann, aber die Verantwortung für Atlans Stützpunkt ruhte nun wieder einmal ganz auf seinen Schultern. Ein Versäumnis hätte die schlimmsten Folgen nach sich zie hen können. Dieser Gedanke machte ihn unruhig und gereizt. »Ihr Assistent könnte sich ruhig etwas mehr beeilen«, sagte er nach einem weiteren Blick auf den noch immer stammelnden Im perator. Er ging zu dem nackten Körper hin über, der von den verängstigten Pflegerinnen beobachtet wurde, und suchte den Blick des früheren Herrschers. Er sah in starre Augen, aus denen unverhülltes Entsetzen zu spre chen schien. Gonozals Gestalt bäumte sich auf, wurde jedoch von den Riemen mühelos gehalten. Gleichzeitig wurden die fremden Laute aus seiner Kehle lauter und klangen wie panikerfüllt. An eine Unterhaltung mit dem Wiederbelebten war nicht zu denken, und Sehrtos ließ immer noch auf sich war ten. »Zeigen Sie mir den nächsten Videoan schluß«, forderte der Kommandant schließ lich. Er stellte eine Verbindung zum Zentral gebäude her und bekam den Ersten Offizier der ISCHTAR ins Bild. »Gibt es bei Ihnen etwas Neues?« fragte er kurz. Helos Trubato schüttelte den Kopf. »Nichts, Kommandant. Von der Ortungszen trale kam vor kurzem die Meldung, daß sich der Strukturriß zwischen Kraumon und der Sonne wieder geschlossen hat, das ist alles.« Morvoner Sprangk zögerte sekundenlang, dann gab er sich einen Ruck. »Ordnen Sie erhöhte Alarmbereitschaft an«, bestimmte er. »Ist im Augenblick eines unserer Schiffe startbereit?« Trubato überlegte kurz. »Die MEDON wird gerade einsatzklar gemacht. Dermitron will heute Abend zu einem neuen Versor gungsflug starten, die Mannschaft ist bereits an Bord.« »Diese Aktion wird aufgeschoben«, be fahl der Kommandant. »Benachrichtigen Sie Dermitron umgehend, daß er die Vorberei tungen abbrechen soll. Stattdessen soll er
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schnellstens zu einem Patrouillenflug in die Umgebung starten. Dabei ist besonderes Au genmerk auf alle strategisch wichtigen Tran sitionspunkte zu richten.« »Besteht Gefahr für uns?« fragte der Offi zier bestürzt. Morvoner Sprangk hob die Schultern. »Ich weiß es selbst nicht, genau«, bekann te er, »es könnte aber sein. Später werde ich Ihnen alles erklären, jetzt habe ich wichtige re Dinge zu tun. Ende.« Sprangk begab sich ins Labor zurück. Dort war nicht nur Sehrtos mit dem Transla tor eingetroffen, sondern auch Albragin, den Akouhl inzwischen verständigt hatte. Dieser hatte einige Hilfskräfte mitgebracht, so daß das Labor nun von Leuten nur so wimmelte.
* »Ich begrüße dich, Herr«, sagte die metal lene Tür. Corpkor nahm diese sonderbare Begrü ßung nur halb im Unterbewußtsein wahr. Durch seine Glieder tobte ein furchtbarer Entzerrungsschmerz, der ihn fast blind und taub machte. Er lehnte sich schwer gegen ei ne Wand, um nicht vor Schwäche umzufal len. Sekundenlang wußte er überhaupt nicht mehr, was eigentlich mit ihm geschehen war. Dann ebbten die Schmerzen ab, er richtete sich auf und wischte die Tränen aus den Au gen. Nun kam die Erinnerung wieder, und er fluchte leise vor sich hin. Offenbar war der Transmitter durch sein Hantieren aktiviert worden und hatte ihn über eine große Ent fernung hinweg abgestrahlt. Derart starke Rematerialisierungsschocks hatte er sonst nur während Nottransitionen erlebt. Nun stand er in einer Transmitterkabine, vermut lich viele Lichtjahre von Kraumon entfernt. »Ich begrüße dich, Herr«, sagte die Tür nochmals. Corpkor fuhr zusammen und sah sich in dem Raum um. Darin gab es aber nichts als nackte Wände, die Transmittersäu len und die dazu gehörige Schalttafel. Er mußte also wohl oder übel akzeptieren, daß
die Tür gesprochen hatte, denn ein Lautspre cher war nirgends zu sehen. Eine perfekte Technik also, schlußfolgerte er nüchtern, und die Konstrukteure müssen arkonoid sein – oder gewesen sein. Ande renfalls wäre ich hier wohl kaum als »Herr« angesprochen worden. Vielleicht waren es sogar Arkonidenabkömmlinge, die vor lan ger Zeit hierher verschlagen wurden. Ande renfalls hätte ich die Anrede wohl kaum ver stehen können. »Du irrst, Herr«, entgegnete die Tür so fort. »Meine Erbauer sehen ganz anders aus als du. Es kommt jedoch nicht auf das Aus sehen an, sondern auf den Geist, der in ei nem Wesen wohnt. Du bist intelligent, folg lich bist du ein Herr.« Der Tiermeister fuhr nochmals zusam men, denn nun wurde ihm klar, daß die Tür gar nicht wirklich sprach. Von ihr gingen vielmehr telepathische Impulse aus, die di rekt in seinem Hirn aufklangen. Mehr noch: Die Tür mußte imstande sein, jeden seiner Gedanken zu lesen! Sie hatte auf seine Überlegungen geantwortet, die er nur ge dacht, nicht aber ausgesprochen hatte. »Vollkommen richtig«, bestätigte die Tür lakonisch. »Auch die Sprache meiner Erbau er weicht von der deinen vollkommen ab. Telepathische Impulse bedürfen jedoch kei ner Übersetzung. Es war also logisch, daß ich so eingerichtet wurde, daß ich mich auch fremden Besuchern mühelos verständlich machen kann.« Corpkor beschloß, sich in der nächsten Zeit über nichts mehr zu wundern. »Kommen öfters Fremde auf diese Welt?« erkundigte er sich. Die Tür schien zu seufzen. »Du bist der erste seit langer Zeit, Herr. Ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, noch einmal Reisende empfangen zu dürfen. Der heutige Tag ist ein Tag der Freude für mich.« Corpkor schüttelte unwillkürlich den Kopf. Die Tür – oder vielmehr die techni sche Anlage, die in ihr verborgen war – mußte robotischer Natur sein. Roboter, die mittels ihrer Positronenhirne ein Pseudoden
Angriff auf Kraumon ken zuwege brachten und auch reden konn ten, gab es bei den Arkoniden schon seit lan gem. Sie mit telepathischen Gaben auszu statten, war jedoch reine Utopie; niemand hatte bisher auch nur im Traum an eine sol che Möglichkeit gedacht. Das Phänomen Telepathie trat so selten auf, daß seine Erfor schung größte Schwierigkeiten bereitete. »Ich bin mit diesen Problemen vertraut«, erwiderte die Tür sofort. »Die meisten frem den Besucher hatten ähnliche Gedankengän ge wie du. Ich bin allerdings nicht befugt, dir darüber Erklärungen abzugeben, das ist allein Sache meiner Erbauer. Ich schlage vor, daß du dich sofort zu ihnen begibst.« Der Tiermeister lächelte humorlos. »Es wäre mir bedeutend lieber, wenn ich gleich wieder auf die Welt zurückkehren könnte, von der ich gekommen bin. Man wird sich dort Sorgen um mich machen, weil ich spur los verschwunden bin. Vielleicht kann ich später …« »Dieses Ansinnen muß ich zu meinem Bedauern ablehnen«, unterbrach ihn die Tür. »Es würde gegen die guten Sitten verstoßen, wenn du den Erbauern nicht deine Aufwar tung machen würdest. Sie legen großen Wert darauf, mit jedem Fremden zu spre chen, der hierher kommt.« Corpkor unterdrückte gewaltsam die Ge danken, die daraufhin in ihm aufkamen. Die so freundlich scheinende und sprechende Apparatur schien in Wirklichkeit ganz an ders zu sein, als sie bisher vorgegeben hatte. Sie gab vor, Gefühle zu empfinden, die eine robotische Einrichtung gar nicht haben konnte, und wiegte fremde Ankömmlinge in Sicherheit. Sobald sie jedoch Wünsche äu ßerten, die ihr oder den Erbauern nicht ge nehm waren, entpuppte sie sich als das, was sie eigentlich war: Ein Kontrollorgan jener Rasse, die diese Welt beherrschte! Sie sagte das nur indirekt, dafür aber um so bestimmter. Er sollte also hierbleiben, sich zu den Pla netariern begeben und von ihnen begutachtet werden. Es war zu vermuten, daß sie selbst über telepathische Gaben verfügten, die
27 wahrscheinlich weit stärker waren als die des Automaten. Damit konnten sie seinem Hirn mühelos alle darin enthaltenen Infor mationen entnehmen – und was dann …? Dann war er ihnen auf Gedeih oder Ver derben ausgeliefert! Wenn sie nicht wollten, würde es wohl kaum für ihn jemals eine Rückkehr nach Kraumon geben. Corpkor entschloß sich spontan, es gar nicht erst soweit kommen zu lassen. Er hatte sich inzwischen gut erholt und war wieder voll Herr über seien Körper. Blitzartig fuhr er herum und drückte auf den großen grünen Knopf der Schalttafel, der zweifellos dazu diente, den Transmitter zu aktivieren. Im nächsten Moment schrie er auf. Ein Schmerz raste durch seine Glieder, kaum ge ringer als der nach seiner Transmission. Wer die Erbauer auch sein mochten, sie hatten sich wirkungsvoll dagegen abgesichert, daß jemand anders handelte, als es ihrem Willen entsprach! »Das hättest du dir ersparen können«, be merkte die Tür mitleidslos, als er sich wie der erholt hatte. »Der Transmitter bleibt für dich gesperrt, solange du nicht bei den Er bauern gewesen bist. Ich schlage vor, daß du dich nun unverzüglich zu ihnen begibst. Ein Transportmittel wird dir zur Verfügung ge stellt.« »Wie freundlich«, gab der Tiermeister sarkastisch zurück. Er kochte vor Wut, aber er hatte in langen Jahren gelernt, sich zu be herrschen. »Hast du mir noch besondere Verhaltungsregeln zu geben? Ich möchte keine Fehler machen, wenn ich deinen Herrn gegenübertrete.« Er erhielt aber keine Antwort mehr. Statt dessen öffnete sich die Tür und glitt ge räuschlos in die Wand zurück. In der Kabine hatte ein mattes bläuliches Licht geherrscht, das direkt aus den Wänden zu kommen schi en. Nun schlang ihm ein so grelles Sonnen licht entgegen, daß er die Augen bis auf einen schmalen Spalt schließen mußte. Eine große weiße Sonne stand an einem klaren blaugrünen Himmel, und es war hier noch wärmer als zuvor auf Kraumon.
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Zögernd ging Corpkor die Schräge hinab, die hinunter zum Boden führte. Von der Umgebung konnte er nichts erkennen, denn hohe rötliche belaubte Gewächse versperrten den Ausblick. Zwischen ihnen gab es nur ei ne schmale Gasse, durch die im nächsten Augenblick ein oval geformtes Fahrzeug auf ihn zukam. Es bewegte sich vollkommen geräuschlos, offenbar von einem Prallfeld getragen. Sein Unterteil bestand aus einem gelben Metall, darauf saß eine Kabine, die vollkommen durchsichtig war. Von Steuerungsanlagen war nichts zu erkennen, es gab nur zwei große, schalenförmig geformte Sitze. Das Gefährt hielt dicht vor Corpkor an, mit leisem Surren öffnete sich ein Segment der Kabine. Der Tiermeister warf einen Blick hinter sich, aber die Tür hatte sich be reits wieder geschlossen. Er sah nur ein klei nes kastenförmiges Gebäude aus grauem Kunststein, das keine Fenster besaß und be ziehungslos in der Landschaft zu stehen schien. »Bitte einsteigen, Herr«, erreichte ihn die »Stimme« des Fahrzeugs. Corpkor gehorch te seufzend, die Kabine schloß sich hinter ihm. Eine Drehung auf der Stelle, und die Fahrt ins Ungewisse begann …
6. »Das ist mein Experiment, Albragin!« empörte sich Terc on Akouhl. »Sie haben ihm bisher nicht gerade wohlwollend gegen übergestanden. Ich protestiere dagegen, daß sie jetzt versuchen, hier die Regie an sich zu ziehen.« Der frühere Bordarzt der ISCHTAR warf ihm einen scharfen Bück zu. »Die Betreu ung Gonozals VII. hat bisher ganz in meinen Händen gelegen«, gab er erregt zurück. »Gut, heute haben Sie hier einen gewissen Erfolg erzielt. Das gibt Ihnen jedoch noch lange nicht das Recht …« »Ruhe!« schnitt Morvoner Sprangks Stimme dazwischen. Wie überall, gab es auch auf Kraumon die üblichen kleinen Rei-
bereien zwischen den Wissenschaftlern. Der alte Haudegen konnte aber nicht verstehen, daß sich die beiden Männer nun wegen nich tiger Äußerlichkeiten stritten, wo es hier vielleicht um Dinge von höchster Wichtig keit ging. Er erntete daraufhin unfreundliche Blicke von beiden Kontrahenten, aber das machte ihm nichts aus. Sie mußten sich fügen, denn er war der Stützpunktkommandant. »Ihre privaten Kontroversen interessieren mich einen Dreck, um es klar und eindeutig zu sa gen«, erklärte er. »Mir kommt es allein dar auf an, möglichst schnell die Worte über setzt zu bekommen, die der Imperator von sich gibt. Notfalls kann ich dabei auch ohne Ihre Mitwirkung auskommen – verstanden, meine Herren Bauchaufschneider?« Er gab Sehrtos einen Wink, und der Assi stent schaltete endlich den bereitstehenden Translator ein. Nun bekamen die rauhen Laute aus dem Munde Gonozals VII. für die Umstehenden plötzlich einen Sinn. Allerdings waren es zunächst nur unzusammenhängende Worte. Ihnen war lediglich zu entnehmen, daß sich der Patient in einem Zustand heilloser geisti ger Verwirrung befand. Akouhl nickte Sprangk nach einer Weile zu. »Etwas anderes war kaum zu erwarten, Kommandant. Das Hirn hat so lange brach gelegen, es wäre ein Wunder, wenn es nun auf Anhieb wieder regulär arbeiten würde. Wir werden äußerst behutsam vorgehen müssen, wenn es zu einer vollständigen Re generation kommen soll. Ich wäre dafür, den Patienten zunächst in einen Heilschlaf zu versetzen, um dann später mit Hilfe eines Hypnoschulers …« Auch er wurde von Morvoner Sprangk unterbrochen. »Soviel Zeit haben wir nicht, Akouhl. Ich spüre, daß irgend etwas Ent scheidendes vorgeht, und daß der Zustand Gonozals damit zusammenhängen muß. Vergessen Sie nicht die seltsamen Bilder, die wahrscheinlich seinem Gehirn ent stammten. Wir müssen zumindest versu chen, einige Auskünfte von ihm zu erlangen,
Angriff auf Kraumon und wenn sie noch so dürftig ausfallen soll ten.« Albragin hob die Schultern. »Ich be zweifle stark, daß der Patient überhaupt an sprechbar ist. Wenn Sie es verlangen, wer den wir es natürlich doch versuchen. Mich interessiert es sehr, zu wissen, weshalb Go nozal Kraahmak spricht. Hat er diese Spra che denn früher beherrscht?« »Eben nicht!« sagte der Kommandant un geduldig. »Das macht die ganze Sache noch viel mysteriöser. Kommen Sie jetzt, und be ginnen Sie.« Sie traten dicht an die Liege heran. Der frühere Imperator lag unter der Einwirkung des Medikaments vollkommen ruhig da. Als nun die drei Männer in sein Blickfeld gerie ten, begann er unruhig zu werden. Wieder stand in seinen Augen der Ausdruck unver hüllten Entsetzens, einige schrille Laute ka men aus seinem Mund. »Feinde … geht weg … lieber sterben!« übersetzte der Translator, und plötzlich be griff Terc on Akouhl. Hastig zog er Albragin und Sprangk wieder zur Seite. »Er hält sich für einen Maahk!« meinte er entgeistert. »Bei allen Göttern – kann es so etwas geben? Die psionische Energie, die ich ihm zugeführt habe, stammte anschei nend nicht aus dem Hyperraum, sondern wurde irgendwie aus dem Hirn eines Me thanatmers sozusagen abgezapft … Anders läßt sich das alles kaum erklären.« »Eine Art von Geistesübertragung also«, schlußfolgerte Albragin fasziniert. »Ihre In strumente haben den Geist eines Maahks eingefangen und in das leere Gehirn ver setzt. Es ist fast unglaublich. Kein Wunder, daß das fremde Bewußtsein vollkommen verstört ist. Die Maahks unterscheiden sich schließlich körperlich sehr von uns, sie ha ben vier Augen, mit denen sie nach allen Seiten hin sehen können. Diesem Fremden muß schon allein die begrenzte Reichweite des arkonidischen Blickfelds schwer zu schaffen machen. Vielleicht hat er noch gar nicht begriffen, daß sein Bewußtsein sich in einem artfremden Körper befindet. Er sieht
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sich jedoch von seinen Todfeinden umge ben, und das muß ein ungeheurer Schock für ihn sein.« »Er scheint ihn aber doch irgendwie ge meistert zu haben«, meinte der nüchtern denkende Kommandant. »Jedenfalls ist er darüber nicht wahnsinnig geworden, denn er hat sich doch ziemlich unmißverständlich ausgedrückt. Ich nehme an, daß ihm auch die Fremdartigkeit seiner jetzigen Sprechwerkzeuge zu schaffen macht. Mit et was Geduld müßten wir es jedoch zuwege bringen, ihm seine Furcht vor uns zu neh men und eine Unterhaltung mit ihm in Gang zu bringen. Wir brauchen Informationen, vergessen Sie das nicht.« Typisch Soldat! dachte Akouhl resigniert. Da habe ich ein kleines Wunder vollbracht, eine Sensation auf wissenschaftlichem Ge biet. Sprangk denkt aber nur daran … Hier stockten seine Gedanken, denn ihm fielen wieder die Bilder ein, die auf dem Bildschirm erschienen waren. Vielleicht hat te der Kommandant gar nicht so unrecht, wenn er Gefahren für Kraumon befürchtete. Die bei dem Experiment verwendeten Gerä te waren schließlich nicht sehr leistungsstark gewesen. Wenn sie trotzdem den Geist eines Methans erreicht hatten, dann mußte sich dieser in relativer Nähe befunden haben. Und nicht nur er, sondern auch die Flotte, die sein Bewußtsein nach der Versetzung auf den Bildschirm projiziert hatte! Plötzlich hatte es Terc on Akouhl sehr ei lig. Er trat an die Liege heran und sagte: »Beruhigen Sie sich bitte, auch wenn Ihnen diese Umgebung fremd und abstoßend er scheinen mag. Wir sind zwar Arkoniden, aber wir beabsichtigen nicht, Ihnen etwas anzutun; wir wollen lediglich mit Ihnen re den. Wenn Sie mich verstanden haben, dann sagen Sie mir jetzt bitte, wer Sie sind.« Sekundenlang lag der Arkonidenkörper mit dem Bewußtsein eines Maahks ganz still. Die roten Augen sahen Akouhl an, und langsam schwand das Entsetzen aus ihnen. Dann öffnete sich der Mund und brachte halbwegs flüssig einige Worte hervor.
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»Ich bin Grek 48«, klang es gut verständ lich aus dem Lautsprecher des Translators …
* »Was ist eigentlich los, Mekron?« fragte der Erste Offizier Salmoon verwundert. »Weshalb läßt Sprangk unser Unternehmen einfach abblasen und schickt uns auf einen Patrouillenflug?« Mekron Dermitron zuckte mit den Schul tern. »Trubato konnte mir auch nichts Ge naues sagen, er hat nur den Befehl an mich weitergeleitet. Ich habe jedoch auf Umwe gen erfahren, daß es vor kurzem hier einige Anomalien gegeben hat. Alle Ortungsgeräte spielten plötzlich verrückt, und zwischen Kraumon und der Sonne entstand ein Struk turriß zwischen Normaluniversum und Hyperraum. Er hat sich zwar inzwischen wieder geschlossen und auch sonst ist Ruhe eingekehrt. Ich kann aber verstehen, daß Morvoner Sprangk dadurch beunruhigt wur de. Von nichts kommt bekanntlich nichts.« »Erster Grundsatz der Kausallehre«, meinte der Zweite Pilot Waynjoon mit sei nem ewig lächelnden Gesicht. »Von mir aus können wir sofort starten, Mekron. Die Werfttechniker haben die MEDON verlas sen, die Besatzung ist vollzählig an Bord.« Der Mondträger kniff die leicht schräg stehenden Augen in seinem breiten Gesicht zusammen. »Nur nichts überstürzen«, wehr te er ab. »Zuerst müssen wir noch den Kar tentank zu Rate ziehen, um zu einem mög lichst effektiven Vorgehen zu kommen. Sprangk will, daß wir alle wichtigen Transi tionspunkte in Augenschein nehmen, und davon gibt es rings um Kraumon fünf Stück. Wir müssen unsere Route so zurechtlegen, daß wir sie in einer Reihenfolge anfliegen, die möglichst wenig Zeit kostet.« Die Männer beugten sich über den Tank, in dessen Mittelpunkt die namenslose rote Sonne von Kraumon stand. Eine kurze Schaltung, und dann glommen in verschie denen Abständen fünf grüne Punkte blin-
kend auf. Am Rande der transparenten Flä che wurden die betreffenden Koordinaten eingeblendet, und Mekron Dermitron las sie flüssig ab. »Wir nehmen zuerst den hier in sechs Lichtjahren Abstand«, bestimmte er. »Der Sprung dorthin bringt uns in relative Nähe des zweiten, der zwölf Lichtjahre von hier entfernt ist. Als nächster kommt dann Num mer fünf, anschließend drei und dann vier. Geben Sie die Daten in dieser Reihenfolge in den Navigationscomputer, Waynjoon.« Der Pilot bestätigte und machte sich an die Arbeit. Inzwischen aktivierte Dermitron den Interkom und beorderte seine Mann schaft auf die Stationen. Die MEDON war ein Schiff für ausge sprochene Sondereinsätze. Sie durchmaß zwar zweihundert Meter, kam jedoch infolge der weitgehenden Automatisierung mit einer Besatzung von nur zwanzig Männern gut aus. Ihre Schlagkraft als Kreuzer wurde da durch in keiner Weise beeinträchtigt. Schon nach wenigen Minuten kamen die üblichen Klarmeldungen durch. Ihr lässiger Ton unterschied sich wohltuend von dem in der Arkonflotte üblichen strengen Regle ment. Dermitron bestätigte, rief dann die Or tungszentrale des Raumhafens an und gab den bevorstehenden Start bekannt. Mit sum menden Antigravprojektoren hob das Schiff gleich darauf ab und stieg bis oberhalb der Atmosphäre. Dann liefen die Impulstrieb werke an, rissen es vorwärts und jagten es der Transitionsgeschwindigkeit entgegen. Die MEDON kam genau am vorausbe rechneten Punkt wieder aus dem Hyper raum. Der kurze Entzerrungsschmerz klang ab, und die Augen der sechs Männer in der Kommandozentrale hingen an den bereits laufenden Ortungen. Sie zeigten keine Fremdkörper im optischen Bereich, aber das war nicht ausschlaggebend. Das letzte Wort sprach der massige Ortungstechniker Ven tron, dessen Instrumente auch das anzeigten, was sich im Umkreis von mehreren Licht jahren befand. »Nichts, Mekron«, meldete er wortkarg
Angriff auf Kraumon wie immer. Der Kommandant nickte und gab Waynjoon die Anweisung zum Weiter flug. Der Erste Pilot Dermato saß einsatzbe reit auf dem Kopilotensitz, im Hintergrund wartete der Computertechniker Natsyboa auf verwertbare Daten. Im Geschützleitstand oberhalb der Zentrale hielt sich der Feuer leitoffizier Berkosch auf. Die MEDON wurde erneut beschleunigt, dann setzte das Transitionstriebwerk ein und zwang das Schiff zum Sprung durch den Hyperraum. In Nullzeit erreichte es den zweiten Transitionspunkt – und sprang gera dewegs mitten ins Unheil hinein. Als die Besatzung noch mit dem Sprungs chock kämpfte, raste bereits der automati sche Alarm durch das Schiff. Gellend klan gen die Lärmpfeifen auf, knallend schlossen sich alle Zwischenschotte. Mekron Der mitron zwang den ziehenden Schmerz nie der, beugte sich mühsam vor und schlug auf einen Knopf am Steuerpult. Augenblicklich baute sich der Schutzschirm um den Raumer auf, und dann war auch Waynjoon wieder klar. Seine Hände krallten sich um die Be schleunigungshebel und rissen sie bis zum Anschlag durch. Die Impulstriebwerke rings um den Schiffskörper brüllten auf, die MEDON machte förmlich einen Satz vorwärts. Daß ihr das nichts nützen konnte, wurde den Männern in der Zentrale jedoch schon nach wenigen Sekunden klar. Ringsum wimmelte es nur so von Schiffen – von schweren und schwersten Kampfraumern der Maahks! Schon die normale optische Bilderfassung allein zeigte Dutzende von ihnen im unmit telbaren Sichtbereich. Es mußten aber noch weit mehr sein, das bewiesen die hastig her vorgestoßenen Ausrufe des Ortungstechni kers. Also hatte Morvoner Sprangk doch Recht! dachte Dermitron wie betäubt. Wenn die Methans hier ganz in der Nähe Krau mons eine solche Streitmacht zusammenzie hen, kann es an ihren Absichten keinen Zweifel mehr geben. Und wir sind sozusa gen mitten ins Wespennest gesprungen – das
31 muß unser Ende sein! Die Ortungstechniker der Maahks waren auf ihren Posten, das zeigte die sofort erfol gende Reaktion. Auch die Walzenraumer hüllten sich fast sofort in ihre grünlichen Schutzschirme, die MEDON lag im Kreuz feuer zahlreicher Ortungsstrahlen. Ein Ent kommen war praktisch ausgeschlossen, denn keines der feindlichen Schiffe war mehr als fünftausend Kilometer entfernt. »Aus für uns!« sagte der Kommandant heiser. »Wir wehren uns, so gut wir können, aber gegen diese Riesenschiffe gibt es nicht die geringste Chance mehr.« Normalerweise hätte der Pilot jetzt eine Nottransition vornehmen können, die das Schiff trotzdem in Sicherheit gebracht hätte. Dazu wurden jedoch große Energiemengen benötigt, und die waren im Augenblick nicht vorhanden. Die MEDON hatte zwei Transi tionen in kurzer Folge hinter sich, ihre Speicherbänke waren praktisch leer. Die Konverter allein aber reichten für dieses Ge waltmanöver nicht aus, das stets eine Zer reißprobe für jeden Raumer darstellte, denn sie mußten auch die Energie für den Schutz schirm liefern. Ich muß Kraumon warnen! schoß es durch den Kopf des Kommandanten. Er sprang auf, eilte zum Hyperfunkgerät und aktivierte es mit fliegenden Fingern. Eine Sichtverbindung kam nicht zustande, dazu waren die fünfdimensionalen Störungen durch die zahlreichen Schutzschirmfelder in der unmittelbaren Umgebung zu stark. Auch in der Feldmembrane des Geräts krachte es ununterbrochen. Der warnende Spruch wür de also nur verstümmelt empfangen werden können, aber Morvoner Sprangk war erfah ren genug, um die richtigen Schlüsse daraus ziehen zu können. Mekron Dermitron brüllte seine Meldung in das Mikrophon – die Koordinaten, die vermutliche Stärke des Feindes, und was ihm unwillkürlich sonst noch durch den Kopf ging. Er hatte im Kampf gegen die Maahks schon oft genug auf der Schwelle des Todes gestanden, aber noch nie war er
32 ihm so sicher erschienen wie dieses Mal. Noch während er sprach, liefen bereits schwere Erschütterungen durch das Schiff. Berkosch hatte als erster das Feuer eröffnet, von dem rasenden Haß gegen die unerbittli chen Gegner getrieben. Fehlschüsse konnte es kaum geben, dafür waren die Ziele zu na he. Doch nicht nur zu nahe – auch zu zahl reich! Mehr als zwei Gegner gleichzeitig konnte er nicht bekämpfen. Er richtete die Strahl bahnen und Kampftorpedos der unteren Schiffshalbkugel gegen den nächsten Wal zenraumer links, die der Nordsphäre gegen den, der sich zur Rechten befand. Auch er wußte, daß die MEDON verloren war, aber das beeinflußte sein Handeln nicht. Alle Strahlbahnen genau auf einen Punkt, dann die Kampfgeschosse direkt hinterher. Ein Gefühl kalter Befriedigung stieg in ihm auf, als er auf seinen Bildschirmen sah, daß er damit Erfolg hatte. Das Punktfeuer der Impulsgeschütze durchbrach die Schirme der Maahkschiffe und schuf Strukturlücken, durch die die Torpedos stießen. Die beiden riesigen Walzenraumer zerbrachen wie in Zeitlupe, als die verheerenden Detonationen der Atomsprengköpfe sich in ihrem Innern auswirkten. Doch nun schossen auch die Maahks zu rück. Die MEDON lag im Schnittpunkt zahlreicher Strahlbahnen, und schon nach wenigen Sekunden brach ihr Schutzschirm zusammen. Damit war die kugelförmige Schiffshülle schutzlos dem Feuer der Geg ner preisgegeben. Nur die ungeheure Wen digkeit des Raumers, der von Waynjoon im Zickzack durch die Phalanx der feindlichen Schiffe gesteuert wurde, verhinderte seine schnelle Vernichtung. Mekron Dermitron hatte seinen Funk spruch inzwischen mehrmals wiederholt. Nun faßte er den einzig richtigen Entschluß in dieser aussichtlosen Situation. »Es hat keinen Zweck mehr, Männer«, rief er in das Mikrophon des Interkoms. »Wir geben die MEDON auf, sie wird ohne hin bald zerstört werden. Jeder soll versu-
Harvey Patton chen, sich zu den Beibooten durchzuschla gen, die Hangarschleusen werden geöffnet. Unsere Boote sind klein und haben gute Chancen, den Ortungen der Maahks zu ent gehen.« Die letzte Bemerkung war reiner Zweckoptimismus, und seine Leute wußten das. Berkosch protestierte auch sofort. »Ich denke nicht daran, Mekron«, kam seine grollende Stimme zurück. »Sie werden uns erwischen, so oder so. Ich bleibe auf meinem Posten und werde schießen, solange …« Die letzten Worte des Feuerleitoffiziers gingen in einem infernalischen Tosen unter. Mehrere Strahlschüsse hatten das Schiff voll getroffen, die Wandungen aus Arkonstahl durchschlagen und in seinem Innern große Verwüstungen angerichtet. Schlagartig ent wich die Luft aus den großen Laderäumen, und ihr Druck vergrößerte die Lecks nur noch mehr. Und die MEDON befand sich noch immer mitten in dem Pulk der Walzen raumer. Sobald sie aus dem Schußbereich des einen kam, wurde sie von den Ortungen des nächsten erfaßt. Auch Berkosch feuerte nun wieder und erzielte erneut einen Volltreffer. Ein weite res Maahkschiff explodierte, andere mußten auf Ausweichkurs gehen, um nicht mit den Trümmern zu kollidieren. Das gab dem wundgeschossen Raumer eine kleine Gal genfrist. »Jetzt schnellstens hinaus«, drängte der Kommandant. »Wir benutzen die Notschleu sen, die direkt zu den Hangars führen. Wenn die Maahks erst einmal Raumtorpedos ein setzen, ist es endgültig mit uns vorbei. Bis her haben sie uns nicht ernst genommen, aber nach dem Verlust von drei Schiffen wird sich das schnell ändern.« Alle Männer trugen Raumanzüge und schlossen nun die Helme. Der Pilot übergab die Schiffsführung dem Steuerautomaten, der es weiterhin auf einem unberechenbaren Zufallskurs halten würde. Dann eilten die sechs Männer aus der Zentrale auf den un terhalb des Triebwerkswulsts gelegenen
Angriff auf Kraumon Hangar zu. Sie hatten ihn noch nicht erreicht, als sich das Schiff unter ihren Füßen aufbäumte. Schlagartig erlosch die Beleuchtung, die Schwerkraftanlagen fielen aus. Die Männer wurden haltlos durch den Korridor gewir belt, Schmerzensschreie kamen über die Funkanlagen der Raumanzüge. Mekron Der mitron prallte mit der linken Schulter schwer gegen die Decke und fühlte, wie sein Schlüsselbein brach. Ein glühender Schmerz durchzuckte ihn und raubte ihm fast die Be sinnung, und auch er schrie gepeinigt auf. Gleich darauf leuchtete unter ihm ein Brustscheinwerfer auf. Starke Hände griffen nach ihm, hielten ihn fest und bewahrten ihn vor weiteren Kapriolen in der Schwerelosig keit. »Sind Sie ernstlich verletzt, Mekron?« fragte Ventrons besorgte Stimme. Der Kommandant biß die Zähne zusam men, bis der schlimmste Schmerz verebbt war. »Es ist nichts Ernstes«, gab er dann mühsam zurück. »Nur schnell weiter, viel leicht haben wir nur noch Sekunden, bis das Schiff explodiert!« Weitere Scheinwerfer leuchteten auf, und Dermitron erblickte eine reglose Gestalt, die in seiner Nähe dahintrieb. Es war Natsyboa, und er gab kein Lebenszeichen mehr von sich. Dann sah Mekron seinen zerschmetter ten Raumhelm und wußte, daß dem Compu tertechniker nicht mehr zu helfen war. Er schluckte und trieb die anderen zu höchster Eile an. Auch an anderen Stellen hatte es bereits Verluste gegeben. Von den zehn Männern aus den Maschinenräumen meldeten sich nur noch zwei, die zu einem anderen Hangar unterwegs waren. Das Maschinendeck hatte einen Volltreffer erhalten. Nur der Umstand, daß die meisten Konverter bereits abge schaltet waren, hatte eine vernichtende Ex plosion verhindert. Drei weitere Besatzungs mitglieder waren inzwischen im Westhangar angekommen und dabei, ein Beiboot zu star ten. Neun Tote also schon, dachte Dermitron resigniert. Dazu kommt mit Sicherheit noch
33 Berkosch im Feuerleitstand. Er opfert sich bewußt, um uns anderen das Entkommen zu ermöglichen … Die Tränen in Mekrons Au gen rührten nicht nur von den Schmerzen her. Sie galten einem alten Kampfgenossen, der bereits so gut wie tot war. Er feuerte noch immer, das bewiesen die unverkennba ren Geräusche der Strahlgeschütze. Wie lange noch …? Der Hangar war erreicht, die fünf Männer schwebten auf die Beiboote zu. Jedes bot nur Platz für vier Personen, also mußten sie sich trennen. Salmoon und die beiden Pilo ten nahmen ein Boot, Ventron blieb bei dem Kommandanten. Er schob ihn in die kleine Kabine und drückte ihn auf einen Sitz, des sen Anschnallgurte sich automatisch um sei nen Körper legten. Er selbst nahm den Pilo tensitz ein. Die Rettungsboote waren granatförmig und nur acht Meter lang. Sie besaßen jedoch auch ein Hypertriebwerk, das allein die Hälfte des Bootskörpers einnahm. Es han delte sich um Sonderkonstruktionen aus den Werfthangars von Kraumon, die eigens für die Risikoeinsätze der MEDON gebaut wor den waren. Salmoons Fahrzeug hob ab und schoß auf einem grellen Feuerstrahl durch die offene Hangarschleuse. Sekunden später aktivierte auch Ventron sein Triebwerk und gab den Schubimpuls. Andruckabsorber und eine kleine Schwerkraftanlage sorgten für norma le Verhältnisse im Boot. Mekron Dermitron schloß sekundenlang die Augen und bemühte sich, den Schmerz in seiner Schulter zu vergessen. Aufatmend vernahm er die Durchsagen, die aus dem Funkgerät kamen, von zahlreichen Störge räuschen überlagert. Auch den restlichen Männern war es gelungen, die Hangars zu erreichen und in die Boote zu kommen. Er öffnete die Augen wieder und sah auf den Bugbildschirm über dem Steuerpult. Augenblicklich fuhr er zusammen, denn die riesige Silhouette eines Maahkschiffs befand sich genau im Blickfeld. Es war nur wenige Kilometer entfernt, und von ihm lösten sich
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gerade mehrere kleine Punkte und schossen mit grellen Leuchterscheinungen auf die MEDON zu. Das waren Raumtorpedos, mit Zielsuch köpfen ausgestattet! Auch der unregelmäßi ge Kurs konnte nun die MEDON nicht mehr retten. Sie würden ihr so lange folgen, bis sie sie eingeholt und vernichtet hatten. Sie und Berkosch, der noch immer einsam im Feuerleitstand saß … Er schlug noch einmal zu. Die Geschütze im Unterschiff waren offenbar unterdessen ausgefallen, aber die in der oberen Halbku gel funktionierten noch. Dermitron sah, wie fünf Strahlbahnen das nahe Maahkschiff tra fen und sich auf seinem Schutzschirm punktförmig vereinigten. Das Flackern eines Strukturrisses wurde sichtbar, und die sofort folgenden Torpedos fanden durch ihn hin durch ihr Ziel. Mehr konnte der Kommandant nicht se hen, denn Ventron zog das Boot steil nach oben hin weg. Dafür erschien nun auf dem Heckschirm das Bild der MEDON, und er schluckte schwer, als er sein todgeweihtes Schiff ein letztes Mal sah. Weitere Strahlschüsse mußten es inzwi schen getroffen haben, die Leitungen vom Autopiloten zu den Triebwerken waren of fenbar zerstört. Alle Düsenöffnungen waren dunkel, das Schiff schoß antriebslos dahin. So wurde es eine leichte Beute für die Raumtorpedos der Maahks, die es gleich darauf erreichten. Die MEDON flog in einer gewaltigen Ex plosion auseinander, aber das sah Dermitron bereits nicht mehr. Schmerz und Schwäche übermannten ihn und ließen ihn in eine wohltätige Ohnmacht versinken.
7. Nimmt diese Fahrt denn überhaupt kein Ende mehr? fragte sich Corpkor verzweifelt. Das eiförmige Fahrzeug raste nun schon seit einer halben Stunde mit ihm über den fremden Planeten dahin. Schon nach kurzer
Zeit hatte es vom Boden abgehoben und war bis in etwa zweihundert Meter Höhe aufge stiegen. Mit der Geschwindigkeit von min destens vierhundert Stundenkilometern flog es über scheinbar endlose, quadratisch ange legte Plantagen mit unterschiedlichen Ge wächsen in westliche Richtung. Ab und zu erblickte der Tiermeister Ro botmaschinen, die langsam durch die Anla gen krochen und offenbar irgendwelche Früchte abernteten. Doch für wen mochten diese wohl bestimmt sein? Bisher hatte er noch keine Spur der geheimnisvollen Plane tarier entdeckt. »Du wirst sie bald zu sehen bekommen«, eröffnete ihm die telepathische Stimme des Fahrzeugs. Corpkor fuhr unwillkürlich zusammen, denn er hatte sich immer noch nicht an diese geisterhaft anmutende Form einer fremdarti gen Kommunikation gewöhnt. »Wer sind sie, und wie sehen sie aus?« fragte er zu rück. »Es wäre bestimmt nützlich, wenn ich mich jetzt schon auf das Zusammentreffen mit ihnen vorbereiten könnte.« »Warte ab, bis du sie siehst, Herr«, erwi derte die »Stimme« des Gefährts lakonisch. »Ich soll dich nur an dein Ziel bringen, bin jedoch nicht befugt, irgendwelche Auskünf te zu geben.« Stur wie alle Roboter! dachte der Arkoni de resignierend. Im Stillen verfluchte er nun seine Neugier, die ihn in die unterirdische Kammer auf Kraumon getrieben hatte. Er besaß auch keine Möglichkeit, etwas an sei nem jetzigen Zustand zu ändern. Das Vibro messer mußte ihm entfallen sein, als der Sog des Transmitterfelds nach ihm griff, denn es war nicht mit ihm zusammen auf diese frem de Welt gelangt. Er hatte nur noch den Para lysator, der ausschließlich zum Einsatz ge gen lebende Wesen zu gebrauchen war. Vielleicht konnte er ihm aber nützlich sein, wenn es endlich zu einer Begegnung mit dem fremden Volk kam? Auch diese Überlegung blieb seinem Transportmittel jedoch nicht verborgen. »Die Waffe wird dir nichts nützen«, gab es
Angriff auf Kraumon sofort zurück. »Die geistigen Kräfte der Er bauer vermögen jeden Einfluß mechanischer oder energetischer Natur zu neutralisieren, der ihnen nicht behagt.« Corpkor seufzte, denn ihm behagte schon längst alles nicht, was mit diesen Planetari ern zusammenhing. Lustlos aß er einen Kon zentratriegel und trank aus der Teeflasche an seiner Hüfte. Dann schloß er die Augen und entspannte sich, so gut es ging. Er wollte wenigstens halbwegs frisch sein, wenn er den Unbekannten gegenübertrat. »Wir sind gleich am Ziel«, eröffnete ihm das Fahrzeug nach etwa einer Viertelstunde. Der Tiermeister schlug die Augen auf und sah, daß sich die Landschaft unter ihm in zwischen sehr verändert hatte. Er befand sich nun über einer weiten glatten Fläche mit künstlichem Belag, die wie das Lande feld eines großen Raumhafens wirkte. Aller dings war von Schiffen oder sonstigen Ge fährten nichts zu sehen. Dafür erblickte er vorn am Horizont die steil aufragenden Umrisse einer größeren Ansammlung von Gebäuden. Sie besaßen keinen einheitlichen Stil, sondern repräsen tierten alle nur denkbaren Bauweisen. Neben großen kastenförmigen Wohnsilos ragten zerbrechlich wirkende schlanke Türme ebenso auf, wie halbkugelige Kuppeln oder breitflächige Pyramiden. Es gab sogar einige Bauwerke, die entfernt an die arkonidischen Trichterhäuser erinnerten. Corpkor schloß daraus, daß die sogenannten »Erbauer« aus gesprochene Individualisten sein mußten. »Richtig, Herr«, bestätigte das Gefährt ungefragt. Corpkor fühlte sich unbehaglich, und das nicht nur der äußeren Umstände we gen. Es war bedrückend, daß alles, was er gedanklich formulierte, augenblicklich von der Maschine »mitgehört« wurde. Wenn schon die Automaten dieser Welt das konn ten, wozu mochten dann erst ihre Herren fä hig sein? Vermutlich war sie sogar imstan de, seinem Gehirn sein gesamtes Wissen zu entnehmen. Beim Näherkommen sah er, daß die Ge bäude relativ weit auseinander standen. Alle
35 waren von Anpflanzungen exotisch anmu tender Gewächse verschiedener Art umge ben, die in voller Blüte standen. Im Grunde war es ein schönes Bild, aber er konnte es einfach nicht gebührend würdigen. Die Un gewißheit, die über den kommenden Ereig nissen lag, überlagerte alles andere. Das fliegende Ei hielt direkt auf einen mindestens hundert Meter durchmessenden Kuppelbau zu. Er war aus einem strahlend blauen Material erbaut und besaß keinerlei sichtbare Öffnungen. Auch die Türme, Ka sten, Kegel und Pyramiden in der Umge bung zeigten leuchtend bunte Farben. Die Unbekannten schienen von heiterer Wesens art zu sein – vorausgesetzt, daß sie mit arko nidischen Maßstäben zu messen waren. Und das erschien Corpkor einigermaßen fraglich. Er hielt erschrocken die Luft an, denn das Fahrzeug raste mit kaum verminderter Ge schwindigkeit auf das Gebäude zu; der Zu sammenprall schien unvermeidlich. Im letz ten Moment öffnete sich jedoch ein recht eckiges Segment etwa in halber Höhe des Baues. Das Gefährt glitt durch die Öffnung, wurde rapide abgebremst und setzte dann sanft in einem Hangar auf, in dem mehrere gleichartige Maschinen standen. Die Kabine öffnete sich, aber der Tiermeister blieb sit zen. »Was muß ich nun tun?« erkundigte er sich bei seinem Transportmittel. »Aussteigen und warten«, war die lakoni sche Antwort. »Die Erbauer werden dich ru fen, sobald sie dich zu sehen wünschen.« Corpkor kniff die Lippen zusammen, denn diese Behandlung gefiel ihm gar nicht. Er wurde von den Fremden zu einem Objekt degradiert, mit dem sie umsprangen, wie es ihnen eben gefiel. Eine gewisse Arroganz schien eines ihrer hervorstechendsten Cha raktermerkmale zu sein. Trotzdem stieg er nun aus, denn er hatte keine andere Wahl. Die Einflugöffnung hat te sich wieder geschlossen, aber es war trotzdem hell in dem Raum. Unter der hohen Decke schwebte eine Kunstsonne, die ihn mit sanftem bläulichem Licht erfüllte. An
36 der hinteren Wand entdeckte er die Umrisse einer großen Tür, und er ging langsam dar auf zu. Sie glitt bereitwillig zur Seite, als er bis auf zwei Meter an sie herangekommen war. »Ich begrüße dich, Herr«, sagte sie, dies schien der Standardsatz aller hiesigen Auto maten zu sein. »Gehe weiter, nimm Platz und erfrische dich. Die Erbauer sind von deiner Ankunft verständigt worden.« Corpkor ging zögernd weiter und gelangte in einen kleinen rechteckigen Raum. Auch hier gab es blaues Licht, die Bewohner der Kuppel schienen diese Farbe zu bevorzugen. Er sah eine runde Tischplatte, die frei in der Luft schwebte, von fünf Schalensitzen um geben, die auf je drei kurzen Beinen stan den. Sie stellten das einzige Mobilar dar, waren aber nicht blau, sondern aus einem rötlichen Kunststoff gefertigt. An den beiden Schmalseiten des Zimmers gab es zwei weitere Türen, die jedoch ge schlossen blieben, als er sich ihnen näherte. Das war eindeutig, und so begab sich der Tiermeister zum Tisch und nahm in einem der Sessel Platz. Dieser formte sich augen blicklich um und paßte sich seiner Figur an, so daß er außerordentlich bequem saß. »Womit kann ich dir dienen?« fragte der Tisch. »Ich habe den Auftrag, alle deine Wünsche zu erfüllen, Herr.« Bei dieser Frage merkte Corpkor erst, daß er hungrig und durstig war. Ob man hier aber auch auf seine Bedürfnisse eingerichtet war? Er beschloß dies zu erproben und dachte an ein saftiges Bratenstück, an Zuk korgemüse und ein großes Glas voll Gref ramsaft. Letzteres waren arkonidische Deli katessen – aber warum sollte er bescheiden sein? Vielleicht war das seine letzte Mahl zeit … Er staunte nicht wenig, als seine Wünsche innerhalb von fünf Minuten erfüllt wurden. In der Tischplatte vor ihm bildete sich eine Öffnung, und aus ihr tauchten, wie von Zau berhand aus dem Nichts gegriffen, zwei Platten und ein Glas mit dem Gewünschten auf. Köstliche Düfte stiegen in seine Nase
Harvey Patton und bewiesen ihm, daß die Mahlzeit voll sei nem Verlangen entsprach. Auch ein Eßbe steck war vorhanden, aus schwerem Silber und genau dem arkonidischen Vorbild ent sprechend. Corpkor hatte schon früher beschlossen, sich über nichts mehr zu wundern, aber nun staunte er doch. Wie war es möglich, daß die Automatik nach seinen vagen Angaben ge nau das geliefert hatte, was er wollte? Wur de sein Wissen hier derart genau ausge forscht, daß auch die kleinste Einzelheit zu Tage kam? Oder wurden seine Sinne ge täuscht und so beeinflußt, daß er etwas ganz anderes roch und sah, als in Wirklichkeit vor ihm stand? Möglich war auf dieser Welt fast alles. Zögernd griff er nach dem Besteck und schnitt ein Stück von dem Fleisch ab. Er hat te in stillen mit Synthobraten gerechnet, aber er wurde angenehm enttäuscht. Nach dem ersten Bissen vergaß er seine Bedenken und langte kräftig zu. Es schmeckte ihm so gut, wie schon lange nicht mehr. Dann leerte er das Glas und lehnte sich behaglich zurück. Sofort erschien wieder ei ne Öffnung in der Tischplatte, und alle Ge genstände wurden spurlos von ihr ver schluckt. Kaum eine Sekunde später war nichts mehr von ihnen zu sehen, der Tisch lag glatt und rötlich schimmernd vor ihm. »Ich freue mich, daß es dir gemundet hat, Herr«, sagte er mit einem deutlichen Unter ton von Befriedigung. »Darf ich dich jetzt bitten, durch die rechte Tür zu gehen. Die Erbauer erwarten dich.« Corpkor stellte keine Fragen, denn er wußte, daß er keine Antwort erhalten würde. Er erhob sich, schritt langsam auf die be zeichnete Tür zu und langte unwillkürlich nach dem Paralysator an seiner Hüfte. Nie mand hatte daran gedacht, ihn ihm abzuneh men. Hatte man ihn nicht als Waffe erkannt – oder waren die Herren des Planeten sicher, daß er ihnen damit nicht schaden konnte? Die Tür glitt vor ihm zur Seite, und er sah in einen weiteren, diesmal jedoch von gold farbigem Licht erfüllten Raum. Es dauerte
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einen Moment, bis sich seine Augen den veränderten Lichtverhältnissen angepaßt hatten. Dann blieb er abrupt in der Tür ste hen und starrte verblüfft auf die drei Gestal ten, die ihn erwarteten. Waren das die »Erbauer« – die Beherr scher dieser Welt …?
* In der zentralen Funkstation von GonozalMitte herrschte bei Tag und Nacht Hochbe trieb. Es gab eine ganze Batterie von Hyper funkempfängern, sie waren gewissermaßen die Ohren von Kraumon. Die Männer und Frauen, die vor ihnen saßen, waren die be sten Spezialisten, die Atlans Stützpunkt auf zubieten hatte. Sie lauschten pausenlos weit in den Raum, keine irgendwie wichtige Fre quenz blieb unbeachtet. Ihrem Geschick war es zu verdanken, daß Nachrichten von weit entfernten Stationen und Raumschiffen auf gefangen werden konnten, die oft so schwach einfielen, daß ein nur durchschnitt licher Funker sie glatt überhört hätte. Ihre Informationen waren die Mosaiksteine, die, von anderen Spezialisten ausgewertet und in Zusammenhang gebracht, ein gutes Bild von den Ereignissen und Zuständen im ArkonImperium erbrachten. Die in einem kleinen Nebenraum unterge brachte Funkstelle für den Normalwellenbe reich war dem gegenüber unbedeutend. Über sie gingen nur die alltäglichen Gespräche der Sektionen, bei ihr meldeten sich Gleiter und andere Fahrzeuge an und ab, die den Stützpunktbereich aus irgendwelchen Grün den verließen. In ihr war auch registriert worden, daß an diesem Vormittag Corpkor und Eiskralle aufgebrochen waren, um einen Jagdausflug zu unternehmen. Am frühen Nachmittag – der Tag von Kraumon war 32 Stunden lang – meldete sich nun der Chretkor vom Gleiter aus. Er war sehr aufgeregt und berichtete, daß Corp kor spurlos verschwunden wäre. Die junge Frau verstand seine überstürzten Worte nur halb und fühlte sich außerdem nicht kompe
tent. Sie reichte das Gespräch zum Zentral gebäude weiter, wo Helos Trubato als Offi zier vom Dienst saß. Eiskralle atmete auf, als sein Gesicht auf dem Bildschirm des Gleiters erschien. »Sie müssen mir Hilfe schicken, Helos«, sagte er. »Ich sitze hier etwa fünfhundert Kilometer von der Siedlung entfernt, und es ist etwas sehr Merkwürdiges passiert. Corpkor war mit mir zusammen auf der Jagd, hatte ein Tier erlegt und schickte mich fort, unseren Gleiter zu holen. Er hatte zwischen Bäumen irgendein altes Mauerwerk entdeckt, das er sich näher ansehen wollte. Als ich zurück kam, gab es dort ein Loch im Boden, durch das er gestürzt sein muß. Darunter ist ein Hohlraum und ich glaubte zuerst, Corpkor sei durch den Sturz ohnmächtig geworden, weil er auf meine Rufe keine Antwort gab. Ich habe dann hinuntergeleuchtet und ein paar möbelartige Gegenstände entdeckt. Nur Corpkor war nicht aufzufinden! Er kann den Raum aber nicht verlassen haben, denn es gibt außer dem Loch keinen Ausgang. Er ist einfach weg – spurlos verschwunden.« Trubato kratzte sich hinter dem Ohr. »Eine reichlich mysteriöse Sache«, gab er zu. »Sind Sie sicher, daß er nicht doch wie der durch das Loch herausgekommen ist und einen Spaziergang durch die Umgebung macht? Das wäre eine durchaus plausible Erklärung. Vielleicht wollte er auch einen Scherz mit Ihnen treiben und hat sich ir gendwo versteckt?« Der Chretkor schüttelte den Kopf, das er regte Pulsieren des Blutes in seinen Adern war deutlich zu sehen. »Ausgeschlossen, Helos. Das Loch ist mehrere Meter tief, und er hatte keine Hilfsmittel bei sich. Außer dem hätte ich dann in dem losen Boden sei ne Spuren sehen müssen, aber es gibt kei ne.« Trubato glaubte immer noch, daß alles ei ne natürliche Erklärung finden würde. Trotz dem nickte er nun. »Gut, ich werde veran lassen, daß jemand zu Ihnen kommt. Vor sichtshalber werde ich …« Er fuhr zusammen und unterbrach sich,
38 denn in diesem Moment gellte der Alarm zu ihm herein. Überall in der Stadt waren Lärmpfeifen und Alarmsirenen angebracht, die nun schlagartig ihr infernalisches Kon zert begannen. Das konnte keiner der in re gelmäßigen Abständen durchgeführten Pro bealarme sein, sonst hätte Helos als Offizier vom Dienst davon gewußt. Es handelte sich also um einen Ernstfall, und das Problem Corpkor war für ihn plötzlich unbedeutend geworden. »Kommen Sie schnellstens zurück«, schrie er in das Mikrophon. »Hier wird gera de Alarm gegeben, ich habe keine Zeit mehr …« Er schaltete hastig ab, die Bildfläche im Gleiter wurde grau. Eiskralle lehnte sich zu rück und kam sich sehr verlassen vor. Er hatte die Geräusche der Pfeifen und Sirenen mitgehört und wußte, daß tatsächlich etwas Ernstes im Gange war. Was sollte er nun tun? Es widerstrebte ihm, einfach zurückzu fliegen und Corpkor einem Ungewissen Schicksal zu überlassen. Falls der Stütz punkt wirklich angegriffen wurde, wäre er ohnehin zu spät dort angelangt, um irgendwie bei der Verteidigung helfen zu können. »Vielleicht wird es doch nicht so schlimm, wie es scheint«, murmelte er schließlich vor sich hin. »Ich bleibe vorerst hier und warte weiter auf Corpkor.« Inzwischen sprach Helos Trubato bereits mit Morvoner Sprangk. Das narbige Gesicht des Kommandanten war zu einer starren Maske geworden, seine Worte kamen rauh und abgehackt. »Großalarm, Helos!« sagte er mit müh sam unterdrückter Erregung. »Alle verfügbaren Schiffe sind schnell stens zu bemannen und gehen nach Plan ›Xarto‹ auf Verteidigungspositionen. Auch die Bodenforts sind einsatzbereit zu machen, unsere schwersten Projektile sollen auf die Abschußrampen gebracht werden. Ein Groß angriff der Maahks steht kurz bevor!« »Maahks…?« fragte Trubato bestürzt. Mit den Methans hätte er zuletzt gerechnet, er
Harvey Patton hatte an einen Überfall der Imperiumsflotte geglaubt. »Wie kommen die denn hierher?« Sprangk zuckte mit den Schultern. »Ich habe jetzt keine Zeit, Ihnen die Zusammen hänge zu erklären. Leiten Sie alles in die Wege, ich bleibe bei Gonozal. Ende.« Helos Trubato schüttelte den Kopf und griff nach dem Schalter der kabelgebunde nen Videoanlage, über die er alle Forts und Raumschiffhangars gleichzeitig erreichen konnte. Im selben Moment blendete ein an derer Bildschirm auf und zeigte das Abbild eines Funkers aus der Hyperfunkstation. Trubato zog die Hand zurück und wandte sich diesem Schirm zu. »Ein Notruf von der MEDON!« sagte der Funker heiser. »Das Schiff ist am strategi schen Transitionspunkt fünf mitten in einem großen Pulk vom Maahkschiffen materiali siert. Es wurde sofort angegriffen und dürfte inzwischen vernichtet worden sein. Mekron Dermitron war nur schwer zu verstehen, es gab starke Störungen durch energetische Entladungen. Wir haben inzwischen pausen los versucht, die MEDON nochmals zu er reichen, aber sie meldet sich nicht mehr.« Trubato dankte kurz und blieb einige Se kunden lang reglos sitzen, als die Verbin dung unterbrochen war. Er kannte die Koor dinaten des Transitionspunkts, wußte also, daß der Feind nur noch zwölf Lichtjahre ent fernt war. Offenbar hatten sich die Walzen schiffe dort zum Angriff auf Kraumon ge sammelt. Zweifellos hatten sie Dermitrons Funkspruch abgehört – das bedeutete, daß sie nun früher als geplant kommen würden, um den Verteidigern möglichst wenig Zeit zum Organisieren der Abwehr zu lassen! Ein letzter Gedanke des Bedauerns für Mekron Dermitron und seine Männer, dann wurde Helos aktiv. Sekunden später stand die Ringverbindung, kurz und präzise gab er seine Befehle. Die Bevölkerung von Gono zal-Mitte und den Außensiedlungen war schon direkt nach Ertönen des Alarms aus ihren Häusern und Arbeitstätten geeilt und hatte die überall vorhandenen Tiefbunker aufgesucht. Nun war das militärische Perso
Angriff auf Kraumon
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nal an der Reihe, das an Sammelpunkten ab rufbereit stand. Schnell, aber diszipliniert, machten sich die Männer auf den Weg. Zahlreiche Elek trofahrzeuge rasten durch die Tunnels zu den Bodenforts und den subplanetaren Han gars, in denen die Raumschiffe von Atlans kleiner Flotte standen. Vor wenigen Stunden waren es noch fünfzehn gewesen. Jetzt fehl te eines davon – die MEDON … Die Schächte am Raumhafen öffneten sich, und in rascher Folge schwebten die Schiffe ins Freie. Es waren zumeist kleinere Einheiten, Leichte und Schwere Kreuzer von 100 und 200 Meter Durchmesser. Nur die ISCHTAR und die vor einigen Monaten er beutete DAKKRON waren 300 Meter groß. Besorgt dachte Trubato daran, wie schwach die Streitmacht Kraumons doch war. Die Kugelraumer waren zwar bedeu tend wendiger als die Walzenschiffe der Maahks, aber diese kamen zweifellos mit ei ner erdrückenden Übermacht. Wenn wenigstens Atlan hier wäre! ging es dem Offizier durch den Kopf. Er hätte even tuell einen anderen Ausweg als die Konfron tation gefunden. Vielleicht hätte er den Be fehl gegeben, Kraumon ganz zu räumen, ehe die Methans eintrafen. Morvoner Sprangk war ein guter Soldat, aber soweit reichten seine Vollmachten nicht. Was mochte er jetzt tun? Warum legte er solchen Wert darauf, bei dem alten Impera tor zu bleiben, statt persönlich das Komman do zu führen? Sollten Akouhls Experimente wirklich von Erfolg gekrönt gewesen sein?
8. Morvoner Sprangk gehörte zu den weni gen, die aus irgendwelchen Gründen nicht in die Bunker gegangen waren. Er befand sich noch immer in dem Laborraum, in dem der Körper Gonozals VII. vom Bewußtsein ei nes Maahks beseelt, sich aufhielt. Nur Terc on Akouhl und Sehrtos waren freiwillig da geblieben; der Wissenschaftler hatte den frü heren Imperator für nicht transportfähig er
klärt. Alle anderen hatten sich inzwischen in Sicherheit gebracht. Wirklich in Sicherheit? dachte der alte Haudegen bitter. Wenn die Maahks angrei fen, werden sie, wie üblich, ganze Arbeit tun! Unsere Schiffe können sie vielleicht für einige Zeit aufhalten, wirksam abwehren aber auf keinen Fall. Sie werden durchsto ßen und dann die Bodenforts vernichten – und dabei wird die ganze Stadt mit draufge hen, einschließlich der Bunker. Inzwischen hatte er von Grek 48 fast alles über den bevorstehenden Angriff erfahren. Das hatte ihn in die Lage versetzt, bereits Alarm zu geben, ehe Dermitrons Warnung eintraf. Der unfreiwillige Gast war in einer bemit leidenswerten Lage. Sein Bewußtsein be fand sich zwar in Gonozals Körper, ver mochte ihn jedoch infolge der großen Unter schiede zwischen den beiden Rassen nicht voll zu beherrschen. Vielleicht wäre es ihm gelungen, hätte es nicht etwas gegeben, das Akouhl als eine Art von »Rückkopplungseffekt« bezeichnete. Es be stand immer noch eine gewisse geistige Ver bindung zum Körper von Grek 48, der re gungslos in der Medostation eines weit ent fernten Walzenraumers lag. Immerhin konnte der Maahk durch den Mund Gonozals sprechen, und er beantwor tete bereitwillig alle Fragen. Die geistige, al le Emotionen hemmende Schranke seiner Rasse schien zugleich mit der Übersiedlung in den fremden Körper gefallen zu sein. Er empfand echte Angst, die nicht nur durch die ungewohnte Umgebung und die Anwe senheit der Todfeinde bedingt war. »Passen Sie gut auf ihn auf«, wies der Kommandant Terc on Akouhl an. Dann be gab er sich zum Videophon, das permanent mit der Befehlszentrale in Verbindung blieb. »Noch nichts, Helos?« fragte er knapp. Trubato schüttelte den Kopf. »Bisher kei ne Fremdortungen, Kommandant. Unsere Schiffe haben die vorgesehenen Positionen eingenommen, Karmina Arthamin führte den Oberbefehl. Ich habe ihr davon abgera
40 ten, aber Sie kennen sie doch ….« Sprangk nickte kurz. Er schätzte die Son nenträgerin hoch ein, die aus einer erbitter ten Feindin zu Altans bester Freundin ge worden war. Sie würde zweifellos alles tun, um den Angreifern einen heißen Empfang zu bereiten, aber Wunder konnte auch sie nicht bewirken. Er wollte etwas sagen, aber in diesem Au genblick ruckte Trubatos Kopf beiseite; of fenbar sah er auf einen anderen Bildschirm. Morvoner Sprangk vernahm hastig hervor gestoßene Worte, ohne sie jedoch verstehen zu können. Dafür dachte er sich seinen Teil. »Sie sind also da!« sagte er tonlos, als sich der Offizier wieder ihm zuwandte. Helos Trubato zog eine Grimasse. »Sie sind in einer Massentransition nur dreihundert Millionen Kilometer über Krau mon herausgekommen. Ich kann nicht ver stehen, woher sie unsere Position so genau kennen mögen, nach der Orbanaschols Leute schon seit langem suchen.« Der Kommandant lächelte düster. »Zweifellos von Carock Ekalv, Helos. Er war wirklich ein Verräter und hat die Koor dinaten auf Posalkehn irgendwie preisgeben können, ehe er getötet wurde. Das spielt jetzt aber kaum noch eine Rolle. Suchen Sie die Ausweich-Befehlsstelle im Tiefbunker auf, von dort aus können Sie mich dann wei ter unterrichten.« Er kehrte in den Laborraum zurück und bemerkte sofort, daß Grek 48 merklich unru higer geworden war. Der Körper des Impe rators warf sich hin und her, abgehackte Laute kamen aus seinem Mund, die der Translator nicht übersetzen konnte. Die Nä he des eigenen Körpers schien den Geist des Maahks stark zu beeinflußen. Terc on Akouhl reagierte sofort. Er inji zierte Gonozal VII. ein starkes Sedativum, das schon nach wenigen Sekunden wirkte. Die Gestalt auf der Liege kam wieder zur Ruhe, die ziellos umherhuschenden Augen wurden blicklos und starr. Sprangk unter richtete den Wissenschaftler mit knappen Worten über die bedrohliche Zuspitzung der
Harvey Patton Lage. Akouhl hob die Schultern. »Mit etwas Ähnlichem haben wir von Anfang an rech nen müssen, Morvoner. Nach der Wahr scheinlichkeitsrechnung kann ein bestimm ter Zustand nicht für alle Zeiten erhalten bleiben. Früher oder später kommt unwei gerlich etwas, das ihn ändert, und so ergeht es nun auch uns.« »Später und um einiges weniger massiv wäre mir bedeutend lieber gewesen«, meinte der Kommandant trocken. »Der einzige Trost ist für mich, daß wir, falls wir getötet werden, nicht von Arkonidenhand umkom men. Andererseits würde ich gern mit gegen die Maahks kämpfen; ich mag aber den hilflosen Imperator in dieser bitteren Stunde nicht verlassen. Wenn es schon sein muß, will ich mit ihm zusammen sterben.« Er ließ sich schwer in einen Sessel fallen und dachte an das, was sich jetzt im Raum rings um Kraumon abspielen mochte.
* Karmina Arthamin stand hoch aufgerich tet in der Kommandozentrale der ISCHTAR. Ihr Gesicht war streng und blaß, ihre Augen hingen an den Ortungsbildschirmen. Soeben hatten die Strukturtaster den Austritt der Maahkflotte aus dem Hyperraum registriert. Der Eintauchschock war so stark und nahe gewesen, daß die meisten Instrumente ihren Geist aufgegeben hatten. Auf dem großen Panoramaschirm waren die feindlichen Raumer als eine Ansamm lung von kleinen grünen Punkten zu erken nen. Es waren so viele, daß das Auge sie nicht zählen konnte. Das besorgte der Com puter innerhalb von Sekundenbruchteilen. »Einhundertfünfzehn Schiffe, Sonnenträ gerin«, meldete ein Techniker von dort. »Alles Schlachtraumer von anderthalb bis zweieinhalb Kilometer Länge.« Karmina biß sich auf die Lippen, denn das war eine Armada, die mühelos ein großes Sonnensystem zerstören konnte. Sie dachte aber trotzdem nicht daran, den Befehl zur
Angriff auf Kraumon Flucht zu geben, um das Leben der Besat zungen und die Schiffe zu retten. Unten auf Kraumon saßen rund vierzehntausend Men schen in den Bunkern, die dann von vorn herein verloren gewesen wären. So gab es wenigstens noch eine winzige Überleben schance für sie. Vielleicht begnügten sich die Methans damit, die kleine Verteidiger flotte zu vernichten? Daß sie neuerdings im mer öfter Gefangene machten, hatte das Bei spiel Posalkehn bewiesen. Entschlossen trat sie vor die Aufnahme optik des Normalfunkgeräts, und nun erschi en ihr Bild in allen Zentralen der übrigen Schiffe. »Wir greifen an«, befahl sie mit fe ster Stimme. »Tod allen Maahks!« »Tod allen Maahks!« lautete die verbissene Antwort ihrer Leute. Sekunden später nahmen die vierzehn Raumer Fahrt auf, ver ließen den Orbit und strebten dem Feind ent gegen. Auch die Walzenraumer hatten in zwischen eine parabolförmige Angriffsfor mation gebildet und hielten auf Kraumon zu. Die erste Gefechtsberührung erfolgte etwa hundert Millionen Kilometer vor dem Plane ten. Natürlich konnten Atlans Schiffe nicht in einem geschlossenen Verband angreifen. Sie wären dann sehr rasch eingekesselt und durch konzentrisches Feuer vernichtet wor den. Stattdessen zogen sie sich weit ausein ander und stürzten sich von allen Seiten her auf die Gegner. Wütendes Sperrfeuer schlug ihnen entge gen und zwang die Piloten immer wieder zu wahren Flugkunststücken. Sie konnten im mer nur sekundenlange Attacken wagen, dann mußten sie rasch wieder abdrehen. In dieser Zeit wurden die Strahlgeschützte ab gefeuert und Kampftorpedos auf den Weg geschickt. Der Erfolg blieb gleich Null. Die Feuer leitoffiziere kamen einfach nicht dazu, durch Punktbeschuß die Schutzschirme der Maahkschiffe aufzubrechen und dann die Torpedos in die Lücken zu jagen. Die Pha lanx der Walzenraumer flog unbeirrt weiter auf Kraumon zu. Als sie den Planeten nach
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einer Stunde erreichte, hatte sie lediglich zwei Schiffe durch Zufallstreffer verloren. Die übrigen gingen daran, Kraumon einzu kesseln und den Stützpunkt anzugreifen. Wildes Abwehrfeuer der Bodenforts machte ihnen zu schaffen. Fünf Maahkrau mer wurden voll getroffen und explodierten, aber dann hatten sich die übrigen einge schossen. Ein wahrer Vorhang aus Energie strahlen schlug zum Boden nieder und ver nichtete ein Fort nach dem anderen. Nur der Umstand, daß die Bedienungsmannschaften tief unter dem Boden in Bunkern saßen, ret tete ihnen das Leben. In ohnmächtigem Grimm verfolgten Helos Trubato und seine Mitarbeiter vom Kom mandobunker aus dieses Geschehen. Immer noch flogen Karmina Arthamins Schiffe At tacken, wurden jedoch durch das Feuer der nun auf engem Raum konzentrierten Wal zenraumer regelmäßig zurückgeschlagen. Dann sah Trubato, daß die direkt über Gono zal-Mitte stehenden Schiffe ihre Schutz schirme abschalteten. Gleich darauf öffneten sich ihre Schleusen, und Tausende von win zigen Punkten fielen dem Boden entgegen. »Landekommandos!« sagte Hong Olvan tonlos. Er war Offizier der MEDON gewe sen, hatte jedoch den Patrouillenflug wegen einer leichten Erkrankung nicht mitgemacht. »Offenbar wollen die verdammten Maahks den Stützpunkt unzerstört übernehmen. Vielleicht soll hier ein zweites Posalkehn …« »Ruhe!« unterbrach ihn die erregte Stim me einer Funkerin. »Trubato, die Methans funken uns an – sie unterbreiten uns ein Ver handlungsangebot!« Einige rasche Sprünge brachten den ver blüfften Offizier vor das Funkgerät. Dessen Bildschirm blieb grau, aber aus der Feld membrane kamen Worte, deren Monotonie verriet, daß sie von einem Translator ins Ar konidische übersetzt wurden. »Grek 1 der 274. Strategischen Einsatz flotte an den Arkoniden Atlan: Sie sind ein Rebell und damit auch ein Feind des Arkon-Imperiums. Die Basis für
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Harvey Patton
eine begrenzte Zusammenarbeit zwischen Ihnen und uns ist also gegeben. Wir könnten diesen Stützpunkt mit allen Bewohnern ohne weiteres vernichten. Davon wird jedoch ab gesehen, wenn Sie sofort Kontakt mit mir aufnehmen, um Verhandlungen zu führen. Die Antwort ist innerhalb von zehn Minuten Ihrer Zeit zu geben. Anderenfalls werden die bereits abgesetzten Landetruppen planmäßig mit der Eliminierung beginnen. Ende.« Helos Trubato schüttelte benommen den Kopf. Hinter ihm hatte sich eine wahre Men schentraube gebildet, alle lauschten atemlos der Mitteilung, die nun wiederholt wurde. Trubatos Knie gaben nach, er ließ sich in einen Sessel fallen. In seinem Kopf über schlugen sich die Gedanken. Er hatte mit dem Schlimmsten gerechnet – und nun das…? Das Funkgerät verstummte, alle Augen richteten sich auf ihn. Langsam stemmte er sich hoch, winkte das Mädchen am Funkge rät zur Seite und nahm vor diesem Platz. »Hier spricht Trubato, Offizier vom Dienst«, sagte er tonlos. »Ich bin nicht be fugt, Entscheidungen von solcher Tragweite zu treffen, und Atlan befindet sich nicht auf Kraumon. Falls Sie mit dem Stützpunktkom mandanten verhandeln wollen, werde ich ihn rufen. Ich bitte dann aber, die Frist auf das Doppelte zu verlängern, denn er befindet sich nicht hier.« »Akzeptiert«, schnarrte es nach einer Weile aus dem Gerät. »Verständigen Sie Ih ren Grek 1 und übermitteln Sie uns seine Antwort. Falls er zustimmt, werde ich eine Delegation senden, die bevollmächtigt ist, Abmachungen mit ihm zu treffen. Ende.« »Verstanden, Ende«, brachte Helos müh sam hervor. Dann flog er förmlich zum nächsten Videogerät, um Morvoner Sprangk zu verständigen.
* Corpkor hatte im Lauf der Zeit alle nur möglichen Rassen kennengelernt. Die mei sten waren arkonoid gewesen, aber es hatte
auch seltsame Lebensformen darunter gege ben. Das beste Beispiel war der Magnetier Vorry, der wie ein Faß auf Beinen aussah. Hier hatte er nun Kugeln auf Beinen vor sich! Sie standen im goldenen Licht vor ihm, leicht schaukelnd, denn offenbar hatten die beiden dünnen Beine Mühe, ihre Körper zu tragen. Diese durchmaßen etwa einen Meter und waren mit einem rosigen Flaum be deckt. In halber Höhe kam aus ihnen ein Armpaar mit vier tentakelähnlichen Fingern hervor, lange antennenartige Fühler befan den sich auf ihrer Oberseite. Sie besaßen auch so etwas wie ein Ge sicht, das sich im oberen Drittel der Kugeln befand. Zwei große runde Augen von selt sam irisierender Farbe, darüber zwei spitze buschige Ohren; unter den Augen saß ein schnabelartiges Gebilde, das vermutlich als Nase fungierte. Geradezu grotesk wirkte der etwa dreißig Zentimeter breite Mund mit seinen fleischigen Lippen, die seitlich halb mondförmig nach oben gezogen waren. Er erweckte in dem Tiermeister unwillkürlich Assoziationen zum Lächerlichen hin, so daß er Mühe hatte, sein Gesicht unter Kontrolle zu halten und nicht loszuprusten. Diese Ku gelwesen sahen völlig harmlos, fast liebens wert aus. Er konnte nicht verhindern, daß sich ein entsprechender Gedanke in seinem Gehirn formte. Die Reaktion kam fast augenblick lich. Sie ging von dem mittleren Wesen aus und erfolgte – wie kaum anders zu erwarten – auf telepathischer Ebene. »Ähnliches haben schon viele andere vor dir gedacht, Corpkor«, klang es in seinem Hirn auf. »Wir hatten schon einige Male Be sucher von deiner Art hier, und stets glich ihre Reaktion der deinen. Deine Meinung ist einerseits schmeichelhaft für uns, anderer seits aber auch wieder beleidigend. Wir wol len dir jedoch zugute halten, daß du auf un seren Anblick nicht vorbereitet warst. Au ßerdem entnehme ich deinem Bewußtsein, daß du dich auf die Psyche vieler Wesen verstehst, sogar auf die von Tieren, und uns als deinesgleichen akzeptierst. Sei uns also
Angriff auf Kraumon willkommen.« Corpkor fühlte sich leicht unbehaglich, weil er wußte, daß sein Inneres wie ein offe nes Buch vor dem Geist der Kugelwesen lag. Er beherrschte sich jedoch und nickte ruhig. »Es freut mich, daß ihr es so anseht, ob wohl ich nur ein ungebetener Gast bin«, gab er zurück. »Die Wißbegier trieb mich dazu, das alte Gemäuer zu untersuchen, und dabei fiel ich buchstäblich herein. Ich konnte auch nicht ahnen, was mein Manipulieren an den Schaltknöpfen bewirken würde, sonst hätte ich bestimmt die Finger davon gelassen.« Das rechts stehende Wesen wedelte mit den Ohren. »Du bist im Irrtum, denn für die plötzliche Aktivierung des alten Tores kannst du nichts. Sie kam durch einen Ener gieschock zustande, der auf deiner Welt aus gelöst wurde. Wir freuen uns jedoch, daß du hier bist, wir haben gern fremde Gäste. Sie kommen nur viel zu selten. In den letzten tausend Jahren waren kaum mehr als hun dert Besucher hier, mit denen wir Gedan kenaustausch pflegen konnten.« »Warum geht ihr nicht selbst hinaus, wenn ihr soviel Wert auf Geselligkeit legt?« erkundigte sich der Tiermeister. »Die Gala xis ist groß, es gibt unzählige Intelligenzen, mit denen ihr Verbindung aufnehmen könn tet. Ich nehme an, daß es auf anderen Plane ten noch mehrere eurer Transmitter gibt; die Voraussetzungen wären also gegeben.« Er hatte die rechte Kugel angesehen, dies mal antwortete jedoch die linke. »Wir wür den das gern tun, aber wir können diese Welt nicht mehr verlassen. Unsere Sonne sendet eine ganz bestimmte Strahlungskom ponente aus, die zugleich eine positive und eine negative Wirkung hat. Die positive be steht darin, daß sie uns die relative Unsterb lichkeit verleiht – die negative darin, daß wir ohne sie sofort sterben müssen! Schon eine Minute auf einem fremden Planeten würde uns unweigerlich das Leben kosten.« Corpkor zuckte zusammen. »Ihr seid wirklich unsterblich?« fragte er ungläubig. »Das ewige Leben ist wohl der älteste
43 Traum aller denkenden Wesen im Univer sum. Leider nur ein Wunschtraum, denn noch hat niemand einen sicheren Weg ge funden, ihn zu verwirklichen.« »Du beneidest uns darum«, stellte das mittlere Wesen fest. »Von deinem Stand punkt aus ist das verständlich, aber uns quält dieser Zustand. Jeder von uns ist nach deiner Rechnung etwa zwanzigtausend Jahre alt – aber es sind Jahre voller ständiger Angst ge wesen! Je älter wir werden, um so mehr hän gen wir am Leben. Wir haben unseren Pla neten durch die Automaten so umgestalten lassen, daß jede nur erdenkliche Gefahren quelle eliminiert wurde. Trotzdem wagt sich keiner von uns mehr ins Freie, wir verbrin gen unser ganzes Dasein in den Gebäuden. Und auch darin leben wir in ständiger Furcht davor, daß eine unserer Robotanlagen versa gen könnte und uns umbringt. Wir perfektio nieren alles immer weiter – und doch ist un ser Volk im Lauf der Zeit von zwanzig Mil lionen auf die Zahl von nur noch fünfzigtau send zusammengeschmolzen …« Corpkor nickte, denn er konnte mit den Kugelwesen fühlen. Schon ein normaler Mensch lebte in ständiger Todesfurcht, ob wohl er genau wußte, daß er schon bei sei ner Geburt zum sicheren Ende verurteilt war. Die meisten verdrängten diesen makab ren Gedanken durch ständige Aktivität oder betäubten sich auf andere Weise, und doch kam einmal für jeden das Ende. Diese Frem den hatten das ewige Leben, aber auch sie konnten sich nicht daran erfreuen. Mit jedem verstreichenden Jahr wurde wahr scheinlicher, daß der unberechenbare Zufall auch sie dahinraffte, so vorsichtig sie auch waren … Es war eine psychische Belastung ohnegleichen, die alle sich ergebenden Vor teile wieder negierte. Natürlich hatten die Fremden seine Ge danken verfolgt, und nun meldete sich der mittlere wieder. »Du siehst die Dinge voll kommen richtig, Corpkor. Die Angst be herrscht uns und hat uns steril werden las sen, geistig wie auch körperlich. Wir können keine Nachkommen mehr haben, irgend
44 wann wird also auch unsere Rasse ausster ben. Wir zehren förmlich von den seltenen Besuchen, die durch die wenigen noch er haltenen Tore zu uns kommen. Wir zeichnen ihre Bewußtseinsinhalte auf, auch die schwächsten, nur noch im Unterbewußtsein existierenden Erinnerungen. Das ist auch bei dir geschehen, während du im Vorraum ge wartet hast. Komplizierte Apparaturen sor gen dafür, daß wir alles, was du je erlebt hast, geistig nachempfinden können. Deine Anwesenheit hat also wirklich große Bedeu tung für uns. Unser ganzes Volk wird sich auf Jahre hinaus damit beschäftigen können, unter den Sensorhauben große Abenteuer nachzuvollziehen, ohne dabei selbst in Ge fahr zu geraten.« Corpkors Mitleid mit den Kugelwesen verstärkte sich noch. Was war das für ein kümmerliches ewiges Leben, das seine Im pulse nur noch aus solchen Surrogaten be zog? War es da nicht doch besser, aktiv im Leben zu stehen, Freude und Leid direkt zu empfinden, ohne daran zu denken, was spä ter einmal kam? »Dann hat meine Anwesenheit ihren Zweck ja bereits erfüllt«, stellte er sachlich fest. »Dürfte ich euch bitten, mich wieder zum Transmitter zurückbringen zu lassen? Auf Kraumon wartet mein Gefährte auf mich und wird sich große Sorgen machen.« »Natürlich«, kam sofort die Antwort zu rück. »Begib dich in den Hangar zurück und besteige das gleiche Fahrzeug, mit dem du hierher gekommen bist. Es wird dich zum Tor zurückbringen, und dann werden wir dieses aktivieren. Lebe wohl.« Wenige Minuten danach saß der Tiermei ster wieder in dem ovalen Gefährt, das mit ihm davonschoß. Er hatte ein wirklich unge wöhnliches Erlebnis gehabt, aber den Nut zen daraus hatten allein die Kugelwesen ge zogen. Sie hatten ihm nicht einmal verraten, wie ihre Rasse sich nannte und wo sich ihr Planet befand. Offensichtlich fürchteten sie sich davor, wieder in Kontakt zu anderen Rassen zu treten, weil das Lebensgefahr für sie mit sich bringen konnte. Nun, das war
Harvey Patton immerhin verständlich. Sie hätten sich aber wenigstens bei mir bedanken können! dachte Corpkor grollend. Dann lehnte er sich zurück, schlief ein und wurde erst wieder wach, als das Fahrzeug vor dem Bau mit dem Transmitter aufsetzte. Er stieg aus und ging auf die Tür zu, die sich willig vor ihm öffnete. »Ich danke dir im Namen der Erbauer, Herr«, sagte sie.
9. »Ganz ausgeschlossen, Helos!« knurrte Morvoner Sprangk mit verzerrtem Gesicht. »Wissen Sie eigentlich, was Sie da von mir verlangen? Verhandlungen mit Maahks sind wirklich das letzte, das man mir anbieten kann.« Seine strikte Ablehnung, Gespräche mit den Maahks zu führen, war nur zu verständ lich. Eine kleine Ewigkeit lang hatte er als Pendler zwischen den Dimensionen gegen sie gekämpft. Es gab wohl nur wenige Arko niden, die sie mehr haßten als er. Und nun sollte er sich mit ihnen arrangieren – schon dieser Gedanke allein ließ ihn rot sehen. »Sie müssen mit ihnen reden, Komman dant«, sagte Trubato eindringlich. »Unsere Schiffe und Forts haben getan, was sie konn ten, aber gegen eine solche Übermacht stan den sie auf verlorenem Posten. Jetzt stehen mehr als hundert Walzenschiffe über dem Tal, und Tausende von Methans sind in der Stadt gelandet. Noch beschränken sie sich darauf, die strategisch wichtigen Positionen zu besetzen. In zwanzig Minuten dürfte es jedoch damit vorbei sein – wenn Sie bis da hin nicht Ihr Einverständnis gegeben haben, werden sie angreifen! Denken Sie an die vielen tausend Männer, Frauen und Kinder – ihr Leben hängt von Ihrem Verhalten ab.« Das Gesicht des Kommandanten verfiel sichtlich. »Ich brauche einige Minuten Be denkzeit«, erwiderte er heiser. »Es ist ein schwerer Entschluß, der von mir gefordert wird, und den ich später vor Atlan werde verantworten müssen.«
Angriff auf Kraumon Helos Trubato nickte und unterbrach die Videoverbindung. Sprangk ging mit müden Schritten ins Labor zurück und sah fast vor wurfsvoll auf den regungslosen Körper des Imperators. Dieser Mann hätte bestimmt ge wußt, was jetzt zu tun war, wenn er sich im Besitz seiner Geisteskräfte befunden hätte … »Was soll ich nur tun?« murmelte Morvo ner vor sich hin. »Atlan würde nie mit den Maahks paktieren, da bin ich ganz sicher. Lehne ich jedoch Verhandlungen ab, werden sie unweigerlich hier alles zerstören und kaum jemand am Leben lassen. Stimme ich zu, rette ich zwar meine Leute, doch was dann folgt, ist nicht viel besser als der Tod!« Terc on Akouhl unterbrach sein Grübeln. Sein rundes Gesicht zeigte einen entschlos senen Ausdruck, als er sagte: »Gehen Sie hin und verhandeln Sie mit den Methans, Kommandant. Sie können die Gespräche be stimmt in die Länge ziehen, indem Sie dar auf beharren, die Verantwortung für ein Übereinkommen mit ihnen nicht tragen zu können. Was Kompetenzen sind, werden ih re Anführer auch wissen, und im Grunde hatten sie ja damit gerechnet, hier auf Atlan zu stoßen. Wenn Sie genügend Zeit gewin nen, dürfte ich es schaffen, eine Wende her beizuführen.« »Sie…?« fragte Sprangk gereizt. »Soll das ein Witz sein, Bauchaufschneider? Mit Ihren kleinen technischen Spielereien werden Sie bestimmt keinen Maahk beeindrucken kön nen.« »Doch!« gab Akouhl entschlossen zurück. »Sie wissen ja, daß noch immer jener ›Rückkopplungseffekt‹ besteht, eine gewisse Verbindung zwischen dem Maahkbewußt sein hier und dem Körper von Grek 48 im Führungsschiff der Flotte. Ich habe vor, das erste Experiment unter umgekehrten Vorzei chen zu wiederholen, verstehen Sie? Zuvor habe ich die Hyperenergien, die aus dem Strukturriß kamen, bis auf ein winziges Mi nimum dämpfen müssen. Wenn ich nun das genaue Gegenteil tue …« Er sprach hastig weiter, und schließlich
45 war der Kommandant halb überzeugt. »Gut, versuchen Sie es«, bestimmte er. »Mehr als schiefgehen kann es nicht. Ich werde jeden falls alles tun, um Ihnen den nötigen Zeitge winn zu verschaffen.« Helos Trubato war sehr erleichtert, als er dann zurückrief, denn es war bereits eine Viertelstunde vergangen. Morvoner Sprangk erklärte sich bereit, die Delegation der Maahks zu empfangen, und brach anschließend sofort zum Zentralge bäude auf. Als er mit seinem Gleiter die Stadt über querte, erstickte er fast vor Grimm. Überall waren die riesigen Gestalten der gelandeten Methans in ihren unförmigen Druckanzügen zu sehen, ihre Hände hielten überschwere Impulsstrahler. Damit konnten sie innerhalb von Sekunden ein wahres Inferno entfesseln, aber sie verhielten sich noch passiv und lie ßen sein Fahrzeug unbehelligt. Offenbar hat ten sie inzwischen über Funk die entspre chenden Befehle bekommen. Ein Brausen und Pfeifen, das aus der Hö he kam, kündigte die Ankunft der Maahkun terhändler an. Sie kamen mit einem Beiboot und landeten kurz vor dem Kommandanten in der Grünanlage vor dem Zentralbau. Helos Trubato hatte inzwischen den Bunker verlassen und erwartete sie und seinen Vor gesetzten vor dem Eingang. Unter frostigem Schweigen geleitete er die fünf Kontrahen ten in einen Konferenzraum.
* Inzwischen war Terc on Akouhl sehr ak tiv geworden. Er hatte Sehrtos aus dem Sammelbunker in der Nähe des Hauses zurückgerufen, zu dem es einen unterirdischen Zugang gab. Nun waren beide Männer eifrig damit be schäftigt, die Vorbereitungen für das zweite Experiment zu treffen. Beide achteten nicht auf die zusammenhanglosen Worte in der Maahksprache, die Gonozals Mund noch immer ausstieß. Der Körper des alten Imperators erhielt eine neue Injektion und wurde sorgfältig auf
46 der Liege festgeschnallt. Dann gingen Ak ouhl und Sehrtos daran, die Sensorkontakte wieder an ihm zu befestigen und die Elek troden in sein Gehirn einzuführen. Es gab Schwierigkeiten, denn einige Zuleitungen waren gerissen und mußten ersetzt werden, aber schließlich war doch alles wieder so, wie es sein sollte. Nun kam der zweite, wei taus schwierigere Teil. Mit Hilfe eines kleinen Computers errech nete der Wissenschaftler die umzukehrenden Daten und ihre genaue Reihenfolge. Als er dann einen Blick auf sein Chrono warf, er schrak er, denn inzwischen waren fast vier zig Minuten vergangen. Ob es gelungen war, die Maahks so lange hinzuhalten? Es han delte sich schließlich um keine echten Ver handlungen, sondern um ein starres Ultima tum, über dessen Ablehnung oder Annahme zu entscheiden war! Trotzdem verzichtete er darauf, seinen Assistenten anzutreiben, der nun dabei war, die erforderlichen Kontrollen vorzunehmen. Nur höchste Akribie konnte den von ihm er hofften Erfolg sichern, jede kleine Nachläs sigkeit hätte sich höchst verhängnisvoll aus wirken können. »Alles in Ordnung, Meister«, sagte Sehr tos dann. Terc on Akouhl war nicht sonder lich gläubig, wie die meisten Wissenschaft ler, aber nun rief er doch kurz die Götter Ar kons an. Dann versank er in höchste Kon zentration, und seine Finger legten sich auf das zentrale Schaltpult. Der Konverter lief, alles war bereit. Ak ouhl schaltete, und schon nach wenigen Se kunden wiederholte sich der Vorgang, der den Körper des Imperators aufglühen und transparent werden ließ. Die rauhen Laute des Kraahmak aus seinem Mund verstumm ten abrupt, und nun sah der Arzt seinen Mo ment gekommen. Er leitete die volle Energie seiner Aggregate in die schwache Verbin dung, die zwischen dem Geist von Grek 48 und seinem Körper mehrere tausend Kilo meter über der Stadt bestand. Mit dieser Schaltung führte er einen Abstoßeffekt her bei, der nicht nur das fremde Bewußtsein
Harvey Patton und die Lebensenergie, sondern gewaltige hyperdimensionale Kräfte in einem Stoß hinauf in das Führungsschiff der Methans projizierte. Im nächsten Augenblick schrien beide Männer entsetzt auf. Die Gestalt Gonozals VII. schien sich vollkommen aufzulösen, nur noch verschwommene Umrisse von ihr waren sichtbar. Unter dem Gebäude grollte der Konverter auf, schwere Erschütterungen durchliefen den Boden. Bläuliche Lichtzun gen stachen durch die Abschirmung der Ag gregate und schossen durch den Raum. Sämtliche Instrumente spielten verrückt, der Gestank schmorender Isolationen stieg in Akouhls Nase. Hastig riß er sämtliche Schalter wieder in Nullstellung, denn diese entfesselten Kräfte konnte er nicht mehr bändigen. Nur noch Sekunden, dann hätte die Hyperdim-Energie vielleicht nicht nur das Labor, sondern den ganzen Planeten zer stört. Er sank aufatmend zusammen, als darauf hin fast augenblicklich alles zum Stillstand kam. Der Konverter lief aus und mit ihm das gesamte Instrumentarium, alle Anzeigen gingen auf Null zurück. Auch der Körper des Imperators wurde wieder stabil, und Ak ouhl schickte ein zweites Gebet zu den Göt tern empor. Er konnte nicht sehen, was sich inzwi schen weit über dem Planeten abspielte. Er neut brach zwischen Kraumon und seiner Sonne das Gefüge des Hyperraumes auf, viel stärker noch als beim ersten Mal. Die Maahks in ihren Schiffen fuhren zusammen, denn auch bei ihnen schossen sämtliche An zeigen auf unsinnig hohe Werte hoch. Sie erschraken noch viel mehr, als ihr Führungsschiff im nächsten Moment in ei ner gigantischen Explosion auseinanderflog … Zu dieser Zeit waren die Gespräche zwi schen Morvoner Sprangk und den Methans gerade auf dem absoluten Nullpunkt ange langt. Grek 1 war nicht selbst nach GonozalMitte gekommen, sondern hatte seinen Stell vertreter und drei Begleiter entsandt. Das
Angriff auf Kraumon hatte nicht viel zu bedeuten, denn Grek 2 dachte genauso kühl und logisch wie er. Sprangk konnte vorbringen, was er wollte, er stieß auf eine Mauer eisiger Ablehnung. Es war ihm zwar gelungen, Zeit herauszu schinden, denn er dachte grundsätzlich nüchtern und pragmatisch, war seinen Kon trahenten also ein fast ebenbürtiger Gegner. Nun sah er sich jedoch am Ende. Grek 2 wiederholte erneut die ultimativen Forderun gen und drohte letztmalig mit einer Vernich tung des Stützpunkts. Plötzlich unterbrach er sich aber, denn sein Anzugfunkgerät sprach an. Ungläubig lauschte er der Nachricht, die von einem seiner Raumer kam. Er hatte vergessen, zuvor seinen Transla tor auszuschalten, also konnten die beiden Männer alles mithören. Die Meldung besag te kurz und bündig, daß das Führungsschiff der Methans soeben zerstört worden wäre, offenbar durch eine plötzlich eingetretene Überladung mit hyperdimensionaler Ener gie. Die Techniker brachten dies mit einem gleichzeitig aufgetretenen starken Struktur riß zwischen Normal- und Hyperraum in Zu sammenhang. Sie äußerten die Befürchtung, daß es zu weiteren Schiffsexplosionen kom men könnte, denn der Riß hatte sich noch immer nicht geschlossen. Ein triumphierendes Aufleuchten ging über Morvoner Sprangks Gesicht. Also hatte Terc on Akouhl doch Erfolg gehabt! Bei der Vernichtung des Raumers mußte Grek 1 mit umgekommen sein. Sprangk wußte, daß nur dieser Maahk vollständig über die Pläne sei nes Oberkommandos unterrichtet gewesen war; er hatte das von Grek 48 erfahren. Wie weit mochten die Vollmachten seines Stell vertreters gehen? Würde er nun das Unter nehmen konsequent fortsetzen oder nicht …? Grek 2 stand sekundenlang wie gelähmt da. Seine Begleiter sahen ihn an und warte ten auf seine Reaktion, aber er schien sich nur schwer zu einem Entschluß durchringen zu können. Seine Augenlider klappten ab wechselnd auf und zu, also war er erregt, so weit das bei einem Maahk möglich war:
47 Endlich kam er doch zu einem Entschluß. »Wir ziehen uns vorübergehend von dem Planeten zurück«, bestimmte er. »Die Logik gebietet, daß wir die Sicherheit der Flotte über alles andere stellen müssen. Die Lande truppen sollen sofort den Rückweg zu ihren Schiffen antreten, die sich anschließend drei Lichtstunden weit absetzen, um aus dem Wirkungsbereich des Strukturrisses zu kom men.« Erst jetzt bemerkte er, daß die beiden Ar koniden alles mitgehört hatten. Das war nun nicht mehr zu ändern, also ging er einfach darüber hinweg. »Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen«, warnte er den Kom mandanten. »Sobald sich die Lage wieder normalisiert hat, kehren wir zurück, unser Ultimatum behält seine Gültigkeit.« Eine Minute später startete sein Beiboot wieder und brachte die Delegation zur Flotte zurück. Helos Trubato sah Sprangk verwun dert an, und dieser lächelte grimmig. »Das haben wir Akouhl zu verdanken, Helos! Er hat die Hyperdim-Energie in den Walzenraumer geleitet und uns dadurch eine längere Atempause verschafft. Ich gedenke sie zu nutzen, aber zunächst wollen wir ein mal sehen, wie es über dem Planeten aus sieht.« Sie begaben sich in einen anderen Raum. Dort stellte er eine Verbindung zur Ortungs zentrale her und ließ sich die entsprechenden Bilder überspielen. Die Maahks befanden sich tatsächlich voll auf dem Rückzug. Ihre Landetruppen hatten die Stadt verlassen und begaben sich mit Hilfe ihrer starken Anzugtriebwerke zu den Schiffen empor. Von diesen hatten etwa zwei Drittel bereits Fahrt aufgenommen und entfernten sich von Kraumon. Auch die üb rigen folgten ihrem Beispiel, nachdem die Landekommandos in den Schleusen ver schwunden waren. Der Strukturriß war in zwischen schwächer geworden, stand aber immer noch düsterrot wabernd zwischen der Sonne und dem Planeten. »Wir sollten versuchen, ihn zu stabilisie ren«, überlegte der Kommandant. »Wenn
48 Akouhl ihn für einige Tage erhalten kann, dürften die Methans doch erhebliche Beden ken bekommen. Vielleicht blasen sie darauf hin ihre Aktion gegen uns tatsächlich ganz ab.« Er rief das Labor im Medozentrum an und unterbreitete dem Wissenschaftler diesen Vorschlag. Akouhl lehnte jedoch sofort ent schieden ab. »Das kann ich nicht noch einmal riskie ren, Kommandant. Alle Aggregate sind schwer in Mitleidenschaft gezogen, sie hal ten eine zweite derartige Belastung einfach nicht mehr aus. Wir würden höchstens ris kieren, daß sie explodieren, und das könnte unabsehbare Folgen für den Stützpunkt ha ben.« »Ich schicke Ihnen umgehend Techniker, die alles wieder instand setzen«, versprach Morvoner Sprangk. »Wir haben nach meiner Schätzung etwa einen Tag Zeit gewonnen, und das dürfte dazu ausreichen. Wie geht es Gonozal VII. jetzt?« Terc on Akouhl seufzte resigniert. »In dieser Hinsicht hat das Experiment leider keinen Erfolg gezeitigt. Seit das Bewußtsein des Maahks ihn verlassen hat, ist er wieder in seinen vorherigen Zustand absoluter Teil nahmslosigkeit zurückgefallen. Sein Gehirn ist so leer, wie es seit seiner Wiederbelebung war. Trotzdem sollten wir die Hoffnung nicht aufgeben, Kommandant. Daß meine Idee gut ist, ist jetzt prinzipiell erwiesen. Ei ne Verbesserung der Methode könnte es ei nes Tages doch zuwege bringen, daß er wie der neue Lebensenergie erhält.« »Das würde niemand mehr freuen als mich«, gab Sprangk zurück. »Vorerst ist an eine Wiederholung Ihrer Versuche jedoch nicht zu denken. Beschränken Sie sich dar auf, Ihr Instrumentarium wieder in Ordnung zu bekommen, damit wir uns die Maahks vom Hals halten können. Noch ist Kraumon nicht verloren.« »Vielleicht kehrt auch der Kristallprinz in der Zwischenzeit zurück«, meinte Trubato, als die Verbindung unterbrochen war. Der Kommandant schüttelte jedoch den Kopf.
Harvey Patton »Eben das sollten wir uns nicht wün schen, Helos. Wir haben keine Verbindung mit Atlan, können ihn also auch nicht von dem verständigen, was sich inzwischen hier ereignet hat. Er würde vollkommen ah nungslos hier ankommen, und dann wäre es den Maahks ein leichtes, sein Schiff zu zer stören oder aufzubringen. Eine solche Beute würden sie sich trotz des Strukturrisses nicht entgehen lassen.« Er wollte den Interkom wieder einschal ten, um die Techniker für Akouhl anzufor dern, aber die Ortungszentrale kam ihm zu vor. Auf dem Bildschirm erschien das über aus erregte Gesicht des Leiters der Station. »Neue Ortungen, Kommandant!« sprudel te er hervor. »Soeben haben wir zahlreiche Eintauchschocks von Schiffen angemessen, die wenige Lichtstunden vor Kraumon aus dem Hyperraum gekommen sind. Es könnte sich um weitere Einheiten der Maahks han deln, aber genau läßt sich das mit den relativ schwachen Anlagen hier im Bunker nicht feststellen.« Morvoner Sprangk zuckte zusammen, fing sich aber sofort wieder. »Besetzen Sie umgehend wieder die regulären Anlagen«, bestimmte er. »Ich muß genau wissen, was da vor sich geht, damit ich meine Maßnah men danach einrichten kann. Geben Sie mir umgehend Bescheid, sobald zuverlässige Daten vorliegen.« »Eigentlich halte ich es für unwahrschein lich, daß es sich um eine weitere Flotte der Methans handelt«, überlegte Helos Trubato. »Ihr jetziges Aufgebot ist schon so stark, daß es im Verhältnis zu unseren schwachen Kräften an Verschwendung grenzt. Wer soll te es aber sonst sein?« »Einheiten der arkonidischen Imperiums flotte, Helos!« sagte Sprangk mit versteiner tem Gesicht. »Überlegen Sie doch nur ein mal: Zuerst sind mehr als hundert Walzen schiffe in einer Massentransition hier ange kommen. Der dabei unvermeidliche Ein tauchschock muß so stark gewesen sein, daß man ihn mühelos über Hunderte von Licht jahren hinweg anmessen konnte. Ebenso
Angriff auf Kraumon verhält es sich auch mit den beiden Struktur rissen, die Akouhl ungewollt erzeugt hat. Das zuständige Sektorenkommando konnte mit Leichtigkeit feststellen, daß sich zur Zeit keine Schiffe der Imperiumsflotte in diesem Gebiet aufhalten. Es war also klar, daß es Maahkschiffe sein mußten, die hier aktiv wurden, und so hat man umgehend alle ver fügbaren Einheiten hierher in Marsch ge setzt. Anders kann es gar nicht sein.« Trubatos Augen waren groß geworden. »Sie dürften vermutlich recht haben, Kom mandant«, erwiderte er heiser. »Wenn das so ist, dann sitzen wir aber jetzt zwischen zwei Feuern! Hier die Maahks, da die Schiffe von Arkon – es dürfte umgehend zu einer Schlacht zwischen beiden kommen. Ganz gleich, wer sie gewinnt, die eigentlichen Verlierer werden wir sein!« »Abwarten!« entgegnete der Komman dant, und sein Gehirn arbeitete bereits fie berhaft.
10. Die vierzehn Schiffe der kleinen Flotte von Kraumon hatten ihre aussichtslosen Versuche, etwas gegen die überstarken Ein heiten der Methans zu unternehmen, längst aufgegeben. Sie hatten sich auf Befehl von Karmina Arthamin bis hinter den Wirkungs bereich der maahkschen Strahlgeschütze und Raketen zurückgezogen. Aus dieser Position beobachteten sie aufmerksam, was inzwi schen im Bereich des Planeten geschah. Die Sonnenträgerin verzweifelte fast. Das als Verhandlungsangebot kaschierte Ultima tum der Feinde war natürlich auch in ihren Raumern empfangen worden. Die Stimmung der Männer war daraufhin auf den Nullpunkt gesunken. Karmina hatte nur mit Mühe eini ge Kommandanten daran hindern können, sich in selbstmörderischen Aktionen auf die geballte Phalanx der Walzenraumer zustür zen. Da niemand etwas von Terc on Akouhls Experimenten wußte, waren die beiden Strukturrisse für alle vollkommen überra
49 schend aufgetreten. Man hatte ihnen aber auch keine allzu große Bedeutung beigemes sen, sie waren so weit entfernt, daß sie die Raumer nicht gefährden konnten. Die Sorge aller galt ihren Gefährten oder Angehörigen auf Kraumon. Daß sich Morvoner Sprangk bereitgefun den hatte, mit dem Feind zu verhandeln, wurde von allen verstanden. Er hatte keine andere Wahl, wenn er nicht die sofortige Zerstörung des Stützpunkts riskieren wollte. »Ob er damit aber etwas erreichen wird?« fragte einer der Offiziere die Sonnenträgerin zweifelnd. Er erhielt keine Antwort, denn Karmina Arthamin sah mit geweiteten Au gen auf die Bildschirme, auf denen gerade die Vernichtung des Flaggschiffs der Me thans zu sehen war. Lauter Jubel scholl durch die Kommandozentrale, aber niemand dachte daran, diesen Vorfall mit dem kurz zuvor registrierten Aufbruch des Hyper raums in Verbindung zu bringen. Man glaubte vielmehr, daß er durch einen Be schuß vom Boden her ausgelöst worden sei. Alle warteten fiebernd auf weitere Explo sionen, doch diese blieben aus. Stattdessen konnten sie den Rückzug der Maahks beob achten. Neue Hoffnung keimte in ihnen auf, aber Karmina mußte sie gleich wieder dämpfen. Den zwischen den Walzenraumern gewechselten Funksprüchen konnte sie ent nehmen, daß es nur eine befristete Absetzbe wegung war. Kraumon hatte lediglich eine Galgenfrist erhalten, mehr nicht. Als dann plötzlich die inzwischen wieder reparierten Strukturtaster erneut anschlugen, war die Verwirrung groß. Schon nach kurzer Zeit lagen die ersten Auswertungen vor. »Es handelt sich um Ein heiten der Imperiumsflotte, Sonnenträge rin!« meldete der Ortungstechniker erregt. »Bis jetzt sind neunzig Schlachtschiffe und Schwere Kreuzer hier angekommen, weitere folgen immer noch nach. Alle Raumer ha ben sofort Fahrt aufgenommen und steuern mit Vollast auf den Verband der Walzenrau mer zu.« Karmina Arthamin starrte mit brennenden
50 Blicken zum großen Panoramaschirm hin auf. Als der letzte Eintauchschock abgeklun gen war, hatten einhundertzwölf arkonidi sche Kampfschiffe den Bereich von Krau mon erreicht. Keines von ihnen kümmerte sich um den Planeten, alle warfen sich sofort dem Feind entgegen. Die vierzehn in relativ geringer Entfernung vom Stützpunkt stehen den Schiffe Atlans schienen unbemerkt ge blieben zu sein. Das ist unsere Chance! schoß es durch den Kopf der Kommandantin. Hier bahnt sich eine Raumschlacht an, die zweifellos viele Stunden andauern wird. Diese Zeit müssen wir nutzen. »Stellen Sie schnellstens eine Verbindung zu Morvoner Sprangk her«, befahl sie dem Funker. Im nächsten Moment blendete aber bereits ein Bildschirm auf, auf dem das nar bige Gesicht des Stützpunktkommandanten erschien. Rasch trat Karmina vor die Auf nahmeoptik, und Sprangk nickte ihr kurz zu. »Lassen Sie sämtliche Schiffe sofort auf unserem Hafen landen«, ordnete er an. »Wir müssen den Stützpunkt aufgeben, so schwer uns das auch fällt. Die Maahks und die Im periumsschiffe werden sich eine Schlacht auf Biegen und Brechen liefern, und eine der beiden Seiten muß zwangsläufig dabei die Oberhand behalten. Die Sieger werden dann aber in jedem Fall Kraumon als Beute neh men! Ob Maahks oder Arkoniden, wir haben weder von diesen noch von jenen etwas Gu tes zu erwarten. Nur eine rasche Evakuie rung kann uns davor bewahren, das Opfer einer neuen Okkupation zu werden.« Die Sonnenträgerin lächelte leicht. »Genau das hatte ich mir auch schon über legt, Morvoner. Ich wollte Sie gerade anru fen, um Ihnen denselben Vorschlag zu ma chen. Der Landebefehl wird sofort gegeben; ich werde anschließend alles aus den Schif fen schaffen lassen, was wir nicht unbedingt brauchen, um Platz für die Leute zu schaf fen.« »In Ordnung, Ende«, gab der Komman dant zurück. Im nächsten Augenblick ließ er bereits eine Ring-Schaltung zu allen Bun-
Harvey Patton kern herstellen und ordnete die Evakuierung an. »Schärfen Sie den Leuten ein, daß auf die Mitnahme jeden Gepäcks verzichtet werden muß«, wies er seine Offiziere an. »Unsere Schiffe sind nicht darauf eingerichtet, eine so große Personenzahl an Bord zu nehmen. Es geht um die Rettung des nackten Lebens, und sie muß so schnell wie nur möglich er folgen.« Als die kleine Flotte auf dem Hafen nie derging, strömten bereits die Männer, Frauen und Kinder aus den Bunkern. Fast alle bewahrten eine vorbildliche Disziplin. Die vorhandenen Gleiter reichten bei weitem nicht für den Transport zum Hafen aus. So wälzte sich eine lange Menschenschlange auf die Pisten zu, vom rötlichen Licht der langsam untergehenden Sonne beleuchtet. Zwei Personen fehlten allerdings: Eiskral le und Corpkor …
* Bestürzt lauschte der Chretkor den Durch sagen, die in rascher Folge aus dem Funkge rät des Gleiters kamen. Sie waren wenig informativ und besagten nichts über das, was inzwischen an dramati schen Ereignissen über den Stützpunkt hin weggegangen war. Eiskralle mußte sich das meiste selbst zusammenreimen, aber es blie ben gewaltige Lücken. Die Aufforderungen, Kraumon schnellstens zu räumen und an Bord der Schiffe zu gehen, waren jedoch un zweideutig. Und Corpkor blieb immer noch ver schwunden! Sein Gefährte dachte aber nicht daran, oh ne ihn zum Hafen zu fliegen. Er hatte sich schon einmal mit Hilfe eines Seiles in den Raum unterhalb der Bauminsel herunterge lassen und ihn gründlich untersucht. Technik war nicht seine stärkste Seite, aber er hatte die Transmitteranlage doch als solche er kannt. Ihm war also klargeworden, weshalb der Tiermeister nicht aufzufinden war. Er hatte
Angriff auf Kraumon sich jedoch gehütet, an der Schaltanlage ir gendwelche Änderungen vorzunehmen. Je des unbedachte Hantieren konnte dazu füh ren, daß Corpkor der Rückweg für alle Zeit versperrt blieb. Nun gewann aber die Sorge um ihn die Oberhand. Seufzend verließ der Chretkor die ange nehm kühle Gleiterkabine. Alles, was mit der Jagd zusammenhing, war vergessen, jetzt ging es um ganz andere Dinge. Das Seil hing, an einem Baumstamm be festigt, noch ins Loch hinunter. Eiskralle hatte es mit Schlingen versehen, in die er Hände und Füße setzen konnte. Nun ließ er sich erneut hinab und leuchtete den Raum ab. Dort hatte sich nichts verändert, offenbar hinderte etwas oder jemand den Tiermeister daran, zurückzukehren. Oder ließ sich die Rücktransmission nur dann bewerkstelligen, wenn diese Anlage wieder eingeschaltet wurde? »Ich muß etwas tun!« murmelte der trans parente kleine Mann vor sich hin. Entschlos sen ging er auf die Anlage zu, hatte aber erst den halben Weg zurückgelegt, als er er schrocken zusammenfuhr. Vor ihm blendete ein grelles Licht auf, unter leisem Zischen erstand zwischen den beiden Säulen das Transportfeld. Eiskralle ging unwillkürlich einige Schrit te rückwärts, stolperte über einen der Hocker und fiel. Dabei riß er den Nieren tisch mit um, die Gegenstände polterten zu Boden, und das Geschirr zerbrach. Schimp fend erhob er sich wieder, das grelle Leuch ten war inzwischen erloschen. Dafür sah er Corpkor, der vor der Anlage stand und aus giebig den Kopf schüttelte. »Das hast du wunderbar gemacht, Klei ner«, sagte er sarkastisch. »Diese Sachen wären ein wahres Festessen für unsere Ar chäologen gewesen, aber jetzt …« »Vergiß das alles hier«, fiel ihm der Chretkor hastig ins Wort. »Wir müssen schleunigst zum Stützpunkt zurück, Krau mon wird evakuiert! Es hat einen Überfall durch Maahks gegeben, dann tauchten Ein
51 heiten der Imperiumsflotte auf und griffen sie ihrerseits an. Sprangk hat den Befehl zur Räumung gegeben. Wenn wir nicht schnell stens zurückkehren, sitzen wir hier fest.« Der Tiermeister stand noch ganz im Bann seiner Erlebnisse, schüttelte die Erinnerung nun aber rasch ab. Eilig verließen beide den Raum und begaben sich zu ihrem Gleiter. Sekunden später rasten sie bereits mit Höchstfahrt auf den Raumhafen zu. Es wur de ein Wettrennen mit der Uhr. Den Durchsagen aus Gonozal-Mitte konn ten sie entnehmen, daß die letzten Schiffe in etwa zwei Stunden starten würden, und so holte Corpkor das letzte aus dem Fahrzeug heraus. Unterwegs berichtete ihm Eiskralle alles, was er über die Ereignisse wußte. Zwei Lichtstunden von Kraumon entfernt tobte indessen die Raumschlacht. Die Geg ner hatten sich ineinander verbissen und kämpften unter Einsatz aller Mittel. Immer wieder gluteten die Feuerbälle explodierender Schiffe auf, doch in der Ortungszentrale von Gonozal-Mitte befand sich niemand mehr, der das Geschehen beobachtete. Die Bewohner des Stützpunkts hatten alle Hände voll zu tun, um sich in Sicherheit zu bringen. In rasender Eile war alles, was irgendwie entbehrlich war, aus den Schiffen entfernt worden. Nun ergossen sich Männer, Frauen und Kinder in langen Schlangen in die Raumer. Sprangks Truppe sorgte für Ord nung, eine sorgfältige Einteilung war vorge nommen worden. Trotzdem wurde es an Bord der Schiffe mehr als eng. Die Leute drängten sich sogar in den Korridoren, und selbst die Beiboote in den Hangars wurden zur Unterbringung herangezogen. Nach zwei Stunden konnten die kleineren Schiffe starten und gingen zunächst in eine Umlaufbahn. Vierzig Minuten später hatten sich die Pisten weitgehend geleert. Nun stie gen auch die übrigen Raumer auf, nur die ISCHTAR blieb noch zurück. Man wartete auf die Rückkehr einiger Kommandos, die Sprangk ausgeschickt hatte, um alle Anlagen zu zerstören, die dem Sieger der Raum schlacht Hinweise geben konnten. Beson
52 ders die Computeranlagen waren in dieser Hinsicht wichtig. In ihnen waren zahllose Daten verankert, die keinem Fremden in die Hände fallen durften. Der Kommandant stand neben Karmina Arthamin in der Hauptzentrale. Mit starren Gesichtern sahen sie auf die Außenbildschir me und nahmen Abschied von Gonozal-Mit te. Sie wußten, daß sie Kraumon nie mehr wiedersehen würden. »Die letzten Männer kommen zurück«, meldete Helos Trubato. »Wir können in zehn Minuten starten, Kommandant.« Über Morvoner Sprangks Gesicht lief ein leichtes Zucken. »In Ordnung, Helos. Sind die Robotsender an den vorgesehenen Posi tionen, die Atlan über das Geschehen infor mieren sollen, wenn er hierher zurück kehrt?« Trubato bestätigte das, lauschte einigen Durchsagen und gab dann den Befehl, die Rampe einzufahren und die untere Pol schleuse zu schließen. Die Sonnenträgerin unterbrach ihn mitten im Satz, denn sie hatte auf einem Bildschirm einen Gleiter entdeckt, der in rasender Fahrt auf das Schiff zuhielt. Fast gleichzeitig meldete sich auch der Fun ker, und Sprangk zog verwundert die Brauen hoch. »Corpkor und Eiskralle? Ich dachte, die beiden wären längst an Bord eines anderen Schiffes. Geben Sie durch, daß sie ihr Fahr zeug draußen stehenlassen sollen, in den Hangars ist kein Platz mehr dafür.« Eine halbe Minute darauf waren auch die beiden späten Ankömmlinge an Bord. Gleich darauf hob die ISCHTAR mit singenden Triebwerken ab und schloß zu den war tenden Raumern auf. Nun gab die Sonnen trägerin auch die Koordinaten für das Fluchtziel bekannt. »Wir fliegen Sorkoth an, sechsundzwan zig Lichtjahre von hier entfernt«, eröffnete sie den anderen Kommandanten. »Natürlich nicht auf direktem Weg, dafür ist es im Mo ment in diesem Sektor zu gefährlich. Jedes Schiff bleibt für sich und führt einige Tran sitionen in sternenarme Zonen durch, damit
Harvey Patton unsere Spuren verwischt werden. In zwei Tagen treffen wir uns dann im System von Sorkoth wieder.« Die Bestätigungen kamen. Dann lösten sich die Schiffe aus der Umlaufbahn und entfernten sich in verschiedene Richtungen. Mit brennenden Blicken starrten die Männer und Frauen in den Zentralen auf die rück wärtigen Bildschirme, auf denen Kraumon rasch zurückfiel. »Wir sind trotz allem noch glimpflich da vongekommen«, sagte Morvoner Sprangk, der wieder zu seiner gewohnten Sachlichkeit zurückfand. »Terc on Akouhl und die gerade rechtzeitig auftauchenden Einheiten der Im periumsflotte haben uns gerettet. Allerdings wird Atlan den Verlust von Kraumon nicht leicht verschmerzen können. Wir haben Jah re gebraucht, um den Stützpunkt zu dem zu machen, was er war.« Karmina Arthamin nickte langsam. »Dabei sah in letzter Zeit alles so gut für uns aus. Atlan hat sich von dem Treffen mit sei nem noch unbekannten Partner viel verspro chen, vielleicht sogar den unbekannten Durchbruch nach Arkon. Dieser Rückschlag jetzt dürfte alle seine Pläne durchkreuzen.« Sie schwiegen wieder und beobachteten den Fortgang der Schlacht zwischen Maahks und Arkoniden, die noch immer mit unver minderter Heftigkeit tobte. Keine der beiden kämpfenden Parteien hatte Zeit, auf die vier zehn Schiffe zu achten, die nun in rascher Folge in Transition gingen. Der Sieger wür de sich Kraumon aneignen – einen leeren Planeten und einen ausgestorbenen Stütz punkt … Er würde ihn bald wieder aufgeben, denn dieser einsame Planet war ohne jeden strate gischen Wert. Und dann würde eines Tages Atlan zurückkehren, aber nur, um vor den Trümmern seines Aufbauwerks zu stehen! Wie würde ihm und Fartuloon dann wohl zumute sein? Die ISCHTAR transistierte als letztes Schiff und flog einem ungewissen Schicksal entgegen.
Angriff auf Kraumon
53
* »Wie fühlen Sie sich, Mekron?« erkun digte sich Ventron mit besorgtem Gesicht. »Sie haben mehr als acht Stunden geschla fen, denn ich habe Ihnen nach der ersten Transition ein Medikament gegeben. So konnte ich Ihre Schulter in Ruhe versorgen.« Der Mondträger ruhte auf der Liege, die durch zurückkippen der Lehne seines Kon tursitzes entstanden war. Sein Oberkörper war nackt, eine Stützbandage umgab die lin ke Seite. Sie preßte den Oberarm mit gegen den Brustkorb, so daß das gebrochene Schlüsselbein stillgelegt war. Der Heilungs prozeß würde nur einige Tage dauern. Dermitron lächelte anerkennend. »Danke, Ventron. Du hast mich wirklich umsorgt wie ein Vater den ungeratenen Sohn. Von jetzt ab sind wir Freunde und wollen es bleiben.« Der Gefährte lächelte zurück und nahm die dargebotene Rechte. Mekron richtete sich vorsichtig auf und sah auf den Front bildschirm, der ein Dreifach-Sonnensystem in relativer Nähe zeigte. »Wo befinden wir uns?« fragte er. »Hast du Kontakt zu den an deren Booten?« Ventron nickte. »Es ist allen geglückt, zu entkommen. Die Ortungen der Maahks wur den offenbar durch die Explosion der ME DON gestört, sie haben uns jedenfalls nicht behelligt. Wir sind geschlossen in Transition gegangen und kamen etwa zehn Lichtjahre von Kraumon entfernt heraus. In diesem Sektor konnten wir jedoch nicht bleiben, denn zahlreiche Einheiten der Imperiums flotte waren dort unterwegs. Es sieht so aus, als hätten sie den Aufmarsch der Walzenrau mer bemerkt und einen Schlag gegen sie vorbereitet.« »Dann dürfte es inzwischen wohl zum Kampf gekommen sein«, überlegte der Mondträger. »Ob das vor oder nach dem Angriff auf Kraumon geschehen sein mag?« »Vermutlich später«, gab Ventron zurück. »Wir konnten noch die Massentransition der Methans anmessen, ehe wir uns weiter abge
setzt haben. Jetzt sind wir im Grenzgebiet des Großen Imperiums, rund achthundert Lichtjahre von Kraumon entfernt. Salmoon hat versucht, Hyperkomverbindung mit Go nozal-Mitte zu bekommen, aber umsonst.« Dermitron starrte vor sich hin, Schmerz lag in seinen Zügen. »Dann existiert der Stützpunkt also nicht mehr!« sagte er schließlich. »Wir sind wieder einmal hei matlos geworden … Zum Glück war Atlan gerade abwesend, also ist wenigstens er ver schont geblieben. Diesen Rückschlag wird er aber nur schwer wieder wettmachen kön nen. Fartuloon verfügt zwar noch über eini ge weitere Stützpunkte, doch sie sind zu un bedeutend, um Kraumon ersetzen zu kön nen.« »Können wir einen davon anfliegen?« er kundigte sich der Ortungstechniker. Der Mondträger schüttelte den Kopf. »Ich kenne leider die betreffenden Koor dinaten nicht. Wir werden uns irgendwo an ders ein Asyl suchen müssen. Stell doch bit te Funkverbindung zu den anderen Booten her, damit wir gemeinsam überlegen.« Die Bildschirme flammten auf, und Der mitron nickte Salmoon und den beiden ande ren Piloten zu. Alle waren verletzt, davon zeugten die Binden um ihre Köpfe oder an dere Körperteile. Aus ihren Gesichtern spra chen Resignation und Hoffnungslosigkeit. Das war sehr verständlich, aber der Kom mandant tat so, als bemerkte er nichts da von. »Unsere MEDON ist nicht mehr«, sagte er nüchtern. »In ihr sind zehn Männer ge storben, und wir trauern um alle. Vor allem jedoch um Berkosch, der im Feuerleitstand ausgehalten und uns dadurch das Entkom men ermöglicht hat.« Er machte eine Pause und fuhr dann fort: »Leider ist es uns nicht möglich, wieder Kontakt zu Atlan aufzunehmen. Er wird zwar nach Kraumon zurückkehren, aber nur, um Trümmer vorzufinden. Wir können nur hoffen, daß es Morvoner Sprangk und Kar mina Arthamin gelungen ist, sich und mög lichst viele andere noch in Sicherheit zu
54 bringen. Wenn ja, werden sie vermutlich ir gendwo wieder mit dem Kristallprinzen zu sammentreffen. Wo und wann das sein mag, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Wir sind also von jetzt ab auf uns selbst ge stellt und müssen zusehen, irgendwo einen Unterschlupf zu finden.« »Das muß aber schnell gehen, Mekron«, erwiderte der Erste Offizier. »Die Hyper triebwerke unserer Boote sind zwar noch für einige tausend Lichtjahre gut, aber um die Vorräte ist es schlecht bestellt. Die Konzen trate, die wir an Bord haben, reichen nur für wenige Tage.« Dermitron nickte. »Das hatte ich mir schon gedacht. Gut, machen wir es kurz, ich habe schon eine passende Idee: Wir werden Cherkaton anfliegen! Dort hat Atlan prak tisch die ganze Bevölkerung auf seiner Sei te, man wird uns also mit offenen Armen aufnehmen.« Salmoons Gesicht erhellte sich. »Ein wirklich guter Vorschlag, Mekron. Wir dür fen aber trotzdem nicht mit der Tür ins Haus fallen, sondern müssen vorsichtig sein. Schließlich haben wir einigen Wirbel verur sacht, als wir seinerzeit Hengs Geheimstati on ausgeräumt und die jungen Männer ent führt haben. Es könnte sein, daß man den Planeten jetzt gut überwacht, weil man mit einer zweiten Aktion rechnet.« Der Mondträger winkte ab. »Das ist jetzt schon so lange her, daß sich die Gemüter längst wieder beruhigt haben. Flotte und Ge heimdienst haben Wichtigeres zu tun, als jeden unbedeutenden Kolonialplaneten zu überwachen. Vorsicht ist aber doch geboten, damit hast du Recht. Trefft die Vorbereitun gen für den Sprung nach Cherkaton, dort werden wir weiter sehen.« Wenig später nahmen die vier Boote Fahrt auf und transistierten nach Erreichen der er forderlichen Geschwindigkeit. Sie materiali sierten am Rand des Systems und nahmen sofort eingehende Ortungen vor. Eine Vier telstunde später stand fest, daß sich keine anderen Schiffe in diesem Sektor aufhielten. »Leg mir meine Jacke um, Ventron«, sag-
Harvey Patton te Dermitron. »Ich will den Leuten keinen Schrecken einjagen. Gut, aktiviere jetzt den Hyperkom, Kanal 36, minimale Sendestär ke. Gleich werden wir wissen, woran wir sind.« Der Hyperbildschirm leuchtete auf, und auf ihm erschien das Abbild eines älteren Mannes. »Hier Raumhafen Cherkan«, sagte er. »Wer ruft …« Er unterbrach sich, und seine Augen wurden groß … »Sie, Derm Mekron?« meinte er freudig erregt. »Wir hatten wirklich nicht damit gerechnet, Sie noch einmal hier zu sehen. Sind Sie verwun det?« Der Mondträger lächelte. »Es ist nicht weiter schlimm, Ascarmon. Wie sieht es bei Ihnen aus, ist alles in Ordnung?« Der Leiter der Ortungsstation nickte. »Man hat uns damals ziemlich zugesetzt, konnte uns jedoch nichts anhaben. Alle ha ben eisern zusammengehalten, und so muß ten die Kommandos wieder abziehen, ohne die Wahrheit erfahren zu haben. Seitdem hat sich niemand mehr um uns gekümmert.« Dermitron atmete auf. »Verbinden Sie mich mit Gouverneur Geraban«, bat er.
* Die Männer saßen in dem Trichtergebäu de zusammen, in dem die Verwaltung der Kolonie untergebracht war. Mekron Der mitron berichtete dem Gouverneur alles über das Schicksal, das sie nach Cherkaton ver schlagen hatte, und Geraban war bestürzt. »Die verdammten Maahks«, sagte er nie dergeschlagen. »Wird sich der Kristallprinz von diesem Schlag überhaupt wieder erho len können?« Mekron zuckte vorsichtig mit der rechten Schulter. »Das kann ich leider nicht beurteilen, Gouverneur. Kraumon dürfte auf jeden Fall verloren sein. Ob es dem Kommandanten noch gelungen ist, einen Rückzug ohne grö ßere Verluste durchzuführen, werden wir wohl nie erfahren. Ich habe ihn noch über Hyperfunk gewarnt, ehe mein Schiff erledigt
Angriff auf Kraumon
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wurde. Möglich wäre es also immerhin.« »Atlan wird trotzdem weiterkämpfen«, behauptete Sofartes, der Chef des Energie wesens von Cherkan überzeugt. »Es gibt Gerüchte, daß er sogar schon auf Arkon I gewesen sein soll, aber etwas Genaues er fahren wir hier am Ende der Welt leider nie. Können Sie ihn nicht irgendwie davon ver ständigen, daß er jederzeit zu uns kommen kann? Die Bevölkerung von Cherkaton steht geschlossen hinter ihm.« Der Mondträger schüttelte den Kopf. »Ich sehe leider keine Möglichkeit dazu, Sofar tes. Wenn ich wüßte, wie ich ihn erreichen kann, wäre ich jetzt bei ihm. Er ist in gehei mer Mission unterwegs, wohin, wußten wohl nur Sprangk und Karmina Arthamin.« »Lassen Sie sich deswegen keine grauen Haare wachsen, Mekron«, meinte der Gou verneur. »Sie alle sind uns herzlich willkom men, die Ärzte im Hospital werden Sie
schnell kurieren. Dann können wir weiter überlegen, was nun zu tun ist.« Mekron Dermitron lehnte sich zurück, ei ne wohltuende Müdigkeit überkam ihn. Un ter diesen Leuten fühlte er sich geborgen, sie hatten schon einmal bewiesen, daß Verlaß auf sie war. Er sah seine Männer an und er kannte, daß sie genauso fühlten. Es würde ihnen allen guttun, sich eine Zeitlang auszuruhen, sich von dem zu erho len, was hinter ihnen lag. Doch irgendwann in naher Zukunft mußte der Tag kommen, an dem der Kristallprinz den Brudermörder Or banaschol III. vom Thron des Großen Impe riums stieß. Dann würden sie alle wieder be reit sein, ihm zu helfen – sie und ganz Cher katon!
ENDE
Lesen Sie nächste Woche ATLAN Nr. 287:
DIE SCHRECKEN DES SCHWARZPLANETEN
von Marianne Sydow
Sie sind Fallensteller – ihr Ziel ist die Vernichtung der Oberwelt.