Leo Kißler · Ralph Greifenstein · Karsten Schneider Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland
Leo Kißler · ...
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Leo Kißler · Ralph Greifenstein · Karsten Schneider Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland
Leo Kißler · Ralph Greifenstein Karsten Schneider
Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland Eine Einführung
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2011 Alle Rechte vorbehalten © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011 Lektorat: Frank Engelhardt VS Verlag für Sozialwissenschaften ist eine Marke von Springer Fachmedien. Springer Fachmedien ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media. www.vs-verlag.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Ten Brink, Meppel Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-531-17179-1
Vorwort
Die Mitbestimmung in den Aufsichtsräten und im Betrieb gehört zu den Grundpfeilern der deutschen Wirtschaftsordnung. Sie hat ökonomische Krisen und wirtschaftlichen Strukturwandel überlebt. Allerdings besteht Modernisierungsbedarf. Die Internationalisierung der Ökonomie, der technisch-organisatorische Umbruch der Arbeit stellen die Mitbestimmungseinrichtungen unter Veränderungsdruck und bergen Herausforderungen für die Mitbestimmungspraxis. Welche Aufgaben die Mitbestimmung im System der Industriellen Beziehungen erfüllt, auf welche institutionellen und rechtlichen Grundlagen sie sich dabei stützt und wie diese im Spiegel neuerer Forschungsergebnisse zu bewerten sind, ist Gegenstand des vorliegenden Lehr- und Arbeitsbuchs zur Mitbestimmung in Deutschland. Mit ihm wird der Versuch unternommen, Idee und Wirklichkeit der Mitbestimmung einen angemessenen Ausdruck im Lehrbetrieb von Hochschulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen zu verleihen. Mitbestimmung als „Lehrstoff“ setzt voraus, dass ihre institutionellen Grundlagen und die institutionelle Praxis und damit Modell und Wirklichkeit zusammengeführt werden. Dies gehört zur Zielsetzung des vorliegenden Bandes. Darüber hinaus möchten die Autoren zur aktiven Aneignung des Stoffes beitragen. Deshalb schließen zentrale Kapitel mit Übungsaufgaben. Deren Bearbeitung dient der Selbstkontrolle über das angeeignete Mitbestimmungswissen. Lösungshinweise zu den Aufgaben können beim Verlag abgerufen werden (http:// www.vs-verlag.de/Privatkunden/Zusatzmaterial/978-3-531-17179-1/Die-Mitbestimmung-in-der-Bundesrepublik-Deutschland.html). Das Werk wurde gefördert durch die Hans-Böckler-Stiftung und in Teilen im soziologischen Lehrangebot der Philipps-Universität Marburg erprobt. Für die kompetente Mitwirkung an der Texterfassung und redaktionellen Gestaltung sind die Autoren Anne Würges dankbar. Die vorliegende Mitbestimmungsbilanz gewinnt ihre kritische Dimension dadurch, dass sie nicht unterschlägt, was mit der Mitbestimmungsidee einst auch gemeint war und den Autoren für eine vitale Zukunft der Mitbestimmung unverzichtbar scheint: eine demokratische Gestaltung der Bedingungen, unter denen die Menschen zu arbeiten haben. Marburg, Meschede und Düsseldorf im Juni 2010
Die Autoren
Inhalt
Abbildungsverzeichnis ........................................................................................ 11 Tabellenverzeichnis ............................................................................................. 11 Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................12
Einleitung.............................................................................................................15
Teil 1: Mitbestimmung als Idee und Modell Vorbemerkung .....................................................................................................25 1 Mitbestimmung in der Demokratie ...............................................................26 1.1 Mitbestimmen durch Mitbestimmung: Die Mitbestimmung als demokratische Institution ......................................................................26 1.1.1 Politische Demokratie und Bürgerbeteiligung ...........................26 1.1.2 Wirtschaftliche Demokratie und Mitbestimmung .....................28 1.2 Mitbestimmung durch Mitbestimmen: Mitbestimmung als demokratische Partizipation ..................................................................32 1.2.1 Politische Demokratie und Partizipation ....................................32 1.2.2 Wirtschaftliche Demokratisierung und Selbstbestimmung .......34 1.3 Mitbestimmung und Selbstbestimmung: Grundlagen der Wirtschaftsdemokratie...........................................................................36 1.3.1 Mitbestimmung versus Selbstbestimmung: Eine falsche Frontstellung ...............................................................................36 1.3.2 Was heißt demokratische Partizipation ? ....................................40 1.3.3 Ist die Mitbestimmung demokratisch ? .......................................42 2 Mitbestimmung im System der Industriellen Beziehungen ..........................45 2.1 Die historische Ausgangslage: Koniktpartnerschaft im „rheinischen Kapitalismus“ ...................................................................45 2.2 Mitbestimmung und Tarifautonomie: Das duale System ......................47 2.3 Funktionen der Mitbestimmung im dualen System der Industriellen Beziehungen .....................................................................49 2.3.1 Die Demokratisierungsfunktion .................................................49
8 2.3.2 Die Friedensfunktion ..................................................................50 2.3.3 Die Integrationsfunktion ............................................................51 2.3.4 Die Innovationsfunktion.............................................................52 2.3.5 Die Kulturfunktion .....................................................................54 2.4 Wandel der Industriellen Beziehungen – Funktionswandel der Mitbestimmung ......................................................................................56 3 Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung: Rechtliche Grundlagen und institutionelle Ausgestaltung ..............................................59 3.1 Die Mitbestimmung des Betriebsrats ....................................................59 3.1.1 Zusammensetzung und Wahl des Betriebsrats ..........................60 3.1.2 Die Rechte des Betriebsrats: Mitwirkung und Mitbestimmung...........................................................................65 3.1.3 Dezite der Betriebsratsmitbestimmung ...................................67 3.1.4 Die Mitbestimmung des Personalrats ........................................68 3.2 Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat .....................................................71 3.2.1 Der Aufsichtsrat und seine Rechte .............................................71 3.2.2 Zusammensetzung und Wahl des Aufsichtsrats.........................72 3.3 Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) und ausländische Rechtsformen .........................................................................................79 3.4 Die Mitbestimmung als Prozess: drei Entwicklungstendenzen ............80 4 Zusammenfassung: 6 Thesen ........................................................................83
Teil 2: Mitbestimmung in der Praxis Vorbemerkung .....................................................................................................87 1 Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat ..................................................88 1.1 Der Aufsichtsrat: Verbreitung und Größe..............................................88 1.2 Institutionalisierung und Implementation der Unternehmensmitbestimmung...............................................................90 1.3 Funktionsprobleme und -wandel der Unternehmensmitbestimmung ....93 1.4 Mitbestimmungspraxis des Aufsichtsrats – das Fazit .........................102 2 Praxis der Mitbestimmung des Betriebsrats ...............................................106 2.1 Aktuelle Herausforderungen und neue Problemstellungen.................106 2.2 Quantitative Aspekte der Betriebsratsmitbestimmung und Interessenvertretung in betriebsratsfreien Zonen................................108 2.3 Qualitative Aspekte der Betriebsratsmitbestimmung: die Praxis unterschiedlicher Typen von Interessenvertretungen ........ 112 2.4 Fazit: die Praxis moderner Betriebsratsarbeit ..................................... 114
9 3 Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz ................................... 118 3.1 Staatliche Arbeitspolitik zur Humanisierung des Arbeitslebens: Schubkraft für direkte Arbeitnehmerbeteiligung................................ 118 3.2 Modernisierung von Produktions- und Führungsstrukturen: direkte Arbeitnehmerbeteiligung und Partizipationsoffensive des Managements .................................................................................120 3.2.1 Die Qualitätszirkelbewegung ...................................................121 3.2.2 Japanrezeption, Neue Produktionskonzepte und Gruppenarbeit ....................................................................123 3.2.3 Bürgerstatus im Betrieb: ein demokratietheoretischer Forschungsbefund .....................................................................128 3.2.4 Bürgerstatus im Betrieb – ohne Bürgerinnen ? ........................129 3.3 DGB-Konzept zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz und betriebsverfassungsrechtliche Arbeitsgruppen des Betriebsrats.........131 4 Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor ................................................134 4.1 Wandel der Personalratsrolle ...............................................................135 4.2 Mitbestimmung im Schatten des New Public Managements..............136 4.3 Mitbestimmung im „Konzern Stadt“ ..................................................137 4.4 Beteiligungsorientierte Arbeitsorganisation .......................................139 4.5 Zwischen Konsolidierung der Co-Management-Rolle und Instabilität der Arbeitsbeziehungen .....................................................141 4.6 Corporate Social Responsibility und International Framework Agreements .......................................................................143 5 Zusammenfassung: 8 Thesen ......................................................................145
Teil 3: Mitbestimmung im Spiegel der Forschung Vorbemerkung ...................................................................................................151 1 Das Forschungsprol ...................................................................................153 1.1 Das Erkenntnisinteresse: Wozu über Mitbestimmung geforscht wird.......................................................................................153 1.2 Theoretische und empirische Mitbestimmungsforschung ..................154 1.3 Forschungskonjunkturen......................................................................156 1.4 Forschungsfelder und -methoden .........................................................158 1.5 Forschungsorganisation und -nanzierung .........................................160 2 Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama .......................161 2.1 Dimensionen der Forschungsbilanz im wirtschaftlichen, sozialen und personalen Strukturwandel...........................................................161
10 2.2 Die Mitbestimmung aus komparatistischer Sicht ................................164 2.3 Die Mitbestimmung unter Modernisierungsdruck..............................167 2.4 Wirkungsweise und Grenzen der institutionalisierten Mitbestimmung ....................................................................................170 2.4.1 Der Aufsichtsrat als Forschungsgegenstand .............................170 2.4.2 Der Betriebsrat als Forschungsgegenstand...............................172 2.4.3 Der Personalrat als Forschungsgegenstand ..............................175 2.4.4 Die Arbeitsgruppe als Forschungsgegenstand .........................178 3 Dezite und Perspektiven der Mitbestimmungsforschung .........................180 4 Entwicklungsperspektiven der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland..................................................................................................184 4.1 Bestandsaufnahme: die Entwicklungsrisiken......................................184 4.2 Institutionelle, rechtspolitische und strategische Ziele zur Weiterentwicklung der Mitbestimmung ..............................................187 4.3 Für ein demokratisches deutsches Mitbestimmungsmodell................190 Literatur .............................................................................................................193
Anhang: Die empirischen Mitbestimmungsprojekte 1990–2010 A Tabellarische Übersicht................................................................................209 B Die Projektveröffentlichungen .....................................................................271
Register ..............................................................................................................283
11 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Abb. 2: Abb. 3: Abb. 4:
Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebsrats nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 2001 .................................66 Mitbestimmung nach dem Montanmitbestimmungsgesetz von 1951......................................................................................73 Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 .....................................................................................76 Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz von 2004 .....................................................................................78
Tabellenverzeichnis Tab. 1:
Tab. 2:
Mitbestimmung von Aufsichtsräten in Kapitalgesellschaften mit mehr als 2000 Beschäftigten (seit 1976), ab 1992 einschließlich ostdeutscher Unternehmen .................................88 Größe des Aufsichtsrats in mitbestimmten Unternehmen ........90
12 Abkürzungsverzeichnis Abb. AG ADGB AktG AVOs BDA BDI BetrVG BfS BISS BMA BMFT BPersVG BVG BVerfGE CAD CAM CDU CIM CSR CSU DBB DFG DGB DrittelbG DV EBR EBRG EDV EU FDP GG GBR GmbH HBS HdA IAB
Abbildung Aktiengesellschaft Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund Aktiengesetz Andere Vertretungsorgane Bundesvereinigung der Deutschern Arbeitgeberverbände Bundesverband der Deutschen Industrie Betriebsverfassungsgesetz Büro für Sozialforschung, Kassel Betriebliche Interessenregulierung in Deutschland – Survey und Strukturanalyse Bundesministerium für Arbeit Bundesministerium für Forschung und Technologie Bundespersonalvertretungsgesetz Besonderes Verhandlungsgremium Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts Computer Aided Design Computer Aided Manufacturing Christlich Demokratische Union Deutschlands Computer Integrated Manufacturing Corporate Social Responsibility Christlich-Soziale Union in Bayern Deutscher Beamtenbund Deutsche Forschungsgemeinschaft Deutscher Gewerkschaftsbund Drittelbeteiligungsgesetz Datenverarbeitung Europäischer Betriebsrat Gesetz über Europäische Betriebsräte Elektronische Datenverarbeitung Europäische Union Freie Demokratische Partei Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland Gesamtbetriebsrat Gesellschaft mit beschränkter Haftung Hans-Böckler-Stiftung Humanisierung des Arbeitslebens Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (der Bundesagentur für Arbeit)
13 IFA IT IW KBR KMU KVP MAV MAVO MitbestG MVG.EKD NRW SE SEBG Sfs SOFI TdL TransPuG TV-L TVöD Ver.di VKA VW VWL WSI
International Framework Agreements Informationstechnologie Institut der Deutschen Wirtschaft Konzernbetriebsrat Kleinere und mittlere Unternehmen Kontinuierlicher Verbesserungsprozess Mitarbeitervertretung Mitarbeitervertretungsordnung (nach katholischem Recht) Mitbestimmungsgesetz Kirchengesetz über Mitarbeitervertretungen in der Evangelischen Kirche in Deutschland Nordrhein-Westfalen Societas Europaea Gesetz über die Beteiligung des Arbeitnehmers in der Europäischen Gesellschaft Sozialforschungsstelle (Dortmund) Soziologisches Forschungsinstitut, Göttingen Tarifgemeinschaft deutscher Länder Transparenz- und Publizitätsgesetz Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände Volkswagen Volkswirtschaftslehre Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut in der Hans-Böckler-Stiftung
Einleitung
Wer die deutsche Wirtschafts- und Sozialordnung verstehen will, kommt an der Mitbestimmung nicht vorbei. Die Mitbestimmung ist fast so alt wie die Bundesrepublik Deutschland. Sie gehörte zu den zentralen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Projekten der Nachkriegszeit und zählt heute zu den tragenden Pfeilern der Wirtschaftsordnung. In der Anfangszeit der 1950er Jahre und in der ersten Hälfte der 1970er Jahre, im Vorfeld der gesetzlichen Konsolidierung der Unternehmensmitbestimmung, gab sie jenes Terrain ab, auf dem die politischen Parteien, die wirtschaftlichen Interessenverbände und die gesellschaftlichen Kräfte sich heftige Gefechte um die Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft des Nachkriegsdeutschland geliefert haben. Danach war das Pulver verschossen. Die Mitbestimmung wurde über die Fronten hinweg akzeptiert. Man hatte sich mit ihr arrangiert und in einem funktionierenden Mitbestimmungssystem eingerichtet. Die Mitbestimmung der gewählten Interessenvertreter abhängig Beschäftigter in den Aufsichtsräten (Unternehmensmitbestimmung) und in den Betrieben (betriebsratliche Mitbestimmung) entwickelte sich zum Erfolgsmodell. Im Verbund mit der Tarifautonomie, dem zweiten tragenden Pfeiler der Wirtschaftsordnung, ist sie das Markenzeichen eines sozialstaatlich regulierten, gezähmten „Rheinischen Kapitalismus“. Die Erfolgsgeschichte wurde auch nicht durch die Wiedervereinigung unterbrochen. Der Geltungsbereich des in der alten Bundesrepublik funktionierenden Mitbestimmungssystems wurde auf die neuen Bundesländer erweitert, der Institutionentransfer gelang. Dass die Mitbestimmung weder vor Massenarbeitslosigkeit schützt, noch aus Wirtschaftskrisen führt, wurde nicht erst im Deindustrialisierungsprozess auf dem Boden der ehemaligen DDR deutlich, vermochte aber das Markenzeichen nicht einzutrüben. In dessen Glanz verblasste jedoch die Vorstellung von einer Mitbestimmung, die mehr verspricht als ihre institutionellen Ausformungen und rechtlichen Grundlagen erwarten lassen. Mitbestimmung als gesellschaftspolitisches Projekt, das über den Tag hinaus weist und als Einstieg in eine demokratische Wirtschafts- und Sozialverfassung begriffen wird, hatte, auch auf Gewerkschaftsseite, ausgedient. Das mögliche Spannungsverhältnis zwischen Mitbestimmungsidee einerseits und Mitbestimmungspraxis in Unternehmen und Betrieben andererseits konnte so entschärft und mögliche Interessenunterschiede und Konikte auf Seiten der Adressaten des Beteiligungsanspruches wurden im „Modell“ der Mitbestimmung beigelegt. So zum deutschen „Modell“ (v)erklärt blieb das Markenzeichen lange ohne Kratzer. L. Kißler et al., Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, DOI 10.1007/978-3-531-92616-2_1, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
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Einleitung
Inzwischen erscheint die Mitbestimmung in einem anderen Licht. Der wirtschaftliche Strukturwandel, die Internationalisierung der Ökonomie, der technischorganisatorische Umbruch der Bedingungen, unter denen die Menschen zu arbeiten haben, erzeugen Veränderungsdruck auf die institutionalisierte Mitbestimmung. Diese bleibt zwar ein tragender Pfeiler der Industriellen Beziehungen. Unübersehbar hat dieser Pfeiler Risse, seine Tragfähigkeit steht auf der Probe. Auch wer die Mitbestimmung nicht als „historischen Irrtum“ begreift, wie ein ehemaliger Präsident des Bundesverbandes der deutschen Industrie, wird einräumen, dass das Mitbestimmungsgebäude renovierungsbedürftig ist. Die Modernisierung der institutionalisierten Mitbestimmung steht außer Frage. Ob und für wen diese eher Risiken oder Chancen birgt, inwieweit eine veränderte Mitbestimmung als Verlust oder als Gewinn zu verbuchen ist, darüber lässt sich trefich spekulieren. Wirklichkeitsnahe Antworten setzten eine nüchterne Bestandsaufnahme voraus. Dies ist Ziel und Aufgabe der Mitbestimmungsforschung. Diese formuliert auf die zentralen Fragen im Vorfeld einer Erneuerung der Mitbestimmung empirisch begründete und wissenschaftlich gesicherte Antworten. Was ist gemeint, wenn von Mitbestimmung die Rede ist? Wie funktioniert sie in der Praxis, welcher Modernisierungsdruck lastet auf ihren Institutionen und welche Perspektiven verbinden sich heute mit der Mitbestimmungsidee ? Kompetent über die deutsche Mitbestimmung sprechen zu wollen, setzt sachliche Information voraus, die Antworten auf diese Fragen erlauben. Hierzu möchte das vorliegende Lehrbuch beitragen.
Lehr- und Lernziele Auch wenn ihre neoliberalen Kritiker das ehemalige Erfolgsmodell zum Auslaufmodell erklären möchten, bleibt die Mitbestimmungsidee virulent und auch die von ihr inspirierte Vorstellung, wonach die Art und Weise, wie der gesellschaftliche Reichtum erzeugt und verteilt wird, nicht ohne Beteiligung der abhängig Beschäftigten von statten zu gehen habe, mithin die Produktionsstätten keine demokratiefreien Orte seien. In der Praxis spielt die Mitbestimmung, auch in ihrer derzeitigen institutionellen Verfassung, eine tragende Rolle in den industriellen Beziehungen. Idee und Wirklichkeit der Mitbestimmung nden jedoch keinen angemessenen Ausdruck im Lehrbetrieb von Hochschulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen. Jenseits der gewerkschaftlichen Erwachsenenbildung gehört die Mitbestimmung nicht zum „Lehrstoff“. Wer in der akademischen Lehre tätig ist, merkt, dass entsprechendes Lehrmaterial fehlt. Einführungen in das System der Industriellen Beziehungen behandeln die Mitbestimmung am Rande (vgl. MüllerJentsch 2007, S. 60 ff.). Entweder werden aus juristischer Sicht die rechtlichen Grundlagen oder aus sozialwissenschaftlicher Perspektive empirische Befunde
Einleitung
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dargestellt. Theoretische Zugänge zum Thema heben neuerdings vor allem auf die demokratietheoretische Begründung der Mitbestimmung ab (vgl. Demirovi 2007). Diese erweitern die herrschende institutionell verengte und auf die (betriebswirtschaftlichen) Mitbestimmungseffekte verkürzte Argumentation und schließen die aktuelle Mitbestimmungsdebatte an den reanimierten wirtschaftsdemokratischen Diskurs an. Sie vernachlässigen dabei jedoch das weitere Funktionsspektrum der Mitbestimmung im Horizont der industriellen Beziehungen. Für eine strategische Orientierung der Mitbestimmungsforschung, aber auch für ein ganzheitliches Verständnis der Mitbestimmung selbst auf Seiten ihrer wissenschaftlichen Beobachter und von Studierenden in Hochschulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen wäre es demgegenüber erforderlich, beide Dimensionen – die institutionellen Grundlagen und die institutionelle Praxis (und damit Modell und Wirklichkeit der Mitbestimmung) – zusammenzuführen. Eben dies gehört zur Zielsetzung des vorliegenden Lehrbuchs. Seine Lektüre soll
die normative Einordnung der Mitbestimmung in einen demokratietheoretischen Zusammenhang ermöglichen, die Bedeutung der Mitbestimmung für das deutsche System der Industriellen Beziehungen verdeutlichen und mit den unterschiedlichen Mitbestimmungsmodellen, ihren rechtlichen Grundlagen und institutionellen Besonderheiten vertraut machen.
Das Lehrbuch versteht sich als Arbeitsbuch. Nach der Bearbeitung des Textes (und der „Übungsaufgaben“) werden die eingangs aufgeworfenen Fragen und in der Regel ideologisch grundierten oder spekulativ formulierten Antworten einer nüchternen Bestandsaufnahme gewichen sein. Hierzu werden
die wesentlichen Praxisprobleme der Mitbestimmung im Unternehmen, Betrieb und am Arbeitsplatz dargelegt, Risiken und Chancen einer Modernisierung des herrschenden Mitbestimmungssystems erläutert und Einblicke in Geschichte und gegenwärtigen Stand der empirischen Mitbestimmungsforschung vermittelt. Im Einzelnen werden Forschungskonjunkturen nachgezeichnet und die wesentlichen Fragestellungen und Ergebnisse richtungsweisender Projekte benannt, sowie anhand exemplarischer Forschungsvorhaben begründete Aussagen zu den Zukunftsaufgaben der Mitbestimmungsforschung formuliert.
Die Mitbestimmung existiert als Modell und Wirklichkeit. Aus dieser Grundannahme leitet sich der Aufbau des Lehrbuchs ab.
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Einleitung
Textaufbau Ausgehend von einer normativ-demokratietheoretischen Verortung der Mitbestimmungsidee vermittelt der Band zunächst einen Überblick über den Stellenwert der Mitbestimmung im System der Industriellen Beziehungen (Teil 1). Die Funktionen, die die Mitbestimmung in diesen Beziehungen erfüllen soll, sind rechtlich gefasst und institutionell abgesichert auf verschiedenen Mitbestimmungsebenen (Unternehmen/Betrieb) und in unterschiedlichen Mitbestimmungsmodellen. Der erste Teil des Bandes führt deshalb auch in die rechtlichen Grundlagen und institutionellen Ausgestaltungen der Mitbestimmung ein und skizziert damit ihr normatives Prol. Dem steht die Praxis gegenüber. Teil 2 beschreibt, wie die Mitbestimmung tatsächlich funktioniert und zwar auf unterschiedlichen Ebenen: Arbeitsplatz, Betrieb und Unternehmen. Ein Blick in den öffentlichen Sektor verdeutlicht Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Mitbestimmungsinstitutionen und -rechten im privaten und im öffentlichen Sektor. Mitbestimmungsmodelle und Wirklichkeit sind seit Einführung der Mitbestimmung Gegenstand der empirischen Forschung. Teil 3 stellt die zentralen Fragestellungen, Interessen, Methoden, Ergebnisse und Dezite der empirischen Mitbestimmungsforschung der letzten 20 Jahre dar. Auf der Grundlage einer, bislang für die deutsche Mitbestimmungsforschung einmaligen Projektübersicht werden Forschungskonjunkturen nachgezeichnet und die Aufgaben der Mitbestimmungsforschung umrissen. Der Band schließt mit Überlegungen zur Zukunft der Mitbestimmung. Gestützt auf konkrete und bei entsprechendem politischen Willen umsetzbare Reformvorschläge werden Argumente für eine zeitgemäße Mitbestimmung ins Feld geführt. Neben dieser pragmatischen Perspektive, die den Blick für das politisch Mögliche und das Überleben des deutschen Mitbestimmungssystems Nötige schärft, verlässt der Text, vor allem im ersten Teil, die Nahaufnahme. Eine demokratiepolitisch erweiterte Optik gestattet den Blick auf das weite Feld der Wirtschaftsdemokratie und erinnert an die Aufgaben einer Mitbestimmung, die über den Tag hinaus weisen. Tragfähige Antworten auf die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Mitbestimmung sind (auch) im Rückspiegel zu erkennen.
Literaturempfehlungen Zur Vertiefung des Lehrstoffes sollte die folgende Literatur heran gezogen werden. Es handelt sich um Grundlagentexte. Darüber hinaus werden am Ende der einzelnen Kapitel jeweils weiterführende Titel genannt, die der intensiveren Be-
Einleitung
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fassung mit speziellen Fragen zur Mitbestimmung dienen und zum selbständigen Weiterstudium anregen sollen.
Betriebsverfassungsgesetz. Handkommentar (begründet von Karl Fitting, bearbeitet von Gert Engels, Ingrid Schmidt, Ivonne Trebinger, Wolfgang Linsenmaier) 24., neu bearbeitete Auage, München 2008 Mitbestimmungsrecht. Mitbestimmungsgesetz, Wahlordnungen, Mitbestimmung auf europäischer Ebene. Kommentar (begründet von Karl Fitting, Ottfried Wlotzke/Hellmut Wissmann, bearbeitet von Hellmut Wissmann, Wolfgang Koberski/Georg Kleinsorge), München 2008
Diese Werke enthalten die Gesetzestexte sowie ihre juristische Kommentierung zu den Mitbestimmungsmodellen ( Unternehmensmitbestimmung/ Betriebsrats mitbestimmung) in Deutschland. Sie vermitteln auch für juristische Laien einen Überblick über die rechtlichen Grundlagen der Mitbestimmung.
Diefenbacher, Hans (1983): Empirische Mitbestimmungsforschung. Eine kritische Auseinandersetzung mit Methoden und Resultaten. Frankfurt am Main Funder, Maria (1995): Stand und Perspektiven der Mitbestimmung. Von der institutionenorientierten Mitbestimmungs- zur Industrial-RelationsForschung. Eine Literaturstudie (Hans-Böckler-Stiftung, Manuskripte 187). Düsseldorf Greifenstein, Ralf/Kißler, Leo (2010): Mitbestimmung im Spiegel der Forschung. Eine Bilanz der empirischen Untersuchungen: 1952–2010. Berlin
Diese Schriften führen in methodologische und Methodenfragen der empirischen Mitbestimmungsforschung ein (vor allem die Dissertation von Hans Diefenbacher) und stellen deren Ergebnisse vor. Sie dienen deshalb insbesondere dem vertiefenden Studium zur Forschungsbilanz (Teil 3). Die Darstellungen von Diefenbacher und Funder bilanzieren die Mitbestimmungsforschung vor der Wiedervereinigung. Der Überblick von Greifenstein/Kißler bilanziert die empirische Mitbestimmungsforschung von den Anfängen 1951 bis zur Gegenwart.
Kittner, Michael (Hrsg.) (1995): Gewerkschaften heute. Jahrbuch für Arbeitnehmerfragen. Köln
Aus diesem Handbuch sind vor allem die folgenden Beiträge zu bearbeiten: (1) Köstler, R.: Mitbestimmung, S. 385–394 (2) Schneider, W.: Betriebsverfassungsrecht, S. 395–403
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Einleitung
Beide Texte informieren aus gewerkschaftlicher Sicht zu grundlegenden Problemen der Mitbestimmungspraxis, aber auch über die politische Auseinandersetzung und Rechtsprechung zur Mitbestimmung.
Vilmar, Fritz (1977): Politik und Mitbestimmung: Kritische Zwischenbilanz – integrales Konzept. Kronberg Ts.
Dieser Grundlagentext vermittelt sowohl gesellschaftspolitische Positionen zur Mitbestimmung, ausgehend von einem geschichtlichen Rückblick, als auch Grundzüge einer integralen Theorie der Mitbestimmung. Dieser Text wird fortgeschrieben und die Mitbestimmungsproblematik wird in Grundfragen der Arbeitssoziologie eingeordnet in folgendem Band:
Vilmar, Fritz/Kißler, Leo (1982): Arbeitswelt. Grundriss einer kritischen Soziologie der Arbeit (utb 1167). Opladen.
Aus diesem Werk ist vor allem das Kapitel 4 „Humanisierung und Demokratisierung der Arbeitswelt“ (S. 197–240) ergänzend zum vorliegenden Lehrbuch (Teil 1) heranzuziehen. Zur demokratiepolitischen und -theoretischen Einordnung der Mitbestimmung dienen auch die beiden folgenden Texte:
Demirovi, Alex (2006): Demokratie, Wirtschaftsdemokratie und Mitbestimmung. In: Bontrup, Heinz-J./Müller, Julia u. a.: Wirtschaftsdemokratie. Alternative zum Shareholder-Kapitalismus. Hamburg. S. 54–92. Kißler, Leo (2007a): Politische Soziologie. Grundlagen einer Demokratiewissenschaft (utb 2925). Konstanz, S. 178–196. Streeck, Wolfgang/Kluge, Norbert (Hrsg.) (1999): Mitbestimmung in Deutschland. Tradition und Efzienz. Frankfurt a. M./New York.
Der von Streeck und Kluge herausgegebene Band enthält die wichtigsten Expertenberichte der „Kommission Mitbestimmung“, einer von der Bertelsmann Stiftung und der Hans-Böckler-Stiftung eingerichteten Runde aus 35 Repräsentanten von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Politik und Wissenschaft. Diese legten 1998 eine kritische Bestandsaufnahme der bisherigen Mitbestimmungspraxis vor und entwickelten Orientierungshinweise für die Zukunft des deutschen Mitbestimmungssystems v. a. unter dem Aspekt seiner Efzienz. Zur vertiefenden Lektüre wird aus diesem Band insbesondere der Beitrag von Kathleen Thelen/Lowell Turner empfohlen: „Die deutsche Mitbestimmung im internationalen Vergleich“, S. 135–232.
Einleitung
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Müller-Jentsch, Walther (1997): Soziologie der Industriellen Beziehungen. Eine Einführung. 2. erweiterte Auage. Frankfurt a. M./New York Müller-Jentsch, Walther (2007): Strukturwandel der Industriellen Beziehungen. „Industrial Citizenship“ zwischen Markt und Regulierung. Wiesbaden.
Beide Studientexte erweitern die Perspektive. Die „Soziologie der Industriellen Beziehungen“ ordnet die Mitbestimmung in das deutsche System der Industriellen Beziehungen ein und beschreibt die neuen Herausforderungen, denen das „deutsche Modell“ im Zuge von Globalisierung, Europäisierung und deutsch-deutscher Vereinigung ausgesetzt ist. Der Folgeband von 2007 untersucht die deutschen industriellen Beziehungen aus der Perspektive ihres strukturellen Wandels. Es handelt sich um eine systematische Einführung in den Objektbereich, die Institutionen und Akteure (einschließlich des Staates) der industriellen Beziehungen und ihrer Entwicklung unter dem Druck von Technik, Arbeitsmarkt und Wirtschaft. Im Zentrum stehen die Veränderungen in den Arenen der Betriebsverfassung und der Tarifautonomie. Die Analyse umfasst auch die europäische Ebene der Industriellen Beziehungen und den Euro-Betriebsrat.
WSI-Mitteilungen: Monatszeitschrift des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts in der Hans-Böckler-Stiftung Mitbestimmung. Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung
Beide gewerkschaftsnahen Periodika enthalten regelmäßig Beiträge zur Mitbestimmung in Deutschland und im internationalen Kontext. Die WSI-Mitteilungen (2010 im 63. Jahrgang) sind streng wissenschaftsorientiert. Die Zeitschrift publiziert reviewte Texte aus unterschiedlichen (vornehmlich wirtschaftswissenschaftlichen und sozialwissenschaftlichen) Disziplinen zu einem sehr breiten Spektrum (mit einzelnen Schwerpunktheften), aber regelmäßig auch theoretisch gehaltvolle und empirisch fundierte Aufsätze zu unterschiedlichen Mitbestimmungsproblemen. Die „Mitbestimmung“ ist ein Periodikum, das weitgehend aus der Praxis für die Mitbestimmungspraxis gestaltet wird. Politiker, gesellschaftliche und wirtschaftliche Akteure und wissenschaftliche Beobachter kommen zu Wort. Dabei entsteht nicht nur ein facettenreiches Bild der Mitbestimmungspraxis, sondern auch zu anderen arbeitsweltlichen Problemen abhängig Beschäftigter.
Die andere Hälfte der Demokratie. Erfahrungen mit Arbeitnehmerbeteiligung.
Bei diesem Werk handelt es sich um einen Lehrlm (35:40 Min., Konzept und wissenschaftliche Beratung: Prof. Werner Fricke), der Beschäftigte aus zwei Unter nehmen zu Wort kommen lässt. Sie berichten über ihre Erfahrungen mit dem Abbau hierarchischer Organisation durch selbstbestimmte Beteiligung und
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Einleitung
Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Im ersten Filmteil werden die Probleme bei der Einführung von Gruppenarbeit und der Dezentralisierung von Arbeitsabläufen aus der Sicht der durchweg männlichen Beschäftigten beschrieben. Im zweiten Betrieb kommen dagegen fast ausschließlich Frauen zu Wort. Sie berichten über ihre Ideen und Wünsche zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen, aber auch über Umsetzungsbarrieren und Widerstände. Beide Filmteile sind authentisch und zeigen in eindrucksvollen Bildern die Wirklichkeit betrieblichen Arbeitens sowie Möglichkeiten und Grenzen ihrer Veränderung durch direkte Partizipation. Der Film ist hervorragend geeignet, die Praxis von Gruppenarbeit und Mitbestimmung am Arbeitsplatz (Teil 2) aus dem Mund betrieblicher Praktiker und mit authentischen Bildern zu beleuchten. Das Werk wurde von der Friedrich-Ebert-Stiftung gefördert und kann von dort bezogen werden.
Übungsaufgaben Das Lehrbuch zur Mitbestimmung versteht sich als Arbeitsbuch. Einzelne zentrale Kapitel münden in Aufgabenstellungen (Übungsaufgaben). Diese können auf der Grundlage des behandelten Lehrstoffes selbständig bearbeitet werden und dienen der Selbstkontrolle. Lösungshinweise (Musterlösungen) nden sich auf der Verlagshomepage (http://www.vs-verlag.de/Privatkunden/Zusatzmaterial/978-3-531-17179-1/Die-Mitbestimmung-in-der-Bundesrepublik-Deutschland. html).
Teil 1 Mitbestimmung als Idee und Modell
L. Kißler et al., Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, DOI 10.1007/978-3-531-92616-2_2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Vorbemerkung Die Mitbestimmungsidee ist alt. Sie reicht zurück bis in die Revolutionsjahre 1848/49 und gehört zur demokratischen Tradition. Als wirtschaftsdemokratische Forderung der Gewerkschaften wurzelt sie im Programm des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (dem Vorläufer des DGB) zur Wirtschaftsdemokratie. Dieses Programm sieht eine mitbestimmte Wirtschaft vor: am Arbeitsplatz durch direkte Partizipation der Beschäftigten, im Betrieb durch die Mitbestimmung des Betriebsrats, im Unternehmen durch den Aufsichtsrat und schließlich in der Gesamtwirtschaft durch Wirtschafts- und Sozialräte. In der Wirtschaftsverfassung der Bundesrepublik Deutschland wurde diese Programmatik nur zum Teil eingelöst (vgl. Kißler 1992, S. 32 ff; Demirovi 2006, S. 54 ff.). Gleichwohl sind die Arbeitenden im Betrieb nicht rechtlos. Menschen- und Grundrechte gelten auch hinter den Werkstoren. Hierzu zählen unter anderem das Recht auf Arbeitsbedingungen, die die Menschenwürde nicht verletzen, aber auch die Meinungs- und Informationsfreiheit (Art. 5 GG), nicht jedoch das Recht auf Partizipation. Dieses wird in der deutschen Betriebsverfassung begrenzt auf Wahlrechte (Teilnahme an Betriebsrats- und Personalratswahlen, Vertrauensleutewahlen) und das individuelle Beschwerderecht. Was fehlt, sind rechtlich verbriefte Möglichkeiten der Beschäftigten zur unmittelbaren Beteiligung am Arbeitsplatz. Vermehrte Beteiligungsmöglichkeiten außerhalb der Arbeitswelt (z. B. in Bürgerinitiativen), ein höheres Bildungsniveau und entsprechende Erwartungen an Handlungs- und Autonomiespielräume im Alltag erzeugen Veränderungsdruck auch in den Betrieben und Büros. Sie erinnern an die schlichte Tatsache, dass Mitbestimmung mitbestimmen heißt. Mitbestimmen im Sinne von Beteiligung an Entscheidungsprozessen, um dort eigene oder die Interessen von anderen (z. B. Wählerinnen und Wählern) wahrzunehmen ist der Stoff, aus dem Demokratie entsteht. Mitbestimmung ist deshalb ein demokratietheoretischer Begriff. Im Verbund mit der Tarifautonomie stellt die Mitbestimmung heute eine tragende Säule der Industriellen Beziehungen in Deutschland dar (vgl. Müller-Jentsch 1997 und weiter unten 2.). Ihr Beitrag für die Sicherung der Demokratie ist dagegen offen. Wer das Demokratiepotenzial der Mitbestimmung thematisiert (vgl. dazu unten 1.) lenkt den Blick auf die normative Seite des Gegenstandes. Die Mitbestimmungsidee ist normativ begründet. Sie formuliert im Verhältnis von Wirtschaft und Demokratie einen normativen Anspruch. Dessen Umsetzung gibt Auskunft über die Wirkungsmacht von Mitbestimmung als demokratiepolitische Idee.
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Mitbestimmung als Idee und Modell
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Mitbestimmung in der Demokratie
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Mitbestimmen durch Mitbestimmung: Die Mitbestimmung als demokratische Institution
1.1.1 Politische Demokratie und Bürgerbeteiligung „Ist die Mitbestimmung demokratisch?“ Mit dieser Frage eröffnet Alex Demirovi (2007, S. 9) sein Plädoyer für eine demokratiepolitische Rückbesinnung und ReThematisierung der Wirtschaftsdemokratie. Die Antwort hängt entscheidend davon ab, was unter „Demokratie“ zu verstehen ist. Und damit von einer weiteren Frage: Wie demokratisch ist eine Demokratie ohne Mitbestimmung ? Hierzu, wie schon zum Demokratiebegriff selbst, gehen die Antworten weit auseinander. Demokratie heißt Volksherrschaft. Sie wurde ursprünglich im athenischen Stadtstaat (5. Jh. v. Chr.) als eine Staatsverfassung verstanden, in der die Regierung „in der Hand der Vielen und nicht der Wenigen liegt“ (Perikles) und für die bereits Aristoteles (384–322 v. Chr.) den Staatsbürger dadurch denierte, „dass er am Gericht und an der Regierung teilnimmt“ (Aristoteles nach Bergstraesser/Oberndörfer 1962, S. 40). Die politische Beteiligung steht demokratiegeschichtlich im Mittelpunkt von wissenschaftlichen Erwägungen darüber, was denn die „Volksherrschaft“ ausmache, im aktuellen Demokratiediskurs dient sie als Orientierungshilfe. Zum Wesen der demokratischen Herrschaft gehört die Legitimation. Politische Partizipation gilt als zentrale Legitimationsquelle. Die Art und Weise der Partizipation und ihre Reichweite dienen als Abgrenzungskriterien zwischen unterschiedlichen Demokratiekonzeptionen und der Entwicklung von Qualizierungsaspekten für die moderne Demokratie (vgl. Berg-Schlosser/Giegel (Hrsg.) 1999). Mitbestimmung ist insoweit demokratisch, als sie das Mitbestimmen erlaubt und demnach als Legitimationsquelle für demokratische Herrschaft taugt. Politische Partizipation ist institutionalisiert. Sie ndet ihren Ausdruck in Wahlverfahren, Abstimmungen u. a. m. Als demokratische Institution (1.1) wie auch als Partizipationsverfahren (1.2) entfaltet die Mitbestimmung/das Mitbestimmen demokratiepolitisch relevante Legitimationseffekte. Diese stehen in der Tradition zweier demokratietheoretischer Linien, die vor dem Hintergrund der Wirtschaftsund Sozialformen des 17. und 18. Jahrhunderts entstanden sind (vgl. Fetscher 1972, S. 11) und zwei divergierende Modelle der bürgerlichen Demokratie begründeten. Sie beeinussen bis in die Gegenwart die Auseinandersetzung über die normative Grundlage, konzeptionelle Fassung und empirisch-praktische Umsetzung von demokratischer Herrschaftsbestellung und -ausübung. Zum einen handelt es sich um das Modell der „Konkurrenzdemokratie“ (Fraenkel 1991, S. 62 ff.) und in dieser Traditionslinie um die theoretischen Ansätze formal-analytischer Demokratie-
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modelle. In ihnen wird die demokratische Herrschaftsbestellung im Wahlakt realisiert und die Ausübung von Herrschaft an Institutionen gebunden. Partizipation ist in diesem Demokratieverständnis positiv besetzt, denn die Teilnahme der Bürger dient nicht nur der Kontrolle von politischer Gewalt und der Herrschaftslegitimation, sondern zielt auch auf die autonome Regelung gesellschaftlicher Angelegenheiten ohne staatliche Intervention ab. Politische Beteiligung gilt als Ausdruck bürgerlichen Freiheitsstrebens. In dieser Tradition steht auch das moderne Verständnis von politischer Partizipation als Legitimationsgrundlage des politisch-administrativen Systems. Mitbestimmung und Partizipation bekommen in diesem Demokratiemodell integrierende, systemstabilisierende und loyalitätssichernde Funktionen. Fragen nach dem systemstabilisierenden Partizipationsoptimum oder nach dem Efzienzgewinn (Output-Legitimation) durch motivierende Teilnahme und Mitverantwortung der Partizipierenden stehen im Mittelpunkt. Partizipation gewinnt dadurch instrumentellen und funktionalen Charakter. Sie ermöglicht demokratische Steuerung. „Zugrunde liegt diesem Demokratiemodell ein institutionalisiertes Regelsystem zur gesellschaftlichen Koniktbearbeitung, das wir auch als das parlamentarische Regierungssystem bezeichnen können“ (Korte/Fröhlich 2004, S. 11). Eine gute Demokratie ermöglicht „gutes Regieren“ – auf diese Formel lassen sich Demokratievorstellungen bringen, die aus der Steuerungsperspektive formuliert werden und die das Mitbestimmen als Steuerungselement begreifen. In Form von Planungspartizipation unterstützt sie verwaltungspolitische Handlungsprogramme dort, wo Gesetzesgebundenheit und wissenschaftliche Beratung nicht ausreichen, nämlich im Vorfeld politischer Planung. Hier legt Bürgerbeteiligung Problemverständnis im Handlungsfeld offen und deckt Kompromisszonen für planerisches Operieren auf. Strategien kalkulierter Partizipation erweitern die Handlungsspielräume und erhöhen die Reformkapazität des politischen Systems durch administrativ gelenkte Massenmobilisierung gegen bornierte und kurzsichtige Einzelinteressen. Partizipation hilft antibürokratische Stimmungslagen abzubauen und Vertrauensschwund gegenüber dem politisch-administrativen System und seinen Akteuren (Politik- und Politikerverdrossenheit) einzudämmen. Als ein Instrument zur Befriedigung des gewachsenen Bedürfnisses der Bürgerinnen und Bürger nach selbstbestimmtem Arbeiten und Leben ist der Partizipationsbegriff in diesem herrschenden Demokratiemodell grundsätzlich positiv besetzt. Partizipation ermöglicht die demokratische Ausübung von Herrschaft für das Volk (eine herrschende Lesweise von Volksherrschaft) und damit die funktionsfähige repräsentative Demokratie (vgl. Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG). Partizipation in diesem Demokratiemodell entpuppt sich in der Praxis häug als „Pseudopartizipation“ und als Spielwiese, auf der die Partzipanten mitreden dürfen, ohne etwas zu sagen zu haben. Sie dient im besten Fall als Methode der Entscheidungsndung, im schlechten Fall als symbolische Gratikation zur sozial-
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verträglichen Abfederung von negativen Entscheidungsfolgen. In keinem Fall reicht die Partizipation an die Entscheidungsgrundlagen heran. Die Verkürzung der Partizipation auf eine Methode und daraus folgend die Methodisierung des Demokratiebegriffs hat Konsequenzen für seine Transformation in die Sphäre der Ökonomie.
1.1.2 Wirtschaftliche Demokratie und Mitbestimmung Während ein altliberales, konservativ-normatives Demokratieverständnis das Demokratieprinzip auf die Sphäre der Politik beschränken will (Demokratie als Staatsform), geht ein modernes Demokratiekonzept (sowohl aus der Steuerungswie aus der Legitimationsperspektive) davon aus, dass Partizipation im wirtschaftlichen Bereich erforderlich sei. Allerdings: Demokratie im staatlich-politischen wird qualitativ verschieden von jener im wirtschaftlich-privaten Bereich begriffen. Hier trägt die „Wirtschaftsdemokratie“ an der Hypothek einer auf die Probleme der institutionellen Ausgestaltung der repräsentativen Demokratie und der demokratischen Steuerung (Herrschaft für das Volk) verengten Demokratievorstellung: Auf der überbetrieblichen gesamtwirtschaftlichen Ebene reduziert sich wirtschaftliche Demokratie dann auf Verbändebeteiligung an wirtschaftspolitischen Entscheidungen im Rahmen neo-korporatistischer Arrangements oder, neuerdings, auf der Grundlage von politischen Netzwerken und Public Governance-Arrangements (vgl. Klenk/ Nullmeier 2003; Kißler 2006a). Die „Konzertierte Aktion“ in den 1960er Jahren und das „Bündnis für Arbeit“ in den 1990er Jahren sind prominente Beispiele für Verbändebeteiligung im Neo-Korporatismus. Die Aufwertung und Einbindung von Akteuren des Dritten Sektors, besonders auf der kommunalen Ebene, bieten aktuelle Beispiele für die Transformation von Government in Governance. Eine solchermaßen institutionalisierte Demokratie korrespondiert mit der funktionalen Ausrichtung von Partizipation auf der Unternehmensebene an den Shareholder-Interessen. Hier setzt die Privatrechtsordnung durch das Prinzip der Privatautonomie die wesentliche Barriere für eine Demokratisierung von Unternehmensentscheidungen. Im Gegensatz zur Demokratie als Staatsform bleibt die Selbstbestimmung des Individuums seinem Vermögen oder Unvermögen überantwortet, mit der privatrechtlich garantierten Vertragsfreiheit umzugehen. Der schon im wirtschaftsdemokratischen Konzept des ADGB von 1928 feststellbare entpolitisierende „Trend zur Demokratie von Oben“ (vgl. Erhardt u. a. 1975, S. 121), kennzeichnet auch die aktuellen Formen von wirtschaftlicher Partizipation. Mitbestimmung gilt als Ordnungsfaktor. Sie wird verstanden als Institution. Bezeichnenderweise drehte sich die herrschende Mitbestimmungsdiskussion im Vorfeld der Gesetzgebung von 1976, auch soweit sie von Gewerkschaftsseite geführt wurde, immer um die Mitbestimmung als einem institutionellen Problem.
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Über Mitbestimmung sollte es möglich sein, den Gegensatz zwischen Arbeits- und Kapitalinteressen „institutionell“ (DGB-Bundesvorstand (Hrsg.) 1971, S. 24) zu regulieren. Was noch in den 1950er Jahren bestenfalls als Teilerfolg auf dem Weg zu einer demokratischen Umgestaltung der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung verstanden wurde, nämlich die Einführung der im Aufsichtsrat institutionalisierten Mitbestimmung im Montanbereich (vgl. dazu unten 3.4), wird nunmehr als Quintessenz der gewerkschaftlichen Forderung nach Ausdehnung der Mitbestimmung auch auf andere Wirtschaftsbereiche formuliert. Die Montanmitbestimmung, so wurde von Gewerkschaftsseite betont, habe sich durch keinerlei Verstöße „gegen ökonomische Notwendigkeiten“ (ebd., S. 11) ausgezeichnet. Grund genug, ihre Einrichtung als Ordnungsfaktor in sämtlichen Bereichen der Wirtschaft zu fordern (vgl. Vetter 1976, S. 22). Bis heute behält für die Gewerkschaften die MontanMitbestimmung Vorbildfunktion. Die institutionelle Schlagseite der Mitbestimmungsdiskussion hat in der politischen Auseinandersetzung um die Einführung der Mitbestimmung in den Aufsichtsräten der großen Unternehmen in der ersten Hälfte der 1970er Jahre und bis in die Gegenwart den Blick auf die Mängel der Mitbestimmungspraxis im Montanbereich verstellt (vgl. Simitis 1976, S. 69 ff.) und das Feld geräumt für eine unternehmerische Offensive zur „Entgrenzung“ der Partizipation jenseits institutionalisierter Mitbestimmung. Strategien des partizipativen Managements und neue Verfahren der direkten Partizipation (Qualitätszirkel, Werkstattkreise, Lernstatt, teil-autonome Arbeitsgruppen usw. (vgl. Breisig 1990)) sind Ausdruck eines neuen „exiblen Kapitalismus“ (Sennett 1998), dessen Manager mit differenzierten Partizipationsangeboten die Motivation, Eigeninitiative und Kreativität der Beschäftigten steigern und menschliche Arbeitskraft optimal nutzen wollen. Partizipation dient als Sozialtechnik zur Lösung von Akzeptanzproblemen, die häug aus den Ängsten der Beschäftigten vor technisch-organisatorischen Veränderungen erwachsen. Darüber hinaus sollen das Erfahrungswissen und die technisch-organisatorische Phantasie der Beschäftigten in Arbeitsgestaltungsprozessen genutzt werden, und schließlich ist Partizipation eine wichtige Motivationsquelle. Sie steigert das Verantwortungsbewusstsein der Partizipierenden im Umgang mit den Arbeitsmitteln und in Bezug auf die Qualität des hergestellten Produkts. Als Managementstrategie erschließt Partizipation „das Gold“ in den Köpfen der Beschäftigten und damit eine wichtige, ansonsten brachliegende Ressource im Arbeitsprozess. Partizipation als Managementstrategie ist, demokratiepolitisch bewertet, ambivalent. Die Beteiligungsverfahren belassen die Denitionsmacht über die Beteiligungsinhalte und -ziele auf Seiten der betrieblichen Hierarchie und sind deshalb Herrschaftsinstrumente in den Händen des Managements (vgl. Gorz 2000). Aber Beteiligung ist implizit immer auch Herrschaftskritik. Partizipation, zum Beispiel in Qualitätszirkeln, eröffnet Lernfelder für den Erwerb von Beteiligungskompetenz (Qualitätszirkel sind auch Qualizierungszirkel). Neue Formen der Arbeitnehmer-
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beteiligung schaffen Lernfelder für Partizipation „von oben“. Inwieweit sie darüber hinaus auch zum Erwerb von Partizipationskompetenz für ausführende Arbeitskräfte beitragen, ist damit noch nicht entschieden. Mit neuen Sozialtechniken versucht das partizipative Management den subtileren Zugriff nicht nur auf die Arbeitskraft, sondern nun auch auf die ganze Person des Arbeitenden. Insoweit dient dessen Beteiligung vor allem der Integration in das herrschende unternehmensspezische Wertesystem. Die partizipative Unternehmenskultur schafft neuartige individuelle Abhängigkeitsverhältnisse mit neofeudalen Zügen (vgl. Kißler 1990, S. 140). Inwieweit die Beteiligungspotenziale auch zur Artikulation und Durchsetzung von Beschäftigteninteressen zu nutzen sind, bleibt eine offene, demokratiepolitisch reizvolle Frage. Die Antworten können sehr unterschiedlich ausfallen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einer Arbeitsorganisation (Betrieb und Unternehmen) um kein soziales Vakuum handelt, sondern um ein Koniktfeld mit ausgeprägter Machtasymmetrie in den Sozialbeziehungen, durchwirkt von einer hierarchischen Organisation. Wenn hier ein neues System der direkten Beteiligung etabliert wird, dann führt dies zu Friktionen auf Seiten der etablierten Produktionshierarchie und auf Seiten der gewählten Interessenvertretung. Wie die Implementationsprobleme von direkter Partizipation gelöst werden, beeinusst maßgeblich deren demokratiepolitische Relevanz und Qualität als „demokratische Mitbestimmung“ (vgl. unten 1.3.3). Partizipative Managementangebote bekommen aus noch einem anderen Grund demokratiepolitische Relevanz. Soweit sie von den Arbeitenden angenommen werden, erstarken sie zur praktizierten Kritik an der institutionalisierten Mitbestimmung. Sie irritieren mitunter die Mitbestimmungsinstitutionen und verunsichern deren Akteure. Deren Rückzug in die ehernen Gehäuse der Mitbestimmungsinstitutionen, eine ausgeprägtere Ingroup-Mentalität und nicht zuletzt Formen der direkten und indirekten Korruption stecken das strukturelle Problemfeld einer auf die institutionelle Dimension verkürzten Mitbestimmung ab: „Die Rekrutierung der Mitbestimmungsträger durch Repräsentationsmechanismen, die enorme Macht, die vor allem betriebliche Mitbestimmungsträger mit einem Aufsichtsratsmandat noch zusätzlich erlangen, das damit verbundene Männlichkeitsmuster, der soziale Druck, sich im sozialen Feld der Kapitaleigner und des Managements angemessen – also von der Kleidung über Essgewohnheiten bis zur Sprache – zu verhalten sowie der Mangel an direkter Kontrolle durch die Basis – all dies birgt die Gefahr, die Distanz der Mandatsträger zu den Belegschaften zu vergrößern und die korrumpierenden Mechanismen zu begünstigen“ (Demirovi 2008, S. 389) – bekannte Befunde, einer „Herrschaft für das Volk“ und der repräsentationsorientierten „Postdemokratie“ (Crouch 2008) auch jenseits der Ökonomie. Mitbestimmung bleibt als funktionales, systemstabilisierendes Element in einem wirtschaftsdemokratischen Modell, das sich primär aus seiner Komplementärfunktion für die herrschende Wirtschaftsordnung de niert, demokratie-
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politisch unterfordert. Ihre funktionalistische Beschränkung als Ordnungsfaktor wird innerbetrieblich ergänzt von einer auf das Unternehmenswohl xierten oder zur bloßen Mitwirkung verkümmerten „Mitbestimmung“ der gewählten Belegschaftsvertretung im Betriebsrat. Als gleichsam institutionelle Bestandsgarantie für die herrschende Wirtschaftsordnung reproduziert die Mitbestimmung die repräsentative Demokratie im wirtschaftlichen Bereich. Diese bleibt Antworten auf drei zentrale Fragen schuldig (vgl. dazu Demirovi 2007, S. 23 f.), nämlich
wie in den entwickelten kapitalistischen Gesellschaften das Gewinnstreben Weniger am Gesamtinteresse Aller ausgerichtet werden kann, wie die hierfür erforderlichen Willenbildungs- und Entscheidungsprozesse in die Verfügungsgewalt der Entscheidungsbetroffenen zu bringen sind und schließlich wie die langfristigen gesellschaftlichen Folgen von ökonomisch rationalen Entscheidungen auch ökologisch verantwortbar und gesellschaftlich vernünftig zu kontrollieren sind.
Wirtschaftsdemokratie gewinnt ihre Attraktivität nicht zuletzt dadurch, dass sie auf diese Fragen Antworten enthält. Soweit Mitbestimmung die Form wirtschaftsdemokratischer Beteiligung annimmt, wird sie zum Prisma, in dem sich die reale politische Demokratie zur Kenntlichkeit bricht: als „halbierte“ Demokratie. Eine Demokratie, ohne demokratisch verfasstes Wirtschaften, steht in der Tradition der politischen Emanzipation des Bürgertums. Sie setzt die bürgerliche mit allgemein menschlicher Freiheit gleich und beschränkt die menschliche Emanzipation auf die des Besitzbürgers. Dieser Kurzschluss musste in Anbetracht eines gesellschaftlichen Wandels, in dem der Freiheit des Manufakturbesitzers die Unfreiheit des Lohnarbeiters entsprach, in dem Maße Ideologiecharakter annehmen, wie dem Besitzbürgertum als einer immer kleiner werdenden Minderheit die anwachsende Masse der Besitzlosen gegenüberstand. Politische Partizipation auf das Besitzbürgertum beschränkt war nicht im Stande die Emanzipation des „vierten Standes“ demokratietheoretisch auf den Begriff zu bringen. In der Theorie „klassischer“ Demokratiekonzeptionen wird zwar die gesellschaftliche Transformation des liberalen Rechtsstaats in den modernen Sozialstaat nachvollzogen. Die durchaus mit dem Grundgesetz kompatible Idee, dass der entwickelte Sozialstaat, die verbriefte Koalitionsfreiheit sowie die Allgemeinwohlpichtigkeit des Eigentums und die Möglichkeit zur Vergesellschaftung ein erster Schritt in Richtung Wirtschaftsdemokratie darstellen könne, wird jedoch nicht aufgegriffen. Ebenso wenig wie die Entgrenzung des Demokratieprinzips über den staatlichpolitischen Bereich hinaus zum Gesellschaftsprinzip gelingt die Neubestimmung des demokratischen Subjekts unter Berücksichtigung des Geschlechterverhältnisses. Das Subjekt der Demokratie ist der männliche Citoyen. Auch die gegenwärtige
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Demokratiedebatte und der aktuelle Staatsbürgerlichkeitsdiskurs verfügen über kein Sensorium für soziale Ungleichheit, die entlang der Geschlechterdifferenz entsteht. Wirtschaftsdemokratie und Geschlechterdemokratie markieren leere Seiten im demokratietheoretischen Lehrbuch (vgl. Kißler 2007a, S. 49 ff; Lieb 2009). Sie sind deshalb kaum in der Lage, die theoretische Demokratielücke einer im doppelten Sinne „halbierten“ Demokratie zu schließen. Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten zur Überwindung dieser Antinomien: entweder durch die Angleichung der realen Bedingungen an die demokratischen, auch demokratietheoretisch zu begründenden, Normen oder durch eine Verkürzung des theoretisch-normativen Anspruchs im Zuge seiner Ausrichtung an der vorgefundenen politischen und gesellschaftlichen Praxis. Die formal-analytischen Demokratiemodelle und ihr Partizipations- und Mitbestimmungsbegriff können als das theoretische Produkt einer solchen Verkürzung begriffen werden.
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Mitbestimmung durch Mitbestimmen: Mitbestimmung als demokratische Partizipation
1.2.1 Politische Demokratie und Partizipation Die Mitbestimmung bezieht ihre Demokratierelevanz aus dem Mitbestimmen, das sie ermöglicht. Mitbestimmung, verstanden als Mitbestimmen, öffnet die Perspektive zur demokratischen Partizipation und steht in der Tradition einer material bestimmten Demokratie. Diese rekurriert im ursprünglichen Bedeutungssinn auf „Volksherrschaft“. Das Volk als alleiniger Souverän übt danach seine Herrschaft nicht mittelbar durch seine Repräsentanten in eigens hierfür eingerichteten Organisationen (z. B. Parlamenten), sondern unmittelbar aus (etwa durch plebiszitäre Formen der politischen Partizipation). Die Quintessenz dieses Demokratieverständnisses liegt in der „Orientierung am Ziel einer rational organisierten, sich selbst autonom bestimmenden Gesellschaft“ (Zimpel 1972, S. 201). Dieser Orientierung konnte die klassische Demokratietheorie in der Praxis nicht gerecht werden, weil sie der historischen Realität als abstrakte Norm aufgesetzt war. Die Vermittlung zwischen demokratischer Norm und gesellschaftlicher Wirklichkeit durch das einseitige Beschneiden des normativen Anspruchs um sein über den gesellschaftlichen Status quo hinausweisendes Potenzial ist gescheitert. Sie legt eine Neuformulierung des Partizipationsbegriffs nahe. Das Identitätspostulat als regulative Idee aufnehmend (vgl. z. B. Barber 1998), liegt die aktuelle Problematik dieses Demokratieansatzes, im Unterschied zur klassischen Konzeption des 18. Jahrhunderts, „weniger in der Beschränkung politischer Macht als in ihrer vernünftigen Anwendung und in der Notwendigkeit, die Vielen an ihrer Ausübung zur beteiligen“ (Neumann 1967, S. 94). Material bestimmte ist demnach immer
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zugleich „partizipatorische Demokratie“. Sie setzt sozialstaatliche Verhältnisse voraus. Gemeint sind die sozialstaatlichen Institutionen der sozialen Sicherung, des Tarifsystems und insbesondere eine demokratische Verfassung der Wirtschaft. Weiteres Kennzeichen material bestimmter Demokratie ist demnach die Erweiterung ihres Demokratisierungspostulats über den engen politischen Bereich hinaus. Es „bezieht die soziale Ordnung und die Regelung der materiellen und kulturellen Bedürfnisses des Menschen ein“ (Abendroth 1967, S. 133). Demokratie ist nicht nur Staatsform, sondern Lebensform und gesellschaftliches Prinzip. Die Einlösung des Postulats der „gesamtgesellschaftlichen Demokratisierung“ (Vilmar 1973, S. 99 ff.) ist an die Möglichkeit „einer Gesellschaft mündiger Menschen“ (Habermas 1969, S. 16) gebunden. Mit anderen Worten: die rationale und aufgeklärte Haltung, welche die Partizipation den Bürgerinnen und Bürgern über den Wahlakt hinaus abverlangt, macht politische Teilnahme zu einem Problem der politischen Sozialisation. Partizipation wird als Lern- und damit als ein schöpferischer und gestaltender Prozess „der Entfaltung und Bestätigung menschlicher Möglichkeiten überhaupt“ verstanden (Fetscher 1972, S. 378; Überblick bei Kißler 1979, S. 38 ff.) und damit über die Herrschaftslegitimation hinaus „entgrenzt“. Sie rekurriert emphatisch auf einen Begriff von Staatsbürgerlichkeit (Citoyennété), wie er in der klassischen bürgerlichen Demokratietheorie angelegt ist und in der neueren Diskussion zur Staatsbürgerrolle in der modernen Gesellschaft seine Renaissance ndet (vgl. Münckler/Krause 2001, S. 299 ff.). Politische Partizipation ist in diesem Ansatz normativ gefasst. Sie bringt das Prinzip der materiellen Gleichheit vor dem Gesetz zum Ausdruck. Dieses gilt als Grundlage für die Übernahme von staatsbürgerlichen Pichten und Rechten, die prinzipiell allen Gesellschaftsmitgliedern offenstehen und nicht nur einer Gruppe von gesellschaftlich Privilegierten. Die Entgrenzung der Partizipation (Demokratisierung) ist an eine intakte politische Öffentlichkeit gebunden, die erst politische Kontrolle gesellschaftlicher Macht ermöglicht. Deshalb gehört der normative Bezugsrahmen dieser Öffentlichkeit zum theoretischen Fundus der partizipatorischen Demokratie (vgl. Kißler 2007a, S. 98 ff.). Kritische Einwände gegen diese Demokratievorstellung verweisen auf die Kluft zwischen normativem Anspruch auf der einen und den realen Umsetzungsmöglichkeiten von partizipatorischer Demokratie auf der anderen Seite. Auch das Spannungsverhältnis zwischen Partizipation und kritischer politischer Öffentlichkeit auf der einen und einer vermachteten, eher partizipationsverschlossenen politischen Öffentlichkeitspraxis auf der anderen Seite, ebenso wie das Spannungsverhältnis zwischen unterschiedlichen Wertkriterien (wie z. B. Ef zienz und Transparenz) werden diesem Demokratieansatz zum ungelösten Problem. Richtungweisend ist deshalb ein Ansatz, der die Legitimations- und Steuerungsperspektive zusammenführt. Dieses leistet das Konzept der „komplexen Demokratie“. Hier steht die Legitimationsperspektive für die input-orientierte Legitimität und betont die „Herrschaft durch das Volk“. Die Steuerungsperspektive
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wird dagegen der output-orientierten Legitimität zugeordnet und hebt die „Herrschaft für das Volk“ bzw. die Qualität, die Effektivität und Ef zienz politischadministrativer Problemlösungen hervor (vgl. Scharpf 1999, S. 20). Die Theorie der komplexen Demokratie verbindet darüber hinaus auch die empirische bzw. realistische und die normative Theorie. Sie verkleinert die Kluft zwischen normativem Anspruch und praktischer Umsetzung. Die Utopie einer stärkeren Partizipation der Bürger wird hier angepasst an die realistischerweise denkbaren und praktisch umsetzbaren Beteiligungsmöglichkeiten. Bürgerbeteiligung kann auf dem Boden dieses Demokratieansatzes als „Leistungsverstärker“ demokratischer Steuerung und als Quali zierungschance der demokratischen Ordnung begriffen werden. „Partizipatorische Demokratie“ und ihre Fortschreibung im Ansatz der „komplexen Demokratie“ öffnen somit den Weg zu einer multifrontalen Strategie der Demokratisierung und damit der Transformation von irrational gewordener Herrschaft in rationale Formen in allen gesellschaftlichen Bereichen, insbesondere auch im wirtschaftlichen Bereich.
1.2.2 Wirtschaftliche Demokratisierung und Selbstbestimmung In den skizzierten Demokratieansätzen ist Partizipation grundsätzlich positiv besetzt. Auch das Mitbestimmen der abhängig Beschäftigten ist vorgesehen – allerdings mit erheblichen Unterschieden in der Art und Weise, wie partizipiert und zu welchem Zweck mitbestimmt werden soll. Deshalb gerät „Wirtschaftsdemokratie“ zu einem schillernden Begriff. Für ein formal bestimmtes Demokratieverständnis stellt sie eher einen Appendix dar. Partizipation wird institutionell gefasst und funktional ausgerichtet an Systemzielen (Stabilität, Funktionsfähigkeit und Loyalität der Systemmitglieder). Für einen materialen Demokratiebegriff (partizipatorische und komplexe Demokratie) gehört dagegen die wirtschaftliche Demokratisierung zum Begriffskern. Sie trägt zur Qualizierung und Vervollkommnung der Demokratie bei. Mitbestimmung gilt in dieser Demokratievorstellung als „Bürgerrecht“ (Müller-Jentsch 2008, S. 195), Partizipation gewinnt danach ein eigenes Gewicht – als Lernprozess (vgl. Kißler 2007a, S. 83 ff.). Der Erwerb von Beteiligungskompetenz dient der tendenziell selbstbestimmten Interessendurchsetzung, mithin der Emanzipation. Damit sind maßgebliche Prämissen und theoretische Grundlagen einer „partizipatorischen Wirtschaftdemokratie“ genannt: „Emanzipation“ (oder, wie gelegentlich v. a. in politischen Bildungsansätzen propagiert, „Mündigkeit“ als Lernziel) heißt für dieses Verständnis von partizipatorischer Wirtschaftsdemokratie, die ökonomische Herrschaftsproblematik nicht auf den Grundwiderspruch zwischen Arbeit und Kapital zu verkürzen, vielmehr als einen Prozess der kollektiven Befreiung von politisch-ökonomischer Herr-
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schaft zu begreifen. Dieser ist nur unter sozialstaatlichen Rahmenbedingungen möglich. Hierzu zählen auch die institutionalisierten Formen von Mitbestimmung auf allen Ebenen, vom Arbeitsplatz, über den Aufsichtsrat bis zur gesellschaftlichen Kontrolle systemrelevanter Unternehmen u. a. m. (vgl. dazu aus der früheren Literatur Vilmar 1973, S. 96; und neuerdings Bontrup 2006; Demirovi 2007, S. 253 ff.; Vilmar 2006). Wirtschaftsdemokratie sozialstaatlich verordnen zu wollen, wäre allerdings eine folgenschwere „ Sozialstaatsillusion“. Diese wurde in der Vergangenheit von Gewerkschaften und Sozialdemokratie gepegt. Im politischen Anspruch an den (überforderten) Staat mit arbeitspolitischen Programmen die Arbeitsbedingungen „humanisieren“ und den technologischen Umbruch der Arbeits- und Lebensverhältnisse „sozialverträglich“ gestalten zu sollen, tritt sie weiterhin zutage (vgl. Kißler 1988, S. 99 ff.). Wirtschaftliche Demokratisierung ist abhängig von einer politischen Strategie, die an den aktuellen und potenziellen Konikten im Arbeits- und Lebenszusammenhang der Menschen festmacht. Ihre Theorie beginnt deshalb mit einer Widerspruchsanalyse. Aber ebenso wenig wie das Aufbrechen von ökonomisch verkrusteten Herrschaftsstrukturen dem blinden Vertrauen auf die normative, aufklärerische Kraft einer politischen Pädagogik bloßer Bewusstseinsemanzipation überantwortet werden darf, reicht das bloße zur Verfügung stellen von strukturellen und organisatorischen Partizipationsvoraussetzungen aus. Wirtschaftliche Demokratisierung konstituiert sich demgegenüber auf zwei Ebenen der Partizipation: auf einer strukturellen und partiell administrativ auch im Interesse der Partizipanten organisierbaren Ebene und auf einer individuellen und Lernerfahrungen zugänglichen und durch sie veränderbaren Ebene der Persönlichkeitsentwicklung. Die Vermittlung beider Ebenen ist in all jenen Formen von wirtschaftlicher Beteiligung anzustreben, die vorgeben, das Selbstbestimmungspostulat eines partizipatorischen Demokratieansatzes praktisch einlösen zu wollen. „ Selbstbestimmung“ stellt im Konzept der partizipatorischen Wirtschaftsdemokratie einen Zielterminus dar und bezeichnet zugleich die letzte Marke auf der Skala möglicher Partizipationsformen. Das Spektrum reicht von der Teilnahme an Entscheidungsprozessen über die Einschränkung der Entscheidungsvollmacht bis zu ihrer Aufhebung „durch die Vergesellschaftung der Entscheidungsbildung“ (Vilmar 1973, S. 162 f.). „Selbstbestimmung“ in einer Skala der Reichweite von Partizipation (und damit als Partizipationsgrad) zu verorten, greift jedoch zu kurz; denn ihre organisatorischstrukturellen als auch ihre pädagogisch-individuellen Voraussetzungen sind nicht nur graduell, sondern auch qualitativ verschieden von den oben skizzierten Formen der Pseudopartizipation. So muss zum Beispiel keine Linie von in der Unternehmensverfassung institutionalisierter Beteiligung von gewählten Repräsentanten zu realen Verfahren innerbetrieblicher Belegschaftsbeteiligung führen. Umgekehrt müssen aber auch institutionalisierte Partizipationsformen nicht zwangsläug die
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Integrationsfunktion der Beteiligung stärken, sondern können, unter bestimmten Bedingungen (vgl. dazu weiter unten 1.3) auch plebiszitäre Prozesse der Basispartizipation auf Betriebs- und Arbeitsplatzebene institutionell absichern. Auf Selbstbestimmung zielen alle Formen von Partizipation, die
unmittelbar auf Autonomie am Arbeitsplatz durch entscheidungserhebliches Einbringen von arbeitsorientierten Interessen in betriebliche Willensbildungsund Entscheidungsprozesse gerichtet sind oder mittelbar über Kommunikationsprozesse reale Beteiligung ermöglichen, die von inner- (Betriebsrat, Vertrauensleute) und überbetrieblichen Medien (Aufsichtsrat, Gewerkschaft) organisiert werden.
In der Literatur werden häug integrationistische und emanzipatorische Partizipationsformen gegenüber gestellt. Die Industriesoziologie unterscheidet beispielsweise ein efzienzorientiertes von einem arbeitsorientierten Partizipationsparadigma (vgl. Dörre 1996, S. 7 ff.). Zweifelsohne besteht ein Spannungsverhältnis zwischen beiden Partizipationsformen. Dieses resultiert nicht zuletzt auch aus ihrem unterschiedlichen demokratiepolitischen Potenzial und ihrer demokratietheoretischen Verortung. Die Überbetonung des Spannungsverhältnisses verstellt jedoch den Blick auf den Umstand, dass die Diskrepanz zwischen Integration und Emanzipation durch die einzelnen Partizipationsformen selbst hindurchgeht. Partizipation ist ein ambivalenter Begriff. Er deniert das Verhältnis einer scheinbar integrativ wirkenden Mitbestimmung und einer scheinbar emanzipatorischen Selbstbestimmung neu und differenzierter. Dies soll im Folgenden gezeigt werden.
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Mitbestimmung und Selbstbestimmung: Grundlagen der Wirtschaftsdemokratie
1.3.1 Mitbestimmung versus Selbstbestimmung: Eine falsche Frontstellung Wirtschaftliche Partizipation steht in dem mit „Mitbestimmung“ und „ Selbstbestimmung“ umschriebenen Problemfeld. Die polemische Isolation, in der beide Begriffe allzu oft gegeneinander diskutiert werden, ist durch die Hereinnahme einer historischen und politisch-praktischen Perspektive aufzubrechen. Partizipationsforderungen wurden in der Menschheitsgeschichte1 und werden aktuell von solchen Gruppen erhoben, deren Alltagswelt „fremdbestimmt“ ist. Fremdbestimmung ndet ihren Antipode in Selbstbestimmung. Diese meint die 1
Vgl. etwa die politischen Emanzipationsbewegungen der Städte im 12. Jahrhundert und des Bürgertums im 18. Jahrhundert.
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herrschaftsfreie und kooperative Zusammenarbeit in ehemals fremdbestimmten Bereichen. Im wirtschaftlichen Bereich bezeichnet sie die „freie Assoziation der Produzenten“ (Marx). Mitbestimmung erscheint im Vergleich dazu zunächst als ein Weniger oder auf dem Weg zur Selbstbestimmung als ein Durchgangsstadium. Ihre theoretischnormative Einordnung weist sie als ein Demokratisierungsinstrument aus. Wenn der Demokratisierungsbegriff „sowohl das producere wie das productum von demokratischen Normen und Strukturen in gesellschaftlichen Subsystemen“ bezeichnet (Vilmar 1973, S. 102), so entspricht dieser Aktions- als auch Zielbestimmung sozialen Handelns ein Begriff von Mitbestimmung als Ziel, wie auch als Mittel. Ziel ist Mitbestimmung insoweit, als sie „eine partielle Verwirklichung von Demokratie (als Vereitelung autoritärer Alleinbestimmung)“ darstellt. Sie ist andererseits Mittel, nämlich „bloße Ermöglichung und Aktionsstrategie von (für) Demokratie (Schritt auf dem Weg zur herrschaftsfreien Selbstbestimmung)“ (Vilmar, 1973, S. 103). Wirtschaftliche Mitbestimmung ist zum einen Organisationsform2 der Demokratisierung des ökonomischen Bereichs. Da diesem für die Durchsetzung von Demokratie als gesellschaftlichem Prinzip eine Schlüsselstellung zukommt, bietet Mitbestimmung zum anderen auch normative Orientierung. Sie ist normativer Ausdruck einer Demokratievorstellung, die darauf abzielt, immer stärkere Selbstbestimmung von immer weiteren Schichten und Klassen der Bevölkerung bei der Entscheidung über ihre eigenen ökonomischen, politischen und gesellschaftlichen Interessen zu erreichen. Ein so gefasster Mitbestimmungsbegriff transzendiert den Bezugsrahmen des formal-analytischen Demokratiemodells. Er steht vielmehr in Kongruenz zur Selbstbestimmung und gewinnt seine Bedeutung aus der normativen Kraft einer material bestimmten Demokratie. Deren Verwirklichungschancen liegen weniger im institutionell politisch abgegrenzten Raum. Sie sind im gesamten, insbesondere auch im ökonomischen Bereich des sozialen Lebens zu suchen. Ein solchermaßen kritisch gewendeter Mitbestimmungsbegriff hat mit Selbstbestimmung den prinzipiell herrschaftsnegierenden Charakter gemein. Mitbestimmung darf sich allerdings nicht auf die Infragestellung von Herrschaftsformen beschränken, sondern hat diese gerade auch auf ihre Inhalte hin zu befragen. Unterlässt sie Letzteres, degeneriert sie zum Modernisierungsfaktor. Sie beseitigt systemdysfunktionale Formen von Herrschaft. In den historischen Möglichkeiten
2 Nach Vilmar sind zwei tendenziell komplementäre Organisationsformen der Demokratisierung zu unterscheiden: „die Organisation von kollektivem Widerstand (Gegenmachtbildung) der Betroffenen, die die Herrschenden bzw. ihre Beauftragten zur Revision ihrer Entscheidungen im Interesse der Abhängigen zu zwingen versucht (…) – oder die Erkämpfung des Rechts, am Entscheidungsprozess in den Subsystemen durch Institutionalisierung von Mitbestimmung oder (partieller) Selbstbestimmung beteiligt zu werden“ (Vilmar 1973, S. 133).
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von Mitbestimmung einerseits als Vorstufe von Selbstbestimmung und andererseits als Systemstabilisator, als Konikt- und Integrationsfaktor, letztlich als tendenzielle Negation und als Instrument von Herrschaft liegt ihre Ambivalenz. Unter Hereinnahme des historischen (Entwicklung der deutschen Arbeiterbewegung) und des politisch-praktischen Aspekts (aktuelle Situation der Arbeiterbewegung) bleibt festzuhalten, dass Mitbestimmung nicht im Gegensatz zur Selbstbestimmung steht, sondern ihr für die BR Deutschland spezischer, historisch bedingter und dem Bewusstsein der abhängig Beschäftigten adäquater Ausdruck darstellt. Keine Frage, dass Mitbestimmung, auch wenn sie nicht integrationistische, sondern herrschaftsnegierende Wirkung entfaltet, das System in seinen Grundlagen nicht verändert. Und dennoch kann sie als Ausdruck der allgemeineren Forderung nach demokratischer Kontrolle durch die Produzenten, analog zur Durchsetzung der „Zehnstundenbill“ durch die englischen Arbeiter, als „Sieg eines Prinzips“ (Marx) bezeichnet werden. Wenn wir von wirtschaftlicher Partizipation sprechen, so meinen wir deshalb primär „Mitbestimmung“ als eine ihrer möglichen Formen. Die normative Überfrachtung des Mitbestimmungsbegriffs sowie seine institutionalistische und funktionalistische Beschränkung legen es nahe, von (Belegschafts-) Partizipation zu sprechen und diese als eine und zwar emanzipatorische Dimension des Mitbestimmungsbegriffs zu begreifen. Die vor dem normativen Hintergrund eines materialen Demokratieverständnisses aufgezeigte und auch hier durchschimmernde Konvergenz von Mitbestimmung und Selbstbestimmung wird vollends offenkundig anhand der prinzipiellen Ambivalenz eines beide Komponenten umfassenden Begriffs von demokratischer Partizipation (vgl. dazu unten 1.3.2). Die Ambivalenz besteht darin, dass Partizipation sowohl im emanzipatorischen als auch im integrativen Sinnen verstanden werden und wirken kann. Die Ursache hierfür liegt in der Dialektik der Produktivkraftentwicklung in der kapitalistischen Gesellschaft: Die wachsende Naturbeherrschung gibt den Menschen einerseits die objektiven Voraussetzungen ihrer gesellschaftlichen Emanzipation an die Hand. Andererseits schafft sie für die komplexen Systeme der entwickelten Industriegesellschaften immense Integrationsprobleme. Wo Apathie dysfunktional, Kooperation aber zum funktionalen Erfordernis wird, gewinnt Partizipation als eine zeitgemäße subtile Technik zur Erzeugung von Massenloyalität sowohl im Reproduktions-, zunehmend aber auch im Produktionsbereich an Bedeutung. Während im Reproduktionsbereich die Teilnahme und Mitwirkung von Bürgern als administrative Steuerungsinstrumente eingesetzt werden, beinhalten im Produktionsbereich Mitbestimmung und Humanisierungsformen der Arbeit maßgebliche Elemente integrativer Steuerung. Sie gewinnen im Umbruch der Arbeitsbedingungen durch Einführung neuer Techniken zunehmend an Bedeu-
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tung als „Software“ im Prozess der technologischen Modernisierung (vgl. die empirischen Belege in Kißler (Hrsg.) 1989). Im Zuge der sozialen und organisatorischen Modernisierung der Betriebe wird die Partizipation zunehmend als ein Element der „diskursiven Koordinierung“ (Minssen 1999, S. 132) eingesetzt. Damit ist ein neues betriebliches Steuerungssystem gemeint, das die organisationsinternen Arbeitsbeziehungen zwischen Management und Beschäftigten auf eine neue, den sozialen Dialog zwischen Vorgesetzten und ausführenden Beschäftigten fördernde Grundlage stellt. Hier geht es nicht mehr um die „Demokratie im Betrieb“, als vielmehr um „eine verbesserte Nutzung des Erfahrungswissens der Beschäftigten zu Produktivitätszwecken“ (ebd.). Partizipation ist jenes Instrument, mit dem das Human Resource Management diese für den modernen Produktionsprozess wichtige Ressource erschließt (vgl. empirische Befunde in Kißler (Hrsg.) 1996). Was für die neuen Formen der Partizipation gilt, gilt auch für die institutionalisierte Mitbestimmung. Mitbestimmung in Institutionen kann kaum emanzipatorische Wirkung entfalten. So konstatiert Gronemeyer im Vorfeld des Mitbestimmungsgesetzes von 1976: „Es ist eine Partizipation ohne Basis, sie weckt den Eindruck, unter Auspizien gesellschaftlichen Proporzes zu stehen – die Arbeiter haben nicht den Eindruck überhaupt zu partizipieren, weil diese Gestalt der Mitbestimmung schlechterdings zu abstrakt ist. Die Ausklammerung von Zwischenstufen der Partizipation lässt Abgründe klaffen zwischen den Problemen der Arbeitsplatzmitbestimmung und den Funktionen des Arbeitervertreters in den Spitzengremien. Die Nahumwelt des Alltags der Produzenten ist ausgeklammert; didaktisch ist das Montanmodell der zweite Lernschritt vor dem ersten (Mitbestimmung am Arbeitsplatz). Zumindest müsste der zweite Schritt erfolgen, um die Relevanz des ersten erkennbar zu machen. Dann erst ist die lediglich integrative, konikthemmende Funktion von Mitbestimmung leichter gebannt, weil sie dann der Stärkung des Selbstbewusstseins der Arbeiter dienen kann: nicht mehr erster Schritt zur Integration, sondern erster Schritt zur Arbeiterselbstverwaltung“ (Gronemeyer 1973, S. 105). Die richtige Schrittfolge löst oder mildert demnach die Ambivalenz der Partizipation, das Spannungsverhältnis zwischen Mit- und Selbstbestimmung. Mitbestimmung wird als Bestandteil einer modernen sozialen Managementlehre begriffen. So lassen sich z. B. auch kompetente Gewerkschaftsstimmen zitieren, die den integrativen Charakter von Belegschaftspartizipation hervorheben – eine Bewertung, die auf Gewerkschaftsseite Tradition hat. In die politische Auseinandersetzung um die Einführung der Mitbestimmung in den Aufsichtsräten der Großunternehmen im Jahre 1976 intervenierte der damalige DGB-Vorsitzende O. Vetter (1976, S. 21) wie folgt: „Mitbestimmung in Institutionen ist im Vergleich zur Mitbestimmung durch Streik – denn das ist die Alternative – für alle Beteiligten wirtschaftlich effektiver.“ Auch die von G. Fleischmann damals prognostizierte „langfristige Erhöhung der Innovations- und Anpassungsfähigkeit
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Mitbestimmung als Idee und Modell
der Wirtschaftszweige durch Mitbestimmung“ hat sich inzwischen als richtig erwiesen. Die mitbestimmten Unternehmen in der Bundesrepublik haben den anhaltenden Strukturwandel im Vergleich mit dem europäischen Ausland (z. B. Frankreich, Italien) besser verkraftet. Und dennoch oder gerade deshalb: Die von einigen Kritikern gepegte ausschließliche Verortung dieser Form realer Partizipation in einer neuen „Betriebsführungsstrategie“ greift zu kurz. Denn die Dialektik der Produktivkraftentwicklung liegt gerade darin, dass sie einerseits eine gewisse Demokratisierung in Gestalt integrativer Partizipationsformen notwendig macht, die andererseits – wenn auch nur partiell – konvergiert mit der politischen Forderung nach realer Belegschaftspartizipation unter emanzipatorischem Aspekt. Es besteht kein Zwangsgesetz der quasi automatischen Fortführung von aus funktionalen Gründen zugestandenen Formen der Belegschaftspartizipation – wie zum Beispiel paritätische Mitbestimmung und kooperativer Führungsstil – zur Entfaltung ihrer emanzipatorischen Gehalte. Vielmehr bedarf es der Ausgestaltung der Beteiligungsverfahren gemäß den Kriterien einer demokratieförderlichen Partizipation.
1.3.2 Was heißt demokratische Partizipation ? Partizipation ist zu einem Modewort geworden, das alles und jedes umfasst, was mit „Teilnahme“ zu tun hat und damit zunächst unbrauchbar ist für die Analyse und Bewertung von Formen der Belegschaftspartizipation. Insbesondere der normative Rahmen eines amorphen Partizipationsbegriffs bleibt unklar. Wer von demokratischer Partizipation spricht, hat sich deshalb vorab zu vergegenwärtigen, was mit Partizipation gemeint sein soll. Partizipation ist zu de nieren als Beteiligung an Entscheidungsprozessen, zu dem Zweck, dort die eigenen Interessen oder die Interessen von Wählerinnen und Wählern durchzusetzen. Damit ist dreierlei gesagt: Erstens ist Partizipation soziales Handeln, aber nicht jedes Handeln ist Partizipation. Zur Partizipation wird zweitens das Handeln erst als interessengeleitetes. Durch Handeln in Entscheidungsprozessen können die Interessen direkt wahrgenommen oder delegativ vertreten werden. Partizipation ist deshalb in delegativer oder direkter Form möglich. Und schließlich heißt drittens Partizipation Teilnahme an Entscheidungsprozessen, die ohne Beteiligung einseitig dominiert werden. Daraus folgt: Partizipation schränkt Macht ein. Sie wirkt machtbegrenzend. Darin liegt ihr Wesenskern und letztlich der Zugang zu einem Verständnis von demokratischer Partizipation. Wann ist interessengeleitetes Handeln in Entscheidungsprozessen demokratisch ? Beteiligung wird unter den folgenden drei Prämissen zur demokratischen Partizipation (vgl. Kißler 1997, S. 58 ff.):
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Sie muss nach dem Gleichheitsprinzip allen Beschäftigten zugänglich sein. Beteiligungsangebote, die sich nur an ausgewählte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer richten, sind undemokratisch, nicht zuletzt, weil sie betriebliche Polarisierungsprozesse (z. B. zwischen Rationalisierungsgewinnern und -verlierern) verstärken, aber vor allem, weil demokratische Beteiligung nicht zu dieser oder jener politischen Ideologie gehört, sondern ein allgemeines Prinzip darstellt. Als Menschenrecht muss die demokratische Beteiligung auch hinter den Werkstoren gelten. Sie hat, wie das Wahlrecht, allen Beschäftigten offen zu stehen. Demokratische Beteiligung ist freiwillig. Das Freiwilligkeitsprinzip verlangt, dass die Partizipation nicht oktroyiert werden kann. Wer nicht teilnimmt, darf daraus keine Nachteile haben, was nicht ausschließt, dass die Teilnahme positiv sanktioniert und Partizipationsarbeit tariert wird. Partizipation muss verbindlich sein. Demokratische Partizipation ist mehr als eine „Spielwiese“, auf der die Beschäftigten mitreden dürfen, ohne etwas zu sagen zu haben. Sämtliche Formen der „Redepartizipation“ bewegen sich deshalb im Vorfeld von demokratischer Beteiligung. Hierzu gehören insbesondere auch die oben genannten Formen pseudopartizipativer Beteiligung (vgl. 1.1.1). Das Verbindlichkeitsprinzip verlangt, dass die Interessen der Beschäftigten und ihre Verbesserungsvorschläge ernst genommen werden. Verbindlichkeit erhöht die Produzentensouveränität. Diese hat ihren Ursprung in der Arbeit selbst. Nicht nur die Verfügung über materielle Produktionsmittel, sondern die immaterielle Selbstbestimmung über Art und Weise der Arbeitsverausgabung entscheidet demnach über die Qualität der demokratischen Partizipation. Diese konzentriert sich auf die Frage, wie produziert wird. Darüber hinaus fragt sie aber auch danach, was für wen produziert wird.
Ausgehend von diesen Prämissen ergeben sich sodann folgende Kriterien für die demokratische Qualität von Partizipationsverfahren: 1. 2. 3.
die Art und Weise, wie das Verfahren zustande kommt (die Regelproduktion) wer am Verfahren teilnimmt (die Partizipationsquote) und die Reichweite der Partizipation (der Partizipationsgrad).
Nach Maßgabe dieser Kriterien kennt das deutsche Mitbestimmungssystem zwei Formen der (mehr oder weniger) demokratischen Partizipation: die Mitbestimmung im Betrieb (durch den Betriebsrat) und im Unternehmen (im Aufsichtsrat) als Formen der delegativen Beteiligung (vgl. dazu unten 3.3 und 3.4) und Ansätze einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz in Form der direkten Beschäftigtenbeteiligung. Diese sind rechtlich nicht gefasst und nicht institutionalisiert. Sie bewegen sich auf
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der Ebene von Managementangeboten oder zwischen den betrieblichen Akteuren ausgehandelten Formen der direkten Partizipation. Inwieweit die Kriterien einer demokratieförderlichen Partizipation bei der Einführung von Beteiligungsverfahren berücksichtigt werden und inwieweit die traditionellen Einrichtungen der delegativen Partizipation diesen Kriterien genügen, sind offene Fragen. Sie nden ihre Antwort in der Verortung der herrschenden Mitbestimmung im bundesdeutschen System der industriellen Beziehungen (vgl. dazu unten 2) und ihrer institutionellen Ausformung (vgl. dazu unten 3). Diese entscheiden maßgeblich mit darüber, ob die skizzierte demokratische Mitbestimmungsidee noch lebt und inwieweit ihre utopische Potenz zur wirklichkeitsgestaltenden Kraft wird.
1.3.3 Ist die Mitbestimmung demokratisch ? Wie ist es um die demokratische Qualität der delegativen und direkten wirtschaftlichen Partizipation bestellt ? Legt man die oben dargestellten Kriterien an, dann zeigt sich folgendes Bild: Die delegative Partizipation in Form der Mitbestimmung gehört zu den Grundpfeilern der Industriellen Beziehungen in Deutschland. Die Mitbestimmungsverfahren sind gesetzlich geregelt. Ihre Reichweite und damit der Partizipationsgrad sind begrenzt: Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat kennt eine echte paritätische Zusammensetzung dieses Organs nur in der Montanindustrie. Der Betriebsrat hat keine Mitbestimmungsrechte in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Auch bei der Einführung von neuen Techniken verfügt er nur über ein korrigierendes Mitbestimmungsrecht. Auch die Partizipationsquote ist auf der Grundlage der geltenden Mitbestimmungsregelungen begrenzt. Eine gesetzlich oder tarifvertraglich normierte Mitbestimmung am Arbeitsplatz fehlt. Die Partizipationsquote beschränkt sich somit auf die gewählten Vertreterinnen und Vertreter. Das ist der Preis, der für eine funktionierende delegative Partizipation zu zahlen war. Im Ergebnis heißt dies: Ein schwacher Partizipationsgrad und eine reduzierte Beteiligungsquote vermindern die demokratische Qualität der Mitbestimmung. Dies ist der Grund, warum die deutschen Gewerkschaften bis vor Kurzem mit mehreren Mitbestimmungsinitiativen den Ausbau der Mitbestimmung forderten und nach wie vor verfolgen, allerdings mit energischer Geste für die Verbesserung des Partizipationsgrades und mit relativ tauben Ohren für eine Erhöhung der Beteiligungsquote durch Einbezug der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Insbesondere die stärkere Einbeziehung der Beschäftigten steht aktuell nicht auf der Agenda der Gewerkschaften. Neue und inzwischen vielfältige Formen der direkten Beteiligung könnten nunmehr in eine andere Richtung weisen. Voraussetzung ist allerdings, dass
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die direkte Partizipation den genannten demokratischen Anforderungen genügt. Wie ist es um die Demokratiequalität der direkten Beteiligung bestellt? Überblickt man den empirischen Befund unter Hinzuziehung der genannten Demokratiekriterien, dann kommt Licht in das Dickicht der Partizipationsverfahren. Wir können drei Typen der direkten Partizipation unterscheiden (vgl. Greifenstein/Jansen/Kißler 1993, S. 326 ff.): 1.
2.
Die einseitig dominierten Beteiligungsverfahren als Management-Strategie. Es handelt sich hierbei um Partizipationsangebote, die sich formell an sämtliche Beschäftigten richten, tatsächlich jedoch die Belegschaften hochgradig selektieren. Die Partizipationsquote liegt in der Regel unter 10 Prozent der Belegschaft. Die Reichweite und damit der Partizipationsgrad bleiben außerordentlich begrenzt. Die Beteiligung ist unverbindlich, sie erstreckt sich auf vorgegebene Problemstellungen und beinhaltet keine Verfügung über die Problemlösungen. Davon zu unterscheiden sind multilaterale Verfahren der direkten Partizipation. Diese werden ausgehandelt oder sogar dialogisch und in Kooperation zwischen Management und Interessenvertretung umgesetzt. Die Partizipationsquote umfasst hier vor allem die aktiven Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter im Betrieb, zum Beispiel die Vertrauensleute, die als Moderatoren von Partizipationsgruppen auf den Plan treten. Der Partizipationsgrad ist hoch; denn die Beteiligung wird durch eine enge Verzahnung mit der Betriebsratsmitbestimmung verbindlich.
Die verhandelten kooperativen Formen der direkten Partizipation bringen zweifelsohne einen Zuwachs an demokratischer Qualität. Sie sind Ausdruck einer komplexen, das Zusammenwirken unterschiedlicher interessengeleiteter Akteure ermöglichenden „kooperativen Demokratie“ (vgl. Holtkamp/Bogumil/Kißler 2006 für den öffentlichen Sektor) im Betrieb. Dennoch haben sie mit den unilateralen Verfahren des partizipativen Managements eines gemeinsam: Sie reduzieren nicht die Fremdbestimmung in der Arbeit; denn beide Partizipationstypen trennen das Beteiligungshandeln vom Arbeitshandeln. Die Arbeitsorganisation bleibt von der Partizipation unberührt. 3.
Im Hinblick auf Demokratiesicherung der Partizipationsverfahren ist deshalb ein dritter Beteiligungstyp unverzichtbar: die partizipative Arbeitsorganisation. Diese umfasst
die frühzeitige, weitgehende Einbeziehung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in die Produktion der Partizipationsregeln (die Beschäftigten sind am Partizipationsmanagement zu beteiligen);
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Mitbestimmung als Idee und Modell
die Öffnung der Beteiligungsverfahren für alle Beschäftigten auf der Grundlage von Qualizierungsangeboten für diejenigen, die noch nicht über die erforderliche Partizipationskompetenz verfügen und schließlich die Absicherung der Beteiligung in der Arbeitsorganisation. Erst die Identität von Arbeitshandeln und Partizipationshandeln macht die Beteiligung verbindlich und im Arbeitsalltag „erlebbar“.
Dieser Typ der demokratischen Beteiligung bleibt keine abstrakte Utopie. Wir nden ihn in der Praxis in all jenen Formen der Gruppenarbeit, die betrieblich ausgehandelt, in Betriebsvereinbarungen niedergelegt und von den Interessenvertretungen aktiv mitgestaltet werden. Demokratische Partizipation in Form von ausgehandelter Gruppenarbeit ist damit Grundlage für einen „New Deal“ im Betrieb, der sowohl die Produktivitätsinteressen des Arbeitgebers als auch die Interessen der Beschäftigten an menschengerechten Arbeitsbedingungen, leistungsgerechter Entlohnung und sozialer Anerkennung in der Arbeit berücksichtigt. Demokratische Partizipation durchbricht damit den Trendverstärkereffekt der herkömmlichen uni- und multilateralen Beteiligungsverfahren. Denn diese tangieren nicht die Machtverhältnisse im Betrieb. Demokratische Partizipation verschiebt demgegenüber die Machtgewichte in den asymmetrischen Arbeitsbeziehungen zugunsten der Beschäftigten und birgt somit Chancen, aber auch Risiken für die Mitbestimmungseinrichtungen und etablierten Austauschbeziehungen zwischen den betrieblichen Akteuren. Demokratische Partizipation fordert Gewerkschaften und Mitbestimmungsakteure auf, „Mitbestimmung“ neu zu denken – als Mitbestimmen der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen. Mitbestimmung neu zu gestalten heißt dann: direkte und delegative Formen der Partizipation in ihrem Bedingungsverhältnis auszuloten. Hierin liegt eine wichtige aktuelle Perspektive für die Zukunft der deutschen Mitbestimmung. Sie entscheidet maßgeblich darüber, ob die Mitbestimmung hierzulande überhaupt noch eine Zukunft hat. Oder anders gesagt: dem „Koloss auf tönernen Füßen“ (Fritz Vilmar) sind in den vielfältigen neuen Formen der direkten Partizipation Füße gewachsen. Offen bleibt bislang, ob er damit laufen lernt.
Übungsaufgabe 1 Versuchen Sie eine begrifiche Abgrenzung von „Mitbestimmung“ und „Partizipation“.
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Mitbestimmung im System der Industriellen Beziehungen
Im Anschluss an die Darstellung der demokratietheoretischen Grundlagen der Mitbestimmungsidee fragen wir uns im Folgenden, nach welchen normativen Regeln die Mitbestimmung funktioniert. Die rechtliche Fassung und institutionelle Ausgestaltung des deutschen Mitbestimmungssystems sind nicht naturwüchsig entstanden. Vielmehr sind sie Ausdruck des Stellenwertes, den die Mitbestimmung in den Austauschbeziehungen zwischen Staat, Kapital und Arbeit (Industriellen Beziehungen) einnimmt. Deshalb soll zunächst die Mitbestimmung im System dieser Beziehungen verortet werden.
2.1
Die historische Ausgangslage: Koniktpartnerschaft im „rheinischen Kapitalismus“
Beginnen wir mit einem Zitat: „Das kapitalistische Wirtschaftssystem ist den staatlichen und sozialen Lebensinteressen des deutschen Volkes nicht gerecht geworden. Nach dem furchtbaren Zusammenbruch kann nur eine Neuordnung von Grund auf erfolgen. Inhalt und Ziel dieser sozialen und wirtschaftlichen Neuordnung kann nicht mehr das kapitalistische Gewinn- und Machtstreben, sondern nur das Wohlergehen unseres Volkes sein“. Diese Sätze stammen nicht aus einem kommunistischen Parteiprogramm. Sie stehen vielmehr im Programm einer konservativen Partei, im Ahlener Programm der CDU von 1947. Sie dokumentieren: Es gab in den ersten Nachkriegsjahren einen breiten gesellschaftlichen Konsens zur Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, der die politischen Parteien von links bis rechts überlagerte und die Geburtsstunde der Mitbestimmung einleitete. Denn die Mitbestimmung sollte einen erneuten Missbrauch wirtschaftlicher Macht zu politischen Zwecken verhindern. Sie wurde deshalb als ein wichtiges Instrument für die Neuordnung der Wirtschaft eingeschätzt. Allerdings wurde diese Aufgabe nicht alleine der Mitbestimmung zugeschrieben. Im Rückgriff auf die wirtschaftsdemokratische Konzeption des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) in der Weimarer Republik begriffen die Gewerkschaften im Nachkriegsdeutschland die Mitbestimmung immer nur als eines von drei Instrumenten zur Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft. Die beiden anderen waren die Vergesellschaftung von Schlüsselindustrien (Bergbau, Eisen-, Stahlindustrie) und die volkswirtschaftliche Rahmenplanung. Die Stunde schien günstig. Die alliierten Besatzungsmächte, insbesondere Großbritannien, wurden durch die Entechtung der großen Konzerne der NaziZeit zu Geburtshelferinnen der Mitbestimmung. Die Unternehmer waren durch ihre Unterstützung des nationalsozialistischen Regimes diskreditiert und durch die Demontage strukturell geschwächt. Die Regierung unter dem Kanzler Adenauer
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betrieb die Integration der Bundesrepublik in die westliche Staatengemeinschaft und später die Wiederbewaffnung und benötigte dazu das Einverständnis der Gewerkschaften. Diese hatten sich 1949, nach Gründung der Bundesrepublik, zur Einheitsgewerkschaft zusammengeschlossen: dem Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Das Ergebnis dieser spezischen Nachkriegskonstellation war die Einführung der Mitbestimmung in der Montanindustrie (Bergbau, Eisen- und Stahlerzeugung)3 – allerdings nicht zum Nulltarif. Ihr Preis war der Verzicht der Gewerkschaften auf Vergesellschaftung und Wirtschaftsplanung. Wir sehen also: Die Mitbestimmung wurde mit einem Januskopf geboren. Einerseits diente sie Regierung und Unternehmen zur Abwehr von weiterreichenden Forderungen der Gewerkschaften. Andererseits wurde die Mitbestimmung von Gewerkschaftsseite als „historischer Kompromiss“ zwischen Kapital und Arbeit gefeiert. Mitbestimmung gilt als historische Errungenschaft im Verlaufe der gesellschaftlichen Koniktaustragung über das Was, Wie und Wozu produziert und der Reichtum verteilt wird, über die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen und der Unter-/Überordnungsverhältnisse, unter denen zu arbeiten ist. Eingelagert in die Koniktstruktur der Industriellen Beziehungen und damit in das Verhältnis zwischen sämtlichen sozialen Akteuren, die auf die gesellschaftliche Organisation der Arbeit Einuss nehmen, um ihre Interessen durchzusetzen, ist die Mitbestimmung der institutionelle Ausdruck einer Koniktregulierung auf Augenhöhe. Zusammen mit dem Abschluss von Kollektivverträgen ebnet sie den Weg zur Überwindung unilateraler, einseitiger Festlegung von Lohn- und Arbeitsbedingungen durch die Kapitalseite (vgl. Kißler 2006b, S. 459 ff.) Tarifautonomie und Mitbestimmung bringen deshalb für die Gewerkschaften den „Sieg des Paritätsgedankens“ zum Ausdruck. Aus den „Klassenbeziehungen“ zwischen Kapital und Arbeit konnte so ein Organisations- und Institutionensystem entstehen, das, sozialstaatlich reguliert, heute die kollektive Regelung der Beschäftigungs-, Arbeits- und Entlohnungsbedingungen ausmacht. Der Klassenkonikt wurde reguliert, institutionell aufgefangen und in einer „Koniktpartnerschaft“ (Müller-Jentsch 1999) zwischen den sozialen Akteuren entschärft. Dies ist der Weg, den die Kollektivakteure im Nachkriegsdeutschland forciert gehen und der, im internationalen Systemwettbewerb, als „deutsches Modell“ der Arbeitsbeziehungen identiziert wird und im Kern den „rheinischen Kapitalismus“4 ausmacht. 3 Die Geburtsstunde der Montanmitbestimmung wird in der empfehlenswerten Gesamtdarstellung von G. Müller 1987 ausgeleuchtet. Aufschlussreich ist insbesondere die Analyse des Beitrages, den die alliierten Besatzungsmächte zur Einführung der Mitbestimmung geleistet haben. Zu den Auseinandersetzungen und Erfahrungen mit der Montanmitbestimmung aus Gewerkschaftssicht vgl. den Sammelband von Judith (Hrsg.) 1986. 4 Im Unterschied zur angelsächsisch geprägten Variante des Kapitalismus gilt der „rheinische“ Kapitalismus als ein Produktions- und Regulationsmodell, das sich durch starke Konsensorientierung der Akteure und auf langfristigen Interessenausgleich abzielendes Politikkonzept auszeichnet (vgl. Albert 1992).
Mitbestimmung im System der Industriellen Beziehungen 2.2
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Mitbestimmung und Tarifautonomie: Das duale System
Wie in jeder guten Partnerschaft, so gibt es auch in der „Koniktpartnerschaft“ zwischen Arbeit und Kapital Konikte. Sie nden ihren Ausdruck in vielfältigen Formen und in einem hochgradig ausdifferenzierten Institutionensystem, das das Akteurshandeln normativ regelt und die Koniktaustragung reguliert. Die Arbeitsbeziehungen (Synonym für Industrielle Beziehungen) verfügen über eine gesamtgesellschaftliche, wirtschaftliche, soziale und politische Koniktdimension (vgl. Müller-Jentsch 1997; Kißler 2006b S. 460 f.). Sie kommen in Klassen-, Arbeits- und Machtkonikten zum Ausdruck, die den unterschiedlichen und zum Teil widersprüchlichen Interessen von gesellschaftlichen Gruppen und sozialen Akteuren entspringen. Die Konikte werden auf unterschiedlichen Ebenen ausgetragen: im Betrieb/ Unternehmen (Mikro-Ebene) im Rahmen der Betriebs- und Arbeitsverfassung, im überbetrieblich-sektoralen Bereich (Meso-Ebene) im Rahmen der Tarifautonomie und in der gesamtwirtschaftlichen/staatlichen Sphäre (Makro-Ebene) auf der Grundlage neo-korporatistischer Austauschbeziehungen zwischen Staat, Kapital und Arbeit (vgl. Alemann (Hrsg.) 1981), bis hin zu symbiotischen Formen der Kooperation zwischen Verbänden und staatlichen Bürokratien und neuerdings in Netzwerken und Governance-Strukturen (vgl. Klenk/Nullmeier 2003). Die Mikround die Meso-Ebene bilden den Kernbereich der Austauschbeziehungen zwischen Kapital und Arbeit und sind Grundlage einer für die Industriellen Beziehungen typischen funktionalen Differenzierung zwischen zwei Arenen5: der Tarifautonomie und der Betriebsverfassung (Mitbestimmung). Tarifautonomie und Mitbestimmung verkörpern die beiden tragenden Pfeiler der Wirtschafts- und Sozialverfassung Deutschlands. Sie tragen das Gebäude der Industriellen Beziehungen. Historisch gesehen entsteht mit den ersten Vereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Organisationen der abhängig Beschäftigten eine Vorform der Mitbestimmung. Kollektivverträge werten die Lohnabhängigen und ihre Organisationen zu gleichberechtigten Verhandlungspartnern in einer durch unterschiedliche und teilweise widersprüchliche Interessen gekennzeichneten Koniktstruktur auf und gelten deshalb in einem weiteren Sinne als „Mitbestimmung“. Die Tarifautonomie ist verfassungsmäßig garantiert (Art. 9 GG). Sie regelt die außerbetrieblichen Tarifbeziehungen. Die Mitbestimmung regelt dagegen die Arbeitsbeziehungen im Betrieb. Es handelt sich hierbei um die Austauschbeziehungen zwischen den Geschäftsführungen der Unternehmen auf der einen und den gewählten Interessenvertretungen der Beschäftigten (Betriebsrat und im Aufsichtsrat) auf 5 „Arena“ meint ein „komplexes Institutionensystem, das festlegt, welche Formen, Interessen und Akteure zugelassen sind, als auch ein abgegrenztes Koniktfeld, das den Akteuren für die Lösung spezischer Probleme Handlungsmöglichkeiten – mit de nierten Grenzen – einräumt“ (vgl. MüllerJentsch 1997, S. 80 f.).
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Mitbestimmung als Idee und Modell
der anderen Seite. Daraus ergibt sich der typisch deutsche Dualismus der Industriellen Beziehungen. Die außerbetrieblichen Tarifbeziehungen markieren eine Koniktarena, auf der die Beziehungen durch Tarifverhandlungen und Verträge gepegt und gelegentlich auch Arbeitskämpfe offen ausgetragen werden. Die Interessenvertretung im Betrieb, der Betriebsrat, unterliegt der Friedenspicht. Hier werden die Inhalte der Tarifverträge den betrieblichen Anforderungen angepasst. Der Dualismus zwischen überbetrieblichen Tarifbeziehungen und betrieblichen Arbeitsbeziehungen, zwischen Koniktarena und Friedensarena, ist kennzeichnend für die Balance in der „Koniktpartnerschaft“ und bildet die funktionale Grundlage des Systems. Bei der Tarifautonomie handelt es sich um ein Grundrecht, das sich direkt aus der Koalitionsfreiheit ableitet und den Gewerkschaften und Arbeitgebern verfassungsrechtlich vollständige Freiheit in den Vertragsverhandlungen über die Lohn- und Arbeitsbedingungen zusichert. Die rechtliche Ausgestaltung und institutionelle Ausformung der Tarifautonomie im deutschen System der Industriellen Beziehungen transformiert den „Klassenkampf“ in regelbare Verteilungs- und Interessenkonikte, indem sie diese aus den politischen Koniktarenen fernhält und die offene Koniktaustragung auf ein Mindestmaß eingrenzt. Im dualen System der Industriellen Beziehungen kommt der Tarifautonomie demnach eine elementare Selektionsfunktion zu. Sie schließt Arbeitskonikte keinesfalls aus, aber sie trennt den Arbeitskonikt von der politischen Sphäre und unterwirft ihn einem Regelsystem. Die Industriellen Beziehungen, soweit sie sich in der Tarifarena abspielen, legen ein nahezu lückenloses, aber immer grobmaschigeres6 Vertragsnetz über das industrielle Koniktpotenzial und korrespondieren dadurch mit den Sozialbeziehungen in Betrieb und Unternehmen (Betriebsverfassung). Die Industriellen Beziehungen auf der Ebene des Betriebes und des Unternehmens (Arbeitsbeziehungen) werden im Betriebsverfassungsgesetz und in diversen Mitbestimmungsgesetzen geregelt (vgl. unten 3.). Zu ihren maßgeblichen Akteuren zählen der Betriebsrat und der Aufsichtsrat. In der „Friedensarena“ begegnen sich die Akteure unter dem Dach der Mitbestimmung nicht zur Austragung von (Tarif-) Konikten im Arbeitskampf, sondern zur Koniktaustragung durch Kooperation. Die Mitbestimmung hilft kooperative Politikmuster einzuüben und stärkt das partnerschaftliche Element in der „Koniktpartnerschaft“ zwischen Kapital und Arbeit. Darüber hinaus nimmt die Mitbestimmung im dualen System der Industriellen Beziehungen weitere, für die Funktionsweise des Systems maßgebliche, Aufgaben 6 Hierzu tragen vor allem die sogenannten Öffnungsklauseln in den Tarifverträgen bei. Sie erlauben exible Anwendung und Abweichungen vom Tarifvertrag und tragen zur Verbetrieblichung der Tarifbeziehungen bei. Nicht einmal mehr zwei Drittel der Beschäftigten (West 63 %, Ost 54 %) unterliegen heute (2007) der Tarifbindung. Vor zehn Jahren waren noch 76 % (West) und 63 % (Ost) tarifgebunden (vgl. WSI-Tarifhandbuch 2009, S. 105).
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wahr. So wird ihr in der gewerkschaftlichen Programmatik bis in die Gegenwart eine zentrale Funktion zugeschrieben: die Demokratisierung der Wirtschaft.
2.3
Funktionen der Mitbestimmung im dualen System der Industriellen Beziehungen
2.3.1 Die Demokratisierungsfunktion Die Idee einer Demokratisierung der Wirtschaft durch Mitbestimmung ist alt (vgl. Vilmar 1977, S. 7 f.; Demirovi 2007, S. 9 ff.). Sie reicht in Deutschland zurück bis in die politische Emanzipationsbewegung des Bürgertums im frühen 19. Jahrhundert. Historisch zum ersten Mal ndet die Mitbestimmung als Demokratisierungsinstrument ihren programmatischen Niederschlag im Minoritätenentwurf einer Gewerbeordnung, der im Jahre 1848 der Nationalversammlung der Frankfurter Paulskirche vorlag. Dieser Entwurf wurde nicht realisiert. Das Mitbestimmungsmodell der Bundesrepublik Deutschland orientiert sich programmatisch am Konzept der Wirtschaftsdemokratie des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB)7 in der Weimarer Republik. Dieses Gewerkschaftsprogramm sieht eine mitbestimmte Wirtschaft auf vier Ebenen vor:
am Arbeitsplatz durch die Arbeitnehmer selbst, im Betrieb durch den Betriebsrat, im Unternehmen durch den Aufsichtsrat und in der Gesamtwirtschaft durch Wirtschafts- und Sozialräte
Von diesem Programm wurde lediglich ein Ausschnitt verwirklicht: die Mitbestimmung auf den Ebenen des Betriebes und des Unternehmens. Weder gibt es in Deutschland eine wirtschaftliche Mitbestimmung oberhalb der Unternehmen, noch eine Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Die Mitbestimmung gleicht deshalb einem Haus ohne Dach und ohne Fundament. Kritiker nennen sie einen „Koloss mit tönernen Füßen“ (Fritz Vilmar). Vor allem aber ist sie ein kolossaler Torso. Gleichwohl erfüllt dieser Torso im System der bundesdeutschen Industriellen Beziehungen weitere Funktionen: die Sicherung des sozialen Friedens, die Integration der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften sowie innovatorische und kulturelle Aufgaben.
7 Das wirtschaftsdemokratische Konzept des ADGB wurde maßgeblich von Fritz Naphtalie entwickelt und 1928 in seiner programmatischen und nach wie vor lesenswerten Schrift veröffentlicht (vgl. Naphtalie 1928 wiederaufgelegt 1966, 2. Au. 1968).
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Mitbestimmung als Idee und Modell
2.3.2 Die Friedensfunktion Zunächst zur Friedensfunktion der Mitbestimmung. Die Industriellen Beziehungen in der Bundesrepublik Deutschland sind nicht koniktfrei. Aber Konikte werden in der Regel durch Verhandlungen und Verträge zwischen den sozialen Akteuren beigelegt. Deshalb sind harte und lang andauernde Arbeitskämpfe hierzulande vergleichsweise selten. Welche Rolle spielt dabei die Mitbestimmung ? Das System der Industriellen Beziehungen in der Bundesrepublik Deutschland beruht – wie oben (2.2) ausgeführt – auf zwei Grundpfeilern: der Tarifautonomie und der Mitbestimmung. Beide stehen in einem engen Bedingungsverhältnis. Dieses hat drei Komponenten: (1) Aufwertung der Gewerkschaften als Tarifpartei durch die Mitbestimmung. Die Tarifautonomie gewährleistet eine Tarifpolitik der sozialen Akteure (Unternehmer, Gewerkschaften) auf der Grundlage von Verhandlungen und Verträgen. Dies setzt aber gleichwertige Tarifparteien voraus. Die Mitbestimmung wertet die Gewerkschaften auf. Sie stärkt die gewerkschaftliche Verhandlungsmacht und dadurch die Stellung der Gewerkschaften als autonome Tarifpartei. Mitbestimmung dient somit der Tarifautonomie. Sie führt dazu, dass erst verhandelt und dann – als ultima ratio – gestreikt wird. (2) Umsetzung von Tarifpolitik durch die Mitbestimmung Tarifverträge müssen praktisch umgesetzt werden, sonst bleiben sie Papier. Die Mitbestimmung gewährleistet eine Umsetzung tarifpolitischer Ergebnisse in der Praxis. Dadurch werden die Grenzen von Tarifpolitik und Mitbestimmung ießend. Zum einen ist die Einussnahme der Gewerkschaften durch Verhandlungen und Verträge selbst ein Stück Mitbestimmung außerhalb des formellen Mitbestimmungssystems. Zum anderen können Tarifverträge, soweit sie die Arbeitsbedingungen betreffen, durch die Ausübung der Mitbestimmungsrechte praktisch wirksam gemacht werden. Die Tarifautonomie stärkt demnach auch die Mitbestimmung, mit dem Ergebnis, dass Tarifverträge nicht durch Konikt, sondern durch Kooperation in den Betrieben umgesetzt werden. (3) Dieses Bedingungsverhältnis von Tarifautonomie und Mitbestimmung markiert eine deutsche Spezialität: die duale Struktur der Interessenvertretung. Auf der einen Seite, das Feld der Tarifpolitik: Hier herrscht Öffentlichkeit, Interessenauseinandersetzung zwischen den sozialen Akteuren und Konikt, gelegentlich auch Arbeitskampf. Auf der anderen Seite der Betrieb: Hier sind die sozialen Akteure
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zur „vertrauensvollen Zusammenarbeit8 gesetzlich verpichtet. Im Vordergrund stehen Dialog und Partizipation. Ihre Grundlage ist die Mitbestimmung. Sie grenzt ihre Gegenstände aus der tarifpolitischen Koniktzone aus. Der Betrieb wird dadurch zur „Friedenszone“. Das spezisch deutsche Verhältnis von Tarifautonomie und Mitbestimmung dient deshalb der Sicherung des sozialen Friedens.
2.3.3 Die Integrationsfunktion Mitbestimmung wertet die Gewerkschaften nicht nur als Tarifparteien auf. Sie integriert sie auch in das herrschende System der Industriellen Beziehungen. Dieses System wird in der wissenschaftlichen Diskussion als neo-korporatistisch gekennzeichnet. Neo-Korporatismus kann de niert werden als ein System der gesellschaftlichen und Industriellen Beziehungen, in dem die sozialen Akteure freiwillig ihre Konikte zugunsten stabiler Kooperationsbeziehungen stillstellen und in Anerkennung übergeordneter wirtschafts- und sozialpolitischer Interessen Lohn- und Arbeitsbedingungen aushandeln. Dieser Korporatismusbegriff ist aus dem angelsächsischen politikwissenschaftlichen Diskurs rezipiert. Er ist nicht kompatibel mit einem traditionellen Verständnis von Korporatismus. Hier wird Korporatismus als berufsständische Verengung von Gewerkschaftspolitik verstanden. Der neo-korporatistische Charakter des deutschen Systems kommt zum Ausdruck in zahlreichen öffentlichen Gremien, in denen die Gewerkschaften Mitspracherecht ausüben. Das bekannteste war die sogenannten „Konzertierte Aktion“ von 1967. Es handelte sich hierbei um die gewerkschaftliche Inkorporation in die staatliche Sozial- und Einkommenspolitik. Die Mitbestimmung ist nur eine, nämlich die verbindliche und auf Betrieb und Unternehmen begrenzte, neo-korporatistische Einrichtung. Neo-korporatistische Einrichtungen haben die Aufgabe, Koniktstoff durch Arrangements zwischen den sozialen Akteuren zu entschärfen. Wer sich arrangiert, akzeptiert das Ergebnis des Arrangements. Und: Mitbestimmen heißt auch mitverantworten. Die Mitbestimmung wirkt deshalb integrierend: Sie ist der Stoff, aus dem „Sozialpartnerschaft“ entsteht.
8 So heißt es in § 74 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes: „Maßnahmen des Arbeitskampfes zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sind unzulässig (…). Arbeitgeber und Betriebsrat haben Betätigungen zu unterlassen, durch die der Arbeitsablauf oder der Frieden des Betriebes beeinträchtigt werden.“
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2.3.4 Die Innovationsfunktion „Partnerschaft“ bringt die sozialen Akteure auf Augenhöhe. Aus dem Über- und Unterordnungsverhältnis wird ein (wenn auch asymmetrisches) Kommunikationsverhältnis. Die Kommunikation zwischen ungleichen und mit unterschiedlichen Interessen ausgestatteten Partnern im System der industriellen Beziehungen begründet eine weitere Mitbestimmungsfunktion: die Ermöglichung von Innovationen9. Innovationen, respektive technisch-organisatorische Neuerungen, verlaufen in zwei Phasen. Nach der Erndung und Konzeptentwicklung (Innovation im engeren Sinn) durchläuft diese einen organisationsinternen Umsetzungsprozess (Invention). Für das Gelingen beider Prozesse sind sowohl organisatorisch-strukturelle Voraussetzungen als auch subjektiv-personengebundene Bedingungen maßgebend. Dies gilt vor allem für die Invention. Während Innovationen im engeren Sinne in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Unternehmen oder in unternehmensexternen Think-Tanks bzw. Forschungs- und Beratungseinrichtungen erarbeitet werden, gilt dies nicht für die Umsetzung von Neuerungen im Betrieb. Hier treffen Innovationen auf ein durch unterschiedliche Interessen strukturiertes, durch Handlungsroutinen der betrieblichen Akteure geprägtes und von deren interessengeleitetem Handeln bestimmtes Handlungsfeld. Die Implementation von technisch-organisatorischen Neuerungen führt hier in der Regel zu Friktionen. Die innovative Kraft der Mitbestimmung besteht nun darin, dass das institutionalisierte Mitbestimmen gewählter Interessenvertretungen positive Effekte zeitigt. Diese bestehen zunächst auf der strukturell-organisatorischen Dimension der Innovation. Eine mitbestimmte Umsetzung von Neuerungen mobilisiert a) b)
das Organisationswissen und stellt dieses für den Innovationsprozess zur Verfügung. Und stattet die Kollektivakteure mit mehr Akteursintelligenz aus.
Die institutionalisierte Mitbestimmung in Deutschland ist selbst das Ergebnis eines historischen Lernprozesses. Dieser reicht von der Konstituierung und Entfaltung des Interessengegensatzes zwischen Kapital und Arbeit in der ersten Industriellen Revolution über erste Schritte zur gesetzlichen Institutionalisierung von Betriebsvertretungen unter Bedingungen von Massenstreiks, Krieg und Revolution und mehreren Institutionalisierungsphasen der Betriebsverfassung bis zur vollen Anerkennung der gewählten Interessenvertretung durch die sozialen Akteure (vgl. Müller-Jentsch 2008, S. 169). Die Mitbestimmung bewahrt in ihrer Institutionalisierungsgeschichte große Bestände an Akteurswissen, Informationen 9 Vgl. die Beiträge des Schwerpunktheftes „Innovation und Mitbestimmung“ der WSI-Mitteilungen, H.2/2010 (zur empirischen Absicherung v. a. den Beitrag von Sperling/Wolf 2010, S. 79 ff.)
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über Koniktentstehung und -austragung, aber auch über Konsensndung sowie Verhandlungswissen der Kollektivakteure. Sie bildet demnach ein enormes Reservoir von Wissen und Bewusstsein. Funktionierende Mitbestimmungseinrichtungen, wie der Aufsichtsrat und auf der betrieblichen Ebene der Betriebsrat, können dieses Wissen erschließen und in konkrete Innovationsprozesse einbringen. Mit anderen Worten: Die Verfahren der Mitbestimmung vergrößern das Organisationswissen im Zuge von Innovationsprozessen und ermöglichen dadurch Organisationsentwicklung (im Sinne von Organisationslernen). Mitbestimmung ist darüber hinaus insoweit innovationsförderlich, als sie Kommunikation zwischen den Kollektivakteuren nicht nur ermöglicht, sondern erzwingt. Wer sich im Aufsichtsrat auf der „Arbeitgeberbank“ mit den interessengeleiteten Argumenten von der „ Arbeitnehmerbank“ auseinanderzusetzen hat, wird nicht nur mehr Verständnis für die „Gegenseite“ gewinnen, sondern auch eine Lernchance. Dialoge sind lernförderlich. Die Kollektivakteure in mitbestimmten Systemen sind deshalb intelligenter als in autokratisch verfassten. Dass sich Partizipation und Innovation nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig bedingen, hat die politische Kybernetik hinlänglich nachgewiesen (vgl. Deutsch 1970) und ist empirisch überprüft (vgl. Blume/Gerstlberger 2007). Was für das politische System gilt, gilt auch für das wirtschaftliche. Entscheidend ist, dass die Lernleistung eines Systems auf der Grundlage organisierter Kommunikation zwischen diesem und seiner gesellschaftlichen Umwelt erfolgt. Die System-Umwelt-Kommunikation bildet die Grundlage für die Lernleistung einer Unternehmens- und Betriebsorganisation. Mitbestimmung, nun verstanden als Partizipation der Organisationsumwelt und der Organisationsmitglieder, ermöglicht jenes Maß an „Rückkoppelung“, Informationsbeantwortung und damit Input, den die Unternehmensorganisation auf der Meso-Ebene und das Wirtschaftssystem auf der Makro-Ebene benötigen, um die Lernkapazität des Systems bzw. der Organisation und damit deren Überlebensfähigkeit zu sichern. Mitbestimmung zählt demnach zu jenen Einrichtungen, die innerorganisatorisch institutionalisierte und außerorganisatorisch fungierende Formen von Öffentlichkeit hervorbringen und Kommunikation stiften. Indem sie dadurch den Bestand des Organisationswissens vergrößert und kollektive Lernprozesse der beteiligten Akteure ermöglicht wird die Mitbestimmung eine strukturell-organisatorische Bedingung für Systemlernen bzw. Organisationsentwicklung. Intelligente Systeme leben von der Intelligenz ihrer Mitglieder. Das Organisationslernen hängt ab von der Lernleistung der Organisierten. Auf der subjektiv-personengebundenen Dimension gewinnt die Mitbestimmung insoweit innovatorische Kraft, als sie ein Mitbestimmen im Sinne von Partizipation erlaubt. Die Partizipation der Organisationsmitglieder ermöglicht Partizipationslernen (vgl. Kißler 2007a, S. 91 ff.; zur theoretischen Begründung wie empirischen Absicherung vgl. Kißler 1980). Dessen Ziel ist der Erwerb von Sach- und Handlungswissen sowie von Moti-
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vation und damit all jener Fähigkeiten, die eine direkte Beteiligung derjenigen voraussetzt, die, wie in unserem Falle, von Innovationsentscheidungen betroffen sind. Gemeint ist Partizipationskompetenz. Diese wird erworben durch die Verarbeitung von Partizipationserfahrungen, mithin im Rahmen von Beteiligungsprozessen. Innovation und Partizipation stehen deshalb in einem Bedingungsverhältnis. Jene ist auf eine möglichst friktionsfreie Umsetzung von innovativen Konzepten in der Unternehmens- und Betriebsorganisation angewiesen, ihr Gelingen hängt maßgeblich auch von der Akzeptanz und Motivation sowie der technisch-organisatorischen Phantasie der durch die Neuerungen betroffenen Beschäftigten ab. Diese gewinnen im Zuge ihrer Beteiligung an Innovationsprozessen Partizipationserfahrung und jene kognitiven wie affektiv-emotionalen Fähigkeiten, die ein Mitbestimmen erst erlauben. Damit ist zweierlei gesagt: zum einen entfaltet sich die Innovationsleistung der Mitbestimmung auf der subjektiv-personengebundenen Dimension im Rahmen von direkter Partizipation. Zum anderen ermöglicht diese jene Lernprozesse, die, weniger auf dem Feld der Konzeptionsentwicklung (Innovation im engeren Sinn) als vielmehr auf dem Feld der Konzeptionsumsetzung, durch Korrektur- und Umsetzungspartizipation, Inventionsprozesse (Innovation im weiteren Sinn) ermöglichen. Beide Dimensionen der Innovationsfunktion von Mitbestimmung zeigen aber auch, dass die Funktionserfüllung selbst an weitere Voraussetzungen gebunden ist. Hierzu zählen auf der strukturellen Seite eine gesetzlich abgesicherte und damit rechtliche Verbindlichkeit von Mitbestimmung an Innovationsvorhaben. Diese sind bislang kaum gegeben. Das Betriebsverfassungsgesetz beschränkt die Mitbestimmung an technisch-organisatorischen Neuerungen auf eine Korrekturpartizipation der Betriebsräte (vgl. § 91 BetrVG). Die Innovationsfunktion der Mitbestimmung korrespondiert mit der ihr gleichfalls zugeschriebenen Kulturfunktion. Mitbestimmung als Teil der Organisations- bzw. Unternehmenskultur soll die Leistungsfähigkeit von Organisationen verbessern.
2.3.5 Die Kulturfunktion Der Begriff Unternehmenskultur ist schillernd. Er wird oft verwendet, um die Relevanz kooperativer Lösungen normativ zu unterstreichen. Es liegen aber kaum empirische Untersuchungen zum Thema vor. Als normativer Ansatz weißt der Begriff Unternehmenskultur Überschneidungen mit der wertenden Analyse von Hermann Kotthoff (1994, S. 288 ff., 317 ff.) auf. Dieser sieht Mitbestimmung nicht als Ergebnis demokratischer Beteiligungsansprüche, die sich im Konikt von Arbeitgebern und Arbeitnehmern entwickelt haben, sondern als Ergebnis einer paternalistisch geprägten betrieblichen Sozial-
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ordnung. Koniktorientierte Interessenvertretungspraxis wird daher als Übergangsphänomen interpretiert. In der Diskussion um die Unternehmenskultur ndet sich diese Gedankengur wieder. Der Konikt ist hier nur als Störung vorgesehen. Dabei bleibt offen, welche Partei die Verantwortung für eine Störung trägt. Tatsächlich entsprach das erste Betriebsrätegesetz von 1920 zunächst nicht den Vorstellungen der Gewerkschaften, da es an die „reale Entwicklung patriarchalischer und sozialreformerischer Sozialordnungen anknüpfte“ (Müller-Jentsch 1995a, S. 52), die gewerkschaftliche Erfahrungswelt aber stark von Auseinandersetzungen geprägt war. Bis heute ist die Betriebsverfassung rechtlich konsensual geprägt („vertrauensvolle Zusammenarbeit“). Die Unternehmenskulturkonzeption fällt dabei insofern noch hinter die Mitbestimmung zurück als letztere immerhin Beteiligungsrechte verbindlich normiert. Edwards (1999) kommt zu dem Schluss, dass eine Konsenskultur die Kontrollmacht des Unternehmens erhöht. Freiwillige Regelungen im Zuge von Corporate Social Responsibility oder Unternehmenskultur werden daher von den Unternehmensleitungen oft favorisiert. Es überrascht daher nicht, dass im Zuge der Unternehmenskulturdebatte, Mitbestimmung eine „dienende“ Funktion zugeschrieben wird. Mitbestimmung wird z. B. zu einem Element der Personalpolitik (z. B. Oechsler 2001). Die Zahl der Studien, die den wirtschaftlichen Wert der Mitbestimmung belegt, ist in den letzten Jahren darüber hinaus stark in die Höhe geschnellt. Viele Unternehmenskulturansätze de nieren Mitbestimmung als einen Bestandteil guter Unternehmenskultur. Sadowski (2002, S. 230 ff.) kommt in diesem Zusammenhang zu dem Ergebnis, eine positive Unternehmenskultur werde durch verbindliche, gesetzliche Regelungen erst wirksam. Staehle (1999, S. 517) verweist darauf, dass auch Organisationskultur nicht in einem Machtvakuum entsteht. Vorgesetzte haben eine bessere Chance, ihre Deutungen in die Realität umzusetzen. Angesichts fehlender Forschungsergebnisse zum Thema Organisationskultur wird diese daher als Mythos interpretiert, der insbesondere von interessierten Beraterkreisen am Leben gehalten werde. Brinkmann u. a. (2008, S. 25) formulieren die These, dass die Betonung der Unternehmenskulturfunktion die zunehmende Marktzentrierung in Unternehmen partiell kompensieren soll. Im Ergebnis gelinge diese Kompensation aber nicht, auch weil die Unternehmenskulturkonzeption keinen Raum für Konikte lasse. Als fraglich muss gesehen werden – auch angesichts eher zunehmender Konikte auf der betrieblichen Ebene –, ob Unternehmenskultur den Wandel der Arbeitsbeziehungen (normativ bzw. analytisch) erklären kann. Das ist angesichts der bislang kaum vorliegenden Empirie mindestens kritisch zu bewerten. Letztlich taugt der Begriff maximal, um einen beschreibenden Rahmen für bestimmte „weiche“ betriebliche Faktoren zu liefern, von denen Mitbestimmung ein Teil ist bzw. sein kann.
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Mitbestimmung als Idee und Modell
Übungsaufgabe 2 Welche Entwicklungen höhlen die Friedensfunktion der Mitbestimmung aus ? Formulieren Sie bitte ein Beispiel !
2.4
Wandel der Industriellen Beziehungen – Funktionswandel der Mitbestimmung
Die Mitbestimmung hat bislang die skizzierten Aufgaben im System der Industriellen Beziehungen erfüllt. Ob dies auch in Zukunft gilt, ist fraglich. Denn das bundesdeutsche System der Industriellen Beziehungen ist in Bewegung geraten (vgl. Müller-Jentsch 2007, S. 81 ff.). Diese gewinnt ihre Dynamik aus einem tiefgreifenden wirtschaftlichen Strukturwandel. Dieser verfügt über eine inter- und intrasektorale Dimension (vgl. zum Folgenden Renaud 2008, S. 31 ff.). Der intersektorale Wandel zeichnet sich ab im Schrumpfen des industriellen Bereichs und in der Vergrößerung des Dienstleistungssektors. Heute sind drei Viertel der abhängig Beschäftigten im tertiären Sektor tätig. Der intrasektorale Strukturwandel hat generell die Bedeutung der Mitbestimmung und speziell der Mitbestimmung im Montanbereich (paritätische Mitbestimmung) geschwächt. Hierauf wird später, mit Blick auf die Entwicklungsrisiken der Mitbestimmung, zurück zu kommen sein. Neben einem allgemeinen Funktionsverlust der Mitbestimmung, zeichnet sich vor allem ein Funktionswandel ab. Dieser resultiert maßgeblich aus den Folgen von intrasektoralen Veränderungen. Zunehmende Dezentralisierung der betrieblichen Strukturen (achere Hierarchien, neue Formen der Arbeitsorganisation und neue Produktionskonzepte) gehen einher mit dem Abbau von Normalarbeitsverhältnissen und der Zunahme von „atypischen“ Beschäftigungsverhältnissen, ankiert durch eine tiefgreifende Veränderung der Beschäftigtenstruktur. Diese wird gekennzeichnet durch zunehmende Polarisierung zwischen Gewinnern und Verlierern des Strukturwandels. Zu ersteren zählt ein wachsender Anteil von hoch qualizierten Beschäftigten, zu den Verlierern ein minder qualizierter, häug ohne Berufsausbildung, aber mit erheblichem Arbeitsplatzrisiko ausgestatteter Anteil von tendenziell „Überüssigen“. Die Polarisierung der Belegschaften in Gewinner- und Verlierergruppen des Strukturwandels und eine zunehmende Heterogenisierung im Zuge von Leih, Heimund Telearbeit sowie Teilzeitbeschäftigung lassen die Industriellen Beziehungen nicht unberührt. Heterogene Belegschaften melden unterschiedliche Ansprüche an dieses System an. Sie zeichnen sich durch plurale Interessen und divergierende Erwartungen an eine funktionierende Interessenvertretung (in Tarifpolitik und Mitbestimmung) aus. Der wirtschaftliche Strukturwandel tangiert demnach das Repräsentationsprinzip in den Industriellen Beziehungen. Dessen duale Struktur
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sowie die Funktionen von Tarifautonomie und Mitbestimmung sind an die politische und soziale Repräsentation der Belegschaften gebunden. Wo die soziale Repräsentation erodiert, weil immer größere Gruppen von abhängig Beschäftigten (wie z. B. Frauen, Migranten, gering Qualizierte und atypisch Beschäftigte) aus der Repräsentationslogik herausfallen, da diese sich am „Familienernährermodell“ orientiert und traditionell den männlichen, deutschen Facharbeiter in Großbetrieben bestimmter Leitsektoren (z. B. Maschinenbau) privilegiert, schwindet auch die Kraft zur politischen Repräsentation (vgl. Demirovi 2007, S. 56 ff.). Die Folge ist ein schleichender Funktionswandel der Mitbestimmung. Der technisch-organisatorische Umbruch der Arbeitsbedingungen in den 1980er Jahren (vgl. Jäger 1989) ließ bereits die Grenzen der Mitbestimmung als Demokratisierungsinstrument schroff zutage treten. Denn die Entwicklung neuer Techniken (wie z. B. CAM, CAD, CIM etc.) unterliegt nicht der Mitbestimmung von Arbeitnehmern und ihren Gewerkschaften. Und auch die Anwendung der neuen Techniken im Betrieb kann durch Mitbestimmung nicht mitgestaltet werden. Wir kommen darauf bei der Darstellung der einzelnen Mitbestimmungsrechte zurück. Im Ergebnis steht fest, dass die Mitbestimmung als Demokratisierungsinstrument verloren hat. Gleichwohl werden auch weiterhin der Mitbestimmung demokratieförderliche Elemente zugeschrieben. So betont die Kommission Mitbestimmung (Bertelsmann Stiftung/ Hans-Böckler-Stiftung 1998, S. 8, S. 34 f.), dass die Mitbestimmung im Betrieb den sozialen Abstand zwischen den einzelnen Hierarchieebenen verringere und die gewählten Interessenvertretungen mit demokratischer Verantwortung ausstatte. Im Vergleich mit einer ehemals von Gewerkschaftsseite der Mitbestimmung zugeschriebenen wirtschaftlichen und gesamtgesellschaftlichen Demokratisierungsfunktion reduziert sich diese nunmehr auf demokratiepolitische „Restaufgaben“. Fraglich ist auch, ob Mitbestimmung zukünftig noch den sozialen Frieden sichern und ihre Integrationsaufgabe wahrnehmen kann. Denn der Strukturwandel erfordert auf Seiten der sozialen Akteure eine qualitative Tarifpolitik. Das Beispiel der Tarifauseinandersetzung zur Einführung der 38,5 Stundenwoche im Jahre 1984 zeigte bereits die neuartigen Herausforderungen für die Mitbestimmung: die vertragliche Abmachung, die Wochenarbeitszeit zu verkürzen, musste in den Betrieben exibel umgesetzt werden. Die „Verbetrieblichung“ der Tarifpolitik birgt erhebliche Risiken für die Zukunft der Tarifautonomie. Sie unterhöhlt das Repräsentationsprinzip und „erfasst den Tarifvertrag auch von innen“ (Demirovi 2007, S. 59). Die Dezentralisierung verlagert nicht nur Kompetenzen (Macht), sondern auch Konikte von den tarifpolitischen auf die betrieblichen Akteure. Damit steht die friedensstiftende Funktion der Mitbestimmung vor einer harten Bewährungsprobe. Ähnlich verhält es sich mit ihrer Integrationsaufgabe. Das neo-korporatistische Fundament der Industriellen Beziehungen in der Bundesrepublik Deutsch-
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Mitbestimmung als Idee und Modell
land bröckelt. 1977 haben sich die Gewerkschaften aus der Konzertierten Aktion zurückgezogen. Anlass war die Klage der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsgesetz von 1976 vor dem Bundesverfassungsgericht. Spätere Versuche der Regierung, die Konzertierte Aktion in Form von „Trialogen“ wiederzubeleben, sind gescheitert. Auch die Unternehmer nehmen Abschied vom Neo-Korporatismus. So weigerten sie sich in der Krise der Stahlindustrie an paritätisch besetzten Krisenbewältigungskartellen teilzunehmen. Immer häuger tritt an die Stelle neokorporatistischer Arrangements der offene Konikt. Die Arbeitskämpfe werden härter. Der Grund: neo-korporatistische Strukturen halten nur solange, wie sämtliche Beteiligten davon überzeugt sind, dass sie ihnen bei der Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums Vorteile bringen. Wenn es weniger oder nichts mehr zu verteilen gibt, besinnt man sich auf die eigenen Kräfte (so die Gewerkschaften) oder vertraut auf die disziplinierende Kraft des Marktes (so die Unternehmer). Auch auf der betrieblichen Ebene erodiert die soziale Basis, aus der die Mitbestimmung ihre integrative Kraft zieht. Ob die Kooperation zwischen interessengeleiteten Akteuren im Produktionsprozess weiterhin durch Mitbestimmung gefördert wird und die abhängig Beschäftigten wie ihre gewählten Interessenvertretungen Verantwortung für das betriebliche Wohl und die wirtschaftliche Stellung des Unternehmens mit übernehmen, ist bei schwindender sozialer und politischer Repräsentation in beiden Arenen der Industriellen Beziehungen fraglich. Man mag, wie die Kommission Mitbestimmung (Ebd.), der Mitbestimmung auch für die Zukunft eine Friedens- und Integrationsaufgabe zuschreiben. Ob diese auch erfüllt werden kann, steht auf einem anderen Blatt. Der Strukturwandel bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Mitbestimmung. Diese wird von Teilen der Gewerkschaften immer weniger als eine Einrichtung zur Kooperation und immer mehr als ein Prozess begriffen, um Gegenmacht auszuüben. Dadurch erlahmt die Integrationskraft der Mitbestimmung. Auf dem Spiel steht ein Markenzeichen der bundesdeutschen Industriellen Beziehungen: die „Sozialpartnerschaft“. Wo sich die Sozialpartner nicht auf Augenhöhe, sondern in der hierarchischen Organisation in Über- und Unterordnungsverhältnissen und damit auf der Grundlage von Macht und Herrschaft gegenübertreten, verliert die Mitbestimmung ihr Innovationspotenzial. Intelligente Organisationen zeichnen sich durch ache Hierarchien aus. Herrschaft wird ausgeübt, soweit sie funktional ist. Repressive Formen der Machtentfaltung sind dysfunktional. Tendenzen zur Re-Hierarchisierung der Betriebe und die Erosion der sozialen Basis der gewerkschaftlichen Repräsentation (Heterogenisierung der Belegschaften) bringen in Innovationsprozessen Gewerkschaften und betriebliche Interessenvertretungen ins Abseits. Betriebliche Neuerungen, Konzeptentwicklung wie Umsetzung, verlaufen dann top-down nach dem Muster: Management und Geschäftsführungen sind top, Ge-
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
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werkschaften und Interessenvertretungen down. Dadurch fällt die Mitbestimmung als Innovationsfaktor aus. Nicht nur auf diesem Feld, sondern vor allem auf dem Feld der Demokratisierung führt der Strukturwandel zu einem Funktionswandel der Mitbestimmung, mehr noch zu einem Funktionsverlust. Mitbestimmung als Quelle, aus der sich eine demokratische, auf Kooperation, Sozialintegration und organisationsinternen Ausgleich setzende Unternehmenskultur speist, versiegt. Soweit zur Landschaft der Industriellen Beziehungen in der Bundesrepublik Deutschland, in die das Mitbestimmungsgebäude eingepasst ist. Im Folgenden schauen wir uns dessen Innenausstattung an.
3
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung: Rechtliche Grundlagen und institutionelle Ausgestaltung
Die Mitbestimmung, von außen besehen, gleicht einem Gebäude ohne Dach und Fundament. Im Innern erkennen wir zwei Etagen: erstens die Ebene des Betriebes. Hier geht es um die Mitbestimmung des Betriebsrats. Zweitens die Ebene des Unternehmens. Hier geht es um die Mitbestimmung im Aufsichtsrat. Zunächst widmen wir uns der „unteren Etage“: dem Betriebsrat.
3.1
Die Mitbestimmung des Betriebsrats
Der Betriebsrat ist die Interessenvertretung der Arbeitnehmer im Betrieb. Er hat das Verhandlungsmonopol gegenüber der Betriebsleitung und stellt das zentrale Organ der betrieblichen Mitbestimmung der Arbeitnehmer dar. Seine Rechte werden im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) von 1952 festgelegt. Das Gesetz existiert in seiner jetzigen Form seit 1972. Es wurde 1989 und 2001 novelliert und zuletzt 2006 geändert. Das Betriebsverfassungsgesetz ndet keine Anwendung auf sogenannte Tendenzbetriebe, d. h. Betriebe, die vornehmlich einem politischen, konfessionellen, wissenschaftlichen oder künstlerischen Zweck oder der Berichterstattung bzw. Meinungsäußerung (Presse, Medien etc.) dienen. Im kirchlichen Bereich werden Mitarbeitervertretungen (MAV) nach kirchlichem Recht gebildet (Weiterführende Hinweise nden sich bei Jakobi 2007). Das Gesetz gilt auch nicht für den öffentlichen Dienst. Hier wird die Mitwirkung der Beschäftigten länderspezisch geregelt und von Personalräten wahrgenommen (vgl. dazu unten 3.1.4). Bevor wir uns seine Mitbestimmungsrechte im Einzelnen anschauen, einige Grundinformationen zum Betriebsrat.
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Mitbestimmung als Idee und Modell
3.1.1 Zusammensetzung und Wahl des Betriebsrats Ein Betriebsrat kann in Betrieben mit mindestens 5 Beschäftigten, von denen mindestens 3 wählbar sind, gewählt werden (§ 1 BetrVG). Wahlberechtigt sind alle erwachsenen Beschäftigten. Wählbar sind alle Arbeitnehmer, die dem Betrieb mehr als 6 Monate angehören. Die Nationalität spielt keine Rolle. Beim Betriebsrat handelt es sich um eine gewerkschaftsunabhängige Vertretung der Gesamtbelegschaft. Seine Mitglieder sollen aus möglichst allen Organisationsbereichen des Betriebes kommen und sich aus Arbeitnehmern aus den verschiedenen Beschäftigungsarten rekrutieren. Die Belegschaft soll auch im Geschlechterverhältnis sozial repräsentiert werden. Das Geschlecht, das in der Belegschaft in der Minderheit ist, „muss mindestens entsprechend seinem zahlenmäßigen Verhältnis im Betriebsrat vertreten sein, wenn dieser aus mindestens 3 Mitgliedern besteht“ (§ 15 Abs. 2 BetrVG). Der von den Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und der FDP bereits im Mai 1985 und dann mit kleinen Änderungen wieder im Juni 1988 in den Bundestag eingebrachte Gesetzentwurf zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes wurde im November 1988 verabschiedet. Die Neuregelung der Betriebsverfassung nimmt im Vergleich zum Betriebsverfassungsgesetz von 1972 wichtige Änderungen vor, die die Wahl des Betriebsrats betreffen. Unter der Überschrift „Verstärkung der Minderheitenrechte“ würdigt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung die Novellierung in den folgenden Punkten:
Herabsetzung der erforderlichen Unterschriftenzahl für Wahlvorschläge der Arbeitnehmer von zehn auf fünf Prozent der Belegschaft bzw. von 100 auf 50 Unterschriften. Nach der aktuellen Fassung des BetrVG muss ein Wahlvorschlag der Arbeitnehmer von mindestens einem Zwanzigstel der Wahlberechtigten, mindestens jedoch von drei wahlberechtigten Arbeitnehmern unterzeichnet sein (§ 14 Abs. 4 BetrVG). Mit dieser Absenkung des erforderlichen Quorums der notwendigen Unterschriften für Wahlvorschläge wollte der Gesetzgeber einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Oktober 1984 nachkommen. Dabei ist allerdings umstritten, ob diese Entscheidung auf das Betriebsverfassungsrecht übertragbar ist (vgl. zur Kritik Schumann 1988, S. 42 ff.). Einführung eines Wahlvorschlagsrechts der Gewerkschaften ohne Nachweis von Stützungsunterschriften. Im Klartext heißt dies: Sämtliche im Betrieb vertretenen Gewerkschaften können Kandidaten präsentieren, ohne Unterstützung durch die Belegschaft. Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein (§ 14 Abs. 5 BetrVG).
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
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Der Gesetzgeber wollte durch diese Regelung die Chancengleichheit für alle im Betrieb vertretenen Gewerkschaften gewährleisten. Kritiker dieser Vorschrift weisen zu Recht daraufhin, dass der Parteienpluralismus zwar bei der Besetzung des Parlaments zu beachten sei; „der Betriebsrat ist aber keineswegs ein betriebliches Parlament. Er steht vielmehr als Vertreter der Beschäftigten einem Arbeitgeber/Unternehmer gegenüber, dem er die Belange und Interessen der Beschäftigten gebündelt und im Interesse einer wirksamen Durchsetzung so geschlossen wie möglich vorzubringen hat“ (Bobke-von Camen 1989, S. 18). Entsendung eines betriebsangehörigen Beauftragten der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften in den Wahlvorstand.
Neben diesen Neuregelungen, die vor allem das Verfahren der Betriebsratswahlen betreffen, sieht das Gesetz die Einrichtung einer neuen Institution vor, die neben dem Betriebsrat Interessenvertretungsarbeit durchführen kann: die sog. Sprecherausschüsse für leitende Angestellte. Solche Ausschüsse können in Betrieben mit mindestens 10 leitenden Angestellten ab Frühjahr 1990 gewählt werden, wenn sich die Mehrheit der leitenden Angestellten dafür ausspricht. Sie verfügen über Informations- und Konsultationsrechte (keine Mitbestimmungsrechte), die im Sprecherausschussgesetz geregelt werden. Ein Angestellter ist dann „leitend“, wenn er „unternehmens- oder betriebsleitende Aufgaben wahrnimmt und im Wesentlichen frei von Weisungen handelt“ (Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (Hrsg.) 1989). Abgesehen von der Tatsache, dass vor dem Hintergrund einer langen Diskussion in der wissenschaftlichen Literatur und einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die Frage, was ein leitender Angestellter sei, nach wie vor schwierig zu beantworten ist, beinhaltet die Einrichtung eines Sondervertretungsrechts für diese Arbeitnehmergruppe ein gravierendes Problem: Sie höhlt das Interessenvertretungsmonopol des Betriebsrats aus. Da letztlich der Arbeitgeber entscheidet, wer zur Gruppe der leitenden Angestellten gehört und wer nicht, bekommt er durch diese Vorschrift ein Instrument in die Hand, um die Belegschaft auseinander zu dividieren. Die Sprecherausschüsse verfügen nicht über Mitbestimmungsrechte, wie der Betriebsrat. Daraus folgt, dass ein Teil der Belegschaft – nämlich die leitenden Angestellten – der Schutzfunktion des Betriebsverfassungsrechts entzogen werden und einen Vertretungsstatus zweiter Klasse zugewiesen bekommen (vgl. Bobke-von Camen 1989, S. 18 f). Allerdings gesteht das Gesetz ein ursprünglich vorgesehenes Vetorecht den Sprecherausschüssen der leitenden Angestellten nicht zu. Dadurch wird gewährleistet, dass die Sprecherausschüsse die Arbeit der Betriebsräte nicht blockieren können. Anfängliche Erwartungen, wonach durch diese Neuregelungen „mehr Demokratie bei der Betriebsratswahl verwirklicht“ (Bundesminister für Arbeit und So-
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Mitbestimmung als Idee und Modell
zialordnung (Hrsg.) 1989) oder eher ein „Sprungbrett für Splittergruppen“ gebaut werde (Rosendahl 1988, S. 24 f.) scheinen gleichermaßen unbegründet. Die bisherige Praxis weist nach wie vor einen stabilen hohen Anteil von drei Vierteln der Mandate an Betriebsratsmitgliedern aus, die in DGB-Gewerkschaften organisiert sind (vgl. Wassermann/Rudolph 2006, S. 66). Wie setzt sich der Betriebsrat zusammen ? Die Anzahl der Betriebsratsmitglieder hängt ab von der Betriebsgröße. Der Betriebsrat besteht in Kleinbetrieben (bei 5 bis 20 Beschäftigten) aus einer Person, in mittleren Betrieben mit 201 bis 400 Beschäftigten aus 9 Personen, in Großbetrieben mit 7001 bis 9000 Beschäftigten aus 35 Personen. In Betrieben mit mehr als 9000 Beschäftigten erhöht sich diese Zahl für je weitere drei Tausend Beschäftigte um 2 Mitglieder (§ 9 BetrVG). Die Mitglieder des Betriebsrats „führen ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt“ (§ 37 Abs. 1 BetrVG). In mittleren Betrieben (ab 200 vor der Novellierung von 2001 ab 300 Beschäftigten) ist mindestens ein Betriebsratsmitglied, in Grossbetrieben sind mehrere Mitglieder von ihrer Arbeit freigestellt (vgl. § 38 BetrVG). Die freigestellten Betriebsratsmitglieder können sich voll ihrer Betriebsratsarbeit widmen und sich spezialisieren, z. B. für Arbeitsschutz, Verbesserung der Arbeitsbedingungen etc. Daraus folgt: die Betriebsgröße entscheidet maßgeblich über die Effektivität der Betriebsratsarbeit und damit auch über die Mitbestimmung des Betriebsrats. Der Betriebsrat wird für die Dauer von vier Jahren gewählt. Er kann weder abgewählt werden, noch ist er an Aufträge und Beschlüsse von Belegschaftsgruppen oder Gewerkschaften gebunden. Der Betriebsrat verfügt demnach über ein freies und nicht über ein imperatives Mandat. Seine Zusammensetzung berücksichtigt, seit der Novellierung des BetrVG von 2001, stärker betriebliche Minderheiten (Geschlechterverhältnis) und Randbelegschaften (aktives Wahlrecht für Leiharbeiter). Verfügt ein Unternehmen über mehrere Betriebe, dann ist ein Gesamtbetriebsrat zu errichten (§ 47 BetrVG). Dieser setzt sich aus Vertretern der einzelnen Betriebsräte des Unternehmens zusammen, wobei die Geschlechter „angemessen berücksichtigt werden (sollen)“ (§ 47 Abs. 2 BetrVG). Der Gesamtbetriebsrat ist zuständig für betriebsübergreifende Belange und für Angelegenheiten, die das gesamte Unternehmen betreffen (§ 50 BetrVG). Die Gesamtbetriebsräte eines Konzerns können einen Konzernbetriebsrat bilden (§ 54 BetrVG). Dieser setzt sich, unter Beachtung des Geschlechterverhältnisses, aus Vertretern der Gesamtbetriebsräte zusammen und ist für Angelegenheiten zuständig, die den ganzen Konzern betreffen (§ 58 BetrVG). Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten, die europaweit agieren und mindestens 150 Arbeitnehmer in wenigstens 2 EU-Mitgliedstaaten beschäftigten, müssen, gem. EU-Richtlinie vom 22. September 1994, innerhalb von drei Jahren eine Vereinbarung zwischen Unternehmensleitung und einem Verhandlungsgremium der
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Arbeitnehmer über die Einrichtung eines Europäischen Betriebsrates treffen. Die Richtlinie wird für Deutschland im Gesetz über Europäische Betriebsräte (EBRG) umgesetzt. Danach wird der Europäische Betriebsrat auf Antrag von mindestens 100 Arbeitnehmern aus zwei Betrieben aus zwei Mitgliedsstaaten gebildet (§ 9 Abs. 2 EBRG). Das Gremium setzt sich aus Arbeitnehmern des Unternehmens im Umfang von mindestens drei und höchstens 30 Mitgliedern zusammen und verfügt über Unterrichtungs- und Anhörungsrechte (§ 8 EBRG). Mitbestimmungsrechte – wie dem deutschen Betriebsrat – stehen dem Europäischen Betriebsrat nicht zu10. Die folgenden Ausführungen gelten deshalb nur für den Betriebsrat in deutschen Niederlassungen bzw. Fabriken von EU-weit tätigen Unternehmen (Konzernen), also für den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes.11 Der Betriebsrat repräsentiert die Belegschaft gegenüber dem Arbeitgeber. Repräsentation setzt Kommunikation voraus. Die Kommunikation zwischen Betriebsrat und Belegschaft wird aufrechterhalten durch
Betriebsversammlungen (auch Teilversammlungen) sämtlicher Belegschaftsangehöriger (§ 42 BetrVG) und Abteilungsversammlungen (gem. §§ 42, 43 BetrVG), Sprechstunden während der Arbeitszeit (§ 39 BetrVG), dauernde Kontakte am Arbeitsplatz, die gewerkschaftlichen Vertrauensleute, die von der Belegschaft direkt gewählt werden, aber keine Mitbestimmungsrechte haben, das individuelle Beschwerderecht jedes Arbeitnehmers (§ 84 BetrVG). Der Betriebsrat ist verpichtet, jede Beschwerde entgegen zu nehmen und zu prüfen (§ 85 Abs. 2 BetrVG).
Das Verhältnis des Betriebsrats zum Unternehmer (der Geschäftsleitung) wird gekennzeichnet durch Unabhängigkeit und durch Kooperation. Seine Unabhängigkeit wird garantiert durch den besonderen Kündigungsschutz für Betriebsratsmitglieder. Der Unternehmer ist gesetzlich verpichtet, die Kosten der Betriebsratsarbeit zu 10
Eine mit dem Europäischen Betriebsrat vergleichbare Arbeitnehmerbeteiligung existiert in der Europäischen Aktiengesellschaft (Societas Europaea): der SE-Betriebsrat. Diese Einrichtung wird für Deutschland im Gesetz über die Beteiligung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gesellschaft (SEBG) kodiziert. Danach legt ein besonderes Verhandlungsgremium zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern bei der Gründung der SE die Kompetenzen des SE-Betriebsrats fest. 11 Auch in den meisten anderen Ländern der Europäischen Union existieren betriebliche Interessenvertretungsgremien der abhängig Beschäftigten. Diese werden meistens durch Gesetz (z. B. Frankreich, Italien und Niederlande), in einigen Fällen aber auch durch Tarifvertrag kodi ziert (z. B. Dänemark, Schweden, Finnland). Die Mitwirkungsrechte dieser Interessenvertretungsgremien fallen recht unterschiedlich aus, bleiben aber in den meisten Fällen hinter den Kompetenzen des deutschen Betriebsrats zurück (vgl. die Übersicht bei Renaud 2008, S. 46 f.).
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tragen. Er darf die Betriebsratsarbeit weder stören noch behindern. Allerdings verpichtet das Gesetz auch den Betriebsrat, mit dem Unternehmer vertrauensvoll zusammen zu arbeiten (§ 2 Abs. 1 BetrVG). Außerdem sind Arbeitskampfmaßnahmen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat unzulässig (§ 74 Abs. 2 BetrVG). Das Gesetz schickt somit den Betriebsrat auf eine schwierige Gratwanderung zwischen wirksamer Interessenvertretung der Arbeitnehmer einerseits und Kooperation mit dem Arbeitgeber andererseits. Es steckt für die Interessenvertretung durch den Betriebsrat einen engen Handlungsrahmen ab, den der Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler (2006) auf die Begriffe Vertrauen (Picht zur „vertrauensvollen Zusammenarbeit“ mit dem Arbeitgeber), Frieden (Verbot von Arbeitskampfmaßnahmen) und Diskretion (Schweigepicht bei Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen (§ 79 Abs. 2 BetrVG)) bringt. Dieser Handlungsrahmen steht im Spannungsverhältnis zu einer wirksamen Interessenvertretung. Deshalb hatte Friedrich Fürstenberg (1958) bereits Ende der 1950er Jahre den Betriebsrat als eine problematische „Grenzinstitution“ bezeichnet, und andere bekannte Sozialwissenschaftler, wie z. B. Ralf Dahrendorf, räumten dem Betriebsrat kaum eine Überlebenschance im Institutionengefüge der Industriellen Beziehungen ein. Denn der Betriebsrat ist, von der Rechtskonstruktion her, kein reiner Vertreter der Arbeitnehmerinteressen im Betrieb, sondern vielmehr eine „intermediäre Institution“ (Müller-Jentsch 1999, S. 9). Was ehemals als Schwäche dieser Einrichtung erschien, wird heute als Stärke interpretiert. Der Betriebsrat stellt sich danach als ein markantes Beispiel für sozial innovative intermediäre Organisationen und Institutionen dar, ohne die die Industriellen Beziehungen in Deutschland sich nicht als eine erfolgreiche „Koniktpartnerschaft“ hätten etablieren können. Zum Wesen der Intermediarität gehört, dass die betreffenden Einrichtungen, so auch der Betriebsrat, „die Interessen- und Handlungslogik nicht nur eines der beteiligten Akteure, sondern auch die des Gegenspielers zumindest teilweise inkorporieren. Mit anderen Worten: In den Institutionen und Organisationen der Industriellen Beziehungen haben sich, als Produkt vielfältiger sozialer Bewegungen, historischer Kompromisse und politischer Entscheidungen, (Handlungs-)Programme zur pragmatischen Vermittlung zwischen den Interessen von Kapital und Arbeit sedimentiert“ (Müller-Jentsch 1999, S. 9). Der Betriebsrat verknüpft demnach zwei tendenziell gegensätzliche Interessensphären und unterschiedliche Handlungslogiken in einer einzigen Institution. Im Vergleich mit den betrieblichen Interessenvertretungssystemen des Auslandes bildet dies eher die Ausnahme. Sie ist in Deutschland der besonderen Nachkriegssituation geschuldet. „Anders gesagt: Eine intermediäre Institution wie der Betriebsrat konnte nur mit der Geburtshilfe des Staates entstehen und nur durch die gesetzliche Verankerung auch Zeiten verschärfter Interessenkämpfe überleben“ (Müller-Jentsch 1999, S. 10). Allemal bleibt seine Position im Gefüge der betrieb-
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lichen Akteursbeziehungen spannungsgeladen und seine Aufgabenwahrnehmung schwierig. Mit welchen Rechten ist hierfür der Betriebsrat ausgestattet ?
3.1.2 Die Rechte des Betriebsrats: Mitwirkung und Mitbestimmung Die Rechte des Betriebsrats gegenüber der Geschäftsleitung sind abgestuft. In praktisch allen betrieblichen Angelegenheiten (z. B. bei Kündigungen, Rationalisierungen) hat der Betriebsrat Unterrichtungs-, Beratungs- und Vorschlagsrechte (vgl. Abb. 1). Es handelt sich hierbei jedoch um bloße Mitwirkungsrechte. Sie hindern den Arbeitgeber nicht, seine Entscheidung auch gegen den Willen des Betriebsrats durchzusetzen. Anders jedoch bei den Mitbestimmungsrechten. Die reale Mitbestimmung des Betriebsrats unterscheidet sich von seinen sonstigen Mitwirkungsrechten durch die Machtparität. Einigen sich Betriebsleitung und Betriebsrat nicht, dann kann jede der Parteien eine gesetzlich vorgeschriebene Einigungsstelle anrufen. Die Einigungsstelle setzt sich paritätisch aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeisitzern und einem neutralen Vorsitzenden zusammen. Der Arbeitgeber trägt die Kosten der Einigungsstelle. Diese hat die Aufgabe, bei Meinungsverschiedenheiten zu schlichten. Die Entscheidung der Einigungsstelle ersetzt im Koniktfall die nicht erfolgte Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Darüber hinaus hat das Bundesarbeitsgericht in einer richtungsweisenden Entscheidung vom 3. Mai 1994 festgestellt, dass der Betriebsrat bei Verstößen des Arbeitgebers gegen die Mitbestimmungsrechte einen Unterlassungsanspruch hat. Mitbestimmungskonformes Verhalten des Arbeitgebers wird dadurch erzwingbar. Worauf erstrecken sich nun die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats ? Die Mitbestimmung des Betriebsrats umfasst den personellen und sozialen Bereich (vgl. § 87 BetrVG). Dazu zählen u. a. die Festlegung der Arbeitszeit, die Anordnung von Überstunden und zunehmend wichtiger: die Einführung von technischen Einrichtungen zur Überwachung des Verhaltens und der Leistung der Arbeitnehmer. Aber auch der Gesundheitsschutz, die Verhütung von Arbeitsunfällen, die betriebliche Lohngestaltung und die Festsetzung von Akkord- und Prämiensätzen unterliegen der Mitbestimmung des Betriebsrats. Und schließlich unterliegt auch die Durchführung von Gruppenarbeit und damit einer partizipativen Form der Arbeitsorganisation, seit der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes von 2001, der Mitbestimmung des Betriebsrats (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 13 BetrVG). Bei Kündigungen jedoch hat der Betriebsrat nur das Recht, informiert zu werden. Nach erfolgter Anhörung wird die Kündigung auch gegen den Widerspruch des Betriebsrats wirksam.
66 Abbildung 1
Mitbestimmung als Idee und Modell Mitwirkung und Mitbestimmung des Betriebrates nach dem Betriebsverfassungsgesetz von 2001
Erläuterung zur Abbildung: Die Abbildung 1 stellt die Rechte des Betriebsrats zusammen. Der Überblick zeigt auch, wieweit die Einwirkungsmöglichkeiten des Betriebsrats reichen. Die Paragraphen beziehen sich auf das Betriebsverfassungsgesetz von 2001. Die Darstellung in der Skizze folgt einem doppelten Gliederungsprinzip: Erstens werden „sachliche“ und „personelle“ Einwirkungsmöglichkeiten voneinander unterschieden. Die ersteren bezeichnen Einwirkungsmöglichkeiten auf zu errichtende Gebäude oder einzuführende Maschinen, also auf die gegenständlichen Bedingungen der Produktion, letztere auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten. Die Zuordnung von Beteiligungsrechten zu einem dieser beiden Bereiche bereitet (z. B. bei Fragen der Arbeitszeit, der Entlohnung o. ö.) im Einzelfall große Schwierigkeiten, sie darf daher nur als Anhaltspunkt verstanden werden. Zweitens werden die Einwirkungsmöglichkeiten nach Art und Intensität unterschiedlich dargestellt: - Gepunktete Pfeile stellen schlichte Informationsrechte der Belegschaft und/oder ihrer Repräsentanten bzw. diesen Informationsrechten entsprechende Unterrichtungspichten des Arbeitgebers dar (§§ 80 Abs. 2 und 110). - Gestrichelte Pfeile bezeichnen Beteiligungsrechte, die zwar über bloße Informationsrechte hinausgehen, dem Betriebsrat jedoch kein eigenes Ermessen bei statt ndenden betrieblichen Willensbildungsprozessen einräumen (§§ 90, 111, 88/89, 102, 99, 92, 96, 97). - Dünne Pfeile bezeichnen Beteiligungsrechte, die dem Betriebsrat unter bestimmten Umständen – z. B. wenn der Arbeitgeber auf einem bestimmten Gebiet tätig wird (vgl. §§ 94 und 95) – zwingenden Einuss auf den betrieblichen Willenbildungsprozess einräumen.
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
67
- Die dicken Pfeile schließlich stellen echte Mitbestimmungsrechte dar, bei deren Ausübung der Betriebsrat im Allgemeinen selbst Initiativen ergreifen kann und im Koniktfalle die Einigungsstelle entscheidet (§§ 91 und 87, 112, 98).
„Als generelle Tendenz des Betriebsverfassungsgesetzes wird erkennbar, dass die Beteiligungsrechte in sozialen Fragen am stärksten, bei personellen Angelegenheiten bereits abgeschwächt greifen und in wirtschaftlichen Fragen sich auf reine Informationsrechte beschränken. Mit anderen Worten: Die Eingriffsmöglichkeiten und Beteiligungsrechte des Betriebsrats sind umso größer, je weiter sie von den strategischen Unternehmensentscheidungen (z. B. über Ziele und Inhalte der Produktion) entfernt sind. Hierin zeigt sich, dass der Betriebsrats als ein Organ des Interessenausgleichs zwischen Management und Belegschaft angelegt ist und seine Funktionen die betriebliche Herrschaft grundsätzlich nicht in Frage stellen“ (Müller-Jentsch 2007, S. 58). Deshalb ist der Betriebsrat – demokratiepolitisch bewertet – ambivalent: Seine abgestuften Beteiligungsrechte wie der eng gefasste gesetzliche Handlungsrahmen ließen den Betriebsrat „zu einer der stabilsten Institutionen der Industriellen Beziehungen in Deutschland werden“ (ebd., S. 59). Sie statten auf den Feldern der betrieblichen Sozial- und Personalpolitik dieses Gremium auch maßvoll mit Machtbefugnissen aus. Dies stärkt die Legitimität des Betriebsrats als Interessenvertretung der Belegschaft und setzt ihn in Stand, die friedenssichernden und integrativen Aufgaben im oben skizzierten Funktionskatalog (vgl. 2.3.2 und 2.3.3) wahrzunehmen, ohne die betriebliche Herrschaftsordnung in Frage zu stellen. Die insgesamt de zitäre Ausstattung des Betriebsrats mit echten Mitbestimmungsrechten kann deshalb – je nach Interessenstandpunkt – als Funktionsvoraussetzung einer intermediären Einrichtung oder als Barriere auf dem Weg zur Demokratisierung von Betrieb und Unternehmen gewertet werden.
3.1.3 Dezite der Betriebsratsmitbestimmung Auf den wesentlichen Gebieten der unternehmerischen Entscheidungen hat der Betriebsrat nur Mitwirkungsrechte. So hat er in wirtschaftlichen Angelegenheiten (z. B. Produktions- und Investitionsprogramme, Rationalisierungsmaßnahmen, Betriebsstilllegung, Fusion von Betrieben, Änderung der Betriebsorganisation) nur das Recht auf Unterrichtung und Beratung. Zur Wahrnehmung dieses Rechts sieht das Gesetz vor, in Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten, einen Wirtschaftsausschuss zu bilden (§ 106 BetrVG). Der Wirtschaftsausschuss hat die Aufgabe, wirtschaftliche Angelegenheiten mit dem Unternehmer zu beraten und den Betriebsrat zu unterrichten. Dieser erfährt dann, wie es um die wirtschaftliche Lage des Unternehmens steht: welche Produktions- und Investitionsprogramme geplant sind, ob Rationalisierungs-
68
Mitbestimmung als Idee und Modell
vorhaben ins Haus stehen, aber auch, wie es um den betrieblichen Umweltschutz bestellt ist, ob die Verlegung von Betrieben oder Betriebsteilen bzw. Spaltung oder Fusionen von Unternehmen und Betrieben geplant sind sowie von „Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer des Unternehmens wesentlich berühren können“ (§ 106 Nr. 10 BetrVG). Ebenfalls zu unterrichten ist der Betriebsrat bei Betriebsänderungen, „die wesentliche Nachteile für die Belegschaft oder erhebliche Teile der Belegschaft zur Folge haben können“ (§ 111 Abs. 1 BetrVG). Ein echtes Mitbestimmungsrecht besteht nur insoweit, als der Betriebsrat über den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern entstehen, einen Interessenausgleich (Sozialplan) erzwingen kann (vgl. § 112 BetrVG). Vor allem bei der Einführung neuer Techniken hat der Betriebsrat kein volles Mitbestimmungsrecht. Zwar hat der Arbeitgeber den Betriebsrat rechtzeitig von seinen Planungen zu unterrichten und die vorgesehenen Maßnahmen und ihre möglichen Auswirkungen auf die Arbeitnehmer so rechtzeitig zu beraten, „dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrats bei der Planung berücksichtigt werden können“ (§ 90 Abs. 2 BetrVG). Aber nur für den Fall,
dass Änderungen des Arbeitsplatzes, des Arbeitsablaufs und der Arbeitsumgebung „den gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen über die menschengerechte Gestaltung der Arbeit offensichtlich widersprechen“ und dass die Arbeitnehmer durch diese Änderungen „in besonderer Weise belastet“ werden, kann der Betriebsrat nachträglich eine Beseitigung der Maßnahme verlangen (§ 91 BetrVG).
Auf diesem sehr aktuellen Feld kann demnach die Mitbestimmung erst in Gang gesetzt werden, wenn „das Kind in den Brunnen gefallen ist“. Es handelt sich demnach um ein korrigierendes Mitbestimmungsrecht, ohne wirkliche Machtteilung. Auch die novellierte Fassung des Betriebsverfassungsgesetzes gleicht dieses Mitbestimmungsdezit auf dem Feld der Technikeinführung nicht aus. Sie schreibt nunmehr zwar dem Arbeitgeber vor, den Arbeitnehmer über geplante Maßnahmen und deren mögliche Auswirkungen auf seinen Arbeitsplatz, die Arbeitsumgebung und den Tätigkeitsinhalt zu unterrichten (§ 81 Abs. 4 BetrVG). Das eingeschränkte Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats (§§ 90, 91 BetrVG) wird jedoch nicht nachgebessert.
3.1.4 Die Mitbestimmung des Personalrats Für den öffentlichen Dienst, in dem ca. 4,5 Mio. Personen beschäftigt sind, hat man nach dem Zweiten Weltkrieg eine eigenständige rechtliche Grundlage für die
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betriebliche Mitbestimmung geschaffen. Das Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) regelt die betriebliche Mitbestimmung in Einrichtungen des Bundes und ist zugleich Rahmengesetzgebung für die 16 Landespersonalvertretungsgesetze. Die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte können davon in den Landespersonalvertretungsgesetzen sowohl nach oben als auch nach unten abweichen. Bereits in der Weimarer Republik wurden die Beamten aus dem Geltungsbereich des Betriebsrätegesetzes ausgenommen. Dies wurde mit dem besonderen öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis begründet. Das öffentliche Personalvertretungsrecht schließt Beamte zwar ein, die Mitbestimmungsrechte für Beamte sind allerdings weiter eingeschränkt. Die neuere Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bewertet selbst das insgesamt schwächere Beteiligungsniveau des öffentlichen Personalvertretungsrechtes als teilweise verfassungswidrig. So sei bei staatlichen Entscheidungen eine ununterbrochene Legitimationskette erforderlich. Mitbestimmungsrechte dürfen sich nur auf rein innerdienstliche Maßnahmen erstrecken. Bei allen anderen Maßnahmen steht einem Verwaltungsträger, welcher einem gewählten Organ verantwortlich ist, ein Letztentscheidungsrecht zu (BVerfGE 83, 60). Diese Gerichtsentscheidung steht dabei nicht nur in Widerspruch zu früherer Rechtsprechung (BVerfGE 9, 268), sondern sieht auch von den Zielen des beanstandeten Landespersonalvertretungsgesetzes Schleswig-Holsteins (MBG Schl.-H.) in der Fassung vom 11.12.1990 ab, welches dem Zweck dienen sollte, „den Grundrechten der in der Dienststelle tätigen Beschäftigten zur praktischen Wirksamkeit im Arbeitsleben zu verhelfen und […] zugleich zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben beizutragen.“ Auf die Praxis der Personalräte scheint die Rechtsprechung zwar kaum Auswirkungen gehabt zu haben (Plander 2009), allerdings wurde eine weitere Einschränkung der Rechte des Personalrats in Nordrhein-Westfalen z. B. mit dieser Rechtsprechung begründet. Auch angesichts massiver Verlagerung öffentlicher Dienstleistungen auf formell privatisierte Unternehmen oder private Dienstleister, in denen nicht nur das Betriebsverfassungsgesetz, sondern auch die Unternehmensmitbestimmung gilt, erscheint diese Argumentation für wesentliche Teilbereiche des öffentlichen Dienstes korrekturbedürftig. Grundsätzlich ist das Bundespersonalvertretungsgesetz, insbesondere was die Wahlvorschriften angeht, dem Betriebsverfassungsgesetz nachgebildet (§§ 12 ff. BPersVG). Davon weichen auch die Personalvertretungsgesetze der Länder nicht ab. Freistellungen von Mitgliedern des Personalrats sind im öffentlichen Dienst erst in Dienststellen mit mehr als 300 Beschäftigten vorgesehen (§ 45 Abs. 4 BPersVG). Personalräte werden, ähnlich wie es das Betriebsverfassungsgesetz regelt, in der organisatorischen Einheit „Dienststelle“ gebildet (§§ 6, 12 Abs. 1 BPersVG). Dem hierarchischen Strukturprinzip des öffentlichen Dienstes folgend sind die Dienststellen in mehrstugen Verwaltungen die unterste Ebene einer Stufenver-
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Mitbestimmung als Idee und Modell
tretung, die auch aus Bezirks- und Hauptpersonalräten besteht (§§ 53 f. BPersVG). Bevor eine Einigungsstelle angerufen werden kann, beraten zunächst die Arbeitgeber und Arbeitnehmervertreter auf höherer Ebene und versuchen eine Einigung herbeizuführen. Anders als Gesamtpersonalräte sind Bezirks- und Hauptpersonalräte unabhängig von den Dienststellenpersonalräten. Der Gesamtpersonalrat ist wie der Gesamtbetriebsrat keine hierarchisch übergeordnete Einheit. Er ist für Fragen zuständig, die mehrere Dienststellen betreffen (§§ 55 f. BPersVG). Ausschüsse sind nach dem BPersVG nicht vorgesehen und können daher nur als rein beratende Gremien konstituiert werden. Eine wesentliche Differenz von Bundespersonalvertretungsgesetz und Betriebsverfassungsgesetz besteht darin, dass das Initiativrecht im ersteren Gesetz in Mitbestimmungsfragen insofern eingeschränkt ist, als die oberste Dienstbehörde und nicht die Einigungsstelle abschließend entscheidet (§ 70 BPersVG). Aus den Mitbestimmungsrechten werden im Rahmen des Initiativrechts reine Mitwirkungsmöglichkeiten. Das Personalvertretungsrecht lässt darüber hinaus keine Möglichkeit zur tarifvertraglichen Ergänzung oder gar Änderung zu (§ 3 BPersVG). Die Verschwiegenheitspicht des Personalrats ist sehr weitgehend. Beide Regelungen erschweren auch die Arbeit der Gewerkschaften im öffentlichen Dienst. In Angelegenheiten, die Beamte betreffen, hat der Personalrat nur eingeschränkte Mitbestimmungsrechte (§ 69 Abs. 4 Satz 3 i. V. m. § 76 BPersVG). Während die Unterscheidung in bestimmte Beschäftigtengruppen im Betriebsverfassungsgesetz praktisch zurückgedrängt ist, besteht im öffentlichen Dienst traditionell eine starke Trennung von Beamten und Tarif beschäftigten. Bei der Geschäftsführung des Personalrats sind alle Gruppen zu beteiligen. Der Personalrat wird nur tätig, wenn alle Beschäftigtengruppen betroffen sind. Obwohl die Zahl der Fälle stark abnimmt, führt diese Regelung zu einer Polarisierung. Mitbestimmungsrechte des Personalrats bestehen u. a. bei Einstellungen, Beförderungen, Versetzungen, Arbeitzeitregelungen (soweit dies Gesetze oder Tarifverträge vorsehen) und Urlaubsplanungen (§ 75 BPersVG). Neben der Einschränkung der Beteiligungsrechte im Vergleich zum Betriebsverfassungsrecht im Allgemeinen ist an der besonderen Gesetzgebung für den öffentlichen Dienst problematisch, dass nicht ein Gesetz die Rechte der Beschäftigten als Grundrechtsträger im Erwerbsleben regelt, sondern neben dem BetrVG und dem BPersVG insgesamt 16 in den einzelnen Bundesländern. Dass darüber hinaus für Beamte und Tarifbeschäftigte unterschiedliche Regelungen bestehen führt zu einer übermäßigen Differenzierung, die nicht zuletzt auch die Arbeit der Rechtsprechung, der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände im öffentlichen Dienst erheblich erschwert. Die politischen Auseinandersetzungen um die Mitbestimmung haben sich in der Vergangenheit weniger an der Mitbestimmung im öffentlichen Sektor und
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
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auch nicht an der betrieblichen Mitbestimmung im privaten Sektor als vielmehr an der Mitbestimmung im Aufsichtsrat entzündet. Die Aufsichtsratsmitbestimmung stand in den 1970er Jahren im Blickpunkt des öffentlichen Interesses. Dies erklärt, warum im Ausland häug das bundesdeutsche Modell der Mitbestimmung gleichgesetzt wird mit der Mitbestimmung im Aufsichtsrat (auch Unternehmensmitbestimmung genannt).
3.2
Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat
3.2.1 Der Aufsichtsrat und seine Rechte Zweck der Unternehmensmitbestimmung ist es, bei der Formulierung des Unternehmensinteresses, dem sämtliche Organe des Unternehmens verpichtet sind, nicht nur wirtschaftliche, sondern auch soziale Gesichtspunkte einzubringen. Deshalb haben die Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat die Möglichkeit, auf die Unternehmenspolitik und Leitung des Unternehmens Einuss zu nehmen. Die Unternehmensleitung ist Sache des Vorstandes bzw. der Geschäftsführung. Der inhaltliche Geltungsbereich der Mitbestimmungsrechte erstreckt sich auf die Rechte des Aufsichtsrats gegenüber dem Vorstand. Die Mitbestimmungsrechte reichen nicht weiter als die Rechte des Aufsichtsrats. Der sachliche Geltungsbereich der Mitbestimmung hängt dagegen von folgenden Faktoren ab:
der Rechtsform des Unternehmens, der Branchenzugehörigkeit des Unternehmens und der Zahl der im Untenehmen beschäftigten Arbeitnehmer.
Welche Rechte hat der Aufsichtsrat ? Der Aufsichtsrat ist das Unternehmensorgan, das den Vorstand kontrolliert. Er hat dazu Informations-, Überwachungs- und bestimmte Entscheidungsbefugnisse. Im Einzelnen: Der Aufsichtrat
bestellt die Mitglieder des Unternehmensvorstandes und beruft sie ab, er regelt dessen Anstellungsbedingungen (insbes. Vergütung), er billigt und stellt den Jahresabschluss fest, er nimmt regelmäßig Berichte des Vorstandes zur Geschäftspolitik und anderen grundsätzlichen Fragen des Unternehmens entgegen und kann solche Berichte anfordern (§ 90 AktG), er überwacht die Geschäftsführung und hat entsprechende Informations- und Prüfungsrechte (§ 111 Abs. 1 und AktG),
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Mitbestimmung als Idee und Modell er beruft die Hauptversammlung der Aktionäre ein (§ 111 Abs. 3 AktG) und schließlich sind bestimmte Geschäfte des Vorstandes von der Zustimmung des Aufsichtsrats abhängig (§ 111 Abs. 4 AktG). Er diskutiert gemeinsam mit dem Vorstand die Unternehmensstrategie.
Auf diesen Tätigkeitskatalog des Aufsichtsrats beschränkt sich inhaltlich die Mitbestimmung. Ihre Reichweite ist abhängig vom Einuss, den die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat auf dessen Entscheidungen und Tätigkeit nehmen können. Bei der Funktionsweise der Mitbestimmung kommt es deshalb entscheidend auf folgende Faktoren an:
die Zusammensetzung des Aufsichtsrats: Welchen Anteil haben die Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat ? das Zustandekommen des Aufsichtsrats: Wer schlägt die Arbeitnehmervertreter vor ? Wer wählt sie nach welchem Verfahren ?
Dies sind die Kernprobleme, an denen sich die öffentliche Auseinandersetzung und der politische Konikt um die Unternehmensmitbestimmung in der Bundesrepublik entzündeten. Wie wurden sie gelöst ?
3.2.2 Zusammensetzung und Wahl des Aufsichtsrats Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats unterscheidet sich nach Branchenzugehörigkeit und Beschäftigtenzahl. Sie wird geregelt in drei Gesetzen: (1) für Unternehmen mit mehr als 1000 Beschäftigten in der Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie im sogenannten Montan-Mitbestimmungsgesetz von 1951 (vgl. Abb. 2) Der Aufsichtsrat setzt sich in der Montanindustrie paritätisch aus Vertretern der Anteilseigner und der Arbeitnehmer zusammen. Ihm gehört ein weiteres „neutrales“ Mitglied an. Bei elf Aufsichtsratsmitgliedern sitzen somit fünf auf der Arbeitgeber- und fünf auf der Arbeitnehmerseite. Von den fünf Mitgliedern der Arbeitnehmerseite werden zwei vom Betriebsrat nominiert. Drei Arbeitnehmervertreter werden von der Spitzenorganisation der Gewerkschaften vorgeschlagen, davon ein Mitglied, das den Arbeitnehmern zwar nahe steht, aber weder Betriebsmitglied noch von den Gewerkschaften abhängig ist. Auch der Arbeitgeberseite gehört ein solches Mitglied an. Diese sogenannten „weiteren Mitglieder“ repräsentieren im Aufsichtsrat die unternehmensexterne Öffentlichkeit.
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
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Sämtliche Aufsichtsratsmitglieder werden von der Hauptversammlung der Aktionäre gewählt. Diese ist jedoch an die Vorschläge des Betriebsrates und der Gewerkschaft gebunden. Das Montanmodell der Mitbestimmung zeichnet sich durch zwei weitere Besonderheiten aus, die den Einuss der Arbeitnehmervertreter stärken:
den sog. „neutralen Mann“. Er ist das 11. bzw. 15. Mitglied im Aufsichtsrat. Er kann nicht gegen das Veto der Arbeitnehmervertreter gewählt werden. den Arbeitsdirektor. Er ist vollberechtigtes Mitglied des Unternehmensvorstandes und leitet den Personal- und Sozialbereich. Der Arbeitsdirektor kann nicht gegen die Mehrheit der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gewählt oder abberufen werden. Dadurch wird die Mitbestimmung im Aufsichtsrat auf den Vorstand des Unternehmens erweitert. Der Arbeitsdirektor gilt deshalb auch als Mitbestimmungsorgan im Vorstand.
Abbildung 2
Mitbestimmung nach dem Montanmitbestimmungsgesetz von 1951
74
Mitbestimmung als Idee und Modell
Die institutionellen Grundlagen der Montanmitbestimmung wurden nach 1951 durch drei weitere Gesetze fortentwickelt: 1.
2.
3.
das Mitbestimmungsergänzungsgesetz von 1956 (sog. Holdingsnovelle). Dieses Gesetz trägt der Tatsache Rechnung, dass sich die Unternehmen der Montanindustrie zunehmend zu Konzernen zusammengeschlossen haben. Es dehnt die Mitbestimmung auch auf die Holdinggesellschaften aus, allerdings mit folgenden Änderungen: Die Parität im Aufsichtsrat bleibt bestehen, aber die Arbeitnehmerseite wird nunmehr mehrheitlich mit Vertretern aus dem Betrieb besetzt. Diese werden nicht mehr von der Hauptversammlung, sondern von den Belegschaften über Wahlmänner gewählt. Der Arbeitsdirektor wird nur noch mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. das Mitbestimmungssicherungsgesetz von 1981 (Lex Mannesmann). Auslöser für dieses Gesetz war der Versuch der Firma Mannesmann durch eine rechtstechnische Konstruktion, ihr Unternehmen dem Geltungsbereich der Montanmitbestimmung zu entziehen. Das Gesetz von 1981 kam auf Drängen der Gewerkschaften zustande und sichert die Fortgeltung der Montanmitbestimmung für weitere sechs Jahre. Die Frist lief am 31. Dezember 1987 ab. Wäre inzwischen kein neues Gesetz zur Sicherung der Montanmitbestimmung erlassen worden, dann wäre diese älteste Form der Unternehmensmitbestimmung beendet gewesen. Beendet wäre damit zugleich die einzige Form der Unternehmensmitbestimmung gewesen, die eine paritätische Zusammensetzung des Aufsichtsrats vorsieht. das Gesetz zur Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes, über Sprecherausschüsse der leitenden Angestellten und zur Sicherung der Montanmitbestimmung vom 20. Dez. 1988. Diese Neufassung des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes von 1956 sichert die Mitbestimmung in der Montanindustrie auf Dauer. Es schreibt vor, dass jene Konzernobergesellschaften der Stahlindustrie, die aufgrund der 1981er Regelung der „Lex Mannesmann“ aus der Montanmitbestimmung herausgefallen wären, weiterhin dieser Mitbestimmungsform unterliegen. Nach der neuen Regelung bleibt eine Konzernobergesellschaft ohne eigene Montanproduktion solange montanmitbestimmt, wie ihre montanmitbestimmten Tochterunternehmen mindestens 20 % der Konzernwertschöpfung erzielen oder mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen.
Eine wesentliche Neuerung bringt das 1988er Gesetz für das oben beschriebene Wahlverfahren der Aufsichtsratsmitglieder. Der Aufsichtsrat setzt sich nunmehr aus 15 Mitgliedern zusammen: sieben von Arbeitgeberseite, sieben von Arbeitneh-
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
75
merseite und einem „weiteren Mitglied“ (§ 5 Mitbestimmungsergänzungsgesetz 1988).12 Das Verfahren vermindert die Zahl der externen Aufsichtsratsmitglieder zugunsten von Mitgliedern aus der betrieblichen Belegschaft. Auf der Arbeitnehmerbank sitzen nunmehr fünf Aufsichtsratsmitglieder von Konzernunternehmen und können nur noch zwei Gewerkschaftsvertreter Platz nehmen (§ 6 Abs. 1 MitbestimmungsergänzungsG 1988). Die Belegschaft kann darüber entscheiden, ob sie ihre Vertreter unmittelbar oder durch Delegierte wählt. Das Wahlverfahren wird insgesamt dem Verfahren nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 (vgl. dazu weiter unten) angeglichen, wie es für sämtliche Großunternehmen außerhalb der Montanindustrie gilt. Für die Gewerkschaften hatte die Montanmitbestimmung immer Vorbildcharakter. Bergbau, Eisen- und Stahlerzeugung galten im Nachkriegsdeutschland als Schlüsselindustrien und Zentren wirtschaftlicher Macht. Ein Reformprojekt, das es der organisierten Arbeitnehmerschaft erlaubte, diese Branchen paritätisch mitzubestimmen, atmete den Geist der Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, wie sie den Gewerkschaften, aber auch den politischen Parteien bis weit in das konservative Lager hinein, vorschwebte. Die paritätische Mitbestimmung wird von den späteren Mitbestimmungsregelungen außerhalb des Montanbereichs nicht mehr erreicht. (2) Für Großunternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten gilt das Mitbestimmungsgesetz von 1976 (vgl. Abb. 3). Dieses Gesetz wurde von der damaligen sozial-liberalen Koalition geschaffen. Mit ihm verbanden die Gewerkschaften die Hoffnung, die in der Montanindustrie bewährte Mitbestimmung auf sämtliche Großunternehmen auszudehnen. Diese Hoffnung wurde enttäuscht. Zwar setzt sich der Aufsichtsrat nach dem Gesetz von 1976 zu gleichen Anteilen aus Anteilseignern und Arbeitnehmervertretern zusammen. Von 12 Aufsichtsratsmitgliedern13 sitzen 6 auf der Arbeitnehmerbank. Zwei (und bei Aufsichtsräten mit 20 Mitgliedern drei) Arbeitnehmervertreter werden von den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften vorgeschlagen. Aber die Parität im Aufsichtsrat wird aus zwei Gründen nicht erreicht: Erstens muss die Arbeitnehmerseite einen Platz für die Vertretung der „leitenden Angestellten“ reservieren. Der leitende Angestellte kann wegen seiner Nähe zur Unternehmensleitung nicht als Vertreter der Arbeitnehmer gewertet werden, wird ihnen aber zugerechnet. 12
Bei Unternehmen mit einem Gesellschaftskapital von mehr als 25 Millionen € kann der Aufsichtsrat aus 21 Mitgliedern, davon 10 Vertretern der Arbeitgeber und 10 der Arbeitnehmer, bestehen. 13 Die Anzahl der Aufsichtsratsmitglieder steigt mit der Anzahl der Beschäftigten. Bei 10 Tsd.–20 Tsd. Beschäftigten hat der Aufsichtsrat 16 Mitglieder, bei mehr als 20 Tsd. Arbeitnehmern 20 Mitglieder (§ 7 MitbestG).
76
Mitbestimmung als Idee und Modell
Zweitens hat der Aufsichtsratsvorsitzende, der stets von der Anteilseignerseite gestellt wird, ein Doppelstimmrecht. In Pattsituationen zählt seine Stimme doppelt. Bei Stimmengleichheit kann deshalb jede Abstimmung zugunsten der Anteilseigner entschieden werden. Das Wahlverfahren der Aufsichtsratsmitglieder ist kompliziert. Jede Gruppe, also Arbeitnehmer und leitende Angestellte, nominiert ihre Kandidaten selbst. Die Wahl erfolgt getrennt durch Delegierte bzw. bei weniger als 8 Beschäftigten durch Urwahl. Diese werden zuvor in geheimer Wahl und nach den Grundsätzen der Verhältniswahl von den Arbeitnehmern gewählt (§ 10 MitbestG). Unter den Delegierten müssen die Arbeitnehmer und leitenden Angestellten entsprechend ihrem zahlenmäßigen Verhältnis vertreten sein. Dabei steht den leitenden Angestellten mindestens ein Delegierter zu (§ 11 Abs. 2 MitbestG). Abbildung 3
Mitbestimmung nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
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Die Mitbestimmung in Großunternehmen unterscheidet sich, wie wir sehen, erheblich von der Montanmitbestimmung. Abgesehen von der fehlenden Parität sind vor allem zwei weitere Unterscheidungsmerkmale wichtig: 1. 2.
der Aufsichtsrat kennt weder ein „neutrales“ Mitglied, noch „weitere Mitglieder“, die die unternehmensexterne Öffentlichkeit repräsentieren. Zwar sieht auch das Gesetz von 1976 einen Arbeitsdirektor vor. Dieser kann jedoch – im Unterschied zur Montanmitbestimmung – auch von der Kapitalseite allein bestellt werden. Der Arbeitsdirektor ist von der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat unabhängig.
Im Vergleich zur paritätischen Mitbestimmung in der Montanindustrie begreifen die Gewerkschaften die quasi-paritätische Mitbestimmung in den Großunternehmen als sozialen Rückschritt. Gleichwohl bildete die Einführung der Unternehmensmitbestimmung im Jahr 1976 ein Feld erbitterter politischer und gesellschaftlicher Auseinandersetzungen. Inzwischen herrscht Ernüchterung. Die Fakten sprechen für sich: Heute arbeitet nur noch jeder fünfte Erwerbstätige in einem Unternehmen, das der Unternehmensmitbestimmung unterliegt. Erst im Schatten der neoliberalen Hegemonie im letzten Jahrzehnt ammte wieder eine re-ideologisierte Auseinandersetzung über die Unternehmensmitbestimmung auf. Diese steht unter einem vor allem von der organisierten Wirtschaft forcierten Veränderungsdruck, auf den die Politik mit der Einsetzung einer „Kommission zur Modernisierung der deutschen Unternehmensmitbestimmung“ im Sommer 2005 reagierte. Die von der Kommission erarbeiteten „Vorschläge für eine moderne und europataugliche Weiterentwicklung“ der Mitbestimmung waren dem Zweck der Mitbestimmung weitgehend angemessen. Die Arbeitgeberseite interpretierte die erforderliche Modernisierung der Unternehmensmitbestimmung jedoch als deren Abbau und bestand letztlich auf einer Drittelbeteiligung der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat. Dies entspricht der rechtlichen Grundlage, wie sie heute schon für kleinere Kapitalgesellschaften Gesetz ist. (3) Für Unternehmen von 500 bis 2000 Beschäftigten gilt das Drittelbeteiligungsgesetz vom Mai 2004 (vgl. Abb. 4). Nach diesem Mitbestimmungsmodell muss ein Drittel des Aufsichtsrats aus Arbeitnehmervertretern bestehen, die von den wahlberechtigten Beschäftigten des Unternehmens in allgemeiner, gleicher und unmittelbarer Wahl gewählt werden. Es gelten die Grundsätze der Mehrheitswahl.
78 Abbildung 4
Mitbestimmung als Idee und Modell Mitbestimmung nach dem Drittelbeteiligungsgesetz von 2004
Zwei Drittel des Aufsichtsrats stellt die Kapitalseite. Sind ein oder zwei Aufsichtsratsmitglieder auf der Arbeitnehmerbank zu wählen, so müssen diese im Unternehmen beschäftigt sein. Sind mehr als zwei Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer zu wählen, müssen mindestens zwei Mitglieder der Arbeitnehmerseite im Unternehmen beschäftigt sein. Wahlvorschläge können von den Betriebsräten und den Arbeitnehmern eingereicht werden, wobei die Vorschläge der Arbeitnehmer von mindestens einem Zehntel der Wahlberechtigten oder von mindestens 100 Wahlberechtigten unterzeichnet sein müssen (§ 6 DrittelbG). Die Größe des Aufsichtsrats ist für kleinere Kapitalgesellschaften nicht geregelt. Sie leitet sich aus dem einschlägigen Gesellschaftsrecht ab.14 Die Drittelparität im Aufsichtsrat stellt die schwächste Form der Unternehmensmitbestimmung dar. Im europäischen Vergleich markiert sie dagegen eher den Mainstream der Unternehmensmitbestimmung (vgl. die tabellarische Übersicht bei 14
Lt. Aktiengesetz muss z. B. der Aufsichtsrat in einer Aktiengesellschaft aus mindestens drei und kann, je nach Höhe des Grundkapitals, höchstens aus 21 Mitgliedern bestehen.
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
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Renaud 2008, S. 189). Sie verleiht der Arbeitnehmerseite eher symbolische Macht, aber keinen wirklichen Einuss auf die Ausübung der Aufsichtsratsfunktionen. Die unterparitätische Besetzung der Aufsichtsräte stärkt nicht die Demokratisierungsfunktion der Mitbestimmung.
3.3
Die Europäische Aktiengesellschaft (SE) und ausländische Rechtsformen
Mit der Europäischen Aktiengesellschaft (lateinisch: Societas Europaea, SE) hat die Europäische Union den übernationalen Rechtsrahmen einer neuen Unternehmensform geschaffen. Ziel der SE ist es, die Aktivitäten international operierender Konzerne zu erleichtern und so auch einen Beitrag zur Europäischen Integration zu leisten. In Deutschland wurde die einschlägige EU-Richtlinie in den letzten Tagen des Jahres 2004 umgesetzt. Um einen Missbrauch dieser Unternehmensform zu verhindern, wurde als Auffangregelung festgelegt, dass das höchste Mitbestimmungsniveau der an der Gründung einer SE beteiligten nationalen Gesellschaften auch für die SE gilt. Die beteiligten Akteure auf Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite müssen aber zunächst über die konkrete Ausgestaltung der Arbeitnehmerbeteiligung auf Unternehmensund Betriebsebene verhandeln. Die Ergebnisse dieser Verhandlungen haben dabei grundsätzlich Vorrang vor den gesetzlichen Bestimmungen. Erst wenn diese Verhandlungen scheitern, kommt die Auffangregelung zum tragen. Wie beim Europäischen Betriebsrat wird ein Besonderes Verhandlungsgremium (BVG) gebildet. Die Auffangregelungen für einen SE-Betriebsrat sind weitgehend den EBRG-Regelungen nachgebildet (vgl. dazu oben 3.1.1). Ein gänzlicher Verzicht auf grenzüberschreitende Unterrichtung und Anhörung ist durch Vereinbarung allerdings nicht möglich. Das bedeutet, dass die betriebliche und Unternehmensmitbestimmung in der SE sehr variieren können. Neben paritätischer Mitbestimmung nach dem deutschen Modell ist auch das gänzliche Fehlen von Unternehmensmitbestimmung möglich. Möglich ist, dass sich das BVG auf eine Stärkung des SE-Betriebsrates einigt und dafür Einschnitte bei der Mitbestimmung im Aufsichtsrat in Kauf nimmt. Auch die Größe des Aufsichtsrates ist verhandelbar. Kommt es zu einer Verkleinerung verlieren in der Regel mindestens die leitenden Angestellten ihr Mandat. In der Praxis erweist sich die SE bislang nicht als Mitbestimmungsvermeidungsinstrument. Allerdings wurde bei der Gesetzgebung nicht berücksichtigt, dass es bei einem Wachstum der Beschäftigtenzahl eines Unternehmens nach deutschem Recht auch zu einer Erweiterung der Mitbestimmungsrechte kommt. So kann bspw. ein Unternehmen mit knapp unter 2000 Beschäftigten durch eine Umwandlung in eine SE verhindern, paritätische Mitbestimmung einführen zu müssen, wenn es über die 2000er Schwelle wachsen sollte.
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Mitbestimmung als Idee und Modell
Mehr oder weniger offen wird Mitbestimmungsvermeidung insbesondere mittels ausländischer Rechtsformen betrieben. So werden in Deutschland ansässige Unternehmen z. B. in eine Ltd. & Co. KG umgewandelt, so dass die deutschen Niederlassungen nicht mehr vom Mitbestimmungsrecht erfasst werden. Diese Gefahr hat die zweite Biedenkopf-Kommission theoretisch erkannt, aber als praktisch (noch) nicht relevant interpretiert. Es zeigt sich seither allerdings, dass die erkannte Gefahr nicht nur theoretisch geblieben ist, so dass deutlicher Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers besteht.
3.4
Die Mitbestimmung als Prozess: drei Entwicklungstendenzen
Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat ist keine statische Einrichtung, sondern prozesshaft. Vergleicht man die rechtlichen Grundlagen und institutionellen Ausformungen der drei Mitbestimmungsmodelle, dann lassen sich die folgenden Entwicklungstendenzen konstatieren: (1) Verlust an Öffentlichkeit Im Montanmodell der Mitbestimmung von 1951 ist die außerbetriebliche Öffentlichkeit im Aufsichtsrat vertreten. Sie wird repräsentiert durch je ein „weiteres Mitglied“ auf Seiten der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmervertreter. Die Mitbestimmungsregelungen außerhalb der Montanindustrie kennen diese Elemente einer Orientierung an unternehmensübergreifenden Interessen nicht mehr. Die Aufsichtsratszusammensetzung spiegelt hier nur noch den Interessengegensatz von Kapital und Arbeit wider. Das herrschende Mitbestimmungsmodell reduziert demnach die pluralistische Interessenstruktur auf das dualistische Prinzip. (2) Marginalisierung der Gewerkschaften Der Einuss der Gewerkschaften auf die Zusammensetzung der Arbeitnehmerseite im Aufsichtrat wurde erheblich abgebaut. Das Montanmitbestimmungsgesetz von 1951 erlaubt den Gewerkschaften drei von insgesamt fünf Arbeitnehmervertretern vorzuschlagen. Schon nach der Holdingnovelle von 1956 haben die betrieblichen Vertreter mit vier zu drei und seit der Verabschiedung des Mitbestimmungsergänzungsgesetzes von 1988 sogar mit fünf zu zwei die Mehrheit. Schließlich können nach dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 die Gewerkschaften nur noch ein Drittel der Arbeitnehmervertreter vorschlagen, nämlich zwei von sechs. Bei einem 20köpgen Gremium reduziert sich ihr Vorschlagsrecht sogar auf 3 von 10 Arbeitnehmervertretern. Darüber hinaus werden die Gewerkschaften dadurch geschwächt, dass sie nicht mehr, wie noch im Montanmodell, autonom ihre Vertreter in den Aufsichtsrat
Die Funktionsweise der bundesdeutschen Mitbestimmung
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entsenden können. Auch die Gewerkschaftsvertreter müssen nunmehr von den Delegierten gewählt werden (§ 16 Abs. 1 MitbestG). Und schließlich wird die Rolle des Deutschen Gewerkschaftsbunden (DGB) bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats zunehmend ausgehöhlt. Nach dem Montanmodell von 1951 hat der DGB ein eigenständiges Vorschlagsrecht. Das Gesetz von 1976 berücksichtigt dagegen nur die im Betrieb selbst vertretenen Gewerkschaften (vgl. § 7 Abs. 4 MitbestG) und schließt den DGB als Dachverband von der Einussnahme auf die Mitbestimmung aus. (3) Schwächung der Arbeitnehmerseite Vergleicht man die Montanmitbestimmung mit der Unternehmensmitbestimmung von 1976, dann zeigt sich eine deutliche Schwächung der Arbeitnehmerseite. Und dies aus zwei Gründen: zum einen durch die Aufsplitterung der Arbeitnehmervertretung. Die Sonderrolle der leitenden Angestellten zerstört die Solidarität zwischen Arbeitern, Angestellten und leitenden Angestellten. Zum anderen durch den Verlust des Arbeitsdirektors als Mitbestimmungsorgan im Vorstand des Unternehmens. Der Arbeitsdirektor neuen Typs ist völlig unabhängig von den Gewerkschaften und auch von den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat. Fazit: Das deutsche Mitbestimmungsmodell hat für die Gewerkschaften und Arbeitnehmer an Glanz verloren. Denn, gemessen am Vorbild der Montanmitbestimmung, brachte das Mitbestimmungsgesetz von 1976 eine Niederlage. Die Unternehmer dagegen hatten sich mit der Mitbestimmung zunächst arrangiert. Mehr noch: Die „Modernisten“ unter ihnen riefen zur Verteidigung der Mitbestimmung auf (vgl. Mohn 1985, S. 50). „So friedlich wie in deutschen Betrieben geht es kaum irgendwo in Westeuropa zu (…). Häuger als anderswo einigen sich Gewerkschaft und Arbeitgeber hierzulande ohne Streik, wenn es um neue Tarifverträge geht. Dies ist der Erfolg eines Dialogs, der beiden Seiten, trotz aller Interessengegensätze, laufend Einblick in die gegenseitigen Belange und Sorgen gibt. Dazu trägt die Mitbestimmung im Betrieb ganz entscheidend bei. Betriebsräte und Aufsichtsräte sorgen dafür, dass Unternehmer nicht über die Köpfe der Belegschaft hinweg entscheiden“ (Frankfurter Rundschau Nr. 293 vom 18. Dez. 1986, S. 5). Dieses Zitat stammt aus einer Anzeige der hessischen Unternehmerverbände in überregionalen Tageszeitungen anlässlich der Bundestagswahlen vom 25. Jan. 1987. Inzwischen gilt die Unternehmensmitbestimmung den organisierten Arbeitgebern als „historischer Irrtum“ (so der ehemalige BDI-Präsident Rogowski) und als nicht mehr zeitgemäß. Die Mitbestimmung steht heute wieder im Streit zwischen organisierten Interessen und ihre Zukunft zur Debatte. Deren Ausgang ist offen und dürfte entscheidend davon abhängen, wem die Mitbestimmung nutzt. Cui bono? Die Antwort gibt die Mitbestimmungspraxis. Diese ist Gegenstand des folgenden Teils 2.
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Mitbestimmung als Idee und Modell
Übungsaufgabe 3 Ordnen Sie bitte die folgenden Angaben den unterschiedlichen Mitbestimmungsmodellen zu. Tragen Sie jeweils für das Montanmodell eine 1 das Drittelbeteiligungsmodell eine 2 das Mitbestimmungsmodell für Großunternehmen eine 3 die Mitbestimmung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) eine 4 ein. Mehrfachzuordnungen sind möglich. 1
Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats folgt dem Prinzip der Drittelparität. 2 Die Aufsichtsratsmitglieder auf der Arbeitnehmerbank werden zum Teil von der Gewerkschaft delegiert. 3 Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat werden durch Delegierte gewählt. 4 Der Arbeitsdirektor als Mitglied des Unternehmensvorstandes verkörpert die Mitbestimmung im Vorstand. 5 Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat werden ausschließlich direkt von der Belegschaft gewählt. 6 Der Arbeitsdirektor ist unabhängig von den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat. 7 Der Aufsichtsratsvorsitzende hat ein Doppelstimmrecht. 8 Die Größe des Aufsichtsrats ist verhandelbar. 9 Die Zusammensetzung des Aufsichtsrats repräsentiert ausschließlich die Interessen von Kapital und Arbeit. 10 Der Aufsichtsrat setzt sich paritätisch zusammen. 11 Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite verhandeln über die konkrete Ausgestaltung der Mitbestimmung im Aufsichtsrat. 12 Die Unternehmensmitbestimmung ist gesetzlich geregelt.
Zusammenfassung: 6 Thesen 4
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Zusammenfassung: 6 Thesen
1. Die deutsche Mitbestimmung ist so alt wie die Bundesrepublik Deutschland. Sie ist entstanden auf der Grundlage eines gesellschaftlichen Konsenses zur Neuordnung von Wirtschaft und Gesellschaft nach dem zweiten Weltkrieg. Das Ergebnis ist ein Torso: das Wirtschaftssystem und der Arbeitsplatz bleiben von der Mitbestimmung frei. Das Modell reduziert die Mitbestimmung auf die Ebenen des Betriebs(rats) und des Unternehmens (Aufsichtsrats). 2. Die Mitbestimmung dient im System der Industriellen Beziehungen
der Demokratisierung, der Erhaltung des sozialen Friedens und der Integration der Arbeitnehmer und ihrer Gewerkschaften.
Die Mitbestimmung übernimmt darüber hinaus innovatorische und unternehmenskulturelle Funktionen. Mitbestimmung erfüllt diese Aufgaben, indem sie die Tarifautonomie stärkt und den Neo-Korporatismus der Industriellen Beziehungen festigt. 3. Der technologische Umbruch der Arbeit hat die Industriellen Beziehungen in Bewegung gebracht. Es zeichnet sich ein Funktionswandel der Mitbestim mung ab. Die Mitbestimmung entwickelt sich von einer sozialpartnerschaftlichen zu einer „Gegenmacht“-Institution ohne jedoch die Machtfrage tatsächlich zu stellen. 4. Der Betriebsrat ist das einzige Mitbestimmungsorgan im Betrieb. Er hat Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte. Letztere beziehen sich im Wesentlichen auf soziale und personelle Angelegenheiten. Bei der Einführung neuer Techniken im Betrieb hat der Betriebsrat nur ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht. 5. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat ist in vier Modellen geregelt:
die Montanmitbestimmung von 1951, die Mitbestimmung in Großunternehmen von 1976, die Drittelbeteiligung in kleineren Kapitalgesellschaften von 2004 und das „europäische Modell“ (SE, SCE, grenzüberschreitende Verschmelzung).
Nur in der Montanindustrie (Bergbau, Stahl- und Eisenerzeugung) setzt sich der Aufsichtsrat paritätisch zusammen. In Unternehmen mit weniger als 2000 Beschäftigten verfügen die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat dagegen nur über eine Drittel-Parität. In den großen Unternehmen mit mehr als 2000 Beschäftigten
84
Mitbestimmung als Idee und Modell
werden die leitenden Angestellten der Arbeitnehmerseite zugerechnet. Der Aufsichtsratsvorsitzende hat bei Stimmengleichheit ein Doppelstimmrecht. 6. Die Entwicklung der Mitbestimmung vom Montanmodell zur Unternehmensmitbestimmung von 1976 zeigt drei Tendenzen:
Ausschluss der unternehmensexternen Öffentlichkeit aus dem Aufsichtsrat. Im Aufsichtsrat sind nur noch die Interessen von Arbeit und Kapital vertreten. Der Interessenpluralismus wird auf einen Interessendualismus reduziert. Abbau des gewerkschaftlichen Einusses auf die Zusammensetzung des Aufsichtsrats und Schwächung der Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat.
Die Mitbestimmung verliert dadurch an Bedeutung für eine demokratische Gestaltung der Wirtschaft.
Weiterführende Literatur Demirovi, Alex (2007): Demokratie in der Wirtschaft. Positionen, Probleme, Perspektiven. Münster Müller-Jentsch, Walther (2008): Arbeit und Bürgerstatus. Studien zur sozialen und industriellen Demokratie. Wiesbaden
Teil 2 Mitbestimmung in der Praxis
L. Kißler et al., Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, DOI 10.1007/978-3-531-92616-2_3, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Vorbemerkung Die Mitbestimmung wurde von der demokratiepolitischen Idee zum Modell der bundesdeutschen Wirtschaftsverfassung nach dem zweiten Weltkrieg. Mit ihrer institutionellen Ausformung und rechtlichen Absicherung war der Weg in eine mitbestimmte Unternehmenspraxis geebnet. Idee und Modell der Mitbestimmung waren Gegenstand der obigen Darstellung (Teil 1). Die Praxis der Mitbestimmung wird im folgenden Teil 2 behandelt. Die praktischen Erfahrungen mit der Mitbestimmung sind facettenreich und vielschichtig. Sie weisen unternehmensspezische Besonderheiten auf, die in einer einführenden Abhandlung keinen Platz haben. Im Folgenden werden forschungsgestützte Erkenntnisse zur Praxis der Unternehmensmitbestimmung (Kap. 1), im Betrieb durch die Betriebsräte (Kap. 2) und am Arbeitsplatz (Kap. 3) vorgestellt. Anschließend wird der Blick auf die Besonderheiten der Interessenvertretung im öffentlichen Dienst gelenkt (Kap. 4). Ein Fazit (Kap. 5) fasst die Ergebnisse zusammen.
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Mitbestimmung in der Praxis
1
Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
1.1
Der Aufsichtsrat: Verbreitung und Größe
Nach dem Blick auf zentrale Daten zur Entwicklung der Unternehmensmitbestimmung werden die Verstetigungs- und Veränderungstrends der Mitbestimmungspraxis im Unternehmen unter besonderer Berücksichtigung der Mitbestimmung nach dem MitbestG 1976 dargestellt. Dieses regelt, wie oben dargelegt wurde (vgl. Teil 1, 3.2), die Aufsichtsratsmitbestimmung in Großunternehmen. Die Mitbestimmung ist in der Praxis mit einer Reihe von Problemen konfrontiert, die in zwei Kategorien eingeteilt werden können: 1) Die Implementations- und Konsolidierungsprobleme, die nach der Einführung neuer Rechtsnormen zu lösen sind, bevor sich die institutionellen Grundlagen der Mitbestimmung im Unternehmen gefestigt haben (dazu 1.2). 2) Die verschiedenen Funktionsprobleme, die sich im Spiegel der Mitbestimmungsgeschichte unter verschiedenen Rahmenbedingungen im Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft stellen (dazu 1.3). Das höchste Kontrollorgan im Rahmen der dualistischen Unternehmensverfassung ist der Aufsichtsrat. Dieser Aufgabe stellen sich die Aufsichtsratsmitglieder in folgender Anzahl von Aufsichtsräten. Tabelle 1
Mitbestimmung von Aufsichtsräten in Kapitalgesellschaften mit mehr als 2000 Beschäftigten (seit 1976), ab 1992 einschließlich ostdeutscher Unternehmen
Jahr
Gesamt
AG
GmbH
Sonstige
1977
475
282
SE
175
18
1982
479
278
178
23
1987
492
290
181
21
1992
709
413
270
26
1997
705
388
292
25
2002
767
386
337
44
2007
708
302
357
45
4
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung 2009, www.boeckler-boxen.de/boecklergra k.htm ?pageid=1909& project=boxen
Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
89
Nach Inkrafttreten des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 hat sich die Zahl der quasi-paritätisch mitbestimmten deutschen Unternehmen kontinuierlich erhöht, während sie heute wieder leicht rückläug ist. Diese Entwicklung hat unterschiedliche Ursachen. Nach der Einführungsphase der Unternehmensmitbestimmung Mitte der 1970er Jahre mussten sich die Aufsichtsräte in 475 Unternehmen neu konstituieren, um die Gremien der veränderten Gesetzeslage anzupassen. Die anfängliche Befürchtung, dass die Unternehmen in größerem Umfang eine Flucht aus der Unternehmensmitbestimmung antreten, bestätigte sich zwar nicht, wenngleich einige große Unternehmen durch rechtliche Änderungen oder Unternehmensabspaltungen unter den Grenzwert von 2000 Beschäftigten aus diesem Mitbestimmungsmodell elen. Davon abgesehen erhöhte sich beständig die Zahl der Unternehmen, für die das neu de nierte MitbestG von 1976 galt. Die 1980er Jahre kennzeichnet ein fortgesetzter Anstieg der Zahl mitbestimmungspichtiger Unternehmen, der sich im Zuge der Wiedervereinigung und der Institutionalisierung der Unternehmensmitbestimmung in den ostdeutschen Unternehmen zunächst (mit einem deutlichen Sprung) fortgesetzt hat. Nach einer weiteren Zunahme ist inzwischen ein Absinken auf das Niveau gegen Ende der 1990er Jahre festzustellen. Im Jahr 2007 greift die quasi-paritätische Mitbestimmung im Aufsichtsrat noch in knapp 700 Unternehmen. Hinter diesem rückläugen Trend verbergen sich z. B. die Outsourcing- und Dezentralisierungskonzepte der Kapitalgesellschaften, die dadurch aus dem Geltungsbereich des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 fallen. Die Aufsichtratsgröße wird regelmäßig in der Frage kontrovers beurteilt, wie weit sie die Arbeitsfähigkeit der Gremien beeinusst (vgl. unten 1.2). Mitbestimmungsgegner oder zumindest ihre Kritiker werfen das Argument in die Waagschale, die Größe der Aufsichtsräte würde die Kommunikationskultur negativ beeinussen. Ein Blick auf quantitative Kennziffern zeigt allerdings, dass hier häug ein Nebenkriegsschauplatz eröffnet wird, anstatt die Lösungssuche zur Fortentwicklung der Unternehmensmitbestimmung mit einer praxisgerechten Diskussion über ihre qualitativen Funktionsprobleme zu führen. Jürgens u. a. (2008, S. 162) argumentieren darüber hinaus, dass große Aufsichtsräte sogar über eine besser entwickelte Aufsichtsrats- und Mitbestimmungspraxis verfügen. Die Mehrzahl der mitbestimmten Unternehmen verfügen über durchaus „schlankere“ (12er) Aufsichtsräte.
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Mitbestimmung in der Praxis
Tabelle 2
Größe des Aufsichtsrats in mitbestimmten Unternehmen
Jahr
12er Aufsichtsrat
16er Aufsichtsrat
20er Aufsichtsrat
2002
515
100
152
2003
510
100
153
2004
504
95
147
2005
487
100
142
Quelle: Hans-Böckler-Stiftung 2009, www.boeckler-boxen.de/boecklergra k.htm ?pageid=1908& project=boxen
Darüber hinaus spricht für die Größe der Aufsichtsräte, dass eine Reihe von privaten mitbestimmten Aktiengesellschaften das Gremium freiwillig vergrößert haben (ebenso im Übrigen auch nicht mitbestimmte sowie drittelbeteiligte Aufsichtsräte), was als Indiz für die herausragende und gestiegene unternehmenspolitische Funktion des Aufsichtsrats zu interpretieren ist (vgl. Gerum 2007, S. 210 ff.). Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat wirft allerdings Praxisprobleme auf, die die Funktionsweise des Kontrollgremiums betreffen. Diese Problemstellungen beziehen sich auf die Efzienz und Qualität der Überwachungs- und Entscheidungsprozesse, auf die Organisation der Aufsichtsarbeit bzw. die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen den Gremien (mit Unternehmensleitung und Aufsichtsratsausschüssen).
1.2
Institutionalisierung und Implementation der Unternehmensmitbestimmung
Bei der Konstituierung der Aufsichtsräte im Anschluss an die Gesetzgebung von 1976 ergaben sich vor allem zwei Koniktpunkte, nämlich
die Kompetenzfestlegung des Aufsichtsratsvorsitzenden und die Einrichtung und Besetzung von Ausschüssen des Aufsichtsrats (vgl. Bamberg u. a. 1984, S. 63 ff.).
Relativ koniktfrei verlief in den Aufsichtsräten die Wahl des Vorsitzenden. Konikte brachten dagegen die Versuche der Unternehmerseite, dem Aufsichtsratsvorsitzenden das Doppelstimmrecht auch in den Ausschüssen einzuräumen. Diese weitere Schwächung der Arbeitnehmerseite ist gelungen und wurde mit Urteil des Bundesgerichtshofes vom 25.02.1982 höchstrichterlich abgesichert. In diesem Rechtsstreit zeigte sich, dass die Mitbestimmungspraxis geprägt wird vom Span-
Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
91
nungsverhältnis zwischen Mitbestimmungsrecht und Gesellschaftsrecht (AktienG, GmbH, etc.). Zwischen beiden Regelungssystemen gibt es bislang ungeklärte „Grauzonen“, die immer wieder zum Rechtsstreit führen. Häuger aber scheuen die Arbeitnehmer und ihre Gewerkschaften den organisatorischen und nanziellen Aufwand eines Gerichtsverfahrens und tolerieren deshalb in der Praxis die Einschränkung von Mitbestimmungsmöglichkeiten. Inzwischen hat sich ein pragmatischer Umgang mit dem Gesetz durchgesetzt. Dabei zeigt sich, dass die bei der politischen Auseinandersetzung um das Mitbestimmungsgesetz thematisierten Koniktfelder in der Praxis kaum eine Rolle spielen. Dies gilt vor allem für das Sondervertretungsrecht der leitenden Angestellten. Entgegen den anfänglichen gewerkschaftlichen Befürchtungen zeigt die Praxis, dass die leitenden Angestellten die Arbeitnehmerbank nicht spalten, sondern mit den Arbeitnehmervertretern durchweg gut zusammenarbeiten. Auch das Doppelstimmrecht des Aufsichtsratsvorsitzenden – und damit ein zentraler Kritikpunkt der Gewerkschaften im Vorfeld der Gesetzgebung – liefert in der Praxis keinen Koniktstoff. Es sind nur wenige Fälle bekannt, wo der Aufsichtsratsvorsitzende von diesem Recht Gebrauch machte. Überhaupt haben die politische Auseinandersetzung und auch die gewerkschaftliche Kritik anfangs der formalen Seite der Aufsichtsratsarbeit zuviel Bedeutung beigemessen. Man hat dabei übersehen, dass der Aufsichtsrat ein „Gentleman-Gremium“ darstellt, wo Interessengegensätze kaum ausgetragen werden (vgl. Bürger 1989, S. 133). Sein Arbeitsstil wird weniger durch Konikte als vielmehr durch Arrangements geprägt, die zumeist im Vorfeld der Sitzungen und Abstimmungen zustande kommen. Die Arbeitnehmervertreter überwachen die Geschäftspolitik des Vorstands, sie stehen in den Aufsichtsräten der Unternehmen aber vor einem durchaus komplizierten strategischen Spagat: In einer Doppelrolle müssen sie Arbeitnehmer- wie Unternehmensinteressen, z. B. bei Umstrukturierungen, Personaleinsparungen, Standortfragen, im Rahmen ihrer strategischen Kontroll- und Beratungsfunktion in Einklang bringen. Die Aufsichtsratsfunktion ist eingebettet in ein komplexes Interaktionssystem, das durch die unterschiedlichsten Interessenlagen gekennzeichnet ist. Die Aufsichtsratsmitglieder stehen vor der Anforderung, einen sachgerechten Interessenkompromiss zwischen Vorstand und Anteilseignern sowie Belegschaften bzw. ihren Interessenvertretern zu erzielen. Die Suche nach diesem Interessenkompromiss ist für die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten eine anspruchsvolle Aufgabenstellung. Ein Blick zurück zeigt daher: Die Einführung bzw. Institutionalisierung der Unternehmensmitbestimmung nach dem MitbestG 1976 stellte Gewerkschaften und Arbeitnehmervertreter vor eine Reihe von Herausforderungen. Nach Inkrafttreten der Unternehmensmitbestimmung mussten in ca. 480 Unternehmen die Aufsichtsräte neu gewählt werden und bis Ende 1989 stieg die Zahl der Unter-
92
Mitbestimmung in der Praxis
nehmen auf 522 an (vgl. oben Tabelle 1 sowie auch Kronenberg/Scheibe-Lange 1990, S. 468 ff.). Zu einer durchaus ernsthaften Schwierigkeit wurden in der Institutionalisierungs- und Konsolidierungsphase der Unternehmensmitbestimmung die Quali kation und die Handlungskompetenz der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten (vgl. Blumenthal 1960). Ihr De zit an wirtschafts- und sozialpolitischem, kaufmännischem und technischem Know-how behinderte die Ausübung einer effektiven Aufsichtsratsarbeit (vgl. auch Potthoff u. a. 1962). Die intensiven gewerkschaftlichen Schulungsaktivitäten und das „learning by doing“ in der Praxis verringerten diese Kompetenzschwierigkeiten. Die Initiierung solcher Lernprozesse, d. h. die Verbesserung der quali katorischen Voraussetzungen für die Aufsichtsratstätigkeit bleibt allerdings im Zuge der Internationalisierung der Unternehmen und sich verändernder Wirtschaftsbeziehungen eine dauerhafte gewerkschaftliche Aufgabenstellung. Befürchtungen über gravierende Störungen der Arbeitsbeziehungen zwischen den Aufsichtsratsmitgliedern der beiden Bänke erwiesen sich nach Verabschiedung des MitbestG 1976 und Auswertung der ersten Praxiserfahrungen dagegen als unbegründet. Der Aufsichtsrat wurde nicht zu einer („Kampf-“) Arena, in der Interessengegensätze mit harten Bandagen ausgetragen werden. Vielmehr kennzeichnete schon bald eine stabile und relativ koniktarme Kooperation die Zusammenarbeit von Vertretern der Anteilseigner und Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat (vgl. Mitbestimmungskommission 1970; Brinkmann-Herz 1972; Bürger 1989, S. 122 ff.). Dafür traten in der Praxis der Unternehmensmitbestimmung aber andere Implementations- und Konsolidierungsprobleme auf. Das Entscheidungs- und Kontrollsystem offenbarte Schwachstellen, was die Fragestellung verdeutlicht, wann und wie der Aufsichtsrat in die unternehmerischen Entscheidungsprozesse einbezogen wird und welches Einusspotenzial ihm dabei zukommt. Auf der Grundlage formalisierter Informationen (Berichte des Vorstands an den Aufsichtsrat) wurde der Aufsichtsrat in der Regel erst zu spät, d. h. in der Phase der Beschlussfassung in Kenntnis gesetzt. „Vollendete Tatsachen“ verringern aber die Chancen zu einer sachgerechten Interessenregulierung und Unternehmenskontrolle. Diese Problemlage musste durch einen informellen Modus zwischen Aufsichtsrat und Vorstand kompensiert werden. Eine erfolgreiche Aufsichtsratsarbeit kommt nicht aus ohne die mitwirkende Überwachung der Geschäftsführung auf der Grundlage frühzeitiger, informeller Interaktion im Willensbildungsprozess. Dieses Verfahren zeigt eine Schattenseite. Jede Informalität birgt stets das Risiko, dass die Transparenz über die Entscheidungsprozesse sinkt. Die Kontrollier- und Nachvollziehbarkeit leidet unter der Art und Weise, wie die Entscheidungen zustande kommen. Die Abwägung von Alternativen bleibt im Dunkeln. Die Intransparenz steigt v. a. wegen der Verschwiegenheitspicht der Aufsichtsratsmitglieder auch bei ofziellen Vorgängen.
Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
93
Aber auch eine effektive Kontrolle der Unternehmensführung besagt noch nicht, dass die Unternehmenspolitik (mit-) gestaltend beeinusst werden kann. Wie weit übt der Aufsichtsrat also Einuss auf die Unternehmenspolitik aus ? Die Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten der meisten dem Mitbestimmungsgesetz von 1976 unterliegenden Unternehmen haben eher relativ geringen Einuss auf die Unternehmenspolitik, so dass, jedenfalls gemessen an der Montanmitbestimmung, die Unternehmensmitbestimmung von 1976 als unzureichender eingestuft wird (Bamberg u. a. 1984). Der tatsächliche Einuss von Aufsichtsräten auf die Unternehmenspolitik kommt keiner systematischen Erschließung des unternehmerischen Entscheidungsfeldes gleich (Steinmann/Gerum 1980). Er besteht in erster Linie in der Berücksichtigung bzw. im Schutz von Arbeitnehmerinteressen bei Investitionspolitik, Konzentrationsbestrebungen oder Werkschließungen (Mitbestimmungskommission 1970). Die Wahrnehmung einer präventiven Gestaltungsfunktion konnten die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat dagegen nicht erreichen. Die Zusammenhänge zwischen Mitbestimmungspraxis und Unternehmenskultur (vgl. Leminsky 1998) zeigten in den 1990er Jahren zudem, dass es „die“ Mitbestimmungspraxis des Aufsichtsrats nicht gibt. Die Wirklichkeit wird vielmehr von einer Vielfalt unterschiedlicher Mitbestimmungskulturen geprägt. Sie haben die Unternehmensmitbestimmung im deutschen Corporate Governance System etabliert und im Rückblick auf die frühen Phasen der Unternehmensmitbestimmung zugleich verändert.
1.3
Funktionsprobleme und -wandel der Unternehmensmitbestimmung
Was hat die Mitbestimmung in den Unternehmen tatsächlich bewirkt ? Die Diskussion des realen Veränderungspotentials der Unternehmensmitbestimmung konzentrierte sich zunächst, im Anschluss an die 1976er Gesetzgebung, auf zwei Fragen:
Erhöht die Mitbestimmung tatsächlich den Einuss der Arbeitnehmer auf die unternehmerischen Entscheidungen ? Senkt die Mitbestimmung die ökonomische Efzienz der Unternehmen ?
Die erste Frage ist mit einem bedingten Ja, die zweite mit einem klaren Nein zu beantworten. Mit Unterstützung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung wurde die Mitbestimmungspraxis in sämtlichen Unternehmen untersucht, die in den Geltungsbereich des ’76er Gesetzes fallen. Die Studie (vgl. Bamberg u. a. 1984) kommt zu folgenden Ergebnissen: die tatsächliche Einussnahme der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat hängt entscheidend davon ab,
94
Mitbestimmung in der Praxis wann der Aufsichtsrat in unternehmerische Entscheidungsprozesse mit einbezogen wird, ob der Aufsichtsrat überhaupt geeignet ist, Steuerungsaufgaben zu übernehmen, d. h. Entscheidungsprozesse zu gestalten und schließlich, wie unternehmerische Entscheidungsprozesse formell und informell verlaufen.
Die Praxis zeigt, dass der Aufsichtsrat häug erst dann eingeschaltet wird, wenn der Entscheidungsprozess bereits gelaufen ist. Die Tätigkeit des Aufsichtsrats reduziert sich auf die Beschlussfassung. Die weitaus meisten Beschlüsse werden einstimmig gefasst. Die Mitbestimmung schrumpft auf die Teilnahme am Abstimmungsverfahren zusammen. Der Aufsichtsrat tagt in der Regel nur vier Mal im Jahr. Er taugt praktisch nicht zu einer ex-ante-Kontrolle. Daraus lässt sich schlussfolgern: Dem quantitativen Zuwachs der Arbeitnehmersitze im Aufsichtsrat entspricht nicht automatisch eine qualitative Ausweitung des Arbeitnehmereinusses. Die Mitbestimmung eignet sich kaum als Instrument für die Ausübung von „Gegenmacht“, wie von ihren Protagonisten anfangs manchmal erhofft. Der Aufsichtsrat selbst hat nur einen eng begrenzten unternehmenspolitischen Stellenwert. Ein bekannter deutscher Satiriker spottete: „Der Aufsichtsrat rät, was er beaufsichtigen soll“. Was Kurt Tucholsky vor vielen Jahrzehnten mutmaßte, wird durch die heutige Mitbestimmungspraxis bestätigt. Insbesondere schränkt die Mitbestimmungspraxis – entgegen früheren Befürchtungen von Unternehmerseite – die Eigentumsrechte der Kapitaleigner nicht ein (vgl. Bertelsmann-Stiftung/ Hans-Böckler-Stiftung 1998, S. 95). Die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat nehmen praktisch kaum Einuss auf die Unternehmenspolitik. Aufsichtsratsmitglieder, die in mehr als fünf Aufsichtsräten verschiedener Unternehmen sitzen, sind keine Seltenheit. Viele von ihnen sind durch diese Mehrfachmandate schlicht überfordert, ihre Mitbestimmungsrechte wirkungsvoll auszuüben. Darüber hinaus behindert die Konzernstruktur der Unternehmen eine wirkungsvolle Ausübung der Mitbestimmung im Aufsichtsrat. Mehr als 90 % der mitbestimmten Unternehmen stehen im Konzernverbund. Konzernrecht und Mitbestimmungsrechte sind unzulänglich aufeinander abgestimmt. Insbesondere wenn die Konzernverwaltung im Ausland liegt, haben die Aufsichtsräte der deutschen Tochterunternehmen keine ausreichenden Informationsrechte, um effektiv mitbestimmen zu können (zur Gesamtproblematik vgl. Wendeling-Schröder 1983, S. 34 ff.). Dementsprechend hat auch die Mitbestimmung kaum Auswirkungen auf die ökonomische Ef zienz. Die Sachverständigenkommission des Deutschen Bundestages („Biedenkopf“-Kommission) hat hierzu bereits im Vorfeld der Mitbestimmungsgesetzgebung von 1976 eindeutig Stellung bezogen. Danach wirkt sich die Mitbestimmung nicht negativ auf dem Kapitalmarkt aus (vgl. Mitbestimmungskommission 1970). Rentabilitäts- und Efzienzkriterien werden durch die
Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
95
Mitbestimmung nicht tangiert, denn auch die Arbeitnehmervertreter sind daran interessiert, dass ihr Unternehmen wirtschaftlich prosperiert. Vor allem aber tangiert die Mitbestimmung deshalb nicht die ökonomische Efzienz, weil, wie wir gesehen haben, der tatsächliche Einuss der Arbeitnehmerseite auf die Unternehmenspolitik nicht die Qualität einer gleichberechtigten Entscheidung hat. „Die eindeutigen Mehrheits- und Machtverhältnisse zugunsten der Anteilseignervertreter sind die Ursache dafür, dass der Aufsichtsrat keine gewichtige Ebene der Formulierung und Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen sein kann. Die Arbeitnehmervertreter verfügen in diesem Gremium nicht über die notwendigen Druckmittel, um bei wichtigen Unternehmensentscheidungen zumindest die Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen erzwingen zu können. Was sich in diesem Sinne bewegen lässt, wird im Vorfeld der Aufsichtsratssitzungen bewegt und zumeist sind es eher kompensatorische Aushandlungserfolge, die die Arbeitnehmervertreter hier erreichen. Frühzeitige Information über und wenigstens begrenzte Einussnahme auf bedeutsame, gar strategische Unternehmensentscheidungen sind dem gegenüber selten“ (Bürger 1989, S. 132). Die Kommission Mitbestimmung kommt 1985 allerdings zu einer differenzierten Einschätzung der wirtschaftlichen Folgen der Aufsichtsratsmitbestimmung. Dieser werden zum einen strukturkonservierende Wirkungen zugeschrieben, weil sie Investitionen vornehmlich in bestehende Unternehmen fördere und, nach verbreiteter Ansicht, die „feindliche Übernahme“ von Unternehmen erschwere. Zum anderen zwinge die Aufsichtsratsmitbestimmung die deutschen Unternehmen, bei ihren strategischen Entscheidungen, zuviel Aufmerksamkeit auf die personalpolitischen Entscheidungsfolgen zu richten. Schließlich wird gegen die Aufsichtsratsmitbestimmung angeführt, dass sie Karrierechancen von Managern in deutschen Großunternehmen zu sehr an die Fähigkeit zur Kooperation mit der Belegschaft und zur Aushandlung von Konsens koppelt und dadurch zu komparativen Nachteilen gegenüber einem ausländischen Management führe, das weniger konsensorientiert und deshalb eher bereit ist, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Gegen diese negative Einschätzung der wirtschaftlichen Wirkungen der Mitbestimmung wird eingewandt, dass gerade die strukturkonservierenden Wirkungen zu einer hohen Investitionsrate der deutschen Wirtschaft beigetragen haben, die nicht zuletzt auch auf die durch Mitbestimmung bewirkte Investitionssicherheit zurückzuführen ist. Eine mitbestimmungsbedingte frühzeitige Berücksichtigung von personalwirtschaftlichen Aspekten bei Managemententscheidungen unterstreiche zudem die zunehmende Bedeutung der Humanressourcen in der modernen Produktion, die auf Einverständnis und Kooperationsbereitschaft der Beschäftigten existenziell angewiesen ist. Und schließlich erscheine die Fähigkeit des deutschen Managements zur Konsensbildung bei tiefgreifenden Restrukturierungsprozessen als komparativer Vorteil, die deutsche Mitbestimmung mithin als ein organisationskulturelles Element, das dazu beiträgt, Verantwortung
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Mitbestimmung in der Praxis
zu verteilen und damit auch die negativen Folgen von Fehlentscheidungen aufgrund „einsamer Entschlüsse“ zu minimieren (vgl. Bertelsmann Stiftung/ HansBöckler-Stiftung (Hrsg.) 1998, S. 98 ff.). Dass die Mitbestimmung erfolgreiches Wirtschaften nicht behindert, sondern vielmehr ihrerseits zum ökonomischen Erfolg beiträgt, belegen die folgenden wirtschaftshistorischen Überlegungen: es ist „fast ein Gemeinplatz, dass der Wert des ‚menschlichen Vermögens‘ nicht nur an seiner eigenen Quantität und Qualität zu messen ist, sondern vor allem auch an der Fähigkeit der jeweiligen Gesellschaft zu ‚Soziabilität‘, d. h. Herstellung vertrauensvoller Zusammenarbeit im Wirtschaftsprozess. Fehlt diese Fähigkeit, ist Kooperation nur mit Hilfe formaler Regeln, Vorschriften und Zwangsmaßnahmen durchzusetzen. Die Kosten, die dabei anfallenden Transaktionskosten, liegen aber umso höher, je komplexer die Aufgaben sind, die eine Volkswirtschaft bewältigen muss, um am (Welt-) Markt erfolgreich zu sein. Misstrauen wirkt sich dann praktisch wie eine Steuer auf wirtschaftliches Handeln aus. Die Einführung der Mitbestimmung zielte in Deutschland von Anfang an darauf ab, diese Kosten zu minimieren“ (Abelshauser 1999, S. 234). Wenden wir uns zur weiteren Überprüfung der Unternehmensmitbestimmung nun ihrer „jüngsten“ Praxis im globalen Wettbewerb und in der Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen zu. Zu fragen ist nach den Strukturen der Interessenaushandlung und des sozialen Dialogs in den Kontrollgremien der Unternehmensmitbestimmung sowie nach Wirkungen der Unternehmensmitbestimmung auf die Unternehmensführung. Hier zeigt sich: Die Zukunft der Unternehmensmitbestimmung, ihre Fortschreibung und Weiterentwicklung steht im Spiegel ihrer Praxis wiederholt zur Diskussion. Dass sich in der jüngsten Vergangenheit abermals unterschiedliche Kommissionen mit der Unternehmensmitbestimmung befasst haben, zeigt, die deutsche Mitbestimmung ist kein statisches System. Die Überwindung ihrer Implementationsprobleme und die anschließende Konsolidierung der Unternehmensmitbestimmung bedeutet infolgedessen nicht, dass
die Unternehmensmitbestimmung keinen verbandspolitischen Koniktstoff mehr bietet, das deutsche Modell gänzlich ausgereift wäre und die Politik seine Weiterentwicklung von der Reformagenda nehmen könnte.
Die positiven Wirkungen der Mitbestimmung wurden zwar im Zuge einer Kooperation zwischen der Hans-Böckler-Stiftung und der Bertelsmann Stiftung bestätigt. Die an der gemeinsamen Kommission beteiligten Arbeitgebervertreter bekräftigten, dass die Mitbestimmung eine „Extrarendite“ bringt, die durch Parti-
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97
zipation, Kooperation und Konsens erzielt wird.1 Dagegen setzten BDA und BDI Anfang 2004 eine gemeinsame „Kommission Mitbestimmung“ ein, welche die vorgebliche Sonderstellung der deutschen Mitbestimmung in Europa kritisierte und Konzepte zur Erneuerung der Unternehmensmitbestimmung vorstellte. Die Argumente bezogen sich z. B. auf die Ineffektivität großer Aufsichtsratsgremien, die Kontrollfähigkeit und Entscheidungen verzögert, die fehlende Akzeptanz bei ausländischen Investoren und die unternehmerischen Kosten der Mitbestimmung. Auf die Ergebnisse dieser Arbeitgeberkommission folgten zwangsläug gewerkschaftliche Gegenargumente mit dem Ziel, diesen neuerlichen „Anschlag“ auf die deutsche Mitbestimmung abzuwehren. Aber auch die (zweite) Biedenkopf-Kommission, eingesetzt von der rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2005 und besetzt mit Vertretern der Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Wissenschaft, konnte trotz der wissenschaftlichen Vorschläge zur Fortentwicklung der Unternehmensmitbestimmung (beispielsweise zur Größe des Aufsichtsrats und Wahl seiner Mitglieder, zum Mitbestimmungsniveau in Konzernstrukturen wie zu den Folgen der Europäisierung und Internationalisierung für die Unternehmensmitbestimmung) keinen verbandspolitischen Konsens erzielen, da sich die Arbeitgebervertreter dagegen sperrten, die Gewerkschafter hingegen die Modernisierungsvorschläge weitgehend unterstützten. Darüber hinaus stellten die Arbeitgebervertreter die Beibehaltung der paritätischen Besetzung des Aufsichtsrats nach MitbestG von 1976 für große Kapitalgesellschaften in Frage. Obwohl der Wert der Mitbestimmung im wissenschaftlichen Bericht der Kommission gewürdigt wurde und auf dieser Basis auch Modernisierungsszenarien entwickelt wurden, konnte man sich nicht auf einen gemeinsamen Vorschlag an die Politik einigen. Die Kommissionsarbeit blieb politisch folgenlos. Auch zu den ökonomischen Folgen der Unternehmensmitbestimmung bestehen regelmäßig divergierende Auffassungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften. Strittig ist, ob die Unternehmensmitbestimmung ein Wettbewerbsnachteil oder ein Standortvorteil in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen ist, d. h. ob sie zur ökonomischen Bremse wird oder unternehmenspolitische Gestaltungskraft verleiht. Demgegenüber ist die Unternehmensmitbestimmung aber zuvorderst ein gesellschaftspolitisches Projekt im Rahmen der demokratischen Gestaltung der Wirtschaftsbeziehungen und an diesem Ziel zu messen. Im Zuge des internationalen Standortwettbewerbs haben indes Fragestellungen zu den Folgen der Unternehmensmitbestimmung für die ökonomische Efzienz diese gesellschaftspolitische Zielvorstellung zunehmend überlagert (vgl. dazu die einschlägigen empirischen Studien in Teil 3). Die wissenschaftlichen Mitglieder der Kommission zur Modernisierung der deutschen Unternehmensmitbestimmung 1
Die Stiftungen richteten 1996 gemeinsam eine Kommission Mitbestimmung mit dem Ziel ein, eine empirische Bestandsaufnahme der Mitbestimmungspraxis und ihrer Folgen zu erstellen.
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Mitbestimmung in der Praxis
konnten aus den vorliegenden Forschungsergebnissen allerdings nicht ableiten, dass die Unternehmensmitbestimmung zu wirtschaftlichen Nachteilen führt und fanden auch keine Belege für das Risiko, dass die mitbestimmten deutschen Unternehmen auf den internationalen Kapitalmärkten einen „Mitbestimmungsabschlag“ hinnehmen müssten (vgl. ausführlich Kommission zur Modernisierung der deutschen Unternehmensmitbestimmung 2006, S. 12 ff., einen aktuellen Überblick gibt Jirjahn 2010, S. 39 ff.). Diese prinzipiell positive oder zumindest neutrale Bilanz zu den ökonomischen Wirkungen der deutschen Unternehmensmitbestimmung hat wiederum mit der Arbeit von Aufsichtsräten, insbesondere in den paritätisch mitbestimmten Unternehmen zu tun. Das Grundmuster der Aufsichtsratsarbeit kennzeichnen nachstehende Charakteristika. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat hat vor allem dazu beigetragen, dass in den mitbestimmten Unternehmen die Beschäftigungs- und Personalpolitik stärker in die Aufsichtsratsarbeit eingebracht wird. Dazu trägt besonders die Tatsache bei, dass die internen Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat vielfach auch exponierte und langjährige Mitglieder von betrieblichen Arbeitnehmervertretungen (Identität von Aufsichtsratsmitgliedern und Vorsitzenden des Betriebsrats, Gesamtbetriebsrats oder Konzernbetriebsrats) sind, den Prozess der Entscheidungsndung beeinussen und Inhalte betrieblicher Mitbestimmung und Gegenstandsbereiche der Unternehmensmitbestimmung abstimmen. Hinzu kommt auf der Arbeitnehmerbank die Rolle der externen hauptamtlichen Gewerkschaftsvertreter als unternehmensübergreifende Experten (und Vermittler außerhalb des Aufsichtsrats). Sie speisen rechtliches, politisches und branchenbezogenes Wissen in den Dialog ein, vertreten die Gesamtinteressen der Arbeitnehmer, stärken dadurch die Kompetenzen der Arbeitnehmerbank und verfolgen nachhaltige statt kurzfristige (bzw. -sichtige) Unternehmensstrategien, die Unternehmens- wie Arbeitnehmerinteressen gleichermaßen dienen. Der Aufsichtsratsvorsitzende, der in der Regel eng mit dem Vorstand zusammenarbeitet, setzt nur in eher seltenen Fällen sein Doppelstimmrecht ein. Die Entscheidungen im mitbestimmten Aufsichtsrat werden überwiegend einstimmig getroffen, sofern ein sachgerechter Vorlauf stattgefunden hat. Den informellen Informations- und Kommunikationsstrukturen kommt im Rahmen der Entscheidungsndung nämlich eine maßgebliche Rolle zu: Von großer Bedeutung sind die Vorbesprechungen innerhalb der „Bänke“ und zwischen den unterschiedlichen Akteursgruppen sowie die Vorbereitung von Aufsichtsratsentscheidungen in Aufsichtsratsausschüssen. Der Konsens, der mit dieser Verfahrensweise ausgearbeitet wird und sich im übrigen auch bei der gemeinsamen Bestellung des Vorsitzenden des Aufsichtsrats widerspiegelt, ist für Arbeitnehmervertreter wie für Vertreter der Kapitalseite wichtig; erstere könnten ansonsten überstimmt werden und vor allem ihre Verhandlungsfähigkeit im Vorfeld der Aufsichtsratsentscheidungen
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einbüßen, während die anderen in der Zwangslage sind, geplante unternehmenspolitische Maßnahmen durchzusetzen. Dieser strategische Modus von Konsensndung und -sicherung beschleunigt zudem die Aufsichtsratsentscheidungen im Plenum, wo in der Regel kein koniktorischer Diskurs mehr zu führen ist, sondern abgestimmte Beschlüsse „abgesegnet“ werden. Die empirische Mitbestimmungsforschung liefert verfeinerte Einsichten in dieses Grundmuster der praktischen Aufsichtsratsarbeit, d. h. in die Stärken und Folgen, aber auch Schwächen der Mitbestimmung im Unternehmen, aus denen Optionen abgeleitet werden können, um die Aufsichtsratsmitbestimmung zu optimieren. Prüfen wir daher die Informations-, Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen im Mitbestimmungssystem eingehender (vgl. auch Teil 3, 2.4.1). Nach den einschlägigen Untersuchungen zur Aufsichtsratspraxis ist eine Steigerung der Leistungsfähigkeit von Aufsichtsratsgremien erkennbar (nach den im Folgenden zusammengefassten Ergebnissen von Jürgens u. a. 2008). Im Vergleich zu früheren Entwicklungsstadien hat die Qualität der Entscheidungen zugenommen. Größere Aufsichtsräte werden den gestiegenen Anforderungen an die Beratungskompetenz des Aufsichtsrats gerechter als kleinere Gremien. In größeren Aufsichtsräten ist das benötigte Wissen für eine gute Aufsichtsratsarbeit nämlich eher repräsentiert, da jede Akteursgruppe des Aufsichtsrats ihr spezisches Wissensprol in den Verhandlungs- und Entscheidungsprozess einbringt. Keine der Bänke im Aufsichtsrat kann das Spektrum dieses Wissenportfolios allein abdecken. Wie in der Phase nach der Implementation der Unternehmensmitbestimmung, müssen die Arbeitnehmervertreter ihre Kompetenzen aber permanent ausbauen. Dieser Qualizierungsbedarf besteht bei den Arbeitnehmervertretern vor allem in ökonomischen Kenntnissen. Der Grund ist evident: In den globalen Wirtschaftsbeziehungen haben die unternehmensstrategischen Aufgabenstellungen, die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu sichern, gegenüber Themen wie Personalpolitik und Technikentwicklung deutlich an Gewicht gewonnen. Seit der Institutionalisierung der Unternehmensmitbestimmung ist diese strategische Verschiebung in der Aufsichtsratsarbeit besonders hervorzuheben. Im Zuge der Globalisierung und des „ Shareholder-Value-Prinzips“ aktionärsorientierter Unternehmensführung nehmen die Aufsichtsräte nicht nur eine retrospektiv-kontrollorientierte, sondern in immer dynamischeren Wirtschaftsabläufen zunehmend eine vorausschauend beratende Gestaltungsrolle mit stärkerem Einuss auf die Unternehmensentwicklung ein (in ca. einem Drittel der Aufsichtsräte nach den Ergebnissen der o. g. Studie). In der Frage, ob sich ihr strategischer Einuss verbessert hat, vertreten Arbeitnehmervertreter aus unterschiedlichen Branchen und Unternehmen allerdings gespaltene Bewertungen. Es existieren erhebliche branchenspezische Unterschiede, denn die Mitbestimmungskulturen in den einzelnen Wirtschaftssektoren und Unternehmen unterscheiden sich innerhalb des vorgegeben Rechtsrahmens. Der Modus der Konsensndung und
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das verfügbare Wissenportfolio bedeuten also nicht, dass damit auch automatisch das Einusspotenzial des Aufsichtsrats erhöht ist. Jeder Versuch, die Unternehmensentwicklung zu beeinussen, setzt aber eine rechtzeitige Information des Aufsichtsrats durch den Vorstand über Risiken und Chancen von Unternehmensentscheidungen voraus. Hier zeigt sich: Die Informationsversorgung durch den Vorstand ist inzwischen zwar überwiegend zufrieden stellend, allerdings in abgeschwächter Form in den Aufsichtsräten von GmbHs und in kleineren Aufsichtsratsgremien. Die Versorgung mit regulären Informationen (gesetzlich vorgeschriebene Unterlagen und Berichten) hat sich verbessert, aber im Vorfeld von Entscheidungen bestehen noch informatorische Dezite, die sich vor allem auf die zu erwartenden geschäftlichen Risiken und Chancen beziehen. Wer (als nebenamtlicher Akteur mit geringen Ressourcen) über diese Informationen allerdings nicht verfügt, kann nur bedingt bzw. unter erheblichem Aufwand unternehmenspolitische Alternativen in die Diskussion einbringen und den Vorhaben des Vorstands gegenüberstellen. Die Informationsbeschaffung muss durch informelle Kanäle bzw. soziale Netzwerke (also damals wie heute) abgesichert werden, wozu etwa die Kontaktierung des Arbeitsdirektors und Vorbesprechungen mit weiteren Vorstandsmitgliedern dienen. Die Entscheidungsndung im Aufsichtsrat erfolgt anschließend in konsensualer Weise (nach dem oben skizzierten Grundmuster) und die Anwendung des Doppelstimmrechts des Aufsichtsratsvorsitzenden ist eine Ausnahmeerscheinung geblieben. In den Routinen der Aufsichtsratssitzungen ist mit Blick auf diese Konsens ndung entgegen der strikten Trennung der Bänke ein höheres Verständnis als Gesamtgremium vorteilhafter. Das zeigen Praxisfälle, aber auch hierzu ndet man Unterschiede. Dieses Verständnis ist in Konzernen und Aktiengesellschaften ausgeprägter als in GmbHs. Andere Schwachstellen sind außerdem in der Binnenkommunikation des Aufsichtsrats auszumachen, d. h. im Informationsuss zwischen Gesamtgremium und seinen Ausschüssen. Sie bergen das Risiko, dass sich die Beratungsfunktion des Aufsichtsrats zunehmend auf die Ausschüsse verlagert und deshalb Kontrolldezite in der Unternehmensführung auftreten können, da die Entscheidungsverantwortung schließlich beim Gesamtgremium verbleibt. Ein erstes Zwischenfazit zur praktischen Aufsichtsratsarbeit lautet somit, dass der Wandel und damit die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Aufsichtsräte insbesondere durch den Trend gekennzeichnet sind, dass sich die mitbestimmten Aufsichtsräte von einem rückblickenden Kontroll- zu einem vorausschauenden Beratungsgremium verändern, wenngleich mit gemäßigtem Entwicklungstempo, Stolpersteinen und branchenspezischen Unterschieden und inhaltlichen Abstrichen. Somit bleibt zu diskutieren, wie die Unternehmenskontrolle durch den mitbestimmten Aufsichtsrat zu verbessern wäre. Hierzu liegt eine umfassende Bestandsaufnahme des deutschen Corporate Governance-Systems vor: zur Leistungsfähigkeit, zur Kontinuität und zum Wandel des deutschen Systems der
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Unternehmensführung und Unternehmenskontrolle, und damit einschließlich der Unternehmensmitbestimmung (nach den im Folgenden zusammengefassten Ergebnissen von Gerum 2007). Dieser Einblick beruht auf Datenquellen zu den ökonomischen, organisatorischen und personellen Strukturen großer deutscher Aktiengesellschaften.2 Auf den Punkt gebracht zeugen verschiedene, aber zusammenhängende Praxisbedingungen vom Entwicklungsbedarf im Bereich der Unternehmensmitbestimmung:
Die Überwachung des Vorstands durch den Aufsichtsrat weist aufgrund einer teilweise widersprüchlichen und unvollkommenen Organisation des Entscheidungsprozesses insgesamt noch Mängel auf. Die Verbesserungen bei den formalen Voraussetzungen zur Überwachung des Vorstands hängen von der Existenz der Informationsanordnungen, der Qualität zustimmungspichtiger Geschäfte, der Organisation der Vorstandsarbeit und der Ausgestaltung von Aufsichtsratsausschüssen ab. Die Kreierung zustimmungspichtiger Geschäfte (unternehmensstrategisch gehaltvollere Vorbehaltskataloge auf der Grundlage des TransPuG 2002) hat die unternehmenspolitische Kompetenz des Aufsichtsrats zwar gestärkt und die Informationsversorgung des Aufsichtrats (Berichtsinhalte und Berichtsfrequenz) verdichtet. Die Informationsinhalte betreffen allerdings weniger die strategische Planung und schränken somit die Überwachungsfunktion des Aufsichtsrats wiederum ein. In den Ausschüssen werden die Entscheidungsgrundlagen geprüft. Nach den gesetzlichen Regeln müssen sie aber nicht paritätisch besetzt sein und können das Mitbestimmungspotenzial der Arbeitnehmervertreter verringern, falls diese in den Ausschüssen in der Minderheit sind und nicht nur fachliche Gründe bei dieser Zusammensetzung eine Rolle spielten. Der Blick auf die Arbeitnehmerbank zeigt: Die formale Macht liegt primär in den Händen der Betriebsräte (zunehmend der KBR), während das Einusspotenzial der externen Gewerkschaftsvertreter als gleich bleibend (gegenüber den 1970er Jahren) einzustufen ist. Unterm Strich hat sich das Mitbestimmungspotenzial der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat verbessert. Indikatoren zur Machtverteilung in diesem Gremien belegen, dass sich in etwa einem fünftel der mitbestimmten Aktiengesellschaften eine Konstellation ndet, bei der der Aufsichtsrat die Unternehmenspolitik vollständig überwachen kann und die Gleichberechtigung der Arbeitnehmerseite durchgängig akzeptiert wird.
2 Im Rahmen einer Längsschnittuntersuchung zu Aktiengesellschaften im Bereich des MitbestG 1976 wurden aktuelle Daten (aus dem Jahr 2004) unter Hinzuziehung von Vergleichsdaten (aus dem Jahr 1979) interpretiert. Der Forschungsarbeit lagen Geschäftsberichte, Satzungen, Geschäftsordnungen (von Aufsichtsrat und Vorstand) von 347 (im Jahr 2004) Aktiengesellschaften mit Aufsichtsrat nach dem MitbestG 1976 (sowie 281 im Vergleichszeitraum 1979) zugrunde.
102
Mitbestimmung in der Praxis Allerdings hängt das Mitbestimmungspotenzial des Aufsichtsrats zugleich stark von der spezischen Branchenkultur ab.
Trotz der Professionalisierung des Aufsichtsratsystems bestehen folglich Dezite in der Informationsversorgung und Beratung der Aufsichtsratsmitglieder. Notwendig wären darüber hinaus die verbindliche Einrichtung von Ausschüssen zur Vorbereitung strategischer Entscheidungen, an denen Arbeitnehmervertreter hinreichend beteiligt werden, und die Hinzuziehung (unabhängigen) externen Sachverstandes (kompetente Waffengleichheit in der Diskussion mit dem Vorstand), um die Efzienz der Aufsichtsratsarbeit zu erhöhen. Eine Optimierung bestehender Verfahrensregeln gehört, wie bereits besprochen, im Spiegel der Praxis sicher ebenso auf eine Agenda zur Weiterentwicklung der Unternehmensmitbestimmung, so etwa die Vereinfachung des komplizierten Wahlverfahrens nach dem MitbstG 1976 für die Arbeitnehmervertreter, z. B. durch Wahl in einer Versammlung der Betriebsrats- und Sprecherausschussmitglieder, was zugleich die Kosten dieser Wahl senken würde. Zur Disposition steht auch der Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte, d. h. die besprochene Beseitigung von Deziten insbesondere bei Fragen der Unternehmensstrategie, Konzernsteuerung und den Gründsätzen der Personalpolitik (vgl. Gerum 2007, S. 437). Zugleich ist die internationale Dimension von Unternehmensmitbestimmung zu berücksichtigen. So beschäftigen mitbestimmte deutsche Unternehmen auch Arbeitnehmer in anderen europäischen Ländern, während der Aufsichtsrat auf der Arbeitnehmerbank nur mit deutschen Vertretern besetzt ist. Diskussionswürdig ist daher die Einbeziehung von im Ausland beschäftigten Teilbelegschaften in die Aufsichtsräte (durch eine gesetzliche Öffnungsklausel). Eine Europäisierung des Mitbestimmungsrechts hat – wenn auch rudimentär – mit der Implementation des europäischen Unternehmensrechtes zur SE eingesetzt. In Unternehmen mit ausländischer Rechtsform und Tätigkeit in Deutschland (Niederlassungsfreiheit) ndet die gesetzliche Mitbestimmung keine Anwendung, d. h. mitbestimmungsrelevante Unternehmen mit ausländischen Rechtsformen weisen auf eine Lücke im Schutzbereich der Unternehmensmitbestimmung hin. Im Spiegel der Zunahme dieser Fälle (von „Scheinauslandsgesellschaften“), die abseits der Mitbestimmung in Deutschland tätig werden, wäre folglich zu diskutieren, ob die Mitbestimmung auf diese Unternehmen auszudehnen ist. Eine Option ist z. B. die gewerkschaftliche Forderung nach einem „Mitbestimmungserstreckungsgesetz“ (vgl. Seybold/Thannisch 2008).
1.4
Mitbestimmungspraxis des Aufsichtsrats – das Fazit
Gegenwärtige Diskurse über die Weiterentwicklung der Unternehmensmitbestimmung sowie empirische Forschungen über die Aufsichtsratspraxis beschreiben die
Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
103
Optionen, den professionellen Einuss dieses Organs, seine Gestaltungsfunktion für die strategischen Entscheidungsprozesse im Unternehmen zu befördern und die Mitbestimmung im Coporate-Governance-System zu stärken. Offen bleiben allerdings noch die Chancen, dieses Innovationsziel im Shareholder-Value-Kapitalismus, in der Internationalisierung von Wirtschafts- und Arbeitsbeziehungen und unter der Schubkraft neoliberaler Vorstellungen zur Wirtschaftsordnung politisch zu platzieren und umzusetzen. Die deutsche Unternehmensmitbestimmung verkörpert darüber hinaus ein dynamisches Modell von Arbeitnehmerbeteiligung. Die institutionellen und strategischen Grundlagen der Mitbestimmung im Aufsichtsrat haben sich in den Jahrzehnten seit ihrer gesetzlichen Einführung zwar verändert, allerdings in einem eher langsamen Entwicklungsprozess, der die institutionelle und soziale Stabilität dieses Kontrollorgans der Unternehmensführung erhält (vgl. dazu auch Martens 2008). Der vorangegangene Einblick in die Praxis der Unternehmensmitbestimmung von ihren Anfängen bis heute zeigt Folgendes: Die Praxis der Aufsichtsratsmitbestimmung ist gekennzeichnet durch Vielfalt und Akzentverschiebungen in der Zielrichtung der Aufsichtsratstätigkeit. Wer demnach die Mitbestimmungspraxis kritisch bewerten will, muss zunächst in Rechnung stellen, dass es „die“ Praxis nicht gibt. Die Praxis der Aufsichtsratsmitbestimmung unterscheidet sich zum einen nach der Gesetzeslage – hier ist vor allem die paritätische Montanmitbestimmung von unterparitätischen Formen der Mitbestimmung zu unterscheiden – zum anderen aber nach Branchen und Unternehmen. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens haben sich vielfältige Mitbestimmungskulturen herausgebildet (vgl. Leminsky 1998), die zum Teil zu einer praktischen Angleichung bei der Umsetzung der unterschiedlichen Mitbestimmungsgesetze führten. Darüber hinaus erhöhen vertragliche Mitbestimmungsregelungen die „Artenvielfalt“ von Mitbestimmungspraktiken. In zahlreichen Unternehmen, insbesondere im öffentlichen Sektor, werden Mitbestimmungsrechte vertraglich vereinbart, die über die gesetzlichen Grundlagen hinausgehen und Ausdruck einer bestimmten „Hauskultur“ des jeweiligen Unternehmens sind. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat führt in der Praxis zu einem dichten Netz informeller Kontakte zwischen Arbeitnehmervertretern und Mitgliedern der Unternehmensleitung. Es ermöglicht Arrangements im Vorfeld von Entscheidungen, die durchaus gewisse Einussmöglichkeiten der Arbeitnehmervertreter eröffnen. Allerdings hat diese informelle Einussnahme ihren Preis: Mitbestimmung führt zum informellen „Management“. Der informelle Charakter der Beteiligung und die Verschwiegenheitspicht von Aufsichtsratsmitgliedern binden die Arbeitnehmervertreter in Entscheidungen ein. Sie geben entscheidungserhebliche Information, die ihnen „unter vier Augen“ zugegangen ist, nicht an die Belegschaft weiter, häug nicht einmal an die Kollegen im Aufsichtsrat. Aufsichtsräte werden so zu „Geheimräten“.
104
Mitbestimmung in der Praxis
Demgegenüber zeigen die bisherigen Erfahrungen, dass die volle Ausschöpfung der ohnehin begrenzten Mitbestimmungsrechte gerade das Gegenteil erforderlich macht: die extensive Nutzung der Informationsmöglichkeiten des Aufsichtsrats für die betriebliche Interessenvertretung. Die verbesserte Interaktion zwischen Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat und Unternehmensleitung wirkt wie ein „Schutzschirm“ für die betriebliche Interessenvertretung. Sie hält dem Betriebsrat für seine Vertretungsarbeit den Rücken frei und erweitert seinen Handlungsspielraum. Dies ist die andere, positive Seite der informellen Kommunikationsstrukturen zwischen Arbeitnehmervertretern und Unternehmensleitung. In manchen Großunternehmen wird der Informationsaustausch zwischen Aufsichtsrat, Betriebsrat und Gewerkschaften mit Erfolg praktiziert. Unternehmerische Macht wird dadurch zwar nicht eingeschränkt, aber transparenter. Die Mitbestimmung tangiert nicht die Macht des Unternehmers, sondern die Kultur des Unternehmens. Empirische Untersuchungen bescheinigen der Mitbestimmung im Aufsichtsrat einen erheblichen Ausstrahlungseffekt auf andere Unternehmensbereiche (vgl. Paul 1982, S. 332 f.). Im Ergebnis werden aus der bisherigen Mitbestimmungspraxis Konsequenzen in zweifacher Hinsicht gezogen:
Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat hat „dienende“ Funktion für die Mitbestimmung des Betriebsrats. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat hat eine Sozialisationsaufgabe für die Herausbildung einer Dialogkultur im Unternehmen.
Die Unternehmensmitbestimmung, so das Fazit, begründet für Arbeitnehmer keine neue Machtposition, sondern ein Lernfeld der Partizipation. Inwieweit dieses Feld tatsächlich besetzt wird, hängt nicht zuletzt von der Frage ab, an welchen Zielen sich die Aufsichtsratstätigkeit der Arbeitnehmerseite orientiert. Hier sind durchaus Akzentverschiebungen zu verzeichnen. Die Aufsichtsräte arbeiteten früher unter der Prämisse, dass der Aufsichtsrat keine unternehmerische Gestaltungsfunktion ausübt. Im Zeichen des internationalen Standortwettbewerbs haben sich dagegen die Inhalte der Interessenaushandlung in den Kontrollgremien der Unternehmensmitbestimmung verändert und damit auch die Aufsichtsratskultur. Auch die Arbeitnehmervertreter müssen sich auf unternehmens-, nanzmarkt- und branchenpolitische Gestaltungsstrategien konzentrieren, dort ihre Sachkompetenzen in die Aufsichtsratstätigkeit einbringen und Unternehmens- und Arbeitnehmerinteressen gleichermaßen vertreten. Dies verlangt ihnen in immer stärkerem Maß ökonomische bzw. betriebswirtschaftliche Kenntnisse (Bewertung von Unternehmenskennzahlen, internationale Rechnungslegung etc.) ab. Somit steigt die Komplexität der Entscheidungen, mit denen sich der Aufsichtsrat zu befassen hat und damit die Anforderungen an seine Mitglieder (auf beiden Bänken). Die aktuelle Diskussion behandelt daher die Frage-
Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat
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stellung, wie der Aufsichtsrat über die ex post-Kontrolle hinaus eine nachhaltige und professionelle Gestaltungsfunktion im Rahmen der Unternehmensführung ausüben kann. Die inhaltliche Ausrichtung der Aufsichtsratstätigkeit der Arbeitnehmervertreter ist in diesem Diskurs allerdings umstritten. Die Frage lautet: Nimmt die Arbeitnehmerbank ihre arbeitspolitische Kontrollfunktion dann noch ausreichend wahr ? Ein Risiko ist im Falle einer grundlegenderen Veränderung der Aufsichtsratskultur evident. Einerseits wird der Aufsichtsrat zum strategischen Instrument der Unternehmensführung, andererseits müssen die Aufsichtsratmitglieder auf der Arbeitnehmerbank ihre Kontrollfunktion im Arbeitnehmerinteresse wahrnehmen, also einen immer schwierigeren Spagat bewältigen. „Klassische“ Arbeitnehmerthemen, die Vertretung sozialer und personaler Arbeitnehmerinteressen könnten daher zu weit von ökonomischen Aufgabenstellungen überlagert werden. Deshalb mahnen Wissenschaftler mit guten Gründen eine personal- und arbeitspolitische „Rückbesinnung“ der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat an (Schumann 2008). Im Fokus ihrer Kontroll- und Verhandlungsstrategie müsse der Erhalt von Beschäftigungsverhältnissen und die Entwicklung der Humanressourcen (auch mit dem Ziel „Guter Arbeit“) bleiben. Ziehen wir also das abschließende Fazit. Seit Inkraftreten des Mitbestimmungsgesetzes haben sich die Funktionsprobleme der Unternehmensmitbestimmung verändert. Es gibt durchaus Optimierungsbedarf bei den bestehenden gesetzlichen Normen zur Aufsichtsratsarbeit, zugleich neuen mitbestimmungspolitischen Strategiebedarf der Akteure auf Arbeitnehmerseite und Anpassungsbedarf angesichts der Europäisierung und Internationalisierung der Unternehmen. Die Lösungsvorschläge fallen allerdings je nach interessenorientiertem Standpunkt erwartungsgemäß unterschiedlich aus, und die Auffassungen zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften divergieren ebenso wie zwischen wirtschaftsdemokratisch orientierten Akteuren und wirtschaftsliberalen Kräften aus Politik und Wissenschaft.
Übungsaufgabe 4: Wodurch zeichnet sich in Zeiten der Globalisierung und des internationalen Finanz marktkapitalismus eine zeitgemäße Aufsichtsratsarbeit aus und welche Praxisbedingungen beschränken die Kontroll- und Gestaltungstätigkeit ? Berücksichtigen Sie insbesondere die Einusschancen der Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsräten und benennen Sie wichtige Forderungen zur Weiterentwicklung der Unternehmensmitbestimmung.
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Mitbestimmung in der Praxis
Weiterführende Literatur Jirjahn, Uwe (2010): Ökonomische Wirkungen der Mitbestimmung: Ein Update, Düsseldorf (Arbeitspapiere der Hans-Böckler-Stiftung, Heft 186), http://www.boeckler.de/ pdf/p_arbp_186.pdf Jürgens, Ulrich/Lippert, Inge/Gaeth, Frank (2008): Information, Kommunikation und Wissen im Mitbestimmungssystem. Eine Umfrage unter Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat. Baden-Baden Gerum, Elmar (2007): Das Deutsche Coporate Governance-System. Eine empirische Untersuchung. Stuttgart
2
Praxis der Mitbestimmung des Betriebsrats
Die Mitbestimmungsforschung stellt die Betriebsratsmitbestimmung bzw. die betriebsverfassungsrechtliche Arbeitspraxis nicht umsonst in den Mittelpunkt der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit. Im Zentrum des Erkenntnisinteresses steht aus guten Gründen nicht nur die Umsetzung betriebsverfassungsrechtlicher Regelungen. Vielmehr wird der anhaltende Wandel der betrieblichen Arbeitsbeziehungen beobachtet und die vielfältige Arbeitspraxis der Betriebsräte systematisiert (vgl. dazu Teil 3, 2.4.2). Was aber sind die Ursachen und in welche Richtung verschieben sich die Brennpunkte betrieblicher Mitbestimmung ?
2.1
Aktuelle Herausforderungen und neue Problemstellungen
Die Anforderungen an Betriebsräte sind unter steigendem Wissens- und Informationsbedarf komplexer geworden. Dieser Umbruch im Betriebsratshandeln und der Aufbruch zu einer betrieblichen Interessenvertretungspolitik mit neuen Akzenten beruhen auf vielfältigen Rahmenbedingungen, die sich seit den 1990er Jahren veränderten. Dazu gehören die Internationalisierung der Produktion und Fragen der Beschäftigungs- und Standortssicherung, Umorganisation der Unternehmen, Umbrüche in den Belegschaftsstrukturen, eine betriebsnahe Tarifpolitik und neue Verfahren der direkten Arbeitnehmerbeteiligung. Einer der maßgeblichen Auslöser ist der Trend zur „Verbetrieblichung“ und die damit verbundenen neuen Regulierungsnotwendigkeiten im Betrieb. Die Öffnung von Tarifverträgen und eine immer betriebsnähere Tarifpolitik verlagern die (Aus-) Gestaltung von Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen (z. B. Arbeitszeiten) zunehmend in die betriebliche Verhandlungsarena. Beispiele sind der historische Umbruch der Entgeltordnung in der Metall- und Elektroindustrie, der Einstieg in die tarifpolitische Regulierung prekärer Beschäftigungsverhältnisse
Praxis der Mitbestimmung des Betriebsrats
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sowie eine qualitative Tarifpolitik bei Qualizierung und Weiterbildung (vgl. dazu ausführlich Wannöffel 2006, S. 22 ff.). Diese Verbetrieblichung stellt die Betriebsräte vor interessenvertretungspolitische Mammutaufgaben im Betrieb und über die Betriebsgrenzen hinaus, denn die betriebsnahe Tarifpolitik führt zu einer Differenzierung in den Beschäftigungsbedingungen, die zuvor in Flächentarifverträgen für alle Beschäftigten geregelt waren. Der Betriebsrat erfährt durch diese Tendenz einen auffallenden Bedeutungszuwachs. Möglichst verhandlungsstarke Betriebsräte müssen Regelungsinhalte in der betrieblichen Praxis umsetzen bzw. durch Betriebsvereinbarungen regulieren. Zugleich unterliegt die Führungskultur in den Unternehmen seit langem einem anhaltenden Wandel. Der Betriebsrat muss sich daher auch partizipativen Managementkonzepten stellen (vgl. dazu weiter unten 3.). Direkte Mitarbeiterpartizipation oder alternative Formen des betrieblichen Interessenausgleichs haben sich in den betrieblichen Arbeitsbeziehungen als eine Regulierungsebene mit dem Betriebsrat, aber auch neben sowie ohne den Betriebsrat etabliert. Diese Aufgabenstellungen markieren bereits enorme Herausforderungen in der modernen Betriebsratsarbeit. Allerdings kommen noch andere dazu. Weitere Auslöser für die Aufgabenfülle der Betriebsräte sind die permanenten Reorganisationsprozesse in den Unternehmen sowie technologische Entwicklungen in kurzen Innovationszyklen, die Arbeitsorganisation und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten verändern. Zugleich müssen Betriebsräte das Feld der betrieblichen Personalpolitik sorgsam beobachten und mitgestalten. Der demograsche Wandel zwingt z. B. zu einer alterns- und altersgerechten Personal- und Gesundheitspolitik. Die Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter durch gesundheitliche Prävention und Qualizierung zu sichern, wird in vielen Betrieben vom Management noch vernachlässigt und stellt sich daher als Betriebsratsaufgabe. Die Internalisierung bzw. Globalisierung, und schließlich eine Wirtschaftskrise mit unübersehbaren Folgen, führen im weltweiten Wettbewerb zu Standortsicherungsund Beschäftigungsproblemen und die Betriebsräte sind gefordert, Alternativen zu den Verlagerungsplänen oder Personalabbauprogrammen des Managements zu entwickeln. Die Veränderung betrieblicher Sozialstrukturen verkompliziert die Interessenvertretungspolitik des Betriebsrats zusätzlich. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse führen zu inhomogeneren Belegschaften mit verschwimmenden Grenzen zwischen Stamm- und Randbelegschaft. Beispiele sind der vieldiskutierte Einsatz von Leiharbeitnehmern in den Unternehmen sowie die Zunahme befristeter Arbeitsverhältnisse, geringfügiger Beschäftigung oder Teilzeitbeschäftigung. Für den Betriebsrat gilt es nicht nur, äußerst unterschiedliche Interessen von Arbeitnehmern zu vertreten, sondern die Ausweitung prekärer Beschäftigung im Rahmen seiner begrenzten gesetzlichen Beteiligungsmöglichkeiten einzuschränken. Mit diesen unterschiedlichen Veränderungstrends in der Betriebsratsarbeit ist ein komplizierter inhaltlicher Spagat angesprochen: Betriebsräte bewegen sich
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Mitbestimmung in der Praxis
zwischen zwei extremen Polen, d. h. der Internationalisierung von Unternehmensstrategien auf der einen Seite und der Verbetrieblichung und Dezentralisierung von Regelungen auf der anderen Seite. Die Institutionalisierung eines Betriebsrats ist gesetzlich nicht verbindlich vorgeschrieben. Trotz dieser Aufgabenfülle, worüber im Betrieb mitzubestimmen wäre, gelangen daher längst nicht alle Beschäftigten in den Genuss der Betriebsratsmitbestimmung, wie regelmäßig unterschiedliche Erhebungen zur betriebsrätlichen Deckungsrate in den Unternehmen verschiedener Größenordnung und verschiedener Branchen nachweisen.
2.2
Quantitative Aspekte der Betriebsratsmitbestimmung und Interessenvertretung in betriebsratsfreien Zonen
Die Verbreitung von Betriebsräten unterliegt wissenschaftlicher Beobachtung. Diese speist sich aus unterschiedlichen Quellen:
In periodischen Trendreports werden seit Mitte der 1990er Jahre die Ergebnisse von Betriebsratswahlen aus verschiedenen Einzelgewerkschaften erhoben und analysiert, z. B. im (Wahl-) Jahr 2006 von ca. 34.000 Betriebsräte aus dem Organisationsbereich von fünf Einzelgewerkschaften (vgl. Rudolph/ Wassermann 2007). Eine jüngere Studie zur betrieblichen Interessenregulierung in Deutschland (BISS) untersucht die Strukturen der betrieblichen Interessenvertretung auf der Basis eines repräsentativen Branchenquerschnitts (computergestützte Telefoninterviews mit Geschäftsleitung und Interessenvertretung). Die Forschungsergebnisse geben nicht nur Auskunft über die Verbreitung von Betriebsräten, sondern auch von anderen Vertretungsorganen (AVOs) (vgl. Hauser-Ditz u. a. 2008). Das WSI führt regelmäßige Betriebs- und Personalrätebefragungen zur Interessenvertretungsarbeit (computergestützte Telefonbefragungen auf der Grundlage einer Stichprobe aus der Betriebsstättendatei der Bundesagentur für Arbeit) in Deutschland durch. Zum Forschungsset gehören vor allem zweijährige Hauptbefragungen zur Verbreitung, Struktur und Arbeitsweise der Interessenvertretung. Das IAB beobachtet die Verbreitung von Betriebsräten mittels des IAB-Betriebspanels. In dieser Unternehmensbefragung wird in Interviews mit den Geschäftsleitungen nach der Existenz bzw. Nicht-Existenz von kollektiven Interessenvertretungsorganen, d. h. Betriebsräten und auch alternativen, betriebsspezischen Mitarbeitervertretungen gefragt.
Praxis der Mitbestimmung des Betriebsrats
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Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) prüft die Verbreitung von Betriebsräten und alternativen Formen der Mitbestimmung anhand der Erhebungen des IW-Zukunftspanels. Diese Stichprobe von Unternehmen aus acht Branchen- und drei Umsatzgrößenklassen ist auf die Verbandsmitgliedsunternehmen beschränkt (vgl. Stettes 2008).
Die Trendabschätzungen, Hochrechnungen und Prognosen zur Betriebsratsquote in der Privatwirtschaft divergieren nach Methodik bzw. Datengrundlage, weisen Unterschiede, aber durchaus auch Übereinstimmungen auf. Eine einfache, aber wie noch zu zeigen sein wird, zu vereinfachte Formel lautet: Vertretungsstarke Wirtschaftszonen sind die Großbetriebe – mitbestimmungsfreiere die kleineren Unternehmen. Diese allgemeine betriebsgrößenabhängige Vertretungsdichte belegt die Anzahl der Betriebe mit Betriebsrat, differenziert nach der Beschäftigtenzahl.3 In Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten werden die Arbeitnehmer in hohem Maße von einem Betriebsrat vertreten (zu 90 % in West- und zu 85 % in Ostdeutschland). Mit sinkender Beschäftigtenzahl steigt dagegen die Zahl der betriebsratslosen Betriebe deutlich. Das bedeutet in Zahlen ausgedrückt: Noch „gut“ vertreten werden die Beschäftigten in Betrieben mit 200 bis 500 Beschäftigten (zu 79 % in West- und 74 % in Ostdeutschland), am „unteren Ende der Vertretungsskala“ trifft man auf Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten, in denen nur noch in 6 % der Betriebe ein Betriebsrat die Interessen der Beschäftigten vertritt. Im Gesamtergebnis wird die Betriebsratsmitbestimmung somit in der westdeutschen Privatwirtschaft für 45 % und in der ostdeutschen für 37 % der Beschäftigten zur interessenvertretungspolitischen Realität. Zu vergleichbaren Ergebnissen gelangen auch andere Erhebungen (mit geringen Abweichungen aufgrund der Samplebildung): Danach verfügen ca. 22 % der Betriebe und ca. 57 % der Beschäftigten über eine betriebliche Interessenvertretung (vgl. Hauser-Ditz u. a. 2008, S. 104 ff.). Das Resultat ist eindeutig: Zwar wird die Mehrheit der Beschäftigten durch einen Betriebsrat vertreten, aber die Mehrheit der Betriebe ist betriebsratsfrei. Diese Betriebsratsquoten verdeutlichen, dass die Arbeitsbeziehungen in der Privatwirtschaft in nicht unerheblichem Ausmaß durch betriebsratsfreie Zonen geprägt sind. Daher sind die betrieblichen Arbeitsbeziehungen, oder anders gesagt, 3 Zur beispielhaften Veranschaulichung wird im Folgenden auf die Daten aus den Böckler-Boxen 2009 (nach dem IAB-Betriebspanel 2007) zurückgegriffen. Die Böckler-Boxen (www.boecklerboxen.de) ndet man auf der Themenseite der Hans-Böckler-Stiftung. Sie beinhalten Basiswissen, Forschungsergebnisse, Positionen und Praxisberichte, u. a. zur Mitbestimmung in Deutschland (www. boeckler-boxen.de/1518.html). Die Fakten zur betrieblichen Mitbestimmung, die wir oben gebündelt präsentieren, sind dort in mehreren Unterthemen abgelegt und nachzulesen. Wichtiges Informationsmaterial zur Unternehmensmitbestimmung und zur Mitbestimmung in Europa ist ebenfalls in den Böckler-Boxen zu nden.
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Mitbestimmung in der Praxis
das offenkundige „Mitbestimmungsdezit“ in kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) eingehender zu prüfen (vgl. zum Folgenden Kay/Schlömer 2007). Dieser Einblick in die mittelständischen Arbeitsbeziehungen bestätigt wiederum: Zwar sieht das Betriebsverfassungsgesetz die Wahl eines Betriebsrats in jedem Betrieb mit mindestens fünf Arbeitnehmern vor. Dieses Recht wird jedoch von den Beschäftigten in KMU häug nicht genutzt. Erst mit zunehmender Unternehmensgröße nimmt auch die Wahrscheinlichkeit zu, dass ein Betriebsrat eingerichtet wird. Vergleichbares gilt auch für die Unterscheidung zwischen managementgeführten und inhabergeführten Unternehmen. So ist die Wahrscheinlichkeit in einem managementgeführten Unternehmen einen Betriebsrat anzutreffen viermal höher als in einem inhabergeführten Unternehmen der gleichen Größenklasse mit bis zu 49 Beschäftigten. Die Führungskultur in kleinen Unternehmen beeinusst folglich nicht unerheblich die Aussichten der Beschäftigten, ihre Belange durch einen Betriebsrat vertreten zu lassen. Werfen wir nun einen weiterführenden Blick auf die betrieblichen Arbeitsbeziehungen in betriebsratslosen Betrieben, der einmal mehr die Wichtigkeit unterstreicht, dass Betriebsräte in den Unternehmen gegründet werden. Diese Betriebe sind trotz fehlender betrieblicher Interessenvertretung nach dem BetrVG nicht beteiligungsfrei (vgl. zum Folgenden Hauser-Ditz u. a. 2008). Andere Vertretungsformen (AVOs) prägen dort die Beteiligungslandschaft: Sie sind in 19 % der Betriebe etabliert, was bedeutet, dass 11 % der Beschäftigten jenseits der Betriebsverfassung (mehr oder minder formell) an betrieblichen Entscheidungsprozessen partizipieren. Allerdings sind branchenspezische Unterschiede zu beobachten, z. B. in den Dienstleistungsbranchen mit ihrer unterdurchschnittlichen Betriebsratsdichte. AVOs spielen somit in der interessenvertretungspolitischen Landschaft der Betriebe bzw. Branchen eine größere Rolle als allgemein angenommen. Sie eröffnen ein differenziertes Beteiligungsfeld, auf dem Beschäftigteninteressen im Betrieb kollektiv artikuliert werden. Diese Partizipationsverfahren sind zugleich variantenreich: Bei den AVOs handelt es sich um Mitarbeiterausschüsse, gewählte Sprecher, (nicht gewerkschaftliche) Vertrauensleute, Runde Tische und ähnliches. Sie sind reine Arbeitnehmertretungen (in ca. 23 % der Betriebe) oder gemeinsame Gremien von Belegschaft und Management (in ca. 42 % der Betriebe). Letztere werden in den meisten Betrieben durch das Management eingesetzt. Beachtenswert ist: Die Implementation und die Funktionsfähigkeit dieser alternativen Partizipationsformen hängen im Gegensatz zur Betriebsratsmitbestimmung stark vom Good-will der Geschäftsführungen ab und der Beteiligungsgrad, verstanden als die Interessenvertretungs- und Durchsetzungsqualität, ist nicht mit der gesetzlichen betrieblichen Mitbestimmung vergleichbar. Im Spiegel dieses qualitativen Unterschieds von gesetzlicher und gesetzlich nicht geregelter Arbeitnehmerbeteiligung verwundert es kaum, dass der Betriebsrat, dort wo er existiert, bei den Beschäftigten in der Regel hoch anerkannt ist.
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Darüber hinaus hat die Reform des BetrVG im Jahr 2001 auch die institutionellen Grundlagen betrieblicher Mitbestimmung nachgebessert. Die Wahlbeteiligung gilt als Indikator für das Interesse der Belegschaften an der Interessenvertretungspolitik ihrer Betriebsräte. Die Beschäftigten bewerten die Interessenvertretungsarbeit, die der Betriebsrat zur Gestaltung ihrer Arbeitsund Beschäftigungsbedingungen leistet, hoch ein, was sich in ihrer (steigenden) Bereitschaft zeigt, an der Wahl von Betriebsräten teilzunehmen. In den Betrieben mit Betriebsräten zeichnet sich nach den Ergebnissen der Betriebsratswahlen 2006 nämlich eine starke Verankerung der betrieblichen Mitbestimmung in den Köpfen der Betroffenen ab: Eine anhaltend hohe und leicht ansteigende Wahlbeteiligung von über 80 % im Jahr 2006 gegenüber knapp 75 % im Jahr 1998 spricht für eine solide Legitimationsgrundlage der Arbeit von Betriebsräten in den Unternehmen (Rudolph/Wassermann 2007). Nicht nur dieses Engagement der Belegschaften, sondern auch die Novellierung des BetrVG im Jahr 2001 und die Modernisierung der institutionellen Grundlagen betrieblicher Mitbestimmung haben in mehrfacher Hinsicht dazu beigetragen, die Betriebsräte zu stärken (vgl. ausführlich Wassermann/Rudolph 2005). Die Betriebsratsarbeit wurde von unzeitgemäßen Betriebs- und Unternehmensgrenzen gelöst und dem Wandel der Unternehmens- und Führungsstrukturen angepasst. Vielerorts fanden eine Neuordnung der Betriebsrätestrukturen und eine Einbeziehung bisher betriebsratsloser Betriebe in die Betriebsrätestruktur statt. Die Gesamtbetriebsräte übernehmen (quasi spiegelbildlich zu den unternehmerischen Führungsstrukturen) unternehmensübergreifende Interessenvertretungsaufgaben, entwickeln sich zu strukturellen (Macht-) Zentren der betrieblichen Mitbestimmung in Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten und vertreten zahlreiche örtliche Betriebsräte.4 Zu den institutionellen Verbesserungen betrieblicher Mitbestimmung gehört zudem die Stabilisierung des Zuwachses an freigestellten Betriebsratsmitgliedern (mit Einschränkungen im Rahmen der Teilfreistellungsoption) nach den veränderten Bemessungsgrenzen aus der Reform des BetrVG. Auch die Verdoppelung des Anteils von Leiharbeitnehmern an den Wahlberechtigten von 2002 bis 2006 nach dem neuen Wahlrecht für Leiharbeitnehmer zeigt, dass diese Regelung deren Integration in die betriebliche Mitbestimmung fördert. Gefördert wurde auch die Repräsentanz von Frauen in den Betriebsratsgremien. Die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes leistet einen eigenständigen Beitrag zur Gender-Problematik in der Arbeitswelt. Das formale Mittel, um Fraueninteressen zu repräsentieren, ist die Einführung der „Minderheitengeschlechtsquote“. Diese „Geschlechterquote“, die ein zahlenmäßiges Verhältnis 4 Zur Anzahl der Betriebsratsgremien bzw. lokalen Betriebsräte, die der Gesamtbetriebsrat vertritt, vgl. auch Behrens/Kädtler 2008.
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Mitbestimmung in der Praxis
des Minderheitengeschlechts im Betriebsrat vorsieht, soll dazu führen, dass die Belegschaft in den Interessenvertretungsorganen auch im Geschlechterverhältnis sozial repräsentiert ist. Nach den bisherigen Erkenntnissen hat das Ziel, die Repräsentanz von Frauen in den Betriebsratsgremien zu erhöhen, in der betrieblichen Praxis gegriffen, allerdings mit Unterschieden zwischen größeren und kleineren Unternehmen. Eine einfache Faustregel kennzeichnet die interessenvertretungspolitische Chancen von Frauen: Je größer der Betrieb, umso eher wird der Quotierung entsprochen. Wie gezeigt werden konnte, bestimmen Betriebsräte nicht allerorts in den Betrieben mit. Aber dort, wo sie es tun stellt sich die Frage, was qualiziert dann die praktische Mitbestimmung durch den Betriebsrat gegenüber anderen, gesetzlich nicht geregelten Partizipationsverfahren ? Darüber und über die Unterschiede im Betriebsratshandeln geben Typologien Auskunft, die die Interessenvertretungspolitik der Betriebsräte im Spannungsfeld zwischen Arbeitgeber- und Belegschaftsinteressen, die Doppelrolle von Betriebsräten als Mitgestalter im Unternehmen und Interessenvertreter der Belegschaft klassizieren.
2.3
Qualitative Aspekte der Betriebsratsmitbestimmung: die Praxis unterschiedlicher Typen von Interessenvertretungen
Die Art und Weise, wie der Betriebsrat von seinen Mitbestimmungsrechten Gebrauch macht, hängt nicht nur von der Ausformung gesetzlicher Vorschriften ab, sondern auch von der Interaktionskultur betrieblicher Arbeitsbeziehungen. Die Betriebspolitik des Betriebsrats, den Typus der Interessenvertretung beeinussen unterschiedliche Faktoren: die Betriebsgröße, damit auch die Kapazität der Betriebsratsgremien (Freistellungen), die Professionalisierungsressourcen und die Arbeitsorganisation innerhalb des Gremiums (interne Arbeitsteilung im Betriebsrat) sowie die Austauschbeziehungen zum Management bzw. die Machtverhältnisse im Betrieb. Einen Monotyp von Interessenvertretung im Betrieb gibt es also nicht. Die Mitbestimmungsforschung versucht aus diesen Gründen seit langem, diese Einflussfaktoren zu gruppieren. Ihre Positionsbestimmungen des Betriebsrats markieren verschiedene Typen von Betriebsräten. Sie lassen fundierte Aussagen über die praktischen Beteiligungschancen bzw. über den Grad der Berücksichtigung von Arbeitnehmerinteressen im Unternehmen zu. Die folgenden Typologisierungen waren bahnbrechend sowohl mit Blick auf die realen ( Macht-)Beziehungen zwischen Betriebsrat und Management als auch auf das tatsächliche Einusspotenzial des Betriebsrats in betrieblichen Entscheidungen, z. B. im Falle von Restrukturierungen. Das Verhältnis von Betriebsrat und Geschäftsleitung beschreibt vor allem Kotthoff in seinen zwei viel beachteten Studien von 1981 und 1994. Seine Typologie
Praxis der Mitbestimmung des Betriebsrats
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von Partizipationsmustern im Industriebetrieb bildet unterschiedliche betriebliche Herrschaftsverhältnisse ab und gibt Auskunft über die Praxis der Betriebsratsarbeit, im Sinne von Wandel und Kontinuität der betrieblichen Interessenvertretung. So wird unterschieden (Kotthoff 1981) zwischen dem „ignorierten Betriebsrat“, dem „isolierten Betriebsrat“ und dem „Betriebsrat als Organ der Geschäftsleitung“, der als Führungskraft Kontroll-, Durchsetzungs-, Disziplinierungs-, Verwaltungs- und Informationsaufgaben im Dienst des Arbeitgebers wahrnimmt. Diese Betriebsratstypen sind vorwiegend in Klein- und Mittelbetrieben anzutreffen. In Großbetrieben nden sich dagegen eher der „respektierte zwiespältige Betriebsrats“, der nach allen Seiten eine ausgleichende Vertretung sein will, und der „respektierte standfeste Betriebsrat“, der sich unzweideutig als Interessenvertreter der Arbeitnehmer versteht und Konikte mit der Geschäftsleitung offen austrägt. Diese Typologie der betrieblichen Interessenvertretung musste in den 1990er Jahren aufgrund einer Trendverschiebung verändert und erweitert werden (Kotthoff 1994). Kotthoff wies nach, dass ein Wandel von eher de zienten zu wirksameren Formen der Interessenvertretung stattgefunden hat. Die Indizien waren eindeutig: „Während 1975 zwei Drittel der Betriebe eine deziente Form der Partizipation des Betriebsrats hatten und nur ein Drittel eine vertretungswirksame Form, so ist dieses Verhältnis 1990 genau umgekehrt“ (Kotthoff 1994, S. 39). Als vertretungswirksame Strukturtypen der betrieblichen Interessenvertretung ließen sich der standfeste Betriebsrat, die konsolidierte Ordnungsmacht und die kooperative Gegenmacht identi zieren, die vermehrt in der betrieblichen Interessenaushandlungsarena agieren. Ein neuer Betriebsratstypus, der unter „aggressiver Gegenmacht“ die Belegschaftsinteressen vertritt und wirksam durchsetzt, hat zudem die betriebliche Politikarena betreten. Eine weitere wegweisende, typologische Einordnung der Betriebsratspraxis liefert Müller-Jentsch (Müller-Jentsch u. a. 1998). Die Typologien beschreiben die Einussnahme auf und die Gestaltung von betrieblichen Restrukturierungen durch Betriebsräte. Die Unterschiede in der betriebsrätlichen Arbeitspraxis führen zu vier Betriebsratstypen. Vorzu nden sind: der „konventionelle Betriebsrat“, der sich auf traditionelle Mitbestimmungsaufgaben (d. h. auf die Schutzfunktion des Betriebsrats und weniger auf die Gestaltung neuer Arbeitsorganisationsformen) konzentriert, der „engagierte Betriebsrat“, der sich zwar mit gestalterischen Aufgabenstellungen befasst, dessen Einussnahme sich aber auf den Abschluss von Betriebsvereinbarungen beschränkt, der „ambitionierte Betriebsrat“, dem der Einuss auf betriebliche Veränderungsprozesse auch handlungspraktisch gelingt und schließlich der Betriebsrat als „Co-Manager“ mit Eigeninitiative und vergleichsweise hoher Einussnahme auf betriebliche Reorganisationsprozesse und zwar über die gesetzlichen Mitbestimmungsmöglichkeiten hinaus. Die Arbeitsweisen der verschiedenen Betriebsratstypen und besonders diejenige des Co-Managers unter modernen Management-, Produktions- und Ar-
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Mitbestimmung in der Praxis
beitsbedingungen zeigen, dass sich der Co-Manager immer deutlicher von den anderen Typen abhebt (vgl. zum Folgenden Minssen/Riese 2007). Er arbeitet professionalisiert, mit ausdifferenzierten Arbeitsprozessen, unter hoher Belegschaftsbeteiligung und im intensiven Kontakt zum Management. Die Organisation der Betriebsratsarbeit gleicht sich der Organisation der Arbeits- und Entscheidungsprozesse im Unternehmen an. Die betriebsrätlichen Co-Manager nehmen mit dieser Interessenvertretungspolitik über die Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte des BetrVG hinaus gestaltenden Einuss auf die betrieblichen Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse. Der Typ des „ Betriebsrats als Co-Manager“ hat unter dem Einuss neuer Managementmethoden und Produktionskonzepte in der betrieblichen Realität eine Benchmark für moderne Betriebsratsarbeit gesetzt. Ein Wandel in den betrieblichen Arbeitsbeziehungen, der Trend zur Versachlichung und Modernisierung der Interaktionskultur zwischen Management und Interessenvertretung hat der Orientierung von Interessenvertretungen am Handlungsmuster des „Co-Managements“ Auftrieb gegeben. Der Auftrieb wurde umso stärker, je mehr technisch-organisatorische Innovationen, der Wandel von Betriebs- und Unternehmensstrukturen und die Umbrüche in den Belegschaftsstrukturen die Arbeitswelt veränderten. Dadurch gewinnt der Betriebsrat in der Praxis die Bedeutung einer „intermediären Organisation“ (Müller-Jentsch 1999, S. 9). Gemeinsam ist allen Typologien zur Betriebsratspraxis, dass sie den innerbetrieblichen (Rollen-) Spagat der Betriebsräte nachzeichnen: zwischen den Rechtsnormen und daraus resultierenden Aufgaben der betrieblichen Interessenvertretung nach dem BetrVG und der Beziehungsstruktur zur Belegschaft, zum Management und zu den Gewerkschaften, in deren Organisationsbereich Beschäftigteninteressen vertreten werden. Wer einen Blick auf die (ausgewählten) Typologien zur Betriebsratspraxis wirft, erkennt nicht nur die Unterschiede, sondern vor allem die Ähnlichkeiten dieser Versuche, unterschiedliche Varianten von betrieblicher Interessenvertretungsarbeit nach der Fragestellung zu charakterisieren, wie Betriebsräte im Betrieb verhandeln und agieren und welche Ergebnisse bzw. machtpolitischen Kompromisse sie in der Auseinandersetzung mit dem Management erzielen. Der Blick auf die Typologisierungsversuche schärft somit das Verständnis für eine moderne Betriebsratspraxis.
2.4
Fazit: die Praxis moderner Betriebsratsarbeit
Betriebsräte nehmen zweifellos primär eine Schutzfunktion für die Beschäftigten wahr, spätestens seit Beginn der 1990er Jahren hat aber die Zahl der Betriebsräte, die darüber hinaus vielschichtige planerische und gestalterische Aufgaben übernehmen, deutlich zugenommen. Auf einem anderen Blatt steht allerdings, dass in
Praxis der Mitbestimmung des Betriebsrats
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einer großen Zahl von v. a. mittelständischen Betrieben keine Betriebsräte gebildet werden (können) und so die positive Funktion, die den Betriebsräten mittlerweile auch seitens der Mittelstandsforschung zugeschrieben wird, nicht wahrgenommen wird. Hier scheint rechtlicher Handlungsbedarf zu bestehen. Die meisten bestehenden Betriebsräte haben erhebliche Gestaltungsfunktionen übernommen. Ihr Co-Management im Unternehmen, das in der Praxis nicht selten einem Krisenmanagement (z. B. bei einseitigen Kostensenkungsprogrammen des Managements und in Standortfragen) gleichkommt, setzt im Gegensatz zur klassischen Interessenvertretungsarbeit frühzeitig und verhandlungsorientiert im Vorfeld von unternehmerischen Entscheidungen an. Betriebsräte unterbreiten heute unternehmenspolitische Vorschläge auf den unterschiedlichsten Strategiefeldern und stimmen sie mit der Geschäftsführung (in Kompromissen) ab. In der betrieblichen Arena reicht das regulative Handeln des Betriebsrats, sein Interessenmanagement bzw. seine kooperative Koniktbewältigung daher zum Teil weit über formalrechtliche Interessenvertretungs- und Durchsetzungsstrategien nach dem BetrVG (Mitbestimmung in personellen und sozialen Angelegenheiten) hinaus, dessen Grenzen der Betriebsrat als Co-Manager im Gegensatz zur konventionell orientierten Interessenvertretungspraxis deutlich überschreitet. Der Wirkungsbereich der Betriebsräte endet zudem nicht mehr an den Werkstoren. Betriebsräte nehmen überbetriebliche und gesellschaftspolitische Interessenvertretungsaufgaben wahr. Sie agieren betriebsübergreifend (z. B. mit Zulieferern), auf der Konzernebene, in Netzwerken auf der Branchenebene sowie abseits des BetrVG und seiner nationalen rechtlichen Handlungsmöglichkeiten auf der europäischen und internationalen Ebene im Zuge europa- und weltweiter Umstrukturierungen von Unternehmen und Wirtschaftsbeziehungen. Auch auf diesem Terrain etablieren sich die Betriebsräte als Co-Manager. Die Agenda moderner Betriebsratspraxis lässt sich daher folgendermaßen charakterisieren:
der präventive Schutz der Arbeitnehmer vor Rückschritten in den Arbeitsbedingungen oder dem Verlust des Arbeitsplatzes, das Management unterschiedlicher Interessenlagen zwischen Führungskräften und Arbeitnehmern und zwischen verschiedenen Beschäftigtengruppen auf eine Art und Weise, dass Produktivitätssteigerung, Kosteneinsparungen etc. nicht zu lasten guter Arbeitsbedingungen gehen. Das setzt voraus, dass sich der Betriebsrat (im Sinne des Co-Managements) gestalterisch und mit hohem Innovationspotenzial in betriebliche Entscheidungsprozesse (z. B. Reorganisationsmaßnahmen) einbringt. Dieses Vorhaben erreicht der Betriebsrat nur durch seine zunehmende Professionalisierung als Akteur betrieblicher Optimierungs-, Umstrukturierungsund Innovationsprozesse bzw. durch die Ergänzung seiner Kenntnisse und
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Mitbestimmung in der Praxis Erfahrungen in formalrechtlichen (Interessen-) Durchsetzungsstrategien mit unternehmenspolitischem Sachverstand (etwa zu betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen).
Daraus ergibt sich eine komplizierte Gemengelage strategischer Handlungsschwerpunkte des Betriebsrats, gekennzeichnet durch ein vielfältiges Anforderungsprol und einen Balanceakt zwischen Kooperation, Konsens und Konikt mit der Unternehmensleitung, um unterschiedliche Interessenlagen auszubalancieren. Unter diesen Rahmenbedingungen der Interessenvertretungsarbeit verkörpert der Betriebsrat als Co-Manager aber unstrittig den Handlungstypus, der interessenvertretungspolitisch die größten Erfolge verspricht. Das handlungspraktische Co-Management des Betriebsrats darf aber nicht fehlinterpretiert werden. Die Erfolge stellen sich nämlich nur ein, sofern es gelingt, Schutz- und Gestaltungsfunktion auszubalancieren und erste nicht zugunsten von „Managementaufgaben“ aufzugeben. Diese Betriebsratsstrategie, die Handlungsorientierung am Co-Management, ist keineswegs risikolos. Eine erweiterte Gestaltungsfunktion, die über die Betriebsverfassung hinaus reicht, bedeutet, dass der Betriebsrat für die getroffenen Entscheidungen von der Belegschaft verantwortlich gemacht wird (und im ungünstigen Fall seine eigene Wiederwahl gefährdet). Gehen Betriebsräte zu weit auf das Management zu, laufen sie Gefahr, die Unterstützung der Belegschaft zu verlieren. Bleiben sie hingegen defensiv oder gar passiv und versuchen in erster Linie Veränderungen abzuwehren, verlieren sie Gestaltungsmöglichkeiten (Schwarz-Kocher u. a. 2010). Auf ein weiteres Problemfeld verweist die Fragestellung, wie weit die Betriebsratspolitik des Co-Managements in Zeiten internationaler Unternehmensstrategien umsetzbar ist. Das zeigen die zahlreichen Drohungen mit Standortentscheidungen, die zu lasten der Arbeitsplätze in Deutschland getroffen worden sind. Zwar kommt es weitaus häuger zu Verlagerungsdrohungen als zu tatsächlichem Offshoring. Es handelt sich aber um Entscheidungsprozesse, auf die betriebliche Interessenvertretungen, auch wenn sie erhebliche arbeits- und beschäftigungspolitische Zugeständnisse machen, allenfalls begrenzten oder überhaupt keinen Einuss mehr haben. Letztlich geht es hier also um eine Machtfrage, in der die betriebliche Interessenvertretung erpressbar ist und oft sogar Druck auf die Gewerkschaften ausübt, dem Arbeitgeber möglichst weit entgegen zu kommen. Die internationale Vernetzung der Interessenvertretungen und der EBR können ein Schlüssel sein, um diesem internationalen (Standort-) Wettbewerb alternative Perspektiven zu verleihen. In der Praxis zeigen sich aber angesichts des eher unverbindlichen Charakters von Vernetzung und EBR-Mitwirkung oft erhebliche Umsetzungsprobleme. Ziehen wir wieder ein abschließendes Fazit, diesmal zur Betriebsratspraxis. Die klassische schutzorientierte Betriebsratsarbeit hat nicht ausgedient, ist aber im modernen Wirtschaftsleben um neue Kompetenzen und Strategien ergänzt, ausge-
Praxis der Mitbestimmung des Betriebsrats
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baut und erweitert worden. Die Spielräume dieser intermediären interessenvertretungspolitischen Institution zwischen Belegschaft und Management haben sich auf der betrieblichen Ebene verändert, allerdings auch die Belastungen der Betriebsräte bei ansteigendem Arbeitspensum. Der Betriebsrat ist ein gewählter Interessenvertreter der Belegschaft und kein Manager des Unternehmens: Entsprechend geringer ist folglich auch seine reale Steuerungsmacht. Co-Management des Betriebrats muss durch die Unternehmensführung erst einmal akzeptiert werden und die Bereitschaft vorhanden sein, den Betriebsrat (über die gesetzlichen Vorschriften hinaus) am Wirtschaftshandeln, an den unternehmensbezogenen Gestaltungsstrategien in ihren unterschiedlichen Facetten mit einer offenen, am Interessenausgleich orientierten Informations- und Kooperationspolitik zu beteiligen.
Übungsaufgabe 5: Verschiedene Typen von Betriebsräten kennzeichnen die Praxis der Betriebsverfassung bzw. die Art und Weise, wie die Interessen der Beschäftigten in den Betrieben vertreten werden. Der Typus des betriebsrätlichen Co-Managers gilt als eine besonders efziente Variante der betrieblichen Interessenvertretung. Charakterisieren Sie den Betriebsratstyp des Co-Managers anhand der Merkmale, die seine Arbeitsweise prägen, skizzieren Sie die Voraussetzungen, unter denen ein Betriebsrat erfolgreich als Co-Manager agieren kann und suchen Sie nach prominenten Beispielen für dieses Co-Management der Interessenvertretung.
Weiterführende Literatur Hauser-Ditz, Axel/Hertwig, Markus/Pries, Ludger (2008): Betriebliche Interessenregulierung in Deutschland. Arbeitnehmervertretung zwischen demokratischer Teilhabe und ökonomischer Efzienz. Frankfurt/New York Kotthoff, Hermann (1994): Betriebsräte und Bürgerstatus. Wandel und Kontinuität betrieblicher Mitbestimmung. München und Mering Müller-Jentsch, Walther (Hrsg.) (1999): Koniktpartnerschaft. Akteure und Institutionen der Industriellen Beziehungen. München und Mering Wassermann, Wolfram/Rudolph, Wolfgang (2005): Betriebsräte nach der Reform. Eine empirische Untersuchung ausgewählter Effekte der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 in der Praxis. Münster
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Mitbestimmung in der Praxis Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
Fritz Vilmar konstatierte in den 1970er Jahren, dass die gesamte gesetzliche Mitbestimmungskonzeption ohne Mitbestimmung am Arbeitsplatz einem Koloss auf tönernen Füßen gleiche (vgl. Vilmar 1971). Fest verankert auf den Ebenen des Betriebsrats und des Aufsichtsrats spart sie das Fundament aus, nämlich die Arbeitsplätze selbst. Beim Koloss auf tönernen Füßen handelt es sich demnach um einen kolossalen Torso, der auf Dauer nur dann überlebensfähig ist, wenn er auf ein gesundes Fundament gestellt, d. h. die Mitbestimmung auf die Arbeitsplätze verlängert wird. Im Anschluss an die Praxis unternehmens- und betriebsverfassungsrechtlicher Mitbestimmung steht in der folgenden Darstellung diese Partizipationsebene auf dem Prüfstand: die Mitbestimmung am Arbeitsplatz, die direkte Partizipation der Beschäftigten.
3.1
Staatliche Arbeitspolitik zur Humanisierung des Arbeitslebens: Schubkraft für direkte Arbeitnehmerbeteiligung
In den 1970er Jahren wurden die Auswirkungen des Fordismus und der tayloristischen Arbeitsorganisation spürbar. Inhumane Arbeitsbedingungen und ein Stillstand bei der Produktivität führten zu Umorientierungen in der industriellen Produktionsweise. Nicht nur die Gewerkschaften, sondern auch die Arbeitgeber problematisierten daher die Folgen einer fordistischen, taylorisierten Massenproduktion wie steigende Arbeitsunzufriedenheit, hohe Fluktuation, Ausschussproduktion und Qualitätsverschlechterungen, die das unternehmerische Ziel, Produktivitätsfortschritte zu erzielen, behinderten. Unerschlossene Produktivitätsreserven wurden dagegen in alternativen Arbeitsorganisationsformen und „humanisierten“ Arbeitsbedingungen ausgelotet. Mit diesen Einsichten war der Boden für ein Reformbündnis zwischen Staat, Arbeitgebern und Gewerkschaften bereitet. Das Bündnis schlug sich nieder in modernisierungs- und arbeitspolitischen Programmen, die partizipationsoffen und forschungsvermittelt sind. Das prominenteste und für die direkte Partizipation am Arbeitsplatz ambitionierteste Programm war das Aktionsprogramm „Forschung Humanisierung des Arbeitslebens“ (HdA-Programm), das im Jahr 1974 die sozial-liberale Regierung auegte und unter Federführung von Hans Matthöfer, dem damaligen Bundesforschungsminister, umsetzte. Das Programm wurde auch nach dem Regierungswechsel von 1982 beibehalten, aber „entpolitisiert“ (Fricke 2004, S. 149) und 1981 in „Arbeit und Technik“ umbenannt. In der ursprünglichen Programmzielsetzung heißt es: „Die Humanisierung des Arbeitslebens darf sich aber nicht nur im Abbau von Belastungen erschöpfen, sondern sollte darüber hinaus dem Einzelnen auch Möglichkeiten
Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
119
für die Entfaltung seiner Fähigkeiten und damit zur Selbstverwirklichung geben“ (Bundesminister für Forschung und Technologie (Hrsg.) 1978, S. 7). Das HdA-Programm wurde zunächst von der konservativ-liberalen Bundesregierung beibehalten und erst 1989 aufgegeben. Teile der Programmatik wurden anschließend mit veränderten inhaltlichen Schwerpunkten (ökonomische, technische, wettbewerbsorientierte oder innovationsfördernde Zielsetzungen) in neuen staatlichen Programmen wie „Arbeit und Technik“ und „Innovative Arbeitsgestaltung“ übernommen. Schließlich legte die rot-grüne Bundesregierung 2001 unter dem Titel „Innovation Arbeitsgestaltung – Zukunft der Arbeit“ ein Nachfolgeprogramm auf. Die Initialzündung zur wissenschaftlichen und praktischen Erforschung wie Umsetzung direkter Arbeitnehmerbeteiligung im Betrieb gab aber das ursprüngliche HdA-Programm, das vor allem als ein Forschungsförderungsprogramm angelegt war. Im Rahmen des HdA-Programms wurden ca. 1000 Projekte durchgeführt, die meisten davon noch in den 1970er Jahren (648 Vorhaben) (vgl. Bundesminister für Forschung und Technologie (Hrsg.) 1982, S. 9). Im Fokus der Forschungs- wie Gestaltungsaktivitäten standen Arbeitsstrukturierung, Belastungsreduzierung und Quali kationssteigerung. Das besondere Novum der HdA-Forschung war, soweit sie sich mit den betrieblichen Arbeitsbeziehungen beschäftigte, die „Entdeckung“ der Arbeitenden selbst als Akteursgruppe. Diese „Entdeckung“ hatte aufgrund des HdA-Programmprols auch Folgen für die empirische Forschung zur Arbeitnehmerbeteiligung. Der Verdienst des HdA-Programms liegt darin, die direkte Partizipation als Voraussetzung humaner Arbeitsbedingungen (forschungsgestützt) gefördert zu haben. Von der traditionellen Mitbestimmungsforschung bis dato zu wenig gewürdigt, avancierte die direkte Arbeitnehmerbeteiligung an der Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu einem wichtigen Forschungsthema. Die HdA-Forschung bestellte das Feld für innovative Gestaltungsprojekte zur direkten Arbeitnehmerbeteiligung, d. h. für (Versuchs-) Formen einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Die teilautonomen Gruppenarbeitskonzepte, die im Rahmen des HdA-Programms erprobt wurden, führten zu ersten Bruchstellen mit der tayloristischen Arbeitsorganisation. Im Rahmen der HdA-Forschung wurde beispielsweise nachgewiesen, dass die Arbeitnehmer über ungenutzte innovatorische Qualikationen verfügen, die im Arbeitsalltag brach liegen. Wie diese Qualikationen reaktiviert und ausgebaut werden können, wurde von einem Forschungsprojekt eindrucksvoll ausgelotet und praktisch umgesetzt: im sog. Peiner Modell (vgl. Fricke/Fricke/Schönwälder/ Stiegler 1981). Dieses Projekt wurde als Aktionsforschung durchgeführt und gehört zu den bekanntesten HdA-Forschungsvorhaben. Das Projektziel bestand darin, die innovatorischen Qualikationen und damit die Partizipationskompetenz von Arbeitern einer Schraubenfabrik der Peiner Salzgitter AG zu reaktivieren und für die menschengerechte Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu nutzen. Allerdings
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Mitbestimmung in der Praxis
blieben in diesem Projekt die Fragen, wie unter betrieblichen Normalbedingungen, also ohne Subvention aus einem staatlichen arbeitspolitischen Programm, direkte Beschäftigtenpartizipation im Betrieb zu implementieren und vor allem zu verstetigen sei, unbeantwortet und somit auch die Zukunftsfragen einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Das HdA-Programm durchlüftete mit seinen Projekten zwar die tayloristische Arbeitsorganisation mit innovativen Alternativen. Die vereinzelten betriebsspezischen Gestaltungsmaßnahmen konnten allerdings, trotz nachgewiesener (Partizipations-) Erfolge, die Praxis nach Abschluss dieses Forschungsförderungsprogramms noch nicht nachhaltig und ächendeckend verändern. Nach einer prägnanten arbeitspolitischen Bewertung folgten dem reformerischen Aufbruch in den 1970er Jahren eine Phase der scheinbaren Vereinbarkeit von Rationalisierungs- und Humanisierungsstrategien durch neue Produktionskonzepte in den 1980er und schließlich in den 1990er Jahren eine Phase des Erfolgs und zugleich der Entschärfung der Taylorismuskritik im Zuge der Umsetzung japanischer Produktionsmethoden in den Unternehmen (vgl. Sauer 2007). Das heißt: Der nächste Schritt in Richtung direkte Arbeitnehmerbeteiligung erfolgte auf der Grundlage neuer Management- bzw. Produktionskonzepte, die die Arbeitswelt zu verändern begannen und ausführende Industriearbeit aufzuwerten schienen. Die Folge der politisch initiierten Ansätze zur Humanisierung von Arbeit und der Umorientierung bei den Arbeitgebern war in Verbindung mit der Einführung neuer Informations-, Kommunikations- sowie Fertigungstechniken ein Umbruch in den Produktionskonzepten und Arbeitsprozessen. Diese Phasen blieben für die direkte Arbeitnehmerbeteiligung in den Betrieben und damit für die Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitplatz nicht folgenlos.
3.2
Modernisierung von Produktions- und Führungsstrukturen: direkte Arbeitnehmerbeteiligung und Partizipationsoffensive des Managements
In den 1980er Jahren avancierte die Vernetzung von Rationalisierung und Humanisierung der Arbeit zum aussichtsreichen Versprechen an Unternehmen und ihre Beschäftigten. Partizipative Managementkonzepte eroberten die Betriebe und offerierten den einzelnen Arbeitnehmern bzw. der Arbeitsgruppe einen neuen „Akteurstatus“. Verantwortung wurde nach unten an die Arbeitsplätze verlagert. Anders als in den Modellprojekten zur Humanisierung des Arbeitslebens standen nicht verbesserte Arbeitsbedingungen oder mehr Demokratie im Betrieb, sondern betriebswirtschaftliche Ziele im Fokus der neuen Managementkonzepte: Qualitätssteigerung, Flexibilisierung der Produktion, reibungslose Umsetzung technischer Innovationen oder verbesserte Kundenorientierung. Sie führten zur
Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
121
Einführung von Verfahren zur direkten Arbeitnehmerbeteiligung, diesmal durch das Management. Qualitätszirkel, verschiedene andere Varianten direkter Mitarbeiterbeteiligung und insbesondere Gruppenarbeitskonzepte avancierten im Zuge dieser Entwicklung zu betrieblichen Steuerungs- bzw. Managementinstrumenten, die Einsichten aus der Humanisierungsforschung durchaus adaptierten und die betrieblichen Arbeitsbeziehungen renovierten. Die neuen Partizipationsangebote des Managements lösten zugleich Kontroversen über ihre Folgen aus. Die Beteiligungsangebote wurden ambivalent beurteilt, denn sie werden als Managementangebote mit dem Ziel eines besseren Zugriffs auf die Arbeitskraft einseitig konstruiert, kontrolliert und sind zugleich jederzeit rückholbar. Unbeantwortet war darüber hinaus die mitbestimmungspolitische Fragestellung, ob die, auch als unternehmerische Sozialtechniken bezeichneten, Partizipationsangebote des Managements zu einer eigenständigen direkten Interessenregulierungsebene neben der Betriebsverfassung führen und die kollektiven Interessenvertretungsstrategien des Betriebsrats untergraben könnten. Werfen wir also einen Blick zurück auf diese Entwicklung und fragen nach, welche Auswirkungen auf die arbeitsplatznahe Beteiligung der Beschäftigten davon ausgingen und wie ihre Qualität im Sinne einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz zu bewerten ist.
3.2.1 Die Qualitätszirkelbewegung Mit der Managementoffensive zur Einführung von neuen Formen der Partizipation und der Erprobung von vor allem in der japanischen Automobilindustrie bewährten Partizipationsverfahren („Japan-Rezeption“) bekam der „Mitbestimmungskoloss“ viele neue Füße. Allerdings blieb zunächst offen, ob er damit Laufen lernt und ob sein Weg zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz führt. Zu den neuen Formen der direkten Partizipation zählt vor allem der Qualitätszirkel sowie seine Vorformen im betrieblichen Vorschlagswesen. Unter Qualitätszirkeln versteht man „Gruppen von etwa fünf bis zehn Beschäftigten aus einem gemeinsamen Arbeitsbereich, die regelmäßig (etwa alle 14 Tage oder nach Absprache) für etwa ein bis zwei Stunden als Gesprächsrunde während der Arbeitszeit zusammenkommen, um über ihre tägliche Arbeit zu sprechen und Vorschläge zur Beseitigung von Problemen (etwa in Bezug auf Qualität, Produktionsablauf, Arbeitsbedingungen) zu erarbeiten“ (Breisig 1990, S. 423). Dieser „klassische“ Qualitätszirkel nach japanischem Vorbild ist inzwischen vielfach mutiert und ndet seinen organisatorischen Ausdruck in unterschiedlichen Varianten direkter Beteiligung von Arbeitsgruppen an betrieblichen und arbeitsplatznahen Problemlösungen. Betriebliche Vorschlagsgruppen zählen zu ihren Vorläufern. Es handelt sich um Partizipationsverfahren, die Gruppen bzw. Teams von Mitarbeitern in betrieb-
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Mitbestimmung in der Praxis
liche Gestaltungsprozesse einbeziehen. In den beginnenden 1980er Jahre wurden diese Vorschlagsgruppen mit dem Ziel eingeführt, das traditionelle betriebliche Vorschlagswesen durch Beiträge, die in Teams entwickelt werden, zu fördern und weiterzuentwickeln. Den Beschäftigten wurde die Möglichkeit geboten, außerhalb der Arbeitszeit in einen ergebnisorientierten Dialog zu treten und Verbesserungsvorschläge auszuarbeiten, die anschließend als Gruppenvorschlag im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens eingereicht und im Falle ihrer Annahme bzw. Umsetzung prämiert werden. Diese Vorschlagsgruppen entfalteten zwar keinerlei Dynamik für die Einführung des Gruppenprinzips im Betriebsalltag, trugen allerdings zur Modernisierung des betrieblichen Vorschlagswesens bei und aktivierten die Mitgestaltungsmotivation und -kompetenz der Beschäftigten. Mit der Einführung von Qualitätszirkeln erhielt dieses Prinzip indessen verstärkten Einzug in die Fabrikhallen, und zwar auf sich bereits verändernden Grundlagen der Managementmethodik, auf deren Agenda nunmehr Teamkonzepte standen. Zum Ende der 1970er Jahre machten japanische Fertigungs-, Organisations- und Führungsmethoden Furore. Qualitätszirkel, die mit unternehmensspezischem Zuschnitt unterschiedlich etikettiert wurden (z. B. auch als Werkstattzirkel, Lernstatt) schienen als einer der Schlüssel, um hierzulande mit der japanischen Qualitätsphilosophie und den Kostenvorsprüngen der japanischen Industrie Schritt zu halten. Tausende von Qualitätszirkeln haben in den 1980er Jahren die Beteiligungslandschaft in der gewerblichen Wirtschaft geprägt. Worin lag die Qualität dieser gruppenmäßig organisierten Arbeitnehmerbeteiligung im Betrieb, die ihren Boom begründete ? Das Grundprinzip von Qualitätszirkeln ist unabhängig von den betriebsspezischen Varianten die aufgabenbezogene Problemlösung in Gruppen von Beschäftigten, die zumeist aus einem Arbeitsbereich stammen. Sie nehmen Korrekturen bzw. Optimierungen an Produktionsabläufen, Arbeitstechniken und Produkten vor. Die Themenfelder sind Schwachstellen in Arbeitsablauf, Kooperation und Koordination, Verbesserung des Arbeitsumfeldes, Nachbesserungen bei den Arbeitsmitteln, Schritte zur Steigerung der Produktqualität etc. Die Qualitätszirkel basieren auf einer temporären Teamstruktur, d. h. sie lösen sich nach der Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen wieder auf. Sie werden in der Regel von geschulten Moderatoren geleitet, einer betrieblichen Stabsstelle koordiniert und die Umsetzungschancen der Problemlösungsvorschläge werden im Rahmen des betrieblichen Vorschlagswesens bewertet. Was konnte die Qualitätszirkelbewegung unter einer arbeitspolitischen Bewertungsperspektive in den Betrieben erreichen (vgl. die Forschungsbefunde von Greifenstein/Jansen/Kißler 1993) ? Die Errungenschaft der Qualitätszirkelbewegung liegt darin, die negativen Folgen des Taylorismus durch ächenförmige Kommunikationsnetzwerke zu glätten. Die häug fast militärisch anmutenden Befehlsketten der betrieblichen
Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
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Hierarchie (vor allem in den Low-tech-Bereichen der Produktion) wurden erstmalig durch Beschäftigte hinterfragt, die auch hinter den Werkstoren ihre Bürgerrechte wahrnehmen und mitreden wollen. Qualitätszirkel nutzen das verschüttete, informelle Produktions- bzw. Erfahrungswissen und die technisch-organisatorische Phantasie der Beschäftigten. Sie setzen durch direkte Arbeitnehmerbeteiligung eine höhere Arbeitsmotivation frei. Auch die unmittelbaren Vorgesetzten lernen im Informationsaustausch hinzu. Insoweit sind Qualitätszirkel „Qualizierungszirkel“ für Vorgesetzte und Beschäftigte. Die Qualitätszirkel etablieren aber eine Parallelorganisation von Beschäftigtenbeteiligung, die die Arbeitsbedingungen und Arbeitsorganisation weitgehend unberührt lässt. Da die Qualitätszirkel bzw. ihre Mitglieder nicht autonom entscheiden, sondern die Beschäftigten „außerhalb“ des Arbeitsprozesses partizipieren, verändern sie daher zwar nicht die Führungsund Entscheidungsstrukturen, sehr wohl aber die betrieblichen Führungsstile und Problemlösungsmodi. Die Qualitätszirkel sind demzufolge keineswegs das „trojanische Pferd“, das eine Mitbestimmung am Arbeitsplatz hinter die Werkstore bringt. Die breite Qualitätszirkelbewegung hat indes das Feld (vor- und mit-) bestellt, auf dem sich anschließend mehr oder minder qualizierte Formen von Gruppenarbeit in den Betrieben ausbreiten konnten. Qualitätszirkel sind eine von mehreren Baustellen einer Ära, die durch die Konjunktur des Human-Resources-Managements und der Einführung und Erprobung partizipativer Organisationsentwicklungsmodelle gekennzeichnet ist.
3.2.2 Japanrezeption, Neue Produktionskonzepte und Gruppenarbeit Angesichts der Einführung von neuen Produktionskonzepten und der Ablösung der alten tayloristischen Produktionsweise postulierten Industriesoziologen Mitte der 1980er Jahre das „Ende der Arbeitsteilung“ (Kern/Schumann 1986). Inwieweit befördern die neuen Produktionskonzepte auch die Mitbestimmung am Arbeitsplatz? Unter dieser Fragestellung sind im Folgenden die arbeitspolitischen Perspektiven der neuen Arbeitseinsatzkonzepte zu prüfen. Mit den neuen Produktionskonzepten traten an die Stelle rigider Arbeitsteilung zunehmend technisch vermittelte, ganzheitlichere Aufgabenzuschnitte. Unternehmenspolitische Dezentralisierungsmaßnahmen verlagerten Entscheidungen näher an die Arbeitsplätze. Im Zuge einer Requali zierung von Industriearbeit erhielt ein neuer Facharbeitertypus erweiterte Handlungsspielräume und Beteiligungschancen in der Arbeit: Die sog. Rationalisierungsgewinner waren daher zugleich die „Partizipationsgewinner“, allerdings zeigte sich, dass es sich nur um einen kleinen Teil der Beschäftigten handelt, der zu dieser Belegschaftsgruppe gehört.
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Mitbestimmung in der Praxis
Einen weiteren, und wie sich später erwies, zu euphorischen Schub erhielt die Debatte über die arbeitspolitischen Aussichten neuer Produktionskonzepte und neuer Formen von Arbeitnehmerbeteiligung besonders in den 1990er Jahren, als japanische Produktionsmethoden die Produktionsstätten eroberten. Zu den Vorreitern gehörte vor allem die Automobilindustrie. Eine breit angelegte Studie des Massachusetts Institute of Technology in 15 Ländern erregte weltweite Aufmerksamkeit (Womack/Jones/Roos 1992). Diese vergleichende Untersuchung erforschte in Fabrikationsstätten wie Zulieferbetrieben die Ursachen des Produktivitätsvorsprungs der japanischen Automobilindustrie und konnte die Grundzüge und Erfolgskriterien der japanischen Fertigungsweise offen legen. Danach sind es vielfältige Faktoren, die im japanischen Modell die Produktionskosten senken und die Produktivität erhöhen, wie u. a. die Ausgestaltung der Zulieferbeziehungen und die Einführung von Just-in-time Systemen, eine Null-PufferDurchlauforganisation, das Prinzip der Null-Fehler-Produktion, kontinuierliche Verbesserungsprozesse, ausgeprägte Kundenorientierung etc. Es sind aber insbesondere die Produktionsbedingungen, die den Vorsprung der japanischen industriellen Fertigung gegenüber der europäischen Produktionsweise begründeten. Die japanische Geheimwaffe im internationalen Wettbewerb ist die „schlanke Produktion“ bzw. das „Lean-Management“. Im Gegensatz zur europäischen Organisationsstruktur stützt sich die japanische Arbeitsorganisation weitaus mehr auf Teams und Gruppenarbeit. Die Gruppenmitglieder üben soweit realisierbar alle Arbeitsfunktionen des Arbeitsbereichs aus und übernehmen zugleich Aufgaben, wie Reparaturen an Fertigungsanlagen, Qualitätsprüfung etc., die in die unmittelbare Produktion (rück-) verlagert sind. Die Lean-Production und mit ihr die Gruppenarbeit nach dem japanischen Organisations- und Fertigungsparadigma fanden in deutschen Managementkreisen hohe Anerkennung. Die Prinzipien japanischer Produktionsmethoden wurden adaptiert. Die Folge war ein Zurückfahren des Taylorismus. Diese „Japanisierung“ erreichte ihren Höhepunkt in der Automobilindustrie und veränderte die Realität von Arbeitnehmerbeteiligung in den Betrieben. Das neue Produktionsmodell bzw. neue Managementkonzept beinhaltet verschiedene arbeitspolitisch bedeutsame Elemente, die die direkte Partizipation der Arbeitnehmer befördern. Die hierarchische Fremdbestimmung der Arbeit wird zugunsten individueller bzw. kollektiver Dispositionsspielräume reduziert, wodurch den Beschäftigten neue Beteiligungsoptionen eröffnet werden. Im Gegensatz zur tayloristischen Arbeitsorganisation gehören dazu alternative Gestaltungsformen von Produktionsarbeit mit einem völlig veränderten Vokabular: Verlagerung von Kontrollaufgaben an Arbeitsteams, ache Hierarchien und Eigenverantwortung, Empowerment, Tätigkeitsintegration und ganzheitliche Arbeitsvollzüge (JobEnrichment) und die Gruppenarbeit. Selbstregulation anstelle von hierarchischer
Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
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Führung wurde dadurch auf der Ebene ausführender Industriearbeit in den Unternehmen salonfähig. Der „Toyotismus“ war aber durchaus eine Verkehrung der Leitideen des Programms zur Humanisierung der Arbeit: Konzepte humaner Arbeitsbedingungen wurden jetzt zum Bestandteil ökonomischer Steuerungskonzepte. Zunächst eine Benchmark für die post-tayloristische Produktionsgestaltung, erwies sich das Konzept in Europa allerdings auch als eine Bruchstelle zu den industriellen Beziehungen und Unternehmenskulturen (vgl. hierzu und zum Folgenden Schumann u. a. 2007). Normen und Arbeitswerte der japanischen Gesellschaft führen in den japanischen Unternehmen zu „betriebsharmonistischen“ Arbeitsbeziehungen. Diese Harmonisierung unterschiedlicher Interessen (in einer Leistungsgemeinschaft) nach dem japanischen Grundmuster der Arbeitsbeziehungen ist dagegen keine Blaupause für deutsche Unternehmen und die industriellen Beziehungen hierzulande. Die „Reinform“ des Toyotismus konnte sich so nicht durchsetzen. Vollziehen wir daher einen Sprung in die „Neuzeit“. Danach richtet sich der Blick sofort auf ein bedeutsames Projekt, das weitaus mehr mit den westeuropäischen Arbeitsbeziehungen kompatibel ist: das Projekt „Auto 5000“ der Volkswagen AG. Dieses Vorhaben ist unter der Perspektive gruppenförmiger Arbeitsstrukturen ein gutes Beispiel, das zeigt, wie den Beschäftigten neue Handlungsspielräume und Beteiligungschancen in der Arbeit geboten werden können. Dem Projekt liegt das Konzept „Innovative Arbeitspolitik“ zugrunde, das auf der Ebene der Arbeitsorganisation eine ganzheitliche Gestaltung der Arbeits- und Produktionsbedingungen mit direkter Partizipation der Mitarbeiter verbindet, gleichzeitig aber auch Wettbewerbsfähigkeit und wirtschaftliche Ef zienz fördern soll (vgl. ausführlich Schumann u. a. 2006). Es handelt sich um eine Form von Gruppenarbeit mit überfachlichen Arbeitsinhalten und Integration von planenden wie instand haltenden Tätigkeiten. Zugleich werden den Beschäftigten während der Arbeitszeit Qualizierungen geboten, um ihre Kompetenzen bei der Prozessoptimierung zu befördern. Das arbeitsorganisatorische Konzept nähert sich auf der Grundlage von aufgabenintegrationsorientierten Teamarbeitsstrukturen mit erhöhtem Grad an Gruppenselbstorganisation (durch gewählte Teamsprecher) durchaus einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Die Mitbestimmungsrelevanz von „ Auto 5000“ liegt in der strukturinnovativen Variante von Gruppenarbeit. Strukturinnovative Formen der Gruppenarbeit mit hohem Selbstregulierungsgrad bergen abseits des Taylorismus vielerlei Chancen für die Erweiterung der Mitbestimmung auf den Arbeitsplatz. Nicht jede Gruppenarbeit ist aber damit gleichzusetzen. Die Gruppenarbeitsforschung erschließt den Blick auf ein breites Spektrum von Arbeitsformen, die das Etikett „Gruppenarbeit“ tragen, sich aber durch eine unterschiedliche Qualität von Arbeitnehmerbeteiligung auszeichnen.
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Mitbestimmung in der Praxis
Die empirische Partizipationsforschung bekam einen maßgeblichen Schub im Windschatten der Einführung neuer Produktionskonzepte. Sie nährt sich aus zwei Quellen: (1) aus der strategischen Organisationsanalyse. Hier geht es um Fragen des Akteurshandelns, der Machtverhältnisse und Entwicklung der betrieblichen Arbeitsbeziehungen (vgl. als Projektbeispiel: Greifenstein/Jansen/Kißler 1993) und (2) aus der Gruppenarbeitsforschung, die Aufschluss gibt über die Chancen, Mitbestimmung am Arbeitsplatz zu etablieren (vgl. die Projektübersicht bei Greifenstein/ Kißler 1994). Strategische Organisationsanalysen und Gruppenarbeitsforschung haben grundlegende Erkenntnisse zum demokratischen Potential von Formen der direkten Beschäftigtenpartizipation hervorgebracht. Hierzu gehören empirisch gesicherte Antworten auf die Frage, inwieweit neue Formen der Partizipation die alten Machtverhältnisse im Betrieb tangieren. Das Spektrum dessen, was unter Gruppenarbeit verstanden wird, reicht vom Teamwork, das durchaus unter tayloristischen Arbeitsbedingungen funktioniert auf der einen, bis zur weitgehend selbstregulierten, teilautonomen Gruppenarbeit, die das tayloristische Organisationsprinzip überwindet, auf der anderen Seite. Gerade deshalb unterscheidet die Industriesoziologie zwischen strukturinnovativen und strukturkonservativen Formen der Gruppenarbeit (vgl. Gerst/Hartwig/Kuhlmann/ Schumann 1995, S. 39 ff), wie auch zwischen einem arbeitsorientierten und einem efzienzorientierten Partizipationsparadigma (vgl. Dörre 1996). Die Praxis bewegt sich häug dazwischen und nicht immer werden der Pfad des Taylorismus grundsätzlich verlassen und den Beschäftigten hochwertigere Partizipationschancen geboten, die (normativ) den Namen „Mitbestimmung am Arbeitsplatz“ verdienen. Wann aber nähert sich Gruppenarbeit in der Produktion qualizierten Formen einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz an ? Um diese Frage zu beantworten, sind die direkten Partizipationsverfahren (so auch die Qualitätszirkel) auf ihre Beteiligungsqualität bzw. ihr demokratisches Potenzial hin zu prüfen. Die Ergebnisse sind ernüchternd. Hoffnungen und Befürchtungen, mit der direkten Partizipation komme quasi automatisch die Mitbestimmung an die Arbeitsplätze, erweisen sich gleichermaßen als unbegründet. Die meisten Partizipationsverfahren stellen Kontrollinstrumente dar, die die herrschenden, und insbesondere durch Rationalisierungsmaßnahmen gesetzten Trends, nicht einebnen, sondern verstärken. Mit anderen Worten: Wo die Vorgesetzten, aufgrund technischer Neuerungen, in die Krise kommen, verstärkt die Partizipation diese. Wo die Interessenvertretungen schwach sind, werden sie noch schwächer, aber umgekehrt gilt auch: Starke Betriebsräte können ihre Macht durch die direkte Beteiligung der Beschäftigten konsolidieren. Dieser Trendverstärkereffekt gilt vor allem für all jene Formen der Partizipation, die z. B. in einer empirischen Untersuchung in der deutschen und französischen Automobilindustrie auf die Verfahrenstypen der „gemanagten Partizipation“ (vgl. Greifenstein/Jansen/Kißler 1993) gebracht werden. Hierzu zählen unilaterale
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Verfahren (Typ 1), die ausschließlich der De nitionsmacht eines betrieblichen Akteurs, in der Regel des Managements, unterliegen. Häug handelt es sich hierbei um Qualitätszirkel oder ähnliche managementinitiierte Partizipationsformen. Davon zu unterscheiden sind multilaterale Verfahren (Typ 2), deren Verfahrensregeln zwischen mindestens zwei betrieblichen Akteuren, dem Management und dem Betriebsrat, entweder ausgehandelt (Variante 1) oder kooperativ gesetzt und umgesetzt werden (Variante 2). Die Partizipationsverfahren des ersten Typs führen machtpolitisch zu einem Nullsummenspiel: Was der eine Akteur, zum Beispiel das Management hinzu gewinnt, muss der andere Akteur, zum Beispiel der Betriebsrat abgeben. Die Varianten der multilateralen Partizipation gleichen dagegen einem Positivsummenspiel. Beide Akteure können Macht hinzu gewinnen. Dies gilt jedoch nicht für die Beschäftigten und damit für eine mögliche Erweiterung der Mitbestimmung auf den Arbeitsplatz. Die Beschäftigten selbst sind am Machtspiel nicht beteiligt, sie bleiben Ausführende von Entscheidungen der anderen betrieblichen Akteure. Deren Partizipationsmanagement lässt die (tayloristische) Arbeitsorganisation grundsätzlich unberührt. Die Partizipation dient hier als sozialintegratives Managementinstrument bzw. als Modernisierungsvehikel, indem sie Akzeptanz für technisch-organisatorische Gestaltungsmaßnahmen schafft. Im schlimmeren Fall dient sie der Rationalisierung in Eigenregie. In jedem Fall geht von den vielfältigen Formen der gemanagten Partizipation kein entscheidender Impuls für eine Erweiterung der Mitbestimmung auf den Arbeitsplatz aus. Zu einer optimistischeren Einschätzung führt (im Unterschied zu den Typen 1 und 2) dagegen die partizipative Arbeitsorganisation (Typ 3). Diese überwindet die Parallelorganisation von Beschäftigtenbeteiligung, indem sie diese in die Organisation der Arbeit selbst einlagert und damit die Arbeitsorganisation partizipationsoffen gestaltet. Dies geschieht in der Praxis vor allem durch qualizierte Gruppenarbeit in ihrer strukturinnovativen Form. Diese birgt Chancen für eine Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Der Frage, ob und inwieweit die Gruppenarbeit die Demokratie im Betrieb befördert wird in Untersuchungen, die sich mit dem Demokratiepotential der direkten Partizipation auseinandersetzen nachgegangen (vgl. dazu Teil 3). Als prominentes Projektbeispiel soll die Studie von Klaus Dörre angeführt werden (zum Folgenden vgl. Dörre 2002). Die empirische Untersuchung arbeitet einen Trend heraus, nach dem die direkte Beschäftigtenbeteiligung eine arbeitspolitische Pendelbewegung vollzieht. Dazu werden die (oben vorgestellte) Durchsetzung partizipativer Managementstrategien mit Blick auf die im Zuge der Japanrezeption eingeführten Formen von Gruppen- und Teamarbeit geprüft, die Folgen der direkten Beschäftigtenbeteiligung für das System der betrieblichen Arbeitsbeziehungen gesichtet und ein arbeitspolitisches „Roll Back“ Ende der
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Mitbestimmung in der Praxis
1990er Jahre interpretiert sowie ausgelotet, ob der „Postfordismus“ tatsächlich ein neues Produktionsmodell etabliert.5
3.2.3 Bürgerstatus im Betrieb: ein demokratietheoretischer Forschungsbefund Dörre gelangt zu einer Typologie von Partizipation mit fünf Typen von Beschäftigtenbeteiligung, die in unterschiedlichen Reorganisationsformem vorzunden sind: die „sozialintegrative Partizipation im Kleinrmennetz“, die „erzwungene Beteiligung im desintegrierten Betrieb“, die „gelenkte Beteiligung in der gestrafften Firmenbürokratie“, die „selbstgesteuerte Partizipation in teilautonomen Gruppen“ und die „individualisierte Partizipation in der New Economy“. Mainstream der Restrukturierungspraxis der 1990er Jahre ist danach die gelenkte Partizipation in der gestrafften Firmenbürokratie. Sie stellt den Versuch dar, Widersprüche und Konikte von Reorganisationsprozessen zu bewältigen, und zwar auf der Grundlage von mikropolitischen Machtspielen, die Verlauf und Folgen der Rationalisierung beeinussen. Relevant für Fragen direkter Partizipation in Arbeitsgruppen sind aber besonders die Forschungsresultate zur „selbstgesteuerten Partizipation“, da es sich um eine betriebsdemokratische Variante handelt, die demokratische Beteiligungsverfahren im betrieblichen Alltag etabliert. Diese Reorganisationsvariante weist in den untersuchten Betrieben eine weite Variationsbreite auf. Der Grund: Die betriebsdemokratischen Varianten beruhen auf einem „Kampf um Beteiligung“ zwischen den Arbeitskollektiven, innerhalb und zwischen den betrieblichen Statusgruppen, aber insbesondere zwischen kontrollierter und kontrollierender Arbeit. Der „Kampf“ ist ein Spiegelbild von Managementkonzepten, die zum einen die Beteiligungsbereitschaft der Beschäftigten fördern und zugleich neue Kontrollformen, neue Herrschaftsbeziehungen aufbauen, um die Partizipation betrieblichen Efzienzkriterien unterzuordnen. Die Mitbestimmung im Betrieb erhält in der betriebsdemokratischen Variante indes durchaus einen „partizipativen Unterbau“. Die Betriebs- bzw. Beteiligungspolitik der Mitbestimmungsträger beeinusst die Nachhaltigkeit der direkten Partizipation. Die Analyse der Partizipation und Arbeitsbeziehungen in der betriebsdemokratischen Variante belegt, dass die Einführung partizipativer Arbeitsformen Veränderungen bewirkt, die am Arbeitsplatz beginnen und dann auf die angrenzenden Arenen der betrieblichen Mitbestimmung und der Tarifautonomie ausstrahlen. Die repräsentative Interessenvertretung wird nicht obsolet, aber modiziert. Der Politikstil von Betriebsräten ändert sich in Richtung präventiver
5
Zur methodischen Anlage der Untersuchung vgl. Teil 3, Anhang A, Projektnr. 70.
Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
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Problembearbeitung, Beteiligungsorientierung und Mitverantwortung von Managemententscheidungen. Betriebsdemokratische Partizipationsformen müssen von den Betriebsparteien aber gewollt werden, und zwar an der Schnittmenge der Interessenlagen zu „guter Arbeit“ und „betrieblicher Rationalisierung“. Die Nachhaltigkeit der Partizipation ist somit nicht immer gesichert. Ihre Stabilisierung setzt eine entsprechende Politik des Betriebsrats mit einem kooperierenden Management voraus, letztlich Positivsummenspiele (win-win-Situationen) zwischen Management und Belegschaft. Das arbeitspolitische Pendel kann also immer zurück schwingen und das tut es in der Praxis auch. Die Gründe sind vielfältig: fortschreitende Entbetrieblichung von strategischen Entscheidungsprozessen in Konzernbetrieben, Internationalisierung, Shareholder-Value-Orientierung und Protmanagement erschweren die Arbeitspolitik von Betriebsräten. Die Studie von Dörre ergibt ein insgesamt facettenreiches Bild vom Durchsetzungsstand unterschiedlicher partizipativer Managementstrategien im Rahmen eines breiten Spektrums von Reorganisationsvarianten. Beschäftigtenbeteiligung wurde seit den 1990er Jahren zum „Königsweg“ für die optimale Nutzung des Humankapitals, Partizipation zum „Schlüsselbegriff“ von Managementstrategien. Die (normativen) Folgerungen aus der Untersuchung von Dörre nden sich indes nicht mit dem Betrieb als demokratiefreier Zone ab, sondern zeigen gangbare Wege zu deren „Demokratisierung“ auf. Die Analyse liefert Erklärungsmuster für die Risiken wie Chancen von betrieblichen Akteuren, auf dem betriebsdemokratischen Pfad voranzukommen. Damit ist zugleich die normative Zielrichtung postuliert. In einer demokratischen Bürgergesellschaft sollten sich die Wirtschaftsbeziehungen nicht nur an Produktivität, Efzienz und Wachstum ausrichten. Soziale und politische Bürgerrechte enden nicht vor den Werkstoren. Die direkte Beteiligung der Beschäftigten gehört zum „Bürgerstatus“ im Betrieb.
3.2.4 Bürgerstatus im Betrieb – ohne Bürgerinnen ? Was aber geschieht mit der Mehrheit der Rationalisierungsdulder (Ältere Arbeitnehmer auf traditionellen Arbeitsplätzen) und der Rationalisierungsverlierer (Ausländer, Behinderte, Dequalizierte und Frauen) ? Für diese bergen die neuen Produktionskonzepte und die damit einhergehenden Partizipationschancen nicht nur materielle Rationalisierungseinbußen bis hin zum Verlust des Arbeitsplatzes. Die Rationalisierungsverlierer verlieren auch auf dem innerbetrieblichen Partizipationsterrain. Rationalisierungsverlierer sind häug nicht nur Partizipationsverlierer, sondern auch weiblich. Die Beschäftigtenbeteiligung im Betrieb ist geschlechtsspezisch konnotiert. Dass Arbeiterinnen und weibliche Angestellte aufgrund der Spezica des weiblichen Arbeitsvermögens und Lebenszusammenhangs über ein hohes Maß an Partizipationskompetenz verfügen, weisen Frerichs/Morschäuser/
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Mitbestimmung in der Praxis
Steinrücke (1989) eindrucksvoll nach. Frauen haben einen lebensweltlichen Zugang zur Partizipation , eine ganzheitliche Sicht der Dinge, was vermuten lässt, „dass Frauen, da sie aus der Perspektive des komplexen weiblichen Lebenszusammenhangs handeln, soziales und politisches Engagement als untrennbar verknüpft sehen – zugespitzt formuliert: dass in der Nicht-Trennung von sozialem und politischem Engagement ein spezischer Politikzugang von Frauen gründet“ (Frerichs 1988, S. 204 f.). Deshalb sind gerade weibliche Arbeitskräfte besonders aufgeschlossen gegenüber neuen Politikformen und Partizipationsverfahren im Betrieb. Dieser Befund deckt sich mit Ergebnissen der Partizipationsforschung zur Rolle der weiblichen Arbeitskräfte bei der Einführung neuer Techniken (vgl. Greifenstein/Jansen/Kißler 1991, S. 176 ff.). Zugleich aber tritt auf diesem Feld die besondere Problematik geschlechtsspezisch wahrgenommener Partizipationsverfahren zutage. Sie besteht in der Diskrepanz zwischen nachgewiesener Beteiligungskompetenz und -motivation einerseits und den tatsächlichen Beteiligungsmöglichkeiten für Frauen andererseits, dem Widerspruch also zwischen subjektiv-personengebundenen und objektiv-organisatorischen Partizipationsbedingungen. Hinzu kommt die Ungleichheit der Zugangschancen zu hoch qualizierten Arbeitsplätzen und damit zur Ausschöpfung des Partizipationspotentials, das in neuen Produktionskonzepten steckt: Frauen sind Rationalisierungsverliererinnen und gehören zu den Partizipationsverlierern im Betrieb. Beide Thesen gilt es zu erläutern: Die spezisch weibliche enge Verkoppelung von Arbeits- und Lebenszusammenhang schafft nicht nur eine besondere Partizipationskompetenz, sondern generiert zugleich auch spezische Partizipationshindernisse. Partizipation kostet Zeit, häug auch arbeitsfreie Zeit. Die Doppelbelastung von berufstätigen Frauen stellt sich deshalb auch als Beteiligungsbarriere dar; denn kein betriebliches Partizipationsverfahren verändert die verfestigte Arbeitsteilung in außerbetrieblichen Lebenszusammenhängen. Die Partizipation gleicht deshalb einem Zwitter: im Kompetenzbereich ist sie „weiblich“, in ihrer Organisation jedoch zugeschnitten auf die „männlichen“ Arbeitsbedingungen. Partizipation hebelt die androkratische Grundstruktur von Betrieb und Arbeitsorganisation nicht aus, sondern verfestigt sie. Partizipative Arbeitsgestaltung heißt deshalb für Frauen, und damit zur zweiten These, vordringen in Entscheidungspositionen und damit auf männerdominierte Beteiligungsfelder. Diese liegen aber auf Seiten der Rationalisierungsgewinner. Als Rationalisierungsgewinnerinnen könnten Frauen auch neue Partizipationschancen hinzugewinnen und wahrnehmen. Die Wirklichkeit sieht jedoch anders aus. Die geschlechtsspezische Ungleichheit bei der Wahrnehmung von Partizipationschancen zeigt sich insbesondere bei der Einführung von neuen Produktions- und Kommunikationstechniken im Betrieb. Die Frage, ob neue Techniken für Frauen neue Chancen bergen, die geschlechtsspezische Ungleichheit abzumildern und die weiblichen Arbeitskräfte am Rationalisierungsgewinn zu beteiligen, ist nicht pauschal zu beant-
Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
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worten. Einerseits können unbestreitbar durch Computereinsatz Arbeitsplätze vernichtet werden. Betroffen sind davon vor allem Frauenarbeitsplätze. Aber selbst dort, wo Frauen auf EDV-Arbeitsplätzen sitzen, erhalten sie häug nach wie vor weniger Lohn als ihre männlichen Kollegen. Und schließlich arbeitet der weitaus größte Teil von Frauen auf wenig qualizierten und schlechter bezahlten EDV-Arbeitsplätzen (z. B. Dateneingabe am Terminal). Der ehemals, auch in der feministischen Wissenschaft propagierte „andere“ Zugang von Frauen zur neuen Technik ist kurz. Er endet meistens am Datenterminal. Über Daten und Computer aber verfügen andere. Solange Frauen – und im Übrigen auch die meisten ihrer männlichen Kollegen – von dieser Verfügung ausgeschlossen bleiben, ist Skepsis angebracht. Es steht zu befürchten, dass der „weibliche“ Zugang zu den neuen Techniken nicht auf den Weg zu einer neuen Chancengleichheit bei der Verteilung des Rationalisierungsgewinns führt, sondern in die Sackgasse der alten geschlechtsspezischen Ungleichheit. So zeigen empirische Forschungsarbeiten, dass die Einführung neuer Techniken, auch mit neuen Sozialtechniken in Form von Beteiligungsverfahren einhergeht. In den seltensten Fällen ändert sich dadurch die Situation der weiblichen Arbeitskräfte grundlegend. Immer noch sind es die Strukturen betrieblicher Herrschaft, in denen sich die „Männergesellschaft“ widerspiegelt und die den Frauen nicht nur Qualizierungs- und Aufstiegschancen verbauen, sondern auch Partizipationsmöglichkeiten nehmen.
3.3
DGB-Konzept zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz und betriebsverfassungsrechtliche Arbeitsgruppen des Betriebsrats
Die Partizipationsoffensive des Managements im Zuge der „Japan-Rezeption“ brachte die Gewerkschaften in die Defensive, nicht jedoch ins Abseits. Gewerkschaftliche Konzepte und Regelungen, wie die Arbeitnehmer im Betrieb mitbestimmen könn(t)en haben eine große Tradition und langen Vorlauf. Sie zielen darauf ab, die Arbeit der Betriebsräte in ihrem Arbeitsumfeld zu unterstützen, zu ergänzen und zu dynamisieren. Diese Verfahren direkter Partizipation gehören zu den Ansätzen einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Schon Ende der 1960er und zu Beginn der 1970er Jahre wurde in den Gewerkschaften wie in der Wissenschaft über solche Konzepte zu einer arbeitsplatznahen Mitbestimmung diskutiert. Im Fokus steht eine direkte Arbeitnehmerbeteiligung, welche die betriebliche Mitbestimmung basisdemokratisch erweitert. So hat der DGB in den 1980er Jahren bereits eine erste Konzeption zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz vorgelegt. Diese Initiative kann auch als gewerkschaftliche Reaktion auf die „japanisierten“ beteiligungsorientierten Managementkonzepte verstanden werden: „Solange diese Methoden die Zielrichtung
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Mitbestimmung in der Praxis
haben, nur vorgegebene Problemstellungen der Qualitätsverbesserung und der Produktivitätssteigerung zu behandeln, dabei Betriebsräte, Vertrauensleute und Gewerkschaften von der Gestaltung dieser Beteiligungsformen auszuschließen und die Entscheidungsbefugnisse dem Management vorzubehalten, werden sie von den Gewerkschaften abgelehnt (DGB-Bundesvorstand 1985, S. 6)“. Das gewerkschaftliche Konzept ist mit diesen neuen unternehmerischen Führungsmethoden (z. B. den Qualitätszirkeln) nicht zu verwechseln, sondern unterscheidet sich davon deutlich. Die Erweiterung der Mitbestimmung auf den Arbeitsplatz sieht eine Integration der direkten Partizipation in das System der betrieblichen Interessenvertretung vor. Die Mitbestimmung der Belegschaftsbasis solle keine eigenständige Interessenvertretung neben dem Betriebsrat institutionalisieren, sondern den „letzten weißen Fleck“, so damals der DGB, im Mitbestimmungssystem schließen. Die Ziele des DGB-Konzepts zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz waren u. a. die Humanisierung der Arbeit und die Selbstverwirklichung (Kreativität, Verantwortung, soziale Kontakte) der Arbeitenden. Um sie zu erreichen, sollte der Einuss von Beschäftigten auf die Gestaltung der Arbeit erhöht werden (durch Anreicherung von Arbeitsinhalten und Quali zierung, Abbau von Kontrollen und Hierarchien). Dem einzelnen Arbeitnehmer sollten dazu Informationsrechte über die Arbeit, Vorschlagsrechte zur Arbeitsgestaltung etc. eingeräumt werden. Weiterhin war die Einrichtung von Arbeitskreisen durch Betriebs- bzw. Personalräte vorgesehen, um die unterschiedlichsten betrieblichen Problemstellungen zu behandeln. Die Vorschläge werden nach der DGB-Konzeption anschließend den betrieblichen Interessenvertretungen vorgelegt, die beurteilen, ob sie in den betrieblichen Entscheidungsprozess eingespeist werden. Dieses gewerkschaftlich konzipierte Beteiligungsmodell zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz blieb in den 1980er Jahre ohne praktische Relevanz. Wie oben aufgezeigt, wurde die tayloristische Arbeitsorganisation immer weiter durchbrochen. Zahlreiche inhaltliche Ziele dieses Projekts (z. B. im Bereich der Arbeitsorganisation oder Qualizierung) wurden in der betriebliche Praxis zur Realität, auf die auch die Betriebsräte gestaltenden Einuss nehmen (z. B. als Co-Manager, vgl. oben 2.3). Nach wie vor steht die Mitbestimmung der Beschäftigten in Form einer Ergänzung der Betriebsratsarbeit auf der betriebspolitischen Tagesordnung, wie ein Blick in die Reform des BetrVG im Jahr 2001 verdeutlicht. Im Zuge dieser Reform wurde eine Regelung in das Betriebsverfassungsgesetz aufgenommen, durch die der Betriebsrat Aufgabenstellungen auf Arbeitsgruppen übertragen kann. Diese arbeitsplatznahe Mitwirkungsebene ist durch den § 28a BetrVG geschaffen worden, der somit eine Stärkung der Individualrechte der Arbeitnehmer im Rahmen der repräsentativen Betriebsverfassung vorsieht. Ein Unterschied zu den vom Management initiierten (unverbindlichen und rückholbaren) Beteiligungskonzepten liegt also darin, dass diese direkte Beteiligungsoption betriebsverfassungsrechtlich abgesichert ist und das Initiativrecht beim Betriebsrat liegt.
Praxisansätze zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz
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Inzwischen liegen empirisch gesicherte Erkenntnisse zu dieser Partizipationsvariante vor. Eine Auswertung der WSI-Betriebsrätebefragung aus dem Jahr 2007 durch Forscher der Universität Jena erbrachte zusammengefasst folgende Ergebnisse und Schlussfolgerungen (vgl. Becker u. a. 2008, S. 305 ff.). Der Nutzungsgrad hängt von der Betriebsgröße ab. Die Kenntnisse der Interessenvertretungen über das Verfahren steigen in größeren Betrieben, und im Rahmen der Betriebsratsarbeit wird dort auch häuger auf das Arbeitsgruppenmodell zurückgegriffen, insbesondere in Fällen betrieblicher Restrukturierungsmaßnahmen. Die Erfahrungen mit den Arbeitsgruppen sind nach Bewertung der Betriebsräte einerseits in der Regel positiv, andererseits will die Mehrheit in Zukunft allerdings eher auf die betriebsverfassungsrechtliche Option zurückgreifen, sachkundige Arbeitnehmer in die Betriebsratsarbeit einzubeziehen. Die Option, Betriebsratsaufgaben an Arbeitsgruppen zu delegieren, scheint also zwar geeignet, die Interessenvertretungen zu entlasten. Noch sind die Interessenvertretungen aber in ihrem Urteil über die Übertragung von Aufgaben auf Arbeitsgruppen gespalten. Dahinter verbergen sich offenbar rechtliche wie praktische Unsicherheiten in der Steuerung dieser Arbeitsgruppen. Offenbar ist die nicht immer gewährleistete Rückkoppelung der Arbeitsgruppen an den Betriebsrat für den vorsichtigen Umgang von Betriebsräten mit diesem direkten Beteiligungsverfahren ausschlaggebend. Diese Form direkter Beschäftigtenbeteiligung schafft Unsicherheitszonen. Im Vergleich zum konventionellen Interessenvertretungsmodell kann die Schutzfunktion des Betriebsrats auf dem Spiel stehen und damit der Ausgleich zwischen allgemeinen Belegschaftsinteressen und spezischen Gruppeninteressen. Die Beteiligungsarbeit der Beschäftigten sollte indes vom betriebspolitischen Konzept des Betriebsrats nicht abweichen und die Arbeitsgruppenarbeit in einem interessenvertretungspolitisch geschützten Umfeld stattnden. Demgegenüber kann die Arbeitsgruppe aber (mit Mehrheit der Stimmen der Gruppenmitglieder) im Rahmen der ihr übertragenen Aufgaben (Gruppen-) Vereinbarungen mit dem Arbeitgeber abschließen. DGB-Vertreter erkennen darin die Gefahr einer Zerfaserung der Betriebsratsrechte bzw. eine zu ausgeweitete Autonomie der Gruppen, ohne betriebsrätlichen Steuerungseinuss. Vorgeschlagen wird stattdessen (abgesehen z. B. im Falle von Urlaubsplanung oder zeitlicher Lage der Gruppengespräche) eine Regelung im BetrVG „wonach die Arbeitsgruppe im Rahmen einer vom Betriebsrat vorgegebenen Regelung bzw. Vereinbarung eine weitere Konkretisierung unter dem Vorbehalt einer jederzeitigen Rücknahme der Entscheidung durch den Betriebsrat vornehmen kann“ (Hayen 2008, S. 44). Die Arbeitsgruppen werden folglich als eine gesetzliche Innovation bewertet, die auch interessenvertretungspolitische Risiken birgt. Diese sind im oben besprochenen DGB-Konzept zur Mitbestimmung am Arbeitsplatz dagegen weitgehend ausgeschlossen.
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Mitbestimmung in der Praxis
Übungsaufgabe 6: In den Betrieben ndet man verschiedene Partizipationsformen, um die Arbeitnehmer direkt an der Gestaltung betrieblicher Problemlösungen zu beteiligen und ihre Interessen zu berücksichtigen. Diskutieren Sie die direkte Beschäftigtenbeteiligung mit Blick auf die Fragestellung, ob die Mitbestimmung des Betriebsrats durch die Verfahren der direkten Arbeitnehmerbeteiligung überüssig wird oder nicht.
Weiterführende Literatur Dörre, Klaus (2002): Kampf um Beteiligung. Arbeit, Partizipation und Industrielle Beziehungen im exiblen Kapitalismus. Wiesbaden Kern, Horst/Schumann, Michael (1986): Das Ende der Arbeitsteilung ? Rationalisierung in der industriellen Produktion. 3. Auage. München Vilmar, Fritz (1971): Mitbestimmung am Arbeitsplatz. Neuwied und Berlin Womack, James P./Jones, Daniel T./Roos, Daniel (1992): Die zweite Revolution in der Automobilindustrie. 7. Auage, Frankfurt/New York
4
Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor
Die betriebliche Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz erfasst nur einen Teil der Beschäftigten. Von insgesamt 40,5 Mio. Erwerbstätigen in der Bundesrepublik sind – neben 1,2 Mio. Mitarbeitern kirchlicher Träger – 4,5 Mio. Personen unmittelbar bei der öffentlichen Hand beschäftigt.6 Für die Mitarbeiter kirchlicher Träger gilt ein eigener Rahmen betrieblicher Mitbestimmung nach kirchlichem Recht (MVG.EKD und die katholische MAVO). Diese Erwerbstätigen sind genauso wie die Beschäftigten des öffentlichen Sektors vom Betriebsverfassungsgesetz ausgenommen. Für letztere gilt das Bundespersonalvertretungsgesetz oder eines der sechzehn Personalvertretungsgesetze der Länder. Während weniger als die Hälfte der Beschäftigten in der Privatwirtschaft (inkl. privatrechtlich organisierter öffentlicher Unternehmen) von einem Betriebsrat vertreten werden, beträgt die Quote der Dienstellen des öffentlichen Dienstes, in denen ein Personalrat besteht, nahezu 100 %. In beinahe allen öffentlichen Unternehmen mit privater Rechtsform bestehen darüber hinaus Betriebsräte. Formen der Unternehmensmitbestimmung gibt es im öffentlichen Sektor allein in 6 Die Zahl der Beschäftigten öffentlicher Unternehmen, d. h. mittelbar im öffentlichen Sektor Tätiger lässt sich nicht genau quantizieren. Fast 46 % der Beschäftigten in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern sind aber bei privaten Töchtern tätig.
Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor
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öffentlichen Unternehmen und in Verwaltungsräten öffentlicher Körperschaften, wie z. B. den Sparkassen.
4.1
Wandel der Personalratsrolle
Während die Praxis von Betriebsräten vergleichsweise gut erforscht ist, gibt es zur Arbeit von Personalräten noch relativ wenige verlässliche Überblicksinformationen. Über die Tätigkeit von Betriebsräten wissen wir, dass in den neunziger Jahren ihre Gestaltungsmöglichkeiten zugenommen haben (Kap. 2.3 und 2.4). Im öffentlichen Sektor lässt sich das quantitativ nicht einordnen. Die Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Sektor sind allerdings in höherem Maße als die Praxis von Betriebsräten durch die Orientierung an rechtlichen Abläufen und Einzelmaßnahmen und den Versuch der Abwehr von Benachteiligungen und Gefahren geprägt (Kaether 1995, S. 419 f.). Seit den achtziger Jahren kam es aber auch im öffentlichen Dienst – u. a. durch die Einführung von Informations- und Kommunikationstechnik – zu einer zunehmenden Dezentralisierung der Arbeitsbeziehungen. Verwaltungsabläufe ließen sich angesichts wachsender Komplexität nicht mehr über die gesetzlich vorgeschriebene Einzelfallorientierung lösen. Einzelbetriebliche Aushandlungen gewannen, häug in Form von Dienstvereinbarungen, an Bedeutung. Ein Nebeneffekt der Dezentralisierung von Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Sektor war auch, dass die Belange von Beamten zunehmend zum Gegenstand wurden. Die führte zu einer gewissen Nivellierung der Statusgruppen des öffentlichen Dienstes. Die Arbeitsbedingungen von Tarifbeschäftigten und Beamten werden – trotz anders lautender rechtlicher Bestimmungen – weniger häug in unterschiedlichen Beteiligungsverfahren geregelt. Informelle Arrangements von Dienststellenleitern und Personalratsvorsitzenden, wie sie noch zu Beginn der achtziger Jahre an der Tagesordnung waren (Kübler 1981), verlieren also an Bedeutung. Gefördert wurden diese Versachlichungstendenzen auch durch externe Berater. Auf Arbeitgeberseite war dies insbesondere die Kommunale Gemeinschaftsstelle (KGSt) und auf Seiten der Personalräte z. B. die Technologieberatungsstellen des DGB (TBS). Komplexe Arbeitsorganisation machte eine Einbindung der Personalräte erforderlich, um eine Blockierung der Gestaltungsaufgaben durch einzelfallorientierte Interventionen zu verhindern. Die Personalräte wuchsen so – ähnlich wie die Betriebsräte – in eine gestaltende Rolle hinein. Soweit sie dies politisch beabsichtigten und angesichts der Strategien der Dienstellenleitung vermochten, konnten die Interessenvertretungen von einer nachträglichen Folgenbewältigung zu einer präventiven Arbeitsgestaltung übergehen und damit eigene Gestaltungskompetenzen beweisen.
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Mitbestimmung in der Praxis
Bereits im Zuge dieses Rollenwandels ist die Schwäche des Personalvertretungsrechtes allzu deutlich geworden: Es ist noch stärker als das Betriebsverfassungsrecht defensiv angelegt und einzelfallorientiert (vgl. oben Teil 1, 3.1.4 „Mitbestimmung des Personalrats“). Dies steht in engem Zusammenhang mit der auch rechtlich geprägten hohen Stabilität der Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Dienst, die erst durch politische Entscheidungen in den letzten Jahren in Bewegung geriet. Dieses Thema wird weiter unten im Kap. 4.5 aufgegriffen werden.
4.2
Mitbestimmung im Schatten des New Public Managements
Der öffentliche Sektor unterliegt seit Beginn der 1990er Jahre einem erheblichen Veränderungsdruck. Dieser gewinnt Kraft und Dynamik auf zwei Modernisierungspfaden: der Neugestaltung der Außengrenze (Privatisierung, out-sourcing, Public Privat Partnership u. a. m.) zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen sowie der Binnenreform der Verwaltungsorganisationen im Zuge des New Public Managements (vgl. Naschold/Bogumil 1998). Diese tangieren auch die Arbeitsbeziehungen in den öffentlichen Einrichtungen und bergen neue Risiken und Chancen für die Personalräte. Die betriebliche Mitbestimmung hat im Zuge von Verwaltungsreformvorhaben in der Regel an Bedeutung gewonnen. Da die Modernisierungsstrategien, die sich im weitesten Sinne am Modell des New Public Management orientieren, einen umfassenden Wandel der Aufgabenwahrnehmung und Arbeitsstrukturen zum Ziel haben, ist eine Beteiligung der betrieblichen Interessenvertretung jenseits der Einzelmaßnahmen, an denen Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte bestehen, wichtig. Insbesondere sollte durch eine Beteiligung der Personalräte auch erreicht werden, dass die Beteiligungsbereitschaft der Beschäftigten nicht durch eine ablehnende Haltung der Personalvertretung unterminiert wird. Das Co-Management der Personalräte erhielt so einen neuen Schub, Gestaltungsbereitschaft war gefragt. Die Bereitschaft der Interessenvertretung zu kooperieren, war ausweislich empirischer Forschung, gleichfalls hoch (vgl. Kißler/ Graf/Wiechmann 2000, S. 66 ff.). In der Praxis haben über 60 % der Kommunen die Personalräte bei der Konzeptionierung ihrer Modernisierungsinitiativen beteiligt. Immerhin noch fast 30 % wurden auch am Modernisierungsprozess beteiligt. Vertiefende empirische Analysen kommen zu dem Ergebnis, dass fast 60 % der Personalräte eine mitgestaltende Rolle wahrnehmen können und sich nicht auf ihre durch das defensive und an Einzelfällen ausgerichtete Personalvertretungsrecht vorgegebene Rolle beschränken. Bei den Großstädten sind es sogar über 90 %, bei Kommunen mit weniger als 50.000 Einwohnern immerhin noch fast 50 %. Die Interessenvertretung ist also in eine intermediäre Rolle hineingewachsen. Neben den unmittelbaren
Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor
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Interessen der Beschäftigten, strebt sie auch die Verbesserung von Verwaltungsprozessen an. Sie muss dabei einen Spagat aushalten, nicht nur Beschäftigten- und Arbeitgeberinteressen ausgleichen, sondern auch die Interessen von Modernisierungsgewinnern und -verlierern abwägen. Sie erhält aber im Gegenzug mittelbare Gestaltungsmöglichkeiten. Diese Rolle entfaltet grundsätzlich positive Wirkungen, da Interessendifferenzen strukturiert und produktiv aufgelöst oder bearbeitet werden können. Diese Ergebnisse der Partizipationsforschung im öffentlichen Sektor stehen allerdings in Kontrast zu den erzielten Ergebnissen der Beteiligung. Fast zwei Drittel der betrieblichen Interessenvertreter schätzen ihren Einuss auf den Modernisierungsprozess als gering ein. Personalräte, die über die gesetzlichen Grundlagen ihrer Arbeit hinaus beteiligt werden, sehen das positiver. Bemerkenswerterweise geht eine Beteiligung der Interessenvertretung mit einer weitgehenden Umsetzung von Modernisierungselementen einher, wie empirische Analysen zeigen (vgl. Bogumil u. a. 2007). Trotz des überwiegend vorhandenen Gestaltungswillens der betrieblichen Interessenvertretungen in den Kommunen und den positiven Ergebnissen, die dadurch erzielt werden können, ist die Arbeitnehmerseite – mehr noch als nach dem Betriebsverfassungsrecht – auf den guten Willen der öffentlichen Arbeitgeber angewiesen. Je kleiner eine Kommune ist, je weniger wahrscheinlich ist es, dass sich ein Personalrat gestaltend einbringen kann. Hinzu kommt, dass die Personalvertretungsgesetze vieler Bundesländer eingeschränkt wurden. Die Rechte nordrhein-westfälischer Personalräte wurden z. B. deutlich reduziert. So gibt es beispielsweise keine Beteiligungsrechte im Zuge von Versetzungen mehr. Personalräte sind dadurch noch weniger in der Lage „auf Augenhöhe“ mit ihrer Dienststellenleitung zu verhandeln. Die faktische Erweiterung der Handlungsmöglichkeiten der Personalräte kontrastiert dabei in frappierender Weise mit der Rechtsprechung zur Mitbestimmung im öffentlichen Dienst. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes darf sich diese nur auf rein innerdienstliche Maßnahmen erstrecken (vgl. oben Teil 1, 3.1.4). Der Geltungsbereich der Personalvertretungsgesetze der Länder wird überdies durch formelle Privatisierung, d. h. durch Gründung kommunaler Eigengesellschaften, stetig reduziert, wodurch Beschäftigte zunehmend in den Genuss des Betriebsverfassungsgesetzes und der Mitbestimmung im Aufsichtsrat kommen, was insgesamt ein deutlich erweitertes formelles Beteiligungsniveau impliziert.
4.3
Mitbestimmung im „Konzern Stadt“
Im Zuge der Verwaltungsmodernisierung haben die Städte ihre öffentlichen Einrichtungen in Konzernstrukturen reorganisiert und z. T. privatisiert. Die formelle Privatisierung erweitert aber nicht nur die Reichweite der Mitbestimmung für
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Mitbestimmung in der Praxis
die betroffenen Beschäftigten, sondern stellt die Arbeitnehmerseite auch vor ein spezisches Problem. Während bei Dezentralisierung innerhalb öffentlicher Rechtsformen eine Stufenvertretung bzw. ein Gesamtpersonalrat zum Zuge kommt, welcher dem Gesamtbetriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz ähnelt, gibt es keine formellen Kooperationsmöglichkeiten zwischen Betriebs- und Personalrat, welche z. B. dem Konzernbetriebsrat nahe kommen, auch dann nicht, wenn die öffentliche Hand alleinige Eigentümerin eines Unternehmens ist. Während die Verwaltungsleitung über ein Beteiligungscontrolling grundsätzlich weiterhin Einuss auf die Geschäftsführungen der privaten Töchter hat, besteht angesichts der strikten rechtlichen Trennung von Betriebsverfassungs- und Personalvertretungsrecht ein deutliches Dezit auf Seiten der Arbeitnehmer vertreter. Personalräte und Betriebsräte sind rechtlich strikt voneinander getrennte Gremien, die grundsätzlich in unterschiedlichen Sphären, nämlich privaten Gesellschaften und dem öffentlichen Dienst, ohne formellen Kontakt zueinander arbeiteten. Durch die Gründung von kommunalen Unternehmen hat dies häug zu einem Nebeneinander innerhalb des öffentlichen Sektors geführt, das nur bezüglich einzelner (z. B. gewerkschafts- und tarifpolitischer) Projekte überwunden wurde. Davon abgesehen ndet häug noch nicht einmal ein systematischer Informationsaustausch statt. Die regelmäßig deutlich bessere materielle Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen in Stadtwerken (Zulagen, Vergünstigungen usw.) wurde daher nur selten als Problem für die Arbeit der Interessenvertretungen wahrgenommen. Erst die in den neunziger Jahren einsetzende Ausgliederungswelle ließ im Zusammenhang mit der Krise der öffentlichen Haushalte und der EU-Wettbewerbspolitik – und der dadurch verstärkten Sonderinteressen – die Problematik der parallelen Geltung von Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht in den Vordergrund treten. Zwar bleibt es den einzelnen Interessenvertretungsgremien im „Konzern Stadt“ unbenommen, Informationen auszutauschen. Die Möglichkeit eines systematischen Informationsaustauschs im Rahmen regelmäßiger Treffen ist aber rechtlich nicht vorgesehen. Eine übergreifende Interessenvertretung im „Konzern Stadt“ ist rechtlich schlechter abgesichert als die gesetzlich ohnehin bereits limitierte Praxis der Europäischen Betriebsräte, die zumindest über Informations- und Anhörungsrechte verfügen sowie Anspruch auf eine grundlegende materielle Ausstattung für ihre Arbeit haben. Der durch die Gründung von privaten Unternehmen ausgelöste Wandel lässt auf der Arbeitnehmerseite eine zunehmend differenzierte Struktur entstehen; Zusammenhalt verliert an Bedeutung. Bei den formellen Veränderungen der Interessenvertretung lassen sich Modi kationen des organisatorischen Zuschnitts und ein Bedeutungswandel bereits existierender Gremien unterscheiden: Die Zahl der Betriebsratsgremien nimmt stark zu. Zwischen Personalräten, die nach den Landespersonalvertretungsgesetzen zu bilden sind, und Betriebsräten nach dem Betriebsverfassungsgesetz bestehen rechtlich keine Verbindungs-
Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor
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möglichkeiten. Zwar gibt es sowohl nach dem BetrVG Gesamtbetriebsräte als auch nach den Landespersonalvertretungsgesetzen Gesamtpersonalräte, diese können aber ebenso wenig wie Konzernbetriebsräte Zuständigkeit für die jeweils andere rechtliche Organisationsform beanspruchen. Kooperation ist nur auf freiwilliger Basis möglich. Durch Dienst-, Betriebs- bzw. Tarifvereinbarungen lassen sich aber zumindest Informationsrechte für ein Kooperationsgremium von Personalund Betriebsräten im „Konzern Stadt“ kodizieren. Der vom DGB im Rahmen der Novellierungsdiskussion zum BetrVG vorgetragene Vorschlag, einen „Gemeinsamen Ausschuss“ von Betriebs- und Personalräten fakultativ vorzusehen (im DGB-Entwurf § 118c BetrVG; vgl. DGB-Bundesvorstand 1998, S. 124), ist vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung nicht aufgegriffen worden, zumal für eine solche Regelung die Veränderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes, das u. a. als Rahmengesetz für die Landespersonalvertretungsgesetze dient, nötig gewesen wäre: Typischerweise ist das Bundesinnenministerium als für das BPersVG federführendes Ministerium eher mitbestimmungskritisch. Die formellen Änderungen sind auch mit materiellen verbunden: Die Solidarität und die Macht der Arbeitnehmerseite droht zu erodieren. Das ist nicht allein für die Arbeitnehmer von Nachteil. Positivsummenspiele zwischen Arbeitgeberund Arbeitnehmerseite werden immer weniger wahrscheinlich, wenn (Gesamt-) Personalräte Gefahr laufen, Macht einzubüßen. Damit sinkt die Wahrscheinlichkeit sachadäquater und efzienter Lösungen. Das ist vor allem darin begründet, dass von den Beschäftigten und ihren Vertretern mit weniger großer Wahrscheinlichkeit produktive Zusammenarbeit und die Teilung gemeinsamer Ziele erwartet werden kann, wenn deren Position an Gewicht verliert. Es droht Widerstand seitens der Beschäftigten bzw. ihrer Vertreter, und damit werden Problemlösungen für die kommunale Gemeinschaft weniger efzient.
4.4
Beteiligungsorientierte Arbeitsorganisation
Direkte Beschäftigtenbeteiligung bzw. „Mitarbeiterorientierung“ war – neben der Kundenorientierung und der Efzienzsteigerung – als eine der tragenden Säulen des New Public Managements in Deutschland konzipiert. Mitarbeiterorientierung wurde dabei nicht allein als eine Verbesserung der Personalentwicklung und als eine Anpassung der Führungsaufgaben verstanden, sondern beinhaltete auch ein Gestaltungsversprechen. Ohne aktive und motivierte Beschäftigte – so die formulierte Erwartung – könnte sich die Geschichte des Scheiterns von Verwaltungsreformen fortsetzen. Ohne motivierte und aufgeschlossene Beschäftigte ist eine Verwaltungsmodernisierung kaum möglich. Beschäftigte müssen Vertrauen genießen und über Gestaltungsspielraum verfügen, um exibel, kundenorientiert und aktivierend handeln zu können. Dieses geplante Empowerment hatte nicht
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Mitbestimmung in der Praxis
zuletzt auch betriebswirtschaftliche Gründe. Die Erhöhung der Verantwortungsbereitschaft des Einzelnen sollte Efzienzverbesserung generieren. Empirische Ergebnisse zeigen, dass die Beschäftigten zwar formal bei der Einführung von Reformelementen beteiligt wurden, ihr tatsächlicher Einuss aber in der Regel schwach blieb. Die Motivation der Beschäftigten hat insbesondere unter misslungenen Beteiligungserfahrungen und Nichtberücksichtigung der Projektergebnisse weiter gelitten. Aus der Partizipationsforschung ist bekannt – und die Erfahrung der Verwaltungsreform bestätigt das –, dass Beschäftigte vor allem an der Gestaltung ihres Arbeitsplatzes und des unmittelbaren Arbeitsumfeldes interessiert sind. Sie wollen also nicht so sehr an Konzeptentwicklungen beteiligt werden. Beschäftigte sind Experten für die eigenen Arbeitsbedingungen und erleben es als eine Bestätigung ihrer Arbeitsleistung, diese auch mitgestalten zu können und zu helfen, Schwachstellen auszuräumen. Partizipation muss dabei verlässlich und auf Dauer gestellt sein, soll sie langfristig – auch im Interesse der Verwaltung – erfolgreiche Ergebnisse gewährleisten. Sie darf daher nicht nur ausgewählte Projekte betreffen, sondern sollte Tätigkeitsinhalte und Beschäftigtengruppen weitgehend umfassen. Bislang aber stehen vor allem die weiblichen Beschäftigten auf dem Partizipationsgelände im Abseits. Der oben aufgezeigte Befund geschlechtsspezisch konnotierter Beschäftigtenbeteiligung gilt nicht nur für private Unternehmen, sondern auch für die öffentlichen Verwaltungen. Zwar gibt sich das herrschende Modernisierungskonzept des New Public Management, in seiner deutschen Version eines neuen Steuerungsmodells, neutral im Hinblick auf seine geschlechtsspezischen Probleme. Dabei bleibt es jedoch „blind“ für die geschlechtsspezischen Folgen von Veränderungsprozessen (vgl. Wiechmann/Kißler 1997; Wiechmann 2006). Dies gilt auch für die Partizipation (vgl. Kißler/Graf/Wiechmann 2000, S. 13 ff.). Die im Zuge der Modernisierung der Verwaltungsorganisationen und der Rationalisierung der Verwaltungsarbeit eingeführten Partizipationsverfahren berücksichtigen nur unzulänglich die Interessen der Beschäftigten und binden weibliche Beschäftigte noch weniger als ihre männlichen Kollegen in die Modernisierungsprozesse ein. Hierfür werden konzeptionelle Dezite der Partizipation und vor allem die dezitäre Ergebnisumsetzung geltend gemacht, aber auch eine fehlende Akzeptanz auf Seiten der Führungskräfte. Partizipative Arbeitsorganisation ist höchst voraussetzungsvoll, wie auch die empirische Forschung zeigt. Es gilt den Beteiligungsprozess nicht nur anzustoßen, sondern auch zu begleiten und zu evaluieren. Der Erfolg hängt auch vom Engagement der Beschäftigten und den seitens des öffentlichen Arbeitgebers gestalteten Rahmenbedingungen ab (Kißler 2007b). Zwar spielt „Mitarbeiterorientierung“ in den Reformkonzepten eine große Rolle, empirisch zeigt sich aber ein schwaches Beteiligungsniveau. Unregelmäßige Mitarbeiterbefragungen und regelmäßige Informationen seitens des Arbeitgebers,
Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor
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welche auch nur in weniger als 40 % der Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern erfolgen, ermöglichen kaum eine Gestaltung der eigenen Arbeitssituation. Der Beteiligungserfolg ist dementsprechend noch geringer als der der Personalvertretungen. Mehr als 80 % der Personalratsvorsitzenden halten den Einuss der Beschäftigten auf Modernisierungsmaßnahmen für gering. Der Gestaltungsanspruch der Beschäftigten läuft oft ins Leere und es werden Frustrationen und Reformwiderstand erzeugt (Bogumil u. a. 2007). In der Praxis zeigt sich, dass Beschäftigte bereit sind, sich an Rationalisierungsund auch an Einsparmaßnahmen zu beteiligen, solange sie wissen, dass es sich bei dem Prozess nicht um einmalige Veranstaltungen handelt, die keine „Reformdividende“ versprechen. Wenn den Beschäftigten im öffentlichen Dienst eine nachhaltige Beteiligung ermöglicht wird, d. h. die Partizipation sich auch im Arbeitsprozess fortsetzt und zu einer beteiligungsorientierten Arbeitsorganisation führt, steigt ihr Vertrauen und ihre Veränderungsbereitschaft. Eine nachhaltige Beteiligung zeichnet sich insbesondere durch Autonomiespielräume aus (Kißler 2007b).
4.5
Zwischen Konsolidierung der Co-Management-Rolle und Instabilität der Arbeitsbeziehungen
Trotz des Wandels der Personalratsrolle und trotz aller organisatorischen Umgestaltungen im kommunalen Bereich blieben die Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Sektor sehr stabil. Alle Modelle der Organisationsreform setzten auf eine schrittweise, einvernehmliche Weiterentwicklung der Arbeitsstrukturen. Auch formelle Privatisierungen änderten nichts an der Stabilität der Arbeitsbeziehungen. Erst in den letzten Jahren geriet diese traditionelle Stabilität unter Druck. Dass die Arbeitsbeziehungen in Bewegung gerieten, steht nicht in Zusammenhang mit der Verwaltungsreform oder formellen Privatisierungen. Politische Entscheidungen auf der sektoralen Ebene machten sich hier bemerkbar (vgl. Keller 2007):
Die enge Kopplung der Gruppe der Beamten an den Tarifbereich erodiert seit Mitte der neunziger Jahre zunehmend. Während in der Vergangenheit tariiche Regelungen unmittelbar auch auf die Beamten übertragen wurden, wird diese Übernahme seither oftmals zeitlich gestreckt. Seit 2003 sollten einzelne Akteure der Arbeitgeberseite einseitig Arbeitszeiten verlängern, auch um Druck auf die Tarifbeschäftigten und ihre Gewerkschaften zu entfalten. Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik werden der Dualismus der Statusgruppen und das damit einhergehende folgende Direktionsrecht des Arbeitgebers für Beamte faktisch wirksam. Vor allem einzelne unionsregierte Bundesländer betrieben diese Flexibilisierung und trugen damit auch zum Zerfall der Verhandlungsgemeinschaft der Arbeitgeber in der Tarifarena bei.
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Mitbestimmung in der Praxis Die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) verhandelt mittlerweile nur noch optional gemeinsam mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und dem Bund. Bis 2003 war eine gemeinsame Verhandlungskommission der öffentlichen Arbeitgeber selbstverständlich. Der öffentliche Sektor ist zwar von einer hohen gewerkschaftlichen Organisationsquote geprägt, aber es konkurrieren verschiedene Interessengruppen (DBB- und DGB-Verbände). Im Zuge der seit Beginn der neunziger Jahre sich verschärfenden Krise der öffentlichen Haushalte und der Konsolidierungsbemühungen hat sich darüber hinaus die Machtposition der Verbände verschlechtert. Während in der Vergangenheit nur selten gestreikt wurde, droht in Zukunft eine Intensivierung der Arbeitskonikte.
Die zunehmende Koniktintensität hat erhebliche Folgen für die betriebliche Mitbestimmung. Neben der Flexibilisierung der Arbeitsbeziehungen durch Öffnungsklauseln, die auch zunehmend im öffentlichen Sektor greifen, steht insbesondere die Umsetzung tariicher Rahmenvereinbarungen an, bei der Personal- und Betriebsräte eine zentrale Rolle spielen. In der Metall- und Elektroindustrie haben die Arbeitgeber diese Umsetzung bereits für Kosteneinsparungen zu nutzen versucht. Gleiches deutet sich auch für den öffentlichen Sektor an. Noch wenig bekannt ist die Einführung eines Anspruches von Beschäftigten, jährlich im Rahmen eines Qualizierungsgesprächs Fragen der beruichen Weiterbildung mit dem Vorgesetzten zu erörtern (§ 5 TVöD/TV-L). Die Umsetzung dieser Tarifnorm im betrieblichen Alltag scheitert gegenwärtig noch an unklaren Verantwortlichkeiten in Bezug auf Personalentwicklung bzw. Fort- und Weiterbildung im Speziellen. Außerdem sind die meisten Personalführungsinstrumente im öffentlichen Dienst in der Regel nicht verpichtend, alle Beteiligten können dem Verfahren also ausweichen. Der Qualizierungsbedarf wird in der Regel nicht von den strategischen Zielen der Verwaltung, sondern von Angeboten her gedacht. Gegenwärtig wird zwischen den Betriebsparteien noch darüber verhandelt, ob das Qualizierungsgespräch in Mitarbeitergespräche integriert werden oder einen eigenständigen Charakter erhalten soll. Weitaus mehr Aufmerksamkeit erhält das Thema Leistungsbezahlung. Das neue Tarifrecht (§ 18 TVöD) schafft erstmals die Voraussetzungen, ächendeckend Leistungsgeld in den Kommunen einzuführen. Die kommunalen Arbeitgeberverbände sehen – nach bislang mäßigen Reformerfolgen – im Leistungsentgelt einen zentralen Schlüssel zur Modernisierung des öffentlichen Sektors. Die Verbände erhoffen sich insbesondere eine Verbesserung der als mangelhaft geltenden Führungskultur. Zunächst ist eine Ausschüttung von 1 % der kollektiven Entgeltsumme geplant, in Zukunft angestrebt werden bis zu 8 %. Vor der praktischen Anwendung verlangt der Tarifvertrag in den Kommunen betriebliche Vereinbarungen von Interessenvertretung und Arbeitgebern, in denen die konkrete Ausgestaltung
Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor
143
des Leistungsentgeltes festzulegen ist. Damit verlagert der Tarifvertrag Verantwortung auf die Betriebsparteien. Bemerkenswert ist darüber hinaus, dass auch die Beschäftigten selbst die Leistungsziele mitgestalten können, sofern betriebliche Zielvereinbarungssysteme eingeführt werden. Die Zahl der Kommunen, die dieses getan haben, dürfte z. Zt. aber selbst in Nordrhein-Westfalen unter 50 % liegen (Trittel u. a. 2010). Zusammenfassend: Erstens nähert sich die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst dem Privatsektor an. Auch Personalräte übernehmen zunehmend eine gestaltende Aufgabe und wachsen stärker in eine vermittelnde Rolle hinein. Bezüglich der Mitbestimmungspraxis werden die Unterschiede der Statusgruppen eher nivelliert, Belange von Beamten werden weniger häug in getrennten Verfahren verhandelt. Auch die traditionelle Stabilität der Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Dienst erodiert. Die Situation für Personalräte wird unübersichtlicher und koniktreicher. Zweitens wächst aber – auf der Basis der Rechtsprechung – die Distanz von Personalvertretungs- und Betriebsverfassungsrecht. Das schwächt nicht nur die Personalräte, sondern verringert auch ihre Bereitschaft sich konstruktiv einzubringen. Bei alldem ist zu beachten, dass in großen Verwaltungen Personalräte eher bereit und in der Lage sind über den Rahmen ihrer denierten Rechte hinaus tätig zu werden; die verschlechterte Rechtslage muss also nicht zwangsläug in eine defensivere Praxis münden. Die zahlreichen Privatisierungen im öffentlichen Sektor führen darüber hinaus auch zu verbesserten Mitbestimmungsrechten bei den (neuen) Betriebsräten und zu einem höheren Beteiligungsniveau, auch durch die Mitbestimmung im Aufsichtsrat öffentlicher Unternehmen. Gleichzeitig erodieren angesichts vieler neuer Sonderinteressen und fehlender formeller Kooperationsmöglichkeiten der Interessenvertretung im „Konzern Stadt“ Solidarität und Machtbasis der Interessenvertretungen.
4.6
Corporate Social Responsibility und International Framework Agreements
Die große Zahl von Betrieben, die das Betriebsverfassungsgesetz nicht umsetzen, verweist darauf, dass die Beteiligung von Arbeitnehmern auch in Deutschland ein Feld sozialer Auseinandersetzung bleibt. Nur ca. die Hälfte der Beschäftigten arbeitet in Betrieben, welche über Betriebsräte verfügen. Freiwillige Beteiligung von Beschäftigten durch sog. Andere Vertretungsorgane, welche in ca. 20 % der deutschen Betriebe bestehen (Hauser-Ditz u. a. 2008), sind in der betrieblichen Praxis verbreitet. Eingerichtet werden solche freiwilligen Gremien in der Regel auf Initiative mittlerer und kleinerer Arbeitgeber, um die Lücke, welche durch die Nichtumsetzung des Betriebsverfassungsgesetzes entsteht, zumindest teilweise zu schließen.
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Mitbestimmung in der Praxis
Auch international tätige Unternehmen unterwerfen sich im Rahmen einer sog. Corporate Social Responsibility (CSR) freiwillig Standards, um Kritik an ihrer Geschäftstätigkeit – z. B. bezüglich Kinderarbeit oder eben der Beteiligung von Beschäftigten im Ausland – zu entgegnen. Corporate Social Responsibility deniert die Europäische Kommission (2001, S. 8) als „ein Konzept, das den Unter nehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und ihre Wechselbeziehung mit ihren Stakeholdern zu integrieren“. Angesichts der vielfach wahrgenommenen Desintegration des sozialstaatlich geprägten „Rheinischen Kapitalismus“ – so hat nicht nur die Zahl der Gewerkschaftsmitglieder, sondern auch die Mitgliedschaft in den Arbeitgeberverbänden stark abgenommen und zieht sich der Staat aus dem Sozialen zurück – wird CSR als ein Versuch interpretiert, die soziale Verantwortung der Unternehmen auf freiwilliger Basis zu erneuern. Bislang spielt CSR in Deutschland aber eine untergeordnete Rolle. Die deutschen Unternehmen zeigen sich eher passiv und verweisen auf gesetzlich oder korporatistisch eingebettete Aktivitäten. Dies kann auch als Indiz dafür gedeutet werden, dass die Institutionen des „Rheinischen Kapitalismus“ – trotz aller Erschütterungen – sich noch als stabil erweisen. Allein international tätige Unternehmen bedienen sich zunehmend freiwilliger Standards, da im internationalen Raum soziale Regulierungen oft fehlen. Wie bereits angesprochen, führte die Nichtbeachtung auch zu Kritik an global agierenden Unternehmen und ihren Produkten. Grundsätzlich kann CSR als Instrument der Mitbestimmung dienen, da es Betriebsräten und Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat nicht selten möglich ist, über den Rahmen ihrer denierten Rechte hinaus gestaltend tätig zu werden. Dies gelingt typischerweise aber den Akteuren auf Arbeitnehmerseite, die bereits über eine relativ starke Position verfügen. Im Koniktfall stehen zusätzliche Gestaltungsmöglichkeiten von Betriebsräten genauso wie die Position Anderer Vertretungsorgane oder CSR-Standards zur Disposition bzw. können keine Wirkung entfalten. International agierende Unternehmen versuchen die bestehende Regelungslücke in der Zulieferindustrie durch Rahmenvereinbarungen mit internationalen Gewerkschaftsverbänden, deren Zahl seit Mitte der neunziger Jahr stark zugenommen hat, zu schließen. Mittlerweile gibt es über siebzig solcher International Framework Agreements. (Im Vergleich zu den bestehenden fast 900 Europäischen Betriebsräten ist deren Zahl aber noch begrenzt.) Durch den Vertragscharakter ist die Verbindlichkeit und Wirksamkeit im Vergleich zu anderen CSR-Maßnahmen größer. Allerdings werden Sanktionsmechanismen in der Regel erst aktiviert, wenn sich die Vertragspartner darauf einigen. Auch bei den Internationalen Rahmenvereinbarungen gilt, dass diese insbesondere in solchen Unternehmen abgeschlossen werden, die sich ohnehin durch eine starke Arbeitnehmerbeteiligung auszeichnen,
Zusammenfassung: 8 Thesen
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sie also kein Ersatz für eine rechtlich verbindliche Regelung von Arbeitsbeziehungen und sozialen Mindeststandards sein können. Zusammenfassend lässt sich festhalten: Freiwillige Regelungen der Corporate Social Responsibility haben national kaum eine praktische Bedeutung. Allein große international agierende Unternehmen bedienen sich des Instruments und verfolgen damit oft eine öffentlichkeitsbezogene Strategie. Noch relativ wenige Unternehmen, welche über eine bereits ausgeprägte Mitbestimmungskultur verfügen, sind auch bereit einen höheren Grad an Verbindlichkeit anzustreben und schließen sog. International Framework Agreements ab. Die Beteiligungslücke, welche aus der Internationalisierung der Wirtschaft herrührt, lässt sich also nicht nur durch freiwillige Initiativen schließen.
Weiterführende Literatur Brandl, Sebastian (2006): Nachholende Internationalisierung? Zur Dynamik Internationaler Rahmenvereinbarungen. In: Industrielle Beziehungen, 13. Jg., 3/2006, S. 270–281 Bogumil, Jörg u. a. (2007): Zehn Jahre Neues Steuerungsmodell – eine Bilanz kommunaler Verwaltungsmodernisierung, Berlin (Modernisierung des öffentlichen Sektors, Sonderbd. 29) Killian, Werner/Schneider, Karsten (2003), Umgestaltung des öffentlichen Sektors. Analyse und Handlungsempfehlungen, Frankfurt (Reihe Betriebs- und Dienstvereinbarungen) Kißler, Leo (2007): Warum die kommunale Verwaltungsmodernisierung (fast) gescheitert ist oder: Wo bleibt die „Reformdividende“ für die Beschäftigten ? In: Bogumil, Jörg u. a.: Perspektiven kommunaler Verwaltungsmodernisierung. Praxiskonsequenzen aus dem Neuen Steuerungsmodell, Berlin (Modernisierung des öffentlichen Sektors, Bd. 30) Vitols, Katrin (2010), Mitbestimmung und Corporate Social Responsibility: Eine Literaturstudie, Berlin
5
Zusammenfassung: 8 Thesen
1. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat trägt zur Herausbildung einer kooperativen und dialogorientierten Praxis der Arbeitsbeziehungen bei. Die Verschwiegenheitspicht und die Vorgabe, sich allein am Unternehmenszweck zu orientieren, wirken sich diesbezüglich entscheidend aus. Obwohl es Hinweise gibt, dass die Mitbestimmung auch wirtschaftlich positiv wirkt, sind ihre Ziele gesellschafts- und unternehmenspolitischer Natur. Die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat trägt zu einer Kompetenz- und Wissenserweiterung des Gremiums bei und hilft so, Entscheidungen auf eine breitere Grundlage zu stellen. Es zeigt sich, dass der Aufsichtsrat zunehmend in die Rolle eines strategischen Gestaltungsgremiums hineinwächst und nicht mehr eine primär kontrol-
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Mitbestimmung in der Praxis
lierende Aufgabe übernimmt. Der Wert der Mitbestimmung lässt sich allerdings angesichts der Verschwiegenheitspicht oft nicht konkret darstellen. Die Einführung der Europäischen Aktiengesellschaft führt perspektivisch zu einem differenzierten Bild der Unternehmensmitbestimmung in Deutschland. Handlungsbedarf seitens des Gesetzgebers besteht bei Mitbestimmungsvermeidung durch die Verwendung ausländischer Rechtsformen. 2. Die rechtlich denierte Aufgabe der Betriebsräte ist es, einzelfallorientiert Beschäftigteninteressen gegenüber dem Arbeitgeber zu vertreten. Ähnlich wie bei der Unternehmensmitbestimmung kommt es auch in der Praxis der betrieblichen Mitbestimmung zu einer Ausweitung der Beteiligungsmöglichkeiten. Betriebsräte vertreten nicht nur die Interessen der Beschäftigten gegenüber dem Arbeitgeber, sondern vermitteln auch zwischen Beschäftigteninteressen. Darüber hinaus setzen sie sich auch für eine auf den Erhalt, Bestand bzw. die Ausweitung der Produktion gerichtete Unternehmensstrategie ein. Die Betriebsräte sind dabei auf die Gewerkschaften angewiesen und darauf, dass grundlegende Konikte in Tarifauseinandersetzungen, d. h. außerhalb des betrieblichen Rahmens, geklärt werden. 3. Beschäftigte sind in der Regel willens und in der Lage sich in ihrem Arbeitsumfeld auch unmittelbar einzubringen. Direkte Beschäftigtenbeteiligung bendet sich dabei mehr noch als die Arbeit von Betriebsräten im Spannungsfeld von Interessenvertretung und Arbeitsgestaltung. Die unmittelbare Partizipation erweist sich dabei in der Regel als für die Unternehmen und die Beschäftigten positiv. Ohne eine weitergehende Ausgestaltung der unmittelbaren Beteiligungsrechte von Beschäftigten werden Instrumente der partizipativen Arbeitsgestaltung immer eher Instrumente von Unternehmen mit einer ausgeprägten Mitbestimmungskultur und hohem Qualikationsniveau der Beschäftigten bleiben. 4. Die Mitbestimmung im öffentlichen Sektor war traditionell stabiler und in höherem Maße an Rechtsabläufen orientiert als die im privaten Sektor. Außerdem wirkt die Unterscheidung von Beamten und Tarifbeschäftigten prägend. In der jüngsten Zeit haben die Arbeitsbeziehungen im öffentlichen Sektor an Stabilität eingebüßt. Durch eine höhere Koniktintensität im Zusammenhang mit einer gewissen Nivellierung der Statusgruppendifferenzen wuchs auch der Personalrat zunehmend in eine gestaltende Rolle hinein. Die zunehmende Zahl formeller Privatisierungen und die Einschränkung der gesetzlichen Rechte von Personalräten stellt diese Praxis aber in Frage. 5. Die Kooperation der betrieblichen Interessenvertretungen verschiedener internationaler Standorte in Europäischen Betriebsräten ist potentiell ein Instrument transnationaler Solidarität auf der Arbeitnehmerseite. In der Praxis fehlen den
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Europäischen Betriebsräten aber weitgehend Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechte. Die Sicherung von Arbeitsstandards durch freiwillige CSR-Regelungen oder Internationale Rahmenvereinbarungen kann ähnlich wie die Einrichtung von Europäischen Betriebsräten ein Instrument starker nationaler Interessenvertretung sein, beide schließen aber die bestehenden Regelungslücken auf europäischer und internationaler Ebene nicht. 6. Die Zukunft der Mitbestimmung bewegt sich im Spannungsfeld positiver Wirkungen und faktischer Vertretungslücken. Da wo Betriebsräte und Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat tätig sind, nehmen Arbeitgeber sie in der Regel als gestaltenden Akteur und wichtige Ressource wahr. Der Betriebsrat wird von den Beschäftigten in der Regel als Ansprechpartner in konkreten Fragen der Interessenvertretung erkannt und geschätzt. Dass ca. die Hälfte der Beschäftigten ohne Betriebsrat auskommen muss und durch neuere Gesetzgebung Unternehmen die Gelegenheit gegeben wird, Unternehmensmitbestimmung zu umgehen, ist vor diesem Hintergrund eine Gefahr. 7. Die deutsche Unternehmensmitbestimmung bringt Vorteile für Arbeitnehmer wie für die Unternehmen. Ihre Stabilität als ein europäisches Flaggschiff zur Arbeitnehmerbeteilung in den deutschen Unternehmen sollte gewahrt werden. Diese Absicht setzt voraus, ihre institutionellen Grundlagen zu verbessern und Praxisdezite aufzuarbeiten. Über den Kurs, der eingeschlagen wird, entscheiden letztlich die Machtverhältnisse zwischen den Akteuren Industrieller Beziehungen und die gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Zukunftsentwürfe, die auf dem politischen Parkett vertreten werden. Divergierende Vorstellungen führen bislang aber zu keinem eindeutigen Modernisierungskurs und blockieren Reformen zur Unternehmensmitbestimmung. 8. Vergleichbares gilt für die Betriebsratsmitbestimmung. Die Verbesserung der Arbeitsfähigkeit von Betriebsräten ist eine maßgebliche Herausforderung für das Modell betrieblicher Mitbestimmung in Deutschland. Einerseits gilt das BetrVG für wesentlich mehr Arbeitnehmer als die Gesetze zur Mitbestimmung im Unternehmen. Andererseits bestimmen die Betriebsräte in den betrieblichen Entscheidungsarenen darüber mit, ob „Gute Arbeit“ in ihren unterschiedlichen Gestaltungsdimensionen die Arbeitsrealität der Beschäftigten prägt, oder prekäre Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitsplatzverluste. Die Betriebsverfassung muss daher die Handlungsfähigkeit der Betriebsräte garantieren. Die Betriebsräte sind in der Praxis keineswegs ausreichend mit Kompetenzen ausgestattet, um den Veränderungen in Betrieben und Unternehmen und der Internationalisierung von Wirtschaft und Arbeitsbeziehungen zu folgen. Alle gewerkschaftlichen Forderungen nach einer an den Veränderungen in der Arbeitswelt orientierten Überarbeitung
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Mitbestimmung in der Praxis
der betriebsverfassungsrechtlichen Instrumente stoßen bei den Arbeitgeberverbänden allerdings auf wenig Verständnis, obwohl die letzte Korrektur der Betriebsverfassung, ungeachtet des beschleunigten wirtschaftlichen Wandels, bereits fast ein Jahrzehnt zurückliegt.
Teil 3 Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
L. Kißler et al., Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, DOI 10.1007/978-3-531-92616-2_4, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
Vorbemerkung Was ist gemeint, wenn von Mitbestimmung die Rede ist ? Wie funktioniert sie in der Praxis, welcher Veränderungsdruck lastet auf ihren Institutionen und welche Perspektiven verbinden sich mit diesem zentralen wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Projekt der Nachkriegszeit? Auf diese Fragen gibt die Mitbestimmungsforschung Auskunft. Die Mitbestimmung war von Anfang an Gegenstand von empirischer Sozialforschung. Die Mitbestimmungsforschung trug entscheidend zur Wiederbegründung der Industrie- und Betriebssoziologie nach dem Zweiten Weltkrieg bei. Inzwischen schauen wir auf eine lange Forschungstradition. Während oben die theoretisch-normativen und rechtlich-institutionellen Grundlagen der Mitbestimmung (Teil 1) sowie ihre Praxis (Teil 2) erörtert wurden, geht es im Folgenden um einen Überblick über die neuere Mitbestimmungsforschung – um eine Forschungsbilanz. Angesichts der Fülle von Forschungsarbeiten, die sich in den letzten 60 Jahren und vor allem seit der deutsch-deutschen Vereinigung mit Fragen der Mitbestimmung und Arbeitnehmerbeteiligung beschäftigt haben, ist das Bilanzieren kein leichtes Unterfangen. Einige einleitende Bemerkungen zu den Grundlagen der Bilanz und ihren wesentlichen Dimensionen sind deshalb angebracht. Die deutsche Mitbestimmung zieht wissenschaftliche Aufmerksamkeit aus unterschiedlichen Disziplinen an. Sie steht im Fokus von juristischen, wirtschaftswissenschaftlichen, organisationswissenschaftlichen und vor allem industrie- und betriebssoziologischen Untersuchungen. Entsprechend zerklüftet ist die Forschungslandschaft. Gesetzesvorhaben (wie z. B. das Mitbestimmungsgesetz von 1976) und Veränderungen der institutionellen Grundlagen der Mitbestimmung brachten in der Vergangenheit zusätzliche Dynamik auf ein inzwischen zwar gut erforschtes, aber wenig systematisiertes Forschungsfeld. Dieses wird im Folgenden auf der Grundlage einer Synopse (vgl. Anhang) systematisch vermessen. Diese stützt sich auf Daten, die im Rahmen eines von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Vorhabens zur Bilanzierung der Mitbestimmungsforschung von ihren Anfängen bis zur Gegenwart erhoben wurden.1 Die Forschungsbilanz umfasst zwei Phasen der Mitbestimmungsforschung (1952–1989 und 1990–2010) und vermittelt einen bislang für die Bundesrepublik einzigartigen Überblick über die empirische Mitbestimmungsforschung von den Anfängen bis zur Gegenwart. Die folgenden Ausführungen stützen sich auf die zweite Bilanzierungsphase (1990–2010). Sie präsentieren die Forschungskonjunkturen, Forschungsziele und -themen sowie die maßgeblichen Felder, auf denen sich die Mitbestimmungsforschung bewegte, sowie das methodische Instrumen1
Die Forschungsbilanz wurde Ende 2009 abgeschlossen und wird in der Forschungsreihe der HansBöckler-Stiftung bei der Edition Sigma publiziert (vgl. Greifenstein/Kißler 2010).
152
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
tarium, mit dem sie ihre Fragestellungen bearbeitete (vgl. dazu 1). Daran schließt sich ein ausführliches Portrait des Forschungsgegenstandes an (2). Dieses gibt Auskunft über die Dimensionen der Forschungsbilanz, über zentrale Fragestellungen und Untersuchungsergebnisse mit dem Ziel, die thematischen und methodischen Schwerpunkte der Mitbestimmungsforschung auf der Zeitachse 1990–2010 herauszuarbeiten. Abschließend (vgl. 3) werden maßgebliche De zite und Perspektiven der Mitbestimmungsforschung diskutiert. Dabei liegt das Augenmerk auf möglichen Doppelungen von Forschungsthemen und Ergebnissen („Überforschung“). Vor allem aber sollen Forschungslücken und -desiderate kenntlich gemacht und dadurch Hinweise für mögliche Aufgaben einer zukünftigen Mitbestimmungsforschung gewonnen werden. Im Zentrum der inhaltlichen Vermessung der Forschungslandschaft neueren Datums steht der Versuch, konturenscharf die Funktionsweisen und die Grenzen der institutionalisierten Mitbestimmung (des Aufsichtsrats, des Betriebsrats, des Personalrats) sowie auch alternativer Beteiligungsformen (AVOs in interessenvertretungsfreien Organisationen) abzubilden und systematisch darzustellen. Der Teil schließt mit zusammenfassenden Erwägungen zu den Risiken und Chancen der Mitbestimmung, soweit diese an den vorliegenden Forschungsergebnissen erkennbar sind (4).
Das Forschungsprol 1
Das Forschungsprol
1.1
Das Erkenntnisinteresse: Wozu über Mitbestimmung geforscht wird
153
Forschung ist nicht interessefrei. Dies gilt auch für die Mitbestimmungsforschung. Die in den Forschungsprozess eingebrachten Interessen geben Auskunft auf die Frage, warum und mit welchen Methoden und mit welcher Erkenntnisabsicht über Mitbestimmung geforscht wird. Die Erkenntnisinteressen der Mitbestimmungsforschung markieren deshalb das „Hintergrundrauschen“, das es erlaubt, unterschiedliche Etappen auf dem Weg von den Anfängen in den 1950er Jahren bis in die Gegenwart voneinander zu unterscheiden und maßgebliche Forschungsdimensionen zu benennen. Die frühe Mitbestimmungsforschung fragt vornehmlich nach den Wirkungen ihres Gegenstandes auf die Entwicklung von Betrieb und Unternehmen. Ihr Anspruch war ein gesellschaftspolitischer. Von diesem gesellschaftspolitischen Interesse blieb später, vor allem in den 1970er Jahren, kaum eine Spur. Die Mitbestimmungsforschung fragt in dieser zweiten Etappe vornehmlich nach den Wirkungen der Mitbestimmungsgesetze (des BetrVG 1972 und MitbestG 1976) auf die Implementation und Praxis der Mitbestimmungsinstitutionen (Aufsichtsrat und Betriebsrat). Nicht die Gesellschaftsentwicklung, sondern die Institutionenentwicklung steht jetzt im Fokus des Forschungsinteresses. Mitbestimmungsforschung gerät zur Institutionenkunde. Erst in einer weiteren Etappe (1980er Jahre) nimmt die Forschung verstärkt die Praxis unterschiedlicher betrieblicher Akteure in den Blick und fragt, wie sich diese auf die Arbeitsbeziehungen in Betrieb und Unternehmen auswirkt. Mitbestimmungsforschung wird dadurch unter den Interessenhorizont von Machtanalysen gerückt und avanciert zur Industrial-Relations-Forschung. Damit gehen nicht nur eine Verlagerung des Erkenntnisinteresses, sondern auch eine erhebliche Erweiterung des Fragenkatalogs sowie die Fortsetzung der bereits mit der institutionenkundlichen Phase eingeleiteten Schwerpunktverlagerung auf betriebliche Fallstudien einher. Mitbestimmungsforschung kommt in dieser Phase vor allem im Gewand der Managementforschung sowie der Partizipationsforschung im Betrieb daher. Bei allen Unterschieden, weisen diese ersten Etappen der Mitbestimmungsforschung jedoch eine Konstante auf: die erkenntnisleitende Suche nach den Wirkungen der Mitbestimmungsgesetze, Institutionen und später der Akteurspraxis auf die Einstellung der Beschäftigten und der Bevölkerung (in den 1950er und 1960er Jahren), auf die Mitbestimmungspraxis (Rechtstatsachenforschung der 1970er Jahre) und auf die Praxis der Arbeitsbeziehungen in Betrieb und Unternehmen (1980er Jahre). Mitbestimmungsforschung war bis Ende der 1980er Jahre vor allem Wirkungsforschung. Der Effektivitätsaspekt und damit ein operatives Erkenntnisinteresse stehen zunächst noch im Fokus der thematischen Orientierung in den 1990er Jahren und
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
damit in jenem Bilanzierungszeitraum, der im Folgenden zugrunde gelegt wird. Jetzt bezieht sich das Forschungsinteresse schwerpunktmäßig auf die Auswirkungen der Mitbestimmung auf die wirtschaftliche Performance von Unternehmen und auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. Dem Zeitgeist entsprechend wird in den 1990er Jahren das Erkenntnisinteresse durch eine ökonomische Rationalität unterfüttert und an Effektivitätsfragen orientiert. Erst in der letzten Dekade wird eine Veränderung der Aufmerksamkeitsrichtung und Interessenorientierung der Mitbestimmungsforschung sichtbar. Nunmehr geht es eher um die Erkundung von möglichen Wirkungen des wirtschaftlichen Strukturwandels im Allgemeinen oder betrieblicher Reorganisationsund Restrukturierungsstrategien im Besonderen auf die Mitbestimmung und ihre Einrichtungen. Gefragt wird nach dem Modernisierungsdruck, der von exogenen Faktoren, wie z. B. Globalisierung und Europäisierung, aber auch von endogenen Faktoren, wie z. B. Kosten der Mitbestimmungsinstitutionen, auf das Mitbestimmungssystem ausgeht. Diese Umkehr der Aufmerksamkeitsrichtung wird forciert durch die massenmediale Skandalisierung von Fällen, auf denen Aufsichtsräte (wie z. B. bei Bonizahlungen) oder Betriebsräte („Lustreisen“) auf dem schmalen Grad zwischen legaler und illegaler Ausübung ihrer Rechte versagten. Dass die Mitbestimmungsforschung auf den massenmedial inszenierten Meinungsdruck im Hinblick auf Reformbedarf des herrschenden Mitbestimmungssystems reagiert, zeigt, dass Forschungs- und Erkenntnisinteressen sich nicht im gesellschaftlichen Vakuum bilden. Auch die Mitbestimmungsforschung ist ein Kind ihrer Zeit. Dies zeigt sich einmal mehr in der gegenwärtigen Ausprägung von Erkenntnisinteressen. Diese nden ihren Niederschlag in den Fragestellungen, in der Themengenerierung und damit inhaltlichen Dimensionen unseres Forschungspanoramas (vgl. unten 2).
1.2
Theoretische und empirische Mitbestimmungsforschung
Forschungsvorhaben können theoretisch angelegt sein und/oder mit Methoden der empirischen Sozialforschung versuchen, die Wirklichkeit einzufangen. Theoriestudien zur Mitbestimmung im Unternehmen und zur Interessenvertretung im System der betrieblichen Arbeitsbeziehungen sind in der bundesdeutschen Forschungslandschaft in zwei Typen ausgeprägt:
als normativ-demokratietheoretische Untersuchungen und als synthetisierende Überblicksdarstellungen.
Zu ersteren zählen Arbeiten, die, orientiert an wirtschaftsdemokratischen Vorstellungen, die Mitbestimmung als Demokratisierungsinstrument/-blockade begreifen. Zu nennen sind hier auch die Studien (häug Dissertationen und Abhandlungen
Das Forschungsprol
155
von EinzelforscherInnen), die in den 1970er Jahren die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes von 1972 und die Verabschiedung des Mitbestimmungsgesetzes von 1976 theoretisch vor- oder nachbereiten. Hier dominiert häug ein gewerkschaftlicher Interessenbezug. Typisch für diese Studien ist auch, dass sie den Blick nicht auf die Mitbestimmung einer Institution (wie z. B. des Betriebsrats) verengen, sondern die Fragestellungen einbauen in ein wirtschaftsdemokratisches Gesamtkonzept. Beispiele: Fritz Vilmar (1977): Politik und Mitbestimmung: Kritische Zwischenbilanz – integrales Konzept. Kronberg/Ts und Wolfgang Däubler (1974): Das Grundrecht auf Mitbestimmung. 2. Au., Frankfurt a. M. sowie neuerdings: Alex Demirovíc (2007): Demokratie in der Wirtschaft. Positionen, Probleme, Perspektiven. Münster und Heinz-J. Bontrup (2006): Arbeit, Kapital und Staat. Plädoyer für eine demokratische Wirtschaft. 3. Au., Köln. Die synthetisierenden Studien bereiten empirische Arbeiten vor oder bauen auf deren Ergebnissen auf. Sie werten hierzu im Gewand neutraler Darstellung die Forschungslage aus. Zwei „klassische“ Synthesen stehen im engen Bezug zur Politikberatung: Mitbestimmungskommission (1970): Mitbestimmung im Unternehmen. Bericht der Sachverständigenkommission zur Auswertung der bisherigen Erfahrungen mit der Mitbestimmung. Stuttgart und Bertelsmann Stiftung/Hans-BöcklerStiftung (Hrsg.) (1998): Mitbestimmung und neue Unternehmenskulturen – Bilanz und Perspektiven. Bericht der Kommission Mitbestimmung. Gütersloh. Neueres Beispiel: Kommission zur Modernisierung der deutschen Unternehmensmitbestimmung (2006): Bericht der wissenschaftlichen Mitglieder der Kommission. O. Ort. Theoriestudien und Forschungssynthesen sind aber nicht Gegenstand der folgenden Forschungsbilanz. Diese erstreckt sich ausschließlich auf empirische Forschungsvorhaben. Dabei handelt es sich um Primärerhebungen, die gesamtwirtschaftlich (in Form von Meinungsumfragen), branchenweit (in Form von schriftlichen Befragungen) oder betriebsbezogen (in Form von Fallstudien) mit den anerkannten Methoden der Sozialforschung durchgeführt werden. Eine theoretische Fundierung dieser Forschungsvorhaben ist die Regel, „Fliegenbeinzählereien“ bleiben die Ausnahme. Sie prägen die Forschungslandschaft zur Empirie der Mitbestimmung.2 Ihre quantitative Verteilung über die bundesdeutsche Forschungsgeschichte der Mitbestimmung lässt deutliche Höhen und Tiefen erkennen. Die Quellen, aus denen sich die Forschungsfelder speisen, begründen ausgeprägte Forschungskonjunkturen.
2 Einen durchaus repräsentativen Überblick über die wichtigsten empirischen Studien seit Mitte der 1970er Jahre vermitteln die Tagungsbände: Diefenbacher/Nutzinger (Hrsg.) 1980; Nutzinger (Hrsg.) 1982; Diefenbacher/Nutzinger (Hrsg.) 1984; Dies. (Hrsg.) 1986; Diefenbacher 1999, S. 151–167; Funder 1995 und Funder 1999, S. 169–198 sowie neuerdings Greifenstein/Kißler 2010 und Jirjahn 2010.
156 1.3
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung Forschungskonjunkturen
Ein Überblick über die empirische Mitbestimmungsforschung von den Anfängen bis zur Gegenwart weist 238 Forschungsvorhaben aus. Es handelt sich hierbei durchweg um Projekte, die in der Forschungslandschaft Spuren hinterließen. Der weitaus größte Teil der Studien (165) fällt in die letzten beiden Dekaden. Deutlichen Auftrieb erhielt die Mitbestimmungsforschung nach der Jahrtausendwende. Die Mehrzahl der bilanzierten Studien (n = 134) wurde im letzten Jahrzehnt durchgeführt bzw. abgeschlossen. Für das Jahrzehnt davor sind 29 Studien auszumachen. Mitbestimmungsforschung boomt, aber nur auf den ersten Blick. Schaut man genauer hin, so ist unschwer ein Gestaltwandel der Forschung zu erkennen. Der sprunghafte Anstieg von Forschungsvorhaben beruht auf sachlichen Hintergründen, die dazu führten, dass die Mitbestimmungsforschung neue thematische Schwerpunkte erschloss. Das Forschungsfeld „Mitbestimmung“ wird neben der „Institutionenkunde“ nunmehr mit verschiedenen thematischen Untersuchungsdimensionen verknüpft. Im Fokus der früheren Mitbestimmungsforschung (1952–1989) stehen die Mitbestimmungsinstitutionen und ihre Funktionsweisen im System der Industriellen Beziehungen und betrieblichen Arbeitsbeziehungen. Die empirischen Untersuchungen der damaligen Zeit liefern vor allem profundes Institutionenwissen und Erkenntnisse über die Mitbestimmungspraxis (vgl. dazu oben Teil 2). Die betriebliche Mitbestimmung und die Unternehmensmitbestimmung setzen aber institutionelle Rahmenbedingungen, deren Voraussetzungen und Einuss auf die unterschiedlichen Dimensionen des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, technischen und personalen Strukturwandels neuerdings analysiert werden (vgl. dazu unten 2.1). Mitbestimmungsforschung im Kontext des wirtschaftlichen Strukturwandels erweitert ihre Perspektive. Sie setzt auch neue Schwerpunkte und damit einen Prozess fort, der bereits in die Forschungstradition der 1980er Jahre hineinreicht. Damals verließ die Mitbestimmungsforschung das Forschungsfeld der Institutionenkunde und etablierte sich als Industrial-Relations-Forschung. Im Zentrum stehen nun nicht mehr die Mitbestimmungseinrichtungen, sondern deren Akteure, ihre (Macht-)Ressourcen und Praxisprobleme, vor allem im technisch-organisatorischen Restrukturierungsprozess. Neuerdings rückt der Strukturwandel selbst in den Forschungsfokus und Mitbestimmung an den Rand: die Mitbestimmung wird dadurch vom Leit- zum Begleitthema, ohne die „klassischen“ institutionellen Fragestellungen aufzugeben. Auch in der neueren Forschung richtet sich das Interesse darauf, wie „ Mitbestimmen“ in Betrieben und Unternehmen funktioniert. Mit dieser Fragestellung beschäftigen sich vor allem die betrieblichen Transformationsforschungsprojekte nach der deutschen Wiedervereinigung. Sie untersuchen den institutionellen Aufbau der Mitbestimmung im Zuge des Institutionentransfers. Später wird die
Das Forschungsprol
157
institutionenkundliche Perspektive und damit die Frage nach dem Aufbau einer Interessenvertretung abseits oder unter der Betriebsverfassung im New Economy Style mit dem Aufkommen der „neuen Wirtschaft“ virulent. Auch die Einrichtung von europäischen Betriebsräten ab Mitte der 1990er Jahre revitalisierte die institutionenkundliche Perspektive. Im nationalen Rahmen waren vor allem Projekte zur betrieblichen Mitbestimmung, die die Betriebsratswahlen in den Blick nehmen und die die Auswirkungen der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes von 2001 auf die Struktur der Interessenvertretungsorgane thematisieren, institutionenkundlich angelegt. Die meisten Studien (n = 132) verkoppeln das Forschungsinteresse aber mit einer mehrdimensionalen Folgenabschätzung. Sie weisen damit über den institutionenkundlichen Ansatz hinaus. Mehrere Erkenntnisebenen lassen sich unterscheiden. So beschäftigen sich die Untersuchungen mit den verallgemeinerungsfähigen personal-, sozial- und beschäftigungspolitischen Folgen der Mitbestimmung in Betrieben und Unternehmen (n = 31), nehmen die Mitbestimmung unter der Europäisierung und Globalisierung in den Blick (n = 24), überprüfen den Einuss der Mitbestimmung auf betriebliche Handlungsfelder, wie z. B. Technik- und Arbeitsgestaltung, Gesundheitsschutz u. a m. (n = 18), sichten die ökonomischen Folgen der Mitbestimmung, wie z. B. die Kosten der Betriebsverfassung oder den Einuss der Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen auf Produktivität, Lohnniveau, Fluktuation und Innovationstätigkeit (n = 17), untersuchen betriebliche Bündnisse für Arbeit, die Umsetzung betriebsnaher Tarifpolitik u. a. m. (n = 15), oder verstehen sich als Innovationsforschung und versuchen zu erkunden, inwieweit Mitbestimmung zur betrieblichen Innovationsfähigkeit und damit zur Beschäftigungssicherung einen Beitrag leistet (n = 13). Die Häufung von empirischen Mitbestimmungsuntersuchungen im letzten Jahrzehnt verteilt sich demnach sehr ungleichgewichtig auf einzelne Forschungsfelder. Insbesondere die Beschäftigteninteressen an der Mitbestimmung bzw. die Erfahrungen der „Vertretenen“ nehmen nur wenige Forschungen in den Blick (n = 5). Sehr schwach ausgeprägt ist auch eine genderkompetente Mitbestimmungsforschung (n = 9). Am konjunkturellen Aufschwung der Mitbestimmungsforschung partizipieren die unterschiedlichen Mitbestimmungsebenen uneinheitlich. Die betriebliche Mitbestimmung und damit der Betriebsrat stehen im Forschungsfokus. Auf sie rekurrieren die meisten Untersuchungen (n = 120). Danach folgen Studien zur Unternehmensmitbestimmung (n = 29), zur arbeitsplatznahen Beschäftigtenbeteiligung in unterschiedlichen Partizipationsformen (n = 20) und zur europäisierten Mitbestimmung (n = 19). „Stiefkind“ der empirischen Mitbestimmungsforschung ist der Personalrat. Der öffentliche Sektor wird als Forschungsfeld von der empirischen Mitbestimmungsforschung vernachlässigt. Nur wenige Einzelstudien
158
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
(n = 9) sind dort angesiedelt. Fast gänzlich außen vor bleibt die Erforschung von Mitarbeitervertretungen in Tendenzbetrieben und kirchlichen Einrichtungen. Auch in der Verteilung der empirischen Untersuchungen auf einzelne Forschungsfelder zeigen sich Ungleichgewichte.
1.4
Forschungsfelder und -methoden
Die Einführung der Mitbestimmung in den 1950er Jahren war ein gesellschaftspolitisches Projekt. Ihre Institutionalisierung in den damaligen Schlüsselindustrien (Montanmitbestimmung) galt als Sieg eines Prinzips. Von daher lag es nah, die Forschungsaktivitäten zunächst auf jene Branche zu konzentrieren, in der die Mitbestimmung Fuß fassen sollte. Die Metallindustrie geriet deshalb zum bevorzugten Forschungsterrain. Dabei ist es in den letzten 60 Jahren geblieben. Zu den „Erbhöfen“ der Mitbestimmungsforschung zählt somit die Metallindustrie. In den letzten 20 Jahren wurde jedes vierte Forschungsvorhaben dort durchgeführt. Danach folgen mit abgestufter Forschungsintensität Sektoren wie die Chemieund Textilindustrie, Handel, Banken und Versicherungen, IT-Unternehmen, der gewerbliche Dienstleistungssektor etc. Im Zentrum der empirischen Mitbestimmungsforschung steht folglich die gewerbliche Wirtschaft. In allen Epochen der Mitbestimmungsforschung wird diese überwiegend dort durchgeführt. Der öffentliche Sektor bleibt dagegen ein nachrangiges Forschungsfeld (n = 15). Nicht nur mit Blick auf die arbeitsmarktpolitische Bedeutung des Staates und seiner Einrichtungen (immerhin stellt der öffentliche Dienst jeden 10. Arbeitsplatz) ist dies zu wenig. Vor allem die im Zuge der Restrukturierung des öffentlichen Sektors veränderten Arbeitsbedingungen in den öffentlichen Verwaltungen und neuen Anforderungen an die Mitbestimmung der Personalräte (vgl. dazu oben Teil 2) verdient mehr Forschungsaufmerksamkeit. Das Prol der empirischen Mitbestimmungsforschung wird maßgeblich durch betriebliche Fallstudien (n = 80) geprägt. Es folgen querschnitts- bzw. repräsentative Untersuchungen (n = 51). Eine kleinere Anzahl der Untersuchungen (n = 25) kombiniert betriebliche Fallstudien mit Breitenerhebungen in den untersuchten Branchen. Das Forschungsdesign beeinusst auch die Auswahl der Forschungsmethoden. Im Rahmen der zahlreichen betrieblichen Fallstudien werden mehrheitlich qualitative Instrumente (n = 75) eingesetzt, wie Expertengespräche, Gruppendiskussionen, etc. Ein Teil der Untersuchungen (n = 41) kombiniert die Vorgehensweisen und setzt sowohl qualitative wie quantitative Methoden ein. Mit ausschließlich quantitativen Methoden (standardisierte Befragungen, etc.) arbeiten relativ wenige Untersuchungen (n = 29). Gerade im Bereich der Methodik zeigen sich aber auch erhebliche Neuerungen im Forschungsprol. Mitbestimmungsforschung heute
Das Forschungsprol
159
bewegt sich im Mainstream sozialwissenschaftlicher Forschungsstandards. Je nach Fragestellung wird ein Ensemble bewährter Forschungsmethoden eingesetzt, wie Expertengespräche, (teil-) standardisierte Befragungen, oder man greift auf eine Kombination von quantitativen und qualitativen Methoden zurück. Aktionsund handlungsforscherische Ansätze konnten sich nicht etablieren. Die in den 1970er und 1980er Jahren vor allem im Bereich der Forschung zur „Humanisierung des Arbeitslebens“ entwickelten Vorgehensweisen bleiben die Ausnahmen (Projektbeispiel Fricke/Fricke/Schönwälder/Stiegler 1981). Die empirische Mitbestimmungsforschung zeichnet sich dagegen durch einen Trend von ehemals eher quantitativ ausgerichteten Untersuchungen (1950er/1960er Jahre), über eine eher qualitativ orientierte Forschung (1970er/1980er Jahre) zu plurimethodischen Designs (Methodenmix) heute aus. Nahezu ein Viertel der Untersuchungen bevorzugt ein plurimethodisches Vorgehen (n = 41). Ökonometrische Forschungsansätze setzen neue methodische Impulse. Sie avancierten zu einer eigenständigen Forschungskonjunktur im Bereich der Mitbestimmungsforschung. Mit ökonometrischen Verfahren arbeitet seit Beginn der 1990er Jahre ein Zehntel der Untersuchungen (n = 17). Gegenüber den früheren Forschungsdekaden, in denen die ökonomische Dimension von Mitbestimmung, ihr Einuss auf Produktivität, Dividende, Kapitalmarktbewertung etc. weniger im Blickfeld stand, haben diese Studien in der Diskussion um Mitbestimmung und Standortwettbewerb an Bedeutung gewonnen. Diese resultiert zum guten Teil aus dem Versuch, den Einuss der Unternehmensmitbestimmung auf die ökonomische Performance der Unternehmen oder auf die Beschäftigtenentwicklung, Arbeitslosigkeit oder das Wirtschaftswachstum mit unterschiedlichen methodischen Zugängen zu beziffern. Die gewonnenen Ergebnisse stehen allerdings im Kreuzfeuer methodischer Kontroversen. Gleichwohl reicht ihre argumentative Kraft, um Legitimationsdruck auf die Unternehmensmitbestimmung auszuüben. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass andere Forschungsperspektiven und Erkenntnisinteressen nachrangig wurden, wie z. B. die Frage nach dem Demokratiepotential der Mitbestimmung. Die gewählte Forschungsmethodik korrespondiert mit den Projektlaufzeiten. Die meisten Projekte (n = 76) bewegen sich zwischen sechs Monaten bis zwei Jahren. Manche (n = 39) beanspruchen deutlich längere Bearbeitungszeiträume. Kurzstudien von einigen Monaten bilden eher die Ausnahme (n = 15). Mit anderen Worten: Mitbestimmungsforschung braucht ihre Zeit. Mitbestimmungsforschung ist in der Regel arbeitsintensiv. Wie lange ein Projekt dauert und mit welchen Erfolgsaussichten es durchgeführt wird, hängt allerdings auch entscheidend von der Forschungsorganisation und der Projektnanzierung ab.
160 1.5
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung Forschungsorganisation und -nanzierung
Empirische Mitbestimmungsforschung ist überwiegend Drittmittelforschung. Die Forschungsmittel werden von unterschiedlichen Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Der Schwerpunkt der Forschungsförderung liegt bei der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung (n = 102). Weitere Untersuchungen (n = 8) wurden von der Hans-Böckler-Stiftung gemeinsam mit anderen Forschungsförderern nanziert (wie Bertelsmann Stiftung, Otto-Brenner-Stiftung etc.). Die übrigen Untersuchungen (n = 25) nanzierten die Deutsche Forschungsgemeinschaft (n = 13), aber auch Ministerien, Einzelgewerkschaften und weitere Stiftungen. Die traditionelle Mitbestimmungsforschung war überwiegend an Universitäten verankert. Dort diente ein großer Teil der Projekte der Weiterqualikation, so vor allem der Promotion von Nachwuchswissenschaftlern. Dies trifft für die neuere Mitbestimmungsforschung nicht mehr zu. Der Anteil an universitären Qualizierungsvorhaben an der Mitbestimmungsforschung ist in den letzten 20 Jahren drastisch gesunken. Er umfasst 11 (von 165) Forschungsvorhaben, davon neun Dissertationen (eine Habilitationsarbeit und eine Diplomarbeit). Mitbestimmungsforschung ist zwar nach wie vor in den Universitäten Zuhause, ihr Gegenstand aber kaum noch ein Thema für den universitären Nachwuchs. Trendverstärkend mag wirken, dass in der universitären Lehre nur schwache Anreize für einschlägige Forschungsaktivitäten gesetzt werden. Mitbestimmungsforschung setzt aber Interesse an der Mitbestimmung voraus. Die Attraktivität der Mitbestimmung als Gegenstand von universitären Qualizierungsarbeiten ließe sich im Rahmen einer entsprechend orientierten Promotionsförderung zurückgewinnen. Der Langzeitvergleich von Forschungsnanzierung und -organisation zeigt allerdings Folgendes: Die zentrale Einrichtung der Forschungsförderung zur Mitbestimmung war und bleibt die Hans-Böckler-Stiftung. Die Stiftung hat ihre Forschungsförderaktivität seit den 1990er Jahren erheblich intensiviert. Die Bandbreite der Institutionen, die Mitbestimmungsforschung betreiben, hat sich in den Dekaden empirischer Mitbestimmungsforschung breiter aufgefächert. Forschung über Arbeitnehmerbeteiligung wird an den unterschiedlichsten universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen durchgeführt, ebenso wie an wirtschaftsnahen Institutionen oder gewerkschaftsnahen Beratungsunternehmen. Diese erforschen das Thema Mitbestimmung auch in eigen nanzierten Projekten. Den wissenschaftlichen Nachwuchs für Mitbestimmung zu interessieren, ist die Aufgabe einer koordinierten, strategischen Förderpolitik. Aber auch die Re-Thematisierung von „Mitbestimmung“ in universitären Lehrveranstaltungen könnte hierzu beitragen.
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
161
Übungsaufgabe 7 Welche Forschungsfelder und Institutionen der Mitbestimmung stehen im Zentrum der empirischen Mitbestimmungsforschung ? Welche Forschungsgebiete werden dagegen vernachlässigt ?
2
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
2.1
Dimensionen der Forschungsbilanz im wirtschaftlichen, sozialen und personalen Strukturwandel
Mitbestimmungsforschung ist das Kind ihrer Zeit. Sie ndet nicht in einem sozialen Vakuum, sondern unter wirtschaftlichen, politischen und sozialen Verhältnisse statt, die das Forschungsprol, aber auch die Fragestellungen und nicht zuletzt die Verwertung der Forschungsergebnisse maßgeblich konditionieren. Wer demnach die Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung verstehen und bewerten möchte, muss den sozialen Kontext mit einbeziehen. So ist die Mitbestimmungsforschung der 1950er und 1960er Jahre vor allem auch aus der besonderen Konstellation der frühen Bundesrepublik zu interpretieren, die gekennzeichnet war durch eine Politik der „Westintegration“ und durch das aufkommende „Wirtschaftswunder“. Die Forschungslandschaft ist jedoch keineswegs stabil, sie verändert ihre Topographie über den Bilanzierungszeitraum der Mitbestimmungsforschung hinweg. So werden die letzten zwanzig Jahre maßgeblich geprägt durch den wirtschaftlichen Strukturwandel und seine tiefgreifenden Folgen für die Industriellen Beziehungen und Bedingungen, unter denen die Menschen zu arbeiten haben. Eine qualitative Bilanz der jüngeren Mitbestimmungsforschung muss deshalb entsprechende Dimensionen in das Analyseraster einarbeiten. Sie verleihen der Bilanzierung Tiefenschärfe. (1) Hierzu zählen neue Management- und Produktionskonzepte (vgl. Teil 2, 3.2). Die Restrukturierungsprozesse der 1980er Jahre, vor allem in der Automobilindustrie, waren geprägt durch die Suche nach einem neuen Produktionsmodell. Das überkommene Modell der tayloristischen Massenproduktion hatte ausgedient und schien – im internationalen Vergleich – nicht mehr wettbewerbsfähig. Daraus zog der „Toyotismus“ seine Attraktivität. Die „Japanrezeption“ und mit ihr einhergehend die Übernahme von Elementen der Lean Production stützt sich auf neue Management- und Produktionskonzepte sowie auf betriebliche Verfahren der direkten Beschäftigtenbeteiligung. Team- und Gruppenarbeit, Beschäftigtenpartizipation und Selbstorganisation tangieren die Mitbestimmung des Betriebsrats. Veränderte Rahmenbedingungen im Zuge einer marktzentrierten Produktionsweise und stän-
162
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
dige Restrukturierung der Unternehmen zeitigen gravierende Folgen für die Mitbestimmung und nden ihren Ausdruck auch in entsprechenden Forschungsvorhaben. Sie stehen an der Schwelle, an der sich die vormals institutionenkundlich orientierte Mitbestimmungsforschung zur Industrial-Relations-Forschung entwickelt. In den 1980er und 1990er Jahren wurden deshalb die Rahmenbedingungen der Industriellen Beziehungen Gegenstand der empirischen Mitbestimmungsforschung in Unternehmen und Betrieb sowie im internationalen Vergleich. (2) Eine weitere Analysedimension wird markiert durch die Veränderungen in der Unternehmensführung und -kontrolle, von Betriebsformen und Sozialprolen der Belegschaften und deren Auswirkungen auf die Mitbestimmung. Die Konsequenzen sind offenkundig: Beteiligung, Information und Beteiligungslegitmation werden kompliziert. Die demokratisch ausgerichteten Prozesse der Arbeit von Betriebsräten folgen den neuen Anforderungen kaum noch. Mitbestimmen wird schwieriger, die Mitbestimmungsstrukturen werden komplexer. Ein prägnantes Merkmal ist auch die Internationalisierung der Unternehmen und mit ihr die grenzüberschreitende Interessenvertretungsarbeit. Europäische Betriebsräte (EBR) stimmen Interessen der Arbeitnehmer in transnationalen Interessenvertretungsgremien ab und vertreten sie gegenüber einem multinationalen Management. Die Europäische Aktiengesellschaft, eine Gesellschaftsform nach europäischem Gemeinschaftsrecht, führt unterschiedliche nationale Mitbestimmungssysteme zusammen, die dann mit offenem Ausgang konferieren. Auch die Fusionsrichtlinie wie die Richtlinie zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung werfen Fragen nach der Zukunftstauglichkeit deutscher Mitbestimmungseinrichtungen auf. Mitbestimmung gerät dadurch unter Veränderungsdruck. Die Internationalisierung der Produktion und der Märkte setzt die Mitbestimmung zusätzlich unter Reformdruck. Die Frage, wie die deutsche Mitbestimmung die wirtschaftliche Performance beeinusst, gehört daher zu den zentralen Fragestellungen der neueren Mitbestimmungsforschung. (3) Die Unternehmensmitbestimmung im internationalen Vergleich stellt aufgrund der aufgezeigten Problemlagen eine weitere Dimension der Mitbestimmungsforschung dar. In 28 europäischen Ländern, welche die SE-Gesetzgebung3 anwenden, haben die Arbeitnehmer mehrheitlich (in 19 Ländern) das Recht, ihre Interessen in den höchsten Unternehmensorganen zu vertreten. Diese Interessenvertretung bleibt zwar in der Regel qualitativ und quantitativ hinter dem deutschen Mitbestimmungsmodell zurück, in immerhin 12 Ländern sind allerdings Mitbestimmungsrechte weit verbreitet. Diese weisen häug sogar niedrigere Schwellenwerte als in Deutschland auf, ab denen die Mitbestimmung auf Unter3 SE = Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea), vgl. im Detail die Vertretungsmodelle und Schwellenwerte auf Unternehmens- und Betriebsebene der einzelnen Länder bei Stolt/Kluge 2005.
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
163
nehmensebene greift. Andere europäische Länder verfügen über betriebliche Repräsentationsrechte. Über nationale Betriebsverfassungen üben die jeweiligen Interessenvertretungen ihre Beteiligungsrechte aus. Die Schwellenwerte, ab denen sie dies dürfen, sind dabei ebenso unterschiedlich, wie die Interessenvertretungsstrukturen und die Kompetenzen der Interessenvertreter selbst.4 In fast allen Ländern sind die Arbeitnehmer somit in den Führungsorganen der Unternehmen vertreten. Die Mitbestimmung markiert demnach keinen deutschen Sonderweg. Die unterschiedlichen Varianten von Mitbestimmung und Mitwirkung entsprechen der soziokulturellen Historie der jeweiligen Länder. Arbeitnehmerbeteiligung gehört aber auf jeden Fall zu den Corporate Governance Strukturen vieler Länder Europas. Daher gehört zum Ergebnispanorama der Mitbestimmungsforschung auch der internationale Vergleich. (4) Mitbestimmung im Recht markiert eine weitere Analysedimension. Mitbestimmungsforschung war immer auch Rechtstatsachenforschung. Die Mitbestimmungsgesetze für die Montanindustrie (1951) und für die Großunternehmen (1976) sowie das Betriebsverfassungsgesetz und ihre Novellierungen (zuletzt 2001) lösten immer auch Forschungsaktivitäten aus. Die Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes von 2001 gilt als rechtliche Anpassungsleistung, um Betriebsverfassung und reale Entscheidungsabläufe im Unternehmen (wieder) zusammen zu führen. Diese Neuregelungen stehen daher ebenfalls regelmäßig auf dem Prüfstand der empirischen Mitbestimmungsforschung. Anhand der beschriebenen Dimensionen einer bilanzierenden Betrachtung der Forschungsergebnisse soll im Folgenden ein Forschungspanorama aufgezeigt werden, das die Mitbestimmung aus vergleichender Perspektive (vgl. 2.2) beleuchtet, maßgebliche Faktoren des Modernisierungsdrucks aufzeigt, dem die Mitbestimmung gegenwärtig unterliegt (vgl. 2.3) und vor allem die Wirkungsweise und Grenzen der institutionalisierten Mitbestimmung (des Aufsichtsrats, des Betriebsrats/ Personalrats und am Arbeitsplatz) anhand von einschlägigen Forschungsergebnissen erläutert (vgl. 2.4).
Übungsaufgabe 8 Mit welchen Argumenten lässt sich die These begründen, die neuere Mitbestimmungsforschung sei weniger Institutionenkunde als vielmehr Industrial-RelationsForschung ? 4 Vgl. die Übersicht zu den Schwellenwerten, Vertretungsmodellen auf betrieblicher Ebene und ihrer Grundtypen. In: Institut der deutschen Wirtschaft 2005
164 2.2
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung Die Mitbestimmung aus komparatistischer Sicht
Die traditionelle Mitbestimmungsforschung wagte kaum den Blick über den nationalen Tellerrand. Sie beschäftigte sich bis in die 1980er Jahre hinein vornehmlich mit den institutionellen Grundlagen des deutschen Mitbestimmungssystems. Dies hat sich in der jüngeren Forschungsgeschichte geändert. Mitbestimmungsforschung gewann mit der Internationalisierung ihres Gegenstandes eine internationalisierte Forschungsperspektive. Allerdings garantiert diese noch keine komparatistische Sicht. Systemvergleichende Forschung und Mitbestimmungsforschung, die sich mit einem über die nationalen Grenzen erweiterten Forschungsgegenstand beschäftigt, sind von ihren Forschungsthemen, -fragestellungen und Methoden her nicht identisch. Auf beiden Forschungswegen kommt die empirische Mitbestimmungsforschung voran, aber mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und unterschiedlichen Ergebnissen. Daher lohnt sich an dieser Stelle ein ausführlicherer Blick auf diesen Forschungstrend. Auf dem ersten Forschungspfad begegnen wir einem Forschungsgegenstand, der sich durch Internationalisierung und Europäisierung auszeichnet. Diese speisen sich aus der europäischen Gesetzgebung (vor allem der EBR-Richtlinie), aber auch aus einer interessengeleiteten Argumentation, die dem deutschen Mitbestimmungssystem im Vergleich zu ausländischen Einrichtungen der Arbeitnehmermitwirkung Standortnachteile nachsagt. Diesen Vorbehalt bestätigt die empirische Mitbestimmungsforschung nicht. So belegt eine Studie in deutschen Tochtergesellschaften großer ausländischer Unternehmen, dass die Mitbestimmung hierzulande als kompatibel mit internationalen Managementpraktiken zu bewerten sei (vgl. Vitols 2001). Wirtschaftsforscher bescheinigen der deutschen Betriebsverfassung im Vergleich zum angelsächsischen System, dass die betriebliche Mitbestimmung die Kooperationsbereit der Beschäftigten eher garantiere (vgl. Frick 1997). Allerdings belegt die Forschung auch, dass die Gestaltung transnationaler Wirtschaftsbeziehungen mitbestimmungspolitisch ein kompliziertes Unterfangen bleibt. Internationale Unternehmensaktivitäten und eine nanzmarktbezogene Ausrichtung des Top-Managements tangieren auch die Aushandlungs- und Regulierungssysteme. Sie verringern die Schnittmenge gemeinsamer Leitbilder und Interessen mit den Arbeitnehmervertretungen und destabilisieren die Aushandlungsarenen in globalen Unternehmensstrukturen (vgl. Kädtler/Sperling 2003). Die grenzüberschreitenden Interessenvertretungsstrategien gelten immer noch als fragil, wenngleich die Forschung belegen kann, dass sich solidarische Grundsätze im internationalen Wettbewerb multinationaler Unternehmen durchaus erfolgreich etablieren können (vgl. Greer/Hauptmeier 2008). Forschungsergebnisse, die sich aus der zweiten Untersuchungsquelle speisen, bringen Licht in die mitbestimmungspolitischen Folgen der Europäisierung des Gesellschaftsrechts und der Interessenvertretung durch Europäische Betriebsräte
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
165
(EBR). Die Untersuchungsergebnisse zeigen vor allem die Konstitutionsprobleme auf, welche die Handlungsfähigkeit der EBR einschränken. Eine wesentliche Rolle spielen dabei die unterschiedlichen nationalen Auffassungen der Gewerkschaften über Funktion und Leistungsfähigkeit der EBR, die Qualität der Informationsweitergabe von Konzernleitungen, der Auf bau von Vertrauens-, Wissens- und Organisationsressourcen, nicht zu unterschätzende Sprachprobleme, aber auch die jeweilige Verzahnung mit nationalen Interessenvertretungen und Gewerkschaften. In vielen Fällen war die Akzeptanz der EBR-Strategien bei nationalen Interessenvertretungen, Gewerkschaften und Management ungesichert (Eberwein u. a. 2000). Die europäische Interessenvertretungsarbeit ist folglich nicht nur eine betriebsrätliche, sondern auch eine gewerkschaftspolitische Herausforderung. Die EBR-Forschung hat inzwischen Tradition. Eine jüngste Untersuchung benennt die Gründe für die Nicht-Umsetzung der EBR-Richtlinie in deutschen Unternehmen mit Niederlassungen im europäischen Ausland (vgl. Lücking u. a. 2008). Fehlende Regelungen für eine Neuordnung im Falle von Unternehmensrestrukturierungen, uneinheitliche Strukturen innerhalb einer Unternehmensgruppe oder äußerst undurchsichtige Unternehmensstrukturen gelten, gemäß dieser Untersuchung, als Problemzonen der EBR-Richtlinie. Aus der internationalisierten Forschungsperspektive der Beschäftigung mit dem EBR werden – analog zur Betriebsratsforschung in deutschen Unternehmen – EBR-Typologien gebildet. So unterscheidet die einschlägige Forschung zwischen dem symbolischen, dienstleistenden, projektorientierten und beteiligungsorientierten EBR (vgl. Lecher u. a. 2001). Zu einer anderen Typologie kommt Hermann Kotthoff (2006). Er bildet fünf EBR-Typen auf der Grundlage der praktischen interessenvertretungspolitischen Rolle und Wirkung dieser Einrichtung im Rahmen der jeweiligen Konzerndynamik. Danach verfolgen die untersuchten EBR verschiedene Handlungsmuster. Der EBR als „mitgestaltendes Arbeitsgremium“ ist eine funktionierende und kontinuierliche Interessenvertretung, die Vereinbarungen abschließt und im nachhaltigen Dialog zum Konzernmanagement steht. Die deutsche Mitbestimmung stellt eine Variante unter mehreren Vertretungsstrukturen dar. Hinter dem „Fürsprecher der Diaspora“ verbirgt sich dagegen ein dominanter deutscher EBR-Vorsitzender, der zugleich dem Konzernbetriebsrat vorsitzt und Mitglied des Aufsichtsrats ist. Er wurde in der deutschen Mitbestimmungskultur sozialisiert. Ohne schon Mitgestalter zu sein, vertritt der EBR als „Informationsanalytiker“ ein eher sozialpartnerschaftlich-kooperatives Muster von Arbeit nehmervertretung. Er überzeugt im Dialog mit dem Management durch professionelles Wissen und Information. Die schwachen EBR-Typen sind dagegen weniger erfolgreich in den Interaktionsbeziehungen mit dem Management. Hierzu zählt Kotthoff den EBR im „Leerlauf“ – als „zahnlosen Tiger“ oder auch den „fehlgestarteten, marginalisierten“ EBR.
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
Im Ergebnis kann aus der internationalisierten Perspektive der Mitbestimmungsforschung gezeigt werden, dass die Europäisierung der Arbeitsbeziehungen sich als ein komplexer Prozess auf europäischer, nationaler, regionaler und betrieblicher Ebene abbildet, zumal europaweit unterschiedliche Modelle der Interessenvertretung existieren (vgl. Altmeyer 2008). Ein skandinavisches, angelsächsisches, germanisches, mediterranes sowie ein Transformationsmodell können voneinander unterschieden werden. Bei den Gremien des EBR handelt es sich um „Mischinstitutionen“ mit der Folge, dass nicht eine qualizierte Mitbestimmung, sondern ießende Übergänge zwischen Information, Anhörung, Mitwirkung und Mitbestimmung die Verhandlungsebenen in den unterschiedlichen Unternehmen kennzeichnen, auf denen die EBR-Mitglieder ihre Interessenvertretungspolitik verfolgen. Die einschlägige Forschung gibt auch Auskunft über die Zukunftsaussichten einer „Transnationalität der Interessenvertretungsarbeit“. Nachweislich erleiden deutsche Betriebsräte jenseits ihrer nationalen Mitbestimmungspraxis in der Gemengelage von Arbeitsbeziehungen zumeist einen „Kulturschock“. Sie sind gefordert, die grenzüberschreitende Arbeitnehmerkooperation in die Praxis ihres betrieblichen Handelns einzuarbeiten. Grundlage ihres Handelns ist das Betriebsverfassungsgesetz. Dieses sollte sie in die Lage versetzten, Kooperationen zu ausländischen Arbeitnehmervertretungen zu pegen und länderübergreifende Informations- und Kommunikationsnetzwerke zu nutzen, um im internationalen Standortwettbewerb ihre Strategien zum Schutz der abhängig Beschäftigten und zur Gestaltung der Arbeitsbedingungen abzustimmen. Die Betriebsverfassung bleibt jedoch hinter diesen Anforderungen zurück. Eine Novellierung hätte die intereressenvertretungspolitischen Ressourcen auf die Internationalisierungsdynamik zuzuschneiden, um die Chancen für eine wachsende europäische Mitbestimmungskultur zu stärken (vgl. Greifenstein/Weber 2009). Ziehen wir also eine erste Bilanz. Man kann die deutsche Mitbestimmung als eine Form von Arbeitnehmerbeteiligung in der internationalen Wirtschaft begreifen. Zugleich aber erfordern grenzenlose Unternehmensstrategien eine grenzüberschreitende Interessenvertretung. Diese „Binsenweisheit“ nahm die Mitbestimmungsforschung spät zur Kenntnis. Die Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen und, in Reaktion darauf, die europäische Rechtsprechung generierten Forschungsarbeiten, die die Voraussetzungen, Formen und Folgen internationaler Interessenvertretung überprüfen. Sie stehen in der Tradition der Rechtstatsachenforschung früherer Mitbestimmungsuntersuchungen. Die Forschung greift die EU-Richtlinie von 1994 und das anschließende Gesetz über „europäische Betriebsräte“ auf. Ein weiterer Forschungsstrang beschäftigt sich mit der Einordnung der deutschen Mitbestimmung in einen Vergleich mit den Formen von Arbeitnehmerbeteiligung in anderen Ländern sowie mit der Folgenabschätzung des deutschen Modells.
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
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Beide Forschungsstränge stoßen in die komparatistische Lücke der traditionellen Mitbestimmungsforschung. Aber sie füllen sie nicht. Zwar weist die neuere Mitbestimmungsforschung einen vergleichsweise höheren Anteil an Untersuchungen auf, die eine vergleichende Forschungsperspektive entwickeln. Aber der Blick über den nationalen Tellerrand führt nicht zur vergleichenden Forschung. Die Beschäftigung mit dem europäischen Betriebsrat wechselt nur den Forschungsgegenstand, aber nicht die Forschungsperspektive. Eine komparatistische Forschungsperspektive wird dagegen eher von jenen, nach wie vor wenigen Studien erreicht, die Vergleiche zwischen unterschiedlichen Facetten des deutschen Mitbestimmungssystems, wie zum Beispiel der direkten Beschäftigtenbeteiligung (Mitbestimmung am Arbeitsplatz), zu Formen der Partizipation in ausländischen Betrieben anstreben (vgl. dazu im deutsch-französischen Vergleich die Untersuchungen von Greifenstein/Jansen/Kißler 1993 und neuerdings Artus 2008). Im Ergebnis zeigt diese vergleichende Forschung, woraus Veränderungsdynamik entsteht und in welche Richtung das deutsche Mitbestimmungssystem zu entwickeln und zukunftsfähig zu machen wäre.
2.3
Die Mitbestimmung unter Modernisierungsdruck
Die empirische Mitbestimmungsforschung liefert wissenschaftlich gestützte Argumente für eine Veränderung der deutschen Mitbestimmung und ihrer Institutionen. Dabei stützt sich die Argumentation weniger auf attraktive Alternativen, die etwa im Ausland zu entdecken wären, sondern vielmehr auf systemimmanente Entwicklungen auf den unterschiedlichen Mitbestimmungsebenen. Der Betriebsrat avancierte dabei zum zentralen Forschungsgegenstand (vgl. dazu unten 2.4.2). Der Veränderungsdruck auf diese Institution führte im Jahr 2001 zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes. Die Mitbestimmungsforschung hat diese Reformergebnisse untersucht. So werden unter anderem die Neuordnung der Betriebsratsstrukturen, das heißt die Anpassung an den Wandel der Unternehmensstrukturen und Führungssysteme, die Veränderungen im Gründungsgeschehen von Betriebsratsgremien, die Repräsentanz von Frauen im Betriebsrat, die Akzeptanz bzw. Anwendung des vereinfachten Wahlverfahrens in kleineren Betrieben oder der Einbezug von Leiharbeitern in die Betriebsratswahlen untersucht (vgl. Rudolph/Wassermann 2002; Bellmann/Ellguth 2006; Bunk 2006 sowie oben Teil 2, 2.2). Wie neuere Forschungsarbeiten belegen, resultieren maßgebliche Anforderungen an die Mitbestimmung des Betriebsrats aus der Verbetrieblichung, dem zunehmenden Einsatz von Leiharbeit und aus Standortkonikten. Die Verbetrieblichung fördert den Bedeutungszuwachs des Betriebsrats auf der betriebspolitischen Verhandlungsarena, der Betriebsrat gilt aus Forschungssicht als Instanz
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
kontrollierter Flexibilisierung unter Berücksichtigung von Belegschaftsinteressen (vgl. Ellguth/Ahlers 2003), ohne dass dieser neue Regulierungstrend von den Interessenvertretungen uneingeschränkt befürwortet werde. Vielmehr verweisen die Untersuchungsergebnisse auf eine mögliche Polarisierung: Betriebsräte sind sowohl Gegner (Furcht vor negativen Folgen wie niedrigeren Löhnen etc.), als auch Manager und Befürworter (Erwartung höherer Flexibilität) der Verbetrieblichung (vgl. Hoßfeldt/Nienhüser 2008). Mit der wachsenden Bedeutung von Leiharbeit sieht die Mehrheit der Betriebsräte die Gefahr einer betriebspolitischen Marginalisierung ihrer Position. Sie bezieht deshalb die prekär Arbeitenden in die betriebsrätliche Mitbestimmungspolitik mit ein. In der Verleihbranche selbst fasst die betriebliche Mitbestimmung dagegen kaum Fuß (vgl. Promberger 2006). Aus den Ergebnissen der einschlägigen Forschung und unter Berücksichtigung gewerkschaftlicher Reformvorschläge (vgl. Wassermann/Rudolph 2007a; Hayen 2008) wäre, angesichts dieser Problematik, die Betriebsverfassung weiterzuentwickeln. Die Vertretung von Leiharbeitnehmern bedeutet für den Betriebsrat z. B. Mehraufwand, der bei Mandaten und Freistellungen bislang nicht berücksichtigt wird. Gesetzgeber und Rechtsprechung hätten deshalb das Recht den veränderten Anforderungen anzupassen, die Arbeitsressourcen von Betriebsräten zu verbessern, etwa indem ein Leiharbeitsbonus (Mandate, Freistellungen etc.) für die Betriebsräte in Betrieben mit hohem Leiharbeiteranteil gewährt wird. Standortkonikte und -schließungen markieren weitere Herausforderungen an die betriebliche Mitbestimmung und decken deren Schwächen schonungslos auf. Die Mitbestimmungsforschung zu Standortkonikten erkennt die Tendenz, dass solche Konikte auch Ausdruck einer erodierenden institutionellen Mitbestimmung sein können. Es zeigt sich aber auch, dass Standortkonikte Chancen bieten, gewerkschaftliche Mitbestimmungsvorstellungen gegen den Mainstream der Corporate Governance-Debatte, die sich an der ökonomischen Rationalität des Shareholder-Kapitalismus orientiert, zu lancieren (vgl. Martens/Dechmann 2010). Belegschaft, Betriebsräte und Gewerkschaften müssen im Falle von Betriebsschließungen differenzierte Strategien einsetzen. Sie müssen verhandlungsorientierte Strategien mit ökonomischen Alternativkonzepten, Arbeitskampfmaßnahmen um soziale Tarifverträge, basisorientierte Proteststrategien und schließlich die Strategie internationaler Vernetzung beherrschen, ohne hierfür hinreichend gerüstet zu sein (vgl. Detje u. a. 2008). Betriebliche Mitbestimmung unter den Anforderungen der gegenwärtigen tiefgreifenden Umbrüche von Arbeitsbeziehungen und -bedingungen formuliert demnach ein ambitioniertes Arbeitsprogramm für Betriebsräte. Dies gilt nicht nur für Großunternehmen, sondern auch in kleineren und mittleren Betrieben. Auch dort werden die Arbeitsbedingungen von der empirischen Mitbestimmungsforschung untersucht und Handlungsbedarf zur Sicherung einer zu-
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
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kunftsfähigen Mitbestimmung begründet (vgl. Schlömer u. a. 2007; Wassermann/ Rudolph 2007b; Bormann 2007; Böhm 2009). Veränderungsdruck auf die Betriebsratsmitbestimmung resultiert auch aus den neuen Formen der direkten Partizipation. Diese standen auf Gewerkschaftsseite immer schon im Verdacht, die Mitbestimmung des Betriebsrats auszuhöhlen. Wenn die Beschäftigten ihre Interessen selbst wahrnehmen, werden sie immer weniger auf die gewählten Interessenvertretungen zurückgreifen. Auf der anderen Seite wurden mit der direkten Beschäftigtenbeteiligung betriebsdemokratische Erwartungen verbunden, die die empirische Partizipationsforschung allerdings relativiert. Qualitätszirkel (z. B. in der Automobilindustrie) und andere Formen der direkten Partizipation (wie z. B. das französische Mitspracherecht) ebnen nicht den Weg zu neuen beteiligungsoffenen Formen der Arbeitsorganisation und zu acheren Hierarchien, sondern dienen der Korrekturpartizipation im Rahmen eines sozio-technischen Optimierungsprogramms des Managements (vgl. Greifenstein/Jansen/Kißler 1993 sowie Teil 2, 3.2). Im Unterschied zu einer echten Mitbestimmung am Arbeitsplatz tangieren sie nicht die betrieblichen Machtverhältnisse. Ebenso pointiert lautet die Schlussfolgerung einer anderen Studie: Die direkte Partizipation der Beschäftigten ersetzt keinesfalls die institutionalisierte Mitbestimmung des Betriebsrats (vgl. Dörre 2002). Gleichwohl setzen die neuen Formen der direkten Partizipation die institutionalisierte Mitbestimmung unter Veränderungsdruck. Denn der Betriebsrat sieht sich, angesichts beteiligungsorientierter Betriebspolitik, neuen Anforderungen an die Koordination und Steuerung der arbeitsplatznahen Beteiligung ausgesetzt (vgl. Bundesmann-Jansen/Frerichs 1993). Interessenwahrnehmung durch direkte Partizipation und Interessenvertretung durch Betriebsratsmitbestimmung können sich zwar ergänzen (vgl. Wannöffel 2001), aber auch gegenseitig ausschließen. So zeigen Untersuchungen in der digitalen Wirtschaft, dass die Verfahren direkter Partizipation das dominante betriebliche Regulierungsmuster darstellen (vgl. Pries u. a. 2006; Funder u. a. 2006). In dieser Branche, wie über die Branchengrenzen hinweg, gehören kleinere und mittlere Betriebe häug zu „mitbestimmungsfreien Zonen“ und weisen individuelle Formen der Interessenregulierung auf. Die einschlägigen Forschungsergebnisse belegen, dass solche Regulierungsformen im Vergleich zur verfassten betrieblichen Mitbestimmung weniger interessenvertretungswirksam sind. Nicht zuletzt deshalb wurde die betriebliche Mitbestimmung durch den Betriebsrat im Zuge der Anpassung an sich verändernde Markt- und Beschäftigungsbedingungen der IT-Industrie auch in dieser Branche attraktiv. Das Ende des „Hype“ führte schließlich zu einer deutlichen Zunahme professioneller Interessenvertretungsarbeit durch Betriebsräte (vgl. Martens 2005), ohne jedoch die grundsätzliche Problematik im Verhältnis zwischen individualisierter, kollektiv-alternativer Interessenregulierung einerseits und institutionalisierter Betriebsratsmitbestimmung andererseits zu lösen. Auch wo individuelles
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
Interessen handeln und kollektive Interessenwahrung nicht mehr als Widerspruch gesehen werden und die Beschäftigten nach efzienten Formen der gemeinsamen Interessenartikulation mit dem Betriebsrat suchen (vgl. Boer/Trinks 2006) wird diese Suche nur dann erfolgreich sein, wenn der Betriebsrat mitwirkt und ein Interesse daran hat. Die damit einhergehende Erweiterung seines Handlungsspielraums bedeutet aber zugleich eine Erweiterung seines Aufgabenkatalog, mit anderen Worten: Mehrarbeit. In Anbetracht der oben skizzierten Anforderungen ist Skepsis angebracht, ob Betriebsräte hierzu motiviert und mit dem notwendigen Vorrat an Handlungskompetenz und Ressourcen ausgestattet sind. Die forschungsgestützten Argumente für Veränderungsnotwendigkeiten belegen nicht nur den Modernisierungsdruck, der auf dem herrschenden Mitbestimmungssystem und seinen Einrichtungen lastet. Sie werfen bereits auch Schlaglichter auf die tatsächliche Wirkungsweise und die Grenzen der institutionalisierten Mitbestimmung.
2.4
Wirkungsweise und Grenzen der institutionalisierten Mitbestimmung
Die Frage, was Mitbestimmung in der Praxis tatsächlich bewirkt und wo ihre Problemlösungskapazitäten erschöpft sind, gehört zu den klassischen Themen der Mitbestimmungsforschung. Empirisch begründete Antworten werden auf den unterschiedlichen Mitbestimmungsebenen formuliert. Aufsichtsrat, Betriebsrat, (im öffentlichen Dienst) Personalrat wie auch die Arbeitsgruppe stehen im Untersuchungsfokus. Beginnen wir mit einigen Forschungsergebnissen zum Aufsichtsrat.
2.4.1 Der Aufsichtsrat als Forschungsgegenstand Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat (Unternehmensmitbestimmung) war in den 1970er Jahren Gegenstand gesellschaftspolitischer Auseinandersetzungen im Vorfeld der Gesetzgebung von 1976 und ist es bis heute geblieben (vgl. Teil 1, 3 und Teil 2, 1). Im Kontrast dazu ist die empirische Mitbestimmungsforschung aussagekräftig. Im Forschungsfokus stehen zwei Probleme: die Wirkung der Unter nehmensmitbestimmung auf die Unternehmensführung und die Interessenaushandlungsstrukturen in den Kontrollgremien der Unternehmensmitbestimmung. Auf der ersten Problemdimension geht es um Untersuchungen, die den Einuss der Mitbestimmung auf die wirtschaftliche Performance und die Ausbalancierung von Anteilseigner- und Arbeitnehmerinteressen im Rahmen der interessenpluralistischen Kontrollfunktion der Unternehmensmitbestimmung überprüfen. In der zweiten Forschungsdimension dominieren Fragen zur Praxis der „alltäglichen“ Unter nehmensmitbestimmung. Aus der breiten Palette einschlä-
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
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giger Untersuchungen und der Vielfalt ihrer Ergebnisse sollen im Folgenden einige Forschungsergebnisse dargelegt werden, die unsere vorangegangene Beschreibung der Aufsichtsratspraxis ergänzen (vgl. dazu Teil 2, 1). Konzentrieren wir uns diesmal auf die eher ökonomisch ausgerichteten Studien. Zu den Wirkungen der Aufsichtsratsmitbestimmung auf die Unternehmensführung und Performance der Unternehmen ergreifen vor allem betriebswirtschaftliche Studien das Wort. Der Zusammenhang zwischen Mitbestimmung, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit geriet zur Forschungsdomäne der Ökonomen. Deren Untersuchungsergebnisse fallen zum einen nicht eindeutig aus, zum andern lassen sich aus ihnen auch keine Argumente gegen die Unternehmensmitbestimmung ableiten (vgl. Jirjahn 2006). Daraus lässt sich folgern, dass die ökonomischen Folgen der Unternehmensmitbestimmung prinzipiell als neutral zu bewerten sind (vgl. Vitols 2006). Die Mitbestimmung senkt den Marktwert der Unternehmen nicht (vgl. Frick 2005). Sie korreliert sogar mit der Produktivität und dem Unternehmensgewinn (vgl. Renaud 2008). Unter dem Blickwinkel der Shareholder-Value-Orientierung wird der Unternehmensmitbestimmung zudem bescheinigt, dass kapitalmarktorientierte Strategien nicht mit dem deutschen System Industrieller Beziehungen kollidieren (vgl. Höpner 2003). Ökonometrische Analysen zur Unternehmensperformance kommen zu dem Schluss, dass keine ökonomischen Gründe gegen die Präsenz von Gewerkschaftsvertretern im Aufsichtsrat anzuführen sind und keine Argumente gegen eine gesetzliche Verankerung des Paritätsprinzips in Aufsichtsratsausschüssen sprechen (vgl. Vitols 2009). Allerdings bleiben solche Forschungsergebnisse nicht ohne Widerspruch. Die „wirtschaftsnahe“ Forschung führt ins Feld, dass die Unternehmensmitbestimmung die Handlungsspielräume auf den internationalen Kapitalmärkten einenge. Insbesondere die Parität in den Aufsichtsräten und die damit gegebene Gremiengröße verzögere unternehmerische Entscheidungen (vgl. Stettes 2007). Andere Untersuchungen stört die Gewerkschaftsmacht in den Aufsichtsräten. Diese müsse als Beschäftigungsbremse bewertet werden (vgl. Werner/Zimmermann 2005). Auch reiche die Internationalität der Aufsichtsratsmitglieder (vor allem auf Arbeitnehmerseite) nicht aus, um die Gesamtinteressen des Unternehmens auf den globalen Zukunftsmärkten wahrnehmen zu können (vgl. Schmid/Daniel 2007). Wägt man die Forschungsergebnisse ab, so bleibt festzuhalten, dass „unterm Strich“ keine negativen ökonomischen Wirkungen der Mitbestimmung nachzuweisen sind und die methodischen Anlagen der (vor allem ökonometrischen) Untersuchungen Anlass geben, die jeweiligen Forschungsergebnisse zu hinterfragen. Fraglich ist, ob nicht bereits kleinste Veränderungen des methodischen Designs zu erheblichen Verzerrungen der Ergebnisse führen. Methodik und Ergebnisse sind interessengeleitet und werden entsprechend kontrovers diskutiert. Von großer Bedeutung ist deshalb ein forschungsgestützter Blick auf den Modernisierungs-
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
bedarf der Aufsichtsratsmitbestimmung, der aus ihren Praxisproblemen resultiert und weiter oben bereits vorgenommen wurde (vgl. Teil 2, 1.3).
2.4.2 Der Betriebsrat als Forschungsgegenstand Der Betriebsrat ist der zentrale Akteur der Arbeitsbeziehungen im Betrieb. Hiermit sind die Austauschbeziehungen zwischen Management, Belegschaft und gewählter Interessenvertretung gemeint. Im deutschen Mitbestimmungssystem hat der Betriebsrat das Monopol der Interessenvertretung. Gleichwohl ist seine Position in den betrieblichen Arbeitsbeziehungen prekär. Bereits die frühe Mitbestimmungsforschung in den 1950er Jahren verweist auf das Spannungsverhältnis zwischen den Erwartungen der Unternehmensleitung einerseits und der Belegschaft andererseits, das die Betriebsratsposition prägt (vgl. Pirker u. a. 1955). Das Verhältnis von Betriebsrat und Geschäftsleitung gehört zum traditionellen Untersuchungsfeld der empirischen Mitbestimmungsforschung. Ein zweites Feld wird abgesteckt durch die Chancen und Grenzen der Betriebsratsmitbestimmung. Ihm widmen sich Untersuchungen der handlungspraktischen Bedingungen, unter denen Betriebsräte ihre Schutz- und Gestaltungsaufgaben wahrnehmen. Ein drittes Untersuchungsfeld wird abgesteckt durch die Beschäftigung mit den neuen Herausforderungen, vor denen die Interessenvertretungen in den betrieblichen Restrukturierungsprozessen und Veränderung der Arbeitsbeziehungen seit den 1980er Jahren stehen. Auf den drei Untersuchungsfeldern liefert die empirische Mitbestimmungsforschung profunde Erkenntnisse, anhand derer das Spannungsverhältnis zwischen Management, Belegschaft und Betriebsrat und damit die Praxis der betrieblichen Interessenvertretung in Betriebsratstypologien beschrieben wird (vgl. dazu ausführlich die wegweisenden Typologien in Teil 2, 2.3). Die Synthese aller Studien zeigt, dass die Entwicklungsgeschichte des Betriebsrats als Mitbestimmungseinrichtung eine Erfolgsstory darstellt. Ganz im Gegensatz zu den Ausgangserwartungen, die im Betriebsrat eine „Grenzinstitution“ (Fürstenberg 1958) bzw. eine prekäre Einrichtung sahen, der im Gefüge der betrieblichen Austauschbeziehungen und Koniktkonstellationen kaum Überlebenschancen zugemessen wurden, hat sich der Betriebsrat bewährt. Die Orientierung der Betriebsräte am Handlungsmuster des „Co-Management“ ist ein Ausdruck davon. Die Relevanz des Betriebsrats als eigenständige Kraft zwischen divergierenden Interessen (-gruppen) im Betrieb prägt auch die alltägliche Interessenvertretung. Sie gibt damit Aufschluss auf Fragen zur Betriebsratspraxis auf dem oben genannten zweiten Untersuchungsfeld, wie auch Antworten auf die Frage, wie Betriebsräte unter den neuen Herausforderungen des Strukturwandels ihre intermediären Aufgaben erfüllen.
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
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Die Position des Betriebsrats entscheidet über die Rolle, die diese Einrichtung im betrieblichen Erwartungsgefüge zwischen den Akteursinteressen tatsächlich spielt. Sie prägt seine Selbsteinschätzung als Interessenvertretung und damit auch die Möglichkeiten und Grenzen der Mitbestimmung. Die besondere Leistung der industriesoziologischen Mitbestimmungsforschung besteht darin nachweisen zu können, dass die Funktionsweise der Mitbestimmung nicht alleine von der Qualität der Rechtsnormen abhängt, sondern in besonderer Weise auch von den speziellen betrieblichen Herrschaftsbeziehungen und damit von der Position des Betriebsrats innerhalb der betrieblichen Sozialstruktur. Das belegt insbesondere wiederum die Figur des „Co-Managers“. So wird beispielsweise deutlich, dass Betriebsräte, die als Co-Manager agieren, sich stärker an der Konzeption und Umsetzung von neuen Formen der Arbeitsorganisation beteiligen (Piorr/Wehling 2002). Kennzeichnend für die Praxis der betrieblichen Mitbestimmung ist auch die kulturelle Dimension. Zu dieser Erkenntnis tragen insbesondere Untersuchungen bei, die die politische Kultur der Austauschbeziehungen zwischen Management und Betriebsrat in Ost- und Westdeutschland in den Blick nehmen. Die Austauschbeziehungen zwischen den betrieblichen Akteuren können danach den Charakter einer koniktorischen Interaktion, einer interessenbetonten oder integrationsorientierten Kooperation einnehmen, sie können einem harmonistischen Betriebspakt ähneln, einem autoritär-hegemonialen Regime, oder dem Muster einer patriarchalischen Betriebsfamilie entsprechen sowie das Prol eines „Co-Managements“ aufweisen (vgl. Bosch u. a. 1999; Artus u. a. 2001). Diese Interaktionsmuster erweisen sich in westdeutschen Betrieben homogener als in ostdeutschen. Auf dem dritten Untersuchungsfeld, das gekennzeichnet wird durch den Strukturwandel und seine neuen Herausforderungen an die betrieblichen Akteure, liefert die Mitbestimmungsforschung ebenfalls aufschlussreiche Ergebnisse. Diese verweisen auf die facettenreiche Rolle von Betriebsräten in den betrieblichen Restrukturierungsprozessen. Der Strukturwandel tangiert nachhaltig die betrieblichen Aufgabenstellungen und mitbestimmungspolitischen Strategien der Betriebsräte. Schnelllebige technische Innovationen, organisatorische Flexibilisierung, Auslagerung von Betriebsteilen sowie die Etablierung neuer betrieblicher Regulierungsformen infolge zunehmender „Verbetrieblichung“ der Tarifpolitik stellen die Betriebsräte unter neue Anforderungen. Sie müssen versuchen, langfristige und nachhaltige Modernisierungs- und Innovationsstrategien den Unternehmensstrategien entgegen zu setzen, die mit Personalabbau, Absenkung der Arbeitsstandards, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und Fragmentierung der Belegschaften (im Zuge des Einsatzes von Leiharbeit) einseitigen (und immer kurzzyklischeren) Verwertungsund Gewinninteressen verpichtet sind. Die Betriebsratsmitbestimmung wird unter diesen Anforderungen nicht nur professioneller, sondern auch eingebunden in neue Standort-, Sparten- und regionale Betriebsratsstrukturen. Die bereits
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
existierenden und gesetzlich abgesicherten Institutionen des Gesamtbetriebsrats (GBR) und Konzernbetriebsrats (KBR) gestalten mit den neuen Strukturen ein zunehmend komplexeres System (vgl. Hauser-Dietz u. a. 2008). In diesem System agieren Betriebsräte unter zunehmend höherem Professionalisierungsgrad. Die neue Arbeitsweise des Betriebsrats ist gekennzeichnet durch Prozessdenken, Entwicklungsorientierung, ökonomisches Fachwissen, Methoden- und Sozialkompetenz sowie ein hohes Selbstbewusstsein. Mit diesem Kompetenzgewinn geht eine Verstärkung der Verhandlungsmacht der Betriebsräte einher (vgl. Howaldt/ Kopp 1997). Die Forschung beschreibt den „neuen“ Betriebsrat als einen „Wissensmanager“, der arbeitnehmerorientierte Gestaltungsoptionen und strategische Alternativen ent wickelt (vgl. Deiß/Heidling 2001). Diese Aufgabe wird offenbar erfolgreich bewältigt: In überdurchschnittlich innovativen Betrieben ndet eine umfassende Einbeziehung des Betriebsrats in die Veränderungsprozesse statt. Die Betriebsräte sind nicht selten die Innovationstreiber (vgl. Kriegesmann/Kley/ Kublik 2010, S. 71 ff.) und nehmen eine nachhaltige Unternehmensentwicklung eher in den Blick als die (häug wechselnden) Führungskräfte (vgl. Sacher/Rudolph 2002 sowie Beutler/Lichte 2007). Im Ergebnis belegen die Forschungsergebnisse, dass die Betriebsräte den Strukturwandel nicht nur passiv hinnehmen und als Vertreter von Belegschaftsinteressen eine Schutzfunktion wahrnehmen, sondern, dass sie den Wandel auch aktiv mitgestalten und demnach als Gestaltungsakteure auf den Plan treten. Neben dem antizipierenden Problemlöser und aktiven Prozessbegleiter werden Positionen eines engagierten formellen, aber auch weiterhin eines konventionellen Betriebsrats in der betrieblichen Veränderungspraxis erkennbar (vgl. Nerdinger/Stracke 2008). Zum Mainstream der empirischen Mitbestimmungsforschung avancierte in den letzten 20 Jahren aber auch die Frage nach den ökonomischen Effekten der Mitbestimmung. Die deutliche Zunahme ökonomischer Studien in der Mitbestimmungsforschung belegt diese Tendenz. Ihre empirische Aussagekraft ist jedoch begrenzt, die tragfähigen Antworten sind uneinheitlich. Die Unentschiedenheit in der Folgenbewertung gilt nicht nur, wie oben angeführt, für die Unternehmensmitbestimmung, sondern auch für die Mitbestimmung des Betriebsrates. So ist z. B. in Betrieben mit Betriebsrat ein Anstieg der Produktivität zu beobachten, während in betriebsratslosen Betrieben die Einführung moderner Arbeitsformen keinen Einuss auf die Bruttowertschöpfung ausübt (vgl. Zwick 2000). Auch belegt die Forschung, dass die Existenz eines Betriebsrats und dessen konstruktive Mitarbeit die Personaluktuation verringern und freiwillig gewährte Mitbestimmungsrechte über das gesetzliche und tarifvertragliche Maß hinaus positive Effekte zeitigen (vgl. Dilger 1999). Auch bei speziellen Reorganisationsoder Weiterbildungsmaßnahmen konnte eine Produktivitätssteigerung durch die Existenz und Mitwirkung von Betriebsräten nachgewiesen werden (vgl. Hübler 2003). Andere Untersuchungen kommen dagegen zu abweichenden Ergebnissen.
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So werden offenbar in kleineren Betrieben das Investitionsverhalten sowie die Produktivität durch die Einrichtung eines Betriebsrats nicht positiv beeinusst (vgl. Addison u. a. 2000). Strittig sind auch die Forschungsergebnisse zum Einuss der Betriebsräte auf die Beschäftigungsentwicklung. Nach der Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes von 2001 ergibt ein Vergleich der alten und neuen Freistellungsschwelle sowie der gesetzlichen Änderung des Schwellenwertes keinerlei Effekte auf das Beschäftigungswachstum in den Betrieben (vgl. Schnabel u. a. 2008). Eine andere Untersuchung zeigt dagegen, dass Interessenvertretungen in Abhängigkeit von betrieblichen Rahmenbedingungen, positive Arbeitsmarkteffekte entfalten. Betriebsräte, die vermehrt in wirtschaftlichen Krisen gegründet werden, beeinussen unter diesen Bedingungen die Beschäftigungsentwicklung positiv und verringern die Wahrscheinlichkeit von Betriebsschließungen (vgl. Jirjahn 2008). Auf einen Nenner gebracht lauten die Erkenntnisse der Betriebsratsforschung wie folgt: Der Betriebsrat ist nicht umsonst zu haben. So stiegen die direkten Anwendungskosten des Betriebsverfassungsgesetzes nach der Novellierung zunächst an (vgl. Niedenhoff 2004). Allerdings stehen diesen Kosten eine Vielzahl von Nutzenvorteilen gegenüber, die sich aus der kooperativen Praxis von Betriebsräten ergeben, die unbürokratisch und effektiv nach betrieblichen Lösungen suchen und bestrebt sind, Kosten zu senken. Insgesamt sind auch die ökonomischen Effekte der Betriebsratsmitbestimmung nur schwer zu bemessen. Die Frage nach dem direkten Einuss der Betriebsratsarbeit auf ökonomische Messgrößen bleibt offen. Die Mitbestimmung verkörpert nur eine betriebliche Rahmenbedingung unter vielen Einussgrößen. Auf jeden Fall aber können ihr keine negativen wirtschaftlichen Folgen bescheinigt und empirisch belegt werden. Aber es gibt durchaus evidente Anzeichen für ökonomische Vorteile einer funktionierenden Mitbestimmung im Betrieb.
2.4.3 Der Personalrat als Forschungsgegenstand Der Personalrat verkörpert die gewählte Interessenvertretung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Alle, von der empirischen Mitbestimmungsforschung für den privaten Sektor gewonnenen Ergebnisse, gelten in gewisser Weise auch für den öffentlichen Sektor und die dort agierenden Personalräte. In der Mitbestimmungsforschung fristet der Personalrat dennoch ein Schattendasein. Im Vergleich zu der Vielzahl der Untersuchungen in der Privatwirtschaft und insbesondere zur Mitbestimmung des Betriebsrats, bleibt der Personalrat ein „Stiefkind“ der Mitbestimmungsforschung und seine Schutz- und Gestaltungsaufgaben im öffentlichen Sektor markieren ein Forschungsdesiderat.
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
Erst im Zuge der Verwaltungsreform im Zeichen des Public Management seit Mitte der 1990er Jahre zieht auch die Personalvertretung in den öffentlichen Verwaltungen verstärkt die Aufmerksamkeit der Forschung auf sich. Die Modernisierung des öffentlichen Sektors folgt dem für das deutsche Modell der Arbeitsbeziehungen typischen kooperativen Politikstil. Die Personalräte haben die Modernisierungsprozesse nicht nur defensiv hingenommen, sondern aktiv mitgestaltet. Sie wurden zu Co-Managern auf dem Modernisierungsgelände. Dieses weist zwei Modernisierungspfade auf, die das Gelände strukturieren: zum einen die Neudenition der Außengrenze des Staates und seiner Einrichtungen gegenüber Markt und Gesellschaft im Zuge von Privatisierung, Out-sourcing, Public Private Partnership bis hin zu einem neuen Regulationssystem der Public Governance und zum anderen die Modernisierung der Binnenstrukturen auf der Grundlage eines neuen Steuerungsmodells der öffentlichen Verwaltungseinrichtungen. Auf beiden Modernisierungspfaden sind die Personalvertretungen neuen Anforderungen ausgesetzt und kommen in den Spagat, einen Interessenausgleich zu nden zwischen Modernisierungsgewinnern und -verlierern, zwischen den Aufgaben eines Co- und Koniktmanagements. Die einschlägige Forschung zeigt, wie in der Modernisierungspraxis der Balanceakt bewältigt wird. Vor allem auf der kommunalen Ebene weist hierzu die empirische Forschung tragfähige Ergebnisse auf. Die Großstädte haben im Zuge der Verwaltungsreform und im neuen Ausloten der Außengrenze der öffentlichen Einrichtungen die Stadt in Konzernstrukturen reorganisiert. Im „Konzern Stadt“ sind die Interessenvertretungen in den öffentlichen Einrichtungen (Personalräte) zusammen mit jenen in den privaten städtischen Einrichtungen (Betriebsräten) auf der Suche nach neuen Formen der Interessenvertretung, mit denen Schutz- und Gestaltungsfunktionen gemeinsam wahrgenommen werden können (vgl. dazu Greifenstein/Kißler 2000). Diese Suche ist kompliziert: Der Gesamtpersonalrat verliert seine herausgehobene Stellung, Einusspotentiale im Rahmen eines Co-Management können nur gemeinsam mit anderen Beschäftigtenvertretungen (wie z. B. den Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten) ausgeschöpft werden. Es entwickeln sich neue Kooperationsformen zwischen Personal- und Betriebsräten, aber diese Konzernarbeitnehmervertretungen stehen rechtlich auf schwachen Füssen, wie die Mitbestimmungsforschung herausarbeiten konnte (vgl. Schneider u. a. 2001). Der Gesamtpersonalrat kann zwar überbetriebliche Zusammenarbeit initiieren, eine Konzern-BeschäftigtenVertretung widerspricht allerdings den Rechtsstrukturen und die Arbeitgeber sind geneigt, sich dagegen zu sperren. Die Ziele und Inhalte der überbetrieblichen Zusammenarbeit sind daher häug kaum erkennbar (vgl. Killian 2007). Im Ergebnis verweist die Forschung auf zwei Problemstellungen für die Interessenvertretungen in städtischen Konzernstrukturen:
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
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mit welchen Instrumenten Beschäftigteninteressen im Zuge von Ausgliederungen abgesichert werden können und wie Beschäftigteninteressen durch neue Personalrats- und Betriebsratskooperationen in den „Konzern Stadt“ einzubringen sind.
Inzwischen weist die kommunale Praxis aber eine Reihe von gelingenden Beispielen auf, die von Forschungsseite aufgearbeitet werden (vgl. dazu Greifenstein/ Kißler 2000, S. 75 ff.). Weitere Forschungsimpulse gingen von der Binnenmodernisierung der öffentlichen Verwaltungen aus. Auch hier steht vor allem die kommunale Ebene im Fokus der Forschung. Die Übernahme von (vor allem betriebswirtschaftlichen) Elementen des New Public Management in den Rathäusern (Budgetierung, ablaufoptimierte Organisationseinheiten mit Qualitätsmanagement, dezentrale Ressourcenverantwortung, Controlling etc.) führte in der Praxis insbesondere zu Rationalisierungserfolgen, weniger zu Modernisierungsergebnissen. Die öffentlichen Verwaltungen sind wirtschaftlicher und ökonomisch efzienter, kaum aber für die Beschäftigten attraktiver geworden. Arbeitsverdichtung, neue Leistungsanforderungen und ein neuer Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst bleiben hinter den ehemals ambitionierten Erwartungen an eine Verwaltungsreform zurück. Diese bringt bislang weder eine materielle noch eine immaterielle Reformdividende für die Beschäftigten (vgl. Kißler 2007b, S. 17 ff.). Die Beschäftigten nehmen den Modernisierungsprozess daher vor allem als Rationalisierungsbewegung wahr, deren Folgen sie zu tragen haben, deren Ziele und Praxis sie aber nicht beeinussen und mitgestalten können. Die Interessenvertretungen stehen deshalb vor der Aufgabe, in Modernisierungsvorhaben sichere und humane Arbeitsbedingungen einzuklagen, Partizipationsmöglichkeiten für die Beschäftigten und Mitbestimmungsrechte für ihre Interessenvertretungen auszuhandeln und zu nutzen sowie die Modernisierung der Verwaltung adressatenbewusst und damit für die Bürgerinnen und Bürger attraktiv zu gestalten. Die Modernisierungsforschung, soweit sie sich mit diesen Fragen beschäftigt, ist demnach auch Mitbestimmungsforschung. Sie zeigt, wie die Verbesserung der Verwaltungsqualität notwendigerweise mit einer verbesserten Arbeitsqualität verbunden ist. Personalräte als Mitgestalter und damit Modernisierungs-Co-Manager können diese Ziele auf der Grundlage von Kooperationsverträgen, Tarifverträgen oder Dienstvereinbarungen sowie politischen Vereinbarungen anstreben. In jedem Fall aber haben sie zu beachten, dass Modernisierung, die über Rationalisierungseffekte hinaus auch die Interessen der öffentlich Bediensteten berücksichtigt, einen sozialverträglichen Umbau der Verwaltungseinrichtungen ebenso beinhalten muss, wie eine Beschäftigtenbeteiligung, die den Namen verdient. Letztere sollte eine beteiligungsoffene Arbeitsorganisation mit Aufgabenintegration (z. B. teilautonome Gruppenarbeit) ermöglichen. Modernisierung muss unter
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
wirklicher Mitbestimmung der Interessenvertretungen und realer Partizipation der Beschäftigten stattnden. Mit diesen Erkenntnissen aus der einschlägigen Mitbestimmungs- und Modernisierungsforschung im öffentlichen Sektor mag deutlich werden, wie kompliziert und komplex sich das Aufgabenspektrum für die Interessenvertretungen auf den beiden Modernisierungspfaden darstellt und wie schmerzhaft sich der Spagat für Personalräte gestaltet, die zwischen Gestaltungs- und Schutzaufgaben stehen, zwischen Modernisierungsgewinnern und -verlierern eine arbeitspolitische Schnittmenge nden müssen und auf dem Reformgelände sowohl als Veränderungsagenden als auch als Bewahrer agieren. Die empirische Mitbestimmungsforschung kann zwar die Anforderungen, die ein Co-Management des Personalrats in der Praxis stellt, inzwischen benennen und anhand von Praxisbeispielen aufzeigen, wie diese Anforderungen bewältigt werden können, gleichwohl bleiben noch viele Fragen offen. Hierzu zählt unter anderem, wie eine durch Personalabbau verunsicherte und zunehmend heterogene Belegschaft in den öffentlichen Einrichtungen und Konzernstrukturen ihre Interessen erkennen, aggregieren und in die vorhandenen rechtlichen und institutionellen Mitbestimmungsstrukturen einbringen kann. Diese Problematik stellt empirische Forschung im öffentlichen Sektor vor die Aufgabe, Modernisierungsforschung und Mitbestimmungsforschung zusammenzuführen, ihre Fragestellungen und Methodik aufeinander abzustimmen und damit die Forschungslücke im Vergleich zum Privatsektor auch in qualitativer Hinsicht zu schließen.
2.4.4 Die Arbeitsgruppe als Forschungsgegenstand Arbeitnehmermitwirkung erschöpft sich nicht in der gesetzlich geregelten Betriebsratsmitbestimmung. Dazu gehören unterschiedliche individuelle und kollektive, alternative und gesetzlich nicht geregelte Beteiligungsformen, wie sie in den 1990er Jahren nach Vorbild der Lean-Production in den Betrieben Einzug hielten (vgl. dazu ausführlich Teil 2, 3.). Qualitätszirkel, Arbeitsgruppen im Leistungserstellungsprozess, individuelle Interessenwahrnehmung und neue kollektive Vertretungsorgane jenseits der Betriebsratsmitbestimmung stecken zwei große Forschungsfelder ab. Das erste wird geprägt durch neue Formen der direkten Partizipation in Betrieben, in denen ein Betriebsrat existiert und damit die Verfahren der direkten Partizipation zu den Einrichtungen der gewählten Interessenvertretungen hinzukommen. Die empirische Mitbestimmungsforschung hat sich den direkten Formen des Interessenausgleichs mit unterschiedlichen Erkenntnisinteressen angenommen. Zu Beginn der 1990er Jahre richtete sie ihr Augenmerk auf die Einführung von Qualitätszirkeln, die den Weg zu neuen Arbeitsorganisationsformen in acheren Hierarchien vorbereiten sollten. Die Ergebnisse zu der Frage,
Ergebnisse der Mitbestimmungsforschung – ein Panorama
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inwieweit die direkte Partizipation einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz und damit der Demokratie im Betrieb auf die Beine helfen könne, waren ernüchternd (vgl. Greifenstein/Jansen/Kißler 1993). Gefragt wurde auch nach dem Verhältnis zwischen Betriebsratsmitbestimmung und Interessenwahrnehmung durch direkte Partizipation. Die Forschung liefert empirisch gestützte Antworten auf die Frage, wie die Gefährdung der Mitbestimmung durch direkte Arbeitnehmerbeteiligung verhindert und beide Partizipationsformen, die delegative Beteiligung der Betriebsräte und die direkte Beteiligung der Beschäftigten, sich gegenseitig ergänzen können (vgl. Wannöffel 2001). Auf dem zweiten Untersuchungsfeld, das durch alternative, neue Vertretungsorgane geprägt wird, die den Betriebsrat ersetzen, weist die einschlägige Forschung die Risiken und Chancen solcher Formen der kollektiven Interessenwahrnehmung nach. Vor allem die Arbeitsbeziehungen in der „ New Economy“ lösten in der letzten Dekade erhebliche Forschungsimpulse aus (vgl. auch 2.3). Im Rahmen dieser Forschungskonjunktur wurden in den aufstrebenden Kleinunternehmen und in den „Lack-Turnschuh-Unternehmen“ die formell nicht geregelten individuellen Partizipationsformen untersucht (vgl. Baukrowitz/Boes 2002). Welche Bedeutung spezische Unternehmenskulturen, aber auch unternehmerische AntiBetriebsratsgründungsstrategien für das Aufkommen solcher Partizipationsformen einnehmen, ist eine wesentliche Forschungsfrage (vgl. Hucker 2002). Eines der tragfähigen Ergebnisse besagt, dass offenbar die Betriebsgröße, aber vor allem auch die Branche (wie sich am Beispiel der digitalen Wirtschaft zeigt) maßgebliche Faktoren sind, die individualisierte Interessenvertretung oder neue Formen der kollektiven Interessenwahrnehmung begünstigen. Diese erstarken dann zu dominanten betrieblichen Regulierungsmustern (vgl. Pries u. a. 2006; Funder u. a. 2006), bleiben allerdings in ihrem Einusspotential hinter der Vertretungsmacht des Betriebsrats zurück. Das Forschungsfeld wird neuerdings geprägt durch Untersuchungen, die sich dem Verhältnis zwischen individuellem Interessenhandeln und kollektiver Interessenwahrnehmung widmen sowie nach den Erfolgsaussichten von ef zienten Formen der gemeinsamen Interessenartikulation auf der Grundlage unterschiedlicher Partizipationsformen fragen (vgl. Boer/Trinks 2006).
Übungsaufgabe 9 Zu welcher Einschätzung kommt die empirische Partizipationsforschung bezüglich des demokratischen Potentials von „Gruppenarbeit“ ?
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung Dezite und Perspektiven der Mitbestimmungsforschung
Mitbestimmungsforschung unterliegt wie ihr Gegenstand, die Mitbestimmung, einem Veränderungsdruck. So haben sich das Themenspektrum, der Fragenkatalog und die Anzahl der durchgeführten Studien in den letzten beiden Dekaden erheblich erweitert. Zu ihren maßgeblichen Erkenntnissen gehört, dass das deutsche Mitbestimmungssystem zwar modernisierungsbedürftig, aber zukunftsfähig ist. Im Rahmen einer Weiterentwicklung der Mitbestimmung ist deshalb auch die Entwicklung von weiteren Forschungsperspektiven maßgebend. So sollte in methodischer Hinsicht die Mitbestimmungsforschung das Instrument der Beschäftigtenbefragungen wieder reaktivieren. Die aktuelle Mitbestimmungsforschung ist „expertenlastig“, was sich an der standardmäßigen Anwendung von Experteninterviews mit Akteuren aus Interessenvertretungen und Management in den betrieblichen Fallstudien niederschlägt. Die Meinung von Experten bleibt forschungsstrategisch auch zukünftig von fundamentaler Bedeutung. Doch sollten auch die betroffenen ArbeitnehmerInnen und damit der „dritte Akteur“ in den betrieblichen Austauschbeziehungen zwischen Management, Interessenvertretung und Beschäftigten zu Wort kommen. Wichtig wäre demnach eine Erforschung von Beschäftigteninteressen und eine Forschungsmethodik, die eine Interessenartikulation durch die Beschäftigten selbst erlaubt (so z. B. auch Hauser-Ditz u. a. 2008, S. 274 f.). Damit ist zugleich eine inhaltliche Forschungsperspektive angesprochen. Die Mitbestimmungsforschung von Sozialwissenschaftlern wie Ökonomen widmet sich akribisch und in allen Facetten dem Regulierungsoutput von Arbeitnehmerbeteiligung auf Grundlage der Betriebs- und Unternehmensverfassung. Sie sollte sich, trotz aller messtechnischen Probleme, auch der Analyse direkter, arbeitsplatznaher Belegschaftspartizipation widmen und versuchen, die Outputgrößen dieser betrieblichen Form von Interessenregulierung zu bestimmen. Auf diesem Forschungsfeld bestehen erhebliche Dezite und ungeklärte methodische Fragen. So ist beispielsweise offen, welchen Einuss unterschiedliche Strukturtypen von individuellen und kollektiven Formen der Interessenvertretung und insbesondere die von der Forschung noch nicht klassizierten, gesetzlich nicht geregelten Vertretungen auf die ökonomische und arbeitspolitische Performance ausüben (vgl. Hauser-Ditz u. a. 2008, S. 259). In den 1980er Jahren erstarkte die Mitbestimmungsforschung zur Industrial-Relations-Forschung. Aber sie blieb auf die gewerbliche Wirtschaft und die dort geltenden Mitbestimmungsgesetze fokussiert. Der öffentliche Sektor bleibt als Forschungsfeld nach wie vor vernachlässigt und die dort geltenden Formen der Arbeitnehmervertretung führen ein Schattendasein. Zwar trug die Verwaltungsmodernisierung zu einer Konjunktur der Modernisierungsforschung bei, allerdings ohne die Mitbestimmungsforschung im öffentlichen Sektor nachhaltig zu stärken. „Angesichts der großen Verbreitung und der umfangreichen Mitwir-
Dezite und Perspektiven der Mitbestimmungsforschung
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kungs- und Mitbestimmungsrechte, die Personalvertretungen im öffentlichen Sektor aufweisen, sollte man erwarten, dass diesen besonders große Beachtung geschenkt wird“, dort liegt ein „fruchtbares Feld für neue qualitative wie quantitative Forschung“ (vgl. Schnabel 2007). Die Forschungsabstinenz im öffentlichen Sektor hat Folgen. Ohne Forschungsanstrengungen bleiben dort die zukunftsfähigen Konturen efzienter Leistungserstellung, guter Arbeitsbedingungen, besserer Bürgerorientierung und der schwierigen Zusammenarbeit von Personal- und Betriebsräten auf der Grundlage unterschiedlicher Mitbestimmungsgesetze verschwommen. Die Grenze zwischen öffentlicher und privater Dienstleistungsproduktion wurde in den letzten Dekaden neu ausgelotet. So ist die Privatisierung und Auslagerung öffentlicher Dienstleistungen weit vorangekommen. Die Liberalisierung von Märkten, vor allem des Energiemarktes, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Einrichtungen (Public Private Partnerships) und strategische Partnerschaften im Rahmen der Public Governance haben neue Unternehmensstrukturen hervorgebracht (z. B. Bahn AG, Deutsche Telekom etc.) und die Arbeitsbedingungen, aber auch Arbeitsbeziehungen in diesen Organisationen verändert. Wie sich unter den Bedingungen neuer Arrangements zwischen öffentlichen und privaten Leistungserstellern auch die Interessenvertretungsstrukturen entwickeln und speziell die Mitbestimmungspraxis verändert, sind bislang offene (Forschungs-) Fragen. Weitere Forschungsbedarfe bestehen aber auch auf den „klassischen“ Untersuchungsfeldern, d. h. bei der Mitbestimmung im Betrieb, im Unternehmen und auf der europäischen Ebene. Mitbestimmung und menschenwürdige Arbeitsbedingungen („Gute Arbeit“) verkörpern gewissermaßen siamesische Zwillinge und könnten zum Markenzeichen für den Wirtschafts- und Arbeitsstandort Deutschland werden. Gute Arbeit entfaltet sich nur unter der Mitbestimmung von Betriebsrat und Beschäftigten. Demnach stellt sich die Forschungsfrage nach der betrieblichen Umsetzung von Guter Arbeit und zwar unter einer Interessenvertretung von Morgen mit einer Betriebsverfassung, die den Anforderungen an die Betriebsratsarbeit von Heute gerecht wird. Der Abbau prekärer Arbeit und der Aufbau Guter Arbeit sind Aufgaben, denen sich Betriebsräte in der täglichen Praxis stellen müssen. Hieraus nden nicht nur die Vorschläge zur Verbesserung der Mitbestimmungsrechte im Betrieb ihre argumentative Kraft. Weitere Forschungsvorhaben hätten zu prüfen, welche Rechte, Ressourcen und Kompetenzen die Mitbestimmungsakteure benötigen, um die Durchsetzungsfähigkeit ihrer Strategien zu stärken. Mitbestimmungsforschung hätte die Bedingungen herauszuarbeiten, unter denen solche Vorhaben gelingen. Eine zukünftige Forschung zur Unternehmensmitbestimmung sollte die Möglichkeiten einer verbesserten Aufsichtsratspraxis ergründen. Der Aufsichtsrat steht, nicht zuletzt durch die massenmediale Skandalisierung seiner Tätigkeit
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
(z. B. Entscheidungen über Boni-Zahlungen, etc.) unter besonderer Beobachtung. Wie die Mitbestimmungspraxis des Aufsichtsrats zu verbessern wäre, ohne die Unternehmensmitbestimmung insgesamt in Frage zu stellen, markiert die Fragestellung einer einschlägigen Forschung. Die Lösung dieser Problemstellungen sollte die empirische Mitbestimmungsforschung auch methodisch unterstützen. Nach wie vor fehlt es an Langzeituntersuchungen bzw. Trendreports zur Praxis der Unternehmensmitbestimmung. Daher wäre es folgerichtig, in regelmäßigen Abständen ein Panel von Aufsichtsräten zu Arbeitsweise, Folgen sowie Deziten ihrer Gremienarbeit zu befragen. Aus den Ergebnissen könnten die Aufgabenstellungen abgeleitet werden, um das gemeinsame Augenmerk von Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften wieder auf die Zukunftsaussichten der deutschen Unternehmensmitbestimmung zu richten. Die Zukunft der Mitbestimmung liegt auch in ihrer „Europäisierung“. Deren Folgen für die deutsche Unternehmensmitbestimmung und Mitbestimmung im Betrieb markieren auch zukünftig eine herausragende Forschungsaufgabe. Empirische Untersuchungen müssen weiterhin prüfen, ob die Europäisierung des Gesellschaftsrechts die deutsche Mitbestimmung verformt. Die grenzüberschreitende Produktion in der EU, das Terrain international operierender Unternehmen erfordern eine Weiterentwicklung der Euro- und auch Weltbetriebsräte. Wie diese zu implementieren sind, wie sich ihre Chancen im Hinblick auf effektive Interessenvertretung entwickeln, hätte die empirische Mitbestimmungsforschung im Blickfeld zu behalten, um den Ausbau von Expertisefähigkeit, Machtpotentialen und Mitbestimmungsrechten solcher Einrichtungen mit wissenschaftlicher Unterstützung zu fördern. Dazu zählt auch die Problemstellung, wie die betriebsübergreifende wie internationale Handlungsfähigkeit der Betriebsräte betriebsverfassungsrechtlich besser abzusichern ist. Ziel der einschlägigen Forschung sollte sein, mit Blick auf ein europäisches Sozialmodell, Szenarien zur Arbeitnehmerbeteiligung zu entwickeln, die die deutsche Mitbestimmung nicht aushebeln, aber auch nicht durch den unrealistischen Versuch gekennzeichnet sind, das „deutsche Modell“ unter europäischer Flagge zu exportieren. Um die Diskussion über die Zukunft der Mitbestimmung voranzubringen, stellt sich nicht zuletzt die Frage, wie eine zukünftige empirische Mitbestimmungsforschung theoriegeleitet ihre Forschungsfragen formulieren kann. Zwar fragt die Mitbestimmungsforschung, dem Zeitgeist entsprechend, nach den ökonomischen Effekten ihres Gegenstandes, kaum jedoch nach dessen demokratischen Voraussetzungen und Folgen. Die wirtschaftsdemokratische Gestaltung von Arbeit und Produktion wurde von der frühen Mitbestimmungsforschung thematisiert. Das gesellschaftspolitische Interesse und der gesellschaftswissenschaftliche und demokratietheoretische Zugang zum Mitbestimmungsthema gingen jedoch verloren. Forschungspraktisch unterbelichtet sind weitgehend die Effekte einer „demokratischen“
Dezite und Perspektiven der Mitbestimmungsforschung
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Produktion und partizipationsoffenen Arbeitsorganisation für die Qualizierung der Demokratie. Eine maßgebliche Zukunftsaufgabe und Forschungsperspektive liegt daher im Versuch, die zivilgesellschaftliche Debatte in einen Dialog mit dem wirtschaftsdemokratischen Leitbild zu bringen: „Die Konzepte der Wirtschaftsdemokratie und der Wirtschaftsbürgerrechte im Unternehmen besetzen (…) ein Forschungsfeld, das in Kooperation mit einer praxisorientierten Demokratiewissenschaft zukünftig zu bearbeiten ist“ (Kißler 2007a, S. 260 ff.). Dieses Vorhaben ist anspruchs- und voraussetzungsvoll. Die Aufgabenstellung einer praxisorientierten Demokratiewissenschaft ist nämlich nur durch eine multidisziplinäre Forschung zu bewältigen und eröffnet ein erweitertes Forschungsfeld mit neuen Herausforderungen an das wissenschaftliche Selbstverständnis, die Forschungsinteressen und die Methodik. Wer sich auf dieses Feld begibt, sieht sich unter anderem mit der Frage konfrontiert, welcher Stellenwert der Mitbestimmung in der politischen Öffentlichkeit zukommt. Demokratie ist eine öffentliche Veranstaltung. Wirtschaftsdemokratie ndet ihre Voraussetzungen in der Organisationsöffentlichkeit der Unternehmen (wie sie ansatzweise durch den Aufsichtsrat herzustellen wäre) und in neuen Formen der Öffentlichkeitsproduktion zwischen unternehmensinternen Mitbestimmungsakteuren (Betriebs- und Personalräte) und unternehmensexternen, regionalen sowie zivilgesellschaftlichen Kräften. Solche Vorhaben sind methodisch voraussetzungsvoll. Sie würden die Mitbestimmungsforschung über die Triangulation von quantitativen und qualitativen Verfahren mit der Methodik von Diskursanalyse und Dispositivforschung vertraut machen. Mitbestimmungsforschung gewänne dann Zugang zur neuesten Ausstattung des sozialwissenschaftlichen Instrumentenkoffers. Dies könnte erheblich dazu beitragen, dass sich die empirische Mitbestimmungsforschung aus dem zu eng gestrickten methodischen und thematischen Korsett befreit. Die demokratiewissenschaftliche Begründung von Forschungsinteresse, Fragestellungen und Methodik weist aber den Weg in die Zukunft einer vitalen Mitbestimmungsforschung.
Weiterführende Literatur Teil 3 des Arbeitsbuches stützt sich maßgeblich auf ausgewählte Projektveröffentlichungen zu unserer Forschungsbilanz 1989 bis 2010 (vgl. Anhang).
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung Entwicklungsperspektiven der Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland
Die Prüfung, wie das deutsche Mitbestimmungssystem zukunftsfähig weiterzuentwickeln wäre, setzt voraus, zuvor Klarheit über die Entwicklungsrisiken zu schaffen, denen die Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen ausgesetzt ist. Diese beiden Schritte wollen wir im Folgenden unternehmen, somit eine Quintessenz aus den vorangegangenen Analysen zur Theorie und Praxis der Mitbestimmung ziehen und beginnen daher mit einer Bestandsaufnahme zu den Entwicklungsrisiken.
4.1
Bestandsaufnahme: die Entwicklungsrisiken
Die hochkomplexe, in vielen Fällen globale Organisation der Unternehmen mit einer Vielzahl von Sparten und Tochtergesellschaften stellt eine enorme Herausforderung für die Mitbestimmung dar. Unternehmensentscheidungen sprengen immer häuger den Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Strukturen, an denen die Mitbestimmung nach der Unternehmens- und Betriebsverfassung ansetzt (vgl. Friedrich-Ebert-Stiftung 2005). Abteilungs- und Betriebsgrenzen verschwimmen, Konzerne ordnen ihr Geschäft nach Produktlinien, produktbezogen operierenden Geschäftsbereichen, Regionen und über die nationalen Grenzen hinaus. Teile von Unternehmen werden in andere Länder ausgegliedert, in denen unter niedrigeren Löhnen und Sozialleistungen gearbeitet wird. Hinzu kommen permanente Verkäufe und Zukäufe von neuen Unternehmen. Die Geschwindigkeit dieser Veränderungen nimmt stetig zu und macht eine fachgerechte Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen zu einem komplizierten Geschäft, da die Mitbestimmungsträger den neuen Entscheidungsketten manchmal mit ungewissen Erfolgsaussichten nacheilen und die Betriebsverfassung diesen Trend auch noch unzureichend normiert (z. B. durch gesetzlich verbindliche Gründung von Konzernbetriebsräten). Gewerkschaften und Betriebsräte müssen trotz, oder gerade wegen der unterschiedlichen Systeme industrieller Beziehungen in Europa grenzenlose Zukunftsentwürfe entwickeln, wie die Arbeitnehmerbeteiligung (auch gegenüber einem stark internationalisierten Management) zu gestalten und abzusichern ist. Mit dieser Problemstellung ist aufgezeigt: Die Internationalisierung der Wirtschaftsbeziehungen birgt ein, wenn nicht sogar das markante Entwicklungsrisiko für das System der deutschen Mitbestimmung. Die Mitbestimmung gerät im „Schmelztiegel“ des europäischen Wirtschafts- und Sozialraums, der Entgrenzung von Industriellen Beziehungen und der europäischen Gesetzgebung unter Modernisierungsdruck. Die Europäisierung könnte nationale Beteiligungssysteme und damit die qualizierte deutsche Unternehmensmitbestimmung längerfristig
Entwicklungsperspektiven der Mitbestimmung
185
durchaus „verwässern“. Diese Risikoprognose erhärten unterschiedliche Belege aus der Mitbestimmungspraxis. In Wissenschaft und Gewerkschaften wird beispielsweise nicht grundlos darüber diskutiert, ob die neuen europäischen Formen des Gesellschaftsrechts zur Umgehung des deutschen Mitbestimmungsmodells genutzt werden können und zu dessen Schwächung beitragen. Zu diesem Diskurs liefert die SE prominentes Anschauungsmaterial, eine Rechtsform, für die sich immer mehr Unternehmen entscheiden (vgl. Teil 1, Kapitel 3.3). Zwar spielen die gesetzlichen Mitbestimmungsregelungen nicht die entscheidende Hauptrolle für diese gesellschaftsrechtliche Wahl und damit die offene Absicht, die deutsche Mitbestimmung auszuhebeln. Dennoch birgt diese europäische Rechtsform unterschiedliche Gefahren für die Mitbestimmung, und zwar durch die Ausnutzung von ungeregelten Mitbestimmungslücken in den europäischen Rechtskonstrukten, mit denen die Grundlagen der Unternehmensmitbestimmung hierzulande auf dem Spiel stehen (vgl. zum Folgenden Thannisch 2010 sowie Keller/Werner 2009). Es handelt sich um folgende Sachverhalte:
Die Unternehmen können mit der Gründung einer SE zwar nicht einfach aus der Arbeitnehmerbeteiligung aussteigen. Ein Risiko wird aber zutreffend als präventive Flucht vor der Mitbestimmung beschrieben. Gemeint ist die Option, dass kleinere bzw. mittlere Unternehmen im Zuge ihres Beschäftigungswachstums vor Erreichen der unterschiedlichen Schwellenwerte nach dem Drittelbeteiligungsgesetz oder dem MitbestG von 1976 in diese europäische Rechtsform „umsteigen“, nach der das Mitbestimmungsniveau verhandelbar ist. Aber auch die Aushandlung der Arbeitnehmerbeteiligung im Gründungsprozess der SE kann in eine mitbestimmungspolitische Sackgasse münden, wenn die Mitbestimmung trotz steigender Unternehmensgröße bzw. Beschäftigungswachstum auf diesem Niveau stehen bleibt. Der Hintergrund: Schwellenwertgrößen für Nachverhandlungen sind für solche Fälle nicht deniert worden, die ein „Einfrieren“ der Mitbestimmung auf dem einmal vereinbarten Regelungsniveau verhindern würden. Im Falle der Vorrats-SE, dies ist eine leere gesellschaftsrechtliche Hülle ohne wirtschaftliche Aktivität, die beispielsweise von Anwaltskanzleien mit dem Ziel des späteren Verkaufs gegründet wird, können noch ohne Arbeitnehmer und professionelle Mitbestimmungsträger im rein juristischen Gründungsprozess keine wirklich qualizierten Verhandlungen über die Mitbestimmung geführt werden. Ob nach ihrer „Inbetriebnahme“ hochwertige Verhandlungen über die Mitbestimmung stattnden werden, bleibt im Ungewissen. Die Gründung einer SE lässt zudem die Wahlmöglichkeit zwischen dem dualistischen und dem monistischen System der Unternehmensführung zu.
186
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung Jeder einzelne Systemwechsel bedeutet aber einen Bruch mit den deutschen Industrial-Relations bzw. der dualistischen Variante von Corporate Governance, wie wir sie hierzulande praktizieren.
Neben der SE eröffnen darüber hinaus die Europäische Privatgesellschaft sowie eine steigende Zahl von sogenannten (Schein-) Auslandsgesellschaften, die eine ausländische Rechtsform annehmen, Risiken, die zu Rückschritten in der Mitbestimmung der Arbeitnehmer führen können bzw. deutsche Mitbestimmungsrechte ins Leere laufen lassen (vgl. 5.2). Es sind aber nicht nur Globalisierung, Unternehmensreorganisationen und die Lücken im europäischen Recht, die die Pfeiler des deutschen Mitbestimmungssystems erschüttern. Mitbestimmung und Wirtschaftsdemokratie sind Merkmale der Bürgergesellschaft und des zivilgesellschaftlichen Engagements. Eigentlich sollte es daher keinen Grund geben, das Regelwerk der Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen zur Disposition zu stellen. Was einleuchtend klingt, ist aber keine gesellschaftspolitische Selbstverständlichkeit. Die Substanz und die Qualität der Mitbestimmung werden vielmehr auch „von innen“ bedroht. Die Konjunktur neoliberaler Gesellschafts- und Wirtschaftsvorstellungen kennzeichnet nämlich ein weiteres Problemfeld für die deutsche Mitbestimmung und den Abbau von Arbeitnehmerrechten, obwohl, wie oben (vgl. Teil 3) gezeigt wurde, die empirische Forschung der Mitbestimmung keine wirtschaftlichen „Schäden“ (bezüglich wirtschaftlicher Performance, Produktivität etc.) nachweist. Dennoch wird eine fortgesetzte Fundamentalkritik an der Mitbestimmung, und zwar mit dem Ziel ihrer „Demontage“, formuliert (vgl. Keller 2008, S. 153 ff.). Zu diesen Demontageabsichten gehören beispielsweise die unterschiedlichen Forderungen nach der Verkleinerung von Aufsichtsräten, die Reduzierung der Zahl der Arbeitnehmervertreter auf ein Drittel, die Verkleinerung der Arbeitnehmerbank durch den Ausschluss von externen Gewerkschaftsvertretern oder die Rücknahme der Novellierung des BetrVG von 2001. Solche Vorschläge zielen auf eine deutliche Absenkung der Qualität von Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen und stellen einen latenten Risikofaktor für die Mitbestimmung dar, wenngleich bislang alle Initiativen erfolglos blieben. Für die Unternehmensmitbestimmung gilt aber: Jede Schwächung wäre dazu geeignet, das Shareholder-Value-Prinzip in den Vorständen zu fördern (mit Folgen wie Betriebsstilllegungen, Verlagerung der Produktion ins Ausland), anstatt die umfassenden Stakeholderinteressen in der Unternehmenspolitik zu berücksichtigen Hinzu kommen noch zwei „hausgemachte“ Risiken. Die Mitbestimmung sollte eigentlich durch gewerkschaftlich hoch organisierte Belegschaften unterstützt werden. Ein sinkender gewerkschaftlicher Organisationsgrad könnte die Mitbestimmung dagegen auf der betrieblichen Ebene machtpolitisch aushöhlen, eben weil ihr gewerkschaftspolitisches Fundament zerbricht. Zugleich ist die Deckungsrate betrieblicher Interessenvertretungen beklagenswert, denn nur ungefähr die
Entwicklungsperspektiven der Mitbestimmung
187
Hälfte der Belegschaften kann von den Ergebnissen betrieblicher Mitbestimmung, von der professionellen Interessenvertretungsarbeit gewählter Betriebsräte (gute Arbeitsbedingungen, Sicherung von Arbeitsplätzen, Qualizierungschancen etc.) protieren (vgl. Teil 2, 2.2). Diese Bestandsaufnahme über die wesentlichen Entwicklungsrisiken der Mitbestimmung leitet zu einem Plädoyer für den Ausbau der Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen über, der die Risiken meidet und als grundlegende Entwicklungschance des deutschen Mitbestimmungssystems zu begreifen ist.
4.2
Institutionelle, rechtspolitische und strategische Ziele zur Weiterentwicklung der Mitbestimmung
Wirtschaftsdemokratie und Ökonomie sind keine Gegensätze, ganz im Gegenteil: Das folgende Zitat, das die Bedeutung der Mitbestimmung unter dem ShareholderValue-Prinzip aktionärsdominierter Unternehmensführung hervorhebt, formuliert die Wechselwirkungen sehr zutreffend: „Wer (…) die Abschwächung der Unternehmensmitbestimmung will, hat die Ursachen der Finanzkrise nicht verstanden. Ein geringeres Maß an Einuss der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter auf Unternehmensentscheidungen würde mehr Einuss für Anteilseigner, für institutionelle Investoren und für Hedge-Fonds bedeuten. Statt langfristigem Unternehmenserfolg (…) würden Unternehmensentscheidungen noch stärker am Ziel kurzfristiger Rendite ausgerichtet“ (Hörisch 2010, S. 3). Mitbestimmung bändigt eine enthemmte Kapitalmarktorientierung, oder mit anderen Worten: den (Turbo-) Kapitalismus. Das Ziel guter Mitbestimmung ist vielmehr eine nachhaltige Unternehmenspolitik, die Pege des Humankapitals in den Unternehmen und die Orientierung der Unternehmenspolitik an Gemeinwohlinteressen. Die Suche nach Strategien, um Unternehmen durch wirtschaftliche Krisen zu führen und Arbeitsplätze zu erhalten, ist Gegenstand der Mitbestimmung im Unternehmen und Aufgabe betrieblicher Mitbestimmung durch Betriebräte, die mit ihrem (Co-) Krisenmanagement (zusammen mit dem Management) den Versuch unternehmen, wirtschaftliche Sachzwänge und Interessen der Belegschaft (am Erhalt ihrer Arbeitsplätze) auszugleichen. Qualizierte Mitbestimmung verringert schwerwiegende Folgen für die Beschäftigten, zumindest unternehmen die Mitbestimmungsträger diesen Versuch, wenngleich ihre Interessenvertretungsarbeit nicht immer von Erfolg gekrönt ist. Krisenphasen würden aber ohne kooperative Bewältigungsstrategien wesentlich schwerer zu durchstehen sein. Interessenvertretungen, die an der Umstrukturierung oder Internationalisierung von Unternehmen beteiligt sind, erbringen auf dieser kooperativen wie koniktorischen Grundlage unterschiedlicher Interessen auch einen Beitrag zur Standortsicherung. Unternehmen, die sich im internationalen Konkurrenzkampf behaupten müssen, sind daher
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Mitbestimmung im Spiegel der Forschung
gut beraten, ihre Arbeitnehmer ausreichend zu beteiligen: durch breite Mitverantwortung auf den unterschiedlichen Entscheidungsebenen, durch Mitbestimmung am Arbeitsplatz, im Betrieb und im Unternehmen. Das bedeutet: Wirtschaftliche Unternehmenskrisen und ihre arbeitnehmerorientierte, sozialverträgliche Bewältigung sind zwar eine starke Herausforderung, aber zugleich auch eine gute Chance für die quali zierte deutsche Mitbestimmung, ihre Effektivität unter Beweis zu stellen. Mitbestimmung ist in der modernen Arbeitswelt ein Produktionsfaktor mit größerer Bedeutung als vielfach angenommen. Partizipation der Arbeitnehmer und eine kommunikationsintensive Unternehmensorganisation steigern die Produktivität. Nicht weniger, sondern mehr Mitbestimmung ist (nicht nur in der Wirtschaftskrise) also das richtige Rezept. Die institutionelle Absicherung der deutschen Unternehmensmitbestimmung bleibt eine gesellschaftspolitische Zukunftsaufgabe. Die zentrale Entwicklungschance der Mitbestimmung liegt in ihrer Fortentwicklung und ihrem Ausbau im Betrieb und Unternehmen. Diese Förderung der Mitbestimmung ist ohne den Druck einer gesellschaftspolitischen Bewegung nicht zu erwarten, die die Entfaltung der Mitbestimmung als eine Chance für ein gesamtgesellschaftliches Projekt aufgreift, das Arbeitnehmer wie Wirtschaft nützt, und wie die Wirtschaftskrise zeigt, auch „beide Seiten“ schützt. Mitbestimmungsgesetze sind aber das Resultat von Politikprozessen unter dem Einuss organisierter Interessen: von Parteien und Verbänden der Industriellen Beziehungen. Lässt man allerdings Fragen der politischen Umsetzungschancen einmal beiseite, nden sich durchaus unterschiedliche Perspektiven, um das deutsche Mitbestimmungssystem zu stärken. Die folgenden Denkanstöße verdeutlichen einige Aussichten für das deutsche Mitbestimmungssystem, wie sie die Mitbestimmungsbefürworter formulieren, jedoch selbstredend nicht ihre Gegner:
Ein Innovationsfeld wäre der Schwellenwert, ab dem die Unternehmensmitbestimmung greift. Er liegt in einigen europäischen Ländern (wie z. B. Schweden und Dänemark) z. B. niedriger als in Deutschland und nichts spricht dagegen, die deutsche Mitbestimmung in dieser Hinsicht zu „europäisieren“. Die Unternehmensmitbestimmung nach dem MitbestG 1976, die sich als Instrument qualizierter demokratischer Unternehmenskontrolle seit Jahrzehnten bewährt hat, müsste unter dieser Prämisse auf Unternehmen in der Größenordnung von z. B. 1000 Arbeitnehmern ausgedehnt werden. Eine Absenkung des Schwellenwertes im Rahmen der Drittelbeteiligung gehört dann ebenfalls zu einem Projekt, das den Ausbau der deutschen Mitbestimmung fördern will und würde zu einer Einführung der Drittelbeteiligung in kleineren Unternehmen (etwa ab 100 bis 500 Beschäftigten) führen.
Entwicklungsperspektiven der Mitbestimmung
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Insbesondere sollte die Konzerngröße im Drittelbeteiligungsgesetz angerechnet werden, denn nach diesem Gesetz kann es vorkommen, dass Konzerne faktisch mit sämtlichen Tochterunternehmen zwar den Schwellenwert von 500 Arbeitnehmern überschreiten, aber dennoch nicht dem Drittelbeteiligungsgesetz unterliegen. Ein instrumenteller Schutzmechanismus wäre im Rahmen der Aufsichtsratstätigkeit, wie schon besprochen (vgl. oben Teil 2, 1.2), ein quali zierter gesetzlicher (Mindest-) Katalog zustimmungspichtiger Geschäfte, der alle Maßnahmen der strategischen Ausrichtung des Unternehmens wie Betriebsschließungen, Standortverlagerungen und Unternehmensverkäufe zu beinhalten hätte. Der Einbezug von im Ausland beschäftigten Belegschaften in den Aufsichtsrat international agierender deutscher Unternehmen wäre eine Perspektive zur Modernisierung der Rechtsgrundlagen einer Unternehmensmitbestimmung, die Europatauglichkeit besitzt. Zumindest sollten sie im Wahlrecht Berücksichtigung nden. Allerdings führen solche Vorhaben natürlich zu schwierigen internationalen und nationalen Rechtsproblemen. Im vergleichbaren Sinne wäre die Mitbestimmung auch auf Unternehmen mit Sitz in Deutschland zu erstrecken, die in ausländischer Rechtsform geführt werden und daher nicht dem deutschen Mitbestimmungsmodell unterliegen.
Solche und weitere wichtige Reformansätze sind in den Vorschlägen der wissenschaftlichen Mitglieder der Kommission zur Modernisierung der Unternehmensmitbestimmung im Jahr 2006 ausführlich beschrieben und diskutiert worden. Sie sind wegweisend. Aber auch die deutsche Betriebsverfassung ist zu stärken und es besteht durchaus Korrekturbedarf bei den betriebsverfassungsrechtlichen Regelungen. Folgende Grundsatzstrategien markieren die Zielrichtung:
Die Mitbestimmung in kleinen und mittelständischen Unternehmen stützt sich auf das BetrVG, da die anderen Mitbestimmungsgesetze aufgrund der Unternehmensgröße dort nicht greifen. Wenn Mitbestimmung ihre Gestaltungskraft voll entfalten soll, müssen auch mehr Arbeitnehmer aus kleineren und mittleren Unternehmen in den Genuss der betrieblichen Mitbestimmung gelangen und von Betriebsräten vertreten werden. Die Bedeutung des Betriebsrats als Institution der betrieblichen Interessenregulierung im Mittelstand sollte daher transparenter werden, um Vorbehalte der Geschäftsführungen abzubauen und die Einrichtung von Betriebsräten in kleineren und mittleren Unternehmen zu fördern. Die deutschen Gewerkschaften stehen somit vor der durchaus komplizierten Aufgabe, dort Betriebsratsgründungen zu fördern, den Dialog mit den kleineren und mittleren Unternehmen zu suchen und die Einsicht zu
190
Mitbestimmung im Spiegel der Forschung vermitteln, welchen produktiven Beitrag die betrieblichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer im Unternehmen leisten. Weitere wichtige Perspektiven betreffen darüber hinaus die Stärkung einzelner Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, vor allem im Bereich der Beschäftigungssicherung und Quali zierung sowie der Vertretung einzelner Arbeitnehmergruppen (z. B. Leiharbeitnehmer). Dazu hat der DGB mit seinen rechtspolitischen Handlungsempfehlungen bereits eine Richtschnur vorgegeben (vgl. ausführlich DGB-Bundesvorstand 2009). Darüber hinaus ist die Problemstellung unbeantwortet, wie unterschiedliche Formen der direkten Partizipation bzw. alternativen Interessenregulierung betriebsverfassungsrechtlich (im Sinne einer Mitbestimmung am Arbeitsplatz) geregelt werden könnten, um die betriebliche Mitbestimmung durch den Betriebsrat zu unterstützen und die direkte Beteiligung der Arbeitnehmer so abzusichern, dass ihre Interessendurchsetzungschancen steigen (vgl. Hauser-Ditz 2008, S. 278 f.).
Diese Risikoprognosen und Modernisierungsvorschläge leiten zu unserem abschließenden Fazit zur Mitbestimmung in Deutschland über.
4.3
Für ein demokratisches deutsches Mitbestimmungsmodell
Bringen wir die Mitbestimmungspolitik der Zukunft mit einem Zitat auf den Punkt: „Die gesetzliche Mitbestimmung in Deutschland leistet einen wichtigen und unverzichtbaren Beitrag für die Innovations- und Zukunftsfähigkeit deutscher Unternehmen. Im Wandel zur industriellen Wissensgesellschaft stärkt die Mitbestimmung eine moderne Unternehmenspolitik, die den Wissensträger Mensch in den Mittelpunkt stellt. Sie trägt weiterhin zu einem verbesserten Informationsuss im Unternehmen, zur Förderung von Vertrauen und Motivation sowie zum Ausgleich von sozialen und ökonomischen Interessen bei. Gleichzeitig schränkt sie Herrschaft und Macht ein (…)“ (Hexel 2009, S. 150 f.). Der wissenschaftliche und politische Diskurs darüber, wie es mit der deutschen Mitbestimmung unter den Trends zur Europäisierung und Globalisierung, zur Dezentralisierung und Verbetrieblichung, somit unter einer veränderten wirtschaftlichen, sozialen und politischen Wirklichkeit weitergeht, ist fortzusetzen. Das Ziel ist die Stärkung der Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen als ein zukunftsfähiges Kooperations- und Regulierungsmodell, dessen Tradition mit strukturinnovativen Zukunftsentwürfen fortgeschrieben werden kann. Diese sind oben beispielhaft benannt worden. Sie zeigen: Wenn die Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen die (Wirtschafts-) Demokratie fördern soll, müssen die Interessen von mehr Arbeitnehmern durch eine gesetzlich geregelte Arbeitnehmerbeteiligung vertreten werden. Es dürfen nicht nur die Beschäftigten aus
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großen Unternehmen von ihr protieren, sondern auch mehr Beschäftigte aus kleineren und mittleren Unternehmen. Hohe Zielpriorität hat deshalb die Verringerung von mitbestimmungsfreien Zonen in der Wirtschaft, die Sicherung der qualizierten Mitbestimmung „auf gleicher Augenhöhe“ bzw. die institutionelle und rechtliche Stärkung des Niveaus, auf dem hierzulande mitbestimmt werden kann. Das bedeutet weiter gedacht: Zu fragen ist auch, wie das „Auslaufmodell Montan-Mitbestimmung“, das als fast schon ausgestorbener Dinosaurier aber noch keineswegs in den Jurassic Park Industrieller Beziehungen gehört, bei der Fortschreibung der Unternehmensmitbestimmung wieder als ihr „Zukunftsmodell“ Pate stehen könnte. Unter dem Modernisierungsdruck, der die Mitbestimmung in Deutschland belastet, wird wieder in ihre Zukunft zu investieren sein. Die Mitbestimmungsträger und mit ihnen die Gewerkschaften vertreten nicht nur Partikularinteressen, sondern treten als zivilgesellschaftliche Akteure für Bürgerrechte, Wirtschaftsdemokratie und nachhaltiges Wirtschaften ein. Die vorgestellten Ansätze, die Mitbestimmung weiterzuentwickeln, müssen aber in die politische Öffentlichkeit kommuniziert werden. Zu diesem Vorhaben gehört, Transparenz über die Vorteile der Mitbestimmung in Betrieb und Unternehmen zu schaffen und aufzuzeigen, was „Gute Mitbestimmung“ gesellschafts- und wirtschaftspolitisch leistet, nicht nur für die Vertretung von Arbeitnehmerinteressen im Betrieb und im Unternehmen, sondern auch für einen funktionierenden Sozialstaat bzw. eine soziale Demokratie. Die Mitbestimmung sollte in der Globalisierung einmal mehr eine tragende Säule der deutschen Wirtschafts- und Sozialordnung sein, deren Tragfähigkeit zu sichern ist. Mit anderen Worten: Mitbestimmung institutionalisiert Arbeit und Produktion als politisches Feld. Sie bewirkt, dass die Betriebe und Unternehmen keine demokratiefreien Zonen bleiben. Eine starke Mitbestimmung stärkt die Demokratie. Darin liegt beider Zukunft.
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Literatur
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Anhang Die empirischen Mitbestimmungsprojekte 1990–2010
L. Kißler et al., Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, DOI 10.1007/978-3-531-92616-2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
A
Tabellarische Übersicht
(Zum Verständnis wichtigste) Abkürzungen AD AG AN AR ARGE AÜG AV BetrVG BfS BSC BR BV CSR DAG DFG Diss. Doku DPG EBR ERA ExG FB GBR GD GPR GM-EEF HBS HBV IAB IAQ IGBE IGCPK
Arbeitsdirektor Arbeitgeber Arbeitnehmer Aufsichtsrat Arbeitsgemeinschaft Arbeitnehmerüberlassungsgesetz Arbeitnehmervertretung Betriebsverfassungsgesetz Büro für Sozialforschung Balanced Scorecard Betriebsrat Betriebsvereinbarung Corporate Social Responsibility Deutsche Angestelltengewerkschaft Deutsche Forschungsgemeinschaft Dissertation Dokumenten Deutsche Postgewerkschaft Europäischer Betriebsrat Entgeltrahmenabkommen Expertengespräch Fachbereich Gesamtbetriebsrat Gruppendiskussion Gesamtpersonalrat General-Motors European Employee Forum Hans-Böckler-Stiftung Gewerkschaft Handel-Banken-Versicherungen Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit Institut Arbeit und Qualikation Industriegewerkschaft Bergbau und Energie Industriegewerkschaft Chemie-Papier-Keramik
210 IfM IKT IMU IÖW ISF ISI IT IV IW KMU KVP MA MB MOE NGG OBS OE ÖPNV ÖTV PersVertrG PR SE SfS TQM TV UN ver.di VL
Anhang Institut für Mittelstandsforschung Informations- und Kommunikationstechnologien Institut für Medienforschung und Urbanistik Institut für ökologische Wirtschaftsforschung GmbH Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e. V. München Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung Informationstechnologien Interessenvertretung Institut der Deutschen Wirtschaft Kleine und mittlere Unternehmen Kontinuierlicher Verbesserungsprozess Mitarbeiter Mitbestimmung Mittel- und osteuropäisch Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten Otto-Brenner-Stiftung Organisationsentwicklung Öffentlicher Personennahverkehr Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr Personalvertretungsgesetz Personalrat Societas Europaea Sozialforschungsstelle (Dortmund) Total Quality Management Tarifvertrag Unternehmen Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Vertrauensleute
Herrmann Kotthoff, ISO-Institut, Saarbrücken/ 1989-1990
Betriebsräte und Bürgerstatus
Neue Verfahren der Arbeitnehmerbeteiligung und Wandel der Arbeitsbeziehungen im deutschfranzösischen Vergleich
Krise und Entwicklungsperspektiven der Mitbestimmung
Implementation von Mitbestimmungsregelungen auf dem Gebiet der ehemaligen DDR
01
02
03
04
Helmut Martens, SfS Dortmund/ 07.1991– 03.1992
Helmut Martens u. a./SfS Dortmund/ 10.1989– 03.1991
Ralph Greifenstein u. a., FernUniversität Hagen/ 01.1989– 12.1991
Forscher/ Laufzeit
Ld. Thema Nr. Metall, Chemie, Textil/Bekleidung, Holz, Druck, Nahrung in Südbaden
Forschungsfeld
Metall- und Chemieindustrie
Finanzierung
Dokuanalyse, Fallstudien in D und F (VW und Peugeot) mit insgesamt 9 GD Beschäftigte, 163 halbstandardisierte Interviews, 35 ExG mit BR, Management DFG
55 Betriebsfallstudien, DFG strukturierte Leitfadengespräche mit Vertreter Management, BRVorsitzender und einem weiteren BR-Mitglied, 3–6 Beschäftigte je nach Betriebsgröße. Insgesamt: 345 betriebliche Interviews
Projekttyp/Datengewinnung
Verschiedene FallstuVW dien, Dokuanalyse, Stiftung teilnehmende Beobachtung von BR-Vorsitzenden mit anschließenden Intensivinterviews, ExG BR und Management HBS Eigenständiger InstituBetriebe aus dem Dokuanalyse, Fallstutionalisierungsprozess Bereich IG Metall, dien mit qualitativen Interviews mit neuer rechtlicher RegeIGCPK, HBV Gewerkschaftsfunktiolungen aus der alten BRD nären und neu gewählim Alltagshandeln ten BR
Folgen von Erosion der Montan-MB und neuer Managementkonzepte und Sozialtechniken
Zielsetzung, Genese, AutomobilindusFunktionsweise und Fol- trie gen von Qualitätszirkeln und Mitsprachegruppen im Bereich der betrieblichen Arbeitsbeziehungen
Wandlungs- und Kontinuitätsmuster von BR-Partizipation, Veränderungen von BR-Typen und Rahmenbedingungen betrieblicher IV (gegenüber Erststudie Mitte der 70er Jahre)
Fragestellungen
Alltagssituationen zeigen sozialintegrative und Ef zienz sichernde Leistungsfähigkeit der MB. Grundmuster der Montan-MB prägen auch im Bereich der Drittelbeteiligung das Zusammenspiel des Handelns der IV in BR, Wirtschaftsausschuss und AR. Relativ rasch und problemlos vollzogener Institutionentransfer, aber mit hohen Anforderungen an die westlichen Gewerkschafter.
In D erfolgt die Konzeption mit dem BR, in F ohne die IV. Zirkel sind nicht mit Mitbestimmung am Arbeitsplatz gleichzusetzen: Sie dienen der Korrekturpartizipation (sozio-technisches Optimierungsprogramm), verändern allerdings die individuellen Arbeitsbeziehungen (Verbesserung des Dialogs zwischen Vorgesetzten und Untergebenen).
Deutliche Zunahme von Betrieben mit vertretungswirksamer Partizipationsstruktur. Identi zierung von 7 BR-Typen. BR-Typen „standfester BR“, „BR als konsolidierte Ordnungsmacht“, „BR als kooperative Gegenmacht nehmen zu. Neuer Typ „BR als aggressive Gegenmacht“
Forschungsergebnisse
Tabellarische Übersicht 211
Neue Konzernstrukturen und Mitbestimmung
Mitbestimmung als intermediäre Institution
06
07
Helmut Martens u. a., SfS Dortmund/ 02.1992– 02.1994
Bernhard Nagel, GH Kassel u. a./ 01.1991– 12.1993
Praxisbeispiele Jörg Bundesoffener Bemann-Jansen triebspolitik u. a./06.1991– 05.1992
05
Fortschreitender Funktions- und Bedeutungsverlust der MB in gesellschaftlichen Modernisierungsprozessen und Entfaltung eines Konzepts des stabilen institutionellen Wandels
Praxis und Bedeutungszuwachs der KonzernMB, speziell des Konzernbetriebsrats: Formen im Rahmen der OE, MBkultur, Selbstverständnis der Akteure
Formen betrieblicher Interessenartikulation zwischen Eigeninteressenvertretung und Stellvertreterpolitik
Chemieindustrie, ÖPNV
6 Konzerne aus den Bereichen Industrie und Handel
Betriebe aus dem Organisationsbereich der IG Metall, ÖTV, HBV, IG Medien
HBS
HBS
Fallstudien mit DokuDFG analyse, ExG, narrative Interviews, teilnehmende Beobachtung
GD betriebliche Funktionsträger, ExG Organisationsvertreter, mündliche Befragung
Leitfadengestützte Interviews mit BR, Vertrauenskörperleitungen, teilweise Management in 20 Betrieben
Erstellung eines Erhebungsinstruments zur Messung des sozialräum lichen Verbreitungsgrades von MB als Institution, Bestätigung der Befunde zu den Wirkungsweisen institutioneller Mechanismen.
MBstrukturen passen sich der Konzernorganisation an. KBRmitglieder entwickeln gemeinsame Arbeitsgrundlagen. Häuge Personalidentität in KBR, GBR und AR zur Gewährleistung eines durchgängigen Informationsusses. Verschiedene KBR Typen und Verhältnis zur Konzernleitung: Co-Management, kooperativ-partnerschaftlich, restriktive Konzernleitung und Anerkennungsschwierigkeiten, KBR fungiert als GBR mit Verhandlungskompetenz
Häug laufen Problemlösungsstrategien des Managements und des BR parallel, in dieser Phase wenig Kooperation. Abwartende IV bei unternehmerischen Planungen. Management fungiert autonom. Vertrauenskultur entscheidet über Kooperation. Für beteiligungsorientierte Betriebspolitik Themen mit direktem Bezug zur Arbeit der MA geeignet (Arbeitszeit, -organisation). Beteiligung keine Entlastung für BR, eher Mehrarbeit (Koordination/Steuerung).
212 Anhang
Möglichkeiten betrieblicher IV und gewerkschaftliche Handlungsstrategien im Rahmen neuer Organisationskonzepte in der Gastronomie
Arbeitspolitik und Interessenvertretung in Ostdeutschland – Transfer und Neuaufbau institutioneller Strukturen in Betrieb und Region unter Berücksichtigung der Rolle der Frauen
Unternehmenskultur zwischen Partnerschaft und MB
08
09
10
Heinrich Beyer u. a., FB Wirtschaftswissenschaften Universität Kassel/ 04.1992– 06.1994
Antonia BieszczKaiser, Institut für Wirtschaftsund Sozialforschung/ 09.1993– 09.1994
Gudrun BischoffKümmel u. a., FB Wirtschaft, Hochschule f. angewandte Wissenschaften/ 10.1993– 10.1994
Folgen des technischen, ökonomischen und sozialstruktu rellen Wandels auf Leitungs-, Steue rungs- und Interessenvertretungsfunktionen, Merkmale und Gestaltung zu-
Institutionalisierung von IV, Einspeisung von Fraueninteressen, gewerkschaftliche Arbeitsund Frauenpolitik
Chemie-, Metallindustrie, Öffentlicher Dienst
5 Fallstudien in Automobil-, Bekleidungs-, Textilindustrie und Handelskette im westlichen Sachsen
Gründe für den geringen SystemgastroGrad kollektiver, betrieb- nomie licher und überbetrieblicher IV der AN
6 Fallstudien mit unHBS/ terschiedlichen ökono- Bertelsmischen Bedingungen mann und UN-Kulturen, strukturierte Interviews mit Geschäftsleitung und BR in 18 UN, schriftliche
Dokuanalyse, ExG Ma- HBS nagement, leitfadengestützte Interviews BR und Gewerkschaftsfunktionäre, standardisierte Befragung
46 leitfadenzentrierte HBS Interviews mit Beschäftigten aus unterschiedlichen Restaurants (McDonald’s) und Servicebereich DSG (Zuggastronomie)
Erhalt und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit gelingen in einer partnerschaftlichen UN-Kultur besser, die Mitarbeiter und BR aktiv in betriebliche Entscheidungsprozesse und UN-Führung einbezieht. Zukunftsorientierte UN-Kulturen beinhalten partner-
Steigende Anerkennung und Professionalität der IV. Ostdeutsche Sozialisation fördert Verständnis für Fraueninteressen und deren betriebliche Umsetzung. Betriebsvereinbarungen zielen auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und werden eher akzeptiert als (gewerkschaftliche und betriebliche) Frauenförderpläne. Gewerkschaften versuchen zur Koordinierung und Akzentuierung von Frauenproblemen beizutragen.
Zuggastronomie mit ächendeckender IV: Besitzstände sind Ergebnis der Arbeitspolitik kollektiver IV, dazu bei McDonald’s ausnahmslos keine Erfahrungen, sondern Problem, wie eine IV implementiert werden kann. Implementationsprobleme: hohe Fluktuationsraten und großer Anteil von Beschäftigten mit kurzer Verweildauer. Zentrale Handlungsempfehlungen: zielgerichtete Gewerkschaftsarbeit von außen, Gründung alternativer Vertretungsformen, Einrichtung GBR oder zumindest BR-Arbeitsgemeinschaften
Tabellarische Übersicht 213
Betriebliches Interessenhandeln: Politische Kultur der Austauschbeziehungen zwischen Management und Betriebsrat in der ostdeutschen Industrie
Arbeitspolitik und Interessenvertretung in Ostdeutschland
Stand und Perspektiven von betrieblicher IV und MB in Ostdeutschland
11
12
13
Helmut Martens, Sozialforschungsstelle Dortmund/
Wolfgang Kapp u. a., SfS Dortmund/ 05.1992– 05.1995
Ingrid Artus u. a., Institut für Soziologie, Universität ErlangenNürnberg/ 1992–1995
Stand der MB in Ostdeutschland nach den BRwahlen 1994: Institutionalisierung, Professionalisierung, Praxis-
Institutionalisierung der MB im Verhältnis zu überkommenen Verhaltensmustern der Akteure und Entwicklung gewerkschaftlicher Handlungsstrukturen
Ostdeutsche Transformationsforschung: Rekonstruktion typischer Interaktionsmodi zwischen BR und Geschäftsleitungen: Unterschiedliche Kulturen der Austauschbeziehungen unter ökonomischen, regionalen und konzernspezischen Rahmenbedingungen sowie Handhabung und Verständnis gesetzlicher, judikativer und tarifvertraglicher Rahmenbedingungen.
kunftsorientierter UNKultur
HBS Dokuanalyse, Fallstudien mit ExG und qualitative Interviews mit Gewerkschaftsvertretern, Arbeitsdirektoren, Über 30 Betriebe unterschiedlicher Größenordnung aus Verwaltungsstellen der
DFG
3 Betriebsfallstudien DFG mit Dokuanalyse, ExG, narrative Interviews, teilnehmende Beobachtung
Dokuanalyse, 27 Betriebsfallanalysen; 115 Interviews mit Management und Betriebsräten
Metall- und Textilindustrie in einer Industrie region Sachsens
Metallindustrie, mittlere und große Betriebe (ab 100 Beschäftigte) in Ostdeutschland (Thüringen, Sachsen, Ostberlin, Brandenburg)
UN-Befragung von 64 Geschäftsleitungen und 54 BR aus 109 UN der verarbeitenden Industrie (Stichprobe von 385 UN)
Spezi ka der sozialen Ordnung ostdeutscher Betriebe (Aufbaupartnerschaften) und eher distanziertes Verhältnis von BR zu gewerkschaftlichen Dienstleistungen. Noch unklare Stabilisierung von MB als soziale Institution. 4. Entwicklungsphase in Ostdeutschland: Konsolidierung bzw. Normalisierung BR- und gewerkschaftlicher Arbeit vor Ort, Handlungsmuster an westli-
Industrielle Neustrukturierung, Privatisierung und Deindustrialisierung beeinussen die Konstituierung betrieblicher Austauschmuster erheblich. Andere Ausprägungen der Palette innerbetrieblicher Politikmuster und Verhältnis betrieblicher und tariicher IV sowie im Detail auch Unterschiede in den Interaktionsmustern. Letztere sind in Westdeutschland homogener, in Ostdeutschland haben sie einen größeren Variantenkranz. Regulierungsmodi im Osten zeigen Trend zu Verinselung der betrieblichen Politikarena, stärkerer Betriebsorientierung der BR (Enttariichung und Verbetrieblichung).
schaftlichen Umgang und Akzeptanz, Vertrauen statt Kontrolle, Kooperation statt Konfrontation. Dazu gehören: funktionierende Institutionen betriebl. IV sowie beteiligungsoffene Arbeits- und Produktionsformen.
214 Anhang
Information und MB im internationalen Konzern
Sozialer Umbruch in der Stahlindustrie: Ende des „Malochers“ und Rolle der BR
14
15
Christian Kleinschmidt u. a./Sozialforschungsstelle Dortmund/
Bernhard Nagel, FB 7 Universität Kassel u. a./ 02.1994– 07.1995
06.1995– 11.1995
7 Konzerne aus Metall-, Nahrungsmittel-, Chemie- und Bauindustrie
Stahlarbeit im Wandel, Stahlindustrie Wandel von IV, Arbeitsbeziehungen und Lebensverhältnissen
Analyse der Informationsbeziehungen zwischen Management und AV in Konzernen mit deutscher Konzernspitze: Informationsverhalten und verschiedene Konzernstrategien, Bedeutung der MBrechte
probleme der BRarbeit, IGCPK, IGM, gewerkschaftlicher Orga- HBV, IGBE nisationsaufbau
Dokuanalyse, mehrstündige Interviews mit 20 BR, die in 70er und 80er Jahren führende Positionen in der IV einnahmen.
HBS/ Alfried Krupp von Bohlen und Hal-
Dokuanalyse, leitHBS fadengestützte Interviews mit 9 zuständigen Gewerkschaftsbetreuern der KBR und GBR, 27 Arbeitnehmervertretern (GBR, KBR, AR), Einzelinterviews örtliche BR, 4 Vertretern Vorstand/Geschäftsführung, 3 BR Tochtergesellschaften aus Österreich, schriftliche Befragung der BR eines Konzerns
BRvorsitzenden, GD mit BRmitgliedern
Alte Generation von BR setzten eher als Einzelkämpfer betriebliche MB unterhalb der MontanMB und Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Qualikationen durch. Heute
Informationsde zite durch an die realen Entscheidungsstrukturen nicht angepassten MBstrukturen (z. B. Wirtschaftsausschüsse) und MBkulturen (Probleme europaweite Zusammenarbeit der IV). Verbesserte Information ist Voraussetzung für die internationale Arbeit der MBträger. BR stößt in freien Raum, der über gesetzliche MBrechte nicht abgedeckt ist. Standortinteressen beeinträchtigen offenen Informationsaustausch. BR dem Informationsverhalten des Managements nicht gewachsen (Bewertung selektivmanipulierender Informationen). Notwendige Internationalisierung der IV unter Perspektive der EURichtlinie für EBR
che Praxis zunehmend assimiliert. Aber: Prägung der inhaltlichen Arbeit durch beschäftigungspolitische Folgen des wirtschaftlichen Umbruchs Ost, angespanntes IVhandeln mit Erwartungsenttäuschungen bei schwieriger wirtschaftlicher Lage. Durch Ausgründungen etc. gewerkschaftliche Handlungsprobleme bei steigender Zahl KMU. De zite in der beteiligungsorientierten BRarbeit.
Tabellarische Übersicht 215
Betriebsräte im Wolfgang Wandel Rudolph/ Wolfram Wassermann, BfS Kassel/ 1995–1996
17
Hartmut Wächter u. a., FB IV Universität Trier/ 01.1993– 05.1995
Perspektiven der MB – Montanmitbestimmung als modernes Führungskonzept
16
12.1993– 12.1995
Analyse Strukturmerkmale betrieblicher IV, Prol der BR angesichts der Veränderungen in Betrieben und Wirtschaft. Repräsentanz von Beschäftigtengruppen in BR, BR in Betrieben unterschiedlicher Grö-
Neue Managementkonzepte (Einführung von TQM, internationale Unternehmensverechtungen bei divergierenden Systemen industrieller Beziehungen) unter der MontanMB
Organisationsbereich der Gewerkschaften IG Medien, Holz und Kunststoff (GHK), Nahrung-GenussGaststätten (NGG), Textil-Bekleidung (GTB),
22 ExG GewerkHBS schaftssekretäre auf örtlicher und zentraler Ebene, schriftliche Befragung von BR (aus 200 ausgewählten Betrieben mit Rücklauf 85 = ca. 40 %), Zeitreihenvergleich und
Deutsch-franDokuanalysen, teilneh- HBS zösische Stahlmende Beobachtung, industrie, FallGD, ExG studie Dillinger Hütte Deutschland und Usinor Sacilor Frankreich
bachStiftung
Allgemein sinkende Wahlbeteiligung, hohe Fluktuation und Führungswechsel in den BR, keine Vergreisung der BR-Arbeit, neue Generation von den BR mit verändertem Arbeitsstil, Abnahme Facharbeitereinuss in den BR, neue BR in kleinen Dienstleistungsbetrieben, wachsender
Durchsetzung von TQM in F schneller und zügiger. In D höherer Abstimmungsbedarf zwischen Interessengruppen, v. a. mit dem BR. In F dagegen sind neue Arbeitsformen und Partizipationsangebote attraktiv, aber das Beteiligungsmodell jederzeit rückholbar. Outsourcing in F ebenfalls eher durchsetzbar, in D behindert durch den Einuss der MBträger. BR in D fungiert als Pomotor von Produktivitätssteigerung und Qualitätsverbesserung mit dem Ziel, Outsourcing zu vermeiden. Neue MBarbeit des BR wird erforderlich: Pozessdenken, direkte ANpartizipation, Entwicklungsorientierung.
stößt Stellvertreterpolitik an Grenzen. Das Management betrachtet den BR als Kosten-Nutzen-Faktor. Neue Gegenstände der MB: Gesellschaftsrechtliche Umstrukturierungen, Spartenorganisation, Kundenorientierung und Qualitätssicherung, Führungsstile und Leanmanagement. Der Verteilungs- wurde zu einem Gestaltungskampf der BR.
216 Anhang
Mitarbeiterbeteiligung und MB im präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutz
Strukturwandel und gewerkschaftliche Interessenvertretung in der Region
Mitbestimmung und Personaluktuation. Wirt-
18
19
20
Bernd Frick, Universität Trier/1997
Friedhelm Michalke u. a., Siegerland Consult/ 07.1993– 03.1996
Helmut Martens, Sozialforschungsstelle Dortmund/ 11.1995– 12.1996
Einuss von unterschiedlicher institutioneller Ausgestaltung der MB auf die unternehmerische
Entwicklung und Evaluierung neuer Ansätze der MB und Arbeitnehmervertretung in KMU
Aktive BRarbeit bei modernem Arbeits- und Gesundheitsschutz: Problemsicht, Rolle bei Initiierung und Durchführung, Kooperation mit Management und Beschäftigten, Organisation des BR im Bereich Arbeitsschutz
ßenordnung und Branchen, Vergleich Ost- und Westdeutschland
Schriftliche Befragung von Vorsitzenden der Interessenvertretungen (265 mit Rücklauf 88 Fragebögen), leitfadenzentrierte Interviews mit Gewerkschaftssekretären und BR wie Mitarbeitervertretern
Empirische statistische Überprüfung von Betriebsdaten aus unterschiedlichen Erhe-
Repräsentative Betriebs- bzw. Unternehmensstichproben
Bestandsaufnahme zu IVarbeit und MBpraxis, Zielplanung der IV, Informations- und Beratungssituation, Reformstrategien und Entwicklungslinien von IVarbeit, Entwicklung eines integrierten Netzwerkkonzepts bzw. Modellversuche mit Betriebsratsnetzwerken in verschiedenen Branchen als Form modernisierter IVarbeit.
System deutscher MB und Kündigungsschutzbestimmungen stellen die für das Funktionieren von Arbeitsverhältnissen unabdingba-
Habil.
Standortspezische Ausprägung der Beteiligung am Arbeits- und Gesundheitsschutz mit unterschiedlichen Positionen des BR zu den Instrumenten (z. B. Rückkehrgespräche). Innovative Modelle eines ganzheitlichen präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes sind in neue Steuerungskonzepte qualitativer Personalpolitik zu verankern und mit vorhandenen spezischen MBkulturen beteiligungsorientiert weiterzuentwickeln.
Anteil der gewerkschaftlich nicht organisierten BR-Mitglieder im industriellen Sektor.
HBS
Dokuanalyse, qualitaHBS tive Interviews mit BR, Sicherheitsfachkräften, (Linien-) Führungskräften, Arzt, Moderatoren
Analyse gewerkschaftlicher Wahlstatistiken, Branchenanalysen bzw. Dokuanalyse
KMU in der Region Kreis Siegen-Wittgenstein, Bereiche der Gewerkschaften IG Metall, ÖTV, NGG, BSE (Energie- und Wasserversorgung, verarbeitendes Gewerbe, Ernährung, Bau, Verkehr, Handel, Banken/Versicherungen, Gesundheit, Gebietskörperschaften)
Stahlindustrie, Standorte der Krupp Hoesch Stahl AG (6 Betriebe aus 4 Unternehmen)
Handel-BankenVersicherungen (HBV), IG Metall
Tabellarische Übersicht 217
Modernisierung von Arbeitssystemen und industrielle Beziehungen im Maschinenbau
EBR zwischen freiwilliger Vereinbarung und Umsetzung der EURichtlinie
21
22
schaftlichkeit der deutschen Betriebsverfassung im internationalen Vergleich
Wolfgang Lecher, WSI u. a./09.1996– 09.1997
Walther MüllerJentsch u. a., Lehrstuhl Mitbestimmung und Organisation, Universität Bochum/ 01.1996– 12.1997 Maschinenbau
Konstituierung von EBR 8 Konzerne (in D, (Kommunikation und F, GB, I) Interaktion): EBR-intern, EBR-Management, EBR-nationale IV, EBRGewerkschaften
Wandel der Arbeitsbeziehungen zwischen Geschäftsleitung, BR und Beschäftigten, neuartige industriepolitische Beziehungen zwischen Interessenverbänden (Arbeitgeber, Gewerkschaften, Staat)
Personal- und Beschäftigungspolitik (z. B. Folgen von IV für Entlassungsund Kündigungsdichte, Mobilität bzw. Fluktuation)
DFG
Doku- und SekundärHBS analyse von Konzerndaten und EBR, akteurspezische qualitative Leitfadeninterviews mit EBRvertretern, Management, nationale und europäische Gewerkschaften, Befragung nationaler und europäischer AGverbände, EU-Parlament und EU-Kommission
Standardisierte schriftliche Befragung 2171 Betriebe mit mehr als 20 AN durch Zufallsstichprobe mit Rücklauf 726 = 33,4 %, zusätzlich ExG Vertreter Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften, staatliche Organe
bungen in Deutschland, Australien, Großbritannien
Günstige Voraussetzungen in untersuchten Konzernen für die Entwicklung eigenständiger von der Konzernleitung unabhängiger Strukturen und Verfahren trotz Herkunft aus unterschiedlichen Arbeitsbeziehungssystemen. Gute interne EBR-Kompromissfähigkeit, Handlungsfähigkeit eher eingeschränkt durch beteiligte Gewerkschaften mit ihren Auffassungen über Funktion und Leistungsfähigkeit der EBR. Konstitutionsprobleme: Qualität der Info von Konzernleitung,
Einussnahme und Gestaltung von betrieblichen Restrukturierungen durch 4 Typen von BR: konventioneller BR mit Konzentration auf traditionelle MBAufgaben, engagierter BR mit versuchter Einussnahme z. B. durch Betriebsvereinbarungen, ambitionierter BR mit gelingendem Einuss, Co-Manager mit Eigeninitiative bei der Einussnahme.
re Aufrechthaltung der Kooperationsbereitschaft der Beschäftigten (Betriebsbindung, Loyalität, Motivation) eher sicher als die Systeme angelsächsischer Prägung. Reduktion der Zahl von Entlassungen und arbeitnehmerseitigen Kündigungen durch BR ist organisatorisch ef zient, weil sie innerbetrieblichen Kooperationserfordernissen Rechnung trägt.
218 Anhang
KVP-Strategien in der Metall- und Elektroindustrie als Herausforderung für die Betriebsratsarbeit
Trendreport Betriebsrätewahlen 1998
Entwicklung der Arbeitsbeziehungen in Europa
23
24
25
Wilhelm Eberwein/Jochen Tholen, Kooperation Universität/ Arbeitskammer/1997–1998
Wolfgang Rudolph u. a., BfS Kassel/ 1998
Jürgen Howaldt/ Ralf Kopp, Sozialforschungsstelle Dortmund/ 04.1996– 05.1997
Wechselwirkungen zwischen nationaler und europäischer Ebene, Veränderungen der Betriebs- und Unternehmensverfassung
Strukturanalyse zu den Betriebsratswahlen 1998
Verlaufsformen, Probleme der KVP-Einführung und Handeln der BR
Schriftliche teilstandardisierte Betriebsrätebefragung, Zufallsstichprobe von 6.000 BRadressen/ Sample 503 BR (mit 20,7 % Rücklaufquote), 4 Fallstudien mit ExG BR, Management, GD mit Beschäftigten aus KVP-Bereichen, BRworkshop
Konzerne in D, F, GB und I
Dokuanalyse, ExG Gewerkschafter, BR, Vertreter Arbeitgeber, Unternehmensverbände, Management, Fallstudien in Konzernmüttern und Tochterunternehmen, nationale und inter-
Organisationsbe- Auswertung der Wahlreich der Gewerk- ergebnisse von rund schaften ÖTV, 1000 Betrieben HBV, DPG, NGG, IG Bau, IG Metall, IG BCE
Metall- und Elektroindustrie
HBS
DGB
HBS
Europäisierung der Arbeitsbeziehungen ist komplexer Prozess auf europäischer, nationaler, regionaler und betrieblicher Ebene. Nur EBR kann in Europa gestaltend auf die Arbeitsbeziehungen einwirken. Rückwirkun gen auf nationale IV-systeme: Entwicklung eigener Identität des
Verschiedene Trends: Anstieg der Wahlbeteiligung (gegenüber 1994), Beschäftigungsabbau, Betriebsabspaltungen, Auslagerung führten zur Verkleinerung der BR, Anstieg der Angestellten in den BR, Verjüngung der BR, weiteres Absinken des gewerkschaftlichen Organisationsgrads der BR-Mitglieder.
Organisationswandel durch KVP (Chance für neuen Typ beteiligungsorientierter Rationalisierung) erfordert Aushandlungs- u. Gestaltungsprozesse (Beteiligung BR, Beschäftigte), BR schwierige Kompromissbildung zwischen unterschiedlichen Beschäftigtengruppen, neue Arbeitsweisen des BR mit neuem selbstbewußtem Selbstverständnis
Aufbau von Vertrauens-, Wissens- und Organisationsressourcen, Sprachprobleme, Verzahnung mit nationalen IV und Gewerkschaften. Unterschiedliche Perspektiven für die Diffusion von EBR mit nationalen Arbeitsbeziehungssystemen.
Tabellarische Übersicht 219
Dienstleistung und Mitbestimmung
Strategische Dezentralisierung von Konzernunternehmen und ihre Auswirkungen auf die Mitbestimmung
26
27
Maria Funder/ Institut f. Soziologie, Universität Marburg/ 1994–1998
Wolfram Wassermann, BfS Kassel/ 03.1997– 12.1998
Ursachen, Verlauf und Folgen des organisatorischen Wandels von Konzernunternehmungen und Implikationen für die Mitbestimmung und die industriellen Beziehungen
IV in Netzwerken des privaten Dienstleistungsgewerbes, Normen der Arbeitsorganisation, Quali kationen, Erwartungen der Beschäftigten an Gewerkschaften und Zuschnitt Gewerkschaftspolitik auf Dienstleistungsbranche, Umsetzung betriebsverfassungsrechtlicher und tariicher Normen
Elektronikkonzern, Motorenteilehersteller und Technologiekonzern
Gebäudereinigung, Bewachung, Textilreinigung, Hotel- und Gaststätten, Informationstechnologie und DV-Dienstleister
3 Fallstudien in Konzernen, Dokuanalyse, 47 qualitative Leitfaden interviews mit Management (Vorstand, Geschäftsführung, Werks-/Niederlassungsleiter, Direktoren) und Arbeitnehmervertretern (KBR, GBR, BR, AR, gewerkschaftliche Konzernbetreuer), Betriebsbesichtigungen,
Diss. (mit HBS Unterstützung)
Dokuanalyse (StrukHBS turdaten der Branchen), 15 Betriebsfallstudien: ExG BRvorsitzende, GD BRmitglieder, ExG Gewerkschaftssekretäre, teilnehmende Beobachtung branchenbezogene BRtreffen
nationale Arbeitstagungen
Die Umsetzung von Dezentralisierungsmaßnahmen verringert die Einusszone der Mitbestimmungsakteure (vor allem bei zentralen Entscheidungen in ausländischen Konzernzentralen). Trotz dieser Erosion der Mitbestimmung lassen sich auch Tendenzen einer Neuorientierung der Interessenvertretung und eine proaktive Beteiligung von Betriebsräten an Reorganisationsprozessen erkennen (Strategie der exiblen Anpassung), die für eine
Notwendig sind rechtliche Grundlagen für die MB über Betriebs- und Unternehmensgrenzen hinaus bzw. MBrechte in der Dienstleister-Kunden-Struktur. Beschränkung auf traditionellen Betriebsbegriff ist in der neuen MBlandschaft zwischen Auftraggeber und Dienstleister rmen nicht mehr haltbar. Allmähliche Auösung gewerkschaftlicher Bindekraft. Besetzung gewerkschaftspolitischen Niemandslands zwischen traditionellen Branchenund Betriebsprinzip.
EBR, Akzeptanz durch nationale IV, Gewerkschaften und Management, nationale IV müssen europäische Ebene in Praxis ihres betrieblichen Handelns einbeziehen, notwendig sind der Aufbau von Informations- und Kommunikationsnetzwerken und die intensive Einbeziehung hauptamtlicher Gewerkschafter
220 Anhang
Betriebliches Interessenhandeln: Politische Kultur der Austauschbeziehungen zwischen Management und Betriebsrat in der westdeutschen Industrie
Partizipation im kommunalen Modernisierungsprozess
28
29
Leo Kißler u. a., Institut für Soziologie Universität Marburg/ 1997–1999 (26 Monate)
Aida Bosch u. a., Institut für Soziologie, Universität ErlangenNürnberg/ 1999 Metallindustrie, mittlere und große Betriebe aus den Regionen Nürnberg-FürthErlangen und Nordbayern
Beschäftigtenbeteiligung Öffentlicher bei der Verwaltungsmo- Sektor, Kommudernisierung als Beitrag nalverwaltungen für mehr Chancengleichheit
Rekonstruktion typischer Interaktionsmodi zwischen BR und Geschäftsleitungen: Unterschiedliche Kulturen der Austauschbeziehungen unter ökonomischen, regionalen und konzernspezischen Rahmenbedingungen sowie Handhabung und Verständnis gesetzlicher, judikativer und tarifvertraglicher Rahmenbedingungen DFG
Doku- und SekundärHBS analyse, bundesweite schriftliche Befragung von PR und Gleichstellungsbeauftragten in Großstädten und in NRW, zusätzlich Städte bis 50.000 Einwohner, Fallstudien in 5 Großstädten, ExG und GD mit Politik, Verwaltung, PR und Gleichstellungsbeauftragten
32 Fallstudien, Dokuanalysen, teilnehmende Beobachtung, 92 leitfadengestützte Interviews mit Geschäftsleitung, BR, Managementvertretern (Kurzrecherchen und Intensivfallstudien)
teilnehmende Beobachtung
Kommunale Verwaltungsreformkonzepte sind „geschlechtsblind“. Die im Zuge der Modernisierung der Verwaltungsorganisationen und der Rationalisierung der Verwaltungsarbeit eingeführten Partizipationsverfahren berücksichtigen nur unzulänglich die Interessen der Beschäftigten und binden weibliche Beschäftigte noch weniger als männliche Kollegen in die Modernisierungsprozesse ein. Gründe sind konzeptionelle De zite der Partizipation, de zitäre Ergebnisumsetzung und fehlende Akzeptanz auf Seiten der Führungskräfte.
Betriebl. Interaktionsbeziehungen variieren entlang der Interessende nition und -wahrnehmung durch die Akteure. BR und Management orientieren sich im MB-Alltag am besonderen Bild des betriebl. Interessengefüges. Unterschiedlich strukturierter Interaktionsmodus zwischen den Betriebsparteien. Das Verhältnis zum Arbeitsrecht und seine alltagspraktische Handhabung ist wichtiger Indikator für die Qualität der Austauschbeziehungen. Entwicklung einer Typologie der Interaktionsmuster zwischen BR und Belegschaft, die die betriebsspezische Kultur der Austauschbeziehungen abbildet.
Reformfähigkeit der Mitbestimmung sprechen.
Tabellarische Übersicht 221
Kompetenzentwicklung für den wirtschaftlichen Wandel – Mitgestaltung durch kompetente Betriebs- und Personalräte
Ökonomische Analysen des deutschen Systems der Arbeitsbeziehungen (Zusammenfassung verschiedener Erhebungen)
Works Councils and the Productivity
30
31
32
Thomas Zwick, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung/ 2000
John T. Addison u. a., Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät Universität Erlangen-Nürnberg u. a./seit 1995 fortlaufende Projekte
KomMit, Angela Paul Kohlhoff u. a., Institut für Berufspädagogik, TU Darmstadt/ 04.1996– 12.2000 Branchenübergreifend Organisationsbereich von IGCPK, IG Metall, ÖTV, DAG
Zusammenhang zwischen neuen Arbeitsformen, Existenz eines BR und Produktivität Branchenübergreifend
Bundesweiter VerbreiBranchenübertungsgrad und Bestimgreifend mungsgründe von BR, Produktivitätswirkungen von BR, Existenz von BR auf Investitionsverhalten, Bewertung „mitbestimmungsfreier Zone“
Forschungs- und Quali zierungsprojekt zur betrieblichen Weiterbildungsgestaltung als MB-Aufgabe, Quali zierungsbedarf von BR
BR haben unterstützenden Einuss (Abbau von Widerständen auf Seiten der Belegschaft) auf die Einführung moderner Arbeitsformen (Gruppenarbeit, ache Hierarchien etc.). In Betrieben mit BR steigt die Produktivität, in betriebsratslosen Betrieben hat die Einführung moderner Arbeitsformen keinen Einuss auf die Bruttowertschöpfung. Ökonometrische Methoden mit IABBetriebspanel
Eigenprojekt
IV müssen beruiche Weiterbildung mehr als strategische Aufgabe zur lernförderlichen Arbeitsgestaltung und Organisationsentwicklung begreifen. IV formulieren eigenen zielgerichteten Quali zierungsbedarf angesichts gestiegenem Arbeitsund Handlungsdruck: v. a. ökonomisches Fachwissen und Methoden- und Sozialkompetenz zur Stärkung ihrer Verhandlungsmacht. Kein Einuss von BR auf Investitionsverhalten. Kein Einuss auf Produktivität in kleineren Betrieben. Direkte Partizipation in mehr Betrieben zu nden als repräsentative durch BR: mitbestimmungsfreie Zone ist keine partizipationsfreie Zone. Aus ökonomischer Sicht keine (gesetzliche) Notwendigkeit, die Errichtung von BR zu erleichtern oder verpichtend zu machen.
Bundesministerium für Bildung und Forschung
IAB-Betriebspanel und EigenHannoveraner Firmen- projekte panel, ökonometrische Analysen
Schriftliche IV-Befragung (198), leitfadengestützte mündliche Interviews IV, teilnehmende Beobachtungen (sowie Entwicklung von Bildungsbausteinen)
222 Anhang
Deregulierung oder Reinstitutionlisierung ? Wandel der
35
Andrea Baukrowitz u. a., Institut für Soziologie,
Weiterentwick- Winfried lung von MitHeidemann, bestimmung HBS/2000 im Spiegel betrieblicher Vereinbarungen
34
Ralph Greifenstein/Leo Kißler, Institut für Soziologie, Universität Marburg/ 2000
Personalvertretung in Reformrathäusern
33
Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie und Folgen für die traditionellen Institutionen der
Ausformung der Inhalte und Verfahren betrieblicher MB durch Vereinbarungen zwischen den Betriebsparteien
Konzepte der kommunalen Binnenmodernisierung, Modernisierungsfolgen und unterschiedliche PR-Strategien
IT-Industrie
Vereinbarungen zwischen Betriebs- und Personalräten und Management HBS (Eigenprojekt)
HBS
12 Fallstudien, ExG HBS AG-Verbände, Gewerkschaften und Fachverbände
Auswertung von 38 eigenständigen Vereinbarungen mit Regelungen zu Organisation und Verfahren der MB im Betrieb, ca. 1600 Vereinbarungen zu fachlichen Regelungsbereichen (Arbeitszeit, Entgelt, Arbeitsformen, Weiterbildung, Restrukturierung, Beschäftigungssicherung etc.)
Kommunalverwal- Sekundäranalyse emtungen pirischer Erhebungen, ExG mit PR-Vorsitzenden aus drei Städten unterschiedlicher Größenordnung
3 unterschiedliche Unternehmenstypen: fordistische mit fest verankerten und an neue Arbeitsformen und UN-strukturen
Eigenständige MB-Vereinbarungen regeln die Organisation der BR-Arbeit wie Abgrenzung von Betrieben, Zusammensetzung GBR etc. Freiwillige Vereinbarungen erschließen neue MB-Bereiche wie Arbeits- und Unternehmensorganisation, Beschäftigungssicherung, Umweltschutz und weiten die MB auf wirtschaftliche Themen aus, die auch nicht Gegenstand von Tarifverträgen sind. Zu unterscheiden sind allgemein: a) Verfahrensvereinbarungen z. B. zu gemeinsamen Kommissionen zwischen den Betriebsparteien, b) Einbeziehung der IV in Entscheidungen mit ießenden Übergängen zwischen Information, Beratung und MB, c) Delegation von Beteiligung an Belegschaftsgruppen.
In den unterschiedlichen Varianten der Verwaltungsreform versuchen PR einen Balanceakt zwischen Co- und Koniktmanagement sowie einen Interessenausgleich zwischen den Modernisierungsgewinnern und -verlieren. Im „Konzern Stadt“ sind PR auf der Suche nach neuen Interessenvertretungsformen, mit denen Schutz- und Gestaltungsfunktionen wirksam wahrgenommen werden können.
Tabellarische Übersicht 223
36
Betriebsratsarbeit unter Veränderungsdruck
industriellen Beziehungen in der Informations- und Telekommunikationsindustrie
Deiß Manfred/ Heidling, Eckhardt, ISF München/ 01/1999– 10/2000
TH Darmstadt/ 1998–2000
Veränderungsdruck und neue Herausforderungen durch: tarifvertragliche Öffnungsklauseln, Verbetrieblichung der Tarifpolitik, Rationalisierung durch Neuordnung der Wertschöpfungsketten, dezentrale und autonome Organisationseinheiten. Frage nach der Reorganisation der BRarbeit, Rolle von Expertenwissen und Beratungsinstitutionen für BR, Einbezug der Beschäftigten in Betriebsratspolitik
Arbeitsbeziehungen
19 Betriebe: Metall- und Chemieindustrie, Handel-, Bankenund Versicherungssektor Dokuanalysen, 23 intensive Leitfadeninterviews mit betrieblichen IV, 15 ExG hauptamtliche Gewerkschaftsvertreter, 4 ExG Betriebsräteberater und Technologieberatungsstellen, Transferworkshop HBS
Anlass- und prozeßbezogene Mobilisierung von Expertenwissen, Erschließung von Expertenwissen durch systematische Beschäftigtenbeteiligung erhält größeres Gewicht, Veränderungen in den Anforderungen und im Bedarf an Qualizierung und externer Beratung: problem- und prozessbezogene Quali zierungsmaßnahmen, komplexe Kooperation zwischen BR, Beschäftigten, externen Beratern und Hauptamtlichen. BR fungiert zunehmend als „Wissensmanager“: Verbesserung der Mobilisierung von Expertenwissen durch BRnetzwerke. BR müssen arbeitnehmerorientierte Gestaltungsoptionen und strategische Alternativen entwickeln, allerdings Gefahr der Vereinnahmung durch das Management und Überforderung.
angepasste BR-Gremien, aufstrebende Kleinunternehmen mit nicht formell geregelter individueller Partizipation, Mischform als Lack-TurnschuhUnternehmen mit schwach verankerten BR. Kerninstitutionen der Arbeitsbeziehungen sind in IT-Industrie kein Anachronismus, aber Trend zu neuen Modus eines geregelten Interessenaustauschs durch Verknüpfung von Tarifverträgen, MB-Rechten und neuen Beteiligungsformen.
224 Anhang
Belegschaftsumfrage 2000
Der Betrieb als Susanne Politikarena Wienecke, FB BWL Universität Trier/ 2001
38
39
Peter Rölke, TU Braunschweig, Institut f. Sozialwissenschaften/ 2000
Verhandelte Wolfgang Europäisierung Lecher u. a., WSI/11.1998– 03.2000
37
Salzgitter AG
Ländervergleich F, I, GB, D: 5 Fallstudien Baugewerbe, Metall-, Chemie-, Lebensmittelindustrie, Banken und Versicherungen
Einuss nationaler Syste- Banken in 3 Länme der Arbeitsbeziehun- dern (D, L, GB) gen auf die betriebliche Arbeitszeitpolitik
Erhebung aktueller Entwicklung der MontanMB im Spiegel gewandelter ökonomischer und gesellschaftlicher Verhältnisse
Einrichtung von EBR nach der EBR-Richtlinie. Tendenzen, Probleme und Perspektiven der Institutionalisierung von EBR: gesetzlicher Rahmen und soziale Dynamik verhandelter Europäisierung
HBS
Branchenspezische Diss. Auswertung (drei europäische Finanzplätze) Unternehmensbefragung QUIPPE (Quinter Studie zur Praxis der Personalpolitik in Europa), leitfadengestützte halbstandardisierte Interviews mit Personalleitung und Arbeit-
Schriftliche Befragung durch mehrstug geschichtete Zufallsauswahl aus der Belegschaft
Dokuanalyse, leitfaHBS dengestützte Interviews mit betrieblichen IV, Management, Gewerkschaften, AGverbände, EU-Vertreter, schriftliche Fragebogenerhebung bei allen EBR-pichtigen Unternehmen der einbezogenen Branchen ohne EBR-Vereinbarung, 2 Anhörungskonferenzen mit ausgewählten betrieblichen IV und Gewerkschaftsvertretern.
Funktionale Äquivalente von Arbeitsbeziehungen in den drei Ländern entgegen stereotypen Bildern. Länderunabhängiger Wandel zu hochexiblen Zeitkontenmodellen initiiert durch Politikstrategie der AG. Länderspezische Arbeitszeitmuster sind abhängig von Entwicklungspfaden in den nationalen Arbeitszeitkompromissen und -gesetzen.
Positives Grundverhältnis zur MB, allerdings hängt die Sachkenntnis über die MBorgane vom Bildungsniveau ab, teilweise Kritik an der Informationsvermittlung durch den BR
Variierender Handlungsradius der EBR, nur teilweise Akteursqualität. Unterschiedliche Typen: symbolischer, dienstleistender, projektorientierter und beteiligungsorientierter EBR. Letzterer mit höchstem Grad der Europäisierung der Arbeitsbeziehungen. Europäisierungsrückstand der Gewerkschaften, uneinheitliche Europäisierungsstrategie der Mitglieder europäischer Gewerkschaftsverbände. Der Pfad „Verhandelte Europäisierung“ bewährt sich, aber quantitative Implementierungsdezite, qualitative Entwicklungsbarrieren und strukturelle Machtasymmetrien zwischen den Akteuren und Verhandlungsparteien.
Tabellarische Übersicht 225
Interessenvertretung im Konzern Stadt
Konzepte und Erfolg beteiligungsorientierter Reorganisationsprozesse
Innovation und Interessenvertretung in KMU
40
41
42
Martin Sacher, Start E. V. Thüringen u. a./09.1999– 02.2001
Manfred Wannöffel, Berufsforschungs- und Beratungsinstitut für interdisziplinäre Technikgestaltung/ 2001
Karsten Schneider u. a., Forschungsgruppe Verwaltungsautomation, GH Kassel/ 1998–2001
Innovationsbedingungen und MB-strukturen in KMU
Zusammenhang zwischen erweiterten MBFormen bei Reorganisationsmaßnahmen und betriebswirtschaftliche Effekte
Maschinenbau, Elektroindustrie, KfZ-Technik (Thüringen und Hessen)
Metallverarbeitendes Gewerbe, Elektroindustrie und Möbelindustrie
Folgen der HerausbilÖffentlicher Sekdung eines Konzerns tor (KommunalStadt (Binnendezentrali- verwaltungen) sierung, organisatorische und rechtliche Ausgliederungen durch Gründung von Eigenbetrieben etc.) mit Zunahme dezentraler PR-Gremien und BRGremien ohne rechtliche Verbindung zu den PR
30 Fallstudien mit ExG BR-Vorsitzende, Geschäftsleitung, GD und Interviews Beschäftigte
Fallstudien in 5 Unternehmen, Dokuanalyse und leitfadengestützte Interviews mit Prozessbeteiligten
HBS
Bertelsmann Stiftung/ HBS
Repräsentative PerHBS sonalratsbefragung (Stichprobe 393 Fälle mit Rücklauf 37 %), 8 Fallstudien in Städten mit leitfadengestützten ExG PR-Vorsitzende, Verwaltungsleitung, ÖTV-Geschäftsführer, Vertreter der AN- und AG-Seite aus dezentralen Einheiten
nehmervertretung, ExG Gewerkschaftsvertreter
In überdurchschnittlich innovativen Betrieben ndet i. d. R. eine umfassende Einbeziehung von Beschäftigten und BR in die Innovationsprozesse statt (beteiligungsorientiertes Innovationsklima).
Regorganisation besonders erfolgreich durch erweiterte MB- und Kooperationsstrukturen, die in Betriebsvereinbarungen verbindlich geregelt sind. Neue Beteiligungs- und Gestaltungsformen (wie Projektgruppen und Lenkungsausschüsse) ergänzen die BR-Arbeit. Zentrale Bedingung für Etablierung und Entwicklung von Kooperations- und Mitwirkungsstrukturen sind Quali zierungsmaßnahmen (fachliche wie soziale und methodische Kompetenzen).
Arbeitnehmervertreter sind auch unter neuen Rahmenbedingungen gestaltungsfähig, allerdings verliert der GPR seine herausgehobene Stellung, Einusspoten ziale (Co-Management) können nur gemeinsam mit anderen Arbeitnehmervertretungen ausgeschöpft werden. Neue Kooperationsformen zwischen Personal- und Betriebsräten (rechtlich schwach abgesicherte Konzernarbeitnehmervertretungen).
226 Anhang
Betriebliche Bündnisse für Arbeit
44
Ursachen der Shareholder-Value Orientierung von Unternehmen, Einussnahme der Mitbestimmungsträger, Auswirkungen auf die Arbeitsbeziehungen bzw. Verträglichkeit kapitalmarktorientierter Unternehmensführung mit Institutionen des Systems industrieller Beziehungen
Britta Rehder, Auswertung StandortMax-PlancksicherungsvereinbarunInstitut für gen (1986–1996) Gesellschaftsforschung, Köln/ 1999–2001
Shareholder Martin Value und Mit- Höpner, bestimmung Max-PlanckInstitut für Gesellschaftsforschung, Köln/ 1999–2001
43
Branchenübergreifend 100 größte deutsche Unternehmen (120 Firmen mit Tochtergesellschaften)
Branchenübergreifend 40 größte deutsche börsennotierte Nichtnanzunternehmen
Dokuanalysen, Sekundäranalyse Vereinbarungen, leitfadengestützte telefonische und persönliche Interviews in 49 UN, Interviews mit Verbandsvertretern
Querschnittsvergleich Performanz-, Internationalisierungsindikatoren, Aktionärsstruktur, Managerlebensläufe, Zusammensetzung AR, schriftliche BRBefragung
HBS (geförderte Diss.)
HBS (geförderte Diss.)
Unterschiedliche Vereinbarungstypen in Industrie und Infrastrukturunternehmen (Investitions- zu Beschäftigungssicherungsvereinbarungen). Aushandlung von Investitionspakten dehnt Geltungsbereich des BetrVG auf wirtschaftliche Entscheidungen aus und greift in Kontrollbefugnisse des AR ein (Reduktion der Kontrollfunktion auf formale Zustimmung). Investitionsvereinbarungen tragen zur Verbetrieblichung der MB bei.
Kontrolle durch Unternehmensund Bankenvertreter wird in den AR durch Kapitalmarktteilnehmer ersetzt. Shareholder-ValueUN bekämpfen Flächentarifverträge und MB nicht, Bestand an MB wird allgemein akzeptiert. Aktionärsorientierte UN sind eher koniktscheu. Aktionäre verhalten sich gegenüber der MB eher indifferent (weder zustimmend noch ablehnend). Zwischen Stärke der MB und Aktionsärsorientierung besteht kein Zusammenhang, MB schränkt die Adaption von Shareholder-Value Strategien nicht ein. Restrukturierung erfolgt in der Regel im Einvernehmen mit BR, MB ist keine Restrukturierungsbremse. Tariiche Zulagen werden vom UN-erfolgsabhängig gemacht. Trendverstärkung: Co-Management, Systemkonformität, Ef zienz- und Kostenorientierung der MB.
Tabellarische Übersicht 227
Betriebsräte zwischen Erosion und neuer Beweglichkeit
Sozialstrukturen und Normenbildung in deutschen Kleinbetrieben
Bilanzierung und Zukunft der MontanMB
45
46
47
Klaus Lompe u. a., Institut f. Soz.wiss., Universität Braun-
Wolfgang Rudolph, Wolfram Wassermann, Büro für Sozialforschung/ 1999–2001
Wolfgang Rudolph/ Wolfram Wassermann, BfS Kassel/ 1999–2001
Funktions- und Wirkungsmechanismen der Montan-MB, Kommunikation und innerbetriebliche Aushandlung,
Wirtschaftliche Bedeutung und industrielle Beziehungen in Kleinbetrieben
Konsequenzen der Auösung und Umwandlung von Betriebs- und Unternehmensstrukturen für die Entwicklung des Betriebsrätewesens
2 Stahlunternehmen: Salzgitter AG (mit 3 Standorten) und EKO Stahl GmbH
10 Kleinbetriebe mit 5–100 Beschäftigten aus Handwerk, Hotelund Gaststätten, Baugewerbe, Software, Non-ProtUnternehmen
Industrie, Handel und privates Dienstleistungsgewerbe
Dokuanalyse, schriftliche Befragung der Belegschaft (Salzgitter AG: Zufallsauswahl 3.000 Fälle mit Rück-
Leitfadengestützte Interviews mit Management, BRvorsitzendem oder Belegschaftsmitglied bei Betrieben ohne BR
20 Fallstudien mit ExG und Intensivinterviews mit BR aus abgespaltenen, fusionierten, outgesourcten, verkauften Betrieben, ExG mit Vertretern GBR, KBR und BRArbeitsgemeinschaften in Konzernen
HBS
HBS
HBS
Ausgestaltung des Montan-MBModells unterliegt Veränderungen. Quali zierte MB fördert den Strukturwandel. Neue Verhandlungs- und Partizipationsmuster
Zwei Grundtypen: in das System industrieller Beziehungen integrierte und desintegrierte Betriebe, aber mit Variationen. In kleinen Betrieben mit autokratischer Führung trotzdem Formen des Interessenausgleichs durch informelle Beteiligungspraktiken. Lernprozesse ermöglichen teilweise auch Kooperation zwischen MB des BR und Direktentscheidung. BR entstehen oft in Krisenphasen. Gesetzliche Rechte und formelles Prozedere werden durch personenbezogene Beziehungen überlagert. BR als Wächter (Schutzfunktion) im Betrieb.
Auseinandersetzungen in den 90er Jahren um Unternehmenserosion und neue BR-Strukturen waren quasi 10jähriges Praxislaboratorium als Vorstufe zur Reform des BetrVG 2001. Vorarbeiten wurden durch Auseinandersetzungen und Lösungen auf Ebene einzelner Betriebe und UN geleistet: Vereinbarungen zwischen BR, Gewerkschaften und Management über neue Organisationsstrukturen der BR. In Reformdebatte sind v. a. Erfahrungen aus großen UN mit gewachsener, solider MB-Tradition eingeossen.
228 Anhang
48
Mitbestimmungsvereinbarungen in öffentlichen Unternehmen mit privater Rechtsform
Grundeinstellungen, Demokratisierungsanspruch und Wettbewerb, Rolle des AD und AR
Bernhard Na- Personal- und mitbestimgel u. a., FB 7, mungsrechtliche Folgen Universität von Privatisierungen Kassel/ 2000–08.2001
schweig/ 12.2000– 11.2001
Repräsentative Erhebung MBVereinbarungen, jeweils 3 Fallstudien in Elektrizitätswirtschaft, ÖPNV und Krankenhäuser Schriftliche Befragung ÖTV-Kreisverwaltungen (Rücklauf 94,4 %) sowie Unternehmen mit MB-Vereinbarungen, Leitfadeninterviews mit MB-Trägern und Gewerkschaftern, Vertreter der Unternehmensleitung und öffentlichen Anteilseigner
lauf 40,2 % = 1.207, Vollerhebung EKO Stahl 3000 Fälle mit Rücklauf knapp 35 % = 1.092), 120 ExG mit betriebsinternen (AD, BRvorsitzender, BRs, Vorstand, leitende Angestellte) und -externen MB-Akteuren (Ministerpräsident, Gewerkschaftsvertreter, AR-Mitglieder, Vertreter Arbeitgeberverband, Vertreter Bundes- und Regionalpolitik) HBS
Privatisierungen sind nicht zwangsläug mit einem Abbau von MB-Vereinbarungen gleichzusetzen. MB begleitet die Umstrukturierung konstruktiv. Die Zufriedenheit mit der MB steigt mit dem Repräsentationsgrad der AN im AR. Unsicherheit besteht über die Zulässigkeit und Rechtswirkung von MB-Vereinbarungen im Bereich der Unternehmensmitbestimmung. MB-Vereinbarungen verbessern die Durchsetzung von AN-Interessen, führen aber nicht generell zu Ef zienzverbesserungen der UN. Allerdings fördern sie, dass Beschäftigte und MB-Träger sich den Strukturveränderungen nicht verschließen. Gewerkschaftliche Herausforderung ist die Vermittlung der Montan-MB als progressives (Leistungs-) Modell.
entsprechen ANinteressen und ökonomischen Notwendigkeiten in Umstrukturierungsprozessen. AD spielt wesentliche Rolle bei der Ausrichtung der Unternehmenspolitik unter Berücksichtigung multipler Interessen. Paritätischer AR erfüllt Kontrollund Mitentscheidungsfunktion optimal (Akzeptanz der Interessenlagen).
Tabellarische Übersicht 229
Betriebsverfassungsrechtliche Auswahlkriterien – MB des BR bei der Personalauswahl im Rahmen neuer Unternehmenskulturen
Internetgestützte Kooperationsformen von Arbeitnehmervertretern in transnationalen Konzernen
Betriebsratshandeln als unternehmerischer Erfolgsfaktor ?
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51
Rüdiger Piorr u. a., RuhrUniversität Bochum/ 10.2000– 09.2002
Karin Pries u. a., Lehrstuhl Organisationssoziologie und Mitbestimmungsforschung Universität Bochum/ 2001
Susanne König, Institut f. Betriebswirtschaftslehre, Universität Oldenburg/ 05.1999– 11.2001
Einuss von AN-Vertretungen bei der Durchführung von Reorganisationsmaßnahmen
Ausmaß der IT-Nutzung für grenzüberschreitende Interessenvertretungsarbeit bzw. technische Ausstattung
Verbreitungsgrad und Inhalt von Betriebsvereinbarungen zur Personalauswahl, auch als Mittel zum Abbau geschlechtsspezischer Benachteiligungen, Einbindung von Personalauswahlverfahren u. -entscheidungen in die Interaktionskulturen zwischen Management und BR
Dokuanalyse Studien und Betriebsvereinbarungen, explorative Interviews mit Arbeitnehmervertretern in ausgewählten Unternehmen, Expertenbefragung zu gewerkschaftlichen Schulungsangeboten und Projekten zur IKT Nutzung
Bundesweite standardisierte Befragung von 473 Unternehmen (Rücklauf 42 %)
ÖPNV
IVn steht breites IKT-Spektrum zur Verfügung, das oft nur selektiv und rudimentär genutzt wird (Technikvorbehalte, fehlende Quali kation, fehlende Kooperationsbereitschaft in anderen Ländern, Sprachkompetenzen bei Synchron-Chats etc.). Internetbasierte IKT sind aber für grenzüberschreitende IV-Arbeit von Vorteil (Terminabsprache, Datenbanken), aber face-to-face Kontakten bei komplexen und sensiblen Aushandlungen unterlegen.
4 Typen unterschiedlicher Einussnahme bei personellen Entscheidungen. Zahl der Betriebsvereinbarungen steigt mit Unternehmensgröße. Besonderer Handlungsbedarf im Bereich „gerechte Beurteilung und Anerkennung“. Nicht zufriedenstellende Infrastruktur der Personalarbeit zur Frauenförderung. Halbwegs gesicherte Einsichtnahme der BR in Bewerbungsunterlagen, verstärkte Ausübung Initiativrecht der BR, Stärkung des (Auswahl-) Grundsatzes „intern vor extern“.
HBS und BR als Co-Manager beteiligen ver.di sich stärker an der Konzeption und Umsetzung von neuen Arbeitsorganisationsformen
HBS
Dokuanalyse, Schriftli- HBS che BR-Befragung der (500) größten Unternehmen sowie Zufallsauswahl von (600) KMU mit Rücklauf 21,3 % (236), 21 ExG Personalverantwortliche und BR
(nur Kurzstudie) Fallstudien in 4 Unternehmen Metall- und Elektro-/Elektronikindustrie
Metall-, Chemieindustrie, Banken/ Versicherungen, Handel/Instandhaltung/Reparatur, sonstige Dienstleistungen, Elektrotechnik/ Feinmechanik
230 Anhang
Betriebsratstypen und Personaluktuation, Ökonomik der betrieblichen Mitbestimmung
54
Alexander Dilger, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät der Universität Greifswald/ 1999 und 2002
Mitarbeiterbe- Tobias Huteiligung in der cker, Institut New Economy für Personalmanagement Universität der Bundeswehr/ 2001–2002
53
Pamela Meil u. a., ISF München/ 11/1999– 05.2002
Globale Strukturen und die Steuerungsfähigkeit nationaler Systeme der Arbeitsregulierung
52
Einuss BR auf Personaluktuation, BRtypen, Effekte Neugründung und Auösung BR sowie wirtschaftliche Folgen der BR-Mitbestimmung
Analyse der materiellen Beteiligungsansätze, Rolle der betrieblichen MB und Praxis gesetzlich nicht geregelter Beschäftigtenpartizipation, Auswirkungen der Krise des Neuen Marktes auf die Konzepte
Analyse industrieller Beziehungen und lokaler Voraussetzungen unternehmerischer Internationalisierungsstrategien, Wechselwirkung von globalen Unternehmensprogrammen und nationalen Systemen der Arbeitsregulierung
Maschinenbau
Börsennotierte Unternehmen NEMX50 und NEMA ALL Share
2 global agierende Unternehmen in USA, Frankreich, Deutschland
Regressionsmodelle mit Daten des NIFAPanels
Dokuanalyse Geschäftsberichte, 9 Fallstudien mit leitfadengestützten Interviews Personalleiter oder Vorstandsmitglieder
(2) Eigenprojekte
Eigenprojekt
Fallstudien an ausgeVolkswählten Standorten mit wagenExG, Interviews mit Stiftung Vertretern nationaler und internationaler Interessenorganisationen sowie Wissenschaftlern
Existenz BR verringert die Personaluktuation. Besonders das Miteinader von BR und Betriebsleitung senkt die Fluktuation, konstruktive BR-Arbeit hat wirksameren Einuss als antagonistische oder solche ohne Bezug zur Betriebsleitung. Positiver Einuss von über das gesetzliche und tarifvertragliche Maß hinaus eingebundenen BR auf Einsatz exibler Arbeitszeitmodelle und Produktinnovationen. Freiwillig gewährte MBRechte haben positive Folgen für den Betrieb.
UN mit BR sind in der Minderheit. Verschiedene Formen alternativer IV als Resultat spezischer UNkultur: individuelle Formen, runder Tisch, rechtlose gewählte Mitarbeiter-IV. Zum Teil werden alternative Formen eingesetzt, um BR-Gründungen zu vermeiden. Im Spiegel der Krise ist allerdings eine Welle von BRGründungen zu erwarten.
In Deutschland, Frankreich und den USA fehlen koordinierte Antworten oder existiert Widerstand gegen „ultra-rationale“ Betriebsziele. Im Investor-Kapitalismus werden die konsolidierten Verhandlungsfelder immer schmaler, während prekäre Verhandlungsfelder zunehmen.
Tabellarische Übersicht 231
Unternehmens- Sigurt Vitols/ führung und 2001–2002 Arbeitsbeziehungen in deutschen Tochtergesellschaften großer ausländischer Unternehmen
Unternehmen zwischen Kapitalmarkt und Mitbestimmung
57
58
Bestandsaufnahme der MB-Praxis bei ausländischen Firmen in ihren deutschen Tochterunternehmen, Einstellung zu den Arbeitsbeziehungen und zur MB als Standortfaktor für Investitionsentscheidungen
MB im Strukturwandel der Stahlindustrie, Entwicklungsstand von Arbeitsorganisation und Personalpolitik, ökonomische Erfolgsfaktoren unter dem Einuss der MB
Rainer Zuge- Effekte des Kapitalhör/1999–2002 marktes und der MB auf das Investitionsverhalten, Beziehungen zwischen Kapitalmarkt- und MBakteuren, Stärke des Zusammenhangs zwischen Kapitalmarkt, MB und Investitionsverhalten
Moderne Ute GötUnternehmens- zen/2002 führung, ökonomischer Erfolg und die Rolle der Mitbestimmung
56
Olaf Schröder, Zusammenhang materiKay Kürscheller Mitarbeiterbeteiliner, Projekt gung und MB Consult GmbH/2002
Mitbesitz und Mitbestimmung
55 Bertelsmann/ HBS
Schriftliche Befragung von 397 Unternehmen, qualitative Interviews mit Management und BR in 5 Unternehmen, sonstige Gespräche mit Vertretern verschiedener Organisationen
Dokuanalyse, Regressionsanalysen, 2 Fallstudien (ExG bei Siemens AG und VEBA AG), schriftliche Befragung von UN-leitungen und BR
Branchenübergreifend 100 größte deutsche börsennotierte Unternehmen
HBS (geförderte Diss.)
Bertelsmann/ HBS
Fallstudie EKO Stahl BertelsGmbH, schriftliche Be- mann/ fragung von AD mon- HBS tanmitbestimmter und nicht-montanmitbestimmter Unternehmen (25 Unternehmen mit Rücklauf 19 = 76 %)
Fallstudien in 4 KMU, Leitfadengespräche mit BR und Geschäftsleitung
Deutsche Tochtergesellschaften ausländischer Großunternehmen (ausländischer Eigentümer mit mind. 50 % am Firmenkapital)
Stahlindustrie
Produzierendes Gewerbe (Maschinenbau, Schmiedebranche, Fensterbau)
Pragmatischer, wenig ideologischer Umgang mit deutschen MBGesetzen, andere Standortfaktoren spielen größere Rolle. Positive Bewertung von Betriebsvereinbarungen und Zusammenarbeit mit BR durch die meisten Manager. MB ist durchaus kompatibel mit internationalen Managementpraktiken. MB in der marktorientierten Corporate-Governance-Variante seit Mitte der 90er Jahre: ANVertreter werden in den Prozess der kapitalmarktgerechten Ausrichtung der UN einbezogen, falls ausreichende institutionelle MBRechte existieren. In diesen Fällen verläuft die kapitalmarktgerechte Neustrukturierung konsensorien-
Unter der MB wurden die Unternehmen modernisiert, die Produktivität erhöht, der Abbau von Standorten und Beschäftigten sozial abgefedert. Einvernehmliche Umsetzung von Modernisierungsmaßnahmen durch MB. AD fungiert im Vorstand als Promotor kooperativer Modernisierung, schützt die BR bei der aktiven Mitwirkung, wodurch sich der Grad der MB bis hin zum CoManagement erhöht.
Mitarbeiterkapitalbeteiligung und MB schließen sich nicht gegenseitig aus, Notwendigkeit der Interessenvertretung durch BR bleibt bestehen, auch im Falle 100%iger Mitarbeiterbeteiligung.
232 Anhang
Charakteristika der Unternehmen des Neuen Marktes
Umbruch von unten ? Betriebliche Akteure in der ostdeutschen Transformation
60
61
Ulrich Brinkmann, FIAB an der Universität Bochum/ 2002
O. Verf., Lehrstuhl Organisationssoziologie und Mitbestimmungsforschung, Uni Bochum/ 03.2002– 30.09.2002
Balanced Roland Abel Scorecard u. a., BIT Bo(BSC) als chum/2002 Bestandteil der Betriebsratsarbeit
59
Prozesse der Konstituierung von betrieblichen Akteuren (BR, Management) im Innenleben ostdeutscher Betriebe
Arbeitsbedingungen und Formen der Interessenregulierung in der New Economy
Erfahrungen und Umgang von BR mit der BSC. Know-How für eine Beteiligung des BR an der BSC-Entwicklung und -Gestaltung
Schriftliche Befragung (online wie postalisch) von 277 Unternehmen mit Rücklauf 60 (ca. 22 %)
4 Fallstudien mit leitfadengestützten Interviews BR
Branchenübergrei- Leitfadengestützte fend, 137 ostdeut- Interviews mit Gesche Unternehmen schäftsleitern, BR, Personalleitern, Datenerhebung von 429 Führungskräften aus diesen Betrieben mit standardisierten Fragebogen
Börsennotierte deutsche Unternehmen (NEMAX)
Verschiedene Branchen
Diss./ HBS
HBS
HBS
Konstituierung ist von mikropolitischem Handeln geprägt und von Rollenkonikten durchzogen. BR gewährleisten für sich trotz ungünstiger Voraussetzungen ein Mindestmaß an Handlungsfähigkeit.
Vormals anarchische Formen von Arbeit und Organisation weichen Bewährtem (Aufbauorganisation, Hierarchie, Mitbestimmung). Anteil von UN mit BR ist nicht geringer als in der Gesamtwirtschaft. MB unterstützt die Anpassung an sich verändernde Marktund Beschäftigungsbedingungen in der New Economy.
BSC bietet BR die Chance, sich als strategische Akteure zu positionieren und eine transparente und detaillierte Datenbasis für die BR-Arbeit. Eine ausgewogene BSC ist von Erfolg gekrönt, wenn der BR rechtzeitig informiert und beteiligt wird.
tiert, in anderen Fällen kann die Restrukturierung koniktorisch verlaufen. Es herrscht hohe Varianz in der Ausgestaltung übergesetzlicher MB-Regelungen (zustimmungspichtige Geschäfte im AR, Parität der AR-Ausschüsse etc.). Neben der Anpassung an das marktorientierte angelsächsische Modell koexistieren Elemente des deutschen Kapitalismus wie die MBG.
Tabellarische Übersicht 233
Zukunft der Neuen Maxhütte
Bedeutung von Unternehmensausgliederungen f. Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen u. Mitbestimmungsträger
Auswirkungen von Outsourcing und Rationalisierung auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung in der Forstwirtschaft
Trendreport Betriebsrätewahlen 2002
62
63
64
65
Wolfgang Rudolph, Wolfram Wassermann BfS Kassel/ 2002
Edgar Kastenholz, Büro f. Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung/ 04.2002– 07.2002
Andre Bleicher u. a., Lehrstuhl Wirtschaftsu. Industriesoziologie, TU Cottbus/ 07.2000– 03.2002
Elke Hahn u. a., IMUInstitut München/07.2002
Workshops, Dokuanalyse, 59 ExG mit BR und Gewerkschaftsvertretern, Geschäftsführung und Management, Arbeitgeberverbände u. IHK, GD mit BR aus Ausgliederungsbetrieben, schriftliche Betriebsbefragung der Geschäftsführungen von Ausgliederungsbetrieben (346 mit Rücklauf 131 = 39,6 %)
Dokuanalysen, Interviews mit beteiligten Akteuren, Teilnahme Steuerungsgruppe
HBS
HBS
HBS
Analyse der Wahldaten HBS aus rund 10.000 Betrieben (Vergleich 1998 und 2002, Erfassung Prol der BR-Neugründungen)
Forstwirtschaft, Dokuanalyse und ExG 5 Fallbeispiele UN Management und AV unterschiedlicher Größe
Ostdeutsche Bergbau- und Energiewirtschaft (Lausitzer und Berliner Raum)
Analyse der Struktur Wahlergebnisse von Betriebsratsgremien aus dem Bereich und Veränderungen beim der IG Metall Wahlverhalten (nach der Reform des BtrVG)
Entstehung deregulierter Beschäftigungsformen in Kleinstunternehmen ohne betriebl. MB zur Gestaltung von Arbeitsbedingungen und -beziehungen
Folgen von Ausgliederungen für Beschäftigung, tarif- und arbeitspolitische Standards und Einussmöglichkeiten der MBträger
Regional- und strukNeue Maxhütte turpolitische Handi. K. Sulzbach lungsmöglichkeiten der Rosenberg betrieblichen IV bei konkursbedingten Standortschließungen
Zunehmend deregulierte Beschäftigungsformen im von Kleinstunternehmen geprägten Sektor. Rechtliche MB hat in kleinen und paternalistisch geführten Dienstleistungsunternehmen kaum Bedeutung. Individualismus und informelle Kooperations- und Beteiligungsformen kennzeichnen die Arbeitsbeziehungen und führen zu teilweise prekären Arbeitsbedingungen. Nach der Reform des BtrVG vor allem: mehr BR-Neugründungen (in KMU), mehr Wahlberechtigte, Plus an Betriebsratsmandaten und größerer Zahl Freigestellter, Akzeptanz des vereinfachten Wahlverfahrens, erhöhter Frauenanteil.
Ausgliederungspraxis leistet Erosion tarifvertraglicher Regelungen zwar keinen Vorschub, aber in Ausgliederungen durchaus Trend zur Verbands- und Tarifucht sowie untertariicher Entlohnung. Entsolidarisierungseffekte, Konzentration BRarbeit auf verbleibende Belegschaftsteile. In einem schwierigen Marktumfeld sind dagegen die negativen Folgen für ausgegliederte Betriebe zu bewältigen.
BR konnten Zukunftskonzept aufgrund fehlender nanzieller Prozessförderung, ungeklärten Eigentumsfragen, politischen Differenzen nicht mehr substanziell beeinussen
234 Anhang
Arbeitsbeziehungen in Call-Centern
Globalisierung der Produktion und industrielle Beziehungen
Personalratsmitbestimmung
66
67
68
Berndt Keller u. a., FB Politik- und Verwaltungs-
Jürgen Kädtler/Hans-Joachim Sperling, SOFI Göttingen/ 2000–2003
Edelgard Kutzner, Sozialforschungsstelle Dortmund/ 07.2001– 12.2002 5 Call-Center in unterschiedlichen Branchen und Regionen
Strukturdaten und Probleme der Interessenvertretung von PR
Öffentlicher Dienst
Auswirkungen transnaAutomobil-, tionaler UnternehmensChemie-, Pharmaaktivitäten auf Aushand- industrie lungs- und Regulierungssysteme in der BRD (AN-AG-Beziehungen in der Globalisierung)
Handlungsmöglichkeiten der individuellen und kollektiven IV, Rolle des Geschlechterverhältnisses bei der Entwicklung von Arbeitsbeziehungen HBS
Analyse PR-Befragung auf der Grundlage der WSI- Personalrätebefragung 2002.
Eigenprojekt (WSIDaten)
Fallstudien in Inlands- DFG standorten sowie in Ost- und Westeuropa und USA. Qualitative und prozessbegleitende Methoden.
Leitfadengestützte Interviews mit Management, BR, Teamleitungen, Agenten, Gewerkschaftsvertretern
Hohe Wahlbeteiligung in Abhängigkeit von der Größe der Dienststelle, Gruppenprinzip und Differenzierung erschweren
Einuss der AN-Vertretungen gelangt beim Abstieg aus der Hochlohn- in globale Verlagerungsliga an Grenzen: gesetzl. Bestimmungen und Machtpositionen im UN dienen der sozialen Folgenbewältigung. Finanzmarktbezogene Neuausrichtung des Top-Managements führt zur Verringerung der Schnittmenge gemeinsamer Leitbilder und Interessen mit den AN-Vertretern. Nicht Globalität, sondern Instabilität der Aushandlungsarenen ist zentrales Vertretungsproblem in globalen Unternehmensstrukturen. Prognose: Ausdifferenzierung von Macht- und Aushandlungskonstellationen, aber keine Erosion von Vertretungspositionen in der Transnationalisierung.
Organisationen stabilisieren sich langsam und bauen Stammbelegschaften auf, originelle Institutionalisierung einer IV durch Kombination von individueller und kollektiver Beteiligung, jedes UN eigene Kultur der Arbeitsbeziehungen, nicht generelle mitbestimmungsfreie Zone, in eigenständigen Call-Centern (nicht Abt. eines UN) hat BR Schwierigkeiten, als Institution von der Geschäftsleitung anerkannt zu werden.
Tabellarische Übersicht 235
Einuss des Betriebsrats auf Investitionen, Löhne, Produktivität und Renten
Kampf um Beteiligung
Neuartige Formen kollektivvertraglicher Regulierung der Arbeitszeit
69
70
71
Folgen der Existenz von BR (Ausweitung der MB) in mittelgroßen Unternehmen nach der Reform des BetrVG
Thomas Haipeter/Steffen Lehndorff, IAQ Duisburg/ 10.2001– 09.2003 Eindämmung „Arbeiten ohne Ende“ durch neue Formen der Arbeitszeitregulierung, Rolle der BR
Klaus Dörre, Folgen partizipativer Lehrstuhl Managementkonzepte Arbeits-, für die betriebliche MB Industrie- und Wirtschaftssoziologie, Universität Jena/2001– 2003
Olaf Hübler, Institut für empirische Wirtschaftsforschung, Universität Hannover/ 2003
wissenschaften, Universität Konstanz/ 02.2003– 06.2003
Branchenübergreifend
Automobil-, Elektro-, Maschinenbau- und IT-Industrie
IAB-Betriebspanel und Hannoveraner Firmenpanel, Betriebe mit 100–300 Beschäftigten Eigenprojekt
Dokuanalysen, 5 Fallstudien mit ExG, Beschäftigteninterviews, schriftliche Befragung (in einem UN)
HBS
36 (auch Intensiv-) Fall- DFG studien mit qualitativen Interviews unterschiedlicher betrieblicher Akteure
Ökonometrische Methoden
Schriftliche Interviews von 1277 PR aus unterschiedlichen Teilen des Öffentlichen Dienstes.
Der mit neuartigen Arbeitszeitregulierungen verbundene Anspruch nach direkter Partizipation in dezentralen Aushandlungen ist entscheidend auf starke Rolle der MB als Promotor und Gestalter der Regulierungspraxis angewiesen. BR muss den Beschäftigten Hilfe zur Selbsthilfe anbieten,
Direkte Partizipation auf der Grundlage neuer Managementkonzepte ersetzt nicht die institutionalisierte MB. Arena der betrieblichen MB bleibt Herzstück der betrieblichen Arbeitsbeziehungen.
Nach der Novellierung des BetrVG und verstärkter Bildung von BR in mittleren UN sind nur für bestimmte UN Vorteile zu erwarten. Positive BR-Effekte bei speziellen Reorganisations- oder Weiterbildungsmaßnahmen. Ebenso positive BR-Effekte bei tarifgebundenen UN: Produktivitätssteigerung durch Existenz von BR.
einheitliche IV-Politik, unterproportional weibliche PR, Unterausschöpfung der rechtlichen Freistellungsoptionen. Kluft zwischen formal-rechtlichen Vorgaben und tatsächlichen Inhalten der MB. Personalabbau ist wichtigster Problembereich der IV, aber auch Arbeitsorganisation und Verwaltungsmodernisierung.
236 Anhang
Interessenregulierung in der New Economy
Betriebsvereinbarungen in der Wahrnehmung von Personalverantwortlichen
Konikt um die neue Unternehmenskultur: Von der Siemens-Familie zum Global Player
Bewährungsproben für die Mitbestimmung in der Unternehmensinsolvenz
72
73
74
75
Offshoring-Strategien, Wandel der Arbeitsbeziehungen im Prototyp eines globalen Wissensunternehmens: Reaktionsmöglichkeiten von Belegschaft, BR und Gewerkschaft
Strategien von AV in der Insolvenz, Instrumentarium bei Sanierung und Fortführung des Unternehmens
Heinz Bierbaum, INFOInstitut/ 01.2003– 09.2003
Unternehmensspezischer Stellenwert und Verbreitung von Betriebsvereinbarungen
Arbeitsanforderungen, Interessenorientierung, Konzepte und Praktiken zur Verfolgung arbeitsund berufsbezogener Interessen, Position zu neuen Formen der MB von hochquali zierten Angestellten
Conrad Schuhler, Institut für sozialökologische Wirtschaftsforschung/ 11.2002– 12.2003
Nienhüser, Werner u. a., Lehrstuhl für Allg. BWL Universität Duisburg/ 01.2003– 12.2003
Lange, Hellmuth u. a., Forschungszentrum artec, Universität Bremen/ 12.2001– 12.2003
Stahlindustrie, Fall Saarstahl AG
Siemens Konzern, IT-Standort München
Repräsentative Auswahl von Unternehmen
Digitale Wirtschaft, klein- und mittelständische Internet-Technologie-Unternehmen
HBS
Leitfadengestützte HBS Interviews mit BR, Gewerkschaftern, Vertreter Politik, Medien
Dokuanalyse, 51 strukturierte Gespräche mit Beschäftigten, teilnehmende Bebachtung, ExG BR, IG Metallvertreter, Management
Telefonbefragung HBS von Personalverantwortlichen in 1000 Unternehmen mit mehr als 100 Beschäftigten (durchgeführt von TNS EMNID)
50 problemzentrierte HBS Interviews in 10 Unternehmen mit BR, Beschäftigten, Unternehmensleitungen, standardisierte OnlineBefragung von (1000 angemailten) Unternehmen (469 Rücklauf)
Das operative Geschäft der MBorgane verschiebt sich in der UN-Krise mit steigenden Kompetenzanforderungen auf Informations- und Gestaltungsfunktion und der Erfolg hängt von der MB-Kultur ab.
Wissensarbeiter mit neuem Selbstverständnis als abhängig Beschäftigte, BR verringern Personalabbau, GBR ändert sich vom „Co-Manager beim Abbau“ zum Globalisierungsgegner, falls Standort Deutschland gefährdet. Shareholder Value wird zum maßgebenden Kriterium der Unternehmenspolitik.
Betriebsvereinbarungen dienen als Ergänzung, nicht als Ersatz von Flächentarifverträgen und werden als Regulierungsinstrument geschätzt. Besonders viele BV liegen in Betrieben mit starkem, wenig kooperativem BR vor. Manager bewerten BV dann weniger vorteilhaft.
Selbstbestimmung, -kontrolle und -vertretungsanspruch als Grundmuster der Interessenregulation, weniger Akzeptanz kollektiver Formen der MB, BRgründung als „ultima ratio“ bei nachhaltiger Störung des Verhältnisses zur Unternehmensleitung
darf nicht als ihr Kontrolleur auftreten.
Tabellarische Übersicht 237
Kosten der Horst-Udo Betriebsverfas- Niedenhoff, sung Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln/1994, 1999, 2004
78
Peter Ellguth u. a., IAB Nürnberg/ 2004
Arbeitszeitsituation und Betriebsrat
77
Peter Ellguth, IAB, Elke Ahlers, WSI/ 06.2001– 05.2003
Betriebsräte und betriebliche Personalpolitik
76
Höhe und Struktur der Kosten, unmittelbar verursacht durch die Einhaltung des BtrVG
Arbeitszeitgestaltung und betriebliche Arbeitsbeziehungen
Klärung abnehmender Verbreitung von BR bei gleichzeitig gestiegener Akzeptanz und Kompetenz- wie Bedeutungszuwachs auf betriebspolitischen Handlungsfeldern (Verbetrieblichung)
Gesamtwirtschaft
Branchenübergreifend
IAB-Betriebspanel und WSIBetriebsrätebefragung
HBS
Schriftliche Befragung mit wechselnden Fallzahlen von Unternehmensleitungen (über Landesvereinigungen der AG-Verbände)
Eigenprojekt
Match-Pair-Analyse Eigenvon Daten des IAB-Be- projekt triebspanel von 2002
Ökonometrische bzw. sekundärstatistische Auswertungen
Direkte Anwendungskosten des BtrVG belaufen sich 2003/2004 auf 650,12 € je Mitarbeiter und liegen damit 80 € höher als 1997/1998. Kosten steigen mit der Betriebsgröße mit deutlicher Sprungschwelle beim Schwellenwert von 200 Beschäftigten. Kosten der BR-Tätigkeit machen mehr als die Hälfte der direkten MB-Kosten aus.
BR kommt Schlüsselrolle in der konkreten Ausgestaltung der betrieblichen Arbeitszeiten zu.
Stabiler Deckungsgrad betrieblicher MB seit Mitte der 90er Jahre, jedoch aufgrund der Veränderungen in den Betrieben längerfristig nicht sicher gestellt. BR fungiert als Instanz kontrollierter Flexibilisierung unter Berücksichtigung von Belegschaftsinteressen. Betriebspolitisches Handlungsfeld des BR ist v. a. betriebliche Arbeitszeitexibilisierung, aber auch Weiterbildung. Der BR begrenzt den Einsatz geringfügiger Beschäftigung. Bei betrieblicher Berufsausbildung, Personaluktuation, atypischer Beschäftigung u. a. ergibt sich ein heterogenes Bild der BR-Intervention. Betriebliche Reorganisationsmaßnahmen sind eher kein Handlungsfeld der BR.
238 Anhang
Kommunikation und Wissen im Aufsichtsrat: Voraussetzungen und Kriterien guter Aufsichtsratsarbeit aus der Perspektive leitender Angestellter
81
Jürgens, Ulrich/Lippert, Inge, WZB/ 2004
Praxis der Mit- Nico Christian bestimmung Raabe, Wirtim Aufsichtsrat schaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Berlin/2004
80
Kornelius Kraft u. a., Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik, Technische Universität Dortmund/ 2004
Auswirkungen der gesetzlichen MB auf die Innovationsaktivität deutscher Unternehmen
79
MB als Element moderner CorporateGovernance-Systeme, inhaltliche und qualitative Anpassung an Globalisierung, ShareholderValue-Orientierung im AR
Erfahrungen der Praxis mit der Unternehmensmitbestimmung im Spiegel der Reformdiskussion
Folgen des MB-Gesetzes 1976 auf technischen Fortschritt und Beschäftigung
Branchenquerschnitt von Unternehmen, die dem MBgesetz/ Montan-MBgesetz unterliegen
Aufsichtsräte unterschiedlicher UN und MBsysteme
Verarbeitendes Gewerbe Eigenprojekt
Standardisierte schriftliche Befragung von Vertretern der leitenden Angestellten im AR, explorative ExG mit leitenden Angestellten im AR
Eigenprojekt in Kooperation mit dem Deutschen Führungskräfteverband
60 Interviews (persön- Diplomliche, schriftliche und arbeit Telefoninterviews): Anteilseigner- und Arbeitnehmervertreter, Vorstandsmitglieder, Verbandsvertreter, Politiker, Wissenschaftler
Analyse mit unterschiedlichen Schätzmethoden von Patenterteilungen 1971–1990 und Unternehmensund Branchendaten von 155 Aktiengesellschaften
Reformbedarf: ARarbeit muss sich mehr prospektiv-beratungsorientiert ausrichten; AR müssen vom Vorstand mehr im Vorfeld von Entscheidungen (Risiken und Chancen) informiert werden; notwendige Verbesserung der Binnenkommunikation Ausschüsse und ARgesamtgremium; mehr Verständnis als Gesamtgremium erforderlich (Trennung der „Bänke“ aufweichen)
Große AR folgen starrem Protokoll, Ausschüsse als Intensivierung und Verbesserung der AR-Arbeit, Vorabstimmungen in Vorgesprächen zwischen AR und Vorstand, aber auch intransparente informelle Parallelstrukturen. Arbeitsdichte AR-Vorsitzender, Plädoyer für kleinere AR. Fraktionsdisziplin prägt AR-Kultur, nicht gruppenübergreifendes Teambuilding mit Ziel strategischer Rat und Kontrolle für Vorstand und Unternehmen (auf Interessenvertretung beruhendes deutsches Corporate-GovernanceSystem). Zwiespältige Bewertung externer Gewerkschaftsvertreter.
Mitbestimmte UN erwerben mehr Patenterteilungen als vor Inkrafttreten des MitbestG., MB hat keine negativen Auswirkungen auf das Innovationsverhalten (keine Verlangsamung von Entscheidungsprozessen und dadurch Verringerung der Innovationsaktivität).
Tabellarische Übersicht 239
EU-Osterweiterung: die aktuelle Herausforderung für den EBR
Arbeitspolitik und Interessenvertretung in der New Economy
Betriebsräte nach der Reform – das neue BetrVG in der Praxis
82
83
84
Wolfram Wassermann/ Wolfgang Rudolph, BfS Kassel/ 05.2003– 01.2005
Helmut Martens, Sozialforschungsstelle Dortmund/ 04.2003– 09.2004
Hermann Kotthoff, Institut für Soziologie, TH Darmstadt/2004 (2 Monate)
Erfolg der Reform auf Organisation u. Arbeitsgrundlagen des BR anhand ausgewählter gesetzlicher Innovationen: vereinfachtes Wahlverfahren für KMU, Einrichtung maßgeschneiderter Betriebsratsstrukturen (GemeinschaftsBR, RegionalBR etc.), Integration von Arbeitnehmergruppen (Frauen, Leiharbeiter) in die MB, direkte Arbeitnehmerbeteiligung an betrieblicher MB
Erfahrungen mit „neuer Arbeit“ und neugebildeten IV
Kontaktaufnahme, Verlauf EBR-Sitzungen mit MOE-Delegierten, Umgang mit unterschiedlichen IV-Systemen, westeuropäische und mittelosteuropäische Interessen
Charakteristischer Querschnitt Branchen- und Betriebsstrukturen: Industrie, Dienstleistungssektor, Baugewerbe, Handwerk
New Economy (ITK und Medien)
14 multinationale Konzerne Metall, Chemie, Banken/ Versicherungen, Nahrungsmittel
HBS
Dokuanalysen, ExG HBS mit Vertretern Gewerkschaften, AGverband, Institut der deutschen Wirtschaft. Kleinere schriftliche Befragung zur Betriebserschließung und Ermittlung von neuen BRgründungen. In 56 Fallstudien leitfadengestützte Interviews mit Gewerkschaftssekretären, BR, GBR
Sekundär- und Dokuanalysen, 15 Fallstudien, teilnehmende Beobachtung, leitfadengestützte Interviews mit BR, Gewerkschaftsvertretern, Management, schriftliche standardisierte BR-Befragung im Referenzbereich connexx.av
Interviews mit HBS EBR-Vorsitzenden, Interviews mit EBRDelegierten an 4 slowakischen und 2 tschechischen Standorten
- Vielfach Neuordnung der BRstrukturen und Einbeziehung betriebsratsloser Betriebe in der Betriebsrätestruktur, Anpassung an Wandel der Unternehmensstrukturen und Führungssysteme. - Entwicklung von GBR zu strukturellen Zentren der MB. - Vereinfachtes Wahlverfahren wird angenommen, aber kein Trend zur Vermehrung der BR in Kleinbetrieben und Instrument zum Abbau mittelstandstypischer Abwehrhaltung gegen BRwahlen. - Erhöhte Repräsentanz von Frauen im BR. - Verstärkter Einbezug von Leiharbeitern in BRwahlen, aber Wahlrecht kein Mittel zur
Nach dem Ende des Hype: Zunahme von BR mit hochprofessioneller Interessenvertretungsarbeit orientiert an einzelwirtschaftlicher Rationalität, dynamische Neuänsätze von Arbeitspolitik und Neuentdeckung gewerkschaftlicher Solidarität.
Schwierige Suche nach Ansprechpartnern an den MOE-Standorten unter 4 unterschiedlichen Normierungswegen (Über Gewerkschaft, lokales Standortmanagement, zentrales Konzernmanagement, zweigleisig über zentrales Management und Gewerkschaft
240 Anhang
Internationalisierungsstrategien und MB im Konzern
Arbeitsbeziehungen in der IT-Industrie
Globalisierung, globale Konzerne und transnationale Arbeitsbeziehungen
85
86
87
Torsten Müller u. a., FB Sozial- und Kulturwissenschaften, FH Fulda/2001–2004
Andreas Boes u. a., ISF München/ 2002–2004
Paul Elshof, Food World Research & Consultancy/ 10.2002–2004
Transnationalisierung betrieblicher IV, Instrumente und ihre interessenvertretungspolitische Qualität und Reichweite im Konzernsystem
Bedeutung individuellen Interessenhandelns für die Zukunftsfähigkeit des deutschen Systems der Interessenregulation bei weniger durch traditionelle MBInstitutionen geprägten Arbeitsbeziehungen
8 globale Konzerne in 4 Branchen (Automobil, Chemie, Banken, Nahrungsmittel)
IT-Industrie (Marktsegment Software, ITDienstleistungen, IT-Beratung)
Internationalisierung von Brauindustrie, Konzernen und Folgen 6 ausgewählte für Arbeitsbedingungen Konzerne und MB von EBR
Dokuanalysen, qualitative Interviews KonzernAV, Konzernmanagement, gewerkschaftliche Konzernbetreuer, nationale und globale Branchengewerkschaften
6 Fallstudien in UN unterschiedlicher Größenordnung, 61 ExG (Management, IV) und Intensivinterviews mit Beschäftigten (Anzahl 39)
Dokuanalyse, Interviews mit Management und AV
HBS
HBS
HBS
Kein Königsweg: Varianz der Transnationalisierung hängt ab vom räumlichen Bezug (EU, multiregional, global) und den Instrumenten (gewerkschaftliche Netzwerke, WeltBR, erweiterte UnternehmensMB, globale Vereinbarungen) sowie der konzernspezischen Globalisierungsdynamikund den interessen-
Nach der Krise der IT-Industrie Mitte 2000 Neuorientierung der Arbeitsbeziehungen. Spezische Beschäftigteninteressen können nur im Konikt durchgesetzt werden. Individuelles Interessenhandeln und kollektive Interessenwahrung stehen weniger im Widerspruch, aber noch offene Perspektive einer Kultur der kollektiven Interessendurchsetzung. Suche nach Formen der gemeinsamen Interessenartikulation mit dem BR als wichtiges, aber nicht alleiniges Modell der Interessendurchsetzung.
Rückgang national gestalteter Arbeitsbedingungen und Bedeutungszuwachs internationaler Koordination von BR und Gewerkschaften, aber noch schwach institutionalisierte EBR
Annäherung Stamm- und Randbelegschaft - Kaum Dezentralisierung von MB durch Arbeitnehmergruppen, Festhalten am Strukturbild einer zentralisierten MB zwischen Management und BR.
Tabellarische Übersicht 241
Umbruch des Systems industrieller Beziehungen
Kosten und Nutzen der Mitbestimmung in KMU
Kontrolle und Performance der mitbestimmten Unternehmen
88
89
90
Prüfung der Kosten-/ Nutzen Relation der MB und MB-Praxis
Analyse der allmählichen Auösung historisch gewachsener Strukturen der industriellen Beziehungen: Auösungstendenzen an den Außengrenzen von Betrieben, Aushöhlung der Verhandlungsmacht der IV, Verbandsucht und Mitgliederschwund bei den Kollektivakteuren. Wandel des Tarifsystems und der Kollektivakteure
Bernd Frick, Wirkung der MB auf die Institut Wertschöpfung für Strategisches Management und Unternehmenspolitik, Universität Witten/Herdecke/2005
Heinz Bierbaum u. a., INFO Institut für Organisationsentwicklung und Unternehmenspolitik/ 05.2005– 08.2005
Manfred Deiß u. a, ISF München/ 06.1999– 05.2005
Branchenübergreifend
KMU (bis 500 Beschäftigte) aus Industrie, Handwerk, Dienstleistungen
Unternehmen der Investitionsgüterindustrie und der New Economy (Internationaler Vergleich BRD, USA, Frankreich) DFG
Ökonometrische Methoden mit IABBetriebspanel
Eigenprojekt
Schriftliche standarIG disierte Befragung Metall von BR-Vorsitzenden (162 Fälle bundesweit: IG Metall Verwaltungsstellen mit Rücklaufquote knapp 50 % = 79 Fälle), 4 GD mit BR und Mitarbeiter Verwaltungsstellen, 1 ExG Verwaltungsstelle
Betriebsfallstudien, Experteninterviews, Auswertung statistischen Materials, Gruppendiskussionen
MB der AN im AR hat keinen den Marktwert der UN reduzierenden Einuss. Existenz eines BR hat positiven Einuss auf die Arbeitsproduktivität und Personaluktuation. MB ist daher kein entscheidender Standortnachteil.
Heterogenes BR-Handeln in KMU, Gremien sind mit höherer Vielfalt und Komplexität an Regelungsinhalten konfrontiert. BR suchen pragmatisch, unbürokratisch und effektiv nach betrieblichen Lösungen und verursachen relativ niedrige Kosten durch die BRArbeit. BR sind Korrekturfaktor, Säule der UN-Kultur, Mitgestalter. BR ermöglicht Vielzahl von Kosten- und Nutzenvorteilen.
Langjährig stabile Basisinstitutionen industrieller Beziehungen be nden sich in einem tief greifenden, länderspezischen Umwandlungsprozess.
vertretungspolitischen Handlungsressourcen.
242 Anhang
Gewerkschaftsmacht in Aufsichtsräten
Regulierung von Arbeitsbeziehungen jenseits der Betriebsverfassung in betriebsratsfreien Betrieben
Auswirkung der Reform des BetrVG auf die Arbeitsbeziehungen aus Sicht der Arbeitgeber
91
92
93
Bunk, Corinna, Institut für Volkswirtschaftslehre Universität Lüneburg/ 2005
Ingrid Artus u. a., Lehrstuhl für Soziologie, TU München/ 2003–2005
Jörg-Richard Werner u. a., FB Wirtschaftswissenschaften Universität Bremen/2005
Nutzung des erweiterten MBkatalogs durch BR und Umfang der Einrichtung neuer BR seit der Reform 2001
Typische Formen arbeitspolitischer Regulierung in Betrieben ohne Betriebsrat und Bedeutung mitbestimmungsfreier Zonen für die Funktionsfähigkeit des deutschen Systems industrieller Beziehungen
Auswirkungen der MB (Präsenz von Gewerkschaftsfunktionären im AR) auf die Beschäftigungsdynamik
Branchenquerschnitt der im AGVerband Lüneburg organisierten Betriebe
Klein- und Mittelbetriebe in 3 Sektoren: „New Economy“, mittelständische Industriebetriebe u. prekärer Dienstleistungsbereich
Branchenübergreifend
Schriftliche Befragung der Geschäfts- oder Personalleitungen (190 Unternehmen)
26 Kurz- und Intensivfallstudien mit ExG Management, Intensivfallstudien mit Interviews und Gruppendiskussion mit den Belegschaftsvertretern
Stichprobe (Firmenjahre 2001–2003) börsennotierter deutscher Unternehmen, Auswertung Finanzdaten, Mitarbeiterzahl, Mitarbeiter-UmsatzElastizität mit ökonometrischen Methoden
Eigenprojekt mit Unterstützung des AG-Verbandes Lüneburg Nordostniedersachsen
DFG
Eigenprojekt
Vereinfachtes Wahlverfahren setzt sich durch, sonst geringe Reformeffekte speziell in mittelständischen eigentümergeführten Betrieben.
Betriebe ohne Betriebsrat sind nicht grundsätzlich beteiligungsfeindlich. Die Qualität der Arbeitnehmerbeteiligung hängt von verschiedenen Ty pen ab: tarifgebundene mittelgroße Betriebe, die ohne Betriebsrat tariiche Spielregeln einhalten, Unternehmen mit hochqualizierten Beschäftigten und individueller Interessenvertretung im „New Economy-Style“, antigewerkschaftliche Betriebe mit einer Anti-Betriebsratsstrategie, Unternehmen mit Patriarchen, die Arbeits- und Sozialbeziehungen dominieren.
Gewerkschaftsvertreter sind Beschäftigungsbremse. Gewerkschaftsmacht im AR hat negative Auswirkungen auf die Beschäftigung. Nachteiliger Effekt auf die Zunahme der Mitarbeiterzahl bzw. Veränderung der Mitarbeiterzahl bei Erhöhung der Aktivität (Umsatzmessung).
Tabellarische Übersicht 243
Neuordnung des Automobilvertriebs: Herausforderungen für Belegschaften und BR
Lehrjahre des EBR
95
96
Kotthoff, Hermann, Sozialforschungsstelle Dortmund/ 2003–2005
Stefanie Weimer, ISF München/ 2003–2005
Kirchliche Tobias Jakobi Krankenhäuser u. a., Oswald im Umbruch von NellBreuningInstitut f. Wirtschaftsund Gesellschaftsethik/ 2003–2005
94
EBR-Analyse: Struktur und Organisation, Interessenwirksamkeit, internes EBR-Networking, alltägliche Europäisierung und Kommunikations-/Entscheidungsprozesse zwischen EBR und nationalen BR, gewerkschaftliche EBRBetreuung
Folgen der GVO Neuregelung und Veränderung der Betriebsstrukturen/ Vertriebsnetze als neue Anforderung an die IV, Perspektiven betriebsübergreifender Interessenvertretung bei konzernartigen, lialisierten UN-strukturen
Praxis und Unterschiede der MB-Politik
12 Konzerne (davon 7 deutsche) aus verschiedenen Wirtschaftssektoren (Medizintechik, Pharma, Automobilzulieferer, Banken und Versicherungen, IT, Nahrungsmittel, Stahl, Telekommunikation)
KFZ-Gewerbe
Konfessionelle Krankenhausträger HBS
63 Leitfadengespräche: EBR-Mitglieder, BRMitglieder, Gewerkschaftsbetreuer, Konzern-Personalmanager
HBS
Dokuanalyse, ExG mit HBS Branchenvertretern, Unternehmern, 10 Fallstudien mit Interviews und GD BR, ExG Gewerkschaftssekretäre
Dokuanalyse, leitfadengestützte Interviews mit MB-Trägern und Management
3 EBR-Typen lassen sich aus ihrer Rolle und Wirksamkeit ableiten: mitgestaltendes Arbeitsgremium, Fürsprecher der Diaspora, Informationsanalytiker. Überwiegend setzt sich sozialpartnerschaftlichkooperatives Muster von AN-Vertretung durch. Es gibt aber auch folgende Typen: EBR im Leerlauf als zahnloser Tiger oder der fehlgestartete, marginalisierte EBR. Alle EBR kämpfen mit üblichen Problemen: Sprache, Reisen, Rotation der Mitglieder etc. EBR hat kaum Rückwirkungen auf heimische BR. Rückzug gewerkschaftlicher Betreuung nach Implementation birgt die Gefahr, dass EBR zum gewerkschaftspolitisch ausgedünnten Vertretungsorgan wird.
Negative Folgen für die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten und kaum genutzte beteiligungsorientierte Umsetzung und Bewältigung des Strukturwandels. Zentrale Herausforderungen für die IV: Anpassung BR-Strukturen (GBR, Gemeinschafts-BR), Eindämmung Tarifucht, Bewältigung Personalabbau.
Mitarbeitervertretungen mit unterschiedlichen Akteurskonstellationen und Interaktionsformen bei Diakonie und Caritas. Auffällige Bedeutung individueller Akteure, besonders auf der Bundesebene.
244 Anhang
Zwischen Selbstvertretung und MB – Partizipationskulturen in Unternehmen der Neuen Wirtschaft
Professionalität der Interessenvertretung
97
98
Heiner Minssen/Christian Riese, Institut f. Arbeitswissenschaften, Universität Bochum/ 2003–2005
Ludger Pries u. a., Lehrstuhl Organisationssoziologie und Mitbestimmungsforschung, Universität Bochum/ 02.2002– 02.2005
Betriebsratsinterne Arbeitsorganisation und Arbeitspraktiken verschiedener Betriebsratstypen
Praktizierte Muster von Partizipation und Interessenvertretung in Abhängigkeit der strukturellen Voraussetzungen von Arbeit, Organisation und Management. Bewertung der betrieblichen Beteiligungs- und Mitbestimmungsmöglichkeiten (besonders Alternativen zur betriebsrätlichen MB) hochquali zierter Wissensarbeiter unter Branchenumbrüchen bzw. Krisen- und Wachstumserfahrungen
ÖPNV
Kleinere Mittelbetriebe (50–250 Beschäftigte) aus Kernbranche der digitalen Wirtschaft: Software- und Internetunternehmen, IT-Service und Multimediaunternehmen
Schriftliche standarHBS disierte Befragung (Vollerhebung) der AN-Vertretungen aller ÖPNV-Unternehmen (474 mit Rücklauf 30,4 % = 143). In 6 Fallstudien leitfadengestützte Interviews mit BR, ExG mit Gewerkschaftsvertretern, teilnehmende Beobachtung BRsitzungen
Schriftliche UnterHBS nehmensbefragung, 10 Fallstudien mit über 50 leitfadengestützten Experteninterviews mit Geschäftsführung, Personalverantwortlichen, Führungskräften, Mitarbeitern und BR. ExG mit Gewerkschaftsund Verbandsvertretern. Online-Befragung von 378 Beschäftigten in betriebsratslosen Unternehmen
Verschiedene Betriebsratstypen (konventioneller, engagierter, ambitionierter, Co-Manager) unterscheiden sich in den Arbeitsweisen. Besonders der Co-Manager hebt sich als eigene Kategorie deutlich ab, besonders vom konventionellen BR. Professionalisierte Co-Manager, vor allem mit ausdifferenzierten Arbeitsprozessen, hoher Belegschaftsbeteiligung, intensivem Kontakt zum Management, Organisation der BR-Arbeit gleicht sich der Organisation der Arbeit im UN an. Co-Manager nehmen gestaltenden Einuss jenseits
Keine mitbestimmungsfreie Zone: Variationsbreite mit Existenz und Gleichzeitigkeit von individuellen und kollektiven Interessenregulierungsmustern. Dominant sind aber Muster der direkten Partizipation und individualisierten IV. Informelle MB (Selbstvertretung) ist durchaus vertretungswirksam und Alternative zur rechtlich kodi zierten MB (eingeschränkter bei Beschäftigungssicherheit, Entgelt, Quali zierung). BR mit begrenztem Einuss aufgrund mangelnder Akzeptanz bei Geschäftsleitung und Mitarbeitern sowie geringer Professionalisierung. In BR-losen Betrieben mobilisieren Beschäftigte Kollektivmachtpotenziale. Marktveränderungen haben wenig Einuss auf diese betrieblichen Partizipationskulturen.
Tabellarische Übersicht 245
Wahrnehmungs- und Verarbeitungsmuster bei fortschreitendem Personalabbau
100 Konfrontation – Kooperation – Solidarität. BR in der sozialen und emotionalen Zwickmühle
99
Erhard Tietel, Akademie f. Arbeit und Politik, Universität Bremen/ 2002–2005
Michael Stahlmann u. a., Evangelische Kirche von Westfalen/ 2001–2005
Wie erleben und verarbeiten BR den Wandel der Institution BR mit Veränderung ihrer Rolle, Funktion, Bedeutung: hohe Komplexität, Professionalisierungsdruck, widersprüchliche Anforderungen, Spannungsverhältnis IV und Co-Management, Flexibilisierung, Verbetrieblichung und Beziehungen zu Belegschaft wie Gewerkschaft
Muster der Wahrnehmung von Personalabbau und Restrukturierung, Übereinkünfte Mitarbeiter und Management in Abhängigkeit von den jeweiligen MBStrukturen
Fallstudien in jeweils 2 Klein-, Mittel- und Großbetrieben aus Chemie, Finanzdienstleister, IT
Steinkohle, Automobil, Pressglas mit 3 Fallstudien (differenziert nach MontanMB, 76er MB und BetrVG)
Teilnehmende Beobachtungen, 41 themenzentrierte Interviews mit unterschiedlichen BRmitgliedern, 7 GD mit gesamtem BRGremien, 18 ExG mit Gewerkschaftssekretären, Geschäfts- und Personalleitung
Dokuanalysen, ExG mit BR (in eine Fall auch in Polen) und Management, 180 leitfadengestützte Interviews mit Beschäftigten, 25 Workshops, einzelne GD
HBS
HBS
BR bewegt sich in einem paradoxen Spannungsfeld: Anerkennungsproblematik im Hinblick auf die Geschäftsleitung und Belegschaft, Beschäftigte als dritte Akteursgruppe (Arbeitsregulation zwischen Beschäftigten und Management) , vielschichtige Vertretungsproblematik, Verselbständigung der IV gegenüber Gewerkschaften. Das sind Veränderungen in der BR-Rolle mit hohen Anforderungen an die Diskrepanztoleranz und Balancierungsfähigkeit, in der BR sich triadische Kompetenz aneignen müssen.
Nicht nur Markt, sondern auch betriebliche Akteure entscheiden über Modalitäten des Personalabbaus. Qualität der von den AVen ausgehandelten Transferund Abkehrhilfen korreliert mit dem Grad der Entfaltung der MB-Struktur und der Mobilisierungsfähigkeit der Belegschaft. Integrative Aushandlungen fördern Instrumente zur sozialverträglichen Abfederung des Personalabbaus. Stress könnte durch gesetzliche MB-Rechte in wirtschaftlichen Abgelegenheiten abgebaut werden und dem durch Managementfehler bedingten Personalabbau entgegenwirken.
der durch das BtrVG gesteckten Grenzen.
246 Anhang
Sigurt Vitols, WZB Berlin/ 04.2006– 08.2006
103 Ökonomische Auswirkungen der paritätischen Mitbestimmung
Maria Funder, u. a., Institut f. Soziologie, Universität Marburg/ 2002–2005
Lutz Bellmann u. a., IAB Nürnberg/2006
Geschlecht, Arbeit und MB in der ITIndustrie
102 Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einuss auf die betriebliche Weiterbildung
101
MB-Folgen für die Eigenkapitalrendite und das Kurs-BuchwertVerhältnis
Verbreitung von Betrieben mit BR vor und nach der Reform des BetrVG, Auswirkungen der Reform durch erweiterte MB-Rechte des BR im Bereich der betrieblichen Weiterbildung
Wandel der Organisations- und Interessenvertretungsstrukturen und der Geschlechterbeziehungen im Sinne einer strukturellen Verankerung von Geschlechtersymmetrie und Chancengleichheit in der aufkommenden Wissensökonomie
504 an FrankAuswertung von furter Börse Finanzdaten, ökonogelisteten C-DAX- metrische Methoden Unternehmen mit Beschäftigtenzahlen oberhalb und unterhalb der Schwellenwerte des MB-Gesetzes von 1976
DGB Bundesvorstand
Eigenprojekt
Dokuanalysen, ExG HBS mit Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Frauenförderprojekten, schriftliche standardisierte Befragung von Management und Interessenvertretung (580 UN mit Rücklauf 13 % = 73 beim Management und 11 % = 59 bei IV), 48 leitfadengestützte Experteninterviews mit Management, IV und Beschäftigten, teilnehmende Beobachtung
Betriebe der PriRegressions- bzw. vatwirtschaft aus multivariate Analysen, IAB Betriebspanel Matching Verfahren (Erhebungen 1996 bis 2005)
ITK-Industrie, Mitglieds rmen des IT-Branchenverbands BITKOM sowie 7 qualitative Fallstudien
Kein signi kanter positiver oder negativer Zusammenhang, d. h. keine negativen Auswirkungen der paritätischen Unternehmensmitbestimmung.
Verbreitung BR: starke Größenabhängigkeit, keine Aufwärtsentwicklung der Reichweite verfasster MB bzw. keine erhöhte Dynamik im Gründungsgeschehen von BR-Gremien nach der Reform. Höheres Weiterbildungsengagement sowie höhere Weiterbildungsintensität von Betrieben mit BR, aber kein statistisch abgesicherter Effekt der Reform des BtrVG.
IT-Industrie ist keine mitbestimmungsfreie Zone. In 1/3 der UN existiert BR und in 12 % alternative Modelle zur Interessenregulierung. Existenz von BR ist abhängig von der Unternehmensgröße und alternative Modelle der Interessenregulierung vorzu nden. Keine allgemeine Verankerung geschlechtersymmetrischer Strukturen: Tendenzen der Persistenz als auch Erosion der Geschlechterasymmetrie in der betrieblichen und personalpolitischen Praxis.
Tabellarische Übersicht 247
Oliver Stettes, Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln und Theodor Baums Institute for Law and Finance an der Uni Frankfurt/ 06.2006– 10.2006
Reinhard Bahnmüller u. a., FAKT Tübingen/ 2005–2006
104 Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat
105 ERA-TV Baden-Württemberg Umsetzung ERA und Folgen für die industriellen Beziehungen und betrieblichen Arbeitsbeziehungen
Erfahrungen und Bewertungen der AR-Arbeit: Kosten AR-Wahl und AR-Arbeit, Bewertung der UN-MB, Entscheidungs ndung im AR, Folgen MB für Kapitalmarktaktivitäten, Standortattraktivität
Metall- und Elek troindustrie Baden-Württemberg
Kapitalgesellschaften mit mehr als 500 Arbeitnehmern unter Drittelbeteiligungs- und Mitbestimmungesetz von 1976 Eigenprojekt
Prozessbeobachtung HBS mit teilnehmender Beobachtung Veranstaltungen und Gremien IG Metall und Südwestmetall, 25 Fallstudien mit ExG Management, BR, Mitglieder paritätische Kommissionen, GD Beschäftigte, in 6 Betrieben schriftliche Befragung von Beschäftigten (n = 742), ächenweite schriftliche Befragung von Betriebsratsgremien
Schriftliche OnlineBefragung (Vorstandsvorsitzende oder Hauptgeschäftsführer und AR-vorsitzende) von 2.498 Unternehmen (Rücklauf 199 Unternehmen)
Offensive Implementationsstrategie der AG-Verbände. ERA-Einführung wurde für die IG Metall zum risikoreichen Unterfangen mit begrenztem Erfolg mit Blick auf die intendierten Ziele. In vielen Fällen koniktreiche betriebliche Einführung.
Mitsprache AN-Vertreter wird im Drittelbeteiligungsmodell signi kant positiver eingeschätzt als in paritätisch mitbestimmten UN (dort zu große Gremien und verzögerte Entscheidungen). Ein geänderter Wahlmodus und die Verkleinerung von AR würde die Kostenef zienz des AR steigern. In beiden Modellen Einschätzung der Befragten, dass die UN-MB die Handlungsspielräume (Fusionen, Übernahmen) der Unternehmen auf internationalen Kapitalmärkten einenge. UN sollten zwischen verschiedenen MB-regimes wählen können, Empfehlungen der MB-Kommission festigen dagegen lediglich den Status quo.
248 Anhang
Ingrid Artus, TU München/ 10.2005– 05.2006
Michael Faust u. a., Forschungsinstitut für Arbeit, Technik und Kultur, Tübingen, Michael Faust, SOFI Göttingen/ 10.2004– 09.2006
Tabea Bromberg, Lehrstuhl Wirtschaftsu. Industriesoziologie, TU Dortmund/ 03.2006– 06.2006
106 Betriebliches Interessenhandeln jenseits der Norm
107 Shareholder Value und Personalwesen
108 EngineeringDienstleistungen in der Automobilindustrie Engineering-Outsorcing, Kooperationsbeziehungen zwischen Automobilunternehmen und Dienstleistern sowie arbeitspolitische Konsequenzen
Stärke, Einuss und Auswirkungen des Shareholder-Value auf Politik, Selbstverständnis und ausgewählte Handlungsfelder von Personalmanagern, Positionierung und Einussnahme der IV
(explorative Studie) Automobilindustrie, EngineeringDienstleistungen
Börsennotierte Unternehmen aus Produktions- und Dienstleistungssektor
Maison des Sciences de L’Homme (Forschungsstipendium)
ExG
HBS
Dokuanalyse, 4 inHBS tensive und 4 weniger umfangreiche Fallstudien mit qualitativen Interviews Personalleitung, Leitung Controlling und Investor Relations, BR, Mitglieder Personal- und Finanzvorstand, AR, institutionelle Anleger, Bankanalysten und Fondmanager, sowie teilnehmende Beobachtung Investoren- und Analystenkonferenzen
Arbeitspolitische ReBranchenübergrei- Dokuanalyse, 76 quagulierungsmuster in fend in peripheren litative Interviews in Betrieben ohne die vom Mittelbetrieben 29 deutschen und franGesetzgeber vorgesehezösischen Betrieben nen Institutionen betrieblicher Interessenvertretung im Ländervergleich D und F
In kleinen Engineering-UN existiert in der Regel kein BR, erst bei steigender UNgröße mit entsprechendem Problemstau. BR nehmen schwache Position ein. BRarbeit und Verhandlungsgegenstände werden in der Automobilindustrie durch Arbeitnehmerüberlassung unübersichtlicher und komplexer.
Personalthemen spielen in der Unternehmensbewertung durch Kapitalmarktakteure untergeordnete Rolle, Fokussierung auf Führungsspitze, weniger Beachtung Erfolgs- und Leistungsorientierung von Vergütungssystemen auf unteren Managementebene und in Belegschaft. Wirkungen von Arbeitspolitik auf den UN-Erfolg werden ausgeblendet. Personal gilt als Kostenfaktor, aber Analysten und Fondmanager nden sich (in Deutschland) mit der MB bei Personalkostensenkung und Personalabbau ab.
Im Bereich peripherer Mittelbetriebe macht nicht jede Institution betriebl. IV allein durch ihre Präsenz einen Unterschied aus. Flächendeckende Präsenz von IV in FUN mit geringer Durchsetzungskraft macht in der Praxis kaum einen Unterschied aus. In D und F existiert kaum dauerhafte und wirksame Partizipation der Belegschaft bei der Normierung der Arbeitsbedingungen. Institutionenmodell in F mit vorteilhaften garantierten Schutzrechten.
Tabellarische Übersicht 249
Hermann Kotthoff, Institut f. Soziologie, TU Darmstadt/ 01.2006
10 Jahre Europäisches ArbeitnehmerForum von General Motors
Angriffe auf die Mitbestimmung
110
111
Sarah Bormann/ 06.2006– 08.2006
Gerd Mutz u. a., Projektgruppe Sozialforschung e. V. München/ 2004–2006
109 Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Die Rolle der Arbeitnehmervertretung GM-EEF
MB in lialisierten Fallstudie SchleBetriebsstrukturen: cker Methoden zur Verhinderung von BRgründungen, Behinderung amtierender BR
Analyse des Erfolgs als mitgestaltendes Arbeitsgremium (Abschluss Europäische Rahmenverträge)
Zusammenarbeit BR und BranchenüberUnternehmensleitung bei greifend CSR/CC Programmen
HBS
Dokuanalyse, 83 leitfadengestützte Interviews mit Beschäftigten, Gewerkschaftssekretären, GBR, lokale BR, Wahlvorstände
HBS
Dokuanalyse EEF-Ar- HBS chiv, ExG mit alten und neuen Vorsitzenden sowie Stellvertretern, alten und neuen Koordinatoren, Mitgliedern des steering committee
Fallstudien, ExG
Trotz hohem Engagement für BRgründungen verhindert die Unternehmensleitung die Einrichtung von BR (nach der Bestellung von Wahlvorständen) mit subtilen Repressionen (Einschüchterung, Bedrohung, Informationsverweigerung etc). Arbeit existierender BR ist beschwerlicher Prozess. Dazu addieren sich Beschäftigungsunsicherheit und drohende soziale Prekarität bei den Beschäftigten. Notwendig sind betriebsverfassungsrechtliche Korrekturen und gewerkschaftliche Gegenstrategien.
Entwicklung von einem Informations- u. Konsultations- zu einem Verhandlungsgremium unter umfassenden Restrukturierungsund Sanierungsprogrammen des Managements. Transnationale Solidarität mit bedrohten Standorten durch enge Kommunikation und transnationale Abwehrstrategie, hohe gewerkschaftliche Unterstützung. GM-EEF in vergleichbarer Rolle zu deutschem KBR.
In Abhängigkeit von der UNKultur, Konzernpolitik, Selbstverständnis bzw. Typen von BR entwickeln sich strukturiertere Formen der Zusammenarbeit.
250 Anhang
Mittelstand und Mitbestimmung
Betriebs- u. Unternehmensverhandlungen in der deutschen, spanischen und amerikanischen Automobilindustrie
112
113
Greer, Ian/ Marco Hauptmeier, Max-PlanckInstitut für Gesellschaftsforschung/ 10.2005– 07.2006
Schlömer, Nadine u. a. IfM/ BfS/04.2005– 11.2006
Kollektive Verhandlungen, Ressourcen und Strategien von AVn in multinationalen Unternehmen zum Erhalt von Arbeitsstandards
Führungs-, Kommunikations- und Entscheidungsstrukturen, Koniktregelung, Arbeitnehmerbeteiligung. Besonderheit der MBpraxis im Mittelstand bei unterschiedlichen Führungsstilen. Arbeitnehmerbeteiligung in betriebsratslosen Betrieben.
Automobilindustrie
Mittelständische Unternehmen aller Branchen mit 20–499 Beschäftigten (Branchenquerschnitt)
Fallstudien VW, DaimlerChrysler, GM, Ford im 3-Länder-Vergleich (D, ES, USA), Dokuanalysen und teilstandardisierte Interviews mit Gewerkschaftsvertretern, Vertretern von Arbeitgeberverbänden, Management, Arbeitnehmern
HBS
Repräsentative HBS Online-Befragung von Vertretern der Arbeitgeber (Inhaber, Geschäftsführern) und Mitgliedern des BR oder anderer Vertretungsorgane aus 809 KMU, 48 Fallstudien mit 81 leitfadengestützten Interviews von AG, Management und BRvorsitzenden
Noch zerbrechliche transnationale Kooperationsbeziehungen, aber Etablierung neuer solidarischer Grundsätze im internationalen Wettbewerb der Automobilindustrie, der z. B. Lohnkonkurrenz allerdings nicht verhindert.
Betriebsgröße und Einstellung AG gegenüber MB sowie ihr Führungsstil (zwischen Patriarchat und MB) haben starken Einuss auf (Nicht-) Existenz eines BR; v. a. in Kleinbetrieben existieren anstelle von BR andere Formen von AV (davon die Hälfte ohne dauerhafte Form). 50 % der AG nicht per se gegen MB, eher neutrale Einstellung zur Institution BR (Potenziale zur BRGründung). In rund einem Viertel der Unternehmen herrscht ein „Herr-im-Haus“ Führungsstil vor. Eine kollegiale Führung vertritt unter ein Zehntel. Ein Drittel zeichnet sich durch ein „gespaltenes Patriarchat“ aus (zwischen Tradition, Alleinherrschaft und Moderne), wo der BR zeitweilig Kooperationspartner, Erzfeind oder in Entscheidungsprozessen schlichtweg ignoriert wird. In ca. 45 Prozent setzt ein „aufgeklärtes Patriarchat“ auf ein kooperativverträgliches Verhältnis zum Betriebsrat.
Tabellarische Übersicht 251
Leiharbeit und betriebliche Mitbestimmung
Transnationale Arbeitnehmerbeteiligung in der Allianz SE
114
115
Hermann Biehler u. a., IMU-Institut München/ 06.2006– 05.2007 Gründungsprozess Allianz SE, Verhandlungen zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen
Markus Prom- Strukturen, Kontexte berger, IAB/ und Handhabung einer 2003–2006 atypischen Beschäftigungsform, gesetzliche Spielräume und BRPraxis
Finanzdienstleistungen
Branchenübergreifend (verarbeitendes Gewerbe, Baunebengewerbe, Handel, Banken, Versicherungen, Transport und Verkehr, unternehmensbezogene Dienstleistungen, sonstige Dienstleistungen) Dokuanalyse, 20 Interviews (aus 8 europäischen Ländern) mit Gewerkschaftsfunktionären, EBR, KBR, GBR, Aufsichtsräten, Vertretern AG-Seite, Experten außerhalb des UN.
Dokuanalyse, standardisierte Interview in rund 16.000 Betriebe mittels IABBetriebspanel, ca. 100 Kurzfallstudien in Einsatz- und Verleihbetrieben mit ExG Management, davon in 20 Einsatzbetrieben ExG mit BR
Europäische Kommission, Generaldirektion Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit
HBS
SE Gründung: kostengünstigste umfassende Restrukturierung und Eingliederung von Konzernen unter länderübergreifender Leitung. Zwei Verhandlungsgremien der AN: BVG mit 30 Vertretern aus 23 Ländern, KVG mit 7 aus 4 Ländern. ANvertreter mit unklaren Rollende nitionen wie nationalen Partikularinteressen und nationalen wie länderübergreifenden Kommunikationsproblemen. Deutsche BR mit höheren Ressourcen durch externen Sachverstand (ver.di, HBS). UNI-Europa Finanz als Vermittler unter europäischer Perspektive. Unterschiedliche Bewertung Verhandlungsergebnis: Deutsche erkennen Verschlechterung der MB (Rechte SE-BR, keine Parität AR-Ausschüsse). Aus europäischer Bewertung positive Bewertung (Verankerung AR-MB, Rechte des SE-BR).
Mehrheit der BR schöpft den MB-spielraum nach BetrVG und AÜG nicht aus, Minderheit sieht die Gefahr einer betriebspolitischen Marginalisierung ihrer Position durch Leiharbeitsanteile und bezieht Leiharbeiter offensiv in die Vertretungsarbeit ein. In der Verleihbranche selbst fasst die betriebliche MB kaum Fuß. Insgesamt unterentwickelte MB bei dieser Beschäftigungsform.
252 Anhang
Betriebsräte in lokalen Zivilgesellschaften
Internationalität der Vorstände und Aufsichtsräte in Deutschland
116
117
Stefan Schmid/Andrea Daniel, Lehrstuhl internationales und strategisches Management Europäische Wirtschaftshochschule Berlin/2007 (Stichtag der Untersuchung 31.12.2005)
Mario Candeias u. a., Lehrstuhl Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie, Universität Jena/ 12.2004– 03.2007
Analyse der Internationalität der CorporateGovernance-Gremien gemäß Internationalität der Unternehmensaktivitäten
Schwächung der Formen des dualen Systems der Interessenpolitik und Frage, wie BR den Druck auf die Tarife im Spektrum von Akzeptanz betrieblicher Zwänge und Konzessionsverhandlungen und neuen Formen überbetrieblichem und gewerkschaftlichem Engagement bearbeiten.
Mitglieder von Vorständen und Aufsichtsräten der DAX30-Unternehmen
Organisationsbereich der IG Metall, verschiedene Kernregionen HBS/ OBS
InternationalitätsBertelsindex (Nationalität, mann internationale Ausbil- Stiftung dung, Berufserfahrung sowie Verbindungen) über biograsche Daten: Lebensläufe aus Internetseiten der UN, Kompendien, persönliche Anfragen. 494 (= 67 % der 733 Vorstands- und Aufsichtsratmitglieder), davon 164 Vorstandsmitgl. (88 %), 249 Aufsichtsratsmitgl. Anteilseigner ( 89 %) und 81 von der Arbeitnehmerseite (30 %).
84 qualitative BRInterviews, 300 Telefoninterviews und 407 schriftliche Interviews mit BR
Internationalität des Vorstands und Aufsichtsrats korrespondiert nicht mit Internationalität der Unternehmensaktivitäten. Wenig Kontakte zu globalen Zukunftsmärkten. Besonders geringe Internationalität bei den Arbeitnehmervertretern im AR, die auf dieser Grundlage nur schwer die Gesamtinteressen des Unternehmens in allen Ländern – nicht nur der deutschen Belegschaft – vertreten können.
(3) Typus des Netzwerkers, Innovationsmanagers und Bewegungsgewerkschafters als Akteure neu konstituierter lokaler Zivilgesellschaften.
(2) Typus der Repräsentanten, Multifunktionäre und Kommunalpolitiker mit Bestand an tradiertem Engagement in zivilgesellschaftlichen Repräsentationsformen,
(1) Typus der Betriebswirte und Belegschaftsvertreter mit schwindendem zivilgesellschaftlichen Engagement,
Vielfältige Suchprozesse nach neuen adäquaten Formen der Interessenpolitik
Tabellarische Übersicht 253
Analyse der Betriebsratswahlen
119
120 Arbeitsbedingungen und Arbeitsbeziehungen im Schatten der Arbeitsmarktreform
Praxis der betrieblichen Mitbestimmung
118
Leo Kißler u. a., Institut für Soziologie, Universität Marburg/ 07.2006– 07.2007
Horst-Udo Niedenhoff, Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln/1995, 1999, 2003, 2007
Horst-Udo Niedenhoff, Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln/2007
Folgen der Arbeitsmarktreform „Hartz IV“ für die Interessenvertretungsarbeit in Arbeitsgemeinschaften (ARGen) und Optionskommunen
Zentrale Ergebnisse der BR-Wahlen, Zusammensetzung der BR
Erfahrungen von Personalvorständen, Vorständen und Geschäftsführern im Umgang mit dem BR und Verbesserungsmöglichkeiten des BetrVG
Neue arbeitsmarktpolitische Institutionen im öffentlichen Sektor
Gesamtwirtschaft
Gesamtwirtschaft
Eigenprojekt
Eigenprojekt
Dokuanalyse, bundes- HBS weite Online-Befragung von PR (498 mit Rücklauf 248 = 49,8 %), 4 Fallstudien (ARGE und Optionsmodell) mit 25 ExG mit PR, Management, Gleichstellungsbeauftragten, 6 GD mit Beschäftigten
Nichtrepräsentative schriftliche UNBefragung (über Landesvereinigungen der AG-Verbände)
Nicht-repräsentative UN-Stichprobe (126 UN), schriftliche Befragung von UN-Leitungen und BR (über Landesvereinigungen der AGVerbände)
Intensivierung der Arbeit, Leistungsdruck und psychische Belastungsvielfalt kennzeichnen die Arbeitsbedingungen im Systemwettbewerb zweier arbeitsmarktpolitischer Institutionen. In den Arbeitsgemeinschaften zwischen Kommune und Arbeitsagentur fehlen wirksame IV-Strukturen. Kommunale wie Agenturpersonalräte sind nur eingeschränkt zuständig und verfügen über höchst begrenzte Handlungskompetenzen. In einigen ARGEn werden vor dem Hintergrund dieser Mitbestimmungslücke neue informelle Vertretungsformen ohne
Wahlbeteiligung bleibt im Zeitablauf auf hohem Niveau. Hohe Wiederwahlquote. Kontinuierlich abnehmender gewerkschaftlicher Organisationsgrad der BR.
Interne Koniktlösungen werden unter Vermeidung von Einigungsstellenverfahren favorisiert. Runde Tische mit präventiven Lösungen beugen Konikten vor. Kostenersparnissen würden Modi kationen des Wahlverfahrens und Reduzierung von Betriebsversammlungen erreichen. BR und Geschäftsführungen erkennen in Beschleunigungsverfahren ein Instrument zur Verbesserung der Kostenef zienz betrieblicher MB.
254 Anhang
Wolfram Wassermann u. a., BfS Kassel/ 04.2007– 07.2007
Heiko Hoßfeld u. a., Lehrstuhl für Allg. BWL Universität Duisburg/ 07.2005– 06.2007
Gerum, Elmar, Lehrstuhl für Allg. BWL, Universität Marburg/ 08.2004– 08.2007
121 Leiharbeit als Gegenstand betrieblicher Mitbestimmung
122 Verbetrieblichung und Betriebsvereinbarungen in der Wahrnehmung von BR und Personalverantwortlichen
123 Das deutsche Corporate GovernanceSystem Aufsichtsratssystem und Mitbestimmung, Einusspotenzial des AR, Stabilität oder Veränderung des deutschen Corporate-GovernanceSystems im Zuge der Globalisierung
Aktiengesellschaften, branchenübergreifend
Nutzung unterschiedliRepräsentative cher Regulierungsformen Auswahl Betriebe und Bewertung, Einstellung zur Verbetrieblichung in Abhängigkeit von den betrieblichen Sozialbeziehungen
Integration der LeihUN aus dem Orgaarbeitnehmer in die MB, nisationsbereich Anforderungen und Beder IG Metall lastungen der BR, Ergebnisse und Widerstände HBS
Geltungsbereich des MB-Gesetzes, Analysen mittels Dokuanalyse und statistischen Verfahren
HBS Teilförderung der Studie Aufsichtsrat und
Telefonbefragung von HBS BR und Personalverantwortlichen in 1000 Betrieben mit mindestens 100 Beschäftigten (durchgeführt von TNS EMNID)
Schriftliche BRBefragung von 154 leiharbeitsintensiven Betrieben mit Rücklauf 80 (52 %), leitfadengestützte Telefoninterviews mit BR-Mitgliedern aus 12 Betrieben
Geringe Bedeutung von Kodizes für große deutsche Aktiengesellschaften. Stabilität (Kontinuität bei moderatem Wandel) des deutschen Corporate-GovernanceSystems trotz Globalisierung, systemimmanente Stärkung des AR mit unternehmenspolitischer
BR sind die Gegner (Furcht vor negativen Folgen wie niedrigeren Löhnen etc.), Manager die Befürworter (höhere Flexibilität und Beschäftigungssicherung) der Verbetrieblichung und zwar je mehr diese Regulierungsform im Betrieb etabliert ist.
Unterschiedlicher Umgang mit Leiharbeitnehmern durch BR: Nichtbefassung bzw. Externalisierung der Problematik oder Integration in MB (z. B. Beauftragter für Leiharbeit, Zusammenarbeit mit Leiharbeitssprechern etc.). „Leiharbeitnehmervertretung“ bedeutet für den BR Mehraufwand, der bei Mandaten und Freistellungen nicht berücksichtigt ist. Gesetzgeber und Rechtsprechung sind gefordert, die Arbeitsressourcen zu verbessern, z. B. indem die Gesamtzahl der in einem bestimmten Zeitraum eingesetzten Beschäftigten zugrunde gelegt wird. Leiharbeitsbonus für BR mit hohem Leiharbeitnehmeranteil (Mandate, Freistellungen etc.).
rechtssicheren Akteursstatus der PR erprobt.
Tabellarische Übersicht 255
Friedemann W. Nerdinger, Stefan Stracke, Lehrstuhl Wirtschaftsund Organisationspsychologie, Universität Rostock/ 07.2005– 11.2007
Wolfram Wassermann/ Wolfgang Rudolph, BfS/ 2006–2007
124 Personalführung im betrieblichen Strukturwandel – MB auf der Agenda Unternehmenskultur
125 Kleine Betriebsräte in KMU Nach Reform des BetrVG: Grundlagen kleinbetriebsgerechter Mitbestimmungspolitik, Hürden und Widerstände in Kleinbetrieben, Gender-Problematik
Beteiligungsorientierte Innovationsansätze unter Mitbestimmung des BR und Mitwirkung der Beschäftigten
Klein- und Mittelbetriebe aus Bereich der IG Metall
Metall- und Elektro-, Stahl-, Pharma-, Möbelindustrie, Maschinen- und Anlagenbau, Medien, Verkehr, Ver- und Entsorgung, Gesundheitswesen
merkmalsgesteuerte Zufallsauswahl aus IG Metall Betriebsratswahlstatistik, 100 leitfadengestützte Telefoninterviews mit BR-Vorsitzenden bzw. Stellvertretern kleiner Betriebe
HBS
Teilstandardisierte HBS Interviews mit BR, Management, Dokuanalyse in 14 Unternehmen unterschiedlicher Größenordnung
Mitbestimmung
BR-Gründung als Schutzfunktion nach einschneidenden betrieblichen Umbrüchen, neue BR werden zu Instanz des AN-Schutzes und des Koniktmanagement. Umsetzung Freistellungsrecht noch unter gesetzlicher Norm, fördert aber Systematisierung und Professionalisierung der BR-Arbeit. Zunahme der Kandidaturen von Frauen in Kleinbetrieben. Weibl. BR-Kandidaten sind mehrheitlich nicht auf die Minder-
Rolle von BR bei betrieblichen Innovationen hat vielfältige Facetten und kommt in unterschiedlichen Verhaltens- und Vorgehensweisen zum Ausdruck. Identi zierung von 4 BR-Typen: antizipierende Problemlöser, aktive Prozessbegleiter, engagierter formeller BR, konventioneller BR.
Funktion sowie Professionalisierung, aber mit De ziten und Einuss der Branchenkultur auf das MB-Potenzial des AR. Handlungsbedarf u. a. bei: Informationsversorgung der ARmitglieder, formale Regelungen zur intensiven Beratung in AR, Beseitigung der De zite im Katalog zustimmungspichtiger Geschäfte, verbindliche Einrichtung von ARAusschüssen zur Vorbereitung strategischer Entscheidungen des Gesamt-AR, mehr Hinzuziehung von externen Sachverständigen.
256 Anhang
Wolfgang Rudolph, Wolfram Wassermann BfS/01.2006– 02.2007
127 Trendreport Betriebsratswahlen 2006
128 Partizipation Lorenz Blume und Innovation u. a., verschiedene FB der Universität Kassel/ 05.2005– 04.2007
Werner Killian/ 03.2006– 03.2007
126 Gemeinsame IV in dezentralen Strukturen: Zusammenarbeit von Personal- und Betriebsräten in Konzernstrukturen
MB als Innovationsmotor oder Innovationsbremse, MB und unternehmerischer Innovationserfolg
Prol und Veränderung des Betriebsrätewesens
Systematisierung der Erfahrung kooperierender IV (auf unterschiedlichen Rechtsgrundlagen BtrVG, PersVrtrG)
Produzierendes Gewerbe und breite Erhebung Dienstleistungssektor in Nordhessen, ausgewählte Fallstudien
Wahlergebnisse aus Bereich von 4 Einzelgewerkschaften: IG Metall, ver.di, IG Bau, IG BCE HBS
HBS
Schriftliche standarHBS disierte Befragung von Unternehmensleitungen, Vollerhebung Industrie und Handwerk, breite Erhebung Dienstleistungssektor (insgesamt 1.781 Unternehmen mit Rücklauf 529 = ca. 30 %)
Analyse Datensatz von über 20.000 BR-Wahlergebnissen (auch im Vergleich mit Trendreport 1998 und 2002)
6 Fallstudienstädte Netzwerkarbeit, Dokuanalysen, leitfadengestützte Interviews mit PR und BR aus Kommunalverwaltung und kommunalen Unternehmen
Gesetzliche betriebliche MB durch BR hat weder positive noch negative Auswirkungen auf die Innovationstätigkeit eines UN. Partizipative Arbeitsgestaltung und Wissensmanagement führen zu positiven Effekten bei Produktund Prozessinnovationen.
Repräsentanz und Arbeitsmöglichkeiten der BR sind gestärkt, Innovationen aus der Reform des BtrVG bestätigt vor allem durch: Leichter Anstieg der Wahlbeteiligung, aber Verringerung der Beschäftigtenzahl und damit der BR-Mandate u. absoluten Freistellungen, aber Stabilisierung der Freistellungsmöglichkeiten, häugere Anwendung des verein fachtes Wahlverfahrens in kleineren Betrieben, Anstieg Frauenanteil, Verdopplung Anteil Leiharbeitnehmer an den Wahlberechtigten.
GPR ist Generalist auf Arbeitnehmerseite und Initiator überbetrieblicher Zusammenarbeit. Eine Konzern-BeschäftigtenVertretung widerspricht den Rechtsstrukturen und die AG sperren sich dagegen. Ziele und Inhalte überbetrieblicher Zusammenarbeit kaum erkennbar.
heitenquote angewiesen, werden über eigene Stimmmehrheiten gewählt.
Tabellarische Übersicht 257
Sabine Böhm, Lehrstuhl f. Soziologie, TU München/ 02.2007– 06.2007
Ursula Stöger, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, TU München/ 2004–2008
Simon Renaud, Lehrstuhl Wirtschaftspolitik, Universität Jena/ 2008
Klaus Schmierl, ISF München/ 04.2005– 05.2008
129 Betriebsratsgründungen im Bereich einfacher Dienstleistungen
130 Deutungsmuster innerbetrieblicher Interessenbeziehungen von weiblichen BRMitgliedern
Arbeitnehmermitbestimmung im Strukturwandel
131
132 Umsetzung ERA-Thüringen ERA Einführung: Prozesse, Verfahren, Folgen sowie machtpolitische Veränderungen im System der industriellen Beziehungen bzw. betrieblichen Arbeitsbeziehungen
Auswirkungen der Betriebsrats-MB und der UN-MB auf die Produktivität und Gewinne der UN
Geschlechtsspezische Einüsse auf die Ausgestaltung industrieller Beziehungen
Mobilisierung von AN bei einfachen Dienstleistungen, prekären Arbeitsbedingungen und de zitärer IV
Metall- und Elektroindustrie Thüringen (Optikund Automobilindustrie, Betriebe unterschiedlicher Größenordnung und Produktionswie Belegschaftsstruktur)
Branchenübergreifend UN unter unterschiedlichen MB-Gesetzen
Branchenübergreifend
LIDL
Betriebliche paritätische Kommission für Meinungsverschiedenheiten ist sinnvolle Instanz zur Koniktlösung. Stärkung der Institution BR durch hohe Beratungsund Informationskompetenz sowie interessenpolitische Vertretungsmacht bei ERA-Einführung. ERA stärkt Ordnungsfunktion des Flächentarifvertrags und
3 Fallstudien: leitfaden- OttoBrennergestützte Interviews Stiftung mit BR, Geschäftsbzw. Personalleitung, Einzelinterviews und GD mit Beschäftigten, ExG mit Vertreter nAG-Verband, Bezirksleiter IG Metall
4 Typen bei der Deutung innerbetrieblicher Interessenbeziehungen: Partnerin, Idealistin, Oppositionelle und Klassenkämpferin. Im Gegensatz zu männlichen bei weiblichen BR kein „Stellvertreter-Handeln“, sondern intensiver Basiskontakt und starker Einsatz für Randbelegschaften.
Repression verhindert Gegenwehr, Anti-BR-Strategie führt zu Machtlosigkeit. Gewerkschaftskampagne wird durch Marginalisierung positiver bzw. unterschiedlicher, aber heterogener Erfahrungen der Beschäftigten den Beschäftigtenerwartungen nicht gerecht, die sich mit der Kampagne nicht identi zieren können.
BR-MB hat prinzipiell positive Wirkungen auf die Produktivität, kann aber negative Effekte auf die Gewinne (bei UN mit hohem Anteil geringquali zierte AN) zeigen. Die AR-MB zeigt dagegen eindeutig positive Einüsse sowohl auf die Produktivität als auch die Gewinne der UN.
HBS geförderte Diss.
HBS
Ökonometrische MeDiss. thoden aus unterschiedlichen Datenquellen: IAB-Betriebspanel, Deutsche Finanzdatenbank, Hoppenstedts Bilanz- und Firmendatenbank etc.
33 narrative Interviews mit Betriebsrätinnen
20 qualitative Beschäftigteninterviews, ExG mit Kampagnenleitung und Gewerkschaftssekretären
258 Anhang
Oliver Stettes, Institut der Deutschen Wirtschaft, Köln/2007– 2008
134 Betriebsräte und alternative Formen der Mitbestimmung
135 Umsetzung Rainer EntgeltrahSkrotzki, menabkommen IAW RuhrUniversität Bochum
Claus Schnabel u. a., Lehrstuhl für Arbeitsmarktund Regionalpolitik, Universität ErlangenNürnberg/ 2004–2008
133 Betriebsgrößenabhängige Schwellenwerte und Arbeitsplatzdynamik in mittelständischen Firmen
IW-Zukunftspanel, Unternehmen aus Industrie und industrienahe Verbundbranchen Bau, Logistik, unternehmensnahe Dienstleistungen
Betriebs-HistorikPanel (BHP) der Bundesagentur für Arbeit
Identi zierung innovati- Metall- und Elektver tarif- und arbeitspoli- roindustrie NRW tischer Handlungsmuster, Beitrag ERA zur Reform der Institution Tarifver-
Verbreitung BR-MB und alternativer Interessenvertretungsformen: Delegation von Entscheidungen an Einzelne, Teams oder freiwillige Implementierung alternativer Formen wie Runde Tische, Ausschüsse, Belegschaftssprecher. Verbreitung nach UNgröße, Branche, UNalter, Führungsstruktur, Inhaberverhältnisse, Tarifbindung
Auswirkungen ausgewählter Schwellenwerte des Arbeitsrechts. Hier: Freistellung von BR nach dem BetrVG: Kosten und Folgen für Beschäftigungsdynamik sowie Veränderung des Beschäftigungswachstums
Leitfadengestützte ExG mit Vertretern Tarifvertragsparteien, Betriebsfallstudien, schriftliche Fragebo-
Unternehmen mit mind. 5 Mitarbeitern, Stichprobe von 1.911 Unternehmen, Matrix mit 8 Branchen- und 3 Umsatzgrößenklassen
Deskriptive und ökonometrische Analyse, Vollerhebung aller von der Freistellungsschwelle betroffener Betriebe
HBS
Eigenprojekt
DFG
In Arbeit
Verbreitungsgrad alternativer MB-Formen ist größer als jener von BR. In ca. 11 % der UN existiert ein BR, in doppelt soviel UN freiwillig eingerichtete alternative Partizipationsformen. Verbreitung BR steigt mit der Betriebsgröße, alternative Gremien mit AG und Mitarbeitern ndet man vor allem in UN mit bis zu 100 Beschäftigten. Mitarbeiterausschüsse und sonstige Vertretungsformen auf ANseite existieren häuger in UN mit 101–199 Beschäftigten. Partizipationsformen abseits der Betriebsverfassung gehen häuger einher mit der Einführung von leistungs- und erfolgsorientierten Entlohnungssystemen. Das Fehlen eines BR darf nicht mit einer mitbestimmungsfreien Zone verwechselt werden.
Nach der Reform des BetrVG: Weder die alte noch die neue Freistellungsschwelle hat einen Einuss auf das Beschäftigungswachstum von Betrieben. Gleiches gilt für die gesetzliche Änderung des Schwellenwerts.
wirkt Wildwuchs einzelbetrieblicher Regelung entgegen.
Tabellarische Übersicht 259
Nick Kratzer u. a., ISF München/ 09.2005– 06/2008
Richard Detje u. a., WISSENS Transfer/ 01.2008– 06.2008
Constanze Kurz, SOFI Göttingen/ 09.2007– 12.2008
136 Leistungsgestaltung im Angestelltenbereich durch ERA-Umsetzung
137 Auseinandersetzungen um Betriebsschließungen
138 Geschlechterverhältnisse zwischen Beharrung und Veränderung: Interessen, Arbeit und Handlungsbedingungen von weiblichen BR-Mitgliedern
u. a./07.2006– 06.2008
Relevante Schließungsfälle seit dem Jahr 2000
Metall- und Elektroindustrie
Interessenorientierungen, AutomobilArbeitssituation, Partiindustrie zipationsmöglichkeiten von Betriebsrätinnen, BR-Gremium im Wandel der Geschlechterverhältnisse, rechtliche und ökonomische Rahmenbedingungen
Betriebsstilllegungen und Standortverlagerungen unter neuen ökonomischen Rahmenbedingungen und strategische Handlungsmöglichkeiten der IVn
Mitbestimmungspichtige Neugestaltung der Leistungsentgelte im Angestelltenbereich (Erwartungen, Interessen, Praxis)
trag und der industriellen Beziehungen (erweiterte MB-Möglichkeiten)
Dokuanalyse, 30 qualitative Interviews mit BRinnen, standardisierte schriftliche Befragung, 4 Fallstudien in UN mit Intensivinterviews männl. und weibl. BR, ExG Management, ExG Gewerkschaftsvertreter
HBS
Rekonstruktion von HBS (über 50) Betriebsfällen durch Dokuanalysen, ExG mit beteiligten Akteuren ausgewählter Betriebsfälle
10 Intensiv- und HBS Kurzfallstudien mit 80 (175 Personen) Einzelund Gruppeninterviews mit Betriebsleitung, Personalzuständigen, BR, Führungskräften, Beschäftigten
generhebung für Management und BR
In Arbeit
Betriebsschließungen als normales Instrument der Restrukturierung im globalen Finanzmarktkapitalismus. 4 Strategien von Belegschaft, BR und Gewerkschaften: verhandlungsorientierte Strategie mit ökonomischen Alternativkonzepten, Strategie des Streiks um Sozialtarifverträge, basisorientierte Proteststrategie, Strategie internationaler Vernetzung.
Brennglaswirkung durch Verstärkung schwelender Anerkennungsde zite und betriebl. Leistungspolitik im Angestelltenbereich, Steuerungslücke in der Leistungspolitik muss von unteren FK und Beschäftigten geschlossen werden. ERA eröffnet institutionelle Gelegenheitsstruktur für Auseinandersetzung über Arbeitsund Leistungsanforderungen und deren Gegenwert.
260 Anhang
Stefan Lücking u. a., Lehrstuhl Soziologie TU München/ 01.11.2006– 31.10.2008
141
Nicht-Umsetzung der EBR-Richtlinie in deutschen Unternehmen
Bernd Keller u. a, FB Politik- u. Verwaltungswissenschaft Universität Konstanz/ 01.2006– 12.2008
140 Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE)
Teilnehmende BR aus der deutschen SchmiedeBranche
Gründe für hohe Zahl EBR-freier Unternehmen in D trotz hoher Betriebsratsdichte, andere Formen der Zusammenarbeit in europäischen Ländern Branchenübergreifend deutsche Unternehmen mit Niederlassungen im europäischen Ausland und mind. 1000 Beschäftigten
Analyse der verhandelten Vollerhebung alle Arbeitnehmerbeteilieingetragenen SE gung, SE-BR und MB in den Leitungsorganen
Kai Beutler Schmiedekonferenzen als u. a., MA&T Katalysator und ImpulsSell Partner geber GmbH, Rainer Lichte, SfS Dortmund/ 04.2006– 02.2008
139 Branchenpolitik in der Schmiedeindustrie – die Rolle von Branchen konferenzen HBS
Qualitative Fallstudien in 6 deutschen Unternehmen, quantitative Umfrage EBR-freier Unternehmen (trotz Richtlinie)
HBS
Dokuanalyse, teilnehHBS mende Beobachtung, (PromoExG, Telefoninterviews tionskolleg)
Dokuanalyse, Fallstudien in 5 unterschiedlich strukturierten Schmieden mit Interviews BR, Geschäftsleitung, GD BR, ExD Experten der Branche, schriftliche Kurzbefragung der Teilnehmer von Konferenzen
Erkenntnisse über die Problemzonen der EBR-Richtlinie - derzeit keine Regelung in der EBR-Richtlinie für eine Neuordnung bestehender EBRStrukturen. Nötig etwa bei einer Unternehmensrestrukturierung (Fusion oder Übernahme) - uneinheitliche EBR-Strukturen, etwa innerhalb einer Unternehmensgruppe oder nach Fusionen
Mit der SE Trend zur Heterogenisierung von Arbeitnehmerbeteiligung in Europa: zwischenstaatlich, nationalstaatlich und zwischen den UN. Tendenz zu unternehmensspezischen Industrial-Relations, Parallelsystemen neben nationalen Systemen. Wenn SE-Gründung als Vorteil bewertet wird, keine Scheu der UN vor Vereinbarungen, die ANbeteiligung für AN aus EU-Ländern mit schwächeren gesetzlichen MB-Regelungen auszuweiten. Allerdings einige, besonders deutsche Fälle, in denen AG mit der SE testen, inwieweit sich MB einschränken lässt.
Branchenkonferenzen fördern BR-Arbeit und betriebliche Innovationen. BR sind Innovationstreiber, keineswegs eine Bremse. Konferenzen verbessern Kompetenzen der BR und Qualität ihrer IV-Arbeit. BR haben meist nachhaltigere UN-Entwicklung im Blickfeld als ständig wechselnde Führungskräfte.
Tabellarische Übersicht 261
144 Betrieb liche Interessenregulierung
Axel HauserDitz u. a., Lehrstuhl Organisations-
1. Phase: Datensatz mit über 3200 Betrieben (aus BISS 2005), deskriptive Statistik
HBS
HBS
Ermittlung von StrukHBS turdaten (Existenz von AR-Ausschüssen, Verteilung externer Gewerkschaftsvertreter und interner AN-Vertreter, leitender Angestellter). Ökonometrische Analyse (Regression und Korrelation) zentraler Finanzdaten 2002–2007
Gesundheitswesen ExG, Sekundäranalyse Unternehmensdaten
104 börsennotierte Unternehmen mit paritätischer Mitbestimmung
Analyse der Vertretungs- Repräsentativer landschaft: Typisierung Branchenquervon Interessenvertreschnitt tungsmustern in unter-
Beschäftigungsorientierte Handlungsstrategien von AV bei der Umsetzung von Personal- und OEkonzepten in integrierten Versorgungsformen
Barbara Dür, Matthias Winter, ISA Consult, Gesellschaft f. beteiligungsorientierte Beratung/ 12.2005– 03.2008
143
MB-Beteiligung-Aushandlung im Gesundheitswesen
Auswirkungen paritätischer Besetzung von Ausschüssen sowie Präsenz von Gewerkschaftsvertretern auf die Unternehmensperformanz und Vorstandsvergütung
142 Beteiligung der Sigurt Vitols, Arbeitnehmer- WZB Berlin/ vertreter in 2007–2008 Aufsichtsratsausschüssen
Zusammenhang Betriebsratsexistenz und Betriebsgröße. Implementierte BR werden überwiegend von der Geschäftsleitung
Ansatz der Entwicklungspartnerschaft, Beteiligung der Beschäftigten und ihrer Interessenvertretungen am strukturellen Wandel der Einrichtungen der Gesundheitswirtschaft weist in die richtige Richtung, neue Impulse für die Weiterentwicklung von Beteiligungsstrukturen.
Gewerkschaftliche Präsenz im AR dämpft Vorstandsvergütungen und Anteil der aktienkursorientierten Vergütung. In knapp der Hälfte der UN sind Ausschüsse (in Abhängigkeit von der gewerkschaftlichen Präsenz im AR) paritätisch besetzt. Parität ohne Einuss auf die UN-Performanz. Ökonomische Gründe sprechen nicht gegen eine gesetzliche Verankerung des Prinzips der Parität in AR-Ausschüssen oder für eine Begrenzung der gewerkschaftlichen Präsenz im AR.
und Übernahmen (meist historischen Ursprungs) - Deutscher Sonderfall Eigentümerunternehmen: Problem der Feststellung der Gültigkeit der Richtlinie, erschwert durch: - reduzierte Informationspicht - Mitbestimmungsablehnung - (undurchsichtige) Unternehmensstrukturen
262 Anhang
Chancen kulturübergreifender Solidarität in global agierenden Unternehmen
146 Betriebsräte und betriebliche Beschäftigungsentwicklung
145
Uwe Jirjahn, Institut f. Arbeitsökonomik, Universität Hannover/ 10.2006– 05.2008
Gert Schmidt u. a., Institut f. Soziologie, Universität ErlangenNürnberg/ 08.2006– 12.2008
in Deutschland soziologie (BISS) und Mitbestimmungsforschung, Universität Bochum/Zwei Phasen 2004– 2006 und 2007–2008
Existenz von BR in Abhängigkeit von wirtschaftlichen Krisen, ökonomische und arbeitsmarktpolitische Effekte betrieblicher MB in unterschiedlichen Betriebstypen
Entwicklung einer europäischen Mitbestimmungskultur durch solidarische transnationale Arbeitnehmerkooperation
schiedlichen Branchen der deutschen Privatwirtschaft, insbesondere auch Rolle von Vertretungsorganen in betriebsratslosen Betrieben
Hannoveraner Firmenpanel
3 globale Konzerne aus Automobil-, Elektro- und Kommunikationsbranche
Ökonometrische Methoden, Auswertung von ca. 1.000 niedersächsischen Betrieben mit mind. 5 Beschäftigten
Interviews mit BR, Analyse der Verhandlungen interkultureller Betriebsratstreffen, Umsetzungskontrolle der Ergebnisse durch BRbefragung an europäischen Standorten
mit multivariaten Analysen. 2. Phase Tiefenauswertung: in insgesamt 3.254 Betrieben Befragung von Personalverantwortlichen, davon in 1410 zusätzliche Interviews mit BRvorsitzenden oder Beschäftigtenvertretern anderer Vertretungsorgane durch standardisierte computergestützte Telefoninterviews
HBS
HBS
BR werden eher in wirtschaftlichen Krisen eingerichtet, beeinussen dann die Beschäftigungsentwicklung positiv und verringern die Wahrscheinlichkeit von Betriebsschließungen in Mehrbetriebsunternehmen. BR können positive Arbeitsmarkt-
In Arbeit
akzeptiert (meist vertrauensvolle Zusammenarbeit). Zunehmend komplexe Betriebsratsstrukturen durch Einbindung in Standort-, Sparten- und regionale BR und GBR wie KBR. Hoher Verbreitungsgrad Anderer Vertretungsorgane (AVOs) (häug in kleineren Betrieben des Dienstleistungssektors) mit heterogenem Spektrum. AVOs fallen mehrheitlich mit Blick auf Arbeitsmöglichkeiten und Ressourcen hinter das BR-Modell bei „harten Regulierungstatbeständen“ zurück. Anders in der unmittelbaren Arbeitsumgebung (Gesundheitsschutz, Quali zierung etc.). Keine Verdrängung von BR durch AVOs in großem Maßstab. Verfasste betriebliche MB bleibt fester Bestandteil industriell geprägter Betriebsstrukturen.
Tabellarische Übersicht 263
Hajo Holst u. a., Lehrstuhl Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie, Universität Jena/ 02.2008– 06.2009
Ludger Pries u. a., Lehrstuhl Organisationssoziologie u. Mitbestimmungsforschung, Universität Bochum/ 03.2007– 02.2009
Funktionswandel von Zeitarbeit. Neue Einsatzkonzepte von Zeitarbeit und ihre Folgen für die betrieblichen Sozialund Arbeitsbeziehungen
148 Europäischer Betriebsrat als transnationale Organisation
147
EBR als Verlängerung und Stabilisator von nationalstaatlich eingefärbten und an den Stammländern und lokalen Stammsitzen der europaweit tätigen UN ausgerichteten Interessenstrukturen oder genuin europäische und transnationale Verechtungsgebilde
Arbeits- und mitbestimmungspolitische Folgen neuer Nutzungsstrategien von Leiharbeit
Automobilindustrie
Verarbeitendes Gewerbe mit kontrastierenden Fallstudien aus anderen Branchen Otto Brenner Stiftung
6 EBR-fähige Automo- DFG bilendhersteller und -zulieferer in jeweils 5 Standorten (D, F, GB, ES, PL), Dokuanalysen, leitfadengestützte Interviews EBR-Mitglieder und Managementverhandlungspartner, Wissenschaftler und Experten nationaler und europäischer
Pilotstudie anhand exemplarischer Intensivbetriebsfallstudien, qualitative Interviews mit Experten, Management, Betriebsrat, direkten Vorgesetzten, Stammbeschäftigten, Leiharbeitern
In Arbeit
Immer häuger nutzen Betriebe das Flexibilisierungsinstrument Leiharbeit nicht nur als kurzfristige Reaktion auf Auftragsspitzen oder Personalausfall, sondern um dauerhaft ein Sicherheitsnetz für die Kapitalrendite zu errichten. Mit diesem Funktionswandel verändert sich auch die Stellung der Leiharbeitskräfte im Einsatzbetrieb: Dessen Belegschaft ist nicht mehr in eine Kern- und eine Randbelegschaft gespalten, zumindest im Arbeitsprozess sind Stammkräfte und Leiharbeiter eng miteinander verochten. Durch die neuen Nutzungsstrategien wird im Einsatzbetrieb ein Mechanismus etabliert, der vermittelt über die prekäre Position der Leiharbeitskräfte auch die langjährigen Stammkräfte stärker an die allgemeine Arbeitsmarktentwicklung koppelt.
effekte entfalten, die von den betrieblichen Rahmenbedingungen abhängen.
264 Anhang
Dörre, Klaus u. a., Lehrstuhl Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie, Universität Jena/ 06.2008– 05.2011
Martin Kuhlmann u. a., SOFI Göttingen/ 07.2006– 03.2009
150 Innovation durch Kompetenz und „gute Arbeit“ – Management, Betriebsrat und Beschäftigte als Akteure moderner Innovationsstrategien
151
ERA-TV Niedersachsen
Martin Höpner u. a., Max-PlanckInstitut für Gesellschaftsforschung, Köln/2008– 2009
149 Konstruktion eines MitbestimmungsIndex
Umsetzung ERA, arbeitspolitische Wirkungen von Tari nnovationen in den Betrieben
Förderung und Nutzung innovativer Personalund Arbeitspolitiken im Markt- und Innovationsdruck, Sichtung erfolgreicher Innovationsstrategien
Metall- und Elektroindustrie Niedersachsens
Optik- und Maschinenbau in Thüringen und Bayern Bundesministerium für Bildung und Forschung
Eigenprojekt
Kurz- und Intensivfall- HBS studien, Bestandsaufnahmen von Arbeitsstrukturen, Interviews mit Management und BR, GD Beschäftigte, schriftliche Befragung größeres Betriebssample, ExG überbetriebliche Verbandsebene, teilnehmende Beobachtung in Projektgruppen
Fallstudien in 4 mittelständischen Unternehmen, Belegschaftsbefragung, ExG, Prozessanalyse
Konstruktion eines Index 100 größte deutIndexbildung der Reichweite der MB sche Unternehmen auf der Ebene der Leitungsorgane
Verbände und Institutionen
ERA ist gestaltungsoffenes betriebspolitisches Projekt. Betriebsparteien begreifen ERA auch als betriebliches Projekt, aber mit enger Orientierung an tarifvertraglichen Vorgaben. Verschiedene Umsetzungstypen: kooperativ-gemeinschaftliche, kooperativ-getrennte, konikthafte Umsetzung. Unterschiede in Reichweite der Beteiligung und innerbetrieblicher Öffentlichkeit: expertenzentrierte Einführung steht beteiligungsintensiven Formen gegenüber.
In Arbeit
In Arbeit
Tabellarische Übersicht 265
Ulrich Jürgens u. a., WZB Berlin/ 04.2008– 09.2010
Helmut Martens u. a., SfS Dortmund/ 08.2007– 01.2009
Sylvia Stieler u. a., IMUInstitut Stuttgart/ 07.2008– 03.2009
Bettina Seibold u. a., IMU-Institut Stuttgart in Kooperation mit Fraunhofer Institut für System- und Innovationsforschung (ISI)/ 08.2007– 07.2009
152 Corporate Governance, Arbeitnehmerbeteiligung und Innovation
153 Standortkonikte im Kontext einer neuen Politik der Arbeit
154 Verfall von Arbeitszeiten in indirekten Tätigkeitsbereichen
155 Innovation und Mitbestimmung. Die aktive Rolle der MB-Institutionen im betrieblichen Innovationsprozess
Deutsche, schwedische, US-amerikanische Automobilzulieferindustrie
Verfahren formeller und informeller Beteiligung IV an Innovationen, Beiträge, Handlungskonzepte und Rollenkonikte der MB-Träger, Einuss betrieblicher Rahmenbedingungen
Umfang und Mechanismen des Verfalls von geleisteten Arbeitszeiten und wirksame Regulierungsformen Schwerpunkt Maschinenbau, Automobilzulieferer, Textil und Ingenieurdienstleistungen
Metall- und Elek troindustrie Baden-Württemberg
Konikte um Abbau oder Metall- und Erhalt von ArbeitsplätChemieindustrie, zen: Genese, Verläufe, Handel innere Dynamik, Motive und Strategien der Beteiligten. Bewertung der Koniktfolgen: Standortentscheidung des Managements, industrielle Beziehungen in den UN, Verhältnis Beschäftigte – IV-Gewerkschaften
Varianzen und Veränderungsdynamiken in den Modellen der Corporate Governance und ANBeteiligung, Einuss auf (insbesondere soziale) Innovationsprozesse
In Arbeit
Qualitative Fallstudien, HBS leitfadengestützte ExG, quantitative Auswertung der Innovationsperformance und -treiber auf Datenbasis der Erhebung „Innovation in der Produktion 2006“ des Fraunhofer ISI
Standortkonikte sind Ausdruck einer erodierenden institutionellen MB. Gewerkschaftliche Kampagnen (wie „besser statt billiger“) versuchen dem entgegenzuwirken. Über einzelne Konikte bieten sich Chancen, gewerkschaftliche MB-Vorstellungen gegen den Mainstream der Debatte um Corporate Governance (orientiert an der ökonomischen Rationalität des Shareholder-Kapitalismus) in Stellung zu bringen. In Arbeit
HBS
In Arbeit
HBS
Schriftliche Befragung von ca. 280 BR mit hoher Angestelltenquote
Dokuanalyse, ausgewählte Koniktfälle aus Anlass von Betriebsschließungen: vier kontrastierende Intensivfallstudien, Interviews und GD mit unterschiedlichsten Akteursgruppen.
Trajectory-Analyse von HBS 9 Intensivfallstudien mit unterschiedlichen Eigentümerstrukturen
266 Anhang
Haipeter, Thomas, Institut für Arbeit und Quali kation, Universität Duisburg/ 06.2007– 05.2009
Wolfgang Scholl u. a., Institut f. Psychologie, Universität Berlin/ 03.2008– 08.2010
Beate Zimpelmann u. a., Kompetenzzentrum Nachhaltigkeit, Hochschule Bremen und IÖW/ 01.06.08– 31.05.2010
Andreas Boes u. a., ISF München/ 08.2007– 07.2009
156 Neue Tarifakteure im Betrieb ? MB der BR und Dezentralisierung der Flächentarifverträge durch Öffnung
157 Innovativität durch Mitbestimmung, untersucht an der Beteiligung von BR an Prozessinnovationen
158 Soziale Nachhaltigkeit und CSR in transnationalen Unternehmen
159 Offshoring und Internationalisierung. Konsequenzen für Arbeitsbeziehungen und MB Neue Phase der Internationalisierung von Softwareentwicklung, IT-Service, Buchhaltung, F&E: Folgen für Beschäftigte und ihre Erwartungen an die IV
Bedingungen für wirtschaftlich und sozial erfolgreiche Produktund Prozessinnovationen und Chancen von BR, Innovativität zu fördern und bedrohte Arbeitnehmerinteressen im Innovationsprozess abzusichern Handlungsstrategien der BR zu CSR-Themen wie globale Arbeits- und Sozialstandards, Klimaschutz etc. Interviews mit jeweils 3–5 Akteuren, schriftlicher Fragebogen zu Prozessdaten
12 Fallstudien in den beiden Branchen, ExG mit BR, Management, Verwaltungsstelle, GD Vertrauensleute, ExG Vertreter Spitzenebene der Tarifverbände
Jeweils 2 explorative Fallstudien in Unternehmen aus den Bereichen ITServices, Verwaltung, F&E
GD und Intensivinterviews mit Beschäftigten, ExG betriebliche und überbetriebliche Experten
12 Unternehmens- GD, ExG, Netzwerkkurzfallstudien, analyse 4 Intensivfallstudien
36 Innovationsfälle aus je 2 Industrie- und Dienstleistungsbranchen
Rolle der BR in Verhand- Metall-, Elektrolungen über betriebsbezo- und chemische gene Unterschreitungen Industrie von Flächentarifvertragsnormen und ihrer Umsetzung. Modus der Verhandlung, neue Koniktpotenziale in den betrieblichen Arbeitsbeziehungen, Entwicklung neuer Beteiligungsformen für die Beschäftigten
HBS
HBS
HBS
HBS
In Arbeit
In Arbeit
In Arbeit
In Arbeit
Tabellarische Übersicht 267
Jürgen Kädtler u. a., SOFI Göttingen/ 08.2007– 10.2009
Oliver Som u. a., ISI und IMU/08.2007– 07.2009
Bernd Kriegesmann u. a., Institut f. angewandte Innovationsforschung, Universität Bochum/ 01.2008– 06.2010
Uwe Wilkesmann u. a., Zentrum für Weiterbildung Universität Dortmund/ 2008–2010
Thomas Haipeter, IAQ Universität Duisburg/ 01.10.2008– 31.12.2010
160 Innovation und MB: Regulierungsbedarf, Interessenorientierung und die Entwicklung von Spielregeln für Innovationshandeln
Aktive Rolle der MBinstitutionen im betrieblichen Innovationsprozess
161
162 Innovationstreiber Mitbestimmung ? Bestandsaufnahme, Konzepte und Handlungsperspektiven
163 Erwartungsmuster an Betriebsräte
164 Rückenwind für Betriebsräte ? Betriebliche Modernisierungskampagnen in
Chemie, Maschinenbau, IT
Maschinenbau, Automobilzulieferer, Chemie, Textil, Ingenieurdienstleistungen
Metall-, Chemie-, Pharmaindustrie und wissensintensive Dienstleistungssektoren
Metall- und ElekAnalyse der Kampagne troindustrie „Besser statt Billiger“, Handlungsfähigkeit der BR als Promotoren langfristiger Modernisierungs- u. Konkurrenz-
Klassi zierung der Arbeitnehmer in Erwartungen zunehmend der BRD heterogener Arbeitnehmergruppen
Rollen und Gestaltungsoptionen von Mitbestimmungsträgern zwischen Initiierung und passiver Risikoabwehr von Innovationen
Praxis der Beteiligung von MBträgern an betrieblichen Innovationen (in Krisen)
Typische Regulierungsbedarfe, Interessen der Beschäftigten und Einuss unterschiedlicher (starke und schwache) MBkulturen auf die Mitgestaltung der Spielregeln von Innovationshandelns
HBS
a) In verschiedenen Einzelbranchen insgesamt: 10 Intensivfallstudien mit ExG BR, Management u. Gewerkschaftsvertreter,
HBS
Repräsentative BefraHBS gung (Stichprobe) aller abhängig Beschäftigten (ohne Azubis) im Alter zwischen 18–65 Jahren
Fallstudien, ExG, teilstrukturierte Interviews/telefonische BRbefragung, gemeinsamer Erfahrungsaustausch mit BR
Quantitative AuswerHBS tung von Daten des ISI, qualitative Fallstudien, ExG bei relevanten Akteuren
10 Intensivfallstudien HBS mit ExG Management und AV, Rekonstruktion der Projektverläufe durch Beschäftigteninterviews
In Arbeit
In Arbeit
In Arbeit
In Arbeit
In Arbeit
268 Anhang
165 Regelmäßige WSI in der Betriebs- und HBS/seit 1997 Personalrätebefragung zur Interessenvertretungsarbeit in Deutschland (laufendes Langzeitprojekt)
der Metallund Elektroindustrie
Zweijährige Hauptbefra- Branchenübergungen zur faktischen greifend IV-Arbeit (Entwicklungen und Probleme, Regulierungmodi, Verhältnis zu AG, Belegschaft, Gewerkschaft etc.) Unregelmäßige vertiefende Sonderbefragungen zu unterschiedlichen Themen: Gesundheitsbelastungen und Prävention, Geschlechterpolitik, Software/IT-Dienstleistungen, Outsourcing und Standortverlagerung, betriebliche Innovationsprozesse und betriebliche Gesundheitspolitik
strategien, Rollenwandel und -anforderungen der BR, Durchsetzung gegenüber dem Management, Einbezug von Beschäftigten
Befragung von Betriebs- und Personalräten in Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten, bis 2004/2005 postalische schriftliche Befragung, danach Computer gestützte Telefonbefragung durch INFAS, Adressstichprobe aus der Betriebsstättendatei der BA mit Nettostichprobe von Betrieben, in denen eine betriebliche IV existiert.
GD Vertrauensleute/ 6 Kurzfallstudien mit ExG BR und Management b) ExG mit Vertretern Bezirksleitung IG Metall und AG-Verband NRW c) Standardisierte Befragung der IG Metall Verwaltungsstellen im Bezirk NRW HBS/ WSI Eigenprojekt
Neben vielfältigen inhaltlichen Analysen der IV-Arbeit auch Hochrechnung zum Verbreitungsgrad von IV.
Tabellarische Übersicht 269
B
Nr. 01 Nr. 02
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Die Projektveröffentlichungen
Kotthoff, Herman (1994): Betriebsräte und Bürgerstatus. Wandel und Kontinuität betrieblicher Mitbestimmung. München und Mering Greifenstein, Ralph/Jansen, Peter/Kißler, Leo (1993): Gemanagte Partizipation. Qualitätszirkel in der deutschen und französischen Automobilindustrie. München und Mering Martens, Helmut (1991): Die Institution der Mitbestimmung unter Modernisierungsdruck. In: Peter, Gerd (Hrsg.): Arbeitsforschung, S. 79–100 sowie ders. (1991): Mitbestimmung und Demokratisierung: Zur Krise einer Institution und den Perspektiven ihres stabilen Wandels. In: Minssen, Heiner (Hrsg.): Rationalisierung in der betrieblichen Arena,. Berlin, S. 107 ff. Martens, Helmut (1992): Gewerkschaftlicher Organisationsaufbau und Mitbestimmung in Ostdeutschland. Ein eigenständiger und schwieriger Institutionalisierungsprozess und seine Folgen für die industriellen Beziehungen in der größer gewordenen Bundesrepublik. Sfs-Beiträge aus der Forschung, Band 59. Dortmund Bundesmann-Jansen, Jörg/Frerichs, Joke (1993): Praxisbeispiele beteiligungsorientierter Betriebspolitik. Gewerkschaftliche Betriebspolitik zwischen Delegation und Selbstbestimmung. Graue Reihe der HBS, Nr. 52. Düsseldorf Nagel, Bernhard/Riess, Birgit/Theis, Gisela (1994): Neue Konzernstrukturen und Mitbestimmung. Schriften der HBS Bd. 17. Baden-Baden Martens, Helmut (1994): Mitbestimmung als intermediäre Institution – Ein empirisches Projekt in theoretischer Absicht. In: ders.: Beiträge zur gewerkschaftlichen Reformdebatte, sfs-Materialien aus der Forschung Bd. 27. Dortmund, S. 19–31, Bischoff-Kümmel, Gudrun/Reiner, Jürgen Michael/Roeschen, Christina (o. J.): Möglichkeiten betrieblicher Interessenvertretung und gewerkschaftliche Handlungsstrategien im Rahmen neuer Organisationskonzepte in der Gastronomie: das Beispiel der Systemgastronomie. Abschlussbericht FH Hamburg Bieszcz-Kaiser, Antonia (1994): Arbeitspolitik und Interessenvertretung in Ostdeutschland – Transfer und Neuaufbau institutioneller Strukturen in Betrieb und Region unter besonderer Berücksichtigung der Rolle von Frauen. Abschlussbericht. Institut für Wirtschafts- und Sozialforschung Chemnitz Beyer, Heinrich/Fehr, Ulrich/Nutzinger, Hans G. (1994): Vorteil Unternehmenskultur. Partnerschaftlich handeln – den Erfolg mitbestimmen. Gütersloh Artus, Ingrid/Liebold, Renate/Lohr, Karin/Schmidt, Evelyn/Schmidt, Rudi/ Strohwald, Udo (2001): Betriebliches Interessenhandeln, Bd. 2 – Zur politi-
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Anhang schen Kultur der Austauschbeziehungen zwischen Management und Betriebsrat in der ostdeutschen Industrie. Opladen Kapp, W./Martens, H. (unter Mitarbeit von Biescz-Kaiser, A.) (1995): Institutionelle Entwicklung und Transformationsprozess. Theoretisch-methodische Überlegungen und empirische Fallstudien zu betrieblicher Mitbestimmung und lokaler Arbeitspolitik in Ostdeutschland. Münster Martens, Helmut (1995): Organisatorisch konsolidiert – institutionell noch nicht gefestigt. Gewerkschaftlicher Organisationsaufbau und Mitbestimmung in Ostdeutschland – Eine Zwischenbilanz nach fünf Jahren. SfS Beiträge aus der Forschung, Bd. 85. Dortmund Nagel, Bernhard/Beschorner, Andreas/Riess, Birgit/Rüb, Stefan (1996): Information und Mitbestimmung im internationalen Konzern. Baden-Baden Kleinschmidt, Christian/Kruse, Wilfried/Lichte, Rainer/Hindrichs, Wolfgang/Jürgenhake, Uwe/Martens, Helmut (1997): Sozialer Umbruch in der Stahlindustrie: Das Ende des „Malochers“ und die Rolle der Betriebräte 1960 bis heute. Abschlussbericht. Sozialforschungsstelle Dortmund Wächter, Hartmut/Dörnen, Antje/Schneider-Winden, Sven/etz, Thomas (1996): PERMIT – Perspektiven der Mitbestimmung. Montanmitbestimmung als modernes Führungsinstrument. Abschlussbericht. Trier Rudolph, Wolfgang/Wassermann, Wolfram (1996): Betriebsräte im Wandel. Aktuelle Entwicklungsprobleme gewerkschaftlicher Betriebspolitik im Spiegel der Betriebsratswahlen. Münster Martens, Helmut/Sczesny, Cordula (1997): Betriebliche Interessenvertretung und Beteiligung. Modernisierung von Betriebsratsarbeit am Beispiel des präventiven Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Abschlussbericht. Sfs Dortmund Michalke, Friedhelm/Schwarz-Schumann, Helga (1997): Strukturwandel und gewerkschaftliche Interessenvertretung in der Region: Entwicklung und Evaluierung neuer Ansätze der Mitbestimmung und Arbeitnehmervertretung in Klein- und Mittelbetrieben. Abschlussbericht. Siegen Frick, Bernd (1997): Mitbestimmung und Personaluktuation. Zur Wirtschaftlichkeit der bundesdeutschen Betriebsverfassung im internationalen Vergleich. München und Mering Müller-Jentsch, Walther/Malinowsi, Norbert/Seitz, Beate (1998): Betriebsräte-Befragung und Analyse der Industriepolitik im Maschinen- und Anlagenbau. Modernisierung der Arbeitssysteme und industriellen Beziehungen im Maschinenbau. Abschlussbericht. Ruhr-Universität Bochum Lecher, Wolfgang/Nagel, Bernhard/Platzer, Hans-Wolfgang (1998): Die Konstituierung Europäischer Betriebsräte – Vom Informationsforum zum Akteur. Eine vergleichende Studie von acht Konzernen in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien. Baden-Baden Howaldt, Jürgen/Kopp, Ralf (1997): Unterschiedliche KVP-Strategien der Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie als Herausforderung für die Betriebsratsarbeit. Abschlussbericht. SfS Dortmund
Die Projektveröffentlichungen Nr. 24
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Rudolph, Wolfgang/Wassermann, Wolfram (1998): Trendreport Betriebsrätewahlen 98. Das Prol der Betriebsräte zum Ende der 90er Jahre. DGB Düsseldorf Eberwein, Wilhelm/Tholen, Jochen/Schuster, Joachim (2000): Die Europäisierung der Arbeitsbeziehungen als politisch-sozialer Prozess. Zum Zusammenhang von nationaler und europäischer Ebene am Beispiel von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien. München und Mering Wassermann, Wolfram (1999): Diener zweier Herren. Arbeitnehmer zwischen Arbeitgeber und Kunde – Interessenvertretung in Netzwerken des privaten Dienstleistungsgewerbes. Münster Funder, Maria (1999): Paradoxien der Reorganisation. Eine empirische Studie strategischer Dezentralisierung von Konzernunternehmungen und ihrer Auswirkungen auf Mitbestimmung und Industrielle Beziehungen. München und Mering Bosch, Aida/Ellguth, Peter/Schmidt, Rudi/Trinczek, Rainer (1999): Betriebliches Interessenhandeln, Bd. 1 – Zur politischen Kultur der Austauschbeziehungen zwischen Management und Betriebsrat in der westdeutschen Industrie. Opladen Kißler, Leo/Graf, Melanie/Wiechmann, Elke (2000): Nachhaltige Partizipation. Beschäftigtenbeteiligung als Beitrag für mehr Chancengleichheit. Berlin KomMit (1997–1999): Kompetenzentwicklung für den wirtschaftlichen Wandel – Mitgestaltung durch kompetente Betriebs- und Personalräte. Verschiedene Projektinformationsbriefe. Eigendruck TU Darmstadt Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Diskussionspapiere des Lehrstuhl für VWL, insbes. Arbeitsmarkt- und Regionalpolitik, hrsg. von Claus Schnabel: No. 1, 2000: Addison, John T./Schnabel Claus/Wagner, Joachim: Die mitbestimmungsfreie Zone aus ökonomischer Sicht. No. 5, 2001: Schnabel, Claus/Wagner, Joachim: Verbreitung und Bestimmungsgründe verschiedener Formen der Arbeitnehmerpartizipation in Industriebetrieben No. 10, 2002: Addison, John T./Bellmann, Lutz/Schnabel Claus/Wagner, Joachim: German Works Councils Old and New: Incidence, Coverage and Determinants No. 21, 2003: Addison, John T./Schank, Thorsten/Schnabel, Claus/ Wagner, Joachim: German Works Councils in the Production Process Zwick, Thomas (2000): Works Councils and the Productivity. Impact of Direct Employee Participation. Discussion Paper No. 03-47. Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim Greifenstein, Ralph/Kißler, Leo (2000): Personalvertretung in Reformrathäusern. Zur Standortsuche von Personalräten im Modernisierungsprozess. Berlin
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Anhang Heidemann, Winfried (2000): Weiterentwicklung von Mitbestimmung im Spiegel betrieblicher Vereinbarungen. Auswertung von Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Edition der HBS Nr. 45. Düsseldorf Baukrowitz, Andrea/Boes Andreas (2002): Arbeitsbeziehungen in der ITIndustrie. Erosion oder Innovation der Mitbestimmung. Berlin Deiß, Manfred/Heidling, Eckhard (2001): Betriebsratsarbeit unter Veränderungsdruck. Innovative Formen der Mobilisierung von Expertenwissen und ihre Konsequenzen für die Interessenvertretung. Abschlussbericht. ISF München Lecher, Wolfgang/Platzer, Hans-Wolfgang/Rüb, Stefan/Weiner, Klaus-Peter (2001): Verhandelte Europäisierung: Die Einrichtung Europäischer Betriebsräte – Zwischen gesetzlichem Rahmen und sozialer Dynamik. Baden-Baden Rölke, Peter (2001): Mitbestimmung 2000 (I). Methoden- und Ergebnisbericht einer Belegschaftsumfrage bei der Salzgitter AG/PPS. Abschlussbericht. Braunschweig Wienecke, Susanne (2001): Der Betrieb als Politikarena. Ein Vergleich arbeitszeitpolitischer Entscheidungsprozesse in deutschen, luxemburgischen und britischen Banken. München und Mering Schneider, Karsten/Böck, Kathrin/Killian, Werner/Kneissler, Thomas (2001): Interessenvertretung im „Konzern Stadt“. Herausbildung neuer Arbeitsbeziehungen im Prozess der organisatorischen Dezentralisierung. Arbeitspapiere der Forschungsgruppe Verwaltungsautomation 68. Kassel Wannöffel, Manfred (2001): Innovation und ökonomischer Erfolg durch Prozesse kooperativer Modernisierung. Lernbeispiele aus der betrieblichen Praxis. Düsseldorf und Gütersloh (http://www.boeckler.de/pdf/mbportal_wannoeffel.pdf) Sacher, Martin/Rudolph, Wolfgang (2002): Innovation und Interessenvertretung in kleinen und mittleren Unternehmen. Edition der HBS 65. Düsseldorf Höpner, Martin (2003): Wer beherrscht die Unternehmen ? Shareholder Value, Managerherrschaft und Mitbestimmung in Deutschland. Frankfurt a. M./ New York Rehder, Britta (2003): Betriebliche Bündnis für Arbeit in Deutschland. Mitbestimmung und Flächentarifvertrag im Wandel. Frankfurt/New York Rudolf, Wolfgang/Wassermann, Wolfram (2001): Betriebsräte zwischen Erosion und neuer Beweglichkeit. Eine empirische Studie zu den Konsequenzen der Auösung und Umwandlung von Betriebs- und Unternehmensstrukturen. Abschlussbericht. BfS Kassel Rudolph, Wolfgang/Wassermann, Wolfram (2002): „Anders, aber nicht völlig anders…“. Sozialstrukturen und Normenbildung in deutschen Kleinbetrieben. Abschlussbericht. BfS Kassel Lompe, Klaus/Blöcker, Antje/Marquardt, Bernd/Rölke, Peter/Weis, Hinrich (2003): Bilanz und Perspektiven der Montanmitbestimmung: Entwicklung, Erfahrungen, Herausforderungen. Berlin
Die Projektveröffentlichungen Nr. 48
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Nagel, Bernhard/Haslinger, Sebastian/Meurer, Petra (2002): Mitbestimmungsvereinbarungen in öffentlichen Unternehmen mit privater Rechtsform. Baden-Baden König, Susanne (2003): Personalauswahl. Frankfurt am Main Pries, Karin/Pries, Ludger/Wannöffel, Manfred (o. J.): Internetgestützte neue Kooperationsformen von Arbeitnehmervertretungen in transnationalen Konzernen. Abschlussbericht. INCAS, BIT, Lehrstuhl Organisationssoziologie und Mitbestimmungsforschung der RUB, Bochum Piorr, Rüdiger/Wehling, Pamela (2002): Betriebsratshandeln als unternehmerischer Erfolgsfaktor ? Einussnahme von Arbeitnehmervertretungen bei der Durchführung von Reorganisationsmaßnahmen. In: Industrielle Beziehungen, Jg. 9, Nr. 3, S. 274–299 Meil, Pamela/Heidling, Eckhard/Schmierl, Klaus (2003): Die (un-) sichtbare Hand – Nationale Systeme der Arbeitsregulierung in der Ära des Shareholder Value – Ein internationaler Vergleich Deutschland, Frankreich, USA. ISF Forschungsberichte München Hucker, Tobias (2002): Mitarbeiterbeteiligung in der New Economy. Ergebnisse einer qualitativen Studie zur Beteiligungspraxis in Unternehmen des Neuen Marktes. Discussion Paper No. 3/2002, Institut für Personalmanagement. Universität der Bundeswehr Hamburg Dilger, Alexander (1999): Betriebsratstypen und Personaluktuation. Diskussionspapier 5/99, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät ErnstMoritz-Arndt-Universität Greifswald. www.rsf.uni-greifswald.de/bwl/ pdf/1999/05_1999.pdf. Schröder, Olaf/Kürschner, Kay (2002): Mitbesitz und Mitbestimmung. Project Consult GmbH Essen (http://www.bertelsmann-stiftung.de/medien/pdf/ Studie_Kuerschner.pdf) Götzen, Ute (2002): Moderne Unternehmensführung, ökonomischer Erfolg und die Rolle der Mitbestimmung. Abschlussbericht. Ohne Ort Vitols, Sigurt (2001): Unternehmensführung und Arbeitsbeziehungen in deutschen Tochtergesellschaften großer ausländischer Unternehmen. Abschlussbericht. Ohne Ort Zugehör, Rainer (2003): Die Zukunft des rheinischen Kapitalismus. Unternehmen zwischen Kapitalmarkt und Mitbestimmung. Opladen Abel, Roland/Wannöffel, Manfred (2002): Die Balanced Scorecard als Bestandteil der Betriebsratsarbeit. HBS-Arbeitspapier Nr. 62. Düsseldorf Ohne Verfasser und Jahr: Reifeprüfung der New Economy. Gratwanderung zwischen Tradition und Moderne. (http://ruhr-uni-bochum.de/soaps/download/lp_neuermarkt-ergbefr.pdf) Brinkmann, Ulrich (2002): Umbruch von unten ? Betriebliche Akteure in der ostdeutschen Transformation. München und Mering Hahn, Elke/Rehberg, Frank (2003): Der Ofen ist aus ! Das Ende eines Kampfes um den Erhalt eines strukturbestimmenden Unternehmens und die Rolle der Interessenvertretung. Abschlussbericht. IMU-Institut München
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Anhang Bleicher, Andre/Fischer, Joachim/Gensior, Sabine/Steiner, Roland (2003): Die Bedeutung von Unternehmensausgliederungen für Beschäftigung, Arbeitsbeziehungen und Mitbestimmungsträger – am Beispiel der Bergbau- und Energiewirtschaft in Ostdeutschland. Abschlussbericht. TH Cottbus und FH Berlin Kastenholz, Edgar (2002): Auswirkungen von Outsourcing und Rationalisierung auf Beschäftigung, Arbeitsbedingungen und Mitbestimmung in der Forstwirtschaft. Abschlussbericht. Büro für Arbeitsschutz und Arbeitsgestaltung Sölden Rudolph, Wolfgang/Wassermann, Wolfram (2003): Trendwende zu mehr Stabilität und Repräsentanz des Betriebsrätewesens. Abschlussbericht. BfS Kassel Kutzner, Edelgard/Kock, Klaus (2003): Experimentierfeld Call Center. Arbeitsbeziehungen im betrieblichen Strukturierungsprozess. Abschlussbericht. SfS Dortmund Kädtler, Jürgen/Sperling, Hans-Joachim (2003): Globalization and Financialization as Triggers for Enterprise Reorganisation and the Impact on Industrial Relations. In: SOFI-Mitteilungen Nr. 31, S. 53–66 und dies. (2002): Jenseits von Globalisierung und Finanzialisierung. Aushandlungsbeziehungen in der deutschen Chemie- und Automobilindustrie. In: Industrielle Beziehungen, 9. Jg., H. 2, S. 133–156 Keller, Bernd/Schnell, Rainer (2003): Zur empirischen Analyse von Personalräten – Strukturdaten und Probleme der Interessenvertretung. In: WSIMitteilungen 56, S. 185–193 Hübler, Olaf (2003): Zum Einuss des Betriebsrats in mittelgroßen Unternehmen auf Investitionen, Löhne, Produktivität und Renten – Empirische Befunde. In: Goldschmidt, Nils (Hrsg.): Wunderbare Wirtschaftswelt – Die New Economy und ihre Herausforderungen. Baden-Baden, S. 77–94 Dörre, Klaus (2002): Kampf um Beteiligung. Arbeit, Partizipation und industrielle Beziehungen im exiblen Kapitalismus. Wiesbaden Haipeter Thomas/Lehndorff, Steffen (2004): Atmende Betriebe, atemlose Beschäftigte: Erfahrungen mit neuartigen Formen betrieblicher Arbeitszeitregulierung. Berlin Lange, Hellmuth/Feseker, Klaus/Städler, Andre (2005): Interessenregulation in der New Economy. Abschlussbericht. Bremen Nienhüser, Werner/Hoßfeld, Heiko (2004): Bewertung von Betriebsvereinbarungen durch Personalmanager. Frankfurt a. M. sowie dies.: Der Einuss des Betriebsrats-Typs auf die Nutzung und Bewertung von Betriebsvereinbarungen. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. In: Industrielle Beziehungen, Jg. 12, H. 1, S. 5–27 Schuler, Conrad (2005): Der Wandel der Unternehmenskultur durch Wissensproduktion und Globalisierung am Beispiel des Siemens-Konzerns und des IT-Standorts München Hofmannstraße. ISW- Forschungshefte, Nr. 2/2005. München
Die Projektveröffentlichungen Nr. 75
Nr. 76 Nr. 77
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Bierbaum, Heinz/Mertens, Klaus/Houben, Marion (2003): Bewährungsproben für die Mitbestimmung. Konfrontation und Kooperation als Mitbestimmungsstrategien in der Unternehmensinsolvenz. Abschlussbericht. INFOInstitut Saarbrücken Ellguth, Peter/Ahlers, Elke (2003): Betriebsräte und betriebliche Personalpolitik, Abschlussbericht. IAB, WSI Nürnberg und Düsseldorf Ellguth, Peter/Promberger, Markus (2004): Arbeitszeitsituation und Betriebsrat. In: Bellmann, L./Schnabel, V. (Hrsg.): Betriebliche Arbeitszeitpolitik im Wandel, Beiträge zur Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 288, Nürnberg, S. 111–131 Niedenhoff, Horst-Udo (2004): Die direkten Kosten der Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes – Ergebnisse einer Unternehmensbefragung aus den Jahren 2003/2004. IW-Analysen Nr.1, Köln sowie Niedenhoff, Horst-Udo (1999): Die Praxis der betrieblichen Mitbestimmung. Köln Kraft, Cornelius/Stank, Jörg (2004): Die Auswirkungen der gesetzlichen Mitbestimmung auf die Innovationsaktivität deutscher Unternehmen. In: Schmollers Jahrbuch 124, Berlin, S. 421–449 Raabe, Nico Christian (2004) Die Zukunft der Mitbestimmung. Eine qualitative Studie zur Praxis der Mitbestimmung im Aufsichtsrat. Diplomarbeit, Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Humboldt-Universität Berlin Jürgens, Ulrich/Lippert, Inge (2005): Kommunikation und Wissen im Aufsichtsrat: Voraussetzungen und Kriterien guter Aufsichtsratsarbeit aus der Perspektive leitender Angestellter. Discussion Paper SP III 2005-301, Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung Kotthoff, Herrmann (2005): EU-Osterweiterung. Die aktuelle Herausforderung für den Europäischen Betriebsrat. Erste Basiskontakte zwischen Ost und West. Abschlussbericht. Darmstadt Martens, Helmut (2005): Nach dem Ende des Hype – Zwischen Interessenvertretung und Arbeitspolitik. Münster Wassermann, Wolfram/Rudolph, Wolfgang (2004): Betriebsräte nach der Reform. Eine empirische Untersuchung ausgewählter Effekte der Reform des Betriebsverfassungsgesetzes 2001 in der Praxis. Abschlussbericht. Kassel Elshof, Paul (2004): Zukunft der Brauwirtschaft. Internationalisierungsstrategien der Brauereikonzerne in Europa und ihre Auswirkungen. Edition der HBS Nr. 103. Düsseldorf Boes, Andreas/Trinks, Katrin (2006): „Theoretisch bin ich frei“. Interessenhandeln und Mitbestimmung in der IT-Industrie. Berlin Müller, Torsten/Platzer, Hans-Wolfgang/Rüb, Stefan (2004): Grenzübergreifende Arbeitsbeziehungen in globalen Konzernen. Wege und Instrumente transnationaler Interessenvertretung. Arbeitspapiere Nr. 98 der HBS. Düsseldorf Deiß, Manfred/Schmierl, Klaus (2005): Die Entgrenzung industrieller Beziehungen – Vielfalt und Öffnung als neues Potential für die Interessenvertretung ? In: Soziale Welt, H. 2/3, 56. Jg., S. 295–316
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Anhang Bierbaum, Heinz/Houben, Marion (2005): Kosten und Nutzen der Mitbestimmung in KMU. Expertise des INFO Institut für Organisationsentwicklung und Unternehmenspolitik. Saarbrücken Frick, Bernd (2005): Kontrolle und Performance der mitbestimmten Unternehmung. In: Windolf, Paul (Hrsg.): Finanzmarktkapitalismus. Sonderheft 45/2005 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie. Wiesbaden, S. 418–440 Werner, Jörg-Richard/Zimmermann, Jochen (2005): Unternehmerische Mitbestimmung in Deutschland: Eine empirische Analyse der Auswirkungen von Gewerkschaftsmacht in Aufsichtsräten. In: Industrielle Beziehungen, H. 3, S. 339–354 Artus, Ingrid/Böhm, Sabine/Lücking, Stefan/Trinczek, Rainer (2009): Jenseits der Mitbestimmung. Interessenhandeln in Betrieben ohne Betriebsrat. Frankfurt/New York Bunk, Corinna (2006): Betriebliche Mitbestimmung vier Jahre nach der Reform des BetrVG: Ergebnisse der 2. Befragung der Mitglieder des Arbeitgeberverbandes Lüneburg Nordostniedersachsen. Working Papers der Universität Lüneburg, www.uni-lueneburg/vwl/papers/wp_21_Upload.pdf Jakobi, Tobias (2007): Konfessionelle Mitbestimmungspolitik. Arbeitsbeziehungen bei Caritas und Diakonie am Beispiel des Krankenhaussektors. Berlin Weimer, Stefanie (2007): Die Reform der GVO und die Neuordnung des Automobilvertriebs. Herausforderungen für Betriebe, Belegschaften und Betriebsräte im KfZ-Gewerbe. Abschlussbericht. ISF München Kotthoff, Hermann (2006): Lehrjahre des Europäischen Betriebsrats. Zehn Jahre transnationale Arbeitnehmervertretung. Berlin Pries, Ludger/Ittermann, Peter/Niewerth, Claudia (2006): Mitbestimmungsalternativen. Betriebliche Muster der Partizipation und Interessenvertretung in der digitalen Wirtschaft. Abschlussbericht. Ruhr-Universität Bochum Minssen, Heiner/Riese, Christian (2007): Professionalität der Interessenvertretung. Arbeitsbedingungen und Organisationspraxis von Betriebräten. Berlin Stahlmann, Michael/Wendt-Kleinberg, Walter (2008): Zwischen Engagement und innerer Kündigung. Fortschreitender Personalabbau und betriebliche Interaktionskulturen. Münster Tietel, Erhard (2006): Konfrontation – Kooperation – Solidarität. Betriebsräte in der sozialen und emotionalen Zwickmühle. Berlin Funder, Maria/Dörhöfer, Steffen/Rauch, Christian (2006): Geschlechteregalität – mehr Schein als Sein. Geschlecht, Arbeit und Interessenvertretung in der Informations- und Telekommunikationsindustrie. Berlin Bellmann, Lutz/Ellguth, Peter (2006): Verbreitung von Betriebsräten und ihr Einuss auf die betriebliche Weiterbildung. In: Jahrbücher für Nationalökonomie und Statistik, Bd. 226, H. 5, S. 487–504 Vitols, Sigurt (2006): Ökonomische Auswirkungen der paritätischen Mitbestimmung. Themenheft Mitbestimmung und Unternehmenspolitik, hrsg. vom DGB-Bundesvorstand, Berlin
Die Projektveröffentlichungen Nr. 104
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Nr. 110 Nr. 111 Nr. 112
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Stettes, Oliver (2007): Die Arbeitnehmermitbestimmung im Aufsichtsrat. Ergebnisse einer Unternehmensbefragung. In: IW-Trends-Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 34. Jahrgang, Nr. 1/2007. Köln, S. 17–29 Der ERA und seine Umsetzung. Erfahrungen aus Baden-Württemberg. In: Bispinck, Reinhard (Hrsg.) (2008): Verteilungskämpfe und Modernisierung. Aktuelle Entwicklungen in der Tarifpolitik. Hamburg, S. 78–108 Artus, Ingrid (2008): Interessenhandeln jenseits der Norm. Mittelständische Betriebe und prekäre Dienstleistungsarbeit in Deutschland und Frankreich. Frankfurt a. M. Faust, Michael/Fisecker, Christian/Bahnmüller, Reinhard (2006): Shareholder Value und Personalwesen – Der Einuss der Finanzmärkte auf den Status, das Selbstverständnis und die Handlungsorientierungen des Personalmanagements und die Interaktionsbeziehungen mit dem Betriebsrat. Abschlussbericht. Tübingen. Bromberg, Tabea (2007): Engineering-Dienstleistungen in der Automobilindustrie: Verbreitung, Kooperationsformen und arbeitspolitische Konsequenzen. In: Hirsch-Kreinsen/Weyer, Johannes (Hrsg.): Soziologische Arbeitspapiere Nr. 18. TU Dortmund Mutz, Gert/Egbringhoff, Julia (2006): Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen. Die Rolle der Arbeitnehmervertretung. Abschlussbericht Berlin. München Kotthoff, Hermann (2007): Ten years General Motors European Employee Forum (EEF). Abschlussbericht. Darmstadt Bormann, Sarah (2007): Angriff auf die Mitbestimmung. Unternehmensstrategien gegen Betriebsräte – der Fall Schlecker. Berlin Schlömer, Nadine/Kay, Rosemarie/Backes-Gellner, Uschi/Rudolph, Wolfgang/Wassermann, Wolfram (2007): Mittelstand und Mitbestimmung: Unternehmensführung, Mitbestimmung und Beteiligung in mittelständischen Unternehmen. Münster Greer, Ian/Hauptmeier, Marco (2008): Political Entrepreneurs and Co-Managers: Labour Transnationalism at Four Multinational Auto Companies. In: British Journal of Industrial Relations, 46:1, S. 76–97 Promberger, Markus (2006): Leiharbeit im Betrieb. Strukturen, Kontexte und Handhabung einer atypischen Beschäftigungsform. IAB-Abschlussbericht. Nürnberg Biehler, Hermann/Hahn, Elke (2007): Der Gründungsprozess der Allianz SE aus Arbeitnehmersicht. Abschlussbericht. IMU-Institut München Candeias, Mario/Röttger, Bern (2009): Betriebsräte in der Zivilgesellschaft. Überbetriebliches Engagement: Ansatz für die Erneuerung der Gewerkschaften ? Hamburg (im Erscheinen) Schmid, Stefan/Daniel, Andrea (2007): Die Internationalität der Vorstände und Aufsichtsräte in Deutschland. Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
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Anhang Niedenhoff, Horst-Udo (2007): Praxis und Verbesserungsmöglichkeiten der betrieblichen Mitbestimmung – Ergebnisse einer Fallstudie aus dem Jahr 2007. IW-Analysen Nr. 33, Köln Niedenhoff, Horst-Udo (2007): Betriebsratswahlen – eine Analyse der Betriebsratswahlen 1975 bis 2006. IW-Analysen Nr. 24, Köln Kißler, Leo/Greifenstein, Ralph/Wiechmann, Elke (2008): Großbaustelle Arbeitsverwaltung. Arbeitsbedingungen und -beziehungen im Schatten der Arbeitsmarktreform. Berlin Wassermann, Wolfram/Rudolph, Wolfgang (2007): Leiharbeit als Gegenstand betrieblicher Mitbestimmung. HBS Arbeitspapier 148, Düsseldorf Hoßfeld, Heiko/Nienhüser, Werner (2008): Verbetrieblichung aus der Perspektive betrieblicher Akteure. Frankfurt/Main sowie dies. (2007): Regulierungsform und Verbetrieblichungsneigung von Managern und Betriebsräten. Ergebnisse einer empirischen Untersuchung. In: Industrielle Beziehungen, Jg. 14, H. 4, S. 289–314 Gerum, Elmar (2007): Das deutsche Corporate Governance-System. Eine empirische Untersuchung. Stuttgart Nerdinger, Friedemann W./Stracke, Stefan (2008): Betriebliche Mitbestimmung und Innovation. Handlungsmuster von Arbeitnehmervertretern bei betrieblichen Innovationen und Bausteine für eine beteiligungsorientierte Unternehmenskultur. Abschlussbericht. Rostock, Hamburg sowie Stracke, Stefan (2006): Betriebsräte und Innovation. Empirische Befunde, Beschäftigungsorientierung und mögliche Aufgabenfelder. Arbeitspapier Nr. 3 aus dem Projekt TIM. Universität Rostock Wassermann, Wolfram/Rudolph, Wolfgang (2007b) Kleine Betriebsräte. Ergebnisse einer Befragung von Betriebsräten in Klein- und Mittelbetrieben aus dem Organisationsbereich der IG Metall. Abschlussbericht. BfS Kassel Killian, Werner (2007): Gemeinsame Interessenvertretung in dezentralen Strukturen. Erfolgs- und Misserfolgskriterien für die Zusammenarbeit von Personal- und Betriebsräten in Konzernstrukturen. Abschlussbericht. Kassel Rudolph, Wolfgang/Wassermann, Wolfram (2007a): Gestärkte Betriebräte. Trendreport Betriebsratswahlen 2006. HBS-Arbeitspapier 137. Düsseldorf Blume, Lorenz/Gerstlberger, Wolfgang (2007): Determinanten betrieblicher Innovation: Partizipation von Beschäftigten als vernachlässigter Einussfaktor. In: Industrielle Beziehungen, Jg. 14, H.3, S. 223–244 Böhm, Sabine (2009): „Und was sagen eigentlich die Beschäftigten dazu ?“ Arbeitsbedingungen und Interessenvertretung im Bereich einfacher Dienstleistungen aus der Perspektive der Beschäftigten: Das Beispiel LIDL (im Erscheinen) Stöger, Ursula (2008): Aus Frauensicht. Eine Analyse des Deutungsmusters ‚innerbetriebliche Interessenbeziehungen‘ von weiblichen Betriebsratsmitgliedern. Dissertation. München http://mediatum2.ub.tum.de/node ?id = 645741 Renaud, Simon (2008): Arbeitnehmermitbestimmung im Strukturwandel. Marburg
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Nr. 145 Nr. 146 Nr. 147
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Schmierl, Klaus (2008): Eine neue AERA in Thüringen. Einführung und Umsetzung des Entgeltrahmenabkommens in ausgewählten Pilotbetrieben. ISF Forschungsberichte München Schnabel, Claus/Koller, Lena/Wagner, Joachim (2008): Freistellung von Betriebsräten – Eine Beschäftigungsbremse ? In: Zeitschrift für ArbeitsmarktForschung, 41/2+3, S. 305–326 Stettes, Oliver (2008): Betriebsräte und alternative Formen der Mitbestimmung – Ergebnisse aus dem IW-Zukunftspanel. In: IW-Trends-Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 35. Jahrgang, Nr. 3/2008. Köln, S. 61–72 noch keine Kratzer, Nick/Nies, Sarah (2008): Leistungsgestaltung im Angestelltenbereich. Chancen und Risiken der ERA-Umsetzung. Abschlussbericht. ISF München Detje, Richard/Menz, Wolfgang/Nies, Sarah/Sanne, Günter/Sauer, Dieter (2008): Gewerkschaftliche Kämpfe gegen Betriebsschließungen – Ein Anachronismus ? In: WSI-Mitteilungen, Heft 5, 61. Jg., S. 238–245 sowie dies. (2008): Auseinadersetzungen um Betriebsschließungen – eine Bestandsaufnahme. Abschlussbericht. Hamburg, München noch keine Beutler, Kai/Lichte, Rainer (2007): Schmiedekonferenzen – Impuls für die Branche. Die Rolle von Branchenkonferenzen am Beispiel der deutschen Schmiedeindustrie 1990–2007. Düsseldorf Keller, Bernd/Werner, Frank (2007): Arbeitnehmerbeteiligung in der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) – Eine empirische Analyse der ersten Fälle. In: WSI-Mitteilungen Nr. 11/2007, S. 604–612 Lücking, Stefan/Trinczek, Rainer/Whitall, Michael (2008): Europäische Betriebsräte: Was lehrt der deutsche Fall für die Revision der EU-Richtlinie. In: WSI Mitteilungen, 5/2008, S. 246–253 Vitols, Sigurt (2009): Beteiligung der Arbeitnehmervertreter in Aufsichtsratsausschüssen: Auswirkungen auf Unternehmensperformanz und Vorstandsvergütung. HBS-Arbeitspapier Nr. 163. Düsseldorf ver.di Bundesvorstand/ISA Consult (Hrsg. 2007): Netzwerk Pege und Integrierte Versorgung. Berlin Hauser-Ditz, Axel/Hertwig, Markus/Pries, Ludger (2008): Betriebliche Interessenregulierung in Deutschland. Arbeitnehmervertretung zwischen demokratischer Teilhabe und ökonomischer Efzienz. Frankfurt/New York noch keine Jirjahn, Uwe (2008): Betriebsräte und betriebliche Beschäftigungsentwicklung. Abschlussbericht. Hannover Holst, Hajo (2009): Disziplinierung durch Leiharbeit ? Neue Nutzungsstrategien von Leiharbeit und ihre arbeitspolitischen Folgen. In: WSI-Mitteilungen 3/2009 (im Erscheinen)
282 Nr. 148
Nr. 149 Nr. 150 Nr. 151
Nr. 152 Nr. 153 Nr. 154 Nr. 155 Nr. 156 Nr. 157 Nr. 158 Nr. 159 Nr. 160 Nr. 161 Nr. 162 Nr. 163 Nr. 164 Nr. 165
Anhang Pries, Ludger (2008): European Works Councils as Transnational Interest Organisations ? In: ders. (Ed.): Rethinking Transnationalism. The Meso-link of organisations, London: Routledge, S. 155–173 noch keine noch keine Kuhlmann, Martin/Sperling, Hans-Joachim (2008): Neue (A)ERA ? Zur Umsetzung des neuen Entgelt-Rahmentarifvertrags in der Metall- und Elektroindustrie Niedersachsens. In: Mitteilungen aus dem SOFI, Jg. 2, Nr.3. Göttingen, S. 5–7 noch keine Martens, Helmut/Dechmann, Uwe (2010): Am Ende der Deutschland AG. Standortkonikte im Kontext einer neuen Politik der Arbeit. Münster noch keine noch keine noch keine noch keine noch keine noch keine noch keine noch keine noch keine noch keine noch keine Vgl. die Publikationen des WSI zu den Haupt- und Sonderbefragungen seit dem Jahr 1997 unter www.boeckler.de
Register
Aktiengesellschaft 78, 90, 100 f. Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund 25, 45, 49 Angestellte, leitende 61, 74 ff., 79, 81, 84, 91 Anteilseigner 72, 75 f., 91 f., 95, 170, 187 Arbeitnehmerbank 53, 75, 78, 91, 98, 101 f., 105, 186 Arbeitnehmerbeteiligung, direkte 30, 41 ff., 106, 118–121, 123, 131, 179, 190 Arbeitsbeziehungen 39, 44, 46 ff., 55, 92, 103, 106 f., 109 f., 112, 114, 119, 121, 125–128, 135 f., 141–147, 153 f., 156, 166, 168, 172, 176, 179, 181 Arbeitsgruppe 120, 133, 170, 178 Arbeitskonikt 48, 142 Arbeitsorganisation 30, 43 f., 56, 65, 107, 112, 118 ff., 123 ff., 127, 130, 132, 135, 139 ff., 169, 173, 177, 183 Arbeitspolitik 118, 125, 129 Aufsichtsrat 25, 29, 35 f., 41 f., 47 ff., 53, 59, 71–75, 77–84, 88–106, 118, 137, 143 ff., 147, 152 f., 163, 165, 170 f., 181 ff., 189 Ausschüsse 61, 70, 100 Auto 5000 125
Beteiligung, direkte 54, 126, 129, 179, 190 Betriebsrat 21, 25, 31, 36, 41 f., 47 ff., 51, 53, 59–68, 72, 79, 83, 98, 102, 104, 106–118, 121, 127, 129, 131–134, 147, 152 f., 155, 157, 161, 163, 167–170, 172–175, 178 f., 181, 189 f. Betriebsratsmitbestimmung 15, 19, 43, 67, 106, 108 ff., 112, 147, 169, 172 f., 175, 178 f. Betriebsverfassung 21, 25, 47 f., 52, 55, 60, 110, 116 f., 121, 132, 147 f., 157, 163 f., 166, 168, 181, 184, 189 Biedenkopf-Kommission 80, 94, 97 Bundesarbeitsgericht 61, 65 Bundespersonalvertretungsgesetz 69 f., 134, 139 Bürgerbeteiligung 27, 34 Bürgergesellschaft 129, 186 Bürgerstatus 128 f.
Beamte 69 f., 135, 141, 143, 146 Belegschaftspartizipation 39 f., 180
Delegierte 75 f., 82 Demograscher Wandel 107
Citoyen 31 Citoyennété 33 Co-Manager 113–117, 132, 173, 177 Corporate Governance 93, 100, 163, 168, 186 Corporate Social Responsibility 55, 143 ff.
L. Kißler et al., Die Mitbestimmung in der Bundesrepublik Deutschland, DOI 10.1007/978-3-531-92616-2, © VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2011
284 Demokratie 21, 25–28, 31–34, 37, 39, 43, 61, 120, 127, 155, 179, 183, 190 f. Demokratisierung 20, 28, 33 ff., 37, 40, 49, 59, 67, 83, 129 Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) 25, 46, 81, 131 f., 135, 139, 190 Drittelbeteiligung 77, 83, 188 Drittelbeteiligungsgesetz 77 f., 185, 189 Drittelparität 78, 82 Dualismus 48, 141 EBR-Richtlinie 164 f. Efzienz, ökonomische 93 ff., 97, 125 Einigungsstelle 65, 67, 70 Emanzipation 31, 34, 36, 38 Entscheidungsprozesse 25, 31, 35 f., 40, 90, 92, 94, 101, 103, 110, 114 ff., 129 Erkenntnisinteresse 106, 153 f. Europäische Aktiengesellschaft (SE) 63, 79, 82 f., 88, 102, 146, 162, 185 f., 191 Europäischer Betriebsrat 63 Europäisierung 21, 97, 102, 105, 154, 157, 164, 166, 182, 184, 190 Forschungsbilanz 19, 151 f., 155, 161, 183 Forschungsnanzierung 160 Freiwilligkeitsprinzip 41 Friedrich-Ebert-Stiftung 22, 184 Gender 111 Gesamtbetriebsrat 62, 70, 98, 111, 138, 174 Gesamtpersonalrat 70, 138, 176
Register Geschlechterdemokratie 32 Gewerkschaft 25, 29, 35 f., 42, 44 ff., 48–51, 55, 57 f., 60 ff., 70–75, 77, 80–83, 91, 97, 104 f., 114, 116, 118, 131 f., 141, 146, 165, 168, 182, 184 f., 189, 191 Gleichheitsprinzip 41 Gruppenarbeit 22, 44, 65, 123–127, 161, 177, 179 Gute Arbeit 105, 147, 181 Hans-Böckler-Stiftung 20, 57, 88, 90, 93 f., 96, 109, 151, 155, 160 HdA-Programm 118 ff. Herrschaft 26–30, 32–35, 37 f., 58, 67, 113, 128, 131, 173, 190 Humanisierung der Arbeit 120, 125, 132 Industrial-Relations-Forschung 153, 156, 162 f., 180 Industrielle Beziehungen 16 ff., 21, 25, 42, 45–52, 56–59, 64, 67, 83, 125, 147, 156, 161 f., 171, 184, 188, 191 Innovation 52 ff., 114, 119 f., 133, 173, Institutionenkunde 153, 156, 163 Institution, intermediäre 64, 117 Interessenvertretung 30, 43 f., 47 f., 50, 52, 56–59, 64, 67, 104, 108 ff., 112 ff., 116 f., 126, 128, 132 f., 135–138, 142 f., 146 f., 154, 157, 162–166, 168 f., 172 f., 175–182, 186 f., 190 International Framework Agreements 144 f. IT-Industrie 169
Register Kapitalismus 15, 29, 45 f., 103, 144, 168, 187 Kollektivakteure 46, 52 f. Kommunale Gemeinschaftsstelle (KGSt) 135 Kommunikation 52 f., 63, 89, 98, 114, 120, 122, 130 Koniktpartnerschaft 45–48, 64, 117 Konkurrenzdemokratie 26 Kontrolle 27, 30, 33, 35, 38, 93 f., 105 Konzern 45, 62 f., 74, 79, 100, 137 ff., 143, 176 f., 184, 189 Konzernbetriebsrat 62, 98, 138, 165, 174 Konzertierte Aktion 28, 51, 58 Korruption 30 Leistungsentgelt 142 Macht 30, 32 f., 40, 44 f., 47, 55, 57 f., 65, 67 f., 75, 79, 83, 95, 101, 104, 111 f., 116, 126 ff., 139, 143, 147, 153, 156, 169, 182, 190 Management, partizipatives 29 f., 43, 107, 127, 129 Mitarbeiterorientierung 139 f. Mitbestimmen 25 ff., 32, 34, 44, 51–54, 156, 162 Mitbestimmung am Arbeitsplatz 22, 39, 41 f., 49, 118–121, 123, 125 ff., 131 ff., 167, 178 f., 188, 190 Mitbestimmung, paritätische 40, 56, 75, 77, 79, 89 Mitbestimmungsforschung 16–19, 99, 106, 119, 151–154, 156–164, 166 ff., 170, 172–178, 180–183
285 Mitbestimmungsgesetz 39, 58, 72, 75 f., 80 f., 89, 91, 93, 103, 105, 151, 153, 155, 163, 180 f., 188 f. Mitbestimmungsidee 15 f., 18, 25, 42, 45 Mitbestimmungsmodell 17 ff., 49, 77, 80 ff., 89, 162, 185, 189 f. Mitwirkung 31, 38, 59, 65 f., 116, 163, 166, 174 Montanindustrie 42, 46, 72, 74 f., 77, 80, 83, 163 Montanmitbestimmung 29, 46, 74 f., 77, 81, 83, 93, 103, 158 Montanmitbestimmungsgesetz 73, 80 Neo-Korporatismus 28, 51, 58, 83 New Economy 128, 157, 179 New Public Management 136, 140, 177 Öffentlicher Dienst 59, 68 ff., 87, 134–138, 141 ff., 158, 170, 175, 177, 181 Öffentlicher Sektor 18, 43, 103, 134–138, 141 ff., 146, 157 f., 175, 177 f., 180 f. Öffentlichkeit, politische 33, 183, 191 Öffnungsklausel 48, 102, 142 Organisation, hierarchische 21, 30, 58 Organisationsentwicklung 53 Organisationsöffentlichkeit 183 Partizipation 22, 25–44, 51, 53 f., 96, 104, 113, 118 f., 121, 124–132, 140 f., 146, 167, 169, 178 f., 188, 190 Partizipation, demokratische 32, 38, 40, 129
286 Partizipationsgrad 35, 41 ff. Partizipationslernen 53 Partizipationsquote 41 ff. Peiner Modell 119 Personalrat 68 ff., 134, 136 ff., 146, 152, 157, 163, 170, 175, 177 f. Personalvertretung 136, 141, 176, 181 Planung, politische 27 Prekäre Beschäftigung 107, 147 Privatisierung 136 f., 141, 143, 146, 176, 181 Produktionskonzepte, neue 56, 114, 120, 123, 130 Professionalisierung 102, 115 Pseudopartizipation 27, 35 Public Governance 28, 176, 181 Qualikation, innovatorische 119 Qualitätszirkel 29, 121 ff., 126 f., 169, 178 Rationalisierungsgewinner 41, 123, 130 Rationalisierungsverlierer 129 Regelproduktion 41 Repräsentation 30, 56 ff., 63, 163 Schwellenwert 162 f., 185, 188 f. Selbstbestimmung 28, 34–39, 41 Shareholder 28, 99, 103, 129, 168, 171, 186 f. Societas Europaea 63, 79, 162 Souverän 32 Soziale Ungleichheit 32 Sozialisation, politische 33, 104 Sozialstaat 15, 31, 33, 35, 46, 144, 191 Sozialtechnik 29, 30, 121, 131
Register Sprecherausschüsse 61, 74 Stakeholder 144 Steuerung 27 f., 34, 38, 133, 169 Strukturwandel 16, 40, 56–59, 154, 156, 161, 172 ff. Tarifautonomie 15, 21, 25, 46 ff., 50 f., 57, 83, 128 Tarifbeziehungen 47 f. Tarifkonikt(-arena) 48, 92, 106, 113, 141 Tarifpolitik 50, 56 f., 106 f., 157, 173 Taylorismus 122, 124 ff. Technologieberatungsstellen 135 Tertiärer Sektor 28, 56 Toyotismus 125, 161 Typologie (Betriebsrats-) 112 f., 128, 165 Ungleichheit, geschlechtsspezische 130 f. Unternehmenskontrolle 92, 100 f., 188 Unternehmenskultur 30, 54 f., 59, 93 Unternehmensmitbestimmung 15, 19, 69, 71 f., 74, 77 ff., 81 f., 84, 87–93, 96–99, 101–105, 109, 134, 146 f., 156 f., 159, 162, 170 f., 174, 181 f., 184–189 Verbetrieblichung 48, 57, 106 ff., 167 f., 173, 190 Vertrauensleute 36, 43, 63, 110, 132 Vertretungsorgane, andere (AVOs) 108, 110, 143 f., 152 Verwaltung (-modernisierung, -reform) 136 f., 139 ff., 176 f., 180 Volksherrschaft 26 f., 32 Vorschlagswesen 121 f.
Register Wahlbeteiligung 111 Weimarer Republik 45, 49, 69 Wiedervereinigung 15, 19, 89, 156 Wirtschaftsausschuss 67 Wirtschaftsdemokratie 18, 25 f., 28, 31 f., 34 ff., 49, 183, 186 f., 191 Wirtschafts- und Sozialräte 25, 49 Zivilgesellschaft 183, 191
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