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Kampf im Korallenmeer
April 1600 im Jahre des Herrn – Korallenmeer. Das erste, was Capita...
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Seewölfe 752 1
Fred McMason
Kampf im Korallenmeer
April 1600 im Jahre des Herrn – Korallenmeer. Das erste, was Capitan Caballero Don Bartolomeo de Zumarraga an diesem Morgen sah, war die Tatsache, daß die große Manila-Galeone nur sehr mäßige Fahrt lief. Der Wind hatte spürbar abgenommen, der sonst blauweiße Himmel sah düster und schweflig aus. De Zumarraga war nicht gerade bester Laune, und so starrte er etwas muffig voraus, wo ein riesiger Gegenstand im Wasser wie eine überdimensionale Leiche trieb. Das Etwas trieb auf dem Rücken, hatte das schreckliche Maul weit offen und zeigte ein paar Reihen rasiermesserscharfer Zähne. Langsam trieb es auf den Rumpf der Galeone zu. Es war ein Weißspitzen-Menschenhai, eine jener gierigen Freßmaschinen, die alles zerstückelten, was ihnen vors Maul geriet. Er trieb an den Rumpf, und da geschah das Entsetzliche: Der sieben Yards große Gigant löste sich langsam auf und fiel auseinander... Die Hauptpersonen des Romans: Vidado de Ortega – der Dritte Offizier der Manila-Galeone hält aus dem Wasser geborgene Fische, die bereits gekocht sind, für Hirngespinste und zieht nicht die -richtigen Schlüsse. Don Bartolomeo de Zumarraga – der Capitan der Manila-Galeone wird mit einer Naturkatastrophe konfrontiert, wie sie furchtbarer nicht sein kann. Mac Pellew – der Zweitkoch der Arwenacks backt Osterhasen und malt Eier an, aber am Ende löst er nur ein dröhnendes Gelächter der Mannen aus. Paddy Rogers – hat sich wieder mal überfuttert und darf ein gewisses Öl zu sich nehmen, das ihn flitzen läßt. Philip Hasard Killigrew – muß erkennen, daß die Manila-Galeone keine Nuß ist, die man leicht knacken kann.
1. Auf der großen Nao de China starrten Männer wie gebannt in das Wasser. Manchen erschien es, als sei dieses Wasser längst nicht mehr so klar und rein wie noch vor wenigen Tagen. Aber das konnte auch an der schwefeligen Farbe des Himmels liegen. Der Profos der Galeone, Umberto Arvilos, hatte gerade eine Schlagpütz neben sich stehen, mit der er Wasser an Bord hieven wollte. Jetzt warf er die Schlagpütz geschickt mitten in das Zeug hinein, was von dem Hai noch übrig war, und holte sie nach oben.
In der Pütz befanden sich ein paar große Brocken, die der Profos mit seinen Pranken herausfischte und vorsichtig befühlte. Neben ihm stand der Stückmeister Giuseppe Cordoba, ein mittelgroßer Mann mit schütteren grauen Haaren und einem durchdringenden Blick. „Sieht seltsam aus, das Fleisch“, sagte der Stückmeister angeekelt. „Aber tote Fische sehen nun mal nicht schön aus. In diesen Klimazonen geht die Verwesung schnell vonstatten.“ Umberto Arvilos hielt dem Stückmeister das Fleisch auf der Hand hin. „Das ist nicht verwest“, sagte er, „das ist gekocht. Es riecht erstaunlich gut.“ Der Stückmeister schnüffelte ein bißchen, schließlich nickte er zustimmend.
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„Tatsächlich! Aber wie ist das möglich?“ Darauf wußte der Profos, der ein unbedarfter Mann war, auch keine Antwort. Er stand da und grinste dümmlich und verlegen. Während sie sich über den rätselhaften Fund unterhielten, wurden sie jäh in ihrer Diskussion gestört. Vidado de Ortega tauchte auf, der Dritte Offizier, von der Besatzung wegen seines breiten Froschmauls und der Quakstimme heimlich Rana genannt. Ortega war ein sehr übellauniger Mann, der sich grundsätzlich nichts sagen ließ, dafür berüchtigt war, dass er die Mannschaft bis zur Weißglut kujonierte und für erhebliche Angst unter dem Decksvolk sorgte, weil er immer wieder überraschend an allen unmöglichen Stellen erschien. „Was wird hier diskutiert, was gibt es, was hat das Zeug an Deck zu bedeuten?“ herrschte er die Männer an. Ein paar Decksleute, die in der Nähe arbeiteten, duckten sich unwillkürlich bei seinem Anblick und dem quakenden Ton seiner Stimme. Stückmeister und Profos standen schluckend da. Der Profos knetete verlegen die Hände und blickte an Ortega vorbei. Der Dritte, ein adeliger Querulant, war immer vornehm gekleidet. Nur sein Hut mit der kleinen Federboa paßte nicht zu seinem äußeren Habitus. Aber mit diesem etwas schäbigen Hut hatte es auch seine besondere Bewandtnis. Jedenfalls schien er eine Vielzahl dieser seltsamen Hüte zu besitzen. „Ein Hai wurde gesichtet, Don Vidado“, begann der Stückmeister vorsichtig. „Er fiel auseinander, als er an die Bordwand trieb, und so nahm der Senor Profos eine Probe davon.“ „Weiter“, sagte das Froschmaul gepreßt, „ich höre.“ „Das Fleisch scheint nicht verwest zu sein. Es riecht eher so, als sei es gekocht worden. Darüber haben wir uns unterhalten.“
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„Gekochte Fische pflegen nicht im Meer zu schwimmen, sondern in Suppentöpfen“, belehrte de Ortega die beiden. Er warf aber doch einen Blick auf das faserige Zeug und betrachtete es widerwillig. Die Zeichen der Zeit wußte Don Vidado allerdings nicht zu deuten, und so rümpfte er nur verächtlich die Nase. Er war auch kein guter Seemann, er hatte sich aufgrund seines adeligen Ranges den Titel als Dritter Offizier gekauft – wie so viele andere vor ihm auch. „Weg mit dem Zeug!“ befahl er. „Künftig holen Sie meine Erlaubnis ein oder schicken einen Melder nach achtern. Ich dulde keine Eigenmächtigkeiten.“ Der Profos hielt noch immer das weißliche Fleisch in seinen Pranken. Einer der Decksmänner sah es und stand langsam auf. Sein Gesicht wurde merklich blaß, als er das Gebilde sah, von dem ein angenehmer Geruch ausging. „Madre santissima!“ rief er und bekreuzigte sich. „Wir haben das schon mal vor vielen Jahren erlebt. Da ist das Meer aufgebrochen und ganz plötzlich ...“ De Ortega fuhr herum. Seine Augen verengten sich, und seine quakende Stimmlage wurde um einige Nuancen höher. „Wer ist der Kerl, der es wagt, einen Offizier seiner Allerkatholischsten Majestät mitten im Wort zu unterbrechen?“ schrie er unbeherrscht. „Ich wollte nur ...“ „Deinen Namen, Kerl! Und deinen Rang !“ „Philipe Sirocco, trabajador de cubierta“, sagte der Mann schnell. „Hundesohn, gewöhnlicher Decksarbeiter. Dafür sollte ich dir die Peitsche geben lassen.“ Der Trabajador wunderte sich, daß de Ortega von einem Augenblick zum anderen freundlicher wurde und sogar Interesse an seiner Person zu bekunden schien. Das Froschmaul wurde noch breiter. „Neu an Bord der Nao?“ fragte er. „Si, Don Vidado, es ist meine erste Reise.“ „Woher stammst du?“ „Aus Kastilien, Don Vidado.“
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„Kastilianer! Sind doch alles Falschspieler und Hasardeure, Gauner, Halsabschneider, Bastarde. Du gehörst auch dazu. Aber ich will dir eine Chance geben. Kennst du das Spiel: Fang den Hut?“ „Leider nein, Don Vidado.“ „Leider nein, haha! Du wirst es gleich kennenlernen.“ De Cordoba schien jetzt ausgezeichneter Laune zu sein. Er nahm seinen schäbig wirkenden Hut mit der Federboa ab und hielt ihn waagerecht vor die Brust. „Die Spielregeln sind ganz einfach, Trabajador“, sagte er. „Stell dich da drüben mit dem Rücken ans Schanzkleid.“ Der Mann tat es und ging zum Schanzkleid hinüber, bis de Ortega ihm ein Zeichen gab. „Stehenbleiben! Ich werfe dir jetzt meinen kostbaren Hut zu, und du wirst ihn auffangen. Wenn du ihn aufgefangen hast, bringst du ihn mir sofort wieder zurück. Hast du das verstanden?“ Der Mann hatte zwar so gut wie nichts verstanden, vor allem wußte er nicht, was geschah, wenn er den Hut nicht fing. Aber vor Angst wagte er nicht, danach zu fragen. Er wußte nur, daß diese Adligen vom Achterdeck mitunter sehr seltsame Marotten hatten. Auf seinem letzten Schiff hatte es einen Offizier gegeben, der sogar die Bordhühner auspeitschen ließ, wenn sie nicht genügend Eier legten. Er hatte das als Verweigerung und Sabotage angesehen. Aus den Augenwinkeln sahen ein paar Männer heimlich zu, die das „Spiel“ bereits kannten. Doch niemand traute sich, auch nur ein Wort zu sagen. Der Decksmann stand mit gemischten Gefühlen da. Einerseits war er stolz, überhaupt die Aufmerksamkeit eines Adligen erregt zu haben, andererseits fühlte er sich dem Mann hoffnungslos unterlegen. Das war auch der Grund, warum er kommentarlos alles mitmachte und mit sich geschehen ließ. Der ehrenwerte Don Vidado könnte ja sonst vielleicht beleidigt sein. Der grinste jetzt impertinent, nahm den Hut zwischen Daumen und Zeigefinger
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und schleuderte ihn mit einem schnellen Ruck aus dem Handgelenk auf den Decksmann zu. Der packte mit krallenartig vorgereckten Händen zu, fing den Hut auf, brachte ihn wieder zurück und deutete eine Verbeugung an, die Don Vidado mit vollendeter spanischer Grandezza erwiderte. Sein breites Froschmaul war zu einem öligen Grinsen verzogen. „Sehr gut“, sagte er, aber es klang etwas höhnisch und gleichzeitig verächtlich. „Nur weiter so, Trabajador. Du wirst noch mal ein fähiger Mann.“ Über dieses Lob freute sich Sirocco gewaltig, und da er so gut mit Don Vidado „befreundet“ war, weil der sich ja immerhin mit ihm abgab, fühlte er sich schon fast über die anderen Decksarbeiter erhaben. Wieder erfolgte der schlenkernde Ruck aus dem Handgelenk, und diesmal hatte der Trabajador etwas mehr Mühe, den Hut aufzufangen. Er schaffte es dennoch im allerletzten Augenblick. Don Vidado nickte wohlwollend. Seine Augen kniffen sich noch eine winzige Spur mehr zusammen. Der Hut wurde zurückgebracht, Verbeugung, Kratzfuß, falsche Freundlichkeit von seiten de Ortegas, dessen Miene sich immer höhnischer verzog. Beim vierten Wurf geschah es dann. Der Hut kreiselte heran, allerdings nicht auf den Fänger zu, sondern weit daneben und außerdem noch viel zu hoch. Der Decksmann streckte sich verzweifelt und grapschte in die Luft. Er sah gerade noch, wie der Hut achteraus ins Kielwasser segelte und dann auf Nimmerwiedersehen verschwand. * Sirocco öffnete den Mund zu einem Schrei, doch es war ein tonloser Schrei, der nicht über seine Lippen drang. Das Gesicht de Ortegas zeigte scheinbare Bestürzung. Er krümmte den Zeigefinger
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und winkte den Unglücklichen zu sich heran. Sirocco stand schluckend vor dem froschmäuligen Ungeheuer. Vor Verlegenheit und Angst war ihm alles Blut aus dem Gesicht gewichen. „Mein kostbarer und schöner Hut“, sagte de Ortega mit tiefstem Bedauern. „Weißt du Tölpel überhaupt, was so ein Prachtstück kostet, welchen Wert es darstellt?“ „Madre santissima!“ jammerte Sirocco. „Ich bitte tausendmal um Entschuldigung, Don Vidado.“ „Du bist ein Esel, ein unfähiger Trottel!“ fuhr de Ortega ihn an. „Man sollte dich ins Kielwasser hängen oder unter dem Schiff durchziehen. Aber du wirst mir diesen Hut ersetzen, du kastilianischer Bastard. Ich wußte doch gleich, daß du zu nichts nutze bist. Weißt du, was der Hut kostet?“ „Nein, Don Vidado, nein, ich weiß es nicht.“ „Es ist eine Maßanfertigung aus Madrid. Der Hut hat mich sechs Golddublonen gekostet, und du läßt ihn einfach über Bord fliegen. Hast du sechs Golddublonen?“ Natürlich hatte Sirocco keine sechs Golddublonen. Er hatte soviel Geld noch nie auf einmal gesehen. „Was, du Bastard hast nicht mal sechs Golddublonen und spielst einfach mit?“ empörte sich de Ortega. „Ich sagte doch, daß alle Kastilianer ganz verdammte Spieler sind. Wie hoch ist deine jährliche Paga, die Paga de los marineros?“ Sirocco brauchte seine Heuer nicht lange auszurechnen. Jammernd stieß er hervor: „Eine Dublone im Jahr, Don Vidado, nur eine Dublone, oder zwei Pistolen, weil die Paga halbjährlich gezahlt wird.“ „Und wie stellst du dir das jetzt vor? Soll ich meinen Hut selbst bezahlen, weil du zu dumm bist, ihn zu fangen? Zwei Pistolen sind ohnehin viel zuviel für dich. Aber du wirst mir den Hut bezahlen, sonst holt dich El Diabolo, verstanden?“ Sirocco schlotterte vor Angst an allen Gliedern. Er war kaum noch fähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Am liebsten wäre er über Bord gesprungen und dem
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Hut nachgeschwommen. Aber das war so unmöglich wie die Bezahlung von sechs Dublonen. „Si, Senor, Don Vidado, meine ich. Ich – ich werde alles tun, um den Hut zu bezahlen.“ „Wie willst du das anstellen?“ „Ich – weiß es noch nicht, Don Vidado“, erwiderte Sirocco kläglich. De Ortega schien gründlich nachzudenken und blickte dabei in die Ferne. Nach einer Weile kehrte sein Blick zurück. „Aber ich weiß es.“ Sirocco war heilfroh, daß sich endlich eine Lösung anbahnte. „Ich werde alles tun, was Sie von mir verlangen, Don Vidado.“ „Das will ich auch hoffen. Ein anderer hätte es als tödliche Beleidigung aufgefaßt, aber ich bin großmütig und auch nicht nachtragend. Du kriegst also eine Dublone im Jahr“, sagte er nachdenklich, „oder zwei Pistolen. Ich werde das Geld über den Quartiermeister ganz einfach von deiner Heuer einbehalten. Natürlich, das ist die beste Lösung. So kannst du deine Schulden abtragen.“ Sirocco wirkte erleichtert, aber gleichzeitig wuchs eine innere Beklemmung in ihm. Er überlegte verzweifelt, wie lange das wohl dauern würde, bis er endlich seine Schulden an den Dritten abbezahlt hatte, aber in seinem Kopf ging alles durcheinander. Da schienen Ameisen zu krabbeln, die alle seine Gedanken wegfraßen. „Ja, vielen Dank, Don Vidado“, hörte er sich wie aus weiter Ferne sagen. „Das ist eine gute Lösung.“ Sein neuer „Freund“ klopfte ihm gönnerhaft auf die Schulter, was als ein Zeichen besonderer Gunst aufzufassen war. Und wie Don Vidado ihn anlächelte! „Dann geht das in Ordnung“, sagte der Dritte. „Du unterzeichnest nachher beim Quartiermeister für weitere sechs Jahre. Das solltest du als große Ehre auffassen, sechs weitere Jahre im Dienst Seiner Allerkatholischsten Majestät, des Königs von Spanien. Wer wird schon dieser Ehre zuteil, Seiner Majestät so lange dienen zu
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dürfen! Dazu noch auf einem auserwählten Schiff wie diesem. Deine Zukunft ist damit für ein halbes Dutzend Jahre gesichert. Natürlich erhältst du in dieser Zeit keine Heuer, aber was ist schon Heuer gegen die Ehre! Hier an Bord mangelt es dir an nichts, du hast immer gut zu essen und reichlich zu trinken, Trabajador. Du solltest der Madre santissima auf den Knien dafür danken.“ „Ich werde Sie in meine Gebete einschließen, Don Vidado, wenn Sie gestatten“, murmelte Sirocco. „Tu das“, erwiderte der Dritte kurz. „Und vergiß nicht, dich sofort beim Quartiermeister eintragen zu lassen. Ich werde das später selbst überprüfen. Solltest du das vergessen, werde ich dafür sorgen, daß man dich zwölf Jahre auf eine Galeere schickt.“ „Ich werde sofort zum Quartiermeister gehen“, versicherte Sirocco eifrig. Der Dritte kümmerte sich nicht weiter um den Mann. Für ihn war der Vorfall damit vergessen, und so verschwand er hämisch grinsend in Richtung Achterdeck, wo er alsbald mit einem neuen Hut auftauchte, der jenem verblüffend glich, der gerade über Bord geflogen war. Er hatte noch mehr davon, aber er brauchte sie auch, um das Spiel weitertreiben und so die Männer zum Dienst pressen zu können. Auf diese Art hatten sie immer willfährige Decksleute an Bord, die sich noch glücklich schätzten, daß sie nicht härter bestraft wurden. De Ortega vergewisserte sich auch genau, ob Sirocco alle Verpflichtungen erfüllte, die er eingegangen war. Es stimmte, wie er feststellte. Der Decksmann hatte alle Auflagen erfüllt und für sechs weitere Jahre unterschrieben. Auch auf die Heuer hatte er verzichtet. „Wieder einen Dummen gefunden?“ fragte Capitan Don Bartolomeo de Zumarraga den Dritten spöttisch. „Da haben Sie das erste Dutzend ja bald voll. Passen Sie nur auf, daß Ihnen die Hüte nicht ausgehen.“ „Ich habe noch einen guten Vorrat, Don Bartolomeo. Auf diese Art und Weise kriegen wir eine Stamm-Mannschaft
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zusammen, und müssen uns nicht in jedem Hafen mit anderem Pack herumärgern.“ „In der Tat ein guter Gedanke.“ De Zumarraga starrte an ihm vorbei ins Wasser. Dort tauchten im Blau des Meeres immer wieder weiße Flecken auf. Das Blau des Wassers veränderte sich auch mitunter sehr schnell und nahm dann eine schwefliggelbe Farbe wie der Himmel an: Noch einer starrte wie gebannt ins Wasser. Dazu bediente er sich eines kostbaren Spektivs. Es war der Bevollmächtigte der Casa de Contratacion, Don Porfirio de Aranjuez, Beamter der Kontrollbehörde der Handelsmarine. Er und der andere Beamte der Casa hatten für den reibungslosen Ablauf der Reise von Manila über den Pazifik nach Acapulco zu sorgen. Der andere Beamte, Don Alfonso de Zaragoza, enterte gerade den Niedergang zum Achterdeck auf. „Was hatte der Vorfall vorhin an Deck zu bedeuten?“ fragte Don Porfirio den Dritten Offizier, der selbstzufrieden an der Schmuckbalustrade lehnte und vor sich hingrinste. „Die Sache mit dem Hut?“ „Die Sache mit dem toten Hai, der in Stücke zerfiel.“ „Nichts von Bedeutung“, erklärte der Dritte und unterstrich seine drei Worte mit einer lässigen Handbewegung. „Jemand behauptete, der Fisch sei gekocht. Idiotisch, was das gemeine Decksvolk so von sich gibt, direkt lachhaft.“ „Hier schwimmen noch mehr tote Fische herum, wie Sie sehen können, falls Sie mal einen Blick aufs Wasser werfen.“ „Der Hai wird sie getötet haben“, meinte de Ortega leichthin. „Sehr richtig“, höhnte Don Porfirio, „der Hai hat die anderen Fische getötet, und das tat ihm so leid, daß er anschließend Selbstmord beging.“ Das Froschmaul verzog sich zu einem leichten Zucken, beließ es dann aber bei einem verächtlichen Grinsen. „Wüßte nicht, was uns tote Fische angehen“, sagte de Ortega etwas von oben herab. „Wir bewegen uns über dem Wasser, die Fische darunter.“
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Don Porfirio musterte den Dritten kühl. Er konnte diesen Besserwisser, der sich keineswegs durch gute Seemannschaft auszeichnete, nicht leiden. Auch mißfiel ihm die selbstherrliche Art des Mannes, der sich für den Nabel der Welt hielt. „Veranlassen Sie bitte“, sagte Don Porfirio kühl, „daß ein oder zwei dieser toten Exemplare an Deck geholt werden, so wie es vorhin ohne Aufforderung geschah. Ich möchte mir die Fische ansehen.“ „Ich fahre auf der Nao als Dritter Offizier, Don Porfirio“, sagte de Ortega blasiert, „aber nicht als Fischhändler, wenn Sie das gütigst zur Kenntnis nehmen wollen.“ Der Casa-Beamte, mit Vollmachten ausgestattet, von denen ein Capitan oder Offizier nur träumen konnte, nickte gelassen. Es gab schon seit längerer Zeit Reibereien auf dem Achterdeck zwischen Kapitän, Offizieren und den beiden Beamten. Jetzt wurde es Zeit, daß der Kerl mit dem breiten Froschmaul etwas auf Normalgröße zurückgestutzt wurde. Offenbar übersah er geflissentlich, wer hier an Bord den Ton angab. „Pescadero ist ein schöner Titel, Senor de Ortega. Warum sollten Sie nicht mal zur Abwechslung als Fischhändler fahren? Das Format haben Sie eher dazu als die Befähigung zu einem Offizier. Wie sehen Sie das?“ wandte er sich an den anderen Beamten. Don Alfonso de Zaragoza nickte tiefsinnig. „In der Tat. Bisher hat sich Senor de Ortega noch durch keinerlei Leistung ausgezeichnet. Genaugenommen, steht er nur herum. Seine Bezüge als Offizier könnte man daher als Anwesenheitsgeld bezeichnen. Wollen Sie damit andeuten, Don Porfirio, daß wir von unserem Recht Gebrauch machen sollten, Senor de Ortega auf einen weniger strapaziösen Posten zu versetzen?“ „Wir sind der Krone gegenüber sogar dazu verpflichtet, Don Alfonso. Natürlich nach vorheriger Anhörung.“ De Ortega wechselte die Gesichtsfarbe, doch die beiden schienen das nicht zu bemerken.
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„Der Dritte Offizier der ,Soberania` ist ein hervorragender Mann“, sagte Don Porfirio und deutete zu der anderen Galeone, die der Nao de China seitlich versetzt im Kielwasser folgte. „Ein hervorragender Mann“, bestätigte Don Alfonso. „Im Gegensatz zu uns haben sie ja noch einen Vierten Offizier. Dann könnte Senor de Ortega dessen Platz einnehmen und der Vierte als Dritter aufrücken.“ De Ortega gab sehr schnell klein bei und begann vor den beiden Beamten zu katzbuckeln und sich zu entschuldigen, bis die beiden Männer versprachen, die Angelegenheit noch einmal zu überdenken. „Natürlich werde ich veranlassen, daß sofort einige Exemplare an Bord geholt werden, Senores“, sagte er eifrig. Und damit verschwand er augenblicklich vom Achterdeck, um den Profos aufzusuchen. Capitan de Zumarraga und sein Bruder, der Erste Offizier, Don Jerome de Zumarraga, starrten finster vor sich hin, ohne in den Disput einzugreifen. Sie waren bereits ein paarmal mit den beiden Beamten hart zusammengerasselt und zogen es vor, ihre Gedanken bei sich zu behalten, denn mit beiden Senores war nicht gut Salzwasser lecken. Inzwischen begann sich der Himmel auf eine unheimliche und seltsame Art weiter zu verfärben. Auch der Wind nahm langsam ab und blies nur noch schwach in die großen Segel. Die untere Ecke des Großsegels und die beiden Seitenbahnen trugen jeweils die gestickte Buchstabenreihe A. V. M. G. P. – die Abkürzung für Ave Maria gratia plena. Jetzt wurde das Segel faltig, und die Buchstabenreihe war kaum noch erkennbar. De Zumarraga beschlich ein unheimliches Gefühl, das er sich nicht erklären konnte. Das diffuse Zwielicht irritierte ihn. Er hatte zwar lange Jahre auf See verbracht, aber dieses Zeichen wußte er nicht zu deuten. Der Himmel schien voller Schwefel zu hängen wie das Zeug, mit dem auch die Fässer immer ausgeschwefelt wurden, fahl gelblich und mit einem Stich ins Grüne.
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Diese Farbe übertrug sich auch auf das Meer, das nur noch an einigen Stellen blau schimmerte. Er wußte mit Sicherheit, daß kein Sturm bevorstand, obwohl der Himmel danach aussah. Aber es schien auch kein Gewitter zu geben. Die Inseln voraus, an Backbord und Steuerbord waren ebenfalls in dieses unwirkliche Licht getaucht. „Vielleicht sind das typische Anzeichen für dieses Korallenmeer“, sagte Don Jerome zu seinem Bruder. „Oder aber hier beginnt der Höllenschlund zu kochen, wie so viele schon behauptet haben“, fügte .er etwas leiser hinzu. „Laß die Ausgucks doppelt besetzen“, sagte der Capitan. „Wir kennen uns in diesem verdammten Meer nicht aus.“ In jeden Ausguck stieg zusätzlich gleich darauf noch ein weiterer Mann, um scharf Ausschau zu halten. In diesen Gewässern, die von der ManilaGaleone zum ersten Male befahren wurden, benahmen sich Schiffsführung und Casa-Leute recht leichtsinnig, oder sie kannten die Gefahr nicht, was teils auf den Mangel an Seekarten zurückzuführen war. Ziemlich sorglos segelten sie auch nachts dieses Meer, in dem es von Korallenriffen nur so wimmelte, wo dicht unter der Wasseroberfläche tückische Erhebungen lagen und Korallen lauerten, die scharf wie Rasiermesser waren. Sie würden die Galeone regelrecht aufschlitzen, wenn sie irgendwo aufliefe. Doch bisher hatte sich das „Ave maria gratia plena“ bewährt. Das Schiff und sein Begleiter schien unter dem besonderen Schutz der Jungfrau Maria zu stehen. Nicht ein einziges Mal hatten sie auch nur die tödlichen Riffe gestreift. Etwas später staunten sie alle auf dem Achterdeck, als der Profos Umberto Arvilos, eskortiert vom Dritten Offizier, eine Pütz aufs Achterdeck brachte. Was da drin war, ließ sie alle erschauern. 2.
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Angeekelt wurde der Inhalt betrachtet, wobei fast jeder die Nase rümpfte. Für de Ortega war es unter seiner Würde, einen toten Fisch anzufassen, und erst recht hielt sich der Zweite, Santiago de Cimarron, zurück. Er sah mit arroganter Überheblichkeit an ' der Pütz vorbei auf die Planken. In der Pütz befanden sich zwei Fische, die niemand von der Art her kannte oder jemals gesehen hatte. Beide waren fast armlang und teilweise zerfallen. Deutlich aber waren noch die weißen, hervorquellenden Augen zu erkennen wie bei Fischen, die in heißem oder kochendem Wasser gegart waren. Don Porfirio griff zögernd hinein und hielt ein Stück Fisch in der Hand, das buchstäblich unter seinen Fingern zerfiel. Das Fleisch löste sich von den Gräten und sank in die Pütz zurück. Don Porfirio schnupperte an den Resten. Sein anfangs widerwillig verzogenes Gesicht hellte sich ein wenig auf. „Kein übler Geruch“, stellte er fest. „Das Fleisch scheint tatsächlich gekocht zu sein, als würde der Fisch gerade aus der Kombüse serviert werden.“ Der Dritte wollte etwas erwidern, entsann sich dann aber noch rechtzeitig an die Warnung und schwieg. Er war nicht wild darauf, auf der anderen Galeone als Vierter Offizier zu fahren. „Das alles ist sehr merkwürdig“, tat Don Alfonso kund. „Ich habe keine Erklärung dafür.“ „Irgendwo steigt kochendes Wasser im Meer hoch“, sagte Don Porfirio nach einer Weile. „Es soll ein paar Stellen im Meer geben, wo heiße Strömungen fließen.“ „In unseren Karten sind sie jedenfalls nicht verzeichnet“, erklärte Cimarron wichtigtuerisch. „Sonst wäre es meiner Aufmerksamkeit ganz sicher nicht entgangen.“ „Wir können froh sein, wenn in unseren Karten auch nur ein Bruchteil der vielen Inseln verzeichnet ist“, erwiderte der CasaMann. Fast trübsinnig starrte er jetzt auf die Überreste.
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Ein dumpfes Grollen ließ sie alle herumfahren. Die beiden Rudergänger zuckten heftig zusammen. „Ein entferntes Gewitter“, sagte de Ortega, und damit lag er wieder einmal so falsch wie mit seinen meisten Behauptungen. Im Südosten wurde aus dem schwefligen Gelb ein fahles Dunkel. Die Kimm war nicht mehr zu erkennen, alles verschmolz zu einer formlosen Masse und ging ineinander über. Sie warteten auf einen Blitz, doch es gab keinen. Dafür wiederholte sich das Grollen noch einmal rumpelnd und langgezogen. Auf dem wieder ruhig daliegenden Meer war plötzlich Bewegung zu sehen. Von der fahlen Schwärze hoben sich deutlich riesige helle Trauben ab, ein geballter Pulk, der explosionsartig zum Himmel stieg. Die Männer vom Achterdeck sahen sich fassungslos an. „Was ist das?“ fragte der Dritte mit entsetzt aufgerissenen Augen. Sein Froschmaul verzog sich vor Angst bis an die Ohren, als der riesige Pulk sich anschickte, Kurs auf die Manila-Galeone zu nehmen. „Seevögel sind das“, erklärte Don Porfirio trocken. „Seevögel, die durch irgend etwas aufgestöbert wurden.“ Die Seevögel, eine unübersehbare Schar, kamen von einer Insel, die jetzt in der schmutzigen Schwärze nicht mehr zu erkennen war. Es mußten etliche Tausend von ihnen sein, kleine und große, deren Gekreische schon jetzt auf diese Entfernung zu hören war. Bald war die Luft nur noch vom Gelärm des Vogelschwarms erfüllt. Es war so laut, daß die Männer auf dem Achterdeck brüllen mußten, um sich verständigen zu können. Gellende Töne waren dabei, die sich zu einer wahren Katastrophe steigerten und in den Ohren schmerzten. Das Flattern war zu hören, einem Rauschen gleich, wie es nur ein mächtiger Wasserfall hervorbringt. Die kreischende und brüllende Wolke wurde immer größer, bis sie den südöstlichen dunklen Himmel ausfüllte.
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Unter der Mannschaft brach fast eine Panik aus. Etliche Kerle gingen hinter dem Schanzkleid in Deckung, andere flüchteten kopflos über die Niedergänge tiefer nach unten in die anderen Decks. Der so vornehm tuende Erste Offizier wurde merklich blaß, als er die heranjagende weiße Schar sah, die unbeirrbar auf das große Schiff zuhielt. „Misericordia!“ rief er, blickte wild um sich und peilte den Niedergang zum Quarterdeck an. Doch dann sah er das eingefrorene Grinsen im Gesicht Don Porfirio und hielt heldenhaft seine Stellung, wenn auch in der lauernden und ängstlichen Pose eines Verfolgten. „Wenn das vorbei ist“, sagte Don Alfonso schluckend, „werden wir eine Messe lesen lassen. Heilige Jungfrau Maria ...“, begann er laut zu beten. Angst vor dem Unbekannten breitete sich aus und ging wie ein Schreckgespenst auf dem Schiff um. Auch auf der anderen Galeone standen die Seeleute an Deck und bekreuzigten sich. Niemand hatte je etwas Ähnliches erlebt, und gerade diese ungewöhnliche Ansammlung riesiger Vogelschwärme ließ die Spanier kopflos werden, denn Vögel waren dafür bekannt, daß sie vor dem Menschen davonflogen, nicht aber seine Nähe suchten, schon gar nicht unter solchem Lärm und entsetzlichem Kreischen. Da sie eine derartige Situation noch nie erlebt hatten, wußte auch niemand, wie sie sich verhalten sollten. Die Männer auf dem Achterdeck waren genauso ratlos und warteten ängstlich ab, was weiter geschah. Die Nao de China schien unter dem Ansturm zu erzittern. In der Luft lag ein klagendes Heulen wie von Äolsharfen. Die Spanier hielten die Hände über den Kopf oder preßten sie an die Ohren, um nicht dieses schreckliche Kreischen hören zu müssen. Viele andere hatten auch einfach Angst, daß die Vögel über sie herfallen würden. Unter dem Ansturm der Vogelleiber schien das Leben auf den beiden Schiffen zu ersticken.
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Die weiße Pracht senkte sich kreischend, zeternd, krächzend und flügelschlagend nieder und nahm auf Rahen und Tauwerk Platz. Ein Höllenkonzert brach los, so wild und schrecklich, daß einige Kerle wie von Sinnen blindlings davonrannten. Die Vögel klammerten sich an alles, was ihnen Halt bot. Sogar über die Wanten und Nagelbänke fielen sie her oder setzten sich flatternd auf die Handläufe des Schanzkleides, ohne die verstörten Dons zu beachten. Der Schwarm erreichte auch das Achterdeck, und eine andere Wolke nahm die achtern auf segelnde „Soberania“ in Beschlag und ließ sich zeternd überall nieder. Da half auch nicht, daß ein paar wie irre schreiende Kerle nach den Vögeln schlugen, um sie zu vertreiben. Das Flügelschlagen wurde nur noch wilder und das entsetzliche Kreischen noch greller. Geöffnete Schnäbel hackten wahllos in die Luft oder nach allem, was sie erwischen konnten. Zu diesem Zeitpunkt war die ManilaGaleone so gut wie manövrierunfähig, denn einer der beiden Rudergänger war laut brüllend über das Quarterdeck nach unten geflüchtet. Der zweite blutete aus drei oder vier Wunden am Kopf, Stellen, wo ihn die harten Schnäbel der Vögel getroffen hatten. Der einzige, der einen heroischen Anblick bot, war in dieser höllischen Situation Vidado de Ortega, seines Zeichens Dritter Offizier. Ein geierähnlicher schwarzweißer Vogel hatte seinen Hut entdeckt und sich von dem Ding offenbar Schutz versprochen. Mit ausgestreckten Krallen flog er ihn an – und landete zielsicher auf dem Hut, auf dem er sich festkrallte. Unter dem Hut steckte aber noch de Ortega, und der brachte vor lauter Angst keine Bewegung mehr zustande, zumal er, schräg nach oben schielend sah, daß der Geier – oder was immer das auch für ein
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Vieh sein mochte – freundlich zu grinsen schien. So war der Dritte wie zur Säule erstarrt und tat keine Bewegung mehr. Der Geier konnte ihm ja die Augen aushacken. „Auf Kurs bleiben!“ schrie der Capitan, doch seine Worte gingen in dem Höllenkonzert unter, und von den beiden Rudergängern war auch keiner mehr zu sehen. Auf Kurs bleiben war aber auch kaum mehr erforderlich. Die Nao lief bei dem bißchen Wind kaum noch Fahrt, und auch die „Soberania“ die vorhin noch ein Stück aufgesegelt war, hing nun träge und mit schlaffen Segeln in der See. Auf den Schiffen tummelten sich jetzt so viele Vögel, daß niemand sie mehr zählen konnte. Innerhalb kürzester Zeit waren Segel, Rahen, Spieren und die gesamte Takelage von ihren weißlichen Exkrementen bedeckt. De Zumarraga war in Deckung gegangen und unter einen Niedergang gekrochen, auf dessen Stufen ebenfalls Unmassen von Vögeln hockten. Auch die beiden CasaBeamten hatten sich versteckt, da sie dem teuflischen Ansturm nicht gewachsen waren. Irgendwo brüllten Männer, die sich der zeternden Vögel zu erwehren versuchten und dabei kräftige Schnabelhiebe einstecken mußten. Die Vögel beherrschten das gesamte Schiff von vorn bis achtern und von oben bis unten. De Ortega spürte, wie sich die Krallen des geierähnlichen Vogels durch den Hut in seine Kopfhaut bohrten und krallten, und es erfüllte ihn mit Angst und Grauen, daß dieser geflügelte Satan immer noch freundlich zu grinsen schien. Zu diesem Zeitpunkt, als die Vögel beide Galeonen regelrecht besetzt hatten, ertönte irgendwo in weiter Ferne ein dumpfer Knall. Aus der Schwärze der See zuckte eine Feuersäule auf. Der dumpfe Knall wiederholte sich, und das Feuer sprühte sekundenlang auf wie eine Kaskade, die zum dunklen Himmel stob. Gleichzeitig lief durch die Nao ein kurzer und harter
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Stoß, der das Schiff bis zu den Mastspitzen erzittern ließ. Für die verstörten Vögel war das offenbar ein Signal zum sofortigen Aufbruch. Übergangslos erhob sich die weiße Wolke und veranstaltete dabei einen solchen Krach, daß die Männer entnervt erneut Schutz suchten oder inmitten der aufsteigenden Wolke brüllend hin und her rannten. Flügelschlagen, Schreien und Flattern erfüllten das Schiff bis in den letzten Winkel. In panischer Angst strichen die Vögel ab und nahmen Kurs auf das offene Meer im Süden. Auch der geierähnliche Vogel löste sich vom Schädel des Dritten Offiziers. Kreischend und flügelschlagend erhob er sich in die Lüfte, um den anderen zu folgen. „Madre santissima“, stöhnte Don Alfonso entsetzt, als sich der fürchterliche Spuk auflöste und das Flügelschlagen nur noch wie leises Rauschen zu hören war. „In was sind wir da nur hineingeraten? Haben Sie die Feuersäule gesehen, Don Porfirio?“ „Ja. Es scheint sich um einen Vulkanausbruch zu handeln. Ich schlage vor, Sie lassen eine Messe lesen, Capitan.“ De Zumarraga nickte beklommen und hustete sich die Kehle frei. Dann rief er nach dem beleibten Bordgeistlichen, der an allen Gliedern zitterte, als er nach einer Weile erschien. Er hatte sich vor lauter Angst in einem leeren Wasserfaß versteckt, das unter Deck stand. „Zuerst müssen wir das Unheil abwenden“, sagte er schnaufend und immer noch zitternd. „Lukas eins, Vers achtundzwanzig. Und der Engel kam zu ihr hinein und sprach: Gegrüßet seist du, Holdselige! Der Herr ist mit dir, du Gebenedeite unter den Weibern', Ave Maria gratia plena.“ Immer mehr Stimmen fielen ein, bis die Nao von dem Gemurmel widerhallte. Anschließend wurde eine Messe auf beiden Schiffen gelesen. De Ortega wischte sich ein paar Blutstropfen von der Stirn. Die scharfen
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Krallen des Seevogels hatten vier blutige Schrammen hinterlassen, und so rief er jetzt nach Alberto Sinnera, dem Feldscher, der hauptsächlich für die höheren Chargen an Bord zuständig war. Dabei benahm sich de Ortega so mimosenhaft, als stünde bereits sein Ende bevor. Niemand schenkte ihm Beachtung. Die Aufmerksamkeit aller wurde gefesselt von dem eigenartigen Schauspiel, das dort stattfand, wo Himmel und Meer eins waren, nämlich ein zäher, schwarzer Nebel, aus dem hin und wieder große, rote Funken sprühten. Dort vorn lag eine Inselkette, doch die ließ sich jetzt nur noch erahnen. Zu sehen war sie nicht mehr. De Zumarraga starrte mit hervorquellenden Augen auf die Segel. Sie hingen schlaff und faltig wie riesige Leichentücher von den Rahen. Nur ganz selten fuhr mal ein Lufthauch hinein, der sie schwach bewegte. „Wir treiben offenbar auf die Inseln zu“, sagte Don Porfirio. Auch er war immer noch blaß und konnte das Zittern seiner Hände nur mühsam verbergen. „Dort aber erwartet uns der Tod. Wir sollten hier vielleicht vor Anker gehen, das Wasser dürfte nicht sehr tief sein.“ Santiago de Cimarron ließ Tiefe loten. Dabei stellte sich heraus, daß es hier offenbar einen Abbruch im Meer gab, der unermeßlich tief war und sich nicht ausloten ließ. „Zum Teufel!“ stieß de Zumarraga hervor. „Das ist so ein Tag, an dem aber auch alles schiefgeht. Jetzt fehlt nur noch, daß El Lobo del Mar hier aufkreuzt.“ „Sie sollten in einer derartigen Lage nicht fluchen, Capitan“, sagte Don Porfirio mit leisem Vorwurf. „Hier bahnt sich etwas an, was unser Begriffvermögen übersteigt. An El Lobo denke ich dabei nur in zweiter Linie. Dem ergeht es nicht besser als uns. Es würde also eine Art Patt-Situation herrschen. Aber sicher hat er unsere Spur längst verloren.“ De Zumarraga trat an die riesige, umlaufende Schmuckbalustrade und blickte zur Kuhl, wo die meisten Männer
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mit offenen Mündern und angstschlotternden Knien herumstanden. „Habt ihr verdammten Kerle nichts zu tun!“ brüllte er. „Säubert das Schiff von dem Dreck und steht nicht herum! Vorwärts, beeilt euch gefälligst!“ Die Männer nahmen daraufhin zögernd die Arbeit auf, bekreuzigten sich aber ständig und blickten verstohlen und ängstlich immer wieder voraus, wo die Welt scheinbar zu Ende war. Für die meisten stand jetzt schon fest, daß dahinten irgendwo in der tintigen Schwärze das Inferno begann und sie alle verschlingen würde. Der Profos brachte die Kerle schließlich auf Trab. Gleich darauf ergossen sich Mengen von Seewasser über die Exkremente der Vögel. „Diese Viecher waren eine Warnung für uns“, sagte Don Alfonso. „Ich habe so etwas noch nie erlebt, und ich werde das Gefühl nicht los, daß wir mitten in eine Naturkatastrophe hineintreiben.“ Die anderen nickten zustimmend und konzentrierten ihre Blicke wieder in das fürchterliche Dunkel. Im Norden war alles schweflig-gelb, doch im Osten und Südosten braute sich etwas zusammen, das noch etwas Zeit brauchte, ehe es explodierte. In der Luft lag auch ein eigentümlicher, fast stechender Geruch, den sie nur widerwillig wahrnahmen und der unangenehm nach faulen Eiern und Schwefel roch. Erst nach endlos langen Augenblicken erschienen in der Schwärze wieder diese grellroten Lichtpunkte. Wie Perlen an einer Schnur sahen sie aus, die aus dem Meer wuchsen und ziemlich langsam in die Höhe stiegen. Weit entferntes Blubbern war zu hören, und als de Zumarraga über Bord blickte, erschrak er. Tote Fische trieben neben der Galeone, so viele, daß er sie nicht mehr zählen konnte. Sie sahen alle weiß aus und streckten die hellen Bäuche in den Himmel.
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Noch einmal wurde Tiefe gelotet, doch das Ergebnis blieb gleich. Die Abbruchkante im Meer war unauslotbar. Im Südosten waren jetzt die vielen Inseln zu erkennen, aber sie boten in der Schwärze ein Bild des Schreckens. Rotes Feuer erhellte sie gespenstisch. Berge, Hügel und Buchten waren blutrot, ebenso die gerade noch erkennbaren Palmen, die ebenfalls rötlich leuchteten. Die ganze Inselkette schien wie in Blut getaucht. Den Spaniern jagte ein Schauer nach dem anderen über die Rücken, als sie dieses grauenhafte Bild sahen. Der Zweite Offizier, hager und mit vielen kleinen Narben im Gesicht, die im Widerschein der roten Glut zu brennen schienen, deutete schwach mit der Hand voraus. „Wir treiben auf das Feuer zu!“ rief er. „Eine Strömung zieht uns auf die Inselkette. Betet um Wind, Senores, sonst gehen wir bald in Flammen auf und landen im Fegefeuer!“ Die Senores beteten schon lange, manche lautlos, andere mit zuckenden Lippen, doch ihre inbrünstigen Gebete wurden nicht erhört. Da half es auch nicht, daß sie nacheinander alle Heiligen um Hilfe anflehten. Der einzige Lichtblick, der zu verzeichnen war, blieb die Tatsache, daß das unheimliche Feuer langsam wieder erlosch. Aber jetzt war ein ständiges Grollen und Grummeln zu hören, das aus der unergründlichen Tiefe unter ihnen herrührte. In unregelmäßigen Abständen lief ein kurzer, harter Stoß durch das Schiff, und dann zuckten jedesmal alle vor Angst heftig zusammen. Eine halbe Stunde lang blieb alles verdächtig still, und einige atmeten schon erleichtert auf. In der Luft lag jetzt plötzlich ein feines Singen, ein klagender Ton, der auf die Ohren drückte und wie ein Sog wirkte. Die ersten Vorboten des Unheils näherten sich. 3.
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Die Arwenacks waren noch mal mit einem blauen Auge davongekommen. Eine Riesenwelle hätte die Schebecke fast zerschmettert, und ein unterseeisches Beben hatte sie das Grauen gelehrt. Ganz ohne Schaden war es auch nicht abgegangen, doch Ferris Tucker, Big Old Shane und etliche andere Seewölfe hatten sofort mit den Reparaturen begonnen. Auch in der Kombüse hatte es Bruch gegeben. Unter anderem war ein Mehlsack geplatzt, dessen Spuren immer noch nicht ganz beseitigt waren. „Etliche unserer Vorräte sind beim Teufel“, jammerte Mac Pellew. „Werden wohl bald wieder ein Inselchen anlaufen und einiges ergänzen müssen. Außerdem haben die Eingeborenen, die uns um Hilfe baten, einen sagenhaften Appetit entwickelt.“ „Ja ja“, sagte der Kutscher, als Mac wieder weitschweifig ins Detail gehen wollte. „Wir haben die Leute versorgt und sie zu einer neuen Heimat gebracht, weil ihre Insel zerstört war. Das weiß ich alles, Mac, denn ich war ja dabei. Unsere Vorräte langen aber noch für eine Weile, und wir werden ganz sicher nicht so schnell verhungern.“ „Vorräte kann man nie genug haben“, äußerte Mac verdrießlich und blickte angeekelt auf einen matschigen Mehlfleck. „Das verdammte Zeug pappt wie Kleister. Wenn wir jetzt die Nao ausräumen könnten, dann hätten wir genug Vorräte.“ „Du quasselst heute mal wieder wild durcheinander und vollführst Gedankensprünge vom Mehlkleister bis zur Manila-Galeone. Kannst du das nicht alles in geordneter Reihenfolge bringen?“ Mac hörte schon gar nicht mehr hin. Er war emsig mit dem Wegputzen des Mehlkleisters beschäftigt, und sobald er damit fertig war, stürzte er sich in die Proviantlast, um auch dort alles zu begutachten. Plötzlich stürmte er wie ein angestochener Büffel in die Kombüse zurück und schnappte nach Luft.
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„Was ist denn jetzt schon wieder los?“ fauchte der Kutscher. „Ist dir die Riesenwelle ins Gehirn geschwemmt?“ „Weißt du, was heute ist?“ fragte Mac, und diesmal grinste er wie einer, der Zahnschmerzen hat und dem man gerade einen miesen Witz erzählt. „Heute ist ein schöner Tag, was sonst?“ „Sonst nichts?“ fragte Mac lauernd. „Keine Ahnung.“ „Heute ist Ostern“, sagte Mac, „das Fest der Auferstehung. Da staunst du, was?“ „Tatsächlich?“ „Na klar“, versicherte Mac eifrig. „Da sollten wir wohl ein paar Eier schön bunt anmalen und einige Osterhasen backen.“ „Osterhasen backen“, wiederholte der Kutscher. „Du willst doch erwachsenen und raubeinigen Kerlen keine gebackenen Osterhasen vorsetzen. Was glaubst du, was die dir erzählen? Und dann noch Eier anmalen! Ich denke, wir haben jetzt anderes zu tun. Außerdem werden die Eier bei dem großen Beben zu Bruch gegangen sein.“ „Das werden wir gleich feststellen.“ Bevor Mac in der Vorratskammer verschwand, verdunkelte sich der Eingang zur Kombüse. Edwin Carberry streckte das Rammkinn durch das Schott und grinste wie ein freundliches Nilpferd. „Alles klar bei euch?“ fragte er. „Sieht ja schon wieder blitzsauber in der Kombüse aus. Oder braucht ihr noch Hilfe? Ich kann euch den Moses zum Aufklaren schicken.“ „Wir sind so gut wie fertig“, erwiderte der Kutscher. „Zum Glück ist alles recht glimpflich abgelaufen.“ Mac Pellew tauchte vor dem Profos auf und streckte seinen Zeigefinger vor, als wollte er ihn aufspießen. . „Weißt du, was heute ist?“ fragte er eifrig. „Ostern“, sagte Carberry freundlich. „Das Fest der Auferstehung.“ Mac kriegte vor Verblüffung die Futterluke nicht mehr zu. „Und das weißt du?“ fragte er fassungslos. „Na, aber sicher doch.“ Dabei verschwieg der Profos allerdings schamhaft, daß er Macs Worte schon dicht
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vor der Kombüse gehört hatte. Mac war auch nicht gerade leise gewesen. „Donnerwetter, da staune ich aber. Woher weißt du das denn?“ „Einer meiner Vorfahren, die damals noch in Ur, bei Chaldäa lebten, war dabei. Es hat sich ziemlich rumgesprochen, und daher habe ich es auch nicht vergessen.“ Mac schluckte hart und trocken und blickte verstört drein. „Mann, das hast du ja nie erzählt, Ed.“ „Weil ich ein bescheidener Mann bin, der mit seinen Ahnen nicht gern herumprotzt.“ Mac schluckte abermals und sah den Kutscher an. Der seufzte zwar ein bißchen, verkniff sich aber recht mühsam das Grinsen. „Hast du das etwa gewußt, Kutscher?“ fragte Mac verdattert. „Ich weiß nur, daß Ed ein biblisches Sinnbild ist. Das steht mal mit Sicherheit fest.“ „Ein Engel etwa?“ fragte Mac mißtrauisch. „Wegen seiner unendlichen Geduld?“ „Unter einem biblischen Sinnbild verstehe ich eher einen Esel“, erwiderte der Kutscher trocken. „Hähähä“, begann Mac zu lachen, als er Carberrys Gesicht sah, das jetzt einer Tomate ähnelte. „Na wartet, ihr verlausten KakerlakenDompteure“, rief Ed. „Euch häng ich ins Kielwasser, zum Magellan-GedächtnisSchwimmen, bis ihr wie Wasserleichen ausseht. Aber dich wickel ich vorher noch achtmal ums Bratspill, Kutscher.“ „Aber nicht doch“, sagte der Kutscher friedfertig. „Heute ist ein Feiertag, da ist man friedlich und in sich gekehrt.“ „Genau“, tönte Mac. „Heute wollen wir uns gegenseitig Freude bereiten. Ich werde gleich ein paar Eier suchen und sie bunt anmalen.“ „Soso“, sagte Carberry tückisch. „Peinlich ist es für Eunuchen, wenn sie zu Ostern Eier suchen. Das ist ein altes, arabisches Sprichwort.“ Er nickte Mac noch einmal hinterhältig grinsend zu und verschwand wieder an Deck.
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Mac Pellew blieb ziemlich verdattert zurück und kratzte sich nachdenklich den Kopf. „Der hat ja wieder mal lausige Sprüche drauf!“ empörte er sich. „Aber wenigstens haben wir uns heute doch ein paar Nettigkeiten gesagt.“ „Und genau das ist so ergötzlich im Leben“, meinte der Kutscher und grinste dabei bis zu den Ohren. „Wir backen für jeden einen kleinen Osterhasen“, schlug Mac eifrig vor. „Sirup, Fett und Mehl haben wir genügend. Außerdem werde ich doch ein paar Eier anmalen. Das wirkt dann so richtig feierlich.“ „Tu, was du nicht lassen kannst.“ Der Kutscher seufzte. „Ich halte das zwar für Unsinn, aber du hast ja Zeit. Ich muß ohnehin nach achtern, um mit Hasard etwas zu besprechen.“ Mac war von seiner Idee so besessen, daß er die Welt um sich herum völlig vergaß. Er holte ein paar kleine Farbtöpfe aus der Last, besorgte sich Pinsel und schmierte eifrig drauflos, in Goldfarbe, Marineblau und Purpurrot. Dazwischen fand er noch Zeit, den Teig anzurühren und handlange Osterhasen zu backen – für jeden einen, bis er ungefähr drei Dutzend zusammen hatte. Die flachen und noch heißen Osterhasen packte er in die große Holzkumme und begutachtete sie noch einmal. Na ja, alle sahen nicht gerade nach Osterhasen aus, und bei manchen mußte man schon eine Menge Phantasie aufbringen, um sie als solche zu erkennen. Aber das tat der Sache keinen Abbruch. Mac grinste sich eins, als er Paddy Rogers unruhig an der Kombüse vorbeischleichen sah. Der Duft nach Sirup und Fett hatte offenbar seine ewigen Hungergelüste geweckt, und so strich er ein ums andere Mal „unauffällig“ um die Kombüse herum. Weil Mac Pellew aber gleich mit der Kelle zur Hand war, wenn der dicke Paddy etwas abstauben wollte, traute er sich nicht weiter. Schließlich winkte Mac ihn gönnerhaft zu sich heran.
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„Heute ist Ostern“, raunte er Paddy zu und zwinkerte mit den Augen. „Ich hab ein paar kleine Hasen gebacken, damit auch jeder etwas davon hat. Nimm schon mal die Kumme, ich komme gleich nach. Habe aber noch was zu tun. Das wird allerdings erst später verraten.“ „Hmmm, das duftet“, strahlte Paddy, als er die Kumme in Empfang nahm. „Verschwinde jetzt“, sagte Mac, „das andere ist eine Überraschung.“ Mit Feuereifer pinselte er weitere Eier an, die er alle in einen Korb legte. Prächtig sahen sie aus. Und wie sie glänzten und strahlten. Er freute sich richtig daran. Da würden die Kerle aber Augen kriegen, wenn er die Dinger an Deck brachte. Endlich war er fertig und trug seine Arbeit stolz an Deck. Die ersten, die seinen Kurs kreuzten, waren Smoky und Old O'Flynn. Mac hielt den Eierkorb so hinter seinem Rücken, daß die beiden nichts erkennen konnten. „Na, ist die Überraschung gelungen?” fragte er grinsend. Smoky und Old Donegal starrten sich verständnislos an. „Was für eine Überraschung?“ fragte der Decksälteste erstaunt. „Na, nun tut doch nicht so dämlich. ich meine die Osterhasen, die ich gebacken habe. Damit habt ihr nicht gerechnet, was?“ „Osterhasen?“ fragte Smoky kopfschüttelnd. „Ist bei dir ein Segel aus dem Liek geflogen, oder hast du schlecht geträumt?“ „Muß wohl an dem Vulkanausbruch gelegen haben“, meinte Old Donegal. „Da hat ihm die Hitze das bißchen Gehirn gleich mit rausgelassen oder eingetrocknet.“ „Ihr undankbaren Säcke!“ giftete Mac los. „Da backt man Osterhasen für euch Ignoranten, und dann tut ihr o, als wüßtet ihr von nichts. Das nächste Mal back ich euch Kuhfladen.“ Mac wirkte jetzt wirklich verbiestert, zumal er noch. Smokys Worte ..deutlich vernahm.
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„Der spinnt doch wirklich, der aufgedockte Wattvogel. Hast du schon mal einen Schiffskoch gesehen, der Osterhasen backt?“ „Laß ihn nur. Vielleicht legt sich das ja wieder“, sagte Old Donegal kicherte leise. Der nächste war Luke Morgan, und der ging vorsichtshalber erst mal einen. Schritt zurück, als Mac ihn nach den Osterhasen fragte, und ob sie ihm auch geschmeckt hätten. „Na ja“, sagte Luke mit einem gequälten Grinsen, „hast du die heimlich in der Bilge gezüchtet, oder wo? Der Braten ist dir wirklich gut gelungen, nur die Soße war ein bißchen scharf.“ Mac Pellew schien an einem dicken Seeigel zu schlucken. Sein Hals wurde immer dicker. „Du bist ja bescheuert, du Mäusemelker!“ brüllte er Luke an. „Was der nur hat“, murmelte Luke erstaunt. „Legt sich heute mit jedem an, der ihm über den Weg läuft.“ Kopfschüttelnd ging er weiter. * Mac Pellew war über die Undankbarkeit der Kerle so erbost, daß er am liebsten mit den Ostereiern um sich geworfen hätte. Er sah auch noch ein paar Kerle tuscheln und grinsen, was ihn fast zur Weißglut trieb. Seine nächste Frage scheiterte an Stenmark, dem blonden Schweden, der allerdings ganz anders reagierte. Er strich Mac beruhigend über die Haare. „Deine Osterhasen waren einmalig, Mac, großes Kompliment. Ich war so hungrig, daß ich fast noch die Knochen verschluckt hätte. Du hast auch nicht mit Knoblauch und Zwiebeln gespart.“ „Knoblauch und Zwiebeln“, wiederholte Mac tonlos. „Schade, daß du an den Knochen nicht erstickt bist.“ Ganz plötzlich begriff Mac die Zusammenhänge, als er am Niedergang vorbeiging. Im Schatten hockte Paddy Rogers, neben sich die leere Kumme, die Hände satt und zufrieden über dem Bauch
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gefaltet, die Augen geschlossen. Wohlig grunzend, hielt er ein Nickerchen. „So ist das also“, murmelte Mac. „Deshalb haben die mich alle so dämlich angeglotzt.“ Mac Pellew schlich zur Kombüse zurück, holte eine Buddel und ging wieder zu Paddy zurück. Er rüttelte ihn an der Schulter, bis Paddy die Augen aufschlug. „Na, hat's geschmeckt?“ fragte er zuckersüß. „Ausgezeichnet“, sagte Paddy. „War fast ein bißchen zuviel für mich. Aber du hast dir wirklich große Mühe gegeben. Mein Magen ist voll bis obenhin.“ „Das dachte ich mir. Hier, nimm mal einen kräftigen Schluck, Paddy, das hilft ausgezeichnet gegen einen vollen Magen. Da wirst du das Völlegefühl schnell wieder los.“ Paddy griff nach der Flasche, setzte sie an und nahm gleich zwei Daumenbreiten auf einen Schluck. Als er sie unten hatte, wurde sein Gesicht etwas gallig. „Was war das denn?“ fragte er schluckend. „Das schmeckte ganz ölig.“ „Das ist von einem Baum, haben wir vom Mittelmeer her noch an Bord, für ganz besonders Eilige. Sie nennen es Rizinus“, setzte er geheimnisvoll hinzu. „Das haben schon die alten Römer geschluckt, um schneller laufen zu können.“ Er korkte die Flasche wieder zu, grinste so ölig wie das Zeug in der Buddel und kehrte mit hervorgereckter Brust zur Kombüse zurück. Dort verklarte er dem erstaunten Kutscher, daß Paddy drei Dutzend frischgebackener Osterhasen selbst gemampft hatte, statt sie unter die Arwenacks zu verteilen. „Aber dem hab ich es für seine Freßlust gegeben“, sagte er abschließend. „Zwei Daumenbreiten Rizinusöl habe ich diesem Freßsack eingetrichtert, damit er was zum Nachdenken hat. Und jetzt verteile ich die Eier persönlich an jeden.“ Der Kutscher blickte entsagungsvoll zur Decke. „Tu autem, Domine, miserere nobis.“ Das hieß soviel wie: Du aber, Herr, erbarme dich unser!
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Er ging Mac Pellew nach, um zu verhindern, daß der weiteren Blödsinn anstellte, denn Mac war bis an die Halskrause geladen. Der Zweitkoch stand jedoch grinsend an Deck, und aus seinem hageren Gesicht war jede Verdrießlichkeit verschwunden. Er strahlte richtig vor Zufriedenheit. Der Grund dafür war Paddy Rogers. Der hatte ganz kleine und schmale Augen und sah sich wie gehetzt nach allen Seiten um, als habe ihn was gestochen. Sein Blick flackerte, der Kutscher glaubte deutlich zu erkennen, daß in Paddys Augen eine gewisse Panik lag. Einen Augenblick stand er noch zögernd herum, dann stieß er einen unterdrückten Schrei aus und raste los, wie vom Affen gebissen. Sein Ziel war der Abtritt an Bord, der sich im Vorschiff auf der Galion befand. Er blickte weder nach rechts oder links und stieß alle zur Seite, die sich ihm fragend in den Weg stellen wollten. Mac Pellew rieb sich zufrieden die Hände und sah Paddy mit glänzenden Augen nach. „Schätze, daß er da sehr lange bleiben wird“, äußerte er. „Jetzt hat er auch gründlich Zeit zum Nachdenken, nämlich den ganzen lieben Tag.“ Mac reckte seine Hühnerbrust raus und begann damit, die angemalten Ostereier zu verteilen. Mit dem Korb in der Hand marschierte er zum Achterdeck. Hasard wußte schon, daß irgendeine kleine Lumperei ausgeheckt worden war, hinter der diesmal allerdings nicht der Profos steckte. Aber es war ein harmloser Scherz, und so verlor er keine weiteren Worte darüber. Er blickte Dan O'Flynn an, der gerade das Spektiv weglegte, mit dem er die östliche Kimm abgesucht hatte. „.Nichts zu sehen?“ fragte der Seewolf „Nein, Sir. Wir waren wohl etwas zu optimistisch mit unserer Prognose bald wieder auf die Manila-Galeone zu treffen. Ich kann nur vermuten, daß sie ihren Generalkurs nicht geändert hat und wir früher oder später wieder auf das Schiff
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treffen müßten. Wann das ist, läßt sich aber leider nicht mal abschätzen.“ „Vielleicht sind die Dons ebenfalls in ein Seebeben geraten“, sagte der Seewolf. „Sehr groß ist ihr Vorsprung sicherlich nicht. Daher schließe ich gewisse Schwierigkeiten nicht aus. Wer weiß schon, auf welche Entfernung sich so eine Katastrophe erstreckt.“ „Das ist alles möglich. Wir bleiben jedenfalls auf unserem Kurs, oder?“ Hasard nickte schnell. Er sah Mac Pellew grinsend den Niedergang aufentern, einen großen Korb unter dem Arm haltend. „Ja, wir bleiben auf dem Kurs. Aber wir werden wohl noch eine Insel anlaufen müssen, um ein paar Vorräte zu ergänzen. Wir brauchen frisches Obst, und Trinkwasser nehmen wir ebenfalls an Bord, wenn wir die Möglichkeit dazu haben.“ Mac Pellew hatte zu diesem Zeitpunkt das Achterdeck erreicht und stellte seinen Korb ab. „Heute ist Ostern“, sagte er feierlich, „und da habe ich ein paar Eier schön bunt angemalt, wie es Brauch ist zu Ostern. Hier, für jeden eins. Die gebackenen Osterhasen hat leider Paddy alle weggefressen.“ „Ah, jetzt verstehe ich“, sagte Hasard. „Und dann hat Paddy wohl die Rumflasche mit einer gewissen anderen Buddel verwechselt, indem jemand ein bißchen nachgeholfen hat.“ „Das war nur ein Denkzettel, Sir“, erwiderte Mac ausweichend. „Sinnlose Verfressenheit muß bestraft werden.“ „Fein, daß du an Ostern gedacht hast“, sagte Hasard, „und sehr viel Mühe hast du dir auch gegeben, Mac. Ich bin sicher; daß die Männer sich sehr über deine Aufmerksamkeit freuen werden.“ Mac holte etwas verlegen ein golden angepinseltes Ei aus dem Korb und gab es dem Seewolf. Anschließend verteilte er weiter seine Ostereier auf dem Achterdeck und enterte wieder ab, um auch die restlichen Mannen damit zu beglücken. Der Seewolf blickte etwas unglücklich auf seine Hände und gelangte zu der
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Feststellung, daß seine Finger ebenfalls eine kräftige Goldfärbung annahmen. Don Juan, der Spanier, hatte bläuliche Finger, auf die er etwas verdutzt blickte. Ben Brightons Finger färbten sich grünlich, und Dan O'Flynn sah ungläubig auf seine silberfarbenen Hände. „Hm, die Farbe scheint noch nicht ganz trocken zu sein“, sagte er, mühsam sein Grinsen verbergend, weil jeder sein Osterei vorsichtig in der Hand hielt und auf die abfärbende Substanz blickte. Hasard räusperte sich. „Immerhin hat er einen guten Willen bewiesen, unser lieber Mac. Das muß man ihm hoch anrechnen. Was sind dagegen schon ein paar leicht verfärbte Finger?“ Inzwischen verteilte Mac die anderen Ostereier, und er ließ dabei keinen Mann aus, bis auf Paddy, der gerade anderweitig beschäftigt war, sein Geschenk trotz allem aber später empfangen würde. Carberry war ganz gerührt, daß sein „Mackileinchen“ so großzügig war, und er strich Mac Pellew gönnerhaft über die Haare, die nach der Berührung allerdings merkwürdig gelb wurden, wie der Profos etwas verblüfft feststellte. Er sah auf das Ei in seiner Hand und stellte fest, daß sie ebenfalls knallgelb war. Außerdem fühlte sich das Osterei etwas glitschig an. Doch darüber sah er großzügig hinweg, denn schließlich hatte Mac ja auch nur wenig Zeit gehabt, und so konnte die Farbe eben nicht gleich trocknen. Etwas mulmiger wurde es dem Profos dann kurz darauf. Er, Sam Roskill, Smoky und Old O'Flynn, klopften ihre Ostereier an das Eichenschott, um sie abzupellen. Der Profos klopfte nicht gerade zart, wie es seiner Art entsprach. Aber er zuckte doch plötzlich zusammen und starrte verständnislos auf den Matsch in seiner Hand. Eigelb tropfte ihm zwischen den Fingern hindurch auf die Decksplanken. Sam Roskill hörte es knirschen und erlebte die gleiche Bescherung. Erschreckt sprang er zur Seite. Zwischen seinen Händen befanden sich Eierschalen, gelber Matsch und Eiweiß.
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Old O'Flynn ließ das Ei verstört fallen, als hätte er ein Stück glühendes Eisen in der Hand, und Smoky drückte einfach zu, als er den Matsch der anderen sah. Danach hatte er grüne Finger, die prächtig mit Eigelb verfärbt waren. Sie alle blickten sich verwirrt an und dann zu Mac Pellew, dem vor Verblüffung die Futterluke aufklappte, und der aus großen, erstaunten Augen auf den Matsch an Deck sah. „Wie – wie kann denn das passieren?“ fragte er stammelnd. „Du bist eben der geborene Pechvogel“, tröstete ihn der Kutscher. „Aber nimm es nicht weiter tragisch. Zum nächsten Osterfest kochst du die Eier einfach vorher ab, einverstanden?“ Daraufhin brach auf der Schebecke ein unbändiges Gelächter los, und die Kerle konnten sich kaum noch beruhigen. 4. Es geschah von einem Augenblick zum anderen, als sich die Welt urplötzlich in ein Tollhaus verwandelte. Während sie noch dem hohlklingenden Gejaule in der Luft lauschten, trat ein anderes, ebenfalls unerklärliches Phänomen auf, das sie mit Angst und Schrecken erfüllte. Die Schwärze wurde fahler und wich einer trübroten Dämmerung, in der wieder die Umrisse der vielen Inseln deutlich zu sehen waren. Irgendwo in diesem unheimlichen Dämmer brach eine rote Wolke auf, pilzförmig anfangs, dann zu einer roten Säule anschwellend, die den Hut des Pilzes hoch nach oben trug und ihn wegschleuderte. Glühende Brocken stiegen zum Himmel, erhellten ihn rötlich und fielen ein paar Meilen weiter unter ohrenbetäubendem Pfeifen ins Meer zurück, wo sofort weißer Dampf aufstieg. Das war es aber nicht, was ihre Nerven so strapazierte. Viel schlimmer war ein anderes Geschehnis. Nur einer an Bord hatte jemals etwas Ähnliches erlebt, aber der war für
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sein Wissen von den adeligen Ignoranten gleich bestraft worden. Die anderen kannten dieses Phänomen noch nicht und wußten daher auch nicht viel mit ihm anzufangen, außer, daß sie vor Angst fast wahnsinnig wurden. Die große und schwer abgeladene Galeone begann plötzlich loszusegeln, obwohl kein Windhauch die Segel füllte. Sie hingen immer noch schlaff und unbeweglich von den Rahen. Jeder merkte jedoch, daß die Nao Fahrt aufnahm, und zwar viel schnellere Fahrt als unter vollen Segeln. Sie sahen es daran, daß sich die Inselgruppe vor ihnen von einem Augenblick zum anderen entfernte. Es sah so aus, als zöge jemand diese Inseln an einer unsichtbaren Leine einfach weg. Gleichzeitig begann es zu brausen, und der wilde Druck auf den Ohren nahm zu. De Zumarraga stürzte zum Schanzkleid und hielt sich daran fest. Aus schreckgeweiteten Augen stierte er zu dem Archipel. „Ein Sog zieht uns fort!“ schrie er. „Wir stecken in einem Sog, der uns in die Tiefe ziehen wird! Fallen Anker!“ Es war ein verrücktes Bild in einer verrückt anmutenden Welt aus irrsinnigen Farben und Geräuschen. Die Inselgruppen zogen sich weiter zurück, fortgeschoben wie eine Theaterkulisse. Alles wurde kleiner. Der „Soberania“ erging es nicht anders. Sie schien sich nach Ansicht ihrer Besatzung nicht von der Stelle zu rühren, und doch bewegte sie sich mit einer unheimlich anmutenden Geschwindigkeit über das kochende Wasser. Hilflos sahen sie diesem Schauspiel zu, das nach Ansicht der meisten Männer den Weltuntergang einleitete. Auf der Nao klatschte das Ungetüm von Backbordanker ins Meer. Der Koloß bohrte sich donnernd hinein und versank schnell, wobei das Wasser nach allen Seiten hochspritzte. Die Trosse rauschte aus, es gab einen harten Ruck, als der Anker abgefangen wurde. Auf doppelte Schiffslänge hing er
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jetzt im Wasser, ohne einen Grund zu erreichen. Auch die beiden Casa-Beamten sahen sich entsetzt an. Sie hatten schon auf etlichen Fahrten viel erlebt, doch das hier war neu für sie, unbekannt und furchteinflößend, denn niemand wußte, was dahintersteckte. „Das Wasser zieht sich von den Inseln zurück“, keuchte Don Alfonso. „Es sieht aus wie Zauberei, sehen Sie nur!“ Die Inselgruppe wurde noch kleiner und versank langsam in wallendem Dampf und roten Feuer. Gleichzeitig war aber deutlich zu erkennen, daß vor den Inseln ganze Korallenriffe wie aus dem Nichts erschienen und trockengelegt wurden, wie die Strände der Insel immer breiter wurden und das Meer sich zurückzog, als würde es von einem riesigen Maul eingesogen. Diese rücklaufende Welle, das erkannte auch Don Porfirio deutlich, nahm sie jetzt mit und trug sie in rasender Fahrt irgendwohin, vermutlich zu der anderen, weiter im Nordosten gelegenen Inselgruppe. Einen Augenblick lang schloß er von Entsetzen die Augen. Er konnte diesen fürchterlichen und unwirklichen Anblick nicht länger ertragen. Er hoffte, das Bild würde verschwinden und sich als schrecklicher Alptraum entpuppen, doch er kehrte schnell in die Gegenwart zurück. Jetzt schien die ganze Welt mit einem fürchterlichen Getöse in die Luft zu fliegen. überall auf den Inseln brach der Boden auf, und glutende Feuersäulen schossen wie riesige Blumen hoch. Kochendes Gestein wurde in die Luft geschleudert, von faustgroßen Brocken bis zu Kaventsmännern, die zehnmal so groß wie die Manila-Galeone waren. Eine fürchterliche Kraft hob diese ungeheuren Massen mit spielerischer Leichtigkeit in den Himmel und schleuderte sie davon, bis sie irgendwo zischend und dampfspeiend im Meer versanken. Die Stöße, die durch den Schiffskörper gingen, wurden immer härter und gewaltiger. Im Rumpf knackte es warnend, als würden ein paar Planken bersten.
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Ein unbeschreiblicher Geruch drang ihnen in die Nasen. Es roch nach Feuer und Schwefel, nach verbranntem Seetang und gekochten Fischen, und es roch süßlich nach Verwesung, ein giftiges Miasma, das ihnen betäubend in die Nasen stieg. Um die Galeone bildeten sich jetzt kleine, schäumende Wirbel, Blasen entstanden, die blubbernd zerplatzten und Schlamm und Dreck nach oben warfen. Auch etliche tote Fische waren wieder dabei. „Gott beschütze uns“, sagte de Zumarraga verstört. „Der Sog wirft uns auf die Inselgruppe dort drüben.“ Er zeigte in die Richtung, wo eine Hölle aufgebrochen war – eine langgestreckte Inselkette, Inseln wie Perlen an einer Schnur aufgezogen, die aber Tod und Verderben brachten. Auf etlichen dieser Inseln gab es kleine Felsen, hinter denen lange Flammenzungen aufleckten. Mitunter sprang einer der Felsen von der unwahrscheinlichen Hitze knallend auseinander oder zerbarst in einem Trümmerregen. Dazwischen stieg beizender Dampf auf oder fauchte brüllend aus irgendwelchen Spalten in der Erde. Das Inferno war vollkommen und schien noch schlimmer zu werden. Der Sog riß die beiden Galeonen weiter mit sich, und jeder spürte, wie das Schiff unaufhaltsam weiterglitt, mitten hinein in das fürchterliche Fegefeuer aus brennender Erde und kochendem Meer. Männer verkrallten sich in höllischer Angst an den Handläufen des Schanzkleides. Einige suchten Deckung unter den Niedergängen, andere waren in die unteren Decks gestürzt. Etliche beteten laut und mit hysterisch klingenden Stimmen. Doch ihre lauten Gebete gingen unter im Gebrüll eines vermeintlichen Weltunterganges, der eine Insel nach der anderen verschlang, sie blutrot aufleuchten ließ und dann auseinanderfetzte. Die Strände, jetzt in knallrotes Licht gebadet, wurden noch breiter. Auch die weit vor den Insel gelagerten Korallenriffe, die sich noch eine halbe Meile vor dem Land befanden, erschienen übergangslos
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wie nasse Höcker aus dem Meer und fielen trocken. Es war, als entstünde eine gewaltige Ebbe, als schiene sich das Meerendgültig irgendwohin zurückzuziehen. In dem rötlich und gelb gefärbten Inferno sahen sie jetzt etwas anderes, das ihnen die Haare zu Berge stehen ließ. Die Woge, auf der sie unaufhaltsam fortritten, wurde höher und immer höher. Sie hatte ihre Richtung geändert und bewegte ihre ungeheuren Wassermassen nach Norden. Sie fühlten sich wie auf einen Berg versetzt, von dem aus sie in tiefe Täler blicken konnten, in Abgründe, in denen Feuer lichterloh brannte, wo Schwefel verdampfte und tausend Teufel eine grausige Melodie spielten. Dem Dritten Offizier wurde bei diesem Anblick schlecht. Er schlug um sich und brüllte laut seine Angst hinaus. „Ich will nicht sterben!“ kreischte er in seiner Angst. Niemand beachtete ihn. Jeder hatte mit sich selbst zu tun und mußte mit seiner eigenen Angst fertig werden. De Cimarron hageres Gesicht war eingefallen und grau, und in dem Grau zeichneten sich blutrote Striemen ab, die gespenstisch aufblühten, sobald wieder irgendwo auf den Inseln eine lohende Feuersäule aus dem Boden brach und die Erde unter wildem Getöse erzitterte. Die Arroganz war aus seinem Blick verschwunden, und seine Augen starrten jetzt trübe und hoffnungslos in die wabernde Glut. Es schien, als sei er zu Stein erstarrt. In diesem Augenblick schlossen die meisten mit ihrem Leben ab und riefen noch einmal ihr „Misericordia“ in den leuchtenden Himmel, ohne erhört zu werden. Die Welle raste weiter, aber es schien, als verliere sie doch ein wenig von ihrer unbändigen Kraft und wurde breiter. Aber jetzt zog sie wie eine langgestreckte Riesenwalze dahin und von ihrem schäumenden und kochenden Kamm auf der anderen Seite klang ein urweltliches Brüllen und Fauchen, vermischt mit einem
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grellen Pfeifen. Sie drückte die Luft auseinander und schob sie vor sich her. Die Palmen wurden schnell größer. Jetzt erreichten die ersten Ausläufer der Welle die andere Inselgruppe und saugten die Strände gierig und wild in sich auf, fraßen sie mit einem Tempo, das Übelkeit hervorrief und weiteres Entsetzen aufkommen ließ. Diese Welle, dachte de Zumarraga benommen, wird uns jetzt an den Strand schmettern, mit einer so zerstörerischen Gewalt, daß keine Planke mehr auf der anderen bleibt. Sie wird uns in Felsen, Hügel und Palmen krachen lassen und bis auf den letzten Mann zermalmen. Er konnte nicht weiterdenken und versuchte auch gar nicht erst, sich das Ende auszumalen. Was er sah, war schrecklich genug, um für den Rest des Lebens von dieser Erinnerung gezeichnet zu bleiben. Ein paar Ausläufer der Woge bohrten sich mit vehementer Wucht in die Korallengärten. Aus großer Tiefe anrollend, lief die Welle jetzt überraschend auf immer flacher werdende Stellen im Meer. Die Folge war ein fürchterliches Aufbäumen, ein abruptes Abbremsen von Millionen Tonnen Wasser, das seine kinetische Bewegungsenergie nicht von einer Sekunde zur anderen aufzehren konnte. Das Ungetüm bohrte sich in die langen Riffe, unterhöhlte sie mit einem so donnernden Schlag, als berste der ganze Planet, und riß die steinharten Gebirge im ersten Anlauf auseinander. Eine brüllende Detonation folgte, eine Erschütterung des Bodens, der an etlichen Stellen unter der Gewalt einsackte oder brach, und in dessen Spalten sich Seewasser in unvorstellbaren Mengen ergoß. Korallenstöcke flogen durch die Luft, Barrieren von etlichen Yards Länge wurden wie Spielzeug hochgehoben und mitgerissen.
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Da war der Augenblick, in dem de Ortega mit einem irren Schrei auf den Lippen haltlos zusammenbrach. * Die anderen starrten stumm vor Entsetzen weiter auf die schreckliche Szenerie, deren Ende in Kürze abzusehen war. Sie zuckten nicht mal mehr zusammen, als weit entfernt im Süden eine kleine Insel mit einem Donnerschlag auseinanderflog. Von einem Augenblick zum anderen leuchtete sie purpurrot auf. Dann zerriß sie die Explosion von innen her und schleuderte die glutenden Überreste durch die Luft. Die Insel verschwand. An ihrer Stelle kochte und dampfte das Meer. Weiße Wolken brodelten in die Höhe, breiteten sich aus, wurden immer dichter wie zäher Nebel und deckten das Ende gnädig zu. Die weiße Wolke aber wanderte südlich weiter und schien ein Eiland nach dem anderen zu verschlingen. Noch einmal flogen ein paar dunkle Brocken aus der Wolke in den Himmel, die erst nach Ewigkeiten wieder zur Erde zurückstürzten. De Zumarraga stand mit versteinertem Gesicht auf dem Achterdeck. Er glaubte, nichts sehen zu können und sah doch alles genau. Es entging ihm auch nicht, daß die Wasserwand abnahm, je mehr sich die beiden Galeonen den Inseln näherten. Die Woge war jetzt nicht mehr so hoch, dafür aber noch von beängstigender Breite. Das flache Wasser hatte ihr einen Großteil ihrer mörderischen Kraft geraubt, und jetzt tobte sie sich mit den letzten ihr noch verbliebenen Energiereserven gründlich aus. Er hatte sich an die Schmuckbalustrade geklammert und erwartete den unvermeidlichen Aufprall aufs Land, von dem sie nur noch wenige Augenblicke trennten. Sein Gesicht war fahl und kalkig, seine Handknöchel weiß, die sich um die Balustrade krampften. Dem in Ohnmacht gefallenen Dritten Offizier schenkte er keinen Blick.
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Dafür aber bewunderte er insgeheim doch die Haltung der beiden Beamten, de Zaragoza und de Aranjuez. Er konnte die Kerle zwar nicht ausstehen, weil sie grundsätzlich Entscheidungen über seinen Kopf hinweg trafen, aber sie standen jetzt doch ziemlich gelassen da und schienen sich mit ihrem Schicksal abgefunden zu haben. „Bereiten Sie sich auf das Ende vor, Senores!“ Er konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen, Doch die beiden blieben ziemlich kühl, angesichts des Infernos, das sie jeden Augenblick zu verschlingen drohte. „Das haben wir getan, Capitan“, sagte de Aranjuez ausdruckslos. „Aber Gott wird ein Einsehen mit uns haben, so hoffe ich.“ Die Welle rauschte weiter, breit ausladend, flacher werdend, aber immer noch mit elementarer Wucht. Der Vorläufer brach sich auf dem flachen Strand. Eine dumpfe Explosion war zu hören, alles war voller Gischt und Schaum. Wie ein umgekehrter Katarakt donnerte Wasser in den Himmel und senkte sich für Augenblicke als gläserne Wand zurück. Achteraus leuchtete es blutrot. Detonationen erklangen, Feuersäulen brachen scheinbar aus dem Nichts auf. Das alles wurde von einem lang anhaltenden und rollenden Donner überlagert, der das Meer auch weiterhin kräftig aufwühlte. Jetzt, nachdem sich der Wasservorhang wieder gesenkt hatte, waren die Inseln deutlich zu sehen. Ein Bild brannte sich dem Capitan besonders ein. Auf einer Landzunge standen Kokospalmen, fast unberührt von dem brüllenden Chaos. Ihre Wipfel waren in heftiger Bewegung, als habe sie ein orkanartiger Sturm erfaßt. Plötzlich brannten sie lichterloh wie riesige Fackeln. übergangslos standen sie in lodernden Flammen, erfaßt von einer unvorstellbaren Feuersbrunst, von einem glühenden Atem. Knallend zerfetzten die schlanken Palmen und flogen auseinander. Nur ihre schwarzen Stümpfe standen noch wie Leichenfinger, die anklagend in den
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Himmel wiesen. Diese Stümpfe, obwohl voller Saft, brannten jetzt ebenfalls lichterloh. Die Glutwelle erfaßte auch das Schiff, zog wie der brüllende Atem eines vorsintflutlichen Drachens über Deck und ließ das Atmen zu einer schmerzenden Plage werden. Die Haut brannte und biß, die Luft blieb ihnen weg. Ein weiterer Gischtschleier löschte schlagartig die aufflackernden Brände und erstickte sie. Anstelle des Feuers quoll weißgrauer Dampf vom heißen Boden auf. De Zumarraga hatte das höllische Bild noch deutlich vor Augen, als ein harter Ruck die Galeone erschütterte. Er war so gewaltig, daß die Masten bedrohlich wackelten, die Rahen wild zu schwingen begannen und die Pardunen unter der plötzlichen Belastung knarrten und ächzten. Eine Riesenfaust hob die Nao jedoch gleich wieder an und schleuderte sie weiter. Ein zweiter Stoß, noch gewaltiger als der erste, riß die meisten Männer Ton den Beinen. Schreie erklangen, als die Masten schwankten. Mit irrsinnigem Krach polterte die Großmarsrah an Deck, begleitet von einem Trümmerregen aus Tauwerk und zerfetzenden Segeln. Drei Männer wurden von der Großrah erschlagen und waren auf der Stelle tot. Vier weitere wurden schwer verletzt und lagen schreiend unter den Trümmern. Die Manila-Galeone legte sich unter Ächzen und Stöhnen langsam auf die Seite. Im Rumpf krachte es erbärmlich, als ein Teil der kostbaren 'Ladung langsam nach Backbord verrutschte. De Zumarraga sah mit Entsetzen auf das Wasser. Nur noch eine hüfthohe Wassermenge bedeckte den Sand, aber auch die floß rasch und auf geheimnisvolle Weise ab. Innerhalb ganz kurzer Zeit lag die Galeone, jetzt nach Backbord geneigt, auf dem trockenen vor einer qualmenden Insel.
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Erschauernd und wie aus einem bösen Traum erwachend, sah er sich vorsichtig nach allen Seiten um und konnte es nicht fassen. Die beiden Casa-Beamten blickten ihn ebenso fassungslos an. Sie schienen durch ihn hindurch zu sehen oder nahmen ihn gar nicht wahr. Von den Planken erhob sich taumelnd de Ortega. Er griff sich an den Kopf und verzog das Gesicht. „Was ist passiert, wo sind wir?“ fragte er verwirrt. „Irgendwo“, sagte de Zumarraga heiser, „irgendwo vor einer verdammten Insel, wo es kein Wasser mehr gibt“. „Kein Wasser?“ stammelte de Ortega. „Ach, halten Sie das Maul!“ fuhr ihn der Capitan an. „Kümmern Sie sich lieber um Schiff und Leute, statt dumme Fragen zu stellen.“ „Alles scheint wieder normal zu sein“, sagte der Zweite. „Wir sind nicht zerschmettert worden, aber wo ist das Wasser geblieben? Eben war es noch eine riesige Welle. Jetzt ist alles...“ Niemand gab ihm Antwort. De Zumarraga stand da und lauschte hilflos dem Schreien und Brüllen von Männern, die sich in irrsinniger Angst irgendwo verkrochen hatten oder verletzt an Deck lagen. Er hatte Mühe, die Schlagseite des Schiffes auszugleichen, und wurde das Gefühl nicht los, als würde die große Nao ganz auf die Seite kippen und alles von Bord reißen. „Die ,Soberania` hat es auch erwischt“, sagte Don Porfirio heiser. „Aber sie ist glimpflicher davongekommen als wir.“ An die Begleit-Galeone hatte keiner gedacht. Jetzt aber drehten sich alle um. Das Schiff lag ebenfalls auf dem Trocknen mit leichter Schlagseite nach Backbord. Es sah aus, als sei es aufgedockt worden. Vom Rumpf perlte noch Wasser ab, darunter waren Entenmuscheln und lange Bärte von Seetang zu sehen, die bei der Hitze rasch austrockneten. Ein Mann lag reglos im sandigen Untergrund. Er hatte die Arme ausgebreitet und rührte sich nicht. Vermutlich war er tot, erschlagen von irgendeinem
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herabfallenden Gegenstand. Er lag mit dem Gesicht nach unten im feuchten Sand und hatte die Arme ausgebreitet, als wollte er schwimmen. Auf dem Achterdeck waren ein paar Gestalten zu erkennen, und mittschiffs tobten und schrien ein paar Männer herum, die sich auch von scharfen Zurufen nicht beeindrucken ließen. Sie hatten vor Angst völlig den Verstand verloren. „Mein Gott“, sagte Don Alfonso. „Wir befinden uns wirklich im Vorhof zur Hölle. Wir können nur hoffen, daß das Wasser bald zurückkehrt und wir wieder aufschwimmen.“ „Das will ich auch hoffen“, knurrte de Zumarraga, „aber vorerst sieht es nicht danach aus. Aber diese Route war ja Ihre persönliche Entscheidung. Auf der anderen Route wären wir längst ein paar hundert Leguas weiter und hätten keinen Ärger gehabt, wie die Vergangenheit bewiesen hat.“ Don Porfirio de Aranjuez runzelte die Stirn. Er hielt sich auf dem schräg geneigten Deck fest, um besseren Halt zu finden und klammerte sich dabei an die Balustrade, wie auch die anderen es taten. „Mit Wenn und Aber ist uns jetzt nicht geholfen, Capitan“, sagte er scharf. „Wir stehen nun mal vor vollendeten Tatsachen, die wir zu akzeptieren haben. Wir werden das Schiff aufräumen, die Rah wieder anschlagen und die Leute beruhigen. Wir müssen manövrierfähig sein, sobald das Wasser wieder zurückkehrt. Ich schlage vor, wir begutachten zunächst die Schäden am Rumpf, solange wir dazu noch Gelegenheit haben. Mit dem Beklagen unseres Schicksals ist uns allen nicht geholfen. Uns stehen noch schlimme Zeiten bevor.“ „Genau meine Ansicht“, sagte auch Don Alfonso de Zaragoza. Seine Adlernase stach noch etwas weißlich aus dem Gesicht hervor, und auf seinen Wangen zeichneten sich hektische rote Flecken ab. Der Profos brachte inzwischen die verstörten Männer auf Trab, und darin war er gar nicht zimperlich. Er hatte die Neunschwänzige in der Rechten und bleute
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den Kerlen Gottesfurcht ein, wie er das nannte, wenn sie nicht sofort spurten. Wahllos schlug er zu und holte die Kerle brutal aus ihren Verstecken heraus, wo sie sich in ihrer Angst verkrochen hatten. Jakobsleitern wurden ausgebracht. Dann begann die erste Inspektion nach dem Unglück, das über sie hereingebrochen war. * Der Sand war noch naß, mit Algen durchsetzt und teilweise mit toten Fischen bedeckt. Auch kleine Krebse lagen überall herum. In der Luft hing ein Geruch, der nur noch als ätzend und würgend zu bezeichnen war. Es stank entsetzlich nach feurigem Schwefel, nach den toten Fischen und dem fauligen Tang. Capitan, Offiziere und die beiden CasaBeamten umgingen die gestrandete Galeone in einem großen Bogen. Zwei Zimmerleute waren dabei, die den Rumpf auf Schäden untersuchen. Vom Rumpf troff immer noch Wasser, das in der heißen Luft allerdings schnell verdunstete. Lange Bärte hingen von den Planken, die außerdem mit Entenmuscheln und riesigen Seepocken bewachsen waren. Das Wasser hatte sich zurückgezogen bis weit hinter die vorgelagerten Korallenriffe. Harmlos plätschernd liefen kleine Wellen auf die Korallen zu und schäumten matt darüber hinweg. Sie hätten ohne weiteres eine Viertelmeile bis zum Meer trockenen Fußes zurücklegen können. Aber das Wasser würde zurückkehren, das stand fest. Vermutlich würde es wieder mit brüllender Gewalt über sie herfallen, vielleicht würden sie aber auch nur sacht aufschwimmen. Niemand vermochte das zu sagen. Hier war alles unberechenbar. Von der „Soberania „ lösten sich zwei Gestalten, die auch über Jakobsleitern auf den Sand abgeentert waren. Es waren Capitan de Padilla und sein Erster Offizier Ernesto Buarcos, die ebenfalls kurz ihre gestrandete Galeone inspiziert hatten.
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Etliche weitere Männer strichen weiter um den Rumpf herum. De Padilla, ein hagerer Mann mit einem kantigen Gesicht, hellen Augen und einen etwas sonderbaren Humor, blieb vor dem mächtigen Rumpf der Nao stehen. „Eine schnelle Reise“, bemerkte er trocken. „Sie fand auch ein recht schnelles Ende. Mein Navigator sagte mir, hier sei das Ende der Welt, und dahinter begänne ein feuriger Abgrund. Ich darf dazu sagen, daß ich mich dieser Meinung fast anschließen möchte.“ „Das ist alles ‚Quatsch“, sagte der Aranjuez grimmig. „Die Welt scheint nirgendwo zu Ende zu sein. Wir sind in einen Vulkanausbruch oder in ein Seebeben geraten.“ „Und Sie sind sicher, das es hier weitergeht?“ „Natürlich geht es irgendwann weiter, sobald wir aufschwimmen.“ „Falls nicht“, sagte de Padilla, „befestigen wir Räder unter den Galeonen und ziehen sie nach Acapulco.“ Er fuhr sich mit der Hand über das Gesicht. Die Hand war rußig, und auf seinem Gesicht lagen dunkle Punkte. „Dreck, Asche“, sagte er angewidert. „Reste des Fegefeuers, das uns noch mal verschont hat. Sie sehen auch nicht besser aus als ich, Senores.“ „Haben Sie größere Schäden davongetragen?“ fragte Don Porfirio. „Nicht der Rede wert. Ein Mann brach sich das Genick. Er liegt dort drüben tot im Sand. Haben Sie irgendwelche Befehle?“ „Sie könnten ein paar Kerle abstellen, die beim Austrimmen und bei anderen Aufräumungsarbeiten helfen. Unsere Ladung ist verrutscht, und wenn wir aufschwimmen, haben wir starke Schlagseite.“ Seine Worte wurden von einem nachhallenden Dröhnen überlagert. Auf einer der Nachbarinseln riß ein bewachsener Hügel mitten auseinander. Ein Teil davon stürzte zusammen, wieder unter nervtötendem Radau. Aus den Resten des Hügels begann es bösartig zu fauchen. Dort bildete sich ein
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Schlund, aus dem Erdbrocken zum Himmel geschleudert wurden. Ein glühender Funkenregen folgte, dazu ein paar Detonationen, als explodierten Fässer voller Schießpulver. Die Erde grummelte nachhaltig, und das übertrug sich auch auf den nassen Sand, der kleine Furchen aufwarf. Im ersten Impuls wollten sie davonlaufen, doch weder das Schiff noch eine andere Stelle boten Sicherheit. Verzweifelt versuchten sie, ihre Angst zu unterdrücken. Der Himmel verfinsterte sich abermals. Jetzt flogen feine Ascheteilchen durch die Luft, von den warmen Luftströmungen ständig hin und her getragen. Sie lösten Hustenreiz und Atemnot aus, und sie drangen in Nase und Mund wie feiner Staub. „Wüßte nicht, was es da zu grinsen gibt“, sagte de Aranjuez indigniert auf de Padilla blickend. „Finden Sie diese Situation etwa noch lustig?“ „Ich dachte gerade an unseren Verfolger, El Lobo del Mar“, sagte de Padilla. „Der dürfte auch nicht ungeschoren davongekommen sein. Vielleicht sind die englischen Bastarde längst abgesoffen oder in einer Erdspalte verschwunden.“ „Wir haben im Augenblick andere Sorgen. Nämlich die, wie wir hier vorerst überleben können.“ „Das Schlimmste dürften wir hinter uns haben. Viel schlimmer kann es wirklich nicht mehr werden.“ De Padilla gab sich ziemlich sorglos. Er war zwar kein oberflächlicher Mann, aber er schien sich über ihr Desaster auch nicht sonderlich aufzuregen. Hoch über ihren Köpfen hörten sie den Profos fluchen und einmal auch das Klatschen der Peitsche, das von einem unterdrückten Schrei begleitet wurde. De Zumarragas Bruder, der Erste Offizier, trieb die Kerle ebenfalls hart zur Arbeit an. Noch einmal wurde der Rumpf nach Schäden abgesucht und auch das Ruder einer genauen Inspektion unterzogen. An dem überdimensionalen Ruderblatt war alles in Ordnung.
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„Wir haben noch mal Glück im Unglück gehabt“, sagte einer der Zimmerleute. „Außen sind keine Schäden zu erkennen. In den Räumen kann allerdings viel zu Bruch gegangen sein. Hinzu kommen die Schäden an Deck, die recht beträchtlich sind.“ „Dann purren Sie die Takelmeister augenblicklich hoch!“ rief de Zumarraga. „Sie sollen sofort mit den Arbeiten beginnen. Ein anderer Trupp nimmt sich die Laderäume vor.“ „So einfach geht das nicht“, sagte Don Porfirio. „Die Laderäume sind verschalkt und versiegelt, und ich brauche wohl nicht zu betonen, welche Werte da lagern. Sie können nicht einfach eine Horde Kerle da hineinlassen, denen nicht über den Weg zu trauen ist. Die Vorschrift besagt, daß die Beamten der Casa dabei sein müssen und die Siegel selbst zu erbrechen haben. Warten Sie also damit, bis wir wieder an Bord sind.“ „Ich glaube nicht, daß sich das Schiffspack die Taschen vollstopft“, sagte der Capitan. „Vorschrift ist Vorschrift“, sagte Don Porfirio stur. „Das festgelegte Reglement muß unbedingt eingehalten werden.“ „Natürlich. Es hat ja auch die Route festgelegt, auf der wir so kläglich gescheitert sind. Ich pfeife auf das Reglement, hier liegt ein Notfall vor.“ „Sie können so lange pfeifen, bis Ihnen die Luft ausgeht“, bemerkte Don Alfonso hochnäsig, „aber nicht auf die Vorschriften. Die werden eingehalten, bis wir in der Hölle gelandet sind.“ Der Capitan der „Soberania“ hörte dem Disput zu und grinste wieder mit schmalen Lippen. „Sogar der Satan wird das Reglement der Casa de Contratacion respektieren“, sagte er grimmig. „Wenn nicht, dann besagt Statut vierhundertfünfzig, daß man ihm einen Pahlstek in den Schwanz knoten darf, selbstverständlich unter Verwendung eines vorher genau festgelegten Tampens. Ist es nicht so?“ „Holen Sie lieber Ihre Kerle her“, schnauzte ihn Don Alfonso an, „statt hier
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ketzerische und zynische Reden zu führen, de Padilla!“ „Schreibt das Reglement eine bestimmte Anzahl vor, Senores, oder liegt das ausnahmsweise in meinem Ermessen?“ „Verschwinden Sie!“ „War nur eine Frage“, sagte de Padilla besänftigend. „Ich werde mich doch nicht mit der Casa anlegen, da sei die Jungfrau Maria vor.“ Damit gingen er und sein Erster Offizier, ohne sich noch einmal umzudrehen. „Kodderschnauze“, sagte Don Alfonso verächtlich. „Den werden wir uns in Acapulco noch genauer ansehen.“ Erschreckt sprang er nach seinen letzten Worten in die Höhe. Sand wallte auf, blies dicht neben ihm in einer Fontäne nach oben und stob fauchend in die Luft. Der Sand, mit Dreck, Korallenbrocken und Wasser vermischt, erreichte mehr als Mannhöhe, ehe die seltsame Quelle mit einem Gurgeln versiegte. Jetzt hatten sie es sehr eilig, wieder an Bord zu entern, denn überall im sandigen Untergrund blubberte Wasser, brachen Dreckfontänen hoch und schleuderten den Untergrund in die Höhe. „Misericordia!“ schrie Don Alfonso entsetzt. „Jetzt sind wir verloren. Der Boden bricht ein.“ Der Boden brach aber nicht ein, wie er befürchtete. Er beruhigte sich ziemlich schnell wieder. Allerdings fauchte es noch auf den Inseln in unregelmäßigen Abständen.' Manchmal stieg pechschwarzer Qualm in die Höhe, mitunter war er weißlich oder blutrot, wenn aus dem Inneren Magma losgelöst wurde. Aber das Donnern, Grummeln und Poltern begleitete sie auch weiterhin, ebenso der penetrante Geruch, der über allem lag und alles einhüllte. 5. Hasard brauchte nicht lange nach einer Insel zu suchen. Es gab hier so viele, daß sie kaum zu zählen waren.
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„An Steuerbord haben wir genau das, was wir suchen“, sagte Dan neben ihm, als er den Kieker absetzte. „Ein sattgrünes Fleckchen mit einem kleinen und malerischen Wasserfall –wie geschaffen für uns und vom großen Kapitän extra ausgesucht.“ Die kleine Insel war bergig und zum größten Teil von schroffen Klippen eingerahmt, die ein Anlaufen unmöglich werden ließen. Aber es gab. von Norden her einen Zugang, eine seichte Bucht mit einem flachen und kurzen Strand. Von hier aus war auch der Wasserfall zu sehen, nicht mehr als ein Rinnsal, das sich aus den Hügeln ergoß und dicht vor dem Strand im saftigen Grün der Vegetation versickerte. Tatsächlich hätte ihr Trinkwasser noch etliche Tage gereicht. Aber Hasard nahm grundsätzlich jede Gelegenheit wahr, frisches Wasser zu mannen, damit die Arwenacks nicht immer die abgestandene Brühe aus den Fässern trinken mußten. In diesen tropischen Zonen verdarb das Frischwasser außerordentlich schnell und zog schleimige Fäden. Pete Ballie sah den Seewolf nicken und nahm schon Kurs auf die Insel, ohne daß es dazu einer Aufforderung bedurft hätte. Als der neue Kurs anlag, kniff Ben Brighton die Augen zusammen und blickte scharf in östliche Richtung. Don Juan war seinem Blick gefolgt. Jetzt nickte er sinnend. „Rauch, eine kleine Rauchfahne. Sie verliert sich irgendwo in der Weite des Archipels.“ Die Rauchfahne war deutlich zu erkennen. Wie ein Gespinst stieg sie an der Kimm auf, breitete sich aus und wurde vom Wind zerblasen. Doch sogleich folgte eine zweite Rauchwolke. Als die Seewölfe gebannt in die Richtung starrten, glaubten sie, ein feines Zittern wahrzunehmen. Das teilweise flaschengrüne Meer kräuselte sich auf eine sonderbare Art. Die Bordwände der Schebecke vibrierten ein wenig. Das Zittern pflanzte sich durch das Wasser
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weiter fort, verlor sich nach ein paar Augenblicken aber wieder. „Halleluja“, sagte Old Donegal, wobei sein Granitgesicht kantig und sehr ausdrucksvoll wurde. „Da soll mich doch der Satan braten, wenn das nicht wieder ein kleiner Ausbruch ist. Da flitzen die Teufelchen aus der Erde, weil sie sich in der Hölle den Hintern angesengt haben. Jetzt geht das schon wieder los.“ Hasard war etwas beklommen zumute, als er den Rauch und die weiteren typischen Anzeichen eines Bebens sah. Es war zwar noch sehr weit entfernt, doch das besagte gar nichts. Die heftigen Stöße pflanzten sich mitunter meilenweit fort, und das geschah übergangslos innerhalb kürzester Zeit. „Sieht ganz danach aus“, murmelte Er. „Aber ich möchte das nicht unbedingt noch mal erleben. Was wir hinter uns haben, das reicht mir vorläufig“ „Sollen wir die Insel anlaufen, Sir?“ fragte Pete. „Ja, auf jeden Fall. Da sind wir vor großen Flutwellen sicherer als draußen auf See. Wir müssen ja nicht unbedingt mit aller Gewalt in unser Verderben segeln.“ Eine Viertelstunde lang blieb die Rauchfahne aus. Dann erschien sie abermals wie ein dünnes Signal in er Ferne. Jeder an Bord wußte, daß es kein Brand war, der vielleicht von einem Schiff stammte. Die Begleitumstände waren ganz anders, denn gleich danach zitterte wieder der Boden. Diesmal war der Stoß etwas stärker als zuvor. Hasard sah in besorgte Gesichter. Die Kerle fürchteten weder Tod noch Teufel, aber gegen Naturkatastrophen waren sie machtlos und mußten alles mehr oder weniger geduldig über sich ergehen lassen. Der dunkle Qualm füllte jetzt bereits einen breiten Teil der östlichen Kimm aus und stieg langsam höher zum Himmel, wo ihn der Wind allmählich zerfaserte. Der Seewolf zuckte schließlich mit den Schultern. „Uns bleibt nichts anderes übrig. Wir laufen die Bucht an und warten
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ab. Offenbar sind wir in letzter Zeit vom Pech verfolgt.“ „Und das ausgerechnet zu Ostern“, motzte Mac Pellew. „Da hat man sogar an den Feiertagen keine Freude mehr.“ „Hast du heute sowieso nicht gehabt“, sagte Ferris Tucker mit einem schiefen Grinsen. „Bei dir ging heute doch alles daneben, angefangen von den Osterhasen bis zu den bunten Eiern. Warum sollen wir dann nicht auch noch ein bißchen Feuer vertragen?“ „Mir langt das andere“, schnaubte Mac. Die Insel entpuppte sich aus der Nähe als ein überkragendes Massiv aus hartem Gestein. Stellenweise fielen die Felsen fast senkrecht ins Meer ab, oder sie bildeten riesige Wülste dicht über dem Wasser. Die Hänge waren erst weiter oben dicht bewachsen und bildeten einen undurchdringlichen Verhau. Die Bucht war nur ein kleiner Einschnitt mit einer Palmengruppe. Gleich dahinter standen vereinzelte große Steinblöcke. Wie es den Anschein hatte, war der Boden an dieser Stelle anfangs eben, stieg dann leicht an, wobei sich auf der rechten Seite ein begehbarer Pfad bildete. Von da aus ging es nur noch aufwärts. Die Vegetation wuchs üppig, doch das rührte nicht vom vielen Regen her, sondern von den Quellen, die es auf der Insel gab. An einigen Stellen weiter oben glitzerte es. Dort liefen offenbar weitere Rinnsale zusammen, die den kleinen Wasserfall bildeten. „Der Fall ist gut zu erreichen“, sägte Hasard. „Ein kurzer Weg an den Palmen vorbei, ein Stückchen Verhau und wir sind am Ziel. Gleichzeitig bietet diese Bucht einen guten Schutz. Sollte wieder eine Flutwelle auflaufen, werden wir bestenfalls auf den flachen Strand geworfen und geraten nicht zwischen die Felsen.“ Die Segel wurden eingeholt, dann fiel der Anker. Als die Jolle ausgesetzt wurde, zuckten alle verstört zusammen. Ein Donnerknall ertönte, so gewaltig laut und dröhnend, daß die meisten sich unwillkürlich duckten.
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Der Schimpanse Arwenack fletschte die Zähne und rannte keckernd übers Deck, mit den Armen um sich schlagend und jedem einen Klaps verpassend, der seinen Weg kreuzte. Sir John krächzte und flog auf. In seiner Angst stieß er ein paar üble Schimpfwörter aus. Die Wolfshündin, die unter dem Niedergang döste, fuhr ebenfalls zusammen, blickte in die Ferne und spitzte die Ohren. Sie richtete sich auf und begann heiser zu knurren. „Nun beruhigt euch mal wieder“, sagte Jung Hasard. Zusammen mit seinem Bruder Phil versuchte er, die aufgeregten Tiere zu besänftigen. Der Donnerknall hatte etwas bewirkt, und zwar auf einer Insel, die etwa drei Meilen weiter nordöstlich lag. Auch dort gab es Berge und Hügel. Aus dem höchsten Berg stieg blasenwerfend rotes Feuer auf wie ein grellzuckender Blitz. Dem Feuer folgte schlagartig eine pechschwarze Wolke, und inmitten dieser Wolke stoben minutenlang glühende Brocken zum Himmel, die sich über die ganze Insel verteilten. Sobald die glühenden Brocken zurückfielen und in die Vegetation einschlugen, begann es zu qualmen. Die Folge davon war, daß weißlicher Dampf aufstieg, der die Insel vor den Augen der Arwenacks einnebelte. Schlangengleich fraßen sich Donnern und Brüllen durch den Erdboden. Das Wasser in der Bucht wallte einmal kurz auf, als koche es. Anschließend schwieg die Natur. Der kleine Vulkan erlosch so plötzlich, wie er begonnen hatte, und auch das Bombardement hörte auf. Nur der zähe Nebel blieb noch lange über dem Eiland hängen. Die Jolle wurde mit zäher Verbissenheit abgefiert. Viele taten so, als sei das Donnern und Feuerspeien ganz normal, doch die Angst nagte an ihnen, obwohl sie das vor sich selbst verbergen wollten. Stenmark und Sven Nyborg standen am Backbordschanzkleid und blickten zu dem Wasserfall. Das leise Plätschern war jetzt
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wieder deutlich zu hören, seit der Donner verebbt war. „Schöner Mist“, sagte der Schwede. „Wir sind hier offenbar in eine Zone geraten, die sich etliche Meilen in die Länge zieht. Das muß wie ein langgestreckter Graben sein, der plötzlich aufbricht und durch seine Schlote Feuer ausspuckt.“ „So ähnlich hat es der Sir auch gesagt. Pech für uns, daß wir uns ausgerechnet jetzt in dieser Ecke befinden. Sag mal, irre ich mich, oder ist der Wasserfall größer geworden? Das gibt's doch gar nicht.“ Stenmark blickte wieder zu dem Fall. Es war nicht zu erkennen, wo das Wasser abfloß, aber es schien zwischen der Vegetation eine Senke zu geben, in der sich Wasser sammelte. „Sieht ganz so aus“, erwiderte er. „Ja, da tritt tatsächlich mehr Wasser aus als vorhin. Vielleicht hat das Beben einen Spalt vergrößert. Auch das Rauschen ist lauter geworden.“ Das vormals schmale Rinnsal floß fetzt schneller und hatte sich einwandfrei verbreitert. Die Wassermenge, die aus etwa sechs, sieben Yards Höhe rauschte, war größer und mächtiger geworden. Den anderen fiel das Phänomen ebenfalls auf, doch es wirkte nicht unbedingt beunruhigend. Lediglich Carberry bemerkte, daß es sich hierbei ein Naturwunder handeln müsse, das einzig und allein Old O'Flynn zugedacht sei. „Wie darf ich das, bitte, verstehen?“ fragte Donegal mißtrauisch. „Ein Jungbrunnen“, flüsterte Carberry geheimnisvoll. „Wenn du darin badest, gehst du zwanzig Jahre in die Vergangenheit zurück und Wirst schlagartig jünger.“ „Erzähl das deinem Opa aus Sodom und Gomorrha, oder wo der her war“, knurrte der Admiral. „Ich falle auf solchen Stuß nicht mehr rein. Jedenfalls nicht mehr so schnell“, sagte er einschränkend. „Ich bin von Jungbrunnen aller Art bestens bedient.“ Damit war für ihn das Thema erledigt, und Carberry konnte auch nicht mehr nachhaken, weil sich Old Donegal auf
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keine weiteren Diskussionen einließ. Dabei hätte er gern noch ein bißchen gestichelt, weil das so schön von ihrer augenblicklichen Lage ablenkte. Der Seewolf hatte erst vor, noch abzuwarten, ehe sie die Wasserfässer füllten. Aber alles blieb relativ ruhig, bis auf ein schwach vernehmbares Grummeln im Boden, das jedoch nur sporadisch auftrat. Also wurden die Fässer in die Jolle gestaut. Ein paar Arwenacks sprangen über Bord und legten die kurze Distanz schwimmend zurück. Das Wasser war angenehm kühl und erfrischend, obwohl sie eine fast lauwarme Brühe erwartet hatten. Am Strand packten sie die Fässer in Tragegestelle und gingen durch den kleinen Palmenhain. Etwa ein Dutzend von ihnen befand sich jetzt auf der Insel. Hinter dem Palmenhain, wo das Grün besonders üppig sproß, fanden sie zu ihrem Erstaunen einen morastigen Untergrund. Schmatzende und blubbernde Geräusche waren zu hören, die aus dem Boden drangen. Eine große Blase wölbte sich ihnen entgegen. * Jack Finnegan blieb stehen und rümpfte die Nase. Mißtrauisch starrte er auf den matschigen Untergrund. „Das ist ja fast ein richtiges Moor“, sagte er. „Ein Moor, in dem Felsen stehen. Wirklich sehr eigenartig.“ Der Boden war schwabbelig, von schleimigem Grün überzogen, teilweise mit Farnen bedeckt, und doch standen um sie herum größere Felsbrocken. „Wenn die hier stehen“, sagte Batuti, „dann können wir auch nicht einsinken, das heißt, wenn sie nicht schon eingesunken sind.“ Was von außen fast wie ein Paradies ausgesehen hatte, wirkte aus der Nähe ganz anders. An den Wasserfall zu gelangen, erwies sich als äußerst schwierig, denn da mußten sie erst den Sumpf durchqueren.
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Immer wieder stiegen aus dem Sumpf dicke Blasen auf, die gurgelnd zerplatzten. Etwas ratlos blieben jetzt alle stehen. „Ich glaube, wir verzichten lieber auf das Wasser“, sagte Smoky. „Ein paar Tage lang tut's auch noch der Rest in den Fässern an Bord.“ Finnegan riß ihn zurück, als der sumpfige Boden in heftige Wallung geriet. Ein Teil wurde ganz plötzlich selbständig und sackte übergangslos tiefer. Die andere Masse drängte nach, und alles schloß sich über dem Sog. Sie hatten ihre Verblüffung noch nicht überwunden, als genau das Gegenteil eintrat. Unter ungeheurem Druck wölbte sich der Untergrund. Für ein paar Augenblicke war deutlich ein klaffender Spalt zu sehen, und dann flog Schlamm in einer fast zehn Yards hohen Fontäne in die Luft. Begleitet wurde die Eruption von einem nervtötenden Fauchen und Zischen, als blase ein Riese von unten gewaltige Mengen nach oben. Das sumpfige Stück begann zu wackeln wie ein Pudding. Smoky, der am weitesten vorn stand, kriegte zittrige Knie, als seine Beine von dem Dreck umspült wurden. Ein überaus fauliger Gestank drang ihm in die Nase. „Zurück!“ rief er. „Lauft zurück!“ Das friedliche Eiland verwandelte sich ziemlich schnell in eine Hölle. Aus unsichtbaren Fumarolen im Innern der Insel blies Dampf mit gewaltigem Druck. Ekelerregende Gase traten aus. Zwischen den Felsen begann es zu zischen und zu kochen. Das schmierige Zeug im Wasser begann dicht vor dem festeren Untergrund wie wahnsinnig zu rotieren, bis ein trichterförmiger Sog im Boden entstand, dessen Durchmesser sich ständig erweiterte. „Nun lauft doch endlich, ihr Blödmänner!“ rief Smoky. „Los, sonst gibt der Boden unter euch nach!“ Die anderen, die Tragegestelle mit den leeren Fässern noch auf den Schultern,
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standen wie erstarrt da. Selbst der Profos stierte wie gebannt in den wirbelnden Sog. Aber jetzt begriffen sie, daß sich hier vielleicht gleich die Hölle auftat, und nahmen die Beine in die Hand. Inzwischen war das Fauchen und Zischen so laut geworden, daß es alle anderen Geräusche übertönte. In ihrer Hast, sich zu entfernen, verhakten sich die Tragegestelle für die Fässer zwischen Matt Davies und dem Iren Higgy. Sie verkeilten sich regelrecht ineinander. Beide stürzten zu Boden. Die restlichen Arwenacks drängten nach. Im Nu wälzte sich ein Knäuel von Leibern in dem Dreck, der jetzt von einem Schlammregen überschüttet wurde. Flüche erklangen. Mühsam rappelten sie sich auf. Einer hatte ein Faß an den Schädel gekriegt und fluchte zum Gotterbarmen. Vom Wasserfall drang ein riesiger Schwall nach unten, der von den Gasfontänen augenblicklich wieder in die Höhe geblasen wurde. Links von ihnen löste sich lautlos ein Felsstück von der Bergspitze, ein kleiner Kegel, wie mit der Axt abgeschlagen. Er donnerte den Abhang hinunter und landete dröhnend neben der Bucht an den überkragenden Felsvorsprüngen. Smoky sah diesen unheimlichen Sog sich weiter ausbreiten und sprang ein paar Yards zurück. Neben ihm pfiff es bedrohlich. Gas blies ihm ins Gesicht, bis ihm fast der Atem wegblieb. Er war von oben bis unten dreckbeschmiert mit diesem entsetzlich grünen Schleim und dem stinkenden Morast. Die Stelle, an der er jetzt stand, gab plötzlich unter ihm nach. Er stieß einen schrillen Schrei aus, in der Angst, von diesem häßlich brüllenden und fauchenden Moloch verschlungen zu werden. Smoky sah noch diesen wirbelnden Trichter, der jetzt einen Durchmesser von mindestens fünf Yards hatte, als es ihn auch schon mit unwiderstehlicher Gewalt hineinzog.
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Ein riesiges Schlammloch verschlang ihn. Er konnte gerade noch die Luft anhalten, da erfaßte ihn der Sog und zog ihn augenblicklich in eine pechschwarze Tiefe. Die anderen waren wie gelähmt, als Smoky so plötzlich verschwand. Carberry stürzte vor, sah aber ein, daß hier jede Hilfe unmöglich war, wollten sie nicht selber in diesem Dreckloch ersticken. Außerdem gab der Boden immer weiter nach, brach ein und riß alles mit sich. Zwei Mann konnten ihn gerade noch zurückreißen, sonst wäre er dem Decksältesten gefolgt. „Mein Gott, das gibt es doch nicht“, sagte Batuti fassungslos und starrte in den brodelnden Sumpf. Er versuchte etwas zu erkennen, aber in dem Morast war alles in wirbelnder und schmatzender Bewegung wie in einem Höllenschlund. Mit brennenden Augen starrten sie auf die Stelle, wollten helfen und konnten doch nichts tun. Sie mußten weiter zurück, als der Boden einbrach und eine schmale Rinne bildete, die sich bis zu den gewachsenen Felswänden fortsetzte. Erst von da ab wuchs der Spalt nicht mehr weiter, aber das Fauchen von Gasen und Dämpfen blieb. Es klang wie das zornige Brüllen einer wilden Bestie. Von der Schebecke aus mußten sie ebenso tatenlos zusehen wie die Männer an Land. Hier brachen Naturgewalten auf, gegen die kein Kraut gewachsen war, und die ihnen die Grenzen ihrer Möglichkeiten aufzeigten. Smoky schlug inzwischen haltlos um sich, aber da war nichts, woran er sich klammern konnte. Brüllen half auch nicht, denn eine dicke Schlammschicht verkleisterte ihm Mund, Nase, Augen und Ohren. Um ihn her war alles glitschig, matschig, ein einziger Sud, der immer wärmer und dann fast heiß wurde. Er fühlte, daß er mit starker Geschwindigkeit mitten unter die Erde trieb wie zu seiner eigenen Beerdigung. Krampfhaft hielt er die Luft an, solange es ging.
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Er verlor jegliches Zeitgefühl, er wußte nur, daß ihm bald die Lungen platzten, wenn dieser wahnsinnige Druck nicht nachließ und er wieder atmen konnte. Einmal stieß er hart irgendwo an und unterdrückte gerade noch einen Schrei, der ihm die letzte Luft aus den Lungen getrieben hätte. Das ist das Ende, dachte er halb betäubt. Hier kann dir niemand mehr helfen. Du verschwindest irgendwo tief unter der Erde oder vielleicht geradewegs in die Hölle. Die rasende Fahrt in einer Art Schlauch ging weiter, um Ecken herum, an Kanten vorbei, fast senkrecht in die Erde, wie er annahm. Er wußte nicht, daß jetzt hoch über ihm die anderen wie wahnsinnig zur Schebecke pullten, um Leinen und Tampen zu holen, in der irrsinnigen Hoffnung, ihm doch noch helfen zu können. Immer weiter ging es, wie ein Sturz in die Unendlichkeit, bis bunte Ringe vor seinen Augen tanzten, Feuerräder in seinem Kopf rotierten und kleine Sternchen nach allen Seiten explodierten. Aus weiter Ferne hörte er einen Gong, danach klang es leise wie Glockengeläut. Die Geräusche wurden immer leiser, bis sie schließlich ganz erstarben, und fürchterliche Stille herrschte. Da wußte Smoky, daß er jetzt endgültig mit seinem Leben abschließen konnte. Er war schon einmal an einem großen Korallenriff in einem gewaltigen Sog fast ertrunken. Wenn diese fürchterliche Stille eintrat, waren die Angst und die Panik verflogen, und alles wurde friedlich und sanft. Das war kurz vor dem Ende, und so war es auch hier. Er empfahl seine Seele dem großen Kapitän und verlor gerade das Bewußtsein, als seine Lebensgeister schlagartig aktiviert wurden. Alles in ihm bäumte sich noch einmal wild auf. Es war so, als begänne ein neues Leben. Er blinzelte, erkannte einen Lichtschimmer und fühlte sich von dem erstickenden Schlamm und Dreck befreit.
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Er wußte nur nicht, ob er den Himmel oder das Wasser sah, jedenfalls war der Druck weg. Frei wie ein Vogel in der Luft fühlte er sich zu seiner grenzenlosen Überraschung auch, und für wenige Augenblicke war er auch frei wie ein Vogel in der Luft. Die unterirdische Rinne spie ihn aus, die ihn an den Felsen vorbeigetragen hatte. Diese Rinne mündete oberhalb überkragender Felswände direkt ins Meer. Früher war sie verstopft gewesen, aber die Erschütterungen hatten sie wieder freigelegt. Dreck, Schlamm und modrige Gewächse folgten ihm auf seinem Sturz ins Wasser. Die ganze Ladung flog wie ein Pfropfen hinaus, schmatzend knallend und gurgelnd. Für einen kurzen Moment hatte Smoky ein merkwürdiges Gefühl. Er fühlte sich, als sei er auf Great Abaco in Old Donegals Kneipe, und jemand habe den Mechanismus der „Rutsche“ bestätigt. Diese Rutsche war für Rabauken und betrunkene Rumtöner gedacht, für Randalierer und Gröler, und sie führte direkt ins Meer, um den betreffenden Banausen abzukühlen. Smoky grinste erleichtert, noch während er ins Wasser flog und dort wie ein Geschoß einschlug. Als er prustend auftauchte, war die Welt für ihn wieder in Ordnung. Am liebsten hätte er vor Freude laut gebrüllt. Er sah sich ernüchtert um und schickte ein kurzes Stoßgebet zum Himmel. Der große Kapitän hatte nicht gewollt, daß er die Gefilde wechselte, und Smoky war ihm auch sehr dankbar für diesen weisen Entschluß. Von der Schebecke sah er nichts. Vor ihm ragte lediglich eine dunkle Felsenwand auf, die unmöglich zu erklimmen war. Aber er sah Rauch im Osten und orientierte sich schnell. Er brauchte keine hundert Yards weit zu schwimmen, als er in die Bucht blicken konnte. Er sah seine Kameraden zum Strand pullen, sah andere aufgeregt winken, hörte
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Geschrei von der Schebecke. Alle schienen ziemlich ratlos und bestürzt zu sein. „Ich bin wieder da!“ brüllte er, doch kein Ton drang über seine Lippen, bestenfalls ein heiseres Krächzen, das niemand hören konnte, zumal es von der Insel immer noch fauchte und brüllte. Also hob er sich das Schreien bis später auf, wenn seine Stimme wieder gefestigt war. In langen Zügen schwamm er zur Backbordrüste und hielt sich daran fest. Niemand sah ihn, alle Blicke konzentrierten sich auf den Strand und den Wasserfall dahinter, der zu seinem Erstaunen fast versiegt war. Von dem kleinen Felsenplateau tröpfelte es nur noch. Egal, dachte er, das Trinkwasser war jetzt nicht so wichtig. Als er sich hochzog und über das Schanzkleid wälzte, fiel Dan O'Flynn vor Schreck der Kieker aus der Hand, mit dem er die Felsen absuchte. „Ich bin's nur“, sagte Smoky mit verzerrtem Grinsen. „Bin wie bei Old Donegal durch die Rutsche gesaust, aber halb ersoffen.“ „Ja, sag mal, hat dich die Hölle ausgespuckt?“ fragte Dan fassungslos. „Klar, die wollten mich nicht haben. Die haben schon genug Decksälteste da unten. Sag mal den anderen Bescheid, meine Stimme ist noch ein bißchen schwach.“ „Wenigstens haben wir dich wieder“, sagte Dan, „hier brauchen wir nämlich noch einen Decksältesten. Hast dem Teufel wohl eine deiner üblen Wetten vorgeschlagen, was?“ „Na, sicher doch. Hab ihm gesagt, wenn er aus trockenem Sand einen Tampen drehen könne, kriege er meine Seele. Mann, hat der geflucht, als ihm das nicht gelang.“ „Du bist sowieso nicht totzukriegen“, tröstete Dan. „Und dein großes Maul erst recht nicht.“ Er steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen schrillen Pfiff aus. Er zeigte auf Smoky, als die Köpfe ruckhaft herumflogen, und er grinste dabei bis zu den Ohren.
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Die Erleichterung war den Männern von den Gesichtern abzulesen, nur der Profos mußte wieder losböllern, nachdem er sich von seiner Verblüffung erholt hatte. „Das ist doch wohl die Höhe, ist das, was, wie! Da steht dieses Rübenschwein seelenruhig an Deck und grinst, bis ihm die Kiemen reißen. Wieso, zum Teufel, ist dieser Zitteraal jetzt an Bord – kann mir das mal jemand erklären?“ „Es muß ihn irgendwo ins Meer geschwemmt haben“, sagte Batuti zögernd und erleichtert zugleich. „Sind wir hier vielleicht in Donegals Rutsche?“ fragte Carberry zurück. „Oder gibt's jetzt auf jeder Insel so ne Rutsche?“ „Sei froh, daß er wieder da ist“, sagte der Gambiamann grollend. „Und wir sehen zu, daß wir von dieser Scheißinsel verholen. Mir hat das völlig gelangt.“ „Vielleicht war's Zauberei“, meinte der Profos nachdenklich. „Mit rechten Dingen geht das jedenfalls nicht zu, das ist mal so sicher wie der Priester im Tempel.“ Er war aber trotzdem sehr erleichtert und gerührt, der Profos, nur zeigte er das vor den anderen nicht. Er war ja schließlich ein Mann aus Eisen, und so einer polterte höchstens herum, damit ihm das Herz nicht überfloß. Sie pullten und schwammen zurück und bestaunten Smoky wie ein Weltwunder. Er sah auch gar nicht mehr dreckig oder verschlammt aus. Das Bad im Meer hatte ihn wieder restlos gesäubert. „Und das war wirklich 'ne Rutsche?“ fragte der Profos ungläubig. „Einfach so ein Ding, wo man durchflitzt und gleich wieder draußen im Wasser landet?“ „So ähnlich war es“, gab Smoky zu, „aber es war eine verdammt lange Rutsche, voller Dreck und Schlamm, und ich wäre fast darin erstickt, bis die Rutschpartie endlich beendet war. Das Loch im Felsen befindet sich ganz in der Nähe in östlicher Richtung.“ Carberry nickte bedächtig und wandte sich an den Seewolf. „Man sollte wirklich allen Ernstes überlegen, Sir, ob man hier nicht so eine kleine Reservekneipe einrichtet. Die
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Voraussetzungen sind gegeben. Man könnte ein paar Fäßchen hier verstauen, eine kleine Bude errichten und hätte dann eine Ersatzkneipe mit eingebauter Rutsche. Segeln wir hier wieder mal vorbei, kann jederzeit ganz zwanglos eine kleine Feier stattfinden, und wer das Maul aufreißt, der saust ab durch die Rutsche. Ist das ein Vorschlag oder nicht, Sir?“ „Sicher, das ist ein Vorschlag“, sagte Hasard nickend. „Allerdings ein sehr dämlicher. Bis wir hier wieder vorbeisegeln, ist der Wein längst zu Essig geworden, und du willst doch kein Essigwasser schlucken, wie?“ Das wollte der Profos natürlich nicht, und so fand er schließlich selbst, daß es doch nicht die allerbeste Idee war, die er jemals gehabt hatte. Der Seewolf blickte nach Osten. Dort war immer noch Rauch zu sehen, aber die Krater spien kein Feuer mehr. Nur der Untergrund wurde noch in unregelmäßigen Abständen von leichten Stößen erschüttert. Auch auf der Insel, vor der sie lagen, rumorte es noch. Der Boden war jetzt bis auf den Felsen hin auf eine Länge von mehr als hundert Yards eingebrochen. „Nehmt die Jolle an Bord“, sagte der Seewolf, „hievt den Anker und setzt die Segel. Wir laufen auf östlichem Kurs weiter. Diese Insel ist mir nicht ganz geheuer.“ So geschah es. Eine halbe Stunde später verließen die Arwenacks die Bucht des Schreckens und segelten weiter, in der Hoffnung, doch noch mal auf die ManilaGaleone zu stoßen. 6. Auf der Nao de China wurde pausenlos gearbeitet, um die Großmarsrah wieder anzuschlagen. Geändert hatte sich so gut wie nichts. Um sie her war alles trist, grau und schwarz. Asche regnete vom Himmel, die alles mit einem feinen, grauen Schleier überzog. In der Luft lag der Geruch von Schwefel und faulen Eiern, der sich nicht mehr vertreiben ließ. Er setzte ihnen gehörig zu,
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mitunter so stark, daß sich einige übergeben mußten. Erbarmungslos wurden die Leute angetrieben, und da war der Profos nicht wählerisch. Er wurde zum Schreckgespenst mit seiner Neunschwänzigen, die er immer wieder einsetzte. Mehr als dreißig Mann schabten mit Kalfateisen, Beilen und Marlspiekern die Entenmuscheln vom Rumpf ab, entfernten die langen eingetrockneten Tangbärte, putzten und rieben. In der Umgebung qualmten die Inseln, brannten viele Palmenstümpfe wie rußende Fackeln. Die Strände waren mit grauem Staub überzogen. Der ganze Archipel bot ein trostloses und ödes Bild. De Zumarraga und die beiden Beamten der Casa kontrollierten immer wieder die Arbeiten und trieben die Leute mit ihrem „Vorwärts“ an. „Hier wird es immer unheimlicher“, sagte Don Porfirio. „Wenn wir nur diesen gottverdammten Archipel endlich verlassen könnten. Ich würde wer weiß was darum geben.“ „Dazu müßten wir erst mal aufschwimmen“, knurrte de Zumarraga. Er war gereizt und übellaunig und gab die Schuld den beiden Männern, die den neuen Kurs ausgearbeitet hatten. „Das Wasser muß ja irgendwann wieder auflaufen“, meinte Don Alfonso, „und dann können wir endlich weitersegeln.“ De Zumarraga stieß einen Decksmann hart zur Seite und brüllte ihn an, er sollte gefälligst schneller arbeiten und keine Löcher in die Luft stieren. „Natürlich läuft das Wasser irgendwann wieder auf“, sagte er biestig. „Aber wenn es aufläuft, dann geschieht das mit der gleichen Wucht, wie es verschwand. Sie können sich dann noch auf einiges gefaßt machen, Senores.“ Die Senores waren inzwischen etwas kleinlauter geworden, ließen aber dennoch keine Gelegenheit aus, sich durchzusetzen, obwohl de Zumarraga ihnen ständig vorwarf, sie könnten jetzt längst südlich von Hawaii sein, wenn sie den normalen Kurs gesegelt wären.
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Gegen Mittag wurde weit draußen bei einer Insel ein großes Langboot gesichtet. Besetzt war es mit etwa zwanzig Männern. „Wilde!“ schrie de Ortega. „Kopfjäger! Sie werden uns angreifen, diese Heiden!“ „Ganz sicher Wilde“, stimmte Don Porfirio sofort zu. „Wir sollten diesen Kerlen gleich einen heißen Empfang bereiten, wenn sie sich uns weiter nähern.“ „Das werden wir auch“, versprach de Zumarraga. „Solche Affen haben mir gerade noch gefehlt.“ Das Langboot näherte sich bis auf eine Viertelmeile, dann wurde das Rudern eingestellt, und Eingeborene, nur mit einem kleinen Lendenschurz bekleidet, spähten aufmerksam herüber. „Lassen Sie von dem Stückmeister die Drehbassen ausrichten, de Ortega“, befahl de Zumarraga. „Grobschrot in die Rohre, ein paar andere mit Feinschrot laden.“ Der Feldscher Alberto Sinnera war einer der wenigen toleranten und human denkenden Männer an Bord. Für ihn waren Fremde nicht identisch mit Wilden und Eingeborenen nicht gleich Kopfjäger und Kannibalen. Schon gar nicht waren es Affen, wie de Zumarraga so borniert sagte. „Die Leute scheinen völlig friedlich zu sein, Senor Capitan“, sagte er. „Sie sind nicht mal bewaffnet. Möglicherweise brauchen sie sogar Hilfe.“ „Die und Hilfe?“ rief de Ortega spöttisch. „Wer hilft uns denn, Sie Wunderdoktor? Wir brauchen Hilfe. Die Menschenfresser schlagen einfach ein paar andere tot, und schon sind sie satt. Und wenn ihnen das nicht reicht, dann graben sie Wurzeln aus dem Boden und fallen wieder in das Stadium von Tieren zurück.“ „Ach ja“, sagte der Feldscher. „Ich denke, Sie sind noch nie in einem fremden Land gewesen. Das ist doch Ihre erste Reise. Woher sind Sie denn so vorbildlich informiert?“ „Sehen Sie sich doch mal die Affen an und dann uns, oder bemerken Sie etwa keinen Unterschied? Wir bauen riesige Schiffe, wir sind zivilisiert und kultiviert, wir haben starke Waffen. Die Affen haben kleine
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Boote und schlechte Waffen. Außerdem sehen sie wie Affen aus.“ „Verschwinden Sie jetzt endlich, de Ortega!“ brüllte de Zumarraga mit einer Lautstärke, die den Dritten Offizier heftig zusammenfahren ließ. „Ich habe Ihnen einen Befehl gegeben. Wird's bald? Vorwärts!“ Der Dritte zog das Genick ein und trollte sich, nicht ohne dem Feldscher noch einen bitterbösen Blick zuzuwerfen. „Trotzdem sind das Affen!“ schrie er. „Hühnerstallneger, nichts anderes!“ Auf dem Langboot hatte man sich jetzt endlich entschlossen, doch noch näher zu den beiden gestrandeten Schiffen zu paddeln. Sehr weit gelangten sie allerdings nicht, denn bei den Korallenriffen gab es kein Wasser mehr. Zwei Mann stiegen aus dem Boot und näherten sich zögernd über den glitschigen Sand, der mit Algen und Tang bedeckt war. De Zumarraga gab den irrsinnigen Befehl, eine Muskete abzufeuern. Einer der Seesoldaten legte seine Muskete auf die Stützgabel und grinste boshaft. Er verstand den Befehl so, daß er auf einen der „Affen“ schießen sollte, und so nahm er ihn ins Visier. „Bitte nicht, Senor Capitan“, sagte der Feldscher heiser. „Sie sind unbewaffnet. Ich nehme an, daß sie uns entweder um etwas bitten oder uns vor etwas warnen wollen. Sie haben uns nichts getan und kommen ganz sicher nicht mit böser Absicht. Möglicherweise ist ihre Heimat in Rauch und Flammen aufgegangen.“ „Scheren Sie sich zum Teufel mit Ihrer Humanitätsduselei!“ rief de Zumarraga. „Das sind hinterhältige Bastarde, Teufel, die nichts anderes im Sinn haben, als uns zu schaden. Und Sie setzen sich für diese Satansbrut auch noch ein. Es ist eine Schande, daß ein Spanier so denkt.“ Der Feldscher schwieg erbittert, verzog verächtlich das Gesicht und drehte sich um. Oben visierte der Schütze immer noch sein ahnungsloses Opfer an.
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Gerade als er abdrücken wollte, flog ihm ein Belegnagel ins Kreuz. Ein Mann, der ähnlich dachte wie der Feldscher, hatte ihn vom Niedergang aus geworfen und verschwand mit einem blitzschnellen Satz nach unten ins andere Deck. Der Mann hieß Romualdo Azarra, der auch schon den beiden Seewölfen Blacky und Juan de Alcazar aufgefallen war. Er schien etwas gegen die Unmenschlichkeit seiner Landsleute zu haben und wünschte sich insgeheim, El Lobo del Mar möge die verdammte Manila-Galeone aufbringen. Der Musketenschütze stieß einen unterdrückten Schrei aus, als der Belegnagel ihn traf, zuckte heftig zusammen, verriß dabei die Waffe und drückte ab. Peitschend ging der Schuß in den düsteren Himmel. Die beiden einsamen Gestalten auf dem Sand blieben wie vom Donner gerührt stehen und starrten zu dem kleinen Rauchwölkchen, das vom oberen Deck aufwehte. Sie schienen tödlich erschrocken zu sein, und sie brauchten eine Weile, um sich aus ihrer Erstarrung zu lösen. Dann aber drehten sie sich um und hetzten in langen und grotesk anmutenden Sprüngen zu dem Langboot hin. Sie sprangen hinein und begannen wie besessen zu paddeln. „Köstlich“, sagte de Ortega, „einfach köstlich, wie diese Hühnerstallneger rennen. Das ist doch wohl der letzte Beweis, daß sie gehirnlose Wilde sind. Ich könnte mich totlachen.“ „Tun Sie das“, sagte der Feldscher sarkastisch. „Es würde mein Gewissen ganz sicher nicht belasten. Und Ihren sogenannten Hühnerstallnegern würde es auch kaum etwas ausmachen.“ „Sie führen ketzerische Reden, mein Lieber“, sagte de Ortega leise und sehr freundlich. „Man könnte Ihnen Verbrüderung mit Wilden vorwerfen und Sie unter Anklage stellen.“ „Möglich. Zumindest kann man mir nicht Unfähigkeit im Umgang mit Menschen
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vorwerfen oder gar Unfähigkeit im Dienst.“ De Ortega wollte eine heftige Erwiderung geben, doch da geschahen zwei Dinge gleichzeitig. Die „Wilden“ erreichten eine Insel und hetzten los, als seien alle Höllenhunde hinter ihnen her. Sie rannten wie um ihr Leben und erklommen einen Hügel bis zur oberen Spitze. De Ortega begann wieder zu grinsen, als er das sah, doch das Grinsen gefror in seinem überheblichen sieht. Der Feldscher sah es mit Genugtuung, obwohl auch er erblaßte. Weit hinter der Insel schäumte es auf. Fauchend und brüllend, einer Walze gleich mit riesigen Schaumkronen, donnerte Wasser heran; als sei ein riesiger See ausgelaufen. „Alles an Bord!“ schrie de Zumarraga hysterisch. Er stand wie erstarrt da, kaum zu einer Bewegung fähig und blickte mit hervorquellenden Augen zu dem Wasser, das sich jetzt mit elementarer Gewalt anschickte, die Riesenlücke wieder aufzufüllen. Der Anblick war schrecklich und schaurig zugleich. Auf dem trockenen Untergrund gab es augenblicklich eine Panik, als die arbeitenden Männer das herantobende Wasser sahen. Von oben wurden Tampen über Bord geworfen. Auf den Jakobsleitern drängten sich Leiber, brüllten ihre Angst hinaus oder stießen sich gegenseitig weg, um in den Schutz des Schiffes zu gelangen. Es war wie ein Hurrikan, was da heranbrauste und sich brüllend und schnaubend seinen Weg bahnte. Korallen wurden hochgewirbelt, . als das Wasser zuschlug. Riesige Sand- und Dreckfontänen stiegen auf, Sand und Schlamm flogen teilweise bis zu zwanzig Yards in den Himmel, als sie von der Wucht erfaßt wurden. Unten tobten und schrien sich die Männer die Kehlen heiser. Für einige stand fest,
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daß sie das Schiff nicht mehr erreichen und von der Woge überrollt werden würden. Sie gingen mit Fäusten aufeinander los und schlugen in ihrer Panik blindlings um sich. „Davor wollten uns die Eingeborenen wahrscheinlich warnen“, sagte der Feldscher in die entsetzliche Stille an Deck hinein. Aber niemand hörte seine Worte. Sie standen da wie Marionetten, denen die Fäden durchschnitten waren. Die Woge donnerte heran, aber die vorgelagerten Riffe nahmen ihr wiederum einen großen Teil ihrer Gewalt, als sie sich in den Sand fraß und wühlte, sonst hätte sie die beiden Schiffe vermutlich mit ihrer ungeheuren Kraft zerschmettert. Das Dröhnen und Fauchen wurde so laut, daß es auf die Trommelfelle drückte und in den Ohren schmerzte. Das erzeugte wiederum Panik bei manchen, die jäh aus ihrer Erstarrung erwachten. Sie rannten einfach los, von vorn nach achtern oder in umgekehrter Richtung. Ein schmetternder Schlag wie ein Urknall erfaßte die Manila-Galeone. Nicht mal das Bersten von Spanten oder das Splittern von Holz war in dem Gebrüll zu hören. In diesem betäubenden Donnerschlag ging jedes andere Geräusch unter, und mochte es noch so laut sein. De Zumarraga spürte, wie ihn Urgewalten anhoben, wie die schwerfällige Nao sich aufrichtete, wie sie gleich darauf wieder zur anderen Seite kenterte und in die Höhe gerissen wurde. Die Gewalt trug sie fort, ließ sie so hart überkrängen, daß die unteren Rahen durchs Wasser schleiften und ein paar aufgegeite Segel zerfetzten. Dann war da nur noch Wasser, brüllendes, schaumiges, sich drehendes Wasser, das keinen Anfang und kein Ende hatte. Die Welt stand kopf und schien in einem chaotischen Wirbel unterzugehen. Die Schreie waren verstummt, denn keiner konnte mehr schreien. Sie hatten einfach keine Luft mehr. Dabei waren die Männer an Deck noch glimpflich davongekommen. Den anderen,
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die nicht mehr rechtzeitig das Schiff erreichten, erging es mehr als dreckig. Sieben oder acht Spanier standen noch auf dem Strand. Zwei waren von oben hinuntergefallen, die anderen hatten sich um die Jakobsleitern geprügelt und den Kampf verloren. Einer von ihnen hing noch wie eine riesige Spinne ziemlich weit unten. Zwei Mann begannen zu laufen, als das Wasser hinter ihnen immer bedrohlicher kochte und brodelte. Sie rannten einfach aufs Gratewohl auf die Insel zu, vor der sie lagen, als hofften sie, den tobenden Massen entgehen zu können. Doch das Wasser war schneller. Der Teufel mochte wissen, woher es so plötzlich gekommen war. Eine einleuchtende Erklärung für diesen Naturvorgang hatte keiner. Jedenfalls war es da und schlug jetzt mit mörderischer Gewalt zu. Einer der Dons drehte sich im Laufen voller Entsetzen um. Er brüllte wie am Spieß, als er die Woge sah, die sich in einer Höhe von mehr als zehn oder zwölf Yards heranwälzte. Als er sah, daß er nicht mehr entwischen konnte, blieb er stehen und brach in lautes Schluchzen aus. Der andere hetzte weiter. Er war in seinem ganzen Leben noch nie so schnell gelaufen und hoffte, die Insel noch zu erreichen. Der Boden wankte und zitterte wie Pudding unter seinen Füßen. Er sah die Insel vor sich, doch sie bot nicht den geringsten Schutz, denn sie war flach und nicht sehr groß. Sie hatte auch keine Hügel oder Berge, und so würden die Wassermassen sie einfach überrollen. Den anderen schmetterte eine Riesenfaust in den Sand und erschlug ihn durch die Gewalt auf Anhieb. In diesem Augenblick brach sich ein Teil der Woge unter schaurigem Gebrüll. Ein Ausläufer jagte heran und erfaßte den Spanier, wirbelte ihn wie eine Puppe in die Luft und schleuderte ihn erbarmungslos weiter. Er war schneller auf der Insel, als er zu hoffen gewagt hatte.
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Und dann geschah für ihn offenbar ein Wunder, das er ein paar Augenblicke bei vollem Bewußtsein erlebte. Das Wunder war allerdings nur von sehr kurzer Dauer, doch es schien ihm wie eine Ewigkeit. Wirbelnde Arme hoben ihn hoch, immer höher, bis ihm fast schwindlig vor Angst wurde. Er konnte sogar die Nao von der Seite her sehen, die tief unter ihm wie in einem Hexenkessel lag und sich drehte. In rasender Fahrt ging es auf die Insel zu. Er lag ausgestreckt auf der Welle und konnte sein Glück nicht fassen, als sie ihn auf die Insel schob, vorbei an einem rauchenden Erdspalt, der sich blitzschnell vor ihm schloß. Tief unter ihm waren Palmenstümpfe zu erkennen, rauchende und qualmende Bäume, aus denen mitunter noch Feuer schlug. Ganz langsam fiel er tiefer, doch der Rest ging rasend schnell. Die Woge schleuderte ihn in eine Palmengruppe, die aus abgebrannten Stümpfen bestand. Das war gleichzeitig das Ende seiner wundersamen Reise. Er wurde an einen Stamm geschmettert, der Stamm samt Wurzeln ausgerissen und begraben. Irgendwo tief unten in Schlamm und Sand erstickte er dann. Von den anderen überlebte es ebenfalls keiner. Sie alle wurden von der Woge zerschmettert, erdrückt, niedergewalzt oder einfach ertränkt. De Zumarraga hatte ebenfalls das Gefühl, ersticken zu müssen. Es war wie ein einziger schlimmer Alptraum, den auch alle anderen durchlebten. Es war ein Chaos aus Bersten, Krachen, Heulen und Dröhnen, das kein Ende zu nehmen und sich bis in alle Ewigkeiten fortzusetzen schien. Endlich kam er wieder zu sich. Er wußte nicht, wie lange dieser fürchterliche Alptraum gedauert hatte. Er fand sich auf dem Achterdeck seines Schiffes, und er sah Männer, die benommen oder total fertig versuchten, aufzustehen.
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Zitternd sah er sich um. Die Welt hatte sich verändert, von einem Augenblick zum anderen. Das Wasser war zwar noch in heftiger und wallender Bewegung, doch die unheimliche Teufelswoge hatte sich in den Weiten des Archipels verlaufen und schließlich aufgezehrt. Aber alles sah trist und grau aus, und die Inseln waren weiter weggerückt. Auf der Nao gab es Verwüstungen, da war einiges zu Bruch gegangen, das sich noch gar nicht richtig überblicken ließ. Er drehte sich mit wackligen Knien um und starrte zur „Soberania“ hinüber. Neidvoll stellte er fest, daß sie kaum in Mitleidenschaft gezogen worden war. Sie hatte den Anprall der Wassermassen weitaus besser überstanden als die große Manila-Galeone. Etwas angeschlagen war sie natürlich auch, aber die Schäden hielten sich offenbar in Grenzen. Undeutlich erkannte er im Wasser zwei treibende Gestalten, aber er nahm sie mehr im Unterbewußtsein wahr. „Oh, Madre santissima“, stöhnte neben ihm Don Porfirio. „Wir haben den Weltuntergang überstanden, Capitan. Wir haben überlebt. Wir sollten der Jungfrau Maria dafür danken.“ „Ja, wir haben überlebt“, wiederholte de Zumarraga benommen. „Ich dachte schon, ich sei tot.“ Er sah sich nach den anderen Offizieren um. Sie waren alle da, der Zweite war verletzt, sein Bruder, der Erste, blutete aus einer Kopfwunde. De Ortega war einem Zusammenbruch nahe und konnte nicht mehr klar denken. Er grinste mit blödem Gesicht vor sich hin. Keiner ergriff die Initiative und unternahm etwas. Die Nao trieb auf den kleinen Wellen, und ein sanfter Wind schob sie über das Wasser. Auf der „Soberania“ wurde der Anker gesetzt. Dort hatten sie ihren Schreck schneller überwunden als auf der großen Nao de China.
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Don Porfirio und Don Alfonso standen mit hängenden Köpfen auf dem Achterdeck und beteten leise. Auch sie, die sonst immer so eifrig bei der Sache waren, wenn es um die Nao ging, konnten sich noch nicht dazu aufraffen, etwas zu tun oder Befehle zu geben. Der Schreck saß ihnen zu tief in den Knochen. Erst nach und nach rangen sie sich mühsam dazu durch, etwas für das Schiff zu tun und die überlebenden zu zählen. Es stand ihnen viel Arbeit bevor. Vor allem mußte die Manövrierfähigkeit wiederhergestellt werden, und gefechtsbereit mußte das Schiff auch sein, sollte ein Gegner erscheinen. 7. Korallen, Korallen, so weit das Auge sah. überall tauchten kleine und große Riffe auf, langgestreckte Barrieren, die kein Ende nahmen, Lagunen, Atolle und Felsen, die aus dem Wasser wuchsen. „Ich wundere mich immer noch, wie die Dons es geschafft haben, hier heil durchzusegeln“, sagte der Seewolf. „Die hatten sicher einen ganz speziellen Schutzengel an Bord.“ „Anders kann es wohl kaum sein“, stimmte Don Juan zu. „Wir müssen immer wieder höllisch aufpassen, obwohl wir der Nao gegenüber den Vorteil haben, wesentlich leichter zu segeln und kaum Tiefgang zu haben.“ Der Archipel, den sie jetzt durchsegelten, das Korallenmeer, sah wüst aus. Die Inseln waren teilweise trostlose Landschaften, die ihren Südsee-Charakter eingebüßt hatten. Ein unterseeischer Feuergraben hatte hier Verheerungen auf etliche Meilen Länge angerichtet, die fast schnurgerade nach Osten verliefen. Rauch war immer noch zu .sehen, und im Wasser trieben riesige Buschinseln, welche die Eruptionen vom Land losgerissen hatte. Manche waren so klein, daß zwei Männer auf ihnen Platz fanden, andere waren länger als die Schebecke. In diese triste Umgebung segelten sie hinein, in der Hoffnung, daß sich alles bald
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wieder ändern und seinen ursprünglichen Charakter annehmen würde. Gegen Mittag stieß Batuti ganz gegen seine sonstige Gewohnheit einen scharfen Pfiff aus. Er stand im Ausguck und winkte heftig. „Die Manila-Galeone und ihr Begleitschiff!“ brüllte er. Der Brüller riß auch den letzten Mann hoch. Allen war, als habe sie plötzlich ein Blitz gestreift, selbst der Seewolf fuhr zusammen. „Das darf nicht wahr sein“, sagte er erregt. Schon bald konnten sie von Deck aus die beiden Schiffe einwandfrei erkennen. Sie lagen vor Anker, und auf den Decks herrschte emsige Geschäftigkeit. Hasard rieb sich die Hände. Sein Grinsen war direkt wölfisch zu nennen. „Diesmal wird nicht lange gefackelt“, sagte er. „Wir greifen sofort an und nehmen die Nao direkt aufs Korn. Blitzschnell vorstoßen, angreifen, abdrehen und weg. Dabei müssen wir versuchen, uns die Galeone vom Hals zu halten. Ab sofort volle Gefechtsbereitschaft.“ An Deck ging das große Grinsen um. „Jetzt haben wir das Wild gestellt“, sagte Smoky. „Dieser verdammte Brocken ist uns ein paarmal entwischt. Aber jetzt haben wir ihn endlich wiedergefunden.“ Durch den Kieker war zu erkennen, daß man sie offenbar bemerkt hatte. Auf beiden Schiffen waren alle Rohre ausgerannt. Die „Soberania“ war stark armiert, und die Nao hatte auch einiges aufzuweisen. Sie hatte acht überlange Rohre, aber darüber konnten die Arwenacks nur lachen, seit sie das Geheimnis dieser „Rohre“ kannten. Es waren acht sorgfältig bearbeitete und polierte Baumstämme, die eine starke Feuerkraft vortäuschen sollten und jeden Gegner abschrecken würden. Aber mit diesen Baumstämmen konnten die Dons nicht feuern. Don Juan de Alcazar und Blacky hatten das herausgefunden, als sie als angeblich schiffbrüchige Spanier von der Nao an Bord genommen worden waren.
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Auf der Schebecke waren die Culverinen feuerbereit, die Drehbassen mit gehacktem Blei geladen. Jetzt brachte der Moses Clint Wingfield Brand- und Pulverpfeile nach oben, holte aus der Kombüse Messingbecken mit glimmender Holzkohle und tat sich überall nützlich. Al Conroy sah alles nach und überprüfte Geschütze und Drehbassen sorgfältig, ehe er nach achtern ging, um Vollzug zu melden. „Feuerbereit, Sir“, sagte er zu Hasard. „Wir können loslegen.“ „Das werden wir auch“, versprach der Seewolf. „Die beiden liegen da wie auf dem Präsentierteller.“ „Jetzt nicht mehr“, sagte Dan O'Flynn trocken. „Die ,Soberania' setzt gerade die Segel und hievt den Anker.“ „Das habe ich erwartet.“ Hasard warf einen Blick durch den Kieker. Die Aktivität auf beiden Schiffen hatte sich verstärkt. Die Rohre waren ausgerichtet. Die Dons erwarteten ihren Gegner. „Geh in den Ausguck, Matt!“ rief der Seewolf. „Batuti soll abentern und seinen Langbogen übernehmen! Auf die Brandund Pulverpfeile wollen wir nicht verzichten. Das wird die erste Begrüßung sein.“ Batuti enterte ab, während Matt Davies seinen Platz einnahm. Vor ihnen trieben wieder kleine Inseln im Meer. Manche bestanden aus knochentrockenem Tang, andere aus Gräsern mit Büschen darauf. Hasard betrachtete die Gebilde lange und nachdenklich, bis ein feines Lächeln über sein Gesicht huschte. „Ist was, Sir?“ fragte Ben Brighton. „Du blickst fast verträumt drein. Du denkst an die Nao?“ „Natürlich, und mir fiel da gerade etwas ein, als ich die Buschinseln im Wasser sah. Aber das ist noch nicht spruchreif.“ „Deinem Lächeln nach scheint es eine gute Idee zu sein“, meinte Ben. „Hoffen wir es.“ „Die kleinere Galeone luvt an, Sir!“ rief Matt Davies.
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„Kleinere Galeone ist gut“, sagte Hasard lachend. „Der Brocken ist wesentlich größer als unsere alte ‚Isabella'. Wir werden auf sie zusegeln und ein Passiergefecht vortäuschen. Hoffentlich fallen die Dons darauf herein.“ „Und in Wirklichkeit?“ „Weichen wir in einem schnellen Manöver so aus, daß sie uns mit ihren Geschützen nicht erreichen können. Wir lassen sie in den Wind schießen und nehmen uns die Nao vor.“ Die Mannen erhielten ein paar letzte Anweisungen. Die Rudergänger wurden gleich darauf ausgewechselt. Im Augenblick stand Bill an der Pinne. Jetzt übernahm Pete Ballie das Ruder. Die anderen erkannten neidlos an, daß er nun mal der beste Gefechtsrudergänger war, den sie hatten. Außerdem hatte Pete ein unwahrscheinlich dickes Fell und ein absolut sicheres Gespür. Das dicke Fell ließ ihn nicht mal blinzeln, wenn eine Kugel an seinem Kopf vorbeipfiff, und das sichere Gefühl ließ ihn so handeln, wie der Gegner es meist nicht erwartete. Er legte auch gleich seine Pranken um die Pinne, Pranken, die so groß waren wie Bratpfannen oder Ankerklüsen. „Wir bleiben in Luvposition, Sir?“ „Ja, nach altbewährtem Muster, Pete. Der Wind weht schwach aus Norden. Jeder hat also den gleichen Vor- oder Nachteil. Du kannst es so drehen, daß die Dons glauben, sie blieben in der Luvposition. Alles klar, Pete?“ „Aber sicher doch, Sir“, versicherte der Rudergänger. „Na, dann immer feste druff !“ sagte der Seewolf lachend. „Allerdings sollten wir gerade die kleinere Galeone nicht unterschätzen. Da segeln ein paar ganz harte Knochen.“ „Auch harte Knochen werden mal brüchig.“ „Da ist was dran.“ Inzwischen hatten Shane und Batuti ebenfalls ihre Positionen eingenommen.
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Wenn ihre Langbogen zum Einsatz gelangten, ging bei den Dons meist das große Zittern um, denn dann wurde es sehr schnell heiß an Bord der spanischen Schiffe, wenn ein paar Brandpfeile in die Segel zischten. Die Nao setzte jetzt ebenfalls Segel, blieb aber weit hinter der „Soberania“ zurück. Erst wurden die Knechte verheizt, ehe die Adligen an die Reihe kamen. Beide Schiffe segelten jetzt wie bei einem Kollisionskurs genau aufeinander zu – die Schebecke mit Backbordhalsen über Steuerbordbug, die Galeone umgekehrt. Allerdings sah es so aus, als würde auch die Galeone jeden Augenblick anluven, um ihre Position in Luv zu behaupten. Hasard stand auf dem Achterdeck und sah dem Gegner ruhig entgegen. * Pete Ballie bewies erneut, daß er sich um seine Nerven nicht zu sorgen brauchte. Entweder hatte er keine, oder sie waren so dick wie die Ankertrossen der ManilaGaleone. Er belauerte jede Bewegung auf dem spanischen Schiff. Sein Mund verzog sich nur einmal grinsend, als er ein paar Kerle an Brassen und Schoten flitzen sah. „Nicht mit mir“, brummte er in seine Bartstoppeln. Die Schebecke luvte an, in einem blitzschnellen Manöver. Auf der Galeone versuchten sie es ebenfalls, aber das Schiff reagierte langsamer. Außerdem konnte es nicht sehr hoch am Wind segeln. Hasard hob nur kurz den Daumen. Da feuerte Batuti den ersten Brandpfeil auf das Fockmarssegel der Galeone. Er hätte ihr am liebsten ein paar Pfeile in Blinde und Schieb-blinde gejagt, aber bei diesem Manöver hatten die Dons auf die beiden Segel verzichtet, um ein freieres Blickfeld zu haben. Bis sie kapiert hatten, steckte der erste Brandpfeil im Segel, und die Schebecke zog außer Schußweite in Luv vorbei.
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Aber die Dons waren ebenfalls mit allen Wassern gewaschen. Es waren wirklich harte Knochen da drüben. Zwei Mann enterten blitzschnell auf und rissen den Pfeil heraus. Andere reichten an langen Leinen Pützen voller Seewasser nach oben und klatschten den Inhalt auf die Leinwand. Gleichzeitig feuerten sie. Das Wummern ihrer Stücke rollte laut über die See. Aus den Stückpforten zuckten yardlange Blitze. Eine Nebelwand aus Rauch legte sich für Augenblicke über die Bordwand. Sie schossen, um Eindruck zu schinden und die Arwenacks mit ihrer Feuerkraft einzuschüchtern, doch genauso gut hätten sie in ihre Siebzehnpfünder beißen können. Die Kerle grinsten nur höhnisch, als die Säulen aus dem Meer wuchsen und mit einem mächtigen Rauschen verkündeten, daß die Kugeln jetzt auf Tiefe gingen. Eine halbe Kabellänge fehlte noch. „Jetzt wissen sie nicht, ob sie halsen oder wenden sollen“, sagte der Profos bissig. „Aber bis die mit dem Arsch durch den Wind gehen, sind wir wahrscheinlich schon in der Karibik.“ Er übertrieb immer gern ein bißchen, der Profos, aber die Arwenacks hatten wenigstens etwas, über das sie grinsen konnten, und das taten sie auch ausgiebig. Die „Soberania“ tat jetzt alles, um ihrem Gegner nachzujagen. Doch es wurde ein zeitraubendes Manöver. Hasard griff jetzt die Nao an, diesmal so von vorn, daß sie ihre Breitseite nicht einsetzen konnte. Er wußte zwar, daß sie zwei Bug- und auch zwei Achtergeschütze hatte, aber das Risiko mußte er eingehen. Auch wenn es anfangs nur ein paar Nadelstiche gab, später würde sich das alles summieren und eine tiefe Wunde reißen. Die Dons sollten jedenfalls auf ihre Reichtümer verzichten, das war seine Vorstellung. Gelang es ihnen jetzt noch nicht, die Nao zu versenken oder in Brand zu schießen, dann sollte sie nach Möglichkeit weidwund
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geschossen und damit aufgehalten werden. Natürlich war da noch die „Soberania“... Er schob diesen Gedanken von sich, denn jetzt hatten sie erst mal die ManilaGaleone vor sich. Sie hatten sich ihr bis auf knapp fünfhundert Yards genähert, als auch schon das eine Buggeschütz feuerte. Ein kurzer Blitz, ein Dröhnen, eine rote Blume blühte auf, die gleich wieder verwelkte und trübe wurde. Die Kugel, das Kaliber kannten sie nicht, schlug etwa achtzig bis hundert Yards genau vor dem Bug der Schebecke ins Wasser. Die Wassersäule war nicht so gewaltig wie bei einem einschlagenden Siebzehnpfünder, daher schätzte der Seewolf, daß sie mit einer halben Colubrine schossen, die ein Geschoßgewicht von zehn Pfund hatte. „Alle Achtung“, murmelte er. „Der Kanonier versteht sein Handwerk, er ist nur ein bißchen zu voreilig.“ „Oder zu nervös“, meinte Ben. „Der konnte es nämlich kaum erwarten, zu feuern.“ „Jedenfalls lag der Schuß genau in der Richtung“, sagte Hasard. Der Profos sagte gerade genau etwas anderes, nämlich: „Schlecht zielen kann der gut, der Don.“ „Vorn haben sie jetzt nur noch ein Geschütz“, bemerkte Don Juan trocken. „Also riskieren wir auch höchstens einen Treffer. Mit den Drehbassen erreichen sie uns nicht.“ Als die Distanz um weitere hundert Yards abnahm, trat das zweite Buggeschütz der Nao in Aktion. Diesmal hörten sie den Zehnpfünder jaulen und heulen, als er dicht über die Takelage pfiff. „Anluven, Feuer!“ rief Hasard. „Haltet voll ins Galionsdeck.“ Darauf hatten die Arwenacks schon lange gewartet. Jetzt konnten sie eine ganze Breitseite einsetzen. Shane und Batuti ließen ihre Pfeile fliegen und nahmen die Fock unter Beschuß.
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Gleich zwei Pfeile ratschten in die Segel. Einer entzündete sich mit einem leisen Knall und verstreute Funken und Flammen. Die Dons enterten wie die Affen auf, als sie das sahen. Sie schienen auf alles vorbereitet zu sein, was die Arwenacks in Reserve hatten. Hasard zog die Augenbrauen etwas hoch und nickte. „Die sind zäher, als ich erwartet habe.“ Seine Worte gingen im Aufbrüllen der eigenen Culverinen unter. Eins und zwei feuerten gleichzeitig. Durch die Schebecke ging ein leichter Ruck, das Gebrüll der Stücke war ohrenbetäubend. Die erste Kugel fuhr mit einem harten Schmetterschlag in die aufgepackte Blinde und zerfetzte den Mast, den der Profos immer als „Blindenstock“ bezeichnete. Die zweite Kugel lag dicht daneben. In einem Splitterregen verschwand der Ausguck der Blinde. Nur ein dürftiger Pinsel ragte noch hervor. Drei und vier feuerten jetzt, während eins und zwei augenblicklich gewischt und wieder nachgeladen wurden. Die erste Kugel ging mit einem Heulen haarscharf am Bug vorbei, was den Seewolf zu einem weiteren Stirnrunzeln veranlaßte. Nummer zwei knallte unterhalb des Bugspriets genau ins Holz und verschwand im Schiff, nachdem sie ein gezacktes Loch hinterlassen hatte. „Noch einmal das gleiche!“ rief Hasard. „Haltet aber etwas tiefer und nach Möglichkeit an die Wasserlinie!“ Die jetzt fehlende Blinde und Schiebblinde würden dafür sorgen, daß die Nao so schnell nicht mehr unter vollem Preß laufen konnte. Außerdem mußten die Dons den Mast ersetzen, und das würde etliche Zeit in Anspruch nehmen. Das war sozusagen der erste Nadelstich, den sie ihr verpaßt hatten. Sie war dadurch etwas lahmer geworden. Das Loch unter dem Bugspriet war nicht sehr von Bedeutung.
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Hasards Söhne, Phil und Hasard, feuerten jetzt und bewiesen ebenfalls, daß sie ihr Handwerk verstanden. Beide zeigten auf einen Punkt, grinsten sich zu, hielten die Lunten an die Zündkanäle und sahen immer noch grinsend zu der Nao hinüber, die jetzt auf etwa zweihundert Yards heran war. „Jetzt stanzen wir ihnen ein Loch in die Wasserlinie, damit die Kerle sich etwas ausgiebiger mit Lenzen befassen können“, sagte Phil. Das Zündkraut knisterte. Er war zur Seite getreten und fixierte die Stelle, die sie bereits markiert hatten. Dort gab es eine Handbreite über der Wasseroberfläche einen hellen Fleck im Holz. Da war Teer oder Farbe abgescheuert, und der Fleck sah eigentlich wie ein Schandfleck an der gleichmäßigen Bemalung aus. Beide Culverinen entluden sich donnernd und zuckten wie giftige Schlangen zurück, nachdem sie ihr Eisen ausgespien hatten. Die Lafetten rumpelten zurück, bis die Brooktaue sie auffingen und stoppten. „Ja, wo ist denn der Fleck?“ fragte Jung Hasard. „Der Fleck ist weg“, erwiderte Phil mit einem Feixen. Er war tatsächlich nicht mehr da. An seiner Stelle klaffte jetzt ein ziemlich großes Loch in den Planken. Alle Augenblicke schwappte Wasser hinein, sobald eine Welle den Bug umspülte. Es war ein stetes und regelmäßiges Gluckern, für die Arwenacks ein liebliches Geräusch, dem sie allerdings nicht lange lauschen konnten. Hasard ließ hart abfallen und blickte nach der „Soberania“. Die hatte ihr Manöver jetzt beendet und rauschte unter vollem Preß wie eine wilde Schwanenmutter ihrem Jungen nach. Schön aufgeblähte Flügel hatte sie, das mußte Hasard anerkennen, nur war sie nicht so schnell wie die Schebecke, und so beschloß er, mit ihr ein bißchen Katz und Maus zu spielen.
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Sie fielen ab und taten so, als wollten sie an der Backbordseite der Nao in weitem Bogen vorbeisegeln. „Die sind wirklich nicht von gestern“, sagte Don Juan. „Die vollziehen das Manöver sofort nach.“ „Vielleicht sind sie von vorgestern“, sagte der Seewolf lachend. „Ich habe nicht vor, dort entlangzusegeln, Gott bewahre. Ich möchte sie nur mal ein bißchen ärgern, deine lieben Landsleute.“ Als die Galeone auf den gleichen Kurs ging, wurde auf der Schebecke ein neues Manöver gefahren. Sie luvte wieder an und ging so hoch an den Wind, daß die Galeone das Manöver nicht mehr nachvollziehen konnte. Hasard nahm grinsend Kurs nach Norden, segelte die Schebecke so scharf wie möglich aus und zog in einem Bogen an der Nao vorbei. Wieder in einer Entfernung, daß die Nao de China keinen Treffer anbringen konnte. Auf der „Soberania“ brüllten sie vor Wut und Enttäuschung. Es war deutlich zu hören. Dem Gebrüll antwortete ein schadenfrohes Gelächter der Arwenacks. Jetzt war die Galeone hinter der Nao verschwunden und für einige Zeit sozusagen außer Gefecht. Sie sahen von ihr nur die Mastspitzen und die gelohten Segel, die im Windschatten der Nao zu killen begannen. Das Großsegel schlackerte wie wild, dann hing es für kurze Zeit faltig an der Rah. Old O'Flynn hieb sich auf die Schenkel. Er strahlte über sein ganzes Granitgesicht und trat heftig mit dem Holzbein auf. „Der Don hat sich selbst ausgetrickst!“ brüllte er und lachte dabei so meckernd wie ein alter Ziegenbock. „Jetzt statten wir den ehrenwerten Senores noch schnell auf dem Achterdeck einen kurzen Besuch ab“, sagte Hasard. „Die sollen auch mal wieder an vorderster Front stehen.“ „Vergiß nicht die achteren Heckgeschütze, Amigo”, warnte der Spanier. „Die können sie herumschwenken.“
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„Ich werde daran denken“, versprach der Seewolf. „Alle Geschütze wieder feuerbereit?“ „Alles nachgeladen und feuerbereit!“ rief der Stückmeister zurück. Al Conroy stand da und blickte auf das gewaltige Trumm von Schiff, dessen „Langrohre“ jetzt herüberdrohten. Diese blinden Geschütze sahen wirklich zum Fürchten aus, dachte er. Sie wirkten nervtötend und unheimlich abschreckend. Er konnte sich immer noch nicht mit dem Gedanken befreunden, daß sie Blender und ganz einfach aus Holz waren. Blacky sah seinen skeptischen Blick, wie Al Conroy den Kopf schieflegte. „Es sind wirklich Holzstämme, Al, du kannst es ruhig glauben. Wir haben das ganz genau überprüft, weil wir unbedingt wissen wollten, was das für Teufelsdinger sind.“ „Sehen aber wirklich verdammt echt aus“, meinte Al Conroy. „Ja, das stimmt. Sieht man sie aus der Ferne, dann könnte man meinen, sie könnten damit auf eine Meile Distanz feuern. Das würden sie gerade jetzt auch allzu gern tun, aber leider geht es nicht, und so bleibt es bei der stummen Drohung. Für Piratengesindel mag das verdammt abschreckend wirken, und mich hat es auch beeindruckt.“ Die Schebecke näherte sich jetzt, nachdem sie eine Halse gefahren hatte, schräg von achtern dem gewaltigen Heck der Nao. Auf dem Quarterdeck blinkten die Brustpanzer und Helme der spanischen Seesoldaten in dem diffusen Licht der Sonne. Dort standen überall Musketenschützen, die ihre Waffen auf die Gabelstützen gelegt hatten. Andere standen neben den ausgerannten Kanonen, und ausnahmslos alle starrten zu der Schebecke herüber. Sie wurden von den Dons sofort heiß empfangen, als sie achtern langsam aufsegelten. Hasard hielt sich jedoch so, daß die halben Colubrinen die Schebecke nicht erwischen konnten, er selbst aber zum Zug gelangte. „Feuer frei!“
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Der Befehl galt den Arwenacks, aber gerade in diesem Augenblick löste sich aus dem Heckgeschütz ein langer Blitz. Er warf einen schnellen Blick zur „Soberania“ hinüber. Die tauchte jetzt erst am Heck der Nao auf, war aber so weit entfernt, daß sie ganz bestimmt nicht das Feuer eröffnen würde. Außerdem fing für die Dons jetzt das nervenzerfetzende Spiel wieder von vorn an. Sie mußten erst eine Halse fahren, ehe sie wieder aufschließen und die Verfolgung aufnehmen konnten. Ein verdammtes Spiel war das, und es ging ihnen mächtig an die Nerven, jedesmal einem Phantom nachzujagen. Die Kugel von der Nao schlug gefährlich nahe bei der Schebecke ein, so dicht, daß aus der aufgewühlten See Spritzer an Deck stiegen. Wahrscheinlich, so schätzte Hasard, hatten sie die doppelte Menge Pulver genommen, auf das Risiko hin, daß ihnen die eigene Kanone um die Ohren flog. Die Schebecke antwortete sofort. Zwei Treffer wurden auf dem Achterdeck erzielt. Einer knallte in den Besan, der zweite schlug ins Achterkastell ein. Aufbrüllend gingen die ehrenwerten Senores in Deckung und warfen sich auf die Planken. Das Gefecht zog sich ein paar Stunden lang hin, ohne daß die Arwenacks weitere größere Erfolge verbuchen konnten, was sie ganz kribbelig werden ließ. Sie hatten wirklich nur ein paar Nadelstiche angebracht, und dann passierte die Sache mit dem Ruder. Es klemmte und ließ sich nur schwer bewegen. Eine der schwimmenden Tangund Buschinseln hatte Sich darin verklemmt, und sie begannen, wie wild mit Haken und Stangen darin herumzustochern. Die Dons trauten sich trotzdem nicht heran. Aber sie taten etwas, das für sie ungewöhnlich war. Sie verholten zu einer Insel und gingen seelenruhig dort vor Anker. Dabei legten sie sich so geschickt hin, daß ihre Breitseiten zur See drohten und sie
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eine Festung bildeten, die kaum noch anzugreifen war. Auch ihre Flanken waren durch das Land gedeckt. 8. „Fein“, sagte Hasard biestig. „Diese Dons haben wir doch wohl ein wenig unterschätzt. Wir laufen genau in ihr konzentriertes Feuer hinein, wenn wir jetzt angreifen. Wirklich geschickt.“ Etwas ratlos sahen sie sich an. Den Dreck hatten sie aus dem Ruder wieder heraus, aber die Dons hatten die Zeit auf ihre Weise genutzt. Jetzt lag die Nao vor zwei Ankern 1 mit dem Achterkastell an einer Huk. Das Vorschiff wurde von der „Soberania“ geschützt, und die lag ausgerechnet so, daß an ihrer offenen Flanke flaches Wasser war, das nach knapp hundert Yards in einen Korallengürtel überging, der deutlich sichtbar aus dem Meer ragte. Der Profos sagte etwas Unfeines, doch das nahm ihm keiner übel. Inzwischen war es später Nachmittag geworden. Von der Nao und der Galeone ertönte ein Pfeifkonzert, als die Schebecke vor der langgestreckten Bucht zu kreuzen begann. Ein paar Dons johlten und schrien vor Vergnügen. „Lacht nicht zu früh, Senores“, sagte Hasard und blickte wieder auf die unzähligen schwimmenden Inseln aus Buschwerk und Tang. „Wer zu laut pfeift, der pfeift bald auf dem letzten Loch.“ „Planst du etwa einen Angriff von Land her?“ fragte Dan. „Nein, einen Angriff von See her.“ „Das ist Selbstmord, Sir.“ „Kommt darauf an, wie man es sieht.“ „Wir rennen in mehr als dreißig Geschütze hinein“, gab Ben Brighton zu bedenken. Hasard drehte sich zu Ferris Tucker und Al Conroy herum. „Wie viele präparierte Fäßchen Schießpulver von unserer ganz bestimmten Sorte haben wir noch im Pulvermagazin.” „Vierzehn“, sagten beide wie aus einem Mund.
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„Sehr schön. Aber drei oder vier dürften langen.“ „Sollen wir damit etwa nach den Dons werfen?“ fragte der Profos. „Es wird ein Danaergeschenk, eine Spende sozusagen. Zunächst verholen wir uns hinter die Huk weiter im Süden, die niemand einblicken kann. Dann suchen wir uns ein paar der kleinen Buschinseln aus und schleppen sie auf unserer Backbordseite, unsichtbar für die Dons, wieder mit zurück. Der Wind dreht unmerklich, ist also für unser Vorhaben günstig.“ Alle sahen den Seewolf gespannt und erwartungsvoll an. „Wir konzentrieren uns zunächst nur auf die ‚Soberania' die Nao soll uns vorerst nicht kümmern. Ein paar Freiwillige werden die Fässer mit dem Schießpulver in den Buschinseln verstauen, sich darin verstecken und sie schwimmend zur Galeone bewegen. Da schwimmen so viele Buschinseln, daß zwei oder drei mehr absolut nicht auffallen. Nun, den Rest könnt ihr euch ja denken. Wir hängen der ,Soberania` die Pulverpakete unters Heck und jagen sie hoch. Die Freiwilligen schwimmen bis zur Huk zurück und werden aufgenommen.“ Begeistertes Geschrei folgte seinen Worten. Hasard fand mehr Freiwillige als Tanginseln, und so wählte er ein paar Männer aus. „Das Geschenk übergeben wir in der Dunkelheit“, sagte er abschließend. „Da ist das Risiko ziemlich klein.“ Sie feuerten noch ein paarmal in scheinbar ohnmächtiger Wut auf die Dons und nahmen das Hohngelächter in Kauf. Etwas später segelten sie nach Süden. * Die Nacht war wie geschaffen für das Unternehmen. Der Himmel war dunstig, nur vereinzelt blinkten ganz schwach ein paar Sterne. Drei Buschinseln waren jetzt präpariert. In jeder steckte gut getarnt ein Arwenack, der ein Fäßchen Schießpulver dabeihatte.
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Die Männer waren Bob Grey, der Profos und Roger Brighton, Bens Bruder, der Takelmeister. Immer noch trieben andere Buschinseln vor der Bucht herum, in der die Dons lagen. Die See war bedeckt mit ihnen. „Alles fertig?“ fragte Hasard. Die drei Männer bejahten. Sie hingen halb im Wasser und hatten sich in dem Tang und Reisig oder kleinen Büschen festgekrallt. Wenn sie die Beine schwimmend bewegten, schwammen auch die Buschinseln und setzten sich in Bewegung. „Zusammenbleiben“, sagte er. „Wer zuerst dort anlangt, der wartet auf den anderen. Und paßt auf die Wachen auf. Die Dons schlafen ganz sicher nicht.“ „Klarer Fall, Sir!“ rief Carberry. Durch kleine Lücken im Buschwerk konnten sie sich orientieren, ohne selbst entdeckt zu werden. Ein Risiko war natürlich immer dabei, aber das gingen sie gern ein. Ohne Risiko kein Spaß, war ohnehin ihre Devise. Ein Stück wurden sie von der Schebecke mitgeschleppt, danach waren sie auf sich selbst angewiesen. Die Schebecke kreuzte wieder auf, um die Dons ein wenig zu verunsichern und abzulenken. Prompt wurde auch aus zwei Rohren auf sie gefeuert, ohne eine Wirkung zu erzielen. Bob Grey befand sich mit seiner Buschinsel bereits als erster hinter der Huk und schwamm jetzt nur noch sehr langsam auf das Heck zu. Neben ihm trieb weiteres Zeug, und er wußte keineswegs, ob jemand darunter steckte. Er zuckte nur heftig zusammen, als die beiden Culverinen aufdröhnten, und der Druck seinen Reisighaufen fast auseinander blies. Er sah auch die Dons an Deck, wie sie aufgeregt hin und her rannten und im Schein zweier trüber Laternen zu der Schebecke deuteten.
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Er erreichte das Heck und wartete, bis der nächste „Heuhaufen“ neben ihm auftauchte. Es war Carberry, der unter dem Heck vorsichtig den Kopf hob und wie ein Maulwurf aus einem Hügel blickte. Kurz darauf war auch Roger Brighton zur Stelle. Sie verharrten noch eine Weile und lauschten nach oben. Doch von dort vernahmen sie nur Flüche und Getrappel. Einmal sahen sie es auch auf der Schebecke aufblitzen und hörten abermals das höhnische Gelächter der Dons. Carberry hatte eine lange, glimmende Lunte dabei, die er jetzt an die Lunten der drei anderen Fässer knotete. Es stieg nur ein ganz klein wenig Rauch auf. „Alles fertig?“ flüsterte er. „Hasard geht jetzt auf Gegenkurs. Wir hauen gleich ab, schwimmen zur Huk, laufen hinüber und stürzen uns wieder ins Wasser.“ „Alles klar“, sagte Bob Grey im Flüsterton. „Bei mir ebenfalls“, murmelte Roger. Der Profos blies noch einmal die Lunte an und überzeugte sich, daß die Inseln neben dem Ruderblatt auch nicht abtreiben konnten. Dann schwammen sie los, immer darauf gefaßt, doch noch im letzten Augenblick entdeckt zu werden. Offenbar hatten die Dons tatsächlich etwas bemerkt, oder das Reisig begann zu kokeln. Sie hörten Geschrei, aber da waren sie schon über die Huk gestürmt und schwammen auf die Schebecke zu, die jetzt langsam nach Süden ablief und sich dem Ufer näherte. Aus dieser Position konnten die Geschütze sie jedoch nicht erreichen. Sie wurden an Bord genommen, und Carberry begann sich besorgt zu fragen, ob nicht doch etwas schiefgegangen war. Da folgte der Augenblick, den er so schnell nicht vergessen würde. Eine gewaltige Explosion ertönte, ein Bersten, das den Himmel zu zerreißen schien. Gleichzeitig lohte es blutrot auf. Ein Vorhang aus Feuer hüllte plötzlich die „Soberania“ ein, der fast schlagartig auf
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die Takelage übergriff und alles in Brand setzte. Dons stürzten sich ins Wasser, brüllend, schreiend. Das Feuer prasselte und knackte. Die Flammen schlugen immer höher. Der Rumpf der Galeone wurde wie von einer gewaltigen Axt aufgerissen und gespalten, als zwei weitere Explosionen erfolgten. Das Feuer hatte offenbar die Pulverkammern erreicht, und jetzt war die Hölle los. Weitere brüllende Explosionen folgten. Die „Soberania“ flog mit einem Donnerschlag auseinander und wurde in tausend Stücke gerissen. Glühende Brocken wie bei dem Erdbeben rasten raketengleich in den Himmel. Brennende und explodierende Pulverfässer flogen durch die Luft und taumelten herab, wobei es sie noch in der Luft zerfetzte. Auf der Schebecke gingen sie in Deckung, als die Druckwelle heranfauchte. Hasard sah mit einem bangen Gefühl einen glutenden Gegenstand durch die Luft fliegen. Bevor er hinter dem Achterschiff ins Meer fiel, explodierte er unter bestialischer Geräuschentwicklung. Der neuerliche Druck fegte alles von den Beinen. „Das Ruder!“ schrie Pete Ballie. ;Kein Druck mehr!“ Das Ruder schien stark beschädigt zu sein, und die Schebecke gehorchte dem Druck nicht mehr. „Segel weg!“ rief Hasard, als die Schebecke aus dem Kurs gierte. Drüben nahm das Drama sein Ende. Sie sahen, wie die Manila-Galeone ihre Segel setzte, wie die Anker eingeholt wurden und sie kopfüber ihren Liegeplatz verließen. Auf dem Vordeck flackerte ein Brand auf, der jedoch schnell unter Kontrolle gebracht wurde. Auf der Nao kümmerte sich niemand um mögliche überlebende der „Soberania!“ Sie hatten es nur noch eilig, zu verschwinden. Die Arwenacks konnten nichts tun. Sie mußten das große Schiff wieder mal ziehen lassen und sich zuerst um ihr angeschlagenes Ruder kümmern.
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„Das war Pech für uns“, sagte der Seewolf. „Wir lassen uns zum Land treiben und gehen dort vor Anker. Die Verfolgung ist vorerst wieder mal beendet. Pech für uns, aber nicht zu ändern. Dafür haben wir die Galeone in die Luft geblasen, und jetzt haben sie keinen Schutz mehr. Immerhin auch ein Erfolg.“ „Den Kahn hat's aber zerrissen“, murmelte Smoky, „ich glaube, da ist ein riesiger Teil vom Schiff abgesprengt worden und
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irgendwo dahinten in die Wälder geflogen.“ „Ja, so hörte sich das an.“ Etwas resigniert starrten sie in die Dunkelheit. Die Dons auf der Nao schienen etwas gemerkt zu haben. Ihr Hohngelächter schallte über das nächtliche Meer, und sie zog langsam und träge davon. Schön gerupft sah sie trotzdem aus...
ENDE