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ATLAN 140 – Die Abenteuer der SOL
Nr. 639
Der Arsenalführer
von Arndt Ellmer Die Verwirklichung von Atlans Ziel, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfüllen, scheint außerhalb der Möglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn beim entscheidenden Kampf gegen Hidden-X wurde Atlan die Grundlage zur Erfüllung seines Auftrages entzogen: das Wissen um die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst. Doch Atlan gibt nicht auf! Um sich die verlorenen Koordinaten wieder zu besorgen, folgt der Arkonide zuerst einer Spur, die in die Galaxis Xiinx-Markant führt, wo die SOL in erbitterte Kämpfe verwickelt wird. Schließlich, gegen Ende des Jahres 3807 Terrazeit, muß die SOL den Sturz ins Nichts wagen, und sie gelangt dabei nach Bars-2-Bars, der aus zwei ineinander verschmolzenen Galaxien bestehenden Sterneninsel. Die Verhältnisse dort sind mehr als verwirrend, wie die Solaner bald erkennen müssen. Doch sie tun ihr Bestes, die Verhältnisse zu ordnen, indem sie die Völker der künstlich geschaffenen Doppelgalaxis, die einander erbittert bekämpfen, zum Frieden zu bewegen versuchen. Anti-ES ist natürlich über die jüngsten Aktivitäten der Solaner in Bars-2-Bars informiert. Die in der Namenlosen Zone festgehaltene Superintelligenz beschließt daher Gegenmaßnahmen. Die Truppe von Anti-ES wird aktiv, und Kerness Mylotta greift offen an. Er ist DER ARSENALFÜHRER ...
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Die Hauptpersonen des Romans:
Atlan - Der Arkonide hat Probleme mit dem Extrasinn.
Kerness Mylotta - Der Astronom wird gejagt.
Phonso Zwirbelsauer und Moshe Maubeck - Zwei Solaner auf Mylottas Spur.
Blödel - Der Roboter in Gefahr.
Tyari, Sanny, Kik und Twoxl - Vier ehemalige Freunde als Attentäter.
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1. Ein lauer Wind strich über den Boden und ließ die Blätter des niederen Buschwerks rascheln. Ein dünnes Pfeifen lag in der Luft. Pfeilähnliche Vogelschatten zogen über das kurzgetretene Gras, und ab und zu klang ein Krächzen und Ächzen auf. Zwischen schlanken, hoch aufgeschossenen Bäumen bewegten sich Gestalten unterschiedlichster Herkunft. Sie schienen ratlos, zumindest warteten sie auf etwas, das nicht kommen wollte. Ab und zu warfen sie Blicke hinüber zu der kleinen, kahlen Kuppe, über der das leuchtende Ei schwebte. Der Ableger besaß einen Körper von etwa einem Meter Höhe und sechzig Zentimeter Durchmesser an seiner dicksten Stelle. Extremitäten wies er keine auf. Über die Oberfläche des Eises zogen ohne Unterlaß Leuchtwellen. Sie änderten ständig ihre Richtung und ihre Farbe. Dunkelblaues bis violettes Licht verbreitete einen tiefen Glanz. Der Körper war rundum von flaumartigen Haaren überzogen, kaum fünf Zentimeter lang. Auch sie leuchteten, und ein winziger Teil von ihnen richtete sich auf die Gestalten. Nach einer Weile setzte sich das Ei in Bewegung. Zwei Meter über dem Boden glitt es hinüber zum einzigen technischen Gegenstand der Ebene. Ein Raumschiff ruhte da, und seine Außenfläche schimmerte in rosaroten bis hellgrünen Farbtönen. Der Mantel aus gehärteter Jenseitsmaterie ließ das Schiff zu einer uneinnehmbaren Festung werden. Das leuchtende Ei umrundete das Schiff einmal, dann schwebte es auf die Gestalten zu. Es glitt durch die Bäume hindurch, die in seinem Weg standen, und für ein oder zwei Sekunden versank es zu einem Drittel im Boden. Kurz vor seinem Ziel stieg es wieder auf und blieb hoch oben hängen. Die Gestalten legten ihre Köpfe in den Nacken oder richteten die entsprechenden Sinnesorgane auf das Ei. Die Mitglieder des Arsenals begriffen, daß sich in diesem Moment eine Entscheidung anbahnte. Sie bangten und zitterten ihr entgegen. In ihnen nagte das Bewußtsein, daß sie sich dieser Entscheidung nicht würden widersetzen können. Sie waren die Sklaven, die Ausführenden. Über ihnen schwebte der Wächter und Aufpasser, und bald würden sie seine mentale Stimme hören, die sie nie verließ. Die Penetranz hatte sich allgegenwärtig in ihrem Leben eingenistet. War es soweit? Stand die Ankunft des Arsenalführers unmittelbar bevor? Die Wellenbewegungen auf dem Eikörper wurden langsamer und bedächtiger. Etwas spielte sich im Innern der Penetranz ab, und sie waren sich ohne Ausnahme sicher, daß die Entscheidung fiel oder gefallen war. Die Gestalten wandten sich langsam ab und strebten dem Schiff zu. Sie stellten sich vor, daß sie die Ankunft dort erwarten mußten. Wenn der Arsenalführer mit einem Schiff kam, würde er neben der
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ARSENALJYK landen. Der Gedanke war logisch. Inzwischen war die Penetranz ein Stück weiter in den Himmel hinaufgestiegen, als könne sie dort bessere Bedingungen für den Kontakt herstellen. Zweihundert Meter schwebte sie hinauf, ohne daß es Anzeichen gegeben hätte, daß sie mit der verringerten Schwerkraft zu kämpfen hatte. Sie war von jeglicher Gravitation unabhängig. Dann war plötzlich der Kontakt da. Anti-ES meldete sich, und es tat es mit der ihm eigenen Intensität, die an einen mentalen Überfall erinnerte. Es war ein Zeichen dafür, daß das Wesen aus der Namenlosen Zone keinen Augenblick seiner Freiheit unnütz vergeudete. Zeit war kostbar, und im Fall von Anti-ES besaß sie eine zusätzliche Bedeutung. Für die Superintelligenz war Zeit ein Stück Freiheit. Dies aber konnte die Penetranz in ihrer geringen Eigenintelligenz nicht erkennen. »Das Arsenal wird sofort mit mehreren Maßnahmen beginnen, die für den Verlauf des weiteren Geschehens von großer Bedeutung sind«, teilte Anti-ES seinem Geschöpf auf mentaler Basis mit. »Es sind Eingriffe nötig, um die Entwicklung des Geschehens zu beschleunigen!« »Ja«, erwiderte die Penetranz telepathisch. »Beschleunigen!« »Es geht darum, die Gegenseite abzutasten und ihre Stärke zu ermitteln, gleichzeitig aber die Kraft des Arsenals zu vermehren. Aber das darf nicht zu lange dauern.« Anti-ES war sich über den Faktor Atlan plus SOL noch nicht in allen Einzelheiten im klaren. »Arsenalführer«, sandte die Penetranz einen Gedanken, den sie unablässig aus den Gedanken des Arsenals entnahm. Die Mitglieder standen reglos vor dem Schiff und starrten in den Himmel hinauf. »Der Arsenalführer ist Kerness Mylotta«, sprach Anti-ES. »Das Arsenal muß seinen Führer von der SOL holen, damit er seine Aufgabe antreten kann. Ich werde ihn so ausstatten, daß er seine Aufgabe erfüllen kann, für die ich ihn vorgesehen habe. Der Arsenalführer ist der wichtigste Diener in meinem Plan. Er wird wie alle Mitglieder des Arsenals deiner Kontrolle unterstehen, da ich ihn nicht permanent lenken kann.« »Ja«, gab die Penetranz zu verstehen. »Lenken!« »Verbunden mit diesem Auftrag erhält das Arsenal einen zweiten«, fuhr Anti-ES fort. »Atlan besitzt mit der SOL ein nicht zu unterschätzendes Machtinstrument. Aber eine Person in diesem Schiff ist besonders gefährlich. Sie war es, die meine Falle für Nar’Bon mißbrauchte und die SOL in das Transmitterloch lenkte. Wöbbeking entkam mir. Das darf kein zweites Mal geschehen!«
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»Sprich!« sandte die Penetranz einen Gedankenimpuls. »Cara Doz muß beseitigt werden. Durchschneidet ihren Lebensfaden, so schnell ihr könnt. Sie ist eine Solanerin und besitzt doch übermenschliche Fähigkeiten. Anders läßt es sich nicht erklären.« »Ja«, stellte das leuchtende Ei erneut fest. »Arsenalführer holen und Cara Doz beseitigen! Sofort!« »Es sind wichtige Schritte zu unserem Ziel. Es ist nicht der entscheidende Schlag. Dieser kommt aus einer anderen Richtung!« »Wichtig«, gab die Penetranz zurück. Sie stellte fest, daß der mentale Kontakt zu Anti-ES so abrupt erlosch, wie er zustande gekommen war. Das Ei sank abwärts, dem Boden des blühenden Planeten der Kreuzgalaxis Bars-2-Bars entgegen. Alles war der Erhaltung dieser Galaxis zugedacht, und Störenfriede mußten beseitigt werden. Die Penetranz näherte sich der ARSENALJYK und übermittelte die beiden Aufträge an die Mitglieder des Arsenals. Sie pflanzte sie unwiderruflich in ihre Gehirne ein und beobachtete, wie diese teils unterschiedlichen Wesen das Schiff bestiegen und sich für den Flug bereitmachten. »Arsenalführer wartet«, fügte sie ihrer Gedankenbotschaft hinzu. Das Ei hing jetzt unmittelbar über dem Schiff. Die ARSENALJYK startete. Sie raste gegen das Ei, das mühelos durch sie hindurchdrang und an derselben Stelle blieb. Die Penetranz verfolgte, wie das Schiff in den Weltraum stieg und sein Ziel suchte, dessen Koordinaten dem Arsenal gut genug bekannt waren. Alle Mitglieder stammten von der SOL oder hatten mit ihr zu tun gehabt. Das Schiff verschwand aus dem Normalraum und kehrte weit entfernt in ihn zurück. Die Penetranz blieb zurück. Ihr Körper schwebte weiter über der Oberfläche des Planeten. Ihr Geist jedoch, ihre Mentalkraft, war allgegenwärtig in den Arsenalmitgliedern enthalten. Ohne Störung oder Ausfall. So, wie Anti-ES es geplant hatte.
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2. Phonso Zwirbelsauer legte die Hand auf den Öffnungskontakt der Tür und setzte den linken Fuß vor. Seine Augen hefteten sich auf die Türmitte. Nichts geschah. Der Mechanismus reagierte nicht. Phonso preßte die Handfläche stärker auf das helle Feld an der Wand. Noch immer tat sich nichts, und der Solaner trat stirnrunzelnd einen Schritt zurück und betrachtete die Tür. Er stieß mit seinem Begleiter zusammen und trat ihm auf die Zehen. Moshe Maubeck ließ ein unwilliges Brummen hören, dann schob er sich an Zwirbelsauer vorbei und versuchte es ebenfalls. Auch ihm war kein Erfolg beschert. »Jetzt schau dir doch diese Sauerei an«, ließ Phonso hören. Seine Stirn bildete fünf Falten mehr, und der schmächtige Mann mit den schmalen Schultern faßte sich an seinen Schnauzbart, der links und rechts bis gut an die Ohren abstand. Phonso zwirbelte die Enden des prächtigen Schmuckstücks, das er als altes Erbe seit Generationen betrachtete. Jedes männliche Mitglied seiner Familie hatte einen solchen Bart getragen. »Ich würde mich sofort beschweren«, fiel Moshe Maubeck mit tief tönender Stimme ein. »Nicht wahr, Phonso? Das ist eine Zumutung. Denk nur an die Vorfälle in den letzten Tagen. Da will uns doch jemand den Aufenthalt in unserer Heimat vergällen!« »Du meinst, es sind die Anterferranter, nicht wahr?« gab Zwirbelsauer heraus. »Das sagst du doch schon die ganze Zeit!« Maubeck bückte sich und musterte die Fugen der Schiebetür. Sein Bart streifte über das Metallplast und blieb mit einer Strähne an einem winzigen, kaum sichtbaren Widerstand hängen. Maubeck fuhr empor, und ein paar Haare des dichten, schwarzen Brustbarts blieben in der Fuge zurück. Der 138 Jahre alte Solaner mit den dunklen, leuchtenden Augen warf seinem Begleiter einen Blick zu. »Hast du das gesehen, Junge?« fragte er. »Ist das nicht die Höhe? Der Bart ...« »Der Bart ist in Mitleidenschaft gezogen«, unterbrach Phonso ihn. »Nicht wahr? Nur gut, daß ich mich nicht gebückt habe. Wenn das alte Erbstück meiner Sippe sich verfangen hätte! Es ist nicht auszudenken!« Er ging in die Hocke und fuhr mit einem Finger an der Fuge entlang. Der Fingernagel kratzte über das Plast, fand einen Widerstand und beförderte eine kleine Spur einer zähen, farblosen Substanz zu Tage. Phonso roch daran und ließ seinen Begleiter schnuppern. »Habe ich es mir doch gedacht!« meinte er. »Nein, eigentlich habe ich es mir nicht gedacht. Aber da hat doch so ein Saukerl meine Kabinentür ...« »Nicht wahr?« Diesmal unterbrach Maubeck Zwirbelsauer. Er faßte den jungen, kaum dreißig Jahre alten Techniker am Arm und zog ihn fort. »Du bist eine wichtige Person. Du mußt dich beschweren! Wir gehen sofort in den Mittelteil des Schiffes in die Hauptzentrale! Atlan muß uns Rede und Antwort stehen!« »Hat doch so ein Saukerl meine Kabinentür zugeleimt!« setzte Phonso den unterbrochenen Satz fort. »Wenn ich den erwische!« Sie kamen nicht weit. Sie stellten fest, daß sie nicht die einzigen waren, die vergeblich versuchten, in ihre Wohnbereiche zu kommen. Dumpfes Klopfen und Rufen wies darauf hin,
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daß umgekehrt auch Solaner und Solanerinnen versuchten, aus den Wohnungen auf den Korridor zu gelangen. Auch das funktionierte nicht. »Eine Revolution!« dröhnte Moshe Maubeck, daß es weit über den Korridor schallte. »Eine Palastrevolution!« Seinen Worten war nicht zu entnehmen, ob er den Zustand als solchen meinte oder selbst beabsichtigte, angesichts des Vorfalls eine Revolution anzuzetteln. Er packte Zwirbelsauer fester am Ärmel seiner Kombination und zerrte ihn mit stelzigen Schritten fort. Immer mehr Solaner versammelten sich in diesem Abschnitt des Wohnsektors und berieten sich. Maubeck gab ihnen Anweisungen und forderte sie auf, ihnen zu folgen. Es wurden mehr und mehr, und als sie den Sektor verließen und sich in Richtung Antigrav wandten, war ihre Zahl auf gut zweihundert Personen angewachsen. »Ein Feind ist im Schiff!« behaupteten manche, aber die überwiegende Mehrheit wollte das nicht glauben. Es konnte sich höchstens um ein Versehen handeln, um einen Fehler in irgendeinem Programm. Eine Frau wollte sogar wissen, daß kaum eine Viertelstunde zuvor etliche Dutzend Roboter den Wohnsektor durchstreift hatten. Möglicherweise waren sie die Übeltäter. »Ein Spaßvogel, der die programmiert hat«, stellte Phonso fest, aber Maubeck schüttelte unwirsch den Kopf. »Selbst wenn. Ich könnte sogar glauben, daß du selbst es gewesen bist, Sauer. Aber es spielt keine Rolle. Wir müssen zur Schiffsführung und sofortige Abhilfe verlangen. Vielleicht ist das Ganze von oben gesteuert, und man will uns einfach unsere Grundrechte beschneiden.« Diese Worte überzeugten sie alle. Seit die SOL zu Reparaturzwecken auf Anterf gelandet war, war es ihnen mehr und mehr bewußt geworden, daß das Schiff ihre eigentliche Heimat war. Es wäre ihnen schwergefallen oder gar unmöglich gewesen, das Schiff gegen das Leben auf einem Planeten zu tauschen. Nur in den langen, gewundenen Korridoren und den endlos erscheinenden Antigravschächten waren sie zu Hause. Ihre Vorgärten waren die Hangars, in denen die Kugelleiber der Kreuzer und Korvetten und die Space-Jets standen und so hoch aufragten wie das höchste Gebäude auf dem ganzen Planeten Anterf. »In die Hauptzentrale«, schwatzten sie Maubecks Worte nach. »Der High Sideryt muß sich darum kümmern. Breck wird uns helfen!« Moshe Maubeck dachte nicht so sehr an Breckcrown Hayes, sondern mehr an Atlan. Etwas war an dem Arkoniden, das ihn faszinierte. Ob er tatsächlich so alt war, wie es in allen Speichern stand, spielte für ihn keine Rolle. Es war mehr die Persönlichkeit, die ihn fesselte, und sie ließ ihn vergessen, daß Atlan erst seit relativ kurzer Zeit auf der SOL war. Maubeck wußte nicht genau, unter welchen Umständen der Arkonide auf das Generationenschiff getroffen war. Er hatte sich noch nicht darüber informiert und würde das irgendwann nachholen. Er wußte nur, daß ihm die Veränderungen zu verdanken waren oder mindestens die Impulse dazu.
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Am Eingang zum Zentralantigrav wurden sie von mehreren Solanern abgefangen und zum Warten aufgefordert. Die Interkome waren überall in Betrieb, und das Zeichen der Hauptzentrale flackerte unruhig. Augenblicke später erschien der Kopf des High Sideryt auf den Bildschirmen. »Bewahrt Ruhe«, verkündete er. »Es ist zu ein paar kleinen Zwischenfällen gekommen. Jemand hat Roboter manipuliert. Sie haben Türen verklebt, Schleusenkammern mit schnell härtendem Schaumstoff ausgegossen und den Zentralantigrav in unmittelbarer Nähe der Übergänge von SZ-1 und SZ-2 zum Mittelteil durch eingeschweißte Stahlplatten blockiert. Ein Durchkommen in den Mittelteil ist im Augenblick nicht möglich. Geduldet euch bitte. Es sind Spezialistenteams unterwegs, die die Roboter prüfen und die angerichteten Schäden beseitigen!« Der Kopf verschwand, und Moshe Maubeck reckte den Hals und deutete auf die Solaner, die jetzt den Eingang zum Antigrav freigaben, damit die Solaner die übrigen Etagen der SOL-Zelle erreichen konnten. »Alles recht und gut«, sagte er laut und deutlich. »Wir haben nichts anderes erwartet. Das hält uns aber nicht davon ab, so bald wie möglich in die Hauptzentrale zu gehen und uns zu beschweren. Die Verantwortlichen sollen in Zukunft besser aufpassen!« »Hör mal«, sagte Phonso Zwirbelsauer. »Du klopfst ein bißchen zu arg auf den Putz. Laß uns zurückkehren und zusehen, wie die Türen geöffnet und repariert werden. Das ist nutzbringender!« »Mhhm«, machte Maubeck und strich ein paar Falten seiner Kombination glatt. »Meinst du wirklich? Es ist nicht gut, wenn man der Obrigkeit immer gleich nachgibt. Auch die hat Hörner, die man ihr manchmal abstoßen muß.« »Laß es gut sein«, meinte auch eine Solanerin neben ihm. Sie entlockte ihm ein resignierendes Seufzen. Er winkte Phonso mit dem Kopf und machte sich auf den Rückweg. »Eines steht fest«, meinte er zu dem jungen Techniker. »Ganz ist die Sache für mich nicht erledigt. Ich werde in nächster Zeit aufmerksam beobachten, was in diesem Schiff vor sich geht. Irgendwann werden sich die Saboteure verraten!« * In den vergangenen Stunden hatten sich die Meldungen über unerklärliche Zwischenfälle in allen drei Teilen unseres Schiffes gehäuft. Immer wieder kam es zu Anzeichen von Panik, und immer wieder mußten die Stabsspezialisten und die übrigen Mitglieder der Schiffsführung eingreifen, um Mißverständnisse zu vermeiden. Da waren Reparaturanlagen ausgefallen, die jene Ersatzteile herstellten, die in den vergangenen Wochen bei der nötigen Generalüberholung der SOL verbraucht worden waren. Da gab es stundenlang eine seltsame Euphorie unter den Solanern, bis SENECA sich meldete und darauf hinwies, daß der Sauerstoffanteil im Luftgemisch zu hoch war. Solanerinnen und Solaner, Erwachsene und Kinder, mußten mit plötzlich ansteigendem Gewicht und Heißhunger in die Medostationen eingeliefert werden. Es stellte sich heraus, daß sie Nahrung aus den Automaten zu sich genommen hatten, die einen Wirkstoff enthielten, der den Hormonhaushalt durcheinanderbrachte und ein zeitlich gerafftes Wachstum hervorrief. Es hatte Fälle gegeben, in denen eine Person innerhalb von dreißig Stunden an die fünfzehn Kilogramm zugenommen hatte. Kreislauf- und Herzbeschwerden waren die Folge. Ein Solaner war daran gestorben.
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Etwas steckte dahinter, da war ich mir sicher. Und aus den Erfahrungen der letzten Zeit vermutete ich Schlimmes. Parallelbeispiele aus der Vergangenheit gab es genug. Auf der anderen Seite war Ruhe in das Schiff eingekehrt. Das Problem der Gyranter hatte sich gelöst, die Feinde waren aus der SOL vertrieben.
Es gab keinen Solaner, der gegen die eigenen Leute gearbeitet hätte. Ich mußte an die Vision denken, die ich auf dem Flug ins Trisker-System gehabt hatte. Es war vielleicht besser, es als eine Halluzination zu bezeichnen, als einen Zustand zwischen Wachen und Träumen, nicht unähnlich dem Alp, der mir aus föhnigen Gebieten Terras bestens bekannt war. Es war merkwürdig gewesen, daß der Extrasinn nichts davon gespürt hatte. Ein leuchtendes Gebilde war mir erschienen und hatte mir zugeflüstert, daß ich den Feind in den eigenen Reihen suchen solle. Der Traum hatte sich nicht bewahrheitet, und ich war mir fast sicher, daß es eine Halluzination gewesen war. Hervorgerufen durch einen mir bisher unbekannten Faktor. Und es wäre zu schön gewesen, das leuchtende Gebilde als jenes Wesen identifizieren zu können, das sich in so eindringlicher Weise mit den ... Du fängst schon wieder damit an! meldete sich mein Extrasinn. Was ist los mit dir? Richte deine Aufmerksamkeit verstärkt auf die anliegenden Probleme. Eine Delegation Anterferranter hat sich angesagt. Es ist ein Beneterloge bei ihnen! Irgendwie ließ mich die nahe Vergangenheit nicht los. Ich hatte beschlossen, mich nicht weiter in die Angelegenheiten der Völker von Bars und Farynt zu mischen und mich dafür um die Hintergründe der Situation zu kümmern, um Wesen wie Tyar, Prezzar und um Anti-ES. Aber solange die SOL auf Anterf lag, ließ es sich nicht vermeiden, daß Vertreter des führenden Volkes der Teilgalaxis Bars immer wieder zu uns in das Schiff kamen. Es wurden Gespräche über die weitere Entwicklung in Bars-2-Bars geführt. Nach wie vor war es das Ziel aller Völkergruppen, die beiden Galaxien voneinander zu trennen. Sie schienen jedoch zu erkennen, daß es ihnen auch mit vereinten Kräften nicht möglich war, so etwas zu bewirken. Also kamen sie zu uns in das Schiff und stellten Fragen. Sie fragten nach Hidden-X, nach Anti-ES und vielen Dingen, die sie von Solanern erfahren haben mußten, wenn diese das Schiff verließen und sich auf dem Planeten ein wenig umsahen. Es waren nicht viele, die die Heimat für mehr als ein paar Stunden verließen. Sie kamen zurück und wirkten irgendwie erleichtert, wenn sie die weiche Erde Anterfs wieder gegen den Plastboden der Korridore vertauschen konnten. Hayes hatte die SOL hermetisch abriegeln lassen. Es kam niemand herein oder hinaus, ohne nicht registriert und geprüft worden zu sein. Wie ich unseren Feind jedoch kannte, dürfte das für ihn kein absolutes Hindernis sein, Fremde einzuschleusen oder Wesen zu manifestieren, die sich der SOL in zerstörerischer Weise annahmen und ähnlich wie Rotschopf agierten. Ja, ich war mir sicher, daß Anti-ES Helfer an Bord hatte, die die Nachbildungen der wichtigsten Stabsspezialisten erzeugt hatten. Nur der unscheinbaren Cara Doz war es zu verdanken, daß das Unheil hatte abgewendet werden können.
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Jetzt hatte es überall in der SOL diese teilweise unsinnigen Zwischenfälle gegeben, die auf einen Gegner in unserer Mitte hinwiesen. Es blieb nur die Spur zu Anti-ES. Falsch! warf der Extrasinn ein. Die Vorgehensweise des oder der Unbekannten ist regelrecht stümperhaft. Die Superintelligenz wartet mit anderen Kalibern auf! Sie hat ihre Freizeiten, in denen sie agieren kann, beharrte ich. Nur dann erreicht sie genügend Einfluß auf ihre Geschöpfe! Ich wußte, daß es keinen Sinn hatte, das Problem weiterzuverfolgen. Im Augenblick waren uns die Hände gebunden. Wir mußten warten und nach neuen Spuren suchen, um vielleicht durch Zufall den Hauptnabel zu entdecken. Wie vieles wäre leichter gewesen, wenn Wöbbeking in der Nähe gewesen wäre. In Xiinx-Markant hatte er sich oft gemeldet und mich in den Zustand des temporären Reinkarnationseffekts fallen lassen. Seither erinnerte ich mich an jene Episoden aus meiner Gefangenschaft in der Namenlosen Zone, und die Kenntnis darüber hat mir und uns allen viel geholfen. Hier in Bars-2-Bars mußten wir ohne den von Anti-ES abgespaltenen positiven Teil auskommen. Wöbbeking hatte uns Porter geschickt, ein ziemlich neurotisches Wesen. Es hatte uns von Sanny, Kik und Asgard berichtet, die einen Nabel zur Namenlosen Zone gefunden hatten. Dabei waren Sanny und Kik Anti-ES in die Hände gefallen und durch eine geistige Fessel zu Sannykik geworden. Ihr Auftrag war, den Frieden zwischen Anterferrantern und Beneterlogen zu hintertreiben. Kurzfristig hatten sie damit keinen Erfolg erzielt, aber das Schicksal würde sie uns wieder über den Weg führen. Irgendwann und irgendwo. Ohne daß uns die Absichten von Anti-ES klarwerden würden. Automatisch drängte sich der Name Tyari in mein Bewußtsein. Ich hatte mich dabei ertappt, wie ich versucht hatte, diesen Namen zu verdrängen und mir vorzustellen, daß sie noch in der SOL war. Tyari wollte ihren eigenen Weg gehen. Sie hatte mir nicht offenbart, was sie vorhatte. Sie war gegangen und hatte mich in einem Sturm unkontrollierter Gefühle zurückgelassen. In diesem Augenblick war mir klargeworden, daß ich sie liebte. Tyari, geschaffen von Tyar, wo mochte sie jetzt sein? Und wo Wöbbeking, der Bars-2-Bars für eine so perfekte Falle hielt, daß er nicht bereit war, hier zu erscheinen? Ich wurde das beängstigende Gefühl nicht los, daß sich unsere Kräfte verliefen. Sie zerstreuten sich in allen Richtungen und blieben unauffindbar. Das Atlan-Team, es existierte nur noch fragmentarisch, und wenn ich Breiskoll ansah oder Hellmut oder
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die beiden Brick-Zwillinge, denen die Späße auch in Stunden des Verderbens nie ausgingen, dann sah ich immer nur den Abklatsch eines Potentials, mit dem ich dem Gegner trotzen konnte. Anti-ES! dachte ich. Auf was habe ich mich da eingelassen? Ich erhob mich aus dem Sessel, in dem ich reglos verharrt hatte, und ging zu Breck hinüber. Der High Sideryt lächelte mir müde entgegen. »Überstanden«, sagte ich. »Für nichts und wieder nichts. Du solltest dir mehr Ruhe gönnen!«
»Ich schaffe es schon«, antwortete er. »Die kleinen Vorfälle im Schiff sind nichts Besonderes. Eine
Häufung von Zufällen. Mehr nicht.«
Es wäre zu schön gewesen, wenn es gestimmt hätte. Andererseits spiegelten Hayes’ Worte das Sicherheitsgefühl, das in der SOL eingekehrt war. Das Schiff war wieder voll flugtauglich und hatte seine ersten Einsätze hinter sich. Es hatte einen nicht richtig greifbaren Gegner in seinem Innern besiegt und wartete auf die nächste Bewährungsprobe. Das Abwehrpotential ist sehr stark, und die SOL hat irgendwo weitere Helfer, sagte der Extrasinn. Er meinte Tyari und auch Sanny und Kik, wenn es ihnen gelang, ihre Fesseln abzustreifen. Und irgendwo in Xiinx-Markant existierte eine Korvette namens BANANE, die uns mit Sicherheit neue Erkenntnisse brachte, sobald sie mit uns zusammentraf. »Ich weiß nicht«, erwiderte ich. »Halte mich nicht für einen Schwarzseher, aber mir gefällt es nicht, wie wir in letzter Zeit operieren und agieren.«
»Du wirst sehen, alles löst sich eines Tages in Wohlgefallen auf«, lachte Breck. »Zu unseren Gunsten!«
»Kennst du Schach?« fragte ich ihn. »Natürlich, denn du spielst es ab und zu selbst! Ich denke
manchmal, daß ich eine Schachfigur bin.«
»König oder Dame?«
»Das spielt keine Rolle, Breck. Der Spieler heißt Anti-ES!«
Jetzt wurde auch Hayes nachdenklich, und sein Gesicht verfinsterte sich.
»Wenn wir die Figuren sind und Anti-ES der Spieler«, stellte er leise fest. »Wer ist dann der zweite
Spieler?«
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3. Hage Nockemann zwirbelte seinen grauen Schnauzbart wie immer, wenn er nachdachte. Der Galakto-Genetiker stand leicht nach vorn gebeugt da. Vor sich hatte er das Terminal seines Labors. Blätter lagen darauf herum, aber sie waren unbeschrieben. Nur in der rechten, unteren Ecke befanden sich jeweils zwei handgeschriebene Zeichen. Es stellte zwei verschwommen wirkende Buchstaben dar. Der Galakto-Genetiker versuchte, hinter die Bedeutung der beiden Zeichen zu kommen. Nockemann war allein in seinem Labor. Das war verwunderlich, denn gewöhnlich wich Blödel nicht von seiner Seite. Es war lange her, daß er seinen Laborroboter hatte umbauen lassen, so daß er zu einer beweglichen Hochleistungspositronik mit ziemlich exotischem Aussehen wurde. Hage brummte etwas vor sich hin, dann betätigte er entschlossen einen Sensor. Ein Freizeichen klang auf, und aus den Lautsprechern der Funkanlage kam ein verhaltenes Schnarren. »Wer ist da?« fragte eine Stimme. »Was soll ich wieder? Kann ich kein einziges Mal in Ruhe meiner Arbeit nachgehen?« »Wenn du deine Aufgabe darin siehst, Blätter zu beschmieren, dann kann ich dir nur zustimmen, Blödel!« erwiderte Nockemann. »Komm auf der Stelle ins Labor!« »Ich bin mit einer wichtigen Aufgabe beschäftigt, Chef«, kam die Antwort. »Du wirst das verstehen. Das Schicksal der SOL hängt davon ab!« »Jetzt mach aber einen Punkt!« dröhnte Nockemann. »Sofort kommst du her und siehst dir das Zeug an. Oder gib mir eine zufriedenstellende Erklärung. Wer hat die Blätter auf dem Terminal verteilt? Wessen Zeichen tragen sie?« »Bei der SOL, das ist ja furchtbar. Ich eile!« antwortete der Roboter. »Aber wenn du nichts dagegen hast, kehre ich unterwegs in einer Kantine ein und bringe dir dein Essen mit.« »Hmhm«, brummte Nockemann, dann schaltete er die Verbindung ab. Er würde Blödel auf den Zahn fühlen müssen. Die Neugier seines Roboters nahm manchmal fast krankhafte Züge an. Mochte der Himmel wissen, wo er sich wieder herumgetrieben hatte. Kurz darauf tappte Blödel in das Labor in der SZ-1 und setzte ein Tablett mit Speisen und Getränken ab. »Chef, für dich«, meinte er. »Ich brauche nichts!« Hage Nockemann strich sich sorgfältig über die grauen Haare. Er las die Papiere zusammen und legte sie auf den Schreibtisch, auf dem sich Folien und Computerdaten zu mehreren Häufchen gestaut hatten. Er nahm dem Roboter einen Stift aus der Hand. Blödel streckte seinen rechten Arm bis auf die maximale Länge von zwei Metern aus und ließ die Hand vor Hages Kopf tanzen.
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»Das ist der Stift, mit dem die Zeichen gemacht sind«, stellte der Galakto-Genetiker fest. »Machst du Schreibübungen?« »Ich will dem Unbekannten eine Falle stellen, indem ich ihm eine Botschaft schicke!« verkündete Blödel. »Das ist sehr einfach. Ich habe berechnet, daß ich höchstens dreihunderttausend Kopien brauche, um die Botschaft so in der SOL zu verteilen, daß er sie nicht übersehen kann!« »Wahnsinn!« knurrte Nockemann. »Du bist durchgedreht. Laß dich untersuchen!« »Dazu habe ich keine Zeit, Chef. Ich muß die Spuren weiterverfolgen!« Nockemann gab es auf. Er setzte sich auf einen Stuhl und begann zu essen. Blödel stand reglos vor ihm und sah ihm mit seinem einen Auge zu. Der Galakto-Genetiker schluckte mehrere Bissen Synthofleisch hinunter und trank einen Schluck Synthobier dazu. »Meinetwegen!« seufzte er. »Suche weiter. Du wirst niemanden finden. Wenn es Fremde in der SOL gegeben hat, die für die neueren Zwischenfälle verantwortlich sind, dann haben sie sich inzwischen abgesetzt!« »Das glaube ich nicht«, war Blödels einziger Kommentar. Nockemann griff erneut nach einem der Blätter. Er verstand die beiden Zeichen nicht. Sie stellten die Unterschrift unter einen noch nicht vorhandenen Text dar. Es waren sozusagen die Initialen von Blödel und dem kleinen Wuschel, der im unteren Teil des Robotkörpers seine Wohnstatt hatte. »Wenn ich dich brauche, rufe ich dich«, fügte Nockemann hinzu und beobachtete, wie Blödel zur Tür eilte und draußen auf dem Korridor verschwand. Wo geht er wohl hin? fragte sich der Galakto-Genetiker. Er war versucht zu glauben, daß Blödel irgendwo eine Spur gefunden hatte, die er intensiv und eigensinnig verfolgte, wie es seinem Programm entsprach. Er selbst hatte den Roboter so programmiert. Nun mußte er ihn auch so akzeptieren. Er hörte Blödel draußen noch etwas sagen, aber er verstand es nicht. Er widmete sich weiter seinem Mahl und dachte an die 39 Nabel, die Mylotta mit Hilfe des SPARTACTeleskops gefunden hatte. Irgendwo mußten die Übergänge sein, die Verbindungen zwischen Bars-2-Bars und der Namenlosen Zone. »SPARTAC-Teleskop«, sagte auch Blödel draußen auf dem Flur. Er sprach über die internen Mikrophone, die mit reduzierter Lautstärke arbeiteten. Er stellte fest, daß der Bakwer sich rührte. Wuschel besaß einen pelzigen Rundkörper, der von blau bis schwarz in allen Nuancen schillerte. Er besaß wie alle seines Volkes keine erkennbaren Extremitäten. Lediglich an der Unterseite des Körpers gab es acht Beine und einen großen Mund, der in erster Linie zur Aufnahme von Unrat aller Art diente. Wuschel konnte damit aber auch sprechen. Die Solaner hatten die Bakwer im Flekto-Yn kennengelernt. Dort unterlagen sie einer von Hidden-X verbreiteten Verdummungsstrahlung und fraßen alles auf, was nicht aus Nickel bestand, also auch andere Lebewesen. Blödel hatte den jungen Bakwer Wuschel mit an Bord der SOL gebracht. Die beiden waren unzertrennliche Freunde geworden. Der kleine Bakwer mit seinen acht Zentimetern Durchmesser hatte im Körper des Roboters eine eilig hergerichtete Wohnung bezogen. Seither war er mit diesem unterwegs und kam nur selten hervor. Wuschel hatte von Blödel die Sprache der Solaner erlernt, aber auch die Eigenarten des Roboters
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angenommen, die diesem ins Programm gepflanzt waren. Der Metabolismus des Bakwers war völlig fremdartig. Er brauchte keine atembare Atmosphäre zum Überleben und konnte jeden Stoff und jede Materie in sich aufnehmen und neutralisieren, ohne Schaden zu nehmen. Der Bakwer war eine Art lebender Konverter, aber an Bord der SOL begnügte er sich mit dem, was ihm zugeteilt wurde. Er fraß also nicht sinnlos auf, was das Schiff zusammenhielt. »Du willst in die Polkuppel, Blödel?« fragte Wuschel. »Ob Kerness etwas Neues weiß?« Kerness Mylotta war der Nachfolger von Clya Fersjon im Amt des Chefs der Astronomischen Abteilung. Er hatte in kurzer Zeit Erstaunliches geleistet. »Er soll mir helfen, den Saboteur zu fangen«, funkte der Roboter nach unten. »Kerness ist so hilfsbereit und zuverlässig. Wir sollten ihn in unser Scientologenteam aufnehmen!« »An Hage denkst du überhaupt nicht, he?« »Hage ist mit allem einverstanden, was ich tue«, meinte Blödel selbstzufrieden. »Das bringt unsere Zusammenarbeit mit sich!« Wuschel gab ein rasselndes Geräusch von sich. Es war Blödels Lachanfällen nachgemacht und hörte sich an, als wenn bei einem mechanischen Uhrwerk die Feder riß. Sie suchten den Zentralantigrav auf und ließen sich nach oben steigen, bis sie den Bereich der Polkuppel erreichten. In den Astronomischen Fachabteilungen in der Etage unter dem riesigen Observatorium stiegen sie aus. Blödel steuerte schnurstracks die Hauptabteilung an, in der er den Mann mit dem Stirntuch wußte. »Kerness wird sich freuen«, verkündete er. »Du weißt, was das heißt. Ich bin qualifiziert, ihn in allen wissenschaftlichen Dingen zu beraten!« »Ob er das mag?« wollte der Bakwer wissen. Blödel schickte ein Funksignal aus, das ihm das Schott des Haupteingangs öffnete. Der Roboter betrat einen Vorraum, der so groß war wie Hages Labor. Mehrere Türen zweigten ab. Blödel setzte sich in der beabsichtigten Richtung in Bewegung, blieb aber mitten in dem Vorraum so ruckartig stehen, daß sich Wuschel empört an ihn wandte. »Paß besser auf!« zischte der Bakwer. »Du rostiges Ding. Du wirst mich noch zerschlagen. Als Mieter protestiere ich offiziell!« »Er hat blockiert!« wunderte sich der Roboter. »Mylotta hat seinen persönlichen Arbeitsbereich verschlossen. Warum? Was spielt sich dort drinnen ab?« In Blödels Positronik jagten sich die Informationen. Es dauerte nur wenige Sekundenbruchteile, bis der Roboter sich zu einem Entschluß durchgerungen hatte. »Es war gut, daß wir uns von Hage nicht zurückhalten ließen«, sagte er. »Ich habe es fast menschlich geahnt. Der Feind ist in der Nähe. Kerness ist in Not. Wir müssen ihm helfen!«
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»Darf ich?« fragte Wuschel. »Ja, aber nur das Nötigste«, erwiderte Blödel. An seinem Rumpf öffnete sich eine Klappe, und der kleine Bakwer sauste hinaus und auf die Tür zu. Er begann zu fressen und sich durch die Legierung der Tür hindurchzuarbeiten. »Das ist wie eine Sonderration«, sagte der Roboter über die Außenlautsprecher. »Sei vorsichtig und beobachte, ohne daß dich jemand sieht. Und erstatte mir sofort Bericht!« Wuschel war bereits verschwunden. Nur das Loch in der Tür deutete auf seine unglaublichen Fähigkeiten hin. * Einen winzigen Augenblick lang sah Kerness Mylotta sich auf einem schmalen Grat wandern. Der Grat war unübersichtlich lang und wurde in der Ferne schmal und dünn wie eine Messerschneide. Der Astronom stieß einen unterdrückten Schrei aus, aber da war das Bild bereits weggewischt. Die letzten Fetzen einer falschen Erinnerung verwehten, und Mylotta ging hinüber zum Bedienungspult und riegelte seinen Arbeitsbereich nach außen ab. Frühzeitig hatte er dafür gesorgt, daß die Verriegelung weder von außen noch über SENECAS Zugriff zu der Positronik des Observatoriums gelöst werden konnte. Irgendwann würde das auffallen, aber er hoffte, daß er die Maßnahme bis dahin nicht mehr benötigte. Im Augenblick war in ihm nur der Impuls, ungestört zu sein und hinüber in den kleinen Konferenzraum zu gehen. Bis auf die Möbel war das Zimmer leer, und Kerness blieb stehen und überlegte, was er eigentlich hier wollte. Da war doch ein Auftrag für ihn gewesen, ein Befehl. Und er kam von Anti-ES, seinem Herrn. Du näherst dich der Vervollkommnung! durchzuckte es ihn. Du hast deine frühere Persönlichkeit fast ganz abgestreift. Bald wirst du nur noch Kerness Mylotta sein! Aber war er das nicht früher auch gewesen? Ein Solaner und Mensch? Ein Angestellter und dann Chef des Observatoriums? Einer von über neunzigtausend Solanern? Er dachte an seine Vorgängerin, aber ihr Tod berührte ihn nicht. Er empfand alles, was er tat, als Notwendigkeit im Sinn seines Auftrags. Der Interkomanschluß! Er ging hin und koppelte ihn von der Energieversorgung ab. Jetzt konnte ihn niemand stören. Er, Kerness Mylotta, war bereit. Er wartete auf eine Botschaft, auf einen Kontakt. Er wollte endlich vollkommen sein.
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Sein kantiges Gesicht mit den dicken Augenbrauen und dem kurzgeschnittenen Stoppelbart wurde eine Nuance düsterer, als er an die Hindernisse dachte, die sich ihm in den Weg stellen würden, sobald er seinen nächsten Sabotageakt ausführte. Er lachte laut auf. Sie suchten und suchten, ohne jemals dahinterzukommen, wer die ganzen Zwischenfälle arrangiert hatte. Sie waren ihm ja so furchtbar unterlegen. Sie erfaßten ihn nicht, weil er ihnen eine unverdächtige Persönlichkeit vorgegaukelt hatte. War das jetzt zu Ende? Gab es eine Umwälzung? Er hatte sein drittes Auge und die Fähigkeit, mit diesem Geschöpfe nach seinem Willen zu formen und Unheil und Verwirrung zu stiften. Er hatte eine Stärke erlangt, die ihn unüberwindlich machte. Plötzlich kam der Kontakt. Er überschwemmte ihn und wühlte ihn zutiefst auf, obwohl er darauf gewartet hatte. Die Anzeichen waren jedesmal anders, aber doch immer einander ähnlich. »Mylotta!« Der Name manifestierte sich in ihm. Nicht er selbst dachte ihn, ein anderer dachte ihn in seinem Gehirn. »Ich bin zur Stelle«, dachte Kerness zurück. »Bist du mit mir zufrieden?« »Von jetzt an wird alles anders sein, Mylotta«, teilte Anti-ES ihm mit. »Du wirst deinen Platz einnehmen, für den ich dich bestimmt habe. Du bist der Führer des Arsenals. Dies ist eine Truppe, die nach meinem Willen unbesiegbar sein wird!« »Meinst du Solaner? Aus diesem Schiff? Hast du deine Absichten geändert?« Anti-ES hatte ihm die Herrschaft über alles versprochen, was Mylotta sich wünschte. Nur die SOL und die Solaner hatte er ausgespart, weil er sie vernichten wollte. Hatte sein Herr jetzt anderes vor? »Es gilt, was du bisher gewußt hast«, sandte Anti-ES seine Gedanken. »Nach wie vor gelten die beiden Ziele. Der Zustand von Bars-2-Bars mit den Übergangsstellen darf nicht verändert werden. Störende Kräfte werden beseitigt. Es wird eine weitere Nabelstation entstehen, die Bars-2-Bars in einen galaktischen Strudel umwandelt, der Wöbbeking erfassen und zu mir befördern wird. Alles muß vollkommen werden, nicht nur du, Kerness Mylotta!« Obwohl Mylotta die Worte nicht zum ersten Mal hörte, wurde er von ihrer kosmischen Bedeutung tief ergriffen. Er verstand, daß er aufgrund seiner wissenschaftlichen und philosophischen Kapazität besonders dafür geeignet war, Anti-ES zu unterstützen und diesem Wesen zur Vollkommenheit zu verhelfen. Er wollte alles dafür einsetzen. Mylotta spürte ein Ziehen hinter der Stirn. Es war scharf und fein, es durchdrang ihn bis in die feinsten Nervenfasern. Es war schlimmer als Zahnschmerz, und für einen Moment brach existenzielle Angst in ihm durch, er könnte vor Schmerz wahnsinnig werden. Er krümmte sich über dem Tisch und suchte zitternd Halt.
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Langsam flaute der Schmerz ab. Stärkende Wellen durchfluteten seinen Körper, er holte tief Luft. Mit geschlossenen Augen verharrte er. »Meine Vollkommenheit?« dachte er zögernd. »Du wirst jetzt überstark sein«, sagte die Stimme in ihm. »Ich habe die Funktion deines dritten Auges verändert. Du kannst jetzt keine Gestalten mehr schaffen, aber es ist eine tödliche Waffe geworden. Du kannst Lähmstrahlen und Hochenergiestrahlen damit aussenden, die fast alle Materie durchdringen können. Damit bist du unbesiegbar!« Unbesiegbar! Es klang in seinem Innern wie eine Verheißung, und er richtete sich hoch auf. Kerness war 1,92 groß und kräftig. Seine Kraft schien nun gewachsen, und er stand in einer Haltung da, als könne er mit einem Schlag seiner Faust die SOL vernichten. »Du hast nicht viel Zeit«, teilte Anti-ES mit. »Übe deine neue Fähigkeit, damit du sie jederzeit anwenden kannst. Das Arsenal ist auf dem Weg hierher, um dich zu holen!« »Wie erkenne ich es?« fragte Kerness, aber da entdeckte er, daß die geistige Verbindung mit seinem Mentor abgerissen war. Er tastete und suchte, aber er erhielt keine Antwort mehr. Es gab auch keine Spur, die ihm einen Weg wies. Mylotta war mit sich allein. Er spürte keine Veränderung an sich, doch die Worte und Botschaften waren eindeutig gewesen. Sein Auge war eine neue Waffe. Der Solaner trat vom Tisch bis an die Wand zurück. Er schluckte mehrmals, dann nahm er das Stirnband ab und ließ es achtlos zu Boden fallen. Gedankenimpuls! formulierte er. Ich muß intensiv daran denken, was ich will. Er konzentrierte sich und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Tisch. Die Umgebung verschwamm ein wenig vor seinen Augen, ein deutliches Zeichen, daß er sich zu sehr verkrampfte. Ein bißchen entspannte er sich. Tisch vernichten! dachte er intensiv. Ein Energiestrahl lag plötzlich in der Luft. Er kam nicht aus seinem Kopf, aber er begann direkt davor und schien aus einem übergeordneten Kontinuum zu kommen. Er schnitt durch das Zimmer und schlug in den Tisch ein. Das Plastik und das Metall verschmorten, aber noch stürzte der Tisch nicht um. Mylotta hielt inne und konzentrierte sich auf einen Sessel. Dies war eine leichtere Aufgabe, und beim zweiten Versuch schaffte er es, den Sessel so zu bearbeiten, daß nichts von ihm übrigblieb. »Ha!« stieß er hervor. »Die bisherigen Anschläge in der SOL waren wirklich Stümpereien. Jetzt besitze ich die Macht, das Schiff zu vernichten. Jetzt ist mir alles gegeben, um meinen Auftrag konsequent
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ausführen zu können. Wenn ich erst mit der Gruppe zusammen bin, die Arsenal heißt, wird diese unüberwindlich sein. Atlan und die SOL werden nichts dagegen ausrichten können!« Die Worte beflügelten ihn. Erneut konzentrierte er sich auf den Tisch. Diesmal brodelte das Material stärker. Der Tisch fiel in sich zusammen und verdampfte unter der Energie. Ein paar Blasen bildende Reste blieben auf dem versengten Boden zurück. Kerness Mylotta bückte sich und hob das Stirnband auf. Er streifte es sich über und vernichtete einen weiteren Sessel, ohne daß das Band Schaden davontrug. Er konnte das Geheimnis seines dritten Auges wahren. Ich muß auf das Arsenal warten, sagte er sich. Es wird von außen kommen. Damit ich seine Ankunft nicht verpasse, wird es am besten sein, wenn ich eine der Zentralen eines Schiffsteils in meine Hand bekomme. Er war jetzt unüberwindlich. Zufrieden lächelnd wandte er sich um. Da entdeckte er das Loch in der Wand. Es war unten am Boden und nicht sehr groß. Aber es war zuvor nicht dagewesen. * Wuschel sauste wie der Blitz aus der Öffnung hervor auf den Roboter zu. Blödel beugte seinen röhrenförmigen Körper nach unten und betrachtete den Bakwer mit seinem Kameraauge. »Alles in Ordnung?« fragte er. »Kerness ist der Saboteur!« pfiff Wuschel. »Er hat die Zwischenfälle verursacht! Er besitzt eine Körperwaffe und kann alles vernichten!« Atemlos berichtete der kleine Bakwer, was er aus Mylottas Selbstgespräch erfahren hatte. Er schilderte, wie der Astronom die Möbel zerstört hatte. »Schnell weg!« pfiff er. »Bevor er uns erwischt!« Blödel zögerte noch. Der Roboter zweifelte nicht an den Worten Wuschels, aber er dachte ein paar Schritte weiter und kam zu dem Schluß, daß es das beste war, wenn sie Mylotta sofort außer Gefecht setzten. »Wir bleiben hier!« entschied er. »Paß auf! Wir rufen Mylotta oder versuchen, uns auf unsere Art Einlaß zu verschaffen. Würdest du ein großes Loch machen, durch das ich passe?« Sie traten zu der Tür, und Wuschel machte sich sofort an die Arbeit. Er schuf ein längliches Loch, durch das Blödel in das Innere der Abteilung eindrang. Die nächste Tür war ebenfalls verriegelt, aber der Roboter ließ sich nicht beeindrucken.
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»Ich habe Hage und Breck auf dem Funkkanal, sie wissen bereits Bescheid«, knarrte er. »Und ich höre, daß Kerness kommt!« Im nächsten Augenblick glitt die Tür zur Seite, und Blödel sah den Astronom vor sich stehen. Mylotta trug wie immer sein Stirntuch, und er war unbewaffnet. Aber Wuschel hatte etwas von einer Körperwaffe gesagt. »Du bist festgenommen«, schnarrte Blödel und fuhr seine Arme aus, um den Solaner zu umfassen. Aber fast gleichzeitig fielen die Tentakeln schlaff herab, und die Maschine taumelte haltlos zur Seite. »Blödel!« pfiff Wuschel aufgeregt. »Paß auf! Dein Leben ...!« Seine weiteren Worte gingen im Fauchen eines Energiestrahls unter, aber der Bakwer hatte geistesgegenwärtig reagiert. Er war in die Höhe gesprungen und hatte die Energie aufgefressen. Mylottas Augen weiteten sich entsetzt, und der Astronom wich hastig ein paar Schritte zurück. Im Augenblick schien er ratlos. »Weiter!« ächzte Blödel. Er krachte gegen die Wand und schnarrte unverständliches Zeug. »Geht nicht!« winselte der Bakwer und preßte sich in den Winkel zwischen Wand und Boden. »Ich kann das nicht auf die Dauer. Mylotta wird bald besser reagieren und mich töten!« Endlich schrillte der Alarm auf. Er war überall im Schiff zu hören, und er trieb Kerness Mylotta noch weiter in seine Abteilung zurück. Er hatte die Augen geschlossen und hielt die geballten Fäuste drohend von sich ab. »Aus dem Weg!« schrillte er, und Wuschel schrie: »Blödel, was ist denn mit dir?« »Plasmalähmung!« kam es unkontrolliert aus dem Roboter. »Hilflos!« Mylotta kam wieder heraus. Er rannte zum Ausgang und zwängte sich durch das vergrößerte Loch. Dann aber drehte er sich nochmals um. »Sterbt!« schrie er unkontrolliert, und Wuschel sah, wie er die Augen schloß. Der Bakwer wieselte zu Blödel hinüber. Die Klappe ging auf, und er sauste in seine Unterkunft hinein. Mit einem Krach schloß sich die Klappe. Fast gleichzeitig dröhnte Blödels Stimme auf. »Notprogramm!« verkündete sie. »Hier spricht die Positronik. Wir setzen uns ab!« Blödel rannte auf eine andere Tür zu, die zu den Nebenabteilungen führte. Hinter seinem Rücken fauchte eine Strahlenbahn in die Wand und ließ eine Beleuchtungseinheit explodieren. Mit seinen Ortern erkannte der Roboter, daß Mylotta sich eilig entfernte. Blödel verlangsamte sein Tempo und hielt auf den nächsten Transmitter zu. Sein Plasma zeigte erste Anzeichen des Abklingens der Lähmung, und der Roboter stellte einen festen Funkkontakt zur Hauptzentrale im Mittelteil her.
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»Er ist ausgerückt«, teilte er mit. »Vermutlich will er zu euch. Seid vorsichtig, er nimmt keine Rücksicht!«
»Hier Nockemann«, meldete sich der Galakto-Genetiker. »Blödel, was macht dein Plasma?«
»Es regeneriert sich«, gab die Positronik heraus. »Keine Dauerschäden!«
»Endlich kann man sich mit dir einmal normal unterhalten«, sagte Nockemann. »Wie tröstlich!«
»Ja«, machte die Positronik, aber kurz darauf wurde sie von dem Plasmateil überlagert, der seine
Fähigkeiten zurückerhielt. »Hallo Chef!« machte Blödel, aber es kam wie das Lallen eines Betrunkenen in der Zentrale an. »Wir sind wohlauf. Achtung, wir transitier... transmittieren zu uns ... zu euch!« »O je!« machte Nockemann. »Muß das sein, Blödel?« »Die Lage ist zu ernst, als daß ich auf Zweideutigkeiten reagiere«, verkündete der Roboter. Er hatte den Transmitter erreicht und machte sich daran, ihn zu programmieren.
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4. Blödels Botschaft veränderte die Situation im Schiff mit einem Schlag. Nockemann schaute mich an und hob die Schultern. Er war fassungslos, und Breckcrown Hayes unterhielt sich mit SENECA. Er hielt die Wahrscheinlichkeit, daß Blödels Meldung stimmte, für nicht besonders hoch, aber die Biopositronik belehrte ihn eines Besseren. »Mylotta hat soeben den Mittelteil betreten«, sagte SENECA mit wohlmodulierter Stimme. »Im Augenblick verliere ich ihn aus dem ortungstechnisch überwachten Bereich!« »Dann sucht er nach einem Schleichweg, um in die Zentrale zu kommen«, stieß Breck hervor. Ich stimmte ihm zu. Es gibt kein Anzeichen dafür, daß er hierher will, sagte mein Extrasinn. Warum auch. Er sucht nach einem neuen Versteck. Er wird keine Rücksicht nehmen, jetzt, da seine Identität bekannt ist! Kerness Mylotta. Ausgerechnet der Astronom. Es war nicht zu fassen. Der Transmitter sprach an und spukte den Roboter aus. Blödel trat sofort zum High Sideryt und überspielte alle Daten auf den Hauptbildschirm. SENECA unterstützte ihn dabei. »Mylotta hat das alles auf dem Gewissen«, stöhnte Nockemann. »Er ist die Gefahr aus unserer Mitte!« Die Warnung der Leuchterscheinung! Ich fühlte, daß meine Gedanken wieder abzuschweifen drohten. Extrasinn! dachte ich. Hörst du es! Glaubst du mir nun? Ich erhielt keine Antwort, was mich verwunderte. Etwas war da, was mir nicht bewußt war. Ich rätselte, wo ein Fehler sein könnte. Kerness Mylotta. Mit einem Mal sah ich die Vorfälle in einem ganz anderen Licht. Der Unfall, bei dem Clya Fersjon ums Leben gekommen war, sah nun nach einem Mord aus. Mylottas Hilfsbereitschaft konnte nichts anderes als eine glänzend zur Schau gestellte Maske gewesen sein. Dann mußte auch seine Gegenwart im Trisker-System einem ganz bestimmten Zweck gedient haben. »Jetzt sehe ich die Zusammenhänge!« sagte ich plötzlich. »Mylotta hat uns absichtlich in die Falle der Gyranter gelockt!« So mußte es gewesen sein. Gleichzeitig aber hatte jemand auf der SOL Ursula Grown getötet und die meisten Angehörigen der Zentrale-Besatzung ausgetauscht. Auch das konnte Mylotta gewesen sein, wenn er für die Doppelgänger verantwortlich war. Er hatte einfach eine Nachbildung seiner selbst mitgeschickt. Eine glänzende Taktik. Nie wäre jemand auf die Idee gekommen, er sei beteiligt. »Du denkst, Anti-ES hat seine Finger im Spiel?« fragte Hayes.
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Ich nickte. »Wer sonst? Außer der Superintelligenz legt niemand Wert darauf, die SOL und ihre Bewohner zu vernichten. Mylotta ist das Geschöpf dieses Wesens!« »Eine Art Anti-Homunk«, murmelte Hage Nockemann. »Ja«, sagte ich. »Ein Nachfolger! Wir müssen uns in acht nehmen!« Ich kannte den Astronomen schon seit längerer Zeit. Mylotta war immer ein liebenswerter, netter Zeitgenosse gewesen, hilfsbereit und entgegenkommend. Nie hatte er jemand eine Bitte abgeschlagen. Sein leicht abweisender Gesichtsausdruck war immer nur durch die vorstehenden Backenknochen, die kantige Nase und die dicken Augenbrauen hervorgerufen worden. Für die Handhabung des SPARTAC-Teleskops hatte er als besonders befähigt gegolten. In gewisser Weise war er immer ein Einzelgänger gewesen. Breckcrown Hayes gab Anweisungen aus. Ich bekam mit, daß er Hunderte von Robotern auf den Weg schickte, die alle Zugänge zur Hauptzentrale abriegelten. Sie waren in Hochleistungsschirme gehüllt und würden der merkwürdigen Fähigkeit des Mannes widerstehen. Erst die Schaffung von Ebenbildern, dann eine Körperwaffe, wie Wuschel es bezeichnet hatte. Ich überlegte, welche Fähigkeiten Mylotta inzwischen noch besitzen mochte, mit denen er dem Schiff gefährlich werden konnte. »Macht es nicht zu hart«, sagte ich zu Breck. »Mylotta kann nichts dafür. Er ist ein willenloses Geschöpf seines Herrn. Seht zu, daß ihr ihn fangt und einsperrt, bevor er Unheil anrichtet!« »Da brauchst du dir keine Sorgen zu machen«, meinte der High Sideryt. »Wir könnten ihn auf Anterf aussetzen und starten!« »Nein«, erwiderte ich. »Laßt uns Anterf heraushalten, wo es geht. Vorläufig wird niemand in das Schiff gelassen!« Unsere Friedensbemühungen würden in dem Moment ihren Sinn verlieren, in dem Anterferranter oder Beneterlogen in der SOL verletzt oder getötet würden. Das Gefährliche an Mylotta war, daß wir nicht wußten, was er im Augenblick vorhatte. Es schien logisch, daß er sich des Schiffes bemächtigen würde. Er würde es irgendwohin steuern, die SOL Anti-ES entgegentreiben und ihm ausliefern. Und dann gab es noch ein Arsenal, worunter sich niemand etwas vorstellen konnte. Es war Wuschel nicht gelungen, Näheres darüber herauszufinden. Wenn Mylotta auf dieses Arsenal traf, war er nach seinen eigenen Worten unüberwindlich. Das allein war Grund genug, ihn so schnell als möglich dingfest zu machen.
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Also warteten wir, aber die Erfolgsmeldung der Roboter blieb aus. Kerness Mylotta war verschwunden.
»Breck, Nahbereichsortung beachten!« sagte ich. »Vielleicht hat er das Schiff verlassen!«
Die Spannung in der Zentrale stieg und stieg. Und noch immer nichts von dem Saboteur und Attentäter.
Seine Intelligenz reicht nicht aus, das Schiff zu zerstören! sagte der Extrasinn unvermittelt. Er wird mit der
neuen Waffe nicht weit kommen!
Ich wollte, ich hätte so ruhig bleiben können wie der Logiksektor. Tyari, Wöbbeking und all die anderen
Namen kreisten in meinem Bewußtsein. Alle schrien sie um Hilfe, aber ich getraute mich nicht, dem
Extrasinn von meiner Empfindung zu berichten. Er würde mich für nicht zurechnungsfähig erklären.
Ich war mir sicher, daß uns etwas bevorstand. Kerness Mylotta war nicht nur für eine Überraschung gut.
*
»Ein Astronom, der durchdreht!«
Maubeck fuhr sich durch den langen Bart und heftete die Augen auf den Trümmerhaufen, der ihnen den
Weg versperrte. Er hatte darauf verzichtet, in seine Kabine zurückzukehren und bei der Reparatur zuzusehen. Statt dessen hatte er Phonso überredet, ihn zu begleiten und mitzusuchen. Während sie die SZ1 zu durchstreifen begannen, hatten sie den Alarm gehört und Einzelheiten über Kerness Mylotta erfahren. »Er soll angeblich unter fremdem Einfluß stehen«, nickte Zwirbelsauer und hielt sich mit zwei Fingerspitzen an den Enden seines Bartes fest.
Sie waren Mylotta gefolgt und hielten sich jetzt im Mittelteil auf. Der Trümmerhaufen füllte den gesamten
Korridor aus und verhinderte, daß sie ihren bisherigen Weg fortsetzen konnten.
»Roboter!« stellte Maubeck mit tönender, lauter Stimme fest. »Das ist eindeutig, nicht wahr?«
Sie wußten, daß Mylotta über die Mittel verfügte, alles zu zerstrahlen, was sich ihm in den Weg stellte.
Mylotta aber war ein Solaner, und es erschien Moshe Maubeck unmöglich, daß sich die Wut des Beeinflußten auch gegen Menschen richten könnte. »Dort hinein«, sagte der 138 Jahre alte Solaner zu dem jungen Techniker. »Zwirbelsauer, ich mache meine Worte wahr. Ich fange den Saboteur!«
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Sie umgingen den Trümmerhaufen, indem sie eine Halle betraten und diese an ihrem anderen Ende verließen und in den Korridor zurückkehrten. Nach ein paar hundert Metern fanden sie die nächste Spur.
Es waren tiefe Gräben, die den Boden und die Wände durchzogen. Ein Strahl hatte einen Teil der Wand aufgelöst, und sie konnten die erhellten Labors dahinter sehen, in denen sich die Wissenschaftler aufgeregt unterhielten. Wieder heulte der Alarm auf, und die beiden Solaner sahen sich vielsagend an. Sie beschleunigten ihre Schritte. Über den Interkom bekamen sie mit, daß überall im Mittelteil Roboter unterwegs waren. Erste Gruppen von Solanern hefteten sich an die Fersen des Attentäters, aber noch hatten sie seine Spur nicht wiedergefunden. »Dort hinein!« zischte Maubeck. Sie bogen ab und gerieten in einen Schiffssektor, der völlig aus technischen Anlagen bestand. Versorgungsleitungen zogen in unübersehbarer Menge an den Wänden und über den Boden entlang, und an der Decke des schachtähnlichen Korridors blinkten etliche hundert Kontrollampen. Normalerweise waren diese Leitungen nicht zu sehen, aber jetzt fehlte ein Teil der Wand mitsamt dem darin eingelassenen Schott. Der Boden war übersät von winzigen Metallklumpen und verbrannten Plastikfetzen. »Schnell!« machte jetzt auch Zwirbelsauer. Das Jagdfieber hatte ihn gepackt. »Ich höre Stimmen! Die Suchgruppen folgen uns!« Sie hetzten weiter, ohne sich darum zu kümmern, in welcher Richtung sie sich bewegten. Der Lärm hinter ihnen verebbte, ihr Vorsprung wurde größer. »Er will sich Zugang zur Hauptzentrale verschaffen«, murmelte Moshe Maubeck. »Deshalb benutzt er Versorgungsschächte und sonst nicht zugängliche Kanäle. Wer weiß, ob diese überhaupt positronisch überwacht werden. Paß auf, dort hinten führt die Spur in einen Abwasserschacht!« Sie fanden einen Einstieg und machten sich daran, durch eine übelriechende Brühe bis zu einer Abzweigung zu waten, an der das verbrauchte Wasser aus einer höher gelegenen Etage herabstürzte und sich gleichmäßig in zwei Richtungen verteilte. Im Schein einer Notlampe sahen sie, daß der Verteilerrechen mitsamt dem Trennsegment zerstört war. Weitere Spuren Mylottas zogen sich an einem Steg entlang, der leicht mit Feuchtigkeit belegt war und dem Kontrollpersonal diente, wenn es die Anlagen überprüfte oder Roboter hineinschickte. »Wir müssen ihn erwischen, bevor er in der Zentrale Unheil anrichtet!« schnaufte Phonso. »Schneller!« Eine gute Stunde bewegten sie sich abwärts. Mehrmals tauchten sie in dieser Zeit in das künstliche Tageslicht der Korridore und fanden immer wieder Anzeichen, wohin sich Kerness Mylotta bewegt hatte. Sie mußten jetzt langsamer machen, denn Maubeck keuchte und hechelte geradezu nach Luft. Ein altes Beinleiden machte sich bei ihm bemerkbar, und er humpelte. »Wir sollten die Zentrale anrufen und uns beschweren, daß das Schiff so unübersichtlich gebaut ist«, rief
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er aus. Zwirbelsauer zog ihn in eine Reparaturkammer hinein, in der ein zweiter Trümmerhaufen darauf hinwies, daß Mylotta auch hier kompromißlos gegen Maschinen und Material vorgegangen war. Er ließ sich nicht aufhalten, und die beiden Solaner fragten sich immer eindringlicher, wie sie ihn überwältigen sollten, ohne daß ihr Leben dabei in Gefahr geriet. Sie sprachen darüber, während sie weitereilten, und Maubeck meinte: »Ein Fesselfeld ist es, was wir brauchen. Und wir müssen die Hauptzentrale benachrichtigen, sobald wir ihn im Blickfeld haben. Wir benötigen Unterstützung, aber den eigentlichen Ruhm heimsen wir selbst ein. Oder was meinst du, Zwirbelsauer?« Sie gerieten in einen Maschinenbereich, der sich dadurch von den gewohnten Anlagen unterschied, daß der Fußboden bedeckt war mit riesigen Gebilden, die an überdimensionale Schmetterlingskokons erinnerten. Sie glänzten weiß bis gelb und trugen Beschriftungen, die verblichen und nicht mehr lesbar waren. Die Kokons ragten gut zwanzig Meter vor den beiden Solanern auf. Phonso fand einen winzigen Lastenantigrav und zog Maubeck hinein. Sie glitten abwärts. Sie kamen an einer offenen Schleuse vorbei, ein deutliches Zeichen, daß der Antigrav im Bedarfsfall abgeriegelt werden konnte. Es gab für die beiden Männer keinen Zweifel, daß sie sich in unmittelbarer Nähe der Hauptzentrale befanden. Irgendwo draußen führten die Korridore entlang, an denen die Wohnbereiche, die Zentralenräume und die Wohnungen der Schiffsführung lagen. SOLCity, die Klause des High Sideryt und vieler anderer. Für einen Solaner war es völlig unmöglich, sich überall in dem großen Schiff auszukennen. Hatte einer aus irgendwelchen Gründen einen Bereich aufzusuchen, den er nicht kannte, rief er über einen Computeranschluß die Informationen ab. Maubeck und Zwirbelsauer hatten bisher keine Gelegenheit gehabt. Ihr Weg hatte vorher nicht festgestanden. Sie verließen den Antigrav am nächsten Ausgang und fanden sich übergangslos in eine spiegelverkehrte Welt versetzt. Die Halle besaß ähnliche oder identische Ausmaße wie die erste. Nur war hier der Boden leer. Die Decke war bedeckt mit ähnlichen Kokons, die drohend herabhingen. Sie machten, daß sie darunter hinwegkamen. Zwirbelsauer steuerte auf einen Ausgang zu, während Maubeck sich aufmachte, eine Kontrollkonsole für die seltsame Anlage zu suchen. Das Aufdröhnen einer Automatenstimme riß die beiden Männer herum. Gleichzeitig winselte eine Sirene aus den Lautsprechern, und in den Kokons über ihnen knackte und rumorte es. »Sofort hinaus!« donnerte die Automatenstimme. »Was sucht ihr in diesem Bereich? In zehn Sekunden ist der Countdown abgelaufen!« Phonso stürzte zu Moshe Maubeck und griff ihn am Ärmel. Hastig zerrte er ihn zum Ausgang.
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Aber es war fast schon zu spät. Die Kokons an der Decke bewegten sich. Sie hoben sich mit ihrer Hülle ab und drehten sich nach unten. Zunächst nur langsam, dann immer schneller kamen sie herab. Der Boden rüttelte dabei. Ein Sog entstand und riß die beiden Männer von der Tür weg nach oben. Sie wurden federleicht. Sie gingen in die Knie und schafften es mit Mühe und Not, die Tür zu öffnen und sich hindurchzuzwängen. Hinter ihnen schloß sich die Tür mit einem Knall, und sie erkannten, daß sie sich in einer Schleuse befanden. »Verflucht!« zischte Phonso. Als Techniker ahnte er zumindest, um was für einen Vorgang es sich handelte. »Da drinnen entsteht ein Vakuum. Was bedeutet das?« Sie verließen die Schleuse und aktivierten den daneben in die Wand integrierten Bildschirm. Die Kokons drehten sich noch immer nach unten, dem Fußboden entgegen. Es wurden Stifte sichtbar, die eindeutig Schraubgewinde darstellten. An der Tür leuchtete jetzt die rote Lampe, die darauf hinwies, daß drinnen nun absolutes Vakuum herrschte. Aus dem Hintergrund näherte sich ein Roboter. Es war eine Reparaturmaschine mit Kommunikationseinheit. Sie blieb zwei Meter entfernt stehen und gab ein Pfeifen von sich. »Ihr habt Glück gehabt«, sagte sie. »Es hätte euer Tod sein können. Was macht ihr in diesem Bereich? Habt ihr die Warnsignale auf den Korridoren nicht gesehen?« Wir kommen nicht von einem Korridor, sondern von dem spiegelverkehrten Teil dieser Kokons! wollte Maubeck rufen. Angesichts der düsteren Worte des Roboters schwieg er jedoch lieber. »Mylotta!« stieß Phonso hervor. »Ist das Mylottas Werk? Was sind das für Maschinen?« »Was du siehst, sind die Schraubenverbinder für die Präzisionskopplung«, sagte der Roboter. »Sie werden soeben abgelöst. Da, jetzt sind sie los. Alle Schotte sind dicht!« »Was bedeutet das?« rief Zwirbelsauer. »Wir müssen sofort in die Hauptzentrale!« »Man weiß dort bereits Bescheid«, erwiderte der Roboter. »Aber ihr könnt jetzt nicht mehr dorthin!« »Wir werden uns beschweren, Phonso, nicht wahr?« dröhnte Maubeck. »Die Verhältnisse in diesem Schiff werden langsam unerträglich! Warum läßt man uns diesen Mylotta nicht fangen? Wo steckt er?« »Ihr seid in der SZ-2«, belehrte sie der Roboter. »Kerness Mylotta hat die Zentrale der SOL-Zelle in seine Gewalt gebracht. Er hat sie abgekoppelt. Es dürfte euch schwerfallen, ihn zu überwältigen!« * »Es ist zu spät!«
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Breckcrowns Worte lagen schwer über der Zentrale. Kerness Mylotta hatte uns völlig überrascht. Während wir noch auf seinen Vorstoß zur Hauptzentrale warteten, hatte er die SZ-2 unter seine Kontrolle gebracht. In der Zentrale der SOL-Zelle hatte er die Roboter ausgeschaltet und Menschen bedroht. Solania von Terra war seine Geisel und schwebte in ständiger Lebensgefahr. Auf den Bildschirmen verfolgten wir, wie die SZ-2 in den Himmel Anterfs hinaufstieg und in eine Umlaufbahn um den Planeten ging. Auf der Rest-SOL liefen die Startvorbereitungen auf vollen Touren. Ich mußte daran denken, wie Breck und ich damals unter wesentlich schwierigeren Umständen und nur mit der SZ-2 gegen die Rest-SOL unter dem Order-7 vorgegangen waren. Der Order war kein so gewaltiger Gegner gewesen wie es jetzt Anti-ES und ihre willfährige Kreatur Mylotta darstellten, aber es war uns schwer genug gefallen, das Schiff zu vereinigen und die Gefahr zu beseitigen. Wir durften die SOL-Zelle-2 nicht aus den Augen verlieren. Sieh zu, daß er euch nicht in eine Falle lockt, nur weil er damit rechnet, sagte der Logiksektor. Ich nickte für mich und sah mich flüchtig um. Der Sessel des Chefpiloten, oder besser gesagt der Chefpilotin, war leer. Das täuschte jedoch, denn die kleine, unscheinbare Gestalt von Cara Doz verschwand zwischen den Armlehnen und der hohen Rückenlehne. Cara war die erste Emotionautin, seit diese Gruppe von Piloten unter der Arge SOL und der SOLAG sang- und klanglos untergegangen war. Es hatte Probleme bereitet, die alten Ausbildungssysteme wieder auszugraben, und Lyta Kunduran hatte es fertiggebracht, mit Hilfe SENECAS eine Art geistige Führung der Emotionautin zu bilden und damit den eigentlichen Ausbilder zu ersetzen. Bei Cara war es gelungen, und sie trug das neu entwickelte SERT-Band mit Stolz. Cara war 1,62 groß und dürr. Sie machte fast einen unterernährten Eindruck. Ihre weißblonden Haare hingen strähnig herab und erweckten den Eindruck von Ungepflegtheit. Ihre Haut war weiß, und ihr Körper steckte in einem langen, sackähnlichen Gewand, das die dünnen Arme frei ließ. Sie hatte am 25. Dezember Geburtstag, also in gut eineinhalb Monaten, was ihr den Beinamen »Engel« eingebracht hatte. Dieser Eindruck wurde durch das SERT-Band noch verstärkt. Mit ihm sah sie tatsächlich aus wie ein Engel mit einem silbernen Stirnreif. Das Vorgehen Mylottas deckt sich nicht mit dem, das er bei seinen bisherigen Anschlägen an den Tag legte, meldete sich der Extrasinn erneut. Es ist eine Zunahme seiner Intelligenz zu erkennen. Das darfst du nicht außer acht lassen! SENECA bestätigte diesen Eindruck. Es ließ uns doppelt vorsichtig werden, denn bei allem, was zu tun war, galt noch immer unser oberstes Gebot, daß keine Menschenleben in Gefahr gebracht werden durften. Und bisher, so nahmen wir zumindest an, hatte Mylotta niemanden getötet. Wir wußten aber von Blödel und Wuschel, daß der Astronom auch vor einem Mord nicht zurückschreckte, wenn es um seine Interessen ging oder vielmehr um die seines Auftraggebers. Das war Anti-ES, und die negative Superintelligenz war grausam und unerbittlich. Ich hatte das mehrmals
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am eigenen Leib erfahren müssen. »Cara«, sagte ich nach vorn, und eine leichte Bewegung des Sessels deutete an, daß die Emotionautin mich gehört hatte. »Wie weit sind wir? Können wir der SZ-2 folgen, ohne daß Mylotta eine Kurzschlußhandlung begeht?« »Wir können«, antwortete der Engel in seiner kurzen Art. Der Sessel schwenkte kurz herum, und ich sah, daß sich die Anschlüsse des SERT-Bandes spannten. Cara Doz sah mich aus einem stark übermüdeten Gesicht an. Normalerweise hätte Breck nie jemanden in einem solchen Zustand an seinen Arbeitsplatz herangelassen, schon gar nicht, wenn es um die Lenkung des Schiffes ging. Bei Cara wußten wir vage, daß es sich um eine Erscheinung handelte, die auf eine Krankheit zurückzuführen war. Cara benötigte keinen Schlaf und wirkte immer übermüdet. »Es ist gut«, sagte ich, und der Sessel schwenkte in seine Ausgangsstellung zurück. Für einen Augenblick glaubte ich ein flüchtiges Lächeln über das ernste, verhärmte Gesicht huschen zu sehen, aber es konnte auch eine Täuschung sein. Ein Lächeln, das sagen wollte: Seht, ich führe euch alle an der Nase herum. Ich wischte den Gedanken weg und widmete mich wieder den Dingen, die wichtig waren. Ich spürte, daß etwas in Bewegung geriet, daß unsere Tage auf und um Anterf gezählt waren. Der Gegner hatte die Initiative ergriffen, und diesmal würde er die Fehler nicht mehr machen, die ihm in Xiinx-Markant oder bisher in Bars-2-Bars unterlaufen waren. Kerness Mylotta, ich schätzte ihn stärker und gefährlicher ein als Anti-Homunk, der nicht mehr war. Iray Barleona hatte sich geopfert, um das Kunstgeschöpf zu töten. Der Gedanke an Iray Vouster ließ mich mit schmerzhafter Intensität an Tyari denken. Wieder glaubte ich einen Augenblick lang, ihren Hilferuf zu hören. Wo war sie? Wo waren die anderen? Wir mußten sie suchen, bevor Anti-ES ihre Existenz bedrohte. »Die SOL-Zelle-2 hat ihre erste Umkreisung Anterfs beendet«, sagte Breckcrown Hayes. »Sie verläßt den Orbit nicht. Mylotta scheint auf irgend etwas zu warten!« »Funkbotschaften?« fragte ich. Der High Sideryt schüttelte den Kopf. »Keine. Der Astronom hat die Zelle voll unter Kontrolle.« Ich hatte es nicht anders erwartet. Mylotta war eben perfekter als Anti-Homunk. Worauf wartete er? Fast fieberte ich darauf, eine endgültige Entscheidung gegen Anti-ES herbeiführen zu können. Wenn Mylotta wartete, dann nur auf die Superintelligenz. Begann bald wieder eine ihrer Freizeiten? Ich merkte, daß Cara Doz die Schiffsmotoren anfuhr. Kurz darauf löste sich die Rest-SOL von der Oberfläche Anterfs und stieg in den Himmel des Planeten hinein. Die Sonne Barsanter schob sich als höhnisch grinsendes Gesicht in den Erfassungsbereich der Kameras. Ich begann zu frösteln, und eine ferne, unfaßbare Stimme legte den Keim in mir, daß wir mit dem Start
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einen gewaltigen Fehler begangen hatten.
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5. Seit sie den Arsenalplaneten verlassen hatten, lebte das Ei der Penetranz in ihnen fort. Es war, als sei es weiterhin materiell gegenwärtig, aber es war nur ein Impuls, den das starke Bewußtsein der Penetranz in ihre Gehirne schickte und dort Realität werden ließ. Das Ei mit seinen Leuchtwellen symbolisierte die Macht, die die Penetranz über alle Mitglieder des Arsenals hatte. Daran änderte auch der Flug durch den Linearraum nichts. Die ARSENALJYK war unterwegs zur SOL, um den Arsenalführer abzuholen und Cara Doz zu beseitigen. Das waren die beiden Aufträge, die das Arsenal von der Penetranz erhalten hatte. Mjailam stand hinter Mata St. Felix, die das Schiff steuerte. Die Solanerin stand wie alle anderen voll unter dem Einfluß der unbegreiflichen Macht, die ihre Gehirne versklavte, ihnen aber ihre freien Gedanken ließ. Die Mitglieder des Arsenals wußten, daß das, wozu sie gezwungen wurden, gegen ihren eigenen Willen war. Sie konnten untereinander darüber sprechen, aber sie waren nicht in der Lage, sich einem Außenstehenden mitzuteilen. Wollten sie es tun, würde sich ihnen automatisch eine Gedankensperre auflegen. Die Penetranz hatte ihnen dies nüchtern mitgeteilt. Für sie galt nur der Befehl und danach die Ausführung. Es gab kein Ausweichen und kein Sich-Drücken. Mjailam war stellvertretender Arsenalführer. Er hatte sich im Kampf am besten bewährt. Sein zwei Meter hoher Körper war von einem tiefbraunen Fell bedeckt, das an einigen Stellen schwarz schimmerte. Mjailam trug keine Kleidung oder Ausrüstung. »Mata«, grollte er dumpf, »wie lange müssen wir noch warten? Gibt es keinen Weg, der ...« Er hielt inne und überlegte, was er sagen wollte. »Einen Weg, der kürzer ist?« Seine Stimme rasselte wie die eines Tieres, und die Solanerin beugte sich nach vorn, um aus dem Bereich seines heißen Atems zu kommen. Sie hätte vieles in der Welt dafür gegeben, wenn sie in der Lage gewesen wäre, den Kurs zu ändern oder zu fliehen. Es ging nicht. Die Absicht allein verhinderte, daß sie ihre Finger auf die Kontrollen legen konnte. »Es ist der kürzeste Weg, Mjailam«, erwiderte sie. Sie wußten inzwischen, daß Mjailam soviel bedeutete wie »der letzte Versuch«. Was aber versucht werden sollte, und was Mjailam auf den Weg geschickt hatte, das wußte Mata nicht richtig. Tyari hatte ein paar Worte fallen lassen, doch die Solanerin konnte nichts damit anfangen. Sie war nicht über die Situation in Bars-2-Bars informiert, und die Penetranz duldete es nicht, daß sich das Arsenal zu viele Gedanken um nebensächliche Dinge machte. »Wenn wir nur einen Weg finden könnten, um dem Auftrag zu entgehen!« klang Sannys helle Stimme auf. Die kleine Molaatin stand neben Kik und ein paar weiteren Solanern, die zur Besatzung der BANANE gehört hatten, die jetzt den Namen ARSENALJYK trug. Sie blickte auf die Kugel Asgards, der auf seiner dickhäutigen Oberfläche eine Reihe unverständlicher Muster und Zeichen produzierte, ohne eine Erklärung abzugeben. Ein paar Bilder erschienen und vergingen wieder. Und dann projizierte die Plasmakugel ein deutliches Wort: »Nein!« Tyari stieß ein gellendes Gelächter aus. »Ihr Toren!« rief sie. »Glaubt ihr, daß es jemals einen Ausweg
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geben wird? Wir sind in die Hände von Anti-ES gefallen!« Tyari wandte sich ab und brach in Schluchzen aus. Sanny eilte sofort zu ihr und griff nach ihrer Hand. Sie flüsterte beruhigend auf sie ein, bis Mjailam mit einem Sprung neben ihnen erschien und sie auseinanderriß. »Weg mit dem Unfug. Dummes Zeug!« knurrte er. »Ist es nicht Ärger genug für uns?« Sie ließen voneinander ab und hefteten ihre Augen auf den Bildschirm. Die Schlieren dort verschwanden und machten dem beruhigenden Leuchten der Sterne der kreuzförmigen Galaxis Platz. Und irgendwo zwischendrin leuchtete grell und regelmäßig blinkend ein Punkt. Er wurde von der Automatik elektronisch verstärkt, und er befand sich in unmittelbarer Nähe einer Sonne. »Die SOL«, stellte Twoxl fest. Der Siebenteiler hielt alle Teile zu einem dichten Klumpen zusammen, der reglos über Kik in der Luft hing. »Unser Ziel!« Die beiden Gyranter betraten die Zentrale und schritten auf Mjailam zu. Er streckte ihnen drohend die geballten Fäuste entgegen und jagte sie hinaus. »Bleibt weg!« brüllte er ihnen nach. »Ihr habt hier nichts zu suchen. Gleich gibt es eine Bildverbindung mit dem Schiff!« Brummend widmete er seine Aufmerksamkeit wieder dem Schirm. »Mjailam«, fragte Sanny zaghaft, »wirst du von der Penetranz völlig kontrolliert?« Der grobschlächtige Körper versteifte sich. »Nicht«, sagte Mjailam. »Aber ich rieche den Kampf. Verstehst du?« »Welchen Kampf?« fragte Kik. »Mit Cara Doz?« »Die Entscheidung«, dröhnte der stellvertretende Arsenalführer. »Mit Kerness. Er ist nicht aus Farynt. Er ist unfähig, und doch müssen wir Befehle von ihm annehmen. Das ist falsch! Ich werde Mylotta töten!« Sie wußten alle, daß es nie dazu kommen würde. Erst, wenn sie den Befehl erhalten würden. Dieser aber würde nicht kommen, denn Kerness Mylotta war ihr Arsenalführer, dem sie folgen wollten. Er befand sich dort drüben auf dem Schiff, von dem sie jetzt erkannten, daß es sich geteilt hatte. Ohne den Hintergrund zu kennen, begriffen sie, daß Mylotta sich auf dem kleineren Teil aufhielt. Von dort würden sie ihn abholen. Zunächst jedoch hatten sie eine andere Aufgabe zu erfüllen. »Die Hauptzentrale liegt im Mittelteil«, verkündete Tyari. »Cara Doz hält sich fast immer dort auf. Ich kenne aber auch ihre private Kabine!« »Ruhe jetzt!« donnerte Mjailam. »Wir erhalten gleich Kontakt! Kein überflüssiges Wort! Alles läuft, wie es laufen muß!« Die Penetranz hatte sie bestens präpariert, so daß es zu keinen Fehlern kommen konnte. Außerdem war sie telepathisch ständig anwesend und richtete ihre Entscheidungen nach den Erfordernissen der Lage ein.
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Das Spiel mit der SOL und den Solanern begann.
*
Der Orterreflex war zunächst kaum wahrnehmbar. Dennoch meldete sich SENECA sofort.
»Es muß sich um ein Beiboot der SOL handeln«, sagte die Biopositronik. »Typ Korvette!«
»Wer könnte das sein?« Bjo bewegte sich und suchte Halt an einer Konsole. Er schloß die Augen, und
ich wußte, daß er den telepathischen Kontakt aufnehmen wollte. Nach kurzer Zeit entspannte sich sein
Körper wieder.
»Noch nicht möglich«, meinte er. »Bei unseren Schiffen und Solanern wäre es überhaupt kein Problem,
auf diese Entfernung Gedanken festzustellen!«
Breckcrown klappte die Innenflächen seiner Hände nach außen. Er wußte auch keinen Rat.
»Eigentlich fehlt uns nur eine Korvette«, meinte er. »Aber die kann nicht hier sein. Sie ist in
Xiinx-Markant zurückgeblieben.« Wenn es nun doch die BANANE war?
»Funkanruf«, sagte ich. »Sofort eine Verbindung herstellen. Wir wollen sehen, was es mit dem Schiff auf
sich hat. SENECA, bleibst du bei deiner Behauptung?«
»Mit einer Einschränkung, Atlan«, sagte SENECA sofort. »Der Farbindex stimmt nicht mit dem einer
Korvette überein. Ansonsten könnte es sich um die BANANE handeln.« »Eine veränderte BANANE
also«, murmelte ich, doch keiner hörte mich.
Kurz darauf stand der Kontakt. Es war tatsächlich die BANANE, und vom Bildschirm lächelte uns Mata
St. Felix zu. Die Buhrlofrau ging mit keinem Wort auf die veränderte Außenhaut der Korvette ein.
»Hallo, hier sind wir«, sagte sie. »Die BANANE meldet sich nach abenteuerlicher Fahrt zurück.
Xiinx-Markant läßt grüßen!« »Bars-2-Bars wohl auch«, lächelte Hayes zurück.
Für einen Augenblick erschien es mir, als wirke Mata irritiert. Dann aber nickte sie ernsthaft.
»Du kannst es dir denken, Breck«, meinte sie. »Es hat sich einiges abgespielt, um mit der Korvette und
ihrer beschränkten Reichweite den Abgrund zwischen den beiden Sterneninseln zu überbrücken. Sobald wir an Bord sind, bekommst du einen umfangreichen Bericht!«
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Die BANANE war in der Zwischenzeit deutlich herangekommen und wurde nun auch optisch auf dem Schirm sichtbar. Im Licht Barsanters glitzerte sie als kleiner, rosaroter Punkt, der langsam größer wurde. »Es muß ein Wunder geschehen sein«, nickte Breck. »Aber gut. So brauchen wir nicht nach Xiinx-Markant zu fliegen, um euch aufzunehmen.« Mata St. Felix bestätigte es. Sie steuerte die Korvette herbei und näherte sich der Umlaufbahn der Rest-SOL. Die SZ-2 bewegte sich auf der entgegengesetzten Seite des Planeten, wo es zur Zeit Nacht war. Neben Mata erschienen weitere Gestalten im Erfassungsbereich des Bildschirms. Ich sah Mjailam, den Hünen, daneben Sanny, Twoxl, Kik und ... Mein Herz beschleunigte und begann zu rasen. Der Zellaktivator auf meiner Brust pochte mit. Tyari. Sie war zu der Besatzung der BANANE gestoßen. »Tyari!« rief ich aus. »Wie geht es dir? Was habt ihr erreicht?« Die Frau lächelte mir verführerisch entgegen. »Muß es gleich sein, am Bildschirm?« fragte sie zurück. »Ich möchte es dir gern persönlich erzählen, Atlan!« Ich nickte heftig, doch der Extrasinn dämpfte die aufkommende Freude abrupt. Die Massierung dieser Personen auf einem Fleck ist ungewöhnlich, teilte er mit. Tyari hat die SOL verlassen, um sich mit Mjailam zu verbünden, Tyar und Prezzar zu finden und befreien. Sanny und Kik waren im Hauptnabel, wo auch Mjailam herumgeisterte. Das Zusammentreffen all dieser Personen legt die Vermutung nahe, daß sie sich irgendwo im Einflußbereich von Anti-ES getroffen haben. Dann waren auch die Solaner um Mata St. Felix mit der BANANE dort. Vergiß das merkwürdige Aussehen der Korvette nicht! Von dem Wesen Porter hatten wir erfahren, was Sanny und Kik im Hauptnabel erlebt hatten. Anti-ES hatten die beiden Wesen zu einer geistigen Einheit verkettet. Als solche hatten sie Porter getötet. »Wir können vielleicht von Sanny und Kik erfahren, wo der Hauptnabel, die Übergangsstelle in die Namenlose Zone liegt, durch die Anti-ES agiert«, hielt ich dem Logiksektor entgegen. Eine Gefahr sah ich nicht, denn dann hätten Mata St. Felix und ihre Solaner uns rechtzeitig gewarnt. Und noch etwas anderes beruhigte mich. Twoxl war mit an Bord. Der endlich geborene Cpt’Carch, jetzt der Bezeichnung nach ein Cpt’Kul, stand auf der Seite der Solaner im Kampf gegen Anti-ES. Seinen Fähigkeiten entsprechend, war bei ihm eine Vergewaltigung durch die Superintelligenz am meisten auszuschließen. Nein, wir konnten beruhigt sein.
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»Es geht vorwärts, Breck«, sagte ich. »Ich rieche schon die Spur, die zum Hauptnabel führt!« »SENECA«, klang die Stimme des High Sideryt auf. »Automatisches Anflugmanöver einleiten. Hangar sieben vorbereiten zur Aufnahme der Korvette!« Die Biopositronik gab die Bestätigung. Nichts überstürzen, Atlan! meinte mein Extrasinn. Wartet ab. Da ist etwas. Ich spüre es ganz deutlich. Etwas versucht, Kontakt zu mir aufzunehmen!
»Kannst du Genaues erkennen?« dachte ich. »Ist es Anti-ES?«
Du irrst, Atlan. Nein, du irrst dich ganz bestimmt. Da ist etwas anderes, was du nicht ... Ich erschrak.
Was ging in mir vor? Ich fühlte nichts, keinen Mentalkontakt, keine innere Berührung. Eine Botschaft an
den Extrasinn, die mir verborgen bleiben sollte?
»Was ist?« sagte ich unabsichtlich laut. »Melde dich? Extrasinn! Was ist geschehen?« Ich erhielt keine
Antwort. Der Logiksender blieb stumm und ließ mich innerlich aufgewühlt zurück.
*
Der Extrasinn lauschte, und er vernahm ein tastendes Wispern. Eine lautlose Stimme nahm Kontakt zu
ihm auf, und sie versuchte, ihn vollkommen auf sich aufmerksam zu machen. Er verstand sie nur, wenn er
sich ganz zurückzog und konzentrierte. Auf Atlans Fragen achtete er nicht mehr.
KANNST DU MICH VERSTEHEN? fragte die Stimme.
Ja, erwiderte er. Ich verstehe dich klar und deutlich.
ICH WILL EUCH WARNEN! SANNY,
MJAILAM UND ALLE WESEN AN BORD
DER BANANE SIND BEEINFLUSST! SIE
SIND DAS GEHEIMNISVOLLE ARSENAL, DAS ANTI-ES AUSGESCHICKT
HAT. IHR DÜRFT NIEMANDEN AN
BORD LASSEN, HÖRST DU?
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Ich höre, erwiderte der Extrasinn. Aber warum ist es so? Was soll ich Atlan sagen? SAGE IHM
GENAU DAS!
Wer bist du eigentlich?
Ein abweisendes Lachen klang in ihm auf, und der Extrasinn frohlockte.
Du bist Wöbbeking. Du bist nun doch gekommen! Wer außer dir verfügt über solche Informationen!
SCHLAGE ES DIR AUS DEM KOPF.
ICH BIN NICHT WÖBBEKING-NAR’BON! DU IRRST DICH!
Sage mir mehr! verlangte der Extrasinn. Weißt du, wo der Hauptnabel der Übergangszonen liegt?
MEHR ALS DIE WARNUNG KANN ICH
DIR NICHT MITTEILEN. VERSUCHE
DAS ZU VERSTEHEN. ICH MUSS MICH
JETZT ZURÜCKZIEHEN! Die letzten Gedanken verschwammen und waren kaum noch verständlich. Die unbekannte Gedankenstimme entfernte sich. Bist du noch da? Der Extrasinn erhielt keine Antwort mehr, und er wiederholte die Warnung Wort für Wort. Er mußte sie sofort an Atlan weitergeben und dafür sorgen, daß die BANANE nicht in die SOL eingeschleust wurde. Atlan! meldete er sich. Hör mir gut zu! Er spürte, wie der Arkonide zusammenzuckte. Er machte ihn mit dem Inhalt der Warnung vertraut. * Breckcrown Hayes packte mich am Arm und holte mich in die Wirklichkeit zurück. Für ein paar Augenblicke war ich geistesabwesend gewesen. Ich mußte mich mit ein paar Blicken orientieren, wo ich überhaupt war. »Was redest du von deinem Extrasinn?« fragte der High Sideryt. »Ist etwas nicht in Ordnung mit dir?«
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»Breck«, sagte ich und streifte seine Hand ab, »laß mir einen Augenblick Zeit, um meine Gedanken zu sammeln. Dann können wir über alles reden!« Bjo kam zu uns herüber, und auch Gallatan Herts wandte sich von den Kontrollen ab und widmete uns seine Aufmerksamkeit. Hastig berichtete ich, was der Extrasinn mir zugeflüstert hatte. Es war eine eindeutige Warnung, und die Vermutungen gewannen neue Nahrung, daß mit den so überraschend Aufgetauchten etwas nicht stimmte. Sie sollten beeinflußt sein und das geheimnisvolle Arsenal sein, von dem Blödel und der Bakwer berichtet hatten. »Du glaubst, was die Stimme deinem Extrasinn erzählt hat?« forschte Breck. Ich nickte. Dann wanderten meine Augen wieder zum Bildschirm, wo sich der Oberkörper Tyaris abzeichnete. »Geduldet euch eine Weile«, sagte ich. »Wir haben hier ein Problem. Ihr werdet es schon gemerkt haben, daß die SOL sich geteilt hat. Wir müssen dies zunächst bereinigen!« »Das hat doch Zeit, Atlan!« säuselte Tyari, und ich merkte, daß ich kurz davor stand, alles zu bejahen, was sie sagte. »Wenn wir erst an Bord sind, können wir euch unterstützen!« »Es hat keine Eile«, sagte jetzt auch Breck. »Wir melden uns wieder!« Er schaltete die Funkverbindung ab. Wir berieten, wie wir vorgehen sollten. Ein Zweifrontenkrieg war das letzte, was wir uns leisten konnten. War die Warnung der unbekannten Stimme gegenstandslos, konnten wir die Korvette immer noch an Bord holen. Zunächst mußten wir sehen, daß wir die SZ-2 wieder andockten und verhinderten, daß sie sich erneut von uns löste. Kerness Mylotta durfte nicht länger sein Unwesen treiben. Wir hatten bereits einen Plan aufgestellt, wie wir vorgehen wollten. SENECA hatte mitgeteilt, daß die Magnetfessel-Gravitationsfeldgeneratoren zur Blitzkopplung unter seiner Kontrolle standen und nicht von außen beeinflußt werden konnten. Auf die Schraubenverbinder der Präzisionskupplung würde man eben eine Weile verzichten müssen. Es gab nur eine geeignete Person, eine solche Blitzkopplung mit vorheriger, überfallartiger Annäherung durchzuführen, und das war Cara Doz. Das zierliche Persönchen saß nach wie vor in seinem Sessel und hielt die Augen geschlossen. Cara wartete auf das Zeichen zum Handeln. Ich hatte Breck vorgeschlagen, ein Einsatzteam in die SZ-2 einzuschleusen. Ich hatte es bereits zusammengestellt, es bestand aus Mitgliedern des Atlan-Teams. Nach der Kopplung würden wir durch den Zentralantigrav vordringen und uns notfalls den Weg durch die Sicherheitsschotte mit Gewalt erzwingen. Alle anderen Wege waren so gut wie aussichtslos. Mylotta hatte die Außenschleusen blockiert und alle Transmitter abgeschaltet. Unsere Hoffnung bestand darin, daß der Astronom nicht mit unserem Vorgehen rechnete und es zudem zu spät bemerkte. Die Möglichkeiten, auch den letzten Übergang zu versperren, besaß er, solange er über die Macht in der SZ-2 und freien Zugang zu der Steuerpositronik in der Zentrale verfügte. »Wir brechen auf«, sagte ich zu Breck. »Versucht, die
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BANANE hinzuhalten!« Breck war einverstanden, und wir entfernten uns. Der High Sideryt nahm nochmals Funkverbindung mit der Korvette auf, während wir in einem Nebenraum in unsere Einsatzanzüge stiegen. Über Helmfunk sprachen wir uns ab, und Hayes teilte mir mit, daß er zumindest den Einschleusvorgang einleiten wollte, um die Wartenden nicht zu sehr zu vergrämen, falls die Warnung des Extrasinns unbegründet war. Dann kam der Einsatz für Cara Doz. In einer Blitzaktion, die auf den Meter genau saß, schaffte sie die Annäherung. Die Kopplung erfolgte, und fast augenblicklich setzte SENECA den Mechanismus in Betrieb. Die schweren Segmentschotte schoben sich zur Seite, und wir betraten jenen Zwischenbereich, der gerade noch zur Außenwandung der SZ-2 gehört hatte. Auch an ihr öffneten sich die Schotte. Es hatte geklappt. Wir rannten in die SOLZelle hinein und suchten das nächstbeste Versteck auf, nachdem wir eine falsche, aber deutliche Spur gelegt hatten. Mylotta sollte denken, daß eine größere Gruppe mit Unterstützung einer Roboterschar eingedrungen war. Wir bekamen noch mit, wie sich die Schotte wieder schlossen. Der Astronom hatte schneller reagiert, als wir erwartet hatten. Die SOL war jetzt wieder komplett, aber der Zugang zum Mittelteil war erneut blockiert. Mylotta würde dafür sorgen, daß niemand mehr herüberkam. Und er würde uns suchen lassen, so wie wir ihn suchten. Wer wen zuerst fand, stand noch in den Sternen von Bars-2-Bars.
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6. »Eigentlich solltest du dich entschuldigen!« behauptete Phonso Zwirbelsauer und strich sich den Schnauzbart zurecht. »Du hast ihnen innerlich unrecht getan!« Moshe Maubeck warf den Kopf empor und funkelte seinen Begleiter an.
»Was fällt dir ein!« zischte er. »Habe ich das nötig? Sag, daß ich es nicht nötig habe! Ich habe niemand
beleidigt!«
»Du hast es aber immer wieder erzählt, daß es die Anterferranter sein sollen!« Phonso blieb stur. »Das
mußt du in Ordnung bringen!«
»Wie denn?« rief Maubeck aus. »Soll ich zu jedem einzelnen hingehen und ihm erklären, daß ...«
»Genau. Es ist eine feine Lösung, nicht wahr?«
»Zwirbelsauer!« Maubeck machte ein paar Schritte rückwärts und starrte den jungen Solaner entgeistert
an. »Wahrhaftig, du mußt den Verstand verloren haben. Die Angst hat ihn dir verwirrt! Und selbst wenn.
Kannst du mir verraten, wie ich jetzt in die SZ-1 kommen soll?«
»Nicht jetzt! Aber später. Sobald du Mylotta gefangen hast!«
»Gut, daß du mich daran erinnerst. Ich habe überhaupt keine Zeit, mich bei irgend jemand zu
entschuldigen. Komm!«
Er zerrte ihn mit sich fort aus dem Labor hinaus, in das sie sich zurückgezogen hatten. Über einen
Interkom hatten sie verfolgen können, was vorgefallen war. Kerness Mylotta hatte die SZ-2 an sich gebracht und abgekoppelt. Der Reparaturroboter folgte ihnen. Phonso hatte ihm befohlen, daß er sich in ihrer Nähe halten sollte. Plötzlich aber schnarrte der Roboter. »Ich habe den Befehl erhalten, mich an meinen Standort zurückzubegeben.« »Du bleibst«, betonte Maubeck, doch die Maschine machte kehrt und entfernte sich. »Übergeordnete Anweisung aus der Zentrale. Von Solania«, eröffnete sie. Die beiden Männer blieben stehen und sahen sich an. »Ohne Roboter wird es langweilig«, bekannte Phonso. »Was tun wir?« »Warum programmierst du ihn nicht um? Wozu habe ich dich mitgenommen?«
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»Die Maschine würde sich widersetzen, denn der Befehl kommt eindeutig von Mylotta. Aber wir sollten andere Roboter suchen und sie in unserem Sinn programmieren!« Sie machten sich auf die Suche. In einem abgelegenen Teil des Schiffes, ganz in der Nähe der Außenhülle, fanden sie eine größere Kammer, in der rund hundert Kampfroboter eingemottet waren. Maubeck faselte etwas von einem Heer, und Zwirbelsauer machte sich an die Arbeit. Als Techniker hatte er oft mit den Maschinen zu tun gehabt und kannte sich mit ihren Programmen aus. Zwanzig der Maschinen änderte er um. Danach gingen sie nur noch nach ihrem Basisprogramm vor. Mylotta besaß keine Möglichkeit, sie für sich in Anspruch zu nehmen. Phonso aktivierte die Roboter und gab ihnen die ersten Befehle. Im Abstand von fünf Minuten verließen sie die Kammer und marschierten in verschiedenen Richtungen davon. Sie sollten die Zentrale von allen Seiten einkreisen und dabei so unauffällig wie möglich bleiben. Der Maschinenring sollte sich immer enger ziehen und Mylotta keine Möglichkeit lassen, die Zentrale zu verlassen. »Alle Maschinen besitzen leistungsfähige Schutzschirme, mit denen sie den Energiestrahlen des Astronomen standhalten können«, erläuterte Zwirbelsauer seinem Begleiter. »Die Frage ist nur, was tun wir? Wie kommen wir an Mylotta heran?« »Aber Sauer, wie dumm bist du eigentlich!« entrüstete Moshe Maubeck sich. »Hast du außer deinem Beruf keine Gedanken im Kopf? Das ist doch denkbar einfach!« Phonsos Gesicht bildete ein einziges Fragezeichen. Die winzigen Fältchen in den Augenwinkeln des jungen Mannes wurden schmaler und schärfer, die Schatten unter den Augen dunkler. Ein bißchen wirkte er unter den alles verschlingenden Augen des Älteren hilflos und ungeschickt. »Was meinst du da ...«, begann er, doch Maubeck schnitt ihm das Wort ab. »Wir gehen einfach zur Zentrale. Niemand sieht uns an, daß wir keine Solaner aus der SZ-2 sind. Warum sollte Kerness Mylotta keine Helfer finden, die sich aus irgendwelchen Gründen auf seine Seite stellen?« »Mhm, also«, machte Phonso. »Das ist einfacher gesagt als getan.« »Du Hasenfuß. Was glaubst du, wäre aus der SOL geworden, wenn alle Solaner so gewesen wären wie du?« Phonso zog es vor, keine Antwort mehr zu geben. Er hatte sich längst damit abgefunden, daß Schweigen in solchen Fällen besser war als alles andere. Maubeck war so von sich selbst überzeugt, daß er kein Verständnis für Widerreden aufbrachte. Vielleicht sollte ich ihn einmal mit einem Psychologen zusammenbringen, dachte Phonso. Aber so, daß er es nicht gleich merkt. Und das Schlimme war, daß er den Triebwerksspezialisten auf beruflicher Ebene kennengelernt hatte. Er gehörte nicht zu den weitverzweigten Teilen seiner rühmlichen Familie. Moshe Maubeck wich fast nicht mehr von seiner Seite. Er gehörte schon zu seinem Leben wie seine
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Kombination oder seine Wohnung. Ein Inventarstück, allerdings ein ziemlich intelligentes. »Es wäre vielleicht besser, wenn ich dich adoptieren würde, Zwirbelsauer!« Maubeck lachte dröhnend. »Dann würde ich dir beibringen, wie man auftritt!« Phonso war stehengeblieben. Er wich langsam zurück. »Bloß nicht!« flehte er. »Der Tod ist besser. Und was würde Mylotta dazu sagen? Er braucht uns!« Maubeck brummte etwas Unverständliches. Er ging weiter, und Phonso folgte ihm zögernd. Er hatte das dumme Gefühl, daß sie ahnungslos in eine Falle tappten, die der Saboteur aufgebaut hatte. »Moshe!« sagte er nach einer Weile. »So seltsam dein Vorname auch sein mag, er klingt für meine Ohren gut. Sollten wir nicht lieber abwarten und unser Vorgehen nochmals überdenken. Ich glaube, wir unterschätzen Kerness!« »Ich kann dich nicht begreifen«, sagte Maubeck fast höhnisch. »Die Roboter sind unterwegs. Nichts hält sie auf. Oder hast du ein Funkgerät bei dir, mit dem du dich mit ihnen in Verbindung setzen kannst?« Phonso schüttelte den Kopf. »Außerdem ist etwas im Gang«, fuhr Maubeck fort. »Merkst du es?« Der Boden zitterte ein wenig, aber es war nicht feststellbar, woher die Vibrationen kamen. Dennoch meinte der Solaner mit dem langen, schwarzen Bart: »Es muß am Kopplungsteil sein. Wie ich es mir vorgestellt habe. Sie versuchen, das Schiff zu vereinigen und Mylotta zu fangen.« Maubeck schlug Zwirbelsauer auf die Schulter, daß es krachte. »Noch immer gilt, was ich gesagt habe!« sagte er hart. »Ich werde das Ungeheuer fangen. Und du wirst mir dabei helfen!« * Brooklyn, die sich längst zu ihrem richtigen Namen Solania von Terra bekannte, stieß einen Schrei aus. Sie starrte den Mann mit dem blauen Stirntuch an, vor dessen Kopf plötzlich ein Strahl entstand, der bis hinüber zu den Orterkonsolen reichte. Es krachte und blitzte. Mehrere kleine Explosionen erfolgten, und Teile der Plastikverkleidungen lösten sich schmorend und rasten nach allen Seiten davon. Menschen schrien auf, irgendwo in einem Winkel der Zentrale sank eine Frau zu Boden. Sie hielt sich ein Bein, und Solania sah, daß sie verletzt war. »Du
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Bestie!« stieß die Kommandantin der SZ-2 hervor. Kerness Mylotta lachte. Er fixierte die Frau, dann schloß er kurz die Augen. Im nächsten Augenblick brach Solania zusammen. Mylotta hatte ihre Beine gelähmt und beobachtete, wie sie versuchte, sich mit den Händen aus seiner Reichweite zu bringen. Solaner sprangen herbei und zogen Solania mit sich. »Es wird schlimmer, wenn ihr nochmals versucht, einen Notruf an die Rest-SOL abzusetzen«, verkündete das Geschöpf nach dem Willen von Anti-ES. »Ich lasse mich nicht behindern!« »Du bist ein Solaner!« schrie jemand. »Hast du das vergessen?« »Nein, ich weiß es«, erwiderte Mylotta. »Aber ich bin im Auftrag eines anderen hier. Ich diene einem höheren Wesen. Niemand kann mich hindern, mein Amt anzutreten!« Die Solaner verstummten und kümmerten sich um ihre Kommandantin. Solania wurde in einen Sessel gesetzt. Die grauhaarige Dame, deren Liebenswürdigkeit fast schon sprichwörtlich war, hielt die Augen geschlossen. Sie atmete schwer. »Damit kannst du uns nicht besiegen, Mylotta«, seufzte sie. »Du wirst nichts erreichen!« Als Antwort gab es einen Schlag auf dem Boden. Ein Energiestrahl durchschlug den Fuß des Sessels und ließ ihn umstürzen. Wieder packten Männer und Frauen ihre Kommandantin und zerrten sie in einen anderen Winkel. Die Solaner hatten Angst vor der unheimlichen Fähigkeit des Astronomen. Sie wichen immer vor ihm zurück, und Mylotta registrierte es mit Zufriedenheit. »Falls ihr es immer noch nicht begriffen habt«, sagte er. »Solania ist meine persönliche Geisel. Ich allein entscheide, ob sie meinen Aufenthalt überlebt. Wenn euch ihr Leben etwas bedeutet, dann befolgt meine Anweisungen!« Von diesem Zeitpunkt an taten sie, was er anordnete. Mylotta setzte sich mit dem Mittelteil in Verbindung und diktierte seine Forderungen. Kein Solaner überblickte, was er bezweckte. Nur eines schien festzustehen. Er wartete auf etwas. Hayes und Atlan kamen seinen Forderungen offensichtlich nach, denn sie unternahmen nichts gegen die SZ-2. Sie hatten anderes zu tun, denn es näherte sich eine Korvette und ging auf Warteposition. Obwohl sich die SZ-2 eine halbe Kreisbahn vom Geschehen entfernt aufhielt, bekamen es die Insassen der Zentrale mit. Um Kerness Mylottas Mund erschien ein siegesgewisses Lächeln. Er rief Solania zu sich. Die Lähmung war von der Frau gewichen, und sie blieb mit grimmigem Gesicht vor dem Mann stehen.
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»Du bist nicht mehr Kerness Mylotta«, stellte sie fest. »So grausam und gewissenlos würde kein Mensch vorgehen.« Für einen Augenblick flackerten Mylottas Augen. Das Gesicht des Mannes wurde aschfahl, und er setzte mehrmals zu einer Antwort an. »Solania«, stammelte er. »Was sagst du? Was ... ist ... geschehen? Ist das nicht die SZ2? Wo ist Clya Fersjon?« »Sie ist tot, Kerness!« schrie Solania. Sie sah eine Chance, ihn zur Vernunft zu bringen, und nahm sie wahr. »Du bist jetzt Chef der Astronomischen Abteilung. Komm, laß uns einen Transmitter freimachen und in den Mittelteil gehen!« Sie streckte die Hand nach Mylotta aus, aber der Solaner warf sich zurück. Ein Energiestrahl verließ seine Stirn und schlug irgendwo in einer Wand ein. »Ich töte dich!« schrie er. »Du wirst alles tun, was ich von dir verlange!« Solania wandte sich resignierend ab. Sie hatte es richtig angestellt, aber die Phase der Normalität in Mylotta hatte nicht lange genug angehalten. Irgendwann würde es vielleicht eine Situation geben, in der diese Phase länger dauerte. Was hatte den Auslöser gegeben? Waren es ihre Worte über die Gewissenlosigkeit gewesen? »Es war ein Rückfall in eine falsche Erinnerung«, verkündete Mylotta hart. »Es wird nicht wieder vorkommen. Macht euch also keine falschen Hoffnungen!« Er widmete seine Aufmerksamkeit wieder der Rest-SOL und der Korvette. Ja, dort kamen sie. Sie holten ihn ab. Der leuchtende Mantel um das kleine Schiff war das Zeichen. Das Arsenal hatte den Weg zu seinem Arsenalführer gefunden. Kerness Mylotta steuerte zufrieden einen Sessel an, um sich hineinsinken zu lassen. Er kam nicht dazu. Ein leichter, kaum spürbarer Schlag erschütterte die SZ-2. An den Konsolen leuchteten Freizeichen auf, die den Astronomen alarmierten. Er stürzte nach vorn und ließ die Augen zitternd über die Lampen wandern. Er stieß einen gräßlichen Fluch aus. Die Rest-SOL hatte angekoppelt. Die Projektoren arbeiteten, und er konnte sie nicht beeinflussen. Er selbst hatte dafür gesorgt, daß SENECA die Positronik der SOL-Zelle nicht mehr beeinflussen konnte. Dies galt auch umgekehrt. Er hatte kein Mittel
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in der Hand, den Vorgang rückgängig zu machen. »Blockade der Verbindungs- und Trennschotte!« befahl er. Widerwillig kamen die Solaner seiner Aufforderung nach. Sie blockierten den letzten Zugang und hofften, daß die Solaner aus dem Mittelteil schnell genug reagiert hatten. »Fertigmachen zum Kampf!« dröhnte Kerness Mylotta. »Wir werden die SZ-2 verteidigen!« Er würde die Solaner zwingen, ihn zu schützen. Und inzwischen konnte er sich heimlich davonmachen. Er beschloß, den Mitgliedern des Arsenals entgegenzugehen. * Der Roboter starrte mich aus seinem Auge an. Die grünen Barthaare an seinem Kinn verliehen ihm etwas Faunisches und ließen manchmal vergessen, daß er wirklich nur eine wandelnde Positronik war. In seiner Gestalt steckte soviel Komisches, und seine Bewegungen waren so lachhaft, daß er ungewollt Heiterkeit erregte. Jetzt war davon nichts zu spüren. Blödel stand reglos vor mir und sagte nichts. Er erkannte an meinem Gesicht und den verkrampften Händen, daß in mir etwas vorging, was er besser nicht unterbrach. Tyari! Ich liebte dieses Wesen. In mir sträubte sich alles dagegen, daß ich diese Frau eines Tages verlieren würde, wie es mir mit Barleona ergangen war. Tyari eine Marionette einer anderen Macht, eine Beeinflußte, wie mein Extrasinn es mir mitgeteilt hatte. Je länger ich nachdachte, desto unwahrscheinlicher erschien es mir nun. Es konnte nicht sein, die Warnung mußte auf einem Irrtum beruhen. Beim Flug ins Trisker-System hatte sich eine Geisterstimme bei mir gemeldet, ohne daß der Logiksektor sie empfangen hatte. Jetzt war es umgekehrt gewesen. Die erste Prophezeiung hatte sich bewahrheitet. Der Feind war in Gestalt Mylottas in unseren eigenen Reihen. Die zweite stand noch offen. »Hayes«, sagte ich in den Armbandkom. »Wie sieht es bei euch aus? Etwas Neues von der Korvette?« »Sanny verläßt soeben das Beiboot«, kam die Stimme des High Sideryt bei mir an. »Keine Zwischenfälle. Die Solaner und die anderen Wesen benehmen sich völlig normal. Und es sind nur vier, die die SOL betreten. Mata und ihre Leute bleiben noch in der BANANE.« »Danke«, sagte ich und schaltete ab. Es bestand die Gefahr, daß Mylotta uns ortete. Das wollten wir
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verhindern, weshalb wir uns größtmögliche Funkstille verordnet hatten. »Bist du sicher, daß du keiner Täuschung aufgesessen bist?« fragte ich den Extrasinn. »Denke an unsere Erlebnisse in der Namenlosen Zone! Hast du wirklich keinen Anhaltspunkt, wer sich da gemeldet hat?« Nein, Atlan, erwiderte er und fuhr nach einer kleinen Pause fort: Ich ... ich weiß nicht recht. »Es kommt dir auch seltsam vor!« Mehr als das. Ich bin verwirrt! Etwas war faul an der Sache. Die Geisterstimme irritierte nicht nur mich. Irgendwo keimte in mir die Erkenntnis, daß es sich dabei um den Teil eines psychologischen Plans handelte, den Anti-ES entwickelt hatte. Angst befiel mich. Ich befürchtete, Wöbbeking könnte in die Hand des Gegners gefallen sein. Dann war es besser, wenn die SOL unverzüglich aus Bars-2-Bars verschwand. Ich wischte den Gedanken weg, er behinderte mich und lenkte mich von unserem Vorstoß ab. Atlan! meldete sich der Extrasinn. »Was gibt es?« sagte ich. »Fällt dir doch noch etwas ein?« Ach nichts. Es ist nichts. Aber die seltsame Stimme. Wenn ich sie nur deuten könnte! »Versuche es!« Ich straffte meinen Körper, und Blödel sagte: »Da kommt Wuschel zurück!« Der Bakwer sauste auf uns zu und bremste dicht vor dem Roboter ab. »Jemand ist hinter uns her«, pfiff er. »Mein Ausflug hat sich gelohnt. Jemand hat alle unsere Spuren beseitigt, die wir gelegt haben!« Ich sah Nockemann und Breiskoll an, dann Joscan Hellmut. Sternfeuer hielt sich ein wenig abseits. Sie pflegte den Kontakt zu ihrem Bruder Federspiel, der im Mittelteil geblieben war. »Wir haben keine große Auswahl mehr, wie wir vorgehen«, stellte der Galakto-Genetiker fest. »Nicht wahr, Blödel?« »Aber Chef, wie kannst du nur so etwas sagen«, konterte der Roboter. »Soll ich dir vorrechnen, wie viele Möglichkeiten wir noch besitzen, in die Zentrale oder ihre Nähe zu gelangen?« »Hört auf!« sagte ich. »Die Zeit zerrinnt uns zwischen den Fingern!« Ich setzte mich in Bewegung, und die Mitglieder des Teams folgten mir schweigend. Über einen kleinen Antigrav gelangten wir mehrere Etagen in die Tiefe in einen Wohnbereich. Blödel hatte Wuschel wieder in sich aufgenommen, damit sich dieser nicht die Beine wund lief. Bisher war uns kein einziges Hindernis begegnet. Ein paar Mal kreuzten Solaner unseren Weg. Sie erkannten mich und legten den Zeigefinger auf den Mund als Zeichen ihrer Verschwiegenheit.
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Wir gelangten an eine Korridorkreuzung und beratschlagten, wohin wir uns wenden sollten. Blödel raste davon und kehrte nach wenigen Sekunden wieder zurück. »Vorsicht!« knarrte er. »Man ist uns auf der Spur!«
Auf den Zehenspitzen schlichen wir uns weiter, aber als wir den Gegner erkannten, war es bereits zu
spät. Mit ohrenbetäubendem Lärm krachte ein Teil der Decke herab. Wir entgingen dem Attentat.
»Mylotta«, sagte Bjo. »Er hat uns aufgespürt!«
»Nein«, widersprach Sternfeuer. »Ich erkenne zügellose, primitive Gedanken mit einem Hauch von Reue!
Was für ein Wesen kann das sein?«
Wir arbeiteten uns über die Trümmer weiter, und ich trieb meine Begleiter zur Eile an. Ungehindert
gelangten wir in die weitere Umgebung der Zentrale.
»Wuschel«, sagte ich. »Sieh nach, wo der Gegner steckt!«
Wieder machte sich der Bakwer auf den Weg, aber er kam ohne Ergebnis zurück. Dafür belehrte uns
das Fauchen eines Blasters, daß wir den Feind im Rücken hatten. Ich riß den Strahler empor und legte
an. Ich sah gerade noch einen Schatten, der verschwand. Er löste sich in Luft auf. »Das war Mjailam!« stieß Sternfeuer hervor. »Das Geschöpf Prezzars ist in der SZ-2!« Wir wußten über Mjailams Fähigkeit der Quasi-Teleportation Bescheid. Er mußte aus der BANANE direkt hierhergekommen sein. In meinem Kopf bildeten sich Gedankenwirbel. Mylottas Zugehörigkeit zum Arsenal vermischte sich mit der Warnung der unbekannten Stimme und dem, was Blödel herausgefunden hatte. Mylotta – das Arsenal – Mjailam – die Beeinflußten – Anti-ES.
Es war eine zusammenhängende Kette voller Logik.
Und doch ...
Es darf nicht sein! redete ich mir ein und winkte meinen Begleitern, mitzukommen. Ich wollte es endgültig
wissen. Ich hoffte, daß ich bald die Wahrheit wissen würde.
Mylotta war in der Lage, sie mir zu sagen. »Halt, Atlan!«
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Hage Nockemann hielt mich zurück. Er deutete nach vorn. Kurz vor der nächsten Abzweigung war eine Nische, und in ihr ruhte ein Schatten, reglos und drohend. »Mjailam?« flüsterte Sternfeuer. Blödel setzte sich kommentarlos in Bewegung. Der Roboter marschierte den Korridor entlang, bis er auf der Höhe der Nische angelangt war. Er ging vorbei, aber sein Auge musterte den Gegenstand oder die Gestalt, die den Schatten erzeugte. Blödel blieb stehen. »Ein aktivierter Roboter!« sagte er laut. »Er scheint auf jemanden oder etwas zu warten!« Wir näherten uns vorsichtig, aber die Maschine machte keine Anstalten, gegen uns vorzugehen. Von Blödel schien sie erst recht keine Notiz zu nehmen. Es war ein vollwertiger Kampfroboter. »Kennst du mich?« fragte ich. »Du bist Atlan. Du bist Mitglied der Schiffsführung. Du bist autorisiert!« »Du unterstehst nicht dem Programm der Positronik dieser Schiffszelle?« erkundigte ich mich. Es war kaum zu glauben. »Nein«, erwiderte die Maschine. »Ich erwarte meine Befehle!« Es stellte sich heraus, daß zwanzig Kampfroboter um die Zentrale verteilt warteten, daß ein Solaner namens Phonso Zwirbelsauer ihnen den Einsatzbefehl gab. Der Roboter spuckte eine Folie mit einem Rasterbild des jungen Mannes aus, und ich reichte es herum. Niemand kannte Zwirbelsauer, aber es gab keinen Zweifel, daß er und sein Begleiter die Spur Mylottas verfolgten und nicht verloren hatten. »Was tun wir?« fragte Joscan. »Die Roboter könnten uns wertvolle Dienste leisten.« »Nehmen wir sie mit«, meinte auch Hage Nockemann. Ich gab der Maschine die Anweisung, ihre Kollegen zu rufen und um den Haupteingang zusammenzuziehen. Ein glücklicher Zufall half uns, und ich war mit einem Mal zuversichtlich. Ein paar Minuten nur noch, dann war Mylottas Spiel ausgespielt. »Und ich?« beschwerte sich Blödel. »Was ist mit mir? Bin ich nicht mehr gefragt? He, Chef! Was sagst du dazu? Und im übrigen ist es unerläßlich, daß ich Mylotta treffe. Ich muß ihm unbedingt sagen, wie sehr ich von ihm enttäuscht bin!« Nockemann seufzte. Und während wir gegen die Zentrale vorrückten, tat er es immer wieder, wenn seine Augen den Roboter streiften. Manchmal konnte er einem regelrecht leid tun, der arme Hage. Es gab aber auch Zeiten, in denen man geneigt war, den Roboter Blödel zu bemitleiden.
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Die mechanische Komponente des Scientologenteams erinnerte mich stark an einen irdischen Ritter von der traurigen Gestalt.
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7. »Also los. Worauf warten wir noch!« Tyari schickte sich an, die Zentrale der ARSENALJYK zu verlassen. Sie winkte ihren drei Begleitern. Mjailam näherte sich und versperrte ihr den Weg. Er öffnete seinen Mund und ließ ein gefährliches Knurren hören. »Die Änderung im Plan!« erinnerte er. »Mylotta ist meine Sache! Vergeßt das nicht!« Übergangslos löste er sich vor ihren Augen auf. Offenbar war die SZ-2 sein direktes Ziel. Die Arsenalmitglieder wußten, daß Mjailam nicht fliehen konnte. Die Penetranz hatte ihm seine Fähigkeit gelassen, aber sie kontrollierte ihn ohne Unterlaß und verhinderte, daß er sich entfernte. Mit den Fähigkeiten der anderen war es ebenso. Tyari war nicht in der Lage, die Penetranz telepathisch zu erfassen, und Sannys Paramathematik funktionierte nur eingeschränkt. Tyari setzte sich in Bewegung, und Sanny, Kik und Twoxl folgten ihr. Sie verließen die Korvette, die längst ihren Platz im Hangar sieben einnahm. Der Hangar war wieder mit Luft gefüllt, und mehrere Solaner hatten sich zum Empfang der Heimkehrer eingefunden. Mata St. Felix blieb mit ihren Leuten an Bord der BANANE. Das war im Plan enthalten und sollte einen schnellen Rückzug sichern, sobald die beiden Aufträge ausgeführt waren. Von den beiden Gyrantern war nichts zu sehen. Sie hielten sich irgendwo in der Korvette versteckt. Ihre Anwesenheit beunruhigte das Arsenal, denn es wußte nicht so recht, welche Aufgabe die beiden hatten. Es gab Dinge, die ihnen die Penetranz nicht mitgeteilt hatte. Vorlan Brick holte die vier Personen ab und begleitete sie in das Schiff. Er führte sie direkt in die Zentrale, wo Breckcrown Hayes sie erwartete. »Wo ist Atlan?« fragte Tyari sofort. Sie konnte es sich zwar denken, aber sie heuchelte Unwissen. »Wir haben Probleme. Kerness Mylotta!« sagte Breck zerknirscht. »Anti-ES hat ihn sich gefügig gemacht. Er hält die SZ-2 in seiner Hand und benutzt die Solaner als Geiseln.« »Atlan will ihn überwältigen. Ich hätte es mir denken können.« Sie ließ ihre Blicke durch die Zentrale schweifen und erfaßte die Anwesenden. Cara Doz befand sich nicht darunter, wahrscheinlich hatte sie sich in ihre Kabine zurückgezogen. »Erzählt«, forderte Breck sie auf. »Was habt ihr erlebt? Wo ist Mjailam? Habt ihr einen Hinweis auf den Hauptnabel gefunden?« Erwartungsvoll richtete er seine Augen auf die kleine Sanny, aber die Molaatin schwieg. Sie hielt sich dicht neben Kik, und der Vlahreser, dessen Volk einst eine führende Rolle in der Einzelgalaxis Bars innegehabt hatte, hielt den Körper nach vorn geneigt, um im passenden Augenblick vorschnellen zu können.
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»Wir sollten uns zunächst um die aktuellen Probleme kümmern«, schlug der Cpt’Kul vor. »Wir brechen auf und suchen einen Weg in die SZ-2!« »Es ist ungewöhnlich«, stellte der High Sideryt fest. »Warum vertraut ihr nicht auf Atlan?« »Bitte!« flehte Sanny. »Wir gehören doch auch zu ihm!« Hayes nickte langsam. Er deutete auf einen der Bildschirme, der den Bereich des Übergangs zwischen Mittelteil und der SOL-Zelle zeigte. Roboter waren dort aufgezogen. »Auch der letzte Zugang ist blockiert«, erläuterte Breck. »Ihr müßt ein Loch in die Wandung sprengen!« »Wir werden Mylotta überlisten!« bekräftigte Tyari. »Und Atlan wird über jede Unterstützung froh sein!«
Sie verließen die Zentrale, und Breck beobachtete sie eine Weile auf einem Monitor. Sie hatten tatsächlich den Weg nach unten eingeschlagen. »Du wirst sehen, sie kommen bald zurück, weil sie nicht weiter wissen«, meinte Hayes zu Lyta Kunduran. »Bit«, wie sie mit ihrem Spitznamen hieß, runzelte die Stirn. Sie fuhr mit der Hand vor ihrer Stirn vorbei, als wolle sie dort etwas wegwischen. »Vergiß die Warnung nicht, die Atlans Extrasinn uns zukommen ließ«, erinnerte die Stabsspezialistin. Breck nickte mehrmals. »Ich habe überall Beobachter aufgestellt«, erwiderte er. »Sie können nichts ungesehen tun!« Darin irrte er sich allerdings gewaltig, denn eine Viertelstunde später erhielt er die Nachricht, daß die vier spurlos verschwunden waren. Eine Nachprüfung ergab, daß sie den Mittelteil nicht hatten verlassen können. Also befanden sie sich noch darin. »Extrasinn, schön und gut«, sagte der High Sideryt, während er heimlich Alarm gab und ein paar Suchgruppen ausschwärmen ließ. »Was beabsichtigen die vier? Welche Rolle spielt Mylotta dabei?« * Die vier trennten sich. Twoxl teilte sich in seine sieben Komponenten auf und schickte jede einzelne in einen anderen Bereich des Mittelteils. Die Mitglieder des Arsenals wollten ihre Aufgabe so schnell wie möglich zu Ende bringen. Sie brauchten nur Cara Doz zu finden und ihren Lebensfaden durchzuschneiden. Es war nicht einmal nötig, daß sie dazu eine Waffe benutzten. Cara war ein schmächtiges Persönchen, und Tyari oder Twoxl würde ihrer rasch Herr werden.
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Sie konnten es sogar als Unfall tarnen, wenn sie den bewußtlosen Körper in irgendeiner der Robotfabriken in die Tiefe stürzten. Aber das war gar nicht nötig. Das Arsenal machte sich wegen Cara nicht noch unnötige Arbeit. So machte sich jeder auf den Weg und nahm seine innersten Bedenken mit sich. Alle wußten sie, daß sie unrecht taten. Sie konnten es nicht verhindern. Ein Zwang trieb sie, dem sie keinen Widerstand leisten konnten. Den Kräften der Penetranz waren sie hoffnungslos unterlegen. Sie beeilten sich, ließen jedoch die nötige Vorsicht nicht außer acht. Alle strebten sie einem Ziel zu, und das lag irgendwo tief im Mittelteil. Sie wollten Caras Kabine aufsuchen, denn dort vermuteten sie die Solanerin, die einen erheblichen Störfaktor in den Plänen von Anti-ES darstellte. Es war sogar fraglich, welcher Faktor schwerer wog. Cara Doz oder Atlan und die SOL. Gemeinsam waren sie für die Superintelligenz untragbar, und gemeinsam war ihnen der Untergang bestimmt. Anti-ES hatte sich jedoch vorerst für eine Politik der feinen Nadelstiche entschlossen. Es wollte die Solaner zermürben, um sie dann um so sicherer in den Untergang treiben zu können. Nach diesem Muster gab es der Penetranz seine Befehle, und nach diesem Muster handelten die Mitglieder des Arsenals. Am Ende ihres Auftrags würde eine Belohnung stehen, der Arsenalführer. Kerness Mylotta würde sie begleiten und zu weiteren Taten führen. Irgendwann, hoffte jeder von ihnen, würde die Superintelligenz sie aus ihrer Versklavung entlassen, um sie zurückzulassen in ihrem Schmerz über die unfreiwillig begangenen Schandtaten. Tyari streckte ihre Gedankenfühler aus. Sie esperte nach Cara Doz, aber in dem Wirrwarr der Gedanken vieler tausend Solaner gingen sie entweder unter oder waren nicht vorhanden. Dafür entdeckte das weibliche Ebenbild zu Atlan etwas anderes und in diesem Augenblick Wichtigeres. Die Solaner machten Jagd auf sie. Breckcrown Hayes hatte begriffen, daß ihre Absichten nicht die waren, die sie angegeben hatten. Überall im Mittelteil waren Gruppen unterwegs, die nach ihnen Ausschau hielten. Die Roboter bildeten Suchketten und stöberten mit ihren Infrarotsuchern alles auf, was entfernt wie ein Lebewesen Wärme abstrahlte. Ein Kühlanzug! Tyari überlegte, wie sie an ein solches Ding kommen konnte. Von ihrer derzeitigen Position aus war es unmöglich. Sie eilte weiter und suchte nach einer Möglichkeit, den Zugang zum nächsten Antigrav zu umgehen.
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Sanny war Caras Kabine schon viel näher, und auch Twoxl hatte es einfacher. Er arbeitete weiter dezentralisiert und näherte sich unauffällig dem Treffpunkt, an dem sie Cara auflauern wollten. Kik befand sich bei Sanny. Tyari tastete nach der kleinen Stechampulle mit dem Gift, das sie an Bord der ARSENALJYK heimlich vorbereitet hatte. Wie das Arsenal Cara beseitigte, spielte keine Rolle. Es mußte nur so unauffällig wie möglich geschehen, damit niemand Gelegenheit zum Eingreifen fand. Cara sehen und die Ampulle schleudern, das genügte in diesem Fall. Bist du mit uns zufrieden? dachte Tyari. Ihr Inneres bebte und zitterte. Körper und Geist befanden sich in einem sinnlosen Kampf gegen den Zwang. Das bewußte Vorhandensein des Zwangs neben der Erkenntnis der Versklavung. Das war es, was die Mitglieder des Arsenals innerlich zerrüttete. Wenn sie Phasen des Handelns durchmachten, in denen die Befehle der Penetranz alles andere überlagerten, erschien ihnen das im nachhinein wie eine Wohltat, und sie wünschten sich, daß es immer so sein möge. Tyari erkannte einen Solaner, der auf sie zukam. Er war klein und unscheinbar, und sie wandte den Kopf ab, um nicht erkannt zu werden. Hayes würde sie sofort festnehmen lassen. Dann aber riß etwas ihren Körper herum. Der Solaner hatte sie fast erreicht und blieb stehen. Tyari erkannte, daß Cara Doz vor ihr stand, und zuckte zusammen. »Du!« stieß sie hervor. »Du kommst zu mir? Weißt du nicht, daß es dein Tod ist?« »Sterben?« kam es hohl aus dem Mund des Engels. »Nein!« Cara rannte los. Sie trippelte den Korridor zurück auf eine Abzweigung zu. Kein einziges Mal warf sie einen Blick zurück, als wüßte sie genau, daß Tyari keine Waffe trug. Das Geschöpf Tyars umklammerte die Ampulle. Sie hatte nicht schnell genug reagiert. Die Begegnung war so überraschend gekommen. Wie war es möglich, daß sie Cara nicht gleich erkannt hatte? Tyari hetzte hinter der Emotionautin her. Sie würde sie nicht entkommen lassen. An der Abzweigung tauchten jetzt Sanny und Kik auf. Sie blieben überrascht stehen, und Tyari stieß einen lauten Ruf aus. Jetzt hatten sie sie. Cara Doz saß in der Falle. Der genaue Ablauf der folgenden Sekunden war Tyari hinterher nicht völlig klar. Irgendwo krachte etwas, dann platzte die linke Wand des Korridors. Cara Doz stockte und machte einen schnellen Sprung zur Seite. Zwei wuchtige Kampfroboter rissen ein Stück der Wand zur Seite, als sei es dünnes Papier. Sie streckten ihre Arme vor und packten die Emotionautin, die einen schrillen Schrei ausstieß. Ehe Tyari oder Sanny etwas tun konnten, hatten sie sie durch das Loch gezerrt.
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»Ihnen nach!« stieß Tyari hervor. »Wo ist Twoxl? Er soll sich den Robotern an die Fersen heften!« Die Ampulle in ihrer Hand schien zu brennen, und sie steckte sie hastig in ihre Kombination zurück. Twoxl kam. Die »Kartoffeln« trafen hintereinander ein und verfolgten die Maschinen sofort. Dann kamen Tyari, Sanny und Kik. Sie machten langsamer, und als sie sich über den Weg im klaren waren, den die Roboter nahmen, trennten sie sich wieder. Sie bauten die nächste Falle für Cara Doz auf. * »Gott sei Dank!« stieß der High Sideryt hervor. Die Meldung SENECAS hatte ihn erschüttert. Auf Cara Doz hatten sie es abgesehen. Sie wollten die Emotionautin beseitigen. Die Auswertung der Biopositronik ließ keinen anderen Schluß zu. »Lyta!« sagte Breck. »Nimm ein paar Begleiter. Bewaffnet euch. Die Roboter schützen Cara zwar, aber es ist besser, wenn wir ihnen entgegengehen!« Bit bildete rasch eine Einsatzgruppe und gab Anweisungen über den Interkom. Sie schloß sich Breck an, der die Hauptzentrale verließ. Hayes schritt schnell aus, und die Männer und Frauen folgten. Irgendwie hatten sie es alle begriffen, daß es um das Leben von Cara Doz ging. Der »Engel« war der einzige Emotionaut, den die SOL besaß. Und in ihrer unscheinbaren Art hatte sie alle Herzen für sich gewonnen. Jetzt hätten sich am liebsten alle Solaner an der Aktion beteiligt. »Warum hat SENECA die Attentäter nicht festgenommen?« erklang die Frage. Hayes hielt einen Finger vor den Mund. »Die Situation war zu unübersichtlich«, flüsterte er. »Und es waren nur zwei Roboter in der Nähe! Das Leben Caras war wichtiger!« Er setzte sich über den Armbandkom mit der Biopositronik in Verbindung. SENECA hatte noch Kontakt zu den Robotern, aber es bahnte sich eine Wende in der Entwicklung ab. »Jetzt sind die Kampfmaschinen allein!« teilte SENECA mit. »Cara Doz hat sie überredet, sie wieder freizugeben. Im Augenblick bin ich über den Aufenthaltsort der Emotionautin nicht informiert. Soll ich sie rufen?« »Nein, warte«, sagte Hayes. »Ich glaube, ich weiß, wo sie hingegangen ist!« Cara besaß eine Art Versteck, eine kleine Kammer, in der sie sich manchmal zurückzog. Niemand wußte das, lediglich Breck
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hatte es aufgrund einer Äußerung erraten. Er akzeptierte das Verhalten des Engels, der keine engen Freunde besaß und meistens mit sich allein war. Das machte Hayes weniger Kopfzerbrechen als die seltsame Schlaflosigkeit, mit der Cara Doz lebte. Der High Sideryt führte die Gruppe in den oberen Teil des Mittelstücks. Dort hatte es vor langer Zeit ausgedehnte Park- und Naturanlagen gegeben. Im Rahmen der Übernahme des Schiffs durch die Solaner waren Umbauten vorgenommen worden, die auch diese Relikte aus planetarer Zeit beseitigten. Inzwischen gab es dort zusätzliche Labors und Forschungsanlagen und ein paar Sportbezirke. Breckcrown Hayes öffnete eine Tür und ließ die Männer und Frauen in einen Raum von etwa fünfhundert Quadratmetern Grundfläche ein. Er war hell erleuchtet. Der Fußboden wies die Spuren früherer Grünflächen auf. In der Mitte des Raumes befand sich Wasser. Zumindest stellte es sich für die Solaner so dar. Es war ein kleiner See von etlichen Metern Tiefe, und seine Bedeutung in dem sonst kahlen Raum war völlig rätselhaft. Das war die Zuflucht von Cara Doz. Von dem Raum führte eine offene Tür in eine kleinere Kammer, und von dort her hörten sie Stimmen. »Schnell!« raunte Breck. Den Paralysator im Anschlag, stürmte er vorwärts, am Ufer des kleinen Sees entlang und durch die Tür. Lyta Kunduran und die Solaner folgten. Breck sah, daß gerade eine Entscheidung fiel. Twoxl, Sanny und Kik bedrängten Cara Doz, die wortlos und mit herabbaumelnden Armen dastand. Tyari hielt etwas in der Hand, was wie eine Waffe aussah. In diesem Augenblick stieß sie zu. Breck löste den Paralysator aus. Gleichzeitig verflüchtigte sich Cara Doz, und die Gedanken des High Sideryt schrien: Sie haben sie umgebracht! Sie haben den Engel umgebracht! Die Emotionautin war spurlos verschwunden. Nicht einmal ihr sackähnlicher Umhang war zurückgeblieben. Jetzt erkannte Breck, daß Tyari eine Ampulle in der Hand gehalten hatte. Sie entglitt ihr, und die Frau stürzte, am ganzen Körper gelähmt, zu Boden. Auch Sanny, Kik und Twoxl fielen den Lähmstrahlen seiner Begleiter zum Opfer. Twoxl hatte seine »Kartoffeln« wieder zusammengeballt und bildete einen einzigen Körper. Teile seiner Oberfläche zuckten.
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»Nehmt sie mit!« ordnete der High Sideryt an.
Als seien seine Worte ein Signal gewesen, erschien hinter seinem Rücken ein Schatten. Mächtige
Pranken schleuderten ihn beiseite. Der Schatten bückte sich und hob die vier Körper mühelos auf.
Im nächsten Augenblick war er mit ihnen verschwunden.
»Mjailam!« stieß Lyta Kunduran hervor. »Das war Mjailam!«
Hayes erhob sich schwankend.
»Achtung SENECA!« rief er. »Sofort die BANANE abriegeln! Niemand darf sie betreten oder
verlassen!«
»Ist bereits geschehen, Breck«, sagte die Biopositronik. »Aber es ist anzunehmen, daß Mjailam die vier
ins Innere gebracht hat!« »Weißt du, wo Cara geblieben ist?« fragte Bit. SENECA verneinte.
»Wenn sie nicht bei euch ist, weiß ich es nicht«, antwortete er.
Sie fanden keinen Hinweis auf die Emotionautin. Nur die Ampulle lag am Boden. Tyari hatte Cara nicht
damit verletzt. Sie hatte sich vorher aufgelöst. Und das ziemlich schnell. »Weitersuchen«, sagte Hayes. »Alle verfügbaren Waffen einsetzen!« SENECA bestätigte es.
Die Gruppe kehrte in die Hauptzentrale zurück. Breck war in Gedanken versunken. Die Warnung von
Atlans Extrasinn hatte sich bewahrheitet. Die Besatzung der BANANE war beeinflußt.
Nur Anti-ES konnte dahinterstecken. »Was macht Atlan?« fragte Hayes. »Hat er in der SZ-2 Erfolg gehabt?«
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8. Kerness Mylottas kantiges Gesicht war ausgesprochen bleich. Es war eine Folge der Konzentration. Er versuchte, einen Kontakt zu Anti-ES herzustellen, aber er kam nicht zustande. Sein Versuch entpuppte sich für ihn als Fehlschlag, der aus eigener Selbstüberschätzung geboren worden war. Eindringlich wurde Mylotta sich bewußt, daß er zwar vollkommen gemacht worden war, aber deshalb nur einen geringen Teil jener Fähigkeiten und jener Macht erhalten hatte, die Anti-ES besaß. Um wieviel mächtiger mußte die Superintelligenz sein. Eigentlich war es verwunderlich, daß sie dabei Helfer wie ihn benötigte, aber der Astronom und Arsenalführer kannte die Hintergründe nicht. Daß Anti-ES ein Gefangener war, ein Verbannter, der seine endgültige Flucht plante, hatte ihm niemand gesagt. Er hätte es auf der SOL erfahren können, nachdem Atlan seine Vergangenheitserlebnisse preisgegeben hatte. Aber er hatte sich nicht dafür interessiert. Mylotta wandte sich zum Ausgang. Noch immer hatte er Solania von Terra als Geisel. Er schob sie vor sich her, und sie folgte seinen Anweisungen mit passivem Widerstand. Sie hatte Angst vor dem Tod. Mylotta wollte sie nicht töten, solange ihn niemand dazu zwang. Er würde sie freilassen, sobald er in der Nähe des Arsenals angelangt war. Sie werden mir einen Boten schicken! dachte er. Er erreichte die Tür und streckte die Hand nach dem Öffnungskontakt aus. »Mylotta!« Kerness zuckte unter dem Donner der Stimme zusammen. Er fuhr herum, und ein unkontrollierter Energiestrahl fauchte auf den Hünen zu und bohrte sich dicht neben diesem in den Plastikbelag des Bodens. Der Rufer lachte. »Mjailam!« entfuhr es dem Arsenalführer. Er kannte die Gestalt. Sie hatte sich mehrmals für kurze Zeit in der SOL aufgehalten. »Ich bin der Mann, der das Arsenal führt bis zu deinem Eintreffen«, verkündete Mjailam. »Du wirst mit mir um die Führung kämpfen müssen. Es wäre gut, wenn du es gleich tätest!« »Verschwinde!« fauchte Mylotta. »Was willst du eigentlich? Ich bin der Arsenalführer, und du hast mir zu gehorchen. Wann gekämpft wird, bestimme ich allein! Kehre zurück zum Arsenal. Ich habe hier eine Aufgabe zu erfüllen!« »Worin besteht sie?« fragte Mjailam grölend. »Siehst du nicht den Bildschirm, du Dummkopf?« Mylotta deutete hinüber. »Wir werden eingekreist! Atlan ist uns auf der Spur. Er wird Solania befreien und mich fangen wollen!«
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Mjailam lachte wieder. Er streckte eine Hand aus und ballte die Finger zur Faust, daß es knirschte. »Ich kümmere mich darum«, meinte er. »Warte hier auf mich!« Welchen Erfolg Mjailam hatte, konnte Kerness Mylotta nicht erkennen. Atlan und seine Begleiter betraten einen Bereich, in dem es keine Kameras gab, die eine reibungslose Überwachung zuließen. Mjailam kehrte nicht zurück, und nach einer Viertelstunde verlor der Arsenalführer die Geduld. Er betätigte den Öffner und schob Solania hinaus auf den Korridor. Er blickte direkt Atlan an, der die Waffe auf ihn gerichtet hielt. »Es ist aus!« sagte der Arkonide. »Bevor du deine Körperwaffe aktivieren kannst, habe ich abgedrückt!«
* »Blödel!« sagte ich. »Du bekommst die ehrenvolle Aufgabe übertragen, den Vorstoß zu leiten. Übernimm bitte das Kommando über die zwanzig Roboter!« Die leicht gekrümmt dastehende Säule des Roboters richtete sich kerzengerade auf, quasi voller Stolz. Ich warf Nockemann einen belustigten Blick zu. Der Galakto-Genetiker hatte Blödel wirklich mit allen Raffinessen programmiert. Er benahm sich in jeder Hinsicht übertrieben menschlich. Wir hatten den Eingang der Zentrale in Sichtweite. Die Roboter stampften herbei, und ich vernahm Blödels Stimme. Neben den Anweisungen gab er eine ganze Reihe nebensächlicher Belehrungen von sich, die die Kampfmaschinen schweigend über sich ergehen ließen. Ich hatte Blödel im Verdacht, daß er durchaus in der Lage war, bei allen zwanzig Robotern einen positronischen Knockout herbeizuführen. Wir postierten uns vor dem Eingang, dann gab ich dem Roboter das Zeichen. Gleichzeitig öffnete sich die Tür, und Solania trat heraus. Hinter ihr folgte Kerness Mylotta. Ich riß den Lähmstrahler empor und rief Mylotta an. Der Astronom gab Brooklyn einen Stoß in den Rücken. Sie stürzte mir in die Arme. Mylotta schnellte sich seitlich an mir vorbei, aber ich reagierte rechtzeitig und stellte ihm ein Bein. Er schlug der Länge nach hin, und sofort war Blödel herbei und fuhr seine Tentakelarme mit den Greifhänden aus. »Du Mörder! Du Bestie!« schrillte der Roboter. »Du wolltest mich beseitigen! Die wertvollste Positronik der SOL wolltest du vernichten! Du bist nicht mehr der freundliche, hilfsbereite Mensch, den wir gekannt haben! Du sollst es wissen, was ich von dir halte! Ich spucke dich an!« Er gab tatsächlich ein Geräusch von sich, das ähnlich klang, und ließ ein verächtliches »Äh!« folgen. Mylotta zuckte zusammen und wich mit dem Kopf aus. Natürlich war Blödel nicht in der Lage, Speichel auszuscheiden. So weit ging Nockemanns skurriler
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Humor nun doch nicht. Die Wirkung des Manövers war jedoch verblüffend. Für kurze Zeit war Mylotta aus dem Konzept gebracht. »Hör zu«, sagte ich. »Wenn dir dein Leben lieb ist, dann verhalte dich still. Ansonsten muß ich dich paralysieren!« Atlan! Der Extrasinn fuhr dazwischen. Du solltest dich nicht mit unwichtigen Dingen befassen! Mjailam muß gefaßt werden! »Was ist mit der Stimme?« forschte ich. »habe ich mit meiner Vermutung recht?« Ich weiß nicht. Ich sage nichts mehr! »Was ist mit dir los?« Sternfeuer merkte, daß etwas mit mir nicht stimmte. Sie trat zu mir und zog mich in die Zentrale hinein. Dort hatte man inzwischen bemerkt, was los war. Wir wurden jubelnd begrüßt. Die Menschen waren froh, daß sie nicht mehr unter der ständigen Angst leben mußten. Blödel hatte Mylotta fest umschlungen und transportierte ihn herein. Mitten in der Zentrale stellte er ihn ab und postierte die Roboter um ihn herum. Sie schalteten ihre Schutzschirme an und machten ein Entkommen unmöglich. Ich trat zur Interkomanlage und rief Hayes. Der High Sideryt war sofort auf dem Bildschirm. Er machte gerade kein glückliches Gesicht. »Cara ist verschwunden«, sagte er dumpf. »Wir wissen nicht, ob sie tot ist oder von Anti-ES entführt wurde!« »Mylotta ist in unserer Gewalt!« erwiderte ich. »Nur Mjailam stellt noch eine Gefahr dar. Gib Weisung aus, daß er sofort mit Lähmwaffen zu beschießen ist, wenn er irgendwo auftaucht!« Hayes wandte sich ab und sprach in eine andere Richtung. Da die Mikrophone sehr leistungsfähig waren, bekam ich mit, was er sagte. »Was ist mit Tyari, Sanny und den anderen?« fuhr ich fort. Ich schluckte und versuchte, jeden Verdacht von mir zu weisen. »Hast du sie uns nachgeschickt?« Brecks Miene verfinsterte sich. An den Bewegungen der Schultern sah ich, daß er mit den Fingern unruhig auf die Konsole hämmerte. »Der Extrasinn hat recht gehabt«, sagte er. »Sie sind beeinflußt. Sie haben zweimal versucht, Cara Doz umzubringen. Beim zweiten Mal könnte es ihnen gelungen sein!« Cara Doz war unsere wertvollste Pilotin. Ihr Verschwinden bedeutete einen harten Schlag für uns. Hörst du das, Extrasinn? dachte ich. Wer ist das nur, der sich bei dir gemeldet hat? Nicht Wöbbeking.
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Aber wer dann? Atlan, sage es mir! Schnell, du mußt mir helfen! Ich zuckte sichtbar zusammen. »Breck!« stieß ich hervor. »Wir kommen sofort mit dem Transmitter. Mit meinem Extrasinn ist etwas nicht in Ordnung! Er scheint durchzudrehen!« Solania hatte bereits die Sperren Mylottas aufgehoben und justierte den Transmitter. »Da kommt jemand«, sagte Hage neben mir. Zwei Männer betraten die Zentrale, orientierten sich kurz und stapften dann gewichtig auf mich zu. »Atlan, endlich!« rief der eine erbost. Er war etwa Mitte Hundert und trug einen langen, schwarzen Vollbart. »Wie kannst du es wagen, uns unsere Roboter zu entführen! Das ist Diebstahl! Wir hätten Mylotta gefangen, aber ihr habt es verhindert! Eine Unverschämtheit ist das. Nicht wahr, Zwirbelsauer?« Ich musterte den jungen Solaner, der keinen gerade glücklichen Eindruck machte. Er zupfte nervös an seinem Schnauzbart. »Wir haben Mylotta hier!« knarrte Blödel stolz und deutete mit einem Arm auf den Kreis der Roboter. Der Raum zwischen den Schirmen war jedoch leer. »Mjailam!« stieß Sternfeuer hervor. »Ich habe gerade seine Gedanken gespürt. Ganz kurz nur. Sie waren primitiv und triumphierend. Von Reue oder Hemmungen habe ich diesmal nichts gespürt.« Ich begriff es als ein Zeichen, daß eine Offensive angelaufen war. Der Gegner handelte. »Breck, Vorsicht ist geboten«, sagte ich und teilte ihm das Ereignis mit. »Kennst du einen Zwirbelsauer?« »Er heißt bald Maubeck wie ich!« sagte der Mann mit dem Vollbart. »Nicht wahr?« »Das wäre schlimm«, meinte der junge Solaner. »Komm Moshe, es ist besser, wenn wir jetzt gehen. Du hast dich beschwert. Also sei damit zufrieden!« Er zog den anderen mit sich hinaus. »Hast du gesehen, Chef?« jubelte Blödel. »Er hat einen Schnauzbart, der dir Konkurrenz macht. Ich würde ihn verklagen. Wegen Plagiats!« »Hör auf!« schrie ich. »Wir sind in Not. In jeder Beziehung!« Sanny, Kik, Twoxl und auch Tyari. Sie alle waren beeinflußt. Sie standen unter dem Bann von Anti-ES. Wir konnten bis jetzt nichts dagegen tun. Tyari, ich wollte sie nicht verlieren. Krampfhaft überlegte ich, wie wir den Gefährten helfen konnten, bevor sie noch mehr Unheil anrichteten.
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Warum mußten sie auf der anderen Seite kämpfen? Gegen uns? Atlan! meldete sich der Extrasinn erneut. Ich schloß die Augen und stöhnte unterdrückt auf. »Ja?« Weißt du noch, was Orbanaschol immer gesagt hat? Er hat gemeint, in solchen Situationen müsse man auf eine geheimnisvolle Stimme im Innern lauschen? Die Stimme, sie ist Orbanaschol. Oder gehört sie gar einem Maahk? »ARK SUMMIA!« rief ich. Ich wollte den Extrasinn durch die Erinnerung an die damalige Genese wieder zur Vernunft bringen, aber er war nicht in der Lage, darauf einzugehen. Oder bin ich es selbst, der zu mir spricht? Dann wäre die geheimnisvolle Stimme dein Extras... Er brach unvermittelt ab, als habe er einen geistigen Kollaps erlitten. Auf mich wirkte es sich als eine Verkrampfung meines gesamten Körpers aus. Der Zellaktivator pochte stärker, und ich wankte wie eine Marionette auf den Transmitter zu. Anti-ES! schrien meine Gedanken. Es will dich in den Wahnsinn treiben! Eisige Schauer eilten über meinen Rücken und verbreiteten sich rasch über den ganzen Körper. Ich warf mich in den Transmitter. Im Augenblick empfand ich das Schweigen des Logiksektors als Erlösung.
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9. »Nichts kann uns aufhalten! Begreift das endlich!« Tyari schaltete die Verbindung zur SOL ab. Die ARSENALJYK lag noch immer an ihrem Platz im Hangar. Sie war hermetisch abgeriegelt. Es bestand jedoch kein Grund, den Solanern zu verheimlichen, daß die Mitglieder des Arsenals an Bord waren. Zwei Ausnahmen gab es allerdings. Kerness Mylotta und Mjailam befanden sich nach wie vor im Generationenschiff. Keines der Arsenalmitglieder wußte, warum das so war. Da jedoch projizierte die Penetranz neue Befehle in ihre Gehirne, und sie verstanden den Zusammenhang. Anti-ES war über die Erfolge oder Mißerfolge des Arsenals informiert. Es hatte reagiert und neue Befehle erteilt. »Wir warten«, sagte Sanny. »Aber nicht hier! Wir demonstrieren der SOL unsere Macht und Unverwundbarkeit!« Mata St. Felix fuhr die Triebwerke der Korvette hoch und bereitete den Start vor. Sie wußte, daß die ARSENALJYK über Kameras und Mikrophone überwacht wurde. Irgendwo im Hangar schrillten Alarmsirenen los, aber die Buhrlofrau störte sich nicht daran. Die Impulstriebwerke begannen ihr vernichtendes Feuer zu speien. Die Korvette beschleunigte mit Maximalwerten und raste auf die Wandung des Mittelteils zu. Hinter sich ließ sie eine Gluthölle zurück. Mehrere kleine Gleiter und Raumjäger explodierten in dem Hitzestau. Der Hangar wurde zu gut zwei Dritteln beschädigt. Ein Ruck ging durch das Beiboot der SOL. Es durchbrach die Außenwand und raste in den Weltraum hinein. Die Luft des Hangars folgte ihm und gab ihm zusätzliche Beschleunigung. Es entfernte sich bis auf zweihunderttausend Kilometer Entfernung, dann drehte es bei und näherte sich wieder dem Hantelraumer. »Feuer frei!« befahl Tyari, aber Mata St. Felix hatte bereits gehandelt. Die ARSENALJYK schoß aus allen Rohren auf den Koloß, der sich gerade noch rechtzeitig in seine Schutzschirme gehüllt hatte. Irgendwie wirkte die SOL schwerfälliger als sonst, und das Arsenal dachte, daß es mit den neuen Befehlen zu tun hatte. Mjailam fungierte im Augenblick als Transporteur für den Arsenalführer. »Beeilt euch«, bat Sanny. »Ich sehne mich nach dem Arsenalplaneten und dem leuchtenden Ei zurück! Wir sollten Kerness schnellstens dorthin bringen!« Auf der SOL reagierte man nicht auf den Feuerüberfall, und Tyari verzog geringschätzig den Mund. Hayes hatte Hemmungen, auf Solaner zu schießen. Gleichzeitig aber war sie ihm dafür dankbar, obwohl sie sich sicher und geschützt wußte. Ihre innersten Gedanken wehrten sich gegen das, was sie zu tun gezwungen war.
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»Wenn Mylotta den Tod findet, wird Anti-ES uns dann freigeben?« fragte Twoxl plötzlich. »Kann die SOL ihn besiegen?« Die Korvette raste auf das Mutterschiff zu und setzte zu einem punktuellen Beschuß der starken Schirme an. Ein leichtes Flackern wies darauf hin, daß sich dort drüben Entladungen abspielten, die über alles hinausgingen, was ein natürliches Gewitter jemals erzeugen konnte. »Nein«, sagte Tyari, die kein Interesse mehr hatte, nach Tyar zu suchen – genau so wenig, wie Mjailam die Spur Prezzars verfolgen wollte. Endlich erwiderte die SOL das Feuer. Hayes schoß mit wenig Energie. Die Korvette ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie näherte sich weiter und suchte die Schußbahnen regelrecht auf. Mata zielte auf die winzigen Strukturlücken, durch die die Strahlen in den freien Raum gelangten. Jetzt war Hayes im Interesse der Sicherheit des Schiffes gezwungen, stärkere Kaliber aufzufahren. Er tat es, aber es nützte nichts. Nach einer Viertelstunde stellte die SOL das Feuer ein. Die stärksten Waffen hatten der ARSENALJYK in ihrem Mantel aus Jenseitsmaterie nichts anhaben können. Und darum war es dem Arsenal gegangen. Mata stellte das Feuer ebenfalls ein, und die Korvette schaltete die Triebwerke aus und flog parallel zur SOL im Orbit um Anterf. »Jetzt wissen sie endgültig, daß wir unbesiegbar sind«, stellte Kik nüchtern fest. »Es wird sie demoralisieren!« Das genau war die Absicht der Penetranz und von Anti-ES, das durch die Penetranz sprach. Kurz darauf erhielten sie die geistige Information, daß Mylotta sein neues Ziel erreicht und einen ersten Erfolg erzielt hatte. Wieder saß eine Nadel tief im Fleisch der SOL, und diesmal traf sie eine Einrichtung, die mit Recht als der eigentliche Lebensnerv des Schiffes bezeichnet wurde. »Es ist furchtbar«, jammerte Sanny und dokumentierte damit, daß im Augenblick der geistige Druck der Penetranz auf die Mitglieder des Arsenals gering war. Im Augenblick waren seine Mitglieder einschließlich der beiden Gyranter Vessel Moora und Ryta Bolanc zur Untätigkeit verurteilt. * Dem ersten Anschein nach war die SOL von allen Übeln befreit. Die SZ-2 war befreit, die Sperren zwischen ihr und dem Mittelschiff waren aufgehoben. SENECA hatte die Kontrolle über das ganze Schiff zurückerhalten. Die Schraubenverbinder der Präzisionskupplung waren in ihren alten Zustand versetzt. Die BANANE, die von ihren Insassen ARSENALJYK genannt wurde, hielt sich weiterhin in unmittelbarer Nähe des Schiffes auf. Im Vergleich zu der gigantischen SOL war sie winzig, aber sie hatte
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provokativ unter Beweis gestellt, daß sie unverwundbar war. »Ja«, sagte ich zu Breck, der zum wiederholten Mal die Auswertung betrachtete. »Es handelt sich um Jenseitsmaterie. Anti-ES muß sie von der Lichtquelle auf der Basis des Ersten Zählers besorgt haben!« Das war ein bedenklich stimmendes Zeichen. Es deutete darauf hin, daß die Superintelligenz ihre Macht in der Namenlosen Zone ausgeweitet hatte. Dies bedeutete gleichzeitig, daß auch ihre Möglichkeiten, über die Nabel auf Bars-2-Bars einzuwirken, größer wurden. Die Anwesenheit Mjailams und Mylottas im Schiff bewies es. »Unsere beeinflußten Freunde, sind sie das Arsenal?« wollte Bjo wissen. »Es scheint fast so!« »Es ist möglich«, erwiderte ich. Im Augenblick war ich heilfroh, daß mich der Extrasinn in Ruhe ließ. »Aber es kann auch sein, daß dieser Eindruck lediglich erweckt werden soll. Vielleicht ist die SOL das Arsenal!« Der Gedanke war provozierend und schockierte. Nockemann runzelte die Stirn, und Blödel stapfte heran und baute sich vor mir auf: »ARSENALJYK und Arsenal!« sagte er. »Das Schiff und seine Besatzung.« »Du malst den Teufel an die Wand. Hör auf damit!« verlangte Nockemann geharnischt. »Also gut, Chef!« Blödel zog sein Beleidigten-Register. »Dann gehe ich ins Labor und mache mit meinen Schreibübungen weiter!« Er rauschte hinaus. Nockemann sah die Augen aller fragend auf sich gerichtet. Er winkte ab und entschied sich dafür, seinem Produkt positronischen Ehrgeizes zu folgen. Trotz dieser Einlage wollte keine fröhliche Stimmung aufkommen. Die Lage war zu unsicher, und die ARSENALJYK veränderte ihren Standort und näherte sich noch mehr. Sie schien den Schutzschirm zu berühren. Tyari! dachte ich verzweifelt. Kannst du mich hören? Du bist doch eine starke Telepathin! Wie sieht es in dir aus? Bist du wenigstens zu einem Teil noch du selbst? Ich erhielt keine Antwort. Auch der Extrasinn meldete sich nicht. »Wie geht es dir?« fragte ich eindringlich. »Kannst du mir antworten?« Ich spürte den Hauch eines Gedankens, aber er verschwand so schnell, wie er gekommen war. Über eine Minute verging. Draußen vor der SOL hatte sich nichts verändert. Ja, sagte der Logiksektor dann. Ich kann antworten. Aber es ist nicht sinnvoll. Zu vieles hängt in der Luft!
»Halte dich an die Fakten. Du darfst nicht abschweifen, denn du bist tief erschüttert. Dein logisches Denkvermögen ist ins Wanken geraten! Meine Halluzination auf dem Flug ins Trisker-System hat sich bewahrheitet. Du mußt es mir also jetzt glauben! Nun hattest du selbst eine solche Halluzination, und auch ihr Inhalt ist eingetroffen!« Ich glaube nicht daran. Zu viele Dinge sind unbewiesen. Nein, wenn du es wissen willst: Ich zweifle am Wahrheitsgehalt dessen, was die unbekannte Stimme mir eingeflüstert hat! »Aber es ist doch eingetroffen! Du bist ziemlich verwirrt, um nicht zu sagen gefährlich krank!«
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Tatsächlich! Ich habe es im Augenblick gar nicht bemerkt. Das Denken fällt mir schwer. »Ich mache dir einen Vorschlag«, sagte ich. »Du schweigst für längere Zeit, um dich zu regenerieren. Du bist seelisch erschüttert, falls es so etwas bei dir gibt. Ich werde dich nicht ansprechen und bin gern bereit, ein paar Tage auf deinen Rat zu verzichten!« Einverstanden! Bjos Ruf riß mich aus meinen Gedanken. Ich stellte fest, daß der Schutzschirm erloschen war. »Breck«, rief ich. »Was soll das?« Hayes stürzte an die Kontrollen, und Vorlan Brick fuhr aus dem Sessel empor, in dem gewöhnlich Cara saß. »SENECA!« rief der High Sideryt. »Was ist los? Ein Defekt? Die Anzeigen sind auf Grün!« »SENECA spricht!« kam die Antwort. »Ich kann nicht eingreifen. Ich habe ein internes Problem. Eine Teillähmung zwingt mich dazu, verschiedene Kontrollen unbeachtet zu lassen!« »Du hast den Schirm ausgeschaltet?« »Nein. Er wurde aus mir heraus abgeschaltet. Nicht von mir. Ende!« »Das hatten wir doch erst kürzlich!« knurrte Gallatan Herts. »Das Manifest C. Ist etwas Ähnliches in der SOL? In SENECA?« »Nein!« Hayes schüttelte den Kopf. Es konnte nur Mylotta sein. Mjailam hatte ihn in die Kugel der Biopositronik gebracht. Ein Schlag erschütterte das Schiff. Der Mittelteil hatte einen Treffer von der ARSENALJYK erhalten. Alarm schrillte auf, und Hayes schrie Vorlan Brick etwas zu. Der Pilot hantierte an den Kontrollen, und das Schiff nahm schwerfällig Fahrt auf und raste aus dem Orbit hinaus. Die Korvette blieb zurück. Sie blieb jedoch in Schußweite. Ein zweiter Schlag traf den Mittelteil, diesmal fast am Übergang zur SZ-2. Breck hatte sich über die Kontrollen gebeugt und bemühte sich ergebnislos, die Schirme zu aktivieren. Uster Brick stand jetzt neben seinem Zwillingsbruder und unterstützte ihn bei der Arbeit. Ein Teil der Triebwerke arbeitete unregelmäßig und erschwerte die Arbeit zusätzlich. Da erschien dem Schiff ein Engel, ein regelrechter Schutzengel. Die Tür ging auf, und Cara Doz eilte herein. Ich ging ihr entgegen. »Cara, was ist geschehen?« rief ich. »Wo kommst du her?« »Weiß nicht«, sagte sie matt. »Kabine!« Sie ließ mich stehen und rannte zu ihrem Sessel. Vorlan Brick klappte die Kinnlade herunter, und er brauchte ein paar Sekunden, bis er reagierte. Dann aber kam er aus dem Sessel empor und machte ihr Platz. Cara streifte sich das SERT-Band über und stöpselte die Anschlüsse ein. Sofort beruhigte sich die Fahrt des Schiffes. Der Kurs wurde gezielter, und die ARSENALJYK blieb
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rasch hinter ihm zurück. Die SOL raste aus dem Barsanter-System hinaus, einem ungewissen Ziel entgegen. Kurz darauf flammten die Schutzschirme auf, und der Engel bremste das Schiff ab und brachte es auf einen Kurs tangential zu Barsanter. Augenblicklich war ihr Sessel umringt. Breck faßte sie an den Schultern, als müsse er sich überzeugen, daß er wirklich ein Wesen aus Fleisch und Blut vor sich hatte. »Cara«, sagte er. »Mädchen, wo hast du nur gesteckt? Was war los?« »Weiß nicht«, wiederholte sie. »Was war?« Hayes berichtete hastig, wie sie gejagt und von den Beeinflußten in die Enge getrieben worden war. Sie hatten Cara töten wollen, weil Anti-ES es ihnen befahl. »Du hast dich vor unseren Augen in Luft aufgelöst«, schloß der High Sideryt. »Luft, so!« machte Cara. Sie blickte Breck hilflos an, schaute dann zu mir herüber. »Du kannst dich an gar nichts erinnern?« fragte ich. Sie schüttelte stumm den Kopf. »Dann haben wir einen unbekannten Helfer«, überlegte Breck. »Es kann eigentlich nur Wöbbeking sein!« »Er kommt nicht nach Bars-2-Bars«, beharrte ich. »Warum sollte er uns täuschen? Es ist eher möglich, daß er uns einen mächtigen Helfer geschickt hat, als Gegengewicht zu Mylotta!« Allerdings glaubte ich nicht so richtig daran. Wir hätten mit Sicherheit deutlichere Hinweise gehabt als jetzt. Ich glaubte nicht, daß die Initiative von Wöbbeking ausging. Du hast recht! Es ist nicht Wöbbeking-Nar’Bon! meldete sich der Extrasinn entgegen unserer Abmachung. Er kann es nicht sein. »An wen denkst du?« Der Logiksektor schien mir ruhiger geworden zu sein. Er hatte die Phase der Selbstzweifel offensichtlich fast überwunden. Ich glaube, es war die wispernde Stimme. Und ich vermute, daß es in beiden Fällen dieselbe war, die sich meldete. Bei dir auf dem Flug ins Trisker-System und bei mir nach der Entlarvung Mylottas und dem Eintreffen der ARSENALJYK. »Du denkst doch an jemand Bestimmten!« Nein. Ich wüßte nicht, an wen. Aber ich bin ruhiger, seit ich weiß, daß etwas Cara Doz schützt!
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10. Tausend Jahre war es her, daß hochstehende, raumfahrende Völker in den Galaxien Bars und Farynt beobachteten, wie sich die jeweils andere Galaxis auf die eigene zubewegte und ihre hohe Geschwindigkeit mit rätselhaften Überlichtphasen erst kurz vor dem Zusammentreffen verlangsamte. Die beiden Galaxien schoben sich ineinander, wobei es so war, daß Bars seine Position nicht änderte, während Farynt sich in die andere Galaxis schob. Achthundert Jahre dauerte der Vorgang, bis er abgeschlossen war und die beiden Sterneninseln stillstanden. Mit dem Stillstand trat auch eine Stagnation in der Entwicklung der Völker der beiden Galaxien ein. Was sie behielten, war das Wissen, daß sie zu einem der beiden Weltengebiete gehörten und das jeweils andere mit seinen Völkern als Feind betrachtet werden mußte. Es kam zu Auseinandersetzungen und zu Verschiebungen des Machtgefüges. Die ehemals beherrschenden Völker, die Vlahreser in Bars und die Bheynder in Farynt, gingen unter und wurden von anderen Völkern abgelöst, die diese Positionen nur unzureichend austollen konnten. Warum die Entwicklung anhielt, lag an den Umständen, die mit den beiden höheren Lebensformen zusammenhingen, die in Bars und Farynt lebten und eigentlich identisch mit der jeweiligen Galaxis selbst waren. Die Galaxis bildete sozusagen den Körper des betreffenden Wesens. In Bars war es Tyar, ein Wesen von echter Intelligenz und hohem Niveau. In Farynt war es Prezzar, ein Instinktwesen, das nicht immer in der Lage war, folgerichtig zu denken und zu handeln. Im praktischen Leben der Völker hatten Tyar und Prezzar immer eine gottähnliche Stellung eingenommen. Seit der Verschmelzung der beiden Galaxien jedoch war der Kontakt verschiedener Völker zu den übergeordneten Wesen abgebrochen. Es waren keine Auswirkungen der »Götter« mehr spürbar, und viele Völker blieben verunsichert zurück und verfielen der Barbarei. Die Kulturen und Zivilisationen zerfielen und trieben seltsame Blüten. Hinter allem steckte ursprünglich Hidden-X. Die böse Spiegelung hatte sich Prezzar unterjocht und die beiden Galaxien zusammengeführt. Dabei legte sie Berechnungen zugrunde, daß zwei sich kreuzende Sterneninseln in ihrem Innern Stellen hyperenergetischer Natur schaffen würden, durch die ein Vordringen in andere Räume möglich sein müßte. Hidden-X fand aber die berechneten Stellen nicht oder nur solche, die zu schwach für seine Zwecke waren. Unbeabsichtigt lenkte es Anti-ES’ Aufmerksamkeit auf sich, und nach dem Erlöschen der Spiegelung baute Anti-ES die Übergangszonen zu Nabeln aus. Es benutzte die Völker in seinem Sinn. Die Situation hatte sich erst geändert, als die SOL erschien. Sie hatte den Weg nach Bars-2-Bars gefunden und den Krieg zwischen den Bars-Völkern und den Farynt-Völkern beendet. Es gab allerdings Anzeichen dafür, daß Anti-ES dies nur als zweitrangig betrachtete. Sein oberstes Ziel
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war die Erlangung der Freiheit. Dazu benötigte es seinen anderen Teil, nämlich Wöbbeking-Nar’Bon. Um diesen in seine Gewalt zu bekommen, mußte es sein Wirken im Normaluniversum erheblich vergrößern. Dazu waren die Nabel da. Der Zustand der verzahnten Galaxien mußte erhalten bleiben. Den größten Störfaktor in Anti-ES’ Plan bildete also das Generationenschiff. Es hatte bereits in Xiinx-Markant durch das unkontrollierte Eingreifen von Cara Doz Schicksal gegen Anti-ES gespielt. Daher erklärte es sich auch, daß Anti-ES ihm willfährige Wesen in die SOL geschickt hatte, um Cara Doz zu beseitigen. Das war aber nicht alles. Die derzeitige Sicherheit in dem großen Schiff war trügerisch. Die Anwesenheit Mylottas und SENECAS Problem ließen uns nicht zur Ruhe kommen. Gleichzeitig aber unternahmen wir einen weiteren Schritt, der gleichzeitig dazu dienen sollte, Anti-ES zu verwirren. Wir wollten den Völkern von Bars und Farynt den Rücken drehen, um sie aus der Auseinandersetzung herauszuhalten, die allein Anti-ES und die SOL anging – oder Anti-ES und mich. Hayes stellte eine Verbindung mit Anterf her. Er teilte mit, daß wir die Gegend nur verlassen wollten, da die SOL in Ereignisse hineingezogen wurde, die auch diese wichtige Welt von Bars in Gefahr bringen würde. Wir schieden ernst und denkbar, und die Anterferranter sandten uns mehrere Funksprüche nach, in denen sie betonten, daß sie den von uns angeregten Weg der Verhandlungen und Gespräche gehen wollten. Sie saßen gemeinsam mit den Beneterlogen an einem Tisch, und das hätte sich von uns keiner träumen lassen, als wir die ersten Kontakte zu den Prezzarerhaltern bekommen hatten. Die SOL startete und verließ den Raum um das Barsanter-System. Die Suche nach den Nabeln und vor allem dem Hauptnabel durfte nicht aufgegeben werden, da dort die Möglichkeit bestand, Anti-ES zuvorzukommen. Die ARSENALJYK heftete sich auf unsere Spur. Aber Cara Doz vollführte die unwahrscheinlichsten Manöver, um die SOL abzusetzen. Das gelang ihr auch. Dadurch erhielten wir zumindest für kurze Zeit Luft, die wir dringend brauchten. Mjailam und Mylotta waren wieder gesehen worden. Breck ließ die beiden jagen und versuchte, sich ein Bild über ihre Absichten zu machen. Sie legten es offensichtlich darauf an, SENECAS Möglichkeiten so einzuschränken, daß dieser für die Solaner keinen Wert mehr besaß und die Funktionen des Schiffes erheblich eingeschränkt waren. Für die Solaner war wieder einmal die Heimat in Gefahr, und sie verhielten sich dementsprechend. Und ich fragte mich, welche Überraschungen uns noch bevorstanden. Ich benötigte keinen Extrasinn dazu, um zu wissen, daß Anti-ES mit aller denkbaren Härte gegen uns vorgehen würde. * Der Kontakt überraschte Kerness Mylotta diesmal nicht. Er hatte bereits darauf gewartet, daß Anti-ES sich melden würde. Er gab Mjailam ein Zeichen. Der Hüne stand ein paar Meter von ihm entfernt und zum Sprung geduckt.
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Mjailam wollte mit Mylotta kämpfen, und er hatte ihn erneut herausgefordert, weil sie im Augenblick wohl Ruhe hatten. Mjailam schien selbst zu merken, daß etwas vor sich ging. Sein Körper entspannte sich, und er ließ sich am Boden nieder. »Arsenalführer!« klang die Stimme von Anti-ES in Mylotta auf. »Du hast bisher erfüllt, was ich dir zugemutet hatte. Ich stelle fest, daß du zu dem Helfer geworden bist, den ich mir gewünscht habe. Aber ich werde dich noch ein wenig perfekter machen und dir die Erfahrung geben, die dir noch fehlt!« »Was soll ich tun?« dachte Kerness Mylotta. »Wann treffe ich endlich mit dem Arsenal zusammen?« »Ich habe meine Pläne geändert. Du sollst zunächst an Bord bleiben. Mjailam wird dich erneut in das Innere SENECAS bringen. Dort wirst du das begonnene Werk vollenden. Danach schickst du Mjailam zum Arsenalplaneten, wo die Penetranz ihn benötigt!« »Ist es nicht besser, die SOL sofort zu zerstören?« fragte Mylotta. Ein abweisendes Lachen klang auf. »Die Rache wäre zu kurz«, sagte Anti-ES mit seiner Mentalstimme. »Ich will sie richtig auskosten! Und du wirst keine Langeweile haben. Richte deine Aufmerksamkeit auf Cara Doz!« Mylotta berichtete, welche Schwierigkeiten es mit Cara Doz offenbar gegeben hatte. Er erzählte, was Mjailam über ihr Verschwinden berichtet hatte. Anti-ES hatte dies schon erkannt. Die Anwesenheit der Penetranz in den Gehirnen des Arsenals und der Kontakt der Penetranz zu ihrem Schöpfer sorgte für einen vollständigen Informationsfluß. »Dieses Problem wird bald gelöst«, teilte die Superintelligenz mit. »Der bevorstehende Einsatz der Penetranz wird die Schwierigkeiten mit Cara Doz beseitigen. Und nicht nur mit ihr! Die Dezentralisierung der Kräfte der SOL wird fortgesetzt!« »Ich werde tun, was du mir aufgetragen hast!« dachte Kerness Mylotta. Er spürte, wie der Kontakt erlosch. Der Arsenalführer griff sich an sein Stirnband und nahm es langsam, fast drohend ab. Er sah, wie Mjailam die Augen aufriß und auf den Fleck an seiner Stirn starrte, der groß und düster war. Für Mylotta schien er zu glühen, denn seine Stirn war brennend heiß. Mylotta produzierte einen tödlichen Energiestrahl, der keine zehn Zentimeter an Mjailam vorbeiraste und in die Wand einschlug. Der Geruch von verbranntem Plastik verbreitete sich, und der Hüne wich langsam zurück. »Das dritte Auge«, lächelte der Arsenalführer. »Ich kann dich jederzeit damit töten, wenn ich will. Das solltest du berücksichtigen, wenn du mich zum Zweikampf herausfordern willst!« Mjailam blieb stumm. Er wollte sich abwenden, dann aber riß er sich zusammen. »Ich habe ein Recht auf diesen Kampf!« behauptete er laut. »Er soll fair sein!« »Du besitzt ja deine Quasiteleportation, mit der du den tödlichen Strahlen entgehen kannst!« lächelte Mylotta. »Zunächst aber wirst du meine Befehle ausführen! Bringe mich in das Innere SENECAS, dorthin, wo wir schon gewesen sind. Zum Plasma!« Mjailam ergriff ihn an der Hand, und die beiden Gestalten verschwanden aus dem Raum. Die Solaner,
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die kurz darauf diesen Abschnitt des Mittelteils durchkämmten, fanden lediglich die Brandspur. Mylotta aber machte sich über SENECA her, nachdem er Mjailam weisungsgemäß zum Arsenalplaneten zurückgeschickt hatte.
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11. Atlan, sie ist wieder da! Ich fuhr herum und starrte Bjo Breiskoll an. Der Katzer machte den Eindruck, als lausche er mit seinen geistigen Fühlern nach irgend etwas. »Kannst du meine Gedanken verstehen?« fragte ich schnell. »Hast du erkannt, daß der Extrasinn verwirrt ist?« Bjo schüttelte stumm den Kopf. Du mußt mir glauben! fuhr der Logiksektor fort. Sie teilt mir soeben mit, was geschehen wird. »Berichte!« verlangte ich. Der Extrasinn teilte mir mit, daß Mylotta noch immer im Schiff war. Schlimmer sogar, er hielt sich in SENECA auf und hatte den Auftrag, weiter gegen die Biopositronik vorzugehen. Ich glaubte den Bericht sofort und gab ihn an Breck weiter. Der High Sideryt senkte schwermütig den Kopf. »Wenn das eintrifft, ist die SOL handlungsunfähig«, stellte er fest. »Und wir sind nicht in der Lage, etwas dagegen zu tun!« Er hatte recht. Selbst wenn es uns gelang, in SENECA einzudringen und Mylotta zu suchen, würde er uns in der Hand haben, indem er uns mit der Vernichtung der Biopositronik drohte. »Dennoch haben wir einen Anhaltspunkt, der uns eines Tages weiterhelfen wird«, behauptete ich. »Der Unbekannte, der sich zweimal beim Extrasinn gemeldet hat und wahrscheinlich auch mir seine Einflüsterungen hat zukommen lassen, die ich für eine Halluzination hielt, ist in der Lage, die gedankliche Kommunikation zwischen Anti-ES und seinen Dienern mitzuhören. Es muß sich um ein mächtiges Wesen handeln!« »Also doch Wöbbeking-Nar’Bon!« sagte Breck. Nicht Wöbbeking! schärfte der Extrasinn mir ein. »Er ist es nicht«, erwiderte ich dem High Sideryt, ohne zu wissen, woher der Logiksektor die Sicherheit nahm. Wenn ich seine Äußerungen in der Phase der Verwirrung richtig verstanden hatte, dann war er sich selbst nicht darüber im klaren, wer die Stimme sein könnte. Er konnte sie nicht analysieren und auf ihm bekannte Kriterien subsummieren. Doch Anti-ES, das ein Spiel mit doppeltem Boden trieb? Ich setzte es den Solanern in der Hauptzentrale auseinander.
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»Wir müssen uns vorsehen«, sagte ich. »Es wäre auch möglich, daß wir uns durch die Vorgänge in Sicherheit wiegen ließen. Wir müssen damit rechnen, daß die Warnungen zu einem ausgeklügelten System einer Falle gehören, in das wir uns immer mehr verstricken!« Breiskoll richtete sich plötzlich auf. »Ich habe etwas empfangen«, sagte er. »Ganz kurz nur. Es handelt sich um einen Gedankenfetzen Mylottas. Er beginnt soeben damit, gegen SENECA vorzugehen. Wir müssen ihn aufhalten!« »SENECA!« rief ich. »Was geht in dir vor? Können wir dir helfen?« Die Biopositronik gab keine Antwort. Wir saßen wie auf Kohlen, und die Minuten verstrichen schleppend langsam. Immer wieder versuchten wir, Kontakt zu bekommen. »Er muß es geschafft haben«, sagte Bjo plötzlich. »Der Impuls war schwach, aber deutlich!« Dann erklang die Stimme SENECAS, freundlich und wohlmoduliert wie immer. »SENECA an Zentrale«, verkündete sie. »Mylotta hat den Plasmateil vollkommen gelähmt. Ich bin nicht mehr vollständig. Meine Handlungsfreiheit ist erheblich eingeschränkt, da ich auf den Feind in meinem Innern aufpassen muß. Ich benötige Hilfe!« Ich gab Joscan Hellmut einen Wink. Der Solaner verstand. »SENECA, wir schicken einen Stoßtrupp«, sagte ich. »Du mußt ihn einlassen und ihm den Weg zeigen, wie er zu Mylotta gelangen kann!« »Nicht möglich, Atlan! Die Gefahr ist zu groß. Mylotta würde das Plasma zerstören. Das bedeutete den Untergang für mich. Glaubt mir, er tut, was er sagt. Er kennt keine Rücksicht!« »Was sollen wir denn machen?« rief Hayes. »Bist du in der Lage, unseren Befehlen zu gehorchen?« »Ich bin loyal. Mylotta ist nicht fähig, mein Programm zu ändern. Aber er bedroht meine Existenz. Das ist schlimmer!« »Kannst du nichts gegen den Eindringling unternehmen, SENECA?« wollte jetzt auch Hellmut wissen. »Was ist mit den Robotern in deiner Kugel?« »Es ist zwecklos, Joscan«, antwortete SENECA. »Mylotta ist räumlich nicht greifbar! Es ist, als sei er nur geistig und nicht körperlich vorhanden. Und doch ist er da, und er trägt sein Stirntuch wie immer. Manchmal denke ich, daß er etwas darunter verbirgt!« »Unsinn«, sagte ich. »Er hat das Tuch schon immer getragen. Es gehört einfach zu seiner Persönlichkeit!« »Wir können also nichts tun«, stellte Breckcrown Hayes fest. »Wir fliegen umher und warten darauf, daß
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der Gegner handelt. Wir sind in die undankbare Position versetzt, nur reagieren zu können.« »So sieht es aus, Breck«, meinte SENECA. Dann schwieg die Biopositronik. Wir waren an einem Tiefpunkt angelangt. Die Jagd auf Mylotta hatte alles nur schlimmer gemacht. Und es fehlte uns auch der Rückhalt, der durch die reine Gegenwart der Anterferranter bestanden hatte. Gut, es gab Unterschiede in der Denkungsart von Wesen. In der SOL wurden sie lediglich sichtbar, wenn sich das Schiff auf einem Planeten befand. Ich war mir jedoch sicher, daß sich mancher Solaner angesichts des derzeitigen Zustands wünschte, wenn seine Heimat auf dem Planeten der Sonne Barsanter geblieben wäre. Oder zumindest in der Nähe. Die ARSENALJYK war bisher nicht in unserer Nähe aufgetaucht, aber ich würde einen Besen verzehren, wenn es ihr nicht gelang, unsere Spur wiederzufinden. Anti-ES konnte sich leicht bei Mylotta erkundigen, wo sich das Schiff befand. Der Arsenalführer selbst konnte sich die Informationen von den Terminals holen, die es im Innern SENECAS gab. Mjailam, der in den letzten zwei Stunden nicht mehr gesehen worden war, hatte keine Schwierigkeiten, das ganze Arsenal in das Innere der Biopositronik zu schaffen. Und wie die Erfahrung gezeigt hatte, hinderten ihn auch Schutzschirme nicht daran, zu teleportieren, wohin er wollte. Der Gedanke an Tyari begann alles andere zu überlagern. Die Frau aus Bars-2-Bars fehlte mir, seit sie die SOL verlassen hatte. Ich erinnerte mich, daß es mir nicht ganz wohl gewesen war, sie allein ziehen zu lassen. Hatte ich etwas geahnt? Warum strafte mich das Schicksal so sehr, daß selbst meine besten Freunde und Gefährten auf der Seite des Gegners stehen mußten? Das Atlan-Team, es gehörte zum Teil zu einem Schiff, das früher einmal BANANE geheißen hatte und jetzt den Namen ARSENALJYK trug. Blödels Bemerkung, daß die Insassen das Arsenal waren, schien ein wahrer Kern anzuhaften. Mylotta war der Arsenalführer, doch bisher hatte er nichts mit der Korvette und ihrer Besatzung zu tun gehabt, mit Ausnahme von Mjailam. Ja, es war sicher, daß auch Mata St. Felix und ihre Mannschaft unter dem Bann von Anti-ES standen. Ich musterte verstohlen das Verhalten von Breck. Der High Sideryt war unruhig, ich sah es am Flattern seiner Augenlider. Er gab sich alle nur erdenklichen Mühen, es zu verbergen, und er mochte manchen Solaner damit täuschen. Hayes machte sich Sorgen, wie ich auch. Er sah deutlich, daß wir gegen Anti-ES eine Schlappe nach der anderen einsteckten. Die wispernde Stimme, die sich dem Extrasinn mitteilte, war nur ein schwacher Trost, denn es stand für uns fest, daß sie nicht zu Wöbbeking-Nar’Bon gehörte. Und der allein wäre vielleicht in der Lage gewesen, uns zu helfen. Breck bewegte sich ruckartig und stapfte auf mich zu. »Atlan«, sagte er, »du hattest etwas von einem Schachspiel und zwei Spielern gesagt. Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube zu wissen, wer der zweite Spieler ist.« »Wer denn, Breck?« »Ich denke an die Kosmokraten!« »Nein, das ist unwahrscheinlich! Du weißt, daß die Kosmokraten nie direkt in die Entwicklungen im Diesseits eingreifen, auch nicht mit einer Flüsterstimme. Es muß ein anderes Wesen sein, und es ist auch
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nicht der Mentor der Menschheit, ES. Ich denke an ein anderes Wesen!« Es steht fest, daß es sich bei der Flüsterstimme um etwas Unbekanntes handelt! schärfte mir der Extrasinn ein. Sage es ihm. Ich tat es. Aber wer oder was war es dann? Es ist nicht feststellbar. Dafür kann ich etwas anderes erkennen. Ich weiß, wer der zweite Spieler ist! »Du weißt, wer der zweite Spieler ist?« rief ich laut. »Wer?« Die Anwesenden umringten mich rasch, und ihre Augen drückten Verwunderung und Hoffnung zugleich aus. Die wispernde Stimme des Unbekannten! sagte der Extrasinn. Er ist der zweite Spieler in diesem Schachspiel, so sehr der Vergleich auch hinkt! Ich ließ die Schultern sinken und murmelte die Botschaft vor mich hin. Mit den Händen schob ich die Umstehenden zur Seite und ging langsam zum Ausgang. Das half uns überhaupt nicht weiter. Ich fühlte die Schwäche in meinen Beinen. Sie war psychischer Natur. In meinen Gefühlen und Gedanken spiegelte sich all das, was die Solaner zur Zeit dachten und taten. Ich suchte meine Kabine auf und legte mich hin. Ich war todmüde, und meine Glieder fühlten sich wie erschlagen an. Ich schloß die Augen und konnte doch nicht einschlafen. SOL! dachte ich. Welches Schicksal ist dir beschieden? Wirst du jemals deine Heimat wiedersehen? * Irgendwann, in einer Phase der Zeitlosigkeit und des Dahindämmerns entstand ein kleiner, heller Fleck in meinem Bewußtsein. Etwas machte sich bemerkbar, und ich riß die Augen auf und drehte mich rasch auf den Rücken. Kontakt! Ein Kontakt wurde hergestellt. Jemand meldete sich in meinem Bewußtsein. Nicht in dem des Extrasinns. Wöbbeking-Nar’Bon! jubelte ich. »Hallo Atlan«, sagte die Gedankenstimme. »Du bist am Ende, und das ist gut so! Anti-ES wird siegen!« »Wer bist du?« schrien meine Gedanken. »Ich kenne dich, aber du bist nicht Wöbbeking! Bist du die Flüsterstimme?« »Ich bin Tyari, du armer Held!« Ich zuckte zusammen. In mir bäumte sich alles auf, und für einen Augenblick glaubte ich, das Bewußtsein zu verlieren. »Tyari!« ächzte ich laut und mit intensiven Gedanken. »Mein Engel, der mir zum Teufel wird. Tyari!«
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»Die Entscheidung ist gefallen«, teilte mir die Stimme in meinem Kopf mit. »Bars-2-Bars bleibt so, wie es ist. Die SOL hat ausgespielt. Ihr Ende ist vorgezeichnet. Das Arsenal ist unbesiegbar und hat die Spur des Schiffes bereits aufgenommen!« »Das Schiff! Nein! Du darfst der SOL nichts tun, Tyari. Du kannst dich nicht gegen das stellen, was du bisher geschützt und verteidigt hast. Wehre dich gegen Anti-ES und seinen Einfluß. Kämpfe gegen die bösen Gedanken, die dich beherrschen!« Die Gedankenstimme lachte. Sie lachte mich aus, und unbändiger Zorn kroch in mir empor. Ich stieß einen arkonidischen Fluch aus. »Was immer dich beherrscht, ich werde es bekämpfen und besiegen!« Es klang wie ein Schwur, sollte auch einer sein. Tyari machte mich rasend. Noch immer lachte sie. »Weißt du denn nicht, daß ich dich liebe?« schrie ich. »Daß wir zusammengehören?« Das Lachen brach ab, und die Gedankenstimme veränderte sich. Sie wurde bedächtiger und änderte ihre Wortwahl. »Ich weiß es, Atlan. Ich liebe dich auch. Bis ans Ende der Welt. Ich wünschte mir, daß unsere Liebe nie endete. Wir werden irgendwann wieder ver... Du wirst sterben!« Die letzten drei Worte hatten kalt und herzlos geklungen, und ich begriff endgültig. Für einen Moment hatte sich Tyari von dem Zwang freimachen können, der auf ihrem Geist lastete. Das Signal der Liebe hatte ihre Abwehrkraft gestärkt. Aber Anti-ES hatte seine Bemühungen sofort wieder verstärkt. Tyaris Erwachen hatte nur kurz gedauert. Ich richtete mich auf und fuhr über das Gesicht. Wie immer im Zustand starker Erregung, hatten meine Augen salziges Sekret abgesondert. Meine Unterwäsche war schweißverklebt, ich zog mich aus und ging unter die Dusche. Tyari, dachte ich. Ich hole dich. Die SOL ist nicht am Ende! Es war ein frommer Wunsch, und er konnte die Niedergeschlagenheit nicht vertreiben. Nicht einmal das erfrischende Prickeln des Wasserstrahls half. Anti-ES, dachte ich. Ich spüre, daß die Entscheidung naht. Irgendwann in nächster Zeit ist es soweit! ENDE
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Weiter geht es in Band 141 der Abenteuer der SOL mit: Im Herzen SENECAS von Hans Kneifel Impressum: © Copyright der Originalausgabe by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt Chefredaktion: Klaus N. Frick © Copyright der eBook-Ausgabe by readersplanet GmbH, Passau, 2008, eine Lizenzausgabe mit Genehmigung der Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
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