Ralph Jahn
Kindergeld Steuerliches Kindergeld mit Praxishinweisen zur Anlage Kind
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Ralph Jahn
Kindergeld Steuerliches Kindergeld mit Praxishinweisen zur Anlage Kind
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über abrufbar.
1. Auflage 2007 Alle Rechte vorbehalten © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2007 Lektorat: RA Andreas Funk Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen von Springer Science+Business Media. www.gabler.de Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Druck und buchbinderische Verarbeitung: Wilhelm & Adam, Heusenstamm Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany ISBN 978-3-8349-0539-0
Vorwort Mit dem vorliegenden Werk wollte ich keinen abstrakten Kommentar zum Kindergeldrecht schreiben, sondern ein Buch für den Praktiker. Es berücksichtigt in allen Punkten die Handlungsweise der Verwaltung und gibt so dem steuerlichen Berater die Möglichkeit, schon im Vorfeld den konkreten Fall, den er zu bearbeiten hat, entsprechend der Verwaltungsgepflogenheiten aufzubereiten. Zum leichteren Verständnis sind zahlreiche Beispiele und Praxishinweise enthalten. Dies macht das Buch, das sich zugegebenermaßen vorrangig an die steuerberatenden Berufe und die Verwaltung richtet, auch für den interessierten Kindergeldberechtigten (vornehmlich mit wenigstens einem über 18-jährigen Kind) les- und nutzbar. Ein besonderes Augenmerk habe ich auf die Ermittlung des konkreten Anspruchszeitraums bei der Berücksichtigung über 18-jähriger Kinder gelegt. Selbstverständlich werden auch die Besonderheiten bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge dieser Kinder behandelt. Die Rechtsprechung zu den gesetzlichen Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung, zu den privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sowie zu den freiwilligen Beiträgen zur Krankenversicherung hat ebenso Beachtung gefunden, wie die jüngste Entscheidung des BFH zur Erwerbstätigkeit. Materielles Kindergeldrecht und steuerliches Verfahrensrecht habe ich stets verknüpft, so dass der Praktiker direkt erkennen kann, in welcher Weise ggf. auf eine Entscheidung der Familienkasse zu reagieren ist. Auf mögliche Fallstricke bei der Auslegung des Gesetzes habe ich hingewiesen. Um die Argumentation gegenüber der Verwaltung zu erleichtern, sind über 200 Gerichtsentscheidungen zu den besonders auslegungsbedürftigen Punkten angeführt. Die Entscheidungen werden, soweit es für ihr Verständnis notwendig ist, kurz kommentiert. Nicht nur das Thema Kindergeld (X. Abschnitt des EStG) wird ausführlich beleuchtet, sondern auch die Besonderheiten/Abweichungen bei der Berücksichtigung des Kinderfreibetrags und der Freibeträge für Betreuung und Erziehung werden behandelt. Wer möchte, kann als Einstieg in das Werk auch die bewusst kurz gehaltenen Hinweise zur Anlage Kind nutzen. Sie verweisen jeweils (mit genauer Fundstelle) auf die ausführlichen Erläuterungen zu dem angesprochenen Thema. Ich hoffe, dass es mir gelungen ist, Ihnen ein verständlich geschriebenes und trotzdem umfassendes Praktikerhandbuch zum Thema Kindergeld im Steuerrecht an die Hand zu geben. Für Hinweise und Anregungen aus der Leserschaft bin ich stets dankbar. Kromsdorf, im Mai 2007
Ralph Jahn
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Inhaltsübersicht Vorwort Inhaltsübersicht Abkürzungsverzeichnis Literaturverzeichnis §1 Familienleistungsausgleich (§ 31 EStG) A. Allgemeines B. Verhältnis Kinderfreibetrag und Kindergeld §2 Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG) A. Begriff des Kindes I. Leibliche Kinder II. Pflegekinder B. Berücksichtigung von Kindern unter 18 Jahren C. Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren I. Kinder ohne Arbeitsplatz II. Kinder in Berufsausbildung III. Kinder in einer Übergangszeit IV. Kinder in Wartezeit V. Kinder in einem freiwilligen sozialen bzw. ökologischen Jahr oder im europäischen Freiwilligendienst VI. Behinderte Kinder VII. Verlängerungstatbestände VIII. Verheiratete Kinder und Kinder mit Kindern IX. Auswirkungen einer Erwerbstätigkeit D. Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder I. Grenzbetrag/maßgeblicher Grenzbetrag II. Einkünfte III. Werbungskosten IV. Bezüge V. Besondere Ausbildungskosten VI. Sozialversicherungsbeiträge VII. Gesamtüberblick über die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge E. Kinderfreibetrag, Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes I. Kinderfreibetrag II. Betreuungsfreibetrag III. Berücksichtigungsfähige Kinder IV. Anlage Kind §3 Anspruchsberechtigte (§ 62 EStG) A. Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland B. Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
5 7 11 14 15 15 16 19 19 20 21 24 25 29 32 41 44 46 48 54 57 61 64 65 68 74 82 89 90 92 92 93 94 94 95 100 100 102 7
Inhaltsübersicht
§4
§5
§6
§7
§8
§9
§ 10
8
C. Ausländer D. Besonderheiten Kinder (§ 63 EStG) A. Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG B. Im Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten C. Im Haushalt aufgenommene Enkel D. Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) A. In den Haushalt eines Berechtigten aufgenommene Kinder B. Nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommene Kinder C. Zählkinder und ihre Auswirkungen D. Berechtigtenwechsel und Weiterleitung I. Berechtigtenwechsel II. Weiterleitung E. Feststellung des vorrangig Berechtigten durch das Vormundschaftsgericht Andere Leistungen für Kinder (§ 65 EStG) A. Kindergeld ausschließende Leistungen I. Kinderzulagen und Zuschüsse (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) II. Ausländische Leistungen für Kinder (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) III. Zwischen- oder überstaatliche Leistungen für Kinder (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) B. Teilkindergeld Höhe des Kindergeldes, Zahlungszeitraum (§ 66 EStG) A. Höhe des Kindergeldes B. Zahlungszeitraum C. Zahlungsweise Antrag (§ 67 EStG) A. Antragstellung B. Antrag im berechtigten Interesse Besondere Mitwirkungspflichten (§ 68 EStG) A. Veränderungsanzeige des Antragstellers bzw. Kindergeldempfängers B. Mitwirkungspflicht von Kindern über 18 Jahren C. Mitwirkungspflicht der Arbeitgeber von Kindern über 18 Jahren D. Auskunftserteilung der Familienkassen an Bezügestellen des öffentlichen Dienstes und die Agenturen für Arbeit E. Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach der AO Überprüfung des Fortbestehens von Anspruchsvoraussetzungen durch Meldedaten-Übermittlung (§ 69 EStG)
103 105 106 107 107 108 109 113 113 116 117 119 119 122 124 126 126 127 129 130 131 134 134 136 137 139 139 142 144 145 147 148 151 152 156
Inhaltsübersicht § 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG) A. Festsetzung des Kindergeldes I. Betragsmäßige Festsetzung II. Materieller Ablehnungsbescheid III. Aufhebung IV. Formeller Ablehnungsbescheid B. Korrektur von Kindergeldfestsetzungen I. Korrektur wegen Änderungen in den Verhältnissen II. Korrektur materieller Fehler III. Korrektur wegen Einkünften und Bezügen des Kindes IV. Korrekturen von Kindergeldfestsetzungen nach der Abgabenordnung C. Rechtsbehelfe § 12 Zahlungszeitraum (§ 71 EStG) § 13 Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 72 EStG) A. Angehörige des öffentlichen Dienstes I. Zuständigkeit beim Eintritt in oder Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst II. Konkurrenzregelung bei mehreren öffentlichen Arbeitgebern B. Vom öffentlichen Dienst ausgenommener Personenkreis § 14 Zahlung des Kindergeldes in Sonderfällen (§ 74 EStG) A. Auszahlung an Dritte (Abzweigung) B. Erstattungsanprüche von Sozialleistungsträgern § 15 Aufrechnung (§ 75 EStG) A. Aufrechnung gegenüber dem Erstattungsschuldner B. Aufrechnung gegenüber Dritten § 16 Pfändung (§ 76 EStG) A. Pfändungsgrund/Pfändungsberechtigte B. Höhe des pfändbaren Betrages C. Abtretung und Verpfändung von Kindergeldansprüchen § 17 Kontenpfändung und Pfändung von Bargeld (§ 76 a EStG) § 18 Erstattung von Kosten im Vorverfahren (§ 77 EStG) A. Erstattung notwendiger Aufwendungen im Vorverfahren B. Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten C. Kostenentscheidung D. Kostenfestsetzung § 19 Übergangsregelungen (§ 78 EStG) Stichwortverzeichnis
157 157 161 162 164 166 167 168 171 173 175 184 186 187 189 191 192 193 197 198 200 202 202 205 206 208 209 213 215 218 218 218 220 220 221 223
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Abkürzungsverzeichnis ABl. ABl. EG ÄndG AEAO AFG AO AufenthG AuslG
Amtsblatt Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft Änderungsgesetz Anwendungserlass zur Abgabenordnung Arbeitsförderungsgesetz Abgabenordnung Aufenthaltsgesetz Gesetz über die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern im Bundesgebiet (Ausländergesetz)
BAföG
Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung (Bundesausbildungsförderungsgesetz) Bundesarbeitsgericht Berufsbildungsgesetz Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit Gesetz zum Erziehungsgeld und zur Elternzeit (Bundeserziehungsgeldgesetz) Verordnung über die Zulassung von neueinreisenden Ausländern zur Ausübung einer Beschäftigung Bundesamt für Finanzen (jetzt BZSt) Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofes Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundeskindergeldgesetz Bundessteuerblatt Bundessozialgericht Bundesverfassungsgericht Bundesversorgungsgesetz Bundesvertriebenengesetz Bundeszentralamt für Steuern (Fachaufsicht Familienleistungsausgleich)
BAG BBiG BEEG BErzGG BeschV BfF BFH BFH/NV BGB BGBl BKGG BStBl BSG BVerfG BVG BVFG BZSt
DA-FamEStG Dienstanweisung zur Durchführung des steuerlichen Familienleistungsausgleichs DA-FamRb Dienstanweisung zur Durchführung von Rechtsbehelfsverfahren DB Der Betrieb DStRE Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst DVO Durchführungsverordnung EG EFG EhfG EStG EStH EStR
Europäische Gemeinschaft Entscheidungen der Finanzgerichte Entwicklungshelfer-Gesetz Einkommensteuergesetz Amtliches Einkommensteuer-Handbuch Einkommensteuer-Richtlinien 11
Abkürzungsverzeichnis EU EWG EWR
Europäische Union Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäischer Wirtschaftsraum
FG FGG FGO FVG FR
Finanzgericht Gesetz über die freiwillige Gerichtsbarkeit Finanzgerichtsordnung Gesetz über die Finanzverwaltung Finanzrundschau
GdB GG
Grad der Behinderung Grundgesetz
HFR
Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung
JStG JStErG
Jahressteuergesetz Jahressteuerergänzungsgesetz
MuSchG
Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter
NZB NV
Nichtzulassungsbeschwerde nicht veröffentlicht
OWiG
Gesetz über Ordnungswidrigkeiten
Pb
Pauschbetrag
RVG RVO
Rechtsanwaltsvergütungsgesetz Reichversicherungsordnung
SachBezV
Verordnung über den Wert der Sachbezüge in der Sozialversicherung (Sachbezugsverordnung) Sozialgesetzbuch, Erstes Buch – Allgemeiner Teil Sozialgesetzbuch, Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende Sozialgesetzbuch, Drittes Buch – Arbeitsförderung Sozialgesetzbuch, Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften der Sozialversicherung Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen Sozialgesetzbuch, Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch – Sozialhilfe Gesetz zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms Steueränderungsgesetz Steuerberatergebührenverordnung Steuer-Eildienst
SGB I SGB II SGB III SGB IV SGB V SGB IX SGB XI SGB XII SKWPG StÄndG StBGebV StE 12
Abkürzungsverzeichnis VA VO VV VwVfG VwZG VZ
Verwaltungsakt Verordnung Vergütungsverzeichnis (Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) Verwaltungsverfahrensgesetz Verwaltungszustellungsgesetz Veranlagungszeitraum
WPflG
Wehrpflichtgesetz
ZDG ZPO ZVS
Gesetz über den Zivildienst der Kriegsverweigerer Zivilprozessordnung Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen
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Literaturverzeichnis Ludwig Schmidt, Einkommensteuergesetz Kommentar, 25. Aufl. 2006, Verlag C. H. Beck München; Tipke/Kruse, Abgabenordnung/FGO, 109. EL Mai 2006, Verlag Dr. Otto Schmidt; Franz Klein, Abgabenordnung Kommentar, 8. Aufl. 2003, Verlag C. H. Beck München; Kurt Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl., Verlag Ernst und Werner Gieseking GmbH, Bielefeld; Zöllner, ZPO Kommentar; Andreas Michaelis, Kindergeldverfahren im öffentlichen Dienst ab 1996, R. v. Decker’s Verlag, Hüthig GmbH, Heidelberg; Dagmar Felix, Kindergeldrecht Kommentar, Verlag C. H. Beck München; Meichsner, Burkhart/Arndt, Stefan, Familienrecht für Steuerberater, 2007, Gabler Verlag; Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 11. Ergänzungslieferung, Mai 1994; DA-FamEStG, Dienstanweisung zur Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes, Stand 2004 (BStBl 2004 I, S. 742), unter Beachtung der hierzu ergangenen Einzelweisungen; DA-FamRb, Dienstanweisung zur Durchführung von Rechtsbehelfsverfahren im Zusammenhang mit dem Familienleistungsausgleich nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (BStBl 2000, S. 635).
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1
§ 1 Familienleistungsausgleich (§ 31 EStG) A.
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Allgemeines
Der bis zum 31.12.1995 bestehende Familienlastenausgleich wurde aufgrund der Rechtsprechung des BVerfG modifiziert.1 Der Gesetzgerber hat aus dem dualen System Kindergeld als Sozialleistung auf der einen Seite und dem Kinderfreibetrag im Steuerrecht auf der anderen Seite ein duales System, das nur im Steuerrecht angegliedert ist, geschaffen. So wurde mit dem JStG 1996 der Familienleistungsausgleich mit dem Kindergeld nach dem X. Abschnitt im EStG auf der einen Seite und dem Kinderfreibetrag im IV. Abschnitt des EStG eingeführt. Bei dem alten System des Familienlastenausgleichs standen dem Berechtigten Kindergeld und Kinderfreibetrag nebeneinander zu. In der Weiterentwicklung des Familienlastenausgleiches zum Familienleistungsausgleich, steht dem Berechtigten grundsätzlich zunächst das Kindergeld als Steuervergütung im Voraus zu (§ 31 Satz 3 EStG) und wird später im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung gegen die Steuerfreistellung des Kinderfreibetrages aufgerechnet. D.h. letztendlich gibt es entweder das eine oder das andere, aber nicht mehr beides nebeneinander (Beachte Rn. 4 zur unterschiedlichen Wirkung vor und nach VZ 2004). Der Gesetzgeber hätte nach dem Willen des BVerfG auch die Möglichkeit einer anderen Lösung gehabt, da das Gericht offen ließ, ob nur Kindergeld oder eine andere Steuerfreistellung oder sogar eine völlig andere Ausgleichsregel getroffen wird. Nur die damalige Lösung zur Freistellung des Existenzminimums eines Kindes war zu wenig. Nach § 31 Satz 3 EStG wird im laufenden Kalenderjahr das Kindergeld als Steuervergütung gewährt. Diese Gewährung des Kindergeldes stellt eine steuerliche Leistung im Voraus dar, die später gegen die steuerliche Auswirkung des Kinderfreibetrages gesetzt wird. Nur die steuerliche Freistellung des Existenzminimums des Kindes durch den Kinderfreibetrag hätte den Grundsätzen der Rechtsprechung des BVerfG widersprochen. Nach dieser war das Existenzminimum des Kindes im laufenden Jahr sicherzustellen. Die Umsetzung des Familienleistungsausgleiches obliegt den Finanzbehörden. Dabei wird das Kindergeld von den Familienkassen festgesetzt und ausgezahlt und die steuerliche Auswirkung des Kinderfreibetrages von den Finanzämtern vorgenommen, folglich von verschiedenen Einrichtungen. Bei den Familienkassen ist zudem noch eine Unterscheidung vorzunehmen, ob es sich um eine Familienkasse des öffentlichen Dienstes i.S.d. § 72 EStG handelt oder um die Familienkasse der Agentur für Arbeit. Beide gelten als Bundesfinanzbehörde (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG).
1
BVerfG Beschluss v. 29.05.1990, BStBl 1990 II, S. 653; BVerfG Beschluss v. 12.06.1990 1 BvL 72/86, BStBl 1990 II, S. 664.
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1
2
1
§1
B.
1 3
4
Familienleistungsausgleich (§ 31 EStG)
Verhältnis Kinderfreibetrag und Kindergeld
In § 31 Satz 2 EStG ist festgehalten, dass das Kindergeld, sofern dieses nicht zur steuerlichen Freistellung eines Einkommensbetrags in Höhe des Existenzminimums eines Kindes benötigt wird, der Förderung der Familie dienen soll. Dies bedeutet aber nicht, dass es sich um eine Sozialleistung handelt. Keine Förderkomponente für die Familie liegt mehr vor, wenn die Steuerpflichtigen (Berechtigten) einen Steuersatz in Höhe von 31,82 % innehaben. Dann ist das Kindergeld aufgezehrt (vgl. Glanegger in: Schmidt EStG Kommentar 25. Aufl., § 31 Rn. 14). Liegt der Steuersatz über diesem Wert, so wirken sich die Freibeträge günstiger aus und es erfolgt durch sie eine stärkere Entlastung der Familie. Bei einer Vielzahl der Berechtigten verbleibt es jedoch bei dem Kindergeldanspruch und insoweit ist häufig die Förderkomponente der Familie gegeben. Das Kindergeld nach dem X. Abschnitt des EStG und der Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG) stehen sich gleichrangig gegenüber. Dies bedeutet, dass es nicht zum einen Kindergeld und zum anderen den Kinderfreibetrag gibt, sondern vielmehr bilden beide eine Einheit. Zunächst erhält der Berechtigte das Kindergeld durch die Familienkasse grundsätzlich im Voraus gezahlt. Voraussetzung ist jedoch eine betragsmäßige Festsetzung des Kindergeldes gegenüber dem Berechtigten. Bei der Berücksichtigung des Kinderfreibetrages bei der Einkommensteuerveranlagung wird das Kindergeld ab dem VZ 2004 immer gegen gerechnet. Dabei ist es gleichgültig, ob Kindergeld festgesetzt und ausgezahlt wurde, oder der Berechtigte keinen Antrag gestellt hatte und deshalb kein Kindergeld festgesetzt und ausgezahlt werden konnte, oder aufgrund der nicht ausreichenden Mitwirkung des Berechtigten kein Kindergeld festgesetzt und ausgezahlt wurde ist. Das gleiche gilt für vergleichbare Leistungen i.S.d. § 65 EStG. ! Praxishinweis: Eine Ausnahmeregelung hierzu wurde für die Fälle zugelassen, wo ein Kindergeldanspruch nicht mehr durchsetzbar war, da der Antrag auf Kindergeld abgelehnt wurde oder bestandskräftig aufgehoben war (Zeitraum des negativen Regelungsinhaltes), obwohl es bei einer Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge zum Unterschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages gekommen wäre (BMF v. 18.11.2005, BStBl 2005 I, S. 1027). Nach der nunmehrigen Rechtsprechung zu den privaten Krankenversicherungsbeiträgen bzw. den freiwilligen Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung ist m.E. dieses Schreiben des BMF auch auf diese Fälle übertragbar. Bis zum VZ 2003 wurde nur dann das Kindergeld dem Kinderfreibetrag gegenübergestellt, wenn es auch tatsächlich durch die Familienkasse festgesetzt und ausgezahlt war. Häufig haben deshalb Berechtigte keinen Kindergeldantrag gestellt, da sie von vornherein davon ausgegangen sind, dass sich der Kinderfreibetrag besser oder zumindest gleich auswirkt. Durch die Änderung des § 31 Satz 4 EStG mit dem StÄndG 2003 (BGBl 2003 I, S. 2645) ist dies aus den zuvor genannten Gründen nicht mehr möglich.
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1
B. Verhältnis Kinderfreibetrag und Kindergeld ! Praxishinweis: Da das Kindergeld grundsätzlich immer dem Kinderfreibetrag ab dem VZ 2004 gegen gerechnet wird, ist durch den Berechtigten immer das Kindergeld zu beantragen, da er ansonsten auf eine monatliche Steuervergütung von 154,00 € (1.–3. Kind) oder 179,00 € ab dem 4. Kind verzichtet.
1
Bei der Prüfung, ob die gebotene Freistellung eines Einkommensbetrages in Höhe des Existenzminimums eines Kindes durch das Kindergeld in vollem Umfang bewirkt wurde und deswegen bei der Veranlagung zur Einkommenssteuer der Kinderfreibetrag unter Verrechnung des Kindergeldes anzusetzen ist, ist auf den Kalendermonat abzustellen.2 Das Monatsprinzip bedeutet, dass stets ein Monat anzusetzen ist, auch wenn nicht an allen Kalendertagen des Monats das Kind zu berücksichtigen gewesen wäre (z.B. Geburt am 23.05.). Der Betrag für den Monat Mai ist ungekürzt anzusetzen. Die Verrechnung des Kindergeldes mit dem Kinderfreibetrag erfolgt immer parallel. Steht dem Berechtigten nur ein Kinderfreibetrag zu (kein Fall des § 32 Abs. 6 Sätze 2 u. 3 EStG), so wird auch nur das hälftige Kindergeld dagegen gerechnet. Steht dem Berechtigten nur der Kinderfreibetrag in einigen oder sogar nur in einem Monat des Kalenderjahres zu, so ist auch nur das (ggf. hälftige) Kindergeld für die betreffenden Monate gegen zu rechnen.
6
Günstigerprüfung Nach § 31 Satz 4 EStG wird durch das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung geprüft, ob der Abzug der Kinderfreibeträge günstiger ist als das Kindergeld. Ist dies der Fall, wird das Kindergeld der ermittelten tariflichen Einkommensteuer hinzugerechnet. Wenn der Steuersatz von 31,82 % überschritten wird, wirken sich die Freibeträge günstiger aus, der Berechtigte (Steuerpflichtige) erhält dann eine über dem Kindergeld liegende steuerliche Freistellung. In diesen Fällen liegt dann keine Förderkomponente für die Familie (§ 31 Satz 2 EStG) mehr vor.
7
! Praxishinweis: Besteht kein Anspruch auf Kindergeld [z.B. Kind hat keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet (§ 63 Abs. 1 Satz 2 EStG)], besteht evtl. zumindest ein Anspruch auf die Freibeträge. In diesen Fällen kann keine Günstigerprüfung erfolgen. Bei der Günstigerprüfung wird grundsätzlich immer der entsprechende Anteil des Kindergeldes dem entsprechenden Anteil an den Freibeträgen gegenübergestellt. Steht dem Berechtigten (Steuerpflichtigen) der doppelte Kinderfreibetrag zu, so wird auch das Kindergeld ungekürzt, oder bei vorliegen von ausschließenden Leistungen nach § 65 um diese gekürzt, dagegen gerechnet. Die ausschließenden Leistungen nach § 65 EStG werden jedoch extra, aber ebenfalls in Anrechnung gebracht (§ 31 Satz 5 EStG). ! Praxishinweis: Verzichtet der Barunterhalt verpflichtete Elternteil durch gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich auf die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes auf den Kindesunterhalt, ist sein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch gleichwohl in die Vergleichsberechnung des § 31 EStG einzubeziehen.3
2 3
BFH Urteil v. 15.01.2003 VIII R 72/99 (NV), BFH/NV 2003, S. 898. BFH Urteil v. 16.03.2004 VIII R 86/98, BStBl 2005 II, S.332.
17
1 1
§1
Familienleistungsausgleich (§ 31 EStG)
! Praxishinweis: Bei der Günstigerprüfung nach § 31 EStG ist die in Österreich gezahlte Familienbeihilfe unabhängig davon hinzuzurechnen, ob nach österreichischem Recht ein zivilrechtlicher Ausgleichsanspruch besteht und dies verfassungsgemäß ist.4 ! Praxishinweis: Kommt der zum Barunterhalt verpflichtete Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht nach und wird deshalb auf Antrag des anderen Elternteils, der das Kind betreut, der halbe Kinderfreibetrag auf diesen übertragen, ist bei der nach § 31 Satz 4 EStG durchzuführenden Vergleichsrechnung (Günstigerprüfung) dem doppelten Kinderfreibetrag das gesamte an den betreuenden Elternteil ausgezahlte Kindergeld gegenüberzustellen.5
4 5
18
BFH Urteil v. 25.03.2003 VIII R 95/02 (NV), BFH/NV 2003, S. 1306; s. dazu anhängiges Verf. beim BVerfG 2 BvR 1229/03; BFH Beschluss v. 03.09.2004 VIII B 144/04 (NV), Haufe-Index 1252324. BFH Urteil v. 16.03.2004 VIII R 88/98, BStBl 2005 II, S. 594.
2
§ 2 Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG) 2
A.
Begriff des Kindes
Im § 32 EStG ist die allgemeine Definition des Kindes im Steuerrecht verankert. Danach werden als Kinder berücksichtigt (§ 32 Abs. 1 EStG): 1. im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder, 2. Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht). Diese Kinder werden nicht nur bei den Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG, sondern auch bei der Steuervergütung Kindergeld berücksichtigt. Hingegen werden die bei dem steuerlichen Kindergeld zu berücksichtigenden Kinder [im Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und im Haushalt aufgenommene Enkel (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG)] grundsätzlich nicht bei den Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG berücksichtigt. Der Kinderfreibetrag und – durch die Verweisung des § 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG auf den § 32 Abs. 1 Nr. 1 EStG – das Kindergeld werden nur für lebend geborene Kinder gewährt. Als Nachweis für die Gewährung des Freibetrages gilt die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte. Wenn das Kind außerhalb des Haushaltes lebt, ist eine Lebensbescheinigung abzugeben (entweder beim Einwohnermeldeamt, um die Eintragung auf der Lohnsteuerkarte zu bekommen oder direkt beim Finanzamt).1 Für das Kindergeld ist bei der Familienkasse bei Geburt des Kindes die Geburtsbescheinigung mit dem Antrag vorzulegen. ! Praxishinweis: Die Vorlage der Geburtsbescheinigung ist nur beim Antrag auf Kindergeld bei Geburt des Kindes notwendig. Sofern später Neuanträge erforderlich sind (z.B. Berechtigtenwechsel, Vollendung des 18. Lebensjahres), sind andere geeignete Nachweise zur Existenz des Kindes mit dem Antrag vorzulegen. Sofern Familienkassen dennoch die Geburtsbescheinigung verlangen, sollte der Familienkasse ein Original vorgelegt werden, von dem sich die Familienkasse eine Kopie machen kann (Kosteneinsparung, da jedes Original beim Standesamt eine Gebühr kostet). Der Kinderfreibetrag und das Kindergeld werden für ungeborene Kinder nicht gewährt. Nach § 32 Abs. 3 EStG ist ein Kind ab dem Kalendermonat zu berücksichtigen, in dem es lebend geboren wird. Das eine Berücksichtigung für Zeiträume davor ausgeschlossen ist, verstößt nicht gegen verfassungsrechtliche Grundsätze.2
1 2
FG München Urteil v. 30.09.1997 16 K2031/97, EFG 98, S.371. Hessisches Finanzgericht v. 28.04.1999 2 K 2872/98, EFG 1999, S. 781.
19
1
2
2
§2
I. 2
3
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Leibliche Kinder
Die Definition des leiblichen Kindes ist seit dem 1. Juli 1998 vereinfacht. Zu diesem Zeitpunkt ist das neue Kindschaftsrecht in Kraft getreten. Eine Unterscheidung zwischen nichtehelichen und ehelichen Kindern ist damit weitgehend weggefallen. Nach dem neuen Recht ist die Mutter eines Kindes die Frau, die es geboren hat (§ 1591 BGB) und der Vater, wer zur Zeit der Geburt mit der Mutter verheiratet war, die Vaterschaft anerkannt hat (§ 1592 Nr. 2 BGB) oder wessen Vaterschaft nach § 1600 d BGB gerichtlich festgestellt wurde. Bei nichtehelichen Kindern wird das Kind außer bei der Mutter bei seinem leiblichen Vater dann berücksichtigt, wenn er ebenfalls die Vaterschaft rechtsgültig anerkannt hat oder seine Vaterschaft gerichtlich festgestellt worden ist. ! Praxishinweis: Wird eine Vaterschaft rückwirkend anerkannt oder festgestellt, können Rechtswirkungen aus der Anerkennung oder Feststellung, erst von dem Zeitpunkt an geltend gemacht werden, zu dem die Anerkennung oder Feststellung wirksam wird (§ 1594 Abs. 1 BGB bzw. 1600 d Abs. 4 BGB). Für die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG bzw. das Kindergeld bedeutet dies, dass Ansprüche noch insoweit geltend gemacht werden können, als sie noch nicht verfallen sind.3
4
Kinder können als angenommene Kinder (Adoptivkinder) dann berücksichtigt werden, wenn die Annahme vom Vormundschaftsgericht ausgesprochen (§ 1752 BGB) und durch Zustellung des Annahmebeschlusses an den Annehmenden rechtswirksam geworden ist (§ 56 e Satz 2 FGG). Dies gilt sowohl für minderjährige Kinder als auch für volljährige Kinder, die angenommen werden. Vereinbarungen auf privatrechtlicher Grundlage zwischen den leiblichen Eltern und den annehmenden Eltern führen nicht zur Berücksichtigung als Adoptivkind und entfalten damit keine Auswirkungen weder auf die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG noch begründen sie einen Anspruch auf Kindergeld. Das Verwandtschaftsverhältnis des angenommenen minderjährigen Kindes zu seinen leiblichen Eltern oder seinem leiblichen Elternteil erlischt mit der Annahme (§ 1755 BGB). Das bedeutet, das Kind kann bei den leiblichen Eltern oder dem leiblichen Elternteil nicht mehr berücksichtigt werden, weder als Zahl noch als Zählkind. ! Praxishinweis: Die Berücksichtigung bei den leiblichen Eltern oder dem leiblichen Elternteil erlischt mit Folgemonat der Bekanntgabe des Annahmebeschlusses. Bei den volljährig angenommenen Kindern erlischt jedoch das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern nur dann, wenn das Vormundschaftsgericht der Annahme die Wirkung einer Volladoption beigelegt hat (§ 1772 BGB). Das heißt, liegt bei volljährigen Kindern keine Volladoption vor, kann das Kind bei den leiblichen Eltern oder dem leiblichen Elternteil noch als Zählkind berücksichtigt werden. > Beispiel: Die leiblichen Eltern des 19-jährigen Tom sind seit Jahren geschieden und haben beide mit neuen Ehepartnern zwei bzw. drei Kinder, für die sie jeweils vorrangig anspruchsberechtigt sind. Die Pflegeeltern, bei denen Tom seit 10 Jahren lebt, entschließen sich zu einer Adoption. 3
20
BFH Urteil v. 28.07.2002005 III R 68/04, BFH/NV 2006, S. 202, DStZ 2006, S. 5.
A.
2
Begriff des Kindes
Variante 1: Das Vormundschaftsgericht legt der Annahme nicht die Wirkung einer Volladoption bei. Bei den leiblichen Eltern ist Tom weiterhin als Zählkind zu berücksichtigen. Es bleibt also bei der Rangfolge (Ordnungszahl) 2 und 3 bzw. 2, 3 und 4 für die Kinder aus den neuen Ehen. Die bestehenden Kindergeldfestsetzungen sind nicht zu korrigieren.
2
Variante 2: Das Vormundschaftsgericht legt der Annahme die Wirkung einer Volladoption bei. Die Kindergeldfestsetzungen für die leiblichen Eltern müssen korrigiert werden. Bei dem einen Elternteil sind die Kinder aus der neuen Ehe nun nur noch mit Rangfolge 1 und 2, bei dem anderen Elternteil nur noch mit der Rangfolge 1, 2 und 3 zu berücksichtigen. Adoptionen, die durch ausländischen Gerichtsbeschluss zustande gekommen sind, können kindergeldrechtlich ab dem Monat berücksichtigt werden, ab dem das angenommene Kind die Voraussetzungen des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt. Von den zentralen Adoptionsstellen der Landesjugendämter wird eine Bescheinigung über die erfolgreiche Adoption von Kindern aus dem Ausland ausgestellt (DA 63.2.1.3 Abs. 5 DA-FamEStG). Besteht bei einem angenommen Kind das Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, so wird diese Konkurrenz durch § 32 Abs. 2 Satz 1 EStG gelöst. Danach ist ein Kind vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen.
II.
Pflegekinder
Der Begriff des Pflegekindes hat sich vom EStG 2003 zum EStG 2004 gewandelt. Seit dem 01.01.2004 sind Pflegekinder, die Kinder, die mit dem Steuerpflichtigen (Pflegemutter oder Pflegevater) durch ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band verbunden und in den Haushalt aufgenommen sind. Weiterhin darf kein Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern bestehen und die Aufnahme des Pflegekindes darf nicht zu Erwerbszwecken dienen. Bis zum 31.12.2003 war die Definition des Pflegekindes zur heutigen in dem Punkt anders, dass der Steuerpflichtige (Pflegemutter oder Pflegevater) die Kinder mindestens zu einem nicht unwesentlichen Teil auf seine Kosten unterhält. Der BFH hatte zum Unterhaltserfordernis der Pflegeeltern Rechtsgrundsätze aufgestellt.4 Die Verwaltung hat diese für nicht praktikabel (zu hoher Aufwand) gehalten und der Gesetzgeber sich deshalb zur Änderung der Definition entschlossen und das Unterhaltserfordernis durch den nicht vorliegenden Erwerbszweck ersetzt. Die neue Definition ist erst mit EStG 2004 eingefügt worden, aber § 52 Abs. 40 Satz 1 EStG legt fest, dass alle offenen Verfahren nach der neuen Definition zu prüfen sind. ! Praxishinweis: Als Nachweis kann eine vom Jugendamt ausgestellte Pflegeerlaubnis dienen. Sie wird jedoch nicht ausgestellt, wenn das Jugendamt selbst das Kind an die Pflegeperson vermittelt oder wenn das Pflegekind und die Pflegeperson verwandt sind.
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BFH Urteil v. 29. Januar 2003 VIII R 71/00, BStBl 2003 II, S. 469.
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§2 7
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Haushaltsaufnahme Das Pflegekind muss in den Haushalt des Berechtigten aufgenommen sein (Familienwohnung). Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs – BFH – bedeutet Haushaltsaufnahme die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienähnlicher Art. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein. Danach gehört ein Kind dann zum Haushalt eines Elternteils, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird, so dass es sich in der Obhut des Elternteils befindet.5 Eine Haushaltsaufnahme liegt nicht vor, wenn das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu seinen leiblichen Eltern noch fortbesteht. In welchem zeitlichen Umfang dies geschehen muss bzw. welche Unterbrechungszeiten vorliegen können, bestimmt sich nach dem Einzelfall. Je älter das Kind ist, umso länger kann die Unterbrechung sein.6 Bei noch nicht schulpflichtigen Kindern hält der BFH in der Regel einen Zeitraum von einem Jahr für denkbar.7 Sofern es sich um schulpflichtige Kinder handelt, kann ein Unterbrechungszeitraum von zwei Jahren als maßgebend angesehen werden.8 ! Praxishinweis: Ein kurzzeitiger Kontaktabbruch zu den leiblichen Eltern unter einem Jahr führt demzufolge nie zu einem Pflegekindschaftsverhältnis. Die Haushaltsaufnahme wird nicht unterbrochen, sofern sich das Kind zum Zwecke der Schuloder Berufsausbildung zeitweise an einem anderen Ort aufhält. Des Weiteren wird die Haushaltszugehörigkeit eines behinderten Pflegekindes nicht durch eine Heimunterbringung beendet, wenn es in einem zeitlich bedeutsamen Umfang weiterhin im Haushalt der Pflegeeltern betreut wird.9 In DA 63.2.2.2 Abs. 1 Satz 4 DA-FamEStG wird auch ein Fortbestehen der Haushaltsaufnahme unterstellt, wenn ein behindertes Kind vollstationär untergebracht ist. Hierzu ist aber die weitere Betreuung der Pflegeeltern (gelegentliche Aufenthalte in dem Haushalt der Pflegeeltern) erforderlich.
8
Familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band Ein familienähnliches, auf längere Dauer angelegtes Band liegt nur vor, wenn dass Kind nicht nur zeitweilig (einen Teil des Tages oder nur einige Tage der Woche) oder kurzzeitig (einige Monate) in eine Familie aufgenommen wird. Vielmehr muss die Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Pflegefamilie einen durchgängigen dauerhaften Charakter ausweisen, um die Versorgung und Erziehung analog eines Eltern-Kind-Verhältnisses zu sichern. Die erforderliche familienähnliche Bindung muss von vornherein auf einen längeren Zeitraum (DA-FamEStG – mehrere Jahre) angelegt sein. Dabei ist die Dauer maßgeblich, die sich aus Sicht bei der Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Pflegeeltern ergibt. Eine Dauer von zwei Jahren wird dabei von der Verwaltung als ausreichend gesehen (DA 63.2.2.3 Abs. 1 Satz 3 DA-FamEStG). Dies ist jedoch vom tatsächlichen Einzelfall abhängig.10 5 6 7 8 9 10
22
BFH Urteil v. 20.06.2001 – IV R 224/98 –, HFR 2001, S. 1162. BFH Urteil v. 20.07.2006 III R 44/05 (NV), BFH/NV 2007, S. 17. BFH Urteil v. 20.01.1995 III R 14/94, BStBl 1995 II, S. 582. BFH Urteil v. 07.09.1995 III R 95/93, BStBl 1996 II, 63. BFH Urteil v. 30.06.2005 III R 80/03 (NV), BFH/NV 2006, S. 262. FG Köln Urteil v. 22.08.2001 14 K 652/01, EFG 2002, S. 100.
A.
2
Begriff des Kindes
Eine vorzeitige Beendigung des Pflegekindschaftsverhältnisses, die nicht vorhersehbar war, ist unschädlich. Das Erfordernis eines „familienähnlichen, auf Dauer berechneten Bandes“ für ein Pflegekindschaftsverhältnis enthält keine altersmäßige Begrenzung. Bei Aufnahme eines Kindes im Alter von 16 ½ Jahren kann allerdings regelmäßig nicht mehr von einem derartigen Band ausgegangen werden, es sei denn, es besteht eine persönliche Ausnahmesituation, z.B. die Herkunft des Kindes aus einem fremden Kulturkreis.11 Ist ein Kind nicht schon längere Zeit vor Eintritt der Volljährigkeit in den Familienhaushalt aufgenommen worden, kann ein Pflegekindschaftsverhältnis zu einem bereits volljährigen Kind nur unter besonderen Umständen angenommen werden. Ein familienähnliches auf Dauer berechnetes Band ist bei Volljährigen nur bei Hilflosigkeit oder Behinderung oder bei Vorliegen sonstiger besonderer Umstände anzunehmen. Als besonderer Umstand ist auch eine bereits vorher entstandene länger andauernde besondere emotionale Bindung anzusehen, aus der sich möglicherweise ein besonderer Betreuungsbedarf ergeben könnte. Ein bloßes Verwandtschafts- bzw. Patenschaftsverhältnis genügt insoweit nicht.12 Bei der Begründung eines Pflegekindschaftsverhältnisses ist ein Alterunterschied wie zwischen Eltern und Kindern nicht ausschlaggebend. Folglich kann auch ein Pflegekindschaftsverhältnis zu jüngeren Geschwistern bestehen.13 Dies gilt jedoch nur dann, wenn ein Ausscheiden des Kindes aus dem natürlichen und rechtlichen Obhuts- und Pflegeverhältnis zu seinen leiblichen Eltern angenommen werden kann.14 Ein Altersunterschied von 1 ¼ Jahren reicht nicht aus.15 Ein Pflegekindschaftsverhältnis ohne Rücksicht auf den Altersunterschied kann zu einem pflegebedürftigen Geschwisterteil bestehen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Behinderung vor Vollendung des 18. Lebensjahres eingetreten ist und der andere Geschwisterteil insoweit die Rolle der Eltern einnimmt (vgl. DA 63.2.2.3 Abs. 2 DA-FamEStG). Ist die Behinderung erst nach Vollendung des 18. Lebensjahres eingetreten, ist eine Berücksichtigung nur möglich, wenn es sich um eine geistige oder seelische Behinderung handelt, so dass die geistige Entwicklung einem minderjährigen Kind gleichkommt. Das Gleiche gilt für die Aufnahme anderer volljähriger Familienangehöriger. Kein Erwerbszweck Das Pflegekind darf nicht zu Erwerbszwecken in den Haushalt aufgenommen werden. Eine der Berücksichtigung als Pflegekind entgegenstehende Haushaltsaufnahme zu Erwerbszwecken ist z.B. gegeben, wenn den Pflegeeltern ein erheblich über den Pflegesätzen des zuständigen Jugendamtes liegendes Pflegegeld gezahlt wird.16 Ein Erwerbszweck wird hingegen ausgeschlossen, sofern die Pflegeperson nicht mehr als sechs Kinder in den Haushalt aufgenommen hat. Sind mehr als sechs Kinder in den Haushalt aufgenommen, wird vermutet, dass es sich um Kostkinder handelt und damit der Erwerbszweck unterstellt (vgl. R 32.2 EStR 2006).
11 12 13 14 15 16
FG Münster v. 26.10.2001 11 K 6850/00 Kg, EFG 2002, S. 150. BFH Urteil v. 21.04.2005 III R 53/02 (NV), BFH/NV 2005, S. 1547. BFH Urteil v. 05.08.1977 VI R 187/74, BStBl 1977 II, S. 832. Beschluss des Großen Senats v. 25.01.1971 GrS 6/70, BStBl 1971 II, 274. BFH Urteil v. 04.04.1975 VI R 218/72, BStBl 1975 II, S. 636. BFH Urteil v. 30.06.2005 III R 80/03 (NV), BFH/NV 2006, S. 262.
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2
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§2
11
Keine Pflegekinder sind des Weiteren in einem erwerbsmäßig betriebenen Heim untergebrachte Kinder.17 Die Konkurrenz zwischen der Berücksichtigung eines Kindes als Pflegekind oder der Berücksichtigung bei den im ersten Grad verwandten leiblichen Eltern ist durch § 32 Abs. 2 Satz 2 EStG geklärt. Danach ist das Kind immer zunächst als Pflegekind und nicht als leibliches Kind bei den Eltern zu berücksichtigen.
B. 12
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Berücksichtigung von Kindern unter 18 Jahren
Die Berücksichtigung des Kindes bei den Eltern für eine steuerliche Entlastung (Kindergeld/Kinderfreibetrag) ist an verschiedene Altersgrenzen gekoppelt. Der erste Berücksichtigungszeitraum ist zudem grundsätzlich der Längste. Er beginnt mit dem Monat der Geburt und endet mit Vollendung des 18. Lebensjahres des Kindes. Die Ausnahme bildet die Berücksichtigung eines behinderten Kindes (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG), hier gibt es keine Altersbeschränkung, nur die Behinderung muss zu einem bestimmten Zeitpunkt eingetreten sein (vgl. Buchst. c VI). Ein Kind kann auch nur dann berücksichtigt werden, wenn es lebend geboren wird (§ 32 Abs. 3 EStG). Lebend geboren heißt, es muss im Zeitpunkt der Geburt gelebt haben, damit es berücksichtigt werden kann. Für das Kind besteht ab diesem Zeitpunkt zunächst ohne weitere Voraussetzungen (Achtung: Wohnsitz des Kindes) ein Kindergeldanspruch bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Einen Anspruch auf Kindergeld für ungeborenes Leben besteht nicht.18 Der Kindergeldanspruch besteht insoweit für einen Zeitraum von 18 Jahren. Da jedoch die Berücksichtigung nur bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres möglich ist, haben Berechtigte für Kinder, die am 1. eines Monats geboren werden, nur einen Anspruch von 17 Jahren und 11 Monaten. Grund ist die Vollendung des Lebensjahres. Nach § 108 Abs. 1 AO i.v.m. § 187 Abs. 2 BGB ist ein Lebensjahr mit Anlauf des dem jeweiligen Geburtstag vorangehenden Tages vollendet. D.h., ein am 1. des Monats geborenes Kind vollendet das jeweilige Lebensjahr am letzten Tag des Vormonats. Deshalb besteht für diese Kinder im letzten Jahr (18. Lebensjahr) nur ein Anspruch auf 11 Monate Kindergeld. Da es sich bei dem Anspruch auf Kindergeld um einen monatlichen Anspruch handelt, ist eine Umrechnung auf einzelne Tage unzulässig. Deshalb besteht auch in dem Monat, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet (egal an welchem Tag des Monats) der volle Kindergeldanspruch ohne weitere Anspruchsvoraussetzung (Achtung: Wohnsitz). In diesem Monat müssen für die Tage, an denen das Kind schon 18 Jahre alt ist, nicht die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1–3 EStG vorliegen. ! Praxishinweis: Die Festsetzung des Kindergeldes für ein minderjähriges Kind erledigt sich mit Vollendung des 18. Lebensjahres i.S. von § 124 Abs. 2 AO. Dies folgt daraus, dass ein Kindergeldanspruch gemäß § 63 Abs. 1 i. V .m. § 32 Abs. 3 EStG (zunächst) nur für minderjährige Kinder besteht. Ein Kindergeldanspruch ab der Zeit der Volljährigkeit besteht hingegen nur dann, wenn zusätzlich die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4, 5 EStG gegeben sind.19 17 BFH Urteil v. 23.09.1998, XI R 11/98, BStBl 1999 II, S. 133; BFH Urteil v. 23.09.1998 XI R 9/98, BFH/NV 1999, S. 600. 18 Hessisches FG Urteil v. 28.04.1999 2 K 2872/98. 19 BFH Urteil v. 25.02.2002 VIII R 26/02, HFR 2003, S. 981.
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C.
2
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
D.h., nach Vollendung des 18. Lebensjahres muss Kindergeld neu beantragt werden. [Achtung, dass o.g. Urteil weist noch auf eine Anzeigemöglichkeit (§ 67 Abs. 2 EStG) hin, diese ist aber ab 2000 weggefallen. Zudem werden auch die Familienkassen durch das BZSt angewiesen, dass die in der DA-FamEStG noch geltende Anzeigemöglichkeit nicht mehr angewendet werden soll und in einer neuen DA-FamEStG soll diese nicht mehr erscheinen.] Einkünfte und Bezüge werden bei Kindern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht in Ansatz gebracht. Mithin können diese Kinder über Einkünfte und Bezüge in unbegrenzter Höhe verfügen und sind dennoch zu berücksichtigen.
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! Praxishinweis: Eltern können folglich Kapital auf ihre minderjährigen Kinder verteilen, um so in den Genuss des Pauschbetrages (§ 9 a Nr. 2 EStG) und des Sparerfreibetrages (§ 20 Abs. 4 EStG) für das jeweilige Kind zu kommen. Aber Achtung, im Jahr der Vollendung des 18. Lebensjahres sollte darauf geachtet werden, wie hoch die Kapitalerträge (incl. des genutzten Sparerfreibetrages) sind, da diese auf alle Monate des Jahres gleichmäßig verteilt werden. Insoweit werden sie auch zum Teil den Monaten nach Vollendung des 18. Lebensjahres zugerechnet und könnten somit zur Überschreitung des maßgeblichen Grenzbetrages führen. In diesem Falle sollte, da das Kindergeld wahrscheinlich günstiger ist als die Steuerersparnis durch die Kapitalübertragung, das Kapital vorher vom Kind abgezogen werden.
C.
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Haben die Kinder das 18. Lebensjahr vollendet, sind sie nur noch zu berücksichtigen, wenn sie einen besonderen Anspruchstatbestand erfüllen und den für diesen Zeitraum maßgeblichen Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge nicht überschreiten. Beide Voraussetzungen müssen vorliegen. Sofern eine der beiden Voraussetzungen nicht erfüllt ist, ist die Berücksichtigung des Kindes ausgeschlossen. Dies gilt ab dem Monat, der dem Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres folgt. Der Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres gehört nie zu dem besonderen Anspruchszeitraum, auch nicht für den Teil des Monats, in dem das Kind bereits das 18. Lebensjahr vollendet hatte. Deshalb sind die in diesem Zeitraum zufließenden Einkünfte und Bezüge auf keinen Fall zu berücksichtigen.20
15
! Praxishinweis: Da grundsätzlich Geldgeschenke Dritter (z.B. Oma/Opa, Onkel/Tante usw.) zu den Bezügen eines Kindes zählen (Ausnahme: Kind kann erst nach Wegfall des besonderen Anspruchstatbestandes darüber verfügen), sollten größere Geldzuwendungen bis zum Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres erfolgen. Es ist aber zu beachten, dass die Kapitalerträge dem Kind zugerechnet werden. Die besonderen Anspruchstatbestände sind im § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG abschließend aufgeführt. Danach kann ein Kind nach Vollendung des 18. Lebensjahres nur berücksichtigt werden, wenn es 1. das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder 2. noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und 20 BFH Urteil v. 01.03.2000 VI R 162/98, BStBl 2000 II, S. 459.
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2
§2
2
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
a) für einen Beruf ausgebildet wird oder b) sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Ausland nach § 14 b des Zivildienstgesetzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder c) eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder d) ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres, ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres oder einen Freiwilligendienst im Sinne des Beschlusses Nr. 1031/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2000 zur Einführung des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms „Jugend“ (ABl. EG Nr. L 117 S. 1) oder einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 14 b des Zivildienstgesetzes leistet oder 3. wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist. Hinweis: Mit Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.11.2006 wurde die Einführung des Programms „Jugend in Aktion“ im Zeitraum 2007–2013 (ABl. L 327 S. 30) beschlossen, dessen Bestandteil auch der Europäische Freiwilligendienst ist. Darüber hinaus ist eine Berücksichtigung um den Zeitraum des Verlängerungstatbestandes bei den besonderen Anspruchstatbeständen des § 32 Abs. 4 Satz 1, Nr. 2 a und 2 b EStG möglich, wenn ein Verlängerungstatbestand des § 32 Abs. 5 EStG vorliegt. Bei der Berücksichtigung der behinderten Kinder gilt zwar eine Altersgrenze, wann die Behinderung eingetreten sein muss, jedoch gibt es keine Altersbeschränkung, wie lange Kindergeld festgesetzt werden kann. Eine Berücksichtigung ist folglich solange möglich, wie der besondere Anspruchstatbestand vorliegt. Die Altersgrenzen im § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG sind durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19.07.2006 (BGBl I S. 1652) in das Gesetz aufgenommen worden. Vorher galt in diesen Fällen die Altersgrenze der Vollendung des 27. Lebensjahres. Die Absenkung der Altersgrenze betrifft zunächst alle Fälle des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG, d.h. Kinder N in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG), N in einer Übergangszeit (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG), N ohne Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG) sowie N in einem freiwilligen sozialen/ökologischen Jahr bzw. im europäischen Freiwilligendienst (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG). Zur Absenkung der Altergrenzen wurden im § 52 Abs. 40 EStG Übergangsregelungen getroffen.
26
C.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Diese Übergangsregelungen besagen Folgendes: Kinder, die bis einschließlich 01.01.1982 geboren wurden, können weiterhin bis zur Vollendung des 27. Lebensjahres berücksichtigt werden. Kinder, die bis einschließlich 01.01.1983 geboren wurden, können nur noch bis zur Vollendung des 26. Lebensjahres berücksichtigt werden. Kinder, die ab dem 02.01.1983 geboren wurden, können nur noch bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres berücksichtigt werden. Die Möglichkeit der Ausnutzung eines Verlängerungstatbestands ist der Verschiebung der Altersgrenzen angepasst worden. Die Verlängerungsmöglichkeit beginnt immer an den jeweiligen Altersgrenzen (Vollendung des 25., 26. oder 27. Lebensjahres). Weiterhin sind auch die Fälle des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG betroffen. Allerdings wurde für diesen besonderen Tatbestand keine abschmelzende Regelung geschaffen. D.h. für Kinder, bei denen die Behinderung bis zum 31.12.2006 eingetreten war, gilt die Altersgrenze von der Vollendung des 27. Lebensjahres. In diesen Fällen kann folglich die Behinderung vor der Vollendung des 27. Lebensjahres eingetreten sein. Tritt die Behinderung erst nach dem 31.12.2006, also ab dem 01.01.2007 ein, so gilt ab diesem Zeitpunkt die Altersgrenze der Vollendung des 25. Lebensjahres. Die Behinderung muss demzufolge ab dem 01.01.2007 vor der Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten sein. Neben den besonderen Anspruchsvoraussetzungen dürfen die eigenen Einkünfte und Bezüge der Kinder i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 oder 2 EStG den maßgeblichen Grenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) nicht überschreiten. Der Grenzbetrag ist ein Jahresbetrag, der auf den jeweiligen besonderen Anspruchzeitraum umgerechnet werden muss. Der sich hierdurch ergebende Betrag wird als maßgeblicher Grenzbetrag bezeichnet. Dabei kann auch der Jahresgrenzbetrag der maßgebliche Grenzbetrag sein, nämlich dann, wenn das Kind das gesamte Jahr zu berücksichtigen ist. Kann das Kind nur für einen Teil des Jahres berücksichtigt werden, ist der vom Jahresgrenzbetrag auf die Monate mit der besonderen Anspruchvoraussetzung entfallende Teil zu ermitteln. > Beispiel: Das Kind K befand sich im gesamten Jahr 2006 in Berufsausbildung. Am 18.07.2007 beendet es seine Ausbildung und wird vom Ausbilder in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernommen (besondere Anspruchstatbestände liegen somit ab dem 19.07.2007 nicht mehr vor). Maßgeblicher Grenzbetrag 2006:
7.680,00 €
Maßgeblicher Grenzbetrag 2007:
4.480,00 € [7.680,00 € : 12 Mon. × 7 Mon. (01–07/07)]
Zu beachten ist, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes immer nur insoweit angerechnet werden dürfen, als sie auch auf Zeiträume mit besonderen Anspruchsvoraussetzungen entfallen. Liegen in einem Monat die besonderen Anspruchsvoraussetzungen nicht an allen Tagen vor, so sind die auf diesen Teil des Monats entfallenen Einkünfte und Bezüge nicht anrechenbar (Teilmonat – s. Rn. 79). > Beispiel: Beim dem zuvor dargestellten Beispiel hat das Kind seine Ausbildung am 18.07.2007 abgeschlossen. Das Kind erfüllt in den Monaten Januar – Juli die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG. Da es im Monat 27
2
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Juli 2007 jedoch nur bis zum 18.07.2007 in Berufsausbildung ist, dürfen die Einkünfte und Bezüge nur bis dahin angerechnet werden (Anrechnungszeitraum 01.01.2007 – 18.07.2007).
2
19
Bei der Feststellung, ob ein Kind über das 18. Lebensjahr hinaus berücksichtigt werden kann, gilt das Kalenderjahresprinzip. Dies bedeutet, dass alle Kalendermonate, an denen das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hatte und eine der besonderen Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen hat zu einem Gesamtzeitraum zusammengefasst werden. Dies gilt auch für den Fall, dass die Monate mit besonderen Anspruchsvoraussetzungen unterbrochen sind. > Beispiel: a) Das Kind K (unter 21 Jahre) ist schon seit dem 01.01.2007 als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit gemeldet. K findet ab dem 01.05.2007 ein Dauerbeschäftigungsverhältnis bei der Firma X. K ist vom 01.01.2007 – 30.04.2007 zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Der maßgebliche Grenzbetrag beträgt 2.560,00 € (7.680,00 € : 12 × 4). Der Anrechnungszeitraum für die Einkünfte und Bezüge ist mit dem Zeitraum für den maßgeblichen Grenzbetrag identisch, da kein Teilmonat vorliegt. b) Das Kind K (unter 21 Jahre) ist schon seit dem 01.01.2007 als Arbeitsuchender bei der Agentur für Arbeit gemeldet. K findet vom 14.05.2007 – 30.09.2007 ein Beschäftigungsverhältnis bei der Firma Y. Danach ist K wieder bei der Agentur für Arbeit als Arbeitssuchender gemeldet. K ist vom 01.01.2007 – 31.05.2007 und vom 01.10.2007 – 31.12.2007 zu berücksichtigen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Der maßgebliche Grenzbetrag beträgt 5.120,00 € (7.680,00 € : 12 × 8). Der Anrechnungszeitraum für die Einkünfte und Bezüge ist mit dem Zeitraum für den maßgeblichen Grenzbetrag nicht identisch, da ein Teilmonat (Mai) vorliegt. Die Einkünfte und Bezüge für Mai sind nur bis zum 13.05.2007 anrechenbar. Eine getrennte Betrachtung der Zeiträume ist nicht möglich! ! Praxishinweis: Sofern ein Kind nach Wegfall einer besonderen Anspruchsvoraussetzung innerhalb eines Jahres erneut eine besondere Anspruchsvoraussetzung erfüllt, kann dies Auswirkungen auch für den vorangegangenen besonderen Anspruchszeitraum dieses Jahres haben.
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Da die Betrachtung bei über 18-jährigen Kindern auf das Kalenderjahr abstellt, sind bei jeder Feststellung/Prüfung, ob ein Anspruch auf Kindergeld besteht, folgende Überlegungen anzustellen: 1. Hat/hatte das Kind am 01.01. des Jahres bereits sein 18. Lebensjahr vollendet? Ja: Feststellung der besonderen Anspruchsvoraussetzungen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) ab Januar des betreffenden Jahres. Nein: Die Feststellung, ob die besonderen Anspruchvoraussetzungen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) vorliegen, beschränkt sich auf die Monate nach Vollendung des 18. Lebensjahres. 2. Der maßgebliche Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge ergibt sich aus der Aufteilung des Jahresgrenzbetrages auf die Monate mit besonderen Anspruchsvoraussetzungen. a) Sind alle Kalendermonate mit einer oder mehreren besonderen Anspruchsvoraussetzungen belegt, ergibt sich ein maßgeblicher Grenzbetrag von 12/12. b) Liegen die besonderen Anspruchsvoraussetzung nur in einem oder in mehreren Kalendermonaten des Jahres vor, so ergibt sich der maßgebliche Grenzbetrag durch Kürzung um 1/12 für alle Kalendermonate in den die besonderen Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen. 28
C.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Formel: Jahresgrenzbetrag : 12 (Kalendermonate) × Anzahl der Kalendermonate mit besonderen Anspruchsvoraussetzungen Achtung: Alle Kalendermonate eines Jahres werden zu einem Gesamtzeitraum zusammengefasst!21 3. Liegen die besonderen Anspruchsvoraussetzungen nicht an allen Kalendertagen eines Kalendermonats vor, so sind die Einkünfte und Bezüge nur insoweit zu ermitteln, wie sie auf den Zeitraum der besonderen Anspruchsvoraussetzungen entfallen (Anrechnungszeitraum). 4. Wird der maßgebliche Grenzbetrag nicht überschritten, besteht ein Anspruch auf Kindergeld für alle Kalendermonate des Jahres mit besonderen Anspruchsvoraussetzungen. Bei behinderten Kindern (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG) muss nur die besondere Anspruchsvoraussetzung vorliegen. Diese beinhaltet aber, dass das behinderte Kind sich nicht selbst unterhalten kann. Hierbei wird auf ein spezielles Existenzminimum für behinderte Kinder abgestellt. Dieses setzt sich aus dem maßgeblichen Grenzbetrag und dem Mehrbedarf, der sich aufgrund der Behinderung ergibt, zusammen. Ist das Kind in der Lage sich selbst zu unterhalten, entfällt nicht der Kindergeldanspruch für das ganze Jahr, sondern ab dem Zeitpunkt innerhalb des Jahres, von dem an sich das Kind selbst unterhalten kann (vgl. VI).22
I.
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Kinder ohne Arbeitsplatz
Ein Kind, das noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat und bei der inländischen Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet ist, kann kindergeldrechtlich berücksichtigt werden, wenn es in keinem Beschäftigungsverhältnis steht (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG). Bei der Berücksichtigung eines arbeitsuchenden Kindes müssen demnach zwei Voraussetzungen erfüllt sein, die kumulativ zu sehen sind. D.h. liegt eine der Voraussetzungen nicht vor, entfällt der Anspruch nach dieser besonderen Anspruchsvoraussetzung. Die Berücksichtigung eines arbeitsuchenden Kindes setzt zunächst die Meldung bei der inländischen Agentur für Arbeit voraus. Eine Meldung bei der inländischen Agentur für Arbeit liegt vor, wenn das Kind dort registriert ist. Eine Meldung bei einer staatlichen Arbeitsvermittlung in einem EWR-Staat oder der Schweiz steht der Meldung bei der inländischen Agentur für Arbeit gleich. Jedoch ist eine Arbeitslosmeldung bei einem privaten Arbeitsvermittler im Ausland nicht ausreichend.23 Umstritten ist z.Zt., wie die Meldung bei der Agentur für Arbeit zu erfolgen hat, bzw. ob eine einmalige Meldung ausreichend sein könnte. Die Rechtsprechung des BFH zur alten Definition eines Kindes, das arbeitslos gemeldet ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG bis 31.12.2002), war eindeutig. Ein Kind konnte danach nur berücksichtigt werden, wenn es seine Arbeitsbereitschaft eindeutig dokumentierte. Dies bedeutete, dass das Kind regelmäßig seiner Meldepflicht gemäß § 132 AFG nachkommen musste. Tat es das nicht, entfiel die Berücksichtigung.24 Nach der Neufassung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ab dem VZ 2003 ist für die Berücksichtigung eines Kindes die Meldung bei der Agentur für Arbeit nach dem SGB III notwendig. Nach 21 FG München Urteil v. 25.05.2005 15 K 3078/02, EFG 2006, S. 50. 22 BFH Urteil v. 04.11.2003 VIII R 43/02, BFH/NV 2004, S. 405; BFH Urteil v. 17.02.2004 VIII R 34/03 (NV), BFH/NV 2004, S. 1094. 23 BFH Urteil v. 01.07.2003 VIII R 54/02 (NV), BFH/NV 2003, S. 1562. 24 BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 56/00, BStBl 2004 II, S. 104.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
§ 15 Abs. 2 SGB III sind Personen (Kinder) arbeitsuchend, wenn sie eine Beschäftigung suchen. Hierzu ist durch die Person (Kind) eine Meldung gem. § 122 SGB III bei der inländischen Agentur für Arbeit erforderlich. Durch diese wird der Status arbeitsuchend begründet. Beendet wird der Status des Arbeitsuchenden nach Auffassung des FG Köln nach Maßgabe der Regelungen in § 38 Abs. 4 Satz 1 und 2 SGB III.25 Das Finanzgericht nahm die in § 38 SBG III aufgeführten Regelungen zur Mitwirkung der Arbeitsuchenden als Grundlage für die Dauer der Berücksichtigung. D.h., nur solange die in § 38 Abs. 4 SGB III abschließend aufgeführten Tatbestände vorliegen, wird (werden) (ein) Vermittlungsversuch(e) durch die Agentur für Arbeit durchgeführt. Liegt keine der Voraussetzungen vor, wird (werden) der (die) Vermittlungsversuch(e) eingestellt und der Arbeitsuchende aus der Kartei gestrichen. Erst wenn er sich wieder bei der Agentur meldet (§ 122 SGB III), wird er wieder als Bewerber für die Suche nach einer Beschäftigung geführt. Mithin müssen Kinder, die keine der Voraussetzungen des § 38 Abs. 4 SGB III erfüllen, sich alle drei Monate bei der Agentur für Arbeit melden. Gegenteiliger Auffassung ist das Niedersächsische FG.26 Das Niedersächsische FG sieht keinen Grund dafür, dass sich das Kind, auch wenn es die Voraussetzungen nach § 38 Abs. 4 SGB III nicht erfüllt, nach drei Monaten bei der Agentur für Arbeit melden sollte. Es geht davon aus, dass eine einmalige Meldung ausreichend ist. Nach DA 63.3.1 Abs. 3 DA-FamEStG führt zum Nachweis der Meldung eine Bestätigung der Agentur für Arbeit oder die Vorlage einer Arbeitslosenbescheinigung (§ 38 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB III – solange Arbeitslosengeld beansprucht werden kann, bleibt die Agentur für Arbeit für die Vermittlung zuständig, keine Löschung des Bewerbers) an. Sofern die Agentur für Arbeit eine Löschung vornimmt, weil nach drei Monaten keine Meldung des Kindes erfolgte, wird auch keine Bescheinigung mehr durch die Agentur ausgefüllt. Folglich ist keine Berücksichtigung mehr nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG möglich.
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! Praxishinweis: Solange der BFH nicht eindeutig entschieden hat, ob die einmalige Meldung ausreicht, oder ob sich das Kind nach drei Monaten wieder melden muss, wenn die Voraussetzungen des § 38 Abs. 4 Satz 1 SGB III nicht vorliegen, sollte sich das Kind zur Absicherung des Anspruches alle drei Monate bei der Agentur für Arbeit melden. 24
Neben der Meldung bei der Agentur für Arbeit darf das Kind keiner Beschäftigung nachgehen, so der Gesetzeswortlaut. Die Verwaltungsanweisung widerspricht sich in ihrer Definition, was unter einer Beschäftigung zu verstehen ist. Nach DA 63.3.1 Abs. 1 Satz 2 DA-FamEStG führen geringfügige Beschäftigungen i.S.d. § 8 SGB IV nicht zum Ausschluss der Berücksichtigung. Dies deckt sich auch mit der früheren Einzelweisung vom 29.08.2003 (BfF, BStBl 2003 I, S. 428), die jedoch durch die DA 2004 (BStBl 2004 I, S. 742) aufgehoben wurde. Jedoch wird in DA 63.3.1 Abs. 2 DA-FamEStG nur noch von einer geringfügigen Beschäftigung gesprochen, wenn das durchschnittliche monatliche Entgelt 400,00 € nicht übersteigt. Demzufolge bleibt die Frage offen, ob auch kurzfristige Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV zu nicht schädlichen Beschäftigungen zählen. M.E., dürften auch kurzfristige Beschäftigungen nicht zum Wegfall des Tatbestandes des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG führen, sofern nicht die Einkünfte bzw. Bezüge zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages führen. In diesem Falle dürften dann sogar nur die Monate der kurzfristigen Beschäftigungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IV herausfallen (vgl. IX). 25 FG Köln Urteil v. 19.10.2005 4 K 2103/04, EFG 2006, S. 829; Rev. eingel. BFH III R 4/06. 26 Niedersächsisches FG Urteil v. 17.08.2005 2 K 120/05, EFG 2006, S. 435; Rev. eingel. BFH R 10/06.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Die Berücksichtigung des Kindes ist für jeden Monat möglich an dem zumindest an einem Tag die besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG vorgelegen haben. Eine Berücksichtigung ist auch dann möglich, wenn das Kind wegen einer Erkrankung oder eines Beschäftigungsverbotes nach §§ 3, 6 MuSchG nicht bei der Agentur für Arbeit im Inland gemeldet ist (DA 63.3.1 Abs. 4 DA-FamEStG) (Hinweis: Der Tag der Entbindung gehört weder zur Schutzfirst des § 3 Abs. 2 MuSchG noch zur Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG, aber er steht dieser Betrachtung gleich.). Des Weiteren sind von der Berücksichtigung nicht ausgeschlossen Zeiten, in denen nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet wären (§ 3 Abs. 1 MuSchG). Dies gilt jedoch nur dann, wenn eine Meldung wegen eines der o.g. Tatbestände bei der Agentur für Arbeit nicht möglich gewesen ist und sich das Kind nach Wegfall des Hinderungsgrundes sofort bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend meldet. Erfolgt dies nicht, so ist das Kind für diese Zeit nicht zu berücksichtigen. D.h., die besondere Anspruchsvoraussetzung fällt rückwirkend weg.
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> Beispiel: Das Kind K (20 Jahre) hat seine Ausbildung am 28.06.2006 beendet. Zum Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung befand sich das Kind schon in der Schutzfrist für werdende Mütter gem. § 3 Abs. 2 MuSchG. Eine Meldung bei der Agentur für Arbeit kommt nicht in Betracht. Nach Ablauf der Schutzfrist nach der Entbindung (§ 6 Abs. 1 MuschG) muss sich das Kind sofort – innerhalb des Kalendermonats, in dem die Schutzfrist endet – bei der Agentur für Arbeit melden. Tut dies das Kind nicht, ist eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht möglich. D.h., rückwirkend betrachtet ab dem 01.07.2006 liegt der Tatbestand nicht mehr vor. ! Praxishinweis: Ist das Kind während der Zeit der Inanspruchnahme der Elternzeit nicht arbeitsuchend gemeldet, ist eine Berücksichtigung ausgeschlossen.27 ! Praxishinweis: Befindet sich ein Kind im Strafvollzug, so kann es nicht als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden.28 ! Praxishinweis: Als Nachweis des Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 2 oder § 6 Abs. 1 MuSchG oder der Erkrankung des Kindes ist ein ärztliches Attest (bei Schwangerschaft auch Zeugnis der Hebamme) der Familienkasse und die Erklärung, dass das Kind nach Wegfall der Hinderungsgründe eine Meldung bei der Agentur für Arbeit vornimmt, vorzulegen. Hierdurch kann eine zügigere Bearbeitung erreicht und unnötige Nachfragen verhindert werden. Sollte die Erkrankung länger andauern (über sechs Monate), sind die Familienkassen angehalten, ein amtsärztliches Attest zu verlangen. Dies bedeutet, dass sich das Kind u.U. bei einem von der Familienkasse genannten Arzt vorstellen muss. Über den Zeitpunkt der Vollendung des 21. Lebensjahres hinaus kann ein Kind nur dann gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden, wenn ein Verlängerungstatbestand vorliegt (§ 32 Abs. 5 EStG). Die Verlängerung ist dann vom Monat, der dem Monat der Vollendung des 21. Lebensjahres folgt, für den entsprechenden Zeitraum möglich (vgl. VII).
27 BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 47/02, BStBl 2003 II, S. 848. 28 BFH Beschluss v. 20.12.2001 VI B 123/99 (NV), BFH/NV 2002, S. 492.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: Von der Verlängerungsmöglichkeit ist nur Gebrauch zu machen, sofern keine andere besondere Anspruchsvoraussetzung (§ 32 Abs. 2 Nr. 2 oder 3 EStG) vorliegt. In diesen Fällen ist die andere besondere Anspruchsvoraussetzung zu nutzen, damit der Verlängerungstatbestand nicht aufgebraucht wird und so noch nach der Vollendung des 25. Lebensjahres (Achtung: Übergangsregelungen zur Altersgrenze) zur Verfügung steht und dann erst bei Vorliegen der besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a oder b EStG genutzt werden kann.
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II. 27
Kinder in Berufsausbildung
Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a EStG ist die Ausbildung für einem künftigen Beruf. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Der Vorbereitung auf ein Berufsziel und damit der Berufsausbildung dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind, und zwar unabhängig davon, ob die Ausbildungsmaßnahmen in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben sind.29 Zur Berufsausbildung gehören neben dem Besuch von Allgemeinwissen vermittelnden Schulen wie Grund-, Haupt- und Oberschulen sowie von Fachschulen und Hochschulen auch die Ausbildung in einem berufsbezogenen Ausbildungsverhältnis (z.B. die Ausbildung für einen handwerklichen, kaufmännischen, technischen oder wissenschaftlichen Beruf sowie in der Hauswirtschaft aufgrund eines Berufsausbildungsvertrages oder an einer Lehranstalt, z.B. Haushaltsschule oder Berufsfachschule) (vgl. DA 63.3.2 Abs. 1 Satz 5 DA-FamEStG). Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Ausbildungsmaßnahme in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben ist oder – mangels solcher Regelungen – jedenfalls dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten dienen muss, die für den angestrebten Beruf zwingend notwendig sind. Denn den Eltern und dem Kind kommt bei der Gestaltung der Ausbildung von Verfassungs wegen ein weiter Entscheidungsspielraum zu. Kindern muss daher zugebilligt werden, zur Vervollkommnung und Abrundung von Wissen und Fähigkeiten auch Maßnahmen außerhalb eines fest umschriebenen Bildungsgangs zu ergreifen.30 In Abgrenzung hierzu hat der BFH entschieden, das eine Tätigkeit als Fremdsprachenassistentin, die darin besteht, in Frankreich an einer Schule Deutschunterricht zu erteilen, bei einem Kind, das ein Studium der Politikwissenschaft aufnehmen will, nicht als Teil der Berufsausbildung anzusehen ist.31 ! Praxishinweis: Sollte eine Unsicherheit darin bestehen, ob das Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG zu berücksichtigen wäre, ist zu prüfen, ob nicht die besondere Anspruchvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG vorliegt. In diesem Falle würde sich jegliche Argumentation zur besonderen Anspruchsvoraussetzung nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG erübrigen.
29 BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 33/98, BStBl 1999 II, S. 701. 30 BFH Urteil v. 14.01.2000 VI R 11/99, BStBl 2000 II, S.199. 31 BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 79/99, BStBl 2003 II, S. 843.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit neben der ggf. von der Berücksichtigung ausgeschlossenen Tätigkeit, eine Sprachausbildung zu absolvieren, deren Umfang 10 Wochenstunden umfasst und die mit einem anerkannten Prüfungsabschluss abschließt.32 Es sind auch der Vervollkommnung und Abrundung von Fähigkeiten und Kenntnissen dienende Maßnahmen einzubeziehen, die außerhalb eines geregelten Bildungsganges ergriffen werden und damit über das vorgeschriebene Maß hinausgehen. Es ist nicht erforderlich, dass die Ausbildungsmaßnahme einem im BBiG geregelten fest umrissenen Bildungsgang entspricht, sie in einer Ausbildungs- oder Studienordnung vorgeschrieben ist, auf ein deutsches Studium angerechnet wird oder dem Erwerb von Kenntnissen oder Fähigkeiten dient, die für den angestrebten Beruf zwingend notwendig sind (DA 63.3.2 Abs. 3 DA-FamEStG). Sofern eine berufliche Qualifikation angestrebt wird, zählt diese auch zur Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG, wenn die Weiterbildung im erlernten oder ausgeübten Beruf erfolgt. Die Berücksichtigung eines Kindes ist nicht auf eine Berufsausbildung beschränkt. Eine weitere oder weitere Berufsausbildungen bis zur Höchstberücksichtigung (Altersgrenze) sind möglich. Dies gilt für gleichwertige Berufsausbildungen sowie für weiterführende Berufsausbildungen.
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> Beispiel: K beendet seine Berufsausbildung als Koch im Juni 2006. Nach dieser Ausbildung strebt er noch eine weitere Berufsausbildung zum Hotelfachmann an. Auch für diese weitere Ausbildung ist K i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG zu berücksichtigen. Sofern er noch eine dritte Ausbildung innerhalb der Altergrenze beginnen oder sogar beenden könnte, käme auch hier eine Berücksichtigung in Betracht. Das Gleiche gilt für das Studium. Des Weiteren muss die Ausbildung nicht überwiegend die Arbeitskraft des Kindes binden.33 ! Praxishinweis: Ein Kind, das währen eines Strafvollzuges einer Berufsausbildung nachgeht, ist als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG zu berücksichtigen. Das gleiche gilt, wenn das Kind seine Ausbildung nicht aufnehmen kann, da es in Untersuchungshaft genommen wurde bzw. wegen eines laufenden Strafverfahrens im Ausland nicht ausreisen darf.34 Die Berücksichtigung des Kindes ist für jeden Monat möglich, an dem zumindest an einem Tag die besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG vorgelegen hat. Eine Berücksichtigung ist auch dann möglich, wenn das Kind wegen einer Erkrankung gehindert ist, seine Berufsausbildung aufzunehmen oder fortzusetzen. Der Familienkasse ist hierzu ein Nachweis über die Erkrankung einzureichen. Die DA 63.3.2.7 DA-FamEStG fordert zwar gleich ein amtsärztliches Attest, dies geht aber m.E. zu weit. Ein amtsärztliches Gutachten dürfte nur bei längerer Erkrankung gefordert werden (über sechs Monate; vgl. Erkrankung eines Kindes, das nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt wird). Zudem ist fraglich, ob nicht z.B. einer ärztlichen Bescheinigung eines Spezialisten evtl. sogar mehr Bedeutung zukommen könnte, wie einem amtsärztlichen Attest. Nach Wegfall des Hinderungsgrundes ist die Berufsausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu beginnen oder fortzusetzen. Die Zeit zwischen dem Ende der Erkrankung und dem Beginn 32 BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 143/98, BStBl 1999 II, S. 710. 33 BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 33/98, BStBl 1999 II, S. 701. 34 BFH Urteil v. 20.07.2006 III R 69/04 (NV), BFH/NV 2006, S. 2067.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
oder der Fortsetzung der Berufsausbildung führt ebenfalls zur Berücksichtigung des Kindes entweder nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG (Ausbildung hatte noch nicht begonnen) oder Unterbrechung erfolgte während der Ausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG).
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> Beispiel: a) Berufsausbildung (gewerbliche Ausbildung) Das Kind K erlitt eine schwere Beinfraktur bei einem Motorradunfall im März 2006. K befindet sich in Berufsausbildung zum Bankkaufmann. Die Erkrankung dauert bis zum Dezember 2006 an. Ab Januar 2007 wird K zwar weiter in der Bank beschäftigt, aber den theoretischen Unterricht wird er erst mit dem neuen Lehrjahr fortsetzen (September 2007). K ist auch in der Zeit von Januar – August 2007 als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG zu berücksichtigen. b) Berufsausbildung (Studium) Während des dritten Semesters erkrankt das Kind K im Januar 2006 schwer. Durch diese Erkrankung kann K sein Studium nicht fortsetzten. Die Krankheit ist erst im Juli 2006 ausgeheilt. Ab dem Wintersemester (Oktober 2006) wird K sein Studium fortsetzen. Für die Zeit der Erkrankung und für die Monate August/September ist K ebenfalls als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG zu berücksichtigen. ! Praxishinweis: Die Berücksichtigung während der Erkrankung und der Zeit bis zum nächstmöglichen Fortsetzen der Berufsausbildung ist nur gegeben, wenn auch tatsächlich die Berufsausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortgesetzt wird. Erfolgt dies nicht, so ist die Berücksichtigung nur bis zum Monat der Erkrankung möglich, so dass die Familienkasse die Festsetzung noch rückwirkend aufheben wird. Sofern die Ausbildung wegen der Erkrankung nicht wieder aufgenommen werden kann (z.B. Allergie), ist der Familienkasse mitzuteilen, dass eine dem Erkrankungsbild nicht abträgliche Ausbildung angestrebt wird. Dies hat unverzüglich zu erfolgen, um eine lückenlose Berücksichtigung zu sichern. In diesem Falle wäre dann das Kind wieder ausbildungswillig (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG). Als Nachweis der Erkrankung ist das ärztliche Attest vorzulegen. 30
Zur Berufsausbildung zählen auch die Zeiten einer Unterbrechung wegen eines Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 2 oder § 6 Abs. 1 MuSchG (Hinweis: Der Tag der Entbindung gehört weder zur Schutzfirst des § 3 Abs. 2 MuSchG noch zur Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG, aber er steht dieser Betrachtung gleich.). Des Weiteren kann eine Unterbrechung während der Schwangerschaft vorliegen, in denen bei Fortführung der Ausbildung bzw. des Studiums nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet wären (§ 3 Abs. 1 MuSchG). Zur Berufausbildung werden auch die Zeiten nach Ablauf der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG gerechnet, wenn die Berufsausbildung zum nächstmöglichen Zeitpunkt fortgesetzt wird. Nimmt das Kind im Anschluss an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG jedoch Elternzeit, so endet die Berücksichtigung mit Ablauf des Monats des Endes der Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuSchG. D.h., für die Zeit der Schutzfristen des § 3 Abs. 2 und § 6 Abs. 1 EStG ist das Kind trotzdem zu berücksichtigen. > Beispiel: a) Berufsausbildung (gewerbliche Ausbildung) K entbindet am 18.05.2006. Die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuschG endet am 14.07.2006 (Hinweis: Bei ärztlicher Bescheinigung über eine Frühgeburt verlängert sich die Schutzfrist auf 12 Wochen, gleiches gilt bei Mehrlingsgeburten). Die Berufsausbildung ist spätestens mit Beginn des nächsten Lehrjahres (z.B. September 2006) fortzuset34
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
zen. Nimmt das Kind jedoch erst Elternzeit und setzt die Berufsausbildung später fort, so endet die Berücksichtigung mit Ablauf des Monats Juli 2006.35 b) Berufsausbildung (Studium) aa) K entbindet am 18.05.2006. Die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuschG endet am 14.07.2006. Das Studium ist spätestens mit Beginn des nächsten Semesters (Oktober 2006) fortzusetzen. Nimmt das Kind jedoch erst Elternzeit und setzt das Studium später fort, so endet die Berücksichtigung mit Ablauf des Monats Juli 2006.36 bb) K entbindet am 21.08.2006. Die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuschG endet am 17.10.2006. Das Studium ist spätestens mit Beginn des nächsten Semesters (April 2007) fortzusetzen. Nimmt das Kind jedoch erst Elternzeit und setzt das Studium später fort, so endet die Berücksichtigung mit Ablauf des Monats Oktober 2006. Hinweis: Die DA 63.3.2.7 Abs. 3 Satz 5 und 6 DA-FamEStG ist in diesem Punkt nicht eindeutig zu verstehen. Felix, in Kindergeldrecht § 63 Rn. 67, geht davon aus, dass eine Berücksichtigung nur dann bis zum nächsten Semester möglich ist, wenn nicht mehr wie vier Monate dazwischen liegen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG). Dies würde m.E. zur Ungleichbehandlung von Kinder in gewerblicher Ausbildung und Kindern im Studium führen. Als Nachweis der Schwangerschaft und der Schutzfristen ist vom Kind ein ärztliches Zeugnis durch den behandelten Arzt oder die Hebamme vorzulegen. Die Berechnung der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG erfolgt nach dem vom Arzt oder der Hebamme festgestellten mutmaßlichen Tag der Entbindung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MuSchG). Irrt sich der Arzt oder die Hebamme über den mutmaßlichen Tag der Entbindung, so verkürzt oder verlängert sich die Frist entsprechend (§ 5 Abs. 2 Satz 2 MuSchG). Verkürzt sich die Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuschG, so wird der nicht genutzte Teil an die Schutzfrist des § 6 Abs. 1 MuschG angehangen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 MuschG). Folglich ergibt sich immer eine schutzwürdige Zeit von 14 Wochen und einem Tag [sechs Wochen vor der Entbindung (§ 3 Abs. 2 MuSchG), acht Wochen nach dem Entbindungstag (§ 6 Abs. 1 MuSchG) und der Entbindungstag]. Bei Früh- oder Mehrlingsgeburten verlängert sich die Frist auf 18 Wochen und einen Tag, da sich die Schutzfrist nach § 6 Abs. 1 MuSchG bei Früh- oder Mehrlingsgeburten auf 12 Wochen verlängert. Über den Zeitpunkt der Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus kann ein Kind nur dann gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG berücksichtigt werden, wenn ein Verlängerungstatbestand vorliegt (§ 32 Abs. 5 EStG). Die Verlängerung ist dann vom Monat der dem Monat der Vollendung des 21. Lebensjahres folgt, für den entsprechenden Zeitraum möglich (vgl. VII). Interessante Beispiele für Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG N Vorbereitungsdienst der Lehramts-, Rechtsreferendare N Vorbereitungsdienst bei der Polizei N Berufsausbildung während des Strafvollzuges N Studium neben dem Zivildienst37 N Ausbildung eines Soldaten auf Zeit38 N Offiziersanwärter befindet sich in Berufsausbildung39
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BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 47/02, BStBl 2003 II, S. 848. BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 47/02, BStBl 2003 II, S. 848. BFH Urteil v. 14.05.2002 VIII R 61/01, BStBl 2002 II, S. 807. BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 19/02, BFH/NV 2004, S. 248. BFH Urteil v. 16.04.2002 VIII R 58/01, BStBl 2002 II, S. 523.
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Schulausbildung Zur Schulausbildung gehört jede Art der Ausbildung an allgemein bildenden oder berufsbildenden öffentlichen oder privaten Schulen. Voraussetzung ist, dass das Kind an einer schulischen Einrichtung Wissen und Fähigkeiten vermittelt bekommt, die nach Art und Weise geeignet sind, die Bildung des Kindes zu erhöhen. Zudem muss das Kind in die Organisation der Schule eingebunden sein. Hierzu zählen insbesondere: N Schulausbildung zur Erlangung des Abiturs N Fern- oder Abendabitur N Besuch von Grund-, Haupt- und Oberschulen sowie Fach und Hochschulen im Ausland40 N Besuch von Fach- oder Berufsfachschulen N Teilnahme an Fernschulen (hier erhöhte Leistungsnachweispflicht!) Die Schulausbildung beginnt mit dem offiziellen Schuljahresbeginn. Dieses beginnt am 01.08. eines jeden Jahres. Ende der Schulausbildung ist das offizielle Schuljahresende, das grundsätzlich auf den 31.07. des betreffenden Jahres festgelegt ist. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob z.B. das Abitur zu einem früheren Zeitpunkt abgelegt wurde. ! Praxishinweis: Das offizielle Schuljahresende wird von den jeweiligen Landesregierungen im Schulgesetz geregelt. Z.B. ist in Rheinland-Pfalz das offizielle Schuljahresende für die Abiturstufe der 31.03. eines jeden Jahres (vorgezogene gymnasiale Oberstufe). Die Berücksichtigung des Kindes nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG endet in diesen Fällen zunächst mit dem 31.03. des Jahres. Sofern das Kind die Ausbildung fortsetzen möchte (Studium oder Berufsausbildung) ist dies der Familienkasse spätestens im April des gleichen Jahres anzuzeigen, damit eine lückenlose Berücksichtigung [hier: Kind ohne Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG)] möglich ist, auch wenn die Bewerbung erst später erfolgen kann (z.B. Bewerbung um den Studienplatz ist erst später möglich). ! Praxishinweis: Wird das Kind zum Wehrdienst oder Zivildienst [Achtung – hier muss der Beginn der 01.07. sein (vgl. VII)] im letzten Monat des Schuljahres (Juli) einberufen, dann ist dieser Monat kein Monat der Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG mehr. Als Nachweis für die Schulausbildung ist den Familienkassen, die von der jeweiligen Schule ausgestellte Schulbescheinigung vorzulegen.
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Berufsausbildungsverhältnisse und andere Ausbildungen Ein Berufsausbildungsverhältnis liegt vor, wenn zwischen den Auszubildenden und dem Ausbilder ein Lehrvertrag bzw. Berufsausbildungsvertrag geschlossen wurde. Diese Ausbildungen unterliegen der für die jeweilige Fachrichtung vorgeschriebenen Ausbildungsordnung. In Abgrenzung zu einem normalen Beschäftigungsverhältnis muss ein echtes Ausbildungsverhältnis vorliegen, das planmäßig ausgestaltet ist und sich an einem bestimmten Ausbildungsziel orientiert. Dazu gehört i.d.R., dass ein sachkundiger, verantwortlicher Ausbilder bestellt ist, der den Auszubildenden anleitet, belehrt und ihn mit dem Ziel unterweist, ihm die für den an-
40 BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 34/98, BStBl 1999 II, S. 705.
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gestrebten Beruf notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln (DA 63.3.2.2 Abs. 2 DAFamEStG). Die Berufsausbildung beginnt mit dem ersten Ausbildungstag, der sich aus dem Berufsausbildungsvertrag ergibt. Das Berufsausbildungsverhältnis endet mit Ablauf der Ausbildungszeit (§ 14 Abs. 1 BBiG). Besteht der Auszubildende jedoch vor dem Ablauf der Ausbildungszeit den letzten vorgeschriebene Prüfungsteil, so endet das Ausbildungsverhältnis zu diesem Zeitpunkt (§ 14 Abs. 2 BBiG). Die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses hat dabei grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt zu erfolgen. ! Praxishinweis: Auch reguläre Ausbildungsverhältnisse nach dem BBiG enden abweichend von der Regel des § 14 Abs. 2 BBiG, da die Prüfungsergebnisse erst zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben werden. Grund hierfür sind die Landesprüfungsverordnungen für den jeweiligen Beruf. In diesen wird zum Teil abweichend zum BBiG geregelt, dass alle Prüflinge eines Jahres zu einem bestimmten Tag über das Ergebnis des letzten Prüfungsteils informiert werden. Die Begründung hierfür ist, dass sich alle zum gleichen Zeitpunkt um einen Arbeitsplatz bewerben können. Ggf. ist den Familienkassen eine Bestätigung der Prüfungskommission über die spätere Bekanntgabe (Auszug aus der Prüfungsordnung o.ä.)zur Verfügung zu stellen. ! Praxishinweis: Viele Ausbildungsbetriebe halten sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben. D.h., unabhängig von der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, beschäftigen sie das Kind (den Auszubildenden) bis zum Ende des im Berufsausbildungsvertrag festgelegten Endes als Auszubildenden, zumindest der Entlohnung/Vergütung nach. Dies ist rechtswidrig. Wird das Kind am Tage nach dem offiziellen Ende der Ausbildung weiter beschäftigt, entsteht ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Deshalb kann ein Kind auch nicht über den Monat der Bekanntgabe des letzten Prüfungsteils hinaus als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG berücksichtigt werden. ! Praxishinweis: Berufsausbildungsverhältnisse nach dem Krankenpflegegesetz und dem Hebammengesetz enden erst mit Ablauf der Ausbildungszeit, auch wenn der letzte Prüfungsteil schon vorher absolviert wurde. Dies ist in der besonderen Eigenart des Berufsbildes begründet. Der Gesetzgeber und die Rechtsprechung sind sich einig, dass bei diesen Berufen die Ausbildungszeit völlig ausgeschöpft werden muss, um alle Fähig- und Fertigkeiten des Berufes erlernen zu können. Besteht der Auszubildende die Prüfung nicht, so kommt die Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses bis zur nächsten Wiederholungsprüfung, längstens um ein Jahr in Betracht (§ 14 Abs. 3 BBiG). Hierzu bedarf es eines Vertragsabschlusses über die Verlängerung der Ausbildungszeit. ! Praxishinweis: Der Berufsausbildungsvertrag kann bzw. ist nach dem § 14 Abs. 3 BBiG nach der Rechtsprechung des BAG innerhalb der Jahresfrist nochmals verlängerbar, wenn auch die erste Wiederholungsprüfung nicht bestanden wurde. In Handwerksberufen wird die Berufsausbildung mit bestandener Gesellenprüfung, in anderen Lehrberufen mit der Gehilfenprüfung abgeschlossen. In akademischen Berufen wird die Berufsausbildung regelmäßig mit der Ablegung des – ersten – Staatsexamens oder einer entsprechenden Abschlussprüfung abgeschlossen, es sei denn, dass sich ein ergänzendes Studium, ein Zweitstudium oder ein nach der maßgebenden Ausbildungs- oder Prüfungsordnung vorgeschriebenes Dienstverhältnis oder Praktikum anschließt. Prüfungszeiten gehören zur Berufsausbildung. Eine 37
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Abschlussprüfung gilt als in dem Zeitpunkt bestanden, in dem das festgestellte Gesamtergebnis dem Prüfling offiziell schriftlich mitgeteilt wird. Die Berufsausbildung als Beamtenanwärter endet mit Ablauf des Vorbereitungsdienstes (vgl. aber § 22 Abs. 3 BRRG, § 32 Abs. 2 Satz 2 BBG). Wird die Laufbahnprüfung im Einzelfall erst nach Ablauf des regelmäßigen Vorbereitungsdienstes abgelegt, so endet die Berufsausbildung erst mit diesem Zeitpunkt bzw. mit Ablauf des verlängerten Vorbereitungsdienstes. Eine Volontärtätigkeit, die ein ausbildungswilliges Kind vor Annahme einer voll bezahlten Beschäftigung gegen geringe Entlohnung absolviert, ist als Berufsausbildung anzuerkennen, wenn das Volontariat der Erlangung der angestrebten beruflichen Qualifikation dient und somit der Ausbildungscharakter im Vordergrund steht.41 Weiterhin erfüllt das Kind die besondere Anspruchvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG, wenn es eine durch Unterhaltsgeld oder durch Übergangsgeld geförderte Maßnahme der beruflichen Weiterbildung oder zur beruflichen Eingliederung behinderter Menschen absolviert. Die Verwaltung hat dabei festgelegt, dass bei einer Dauer von sechs Monaten oder länger ohne Weiteres von einer Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG ausgegangen wird. Dauert die Maßnahme kürzer, wird durch die Verwaltung eine genauere Prüfung verlangt. D.h., aus dem Ablaufplan der Maßnahme muss sich ein Ausbildungs- oder Weiterbildungsaspekt ergeben. Des Weiteren zählen auch berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen als Berufausbildung, sofern die Förderung aus der öffentlichen Hand (Bund, Länder oder Gemeinden) kommt.
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! Praxishinweis: Die Kinder sollten sich vom Maßnahmeträger eine Kopie des Programms bzw. des Teils geben lassen, aus dem sich die Förderung und der Inhalt ergeben. Durch die Vielzahl der Programme ist es nicht möglich, dass die Familienkasse jedes einzelne kennt. 36
Praktika Der Vorbereitung auf ein Berufsziel dienen alle Maßnahmen, bei denen es sich um den Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen handelt, die als Grundlagen für die Ausübung des angestrebten Berufs geeignet sind.42 Keine Voraussetzung ist, dass das Praktikum in einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung vorgeschrieben ist. Folgendes ist jedoch zu beachten: 1. Ein vorgeschriebenes Praktikum wird als notwendige fachliche Voraussetzung oder Ergänzung der eigentlichen Ausbildung an einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte ohne weiteres anerkannt (DA 63.3.2.4 Abs. 1 Satz 3 DA-FamEStG). 2. Gleiches gilt für ein durch die Ausbildungs- oder Studienordnung empfohlenes Praktikum sowie für ein Praktikum, das in dem mit der späteren Ausbildungsstätte abgeschlossenen schriftlichen Ausbildungsvertrag oder der von dieser Ausbildungsstätte schriftlich gegebenen verbindlichen Ausbildungszusage vorgesehen ist. 3. In anderen Fällen wird ein Praktikum grundsätzlich nur für eine Dauer von maximal sechs Monaten als Berufsausbildung berücksichtigt. Die Anerkennung kann auch darüber hinaus erfolgen, wenn ein ausreichender Bezug zum Berufsziel glaubhaft gemacht wird. 41 BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 50/98, BStBl 1999 II, S. 706. 42 BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 16/99, BStBl 1999 II, S. 713.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
! Praxishinweis: In allen Fällen sollten der Familienkasse aussagekräftige Praktikumsverträge vorgelegt werden, aus denen sich ein theoretischer Teil ergibt. Ggf. ist eine Begründung beizufügen, warum das Praktikum die entsprechende Dauer hat. Sofern das Praktikum vorgeschrieben oder empfohlen ist, empfiehlt es sich, die entsprechende Vorschrift (Auszug) vorzulegen, um jegliche Nachfragen und Verzögerungen auszuschließen.
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Ferner werden praktische Tätigkeiten als Praktikum anerkannt, die zwar nicht zur Fachausbildung gehören, aber ersatzweise zur Erfüllung der Zugangsvoraussetzungen genügen. Sprachaufenthalte im Ausland Sprachaufenthalte im Ausland können dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem ausbildungswilligen Kind allein überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden. Auslandsaufenthalte im Rahmen von Au-pair-Verhältnissen können daher regelmäßig als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn sie von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Der erforderliche Umfang der Ausbildung richtet sich dabei nach den Gesamtumständen des Einzelfalles.43 Ein begleitender Sprachunterricht von wöchentlich 10 Unterrichtsstunden kann grundsätzlich als ausreichend angesehen werden. Eine geringere Stundenzahl kann im Rahmen einer Gesamtwürdigung ausnahmsweise als unschädlich gewertet werden, wenn der Unterricht der üblichen Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient und das Kind den Prüfungsabschluss anstrebt.44 ! Praxishinweis: Sollte der theoretische Unterricht weniger als 10 Wochenstunden betragen, ist eine Berücksichtigung dennoch möglich. Hierzu bedarf es aber des Nachweises, dass der angestrebte Prüfungsabschluss auch durch z.B. intensive Nachbereitung erreicht werden kann und dies ggf. sogar von der Einrichtung gefordert wird. So hat der BFH entschieden, dass ein Auslandssprachaufenthalt, z.B. im Rahmen eines Au-pairVerhältnisses, der von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht von nur 6 Stunden je Woche begleitet wird und auch nicht der Vorbereitung auf einen anerkannten Prüfungsabschluss dient, ausnahmsweise eine Maßnahme der Berufsausbildung sein kann, wenn der angestrebte Studiengang (z.B. „Internationale Betriebswirtschaftslehre“ an der Europa-Universität in Frankfurt a. d. Oder) zulassungsbeschränkt ist und besondere Sprachkenntnisse erforderlich sind (Sprachtest bei der Aufnahmeprüfung; ferner schriftlicher Nachweis fortgeschrittener Fremdsprachenkenntnisse im Rahmen des Grundstudiums).45 Hingegen erfüllt ein Geschichtskurs von nur 2 ½ Zeitstunden je Woche nicht die erforderlichen Voraussetzungen des theoretisch-systematischen Sprachunterrichts weder in inhaltlicher noch in zeitlicher Hinsicht.46
43 44 45 46
BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 33/98, BStBl 1999 II, S. 701. BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 143/98, BStBl 1999 II, S. 710. BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 24/99 (NV), BFH/NV 2000, S. 27. BFH Urteil v. 19.02.2002 VIII R 83/00, BStBl 2002 II, S. 469.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: Zahlreiche Anbieter von Auslandsprogrammen für Kinder geben in ihren Broschüren Hinweise, dass das Kind während dieser Zeit kindergeldberechtigt ist. Es empfiehlt sich, das Aktionsprogramm nach den zuvor genannten Grundsätzen zu überprüfen. Kann das Kind lediglich im Rahmen des Aufenthaltes oder der Tätigkeit im Ausland Sprachkenntnisse erlernen (also kein theoretisch-systematischer Unterricht), ist davon auszugehen, dass kein Kindergeldanspruch besteht. Wird während eines Teils des Aufenthaltes ein theoretisch-systematischer Unterricht absolviert, besteht allenfalls für diesen Zeitraum ein Anspruch. Sofern das Kind jedoch z.B. schon eine Studienplatzzusage bzw. Ausbildungsplatzzusage hat, oder sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt um eine Ausbildung oder ein Studium beworben hat, erfüllt es die besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG. Das Kind ist dann schon aus diesem Grunde zu berücksichtigen. Eine besondere Anspruchsvoraussetzung ist ausreichend.
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Hochschulausbildung Eine Hochschulausbildung liegt vor, wenn das Kind als ordentlich Studierender an einer Hochschule im In- oder Ausland (Achtung: Wohnsitz!) immatrikuliert ist. Außer dem Hauptstudium können auch Aufbau- oder Ergänzungsstudien berücksichtigt werden, sofern diese zu einer zusätzlichen beruflichen Qualifikation führen und mit einer Prüfung abgeschlossen werden. Als Nachweis ist die Immatrikulationsbescheinigung vorzulegen. Ist da Kind nur Gasthörer, kann es nicht berücksichtigt werden. Anerkannt wird auch ein Fernstudium, wenn die Ausbildung Zeit und Arbeitskraft des Kindes dermaßen in Anspruch nimmt, dass ein greifbarer Bezug zu dem angestrebten Berufsziel hergestellt wird und Bedenken gegen die Ernsthaftigkeit ausgeschlossen werden können. Die Ernsthaftigkeit einer Ausbildung bei Ausbildungsgängen, die keine regelmäßige Präsenz an einer Ausbildungsstätte erfordern (z.B. Fernuniversität, andere Fernlehrgänge), können durch Vorlage von Leistungsnachweisen („Scheine“, Bescheinigungen des Betreuenden über Einreichung von Arbeiten zur Kontrolle) die Ausbildungsfortschritte nachgewiesen werden. Wird das Kind vom Studium beurlaubt (Urlaubssemester) kann es nicht mehr berücksichtigt werden. ! Praxishinweis: Erfolgt die Beurlaubung wegen der Ableistung eines Auslandssemesters, so liegt dennoch eine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG vor. Als Nachweis ist hier die Studienbescheinigung der ausländischen Universität einzureichen. Die Familienkasse kann eine Übersetzung in die deutsche Sprache verlangen, da die Amtssprache deutsch ist (§ 87 AO). Zur Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG gehört auch die Vorbereitung auf eine Promotion, wenn diese im Anschluss an das Studium ernsthaft und nachhaltig durchgeführt wird.47 Die Hochschulausbildung beginnt mit dem offiziellen Semesterbeginn und endet mit dem offiziellen Semesterende. D.h., ein Kind beginnt und beendet mehrmals im Laufe des Studiums das Studium, dies ist aber nur theoretisch, da an dem einen Tag das Studium zu Ende ist (offizielles Semesterende) und am nächsten Tag gleich wieder beginnt (offizieller Semesterbeginn). Mithin
47 BFH Urteil v. 09.06.1999 VI R 92/98, BStBl 1999 II, S. 708; BFH Urteil v. 26.11.2003 VIII R 30/03 (NV), BFH/NV 200, S.1223; BFH Urteil v. 16.03.2004 VIII R 65/03 (NV), BFH/NV 2004, S. 1522.
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C.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
ist das Kind nahtlos in Ausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG. Das Studium wird mit Bestehen des Examens beendet. ! Praxishinweis: Da es zu viele verschiedene Konstellationen für die Ablegung des Examens an den einzelnen Universitäten und mittlerweile sogar unterschiedliche Handhabungen innerhalb einer Universität – je nach Bereich – gibt, kann nur empfohlen werden, dass der Familienkasse eine Bestätigung der Hochschule vorgelegt wird, aus der sich ergibt, wann der letzte Prüfungsteil und die Bekanntgabe erfolgte.
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! Praxishinweis: Für die Prüfungszeiten ist es nicht erforderlich, dass das Kind immatrikuliert ist. D.h., wenn das Kind seine Diplomarbeit schreibt und später verteidigt, kann das Kind auch hier berücksichtigt werden. Allerdings muss die Diplomarbeit ernsthaft betrieben werden. Muss eine Prüfung oder Prüfungsteil wiederholt werden, so zählt diese Vorbereitungszeit ebenfalls zur Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG, wenn sich das Kind zur nächstmöglichen Prüfung einschreibt. Ausnahme: Die Universität bestätigt, dass das Kind die Prüfung erst zu einem späteren Zeitpunkt ablegen soll. Wird das Studium abgebrochen, endet die Berücksichtigung des Kindes grundsätzlich mit Ablauf des Monats des Studienabbruchs.48 ! Praxishinweis: Da ab Folgemonat des Abbruches des Studiums zunächst keine besondere Anspruchsvoraussetzung mehr vorliegt, sollte geprüft werden, ob das Kind ggf. ein anderes Studium oder eine Berufsausbildung ernsthaft in Erwägung zieht. Dann sollte dies der Familienkasse spätestens im Folgemonat des Abbruchs des Studiums mitgeteilt werden, damit ab dem Folgemonat das Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG berücksichtigt werden kann. Hat das Kind noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet, so kann es sich zunächst auch arbeitsuchend bei der Agentur für Arbeit melden, dann liegt die besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG vor.
III.
Kinder in einer Übergangszeit
Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Achtung: Übergangsregelungen zur Altersgrenze), können gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG berücksichtigt werden, wenn sie sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befinden. Als Übergangszeit zählt: 1. Ausbildungsabschnitt zum nächsten Ausbildungsabschnitt 2. Ausbildungsabschnitt zum gesetzlichen Wehrdienst/Zivildienst 3. Gesetzlicher Wehrdienst/Zivildienst zum Ausbildungsabschnitt 4. Ausbildungsabschnitt zur vom gesetzlichen Wehrdienst/Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer/Dienstleistender im Ausland nach § 14 b ZDG 5. vom gesetzlichen Wehrdienst/Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer/ Dienstleistender im Ausland nach § 14 b ZDG zum Ausbildungsabschnitt
48 BFH Urteil v. 17.11.2004 VIII R 56/04, BFH/NV 2005, S. 693.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
6. Ausbildungsabschnitt zur Ableistung eines freiwilligen Dienstes i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG 7. Ableistung eines freiwilligen Dienstes i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG zum Ausbildungsabschnitt Als gesetzlicher Wehrdienst gilt nach H 32.6 EStH auch ein freiwilliger Wehrdienst bis zu drei Jahren.49 Bei der Übergangszeit handelt es sich um vom Kind nicht zu vermeidende Zwangspausen. Eine Übergangszeit ist aber nur gegeben, wenn auf einer Seite immer ein Ausbildungsabschnitt vorliegt. D.h. zwischen der Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes und der Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres kann keine Übergangszeit vorliegen. Des Weiteren liegt eine Übergangszeit bei den Nummern 2, 4 und 6 auch dann vor, wenn das Kind nach Ablauf des jeweiligen Dienstes keine weitere Ausbildung anstrebt.50 > Beispiel: K hat seine Berufsausbildung beendet (Mai). Ab Juli leistet er seinen gesetzlichen Grundwehrdienst ab. Obwohl K nicht vor hat, ein Studium oder eine weitere Ausbildung nach der Ableistung des Wehrdienstes aufzunehmen, liegt eine Übergangszeit zwischen dem Ende der Berufsausbildung und der Ableistung des Wehrdienstes vor. ! Praxishinweis: Vor dem o.g. Urteil ist die Verwaltung davon ausgegangen, dass eine Übergangszeit vor dem Wehrdienst oder Zivildienst nur dann vorliegt, wenn das Kind nach der Ableistung des jeweiligen Dienstes seine Ausbildung fortsetzt. Sollten Familienkassen immer noch dieser Meinung sein, sollten sie auf die jüngste Rechtsprechung hingewiesen werden.
41
Die Übergangszeit ist auf maximal vier Monate begrenzt. Die Vier-Monats-Frist i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG ist nicht taggenau gemäß § 108 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 187, 188 BGB zu berechnen, sondern umfasst vier volle Kalendermonate.51 D.h., fällt im Monat X eine Voraussetzung weg (z.B. Berufsausbildung) und liegt im Monat Y eine Voraussetzung (z.B. freiwilliges soziales Jahr) vor, dürfen zwischen X und Y vier volle Kalendermonate liegen. Die Übergangszeit ist insoweit fasst auf ein „halbes Jahr“ ausdehnbar. > Beispiel: K beendet seine Ausbildung am 02.07.2007. Am 03.12.2007 beginnt sein Zivildienst. Die dazwischen liegende Zeit (August, September, Oktober, November) ist als Übergangszeit anzusehen. ! Praxishinweis: Wird dieser Viermonatszeitraum überschritten, besteht auch nicht für die ersten vier Monate Anspruch darauf, dass das Kind gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG zu berücksichtigen ist. In diesem Falle entfällt die Berücksichtigung des Kindes wegen dieser besonderen Anspruchsvoraussetzung rückwirkend insgesamt.52 Dies gilt selbst dann, wenn z.B. der Einberufungsbescheid vor Ablauf von vier Monaten ergangen ist und das Kind nicht mit einem Überschreiten des Viermonatszeitraums rechnen musste.53 M.E. ist dieser Beschluss auch auf die Fälle anwendbar, 49 50 51 52 53
42
BSG Urteil v. 26.07.1977, Entscheidungen des BSG, Band 44, S. 197. BFH Urteil v. 25.01.2007 III R 23/06, Haufe-Index 1724324. BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 105/01, BStBl 2003 II, S. 847. BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 78/99, BStBl 2003 II, S. 841. BFH Beschluss v. 07.09.2005 III R 30/05, BFH/NV 2006, S. 50.
C.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
wenn sich eine Verschiebung des Wehrdienstes/Zivildienstes oder einer der anderen Tatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG ergibt. ! Praxishinweis: Beginnt der Wehrdienst/Zivildienst oder einer der anderen Tatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG später als vier Monate nach Beendigung der Schulausbildung, so kann das Kind, sofern es noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, berücksichtigt werden, wenn es sich arbeitsuchend gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG meldet.54 Dies bedeutet, dass sich ein Kind, egal ob es den Einberufungsbescheid oder eine andere Zusage schon erhalten hat und der Viermonatszeitraum wahrscheinlich eingehalten wird, sofort nach der Beendigung der Schule arbeitsuchend i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG melden sollte, um zumindest immer nach diesem Tatbestand berücksichtigt werden zu können. (Hinweis: Die Agenturen für Arbeit tun sich schwer damit, diese Kinder als arbeitsuchend zu registrieren – aber bestehen Sie darauf! Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die die Berücksichtigung eines Kindes als arbeitsuchend für diese Fälle untersagt.) Für ein Überschreiten der Viermonatsfrist des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG kommt es auf ein Verschulden nicht an. Entscheidend ist für den Anspruch auf Kindergeldfestsetzung grundsätzlich nur, ob die Übergangszeit vor Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes mehr als vier Monate betragen hat. Das gilt auch für den Fall, dass mit einer Überschreitung der Übergangszeit nicht zu rechnen war und unabhängig davon, ob diese Verzögerung vom Kind zu vertreten ist.55 Die Übergangszeit nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG kann immer wieder zur Anwendung kommen, wenn die Voraussetzungen vorliegen. D.h., sie verbraucht sich nicht, sofern sie schon angewandt wurde, sondern es besteht immer wieder ein neuer Anspruch, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Während einer Übergangszeit (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG) darf das Kind auch eine Erwerbstätigkeit ausüben, die Einkünfte und Bezüge dürfen jedoch nicht dazu führen, dass der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird.56 Die frühere Rechtsprechung des BFH, dass eine Vollzeiterwerbstätigkeit immer zum Wegfall der besonderen Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG führt, ist damit überholt.57
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! Praxishinweis: Durch die geänderte Rechtsprechung des BFH kann ein Kind eine Erwerbstätigkeit während einer Übergangszeit i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG durchführen. Es ist dabei aber darauf zu achten, dass die Einkünfte und Bezüge aus dieser Tätigkeit nicht zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages führen. Dies bedeutet, das Kind sollte lieber eher die Tätigkeit einstellen/beenden, bevor der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird. Denn zumindest der Zeitraum, in dem die Tätigkeit ausgeführt wurde, würde dann von der Familienkasse aufgehoben (vgl. VII). Über den Zeitpunkt der Vollendung des 25. Lebensjahres hinaus kann ein Kind nur dann gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG berücksichtigt werden, wenn ein Verlängerungstatbestand vorliegt (§ 32 Abs. 5 EStG). Die Verlängerung ist dann vom Monat, der dem Monat der Vollendung des 25. Lebensjahres folgt, für den entsprechenden Zeitraum möglich (vgl. VII). 54 55 56 57
BFH Urteil v. 24.08.2004 VIII R 101/03 (NV), BFH/NV 2005, S. 198. FG Hamburg Urteil v. 03.01.2006 III 119/05, Haufe-Index 1499044. BFH Urteil v. 16.11.2006 III R 15/06, BFH/NV 2007, 561. BFH Urteil v. 19.10.2001 VI R 39/00, BStBl 2002 II, S. 481.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Kinder in Wartezeit
Ein Kind, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat (Achtung: Übergangsregelungen zur Altersgrenze), ist gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG zu berücksichtigen, wenn es eine Ausbildung mangels Ausbildungsplatz (z.B. Berufsausbildung, Studium) nicht beginnen oder fortsetzen kann. Dies gilt auch, wenn das Kind bereits eine abgeschlossene Berufsausbildung besitzt und nun einen auf einen neuen Beruf gerichteten Ausbildungswunsch hat. Dabei muss grundsätzlich jeder Berufswunsch des Kindes akzeptiert werden. Insbesondere hat das Kind die Wahlmöglichkeit, bei welcher Ausbildungsstelle es sich bewirbt. Dies ist vor allem bei der Bewerbung um einen Studienplatz von Bedeutung, da sich das Kind nicht bei allen möglichen Einrichtungen (Universitäten) bewerben muss. Es reicht aus, wenn es sich für eine entschieden hat. Dies gilt auch dann, wenn das Studium tatsächlich bei einer anderen Einrichtung zu einem früheren Zeitpunkt beginnen würde oder möglich wäre. Hat das Kind sich bei mehreren Einrichtungen beworben und erhält es zumindest eine Zusage, hat das Kind an dieser Einrichtung die Ausbildung aufzunehmen. Tut es das nicht, liegt kein ernsthaftes Bemühen vor und der Kindergeldanspruch würde rückwirkend entfallen. Die Bemühungen des Kindes um einen Ausbildungsplatz müssen ernsthaft und nachhaltig betrieben werden. Ein ernsthaftes Bemühen des Kindes liegt vor, wenn es sich auf eine zum nächstmöglichen Zeitpunkt beginnende Ausbildung bewirbt und die Zugangsvoraussetzungen erfüllt. Zwar ist jedem Ausbildungswunsch des Kindes grundsätzlich Rechnung zu tragen, aber bewirbt sich das Kind um eine Ausbildungsstelle, für die es objektiv nicht die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, liegt kein ernsthaftes Bemühen i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz1 Nr. 2 c EStG vor.58 Ein ernsthaftes Bemühen des Kindes liegt auch dann nicht vor, wenn es sich zwar über Ausbildungsmöglichkeiten informiert, z.B. bei der Berufsberatung oder Studienberatung, aber sich danach nicht um eine Ausbildungsstelle bewirbt.59 Nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG ist ein Kind auch zu berücksichtigen, wenn es noch keinen Ausbildungsplatz gefunden hat, aber ihm ein Ausbildungsplatz bereits zugesagt wurde, es diesen aber aus schul-, studien- oder betriebsorganisatorischen Gründen erst zu einem späteren Zeitpunkt antreten kann (Hinweis: Der Ausschlussgrund Vollzeiterwerbstätigkeit im Urteil wird nach neuester Rechtsprechung des BFH – vgl. IX – anders definiert, bei dieser Fallkonstellation käme es aber zum selben Ergebnis.).60 Die Berücksichtigung des Kindes ist folglich ab dem Zeitpunkt möglich, zu dem das Kind erkennen lässt, dass es eine Ausbildung aufnehmen möchte. Hierbei ist es unerheblich, wenn die Bewerbung erst zu einem späteren Zeitpunkt zugelassen ist. Wichtig ist, dass die Bewerbung dann auch für die nächstmögliche Ausbildung erfolgt. Erfolgt die Bewerbung nicht, entfällt rückwirkend die besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG. Das Kind könnte dann erst wieder berücksichtigt werden, wenn es wieder seinen Willen ernsthaft bekundet. Gleiches gilt, wenn das Kind eine Absage für die Ausbildungsstelle erhält. In diesem Falle muss es wiederum seinen Willen bekunden, sich für die nächstmögliche Ausbildungsstelle zu bewerben. Tut dies das Kind nicht, ist es aber bis zum Monat der Absage des möglichen Ausbildungsbetriebes berücksichtigungsfähig, da bis zu diesem Zeitpunkt der Ausbildungswille ernsthaft vorlag (Beweis: Bewerbung um die Ausbildungsstelle). 58 BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 71/99 (NV), BFH/NV 2004, S. 473. 59 FG München Urteil v. 05.12.2001 9 K 5403/99, Haufe-Index 671272. 60 BFH Urteil v. 15.07.2003 VIII R 77/00, BStBl 2003 II, S. 845.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
! Praxishinweis: Da es für die Berücksichtigung eines Kindes gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG von größter Bedeutung ist, dass ein ernsthafter Wunsch des Kindes für eine Ausbildung vorliegt, dies aber nicht immer mit einer Bewerbung nachgewiesen werden kann (Bewerbung um einen Ausbildungsplatz ist erst zu einem späteren Zeitpunkt möglich), ist der Familienkasse spätestens nach Wegfall einer anderen besonderen Anspruchsvoraussetzung dieser Wille anzuzeigen. Die Bewerbung kann dann zu dem Zeitpunkt erfolgen, ab dem sie zugelassen ist (z.B. Eröffnung des Vergabeverfahrens der ZVS). Wird der Wille nicht rechtzeitig angezeigt, kann oder können einige Monate verloren gehen, da die Familienkasse einen in der Vergangenheit liegenden Willen ohne Nachweise schwerlich anerkennen kann.
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> Beispiel: Das Kind K beendet seine Schulausbildung mit dem Abitur (offizielles Schuljahresende 31.07.2006). Sein angestrebter Studiengang wird erst wieder im Wintersemester 2007 angeboten. Die Bewerbung kann erst im April (z.B. Eröffnung des Vergabeverfahrens der ZVS) hierfür erfolgen. Um eine lückenlose Berücksichtigung zu erreichen, sofern keine andere besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG vorliegt, muss das Kind der Familienkasse spätestens im August 2006 seinen Studienwunsch anzeigen. Die Familienkasse wird einen Nachweis darüber verlangen, dass das Studium wirklich erst zu diesem Zeitpunkt anfängt. Erfolgt die Anzeige erst später (z.B. im Oktober 2006), kann das Kind in den Monaten August und September nicht berücksichtigt werden, auch nicht als Kind in einer Übergangszeit (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG), da es zwischen dem Ende der Ausbildung und der Bewerbung keine Übergangszeit gibt. Das Kind muss sich auch im Frühjahr 2007, um den Studienplatz bewerben, da ansonsten unterstellt wird, dass doch kein Ausbildungswille vorlag. Die Folge wäre eine rückwirkende Aufhebung zum 01.08.2006 durch die Familienkasse. Erhält das Kind keine Zusage für den Studienplatz um den es sich beworben hat, ist wiederum der Familienkasse anzuzeigen, dass es sich zum nächstmöglichen Zeitpunkt wieder um diesen oder auch einen anderen Ausbildungsplatz bewerben wird. Erhält das Kind eine Zusage, aber erst für das Wintersemester 2008, ist es ohne weiteres bis dahin als Kind ohne Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG) zu berücksichtigen. Bei der Bewerbung um eine gewerbliche Ausbildung ist der Familienkasse zunächst ebenfalls anzuzeigen, dass eine Ausbildung beabsichtigt ist, jedoch ist hier das Kind gefordert durch nachhaltige (laufende) Bewerbungen seinen Berufswunsch zu dokumentieren. Die Registrierung bei der Agentur für Arbeit als ausbildungsplatzsuchendes Kind ist grundsätzlich ausreichend (DA 63.3.4 Abs. 2 Satz 3 DA-FamEStG). Als Nachweis dienen hierzu die von der Agentur ausgestellten Bescheinigungen.61 ! Praxishinweis: Ähnlich wie bei Kindern, die arbeitsuchend gemeldet sind, ist das Kind auch hier gefordert, der Agentur für Arbeit seine Mitwirkung zur Suche nach einem Ausbildungsplatz nachzuweisen (§ 38 Abs. 2 SGB III). Dies bedeutet, dass die Agenturen für Arbeit aufgrund dieser Vorschrift verstärkt versuchen die Kinder zur Eigeninitiative aufzufordern.
61 FG Rheinland-Pfalz Urteil v. 19.04.2006 6 K 2707/05, Haufe-Index 1512032.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Für den Nachweis der Ausbildungswilligkeit bestehen u.a. folgende Möglichkeiten: N schriftlichen Bewerbungen, Zwischennachrichten, Einladungen zu Vorstellungsgesprächen, Ablehnungen62 N schriftliche Bewerbung bei der ZVS N schriftliche Zusagen (Ausbildungsplatz/Studienplatz) N Bescheinigungen der Agentur für Arbeit über die Registrierung als Bewerber um einen Ausbildungsplatz Grundsätzlich ist das Kind ab dem Monat der Bewerbung bzw. der Anzeige, dass es sich bewerben wird, zu berücksichtigen. Ist das Kind zum Zeitpunkt der Bewerbung erwerbstätig, ändert dies grundsätzlich nichts. Während der Wartezeit [Zeitraum in dem das Kind auf einen Ausbildungsplatz wartet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG)] darf das Kind auch eine Erwerbstätigkeit ausüben, die Einkünfte und Bezüge dürfen jedoch nicht dazu führen, dass der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird.63 Die frühere Rechtsprechung des BFH, dass eine Vollzeiterwerbstätigkeit immer zum Wegfall der besonderen Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG führt, ist damit überholt.64 ! Praxishinweis: Durch die geänderte Rechtsprechung des BFH kann ein Kind einer Erwerbstätigkeit während einer Wartezeit i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG nachgehen. Es ist dabei aber darauf zu achten, dass die Einkünfte und Bezüge aus dieser Tätigkeit nicht zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages führen. Dies bedeutet, das Kind sollte lieber eher die Tätigkeit einstellen/beenden, bevor der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird. Denn zumindest der Zeitraum, in dem die Tätigkeit ausgeführt wurde, würde dann von der Familienkasse aufgehoben (vgl. VII).
V. 47
Kinder in einem freiwilligen sozialen bzw. ökologischen Jahr oder im europäischen Freiwilligendienst
Ein Kind, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat (Achtung: Übergangsregelungen zur Altersgrenze), ist gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG zu berücksichtigen, wenn es ein freiwilliges soziales [Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres i.d.F. der Bekanntmachung v. 15.07.2002 (BGBl I S. 2596), geändert durch Art. 18 des Gesetzes vom 09.12.2004 (BGBl I S. 3242)] oder ein freiwilliges ökologisches Jahr [Gesetz zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres i.d.F. der Bekanntmachung v. 15.07.2002 (BGBl I S. 2600), geändert durch Art. 19 des Gesetzes vom 09.12.2004 (BGBl I S. 3242)] oder einen Freiwilligendienst im Sinne des Beschlusses Nr. 1686/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli 1998 zur Einführung des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms „Europäischer Freiwilligendienst für junge Menschen“ (ABl. EG Nr. L 214 S. 1) ableistet. Dies galt vom 01.01.2000–31.12.2006 entsprechend für ein Kind, das einen Dienst aufgrund des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms „Jugend“ (Beschluss Nr. 1031/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2000, ABl. EG Nr. L 117, S. 1) leistet und gilt ab dem 01.01.2007–31.12.2013 für ein Kind, das einen 62 FG München Urteil v. 23.07.2003 9 K 4015/02, Haufe-Index 962731. 63 BFH Urteil v. 16.11.2006 III R 15/06, BFH/NV 2007, 561. 64 BFH Urteil v. 23.02.2006 III R 46/05, BFH/NV 2006, S. 1391.
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C.
2
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Dienst aufgrund des Programms „Jugend in Aktion“ (Beschluss Nr. 1719/2006/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. November 2006, ABl. L 327, S. 30) leistet und seit dem 01.01.2001 für ein Kind, das den anderen Dienst im Ausland nach § 14 b ZDG leistet. Die Dauer des freiwilligen sozialen Jahres und des freiwilligen ökologischen Jahres beschränkt sich in der Regel auf zwölf zusammenhängende Monate. Es muss dabei nicht von vornherein von einer Dauer von zwölf Monate ausgegangen werden. Es ist auch während der Ableistung des freiwilligen sozialen Jahres und des freiwilligen ökologischen Jahres eine Verlängerung bis zu dieser Höchstdauer möglich. Darüber hinaus ist eine Berücksichtigung nur dann möglich, wenn der Dienst im Inland absolviert wird. Dann ist eine weitere Verlängerung um max. sechs Monate zugelassen.
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! Praxishinweis: Das freiwillige soziale Jahr und das freiwillige ökologische Jahr sind auf eine Höchstdauer von zwölf Monaten im (nicht notwendig europäischen) Ausland und achtzehn Monaten im Inland beschränkt. Über diese festgelegten Zeiträume hinaus kann das Kind nicht weiter nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG berücksichtigt werden. Denkbar wäre jedoch, dass sich das Kind inzwischen um eine nächstmögliche Ausbildungsstelle beworben hat und somit nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG, aber nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG zu berücksichtigen ist. Die mehrmalige Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres und eines freiwilligen ökologischen Jahres ist zwar möglich, aber führt zu keiner weiteren Berücksichtigung im Kindergeldrecht. Das gilt nicht, wenn die Höchstdauer von zwölf Monaten [(nicht notwendig europäischen) Ausland] oder achtzehn Monaten (Inland) noch nicht erreicht ist. In diesen Fällen kann eine weitere Berücksichtigung bis zur Höchstdauer erfolgen. Mithin können auch mehrere Dienste bzw. die Arbeit in verschiedenen Projekten berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung des anderen Dienstes im Ausland nach § 14 b ZDG kann auch über eine Dauer von zwölf Monaten hinaus erfolgen. Bei einem Dienst nach § 14 b ZDG handelt es sich um einen Zivildienst im Ausland. An Stelle dieses Zivildienstes, ist es ab dem 01.08.2002 möglich, auch ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr zu leiteten (§ 14 c ZDG). Da diese Dienste gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG zum Anspruch auf Kindergeld führen, führen sie nicht zu einem Verlängerungstatbestand, der Zeitraum wird schon kindergeldrechtlich berücksichtigt.
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! Praxishinweis: Auch wenn neben dem anderen Dienst im Ausland nach § 14 b ZDG oder der Ableistung eines freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahres (§ 14 c ZDG) eine andere besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG vorliegt, besteht keine Möglichkeit für eine Verlängerung des besonderen Anspruchszeitraumes über das 25. Lebensjahr hinaus (Achtung: Übergangsregelungen zur Altersgrenze). Der Nachweis ist durch die zwischen dem bzw. der Freiwilligen und dem Träger vor Beginn geschlossenen schriftlichen Vereinbarung oder durch eine Bescheinigung zu erbringen, die der Träger dem bzw. der Freiwilligen nach Abschluss des Dienstes ausstellt; die Angabe des Zulassungsbescheids (soweit es dessen bedarf) sowie der Zeitraum der Verpflichtung bzw. der Teilnahme müssen hierin enthalten sein (DA 63.3.5 Abs. 2 Satz 5 DA-FamEStG).
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50
2
2
§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Als Träger kommen Verbände und ihre Untergliederungen, die der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege angeschlossen sind, Kirchen, Gebietskörperschaften und sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts in Betracht. Die zuständigen Landesbehörden können weitere Träger zulassen. Fehlt es an dieser Zulassung, ist eine Berücksichtigung nicht möglich.65 Der Träger des freiwilligen sozialen oder freiwilligen ökologischen Jahres muss seinen Sitz im Inland haben. Der Nachweis des Europäischen Freiwilligendienstes ist zu erbringen N durch eine Bescheinigung, die die deutsche Nationalagentur oder die Entsendeorganisation unter Bezugnahme auf das Aktionsprogramm und Angabe der Beteiligten (des Freiwilligen, der Entsendeorganisation und der Aufnahmeorganisation), der Dauer sowie der Projektnummer vor Beginn oder nach Abschluss der Tätigkeit dem Freiwilligen ausstellt oder N durch das Zertifikat über die Ableistung des Dienstes, das die Europäische Kommission nach Abschluss der Tätigkeit dem Freiwilligen ausstellt.
2
! Praxishinweis: In allen Fällen ist darauf zu achten, dass der Familienkasse eine entsprechende Bescheinigung vorgelegt wird. Ohne diesen Nachweis ist eine Berücksichtigung des Kindes ausgeschlossen. Eine Berücksichtigung des Kindes wäre dann jedoch noch denkbar, wenn die Voraussetzungen einer Ausbildung (hier: Praktikum) i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG vorliegen würden.66 51
Das den Kindern während der Ableistung eines der o.g. Dienste gewährte Taschengeld, die freie Verpflegung und Unterkunft stellen Bezüge des Kindes dar. Dabei sind die Bezüge aus der freien Verpflegung und Unterkunft nach der jeweils gültigen SachBezV zu ermitteln. ! Praxishinweis: Das gewährte Taschengeld und die nach der SachBezV anzusetzenden Werte für freie Verpflegung und Unterkunft führen alleine nicht zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages.
VI. 52
Behinderte Kinder
Behinderungen im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG sind von der Norm abweichende körperliche, geistige oder seelische Zustände, die sich erfahrungsgemäß über einen längeren Zeitraum (mehr als sechs Monate) erstrecken und deren Ende nicht absehbar ist. Eine Behinderung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG kann auch dann vorliegen, wenn des Kind an einer Suchtkrankheit (Drogenabhängigkeit, Alkoholismus o.ä.) leidet.67 Krankheiten hingegen, deren Ende von vornherein feststeht (auch wenn sie länger als sechs Monate dauern), zählen nicht zu einer Behinderung i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG. Das Vorliegen einer Behinderung alleine rechtfertigt noch keine Berücksichtigung des Kindes. Neben der Behinderung muss das Kind nach den Gesamtumständen des Einzelfalles wegen der Behinderung außerstande sein, sich selbst zu unterhalten. Dies ist dann gegeben, wenn die Behin65 Hessisches FG Urteil v. 13.01.2005 3 K 2664/04, DStRE 2005, S. 1006; Niedersächsisches FG Urteil v. 13.10.2005 14 K 364/03, NZB. eingel. III B 199/05. 66 FG Hamburg Urteil v. 11.05.2004 III 263/02, Haufe-Index: 1202197. 67 BFH Urteil v. 16.04.2002 VIII R 62/99, BStBl 2002 II, S. 738.
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C.
2
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
derung ursächlich dafür ist, dass das Kind nicht am Erwerbsleben teilnehmen kann und es über keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung des gesamten notwendigen Lebensbedarfs ausreicht. Zur Berücksichtigung eines Kindes als behindertes Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: 1. Nachweis der Behinderung 2. Ursächlichkeit der Behinderung (Keine Teilnahme am Erwerbsleben) 3. Keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Die Voraussetzungen unter Nr. 2 und Nr. 3 sind im Zusammenhang zu sehen. D.h., die Behinderung muss grundsätzlich ursächlich dafür sein, dass sich das Kind nicht selbst unterhalten kann. Nachweis der Behinderung Als Kinder, die wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, kommen insbesondere Kinder in Betracht, deren Schwerbehinderung (§ 2 Abs. 2 SGB IX) festgestellt ist oder die einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (§ 2 Abs. 3 SGB IX). Ein Kind, das wegen seiner Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, kann bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen über das 27. Lebensjahr hinaus ohne altersmäßige Begrenzung berücksichtigt werden (R 32.9 EStR 2005). Eine Einstufung als schwerstpflegebedürftige Person in Pflegestufe III nach dem SGB XI oder diesem entsprechenden Bestimmungen durch den entsprechenden Bescheid gilt als Nachweis der Behinderung. Weiterhin kann der Nachweis der Behinderung auch in Form einer Bescheinigung bzw. eines Zeugnisses des behandelnden Arztes oder eines ärztlichen Gutachtens erbracht werden.68 ! Praxishinweis: Für ein Kind, das wegen seiner Behinderung bereits länger als ein Jahr in einer Kranken- oder Pflegeanstalt untergebracht ist, genügt eine Bestätigung des für die Anstalt zuständigen Arztes hierüber (DA 63.3.6.2 Abs. 2 DA-FamEStG). Die Behinderung muss jedoch vor Vollendung des 27. Lebensjahres (Eintritt der Behinderung bis zum 31.12.2006) oder vor Vollendung des 25. Lebensjahres (Eintritt der Behinderung ab 01.01.2007) eingetreten sein.69 Eine Verlängerung dieser Altersgrenze wegen der Ableistung eines Wehr- oder Zivildienstes, analoge Anwendung des § 32 Abs. 5 EStG, ist nicht möglich.70 > Beispiele: Die Behinderung des Kindes ist im Jahre 2006 eingetreten. Das Kind war zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt. Das Kind kann auch in den Jahren 2007 ff. Berücksichtigung finden. Die Behinderung des Kindes ist im Jahre 2007 eingetreten. Das Kind war zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt. Das Kind kann nicht berücksichtigt werden, da die ab 2007 geltende Altersgrenze von der Vollendung des 25. Lebensjahre überschritten ist. Die Behinderung des Kindes ist im Jahre 2007 eingetreten. Das Kind war zu diesem Zeitpunkt 24 Jahre alt. Das Kind kann berücksichtigt werden.
68 BFH Urteil v. 16.04.2002 VIII R 62/99, BStBl 2002 II, S. 738. 69 BFH Urteil v. 26.07.2001 VI R 56/98, BStBl 2001 II, S. 832. 70 BFH Urteil v. 02.06.2005 III R 86/03, BStBl 2005 II, S. 756.
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2
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: Die im Gesetz verankerte Altersgrenze stellt nur auf den Eintritt der Behinderung ab, nicht etwa auf den Zeitpunkt, zu dem das Kind sich nicht mehr selbst unterhalten kann. Dieser kann auch nach Erreichen der Altersgrenze liegen. Das Kind kann natürlich immer erst dann berücksichtigt werden, wenn alle Voraussetzungen vorliegen.
2
> Beispiel: Die Behinderung des Kindes ist im Jahre 2002 eingetreten. Das Kind war zu diesem Zeitpunkt 26 Jahre alt. Erst im Monat Mai 2008 wird die Voraussetzung erfüllt, dass das Kind keine ausreichende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besitzt. Das Kind ist ab Mai 2008 nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen. Wäre hingegen die Behinderung erst 2007 eingetreten und das Kind hätte zu diesem Zeitpunkt bereits das 25. Lebensjahr vollendet, könnte es nicht mehr berücksichtigt werden. 54
Ist die Behinderung vor der jeweiligen Altersgrenze eingetreten, so besteht ein Anspruch auf Berücksichtigung als Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ohne Altersbeschränkung. Dies gilt selbst dann, wenn zwischendurch kein Anspruch auf Kindergeld bestand, da das Kind sich zwischenzeitlich selbst unterhalten konnte und deshalb die besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG erst im Alter des Kindes wieder eintritt. D.h., die Voraussetzung des sich nicht selbst unterhalten Könnens muss nicht durchgehend vorliegen. ! Praxishinweis: Nach dem BKGG können behinderte Kinder nur bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (Behinderung tritt erst ab 01.01.2007 ein) bzw. 27. Lebensjahres (Behinderung lag am 31.12.2006 schon vor) nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 3 BKGG berücksichtigt werden.
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Ursächlichkeit der Behinderung (keine Teilnahme am Erwerbsleben) Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit ist nicht grundsätzlich auf den Grad der Behinderung rückführbar. So wird zwar i.d.R., die Ursächlichkeit – Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt – zu verneinen sein, wenn der Grad der Behinderung unter 50 v.H. beträgt. Aber auch ein sehr hoher Grad der Behinderung führt nicht gleich dazu, dass eine Ursächlichkeit gegeben ist.71 Vielmehr kommt es auf das Vorliegen weitere Tatsachen an. Die Ursächlichkeit der Behinderung für die Unfähigkeit des Kindes zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit wird grundsätzlich angenommen, wenn N im Ausweis über die Eigenschaft als schwer behinderter Mensch oder im Feststellungsbescheid das Merkmal „H“ (hilflos) eingetragen ist oder72 N der Grad der Behinderung 50 oder mehr beträgt und besondere Umstände hinzutreten, aufgrund derer eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen erscheint (z.B. Unterbringung in einer Werkstatt für behinderte Menschen) oder73 N die Einstufung als Schwerstpflegebedürftiger in Pflegestufe III nach dem SGB XI oder diesem entsprechenden Bestimmungen erfolgt. 71 BFH Beschluss v. 14.12.2001 VI B 178/01, BStBl 2002 II, S. 486. 72 BFH Beschluss v. 14.12.2001 VI B 178/01, BStBl 2002 II, S. 486. 73 BFH Urteil v. 28.01.2004 VIII R 10/03 (NV), BFH/NV 2004, S. 784.
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C.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
! Praxishinweis: Des Weiteren ist ein über 25 Jahre altes Kind, das wegen seiner Behinderung (Grad der Behinderung mindestens 50 v.H.) in Schul- oder Berufsausbildung steht, zu berücksichtigen, da in diesen Fällen die Unfähigkeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit anzunehmen ist. Keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Ein behindertes Kind ist imstande, sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung des gesamten notwendigen Lebensbedarfs ausreicht. Der notwendige Lebensbedarf des behinderten Kindes setzt sich aus einem allgemeinen Lebensbedarf in Höhe des Grenzbetrages nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und dem individuellen behinderungsbedingten Mehrbedarf zusammen.74 Nach dieser Rechtsprechung des BFH ist ein Kind erst dann imstande sich selbst zu unterhalten, wenn es über eine wirtschaftlich Leistungsfähigkeit verfügt, die zur Bestreitung seines gesamten notwendigen Lebensbedarfs ausreicht. Aus diesem Grunde ist ein Vergleich dahingehend anzustellen, was zum einen das Kind für seinen gesamten Lebensbedarf benötigt und zum anderen, über welche finanziellen Mittel es verfügt. Vom gesamten existentiellen Lebensbedarf sind die dem Kind zur Verfügung stehenden Mittel abzuziehen, und nur wenn sich dann keine ausreichend Leistungsfähigkeit des Kindes ergibt, ist das Kind als behindertes Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen. ! Praxishinweis: Die Annahme, dass ein Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, liegt vor, wenn es wegen der Behinderung keiner Erwerbstätigkeit nachgehen kann und auch keine anderen Einkünfte und Bezüge hat.75 Ermittlung des Selbstunterhalts des behinderten Kindes76 Zum gesamten existentiellen Lebensbedarf gehört: 1. der Grundbedarf eines Kindes. Dieser richtet sich nach dem für Alleinstehende orientierten Betrag des Existenzminimums. Folglich ist der jeweilige für das Kalenderjahr festgelegte Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) anzusetzen. 2. der behinderungsbedingte Mehrbedarf des Kindes. Zu diesem behinderungsbedingten Mehrbedarf zählen alle mit der Behinderung typischer Weise zusammenhängenden Aufwendungen (z.B. behinderungsbedingte Geräte, Hilfeleistungen usw.). Erfolgt kein Einzelnachweis, ist der Pauschbetrag für behinderte Menschen (§ 33 b Abs. 3 EStG) anzusetzen. Zum behinderungsbedingten Mehrbedarf zählt auch eine gewährte Eingliederungshilfe. Aus dieser ist jedoch der Betrag für die Verpflegung herauszurechnen, da er schon im Grundbedarf enthalten ist. Weil die meisten Sozialleistungsträger nicht mitteilen können, wie hoch der Betrag ist, ist der Sachbezugswert anzusetzen (§ 1 Abs. 1 Satz 1 SachBezV). Neben der Eingliederungshilfe oder gleichwertiger Leistungen für eine Heimunterbringung kann der Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 EStG nicht berücksichtigt werden, da mit dieser Leistung auch Leistungen getragen werden, die vom § 33 b Abs. 3 EStG erfasst sind. Dagegen sind neben dem Pauschbetrag auch Fahrkosten anzusetzen. Fährt das Kind selbst, kann die Hin- und Rückfahrt, wird das Kind von einem Dritten (z.B. Eltern) gefahren, so 74 BFH Urteil v. 15.10.1999 VI R 40/98, BStBl 2000 II, S. 75; BFH Urteil v. 10.09.1999 VI R 182/98, BStBl 2000 II, S. 79. 75 BFH Urteil v. 14.06.1996 III R 13/94, BStBl 1997 II, S. 173; BFH Urteil v. 12.11.1996 III R 53/95 (NV), BFH/NV 1997, S. 343. 76 BFH Urteil v. 15.10.1999 VI R 40/98, BStBl 2000 II, S. 75; BFH Urteil v. 15.10.1999 VI R 182/98, BStBl 2000 II, S. 79.
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2
§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
können auch die Leerfahrten berücksichtigt werden (R 42 LStR 2007).77 Zu den Fahrtkosten zählen ferner Mehraufwendungen für eine notwendige Begleitperson auf einer Urlaubsreise, wenn die Notwendigkeit einer ständigen Begleitperson nachgewiesen ist. Dabei ist ein Betrag nach § 33 Abs. 2 EStG zu ermitteln.78 Sofern für das Kind Pflegegeld o.a. Leistungen Dritter gezahlt werden, zählen diese ebenfalls zum behinderungsbedingten Mehrbedarf. Der Mehrbedarf setzt sich zum größten Teil aus Beträgen zusammen, die durch Dritte in Form von tatsächlichen Zahlungen geleistet werden. Diese werden bei dem Kind als zur Verfügung stehende Mitteln berücksichtigt. Zu den zur Verfügung stehenden Mitteln zählen: 1. Einkünfte und Bezüge des behinderten Kindes (analog den berücksichtigungsfähigen Kindern n. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG, folglich kein Ansatz von Vermögen)79 2. Eingliederungshilfe 3. Pflegegelder 4. andere Leistungen Dritter (z.B. Fahrtkostenersatz, Bekleidungspauschale) Bleibt nach Abzug der zur Verfügung stehenden Mittel vom Gesamtbetrag des existentiellen Lebensbedarfs ein Restbetrag übrig, so kann das Kind sich nicht selbst unterhalten. Es besteht ein weiterer noch zu deckender Betrag (Restbetrag), der von den Eltern zu tragen ist. Die Höhe des Restbetrages spielt keine Rolle. > Beispiele: 1. ohne Pauschbetrag für Behinderte (§ 33b Abs. 3 EStG; z.B. vollstationäre Unterbringung) existentieller Lebensbedarf Grundbedarf 7.680,00 € 21.565,60 € Kosten der vollst. Unterbringung [24.000,00 € ./. 2.434,40 € Verpflegung n. § 1 Abs. 1 SachBezV 2006 (12 × 202,70 €)] Fahrkosten 1.300,00 € 30.545,60 € 24.000,00 € ./. zur Verfügung stehende Mittel Kosten für vollst. Unterbringung 6.545,60 € Da der Bedarf des Kindes nicht gedeckt ist, es sich insoweit nicht selbst unterhalten kann, besteht ein Kindergeldanspruch. 2. mit Pauschbetrag für Behinderte (§ 33b Abs. 3 EStG; z.B. Kind in Werkstatt für Behinderte, GdB 80) existentieller Lebensbedarf Grundbedarf 7.680,00 € Pauschbetrag für Behinderte 1.060,00 € (§ 33b Abs. 3 EStG)
77 BFH Beschluss v. 02.04.1976 VI B 85/75, BStBl 1976 II, S. 452. 78 BFH Urteil v. 04.07.2002 III R 58/58, BStBl 2002 II, S. 765. 79 BFH Urteil v. 19.08.2002 VIII R 17/02, BStBl 2003 II, S. 88; BFH Urteil v. 19.08.2002 VIII R 51/01, BStBl 2003 II, S. 91.
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Kosten des Werkstattbesuchs {12.000,00 € ./. 580,80 € Verpflegung n. § 1 Abs. 1 SachBezV 2006 [220 × (79,20 € : 30)]} Fahrkosten ./. zur Verfügung stehende Mittel Kosten des Werkstattbesuchs (von einem Dritten getragen) Taschengeld Kapitalerträge (Einkünfte u. Bezüge)
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
11.419,20 €
2 3.400,00 € 23.559,20 €
23.559,20 €
12.000,00 € 1.200,00 € 4.000,00 €
17.200,00 € 6.359,20 € Da der Bedarf des Kindes nicht gedeckt ist, es sich insoweit nicht selbst unterhalten kann, besteht ein Kindergeldanspruch. 17.200,00 €
Bei der Prüfung bzw. Feststellung, ob ein Kind gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen ist, handelt es sich um die Ermittlung, ob diese besondere Anspruchsvoraussetzung vorliegt. Mithin wird geprüft ob der Grundtatbestand (hier: behindertes Kind) vorliegt. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG erfasst die maßgebliche Vorschrift des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG nicht. Deshalb ist nicht das Kalenderjahresprinzip anzusetzen, sondern vielmehr das Monatsprinzip anzuwenden, dass auch bei Feststellung, ob eine andere besondere Anspruchsvoraussetzung vorliegt, maßgebend ist. Die Frage ist also, in welchen Monaten ist das Kind als behindertes Kind im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG zu berücksichtigen bzw. ab welchem Monat ist das Kind in der Lage, dauerhaft sich selbst zu unterhalten. Die Aufhebung darf erst mit dem Monat vorgenommen werden, zu dessen Beginn (am 1. um 00:00 Uhr) das Kind über genügend eigene Mittel auf Dauer verfügt.80 ! Praxishinweis: Das Urteil ist äußerst kritisch dahingehend zu betrachten, dass der BFH einen einmaligen Vermögenszufluss (hier: Nachzahlung einer Rente), als ausreichend ansieht, dass sich das Kind dauerhaft selbst unterhalten kann, zumindest für den Rest des Jahres, in dem die Nachzahlung erfolgte. M.E. ist dies nicht der Fall und dürfte von der Verwaltung auch so nicht praktiziert werden. Zwar kann man dem BFH dahingehend folgen, dass der Vermögenszufluss eine Nachzahlung für eine ansonsten laufende Leistung (Rente) war, aber bei nicht behinderten Kindern wird eine solche Rentennachzahlung in dem Monat angerechnet, in dem sie gewährt wird, egal, ob eine besondere Anspruchsvoraussetzung vorliegt oder nicht. Eine Verteilung dieser Leistung auf alle folgenden Monate schließt der BFH bei nicht behinderten Kindern aus. Es stellt sich deshalb die Frage, warum verteilt er die Rentennachzahlung bei behinderten Kindern auf die restlichen Monate des Jahres? Fazit: In gleichartigen Fällen ist zu empfehlen, sofern die Familienkasse wie der BFH entscheidet, Einspruch einzulegen und ggf. den Klageweg zu beschreiten.
80 BFH Urteil v. 04.11.2003 VIII R 43/02, BFH/NV 2004, S. 405.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: In einer anderen Entscheidung hat der BFH das bei behinderten Kindern anzuwendende Monatsprinzip so ausgelegt, dass der Monat des Zuflusses eines Nachzahlbetrages (wesentlich geringerer Nachzahlbetrag, wie bei dem vorangestellten Praxishinweis), zur Nichtberücksichtigung des Kindes für diesen Monat führt.81 Dies ist aber völlig entgegengesetzt dem Monatsprinzip. Sofern zum Monatsbeginn (01. 00:00 Uhr) das Kind nicht über genügend Mittel verfügte, sich selbst zu unterhalten, ist es für diesen Monat zu berücksichtigen (s.o. Urteil). Folglich kann allenfalls im Folgemonat der Selbstunterhalt vorliegen. Hat das Kind aber im Folgemonat nicht genügend Eigenmittel, ist es auch diesen Monat zu berücksichtigen. Fazit: Einmalige Vermögenszuflüsse innerhalb eines Monats (kann auch der Erste sein) führen nicht dazu, dass das Kind als behindertes Kind i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG berücksichtigt werden kann. Ist an einem Tag des Monats (wenn, der Vermögenszufluss im Laufe des Monats eintritt) zumindest am Ersten des Monats, die besondere Anspruchvoraussetzung erfüllt, zählt dieser Monat zum Anspruchzeitraum. Sind im Folgemonat dann nicht genügend Mittel vorhanden, zählt dieser wieder zu dem besonderen Anspruchszeitraum.
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VII. 58
Verlängerungstatbestände
Unter dem Verlängerungstatbestand wird die Zeit verstanden, in der ein männliches Kind nicht kindergeldrechtlich berücksichtigt werden konnte, da es N einen gesetzlichen Grundwehrdienst nach dem WPflG oder Zivildienst nach dem ZDG geleistet hat oder N sich an Stelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwillig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat oder N eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Abs. 1 des EhfG ausgeübt hat. Dass während des Grundwehrdienstes kein Kindergeld zusteht, hat der BFH eindeutig entschieden.82 Dabei hat er sich auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts gestützt.83 Die Gerichte haben festgestellt, dass die Nichtberücksichtigung eines Kindes während des Grundwehrdienstes verfassungskonform ist. Die Familien, sprich die Eltern, sind in dieser Zeit grundsätzlich nicht mit Unterhalt belastet. Der Grund hierfür ist vor allem, dass der Wehrdienstleistende in dieser Zeit kostenlose Unterkunft, Verpflegung und Heilfürsorge erhält. Eine Ausnahme besteht nur, wenn das Kind während des Grundwehrdienstes oder Zivildienstes eine Berufsausbildung i.S.d. § 32 Abs. 4 Nr. 2 a EStG ernsthaft und nachhaltig betreibt (DA 63.3.2.6 DA-FamEStG).84 ! Praxishinweis: Nach der Rechtsprechung des BFH kann ein Kind während des Grundwehrdienstes oder Zivildienstes kindergeldrechtlich berücksichtigt werden, wenn die besondere Anspruchvoraussetzung der Berufsausbildung vorliegt (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG). Es sollte daher geprüft werden, ob es für den Berechtigten günstig ist, wenn das Kind in dieser Zeit berücksichtigt werden kann. In diesem Falle empfiehlt es sich, ein Augenmerk darauf zu legen, ob das Kind nicht auch während des Grundwehrdienstes oder Zivildienstes einer Berufsausbildung nachgehen könnte. Achtung: Die Verlängerungsmöglichkeit entfällt in diesem Falle (s. Rn. 61). 81 82 83 84
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BFH Urteil v. 17.02.2004 VIII R 34/03 (NV), BFH/NV 2004, S. 1094. BFH Beschluss v. 04.07.2001, VI B 176/00, BStBl 2001 II, S. 675. BVerfG v. 29.03.2004 – 2 BvR 1670/01, 2 BvR 1340/03, DStZ 2004, S. 458. BFH Urteil v. 14.05.2002, VIII R 61/01, BStBl 2002 II, S. 807.
C.
2
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 a und 2 b EStG wird die wegen der o.g. Dienstableistung entgangene Zeit über das 21. oder 25. Lebensjahr (beachte Übergangsregelungen zur Altersgrenze Rn. 17) hinaus berücksichtigt. Die Berücksichtigung erfolgt allerdings nur für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegsdienstverweigerern für die Dauer des inländischen Zivildienstes. D.h., leistet ein Kind eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Abs. 1 EhfG ab, so dauert dieser Dienst zwei Jahre (§ 13 b WPflG und § 14 a ZDG). In diesen Fällen ist trotzdem die Zeit des inländischen Dienstes maßgebend. Die längere Dienstzeit kann nicht berücksichtigt werden. Abzustellen ist auf die Dauer des Dienstes im betreffenden Jahr. Übersicht über die Dauer der gesetzlichen inländischen Grundwehrdienstes/Zivildienstes Zeitraum 01.10.1990 – 31.12.1995 01.01.1996 – 30.06.2000 01.07.2000 – 31.12.2001 01.01.2002 – 30.09.2004 ab 01.10.2004
Grundwehrdienst 12 Monate 10 Monate 10 Monate 9 Monate 9 Monate
2
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Zivildienst 15 Monate 13 Monate 11 Monate 10 Monate 9 Monate
Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem anderen EU- bzw. EWR-Staat geleistet, so ist nach § 32 Abs. 5 Satz 2 EStG die Dauer dieses Dienstes maßgebend, auch wenn dieser länger als die Dauer des entsprechenden deutschen Dienstes ist (DA 63.5 Abs. 5 Satz 4 DAFamEStG). ! Praxishinweis: Die Familienkassen verlangen vom Berechtigten einen entsprechenden Nachweis über die Ableistung des Wehr- oder Zivildienstes des Kindes, damit sie einen Nachweis über die tatsächliche Dauer haben (z.B. beim Wehrdienst mit einer Wehrdienstzeitbescheinigung). Diese Nachweise sollten unaufgefordert dem Antrag beigefügt werden, um unnötige Verzögerungen bei der Bearbeitung zu vermeiden. Der Beginn des Wehrdienstes und des Zivildienstes unterscheiden sich. Der Wehrdienst beginnt immer am 1. eines Monats, auch wenn sich das Kind erst am 2. oder 3. des Monats in die Kaserne begeben muss (so genannter Stellungsbefehl). Der Zivildienst beginnt grundsätzlich mit dem ersten Werktag des Monats. Dies ist häufig nicht der Erste. Deshalb kann hier noch eine besondere Anspruchsvoraussetzung vorliegen (z.B. Übergangszeit – § 32 Abs. 4 Nr. 2 b EStG). Das Ende der beiden Dienste ist gleich. Sie enden erst mit Ablauf des letzten Monats. ! Praxishinweis: Da der Beginn des Zivildienstes nicht immer auf den ersten eines Monats fällt, ist zu prüfen, ob nicht noch ein besonderer Anspruchstatbestand vorliegt. Liegt noch ein besonderer Anspruchstatbestand vor (z.B. Übergangszeit – § 32 Abs. 4 Nr. 2 b EStG), ist darauf zu achten, dass der Monat von der Familienkasse berücksichtigt wird. Die Bezüge dieses Monats aus dem Zivildienstverhältnis zählen nicht zu den Bezügen des Kindes bei der Ermittlung, ob der maßgebliche Grenzbetrag überschritten ist. Es handelt sich um einen Teilmonat.
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60
2
§2 61
2
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Erfüllt ein Kind während der Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes oder Zivildienstes die besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG ist der Verlängerungstatbestand entsprechend zu kürzen. In der Regel liegt die Berufsausbildung am Ende des Grundwehrdienstes oder Zivildienstes vor, in dem sich das Kind z.B. Urlaub aufgespart hat und schon mit dem Studium im letzten Monat beginnt. Aber auch die Möglichkeit, z.B. das Abitur während eines Grundwehrdienstes oder Zivildienstes an einer Volkshochschule nachzuholen, würde den Tatbestand der Berufsausbildung i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG erfüllen. Gleiches gilt für ein Fernstudium. In diesem Falle wären vom Verlängerungstatbestand die Monate zu kürzen, in denen das Kind der Berufsausbildung nachgegangen ist. Dies erfolgt solange, bis kein Verlängerungstatbestand mehr übrig ist (z.B. Abendabitur an der Volkshochschule während des gesamten Zivildienstes). Der Verlängerungstatbestand hat insgesamt nur einmal Auswirkung auf den besonderen Anspruchstatbestand. Er verbraucht sich also. Jeder Monat des Verlängerungstatbestandes, der genutzt werden muss, kürzt den Verlängerungstatbestand um diese Zeit. Dabei wird nicht auf Tage, sondern einen Monat abgestellt, da Kindergeld auf den Monat bezogen geprüft wird. Es kommt nicht darauf an, dass gegenüber dem Berechtigten eine Festsetzung erfolgte. Es genügt das Vorliegen einer besonderen Anspruchsvoraussetzung, damit die Familienkasse eine Kürzung vornehmen muss. Z.B.. ist der Verlängerungstatbestand um einen Monat zu kürzen, für den Monat des Beginns des Zivildienstes, wenn noch ein besonderer Anspruchtatbestand z.B. Übergangszeit (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG) bestanden hat. Gleichgültig ist dabei, ob Kindergeld festgesetzt war. Der materielle Anspruch ist für die Kürzung ausreichend. Da der Verlängerungstatbestand bei der besonderen Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG und bei den besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a und 2 b EStG vorliegen kann, ist eine Berücksichtigung nur insoweit noch möglich, wie er noch nicht verbraucht ist. D.h., wurde ein Teil bereits verwirkt, da der Verlängerungstatbestand wegen des Überschreitens des 21. Lebensjahres (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG) benötigt wurde, ist der verbrauchte Teil vom Gesamtanspruch abzuziehen und nur der restliche Teil kann über das 25. Lebensjahr (Übergangsregelungen beachten!) genutzt werden.85 > Beispiel: Das Kind K absolvierte mit 19½ Jahren (2004) seinen Zivildienst. Die Zivildienstzeit betrug 10 Monate. Der Zivildienst begann am 3. eines Monats. Das Kind hatte zuvor sein Abitur gemacht und wollte studieren. Bewerbungen um einen Studienplatz waren bisher zwecklos. Sofort nach dem Zivildienst erhält K einen Studienplatz. Nach wenigen Monaten bricht er ab. Er meldet sich bei der Agentur für Arbeit zunächst nur arbeitsuchend. Zwei Monate nach seinem 21. Geburtstag bewirbt er sich wieder um einen Studienplatz. Diesen erhält er im zweiten Anlauf. Er wird voraussichtlich über das 25. Lebensjahr hinaus studieren. Aufteilung des Verlängerungstatbestandes: 10 Monate ./. 1 Monat (Monat des Beginns des Zivildienstes) 2 Monate (Zeit als Arbeitsuchender über 21 Jahre) ./. Rest 7 Monate
85 BFH Urteil v. 14.10.2002 VIII R 68/01 (NV), BFH/NV 2003, S. 460.
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C.
2
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Diese restlichen 7 Monate können über das 25. Lebensjahr hinaus Berücksichtigung finden, sofern K da noch studiert (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG) oder sich in einer Übergangszeit befindet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG).
2
! Praxishinweis: Sofern ein Kind über das 21. Lebensjahr berücksichtigt werden soll, ist immer zu prüfen, ob nur der besondere Anspruchstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG vorliegt. Liegt daneben noch ein anderer besonderer Anspruchstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG vor, wird hier kein Verlängerungstatbestand benötigt. Eine Kürzung durch die Familienkasse wäre unzulässig. Der Verlängerungszeitraum beginnt immer mit der Vollendung des 21. oder 25. Lebensjahres (Übergangsregelungen beachten!). Das Ende des Verlängerungszeitraumes ist kein Teilmonat, sofern die besonderen Anspruchsvoraussetzungen über das Ende dieses Monats hinaus weiter vorliegen.
63
> Beispiel: Das Kind K (geb.: 15.10.1985) ist seit dem 10.12.2005 Arbeit suchend gemeldet. K hat seinen gesetzlichen Grundwehrdienst im Kalenderjahr 2004 abgeleistet (9 Monate). Am 14.10.2006 vollendete K sein 21. Lebensjahr. Durch die Ableistung des Grundwehrdienstes kann K bis zum Juli 2007 (Oktober 2006 + 9 Monate) als Kind i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Liegt über den Monat Juli 2007 hinaus bzw. bis zum 31.07.2007 der besondere Anspruchstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG vor, ist der Monat Juli kein Teilmonat. Nur wenn der besondere Anspruchzeitraum innerhalb eines Monats des Verlängerungstatbestandes endet, ist der letzte Monat auch ein Teilmonat. > Beispiel: Das Kind K (geb.: 15.10.1985) ist seit dem 10.12.2005 Arbeit suchend gemeldet. K hat seinen gesetzlichen Grundwehrdienst im Kalenderjahr 2004 abgeleistet (9 Monate). Am 14.10.2006 vollendete K sein 21. Lebensjahr. Durch die Ableistung des Grundwehrdienstes kann K bis zum Juli 2007 (Oktober 2006 + 9 Monate) als Kind i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG berücksichtigt werden. Der besondere Anspruchstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG liegt nur bis zum 13.05.2007 vor, K steht ab 14.05.2007 in einem Anstellungsverhältnis, besondere Anspruchvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG liegen nicht mehr vor. Der Monat Mai ist somit ein Teilmonat.
VIII. Verheiratete Kinder und Kinder mit Kindern Der Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind erlischt grundsätzlich mit der Eheschließung des Kindes, weil er eine typische Unterhaltssituation der Eltern voraussetzt, die nicht mehr besteht, wenn der Ehegatte des Kindes zu Unterhalt verpflichtet ist.86 Ab der Eheschließung bedeutet, dass ab Folgemonat grundsätzlich kein Kindergeldanspruch mehr besteht. Der Monat der Eheschließung gehört zum Anspruchszeitraum.
86 BFH Urteil v. 02.03.2000 VI R 13/99, BStBl 2000 II, S.522.
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2
§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Die Unterhaltspflicht fällt bei den Eltern nicht weg, wenn der Ehegatte zwar Unterhalt gewähren muss, dieser aber nicht ausreicht das Existenzminimum des Kindes zu decken. Dann liegt ein so genannter Mangelfall vor und die Unterhaltsverpflichtung fällt auf die Eltern zurück. Das gleiche gilt für eine eingetragene Lebenspartnerschaft, bei dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen Kindern.
2
! Praxishinweis: Ein Mangelfall liegt z.B. vor, wenn N für den Ehegatte selbst noch Kindergeld gewährt wird oder N der Ehegatte selbst noch in Ausbildung ohne oder mit nur geringem Einkommen ist oder N der Ehegatte arbeitsuchend mit geringem oder ohne Arbeitslosengeld ist oder N das Kind mehr Einkünfte hat wie der Ehegatte oder N der Ehegatte in Elternzeit ist. ! Praxishinweis: Ist der Ehegatte nicht leistungsfähig genug, schmälern die eigenen Unterhaltsleistungen des Kindes für seinen mittellosen Ehegatten nicht die Einkünfte und Bezüge des Kindes, da eine vorrangige Unterhaltspflicht bei den Verwandten des Ehegatten liegt.87 ! Praxishinweis: Ein Mangelfall ist nicht zu prüfen, wenn das Kind ohne Rücksicht auf die Heirat durch eigene Einkünfte und Bezüge innerhalb des besonderen Anspruchszeitraumes über dem maßgeblichen Grenzbetrag liegt. Die Kindergeldfestsetzung wird in diesem Fall nach § 70 Abs. 4 EStG aufgehoben. 65
Ein Mangelfall liegt nicht vor, wenn der Ehegatte leistungsfähig genug ist. D.h., der Ehegatte durch sein Einkommen (besser verfügbares Einkommen) in der Lage ist, dass Kind zu unterhalten. Dabei ist zunächst das verfügbare Einkommen des Ehegatten zu ermitteln. Das verfügbare Einkommen berechnet sich wie folgt: Einnahmen + Bezüge + Steuererstattungen/Steuervergütungen ./. Sozialversicherungsbeiträge o.ä. ./. gezahlte Steuern ./. Werbungskosten o. Betriebsausgaben ./. besondere Ausbildungskosten (bei Ausbildung) ./. gesetzliche Unterhaltsleistungen verfügbares Einkommen ! Praxishinweis: Bei den gesetzlichen Unterhaltsleistungen sind nur die Leistungen für leibliche Kinder und frühere Ehegatten abzugsfähig. Unterhaltsleistungen für die Ehefrau und für Stiefkinder sind nicht zu berücksichtigen.88
87 FG Düsseldorf Urteil v. 14.10.2004 14 K 2996/03 Kg, EFG 2005, S. 53. 88 FG d. Landes Sachsen-Anhalt Urteil v. 04.12.2006 4 K 1015/03, Haufe-Index 1674464.
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C.
2
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Die Ermittlung, ob ein Mangelfall vorliegt, erfolgt nach dem Grundsatz, dass wie bei behinderten Kindern festzustellen ist, ab wann der Ehegatte auf Dauer leistungsfähig genug ist. Es erfolgt insoweit eine monatliche Betrachtung. Aus Vereinfachungsgründen wird jedoch zunächst immer erst auf einen Zeitraum abgestellt; im Jahr der Heirat auf den Folgemonat bis Ende des Jahres, in den Folgejahren auf den Zeitraum, in dem das Kind dem Grunde nach (z.B. Berufsausbildung) zu berücksichtigen wäre. Bei dieser Betrachtungsweise wird unterstellt, dass sich im Jahr nichts gravierend ändert. ! Praxishinweis: So kann der Ehegatte zu Beginn des Jahres ebenfalls noch in Ausbildung mit geringen Einkünften sein. Ein Mangelfall liegt vor. Im Juni beendet er seine Ausbildung und erhält eine sehr gut bezahlte Anstellung. Mit seinem ihm jetzt zur Verfügung stehenden Einkommen kann er das Kind unterhalten. Ab Juli (Folgemonat) liegt kein Mangelfall mehr vor. An dieser Tatsache ändert sich auch nichts, selbst wenn er durch sein ihm jetzt zur Verfügung stehendes Einkommen das Kind auf das gesamte Jahr gesehen unterhalten könnte. Es kommt auf den Zeitpunkt an (Folgemonat), ab dem er dazu in der Lage ist. Die Familienkasse darf deshalb die Kindergeldfestsetzung auch nicht nach § 70 Abs. 4 EStG (Einkünfte/Bezüge) aufheben, sondern nach § 70 Abs. 2 EStG (kein Mangelfall mehr). Bei der Berechnung ist wie folgt vorzugehen: 1. Ermittlung des besonderen Anspruchszeitraumes ab Folgemonat der Heirat 2. Ermittlung des verfügbaren Einkommens des Ehegatten für diesen Zeitraum 3. Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes für diesen Zeitraum 4. verfügbares Einkommen ./. Summe der Einkünfte und Bezüge des Kindes = Differenz 5. Diese Berechnung spiegelt den gesetzlichen unterstellten familiären Ausgleich dar. Von der Differenz ist dem Kind der hälftige Betrag als Bezug zuzurechnen. Dies jedoch nur dann, wenn dem Ehegatten auf das gesamte Jahr gesehen sein Existenzminimum, verbleibt. Das bedeutet, dass sein restliches verfügbares Einkommen zzgl. des hälftigen Betrages plus des anderen verfügbaren Einkommens des Jahres – z.B. vor der Eheschließung oder im Jahr, in dem die besondere Anspruchsvoraussetzung wegfällt –, der restliche Zeitraum des Jahres ausreicht, dass sein Existenzminimum – bezogen auf das gesamte Kalenderjahr – gesichert ist. Ist dies nicht der Fall, ist von der Hälfte, die dem Kind als Bezug zugedacht war, der Betrag noch dem Ehegatten zuzurechnen, der zur Deckung des Existenzminimums benötigt wird. Insoweit kann es vorkommen, dass der gesamte hälftige Betrag noch dem Ehegatten zuzurechnen ist. 6. Der hälftige Betrag bzw. der übrig gebliebene Betrag wird dem Kind als weiterer Bezug (siehe Pkt. 3) für diesen Zeitraum zugerechnet [Achtung Kürzung um die Kostenpauschale (ggf. anteilig) ist möglich, sofern sie nicht schon vorher bei anderen Bezügen berücksichtigt wurde]. 7. Ermittlung des maßgeblichen Grenzbetrages [z.B. Folgezeitraum nach der Eheschließung oder besonderer Anspruchszeitraum in/im Folgejahr(en) der Eheschließung] 8. Sofern die gesamten Einkünfte und Bezüge des Kindes (Pkt. 6) unter dem maßgeblichen Grenzbetrag (Pkt. 7) liegen, liegt ein Mangelfall vor. Ist der maßgebliche Grenzbetrag überschritten, liegt kein Mangelfall vor und die Kindergeldfestsetzung ist nach § 70 Abs. 2 EStG aufzuheben.
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2
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: Bei der Berechnung wurde unterstellt, dass sich innerhalb dieser Zeit an dem zur Verfügung stehenden Einkommen des Ehegatten nichts gravierend ändert. Sollte eine erhebliche Änderung auf Dauer bei dem zur Verfügung stehenden Einkommen des Ehegatten eintreten, ist die dargestellte Berechnung ab den Folgemonat zu wiederholen. Betrachtet wird dann nur der Zeitraum ab Folgemonat der erheblichen Einkommensänderung!
2 67
Die oben dargestellte Verfahrensweise gilt auch bei Kindern, die einen Anspruch auf Unterhalt nach § 1615 Buchst. l BGB gegen den Vater ihres Kindes haben; § 1615 Buchst. l Abs. 4 BGB.89 ! Praxishinweis: Nach Auffassung der Verwaltung erübrigt sich die Prüfung, ob ein Mangelfall vorliegt wenn: N in der Geburtsurkunde kein Vater eingetragen ist, N der Vater selbst Sozialleistungen (z.B. Grundsicherungsleistungen für Arbeitslose) erhält, N ein Unterhaltsvorschuss gezahlt wird (Achtung nur Indiz, d.h. Feststellung, ob der Vater wirklich nicht leistungsfähig ist). Des Weiteren liegt m.E. nach ein Mangelfall vor, wenn N der Vater selber z.B. Student/Auszubildender ist und für ihn Kindergeld festgesetzt ist, oder N der Vater über Einnahmen verfügt, die unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegen. ! Praxishinweis: Werden trotz der Aufforderung der Familienkasse keine Nachweise in allen zuvor dargestellten Fällen vorgelegt, wird die Familienkasse wegen fehlender Mitwirkung die Kindergeldfestsetzung aufheben. Achtung, in diesen Fällen entsteht meist ein negativer Regelungsinhalt. Wird dieser nicht mit Einspruch angegriffen, kann dieser ggf. nicht mehr korrigiert werden. Sofern man noch einen Anspruch durchsetzen möchte, sollte Einspruch eingelegt werden.
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Hat ein zu berücksichtigendes Kind eigene Kinder (= Enkelkinder des Berechtigten), so ist bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes die daraus entstehende Belastung durch den Unterhalt für dieses Kind zu berücksichtigen. Ab dem Jahr 2002 ist neben dem Kinderfreibetrag vom 152 € ein Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung in Höhe von 90 € monatlich zu berücksichtigen (insgesamt 242 €). Im Ergebnis ist damit vom Gesamtbetrag der Einkünfte und Bezüge des Kindes ein Betrag von 242 € abzgl. ½ × 154,00 € = 165 € monatlich, d.h. jährlich 1.980 € abzuziehen. Mit Wirkung ab 01.01.2006 sind Kinderbetreuungskosten von Alleinerziehenden und von Elternpaaren, bei denen beide Partner erwerbstätig sind, wie Werbungskosten abzusetzen [§ 4 f i.V.m. § 9 Abs. 1 EStG – Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.04.2006 (BGBl I S. 1091, BStBl I S. 350)]. Ist nur ein Partner erwerbstätig, können die Kosten nur zwischen dem dritten und sechsten Lebensjahres des Kindes geltend gemacht werden. Danach können zwei Drittel der Kinderbetreuungskosten – bis maximal 4.000,00 € pro Jahr und Kind in Abzug gebracht werden. Diese Kosten werden bei der Veranlagung neben den Freibeträgen für die Kinder nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG angesetzt, folglich außerhalb des Familienleistungsausgleiches.
89 BFH Urteil v. 19.05.2004 III R 30/02, BStBl 2004 II, S. 943.
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C.
2
Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Diese Kosten sind deshalb nach § 4 f i.V.m. § 9 Abs. 1 EStG auch bei der Ermittlung der Einkünfte zu berücksichtigen. > Beispiel: Einkünfte = Einnahmen ./. Werbungskosten ./. Kinderbetreuungskosten
IX.
2
Auswirkungen einer Erwerbstätigkeit
Bevor auf den Begriff der Erwerbstätigkeit näher eingegangen werden kann, ist der Begriff der Vollzeiterwerbstätigkeit zu klären. Der BFH hat in ständiger Rechtsprechung festgehalten, dass Kinder, die in einer Vollzeiterwerbstätigkeit beschäftigt sind, nicht die besonderen Anspruchvoraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b und 2 c EStG erfüllen können. Diese Zeiträume blieben insoweit außen vor. Das BfF (heute BZSt) hat den Begriff der Vollzeiterwerbstätigkeit für die Verwaltung definiert. Danach liegt eine Vollzeiterwerbstätigkeit gem. DA 63.3.2.6 DA-FamEStG 2004 vor, wenn das Kind N eine abgeschlossene Berufsausbildung besitzt (Abitur nicht ausreichend) und N ein Arbeitverhältnis an allen Kalendertagen eines Monat besteht und N die Arbeitzeit ¾ der branchenüblichen, tarifvertraglich festgelegten oder allgemein betriebsintern festgesetzten Arbeitszeit umfasst. Diese Definition geht zurück auf eine Weisung des BfF vom 04.02.2003 – St I 4 – S 2471 – 333/2002 – (BStBl 2003 I, S. 128) und die dieser Weisung zu Grunde liegenden Urteile des BFH.90 Nicht berücksichtigt wurde dabei, dass der BFH zu diesem Zeitpunkt bereits die Voraussetzung einer abgeschlossenen Berufsausbildung nicht für erforderlich gehalten hat.91 Mit einem weiteren Urteil hat der BFH klargestellt, dass das Kind keine abgeschlossene Berufsausbildung besitzen muss, damit eine Vollzeiterwerbstätigkeit vorliegt.92 Gleichzeitig hat der BFH die Auffassung bestätigt, dass eine Vollzeiterwerbstätigkeit nur dann vorliegt, wenn das Arbeitsverhältnis an allen Kalendertagen des Monats besteht. Aussagen zum Umfang der Vollzeiterwerbstätigkeit trafen die Richter nicht. Einen zeitlichen Umfang von nur 50 % hielten sie für nicht ausreichend. Weiterhin hat der BFH bis dahin festgehalten, dass es nicht auf das bezogene Entgelt ankommt. ! Praxishinweis: Durch die Rechtsprechung führte eine Vollzeiterwerbstätigkeit zum Ausschluss der Berücksichtigung eines Kindes im Sinne des § 32 Abs. 4 Nr. 2 b (Übergangszeit) und 2 c (Wartezeit) EStG. Es lag insoweit kein besonderer Anspruchstatbestand während dieser Zeit vor. Das bezogene Entgelt blieb folglich bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge außen vor. Sofern jedoch das Arbeitsverhältnis nicht an allen Kalendertagen eines Monats bestanden hat, lag keine Vollzeiterwerbstätigkeit vor und der gesamte Kalendermonat war grundsätzlich besonderer Anspruchszeitraum. Demzufolge waren die Entgelte bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge zu berücksichtigen. Es handelte sich dann auch nicht um Teilmonate.
90 BFH Urteil v. 19.10.2001VI R 39/00, BStBl 2002 II, S. 481; BFH Urteil v. 23.11.2001 VI R 77/99, BStBl 2002 II, S. 484. 91 BFH Urteil v. 14.05.2002 VIII R 83/98, BFH/NV 2002, S. 1551. 92 BFH Urteil v. 15.09.2005 III R 67/04, BStBl 2006 II, S. 305.
61
70
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2
§2 72
2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Von dem Ausschluss der Berücksichtigung eines Kindes wegen einer Vollzeiterwerbstätigkeit, gleichgültig wie hoch die Einkünfte aus dieser Tätigkeit sind, hat der BFH Abstand genommen.93 Der BFH hat seine Rechtsprechung dahingehend geändert, dass eine Vollzeiterwerbstätigkeit nicht grundsätzlich zur Nichtberücksichtigung des Kindes führt. Vielmehr ist jetzt entscheidend, wie hoch die Einkünfte und Bezüge des Kindes sind. Sofern die Einkünfte und Bezüge aus einer Erwerbstätigkeit nicht dazu führen, dass der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird, ist das Kind weiter zu berücksichtigen. Dies gilt nur für die Zeit (Monate), in der auch ein besonderer Anspruchtatbestand gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a–c EStG vorliegt. Seine geänderte Rechtsauffassung begründet der BFH damit, dass die zuvor getroffene einschränkende Auslegung (Vollzeiterwerbstätigkeit führt automatisch zur Nichtberücksichtigung des Kindes, egal wie hoch die Einkünfte und Bezüge sind) nicht dazu führen darf, dass das Existenzminimum des Kindes bezogen auf das Kalenderjahr bzw. den besonderen Anspruchszeitraum innerhalb des Kalenderjahres nicht entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben durch das Kindergeld oder den Kinderfreibetrag von der Einkommenssteuer freigestellt wird. Folglich ist zunächst zu prüfen, ob die durch die Tätigkeit erzielten Einkünfte und Bezüge, die der BFH jetzt mit Erwerbstätigkeit bezeichnet, dazu führen, dass der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird. Ist dies nicht der Fall, kann das Kind für den gesamten Zeitraum berücksichtigt werden. > Beispiel: Das Kind K (19 Jahre) ist das gesamte Jahr 2006 auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG). Der maßgebliche Grenzbetrag beträgt 7.680,00 € (gesamtes Kalenderjahr). K geht im Zeitraum vom 01.05.2006 – 30.09.2006 einer Erwerbstätigkeit nach. Hierdurch erzielt es Einkünfte und Bezüge von insgesamt 7.000 €. Während der restlichen Zeit des Kalenderjahres hat K keine Einkünfte und Bezüge. K kann das gesamte Kalenderjahr berücksichtigt werden. ! Praxishinweis: Kinder können, sofern ein besonderer Anspruchstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a–c EStG vorliegt, einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Kindergeldrechtlich führt die Erwerbstätigkeit erst dann zum Ausschluss des Kindergeldanspruches, wenn die hierdurch erzielten Einkünfte und Bezüge den maßgeblichen Grenzbetrag überschreiten. Besonders interessant ist dies für Beschäftigte, die unter den Geltungsbereich des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) fallen. Hier würde die Besitzstandszulage Kind wegfallen, wenn nur für einen Monat kein Kindergeldanspruch besteht. D.h., dass Kind kann jetzt wieder einer Erwerbstätigkeit nachgehen (vor der Änderung der Rechtsprechung musste darauf geachtet werden, dass keine Vollzeiterwerbstätigkeit vorlag), die sogar eine Vollzeiterwerbstätigkeit i.S. der Rechtsprechung des BFH ist, sofern die Einkünfte und Bezüge aus dieser nicht zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages führen. Es empfiehlt sich daher immer darauf zu achten, ob der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird, sodass die Erwerbstätigkeit rechtzeitig eingestellt werden kann. ! Praxishinweis: Da das Urteil für alle offenen Zeiträume angewendet werden kann, ist zu prüfen, ob ggf. noch Zeiträume vorliegen, in denen das Kind einer Erwerbstätigkeit (auch Vollzeiterwerbstätigkeit) nachgegangen ist, aber eine besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a–c EStG vorlag und die Familienkasse hierüber noch nicht oder nur zum Teil entschieden hat. 93 BFH Urteil v. 16.11.2006 III R 15/06, BFH/NV 2007, 561.
62
C.
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Berücksichtigung von Kindern über 18 Jahren
Wird der maßgebliche Grenzbetrag überschritten, hat die Familienkasse den Zeitraum der Erwerbstätigkeit (nur die vollen Kalendermonate, analog der Rechtsprechung zur Vollzeiterwerbstätigkeit) aus dem besonderen Anspruchzeitraum herauszunehmen. Im zweiten Schritt wird ermittelt, ob der nunmehr maßgebliche Grenzbetrag durch die übrig gebliebenen Einkünfte und Bezüge (ohne Erwerbstätigkeit) überschritten wird. Ist dies nicht der Fall, hat der Berechtigte für sein Kind wenigsten einen Kindergeldanspruch für den verbleibenden besonderen Anspruchszeitraum gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a–c EStG.
2
> Beispiel: Das Kind K (19 Jahre) ist das gesamte Jahr 2006 auf der Suche nach einen Ausbildungsplatz (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG). Der maßgebliche Grenzbetrag beträgt 7.680,00 € (gesamtes Kalenderjahr). K geht im Zeitraum vom 01.05.2006– 30.09.2006 einer Erwerbstätigkeit nach. Hierdurch erzielt es Einkünfte und Bezüge von insgesamt 10.000 €. Während der restlichen Zeit des Kalenderjahres hat K keine Einkünfte und Bezüge. Da der maßgebliche Grenzbetrag überschritten ist, ist der Zeitraum der Erwerbstätigkeit aus dem besonderen Anspruchszeitraum herauszunehmen. Der nunmehr maßgebliche Grenzbetrag beträgt 4.480,00 € (Jan.–April und Okt.–Dez.). Da K hier keine Einkünfte und Bezüge hatte, kann K in den Monaten Januar–April und Oktober–Dezember berücksichtigt werden. Nachdem der BFH nur die vollen Kalendermonate beim Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages aus der Betrachtung herausnimmt, ist die Frage offen, was mit den Einkünften aus einer Erwerbstätigkeit wird, sofern die Erwerbstätigkeit innerhalb eines Kalendermonats beginnt oder endet. Da der BFH bei seiner Begründung darauf abgestellt hat, dass die aus einer Erwerbstätigkeit erzielten Einkünfte und Bezüge nicht dazu führen dürfen, dass ein Kind für die restlichen im Kalenderjahr vorliegenden besonderen Anspruchszeiträume gem. § 23 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a–c EStG nicht berücksichtigt werden kann, ist ein solcher geteilter Monat im Zweifelsfalle als Teilmonat (Rn. 79) zu betrachten.
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> Beispiel: Das Kind K (22 Jahre) befindet sich bis zum 16.06.2006 in einer Berufsausbildung. Aus der Berufsausbildung erzielte es Einkünfte und Bezüge von insgesamt 4.950,00 €. Schon während der Berufsausbildung hat sich K um ein Studium beworben. Dieses beginnt am 01.10.2006. Während des Studiums werden keine Einkünfte und Bezüge erzielt. In der dazwischen liegenden Zeit erfüllt K deshalb die besonderen Anspruchsvoraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b und 2 c EStG. Der maßgebliche Grenzbetrag beträgt demzufolge 7.680,00 €. Vom 19.06.2006 – 30.09.2006 geht K einer Erwerbstätigkeit nach (Einkünfte und Bezüge hieraus 8.000,00 €). Durch die Einkünfte aus der Erwerbstätigkeit wird der Grenzbetrag von 7.680,00 € (gesamtes Kalenderjahr) mit 12.950,00 € (4.950,00 € + 8.000,00 €) überschritten. Die vollen Kalendermonate der Erwerbstätigkeit sind aus dem besonderen Anspruchszeitraum herauszunehmen. Bleibt der Zeitraum Januar – Juni und Oktober – Dezember übrig. Der maßgebliche Grenzbetrag bezogen auf diesen Zeitraum beträgt 5.760,00 € (9/12 v. 7.680,00 €). Im Monat Juni liegen zum Teil Zeiten einer Erwerbstätigkeit vor. Von den gesamten Einkünften und Bezügen aus der Erwerbstätigkeit entfallen hierauf 1.000,00 €. Würden diese bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge für diesen Zeitraum berücksichtigt, würde dies mit 5.950,00 € (4.950,00 + 1.000,00 €) zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages (5.760,00 €) führen. Die 1.000,00 € sind analog eines Teilmonats herauszurechnen. Die Einkünfte und Bezüge belaufen sich dann nur auf 4.950,00 € und damit ist der maßgebliche Grenzbetrag (5.760,00 €) nicht überschritten. K ist in den Monaten Januar – Juni und Oktober – Dezember zu berücksichtigen. Nachdem der BFH vom Begriff der Vollzeiterwerbstätigkeit zum Begriff der Erwerbstätigkeit übergegangen ist, führt eine Erwerbstätigkeit nur dann zur Nichtberücksichtigung eines Kindes, sofern ein besonderer Anspruchstatbestand gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a–c EStG vorliegt, wenn die Einkünfte und Bezüge aus der Erwerbstätigkeit den maßgeblichen Grenzbetrag überschrei63
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
ten. Erwerbstätigkeit bedeutet, dass einer Beschäftigung nachgegangen wird, die auf die Erzielung von Einkünften gerichtet ist und die den Einsatz der persönlichen Arbeitskraft erfordert.94 Eine Erwerbstätigkeit liegt danach auch vor, wenn nur einer geringfügigen Beschäftigung oder einem so genannten Minijob nachgegangen wird. Voraussetzung ist lediglich, dass die Tätigkeit einen zeitlichen Umfang von 10 Stunden pro Woche hat. Laut der Verwaltung zählen zum einen die Vermögensverwaltung (umstritten) und zum anderen die Liebhaberei nicht zur Erwerbstätigkeit. Mit dem Urteil zur Erwerbstätigkeit ist auch das Problem der Erwerbstätigkeit von Studenten während der Semesterferien geklärt. Sollte ein Kind, das den besonderen Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG erfüllt, einer Erwerbstätigkeit nachgehen und dies zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages führen, sind auch hier die vollen Kalendermonate mit Erwerbstätigkeit herauszunehmen (vgl. Rn. 72). ! Praxishinweis: Sollten Sudenten z.B. in den Semesterferien einer Erwerbstätigkeit nachgehen und die hierdurch erzielten Einkünfte und Bezüge zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages führen, führt dies nur zum Wegfall des Kindergeldanspruches für die vollen Kalendermonate der Erwerbstätigkeit.
D. 76
Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
Bei der Berücksichtigung der über 18-jährigen Kinder muss nicht nur eine besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG vorliegen, sondern die Einkünfte und Bezüge dürfen dabei einen festgelegten Wert [Grenzbetrag bzw. maßgeblicher Grenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 und 7 EStG)] nicht überschreiten. Hierbei handelt es sich um einen exakt festzulegenden Grenzwert. D.h., wird der betreffende Betrag auch nur um einen einzigen Euro überschritten, so besteht kein Kindergeldanspruch. Für den umgekehrten Fall bedeutet dies jedoch nicht, dass dieser maßgebliche Grenzbetrag um einen Euro unterschritten sein muss, um einen Anspruch auf das Kindergeld auszulösen. Vielmehr darf er nicht überschritten werden. Eine Punktlandung auf dem maßgeblichen Grenzbetrag ist demzufolge ausreichend. Deshalb entscheidet im Extremfall ein Euro über den Anspruch (Jahresanspruch) von max. 1.848,00 € (1.–3. Kind) oder 2.148,00 € (ab 4. Kind) bzw. einen sich wegen der Berücksichtigung eines Kindes ergebenden Zählkindvorteil (300,00 €). ! Praxishinweis: Die Einkünfte- und Bezügeermittlung ist aus diesem Grund von enormer Bedeutung. In Grenzfällen sollte deshalb ein besonderes Augenmerk darauf gelegt werden, auch im Laufe des Jahres bzw. des besonderen Anspruchszeitraumes immer wieder eine Hochrechnung der Einkünfte und Bezüge vorzunehmen. Wird dabei festgestellt, dass evtl. der maßgebliche Grenzbetrag überschritten werden könnte, können im laufenden Jahr bzw. innerhalb des besonderen Anspruchszeitraumes z.B. noch Werbungskosten oder besondere Ausbildungskosten entstehen. Ist das Jahr abgelaufen bzw. der besondere Anspruchszeitraum beendet, so können jetzt keine abzugsfähigen Aufwendungen mehr für diesen Zeitraum anfallen. D.h., spätestens kurz vor Ablauf des besonderen Anspruchszeitraumes sollten die Einkünfte und Bezüge überprüft werden. Sofern ein geringes Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages festgestellt wird, dass mit Aufwendungen (z.B. Werbungs94 BFH Urteil v. 16.05.1975 VI R 143/73, BStBl 1975 II, S. 537.
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D.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
kosten, besondere Ausbildungskosten) vermieden werden könnte, sollten diese Aufwendungen vor Ablauf des besonderen Anspruchszeitraumes getätigt werden.
I.
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Grenzbetrag/maßgeblicher Grenzbetrag
Hat ein Kind das 18. Lebensjahr vollendet, kann es kindergeldrechtlich nur noch berücksichtigt werden, wenn ein besonderer Anspruchstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 EStG vorliegt und die Einkünfte und Bezüge des Kindes einen festgelegten Grenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) im Kalenderjahr nicht überschreiten. Der Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG hat sich wie folgt entwickelt: 1996, 1997 12.000 DM 1998 12.360 DM 1999 13.020 DM 2000 13.500 DM 2001 14.040 DM 2002 7.188 Euro 2003 7.188 Euro 2004 7.680 Euro 2005 7.680 Euro 2006 7.680 Euro 2007 7.680 Euro Dieser Grenzbetrag stellt auf die Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland ab. Hat das Kind seinen Wohnsitz außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, so ist der Grenzbetrag an die Verhältnisse des Wohnsitzstaates des Kindes anzupassen (zu mindern) (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG). Die Minderung erfolgt dabei nach der vom Bundesministerium der Finanzen herausgegebenen Ländergruppeneinteilung (Berücksichtigung ausländischer Verhältnisse). Zuletzt wurde die Liste mit Schreiben des BMF von 17. Oktober 2003 – IV C 4 – S 2285 – 50/03 – (BStBl 2003 I, S. 647) herausgegeben.
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! Praxishinweis: In der vom Bundesministerium der Finanzen ab 1. Januar 2004 neu gefassten Ländergruppeneinteilung – BStBl 2003 I S. 637 ff. – sind zwar die EU-Staaten verschiedenen Ländergruppen zugeordnet worden, jedoch ist aufgrund der Höherrangigkeit des supranationalen EU-/EWR-Rechts die Ländergruppeneinteilung nicht auf § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG anzuwenden, wenn es um den Kindergeldanspruch geht. § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG kommt insoweit nicht zur Anwendung. Der „Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge“ ist daher nicht zu kürzen, sondern es ist stets der für die Bundesrepublik Deutschland festgelegte Wert anzusetzen. Erhalten Kinder im Ausland einen Teil ihrer Einkünfte und Bezüge in Form von Sachbezügen, sind die Werte der Sachbezugsverordnung ebenfalls in voller Höhe anzusetzen (Auszug aus BfF vom 25.05.2004, BStBl 2004 I, S. 510). Der Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist ein Jahresbetrag. Da nicht in allen Fällen ein über 18-jähriges Kind das gesamte Kalenderjahr zu berücksichtigen ist, ist der Grenzbetrag an die tatsächlichen Verhältnisse anzupassen.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Der den tatsächlichen Verhältnissen angepasste Grenzbetrag ist der auf den Einzelfall bezogene maßgebliche Grenzbetrag. Der maßgebliche Grenzbetrag ergibt sich, in dem der Grenzbetrag (§ 32 Abs. 4 Satz 2 EStG) für jeden Kalendermonat um je 1/12 gekürzt wird (§ 32 Abs. 4 Satz 7 EStG), in dem keine besondere Anspruchvoraussetzung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) vorgelegen hat. Diese Kalendermonate werden als Kürzungsmonate bezeichnet. Ein Kürzungsmonat liegt demzufolge vor, wenn nicht an einem Tag im Kalendermonat eine besondere Anspruchvoraussetzung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) gegeben war. Der Zeitraum in dem die besonderen Anspruchvoraussetzungen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) vorlagen, wird als Anspruchzeitraum bezeichnet. Allgemeine Berechnungsformel für den maßgeblichen Grenzbetrag:
2
x
/12 × z.B. 7.680,00 € = maßgeblicher Grenzbetrag in € (x = Anzahl der Kürzungsmonate) > Beispiel: K (22 Jahre) befand sich bis zum Juli in Ausbildung zur Krankenschwester (Hinweis: Bei Krankenschwestern dauert die Ausbildung immer exakt drei Jahre, auch wenn die Prüfungen vorher abgelegt worden sind). Der Ausbildungsbetrieb (Krankenhaus) übernahm K in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom August desselben Jahres. K kann in den Monaten Januar–Juli berücksichtigt werden (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG). Der maßgebliche Grenzbetrag beträgt deshalb 7/12 des Grenzbetrages des betreffenden Jahres. 79
Kalendermonate, in denen die besonderen Anspruchvoraussetzungen (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) nicht an allen Tagen des Kalendermonats vorliegen, werden als Teilmonate bezeichnet. Es sind folglich Kalendermonate zum einen mit Tagen an denen eine der besonderen Anspruchsvoraussetzung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG) vorliegt, und zum anderen mit Kalendertagen, an denen eben keine besonderen Anspruchvoraussetzungen vorliegen. Diese Kalendermonate gehören zwar nicht zu den Kürzungsmonaten, sind aber für die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge von größter Bedeutung. Die Einnahmen und Bezüge, die auf den Teil des Monats entfallen in dem keine besondere Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, zählen nicht bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge mit (§ 32 Abs. 4 Satz 6 EStG). Der um den Teil des Monats, in dem keine besonderen Anspruchsvoraussetzungen gegeben waren, gekürzte Anspruchszeitraum wird als Anrechnungszeitraum bezeichnet. Der Anrechnungszeitraum ist demzufolge der Zeitraum, für den die Einkünfte und Bezüge zu ermitteln sind. Liegt innerhalb des Anspruchszeitraumes kein Teilmonat vor, so sind Anspruchszeitraum und Anrechnungszeitraum identisch. Teilmonate liegen in der Regel bei der Beendigung der Ausbildung vor, da die meisten Ausbildungsverhältnisse grundsätzlich nicht mit Ablauf des Ausbildungsvertrages enden, sondern mit Bestehen des letzten Prüfungsteils, irgendwann im Laufe des Monats. Ein weiteres typisches Beispiel wäre der Wechsel von der Arbeitslosigkeit (Arbeit suchendes Kind) in ein Beschäftigungsverhältnis. Auch hier beginnt das Beschäftigungsverhältnis nicht immer zum ersten des Monats (Achtung: Arbeitsvertrag ist maßgebend, nicht die tatsächliche Aufnahme). Kein Teilmonat liegt jedoch vor bei Vollendung des 18. Lebensjahres (DA 63.4.1.1 Abs. 6 Satz 4 DA-FamEStG). Grund hierfür ist, dass für diesen Monat Anspruch auf Kindergeld nach § 32 Abs. 3 EStG besteht (gegenteilige Ausfassung Glanegger in: Schmidt, EStG Kommentar 25. Aufl., § 32 Rn. 29).
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
> Beispiel: K (23 Jahre) befand sich bis zum 15. Juni (mündliche Prüfung) in Ausbildung zum Installateur. Der Ausbildungsbetrieb übernahm K in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitszeit von 39 Stunden mit Wirkung vom Juli desselben Jahres. K kann in den Monaten Januar–Juni berücksichtigt werden (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG). Der maßgebliche Grenzbetrag beträgt deshalb 6/12 des Grenzbetrages des betreffenden Jahres. Die Einkünfte und Bezüge, die dem maßgeblichen Grenzbetrag gegenübergestellt werden, sind jedoch nur bis einschließlich 15.06. des Jahres zu ermitteln. ! Praxishinweis: Die Verwaltung ermittelt die Einkünfte und Bezüge in der Regel für den gesamten Anspruchszeitraum, also auch die Einkünfte und Bezüge für die Teilmonate zunächst komplett. Dies ist eine Vereinfachungsregel für die Verwaltung, um nicht den Teilmonat in Dreißigstel (Monat wird zu 30 Tagen angesetzt, Jahr mit 360 Tagen) aufteilen zu müssen, da in den meisten Fällen ein Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages nicht vorliegt. Übersteigen die Einkünfte und Bezüge den maßgeblichen Grenzbetrag, hat die Familienkasse genau (Monat zu 30 Tagen) zu rechnen (DA 63.4.2.10 Abs. 3 DA-FamEStG). Schema der Ermittlung des Zeitraumes für den maßgeblichen Grenzbetrag, Anspruchszeitraum und den Anrechnungszeitraum: Kind in Berufsausbildung § 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG
01.01. J
15.06. F
M
A
M
J
J
Anspruchszeitraum
Anrechnungszeitraum
15.06. 30.06.
01.01. maßgeblicher Grenzbetrag
01.01.
S
O
N
D
Vereinfachungsregel 30.06.
01.01.
A
30.06.
DA 63.4.2.10 DA-FamEStG Die Einkünfte und Bezüge werden für den geteilten Monat zunächst insgesamt ermittelt. Wird der Grenzbetrag nicht überschritten, kann Kindergeld festgesetzt werden. Bei Überschreiten des Grenzbetrages ist eine genaue Zuordnung im Teilmonat notwendig.
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§2
II. 2
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Einkünfte
Alle der Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte sind auch im Kindergeldrecht bei der Ermittlung, ob der maßgebliche Grenzbetrag überschritten ist, zu berücksichtigen. Zu den zu berücksichtigenden Einkünften zählen deshalb alle Einkunftsarten gem. § 2 Abs. 1 EStG, folglich: 1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, 2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb, 3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit, 4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, 5. Einkünfte aus Kapitalvermögen, 6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, 7. sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. Die Einkünfte sind aufzuteilen in Gewinneinkünfte und Überschusseinkünfte. Dabei sind die Gewinneinkünfte (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 EStG) die N Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), N Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) und N Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 EStG). ! Praxishinweis: Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist der Einkommensteuerbescheid des Kindes kein Grundlagenbescheid im Hinblick auf die Festsetzung des Kindergeldes.95 Das BZSt hat jedoch die Familienkassen bei der Ermittlung der Einkünfte aus den Gewinneinkunftsarten und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung angewiesen, sofern hierzu der Einkommensteuerbescheid vorgelegt wird, die Angaben aus diesem hierzu zu übernehmen. Aus diesem Grund wird der Anspruchsberechtigte/das Kind unter Pkt. 5–6 zu den allgemeinen Hinweisen zum Vordruck KG 7 a (Erklärung zu den Einkünften und Bezügen) aufgefordert, diese Einkünfte durch Vorlage des Einkommensteuerbescheides glaubhaft zu machen. Zu den Überschusseinkünften (§ 2 Abs. 2 Nr. 2) zählen die N Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG), N Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG), N Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) und N sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 EStG. ! Praxishinweis: Einnahmen, die nach § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei sind, zählen auch nicht in der Höhe bis zum Höchstbetrag (z.Zt. 1.848,00 €) zu den Bezügen eines Kindes (DA 63.4.2.2 Abs. 3 Nr. 1 DA-FamEStG).
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Zu den Einkünfte zählen insbesondere: 1. Einkünfte aus einem Berufsausbildungsverhältnis Zu den Einkünften zählen auch die Sonderzuwendungen, wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Sonderzuwendungen sind den Ausbildungsmonaten zuzuordnen, wenn sie während der Be95 BFH Urteil v. 23.11.2001 VI R 125/00, BStBl 2002 II, S. 296; BFH Beschluss v. 27.02.2006 III B 4/05, BFH/NV 2006, S. 1055.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
rufsausbildung zufließen; fließen sie dagegen während der Kürzungsmonate zu, sind sie nicht in die Einkünfte und Bezüge des Kindes einzubeziehen.96 > Beispiel: Das Kind K befindet sich bis zum 20.07. in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG). Anschließend wird es in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis übernommen (kein Kindergeldanspruch mehr). K erhält im Juni ein Urlaubsgeld und im November ein Weihnachtsgeld. Das Urlaubsgeld ist bei der Ermittlung der Einkünfte voll (Verteilung auf alle Ausbildungsmonate – auch Juli, der im o.g. Streitfall ausgelassene Monat, war zu dieser Zeit ein Kürzungsmonat, seit 2002 sind Kürzungsmonate nur die Monate, an denen an keinem Tag die besondere Anspruchsvoraussetzung vorliegt) zu berücksichtigen, da es in den Ausbildungsmonaten zugeflossen ist. Das Weihnachtsgeld bleibt außen vor. Eine Besonderheit gibt es bei der Verteilung des Urlaubs- und Weihnachtsgeldes in dem Kalenderjahr, in dem das Kind das 18. Lebensjahr vollendet und schon vor der Vollendung des 18. Lebensjahres in einer gewerblichen Berufsausbildung gewesen ist. In diesen Fällen wird, ein gezahltes Urlaubs- und Weihnachtsgeld auf alle Monate der Ausbildung verteilt, sofern die Sonderzuwendung nach der Vollendung des 18. Lebensjahres zugeflossen ist.97 ! Praxishinweis: Fließt die Sonderzuwendung in diesen Fällen im Zeitraum vor der Vollendung des 18. Lebensjahres zu, so ist sie nicht in die Ermittlung, auch nicht anteilig, einzubeziehen. ! Praxishinweis: Überzahltes Arbeitsentgelt während der Berufsausbildung, das zur Überschreitung des maßgeblichen Grenzbetrages führt, ist dem Arbeitgeber sofort, d.h. noch im laufenden Jahr zurückzuzahlen. Erfolgt dies nicht, wird dieses zu viel gezahlte Entgelt bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge berücksichtigt.98 ! Praxishinweis: Ein Verzicht auf zunächst gewährte tarifliche Entgeltbestandteile (z.B. vermögenswirksame Leitungen, Sonderzuwendungen) führt nicht zur Nichtberücksichtigung bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge.99 Zumindest im Hinblick auf die vermögenswirksamen Leistungen sollte von vornherein geprüft werden, ob bei Erhalt dieser, der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird. In diesem Falle sollte kein Vertrag abgeschlossen werden, auf den der Arbeitgeber dann vermögenswirksame Leistungen gewähren müsste. 2. Einkünfte aus einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit Einkünfte aus einer selbständigen oder nichtselbständigen Tätigkeit werden bei der Ermittlung, ob der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird, berücksichtigt, sofern sie in einem besonderen Anspruchszeitraum zufließen, auch wenn sie nicht unmittelbar im Zusammenhang mit der besonderen Anspruchsvoraussetzung stehen. Dies könnte z.B. der Fall sein, wenn das Kind auf einen Ausbildungsplatz wartet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG) oder das Kind studiert (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG) und nebenbei einer Beschäftigung nachgeht. Die Entgelte aus der Beschäftigung werden durch die Familienkasse berücksichtigt. 96 97 98 99
BFH Urteil v. 12.04.2000 VI R 34/99, BStBl 2000 II, S. 464. BFH Urteil v. 11.12.2001 VI R 113/99, BStBl 2002 II, S. 684. BFH Urteil v. 22.05.2002 VIII R 74/99 (NV), BFH/NV 2002, S. 1430. BFH Urteil v. 11.03.2003 VIII R 16/02, BStBl 2003 II, S. 746; FG Baden-Württemberg Urteil v. 09.12.2003 6 K 130/02, EFG 2004, 734.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: Einnahmen aus einer geringfügigen Beschäftigung, auch sofern der Arbeitgeber die Sozialabgaben und die Steuer pauschal abführt, werden dem Kind zugerechnet. Zwar nicht als Einkünfte, aber als Bezug (die pauschal abgeführten Leistungen bleiben unberücksichtigt). 3. Vermögenswirksame Leistungen Vermögenswirksame Leistungen zählen grundsätzlich zu den Einkünften des Kindes. Werden sie einmal durch den Arbeitgeber aufgrund eines durch das Kind abgeschlossenen Vertrages geleistet, so kann das Kind nicht durch Auflösung des Vertrages erreichen, dass diese nicht mehr angerechnet werden. Hierbei handelt es sich dann um einen unzulässigen Verzicht auf Entgeltbestandteile.100 ! Praxishinweis: Deshalb sollte im Hinblick auf die vermögenswirksamen Leistungen von Anfang an geprüft werden, ob bei Erhalt dieser der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird. In diesem Falle sollte kein Vertrag abgeschlossen werden, auf den der Arbeitgeber dann vermögenswirksame Leistungen gewähren müsste. 4. Einkünfte aus Kapitalvermögen Die Einkünfte aus Kapitalvermögen sind dem Kind anzurechnen. Zur Anrechnung kommt ferner der durch das Kind ausgenutzte Sparerfreibetrag (§ 20 Abs. 4 EStG) und bei Dividenden der steuerfreie Anteil nach § 3 Nr. 40 d EStG. Diese Beträge werden jedoch als Bezug des Kindes gewertet. > Beispiel: Zinsen – Pauschbetrag § 9 a Nr. 2 EstG – Sparerfreibetrag Einkünfte § 20 EStG gesamt
Beispiel 2003 1.800,00 € 51,00 € 1.550,00 € 199,00 €
Beispiel 2004 1.800,00 € 51,00 € 1.370,00 € 379,00 €
Beispiel 2007 1800,00 € 51,00 € 750,00 € 999,00 €
Dies bedeutet, lediglich der Pauschbetrag für Kapitalvermögen (§ 9 a Nr. 2 EStG) mindert die Einkünfte und Bezüge des Kindes. Ggf. noch die Kostenpauschale für Bezüge (1.800,00 €) können vom ausgenutzten Sparerfreibetrag abgezogen werden, sofern das Kind keine weiteren Bezüge im Jahr hatte. Eine Änderung der anrechenbaren Einkünfte und Bezüge hat sich jedoch durch die Absenkung des Sparerfreibetrages nicht ergeben. Die Absenkung des Sparerfreibetrages in den letzten Jahren hat insoweit im Kindergeldrecht keine Auswirkung. ! Praxishinweis: Da auch der ausgenutzte Sparerfreibetrag zumindest als Bezug angesetzt wird, insofern bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge nicht außen vor bleibt, ist zu prüfen, ob eine andere Kapitalverteilung für die Familie günstiger ist. D.h., ggf. sollte auf die Ausnutzung aller Sparerfreibeträge (hier: betreffend des Kindes) verzichtet werden, um einen Kindergeldanspruch zu erhalten, wenn dies aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten von Vorteil ist (Kindergeld höher als die Einsparung durch die Ausnutzung des Sparerfreibetrages bzw. z.B. Auswirkung bei Vergütungsbestandteilen im öffentlichen Dienst, Beihilfeansprüche usw.). 100 BFH Urteil v. 11.12.2001 VI R 113/99, BStBl 2002 II, S. 684.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
! Praxishinweis: Geldzuwendungen von dritter Seite sind nicht zu berücksichtigen, wenn sie zur Kapitalanlage bestimmt sind (ansonsten grundsätzlich Bezug des Kindes).101 Aber die sich aus dieser Kapitalanlage ergebenden Einkünfte sind anrechenbar. 5. Einkünfte aus Hinterbliebenenbezügen nach beamtenrechtlichen oder soldatenrechtlichen Vorschriften, nach Abzug des Versorgungsfreibetrages und des Zuschlags zum Versorgungsfreibetrag (ab 2005) Von den Hinterbliebenenbezügen nach beamtenrechtlichen oder soldatenrechtlichen Vorschriften, die eine Einnahme nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG darstellen, ist vor der Ermittlung der Einkünfte hiervon der Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG) zusätzlich ab 2005 der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2 EStG) abzuziehen (vgl. Rn. 93, Nr. 4). Beide Beträge sind bei den Kindern als Bezug zu werten. Ferner konnte bis zum 31.12.2004 von diesen Einnahmen der Arbeitnehmer-Pauschbetrag (§ 9 a EStG i.d.F. bis 31.12.2004) abgezogen werden. Ab dem 01.01.2005 besteht nur noch die Möglichkeit, einen Pauschbetrag i.H.v. 102,00 € (§ 9 a Nr. 1 b EStG) zu berücksichtigen. > Beispiel: Kalenderjahr 2004 K erhält einen monatlichen Versorgungsbezug i.H.v. 400,00 €. Zusätzlich eine Sonderzuwendung im November von 400,00 €. Ermittlung: 12 × 400,00 € = 4.800,00 € Sonderzahlung
400,00 € 5.200,00 € 2.080,00 €
./. Versorgungsfreibetrag (40 %, max. 3.072,00 €) 920,00 € ./. Arbeitnehmer-Pauschbetrag 2.200,00 € Einkünfte Das Kind hat folglich Einkünfte i.H.v. 2.200,00 €. Der ausgenutzte Versorgungsfreibetrag ist des Weiteren dem Kind als Bezug zuzurechnen (ggf. Kürzung um die Kostenpauschale v. 180,00 €). Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag war nur abzugsfähig, da das Kind keine anderen Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit hatte. Kalenderjahr 2005 K erhält einen monatlichen Versorgungsbezug i.H.v. 400,00 € (Beginn vor 2005). Zusätzlich eine Sonderzuwendung im November von 400,00 €. Ermittlung: 12 × 400,00 € = 4.800,00 € Sonderzahlung ./. Versorgungsfreibetrag (40 %, max. 3.000,00 €) ./. Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag ./. Pauschbetrag Einkünfte
400,00 € 5.200,00 € 2.080,00 € 900,00 € 102,00 € 2.118,00 €
101 BFH Urteil v. 28.01.2004 VIII R 21/02, BStBl 2004 II, S. 555.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Das Kind hat folglich Einkünfte i.H.v. 2.118,00 €. Der ausgenutzte Versorgungsfreibetrag und der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag sind des Weiteren dem Kind als Bezug zuzurechnen (ggf. Kürzung um die Kostenpauschale v. 180,00 €). Fazit: Das Kind hat zwar ab 2005 geringere Einkünfte als 2004, aber höhere Bezüge. 2004 war als Bezug nur der ausgenutzte Versorgungsfreibetrag i.H.v. 2.080,00 € anzusetzen. 2005 hingegen kam zum ausgenutzten Versorgungsfreibetrag i.H.v. 2.080,00 € noch der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag i.H.v. 900,00 € hinzu. Die Bezüge in 2005 belaufen sich somit auf 2.980,00 €. Berücksichtigt man jetzt den in 2005 gewährten Pauschbetrag i.H.v. 102,00 €, so ergibt sich eine Schlechterstellung des Kind i.H.v. 798,00 € (2.980,00 € ./. 2.080,00 € ./. 102,00 €). Hätte das Kind andere Einnahmen nach § 19 EStG (auch schon 2004) z.B. Kind in einer gewerblichen Berufsausbildung, würde es sich mit der neuen Verfahrensweise um den Pauschbetrag v. 102,00 € besser stehen als 2004, da bei diesem Kind der Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei den Einnahmen aus der gewerblichen Ausbildung ohnehin berücksichtigt würde.
2
6. Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und Hinterbliebenenrenten aus einer gesetzlichen Rentenversicherung o.Ä (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 a/aa EStG) Die sich aus den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung ergebenden Einkünfte i.S.d. § 22 EStG sind ebenfalls anrechenbar. Die Ermittlung der Einkünfte hieraus hat sich ebenfalls ab dem Kalenderjahr 2005 geändert. Bis zum 31.12.2004 war der sich aus der Rente ergebenden Ertragsanteil zu besteuern. Ab dem 01.01.2005 wird die Rente nach einem festgelegten Tabellenwert gem. § 22 Nr. 1 Satz 3 a/aa EStG besteuert. D.h., mit Hilfe des dort festgelegten steuerpflichtigen Anteils wird ein steuerfreier Anteil ermitteln. Der einmal ermittelte steuerfreie Anteil gilt dann für die gesamte Laufzeit der Rente. Er wird im Jahr, das auf das Renteneintrittsjahr folgt, ermittelt. Maßgebend für die Höhe ist der Prozentsatz des Renteneintrittsjahres, grundsätzlich demzufolge das Vorjahr; Ausnahme: Bestandsrenten vor 2004. Hier gilt der Prozentsatz aus 2005. Der jeweilige steuerfreie Anteil, 2004 Rente abzüglich des Ertragsanteils, ab 2005 Rente abzüglich des steuerpflichtigen Anteils, stellen einen Bezug des Kindes dar. Vom steuerpflichtigen Anteil ist noch der Pauschbetrag i.H.v. 102,00 € (§ 9 a Nr. 3 EStG) abzugsfähig. > Beispiel: Beispiel bis 2004: Laufzeit der Rente: 4 Jahre /6 Monate – abgerundet: 4 Jahre á Ertragsanteil nach Tabelle zu § 55 EStDV á 7 % Ermittlung: Rente Kalenderjahr 4.800,00 € (400,00 € × 12) 4.800,00 € × 7 % = ./. Pb § 9 a S. 1 Nr. 3 EStG Einkünfte
336,00 € 102,00 € 234,00 €
Rente ./. steuerpflichtige Einnahmen ./. Kostenpauschale anrechenbare Bezüge
4.800,00 € 336,00 € 180,00 € 4.284,00 €
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D.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
Die Einkünfte und anrechenbaren Bezüge aus der Rente betragen 4.518,00 € (4.284,00 € + 234,00 €). Beachte: Die Kostenpauschale kann nur einmal angesetzt werden. D.h., hätte dieses Kind noch weitere Bezüge, könnte dort die Kostenpauschale nicht noch einmal berücksichtigt werden. Beispiel ab 2005: Laufzeit der Rente: 4 Jahre /6 Monate – abgerundet: 4 Jahre (Bestandsrente aus 2004) á Besteuerungsanteil 50 % Ermittlung: Rente Kalenderjahr 4.800,00 € (400,00 € × 12) 4.800,00 € × 50 % = 2.400,00 € 102,00 € ./. Pb § 9 a S. 1 Nr. 3 EStG Einkünfte 2.298,00 €
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Rente 4.800,00 € 2.400,00 € ./. steuerpflichtige Einnahmen steuerfreier Anteil 2.400,00 € 180,00 € ./. Kostenpauschale 2.220,00 € anrechenbare Bezüge Die Einkünfte und anrechenbaren Bezüge aus der Rente betragen 4.518,00 € (2.220,00 € + 2.298,00 €). Beachte: Die Kostenpauschale kann nur einmal angesetzt werden. D.h., hätte dieses Kind noch weitere Bezüge, könnte dort die Kostenpauschale nicht noch einmal berücksichtigt werden. ! Hinweis: Der ermittelte steuerfreie Anteil ist für die gesamte Laufzeit der Rente maßgebend (§ 22 Nr. 1 Satz 3 a/aa Satz 4 u. 5 EStG). D.h., erhöht sich die Rente, so wird der steuerpflichtige Anteil durch Abzug des feststehenden steuerfreien Anteils ermittelt. Mithin bleibt es nicht bei einem „steuerfreien Anteil von 50 %“. Beispiel: Rente erhöht sich auf 5.000,00 €. Rente 5.000,00 € ./. steuerfreier Anteil 2.400,00 € steuerpflichtiger Anteil 2.600,00 € Der steuerpflichtige Anteil beträgt mehr als 50 % v. 5.000,00 € (2.500,00 €). ! Praxishinweis: Rentennachzahlungen für ein Vorjahr an das Kind führen im Jahr des Zuflusses zu Einkünften und Bezügen des Kindes.102 7. Renten nach § 22 Nr. 1 Satz 3 a/bb EStG In diesen Fällen ist ein Ertragsanteil (Einnahmen) zu ermitteln und der Restbetrag der Rente stellt einen Bezug des Kindes dar.
102 BFH Urteil v. 16.04.2002 VIII R 76/01, BStBl 2002 II, S. 525; BFH Urteil v. 16.04.2002 VIII R 96/01 (NV), BFH/NV 2002, S. 1027.
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§2
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
> Beispiel: Private Erwerbsunfähigkeitsrente Das Kind ist 24 Jahre alt und erhält eine Rente i.H.v. 180,00 €/mtl. Ermittlung: Rente Kalenderjahr 2.160,00 € (180,00 € × 12) 2.160,00 € × 48 % = ./. Pb § 9 a S. 1 Nr. 3 EStG Einkünfte
1.036,80 € 102,00 € 934,00 €
Rente ./. steuerpflichtige Einnahmen
2.160,00 € 1.036,80 €
./. Kostenpauschale
180,00 €
anrechenbare Bezüge
943,20 € Die Einkünfte und anrechenbaren Bezüge aus der Rente betragen 1.877,20 € (934,00 € + 943,20 €). Beachte: Die Kostenpauschale kann nur einmal angesetzt werden. D.h., hätte dieses Kind noch weitere Bezüge, könnte dort die Kostenpauschale nicht noch einmal berücksichtigt werden. 8. Unterhaltsleistungen des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten des Kindes, sofern das Kind der Berücksichtigung dieser Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten zugestimmt hat, stellen Einkünfte i.S.d. § 22 Nr. 1 a EStG dar.
III. 82
Werbungskosten
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (Arbeitslohn). Die Aufwendungen müssen jedoch durch den Beruf veranlasst sein, damit sie als Werbungskosten berücksichtigt werden können. Es gilt demzufolge das Veranlassungsprinzip. Aufwendungen, die im Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen stehen, sind nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen (vgl. § 3 c EStG).103 > Beispiele: N Fahrtkosten N Arbeitsmittel N Dienstreisen N Doppelte Haushaltsführung N Beiträge zu Berufsverbänden
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Für angefallene Werbungskosten hat der Gesetzgeber im § 9 a EStG Pauschbeträge festgelegt, die ohne weitere Prüfung bei der Ermittlung der Einkünfte abgezogen werden können. Diese können nicht neben geltend gemachten erhöhten Werbungskosten berücksichtigt werden.
103 BFH Beschluss v. 14.03.2001 VI S 3/00 (NV), BFH/NV 2001, S. 1112.
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D.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
Des Weiteren können auch neben dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag keine besonderen Ausbildungskosten geltend gemacht werden.104 In dem zitierten Verfahren wurde versucht, den Begriff der besonderen Ausbildungskosten (§ 32 Abs. 4 Satz 3 EStG) dahingehend zu erweitern, dass bei einem Ausbildungsdienstverhältnis neben den Werbungskosten noch besondere Ausbildungskosten für das Ausbildungsdienstverhältnis geltend gemacht werden können. Dem hat der BFH widersprochen, da besondere Ausbildungskosten Kosten darstellen, die ansonsten Werbungskosten wären, aber keine sind, da kein Ausbildungsdienstverhältnis vorliegt (z.B. Studium). Folgende Pauschbeträge sind in § 9 a EStG normiert: 1. a) von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit vorbehaltlich Buchstabe b: ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 920 Euro; b) von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, soweit es sich um Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 handelt: ein Pauschbetrag von 102 Euro; 2. von den Einnahmen aus Kapitalvermögen: ein Pauschbetrag von 51 Euro; bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26 b zusammen veranlagt werden, erhöht sich dieser Pauschbetrag auf insgesamt 102 Euro; 3. von den Einnahmen im Sinne des § 22 Nr. 1, 1 a und 5: ein Pauschbetrag von insgesamt 102 Euro. Beachte: Der Ansatz der Pauschbeträge darf nicht dazu führen, dass negative Einkünfte entstehen. D.h., sie können maximal insoweit berücksichtigt werden, wie sich Einkünfte von null Euro ergeben. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag [§ 9 a Nr. 1 a) EStG] ist zeitanteilig auf die Monate aufzuteilen, in denen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielt werden.105 Grundsatz:
Es wird unterstellt, dass dem Kind im gesamten Kalenderjahr Einnahmen i.S. § 19 EStG zufließen. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag verteilt sich gleichmäßig auf alle Kalendermonate, mithin 1/12 für jeden Monat oder 30/360, da der Kalendermonat aus Vereinfachungsgründen mit 30 Tagen angesetzt wird. Ausnahme: Dem Kind fließen im Kalenderjahr nicht in allem Monaten des Jahres Einnahmen i.S.d. § 19 EStG zu. Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag verteilt sich dann nur auf die Kalendermonate, in denen Einnahmen i.S.d. § 19 EStG erzielt werden (Hierbei ist es gleichgültig, ob in diesen Monaten an allen Tagen ein Zufluss gegeben war, oder nur an einem Tag.). Bsp.: Einnahmen gem. § 19 EStG lagen in den Monaten Jan. – Mai und im Sep., November und Dezember vor = acht Monate. Die Verteilung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages erfolgt mit einem Ansatz pro Kalendermonat mit 5 /8, oder 150/240 (30 Tage pro Monat). Auswirkungen: Wenn das Kind wie im Beispiel bei der Ausnahme nur in den Monaten Jan. bis Mai zu berücksichtigen ist, entfallen vom Arbeitnehmer-Pauschbetrag 5/8 bzw. 150 /240 auf den besonderen Anspruchszeitraum.
104 BFH Beschluss v. 11.02.2004 VIII B 53/03 (NV), Haufe-Index 1129494. 105 BFH Urteil v. 01.07.2003 VIII R 96/02, BStBl 2003 II, S. 759.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Hinweis:
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Formel:
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Ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag auf einen Teilmonat aufzuteilen, da innerhalb dieses Monats im besonderen Anspruchszeitraum und außerhalb des besonderen Anspruchszeitraumes Einnahmen gem. § 19 EStG zufließen, ist der Arbeitnehmer-Pauschbetrag tageweise aufzuteilen. Dabei wird der Monat immer mit 30 Tagen gerechnet. Bsp.: Die gewerbliche Berufsausbildung des Kindes endet am 13.07. und das Kind wird nahtlos vom Ausbildungsbetrieb in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis übernommen. Im Monat entfallen 13/30 des anzusetzenden Monatsbetrages (siehe oben beschriebene Ermittlung) auf den besonderen Anspruchszeitraum. Kalendermonate des Kalenderjahres mit besonderen Anspruchsvoraussetzungen mit Einnahmen nach § 19 EStG zu je 30 Tagen [Ausnahme: Teilmonat mit Einnahmen innerhalb und außerhalb des besonderen Anspruchszeitraumes, dann für diesen Kalendermonat nur die Tage des besonderen Anspruchszeitraumes (besser Anrechnungszeitraumes)] : Kalendermonate des Kalenderjahres mit Einnahmen nach § 19 EStG × Arbeitnehmer-Pauschbetrag = Berücksichtigungsfähiger Anteil des Arbeitnehmer-Pauschbetrages für den besonderen Anspruchszeitraum (Anrechnungszeitraum)
Fahrtkosten Die Geltendmachung von Fahrtkosten ist im Rahmen des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG möglich. Hierbei handelt es sich um die Entfernungspauschale. Als Fahrtkosten im Rahmen der Werbungskosten (auch bei besonderen Ausbildungskosten) kommen bei den Kindern, die regelmäßigen Aufwendungen sowohl für die Fahrten zwischen der Wohnung am Ausbildungsort und der Ausbildungsstelle als auch Fahrten von und zum Haushalt des Anspruchsberechtigten in Betracht.106 ! Praxishinweis: Die Berücksichtigung der Aufwendungen für die weiter entfernt liegende Wohnung kommt nur dann in Betracht, wenn diese den Lebensmittelpunkt des Kindes widerspiegelt. D.h., es müssen die Voraussetzungen der R 42 Abs. 1 Satz 6 u. 7 LStR vorliegen. Der Lebensmittelpunkt ist danach bei den Anspruchsberechtigten zu sehen, wenn das Kind alle 14 Tage im Durchschnitt den elterlichen Haushalt aufsucht. Ist der Abstand länger, ist der Familienkasse glaubhaft zu machen, dass trotzdem der Lebensmittelpunkt noch bei den Eltern zu sehen ist (z.B. Entfernung ist zu weit, Prüfungsvorbereitungen vor Ort o.ä.).
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Fahrtkosten vom 01.01.2001 – 31.12.2006 Bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte oder elterlicher Wohnung kann das Kind ab 01.01.2001–31.12.2006 eine Entfernungspauschale in Ansatz bringen (einfache Entfernung). Der Ansatz der Entfernungspauschale erfolgt völlig unabhängig von der Art des Zurücklegens des Weges (zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto, Zug usw.).
106 BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 77/00, BStBl 2002 II, S. 12; BFH Urteil v. 13.12.1985 VI R 7/83, BStBl 1986 II, S. 221.
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D. Grundsatz: Ausnahme:
Ansatz:
Höchstgrenze:
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG – kürzeste Straßenverbindung „eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird.“ (letzter Halbsatz § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 4 EStG) 01.01.2001–31.12.2001 – 1.–10. km je 0,70 DM; ab 11. km je 0,80 DM 01.01.2002–31.12.2003 – 1.–10. km je 0,36 €; ab 11. km je 0,40 € 01.01.2004–31.12.2006 – ab 1. km je 0,30 € 01.01.2001–31.12.2001 – 10.000,00 DM 01.01.2002–31.12.2003 – 5.112,00 € 01.01.2004–31.12.2006 – 4.500,00 €
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Über die Höchstgrenzen hinaus konnten Fahrtkosten nur dann geltend gemacht werden, wenn das Kind selbst gefahren ist (so genannter Selbstfahrer). ! Praxishinweis: Auf Verlangen der Familienkasse ist glaubhaft zu machen, dass das Kind tatsächlich so viel gefahren ist (z.B. Reparaturrechnungen, aus denen sich die Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges ergibt). Es kann auch das Auto der Eltern benutzt werden! Neben der Entfernungspauschale bestand bis zum 31.12.2006 noch die Möglichkeit die tatsächlichen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel in Ansatz zu bringen, wenn diese in den Aufwendungen höher waren, als der Ansatz der Entfernungspauschale. > Beispiel: K fährt im Kalenderjahr 2005 5 km an 150 Tagen zur Ausbildungsstätte in der Stadt J. Dabei benutzt er den Bus. Die Monatsfahrkarte kostet 35,00 €. Entfernungspauschale: 5 km × 0,30 € × 150 T = 225,00 € Fahrkarte Bus: 11 × 35,00 € = 385,00 € (Urlaubsmonat berücksichtigt) K kann die tatsächlichen Kosten für die Monatsfahrkarten des öffentlichen Verkehrsmittels in Ansatz bringen. Flugkosten sind mit ihren tatsächlichen Aufwendungen anzusetzen und nachzuweisen, sie unterliegen nicht der Entfernungspauschale. Fahrtkosten ab 01.01.2007 (§ 9 Abs. 2 EStG) Durch das Steueränderungsgesetz 2007 vom 19.07.2006 (BGBl I S. 1652, BStBl. I S. 432) wurde hinsichtlich der Aufwendungen für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte eine Systemänderung vorgenommen. Diese Wege gehören jetzt grundsätzlich zur Privatsphäre (so genanntes Werkstorprinzip). Nur zum Härteausgleich wurde für Fernpendler die Entfernungspauschale fortgeführt. Bei Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte kann der Arbeitnehmer (Fernpendler) ab 1.1.2007 eine Entfernungspauschale ab dem 21. Entfernungskilometer in Ansatz bringen. Der Ansatz der Entfernungspauschale erfolgt völlig unabhängig von der Art des Zurücklegens des Weges. Es spielt weiterhin keine Rolle, ob der Weg zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit dem Auto, Zug usw. zurückgelegt wird.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: Das Niedersächsische FG hält die Neuregelung zur Entfernungspauschale ab 2007 für verfassungswidrig.107 Das Verfahren wurde deshalb ausgesetzt und das BVerfG angerufen. Dieses Finanzgericht hat inzwischen sogar das Finanzamt zur Eintragung eines Freibetrages für Fahrtkosten ab dem ersten Kilometer verpflichtet.108 Für das Kindergeld sind diese Entscheidungen deshalb interessant, da Anspruchsberechtigte, bei denen Kindergeld aus diesen Gründen abgelehnt oder aufgehoben wird, gegen die Entscheidung Einspruch einlegen sollten. Damit bliebe das Verfahren offen und die Fahrtkosten je nach Entscheidung des BVerfG könnten nachträglich berücksichtigt werden. Tut man dies nicht, so hätte dies zur Folge, dass diese Fahrtkosten im Rahmen eine Korrekturantrages nicht berücksichtigt werden können (vgl. Verfahren zu den gesetzlichen Pflichtbeiträgen zur Sozialversicherung).
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Allerdings gibt es nur noch die Entfernungspauschale. Ein Ansatz von tatsächlichen Kosten ist grundsätzlich nicht mehr möglich. Es können auch keine Unfallkosten mehr geltend gemacht werden Flugkosten sind weiterhin von der Entfernungspauschale ausgenommen, deshalb sind die tatsächlichen Kosten nachzuweisen und insoweit absetzbar. Entfernungskilometer § 9 Abs. 2 S. 1 i.V.m. S. 4 EStG 2007 Grundsatz: Ausnahme:
kürzeste Straßenverbindung abzgl. 20 km „eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist und vom Arbeitnehmer regelmäßig für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird.“ (Auszug aus § 9 Abs. 2 EStG i.d.F. v. 2007) Ansatz: ab 01.01.2007, ab dem 21. km 0,36 € Höchstgrenze: ab 01.01.2007, 4.500,00 € Über die Höchstgrenzen hinaus können Fahrtkosten nur dann geltend gemacht werden, wenn das Kind selbst gefahren ist (so genannter Selbstfahrer). ! Praxishinweis: Auf Verlangen der Familienkasse ist glaubhaft zu machen, dass das Kind tatsächlich so viel gefahren ist (z.B. Reparaturrechnungen, aus denen sich die Gesamtlaufleistung des Fahrzeuges ergibt). Es kann auch das Auto der Eltern benutzt werden! 88
Dienstreise Als Werbungskosten können Kosten für eine Dienstreise geltend gemacht werden. Bezogen auf die Problematik der Kinder in einem Ausbildungsdienstverhältnis kann eine Dienstreise vorliegen, wenn z.B. die Berufsschule besucht wird. Achtung – die Dienstreisegrundsätze sind zu beachten. Eine Dienstreise ist ein Ortswechsel einschließlich der Hin- und Rückfahrt aus Anlass einer vorübergehenden Auswärtstätigkeit. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig wird (R 37 LStR). Die Abzugsfähigkeit der Aufwendungen für eine Dienstreise ist grundsätzlich auf die ersten drei Monate beschränkt. Nach Ablauf dieser drei Monate wird die auswärtige Tätigkeitsstätte zur regelmäßigen Arbeitsstätte. D.h., es können dann nur die Kosten gelten gemacht werden, die auch
107 Niedersächsiches FG Beschluss v. 27.02.2007 8 K 549/06, Haufe-Index 1720926. 108 Niedersächsiches FG Beschluss v. 02.03.2007 7 V 21/07, Haufe-Index 1716230.
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D.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
für die Tätigkeit an der tatsächlich regelmäßigen Arbeitsstätte (z.B. Ausbildungsbetrieb) anfallen (z.B. Entfernungspauschale). Die Dreimonatsfrist wird auch nicht unterbrochen bei urlaubs- oder krankheitsbedingter Abwesenheit. Des Weiteren führt eine vorübergehende Tätigkeit an der tatsächlichen regelmäßigen Arbeitsstätte von weniger als vier Wochen ebenfalls nicht zu einer Unterbrechung. Auch wird die Dreimonatsfrist nicht um den Zeitraum der vorübergehenden Anwesenheit an der regelmäßigen Arbeitsstätte verlängert.109 Eine neue Dreimonatsfrist beginnt immer dann, wenn die als Dienstreise in Ansatz gebrachte Wirkungsstätte frühesten erst nach vier Wochen wieder aufgesucht wird, da z.B. der Schulplan dies so vorsieht. Auch mit dem Wechsel des Kalenderjahres beginnt keine neue Dienstreise (Berechnung des Dreimonatszeitraumes und der notwendigen Unterbrechungszeit erfolgt Jahr übergreifend!). Der Dreimonatszeitraum ist taggenau zu ermitteln. > Beispiel: Ist der Beginn der Dienstreise der 14.04., so endet die Dienstreise am 13.07. des Jahres. Ausnahmen:
s. R 37 Abs. 3 Satz 4 Nr. 2 LStR
! Praxishinweis: Der BFH hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer sofern er seine Arbeitsleistung vorübergehend außerhalb der Wohnung und des dauerhaften Mittelpunkts seiner beruflichen Tätigkeit erbringt, er dort auch nach Ablauf von drei Monaten keine (weitere) Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG begründet, wenn sich die auswärtige Tätigkeit im Vergleich zur Arbeit an der (bisherigen) regelmäßigen Tätigkeitsstätte als untergeordnet darstellt.110 Dieses Urteil ist im Hinblick auf die unterschiedlichen Ausgestaltungen der Lehr- und Berufsschulpläne von Bedeutung. Ist die Berufsschulzeit nur von untergeordneter Bedeutung (nachfolgendes Beispiel 1), so ist sie immer als Dienstreise zu werten, auch wenn keine Unterbrechung von vier Wochen vorliegt. > Beispiele: 1. Das Kind besucht an ein bzw. zwei Tagen in der Woche die Berufsschule. In diesem Fall handelt es sich immer um eine Dienstreise, da die Berufschulzeit eine untergeordnete Rolle gegenüber der Tätigkeit an der regelmäßigen Arbeitsstätte spielt. 2. Das Kind besucht die Berufsschule wöchentlich. Dabei wird die regelmäßige Arbeitsstätte in der Folgewoche bzw. den Folgewochen (max. drei Arbeitswochen) aufgesucht. Die Dienstreise beginnt mit dem ersten Berufsschultag und endet nach Ablauf von drei Monaten. Die Berufsschule ist somit nach drei Monaten ebenfalls als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. Erst wenn eine Unterbrechung von vier Wochen vorliegt, nicht wegen Krankheit und Urlaub, beginnt eine neue Dreimonatsfrist. 3. Das Kind besucht die Berufsschule im Blockunterricht. a) Der Wechsel von der Berufsschule und der Ausbildungsstätte erfolgt im regelmäßigen Wechsel von einem Monat (Unterbrechung immer vier Wochen). Der Berufsschulbesuch ist immer als Dienstreise anzusehen. 109 BFH 19.07.1996 VI R 38/93, BStBl 1997 II, S. 95. 110 BFH Urteil v. 18.05.2004 VI R 70/98, BStBl 2004 II, S. 962.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
b) Der Besuch der Berufsschule ist von vornherein auf maximal drei Monate angesetzt, danach erfolgt eine ein- oder mehrmonatige Unterbrechung zum Besuch der Ausbildungsstätte. Es handelt sich immer um eine Dienstreise. c) Das Kind muss einen sechsmonatigen zusammenhängenden Blockunterricht besuchen. Die ersten drei Monate stellen eine Dienstreise dar, danach ist die Berufsschule als regelmäßige Arbeitsstätte anzusehen. d) Zum einen besucht das Kind die Berufsschule A (die ersten zwei Wochen) und zum anderen die Berufschule B (die nächsten zwei Wochen) und dann die regelmäßige Arbeitsstätte (die weiteren zwei Wochen). Danach beginnt alles von vorn. Die Unterbrechungszeiten zwischen den einzelnen Berufschulbesuchen sind getrennt zu betrachten. D.h., es liegt immer eine Dienstreise vor, wenn das Kind die Berufsschule A oder B besucht. Die geforderte Unterbrechungszeit von vier Wochen liegt immer vor.
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Bei einer Dienstreise können folgende Kosten geltend gemacht werden: 1. Fahrtkosten Als Fahrtkosten können entweder die Kosten für die Benutzung des privaten PKW’s geltend gemacht werden, oder die tatsächlich entstandenen Kosten für die Benutzung des öffentlichen Verkehrsmittels. Die Kosten für die Benutzung des PKW’s werden dabei grundsätzlich mit 0,30 € je gefahrenem Kilometer (also Hin- und Rückfahrt) angesetzt. Es besteht auch die Möglichkeit, die tatsächlichen Kosten des Fahrzeuges anzusetzen. Hier ist eine exakte Aufstellung der einzelnen Kosten für das Fahrzeug (Anschaffung, Kraftstoff, Versicherung, Werkstattkosten usw.) und ein Nachweis der Laufleistung notwendig. 2. Unterkunftskosten (ohne Frühstück) 3. Des Weiteren können Verpflegungsmehraufwendungen in Form der Pauschbeträge gem. § 4 Abs. 5 Nr. 5 EStG angesetzt werden. Der Ansatz der Pauschbeträge richtet sich nach der Abwesenheit von der Wohnung oder der regelmäßigen Arbeitstätte des Kindes. Die Berechnung der Abwesenheitszeit erfolgt grundsätzlich nach der Abwesenheit innerhalb eines Tages. Es wird der Zeitraum von 00:00 Uhr – 24:00 Uhr betrachtet: Pauschbeträge bei einer Abwesenheit von: mind. 8 h bis 14 h 6,00 € ab 14 h bis 24 h 12,00 € ab 24 h 24,00 € 4. Reisenebenkosten, wie z.B. Parkplatzgebühren ! Praxishinweis: Die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwendungen und die Kilometerpauschalen der LStR bei Dienstreisen sind grundsätzlich auch von den FG zu beachten.111 Für das Kindergeld heißt dies, dass die Familienkassen ebenfalls diese pauschalen Sätze ansetzen müssen. Es reicht also aus, wenn der Familienkasse lediglich die Abwesenheitszeit von der Wohnung bzw. der regelmäßigen Arbeitsstätte und der Besuch der Berufsschule mitgeteilt wird. D.h., wird für eine Wegstrecke ca. eine Stunde benötigt und erfolgt eine Berufschulunterricht von sechs Unterrichtsstunden, was mit Pausen sechs Zeitstunden ausmachen sollte, ist der Familienkasse die Abwesenheit von mindestens acht Stunden für den Berufschultag mitzuteilen (Achtung – Ansatz überprüfen!).
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Doppelte Haushaltsführung Kosten für eine doppelte Haushaltsführung kommen ab 2004 nur noch dann in Betracht, wenn das Kind tatsächlich einen eigenen Hausstand vor der Begründung der Zweitwohnung am auswärtigen Ausbildungsort innehat. Der Ansatz der notwendigen Kosten ist zeitlich nicht beschränkt. 111 BFH Urteil v. 25.10.1985 VI R 15/81, BStBl 1986 II, S. 200.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
Ansatzmöglichkeiten: Fahrtkosten für wöchentliche Familienheimfahrten im Rahmen der Entfernungspauschale Aufwendungen für die Wohnung (Miete incl. Nebenkosten) Verpflegungsmehraufwendungen (nur die ersten drei Monate) Lernarbeitsgemeinschaften112 Auch Treffen zu Lernarbeitsgemeinschaften (Arbeitsgemeinschaften) können Aufwendungen des Kindes darstellen. Dies jedoch nur dann, wenn ein Nachweis (Glaubhaftmachung) erfolgt, was der beruflich Zweck des Treffens war. Insbesondere ist anzugeben wo, wann, mit wem das Treffen stattgefunden hat und was der Inhalt des Treffens (Ausbildungs- oder Lerninhalt) war. Ansatzmöglichkeit: Kosten analog einer Dienstreise Bewerbungskosten Unter Bewerbungskosten sind Kosten für Inserate, Porto und Kopien zum Zwecke der Bewerbung bzw. Erstellung von Bewerbungsunterlagen zu verstehen. Hierunter zählen auch Kosten für eine Reise anlässlich eines Vorstellungsgespräches (Kostenansatz analog der Dienstreise). Arbeitsmittel Unter Arbeitsmitteln ist alles zu verstehen, was beruflich (jeweils auf den ausgeführten Beruf bzw. die durchgeführte Ausbildung) benötigt wird (Werkzeuge, Berufsbekleidung usw.). Hierzu zählen im Rahmen der Ausbildung auch Kosten für Unterrichtsmaterial. Die Familienkassen verlangen die Quittungen im Original. Aus der Quittung muss auch eindeutig hervorgehen, um was es sich handelt (z.B. Schreibmaterial ist nicht ausreichend). Fachbücher Es gelten die Ausführungen zu Arbeitsmitteln. Computer Auch der Computer zählt zu den Werbungskosten, wenn er beruflich genutzt werden muss.113 Dies wurde von BFH bestätigt. In dieser Entscheidung hat der BFH noch Bezug darauf genommen, dass der private Nutzungsanteil den zeitlichen Anteil von 10 v.H. nicht übersteigen darf. Inzwischen sind hierzu weitere Entscheidungen ergangen. Grundsätzlich ist beim Computer zwischen einem beruflichen und privaten Nutzungsanteil aufzuteilen.114 Für die Berücksichtigung der Kosten für einen Computer weicht man vom Grundsatz der ausschließlichen beruflichen Nutzung ab. Grundsätzlich ist insoweit der Familienkasse der Nutzungsanteil glaubhaft zu machen. In einer weiteren Entscheidung geht der BFH davon aus, dass ein Nutzungsanteil von 50/50 glaubhaft erscheinen kann.115 Die Verwaltung hat dies für die Kinder in Ausbildung übernommen, so dass eine Geltendmachung von 50 % der Aufwendungen i.d.R. anerkannt wird. Die Kosten für die Anschaffung eines Computers (Kosten höher als 410,00 € netto) werden nach der Anschaffung auf eine Nutzungsdauer von drei Jahren verteilt. Dies bedeutet für 36 Monate ab dem Anschaffungsmonat können pro Monat 1/36 der Anschaffungskosten i.H.d. Anteils der beruflichen Nutzung geltend gemacht werden. Bei einem Nutzungsanteil von 50 % sind das 50 % von 1/36 der Anschaffungskosten (vom Bruttowert). 112 BFH Urteil v. 20.09.1996 VI R 32/96 (NV), BFH/NV 1997, S. 349; BFH Urteil v. 05.03.1993 VI R 82/91 (NV), BFH/NV 1993, S. 533. 113 BFH Urteil v. 19.02.2004 VI R 135/01, BStBl 2004 II, S. 958. 114 BFH Urteil v. 24.08.2004 VIII R 16/04 (NV), Haufe-Index 1252343. 115 BFH Urteil v. 15.06.2004 VIII R 42/03 (NV), BFH/NV 2004, S. 1527.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
! Praxishinweis: Die Kosten für einen Computer werden auch von der Verwaltung anerkannt, wenn der Anspruchsberechtigte diesen gekauft und dem Kind geschenkt bzw. zur Verfügung gestellt hat. (vgl. DA 63.4.2.2 Satz 11 Buchst. j Satz 5 DA-FamEStG).
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Von den erhöht geltend gemachten Werbungskosten sind die vom Arbeitgeber steuerfrei oder pauschal versteuert erstatteten Kosten abzuziehen bzw. sie sind der Familienkasse mitzuteilen. Berechnung: erhöhte Werbungskosten ./. steuerfrei oder pauschal versteuert erstattete Arbeitgeberleistungen abzugsfähige erhöhte Werbungskosten, mindestens Arbeitnehmer-Pauschbetrag D.h., sind die steuerfreien oder pauschal versteuerten Erstattungen des Arbeitgebers so hoch, dass die abzugsfähigen erhöhten Werbungskosten unter dem Arbeitnehmer-Pauschbetrag liegen, ist dieser immer mindestens anzusetzen. In diesem Falle kann man auf die Erklärung der erhöhten Werbungskosten und die Mitteilung über die Erstattungen des Arbeitgebers verzichten und so nur den Ansatz des Arbeitnehmer-Pauschbetrages beantragen.
IV. 92
Bezüge
Bezüge sind alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die nicht im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfte-Ermittlung erfasst werden, also nicht steuerbare sowie nach §§ 3, 3 b EStG für steuerfrei erklärte Einnahmen und nach §§ 40, 40 a EStG pauschal versteuerter Arbeitslohn (DA 63.4.2.3 Abs. 1 Satz 1 DA-FamEStG). Von den Bezügen ausgenommen sind Mittel, die dem Kind zweckgebunden wegen eines nach Art und Höhe über das Übliche hinausgehenden besonderen und außergewöhnlichen (z.B. behinderungsbedingten) Bedarfs zufließen. ! Praxishinweis: Zu den Bezügen eines Kindes gehören auch Lottogewinne bzw. Geldgeschenke von Dritter Seite (z.B. Onkel, Tante, Großeltern usw.), nicht aber die Geldzuwendungen der unterhaltspflichtigen Eltern.
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Zu den Bezügen zählen nach der DA 63.4.2.3 DA-FamEStG folgende Leistungen (gekürzter Auszug mit Praxishinweisen): 1. Ausgezahlte Lohnersatzleistungen, wie z.B. Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Krankengeld, Mutterschaftsgeld für die Zeit bis zur Entbindung, Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung. ! Praxishinweis: Der Ansatz erfolgt immer mit den Nettobeträgen. Lehnt das Kind eine zumutbare Arbeit ab und verliert es dadurch den Anspruch auf entsprechende Leistungen, so ist das einem Verzicht gleichzusetzen. D.h., es erfolgt der Ansatz in der Höhe, wie die Leistung ansonsten dem Kind zugeflossen wäre. 2. Renten aus der gesetzlichen Unfallversicherung. 3. Bei den Renten aus einer gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Gesetz über Alterssicherung der Landwirte der über den Ertragsanteil hinausgehende Rentenbetrag. 82
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
! Praxishinweis: Diese Formulierung ist zu der alten Versteuerungsregelung, deren Gültigkeit zum 31.12.2004 auslief ergangen. Ab 01.01.2005 wurde die Rentenbesteuerung mit dem Alterseinkünftegesetz neu geregelt (vgl. § 22 Nr. 1 Satz 3 a/aa EStG, s. Rn. 81, Nr. 6).
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! Praxishinweis: Wird eine Rente rückwirken gewährt und erhält das Kind deshalb einen Nachzahlungsbetrag im Folgejahr, so ist dieser Nachzahlungsbetrag im Jahr des Zuflusses zu berücksichtigen.116 4. Die im Rahmen der Einkünfte-Ermittlung bis zur Höhe des Sparer-Freibetrages oder des Versorgungsfreibetrages steuerfrei bleibenden Einkünfte. ! Praxishinweis: Neben dem Versorgungsfreibetrag ist auch der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag ab 2005 als Bezug anzusetzen (s. Rn. 81, Nr. 5). 5. Zuschüsse eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung zu den Aufwendungen eines Rentners für seine freiwillige oder private Kranken- und Pflegeversicherung (vgl. H 3.14 EStH 2005). ! Praxishinweis: Die Steuerbefreiung gilt nur noch für die Krankenversicherung. Die Steuerbefreiung für Zuschüsse gem. § 106 a SGB VI wurde durch das zweite Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze mit Wirkung ab dem 01.04.2004 aufgehoben (vgl. H 6 Nr. 14 EStH 2004, jetzt H 3.14 EStH 2006). 6. Leistungen nach dem BVG mit Ausnahme der Leistungen, die zur Abdeckung des durch den Körperschaden verursachten Mehrbedarfs (z.B. Grundrente, Schwerstbeschädigtenzulage, Pflegezulage) dienen. 7. Leistungen i.S.d. § 3 Nr. 25 EStG des Bundesseuchengesetzes (Impfschadenrente), die in entsprechender Anwendung der Vorschriften des BVG zustehen, soweit sie im Fall einer Versorgungsberechtigung nach dem BVG als Einnahmen anzusehen wären. 8. In den Fällen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2 EStG: Leistungen zur Sicherstellung des Unterhalts nach Maßgabe des Bundessozialhilfegesetzes (z.B. Hilfe zum Lebensunterhalt, Eingliederungshilfe) oder des Achten Buches Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – (Unterkunft in sozialpädagogisch begleiteten Wohnformen, § 13 Abs. 3; Unterbringung zur Erfüllung der Schulpflicht, § 21 Satz 2; Hilfen für junge Volljährige, § 41 Abs. 2 i.V.m. § 39), wenn von einer Rückforderung bei gesetzlich Unterhaltsverpflichteten abgesehen worden ist. Die genannten Leistungen sind jedoch dann nicht als Bezug anzurechnen, wenn das Kindergeld nach § 74 Abs. 1 Satz 4 EStG an den entsprechenden Sozialleistungsträger abgezweigt wird, dieser einen Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 EStG geltend macht oder – zur Vereinfachung – das Kindergeld nach Maßgabe der Sozialgesetze vollständig oder anteilig auf seine Leistung anrechnet (vgl. DA 74.1.1 Abs. 2 und DA 74.3.1 Abs. 1). Der Bescheid des Sozialhilfeträgers ist vom Berechtigten im Falle der Anrechnung stets vorzulegen.
116 BFH Urteil v. 16.04.2002 VIII R 76/01, BStBl 2002 II, S. 525.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
9. Sachbezüge (DA 63.4.2.7) und Taschengeld im Rahmen von Au-pair-Verhältnissen im Ausland.
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! Praxishinweis: Achtung, während dieser Zeit kann das Kind nur berücksichtigt werden, sofern eine besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und 2, i.d.R. Nr. 2 a vorliegt. Zu den Sachbezügen zählen insbesondere die freie Verpflegung und die freie Unterkunft. Beides ist im Rahmen der Werte der SachBezV anzusetzen. Sollte das Kind eigenen Wohnraum angemietet haben, zählen diese Kosten und auch ein Verpflegungsmehraufwand nicht zu den besonderen Ausbildungskosten.117 10. Bei Wehrdienst- und Zivildienstleistenden der Wehrsold, das Weihnachtsgeld, freie Unterkunft und Verpflegung als Sachbezug (s. DA 63.4.2.7) sowie das Entlassungsgeld; letzteres entfällt im Zuflussjahr auf die Zeit nach Beendigung des Dienstes.118 ! Praxishinweis: Die Verteilung des Entlassungsgeldes erfolgt dabei auf alle dem Wehr- oder Zivildienst folgenden Monate. D.h., endet der Wehr- oder Zivildienst im Januar, erfolgt die Verteilung auf die nächsten elf Monate (Februar-Dezember) oder bei Ende des Wehrdienstes im November, erfolgt der Ansatz des gesamten Entlassungsgeldes im Dezember.119 Das Entlassungsgeld ist um die anteilige Kostenpauschale zu kürzen.120 11. Verdienstausfallentschädigung nach § 13 Abs. 1 Unterhaltssicherungsgesetz. 12. Ausgezahlte Arbeitnehmer-Sparzulage nach § 13 Vermögensbildungsgesetz. 13. Die nach § 3 b EStG steuerfreien Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit. ! Praxishinweis: Diese steuerfreien Beträge sind aus der Lohnsteuerbescheinigung nicht zu entnehmen. Aus diesem Grund fordern die Familienkassen in bestimmten Fällen die letzte Gehaltsbescheinigung an, damit sie feststellen können, ob steuerfreie Beträge gewährt wurden. Werden diese Beträge nicht in der letzten Bescheinigung für das gesamte Jahr ausgewiesen, so kann eine Aufforderung zur Abgabe aller Gehaltsmitteilungen oder einer gesonderten Bescheinigung des Arbeitgebers erfolgen. 14. Unterhaltsleistungen des geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten eines Kindes, sofern das Kind der Berücksichtigung dieser Unterhaltsleistungen als Sonderausgaben des früheren Ehegatten nicht zugestimmt hat (andernfalls rechnen die Unterhaltsleistungen zu den Einkünften), und Unterhaltsleistungen des dauernd getrennt lebenden Partners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft des Kindes, und zwar auch dann, wenn die eingetragene Lebenspartnerschaft aufgehoben wurde. Die genannten Kinder sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. 15. Unterhaltsleistungen nach § 1615 l BGB, die das Kind vom Vater seines nichtehelichen Kindes erhält (dazu s. auch H 190 EStH 2003 – jetzt H 33 a. 1 EStH 2006). 16. Unterhaltsleistungen des Ehegatten eines verheirateten Kindes oder des Partners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in Mangelfällen [grundsätzlich in Höhe der Hälfte des verfüg-
117 BFH Urteil v. 22.05.2002 VIII R 74/01, BStBl 2002 II, S. 695; BFH Urteil v. 27.10.2004 VIII R 43/04 (NV), HFR 2005, S. 554. 118 BFH Urteil v. 14.05.2002 VIII R 57/00, BStBl 2002 II, S. 746. 119 BFH Urteil v. 29.01.2003 VIII R 71/01 (NV), BFH/NV 2003, S. 907. 120 BFH Urteil v. 29.01.2003 VIII R 85/01 (NV), BFH/NV 2003, S. 907.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
baren Einkommens des Unterhaltspflichtigen; ihm muss jedoch mindestens das steuerliche Existenzminimum von 7680 Euro (2002 und 2003: 7188 Euro) verbleiben].121 ! Praxishinweis: In diesem Urteil wird der Heiratsmonat noch außen vor gelassen. D.h., der BFH sah hier keine Anrechnungsmöglichkeit weder der Einkünfte und Bezüge des Kindes noch der Unterhaltsleistungen des Ehegatten. Grund hierfür war die bis 2001 geltende Definition von Kürzungsmonaten, die heute jedoch nicht mehr greift. Ab 2002 werden die Einkünfte und Bezüge des Kindes bis einschließlich des Monats der Heirat ermittelt (vgl. Rn. 64 ff.) 17. Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz und dem Wohngeldsondergesetz. 18. Steuerfreie Veräußerungsgewinne nach den §§ 14, 16 Abs. 4, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 3 EStG sowie Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, soweit sie die höchstmöglichen Absetzungen nach § 7 EStG übersteigen (§ 32 Abs. 4 Satz 4 EStG). 19. Die nach § 3 Nr. 40 EStG steuerfrei bleibenden Beträge (abzüglich der damit in Zusammenhang stehenden Aufwendungen i.S.d. § 3 c Abs. 2 EStG). 20. Leistungen nach dem Gesetz über die bedarfsorientierte Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung vom 26.6.2001 (BGBl I S. 1310, 1335). Nicht zu den Bezügen zählen insbesondere (DA 63.4.2.3 Abs. 3 DA-FamEStG – Auszug mit Praxishinweisen): 1. Die nach § 3 Nr. 12 (aus einer Kasse des Bundes, eines Landes oder einer Kommune gezahlte Bezüge, die als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden), Nr. 13 (die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder), Nr. 26 (Aufwandsentschädigungen für nebenberufliche Tätigkeiten) und Nr. 30 EStG (Werkzeuggeld) steuerfreien Einnahmen sowie die nach § 3 Nr. 63 EStG steuerfreien bzw. nach § 40 b EStG pauschal versteuerten Beiträge zu einer Direktversicherung, einer Pensionskasse oder zu einem Pensionsfonds. ! Praxishinweis: Werden erhöhte Werbungskosten für Aufwendungen gelten gemacht, für die diese Leistungen durch den Arbeitgeber erbracht werden, sind die Leistungen des Arbeitgebers von diesen erhöhten Werbungskosten abzuziehen. Ferner kann das Kind Aufwendungen für eine nebenberufliche Tätigkeit (§ 3 Nr. 26 EStG) nur dann gelten machen, sofern die Aufwendungen den dort genannten Freibetrag übersteigen. Die Gehaltsumwandlungen zu Gunsten einer der o.a. Versicherungsleistungen ist eine sehr gute Möglichkeit, seine Einkünfte und Bezüge zu senken. 2. Die nach § 3 Nr. 16, Nr. 31, Nr. 32, EStG (bis 2003 auch § 3 Nr. 34 EStG) steuerfrei ersetzten Werbungskosten und der nach § 40 Abs. 2 Satz 2 EStG pauschal versteuerte Werbungskostenersatz. ! Praxishinweis: Diese Leistungen sind bei erhöhten Werbungskosten gegenzurechnen.
121 BFH Urteil v. 02.03.2000 VI R 13/99, BStBl 2000 II, S. 522.
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§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
3. Unterhaltsleistungen der Eltern und freiwillige Leistungen der Personen, bei denen das Kind berücksichtigt werden kann. ! Praxishinweis: Grundsätzlich bleiben nur die Geldzuwendungen der Eltern außen vor. Alle anderen Geldzuwendungen von dritter Seite (z.B. Onkel, Tante, Großeltern) sind bei dem Kind als Bezug anzurechnen. Dies gilt nicht, wenn z.B. das Kind mit im Haushalt der Großeltern lebt, auch wenn die Eltern vorrangig das Kindergeld bekommen.
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4. Erziehungsgeld nach dem BErzGG oder landesrechtlichen Vorschriften.122 ! Praxishinweis: Das Urteil ist zum BErzGG ergangen. Auszug aus den Urteilsgründen: „Entgegen der Ansicht des FA gehören darüber hinaus auch die nach § 3 Nr. 67 EStG befreiten Leistungen nach dem BErzGG, das Erziehungsgeld, nicht zu den anrechenbaren anderen Bezügen. Denn das Erziehungsgeld stellt keine übliche Hilfe zum Lebensunterhalt dar. Es dient, wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt (vgl. BTDrucks 10/3792, S.1 und 13), in erster Linie familienpolitischen Zwecken, nämlich der Förderung der Betreuung und Erziehung des Kleinkindes während der ersten Lebensphase durch die eigenen Eltern und soll zudem eine Anerkennung der Erziehungsleistungen junger Familien durch die Gemeinschaft darstellen. Da das Erziehungsgeld auch an nicht erwerbstätig gewesene Elternteile gezahlt wird (§ 1 Abs. 1 BErzGG), kommt ihm entgegen der Auffassung des FA – anders als z.B. dem früheren Mutterschaftsgeld bzw. Mutterschaftsurlaubsgeld (§ 8a des Mutterschutzgesetzes – MuSchG – a.F.) – auch nicht die Funktion eines Lohn- oder Einkommensersatzes zu. Zudem werden die Leistungen während der ersten sechs Monate nach der Geburt des Kindes unabhängig von der Höhe des jeweiligen Einkommens gezahlt (§ 5 Abs. 2 BErzGG).“ Z.Zt. herrscht Unklarheit darüber, ob das neue Elterngeld nach dem BEEG ebenfalls bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge nicht berücksichtigt werden braucht. M.E. wird das neue Elterngeld grundsätzlich zu den Bezügen zählen. Ausgenommen hiervon dürfte jedoch in jedem Fall der Mindestbetrag (300,00 € oder bei Verteilung auf 24 Monate 150,00 €) sein. Nach der o.g. Gesetzesbegründung steht dieser Teil des Elterngeldes ebenfalls allen, auch nicht erwerbstätigen Personen zu. Insoweit kann nach meiner Auffassung auch hier keine Anrechnung vorgenommen werden.
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5. Mutterschaftsgeld für die Zeit nach der Entbindung, soweit es auf das Erziehungsgeld angerechnet worden ist. 6. Leistungen der Pflegeversicherung (§ 3 Nr. 1 a EStG). 7. Leistungen, die nach bundes- oder landesgesetzlichen Vorschriften gewährt werden, um einen Mehrbedarf zu decken, der durch einen Körperschaden verursacht ist (z.B. Pflegegeld bzw. -zulage aus der Unfallversicherung, nach § 35 BVG oder nach § 69 BSHG, Ersatz der Mehrkosten für den Kleider- und Wäscheverschleiß). 8. Die Grundrente und die Schwerstbeschädigtenrente nach dem BVG. Zu den Bezügen zählen auch Leistungen in Geld oder Geldeswert, die dem Kind zur Verfügung gestellt werden. Dabei ist es grundsätzlich nicht von Bedeutung, ob diese Mittel für die Deckung des Lebensunterhalts zur Verfügung gestellt werden oder zur Deckung von Aufwendungen im Zusammenhang mit einer Ausbildung zufließen.
122 BFH Urteil v. 24.11.1994 III R 37/93, BStBl 1995 II, S. 527.
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
! Praxishinweis: Insbesondere sind deshalb gezahlte Studienbeihilfen und Stipendien den Bezügen des Kindes zuzurechnen. Die in diesen Geldleistungen enthaltenen Beträge für die Durchführung der Ausbildungsmaßnahme (z.B. Studiengebühren für das Studium) sind besondere Ausbildungskosten und insoweit von den gewährten Beträgen abzuziehen.
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In Da 63.4.2.6 Abs. 2 DA-FamEStG sind folgende Ausbildungshilfen aufgeführt: 1. Leistungen nach dem BAföG, die als Zuschuss – und nicht als Darlehen – gewährt werden. BAföG-Leistungen für die Internatsunterbringung eines Kindes sind nur mit dem Wert der Sachbezugsverordnung anzusetzen. 2. Berufsausbildungsbeihilfe nach § 59 SGB III (Leistungen für den Lebensunterhalt nach §§ 65, 66 und 74 SGB III, Lernmittel und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 68 Abs. 2 SGB III sowie Arbeitskleidung nach § 68 Abs. 3 SGB III). ! Praxishinweis: Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind zwar den Bezügen zuzurechnen, müssen aber auf der Ausgabenseite wieder abgezogen werden, nach dem Urteil des BVerfG (vgl. VI). 3. Leistungen zur beruflichen Eingliederung behinderter Menschen nach § 98 SGB III (Ausbildungsgeld gemäß § 104 SGB III, Übergangsgeld gemäß § 160 SGB III, Kosten für Lernmittel und Arbeitsausrüstung gemäß § 109 Abs. 1 SGB III und Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung gemäß § 109 Abs. 1 i.V.m. § 113 SGB III). ! Praxishinweis: Die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sind zwar den Bezügen zuzurechnen, müssen aber auf der Ausgabenseite wieder abgezogen werden, nach dem Urteil des BVerfG (vgl. VI). 4. Unterhaltsgeld nach § 77 i.V.m. §§ 153 bis 155 SGB III. 5. Im Zusammenhang mit berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation zustehendes Übergangsgeld von den Trägern der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung. 6. Eingliederungshilfe nach §§ 418, 420 SGB III, jedoch ohne die Lehrgangskosten nach § 419 Abs. 1, § 420 Abs. 3 i.V.m. § 82 SGB III. 7. Der Berufsausbildungsbeihilfe oder dem Unterhaltsgeld vergleichbare Leistungen aus öffentlichen Mitteln (z.B. landesrechtliche Leistungen, Europäischer Sozialfonds). 8. Erziehungsbeihilfe nach § 27 BVG. 9. Förderungsleistungen nach § 5 SVG. ! Praxishinweis: Von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht erfasst werden Leistungen, die dem Träger einer Bildungsmaßnahme unmittelbar als Kostenerstattung für die Ausbildungsleistung überwiesen werden (sog. betriebsbezogene Maßnahmekosten oder Lehrgangsgebühren sowie Fernunterrichtsgebühren nach §§ 69, 82 und 109 Abs. 1 SGB III). Dagegen werden Leistungen für Unterkunft und Verpflegung nach den Werten der Sachbezugsverordnung als Bezug angerechnet (DA 63.4.2.6 Abs. 3 DA-FamEStG).
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§2 96
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Bei der Ermittlung der Bezüge ist von diesen Bezügen (wenn mehrere im Jahr anfallen von allen Bezügen insgesamt) eine Kostenpauschale in Höhe von 180,00 € in Abzug zu bringen. Ein höherer Abzug ist nur dann zulässig, wenn Aufwendungen nachgewiesen oder glaubhaft gemacht werden, die im Zusammenhang mit den Bezügen stehen und tatsächlich angefallen sind (z.B. Kosten eines Rechtsstreites zur Erlangung einer Halbwaisenrente). Die Kostenpauschale ist – wie der Arbeitnehmer-Pauschbetrag [§ 9 a Nr. 1 a) EStG] für Einkünfte – zeitanteilig auf die Monate aufzuteilen, in denen Bezüge gezahlt werden.123 Grundsatz:
Es wird unterstellt, dass dem Kind im gesamten Kalenderjahr Bezüge zufließen. Die Kostenpauschale verteilt sich gleichmäßig auf alle Kalendermonate, mithin 1 /12 für jeden Monat oder 30/360, da der Kalendermonat aus Vereinfachungsgründen mit 30 Tagen angesetzt wird. Ausnahme: Dem Kind fließen im Kalenderjahr nicht in allen Monaten des Jahres Bezüge zu. Die Kostenpauschale verteilt sich dann nur auf die Kalendermonate in denen Bezüge zugeflossen sind (Hierbei ist es gleichgültig, ob in diesen Monaten an allen Tagen ein Zufluss gegeben war, oder nur an einem Tag.). Bsp.: Bezüge lagen in den Monaten Jan. – Mai und im Sep., November und Dezember vor = acht Monate. Die Verteilung der Kostenpauschale erfolgt mit einem Ansatz pro Kalendermonat von ⅛, oder 30/240 (30 Tage pro Monat). Auswirkungen: Wenn das Kind wie im Beispiel bei der Ausnahme nur in den Monaten Jan. bis Mai zu berücksichtigen ist, entfallen von der Kostenpauschale 5/8 bzw. 150/240 auf den besonderen Anspruchszeitraum. Hinweis: Ist die Kostenpauschale auf einen Teilmonat aufzuteilen, da innerhalb dieses Monats im besonderen Anspruchszeitraum und außerhalb des besonderen Anspruchszeitraumes Bezüge zufließen, ist die Kostenpauschale tageweise aufzuteilen. Dabei wird der Monat immer mit 30 Tagen gerechnet. Bsp.: Die gewerbliche Berufsausbildung des Kindes endet am 13.07. und das Kind wird nahtlos vom Ausbildungsbetrieb in ein Dauerbeschäftigungsverhältnis übernommen. Es erzielt Einnahmen aus Kapitalvermögen und somit auch Bezüge in Höhe des ausgeschöpften Sparerfreibetrages. Im Monat entfallen 13/30 des anzusetzenden Monatsbetrages (siehe oben beschriebene Ermittlung) auf den besonderen Anspruchszeitraum. Formel: Kalendermonate des Kalenderjahres mit besonderen Anspruchsvoraussetzungen mit Bezügen zu je 30 Tagen [Ausnahme: Teilmonat mit Bezügen innerhalb und außerhalb des besonderen Anspruchszeitraumes, dann für diesen Kalendermonat nur die Tage des besonderen Anspruchszeitraumes (besser Anrechnungszeitraumes)] : Kalendermonate des Kalenderjahres mit Bezügen × Kostenpauschale = Berücksichtigungsfähiger Anteil der Kostenpauschale für den besonderen Anspruchszeitraum (Anrechnungszeitraum) 123 BFH Urteil v. 01.07.2003 VIII R 96/02, BStBl 2003 II, S. 759 (Urteil zum Arbeitnehmer-Pauschbetrag).
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Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
Besondere Ausbildungskosten
Besondere Ausbildungskosten, auch als ausbildungsbedingter Mehrbedarf oder Mehraufwand bezeichnet, sind Aufwendungen, die bei der Einkünfteermittlung dem Grunde und der Höhe nach als Werbungskosten abzuziehen wären. Dabei sind die Einkünfte und Bezüge des Kindes um die besonderen Ausbildungskosten zu kürzen, unabhängig ob sie aus Bezügen oder Einkünften finanziert werden.124 Dies bedeutet, dass zunächst immer erst die Einkünfte und Bezüge ermittelt und dann von der Summe dieser beiden Beträge die besonderen Ausbildungskosten abgezogen werden. Deshalb erfolgt auch keine Anrechnung der Kostenpauschale auf die besonderen Ausbildungskosten. D.h., hat das Kind Bezüge, ist von diesen Bezügen die Kostenpauschale abzuziehen, auch wenn besondere Ausbildungskosten geltend gemacht werden.125 Besondere Ausbildungskosten sind: 1. Fahrtkosten Mit dem zuvor genannten Urteil hatte der BFH bereits entschieden, dass besondere Ausbildungskosten Kosten sind, die grundsätzlich innerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses als Werbungskosten zu berücksichtigen wären. Diesen Grundsatz hat er mit einer weiteren Entscheidung gefestigt und festgehalten, dass ein Kind, sofern es am auswärtigen Ort wohnt, die regelmäßigen Aufwendungen sowohl für die Fahrten zwischen der Wohnung am Ausbildungsort und der Ausbildungsstelle als auch die Fahrten von und zum Haushalt des Kindergeldberechtigten als besondere Ausbildungskosten geltend machen kann.126 ! Praxishinweis: Aufgrund dieses Urteils können Studenten ihre Fahrten von der Wohnung der Eltern zur Wohnung am auswärtigen Studienort und die Fahrtkosten innerhalb des Studienortes zur Ausbildungseinrichtung (z.B. Universität) geltend machen. Die Geltendmachung erfolgt im Rahmen der Entfernungspauschale, da der BFH in diesen Fällen die Ausbildungseinrichtung als regelmäßige Arbeitsstätte sieht. Es können natürlich auch nur Kosten von der Wohnung der Eltern zur Ausbildungseinrichtung geltend gemacht werden, sofern die Ausbildung nicht auswärts stattfindet. 2. Bücher, Arbeitsmittel, Studiengebühren127 Die Kosten für Bücher, Arbeitsmittel und Studiengebühren können ebenfalls in Ansatz gebracht werden. Hierzu ist ein Nachweis bei der Familienkasse einzureichen. Zu beachten ist dabei, dass die Bücher sowie die Arbeitsmittel auf der Quittung ordentlich ausgewiesen sind. ! Praxishinweis: Zu den Studiengebühren zählen nicht die normalen Einschreibe-, Semester- oder Rückmeldegebühren. Diese Verwaltungsgebühren sind ausgenommen von der Berücksichtigung. 3. Kosten für eine Studienreise Hierbei handelt es sich um eine durch die Ausbildungseinrichtung organisierte Bildungsreise.
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BFH Urteil v. 14.11.2000 VI R 62/97, BStBl 2001 II, S. 491. BFH Urteil v. 12.09.2001 VI R 42/01 (NV), BFH/NV 2002, S. 189. BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 77/00, BStBl 2002 II, S. 12. BFH Urteil v. 14.11.2000 VI R 62/97, BStBl 2001 II, S. 491.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Ausgenommen von der Berücksichtigung sind die Kosten, die grundsätzlich der privaten Lebensführung zuzuordnen wären. Mithin können die Kosten für Unterkunft und Verpflegung nicht geltend gemacht werden.128 ! Praxishinweis: In einer späteren Entscheidung hat der BFH die Möglichkeit eröffnet, dass ggf. auch Kosten für die Unterkunft und Verpflegung geltend gemacht werden können, sofern das Kind außerhalb des Ausbildungsortes einen eigenen Hausstand i.S.d. § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 EStG hat (analog der Kosten für eine doppelte Haushaltsführung).129 ! Praxishinweis: Besondere Ausbildungskosten sind Kosten, die ansonsten Werbungskosten wären. Erzielt das Kind Einkünfte (z.B. innerhalb eines Ausbildungsdienstverhältnisses), so sind die in diesem Zusammenhang entstehenden Kosten als Werbungskosten abzuziehen. Eine nochmalige Berücksichtigung als besondere Ausbildungskosten ist nicht möglich.130 Demzufolge kommt keine Doppelberücksichtigung der besonderen Ausbildungskosten in Betracht.
VI. 99
Sozialversicherungsbeiträge
Das BVerfG hat entschieden, dass die Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen des Kindes in die Bemessungsgrundlage für den Jahresgrenzbetrag gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu Lasten der unterhaltsverpflichteten Eltern gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 3 GG verstößt.131 Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmeranteil der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung (Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) von den Einkünften des Kindes in Abzug gebracht werden kann. Das BVerfG begründet dies damit, dass diese Arbeitnehmeranteile (im Streitjahr ohne Pflegeversicherung) dem Kind zur Bestreitung des Unterhaltes nicht zur Verfügung stehen. Zudem wird im Beschluss (vgl. Begründung II) ausgeführt, dass § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verfassungskonform so auszulegen sei, dass von den Bezügen und von den Einkünften nur diejenigen in die Bemessungsgröße des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG einfließen, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind. Da die Arbeitnehmeranteile der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung dem Kind zur Bestreitung des Unterhaltes nicht zur Verfügung stehen, sind diese von den Einkünften und Bezügen in Abzug zu bringen. Gleichzeitig hat das BVerfG in dem Beschluss festgestellt, dass es bei der Definition der Einkünfte und Bezüge verbleibt. Es ist keinesfalls davon auszugehen, dass im Kindergeldrecht bei der Ermittlung der zur Verfügung stehenden Mittel vom zu versteuernden Einkommen auszugehen ist. Dies heißt, es bleibt bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge. Von diesen ermittelten Beträgen sind nach dem Beschluss des BVerfGs die gesetzlichen Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung in Abzug zu bringen.
128 BFH Urteil v. 14.11.2000 VI R 128/00, BStBl 2001 II, S. 495; BFH Urteil v. 14.11.2000 VI R 52/98, BStBl. 2001, S. 489; BFH Urteil v. 23.11.2000 VI R 93/99 (NV), BFH/NV 2001, S. 755; BFH Beschluss v. 05.04.2002 VIII B 142/01 (NV), BFH/NV 2002, S. 1292. 129 BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 78/00 (NV), BFH/NV 2001, S. 1558. 130 BFH Urteil v. 23.07.2002 VIII R 63/00 (NV), BFH/NV 2003, S. 24. 131 BVerfG Beschluss v. 11.01.2005 2 BvR 167/02, BFH/NV 2005, Beilage 3, S. 260.
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D.
2
Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder
Der Abzug der Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung erfolgt insoweit wie der Abzug der besonderen Ausbildungskosten. Durch den o.g. Beschluss des BVerfG waren zwar die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung abzugsfähig, aber die privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung waren hiervon nicht erfasst. Auch die Verwaltung sah keinen Anlass, über den Beschluss des BVerfG hinaus einen Abzug zuzulassen. Nunmehr hat der BFH die Lücke geschlossen. Mit ersten Urteilen hat er entschieden, dass auch die privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge sowie die Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung berücksichtigungsfähig sind.132 Eine Berücksichtigung der privaten Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge hat er auf den Rahmen beschränkt, der den gesetzlichen Versicherungsschutz abdeckt. D.h., nur die Tarife sind zu berücksichtigen, die den Anspruch der gesetzlichen Sozialversicherung abdecken. Ein Versicherungsschutz darüber hinaus ist Sache der privaten Lebensführung und somit nicht berücksichtigungsfähig. Der größte Teil der privaten Versicherungsbeiträge wird zwar unter dem Betrag liegen, den ein gesetzlich Versicherter an eine gesetzliche Krankenkasse entrichten muss, doch hier kommt es nicht auf den Betrag an, sondern auf die in der Versicherung steckenden Leistungen, es sei denn, die Verwaltung würde aus Vereinfachungsgründen den jährlich festgelegten maßgeblichen Beitragssatz für den Höchstbetrag für den Beitragszuschuss des Arbeitgebers an Arbeitnehmer, die bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen versichert sind, zur Anwendung bringen (vgl. § 257 SGB V). Der hälftige maßgebende Beitragssatz beträgt ab dem 01.01.2007 6,65 v.H der sozialversicherungspflichtigen Einnahmen (Bruttoarbeitslohn) bis zur Beitragsbemessungsgrenze.. > Beispiel: K ist Anwärter und erhält monatlich 1.000,00 €. Zudem eine Weihnachtszuwendung in Höhe von 600,00 €. Wäre er gesetzlich versichert und würde man den o.g. hälftigen maßgebenden Beitragssatz ansetzten, so müsste er einen Beitrag an eine gesetzliche Krankenkasse i.H.v. 837,90 € [(12 X 1.000,00 € + 600,00 €) × 6,65 %] zahlen. An die private Krankenversicherung werden nur 12 gleiche Monatsbeträge fällig, die Weihnachtszuwendung wirkt sich hier nicht aus. Durchschnittlich zahlt ein Anwärter z.B. 50,00 – 70,00 € als Monatsbeitrag. Das ergibt eine Gesamtsumme von 600,00 € bis 840,00 €. Dies bedeutet, dass nur ein geringer Teil evtl. den Durchschnittsbetrag der gesetzlichen Krankenkassen überschreitet. Aber wie gesagt, auf den Geldbetrag kommt es eigentlich nicht an. Die Familienkassen müssen nach den Urteilen die Verträge dahingehend kontrollieren, was evtl. über das gesetzliche Maß hinaus versichert wurde (z.B. Chefarztbehandlung, Ein-Bett-Zimmer usw.). ! Praxishinweis: Da die privaten Krankenversicherungen Bescheinigungen ausstellen, was grundsätzlich nach § 257 SGB V bezuschussungsfähig durch den Arbeitgeber wäre (hier wird auch auf das gesetzliche Maß beschränkt), sollte man sich eine solche Bescheinigung ausstellen lassen und bei der Familienkasse einreichen. Die Pflegeversicherung dürfte m.E. nicht betroffen sein, hier ist der gezahlte Wert berücksichtigungsfähig.
132 BFH Urteil v. 14.12.2006 III R 24/06, BFH/NV 2007, S. 586; BFH Urteil v. 16.11.2006 III R 74/05, BFH/NV 2007, S. 559.
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2
§2
Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
VII.
Gesamtüberblick über die Ermittlung der Einkünfte und Bezüge
2 101 ./. ./. ./. =
E. 102
Einkünfte (Einnahmen./.Werbungskosten./.Kinderbetreuungskosten133) Bezüge (Bezüge ./. Kostenpauschale) Kinderfreibetrag/Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung133 besondere Ausbildungskosten gesetzliche Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung/Beiträge zur privaten KV/PV/freiwillige Beiträge zur gesetzlichen KV/PV Bemessungsgröße, die dem maßgeblichen Grenzbetrag gegenüber gestellt wird!
Kinderfreibetrag, Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes
Der Begriff des Kindes für die grundsätzlich Berücksichtigung des Kindes bei den Freibeträgen gem. § 32 Abs. 6 EStG ist enger gefasst, als der Begriff des Kindes für das steuerliche Kindergeld. So können die Freibeträge gem. § 32 Abs. 6 EStG grundsätzlich nur für Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG angesetzt werden, demzufolge für die im ersten Grad mit dem Berechtigten verwandte Kinder (leiblichen Kinder) und die Pflegekinder. Die im Kindergeldrecht auch zu berücksichtigenden Kinder des Ehegatten, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat [Stiefkinder (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG)] und die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG) sind zunächst beim Ansatz der Freibeträge gem. § 32 Abs. 6 EStG ausgenommen. Die Freibeträge können jedoch auf Antrag auf einen Stiefelternteil oder Großelternteil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 32 Abs. 6 Satz 7 EStG). Eine Zustimmung des berechtigten Elternteils hierzu ist nicht erforderlich. Liegt diese aber vor, so kann sie nur für folgende Kalenderjahre widerrufen werden (§ 32 Abs. 6 Satz 7 letzter Teilsatz EStG). ! Praxishinweis: Für das Kind der Partnerin einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft kann kein Kinder- und Haushaltsfreibetrag (Achtung – Haushaltsfreibetrag nur bis VZ 2003) berücksichtigt werden, da die Partnerinnen einer solchen Lebensgemeinschaft keine „Ehegatten“ sind und das Kind der einen Partnerin nicht als Stiefkind i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 6 EStG der anderen Partnerin anzusehen ist.134
103
Der Wohnsitz (§ 8 AO) oder der gewöhnliche Aufenthalt (§ 9 AO) des Kindes ist für die Berücksichtigung der Freibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) von geringerer Bedeutung als für den Anspruch auf Kindergeld.
133 Achtung: Der Ansatz von Kinderbetreuungskosten, Kinderfreibetrag/Freibetrag für Betreuung, Erziehung und Ausbildung ist nur bei Kindern mit Kindern möglich (beachte Rn. 68)! 134 BFH Urteil v. 20.04.2004 VIII R 88/00 (NV), BFH/NV 2004, S. 1103; hierzu BVerfG Beschluss v. 12.01.2006 2 BvR 1143/04, Haufe-Index 1494534.
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E.
2
Kinderfreibetrag, Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes
Das Kind kann u.U. kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden, da es für die Berücksichtigung seinen Wohnsitz (§ 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland (Deutschland) oder gem. DA 63.6.1 Abs. 1 DA-FamEStG in einem EU- bzw. EWR-Staat haben muss. Haben Kinder keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder in einem EU- bzw. EWRStaat, können sie nur berücksichtigt werden, wenn sie im Haushalt eines Berechtigten wohnen, der nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist (s.a. § 4, D). Für die Berücksichtigung des Kindes i.S.d. § 32 Abs. 6 ist der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt nur für die Höhe der Freibeträge interessant. Es kommt aufgrund des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts nicht zum völligen Wegfall. Die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 Satz 1–3 EStG werden lediglich an die Verhältnisse des Wohnsitzstaates angepasst. Hierzu hat das Bundesministerium der Finanzen eine entsprechende Richtlinie herausgegeben (Ländergruppeneinteilung – BStBl 2003 I S. 637 ff.).
I.
2
Kinderfreibetrag
Der Kinderfreibetrag definiert das sächliche Existenzminimum eines Kindes. Die Höhe beträgt seit dem VZ 2002 1.824,00 € bzw. 3.648,00 € bei zusammenveranlagten Ehegatten im Kalenderjahr. Im laufenden Kalenderjahr wird in der Regel zunächst Kindergeld durch die Familienkasse gewährt. Nach Ablauf des Jahres wird durch das Finanzamt geprüft, ob der Ansatz des Kinderfreibetrages und des Betreuungsfreibetrages (vgl. Rn. 106/107) günstiger ist, als der Ansatz des Kindergeldes. Ist dies der Fall, so werden die Freibeträge bei der Ermittlung der zu entrichtenden Einkommensteuer berücksichtigt und das Kindergeld der Einkommensteuer wieder hinzugerechnet. D.h., neben dem Kindergeld kann nicht noch zusätzlich der Kinderfreibetrag in Ansatz gebracht werden.135
104
! Praxishinweis: Das Kindergeld wird ab dem VZ 2004 immer angerechnet. D.h., es ist, sofern noch nicht geschehen, bei der Familienkasse zu beantragen, auch wenn die Freibeträge sich günstiger auswirken, da wie zuvor beschrieben, das Kindergeld immer der Einkommensteuer ohne Rücksicht darauf, ob gezahlt oder nicht, hinzugerechnet wird. Bis VZ 2003 wurde nur das tatsächlich gezahlte Kindergeld angerechnet. Die Freibeträge werden bei der Ermittlung des Solidaritätszuschlages und der Kirchensteuer immer berücksichtigt. Nach § 32 Abs. 6 Satz 5 EStG vermindert sich der Kinderfreibetrag um je 1/12 für jeden Monat im Kalenderjahr, in dem nicht die Voraussetzungen für die Berücksichtigung des Kindes vorlagen. Gleiches gilt, wenn nur für einen Teil des Kalenderjahres eine unbeschränkte Steuerpflicht besteht.136
135 BFH Beschluss v. 16.08.2005 III B 32/05 (NV), BFH/NV 2005, S. 2188. 136 BFH Urteil v. 14.10.2003 VIII R 111/01 (NV), BFH/NV 2004, S. 331.
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§2
II. 2
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Betreuungsfreibetrag
Der Bereuungsfreibetrag (Freibetrag für Betreuungs- und Erziehungs- und Ausbildungsbedarf) wurde ab dem VZ 2002 neu gestaltet. Bis dahin galt eine Altersgrenze von 16 Jahren und eine zusätzlich Unterscheidung zwischen behinderten und nicht behinderten Kindern. Von dieser ist man nunmehr abgekommen. Der Freibetrag gilt für alle Kinder gleichermaßen. ! Praxishinweis: Als außergewöhnliche Belastungen kann nach § 33 a Abs. 2 EStG zur Abgeltung eines Sonderbedarfs eines sich in Berufsausbildung befindenden volljährigen Kindes ein Freibetrag i.H.v. 924,00 € geltend gemacht werden, wenn es auswärtig untergebracht ist. Die über dem Ausbildungsfreibetrag liegenden Kosten können jedoch nicht geltend gemacht werden.137
107
Liegen bei den Eltern eines Kindes die Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung nicht vor, wird allein auf Antrag des Elternteils, bei dem das Kind gemeldet ist, der Betreuungsfreibetrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen. Die Übertragung hängt nicht davon ab, dass der andere Elternteil seine Unterhaltspflicht verletzt oder der Übertragung zugestimmt hat.138 Diese Regelung zum alten Gesetzeswortlaut (Berücksichtigung der Kinder bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres), wurde in das neue Recht übernommen. D.h., bei minderjährigen Kindern kann der allein betreuende Elternteil die Übertragung des Betreuungsfreibetrages des anderen Elternteils auf sich ohne dessen Zustimmung verlangen (§ 32 Abs. 6 Satz 6, letzter Teilsatz EStG).
III. 108
Berücksichtigungsfähige Kinder
Der Kinderfreibetrag sowie der Betreuungsfreibetrag wird für Kinder gewährt, die die Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 und Abs. 2 EStG erfüllen, demzufolge für die im ersten Grad mit dem Berechtigten verwandten Kinder (leiblichen Kinder) und die Pflegekinder. Des Weiteren müssen sie die Voraussetzungen des § 32 Abs. 3, 4 oder 5 EStG erfüllen. Die Beurteilung erfolgt dabei – wie für die Festsetzung des Kindergeldes – monatlich, bezogen auf die Grundtatbestände. Bei Kindern, die bereits das 18. Lebensjahr vollendet haben, werden neben dem Vorliegen eines Grundtatbestandes die Einkünfte und Bezüge ermittelt. Hierbei gilt das Kalenderjahresprinzip. D.h., wird der maßgebliche Grenzbetrag des betreffenden Kalenderjahres überschritten, besteht für dieses Jahr (bzw. den besonderen Anspruchszeitraum dieses Kalenderjahres) kein Anspruch auf das Kindergeld und auch nicht auf die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG. Insoweit handelt es sich bei der Berücksichtigung von Kindern nach Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich um eine Betrachtung des besonderen Anspruchszeitraumes innerhalb des betreffenden Kalenderjahres, der sich aus einzelnen Monaten zusammensetzt, aber gemeinsam betrachtet wird [Ausnahmen: behinderte Kinder, verheiratete Kinder, Kinder mit Kindern (Unterhaltanspruch nach § 1615 l BGB gegen den Vater ihres Kindes)]. Stiefkinder (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und Enkelkinder (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG) fallen nicht unter den Kindbegriff des § 32 Abs. 6 EStG. Die Übertragung der Freibeträge ist jedoch möglich (vgl. Rn. 102).
137 BFH Beschluss v. 22.12.2005 III B 137/05 (NV), BFH/NV 2006, S. 735. 138 BFH Urteil v. 18.05.2006 III R 71/04, BFH/NV 2006, S. 1928.
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E.
IV.
2
Kinderfreibetrag, Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes
Anlage Kind
Nachfolgend werden einige Hinweise zur Anlage Kind gegeben: Die Anlage Kind ist für jedes Kind, für das ein Anspruch auf die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG besteht, einzeln auszufüllen. Angaben zum Kind (Zeile 4–7) N Neben dem Namen (ggf. Geburtsname), Vorname(n) und Geburtsdatum ist es wichtig, sofern das Kind verheiratet ist, das Datum der Eheschließung anzugeben. Ferner ist der Wohnort des Kindes anzugeben (vgl. § 4, D). Achtung, da das Kindergeld bzw. der maßgebliche Grenzbetrag nicht der Kürzung nach der Ländergruppeneinteilung unterliegt, aber die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG, kann das gewährte Kindergeld höher ausfallen wie die steuerliche Auswirkung der gekürzten Freibeträge, selbst wenn der Steuersatz über 31,82 % liegt. Ggf. werden gar keine Freibeträge gewährt, da der maßgeblich Grenzbetrag für die Einkünfte- und Bezügegrenze des Kindes bei den Freibeträgen der Kürzung nach der Ländergruppeneinteilung (BStBl 2003 I S. 637 ff.) unterliegt. Kindschaftsverhältnis (Zeile 8) N Der Kinderfreibetrag wird nur für leibliche Kinder/Adoptivkinder bzw. Pflegekinder gewährt. Bei der Angabe „Stiefkind“ bzw. „Enkelkind“ ist die Übertragung der Freibeträge mit zu beantragen, da ansonsten keine Gewährung möglich ist. Berücksichtigung eines volljährigen Kindes (Zeilen 12–19) N Hier sind die Angaben zu den besonderen Anspruchstatbeständen des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG zu machen. Zu beachten ist hierbei, dass mehrere besondere Anspruchstatbestände auch nebeneinander vorliegen können. In diesem Fall wird empfohlen, auch alle besonderen Anspruchstatbestände einzutragen. Die Angaben sollten sich mit denen gegenüber der Familienkasse decken. Die für die Familienkasse hierzu ausgefüllten Unterlagen sind zum Beantworten der Fragen meist hilfreich. Beachten Sie, dass die Angaben taggenau gemacht werden! Kinder in Berufsaubildung (Zeilen 12/13) – § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG N Da das Kind mehrere gleiche oder verschiedene Berufsausbildungen in einem Kalenderjahr absolvieren kann, besteht hier die Möglichkeit, mehrere Zeiträume (Vordruck 2, Elster 3) anzugeben (z.B. erst Abitur, dann Studium). Sollten im Einzelfall doch noch mehrere Zeiträume benötigt werden, empfiehlt es sich, eine Anlage beizufügen (bei Elster nicht möglich). Bei der Hochschulausbildung sind die bis zu drei im Kalenderjahr vorliegenden Semester zusammenzufassen als ein Ausbildungsabschnitt (außer bei Hochschulwechsel). Sollte diese jedoch durch ein Urlaubssemester unterbrochen sein, sind verschiedene Abschnitte anzugeben. Dies gilt auch dann, wenn während des Urlaubssemesters das Kind berücksichtigt werden kann, da in dieser Zeit auch eine Berufsausbildung vorliegt (z.B. Studium oder Sprachausbildung an einer anderen Hochschule, meist im Ausland). Nachweise über die Schul- bzw. Berufsausbildung sind beizufügen (z.B. Schulbescheinigung, Berufsausbildungsvertrag usw.) Zum Begriff der Berufsausbildung s. Rn. 27.
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§2 114
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
Kind ohne Ausbildungsplatz (Zeile 14) – § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG N Hier sind die Zeiträume einzutragen, in denen das Kind die Ausbildung entweder nicht beginnen oder fortsetzen konnte (vgl. Rn. 44 ff.). Als Nachweise können sowohl die Bestätigung der Registrierung als Ausbildungssuchender bei der Agentur für Arbeit als auch (nur) eigene Bewerbungsnachweise (Bewerbungen, Absagen, Einladungen zu Vorstellungsgesprächen usw.) dienen. Sollte schon eine Zusage für einen Ausbildungs- oder Studienplatz vorliegen, reicht die Vorlage dieses Nachweises aus. Bitte beachten Sie, dass aufgrund der Rechtsprechung auch ein Kind während dieser Zeit einer Tätigkeit nachgehen kann, sofern durch diese nicht der maßgebliche Grenzbetrag überschritten wird (ausführliche Informationen hierzu s. Rn. 70 ff.). Kind im freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr, einem Europäischen Freiwilligendienst oder einen anderen Dienst im Ausland (§ 14 b ZDG) (Zeile 15) – § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG N Zu den einzelnen Diensten und deren Gestaltungsvielfalt s. Rn. 47–51. Kind in einer Übergangszeit (Zeile 16) – § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG N Kinder befinden sich in einer Übergangszeit, wenn der eine Ausbildungsabschnitt beendet ist und der nächste innerhalb von vier Monaten beginnt. Diese vier Monate sind so zu verstehen, dass es vier volle Kalendermonate zwischen dem letzten und nächsten Ausbildungsabschnitt sein können. Meist liegt dabei aber auch gleichzeitig der besondere Anspruchstatbestand des Kindes ohne Ausbildungsplatz vor. Ist dies der Fall, würde beim Überschreiten des Zeitraumes von vier Monaten zumindest der andere besondere Anspruchstatbestand vorliegen, der des Kindes ohne Ausbildungsplatz. Eine Übergangszeit liegt aber auch vor oder nach dem Wehr- oder Zivildienst oder den besonderen Anspruchstatbeständen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 d EStG vor. In der Regel ist hier aber nicht der besondere Anspruchstatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG – Kind ohne Ausbildungsplatz gegeben. Ausführliche Informationen zur Übergangszeit finden Sie unter Rn. 39 ff. Arbeit suchendes Kind ohne Beschäftigung (Zeile 17) – § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG N Zur Berücksichtung ist eine Meldung bei der Agentur für Arbeit als Arbeitsuchender notwendig. Achtung, das Kind darf einer Beschäftigung während dieser Zeit nachgehen, sofern diese Tätigkeit nicht über eine geringfügige Beschäftigung hinausgeht. Weiter Informationen entnehmen Sie bitte Rn. 22 ff. Behindertes Kind (Zeile 18) – § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG N Bis zum VZ 2006 musste die Behinderung vor dem 27. Lebensjahr eingetreten sein. Ab dem VZ 2007 werden Kinder nur noch dann unter diesem besonderen Anspruchstatbestand berücksichtigt, wenn die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten ist. Dies gilt aber nur für die Fälle, bei denen die Behinderung im Kalenderjahr 2007 eintritt. Für alle anderen Kinder (Eintritt der Behinderung bis zum 31.12.2006) gilt weiterhin die Altersgrenze vom 27. Lebensjahr. Weitere Informationen, insbesondere auch zum Nachweis und dem Begriff des Selbstunterhaltes finden Sie in den Rn. 52 ff.
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E.
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Kinderfreibetrag, Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes
Zeiten des Grundwehr- oder Zivildienstes (Zeile 19) N Während dieser Zeiten kann ein Kind grundsätzlich nicht berücksichtigt werden. Die Angaben werden für eine evtl. Verlängerungsmöglichkeit gem. § 32 Abs. 5 EStG benötigt. Achtung – die Verlängerung kommt erst später zum Tragen, wenn das Kind über das 25. Lebensjahr hinaus (Übergangsregelungen/Rn. 17) noch in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG) ist bzw. sich in einer Übergangszeit (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG) befindet. Bei Bedarf sollte das Finanzamt darüber nochmals informiert werden, damit sichergestellt ist, dass die Information nicht verloren geht. So können hier auch Angaben zu Vorjahren gemacht werden. Sollte eine Berufsausbildung während dieser Zeit vorliegen, ist diese in der Zeile 12 zu vermerken. Neben dem Grundwehr- oder Zivildienst kann nach der Rechtsprechung des BFH der besondere Anspruchstatbestand der Berufsausbildung vorliegen. Die Gewährung der Freibeträge ist möglich, sofern die anderen Voraussetzungen (Einkünfte und Bezüge) nicht dagegen sprechen. Darüber hinausgehende Informationen entnehmen Sie bitte Rn. 58 ff. Einkünfte und Bezüge des Kindes (Zeilen 20–25) N Hinweise zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge, den besonderen Ausbildungskosten und den Sozialversicherungsbeiträgen entnehmen Sie bitte den jeweiligen Ausführungen im Kapitel D. Die Aufstellung sollte der jeweiligen Formularvariante der Länder bzw. dem ElsterFormular angepasst werden. Zum Teil sind hier detaillierte Angaben zu der auswärtigen Unterbringung bei einer Berufsausbildung zu machen. M.E. dürfte eine eigene einzelne Aufstellung der Einkünfte und Bezüge bei komplexeren Fällen (z.B. verschiedene Renten, verschiedene Kapitalerträge usw.) von Vorteil sein. Zudem ist anzumerken, dass bei der ElsterFormularvariante der Nutzer zunächst selbst ohnehin z.B. bei Renten die einzelnen Komponenten (Ertragsanteil oder steuerfreier/steuerpflichtiger Anteil) ermitteln muss. Des Weiteren werden sicherlich in Zukunft Angaben dazu notwendig sein, wann das Kind was bekommen hat, damit die Finanzbehörde der jüngsten Rechtsprechung des BFH Rechnung tragen kann (vgl. Rn. 70). Übertragung der Freibeträge (Zeilen 31–34) N Hier erfolgen die Angaben zur Übertragung der Freibeträge (s.a. Rn. 102). Folgendes ist zu beachten: 1. Wurde ein Elternteil vom anderen Elternteil aufgrund einer entgeltlichen Freistellungsabrede von seiner zivilrechtlichen Unterhaltspflicht gegenüber seinem Kind freigestellt, kommt der freigestellte Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung i.S. des § 32 Abs. 6 Satz 4 EStG nach, soweit der freistellende Elternteil Unterhaltsleistungen für den freigestellten Elternteil erbringt.139
139 BFH Urteil v. 24.03.2006 III R 57/00 (NV), BFH/NV 2006, S. 1815.
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Kinder, Freibeträge für Kinder (§ 32 EStG)
2. Kommt ein Elternteil seiner Unterhaltsverpflichtung nach, darf der ihm zustehende Kinderfreibetrag ohne seine Zustimmung auch dann nicht auf den anderen Elternteil übertragen werden, wenn sein Beitrag zum Unterhaltsbedarf des Kindes geringfügig ist, wenn der restliche Unterhaltsbetrag durch den anderen Elternteil aufgrund einer vereinbarten Freistellung erfüllt wird.140 Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (Zeilen 35–40) N Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende ist der Ersatz für den vom BVerfG für verfassungswidrig erklärten Haushaltsfreibetrag. Er steht nur allein erziehenden Personen zu. D.h. in dem Haushalt dürfen keine weiteren volljährigen Personen (Ausnahme – Personen, für die der allein erziehenden Person ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder Kindergeld zusteht oder ein Kind, das einen Dienst bzw. eine Tätigkeit i.S.d. § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1–3 EStG ausübt) leben. Bei Zusammenleben mit anderen volljährigen Personen wird eine Haushaltsgemeinschaft vermutet. Eine Widerlegung der Vermutung ist jedoch möglich (Ausnahme – eheähnliche Lebensgemeinschaft oder eingetragene Lebenspartnerschaft). § 24 b EStG führt deshalb nicht zur Diskriminierung von ehelichen gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften, da er nur den Freibetrag Alleinstehenden gewährt.141 Freibetrag zur Abgeltung eines Sonderbedarfs bei Berufsausbildung eines volljährigen Kindes (Zeilen 41–43) N Der Freibetrag beträgt maximal 924,00 €. Auch bei Nachweis von höheren Kosten können diese nicht berücksichtigt werden. Der Betrag wird entsprechend der Ländergruppeneinteilung (BStBl 2003 I S. 637 ff.) gekürzt. Jedem Elternteil steht der hälftige Betrag zu. Sie können aber durch einen gemeinsamen Antrag eine andere Aufteilung wählen (vgl. Zeile 43). Zur Berufsausbildung gehört auch eine Schulausbildung. Schulgeld (Zeile 44) N Besucht ein Kind im Inland eine staatlich genehmigte oder durch Landesrecht erlaubte Ersatzschule oder nach Landesrecht anerkannte allgemein bildende Ergänzungsschule, sind 30 % des Entgelts als Sonderausgaben abziehbar. Dies jedoch nur dann, wenn für dieses Kind noch ein Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag besteht. Die Vorschrift greift auch für anerkannte deutsche Schulen im Ausland.142 Achtung: Es sind nicht die 30 % einzutragen, sondern der entrichtete gesamte Betrag, gekürzt um die Beträge für die Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. Es besteht keine Höchstbegrenzung. Des Weiteren ist ein Nachweis von der Länderkultusbehörde beizufügen. Übertragung des Behinderten- oder Hinterbliebenen-Pauschbetrages (Zeilen 45–47) N Steht dem Kind oder dem Enkelkind, für das der Antragsteller Kindergeld oder den Kinderfreibetrag bekommt, ein Behinderten- oder Hinterbliebenen-Pauschbetrag zu, kann dieser beim Antragsteller berücksichtigt werden, wenn ihn das Kind nicht selbst in Anspruch nimmt.
140 BFH Urteil v. 27.10.2004 VIII R 11/04 (NV), BFH/NV 2005, S. 343. 141 BFH Urteil v. 19.10.2006 III R 4/05, BFH/NV 2007, S. 544; Verfassungsbeschwerde eingel. BVerfG 2 BvR 310/07. 142 BFH Urteil v. 14.12.2004 XI R 32/03, BStBl 2005 II, S. 518.
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Kinderfreibetrag, Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes
Ein Pauschbetrag nach § 33 b Abs. 3 EStG für ein behindertes Kind kann nicht nach § 33 b Abs. 5 EStG auf einen im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Elternteil übertragen werden, wenn das Kind im Ausland außerhalb eines EU/EWR-Mitgliedstaates seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat und im Inland keine eigenen Einkünfte erzielt.143 Kinderbetreuungskosten (Zeilen 61–89) N Zur Aufstellung der Kinderbetreuungskosten ist das Schreiben des BMF vom 19.01.2007 – IV C 4 – S 2221 – 2/07 (BStBl 2007 I, S. 184) zu beachten.
143 BFH Urteil v. 02.06.2005 III R 15/04, BStBl 2005 II, S. 828.
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§ 3 Anspruchsberechtigte (§ 62 EStG) 1
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Durch § 62 EStG wird der Personenkreis bestimmt, der berechtigt ist, das steuerliche Kindergeld für sich in Anspruch nehmen zu können. Ein Anspruch liegt danach vor, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind und wenn bei dem Berechtigten mindestens ein Kind zu berücksichtigen ist. Für dieses Kind darf jedoch kein Ausschlusstatbestand des § 65 EStG bzw. der Anspruch auf vorrangige Leistungen aufgrund über- oder zwischenstaatlichen Rechts vorliegen. Die Anspruchsberechtigung, d.h. der § 62 EStG, bezieht sich grundsätzlich auf die Steuerpflicht gem. § 1 EStG. Mithin haben folgende Personengruppen einen grundsätzlichen Anspruch auf das steuerliche Kindergeld: 1. Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben oder 2. Personen, die nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder 3. Personen, die nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden. Des Weiteren können Ausländer berücksichtigt werden, wenn sie die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 EStG erfüllen. Die Vorschrift des § 62 Abs. 2 EStG ist mit Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13.12.2006 (BGBl 2006, S. 2915) reformiert worden. Der Kreis der Anspruchsberechtigten Ausländer ist erweitert worden (vgl. C). Der Kindergeldanspruch nach § 62 EStG geht einem Anspruch auf Kindergeld nach dem BKGG grundsätzlich vor (§ 2 Abs. 4 Satz 1 BKGG). Dies gilt nicht für Kinder, die in den Haushalt eines Berechtigten i.S.d. § 1 BKGG aufgenommen sind oder für die dieser die höhere Unterhaltrente zahlt, wenn das Kind weder in seinen Haushalt noch in den Haushalt eines Anspruchsberechtigten nach § 62 EStG aufgenommen wurde, das Kind also einen eigenen Hausstand bzw. Wohnsitz inne hat. ! Praxishinweis: Zur Zahlung einer höheren Unterhaltsrente sind die Hinweise unter § 5 Rn. 9 zu beachten.
3
Die Feststellung zur unbeschränkten Steuerpflicht trifft nicht die Familienkasse. Sie ist vielmehr an die Feststellungen des Finanzamtes gebunden (DA 62.1 Abs. 3 Satz 1 DA-FamEStG). Die Entscheidung des Finanzamtes stellt jedoch keinen Grundlagenbescheid i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO dar. In Zweifelsfällen wird sich die Familienkasse mit dem zuständigen Finanzamt abstimmen und ggf. eine Bescheinigung nach § 21 Abs. 4 FVG anfordern.
A. 4
Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland
Einen Anspruch auf Kindergeld besteht grundsätzlich nur dann, wenn der Anspruchsberechtigte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. Ist dies nicht der Fall, besteht ein Anspruch nur unter den begrenzten Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG (vgl. B).
100
A.
3
Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland
Dies bedeutet nicht nur bei dem Kind, sondern auch bei dem Anspruchberechtigten muss die Voraussetzung des Wohnsitzes (§ 8 AO) oder des gewöhnlichen Aufenthaltes (§ 9 AO) vorliegen. Weitere Ausführungen zum Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt sind den Ausführungen unter § 4 Buchst. D zu entnehmen. Sowohl der Anspruchsberechtigte als auch das Kind müssen den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. U.U. ist ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG deshalb ausgeschlossen, weil einer diese Voraussetzung nicht erfüllt.
3
> Beispiel: Herr S wohnt in Hamburg. Sein Kind K ist auf Dauer in die USA gezogen (Wohnsitz). S erfüllt zwar die Voraussetzungen des Wohnsitzes im Inland (Hamburg), aber der Wohnsitz des Kindes ist nicht im Inland. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht nicht. ! Praxishinweis: Der Anspruch auf Kindergeld ist zwar im o.g. Beispiel ausgeschlossen, nicht jedoch der Anspruch auf die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG. In diesen Fällen erfolgt auch keine Anrechnung des Kindergeldes auf die Freibeträge, so dass sich eine Entlastung nach den individuellen steuerlichen Merkmalen bei dem Steuerpflichtigen ergibt. Zu den Personen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland zählen auch Vertriebene und Spätaussiedler. Dieser Personenkreis benötigt keine Aufenthaltgenehmigung wie Ausländer (vgl. C). Nach dem Gesetz zur Bereinigung von Kriegsfolgengesetzen vom 21. Dezember 1992 (BGBl I S. 2094) werden seit 1. Januar 1993 als Vertriebene Personen bezeichnet, die vor diesem Zeitpunkt die in § 1 Abs. 2 Nr. 3 BVFG bezeichneten Gebiete verlassen haben. Nichtdeutsche Ehegatten von Spätaussiedlern werden mit der Einreise Deutsche, sofern die Ehe zum Zeitpunkt des Verlassens des Aussiedlungsgebietes mindestens drei Jahre bestanden hat. Nachweise der Spätaussiedlereigenschaft: N Bundespersonalausweis N Bescheinigung nach § 15 BVFG N Vorläufiger Nachweis der Beantragung der Bescheinigung nach § 15 BVFG Bei der Bescheinigung nach § 15 BVFG handelt es sich um einen Grundlagenbescheid i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO. ! Praxishinweis: Sofern erst ein vorläufiger Nachweis über die Beantragung der Bescheinigung nach § 15 BVFG vorgelegt werden kann, ist durch die Familienkasse Kindergeld festzusetzen. Sie braucht nicht die Bescheinigung nach § 15 BVFG abwarten. Achtung, erfolgt keine Bescheinigung nach § 15 BVFG, d.h. es erfolgt eine Ablehnung der zuständigen Behörde, ist die Familienkasse verpflichtet, die Festsetzung gem. § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO auszuheben, da auch die Ablehnung der Annerkennung ein Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung ist.
101
5
3
§3
B. 6
3
7
Anspruchsberechtigte (§ 62 EStG)
Personen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
Anspruchsberechtigte, die keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, erhalten unter den einschränkenden Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Nr. 2 EStG Kindergeld. Dies bedeutet, dass sie entweder nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind oder auf Antrag von den Finanzbehörden nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden. Deutsche Staatsangehörige sind dann als unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 Satz 1 EStG) anzusehen, wenn sie keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, d.h. im Ausland wohnen, aber zu einer inländischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen (Beamte, Richter, Soldaten, Arbeitnehmer). Erfasst hiervon werden auch Personen, die Bezüge oder Arbeitsentgelt von einer inländischen öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft beziehen. Die Personen dürfen aber in dem Staat, wo sie derzeit ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der deutschen beschränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zur Einkommensteuer herangezogen werden. ! Praxishinweis: Als Nachweis dient eine vom zuständigen Finanzamt ausgestellte Bescheinigung nach § 39 c Abs. 3 EStG. Der Personengruppe sind auch die Haushaltsangehörigen (§ 15 AO, z.B. Ehegatten, Verlobte, Geschwister) ohne weiteres zuzuordnen, sofern sie die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen. Ist dies nicht der Fall, zählen sie dann als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gem. § 1 Abs. 2 S. 2 EStG, wenn sie gar keine Einkünfte erzielen, oder nur solche, die im Inland einkommensteuerpflichtig sind. Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gemäß § 1 Abs. 2 EStG sind insbesondere ins Ausland entsandte deutsche Staatsangehörige, die Mitglied einer diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung sind – einschließlich der zu ihrem Haushalt gehörenden Angehörigen-, soweit die Voraussetzung des § 1 Abs. 2 EStG erfüllt ist. Auslandslehrkräfte sind nur in den Fällen unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 2 EStG, in denen die Lehrkräfte in den USA, Kolumbien oder Ecuador tätig sind, vgl. BMF-Schreiben vom 10.11.1994 (BStBl I, S. 853) und vom 17.6.1996 (BStBl I, S. 688) (DA 62.3.2 Abs. 2 S. 1 u. 2 DA-FamEStG). Auch wenn der Anspruchsberechtigte die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 EStG erfüllt, muss dennoch immer noch das Kind seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. > Beispiel: Ein pensionierter Offizier, Herr S, gibt seinen Wohnsitz im Inland auf und bezieht ein Haus in Südafrika. Seine Ehefrau und die zwei noch minderjährigen Kinder begründen ebenfalls ihren Wohnsitz dort. Zwar erhält Herr S eine Bescheinigung nach § 39 c Abs. 3 EStG, aber dennoch hat er keinen Anspruch auf Kindergeld, da der Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt der Kinder nicht im Inland ist.
102
C.
3
Ausländer
! Praxishinweis: Der Anspruch auf Kindergeld ist zwar im o.g. Beispiel ausgeschlossen, nicht jedoch der Anspruch auf die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG. In diesen Fällen erfolgt auch keine Anrechnung des Kindergeldes auf die Freibeträge, so dass sich eine Entlastung nach den individuellen steuerlichen Merkmalen bei dem Steuerpflichtigen ergibt. Beispiel und Praxishinweis gelten auch für den Fall des § 1 Abs. 3 EStG! Gem. § 1 Abs. 3 EStG werden auf Antrag auch natürliche Personen als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 EStG haben. Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 vom Hundert der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte nicht mehr als 6.136 Euro im Kalenderjahr betragen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemessen ist. Wird diesen Personen eine Bescheinigung des zuständigen Finanzamtes nach § 39c Abs. 4 EStG ausgestellt, zählen sie zu dem Personenkreis der Anspruchberechtigten i.S.d. § 62 Abs. 1 Nr. 2 b EStG und haben deshalb Anspruch auf Kindergeld. Unter diesen Personenkreis können insbesondere Lehrkräfte im Ausland fallen, wenn sie nicht in einem öffentlichen Dienstverhältnis stehen.
C.
Ausländer
Nach § 62 Abs. 2 EStG können auch Ausländer, die ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, einen Anspruch auf Kindergeld besitzen, sofern sie die einschränkenden aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen erfüllen. Zu diesem ist anzumerken, dass mit Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (BGBl 2006, S. 2915) der § 62 Abs. 2 EStG völlig neu gefasst wurde. Grund für diese umfassende Änderung ist ein Beschluss des BVerfG, nach dem § 1 Abs. 3 BKGG i.d.F. durch das 1. SKWPG vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2353) unvereinbar mit dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ist, soweit Ausländer nur Anspruch auf Kindergeld haben, wenn sie im Besitz einer Aufenthaltsberechtigung (§ 27 AuslG 1990) oder einer Aufenthaltserlaubnis (§ 15 AuslG 1990) sind, nicht aber wenn sie nur eine Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG 1990) besitzen.1 Der Wortlaut des § 62 Abs. 2 EStG entsprach ab dem 01.01.1996 im Wesentlichen, wenn auch später kleine Änderungen vorgenommen wurden, dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 BKGG i.d.F. bis zum 31.12.1995. Deshalb wurde der Gesetzgeber aufgefordert, eine Neuregelung bis zum 01.01.2006 zu treffen. Dem wurde durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (BGBl 2006, S. 2915) Rechnung getragen, da § 62 Abs. 2 EStG rückwirkend zum 01.01.2006 in Kraft trat. Durch diese Gesetzesänderung sollen die Vorgaben des BVerfG erfüllt sein. Der Gesetzgeber hat dennoch eine Einschränkung dahingehend vorgenommen, dass ein Anspruch nur dann besteht, wenn der Aufenthalt des Ausländers voraussichtlich dauerhaft ist.
1
8
BVerfG Beschluss v. 06.07.2004 1 BvL 4/97 u.a., BFH/NV 2005, Beilage 2, S.114.
103
9
3
3
§3
Anspruchsberechtigte (§ 62 EStG)
! Praxishinweis: Mit Art. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss ist in § 52 Abs. 61 a EStG verankert worden, das § 62 Abs. 2 EStG i.d.F. des o.g. Gesetzes für alle offenen Zeiträume anzuwenden ist.
3
10
11 12
Berücksichtigung finden zunächst freizügigkeitsberechtigte Ausländer (§ 62 Abs. 2, 1. HS EStG). Hierunter fallen: 1. Staatsangehörige und deren Familienangehörige der EU-Staaten und der Schweiz 2. Staatsangehörige der Staaten, mit denen ein Abkommen über Soziale Sicherheit besteht (Algerien, Bosnien-Herzegowina, Marokko, Mazedonien, Montenegro, Serbien, Tunesien, Türkei) Berücksichtigt werden ferner Ausländer, die im Besitz einer Niederlassungserlaubnis (§ 9 AufenthG) sind (§ 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Nach § 62 Abs. 2 Nr. 1 EStG sind Ausländer dann zu berücksichtigen, wenn sie im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis sind, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat. Ist die Aufenthaltserlaubnis nur nach den §§ 16 bzw. 17 AufenthG erteilt worden, so führt dies nicht zu einem Kindergeldanspruch. Dieser Personenkreis ist nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 a EStG ausgenommen. Dabei handelt es sich um Personen, die sich wegen eines Studiums, einer Sprachausbildung oder sonstigen betrieblichen Aus- und Fortbildung nur beschränkte Zeit im Inland aufhalten. Wird eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt, führt diese nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 b EStG zum Ausschluss bei der Berücksichtigung des Kindergeldes, wenn die Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigung des Ausländers nach der BeschV nur für einen bestimmten Höchstzeitraum zustimmen darf. ! Praxishinweis: Kein Ausschluss nach § 62 Abs. 2 Nr. 2 b EStG liegt vor, wenn Arbeitnehmer ausländischer Unternehmen eine Aufenthaltsberechtigung nach § 18 Abs. 2 AufenthG für die Zeit ihrer Tätigkeit im Inland bei einem Unternehmen (z.B. deutsche Tochtergesellschaft) erhalten. Wird die Aufenthaltserlaubnis nach §§ 23 Abs. 1, 23 a oder 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt, ist ebenfalls eine Berücksichtigung grundsätzlich ausgeschlossen (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 c EStG), es sei denn, es liegen die Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 3 EStG vor. Hat sich der Ausländer seit drei Jahren rechtmäßig gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufgehalten, kann er trotzdem berücksichtigt werden (§ 62 Abs. 2 Nr. 3 a EStG). Eine weitere Möglichkeit der Berücksichtigung trotz einer Aufenthaltserlaubnis nach §§ 23 Abs. 1, 23 a oder 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG beinhaltet § 62 Abs. 2 Nr. 3 b EStG. Der Ausländer muss erwerbstätig sein oder laufende Leistungen nach dem SGB III erhalten. Die dritte Möglichkeit ist die Inanspruchnahme der Elternzeit, entweder nach dem BErzGG oder dem BEEG.
104
D.
D.
3
Besonderheiten
Besonderheiten
Mitglieder der NATO-Streikräfte und deren Angehörige (vgl. DA 62.5 DA-FamEStG) Nach Art. X Abs. 1 und 4 des NATO-Truppenstatuts begründen nichtdeutsche Mitglieder der Truppe oder des zivilen Gefolges in der Zeit, in der sie sich nur in dieser Eigenschaft im Inland aufhalten, keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland. Entsprechendes gilt gemäß Art. 68 Abs. 4 des Zusatzabkommens zum NATO-Truppenstatut für deren nichtdeutsche Ehegatten. Ein Anspruch auf Kindergeld besteht aus diesen Gründen nicht. Sofern dieser Personenkreis gem. § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln ist und weist er dies nach, so wird die Wohnsitzfiktion des NATO-Truppenstatuts durchbrochen. Die Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 EStG liegen dann vor.
13
3
! Praxishinweis: Der deutsche Ehegatte eines Mitglieds der NATO-Truppe oder des zivilen Gefolges ist dagegen stets unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und hat daher Anspruch auf das steuerliche Kindergeld, auch wenn kein Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit besteht (DA 62.5 Satz 6 DA-FamEStG). Mitglieder und Beschäftigte diplomatischer Missionen sowie konsularischer Vertretungen und deren Angehörige Ausländische Mitglieder und Beschäftigte diplomatischer Missionen und konsularischer Vertretungen sowie deren zum Haushalt gehörende Familienangehörige (Ehegatte, Kinder und Eltern), die weder die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen noch im Inland ständig ansässig sind, haben keinen Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG, da sie nach Art. 34, 37 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen (WÜD) bzw. Art. 49, 57, 66 und 71 des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen (WÜK) von der Einkommensteuer befreit sind. ! Praxishinweis: Die Befreiung gilt u.a. nicht für Steuern und sonstige Abgaben von privaten Einkünften, deren Quelle sich im Empfangsstaat befindet. Hierfür ist aber dieser Personenkreis nur nach § 49 EStG beschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 4 EStG). Deshalb entsteht dadurch auch kein Anspruch auf Kindergeld. ! Praxishinweis: Von der Verwaltung werden Personen als im Inland ansässig angesehen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatten, bevor sie die Tätigkeit für die diplomatische Mission bzw. konsularische Vertretung aufgenommen haben (DA 62.6 Abs. 2 DA-FamEStG). Dadurch wäre die Anspruchsvoraussetzung nach § 62 Abs. 1 EStG gegeben. ! Praxishinweis: Ins Ausland entsandte deutsche Staatsangehörige, die Mitglied einer diplomatischen Mission oder konsularischen Vertretung sind, haben grundsätzlich Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG, da sie unbeschränkt steuerpflichtig nach § 1 Abs. 2 EStG sind. Für „Ortskräfte“ deutscher Dienststellen besteht nur dann ein Anspruch auf Kindergeld, soweit sie auf Antrag als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 EStG behandelt werden.
105
14
41
§ 4 Kinder (§ 63 EStG) 1
4
2
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Für welche Kinder Kindergeld festgesetzt und ausgezahlt werden kann, ist in § 63 Abs. 1 EStG geregelt. Danach werden zunächst Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG (§ 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) als Kinder berücksichtigt. Dies sind die im ersten Grad mit dem Berechtigten verwandte Kinder (leiblichen Kinder) und die Pflegekinder. Des Weiteren gehören zum Begriff des Kindes im Kindergeldrecht die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Kinder seines Ehegatten [Stiefkinder (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG)] und die vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommenen Enkel (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG). Eine Berücksichtigung dieser Kinder ist bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres an keine weitere Voraussetzung gekoppelt (Ausnahmen: Wohnsitz und Haushaltsaufnahme). Nach Vollendung des 18. Lebensjahres kann ein Kind nur dann weiterhin berücksichtigt werden, wenn es eine besondere Anspruchsvoraussetzung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 a–d oder Nr. 3 EStG erfüllt und der maßgebliche Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge nicht überschritten ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 a–d EStG) bzw. sich das Kind nicht selbst unterhalten kann (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG). Die Berücksichtigung erfolgt grundsätzlich bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG), bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a–d EStG) und bei Kindern i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG ohne Altersbegrenzung, wobei die Behinderung vor dem 25. Lebensjahr eingetreten sein muss. Weiterhin sind Verlängerungstatbestände (§ 32 Abs. 5 EStG) und Übergangsvorschriften zu den Altersgrenzen (§ 52 Abs. 40 Satz 4–6 EStG) zu beachten. Verheiratete Kinder/verheiratete Kinder mit Kindern oder für Kinder mit nichtehelichen Kindern sind vom Kinderbegriff nicht ausgenommen. In diesen Fällen ist jedoch festzustellen, ob die Eltern tatsächlich noch mit Unterhalt belastet sind. Grundsätzlich geht mit der Eheschließung der Unterhaltsanspruch des Kindes von den Eltern auf den Ehegatten über. Kann dieser den Unterhaltsanspruch des Kindes (ggf. mit Kindeskind) nicht decken, so sind die Eltern wieder in einer Unterhaltspflicht (so genannter Mangelfall). Diese Regelung gilt auch bei Kindern mit nichtehelichen Kindern. Nach § 1615 l BGB erwirbt eine mit dem Vater ihres Kindes nicht verheiratete Frau aus Anlass der Geburt ihres Kindes einen Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kindsvater. Die gesetzliche Unterhaltspflicht der Eltern der Frau tritt zurück, sofern der nunmehr vorrangig Unterhaltsverpflichtete leistungsfähig ist.1 Weitere Voraussetzung, dass für ein Kind Kindergeld festgesetzt und ausgezahlt werden kann, ist das Territorialprinzip. D.h., die Kinder müssen grundsätzlich ihren Wohnsitz (§ 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 9 AO) im Inland (Deutschland) oder gem. DA 63.6.1 Abs. 1 DAFamEStG in einem EU- bzw. EWR-Staat haben. Haben Kinder keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder in einem EU- bzw. EWR-Staat, können sie dennoch berücksichtigt werden, wenn sie im Haushalt eines Berechtigten wohnen, der nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. Weitere Ausnahmen siehe Kapitel D.
1
106
BFH Urteil v. 19.05.2004, III R 30/02 BStBl 2004 II, S. 943.
B.
A.
Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG
§ 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG verweist auf die Kinder im Sinne des § 32 Abs. 1 EStG. Durch diese Verweisungsnorm besteht ein Anspruch auf Kindergeld für diese Kinder. Im § 32 EStG ist die allgemeine Definition des Kindes im Steuerrecht verankert. Danach werden als Kinder berücksichtigt (§ 32 Abs. 1 EStG): 1. im ersten Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder, 2. Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechnetes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht). Diese Kinder werden nicht nur bei der Steuervergütung Kindergeld berücksichtigt, sondern auch bei den Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 EStG. Hingegen werden die bei dem steuerlichen Kindergeld zu berücksichtigenden Kinder [im Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG) und im Haushalt aufgenommene Enkel (§ 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG) grundsätzlich nicht bei den Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 berücksichtigt. Einzelne Ausführungen zu den Kindbegriffen des § 32 Abs. 1 EStG sind § 2, A zu entnehmen.
B.
4
4
Im Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten
Kindergeldrechtlich können auch Kinder des Ehegatten, die der Berechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat, berücksichtigt werden (§ 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG). Diese Kinder werden als Stiefkinder bezeichnet. Für das steuerliche Merkmal Stiefkind müssen jedoch die zwei Voraussetzungen (Kind des Ehegatten und Haushaltsaufnahme durch den Berechtigten) konkret vorliegen. Die erste Voraussetzung – Kind des Ehegatten – ist auch nach allgemeinem gesellschaftlichem Gebrauch des Wortes – Stiefkind – noch nachvollziehbar. Aber, dass die Haushaltsaufnahme durch den Berechtigten (Stiefelternteil) immer vorliegen muss, ist nicht ohne weiteres verständlich. Ein Stiefkind wird im gesellschaftlichen Gebrauch des Wortes immer ein Stiefkind bleiben. Steuerrechtlich entfällt die Bezeichnung Stiefkind mit Auszug des Kindes aus der gemeinsamen Wohnung. Kind des Ehegatten kann ein Kind aus einer früheren Ehe sein. Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob es sich dabei um ein eheliches, für ehelich erklärtes oder um ein angenommes Kind handelt. Des Weiteren erfüllen auch die nichtehelichen Kinder des Ehegatten die Voraussetzung zur Berücksichtigung als Stiefkind. Auch ein während der Ehe geborenes Kind, dessen Nichtehelichkeit rechtskräftig festgestellt ist (§ 1593 BGB), ist ein Kind des anderen Ehegatten und kann deshalb als Stiefkind Berücksichtigung finden. Der feststehende Begriff des „Ehegatten“ ist ohne weitere Auslegung so zu verstehen. D.h., liegt keine Ehe vor (nichteheliche Lebensgemeinschaften), ist das Kind des anderen Partners kein Stiefkind i.S. des § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Gleiches gilt für ein Kind des Partners in einer gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft.2
2
41
Im Haushalt aufgenommene Kinder des Ehegatten
BFH Urteil v. 20.04.2004 VII R 88/00 (NV), BFH/NV 2004, S. 1103.
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5
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41
§ 4 Kinder (§ 63 EStG) 7
4 8
Dass ein Stiefkindschaftsverhältnis auch nach dem Tod oder einer Scheidung vorliegen kann, wird von der Verwaltung verneint. Nach DA 63.2.3 Abs. 2 DA-FamEStG ist das Kind in diesen Fällen ohne weitere Prüfung als Pflegekind zu berücksichtigen. Da hier eine Berücksichtigung – ohne weitere Prüfung – als Pflegekind möglich sein soll, stellt sich die Frage, ob sich die Verwaltung unsicher ist, ob es nicht doch noch ein Stiefkind sein kann. Stiefkinder sind mit dem Stiefelternteil nach § 1590 Abs. 1 BGB in gerader Linie verschwägert. Durch den Tod des Ehegatten (des leiblichen Elternteils) oder durch die Scheidung der Ehe endet dieses Verwandtschaftsverhältnis nicht (§ 1590 Abs. 2 BGB). Demzufolge bleibt das Stiefkindschaftsverhältnis auch steuerrechtlich darüber hinaus bestehen, sofern die steuerliche Voraussetzung der Haushaltsaufnahme noch besteht (ebenso Felix in: Kindergeldrecht, § 63 Rn. 35). Ein Stiefkindschaftverhältnis i.S. des § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG besteht nur dann, wenn der Berechtigte das Kind seines Ehegatten in seinen Haushalt aufgenommen hat. Bei der Haushaltsaufnahme kommt es dabei darauf an, dass das Kind in der gemeinsamen Wohnung vom Berechtigten (Stiefelternteil) betreut und erzogen wird. Es muss sich nicht um seine eigene Wohnung handeln. Er muss im Haushalt wohnen. Es kann sich dabei auch um den gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern handeln (vgl. Weber-Grellet in: Schmidt EStG § 63 Rn. 9). Auch kommt es nicht darauf an, ob und inwieweit sich ein Stiefelternteil an den Kosten für die Wohnung beteiligt.3 Sofern das Stiefkind nicht mehr mit dem Berechtigten (Stiefelternteil) in einen gemeinsamen Haushalt lebt – Entfall der Voraussetzung Haushaltsaufnahme – endet die Berücksichtigung dieses Kindes als Stiefkind i.S. des § 63 Abs. 1 Nr. 2 EStG (z.B. Trennung der Eltern; Bezug einer eigenen Wohnung durch das Kind – nicht gemeint ist eine Wohnung, die nur zum Zwecke der Berufausbildung angemietet wird). Dies ist sogar dann der Fall, wenn das Stiefkind nach der Trennung der Eltern nur vorübergehend noch bei dem Stiefelternteil wohnt.4 ! Praxishinweis: Verlässt das Stiefkind den Haushalt des Berechtigten (Stiefelternteils), sind nunmehr nur die leiblichen Eltern kindergeldberechtigt. Deshalb ist die Familienkasse hierüber zu informieren, damit rechtzeitig eine Aufhebung der Kindergeldfestsetzung vorgenommen werden kann und insoweit kein hoher Erstattungsanspruch aufläuft. Des Weiteren hätte die Familienkasse die Pflicht das Vorliegen einer Steuerstraftat (grds., wenn die Aufhebung sechs Monate in die Vergangenheit geht) zu prüfen. Sofern das Kind in eine eigene Wohnung zieht, könnte nicht nur der leibliche Elternteil, der mit dem Stiefelternteil verheiratet ist, sondern auch der andere leibliche Elternteil vorrangig anspruchsberechtigt sein. Die Prüfung der Anspruchberechtigung erfolgt dann nach § 64 Abs. 3 EStG (vgl. § 5, B).
C. 9
Im Haushalt aufgenommene Enkel
Gem. § 63 Abs. 1 Nr. 3 EStG kann das Kind eines leiblichen Kindes (Enkelkind) kindergeldrechtlich Berücksichtigung finden. Der Begriff des Enkelkindes ist wörtlich zu verstehen. D.h., nur die Abkömmlinge der eigenen leiblichen Kinder bzw. angenommene Kinder des leiblichen Kindes (beschränkt auf die Minderjährigenadoption) können berücksichtigt werden. Die Berücksichtigung eines Urenkels ist damit ebenso ausgeschlossen, wie die Berücksichtigung eines Stiefenkelkindes. 3 4
108
BFH Beschluss v. 27.08.1998 VI B 236/97, BFH/NV 1999, S. 177. FG Baden-Württemberg Gerichtsbescheid v. 01.03.2000 14 K 293/98, EFG 2000, S. 795.
41
D. Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt ! Praxishinweis: Urenkel oder Stiefenkelkinder können nur dann einen Kindergeldanspruch auslösen, wenn sie als Pflegekinder (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 2 EStG) berücksichtigt werden können. Damit die Enkelkinder einen Kindergeldanspruch auslösen, müssen sie in den Haushalt der Großeltern aufgenommen sein. Haushaltsaufnahme bedeutet, die Aufnahme in die Familiengemeinschaft mit einem dort begründeten Betreuungs- und Erziehungsverhältnis familienhafter Art. Neben dem örtlich gebundenen Zusammenleben müssen Voraussetzungen materieller Art (Versorgung, Unterhaltsgewährung) und immaterieller Art (Fürsorge, Betreuung) erfüllt sein.5 Ein Kind ist demnach dem Haushalt zuzuordnen, wenn es dort wohnt, versorgt und betreut wird. Die Aufnahme in den Haushalt der Großeltern kann auch bei Widerspruch des Personensorgeberechtigten erfolgen. Für die Aufnahme in den Haushalt der Großeltern kommt es nicht auf die Zustimmung oder Billigung des Sorgeberechtigten an. Denn die Gewährung des Kindergeldes knüpft nicht an die zivilrechtliche Erziehungsberechtigung, sondern an die tatsächliche Versorgungssituation an.6 Hingegen liegt keine Haushaltsaufnahme vor, wenn sich das Enkelkind nur vorübergehend zur Schulausbildung bei den Großeltern aufhält und der Kontakt zu den leiblichen Eltern fortbesteht (z.B. regelmäßige Besuche an den Wochenenden und in den Ferien).7 Sofern die Eltern und die Großeltern sich einen gemeinsamen Haushalt teilen, sind grundsätzlich die Eltern vorrangig anspruchsberechtigt. Die Kindergeldberechtigung kann nur dann auf die Großeltern übergehen, wenn die Eltern zugunsten der Großeltern auf ihren Vorrang verzichten (§ 64 Abs. 2 Satz 5 EStG). Die Großeltern können dann unter sich den Berechtigten bestimmen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 EStG).
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! Praxishinweis: Sofern die Eltern vier Kinder K1, K2, K3 und K4 haben und nicht für alle Kinder der Kindergeldanspruch auf die Großeltern übertragen werden soll, ist darauf zu achten, dass möglichst nur die Kindergeldansprüche für die älteren Kinder K1 – K3 (auch teilweise z.B. K2 und K3 oder nur K2) übertragen werden. Die Kinder K1 – K3 sind immer noch Zählkinder bei den leiblichen Eltern und so löst bei diesen K4 immer noch einen erhöhten Kindergeldanspruch (179,00 €) aus. Würde der Kindergeldanspruch für bis zu drei Kinder, aber immer mit K4 auf die Großeltern übertragen, so löst das bei den leiblichen Eltern verbliebene Kind keinen Zählkindvorteil bei den Großeltern aus. Insofern erhielten die Großeltern max. 462,00 € (3 × 154,00 €; Kinder mit Ordnungszahlen 1, 2 oder 3) und in diesem Falle die leiblichen Eltern für das verbliebene Kind 154,00 € (Ordnungszahl je nach Rangfolge des verbliebenen Kindes).
D.
Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt
Nach § 8 AO hat jemand seinen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Dabei muss die Wohnung über objektiv geeignete Räume verfügen. Es genügt eine bescheidene Bleibe (vgl. AEAO zu § 8, Nr. 3). Die Wohnung muss aber nicht zwingend abgeschlossen sein. Auch Küche und separate Waschgelegenheit sind nicht Voraussetzung. Deshalb können auch 5 6 7
BFH Urteil v. 20.06.2001 VI R 224/98, BStBl 2001 II, S. 713. FG Niedersachsen v. 09.05.2000 6 K 486/97 Ki, DStRE 2000, S. 801, EFG 2000, S. 796 (Auszug). FG des Landes Brandenburg Urteil v. 26.09.2001 6 K 1419/00, EFG 2001, S. 1559.
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§ 4 Kinder (§ 63 EStG)
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möblierte Zimmer eine Wohnung sein.8 Ein 13 qm großes Appartement in einem Studentenwohnheim mit Gemeinschaftsteeküche ist keine Wohnung.9 Außerdem muss von vornherein der Wille bestehen, sie nicht nur vorübergehend, also für weniger als sechs Monate zu nutzen.10 Eine vorübergehende Nutzung reicht nicht aus.11 Sofern die Wohnung jedoch mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufgesucht wird, kann ein Wohnsitz vorliegen (z.B. Benutzt jemand seine ihm gehörende Doppelhaushälfte im Inland regelmäßig zweimal jährlich zu bestimmten Zeiten über mehrere Wochen, so hat er dort seinen Wohnsitz i.S. des § 8 AO 1977).12 Außerdem ist gefordert, dass die Person die Wohnung innehaben muss. Eine Wohnung hat man inne, wenn man die tatsächliche Verfügungsgewalt über die Wohnung hat. Behält ein ins Ausland versetzter Arbeitnehmer eine Wohnung im Inland bei, deren Benutzung ihm jederzeit möglich ist und die so ausgestattet ist, dass diese ihm jederzeit als Bleibe dienen kann, so ist – widerlegbar – zu vermuten, dass er einen Wohnsitz im Inland hat.13 Ein Kind hat zunächst grundsätzlich seinen Wohnsitz bei den Eltern. Hat das Kind jedoch eine eigene Wohnung und behält es ein Zimmer bei den Eltern lediglich zu Besuchzwecken bei, so begründet dies keinen Wohnsitz.14 Der Wohnsitz ist dann dort, wo das Kind die eigene Wohnung unterhält. ! Praxishinweis: Mit eigener Wohnung ist eine tatsächlich eigene Wohnung gemeint, wo das Kind seinen Lebensmittelpunkt gebildet hat. Nicht gemeint sind „Zweit“wohnungen am auswärtigen Schul- oder Studienort. Dies gilt selbst dann, wenn die Einwohnermeldebehörde das Kind zur Anmeldung mit Hauptwohnsitz nach dem Meldegesetz zwingt. Hierfür gibt es bei den Kommunen die verschiedensten Gründe [z.B. bei Meldung mit Zweitwohnsitz fällt eine Zweitwohnsitzsteuer an (dies dürfte nach der neueren Rechtsprechung zur Zweitwohnsitzsteuer immer schwieriger werden); Kind erhält bei Meldung mit Hauptwohnsitz verbilligte Fahrausweise, eine Gebührenbefreiung o.ä.). Für die Finanzverwaltung ist jedoch entscheidend, wo sich der örtliche Mittelpunkt der Lebensinteressen des Kindes befindet. Dieser ist bei den Eltern, solange keine gegenteiligen Tatsachen vorliegen (z.B. Kind zieht mit Freund/Freundin zusammen; Kind erhält vor dem Berufsabschluss schon einen Arbeitsvertrag bei Firma, wo es gelernt hat oder bei einer anderen im selben Gebiet). Sofern sich Kinder nur lediglich zum Zwecke einer zeitlich begrenzten Schul- oder Berufsausbildung im Ausland aufhalten, behalten sie in der Regel ihren Wohnsitz im Inland bei. Dabei ist es jedoch erforderlich, dass das Kind in der schulfreien Zeit oder an sonstigen freien Tagen in die Wohnung der Eltern bzw. die eigene Wohnung zurückkehrt. Ist die nicht der Fall, so liegt der Wohnsitz im Ausland.15 ! Praxishinweis: Die Verwaltung geht davon aus, dass sich ein Kind, welches sich im Ausland zeitlich begrenzt für nicht länger als ein Jahr aufhält, immer seinen Wohnsitz bei den Eltern beibehält. Eine Rückkehr in den elterlichen Haushalt ist insoweit in dieser Zeit nicht erforderlich (z.B. Auslandssemester von Studenten, Sprachausbildung im Ausland). 8 9 10 11 12 13 14
BFH Urteil v. 14.11.1969 III R 95/68, BStBl 1970 II, S.153. BFH Urteil v. 02.04.1997 X R 141/94, BStBl 1997 II, S. 611. BFH Urteil v. 30.08.1989 I R 215/85, BStBl 1989 II, S. 956. BFH Urteil v. 06.03.1968 I 38/65, BStBl 1968 II, S. 439. BFH Urteil v. 23.11.1988 II R 139/87, BStBl 1989 II, S. 182. BFH Urteil v. 17.05.1995 I R 8/94, BStBl 1996 II, S. 2. BFH Urteil v. 17.03.1961 VI 185/60 U, BStBl 1961 III, S. 298; BFH Beschluss v. 09.08.1999 VI B 387/98 (NV), BFH/NV 2000, S. 42. 15 BFH Urteil v. 23.11.2000 VI R 107/99, BStBl 2001 II, S. 294.
110
41
D. Wohnsitz bzw. gewöhnlicher Aufenthalt Schicken die Eltern ihr sechsjähriges Kind zum Zwecke des für die Dauer von neun Jahren angelegten Schulbesuchs zu den Großeltern ins Ausland, verliert das Kind grundsätzlich seinen Wohnsitz im Inland. Besuchsweise Aufenthalte des Kindes in der elterlichen Wohnung führen auch dann nicht zur Beibehaltung des Wohnsitzes, wenn die Rückkehr des Kindes nach Deutschland nach Erreichen des Schulabschlusses beabsichtigt ist.16
14
! Praxishinweis: Dieses Urteil bezieht sich ausschließlich auf Kinder, die zum Zwecke der Schulausbildung in ihr Heimatland zurückkehren und dort bei Verwanden leben. Gleiches gilt, wenn sich ein Kind eines ausländischen Staatsangehörigen in sein Heimatland begibt und es sich dort länger aufhält als z.B. im allgemeinen die Schulferien dauern. Es gibt damit in der Regel auch seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt im Inland auf (DA 63.6.1 Abs. 2 Satz 3 DA-FamEStG). Ein Indiz für die Begründung oder Aufgabe des Wohnsitzes sind An- und Abmeldung bei der Ordnungsbehörde (Einwohnermeldeamt) = polizeiliche Meldung, es ergibt sich hieraus jedoch keine unmittelbare steuerliche Wirkung.17 Auch Behauptungen von Mietverhältnissen und fiktiven Mietzahlungen sind nicht ausreichend.18 So kommt es einzig und allein auf den Nachweis der tatsächlichen Verhältnisse an. Die Begründung von mehrfachen Wohnsitzen ist möglich. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG ist bei mehrfachen Wohnsitzen derjenige entscheidend, an dem sich überwiegend aufgehalten wird. Dies gilt einschränkend für Ehepaare. Hier ist der Wohnsitz dort, wo sich die Familie aufhält (Familienwohnsitz). Entgegen zum mehrfachen Wohnsitz kann man nur einen gewöhnlichen Aufenthalt begründen.19 Sofern nicht die besonderen Voraussetzungen des § 9 Satz 3 AO (Aufenthalt wird ausschließlich zu Besuchs-, Erholungs-, Kur oder ähnlichen privaten Zwecken genommen und damit nicht länger als ein Jahr.) vorliegen, wird an den inländischen Aufenthalt während eines zusammenhängenden Zeitraums von mehr als sechs Monaten die unwiderlegbare Vermutung für das Vorhandensein eines gewöhnlichen Aufenthalts geknüpft. Der Begriff „gewöhnlich“ ist gleichbedeutend mit „dauernd“. „Dauernd“ erfordert keine ununterbrochene Anwesendheit, sondern ist im Sinne „nicht nur vorübergehend“ zu verstehen (AEAO zu § 9, Nr. 1).20 Die Dauer von sechs Monaten ist nicht auf das Kalenderjahr zu beziehen, sondern sie bezieht sich einzig und allein auf die Gesamtdauer des Aufenthaltes (Kalenderjahrübergreifend).21 Der Aufenthalt kann auch unterbrochen sein. Hier gilt jedoch, dass die Unterbrechungen nur kurzfristig sein dürfen. Der unbestimmte Rechtsbegriff „kurzfristig“ ist noch nicht abschließend definiert. Wie lange die Dauer der Unterbrechung sein darf, ist auf den Einzelfall abzustellen. D.h. je länger der Gesamtaufenthalt, umso länger darf die Unterbrechung sein. In der Literatur hierzu wird u.a. eine maximale Dauer von drei Wochen vorgeschlagen (Stapperfend in: Herrmann/Heuer/Raupach, § 1 EStG Rn. 79). 16 17 18 19 20 21
BFH Urteil v. 23.11.2000 VI R 165/99, BStBl 2001 II, S. 279. BFH Urteil v. 10.11.1978 VI R 127/76, BStBl 1979 II, S. 335. FG Hamburg Urteil v. 28.08.2006 VI 351/03, EFG 2006, S. 1565. BFH-Urteil v. 9. Februar 1966 I 244/63 , BStBl 1966 III, 522 ; BFH Urteil v. 10.08.1983 I R 241/82, BStBl 1984, S. 11. BFH Urteil v. 30.08.1989 I R 215/85, BStBl 1989 II, S. 956. BFH Urteil v. 19.08.81 I R 51/78, BStBl 1982 II, S. 452.
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§ 4 Kinder (§ 63 EStG) 17
Für die Berechnung der Sechsmonatsfrist gilt § 108 AO i.V.m. §§ 187 ff. BGB. Dies bedeutet, dass der Beginn der Frist auf den dem Einreisetag folgenden Tag fällt und mit dem Tag endet, der Benennungsgleich ist mit dem Einreisetag (sechs Monate später). Kurzfristige Unterbrechungen (§ 9 S. 2 AO) fließen in die Berechnung mit ein. > Beispiel: Einreisetag: 05.09.2006 Fristbeginn: 06.09.2006 Fristende: 05.03.2007
4 18
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Kein gewöhnlicher Aufenthalt liegt vor, wenn sich der Aufenthalt lediglich auf eine Tätigkeit im Inland bezieht, aber tatsächlich eine Wohnung im Ausland benutzt wird.22 Anders verhält es sich, wenn sich der Aufenthalt auf die gesamte Arbeitswoche inkl. Übernachtung bezieht und die Rückkehr ins Ausland nur an den Wochenenden erfolgt. In diesem Falle liegt ein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vor. Ausnahmen vom Territorialprinzip sind zugelassen für Kinder, die zwar keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland oder einem anderen EU- bzw. EWR-Staat oder in der Schweiz haben, aber im ausländischen Haushalt eines Berechtigten leben, sofern es sich bei dem Berechtigten um eine nach § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Person handelt. Kinder mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in Bosnien und Herzegowina, in Marokko, in Mazedonien, in Serbien und Montenegro, in der Türkei oder in Tunesien sind bei den nach § 62 EStG anspruchsberechtigten Personen zu berücksichtigen, sofern die Voraussetzungen nach den mit diesen Staaten geschlossenen Abkommen über Soziale Sicherheit erfüllt sind (DA 63.6.2 DAFamEStG/Fundstellen der Abkommen vgl. auch H 31 EStH 2005).
22 BFH Urteil v. 25.05.1988 I R 225/82, BStBl 1988 II, S. 944.
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§ 5 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) Die Vorschrift soll sicherstellen, dass nur einmal Kindergeld für ein Kind für ein und denselben Monat bzw. ein und denselben Zeitraum festgesetzt und ausgezahlt wird. Es besteht somit grundsätzlich ein Verbot der doppelten Auszahlung (Verbot der Doppelleistung).
1
! Praxishinweis Nicht in jedem Kindergeldfall besteht nur eine Kindergeldfestsetzung für ein Kind, für einen bestimmten Monat bzw. Zeitraum gegenüber einem Anspruchsberechtigten (z.B. Familienkasse A und Familienkasse B haben für das Kind K für die gleichen Zeiträume Kindergeld festgesetzt). In diesem Falle sollte schnellstmöglich geprüft werden, wer tatsächlich für welchen Zeitraum der Berechtigte für das Kindergeld ist, um einen unnötig hohen Erstattungsbetrag und ggf. ein Steuerstrafverfahren zu vermeiden. Sofern die Anspruchsvoraussetzungen gem. § 62 EStG bei mehreren Berechtigten vorliegen, ist zu unterscheiden, ob das Kind im Haushalt eines oder mehrerer Anspruchsberechtigter (§ 64 Abs. 2 EStG) aufgenommen ist oder einen eigenen Hausstand inne hat (§ 64 Abs. 3 EStG). Die bedeutsamste Vorschrift ist hierbei, die Regelung bei Haushaltsaufnahme des Kindes, da der überwiegende Teil der Kinder einem Haushalt zuzuordnen ist (siehe hierzu auch Wohnsitz des Kindes – § 4, D). Bei dieser Konstellation gilt das Obhutsprinzip (vgl. DA 64.1 DA-FamEStG). Es erhält demzufolge der Anspruchsberechtigte vorrangig Kindergeld, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. Sofern mehrere Anspruchsberechtigte diesem Haushalt zuzuordnen sind, sieht das Gesetz mehrere Lösungsvarianten vor (§ 64 Abs. 2 EStG). Das Verbot der Doppelleistung bezieht sich einzig und allein auf das Erhebungsverfahren. Dies bedeutet, dass durchaus ein Kind kindergeldrechtlich mehrmals Berücksichtigung finden kann. Als Zahlkind kann ein Kind nur einmal berücksichtigt werden, aber das schließt nicht die Berücksichtigung dieses Kindes als Zählkind bei einem oder mehreren anderen Anspruchsberechtigten aus.
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> Beispiel Das Kind K lebt im gemeinsamen Haushalt der Eheleute S. K ist das leibliche Kind der Mutter und Stiefkind des Ehemannes der Mutter. Der Stiefvater erhält das Kindergeld für K. K kann sowohl bei der leiblichen Mutter als auch beim leiblichen Vater als Zählkind berücksichtigt werden.
A.
In den Haushalt eines Berechtigten aufgenommene Kinder
Bei der überwiegenden Anzahl der Kinder wird von der Haushaltsaufnahme des Kindes in den Haushalt eines oder mehrerer Berechtigter auszugehen sein. Unter Haushaltsaufnahme ist zu verstehen, dass das Kind in dem Haushalt wohnt und dort betreut wird. Dabei darf sich das Zusammenleben des Berechtigten und des Kindes nicht nur auf Versorgungs- und Unterhaltsleistung beschränken, sondern auch die Betreuung und sonstige Fürsorgeleistungen müssen erfüllt sein. 113
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§ 5 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) Keine Haushaltsaufnahme liegt vor, wenn vom Berechtigten nur geduldet ist, dass das Kind bei ihm wohnt. Die Haushaltsaufnahme beurteilt sich nach objektiven Kriterien. Das Kind ist dem Haushalt zuzuordnen, in dem es nach den tatsächlichen Umständen lebt, betreut und versorgt wird. Deshalb ist grundsätzlich nicht von Bedeutung, in welchem Haushalt das Kind ordnungsbehördlich gemeldet ist. ! Praxishinweis Bei getrennt lebenden Eltern verlangen viele Familienkassen die Haushalts- oder Lebensbescheinigung, um feststellen zu können, in welchem Haushalt das Kind lebt. Dies ist die einfachste Art den Nachweis zu erbringen. Es empfiehlt sich diesen Nachweis dem Antrag beizufügen.
5 4
Weiterhin bleibt die Haushaltszugehörigkeit grundsätzlich auch denn bestehen, wenn das Kind aufgrund einer auswärtigen Schulausbildung eine weitere Unterkunft am auswärtigen Ausbildungsort bewohnt. Bei der Beurteilung der Haushaltszugehörigkeit bleibt es bei der Frage, wo der Lebensmittelpunkt des Kindes ist. Der Lebensmittelpunkt bleibt solange beim Familienwohnsitz, solange keine Anzeichen dafür sprechen, dass das Kind einen eigenen Lebensmittelpunkt begründet (z.B. eigene Eigentumswohnung, Heirat). ! Praxishinweis Bei auswärtiger Unterbringung während der Schul- bzw. Berufsausbildung oder Studium verlangen viele Gemeinden, dass sich die Kinder mit Hauptwohnsitz in ihrer Gemeinde anmelden. Diese behördliche Forderung hat nichts mit der steuerlichen Beurteilung, wo der Lebensmittelspunkt (Haushaltszugehörigkeit/Familienwohnsitz) des Kindes liegt, zu tun. Dies wird von manchen Familienkassen anders gesehen, die nur strikt nach den Eintragungen in den Haushalts- oder Lebensbescheinigungen verfahren. Es empfiehlt sich bei solchen Konstellationen, neben der Haushaltsbescheinigung direkt eine Erklärung über den Lebensmittelpunkt (Haushaltszugehörigkeit/Familienwohnsitz) des Kindes abzugeben.
5
Die Haushaltszugehörigkeit bleibt auch bei längeren Krankenhausaufenthalten, vorübergehender Unterbringung in Heimen, Anstalten o.ä. bestehen. Auch die zeitweilige Unterbringung in einer Haftanstalt führt nicht zum Wegfall der Haushaltszugehörigkeit. In allen Fällen muss bei über 18-jährigen Kindern ein besonderer Anspruchstatbestand gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG vorliegen, damit eine kindergeldrechtliche Berücksichtigung erfolgen kann. Ist das Kind in den Haushalt nur eines Berechtigten aufgenommen, so erfüllt er die alleinigen Voraussetzungen zum Bezug des Kindergeldes. Das Obhutsprinzip greift hier in der Art und Weise, dass kein anderer Anspruchsberechtigter (§ 62 EStG) in Konkurrenz treten kann. > Beispiel Das Kind K der leiblichen Eltern S lebt seit deren Trennung im Haushalt der Mutter S. Vater S ist zwar Anspruchsberechtigter i.S. § 62 EStG, aber sein Kind K kann nicht seinem Haushalt zugeordnet werden. Er ist insofern nur nachrangig Berechtigter.
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Bei Haushaltsaufnahme eines Kindes in den Haushalt mehrerer Anspruchsberechtigter haben diese gem. § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG die Möglichkeit, den Berechtigten zum Bezug des Kindergeldes unter sich zu bestimmen. Diese Berechtigtenbestimmung (Willenserklärung der Beteiligten) kann 114
A.
5
In den Haushalt eines Berechtigten aufgenommene Kinder
grundsätzlich formlos, muss aber schriftlich (anders Felix, in: Kindergeld 1. Aufl, § 64 Rn. 30), gegenüber der Familienkasse erfolgen. Das Schriftformerfordernis folgt aus der Tatsache, dass das Gesetz einen schriftlichen Antrag (§ 67 EStG) vorsieht. Deshalb muss auch der Verzicht schriftlich erfolgen. Außerdem dürfte die Familienkasse im Zweifelsfall die mündliche Erklärung aufgrund des schwierigen Nachweises zurückweisen. Es ist darauf zu achten, dass die Unterschrift des oder der Verzichtenden auf der Erklärung vorhanden ist (vgl. DA 64.2 Abs. 2 DA-FamEStG). Fehlt eine Unterschrift, ist die Willenserklärung nicht eindeutig und muss entsprechend berichtigt oder neu abgegeben werden. Der Hauptanwendungsfall der Berechtigtenbestimmung gem. § 64 Abs. 2 EStG ist die Verzichtserklärung eines leiblichen Elternteils oder eines/r Stiefvater/Stiefmutter gegenüber dem (anderen) leiblichen Elternteil.
5
! Praxishinweis Die Verzichtserklärung erfolgt bei Verwendung des Antragsformulars KG 1 mit Unterschrift auf der Rückseite des Formulars. Der BFH hat entschieden, dass, sofern das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen wird, sondern sich die Berechtigten die Obhutspflicht annähernd im gleichen zeitlichen Umfang teilen, sich die Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 2 S. 1 EStG richtet.1 Gleichzeitig bedeutet dies in Fällen der Trennung der Eltern, sofern das Kind dann abwechselnd in beiden Haushalten in ungefähr gleichem zeitlichen Umfang wohnt, dass es bei der Berechtigtenbestimmung bleibt, die zu Zeiten des gemeinsamen Haushaltes getroffen wurde. Dies gilt solange, bis einer der Berechtigten, i.d.R. der Berechtigte, der z.Zt. kein Kindergeld erhält, einen anderen Antrag stellt. ! Praxishinweis In diesen Fällen sollte unbedingt der zeitliche Umfang der Betreuung/Verpflegung des Kindes kontrolliert werden. Der BFH ging in seiner Entscheidung von einer annähernd 50 % Teilung der Berechtigten aus. Bei 45 % zu 55 % je nach Sachverhalt könnte die Entscheidung immer noch zutreffend sein. Keinesfalls sollte aber z.B. das Wochenende höher bewertet werden, wie die einzelnen Wochentage. Sollte die Beurteilung ggf. zu Streitigkeiten führen, empfiehlt es sich für den derzeitigen Berechtigten, eine Mitteilung an die Familienkasse zu verfassen, um eine Überprüfung des weiteren Anspruches zu veranlassen. Es kann somit ein ggf. späterer Aufhebungsbescheid und der damit entstehende höhere Erstattungsanspruch der Familienkasse vermieden werden. Andererseits kann der andere Anspruchsberechtigte sofort einen Neuantrag bei der für ihn zuständigen Familienkasse stellen, um überprüfen zu lassen, ob er durch die Trennung und die zeitliche Aufteilung der Betreuung des oder der Kinder den Anspruch auf Zahlung des Kindergeldes hat. Dadurch stellt er sicher, dass er zeitnah seinen Anspruch durchsetzt und nicht erst in einigen Jahren ggf. eine Nachzahlung erhält. Der laufende Bezug von Kindergeld ist für zahlreiche Annexleistungen (z.B. Beihilfe) ausschlaggebend, eine spätere Nachzahlung führt meist dazu, dass die eigentlich zustehenden Annexleistungen nicht mehr gewährt werden können. Leben im Haushalt Eltern oder ein Elternteil mit den Großeltern oder Großelternteil zusammen, müssen zunächst die Eltern oder das Elternteil zu Gunsten der Großeltern oder des Großelternteils verzichten. Diese Verzichtserklärung muss schriftlich gegenüber der Familienkasse erfolgen. Es ist hierfür kein Formular vorgesehen. Die Verzichtserklärung der Eltern oder des Elternteils darf nur zu Gunsten beider Großeltern erfolgen, wenn diese im gemeinsamen Haushalt leben, da
1
BFH Urteil v. 23.03.2005 III R 91/03, DStR 2005, S. 962.
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§ 5 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) die Eltern bzw. das Elternteil nicht bestimmen dürfen (darf), wer von den Großeltern das Kindergeld bekommen soll. Sofern nur ein Großelternteil dem Haushalt zuzurechnen ist, kann die Verzichtserklärung auf dem Antragsformular KG 1 mit der/den Unterschriften des Elternteils/der Eltern auf der Rückseite des Formulars erfolgen. Ein Eingriff in die Berechtigtenbestimmung der Großeltern untereinander kommt bei dieser Konstellation nicht in Betracht. Ist nur ein Großelternteil dem gemeinsamen Haushalt zuzuordnen, hat dieser dann den alleinigen Anspruch auf das Kindergeld. Bei Großeltern bestimmen diese nach den Vorschriften für die Eltern (§ 64 Abs. 2 Satz 2 u. 3 EStG) unter sich, wer der vorrangig Berechtigte sein soll. Dies bedeutet, dass die Großeltern den Kindergeldantrag bei der für sie zuständigen Familienkasse stellen. Dieser Familienkasse ist auch die Verzichtserklärung der Eltern zu übersenden.
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B. 8
Nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommene Kinder
Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, ist derjenige anspruchsberechtigt, der dem Kind die höhere Unterhaltsrente zahlt. Da Pflegeeltern, Stiefeltern und Großeltern nur anspruchsberechtigt sind, wenn sie das Kind in ihren Haushalt aufgenommen haben, kommt eine Berechtigung und somit auch Berechtigtenbestimmung nach § 64 Abs. 3 EStG nur bei im ersten Grad mit dem Kind verwandten Personen (leibliche Eltern/Adoptiveltern) in Betracht. Bei der gezahlten Unterhaltsrente (es wird keine gesetzliche Verpflichtung vorausgesetzt, es kann sich folglich auch um eine freiwillige Leistung handeln) ist von entscheidender Bedeutung, dass es sich um eine laufende Zahlung von Geldmitteln handelt. Unterhaltsleistungen in anderer Form (z.B. Überlassung einer Eigentumswohnung, Sachleistungen) reichen nicht aus. Auch die Zahlung der Miete, der Nebenkosten, des Kreditbetrages für das Auto des Kindes o.ä. sind nicht berücksichtigungsfähig. Ausschlaggebend ist, dass das Kind über die Mittel selbst verfügen kann. Das Gesetz sieht für die Zahlung der Unterhaltsrente keinen Zeitraum vor. Es ist somit nicht erforderlich, dass die Unterhaltsrente monatlich (wie bei gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen) gewährt wird, es wird aber eine stetig in annähernd gleichem zeitlichem Abstand wiederkehrende Leistung vorausgesetzt. Eine hohe Einmalzahlung zur Abgeltung von Unterhaltsansprüchen, ob gesetzlich oder freiwillig, führt nicht zur Anspruchsberechtigung gem. § 64 Abs. 3 EStG. > Beispiel: Das Kind K lebt in einer eigenen Wohnung (keine Haushaltszugehörigkeit zu Mutter und Vater) am Ausbildungsort. An den meisten Wochenenden besucht das Kind K seine Mutter. Je nach Leistungsfähigkeit überlässt sie ihm verschiedenste Geldbeträge zwischen 100,00 € und 500,00 €. Im Durchschnitt des Jahres sind es 360,00 €. Der Kindesvater hat keinen Kontakt zu seinem Kind, zahlt aber regelmäßig monatlich 350,00 € Unterhalt. Kindergeldberechtigt gem. § 63 Abs. 3 Satz 2 EStG ist der Kindesvater, da nur er eine laufende Unterhaltsrente gewährt. Die Zahlungen der Mutter sind demzufolge unbeachtlich.
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C. Zählkinder und ihre Auswirkungen Bei der Ermittlung der Unterhaltsrente ist weitergeleitetes Kindergeld abzuziehen. Zur Unterhaltsrente zählt demzufolge nur der rein von einem Elternteil gezahlte Betrag.2 Dabei ist zu unterstellen, dass derjenige, der gerade Kindergeldbezieher ist, das Kindergeld in die Unterhaltsrente einfließen lässt. Der BFH ging in seiner Entscheidung davon aus, dass derjenige den Kindergeldanspruch besitzt, der durch die Unterhaltsrente am meisten belastet wird.
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! Beispiel: Die Eltern des Kindes K leben getrennt. K bewohnt eine eigene Wohnung. Momentan erhält K von der Muter eine Unterhaltsrente in Höhe von 250,00 € und vom Vater 320,00 €. Der Vater erhält zurzeit das Kindergeld. Unter Beachtung des o.g. Urteils ist beim Vater das Kindergeld von seiner Unterhaltsrente abzuziehen. Es ergibt sich dann eine Unterhaltsrente von 166,00 € (320,00 €–154,00 €). Die Unterhaltsrente von 166,00 € ist niedriger als die von der Mutter gezahlte Unterhaltsrente i.H.v. 250,00 €. Anspruchsberechtigt ist folglich die Mutter. Achtung: Erhält nunmehr die Mutter das Kindergeld und würde Sie weiterhin nur 250,00 € an das Kind zahlen, dann wäre der Vater, bei Zahlung der 166,00 € wiederum der Anspruchsberechtigte. Bei der Mutter wären die 154,00 € Kindergeld abzuziehen und sie würde insoweit nur 96,00 € (250,00 € ./. 154,00 €) an Unterhaltsrente zahlen. Fazit: Anspruchberechtigt ist sie weiterhin nur dann, wenn sie 155,00 € mehr Unterhaltsrente zahlt wie der Vater. Für das Beispiel bedeutet dies eine Unterhaltsrente von mindestens 321,00 € (166,00 € + 155,00 €).
5
! Praxishinweis: Da weder von den Familienkassen noch den Berechtigten häufig das Problem erkannt wird, wer tatsächlich die höhere Unterhaltsrente (Barunterhalt) gewährt, sollte in den Fällen dringend eine Überprüfung durchgeführt werden. Zum einen, um eine möglicherweise sehr hohe spätere Rückforderung zu vermeinen (bei Wegfall des Anspruches auf Kindergeld), zum anderen ist ein Anspruch auf Auszahlung des Kindergeldes gegeben und noch nicht durchgesetzt (sofort den Antrag bei der zuständigen Familienkasse stellen, um nicht einen Anspruch zu verwirken). In beiden Fällen gilt die Festsetzungsfrist gem. § 169 AO. D.h., es muss ggf. vier Jahre Kindergeld zurückgezahlt werden (Familienkasse kann in den meisten Fällen gem. § 70 Abs. 2 EStG rückwirkend aufheben) oder der Berechtigte hat einen Nachzahlungsanspruch, aber eben nur innerhalb der Festsetzungsfrist gem. § 169 AO von vier Jahren. Beachte: In Fällen der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und dem damit im Zusammenhang stehenden Erstattungsanspruch der Familienkasse wegen eines Berechtigtenwechsels sollte die Möglichkeit der Weiterleitungserklärung geprüft werden (s. D II).
C.
Zählkinder und ihre Auswirkungen
Im Kindergeldrecht wird zwischen Zahlkindern und Zählkindern unterschieden. Zahlkinder sind dabei die berücksichtigungsfähigen Kinder, für die der Berechtigte tatsächlich Kindergeld erhält, da die Familienkasse ihm gegenüber das Kindergeld festgesetzt hat. Für Zahlkinder muss der Berechtigte demzufolge vorrangig anspruchsberechtigt sein. Vorrangig anspruchberechtigt ist er dann, N wenn der andere Berechtigte zu seinen Gunsten verzichtet hat oder N wenn das Kind nur seinem Haushalt zuzuordnen ist oder N wenn das Vormundschaftsgericht zu seinen Gunsten entschieden hat oder 2
BFH Urteil v. 02.06.2005 III R 66/04, BStBl 2005 II, S. 756.
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§ 5 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) N N
wenn er die höhere Unterhaltsrente gewährt oder wenn er nach Anwendung des § 65 EStG mindestens einen positiven Zahlbetrag von 5,00 € erhält.
> Beispiel Frau S hat zwei Kinder (geb. 2000 und 2002). Sie ist allein erziehend. Der Vater, Herr S, hat sich von ihr Mitte 2005 getrennt. Frau S erhält für ihre zwei Kinder Kindergeld in Höhe von 308,00 € (je 154,00 €). 11
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Als Zählkinder werden die Kinder bezeichnet, für die ein Anspruchsberechtigter (§ 62 EStG) Kindergeld erhalten könnte, aber tatsächlich nicht erhält, da eine andere Person vorrangig anspruchsberechtigt ist (s. Rn. 10). Von Bedeutung ist dies jedoch ggf. bei der Berücksichtigung der Zahlkinder des Berechtigten. Die Zählkinder sind bei der Ermittlung der Ordnungszahlen (Reihenfolge der Geburt) und der damit verbundenen Kindergeldhöhe mitzuzählen. Sie können so zu einem höheren Kindergeld bei dem Berechtigten für seine Zahlkinder führen. > Beispiel (Fortführung des Beispiels von Rn. 10) Herr S ist Ende 2005 eine neue Beziehung mit Frau R eingegangen. Mit dieser lebt er zusammen. Im Frühjahr 2007 werden die Zwillinge X und Y geborgen. Herr S beantragt das Kindergeld (Frau R hat zu seinen Gunsten verzichtet). Da bei ihm seine zwei anderen Kinder berücksichtigt werden, erhält er Kindergeld in Höhe von 333,00 € (3. Kind 154,00 + 4. Kind 179,00 €). Hätte Frau R Kindergeld beantragt, wäre das Kindergeld niedriger ausgefallen, da sie keine weiteren Kinder hat. Ihr stünde ein Kindergeld i.H.v. 308,00 € zu (1. Kind 154,00 € + 2. Kind 154,00 €). Dieser Zählkindvorteil hat in der Praxis an Bedeutung verloren, da erst ab dem vierten Kind ein höheres Kindergeld gewährt wird. Der Vorteil besteht nur solange, wie auch für das Zahlkind Kindergeld gewährt wird bzw. zu gewähren wäre, wenn der vorrangig Berechtigte einen Antrag gestellt hätte. D.h., die Familienkasse des nachrangig Berechtigten muss alle Kinder des Berechtigten berücksichtigen und ggf. selbst prüfen, ob ein Kindergeldanspruch dem Grunde nach bestünde. ! Praxishinweis: Da in der Praxis häufig die Berücksichtigung von Zählkindern aus den verschiedensten Gründen unterbleibt, sollten Entscheidungen der Familienkasse daraufhin kontrolliert werden. Dies nicht nur bei neuen Entscheidungen der Familienkasse, sondern schnellstmöglich auch bei schon getroffenen Entscheidungen, da diese häufig nur noch für die Zukunft korrigiert werden können. Die Familienkasse kann einen Zählkindvorteil allerdings auch nur dann berücksichtigen, wenn ihr mit dem Kindergeldantrag die entsprechenden Hinweise gegeben werden.
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Das Zählkind ist nur solange ein Zählkind, wie Kindergeld gewährt wird bzw. zu gewähren wäre, wenn der vorrangig Berechtigte einen Antrag gestellt hätte. Würde für dieses Kind kein Anspruch mehr auf Kindergeld bestehen, so kann es auch nicht mehr als Zählkind berücksichtigt werden. Die Festsetzungen für das oder die Kind(er), bei denen das Kind als Zählkind berücksichtigt wurde, sind durch die Familienkasse zu korrigieren. Es erfolgen Änderungsbescheide durch die Familienkassen.
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D.
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Berechtigtenwechsel und Weiterleitung
> Beispiel: (Fortführung des Beispiels von Rn. 11) Frau S ist ebenfalls eine neue Beziehung mit Herrn E eingegangen. E ist amerikanischer Unternehmer mit Wohnsitz in Dallas. Frau S heiratet E und zieht gleichzeitig mit den Kindern im Oktober 2007 nach Dallas. Die Kinder von Herrn S mit Frau S haben ab November 2007 ihren Wohnsitz in den USA. Sie können kindergeldrechtlich nicht mehr berücksichtigt werden. Die Familienkasse von Herrn S muss die Festsetzungen für die Kinder X und Y korrigieren. S erhält ab November nur noch Kindergeld i.H.v. 308,00 € (1. Kind 154,00 € + 2. Kind 154,00 €). ! Praxishinweis: Sofern ein Zählkindvorteil wegfällt, ist die Familienkasse umgehend zu informieren. Der Berechtigte hat eine Mitwirkungspflicht dahingehend, den Wegfall von Anspruchsgrundlagen mitzuteilen. Tut er dies nicht und die Familienkasse erfährt von anderer Seite davon, wird nicht nur rückwirkend aufgehoben, sondern womöglich auch ein Strafverfahren eingeleitet.
D.
Berechtigtenwechsel und Weiterleitung
Für das Kindergeld ist die Berechtigtenbestimmung von größter Bedeutung, da sie für den Anspruch oder Nichtanspruch ausschlaggebend ist. Da sich der Bezug von Kindergeld über einen sehr langen Zeitraum [z.Zt. ggf. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres (ausgenommen behinderte Kinder)] erstreckt, besteht auch immer die Möglichkeit, dass Änderungen eintreten, die die Berechtigtenbestimmung beeinflussen. Diese Änderungen können sich aus den Familienverhältnissen selbst oder aufgrund einer Erklärung über einen Berechtigtenwechsel ergeben. In manchen Kindergeldfällen sogar mehrmals. Mit dem Wechsel des Berechtigten ist meist noch eine Erstattung des zu viel an den ehemaligen Berechtigten gezahlten Kindergeldes verbunden. Diese Erstattungsbeträge brauchen von der Verwaltung nicht immer eingezogen werden. Hierzu hat die Verwaltung eine Vereinfachungsregel zur Beurteilung des verwirklichten Anspruches auf Kindergeld an den tatsächlichen Berechtigten eingeführt. Die Verwirklichung des Anspruches wird mit einer Erklärung über die Weiterleitung von Kindergeld an den tatsächlichen Berechtigten beurteilt bzw. verbindlich festgestellt.
I.
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Berechtigtenwechsel
Da es in der überwiegenden Mehrzahl der Kindergeldfälle mehrere Anspruchsberechtigte, aber immer nur einen vorrangig Berechtigten gibt, kann es durch veränderte Familienverhältnisse oder durch die Erklärung einer anderen Berechtigtenbestimmung zum Wechsel des Berechtigten kommen. Dabei können die Auswirkungen gravierende Unterschiede aufweisen. Die Änderung der Berechtigtenbestimmung durch die Berechtigten selbst ist in folgenden Fällen möglich: N mehrere Berechtigte mit Kind/Kindern im gemeinsamen Haushalt N mehrere Berechtigte ohne Unterhaltsrente N mehrere Berechtigte mit gleich hoher Unterhaltsrente In diesen Fällen dürfen die Anspruchsberechtigten den vorrangig Berechtigten selbst bestimmen. Diese Bestimmung kann jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf kann durch Neuantragsstellung des z.Zt. nicht vorrangig Berechtigten erfolgen. Dabei ist es unerheblich, ob der andere z.Zt. vorrangig Berechtigte zu Gunsten des Antragstellers verzichtet oder nicht. Sollte keine Verzichts119
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5
§ 5 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) erklärung auf dem Antrag vorhanden sein oder dem Antrag beiliegen, so ist die Familienkasse von Amts wegen mit der Prüfung beauftragt. In diesen Fällen ist dann meist eine Feststellung des vorrangig Berechtigten durch das Vormundschaftsgericht notwendig (s. Rn. 23 f.). Die Änderung der Berechtigtenbestimmung ist grundsätzlich nur für die Zukunft möglich. Gegenüber dem neuen Berechtigten kann deshalb Kindergeld erst mit dem Monat, der dem Monat der Änderungsmitteilung folgt, festgesetzt werden. > Beispiel: Nach der Geburt ihres Kindes K im Juni 2004 haben die Eltern S den Vater zum Berechtigten bestimmt. Die Mutter ist Bundesbeamtin. Für Bundesbeamte, die ein Kind unter 12 Jahren haben, für das sie tatsächlich Kindergeld erhalten, reduziert sich die Arbeitszeit von 42 h/w auf 40 h/w. Frau S möchte ab Juli 2006 nach ihrer Elternzeit wieder anfangen zu arbeiten und den Vorteil der Arbeitszeitreduzierung nutzen. Ihr Mann, der keinen weiteren Vorteil hat, ist mit dem Wechsel der Berechtigtenbestimmung sofort einverstanden. Noch im Juni 2006 schickt Frau S den Antrag mit der neuen Berechtigtenbestimmung an die für sie zuständige Bundesfamilienkasse.
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! Praxishinweis: In diesen Fällen ist zudem die Familienkasse des Vaters über die Änderung der Berechtigtenbestimmung, möglichst unter Angabe der neuen Familienkasse, zu informieren. Dies folgt aus den Mitwirkungspflichten des Berechtigten gem. § 68 Abs. 1 EStG.
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Ein Berechtigtenwechsel für die Vergangenheit kann nur dann erfolgen, soweit noch kein Kindergeld für diesen zurückliegenden Zeitraum festgesetzt worden war (vgl. DA 64.4 Abs. 2 DAFamEStG). Die Regelungen zum Widerruf der Berechtigtenbestimmung sind analog zum Widerruf des Vorrangverzichts (Eltern zu Gunsten der Großeltern) anzuwenden. Die Änderung der Berechtigtenbestimmung kann sehr sinnvoll sein, wenn dadurch ein Zählkindvorteil genutzt werden kann (vgl. Beispiel Rn. 11). Der Zählkindvorteil wirkt sich grundsätzlich ab dem Monat der Erklärung über die Änderung der Berechtigtenbestimmung aus. D.h., bereits für diesen Monat kann der Unterschiedsbetrag festgesetzt werden. > Beispiel: Die Eheleute S haben drei gemeinsame Kinder. Herr S hat noch einen Sohn aus erster Ehe. Dieser lebt bei seiner leiblichen Mutter und ist älter als die drei Kinder der Eheleute S. Kindergeld für die drei Kinder hat Frau S beantragt, Herr S hat zu ihren Gunsten verzichtet. Im Mai 2007 weist ein Bekannter die Eheleute S daraufhin, dass, sofern Herr S Kindergeld beantragt, ein höheres Kindergeld gezahlt wird. Am 15.05.2007 beantragt deshalb Herr S Kindergeld bei der für ihn zuständigen Familienkasse. Frau S hat zugestimmt. Die Familienkasse hat das Kindergeld ab 01.06.2006 gegenüber Herrn S i.H.v. 487,00 € (2. Kind 154,00 € + 3. Kind. 154,00 € + 4. Kind 179,00 €) festzusetzen. Für den Monat Mai 2007 erfolgt noch eine Festsetzung i.H.v. 25,00 € als Differenzbetrag (Zählkindvorteil) für das jüngste Kind der Eheleute S, das im Monat Mai das 3. Kind von Frau S war (154,00 €) und durch die Erklärung des Berechtigtenwechsels das 4. Kind von Herrn S (179,00 €) wird. Eine weitere rückwirkende Festsetzung durch die Familienkasse ist nicht möglich, da die Anspruchsgrundlage (hier: Berechtigter) erst durch die Erklärung zur geänderten Berechtigtenbestimmung mit Kenntnis (Eingang) bei der Familienkasse wirksam wird. 120
D.
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Berechtigtenwechsel und Weiterleitung
Dieser Zählkindvorteil ist von der Familienkasse sogar für den zurückliegenden Zeitraum geändert festzusetzen, wenn (DA 64.4 Abs. 1 Satz 3 DA-FamEStG) 1. der bisherige und nunmehrige Berechtigte Kindergeld bezogen hat (Zahlkind) und 2. soweit die betroffenen Kindergeldfestsetzungen nach § 70 Abs. 2 EStG geändert werden können. In der DA 64.4 Abs. 1 Satz 3 DA-FamEStG wird dies ebenfalls als Berechtigtenwechsel dargestellt. Dem ist zu widersprechen. Bei dieser Fallkonstellation ergibt sich zwar ein höherer Kindergeldanspruch auch rückwirkend, dieser ist aber nicht auf eine geänderte Berechtigtenbestimmung, sondern auf geänderte Familienverhältnisse zurückzuführen. Eine Änderung der Berechtigtenbestimmung – wie in der o.g. DA-FamEStG aufgeführt – ist nicht notwendig.
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> Beispiel: Herr S und Frau G haben je zwei leibliche Kinder, für die sie Kindergeld erhalten. Die Kinder von Herrn S sind älter als die Kinder von Frau G. Alle leben im selben Haushalt. Am 10.2.2006 heiraten Herr S und Frau G (jetzt S). Durch einen Bekannten werden die Eheleute darauf hingewiesen, dass sie mehr Kindergeld erhalten würden, wenn Frau S das Kindergeld beantragt und Herr S damit einverstanden ist. Frau S beantragt deshalb am 18.04.2007 Kindergeld für die beiden Kinder des Herrn S bei der für sie örtlich zuständigen Familienkasse. Herr S hat dem Wechsel zugestimmt. Die Familienkasse kann gegenüber Frau S das Kindergeld für diese beiden Kinder ab 01.05.2007 laufend i.H.v. von je 154,00 € (1. Kind und 2. Kind) festsetzen. Die Festsetzungen für ihre Kinder muss die Familienkasse ändern, da sie durch die Berücksichtigung der beiden älteren Kinder in der Rangfolge steigen. Sie sind jetzt 3. u. 4. Kind. D.h., dass sich bei dem jüngsten Kind zudem die Höhe des Kindergeldes von 154,00 € auf 179,00 € ändert. Diese Änderungen in der Rangfolge und Höhe sind schon ab dem Monat der Eheschließung vorzunehmen (Korrekturnorm § 70 Abs. 2), da die älteren Kinder des Herrn S ab diesem Zeitpunkt als Stiefkinder von Frau S zu sehen sind. Da die Kinder ohnehin als Stiefkinder bei der Festsetzung für die leiblichen Kinder berücksichtigt hätten werden müssen, hätte eine Anzeige bei der Familienkasse gereicht, dass die Kinder von Herrn S als Stiefkinder bei Frau S zu berücksichtigen sind. Die Festsetzungen für die leiblichen Kinder hätten dann auch korrigiert werden müssen und es wäre die gleiche Rechtsfolge eingetreten. Nur mit dem Unterscheid, dass das Kindergeld für die Kinder von Herrn S bei Herrn S geblieben wäre. ! Praxishinweis: In jedem Falle sollte eine Prüfung stattfinden, ob nicht durch einen Zählkindvorteil ein höherer Kindergeldanspruch besteht. Des Weiteren besteht evtl. ein Nachzahlungsanspruch i. H. des Erhöhungsbetrages durch den Zählkindvorteil. Es muss nicht in jedem Falle ein Wechsel des Berechtigten stattfinden, um einen höheren Anspruch auf Kindergeld zu haben. Häufig liegt der Wechsel in der vorrangigen Anspruchsberechtigung in der Änderung der Familienverhältnisse. Dies bedeutet, sofern sich die Familienverhältnisse zu Ungunsten des z.Zt. vorrangig Berechtigten ändern, besteht ab dem Folgemonat kein Anspruch mehr auf Kindergeld. Wann innerhalb eines Monats die Änderungen eingetreten sind, ist nicht von Bedeutung. Änderungen am 01. werden gleichbehandelt wie Änderungen am 15. oder 31. eines Monats. Die Familienkasse ist in jedem Falle umgehend über diese Änderungen (Achtung: Nur Änderungen, die ausschlaggebend sind!) zu informieren (§ 68 Abs. 1 EStG). ! Praxishinweis: Da die Familienkasse i.d.R. bei Änderung in den Verhältnissen (hier: Familienverhältnisse) gem. § 70 Abs. 2 EStG die Kindergeldfestsetzung rückwirkend (innerhalb der Festsetzungsfrist) aufzuheben hat, kann sich zum einen ein hoher Erstattungsbe121
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§ 5 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) trag ergeben und zum anderen die Einleitung eines Strafverfahrens. Deshalb empfiehlt es sich seiner Mitwirkungspflicht gem. § 68 EStG umgehend nachzukommen. Folgende Fälle sind denkbar: N Der bisherige Kindergeldberechtigte zieht aus dem Haushalt aus und das Kind verbleibt im Haushalt des anderen z.Zt. nachrangig Berechtigten (Trennung). N Ein bisher als Stiefkind berücksichtigtes Kind zieht aus dem gemeinsamen Haushalt auf Dauer aus (Achtung – nicht nur wegen der Berufsausbildung). N Der bisher Berechtigte verstirbt. N Kind wechselt nicht nur vorübergehend in den Haushalt des anderen Anspruchsberechtigten (Achtung – Der BFH hat mit Urteil vom 23.03.2005 III R 91/03 entschieden, wenn sich beide die Betreuung und Verpflegung in annähernd gleichem zeitlichen Umfang teilen, bleibt es bei der Berechtigtenbestimmung, bis einer widerruft). N Änderung in der Höhe der Unterhaltsrente.
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II. 19
Weiterleitung
Durch Änderungen in der Anspruchsberechtigung aufgrund veränderter Familienverhältnisse sind die Familienkassen oft gezwungen, Kindergeldfestsetzungen rückwirkend aufzuheben oder zu ändern. Die rückwirkende Änderung oder Aufhebung umfasst dabei häufig längere Zeiträume, da die Berechtigten ihrer Mitteilungspflicht (§ 68 Abs. 1 EStG) nicht nachkommen sind. Mit dem Änderungs- oder Aufhebungsbescheid wird somit häufig ein Erstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2 AO) der Familienkasse fällig. Dieser Betrag ist vom Erstattungsschuldner zu erstatten. Sofern der Anspruch auf Kindergeld auf einen anderen Berechtigten übergeht und deshalb die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem bisherigen Berechtigten aufgehoben wurde, kann die Familienkasse die Weiterleitung des Kindergeldes prüfen. Unter Weiterleitung versteht dabei die Familienkasse, dass das an den bisherigen Berechtigten ausgezahlte Kindergeld durch diesen an den tatsächlich Berechtigten weitergereicht wurde (z.B. Überweisung). Bei Änderungen kommt allerdings eine Weiterleitung nicht in Frage, da hier der Berechtigte der Berechtigte bleibt, sich nur die Höhe des Kindergeldbetrages ändert. > Beispiel (Änderung) Gegenüber Herrn S bestehen zwei Kindergeldfestsetzungen für seine K 3 und K 4. Beide wohnen in seinem Haushalt. Herr K hat noch zwei ältere Kinder K1 und K 2, die bei seiner ersten Lebenspartnerin wohnen. Die zuständige Familienkasse hebt die Kindergeldfestsetzungen für diese beiden Kinder mit Wirkung vom 01.03.2004 auf. Herr S erfährt davon, teilt dies der Familienkasse nicht mit. Im Mai 2007 schreibt die Familienkasse Herrn S an und bittet um Auskunft zu seinen Kindern K 1 und K 2. Er teilt daraufhin mit, dass für diese beiden seit März 2004 kein Kindergeld mehr gezahlt wird. Daraufhin ändert die Familienkasse die Kindergeldfestsetzungen für K 3 (1. Kind 154,00 €) und K 4 (2. Kind 154,00 €) rückwirkend zum 01.03.2004. Das zuviel gezahlte Kindergeld, der Differenzbetrag zwischen 179,00 € (K 4, 4. Kind) und 154,00 € (K 4, 2. Kind) sind vom Berechtigten zu erstatten. Es ergibt sich ein Erstattungsanspruch von 950,00 € [38 × 25,00 € (03/04 – 05/07)]. Der Differenzbetrag steht keinem anderen Berechtigten zu, deshalb besteht keine Möglichkeit der Weiterleitung.
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D.
5
Berechtigtenwechsel und Weiterleitung
> Beispiel (Aufhebung) Die Eheleute S haben ein gemeinsames Kind K. Die Festsetzung des Kindergeldes erfolgte gegenüber Herrn S. Frau S trennt sich von ihrem Mann und zieht mit dem gemeinsamen Kind in einen neuen Haushalt (Mitte Februar 2005). Eine Mitteilung an die Familienkasse erfolgt nicht, da sich die Eheleute einig sind, dass der Vater das Kindergeld weiterhin bekommt. Er überweist das Kindergeld und den Unterhalt an die Mutter monatlich. Bei einer Routineüberprüfung erhält die Familienkasse Kenntnis über diesen Sachverhalt (Oktober 2007). Die Kindergeldfestsetzung ist gegenüber Herrn S aufzuheben. Es ergibt sich ein Erstattungsanspruch von 4.928,00 € [32 Monate á 154,00 € (03/05 bis 10/07)]. Da gleichzeitig Frau S ab dem 01.03.2005 Anspruch auf Kindergeld in der Höhe hat, ist eine Prüfung der Weiterleitung möglich. Bei der Prüfung, ob eine Weiterleitung vorliegt oder nicht, handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der Familienkasse (Billigkeitsmaßnahme gem. § 163 AO). Als Nachweis kommt nur eine schriftliche Erklärung des nunmehrigen Berechtigten gegenüber der Familienkasse, die das Kindergeld bis jetzt festgesetzt und ausgezahlt hatte, in Betracht. In dieser Erklärung muss er angeben, für welche Monate er vom bisherigen Berechtigten das gesamte Kindergeld erhalten hat. Eine anteilige Zahlung des monatlichen Kindergeldbetrages kann nicht berücksichtigt werden. Des Weiteren muss sich aus dieser Erklärung ergeben, dass er seinen Anspruch für den Zeitraum als erfüllt ansieht. Diese Erklärung ist unwiderrufbar. Für die Erklärung zur Weiterleitung hat die Verwaltung ein Muster erarbeitet (Anhang 14 zur DAFamEStG – Vordruck KG 14). Dies soll möglichst verwendet werden. Wird dies nicht verwendet, muss das frei formulierte Schriftstück den Inhalt des Vordruckes widerspiegeln. + Muster: (Vordruck KG 14 – Anhang 14 zur DA-FamEStG) Anhang 14 Bestätigung zur Vorlage bei der Familienkasse Für die Monate von ………………. ….. bis ………………. …… hat die Familienkasse das Kindergeld für 1.) ……………………………………………………………………………………………… 2.) ……………………………………………………………………………………………… 3.) ……………………………………………………………………………………………… 4.) ……………………………………………………………………………………………… nicht an mich, sondern an den Vater/die Mutter* des Kindes/der Kinder* ausgezahlt. Ich bestätige hiermit unwiderruflich, dass diese(r) das Kindergeld nicht für sich behalten, sondern weitergeleitet hat. Ich sehe daher meinen Anspruch auf Kindergeld für den o.g. Zeitraum als erfüllt an. Einen Antrag auf Kindergeld habe ich am …………………….. bei der folgenden Familienkasse gestellt. Bezeichnung der Familienkasse ……………………………………………………………………… Anschrift der Familienkasse ………………………………………………………………………… …………………………………………………………………………………… Tel.-Nr. des Sachbearbeiters/der Sachbearbeiterin (soweit bekannt) ………………………………………… …………………………………………. Unterschrift _________________ *
Nichtzutreffendes bitte streichen
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§ 5 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (§ 64 EStG) 21
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Erfolgt keine Erklärung der Weiterleitung mit dem Vordruck oder einem inhaltsgleichen Schreiben, so muss die Familienkasse davon ausgehen, dass das Kindergeld nicht weitergeleitet wurde. Es ist zwar eine Billigkeitsmaßnahme, die aber gebunden ist an die Formalie dieser Erklärung. Der BFH sieht keinen Ermessensfehler darin, wenn die Familienkasse eine Bestätigung nach DA 64.4 Abs. 4 Satz 2 DA-FamEStG verlangt.3 Zudem schließt der BFH eine möglicherweise doppelte Inanspruchnahme der Familienkasse aus, wenn die Erklärung des nunmehrigen Berechtigten verlangt wird.4 Eine andere Form des Nachweises wurde vom BFH verneint. Insbesondere verneint er die Kontrolle unterhaltsrechtlicher Vereinbarungen oder Zahlungen in jeglicher Form. Der Nachweis mittels Kontoauszug ist ebenfalls unzulässig. Als Nachweis reicht auch nicht aus, dass das Kindergeld aufgrund der Anzeige des bisherigen Berechtigten schon auf das Konto des nunmehrigen Berechtigten überwiesen wurde. Leistungsempfänger bleibt der bisherige Berechtigte. Eine Besonderheit kann sich bei der Weiterleitung ergeben, wenn der bisherige Berechtigte einen Zählkindvorteil nutzen konnte, der nunmehr Berechtigte diesen aber nicht für sich in Anspruch nehmen kann. Selbst wenn der nunmehr Berechtigte bestätigen würde, dass er das Kindergeld erhalten hat, hat der bisher Berechtigte das Kindergeld i.H.d. Differenzbetrages (Zählkindvorteil) zu erstatten. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S hat vier Kinder mit verschiedenen Frauen. Die Kinder K1, K 2 und K 3 leben jeweils im Haushalt der jeweiligen Kindesmutter. Diese Kinder werden als Zählkinder bei der Festsetzung für sein viertes Kind K 4, das in seinem Haushalt lebt, berücksichtigt. Er erhält folglich Kindergeld i.H.v. 179,00 €. Anfang Oktober 2005 zieht K 4 auf Dauer zur Kindesmutter. S überweist jeden Monat Unterhalt und das Kindergeld i.H.v. 179,00 €. Nach dem der Sachverhalt bei der Familienkasse bekannt wird (Dezember 2006), möchte die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ab 01.11.2005 aufheben. Vorher wird die Möglichkeit der Weiterleitung des Kindergeldes geprüft. Die Kindesmutter von K 4 bestätigt auf dem Vordruck KG 14 das Kindergeld i.H.v. 179,00 € erhalten zu haben. Da sie aber nur einen Anspruch auf 154,00 € hat, ist nur dieser Betrag erloschen (§ 47 AO). Der Differenzbetrag (Zählkindvorteil) i.H.v. 350,00 € [14 × 25,00 € (11/05 bis 12/06)] ist vom Berechtigten S noch zu erstatten.
E. 23
Feststellung des vorrangig Berechtigten durch das Vormundschaftsgericht
Kann die Anspruchsberechtigung nicht zu Gunsten eines Berechtigten eindeutig festgestellt werden, so ist der vorrangig Berechtigte durch das Vormundschaftsgericht zu bestimmen (§ 64 Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG). Die Entscheidung des Vormundschaftsgerichtes wird von der Familienkasse übernommen. Für Streitigkeiten über den vorrangig Berechtigten sind folgende Fälle denkbar: N mehrere Berechtigte mit Kind/Kindern im gemeinsamen Haushalt
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BFH Beschluss v. 22.07.1999 VI B 344/98, BFH/NV 2000, S. 36. BFH Beschluss v. 19.05.1999 VI B 364/98, BFH/NV 1999, S. 1592.
E. N N
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Feststellung des vorrangig Berechtigten durch das Vormundschaftsgericht
mehrere Berechtigte ohne Unterhaltsrente mehrere Berechtigte mit gleich hoher Unterhaltsrente
! Praxishinweis: Der BFH hat entschieden, dass das Kindergeld bei der Ermittlung der Anspruchsberechtigung in den Fällen keiner Haushaltsaufnahme des Kindes vom Betrag der gezahlten Unterhaltsrente abzuziehen ist.5 In den o.g. Fällen, in denen keine oder gleich hohe Unterhaltsrenten gewährt werden, sollte das Gericht auf das Urteil aufmerksam gemacht werden. Es bleibt abzuwarten, wie der BFH entscheiden würde, wenn ein Vormundschaftsgericht den vorrangigen Anspruch einem Berechtigten zugesteht, aber dieser weiterhin die gleiche Unterhaltsrente zahlt, wie der „nachrangige“ Anspruchsberechtigte. Tatsächlich wäre nach dem o.g. Urteil der „nachrangig“ Berechtigte mehr mit Unterhalt belastet und insoweit eigentlich anspruchsberechtigt (vgl. Rn. 9). Diese Anspruchsberechtigung müsste allerdings die Familienkasse von sich aus prüfen. Das Verfahren vor dem Vormundschaftsgericht (bei den Amtsgerichten, grundsätzlich zuständig sind die Rechtspfleger) bezieht sich nur auf die Feststellung des vorrangig Berechtigten. Alle anderen Überprüfungen und Entscheidungen, die notwendig sind, um festzustellen ob oder ob nicht Kindergeld gezahlt werden kann, obliegen allein der Familienkasse. Voraussetzung für den Antrag beim Vormundschaftsgericht ist jedoch ein vorher gestellter Antrag bei der Familienkasse. Das Verwaltungsverfahren zur Überprüfung eines Kindergeldanspruches kann nur durch einen Kindergeldantrag bei der örtlich zuständigen Familienkasse erfolgen. Fehlt es an diesem Kindergeldantrag, wird das Vormundschaftsgericht den Antrag als unzulässig zurückweisen. Antragsberechtigt beim Vormundschaftsgericht ist jeder, der ein berechtigtes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat (vgl. DA 64.2 Abs. 3 Satz 1 DA-FamEStG). Der Antrag selbst ist nicht an eine bestimmte Form gebunden, sollte aber aus Gründen der Rechtssicherheit schriftlich erfolgen. Um das Verfahren zu beschleunigen, sollte der Antrag begründet werden. Die Begründung sollte auch auf die anderen Anspruchsberechtigten eingehen. D.h., sie sollten mit ihrem Namen, der dem Antragsteller bekannten Anschrift und ihren Verwandtschaftsverhältnis zum Kind benannt werden. Das Gericht führt aufgrund des Antrages die erforderlichen Ermittlungen von Amtswegen durch. Die Entscheidung des Gerichtes wird durch Beschluss bekannt gegeben. Der Beschluss des Vormundschaftsgerichtes wird nach § 16 Abs. 1 FGG mit Bekanntgabe an alle Beteiligten wirksam. Die Regelungen des Beschlusses gelten grundsätzlich auch für vergangene Zeiträume, es sei denn, dass er eine gegenteilige Aussage dazu trifft. Dies bedeutet, dass der vom Vormundschaftsgericht zum vorrangig Berechtigten erklärte auch rückwirkend noch Kindergeld erhalten kann. Wird im Nachgang dieser Beschluss durch einen neuen Beschluss zur vorrangigen Berechtigtenbestimmung in dem Kindergeldfall aufgehoben, entfaltet der neue Beschluss nur Rechtswirkung für die Zukunft (vgl. DA 64.2 Abs. 3 Satz 4 DA-FamEStG). Es handelt sich insoweit bei dem Beschluss des Vormundschaftsgerichtes nicht um einen Grundlagenbescheid mit Bindungswirkung gem. § 171 Abs. 10 AO. ! Praxishinweis: Erhält z.Zt. eine andere Person Kindergeld, muss der vermeintlich Berechtigte zunächst einen Kindergeldantrag bei der für ihn örtlich zuständigen Familienkasse stellen. Nur wenn diese in Zusammenarbeit mit der anderen Familienkasse (kann auch die gleiche sein) zu keinem Ergebnis kommt, wer den vorrangigen Anspruch inne hat, kann nun entweder er oder derjenige, der z.Zt. das Kindergeld erhält, einen Antrag beim Vormundschaftsgericht stellen. 5
BFH Urteil v. 02.06.2005 III R 66/04, BStBl 2005 II, S. 756.
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§ 6 Andere Leistungen für Kinder (§ 65 EStG) 1
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§ 65 EStG regelt als allgemeine Vorschrift die Anspruchskonkurrenz zwischen kindbezogenen innerstaatlichen Leistungen sowie zwischen Kindergeld und vergleichbaren kindbezogenen ausländischen Leistungen, sofern für letztere nicht spezielles Recht gilt. Wird eine in § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG aufgelistete Leistung gewährt oder wäre sie bei entsprechender Antragstellung zu gewähren, schließt dies den Anspruch auf Kindergeld grundsätzlich aus. Dabei ist es unerheblich, ob die Leistung dem vorrangig Berechtigten oder den nachrangig Berechtigten zusteht. Diese Leistungen werden auf das Kind bezogen betrachtet. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass gleichartige Leistungen, folglich Mittel, die denselben Sinn und Zweck verfolgen, nicht zu einem doppelten Anspruch führen (Subsidiarität des Familienleistungsausgleichs – vgl. Weber-Grellet, in: Schmidt EStG § 65 Rn. 1; Felix, in: Kindergeldrecht § 65 Rn. 6).
A. 2
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Kindergeld ausschließende Leistungen
Gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG wird Kindergeld nicht für ein Kind gezahlt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechender Antragstellung zu zahlen wäre: 1. Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, 2. Leistungen für Kinder, die im Ausland gewährt werden und dem Kindergeld oder einer der unter Nummer 1 genannten Leistungen vergleichbar sind, 3. Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind. Die Prüfung, ob die o.g. Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, hat die Familienkasse von Amts wegen vorzunehmen. Die Kontrolle unterliegt demzufolge dem Grundsatz der Sachverhaltsaufklärung gem. § 88 AO. Die Familienkasse kann, um ihrer Prüfungspflicht gerecht zu werden, den Berechtigten einbeziehen. D.h., der Berechtigte hat in diesen Fällen seiner Mitwirkungspflicht (§ 90 Abs. 1 AO, bei bestehenden Festsetzungen zudem § 68 Abs. 1 EStG) dahingehend nachzukommen, dass er alle durch die Familienkasse verlangten Unterlagen vorlegt bzw. bei bestehenden Kindergeldfestsetzungen, die entsprechenden Angaben macht. Die o.g. Leistungen müssen nicht dem vorrangigen Berechtigten zustehen.1 Es genügt, dass die Leistungen für das Kind zur Verfügung stehen, egal wer die Mittel letztendlich erhält. Der Ausschluss des Kindergeldes wird demzufolge nicht auf die Person des Berechtigten, sondern hier auf die Person des Kindes bezogen. Ähnlich wie im § 64 EStG wird im § 65 EStG eine Konkurrenz festgelegt, die verhindern soll, dass eine doppelte Zahlung gleichartiger Leistungen für ein und dasselbe Kind erfolgt. Probleme treten immer wieder hinsichtlich der Frage auf, wie zu verfahren ist, wenn die Leistungen gem. 65 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht gewährt werden. Grundsätzlich hat die Familienkasse die Pflicht, eigenständig zu prüfen. Nach herrschender Meinung ist sie jedoch an die Entscheidung der anderen Behörde, die für die Leistung gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG zuständig ist, oder an eine Gerichtsentscheidung gebunden. D.h., lehnt die Behörde ab, oder stellt das Gericht fest, dass kein 1
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BFH Beschluss v. 17.11.1998 VI B 120/98, BFH/NV 1999, S. 614.
A.
Anspruch besteht, hat die Familienkasse davon auszugehen, dass tatsächlich kein Leistungsanspruch vorliegt. Das Kindergeld ist entsprechend festzusetzen. Gleiches gilt jedoch auch für den umgekehrten Fall. Wird durch Gerichtsentscheidung oder durch eine Behörde eine der in § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Leistungen gewährt, so ist diese Entscheidung auch für die Familienkasse bindend (vgl. Felix, in: Kindergeldrecht § 65 Rn. 7). Die Übernahme der Entscheidung gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Wenn die Entscheidung der anderen Behörde auf Tatsachen beruht, die tatsächlich offensichtlich nicht vorliegen, braucht die Familienkasse diese Entscheidung nicht übernehmen. Sie kann dann als nicht bindend angesehen werden.2 Stellt die Behörde zu einem späteren Zeitpunkt fest, dass dem Kind Leistungen gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 EStG zustehen, so kann dies zur Korrektur (Aufhebung) der Festsetzung und damit zur Erstattung des zuviel gezahlten Kindergeldes führen. Die Festsetzung ist dann nach § 70 Abs. 2 EStG aufzuheben.3 Der Anspruch auf Zahlung von Kindergeld ist nur ausgeschlossen, wenn für das Kind irgendeiner Person eine der Leistungen des § 65 Abs. 1 EStG zusteht. Die Aufzählung der Leistungen ist abschließend (Ausschließlichkeitskatalog) und kann somit auf andere kindbezogene Leistungen nicht erweitert werden. Der Anspruch auf Kindergeld ist deshalb nicht ausgeschlossen, wenn einem Elternteil folgende Leistungen zustehen (vgl. DA 65.1.1 Abs. 2 Satz 3 DA-FamEStG): 1. Leistungen für Kinder aus einer berufsständischen Versorgungseinrichtung (z.B. der Bayerischen Ärzteversorgung). 2. Übergangsgeld nach § 20 SGB VI. 3. Leistungen nach dem Gesetz über die Altershilfe für Landwirte bzw. dem Gesetz über die Alterssicherung der Landwirte. 4. Überbrückungsgeld seitens der Seemannskasse (§ 143 SGB VII), zu dem seit 1. Januar 1982 Kinderzuschüsse nur noch als Aufstockungsbeträge zum Kindergeld gezahlt werden.
I.
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Kinderzulagen und Zuschüsse (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG)
Die Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG stellt auf zwei verschiedene Leistungen, die zum Ausschluss des Kindergeldes führen, ab. Dies sind zum einen die Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung und zum anderen der Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Beide Leistungen werden nur für Kinder gewährt, für die der Berechtigte schon vor dem 01.01.1984 Anspruch hatte bzw. später festgestellt wurde, dass ein Anspruch vor dem 01.01.1984 schon bestanden hat. D.h. diese Ausschlussregelung verliert immer mehr an Bedeutung, da die Fallzahlen stetig sinken. Anspruch auf eine Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung haben Schwerverletzte. Schwerletzter i.S. § 583 RVO ist ein Verletzter, der eine Rente von 50 v. H. oder mehr vom 2 3
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Kindergeld ausschließende Leistungen
BFH Urteil v. 14.05.2002 VIII R 67/01, BFH/NV 2002, S. 1294. BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 16/99, BStBl 2002 II, S. 81.
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Andere Leistungen für Kinder (§ 65 EStG)
Hundert einer Vollrente oder mehrere Verletztenrenten aus der Unfallversicherung bezieht, deren Hundertsätze zusammen die Zahl 50 erreichen. Diesen Schwerverletzten wird eine Kinderzulage i.H.v. 10 v. Hundert der Verletztenrente gewährt. Folglich ergibt sich, entgegen dem Kinderzuschuss immer ein auf den Einzelfall ermittelter Wert. In diesem Zusammenhang ist auf die Höchstgrenze hinzuweisen (§ 583 Abs. 4 RVO). Die Höchstgrenze der Verletztenrente einschließlich der Kinderzulage darf 85 v. H. des Jahresarbeitsverdienstes nicht übersteigen. Dies bedeutet, je höher der Hundertsatz der Verletztenrente ist und je mehr Kinder ein Schwerverletzter hat, umso geringer kann die Kinderzulage ausfallen. Kinderzulagen für mehrere Kinder könnten zu Beträgen führen, die in keinem Verhältnis zum Erwerbseinkommen stehen; daher die Höchstgrenze. Wird der Höchstbetrag überschritten, werden die Zulagen anteilig gekürzt, nicht die eigentliche Rente (vgl. Ricke, in: Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, 11. Ergänzungslieferung, Mai 1994) Als Kinder werden nicht nur die leiblichen Kinder berücksichtigt, sondern nach § 583 Abs. 5 RVO auch im Haushalt lebende Stiefkinder und Kinder, die mit dem Ziel der Annahme als Kind in die Obhut des Annehmenden aufgenommen sind und für die die zur Annahme erforderliche Einwilligung der Eltern erteilt ist. Die Berücksichtigung der Kinder erfolgt bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres. Darüber hinaus bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur, wenn sie N in Schul- oder Berufsausbildung sind oder N ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres, ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres ableisten oder N infolge körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten. War die Schul- oder Berufsausbildung wegen der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes unterbrochen oder hat sie sich deswegen verzögert, kann ein Kind über das 25. Lebensjahr für den Zeitraum der Ableistung des gesetzlichen Wehrdienstes berücksichtigt werden, sofern es sich noch in Schul- oder Berufsausbildung befindet. Die Berücksichtigung erfolgt über das 18. Lebensjahr hinaus auch nur dann, wenn das Kind nicht über genügen Eigenmittel verfügt (s. Rn. 8). Die Kinderzulage führt nur zum Ausschluss des Kindergeldes, sofern sie für den gesamten Monat gewährt wird (Beachte: § 65 Abs. 2 EStG – Rn. 14 ff.). Beginnt oder endet die Rentenzahlung (Kinderzulage wird dann nur anteilig gewährt) innerhalb eines Monats, besteht keine Anrechnungsmöglichkeit der Leistung, auch nicht teilweise. Einen Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten Personen, die Anspruch auf eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente haben. Gleiches gilt für Personen, die Anspruch aus einer Knappschaftsversicherung (z.B. Bergmannsrente, Knappschaftsausgleich) haben. Der Anspruch auf den Kinderzuschuss besteht nur, sofern der Anspruch vor dem 01.01.1984 eingetreten ist bzw. zu einem späteren Zeitpunkt mit Rückwirkung vor dem 01.01.1984 festgestellt wurde. Gleiches gilt, wenn der Zuschuss weggefallen war, aber vor dem Stichtag bestand und zu einem späteren Zeitpunkt wieder auflebt.
128
A.
Der Kinderzuschuss wird nur für Kinder, grundsätzlich bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres gewährt. Darüber hinaus nur, wenn (vgl. § 270 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) dem Kind N keine Ausbildungsvergütung von wenigstens 385,00 € monatlich zusteht oder N mit Rücksicht auf die Ausbildung Unterhaltsgeld oder Übergangsgeld von nicht wenigstens 315,00 € monatlich zusteht oder nur deswegen nicht zusteht, weil es über anrechenbares Einkommen verfügt. Grundsätzlich endet die Gewährung des Kinderzuschusses mit Vollendung des 25. Lebensjahres (Ausnahme – Verlängerung um die Ableistung des gesetzlichen Grundwehrdienstes; vgl. § 583 Abs. 3 RVO). Die Höhe des Kinderzuschusses ist festgeschrieben worden mit einem jährlichen Betrag i.H.v. 1.834,80 DM, umgerechnet 152,90 DM monatlich. Dieser Betrag ist in den Eurowert amtlich umzurechnen. Der Kinderzuschuss wird nur einmal gewährt. Es erhält derjenige den Zuschuss, der das Kind überwiegend unterhält. Der Kinderzuschuss führt nur zum Ausschluss des Kindergeldes, sofern er für den gesamten Monat gewährt wird (Beachte: § 65 Abs. 2 EStG – Rn. 14 ff.). Beginnt oder endet die Rentenzahlung innerhalb eines Monats (Kinderzuschuss wird dann nur anteilig gewährt), besteht keine Anrechnungsmöglichkeit der Leistung, auch nicht teilweise. Das Kindergeld ist voll zu gewähren (vgl. Weber-Grellet, in: Schmidt EStG § 65 Rn. 5; Felix, in: Kindergeldrecht § 65 Rn. 26). Wird der Kinderzuschuss hingegen den gesamten Monat nur in geringerer Höhe gewährt, so ist der ausgezahlte Kinderzuschuss gem. § 65 Abs. 2 EStG anzurechen (Weber-Grellet, in: Schmidt EStG § 65 Rn. 5). Der Anspruch auf den Kinderzuschuss fällt weg, wenn (vgl. § 270 Abs. 2 SGB VI) N das Kind in seiner Person die Anspruchvoraussetzungen für eine Waisenrente nicht mehr erfüllt, N für das Kind eine Kinderzulage aus der Unfallversicherung geleistet wird, N für das Kind Anspruch auf Waisenrente besteht, N Berechtigte wegen der Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft versicherungsfrei werden und ihr Arbeitsentgelt Beträge mit Rücksicht auf das Kind enthält oder sie eine Versorgung mit den entsprechenden Beträgen erhalten oder N Berechtigte Mitglieder einer berufsständigen Versorgungseinrichtung werden und Leistungen hieraus erhalten, in denen Beträge mit Rücksicht auf das Kind enthalten sind.
II.
6
Kindergeld ausschließende Leistungen
6
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Ausländische Leistungen für Kinder (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG)
Die Leistungen, die im Ausland gewährt werden, führen nur dann zum Ausschluss des inländischen Kindergeldes, wenn die Leistung für die Kinder im Ausland, ihrer Art nach dem Kindergeld, der Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder dem Kinderzuschuss aus einer der gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbar sind. Eine ausführliche Übersicht über vergleichbare Leistungen wurde zuletzt im BStBl 2002 I S. 241 veröffentlicht. 129
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§6
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Da die Vorschrift des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG auf die Nr. 1 der gleichen Vorschrift verweist, bedeutet dies für die Ausschlussmöglichkeit auf Zahlung von Kindergeld, dass es egal ist, ob die vergleichbare Leistung dem vorrangig Berechtigten oder einer anderen Person gewährt wird. Es erfolgt in jedem Falle eine Anrechnung Bei der gewährten ausländischen Leistung ist es von keiner Bedeutung, in welcher Höhe sie gewährt wird. Die reine Gewährung der Leistung führt zum Ausschluss des Kindergeldes.4 Keine vergleichbaren Leistungen i.S. von § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG sind: N Die in einzelnen EU- bzw. EWR- oder Vertragsstaaten zur Aufstockung des Kindergeldes gezahlten Unterschiedsbeträge (vgl. DA 65.2 Abs. 2 DA-FamEStG). N Kinderzulagen, die von einem im schweizerischen Kanton Zürich ansässigen Arbeitgeber an seine nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer gezahlt werden. N Der in Kanada zum Grundbetrag (basic amount) des steuerlichen Kindergeldes gezahlte Erhöhungsbetrag (supplement) für Kinder unter sieben Jahren. N Mit Rücksicht auf den Familienstand gezahlte Zuschüsse zu Stipendien, die von der Arabischen Republik Ägypten an Regierungsstipendiaten während ihres Studiums an einer deutschen Hochschule gewährt werden. N Der in den USA gewährte Freibetrag für Kinder unter 19 bzw. 24 Jahren sowie der sog. „Child Tax Credit“. N Der Kinderzuschlag für Bedienstete des türkischen Staates und der staatlichen Betriebe.
III. 12
Andere Leistungen für Kinder (§ 65 EStG)
Zwischen- oder überstaatliche Leistungen für Kinder (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG)
Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind, führen gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG zum Ausschluss des Kindergeldes. Zu diesen Leistungen zählen nach der DA 65.1.4 Abs. 3 DA-FamEStG folgende: N Die Kinderzulagen nach Art. 67 Abs. 1 Buchstabe b des Statuts der Beamten der EG sowie des Art. 2 des Anhangs VII zum Statut, nicht jedoch die Kinderzulagen zum Waisengeld nach Art. 80 Abs. 1 und 2 des Statuts sowie Art. 21 des Anhangs VIII und die Waisen gezahlten anteiligen Hinterbliebenenbezüge mit Kinderzulagen nach Art. 22 des Anhangs VIII zum Statut. N Die Unterhaltsberechtigtenzulagen nach Art. 69 des Statuts der Beamten des Europäischen Patentamtes mit Hauptsitz in München und weiteren Dienststellen in Den Haag, Wien und Berlin. N Die einem zivilen NATO-Angestellten aufgrund von Art. 29 der NATO-Sicherheits- und Personalvorschriften arbeitsvertraglich zustehenden Beihilfen für unterhaltsberechtigte Kinder (dependent children‘s allowances). N Die von den Vereinten Nationen geleisteten Zahlungen für Kinder (dependent child benefit, dependent child allowance) 4
130
BFH Urteil v. 26.01.2001 VI R 89/00 (NV), BFH/NV 2001, S. 1018.
6
B. Teilkindergeld Aus der Aufstellung ist zu entnehmen, dass die Vorschrift hauptsächlich Beschäftigte der NATO und der EU betrifft. Sofern diese Personen einen Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG geltend machen wollen, haben sie eine Bescheinigung ihrer Beschäftigungsstelle vorzulegen, aus der sich ergibt, dass es keine vergleichbare Leistung ist (s. hierzu DA 65.1.4 Abs. 2 DA-FamEStG). Nicht vergleichbar sind Rentenzahlungen aus der NATO-Gruppenversicherung5 und Zahlungen nach dem NL-TOG 20006 (Weber-Grellet, in: Schmidt EStG § 65 Rn. 7). Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des SGB III oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Nr. 1 des SGB III oder steht er im Inland in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nr. 3 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Gemeinschaften für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat.
13
6
! Praxishinweis: Sollte der bisher vorrangig Kindergeldberechtigte nun als Bediensteter der Europäischen Gemeinschaften Anspruch auf Kinderzulage haben, was zum Ausschluss des Kindesgeldes für ihn führt, ist zu prüfen, ob der (im Inland verbliebene) Ehegatte die Voraussetzungen des § 65 Abs. 1 Satz 3 EStG erfüllt. Der Ehegatte sollte dann einen Kindergeldantrag bei der für ihn zuständigen Familienkasse stellen. Es handelt sich hierbei nicht um einen Berechtigtenwechsel, da es ab dem Dienstantritt des anderen Ehegatten bei der Europäischen Gemeinschaft nur einen Berechtigten gibt. Kindergeld kann folglich im Rahmen der Festsetzungsfrist rückwirkend festgesetzt werden.
B.
Teilkindergeld
Steht dem Berechtigten eine Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder ein Kinderzuschuss aus einer gesetzlichen Rentenversicherung zu, deren Bruttobetrag geringer ist als der nach § 66 EStG in Betracht kommende Kindergeldsatz, ist Kindergeld in Höhe des Unterschiedsbetrages zu leisten, wenn der dem Berechtigten zustehende Gesamtunterschiedsbetrag mindestens 5 Euro monatlich beträgt (DA 65.2 Abs. 1 DA-FamEStG). Durch die Neufassung der KBV (Kleinbetragsverordnung, Art. 26 StEuGlG – Steuer-Euroglättungsgesetz, BStBl 2001 I S. 3) ab dem 1.1.2002 ist § 8 KBV ersatzlos weggefallen. Das Kindergeld wird daher ab 1.1.2002 ungerundet ausgezahlt. Bei Auszahlungen für davor liegende Zeiträume gilt der für den jeweiligen Anspruchszeitraum geltende Kindergeldsatz, also der gegebenenfalls gerundete DM-Betrag (KBV in der Fassung vom 14.12.1984) (DA 71.2 Abs. 5 DA-FamEStG). ! Praxishinweis: Sollten in einzelnen Fällen noch Nachzahlungen von Kindergeld vor dem 01.01.2002 in Betracht kommen, so ist der gesamte Nachzahlungsbetrag von DM in Euro amtlich umzurechnen und mangels Umrechnungsvorschrift für Euro-Beträge ungerundet auszuzahlen.
5 6
BFH Urteil v. 22.05.2005 VIII R 91/O1, BFH/NV 2002, 1431. FG Köln v. 13.04.2005 4 K 3997/04, EFG 2005, S. 1272; Rev. eingel. III R 36/05.
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6
§6 15
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Andere Leistungen für Kinder (§ 65 EStG)
Die Festsetzung und Auszahlung von Teilkindergeld kommt grundsätzlich nur in den Fällen des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in Betracht. Nach § 65 Abs. 2 EStG wird die gewährte Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder der Kinderzuschuss aus einer gesetzlichen Rentenversicherung dem Kindergeldbetrag gegenübergestellt. Die Ermittlung des Differenzbetrages erfolgt dabei immer hinsichtlich des Kindergeldbetrages für das betreffende Kind. D.h., bei mehreren Kindern wird kein durchschnittliches Kindergeld (s. Pfändung) gebildet. Es erfolgt der Ansatz des tatsächlichen Kindergeldbetrages für das Kind, entweder 154,00 € oder 179,00 €. Bei dem Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung steht der Wert des Kinderzuschusses fest (festgeschrieben auf 152,90 DM). Dieser Wert ist in Euro umzurechnen und dann vom Kindergeldbetrag abzuziehen. Die sich ergebende Differenz ist das noch festzusetzende und zu zahlende Kindergeld. Da es keine Rundungsvorschriften (s.o.) gibt, bleibt der Betrag ungerundet stehen. > Beispiel: Für das Kind K wird ein Kinderzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung i.H.v. 152,90 DM (78,18 €) gezahlt. a) K ist bei dem Berechtigten mit Ordnungszahl 2 (154,00 €) zu berücksichtigen. Berechnung des noch zustehenden Kindergeldes: 154,00 € ./. 78,18 € 75,82 € Für K ist noch ein Kindergeld i.H.v. 75,82 € festzusetzen. b) K ist bei dem Berechtigten mit Ordnungszahl 4 (179,00 €) zu berücksichtigen. Berechnung des noch zustehenden Kindergeldes: 179,00 € ./. 78,18 € 100,82 € Für K ist noch ein Kindergeld i.H.v. 100,82 € festzusetzen.
16
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Bei einer Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung besteht ein Anspruch auf Kinderzulage i.H.v. 10 v. H. der Verletztenrente. Die Höhe der Kinderzulage ist demzufolge an die Verletztenrente und somit an die persönlichen individuellen Verhältnisse eines Einzelnen gekoppelt. Die Berechnung des noch zustehenden Kindergeldes erfolgt analog dem Beispiel zum Kindergeldzuschuss aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Das Teilkindergeld ist aber nur für Monate zu ermitteln, in denen der Anspruch auf Kinderzulage aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder den Kinderzuschuss aus einer gesetzlichen Rentenversicherung den gesamten Monat bestanden hat. Die Kinderzulage und der Kinderzuschuss teilen das Schicksal der Rente des Berechtigten. Sollte nur ein Anspruch auf Rente für einen Teil des Monats bestehen, hat der Berechtigte Anspruch auf das volle Kindergeld. Ein Ausschluss bzw. eine Anrechnung erfolgt nur, wenn die Rente den gesamten Monat gewährt wird. Das gilt auch, wenn die Rente, aus welchen Gründen auch immer, nur gekürzt gewährt wird. Der Anspruch auf Rente muss nur den gesamten Monat bestehen. Kein Teilkindergeld gibt es in den Fällen des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG.
132
B. Teilkindergeld Bei den Leistungen nach § 65 Abs. 1 Nr. 3 EStG dürfte sich grundsätzlich nicht die Frage stellen, ob überhaupt noch ein Teilkindergeldanspruch bestehen könnte. Diese Leistungen sind in der Regel wesentlich höher als das Kindergeld nach dem EStG. Anders verhält sich dies bei den Leistungen nach § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Hierzu hat der BFH verfassungsrechtliche Bedenken geäußert, dass in diesen Fällen kein Unterschiedbetrag gewährt wird, dem hat des BVerfG widersprochen.7 Im Vorfeld gab es einige Finanzgerichte, die in Einzelfällen eine Anwendung des § 65 Abs. 2 EStG auf die Fälle des § 65 Abs. 1 Nr. 2 EStG bejaht haben8 (vgl. Felix, in: Kindergeldrecht, § 65 Rn. 46). Stehen einem Kind Familienleistungen eines anderen EWR-Staates zu, kann ein Anspruch auf einen Kindergeld-Unterschiedsbetrag nach den Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 (VO) und der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 (DVO) bestehen. Soweit sich dabei die Anspruchskonkurrenz nach Art. 12 Abs. 2 VO in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 DVO bestimmt (danach ist der an sich zustehende Betrag durch die Anzahl der in den Mitgliedstaaten zustehenden Leistungen zu teilen), steht dem Berechtigten immer die Hälfte des jeweiligen Kindergeldsatzes zu. Diese Regelung gilt vom 1.3.1999 bis zum 31.5.2002 auch entsprechend für Personen, die von dem paraphierten Abkommen über die Freizügigkeit des Personenverkehrs zwischen der EU und der Schweiz erfasst werden bzw. seit dem 1.6.2002 für Personen, die von dem Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits vom 21.6.2001 (BGBl II S. 810) erfasst werden. Nach diesem Abkommen gelten die gemeinschaftsrechtlichen Koordinierungsvorschriften [Verordnungen (EWG) Nr. 1408/71 und 574/72] auch im Verhältnis zur Schweiz (DA 65.2 Abs. 2 DA-FamEStG). Bei der Ermittlung des Teilkindergeldes ist auch in diesen Fällen die Mindestbetragsregelung des § 65 Abs. 2 EStG zu beachten. Beträge unter 5,00 € werden nicht festgesetzt und ausgezahlt.
7 8
BVerfG Beschluss v. 08.06.2004 2 BvL 5/00, BGBl 2004 I, S. 2570. FG Baden-Württemberg Urteil v. 28.04.1998 13 K 149/97, EFG 2000, 135; FG Münster Urteil v. 26.10.2001 11 K 4418/01 Kg EFG 2002, S. 150.
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§ 7 Höhe des Kindergeldes, Zahlungszeitraum (§ 66 EStG) A. 1
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Höhe des Kindergeldes
Die Höhe des Kindergeldes wird durch § 66 Abs. 1 EStG festgelegt. Seit dem 1. Januar 2002 beträgt das Kindergeld für das erste, zweite und dritte Kind einheitlich gem. § 66 Abs. 1 EStG 154,00 € und für das vierte und jedes weitere Kind 179,00 € monatlich. Die letzte Änderung erfolgte aufgrund des Zweiten Gesetzes zur Familienförderung vom 16. August 2001, BGBl I, S. 2074. Der Jahresbetrag des Kindergeldes beträgt somit für jeweils die ersten drei Kinder 1.848 Euro und für jedes weitere Kind 2.148 Euro. Die Entwicklung des Kindergeldes seit dem 1. Januar 1996 gestaltete sich wie folgt: ab 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
2
DM DM DM DM DM DM €
1. Kind 200,00 220,00 220,00 250,00 270,00 270,00 154,00
2. Kind 200,00 220,00 220,00 250,00 270,00 270,00 154,00
3. Kind 300,00 300,00 300,00 300,00 300,00 300,00 154,00
4. Kind 350,00 350,00 350,00 350,00 350,00 350,00 179,00
Welcher Kindergeldbetrag gewährt wird, richtet sich nach der Rangfolge der Kinder (Ordnungszahl) des Kindes. Dabei hat das älteste noch berücksichtigungsfähige Kind immer die niedrigste Ordnungszahl und das jüngste noch zu berücksichtigende Kind immer die höchste Ordnungszahl. Die Ordnungszahlen der Kinder unterliegen insofern einem Wechsel, wenn ein Kind nicht mehr berücksichtigt werden kann und ein in der Rangfolge höher liegendes noch zu berücksichtigendes Kind vorhanden ist. > Beispiele: Berechtigter mit zwei Zahlkindern 1. Kind (K1) 154,00 € 154,00 € 2. Kind (K2) 308,00 €
Berechtigter mit fünf Zahlkindern 1. Kind (K1) 154,00 € 2. Kind (K2) 154,00 € 3. Kind (K3) 154,00 € 4. Kind (K4) 179,00 € 179,00 € 5. Kind (K5) 820,00 € K2 fällt in beiden Varianten heraus, da es nicht mehr berücksichtigt werden kann.
134
7
A. Höhe des Kindergeldes 1. Kind (K1)
154,00 € 154,00 €
1. Kind (K1) 2. Kind (K3) 3. Kind (K4) 4. Kind (K5)
154,00 € 154,00 € 154,00 € 179,00 € 641,00 €
Sind bei dem Berechtigten Zählkinder zu berücksichtigen, wirken sich diese ggf. in der Form aus, dass sich bei der Festsetzung des Kindergeldes bei den Zahlkindern ebenfalls eine höhere Rangfolge (Ordnungszahl) und damit ggf. ein höherer Kindergeldanspruch ergibt. Eigene Zahl- bzw. Geldbeträge lösen Zählkinder nicht aus. Auch erhalten Zählkinder nie eine Ordnungszahl zugeordnet. Ordnungszahlen sind ausschließlich den Zahlkindern vorbehalten (gegenteilige Auffassung Felix, Kindergeldrecht, § 66 Rn. 12). > Beispiele: Berechtigter mit zwei Zahlkindern/einem Zählkind (1. Rangfolge) Zählkind 2. Kind (K2) 154,00 € 3. Kind (K3) 154,00 € 308,00 €
7
Berechtigter mit drei Zahlkindern/zwei Zählkindern (1. u. 2. Rangfolge) Zählkind Zählkind 3. Kind (K3) 154,00 € 4. Kind (K4) 179,00 € 179,00 € 5. Kind (K5) 512,00 €
Im ersten Beispiel hat das Zählkind ausschließlich Auswirkungen bei der Rangfolge (Ordnungszahl). Einen höheren Kindergeldanspruch löst es jedoch nicht aus, da es für die ersten drei Kinder ein und denselben Kindergeldbetrag (154,00 €) gibt. Im zweiten Beispiel wirken sich die Zählkinder nicht nur auf die Rangfolge aus, sondern es ergibt sich auch ein höherer Kindergeldanspruch. Ohne die beiden Zählkinder würde der Kindergeldberechtigte nur einen Anspruch von 462,00 € (3 × 154,00 €) haben. Durch die Zählkinder erhöht sich der Kindergeldanspruch um 50,00 € (512,00 €–462,00 €). Dieser Betrag wird als Erhöhungsbetrag (Zählkindvorteil) bezeichnet. Da sich ein Zählkind auf die Ordnungszahl des Zahlkindes auswirkt, ändert sich diese entsprechend, wenn das Zählkind nicht mehr als Zahlkind bei seiner Familienkasse berücksichtigt werden kann. > Beispiele: (Fortführung der o.g. Beispiele) Berechtigter mit zwei Zahlkindern/kein Zählkind mehr 1. Kind (K2) 2. Kind (K3)
154,00 € 154,00 € 308,00 €
3
Berechtigter mit drei Zahlkindern/einem Zählkind (1. Rangfolge) Zählkind 2. Kind (K3) 154,00 € 3. Kind (K4) 154,00 € 179,00 € 4. Kind (K5) 487,00 € 135
7
§ 7 Höhe des Kindergeldes, Zahlungszeitraum (§ 66 EStG)
B. 4
Zahlungszeitraum
§ 66 Abs. 2 EStG legt den Zahlungszeitraum für das Kindergeld fest. Danach wird für jeden Monat Kindergeld gewährt, in dem zumindest an einem Tag die Anspruchvoraussetzungen vorgelegen haben (Monatsprinzip). Dies bedeutet, dass der volle Kindergeldanspruch besteht, sofern nur an einem Tag die Voraussetzungen vorgelegen haben. Eine Kürzung/Minderung des Kindergeldbetrages sieht das Gesetz nicht vor. Eine tageweise Aufteilung des Anspruches scheidet aus. > Beispiel: Das Kind K der Eheleute S wird am 01.05.2006 geboren. Das Kind K der Eheleute S wird am 31.05.2006 geboren. In beiden Fällen besteht ein Anspruch auf Kindergeld ab dem 01.05.2006. Die Familienkassen haben die Festsetzungen identisch vorzunehmen, da § 66 Abs. 2 EStG vom Beginn des Monats spricht.
5
7
Kindergeld ist im Umkehrschluss nicht mehr zu gewähren, wenn an keinem Tage im Monat die Anspruchvoraussetzungen vorgelegen haben. > Beispiel: Die Berufsausbildung des Kindes K endet mit Bestehen des letzten Prüfungsteils am 18.07.2007. K wird von Ausbildungsbetrieb in ein Anstellungsverhältnis übernommen. Ab August liegen keine Voraussetzungen zum Bezug von Kindergeld mehr vor. Die Kindergeldfestsetzung ist mit Wirkung vom 01.08.2007 an aufzuheben. In diesem Zusammenhang ist die Besonderheit bei den Kindern, die am 01. eines Monats geboren sind, zu beachten. Nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. §§ 187 Abs. 2 Satz 2, 188 Abs. 2 BGB wird das Lebensjahr einen Tag vor dem Geburtstag vollendet. Für diese Kinder gilt, dass sie zunächst nur bis zu dem Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres berücksichtigt werden können. Eine Berücksichtigung über diesen Zeitraum hinaus ist dann nur noch unter den besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG möglich. > Beispiel: Das Kind K der Eheleute S ist am 01.05.2006 geboren. K vollendet sein 18. Lebensjahr am 30.04.2024 (Zeitraum 17 Jahre 11 Monate, nicht 18 Jahre!). Ab 01.05.2024 kann es nur noch berücksichtigt werden, wenn eine der besonderen Anspruchvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG vorliegt.
6
Eine Besonderheit ergibt sich, wenn ein Kind, für das bisher Kindergeld in der durch ein Abkommen über Soziale Sicherheit bestimmten Höhe gezahlt worden ist, im Inland seinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. In diesen Fällen wird grundsätzlich vom Einreisemonat an Kindergeld nach den Sätzen des § 66 EStG festgesetzt. Abweichend hiervon wird aufgrund zwischenstaatlicher Regelungen für Kinder aus Marokko und Tunesien erst von dem auf den Einreisemonat folgenden Monat an Kindergeld nach den Sätzen des § 66 EStG festgesetzt. Für ein Kind, das im Laufe eines Monats seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland aufgibt, ist für den Ausreisemonat Kindergeld in Höhe der Sätze des § 66 EStG zu zahlen (vgl. hierzu DA 66.2 Abs. 3 DA-FamEStG).
136
C.
C.
7
Zahlungsweise
Zahlungsweise
Die Zahlungsweise des Kindergeldes war bis zum 31.12.2006 im § 71 EStG geregelt. § 71 EStG lautete: „Das Kindergeld wird monatlich gezahlt.“ Durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13.12.2006 (BGBl I, S. 2915) ist § 71 EStG aufgehoben worden. Diese gesetzlich normierte Zahlungsweise – „monatlich“ – wurde mit gleichem Gesetz in den § 66 Abs. 2 EStG aufgenommen. Kindergeld wird an den Berechtigten monatlich ausgezahlt. Die Vorschrift besagt nicht, zu welchem Zeitpunkt im Monat ausgezahlt werden muss. Folglich können die Familienkassen einen eigenen Zahlungszeitpunkt festlegen. Die Zahlung des Kindergeldes ist zu diesem Zeitpunkt regelmäßig durchzuführen. Kindergeld kann nicht im Voraus verlangt werden, auch wenn offensichtlich ist, dass das Kind noch längere Zeit berücksichtigungsfähig ist. Die regelmäßige monatliche Auszahlung des Kindergeldes stellt sicher, dass der Kindergeldberechtigte die Mittel rechtzeitig für den Unterhalt seines Kindes zur Verfügung hat. Zudem können die Mittel nicht verbraucht werden und stehen somit jeden Monat neu zur Verfügung (ebenso Felix, in Kindergeldrecht § 71 Rn. 10). Dies ist von Bedeutung, sofern der Kindergeldberechtigte seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nachkommt und das Kind eine Pfändung (§ 76 EStG) des Kindergeldes erwirkt. Wäre das Kindergeld schon ausgezahlt, würde ggf. die Familienkasse nochmals in der Pflicht sein, den Pfändungsbeschluss zu bedienen. Hingegen ist eine Nachzahlung von Kindergeld jederzeit im Rahmen der Festsetzungsfrist, sofern Kindergeld festgesetzt bzw. noch festgesetzt werden kann, möglich. Die Vorschrift des § 66 Abs. 2 EStG regelt nichts hinsichtlich der zur Auszahlungsweise des Kindergeldes (bar, Scheck, Überweisung o.ä.). Aus diesem Grunde ist nach § 224 Abs. 3 Satz 1 AO das Kindergeld grundsätzlich unbar durch Überweisung auf ein vom Berechtigten benanntes Konto bei einem Geldinstitut zu zahlen; der Berechtigte muss nicht Kontoinhaber sein und somit auch keine Verfügungsberechtigung haben (gegenteilige Auffassung Felix, Kindergeldrecht, § 71 Rn. 11). Eine Erstattung von (anteiligen) Kontoführungsgebühren kommt dabei nicht in Betracht. DA 71.2 Abs. 2 DA-FamEStG sieht die Möglichkeit vor, auf Verlangen des Kindergeldberechtigten das Kindergeld auch auf ein Bausparkonto des Berechtigten bei einer Bausparkasse zu überweisen. Es stellt sich hier die Frage, ob es nicht auch das Bausparkonto des Kindes sein könnte. Dies ist wohl eher zu bejahen als zu verneinen. Denn die Überweisung auf das Konto bei einem Geldinstitut des Kindes ist für die Familienkassen zugelassen (s.o.). Der Berechtigte kann die Aufteilung des Kindergeldes auf mehrere Konten nicht verlangen. Eine Aufteilung ist nicht zulässig (DA 71.2 Abs. 2 Satz 3 DA-FamEStG). In extremen Ausnahmefällen kann das Kindergeld auch im Wege der Zustellung durch die Post bar oder mittels Zahlungsanweisung zur Verrechnung gezahlt werden, wenn der Zahlungsempfänger nachweist, dass ihm die Einrichtung eines Kontos aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht möglich ist (DA 71.2 Abs. 3 DA-FamEStG). Eine Barauszahlung soll zur Vermeindung unbilliger Härten bei der Agentur für Arbeit möglich sein (so Felix, in Kindergeldrecht, § 71 Rn. 11). 137
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§ 7 Höhe des Kindergeldes, Zahlungszeitraum (§ 66 EStG) 9
Verstirbt der Berechtigte, gelten die Regeln über die Gesamtrechtsnachfolge gem. § 45 AO. Der oder die Erbe(n) tritt/treten in die materiell- und verfahrensrechtliche Stellung des Berechtigten ein. D.h., ein laufender oder noch nachzuzahlender Kindergeldanspruch, der in der Person des Berechtigten entstanden ist, aber noch nicht erfüllt wurde, geht auf den oder die Erben über. Da der Kindergeldanspruch an die Person gekoppelt ist, geht es nur um die Ansprüche bis einschließlich des Sterbemonats. Die Kindergeldfestsetzung ist durch die Familienkasse gegenüber dem Erben oder den Erben nicht aufzuheben, sie hat sich gem. § 124 Abs. 2 AO erledigt. Für den Zeitraum nach dem Sterbemonat ist Kindergeld gegenüber dem nunmehr vorrangig Berechtigten auf Antrag festzusetzen.
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§ 8 Antrag (§ 67 EStG) § 67 Satz 1 EStG sieht vor, dass das Kindergeld schriftlich zu beantragen ist. Nach § 86 Satz 2 Nr. 2 AO handelt es sich folglich beim Kindergeld um ein echtes Antragsverfahren. Die Familienkassen können deshalb erst in das Verwaltungsverfahren einsteigen, wenn ein entsprechender Antrag gestellt wurde. Bis 1999 bestand zudem noch die Möglichkeit einer Anzeige [§ 67 Abs. 2 EStG i.d.F. b. 31.12.1999 – gestrichen mit Art. 1 Nr. 27 des Gesetzes zur Familienförderung vom 12.12.1999 (BGBl 1999 I, S. 2552). Diese Anzeigemöglichkeit war begrenzt auf den Zeitpunkt der Vollendung des 18. Lebensjahres. (§ 67 Abs. 2 EStG i.d.F. b. 31.12.1999) „(2) Vollendet ein Kind das 18. Lebensjahr, so wird es nur dann weiterhin berücksichtigt, wenn der Berechtigte der zuständigen Familienkasse schriftlich anzeigt, daß die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 oder 5 vorliegen.“ Trotz der Aufhebung der Vorschrift besteht nach der DA 67.4 DA-FamEStG weiterhin die Anzeigemöglichkeit.
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8
! Praxishinweis: Auch wenn die Verwaltungsvorschrift für die Familienkassen eine Anzeigemöglichkeit (Antrag ohne Antrag) vorsieht, empfiehlt es sich auch in diesen Fällen einen schriftlichen Antrag zu stellen. Grund dafür ist, dass die Familienkassen bei Anzeigefällen häufig zusätzliche Nachfragen haben und sich deshalb die Bearbeitung und damit verbunden die Auszahlung des Kindergeldes verzögert. Sollte kein Antrag auf Kindergeld gestellt worden sein, bestand bis zum VZ 2003 die Möglichkeit, das Kindergeld zumindest teilweise durch die Freibeträge des § 32 Abs. 6 EStG noch zu erhalten. Ab dem Veranlagungszeitraum 2004 besteht diese Möglichkeit nicht mehr. Mit dem StÄndG 2003 von 15.12.2003 (BGBl I 2003, S. 2645) wurde § 31 Satz 4 EStG dahingehend geändert, dass nicht nur das gezahlte (festgesetzte) Kindergeld angerechnet wird, sondern es nur noch auf den Anspruch ankommt. Die Höhe des jeweiligen Kindergeldes wird demzufolge immer gegen gerechnet, ob gezahlt oder nicht. ! Praxishinweis: Kindergeld ist ab Veranlagungszeitraum 2004 immer zu beantragen, egal ob sich die Freibeträge mehr auswirken oder nicht. Ansonsten kommt es zum Verlust in Höhe des Kindergeldes (1. – 3. Kind 1848,00 €; ab dem 4. Kind 2.148,00 €), da das Kindergeld immer in Ansatz gebracht wird. Nur der noch übersteigende Betrag wird bei der Veranlagung steuerlich gutgeschrieben.
A.
Antragstellung
Der Kindergeldantrag ist schriftlich zu stellen (§ 67 Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Ausnahmetatbestand (DA 67.4 DA-FamEStG) bei Vollendung des 18. Lebensjahres dürfte überholt sein (vgl. Rn. 1). Die Antragsstellung kann auch mittel Telefax erfolgen (DA 67.2.1 Satz 2 DA-FamEStG). Die grundsätzliche Verwendung des amtlichen Vordruckes KG 1 ist nicht zwingend vorgeschrieben. Der
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§8
Antrag (§ 67 EStG)
Antrag kann insoweit formlos erfolgen. Eine Unterschrift unter den Antrag ist nicht erforderlich, da sie von Gesetzeswegen nicht vorgesehen ist (§ 150 Abs. 3 AO). ! Praxishinweis: Auch wenn eine formlose Antragstellung möglich ist, empfiehlt es sich, einen schriftlichen Antrag mittels des amtlichen Vordruckes KG 1 oder des durch die zuständige Familienkasse herausgegebenen Antrages zu stellen. Grund dafür ist, dass die von der Familienkassen benötigten Angaben enthalten sind, sich dadurch zusätzliche Nachfragen erübrigen und deshalb die Bearbeitung und damit verbunden die Auszahlung des Kindergeldes nicht unnötig verzögert werden.
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8
Der Kindergeldantragsteller muss handlungsfähig sein. Aus diesem Grunde benötigen minderjährige Kinder zur Beantragung des Kindergeldes für ihre Kinder die Zustimmung /Einwilligung/ Genehmigung ihres gesetzlichen Vertreters (§ 79 AO). Diese ist grundsätzlich schriftlich beizubringen (DA 67.2.1 Abs. 1 Satz 4 DA-FamEStG). Der Antrag kann ebenfalls durch einen bevollmächtigten steuerlichen Vertreter gestellt werden. Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht kann durch die Familienkasse verlangt werden (§ 80 Abs. 1 Satz 3 AO). Ein schriftlicher Nachweis der Vollmacht ist nur zu verlangen, wenn begründete Zweifel an der Vertretungsmacht bestehen. Bei Angehörigen der steuerberatenden Berufe, die für den Antragsteller handeln, ist eine ordnungsgemäße Bevollmächtigung zu vermuten (DA 67.2.1 Abs. 4 DA-FamEStG; Felix, in: Kindergeldrecht § 67 Rn. 14.) Im Interesse der Rechtsicherheit vermutet § 80 Abs. 1 Satz 2 AO eine umfassende Bevollmächtigung für alle Verfahrenshandlungen. Einschränkungen im Innenverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Vertreter bleiben gegenüber der Familienkasse wirkungslos, bis sie ihr bekannt gegeben werden (vgl. Michaelis, in: Kindergeldverfahren im öffentlichen Dienst ab 1996, D I 1). Der Antrag auf Kindergeld ist nach § 67 Satz 1 EStG bei der zuständigen Familienkasse zu stellen. Die DA 67.2.1 Abs. 2 Satz 1 DA-FamEStG spricht von der „örtlich“ zuständigen Familienkasse. Das Wort „örtlich“ wurde mit Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes zur Familienförderung vom 16.08.2001 (BGBl I 2001, S. 2074) gestrichen. Trotz dieser Streichung hat die DA-FamEStG nicht in jedem Fall Unrecht, wenn sie von der „örtlich“ zuständigen Familienkasse spricht. Die Zuständigkeit nach dem Wohnsitz (§ 19 AO) gilt aber nur für die Berechtigten, die Kindergeld von der Familienkasse der Agentur für Arbeit erhalten. Durch Übertragungen der Zuständigkeit innerhalb der Agentur für Arbeit kann es auch hier Verschiebungen geben. ! Praxishinweis: Bei bestehender Unsicherheit, welche Familienkasse der Agentur für Arbeit zuständig ist, kann die zuständige Familienkasse auf den Internetseiten der Behörde ermittelt werden. Beamte, Angestellte, Arbeiter, Beschäftigte usw. im öffentlichen Dienst haben den Antrag bei der Familienkasse ihres Dienstherren bzw. Arbeitgebers zu stellen. Die sachliche Zuständigkeit der Familienkassen des öffentlichen Dienstes ergibt sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG in Verbindung mit § 72 EStG. Ausnahme: Für Anträge auf Kindergeld, die bei der Familienkasse des öffentlichen Dienstes eingehen, aus denen ersichtlich ist, dass Ansprüche (auch) für im Ausland lebende Kinder nach über- oder zwischenstaatlichen Rechtsvorschriften berührt sein können, kann die Zuständigkeit bei der Agentur für Arbeit liegen (s. § 13 Rn. 19).
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A. Antragstellung ! Praxishinweis: Einige Familienkassen, meist Familienkassen der Agentur für Arbeit, behaupten, dass immer, wenn ein möglicher Anspruchsberechtigter im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, der Antrag bei der Familienkasse des öffentlichen Dienstes zu stellen ist. Dem ist zu widersprechen. Eine solche Vorschrift existiert nicht. Vielmehr können die Anspruchsberechtigten im Rahmen des § 64 EStG frei entscheiden, wer vorrangig das Kindergeld bekommen soll. Diese Entscheidung können sie für jedes Kind neu treffen, so dass zum Beispiel die Kindesmutter für die Kinder mit der Rangfolge 1 und 3 und der Kindesvater für die Kinder mit der Ranfolge 2 und 4 die/der vorrangig Berechtigte ist. Sind Anspruchsberechtigte in ihrer Entscheidung, von der Familienkasse wie oben dargestellt gegen ihren Willen beeinflusst worden, den Kindergeldantrag bei einer anderen Familienkasse zu stellen, ist jederzeit ein Berechtigtenwechsel möglich, ggf. sogar wichtig, sofern sich das Kindergeld z.B. wegen eines Zählkindvorteils erhöhen würde. Ein einmal gestellter Kindergeldantrag kann nicht zurückgenommen werden (gegenteilige Auffassung Felix, in: Kindergeldrecht § 67 Rn. 16). Die Familienkasse steigt in das Verwaltungsverfahren ein und schließt es mit einer Entscheidung ab. Solange diese Entscheidung Bestandskraft besitzt, ist der Antragsteller an sie gebunden. Die Familienkasse hat den Antrag innerhalb der Festsetzungsfrist (§ 169 AO) zu prüfen. Der Antragsteller muss insoweit seinen Antrag innerhalb dieser Frist stellen, um Kindergeld rückwirkend erhalten zu können. Versäumt er die Festsetzungsfrist von vier Jahren, sind die davor liegenden Ansprüche verjährt (vgl. § 11 Rn. 3). Achtung – Kindergeldnachzahlungen sind nicht zu verzinsen.1 Bis zum 31.12.1997 gab es eine eigene Ausschlussfrist für das Kindergeld. § 66 Abs. 3 EStG regelte bis zu diesem Zeitpunkt, dass Kindergeld nur rückwirkend für sechs Monate festgesetzt werden könnte. Diese Ausschlussfrist ist mit Art. 29 des 1. SGB II – ÄndG vom 16.12.1997 (BGBl 1997 I, S. 2970) aufgehoben worden. Für Anträge ab 01.01.1998 gelten die allgemeinen Vorschriften zur Festsetzungsverjährung gem. §§ 169 ff. AO. Hinweis: § 66 Abs. 3 in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. April 1997 (BGBl I, S. 821) ist letztmals für das Kalenderjahr 1997 anzuwenden, so dass Kindergeld auf einen nach dem 31. Dezember 1997 gestellten Antrag rückwirkend längstens bis einschließlich Juli 1997 gezahlt werden kann [§ 52 Abs. 62 EStG u. DA 66.3 DA-FamEStG 1998 (BStBl I, S. 386)]. Ein neuer Kindergeldantrag ist nur zu stellen, wenn N ein Berechtigtenwechsel erfolgt oder N die bestehende Festsetzung keine Bindungswirkung mehr für den betroffen Zeitraum hat (z.B. Ablauf der Befristung, eine Aufhebung erfolgt war). Bei einem reinen Zuständigkeitswechsel der Familienkassen, der vorrangig Berechtigte ändert sich nicht, geht die getroffene Entscheidung auf die neue Familienkasse über. Die Kindergeldakte ist von der vorher zuständigen Familienkasse an die neue zuständige Familienkasse abzugeben. Es spielt keine Rolle, ob die Zuständigkeit von einer Familienkasse der Agentur für Arbeit auf eine andere Familienkasse der Agentur für Arbeit oder von einer Familienkasse des öffentlichen Dienstes zur Familienkasse der Agentur für Arbeit oder umgekehrt wechselt.
1
BFH Urteil v. 20.04.2006 III R 64/04, BStBl 2007 II, S. 240.
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§8
B. 5
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Antrag (§ 67 EStG)
Antrag im berechtigten Interesse
Außer dem Kindergeldberechtigten kann nach § 67 Satz 2 EStG auch das Kind selbst sowie diejenige Person oder Stelle Kindergeld beantragen, die ein berechtigtes Interesse an dessen Leistung hat. Ein berechtigtes Interesse setzt voraus, dass durch diese Person oder Stelle nicht nur ein rechtliches Interesse besteht, sondern vielmehr diese Person oder Stelle ebenfalls oder sogar vollkommen für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Gem. DA 67.3 Abs. 1 Satz 3 DA-FamEStG wird ein berechtigtes Interesse bei anderen Personen dann nicht anzunehmen sein, wenn der Anspruchsberechtigte den Unterhaltsverpflichtungen gegenüber dem Kind nachkommt. Zu den Antragsberechtigten gehören vor allem auch die juristischen Personen, u.a. die Träger der Sozialhilfe. Bei Anträgen von Sozialhilfeträgern in Fällen vollstationär untergebrachter behinderter Kinder ist die DA 74.1.1 Abs. 3 DA-FamEStG zu beachten. Allein durch die Antragstellung wird der Antragsteller nicht zum Anspruchsberechtigten (§ 62 EStG). Der Berechtigte bleibt der Berechtigte. Ggf. muss die Familienkasse an den oder die Anspruchsberechtigten einen Antrag schicken, mit der Bitte, diesen innerhalb einer angemessenen Frist (ca. ein Monat) zurückzusenden. Dabei wird er daraufhin gewiesen, dass ansonsten nach Aktenlage entschieden wird. Stellt ein Sozialhilfeträger einen Antrag im berechtigten Interesse und wirkt der mögliche Anspruchsberechtigte nicht mit, hat der Sozialhilfeträger die Möglichkeit, die erforderlichen Angaben im Kindergeldantrag selbst zu machen und notwendige Nachweise (z.B. Berechtigtenbestimmung) vorzulegen. Die Familienkasse wird aufgrund dieser Angaben eine Entscheidung treffen. Das Original ist dem Antragsteller im berechtigten Interesse zuzusenden. Der Anspruchsberechtigte erhält eine Durchschrift des Bescheides. In einem solchen Fall ist immer der Antragsteller im berechtigten Interesse für die weitere Mitwirkung (z.B. jährliche Erklärung zu den Einkünften und Bezügen) verantwortlich. Diese Regelung gilt nicht, wenn eine natürliche Person (z.B. das Kind, anderer leiblicher Elternteil, Pflegepersonen) den Antrag im berechtigten Interesse gestellt hat. Hier ist die Mitwirkung (Antragstellung) des Anspruchsberechtigten zwingend erforderlich. Ggf. ist der Antragsteller im berechtigten Interesse auf den zivilrechtlichen Klageweg angewiesen, um die Mitwirkung zu erzwingen. ! Praxishinweis: Ist ein Elternteil zum Unterhalt gegenüber seinem leiblichen Kind verpflichtet und hat der vorrangig Berechtigte keinen Kindergeldantrag gestellt, kann der Elternteil einen Antrag im berechtigten Interesse stellen, falls bei dem festgesetzten Unterhalt ansonsten das Kindergeld nicht berücksichtigt wird.
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Da es oft mehrere Anspruchsberechtigte gibt, ist der Antrag im berechtigten Interesse bei einer der für die Anspruchsberechtigten zuständigen Familienkasse zu stellen, sofern unterschiedliche Familienkassen zuständig sind. Die Familienkasse, die den Antrag bekommen hat, hat das Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen. U.U. muss, sofern noch eine weitere Familienkasse betroffen ist (Familienkasse des oder der weiteren Anspruchsberechtigten), diese beteiligt werden. Besteht noch eine Festsetzung, geht der Antrag im Berechtigten Interesse ins Leere. Er müsste abgelehnt werden, da schon eine Festsetzung existiert und nur einmal Kindergeld festgesetzt werden kann. Ggf. kann der Antragsteller noch Abzweigung (§ 74 EStG) beantragen. 142
B.
Antrag im berechtigten Interesse
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> Beispiel: Gegenüber dem vorrangig Berechtigten S besteht schon eine Kindergeldfestsetzung für das Kind K. K stellt einen Antrag im berechtigten Interesse, da es der Meinung ist, der Berechtigte kommt seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nach. Der Antrag im berechtigten Interesse ist abzulehnen. K kann in diesem Falle nur einen Abzweigungsantrag (§ 74 EStG) stellen. Über diesen muss die Familienkasse separat entscheiden (vgl. § 14 Rn. 2) Besteht keine Festsetzung, ist über den Antrag im berechtigten Interesse zu entscheiden. Sollten die Anspruchvoraussetzungen nachgewiesen sein, wird Kindergeld gegenüber dem Berechtigten festgesetzt und grundsätzlich auch ausgezahlt, es sei denn, dass gleichzeitig noch ein Antrag auf Abzweigung (§ 74 EStG) gestellt worden ist. > Beispiel: Gegenüber dem vorrangig Berechtigten S besteht noch keine Kindergeldfestsetzung für das Kind K. K stellt einen Antrag im berechtigten Interesse, da es der Meinung ist, der Berechtigte kommt seiner Unterhaltsverpflichtung nicht nach. Über den Antrag im berechtigten Interesse ist zu entscheiden. Denkbar sind zwei Fallgestaltungen: Wirkt S mit, erhält er die Entscheidung der Familienkasse im Original und K eine Durchschrift. Wirkt S nicht mit, muss K die Mitwirkung auf zivilrechtlichem Wege durchsetzen. In beiden Fällen ist über einen gestellten Abzweigungsantrag (§ 74 EStG) gesondert zu entscheiden.
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§ 9 Besondere Mitwirkungspflichten (§ 68 EStG) 1
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Die Mitwirkungspflichten im Verwaltungsverfahren zum Kindergeld ergeben sich aus den §§ 90– 95 AO sowie dem § 68 EStG. Dabei ist zwischen den allgemeinen Mitwirkungspflichten nach der AO und den besonderen Mitwirkungspflichten nach § 68 EStG zu unterscheiden. Der Einfügung des § 68 Abs. 1 Satz 1 EStG liegt folgende Begründung zu Grunde: „Nach der AO ist ein Steuerpflichtiger nicht verpflichtet, seine ursprünglich richtige Erklärung zu berichtigen, wenn diese durch Zeitablauf unrichtig geworden ist. Die Anwendbarkeit des § 153 AO ist zweifelhaft, da Absatz 1 dieser Vorschrift sich nach überwiegender Meinung nur auf Fälle bezieht, in denen die ursprüngliche Unrichtigkeit einer Erklärung nachträglich bekannt wird. Die Anwendbarkeit des § 153 Abs. 2 AO ist fraglich, weil es sich beim Kindergeld weder um eine Steuerbefreiung, eine Steuerermäßigung noch eine Steuervergünstigung handelt. Das Kindergeld dient vielmehr grundsätzlich der zutreffenden Besteuerung“. (BT-Drs. 13/1558, S. 445 zu § 68 EStG, zu Abs. 1) Der Satz 2 das § 68 Abs. 1 wurde später in das Gesetz mit folgender Begründung aufgenommen: „Die Ergänzung des Abs. 1 stellt die Mitwirkungspflicht des Kindes sicher“. [BT-Drs. 13/3084 (JStErgG 1996) zu Art. 1, zu Nr. 15, zu Buchstabe a, S. 72] Aus diesen beiden Begründungen wird ersichtlich, welche Bedeutung diese Vorschrift nicht nur für die Verwaltung, sondern auch für den Beteiligten hat. ! Praxishinweis: Jede Veränderung sollte unverzüglich der Familienkasse mitgeteilt werden, wenn sie für den weiteren Anspruch oder Nichtanspruch von Bedeutung ist. Verzögern sich die Angaben durch den Berechtigten oder das Kind (über 18 Jahre) so soll die Familienkasse, sofern eine Frist von sechs Monaten abgelaufen ist, das Vorliegen einer Straftat gem. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO oder Ordnungswidrigkeit gem. § 378 Abs. 1 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO prüfen.
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Mitwirkungspflichtig ist nicht nur der Beteiligte (DA 67.1 Abs. 2 S. 2 DA-FamEStG), sondern auch andere Personen. Z.B. Ehegatten, der andere Elternteil, das über 18-jährige Kind sowie anderen dritten Personen und Stellen (z.B. Arbeitgeber des Kindes, Schule des Kindes). Die Mitwirkung ist nicht nur eine Pflicht, sie kann auch ein Recht (z.B. Anhörung) oder ein Beweismittel sein (vgl. § 92 AO). Die allgemeinen Mitwirkungspflichten nach den §§ 90 – 95 AO beziehen sich grundsätzlich auf die Sachverhaltsaufklärung. Nach § 93 Abs. 1 AO hat der Beteiligte alle zur Feststellung des Sachverhaltes erheblichen Tatsachen und Auskünfte vorzutragen. Sofern der Beteiligte keine hinreichenden Angaben machen kann, kann sich die Familienkasse an Dritte wenden (§ 93 Abs. 1 S. 3 AO). Ein weiterer Schwerpunkt der Mitwirkung liegt bei der Vorlage von geeigneten Beweisurkunden. Beweisurkunden sind Schriftstücke anderer Personen oder Institutionen (Schule, Universität, Arbeitgeber, Arzt usw.), woraus sich die zu beweisende Tatsache ergibt (z.B. Schulbescheinigung, Berufsausbildungsvertrag, Verdienstbescheinigungen). Zur Vorlage der Beweisurkunden ist der Beteiligte gem. § 97 AO verpflichtet.
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A. Veränderungsanzeige des Antragstellers bzw. Kindergeldempfängers Zu beachten ist bei den allgemeinen Mitwirkungspflichten nach der AO, dass der Ehegatte ein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 101 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 15 AO hat, solange er nicht Beteiligter ist. Dies gilt nicht für den anderen Elternteil eines nichtehelichen Kindes. Die besonderen Mitwirkungspflichten nach § 68 EStG enthalten keine Mitwirkungspflicht des anderen Elternteils. Die besonderen Mitwirkungspflichten nach § 68 EStG sind wie folgt zu unterscheiden: Mitwirkungspflicht des Kindergeldberechtigten und des Antragstellers im berechtigten Interesse. Zu beachten ist, dass das Kind zwar grundsätzlich als Angehöriger ein Auskunftsverweigerungsrecht hat, dies jedoch nach § 68 Abs. 1 Satz 2 EStG ausgeschlossen ist.
A.
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Veränderungsanzeige des Antragstellers bzw. Kindergeldempfängers
§ 68 Abs. 1 EStG verpflichtet den Berechtigten, Änderungen in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, oder über die im Zusammenhang mit der Steuervergütung Erklärungen abgegeben worden sind, der Familienkasse mitzuteilen. Die Veränderungsanzeige muss er bei der zuständigen Familienkasse einreichen. In DA 68.1 Abs. 3 DA-FamEStG ist klargestellt, dass sich die besondere Mitwirkungspflicht des Berechtigten auf den Zeitraum nach der Antragstellung bezieht. Hat er den Antrag gestellt, so hat er, solange das Verwaltungsverfahren läuft bzw. die Kindergeldfestsetzung besteht, jede Art von Veränderung mitzuteilen, die für den Anspruch auf das Kindergeld bedeutsam sein könnten. Dies gilt auch noch dann, wenn zwar die Kindergeldzahlung aufgehoben wurde, aber sich Veränderungen ergeben, die rückwirkend Einfluss auf den festgesetzten Zeitraum haben. D.h., dass nicht automatisch nach Wegfall (Aufhebung) des Kindergeldes keine Mitwirkungspflicht mehr gegeben ist. Auch Verstöße gegen die Mitteilungspflicht nach § 68 Abs. 1 EStG können eine Straftat im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO oder gem. § 378 Abs. 1 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO eine Ordnungswidrigkeit darstellen. > Beispiel: Gegenüber Herrn S besteht eine Kindergeldfestsetzung für seinen Sohn K (geb. 13.02.1981). Dieser beendet im Juli 2006 seine Berufsausbildung und wird vom Ausbildungsbetrieb in ein Anstellungsverhältnis übernommen. Die Mitteilung und der Nachweis über die Beendigung der Berufausbildung gingen im August 2006 bei der Familienkasse ein. Die Familienkasse hob daraufhin die Kindergeldfestsetzung ab 01.08.2006 auf. Im September 2006 entschloss sich K ein Studium aufzunehmen. Den von ihm gewünschten Studienplatz erhielt er und deshalb kündigte er zum 30.09.2006 sein Arbeitsverhältnis. Anfang Oktober 2006 gewann K in der Lotterie 150.000,00 €. Herr S stellt keinen neuen Kindergeldantrag, da er befürchtet auch das Kindergeld von Januar–Juli zu verlieren. Anfang 2007 fordert die Familienkasse S auf, die Unterlagen für die abschließende Prüfung für 2006 vorzulegen. Dabei stellt nun die Familienkasse fest, dass K auch im Zeitraum Oktober-Dezember 2006 und auch 2007 grundsätzlich zu berücksichtigen wäre (ggf. auch August und September – vgl. § 2 Rn. 70–75). In 2006 überschreitet K jedoch den maßgeblichen Grenzbetrag durch die Bezüge aus dem Lottogewinn. Die Familienkasse hebt deshalb den Zeitraum von Januar-Juli 2006 auf und fordert das überzahlte Kindergeld zurück. Zudem wird das Vorliegen einer Straftat im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO oder gem. § 378 Abs. 1 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO eine Ordnungswidrigkeit geprüft, da es seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. 145
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§ 9 Besondere Mitwirkungspflichten (§ 68 EStG) Für den noch offenen Zeitraum in 2006 wird die Familienkasse die Kindergeldfestsetzung ablehnen. (2007 wird hier nicht weiter betrachtet!)
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Die Verfolgungsverjährung tritt bei Ordnungswidrigkeiten gemäß § 378 AO – abweichend von § 31 OWiG – nach fünf Jahren ein. Die Verjährung beginnt mit dem Eintritt des nicht gerechtfertigten Steuervorteils. Nicht gerechtfertigte Steuervorteile sind erlangt, soweit sie zu Unrecht gewährt oder belassen werden, § 370 Abs. 4 Satz 2 AO (DA 68.1 Abs. 6 DA-FamEStG). Für die Veränderungsanzeige besteht keine Formvorschrift, insbesondere nicht, dass sie in jedem Fall schriftlich bei der Familienkasse eingereicht werden muss. Es genügt, dass die Familienkasse die Information erhält. Dies kann z.B. ein Anruf, eine mündliche Vorsprache, eine E-Mail oder ein Beweismittel sein. Die Mitwirkungspflicht trifft den Berechtigten auch dann, wenn der Antrag auf Kindergeld nicht von ihm selbst, sondern von einem Bevollmächtigten oder einer anderen Person oder Stelle gestellt worden ist, die ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergeldes hat (§ 67 Satz 2 EStG), oder wenn das Kindergeld ganz bzw. teilweise an Dritte ausgezahlt wird (§§ 74, 76 EStG, § 46 AO sowie nach entsprechenden Regelungen des über- oder zwischenstaatlichen Rechts). Beispiele, die einer Änderungsmeldung bedürfen: N Wechsel des Berechtigten N Abbruch/Beendigung der Schul- bzw. Berufsausbildung N Wechsel der Schule, Ausbildungsstätte, Universität usw. N Beginn Wehr- oder Zivildienst N Veränderungen der Einkünfte oder Bezüge N Beendigung der Haushaltsaufnahme von Pflege-, Stiefkindern oder Enkeln N Begründung eines eigenen Hausstandes des Kindes, sofern die Eltern getrennt leben N Arbeitsuchendes Kind – keine regelmäßige Meldung beim Arbeitsamt N Arbeitsuchendes Kind – Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, auch bei geringem Verdienst N Kind ohne Ausbildungsplatz – Aufnahme einer Erwerbstätigkeit N Kind ohne Ausbildungsplatz – keine Bewerbungen mehr N Kind in einer Übergangszeit – Aufnahme einer Erwerbstätigkeit N Längere Krankheit N Schwangerschaft/Mutterschutz/Elternzeit N Heirat des Kindes, möglichst vor der Heirat N Wohnort des Kindes, z.B. Wechsel ins Ausland N Urlaubssemester beim Studium N Auslandssemester beim Studium
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B.
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Mitwirkungspflicht von Kindern über 18 Jahren
Mitwirkungspflicht von Kindern über 18 Jahren
Im ersten Entwurf zum § 68 Abs. 1 EStG war Satz 2 nicht enthalten. Es wurde jedoch festgestellt, dass eine Vorschrift benötigt wird, die speziell die Mitwirkung eines Kindes, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, regelt. Kinder unter 18 Jahren können wegen der fehlenden Handlungsfähigkeit (§ 79 AO) nicht herangezogen werden. In einer Vielzahl von Fällen könnte es ansonsten bei den Familienkassen zu Problemen bei der Ermittlung der Anspruchsgrundlagen kommen. Der Satz 2 des § 68 Abs. 1 EStG wurde deshalb mit folgender Begründung ins Gesetz aufgenommen: „Die Ergänzung des Abs. 1 stellt die Mitwirkungspflicht des Kindes sicher“. [BT-Drs. 13/3084 (JStErgG 1996) zu Art. 1, zu Nr. 15, zu Buchstabe a, S. 72] § 68 Abs. 1 Satz 2 EStG verpflichtet somit das volljährige Kind zur Aufklärung oder zur Überprüfung des Sachverhaltes Auskünfte zu geben. Diese Mitwirkungspflicht bezieht sich auf den Sachverhalt bzw. den Kindergeldfall für gerade dieses Kind, also auf seine Person bezogen. Die Familienkasse kann nicht verlangen, dass ein volljähriges Kind Angaben zu seinen Geschwistern macht. Angaben betreffend der Berechtigten (beider Elternteile) müssen durch das Kind gemacht werden, sofern die Familienkasse dies verlangt. Die Mitwirkungspflicht des Kindes ist erst dann gegeben, wenn die Familienkasse es zur Abgabe von Erklärungen oder Beweismitteln auffordert. Das bedeutet, dass das Kind nicht eine automatische Mitwirkungspflicht durch das Gesetz inne hat (vgl. DA 68.2 Abs. 1 DA-FamEStG). Auch Änderungen in der Anspruchsberechtigung (z.B. Ende der Berufsausbildung; veränderte Einkünfte und Bezüge) führen nicht zur automatischen Pflicht des Kindes, diese der Familienkasse mitzuteilen. Diese Verpflichtung hat nur der Berechtigte. Das BZSt hat in der DA 68.2 Abs. 2 DA-FamEStG klargestellt, dass eine unmittelbare Inanspruchnahme der Kinder nur in Betracht kommt, wenn ein Nachweis der anspruchserheblichen Tatsachen anderweitig nur schwer zu erbringen ist und eigene Bemühungen des Antragstellers bzw. Berechtigten nicht zum Ziel geführt haben oder keinen Erfolg versprechen (§ 93 Abs. 1 Satz 3 AO). Dabei soll den Kindern eine angemessene Frist zur Erfüllung der ihnen obliegenden Pflicht gesetzt werden. Die Frist soll mindestens 14 Tage betragen, so die Verwaltungsanweisung. Sollten die Kinder ihrer Verpflichtung nicht innerhalb der gesetzten Frist nachkommen, so könnte die Mitwirkung nach § 328 AO durch Androhung und spätere Festsetzung eines Zwangsgeldes durchgesetzt werden (DA 68.2 Abs. 3 DA-FamEStG). Ob Kinder mit strafrechtlichen Konsequenzen (vgl. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) oder mit einem Verfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit gem. § 378 Abs. 1 i.V.m. § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO zu rechnen haben, lässt die Verwaltungsanweisung offen. Denkbar wäre dies jedoch. Insbesondere dann, wenn das Kind – ohne den Berechtigten zu beteiligen – eine Erklärung zu den Einkünften und Bezügen abgibt (s. Rn. 9). Besondere Bedeutung kommt der Vorschrift des § 68 Abs. 1 Satz 2 EStG im Hinblick auf die Erklärung des Kindes wegen der eigenen Einkünfte und Bezüge zu. Hier wird zwar grundsätzlich der Berechtigte über die Familienkasse aufgefordert, die Angaben zu erbringen, aber sofern das Kind nicht mitwirken möchte, hat nunmehr die Familienkasse die Möglichkeit, das Kind direkt 147
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aufzufordern. Aber eben erst dann, wenn die Aufforderung des Berechtigten keinen Erfolgt bringt. Erster Ansprechpartner der Familienkasse ist immer der Berechtigte. Auf dem Vordruck zur Erklärung der Einkünfte und Bezüge (KG 7 a) ist vorgesehen, dass der Berechtigte und das Kind unterschreiben. Die Unterschrift des Berechtigten ist dann nicht notwendig, wenn das Kind gegenüber dem Berechtigten seine Einkünfte und Bezüge nicht offenbaren will. Das volljährige Kind hat keine gesetzliche Verpflichtung, seine Einkünfte und Bezüge Dritten (auch den Elternteilen/Berechtigten) mitzuteilen. Die Mitteilung kann das Kind demnach direkt an die Familienkasse schicken, mit dem Hinweis, dass keine Mitteilung über die Höhe der Einkünfte und Bezüge an den Berechtigten weitergegeben werden. Die Familienkasse ist dann in der Verpflichtung, das Steuergeheimnis (§ 30 AO) zu wahren und die Angaben gegenüber dem Berechtigten nicht herauszugeben. Sollte sich durch die erklärten Einkünfte und Bezüge ein Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages ergeben, so wird die Familienkasse in der Begründung ihrer Entscheidung (materieller Ablehnungsbescheid/ Aufhebung) nur auf das Überschreiten, nicht auf die tatsächliche Höhe eingehen. Der Berechtigte kann nur auf dem zivilrechtlichen Wege versuchen an die Angaben zu gelangen. Diese Fälle sind aber die absolute Ausnahme im Bereich des Kindergeldes. Nach § 101 AO haben Angehörige (§ 15 AO) grundsätzlich ein Recht, Auskünfte zu verweigern. Das Kind ist ein Angehöriger i.S.d. § 15 AO. Mit dem letzten Satzteil des § 68 Abs. 1 Satz 2 EStG wird zum Ausdruck gebracht, dass Kinder entgegen § 101 AO kein Auskunfts- und Vorlageverweigerungsrecht besitzen. Dies bezieht sich jedoch nur auf den eigenen Kindergeldfall und nicht auf weitere Kindergeldfälle des Berechtigten. Erfasst sind die Angaben zu Berechtigten. Hierzu hat das Kind ebenfalls Angaben zu machen. Ohne diese besondere Vorschrift hätten die Kinder auch Angaben betreffend ihres Kindergeldfalles verweigern können. Das Auskunftsverweigerungsrecht des § 101 AO bezieht, auf die Angaben, die dritte Personen gegenüber der Finanzbehörde (hier: Familienkasse) nicht machen müssen. Das Kind ist in dem es betreffenden Kindergeldfall eben eine Dritte Person. Es geht zwar um den Kindergeldanspruch, bezogen auf die Person des Kindes, aber es betrifft eben nicht die eigene steuerliche Veranlagung i.S.d. § 101 Abs. 1 Satz 1 AO. Daher ist das Kind nur Dritte Person im eigenen Kindergeldfall (vgl. Felix, in: Kindergeldrecht § 68 Rn. 28).
C. 11
Mitwirkungspflicht der Arbeitgeber von Kindern über 18 Jahren
Durch § 68 Abs. 2 EStG wird der Arbeitgeber bzw. Ausbildende eines über 18 Jahre alten Kindes verpflichtet, auf Verlangen der Familienkasse eine Bescheinigung über den Arbeitslohn bzw. die Ausbildungsvergütung, Sozialabgaben sowie einen evtl. auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Freibetrag auszustellen. Erfasst von der Vorschrift sind alle Arbeitgeber bzw. Ausbildende von über 18-jährigen Kindern. D.h., sowohl Arbeitgeber der Privatwirtschaft als auch öffentlich-rechtliche Dienstherrn bzw. Arbeitgeber. Abgestellt wurde nicht nur auf Arbeitgeber, die die Eigenschaft des Ausbildenden innehaben, sondern es ist auf den umfassenden Arbeitgeberbegriff abzustellen. Nicht nur die Arbeitgeber eines Auszubildenden haben ggf. Angaben zur Tätigkeit und Vergütung des Kindes zu machen. Es kann sich auch um Arbeitgeber im tatsächlichen Sinne (z.B. geringfügiges Arbeitsverhältnis, befristetes 148
C.
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Mitwirkungspflicht der Arbeitgeber von Kindern über 18 Jahren
Arbeitsverhältnis) eines Kindes handeln, sofern es für eine Entscheidung der Familienkasse von Bedeutung ist (entgegen Felix, in: Kindergeldrecht § 68 Rn. 35). Dies sind u.a. die Fälle, wo die Familienkasse festzustellen hat, ob eine Erwerbstätigkeit (Vollzeiterwerbstätigkeit, vgl. § 2 Rn. 70) vorliegt oder nicht. Dies ist z.B. dann notwendig, wenn eine Überprüfung des Vorliegens des Grundtatbestandes gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a, 2 b oder 2 c EStG erfolgt. Die Auskunftspflicht der Arbeitgeber beschränkt sich folglich nicht auf einen bestimmten Grundtatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG. Die Bescheinigung des Arbeitgebers umfasst folgende Angaben: N Arbeitsentgelt/Ausbildungsvergütung N Einmalzahlungen (z.B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld) N Fahrtkostenerstattungen o.ä. N einbehaltene Steuern (Lohn- und Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag) N Sozialabgaben N eingetragene Freibeträge Für die Bescheinigung bei Auszubildenden hat die Verwaltung einen Vordruck erarbeitet. Der Vordruck KG 6 wird von den Familienkassen hierzu in der veröffentlichten Version oder in einer auf Grundlage des Vordrucks erstellten eigenen Version der Familienkasse verwendet.
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§ 9 Besondere Mitwirkungspflichten (§ 68 EStG)
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D.
Andere Angaben kann die Familienkasse nicht verlangen. Insbesondere braucht der Arbeitgeber keine Angaben zum Ausbildung- oder Arbeitsvertrag zu machen. Hierzu ist das Kind gem. § 68 Abs. 1 Satz 2 EStG verpflichtet. Die Auskünfte dürfen von der Familienkasse erst dann verlangt werden, wenn der Berechtigte oder das Kind nicht die Angaben der Familienkasse zur Verfügung stellen. In der Regel wird sich jedoch das Kind wegen der Bescheinigung über das Ausbildungs- bzw. Arbeitsentgelt immer direkt an die Personalstelle des Arbeitgebers wenden. Wurde eine Bescheinigung vom Arbeitgeber bzw. Dienstherrn unrichtig ausgestellt, kann nach § 379 Abs. 1 Nr. 1 AO eine Ordnungswidrigkeit vorliegen, auch wenn aufgrund dieser Bescheinigung keine Überzahlung an Kindergeld eingetreten sein sollte (DA 68 .3 Abs. 2 Satz 1 DAFamEStG). Die Auskunftspflicht der Arbeitgeber bzw. Dienstherrn bezieht sich m.E. nur auf die Kinder, die im § 63 EStG erwähnt sind (vgl. § 68 Abs. 2 EStG). Eine Erweiterung auf dritte Personen (z.B. Ehegatte des verheirateten Kindes) ist von der Vorschrift nicht gedeckt (entgegen Weber-Grellet, in: Schmidt EStG, § 68, Rn. 2). Die Vorlage der benötigten Unterlagen kann in diesen Fällen nur vom Kind, dem Ehegatten selbst oder dem Berechtigten kommen.
D.
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Auskunftserteilung der Familienkassen
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Auskunftserteilung der Familienkassen an Bezügestellen des öffentlichen Dienstes und die Agenturen für Arbeit
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Durch § 68 Abs. 4 EStG wird den Familienkassen die Möglichkeit an die Hand gegeben, den für die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stellen Auskunft über den für die jeweilige Kindergeldzahlung maßgebenden Sachverhalt zu erteilen. Danach sind Vergleichsmitteilungen zwischen den Familienkassen und Bezügestellen des öffentlichen Dienstes nicht nur für Zwecke der Kindergeldzahlung zulässig, sondern auch, soweit die Bezügestellen Kindergelddaten für die Festsetzung kindergeldabhängiger Leistungen des Besoldungs-, Versorgungs- und Tarifrechts benötigen. Unter Familienkasse sind in diesem Zusammenhang alle Familienkassen zu verstehen, insbesondere die der Agentur für Arbeit. § 68 Abs. 4 EStG gilt für die inzwischen privatisierten Unternehmen von Post und Bahn (Deutsche Bahn AG, Deutsche Post AG, Deutsche Postbank AG und Deutsche Telekom AG) nur insoweit, als sie Familienkassen i.S.d. § 72 Abs. 2 EStG sind (DA 68.5 Abs. 4 DA-FamEStG). Die Mitteilungspflicht der Familienkassen hat ab dem 01.01.2007 an Bedeutung verloren, da diese Mitteilungen häufig deshalb notwendig waren, wenn der Berechtigten keine Kindergeldfestsetzung hatte, da seine Kindergeldfestsetzung nur konkludent bekannt gegeben wurde (Möglichkeit der konkludenten Bekanntgabe s. § 11 Rn. 5). Mit Artikel 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (BGBl 2006 I, S. 2915) wurde § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG zum 01.01.2007 aufgehoben. D.h., ab dem 01.01.2007 sind alle Kindergeldentscheidungen (Festsetzungen) von den Familienkassen schriftlich bekannt zu geben. Den Bescheid kann der Berech151
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§ 9 Besondere Mitwirkungspflichten (§ 68 EStG)
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tigte selbst als Nachweis für die Kindergeldzahlung bei der Bezügestelle vorlegen, nur wenn dieser das nicht ausreicht, kann sie sich an die Familienkasse wenden. Die Bezügestellen werden sich aber regelmäßig weiterhin an die Familienkassen wenden müssen, wenn nicht der Mitarbeiter selbst, sondern z.B. der getrennt lebende oder geschiedene Ehegatte oder der andere Elternteil das Kindergeld erhält. § 68 Abs. 4 EStG regelt insoweit eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) für die Familienkassen gegenüber den Bezügestellen des öffentlichen Dienstes. Die Bezeichnung „Bezügestelle“ ist so zu verstehen, dass es sich um die Stelle der Verwaltung handelt, die die Bezüge (z.B. Beamte, Richter, Soldaten) oder das Entgelt (z.B. Beschäftigte, Angestellte, Arbeiter, Praktikanten) für die jeweilige Person feststellt. Eine Mitteilungsbefugnis besteht auch nur dann, wenn Kindergelddaten für die Festsetzung kindergeldabhängiger Leistungen des Besoldungs-, Versorgungs- und Tarifrechts benötigen werden (DA 68.5 Abs. 1 Satz 2 DA-FamEStG). Der überwiegende Teil dieser Stellen wird auch mit der Auszahlung betraut sein, muss es aber nicht. Reine Auszahlungsstellen werden von der Vorschrift nicht erfasst. Ausgenommen sind danach auch die Beihilfestellen des öffentlichen Dienstes. Liegen der Familienkasse Anhaltspunkte vor, dass ein Beamter, Richter oder sonstiger Angehöriger des öffentlichen Dienstes dem Grunde oder der Höhe nach familienabhängige Anteile seiner Bezüge in ihm vorwerfbarer Weise zu Unrecht erhalten hat, so steht das Steuergeheimnis der Unterrichtung der zuständigen Stelle nicht entgegen, soweit es um die Mitteilung derjenigen Tatsachen geht, die für die Durchführung eines Verfahrens auf Rückforderung zu viel gezahlter Bezüge erforderlich sind. Für eine derartige Mitteilung besteht in diesen Fällen stets ein zwingendes öffentliches Interesse im Sinne von § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO. Es kommt in diesen Fällen nicht auf den Umfang der durch § 68 Abs. 4 EStG eingeräumten Mitteilungsbefugnis an. Die in diesen Fällen nach § 30 Abs. 4 Nr. 5 AO bestehende Offenbarungsbefugnis tritt neben die Mitteilungsbefugnis nach § 68 Abs. 4 EStG (DA 68.5 Abs. 2 DA-FamEStG).
E. 18
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Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach der AO
Neben den in § 68 EStG geregelten besonderen, auf das Kindergeldrecht zugeschnittenen Mitwirkungspflichten, sind die allgemeinen Mitwirkungspflichten gem. §§ 90–95 AO zu beachten. Des Weiteren ist die Vorschrift des § 97 AO (Vorlage von Urkunden) von großer Bedeutung im Kindergeldrecht. Grundsätzlich gilt im Steuerrecht der Untersuchungsgrundsatz (§ 88 AO). Die Familienkassen haben zwar alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die entscheidungserheblichen Tatsachen aufzuklären, aber sie bestimmen auch Art und Umfang der Ermittlungen (§ 88 Abs. 1 Satz 3 AO). Dem gegenüber steht jedoch die Mitwirkungspflicht der Beteiligten (§ 90 AO). Deshalb kann die Familienkasse ihre Ermittlungspflicht beschränken auf die Angaben, die die Beteiligten nicht erbringen können (§ 90 AO; § 68 Abs. 1 EStG). Aus diesem Grunde greifen die Familienkassen immer auf die Beteiligten zurück. Die Beteiligten haben die von der Familienkasse geforderten Angaben zu erbringen, sofern sie nicht so abwegig zum Verfahren sind, dass die Vorlage keinen Sinn macht oder die Angaben schon durch andere (z.B. Arbeitgeber des Kindes) erbracht worden sind. 152
E.
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Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach der AO
Gemäß § 88 Abs. 2 AO sind auch die für die Beteiligten günstigen Umstände von Amts wegen durch die Familienkasse zu berücksichtigen; dies gilt auch für die Prüfung innerhalb der Festsetzungsverjährung (§ 169 AO). Deshalb darf sich der Beteiligte nicht wundern, wenn die Familienkasse ihn auffordert, Angaben zu Zeiträumen zu machen, für die seiner Meinung nach gar kein Anspruch besteht. Aber auch muss er seiner Mitwirkungspflicht gem. § 90 AO nachkommen. U.U. führt dies sogar zu Kindergeldansprüchen, die er nicht gesehen hat. > Beispiel: Herr S stellt im August 2006 einen Kindergeldantrag bei der für ihn zuständigen Familienkasse. Im Kindergeldantrag gibt er an, dass seine Tochter K (geb. 01.04.1980) ab Oktober 2006 ein Studium aufnehmen wird und somit die besonderen Anspruchsvoraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG erfüllt. Im Rahmen ihrer Ermittlungspflicht fordert die Familienkasse Herrn S auf Angaben zu den letzten vier Jahren zu machen, da sie festgestellt hat, dass die letzte Festsetzung wegen voraussichtlich zu hoher Einkünfte und Bezüge im Jahr 2001 im Januar 2001 ab 01.01.2001 aufgehoben wurde. Es stellt sich heraus, dass K nach Beendigung der Ausbildung (Juli 2001) bis zum September 2005 beim Ausbildungsbetrieb gearbeitet hat. Ab November 2005 hat sich K um einen Studienplatz bemüht, dies wird durch entsprechen Unterlagen nachgewiesen. K erfüllt ab November 2005 die besonderen Anspruchsvoraussetzungen gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 c EStG und ab Oktober 2007 gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG. Da K keine Einkünfte und Bezüge in diesem Zeitraum gehabt hat, die zum Überschreiten des jeweiligen maßgeblichen Grenzbetrages geführt hätten, kann die Familienkasse rückwirkend ab 01.11.2005 Kindergeld für K festsetzen. Für den restlichen in der Festsetzungsfrist liegenden Zeitraum wird die Kindergeldfestsetzung abgelehnt.
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Sollte ein Kindergeldberechtigter seinen Mitwirkungspflichten trotz Aufforderung der Familienkasse nicht nachkommen, so ist diese verpflichtet nach Aktenlage zu entscheiden. ! Praxishinweis: In solchen Fällen muss die Familienkasse ihrer Anhörungspflicht gem. § 91 AO nachgekommen sein. Dies erfolgt in der Regel durch einen entsprechenden Hinweis in dem oder den Aufforderungsschreiben. Sollte kein Hinweis erfolgt sein, dass sofern keine Mitteilungen des Antragstellers erfolgen, nach Aktenlage entschieden wird, besteht u.U. eine Kostenerstattungspflicht der Familienkasse im Vorverfahren (s. § 17). Der Umfang der Mitwirkungspflicht richtet sich immer nach dem speziellen Einzelfall. D.h., welche Angaben werden in dem Fall vom Berechtigten, dem Kind oder anderen Personen usw. benötigt, um den Sachverhalt aufklären zu können. Dabei hat insbesondere der Beteiligte nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AO alle für die Feststellung des Sachverhaltes erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Der Beteiligte hat kein Auskunftsverweigerungsrecht, dies haben nur Angehörige (§ 15 AO) nach § 101 AO. Die Kinder sind hiervon durch den letzten Teilsatz des § 68 Abs. 1 EStG ausgenommen. Andere Personen sollen nach § 93 Abs. 1 Satz 3 AO erst dann zur Auskunft herangezogen werden, wenn die Auskünfte durch den Beteiligen (Berechtigten) nicht erbracht werden können. Auch das Kind oder der Arbeitgeber des Kindes sind erst nach dem Beteiligten zur Auskunft verpflichtet. Der Auskunftsverpflichtung genügt der Beteiligte, wenn er die geforderten Unterlagen vorlegt. In der Mehrzahl der Fälle wird er Angaben in Vordrucken machen müssen. Auskünfte können die Familienkassen aber auch telefonisch, mündlich oder auf andere Weise einholten. 153
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§ 9 Besondere Mitwirkungspflichten (§ 68 EStG) 21
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Eine besondere Auskunftsverpflichtung liegt bei dem Beteiligten bei Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 2 AO). Bei Auslandssachverhalten muss sich der Beteiligte im besonderen Maße um Aufklärung und Beschaffung geeigneter Beweismittel, in besonderen Fällen auch zusätzlicher Unterlagen bemühen. Er hat alle erforderlichen Beweismittel zu beschaffen und alle für sie bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten auszuschöpfen.1 Der Betroffene kann sich nicht darauf berufen, dass er zur Sachaufklärung bzw. zur Beweismittelbeschaffung nicht in der Lage ist, wenn er sich die Möglichkeit dazu hätte schaffen können (Michaelis, in: Kindergeldverfahren im öffentlichen Dienst ab 1996, S. 67). Nach § 92 AO kann sich die Familienkasse eines Beweismittels bedienen, das sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich hält. Die Vorschrift ist im engen Zusammenhang mit § 88 AO zu sehen. Die Familienkasse kann gemäß § 92 AO N Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einholen, N Sachverständige zuziehen, N Urkunden und Akten beiziehen und N den Augenschein nehmen. Zur Vorlage von Urkunden als Beweismittel ist der Beteiligte gem. § 97 Abs. 2 AO verpflichtet. Beweisurkunden sind Schriftstücke, die von einer zuständigen Person oder Stelle ausgestellt sind und aus deren Inhalt sich die zu beweisende Tatsache ergibt (DA 67.6.2.2 Abs. 2 DA-FamEStG). Sofern die Urkunde nicht im Original vorgelegt werden kann, muss sie N gut leserlich sein, N keine Anzeichen von einer Manipulation aufweisen, N in sich nicht widersprüchlich sein und N keine Abweichungen vom üblichen Inhalt von Originalurkunden einer bestimmten Art erkennen lassen. In bestimmten Fällen verlangt jedoch die Familienkasse eine Originalurkunde (z.B. Geburtsbescheinigung). Diese ist dann vorzulegen. Sind Originale nicht mehr vorhanden, so ist eine amtlich beglaubigte Kopie erstellen zu lassen. Die für das Kindergeldverfahren nach dem EStG notwendigen Unterlagen sind nicht kostenfrei. D.h., die ausstellenden Behörden können eine Verwaltungsgebühr verlangen. ! Praxishinweis: Die Geburtsbescheinigung für die Familienkasse wird von den Standesämtern nur einmal ausgestellt. Diese ist dem Erstantrag auf Kindergeld beizufügen. Die Familienkassen dürfen bei jedem Neuantrag für dieses Kind (z.B. bei Berechtigtenwechsel) nicht nochmals die Vorlage verlangen, auch wenn aufgrund des Berechtigtenwechsels eine neue Familienkasse zuständig ist. Hier hat die Familienkasse die Verpflichtung, die Existenz des Kindes auf andere geeignete Art und Weise feststellen zu lassen. Das kann z.B. auch eine Schulbescheinigung sein, die von den Schulen meist kostenfrei ausgestellt wird. Die Geburtsbescheinigung gehört nur in die erste Kindergeldakte.
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BFH Beschluss v. 25.08.1986 IV B 76/86, BStBl 1987 II, S. 481; BFH Beschluss v. 09.07.1986 I B 36/86, BStBl 1987 II, S. 487; BFH Urteil v. 13.03.1987 III R 206/82, BStBl 1987, S. 599.
E.
Handelt es sich um Beweismittel aus dem Ausland, so kann die Familienkasse verlangen, dass eine Übersetzung vorgelegt wird (§ 87 Abs. 2 Satz 1 AO). Aus dem Wort „kann“ ist zu entnehmen, dass die Familienkasse einen Ermessensspielraum hat. Es steht in ihrem pflichtgemäßen Ermessen, auf die Vorlage einer Übersetzung zu verzichten. Sofern sie aber von ihrem Recht Gebrauch macht, eine Übersetzung anzufordern, hat dies der Beteiligte auf seine Kosten zu veranlassen. Da die Amtssprache Deutsch ist (§ 87 Abs. 1 AO), kann sich der Beteiligte nicht darauf zurückziehen, dass z.B. englische Texte akzeptiert werden müssten. Die AO sieht keine Berechtigung der Beteiligten auf Akteneinsicht vor. Auch im EStG wurde keine Regelung getroffen, wonach dem Berechtigten ein Recht auf Akteneinsicht zu gewähren wäre. Im Einzelfall kann jedoch nach dem Ermessen der Familienkasse Akteneinsicht zugelassen werden.2 Wird durch die Familienkasse Akteneinsicht gewährt, ist sie nach DA 67.7 Abs. 1 DA-FamEStG verpflichtet, dies in den Räumen der Familienkasse in Gegenwart eines Mitarbeiters der Familienkasse durchzuführen. ! Praxishinweis: Die Gewährung einer beantragten Akteneinsicht kann insbesondere nach einem Beraterwechsel zweckmäßig sein (AEAO zu § 91, Nr. 4).
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Das grundsätzliche Nichtgewähren der Akteneinsicht bezieht sich auf das Festsetzungsverfahren (Neu- oder Erstantrag sowie laufende Kindergeldfälle) und auf das Einspruchsverfahren. Wird in beiden Fällen der Antrag auf Akteneinsicht abgelehnt, kann dies mit Einspruch (§ 347 AO) angefochten werden. Im Klageverfahren besitzt der Kläger das Recht auf Akteneinsicht (§ 78 FGO). Der Kläger kann hierbei die dem Finanzgericht durch die Familienkasse zur Verfügung gestellten Unterlagen einsehen.
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Mitwirkungspflichten der Beteiligten nach der AO
BFH Beschluss v.04.06.2003 VII B 138/01, BStBl 2003 II, S. 790.
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§ 10 Überprüfung des Fortbestehens von Anspruchsvoraussetzungen durch Meldedaten-Übermittlung (§ 69 EStG) 1
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Die Vorschrift des § 69 EStG soll eine Überprüfung der Kindergeldansprüche erleichtern. Mit der Erhebung der Daten wird die Existenz der Beteiligten (Berechtigte und Kinder) festgestellt. Außerdem wird überprüft, ob sie noch im Inland gemeldet sind. § 69 EStG bildet zusammen mit § 3 der Zweiten Meldedaten-Übermittlungsverordnung des Bundes vom 31.07.1995 (2. BMeldDÜV BGBl I 1995 S. 1011; i.d.F. von Art. 18 des Dritten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2003, S. 2848) in der durch Artikel 25 des Jahressteuer-Ergänzungsgesetzes 1996 geänderten Fassung die Rechtsgrundlage für den Datenabgleich zwischen der Agentur für Arbeit und den Meldebehörden. In den Datenabgleich werden die Familienkassen des öffentlichen Dienstes nicht mit einbezogen (DA 69 Abs. 2 DA-FamEStG). Die Übermittlung der Daten erfolgt nach einer zu § 20 Abs. 1 des Melderechtsrahmengesetzes zu erlassenden Rechtsverordnung. Hierbei handelt es sich um die 2. BMeldDÜV vom 31.07.1995 (BGBl I 1995 S. 1011; i.d.F. von Art. 18 des Dritten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003, BGBl I 2003, S. 2848). Bei den Daten handelt es sich um Angaben aller Einwohner, zu deren Person im Melderegister Daten von minderjährigen Personen gespeichert sind. Eine Einschränkung erfolgt nach § 69 letzter Teilsatz EStG, dass diese Daten nach ihrer Art geeignet sein müssen, die Rechtmäßigkeit des Bezugs von Kindergeld zu überprüfen. Hierdurch soll festgestellt werden können, welche Person, welches Kind in ihrem Haushalt hat. Insoweit erfolgt eine Überprüfung, ob der Berechtigte noch existent ist und ob dem Berechtigten ein Kind im Haushalt zugeordnet werden kann, oder ob das Kind bei mehreren Berechtigten gemeldet ist. Da der Meldedatenabgleich nicht auf Bundesländer im Einzelnen beschränkt ist, soll insoweit auch sichergestellt werden, dass nicht für ein und dasselbe Kind evtl. in verschiedenen Bundesländern eine Zahlung erfolgt (Verhinderung von Doppel- oder Mehrfachzahlungen). Der Datenabgleich erfolgt nach dem Gesetzeswortlaut in regelmäßigen Abständen. Der regelmäßige Abstand bedeutet hier, dass jährlich die aktuellen Daten (Stand: 20. September des Jahres) bis zum 20. Oktober des betreffenden Jahres gemeldet sein müssen. Im § 18 Abs. 1 Melderechtsrahmengesetz ist festgelegt, welche Daten für die Übermittlung der Meldebehörden grundsätzlich in Betracht kommen. Diese gehen jedoch nach dem einschränkenden Wortlaut des § 69 EStG („…soweit die Daten nach ihrer Art für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bezuges von Kindergeld geeignet sind…“) im Hinblick auf das Kindergeld zu weit. Deshalb wurden in § 3 Abs. 2 BMeldDÜV folgende Daten von den Einwohnern, zu denen auch Daten Minderjähriger gespeichert sind, zur Übermittlung festgelegt: N Familienname (begrenzt auf die ersten fünf Buchstaben) N Anschrift (begrenzt auf den Gemeindeschlüssel) N Tag der Geburt N Sterbetag Felix, in: Kindergeldrecht § 69, Rn. 9 schließt nicht aus, das ggf. auch weitere Daten übermittelt werden könnten, wenn sie geeignet für die Überprüfung des Kindergeldfalles sein können. So wird hier z.B. die Staatsangehörigkeit aufgeführt. 156
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§ 11 Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG) A.
Festsetzung des Kindergeldes
Gem. § 31 Satz 3 EStG wird Kindergeld als Steuervergütung gezahlt. Da für die Festsetzung einer Steuervergütung die Vorschriften für die Steuerfestsetzung sinngemäß anzuwenden sind (§ 155 Abs. 4 AO), gelten grundsätzlich alle Vorschriften/Regelungen, die auch für die Einkommensteuerveranlagung anzuwenden sind. Probleme entstehen häufig dadurch, dass Kindergeld in der Regel nicht rückwirkend für einen abgeschlossenen Veranlagungszeitraum festgesetzt wird, sondern Entscheidungen über erst zu verwirklichende Sachverhalte getroffen werden. Die Kindergeldfestsetzung erfolgt regelmäßig als Dauerverwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft. Man spricht bei einem positiven Bescheid von einer betragsmäßigen Kindergeldfestsetzung. Negative Entscheidungen sind ebenfalls Festsetzungen. Zu unterscheiden ist hier zwischen materiellem Ablehnungsbescheid, Aufhebung und formellem Ablehnungsbescheid. Form und Inhalt der Festsetzung richtet sich nach § 157 Abs. 1 AO. Sie muss die festgesetzte Steuervergütung nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer Gläubiger der Steuervergütung ist. Bei der Bezeichnung der Steuervergütung ist immer zwingend anzugeben, für welches Kind (Name, Vorname, Geburtsdatum) ab wann bzw. für welchen Zeitraum Kindergeld (in welcher Höhe) festgesetzt, eine Festsetzung aufgehoben oder abgelehnt wird. Bei einer betragsmäßigen Festsetzung gehört die Ordnungszahl mit zum Tenor. Steuervergütungsgläubiger ist der Kindergeldberechtigte. Seit dem 01.01.2007 sind alle Festsetzungen schriftlich bekannt zu geben. Bis zum 31.12.2006 bestand die Möglichkeit von einer schriftlichen Bekanntgabe abzusehen, sofern die Voraussetzungen des § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG vorlagen. Diese Ausnahmeregelung zum § 157 Abs. 1 Satz 1 AO ist mit Artikel 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (BGBl 2006 I, S. 2915) gestrichen worden (Näheres unten unter Rn. 5). Die meisten Familienkassen des öffentlichen Dienstes verwenden den vom BZSt herausgegebenen Vordruck KG 2 für die Kindergeldfestsetzung. So ist sichergestellt, dass der Mindestinhalt nach § 157 Abs. 1 AO enthalten ist.
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! Praxishinweis Sollten in einzelnen Fällen Familienkassen nicht die vorgegebenen Vordrucke für die Bescheiderteilung verwenden, empfiehlt es sich unter Umständen, den Bescheid auf seine formale Richtigkeit zu überprüfen. N Fehlt z.B. der Zusatz „Familienkasse“ im Bescheidkopf, ist der Bescheid nichtig gem. § 125 Abs. 2 Nr. 1 AO. N Hat es die Familienkasse versäumt, eine (korrekte) Rechtsbehelfbelehrung zu erteilen, ist die Einlegung des Einspruchs binnen eines Jahres möglich (§ 356 Abs. 2 AO). Die Festsetzungsfrist beträgt bei der Steuervergütung Kindergeld genau wie bei der Einkommensteuer gem. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Nur innerhalb dieser Festsetzungsfrist können rückwirkende Kindergeldfestsetzungen, deren Aufhebungen oder Änderungen und 157
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
Berichtigungen wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 129 AO vorgenommen werden (§ 169 Abs. 1 Sätze 1 u. 2 AO). 2002
2003
2004
2005
2006
2007
Festsetzungsverjährung
01.01.2007
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Nach Eintritt der Festsetzungsverjährung ist der Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 AO) erloschen (§ 47 AO). Auch schon vor Beginn der Festsetzungsfrist können Entscheidungen über den Kindergeldanspruch getroffen werden. Dies ergibt sich aus § 31 Satz 3 EStG, in dem es heißt, dass im laufenden Kalenderjahr Kindergeld monatlich gezahlt wird. Auszahlungsgrund ist aber immer eine Entscheidung im Festsetzungsverfahren, die folglich vor Beginn der eigentlichen Festsetzungsfrist liegen muss. Gem. § 170 Abs. 1 Satz 1 AO beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Bei sinngemäßer Anwendung nach § 155 Abs. 4 AO bedeutet dies, dass die Festsetzungsfrist für die Steuervergütung Kindergeld mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der jeweilige (monatliche) Kindergeldanspruch entstanden ist. Für alle in einem Kalenderjahr jeweils zum ersten eines Monats entstandenen Kindergeldansprüche beginnt die Festsetzungsfrist mit Ablauf des Kalenderjahres, also mit dem 01.01. des Folgejahres. Der Zeitraum, in dem rückwirkend über den Kindergeldanspruch des Monats Januar 2007 entschieden werden kann, ist tatsächlich 11 Monate länger als der mögliche Entscheidungszeitraum für den Anspruch aus dem Monat Dezember 2007. Die Festsetzungsfrist beginnt für beide am 01.01.2008, dauert vier Kalenderjahre und endet somit mit Ablauf des 31.12.2011. Am 01.01.2012 ist Festsetzungsverjährung eingetreten, es sei denn, es liegt eine Ablaufhemmung nach § 171 AO vor. > Beispiel: Am 19.03.2007 beantragt die Kindergeldberechtigte S. für ihr Kind K Kindergeld bei der zuständigen Familienkasse des öffentlichen Arbeitgebers A., weil K seit dem 01.09.2002 studiert. Für die Ansprüche aus dem Kalenderjahr 2002 beginnt die Festsetzungsfrist am 01.01.2003. Sie beträgt vier Jahre und endet somit für das Kalenderjahr 2002 am 31.12.2006. Es kann für das Kalenderjahr 2002 keine Festsetzung mehr erfolgen, denn es ist Festsetzungsverjährung eingetreten. Eine rückwirkende Festsetzung ist erst ab dem 01.01.2003 möglich. Soweit eine Steuer hinterzogen wird, beträgt die Festsetzungsfrist zehn Jahre, bei leichtfertiger Verkürzung fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO). 158
A.
Im Kindergeldrecht kann eine Steuerhinterziehung (§ 370 AO) insbesondere dann vorliegen, wenn der Kindergeldberechtigte festsetzungserhebliche Tatsachen nicht oder nicht vollständig mitteilt. Dies kann z.B. gegeben sein, wenn der Berechtigte der Familienkasse nicht mitteilt, dass der Anspruchstatbestand weggefallen ist. Das Verschulden eines Bevollmächtigten oder des Kindes wird dem Kindergeldberechtigten zugerechnet (§ 169 Abs. 2 Satz 3 AO). Damit die Entscheidung der Familienkasse über die Steuervergütung Kindergeld Wirkung entfaltet, muss sie bekannt gegeben werden (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AO). Die Bekanntgabe hat gem. § 157 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 155 Abs. 4 AO immer schriftlich zu erfolgen, da gesetzlich keine andere Form der Bekanntgabe mehr zugelassen ist (vgl. Rn. 5). In der Regel bedienen sich die Familienkasse für die Bekanntgabe der Kindergeldfestsetzungen der Post bzw. eines Unternehmens, das Postdienstleistungen erbringt. Wird die Kindergeldfestsetzung durch die Post bzw. ein Unternehmen, das Postdienstleistungen erbringt, übermittelt, gilt der Bescheid grundsätzlich am dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (§ 122 Abs. 2 Nr. 1 AO). In der Vergangenheit wurde in diesem Zusammenhang von einer Bekanntgabefiktion gesprochen. Dies bedeutete, dass es unerheblich war, ob der dritte Tag nach Aufgabe zur Post ein Sonnabend, Sonntag oder Feiertag war. Per Fiktion wurde dieser Tag als Bekanntgabetag festgelegt. Er ist Grundlage für die Berechnung der Rechtsbehelfsfrist, der Wirkungsdauer eines materiellen Ablehnungsbescheides und des negativen Regelungsinhalts einer Aufhebung, sowie in Fällen der Korrektur nach § 70 Abs. 3 EStG ausschlaggebend für die Wirkung der Korrektur. Laut Rechtsprechung des BFH ist die Fiktion wie eine Frist zu berechnen. § 108 Abs. 3 AO ist zu beachten. Wenn der dritte Tag nach Aufgabe zur Post ein Sonnabend, Sonntag oder gesetzlicher Feiertag ist, ist Tag der Bekanntgabe der nächstfolgende Werktag.1 > Beispiel: Die Kindergeldfestsetzung datiert vom 21. Juni 2007 (Donnerstag) und wurde an diesem Tag zur Post gegeben (=„eingeworfen“). Da der dritte Tag nach Aufgabe zur Post ein Sonntag ist, verschiebt sich die Bekanntgabe auf den folgenden Werktag. Der Bescheid gilt am 25. Juni 2007 (Montag) als bekannt gegeben. (Hinweis: Die Einspruchsfrist beginnt am Dienstag, den 26. Juni 2007.) In Einzelfällen wählen die Familienkassen eine andere Form der schriftlichen Bekanntgabe, z.B. die Zustellung mit Zustellungsurkunde. In diesen Fällen gilt das VwZG. ! Praxishinweis: Wenn sich die Familienkasse für die Bekanntgabe mit eingeschriebenem Brief (§ 4 VwZG) entschieden hat, greift trotzdem eine Drei-Tage-Regel. Der Bescheid gilt hier gem. § 4 Abs. 2 Satz 2 VwZG am dritten Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt und damit als bekannt gegeben. Einige Familienkassen des öffentlichen Dienstes verwenden für die Bekanntgabe ihrer Bescheide die „Hauspost“. D.h., der Bescheid wird nicht an die Post oder ein Unternehmen, das Postdienstleistungen erbringt, übergeben, sondern behördenintern verteilt. Als Nachweis der Bekanntgabe dient in diesen Fällen häufig ein Empfangsbekenntnis. Erst wenn dieses vom Adressaten unter-
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Festsetzung des Kindergeldes
BFH Urteil v. 14.10.2003 IX R 68/98, BStBl 2003 II S. 898.
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
schrieben ist, gilt der Bescheid als bekannt gegeben. Problematisch ist ein solches Vorgehen insbesondere bei Aufhebungen gem. § 70 Abs. 3 EStG (s. Rn. 27). > Beispiel: Hat die Familienkasse z.B. in der Urlaubszeit einen Bescheid verteilen lassen (Bescheiddatum 16. Juli 2007) und der Berechtigte hat diesen Bescheid erst im August 2007 erhalten, so entfaltet die Aufhebung gem. § 70 Abs. 3 EStG erst Wirkung ab dem Monat September 2007. Das Kindergeld für August 2007 muss noch ausgezahlt werden. ! Praxishinweis: Hat der Kindergeldberechtigte einen Bescheid „per Hauspost“ erhalten, sollte (insbesondere bei Aufhebungen gem. § 70 Abs. 3 EStG) zunächst geprüft werden, wann tatsächlich Tag der Bekanntgabe war.
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In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass im Adressfeld die postalische Anschrift des Adressaten einzutragen ist (AEAO zu § 122, Nr. 1.6). Bis zum 31.12.2006 konnte die Familienkasse gem. § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG von der schriftlichen Bekanntgabe ihrer Entscheidung absehen, wenn N dem Antrag entsprochen wurde, oder N der Berechtigte anzeigte, dass die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Kindes nicht mehr erfüllt waren, oder N ein Kind das 18. Lebensjahr vollendete, ohne dass der Berechtigte die Voraussetzungen für eine weitere Berücksichtigung des Kindes nachgewiesen hatte. Es handelte sich hierbei um eine Ausnahme zu § 157 Abs. 1 Satz 1 AO, die mit Artikel 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (BGBl 2006 I, S. 2915) gestrichen wurde. Man sprach von einer so genannten „konkludenten“ oder auch „schlüssigen Bekanntgabe“. Die Kindergeldakten mussten trotzdem Verfügungen, die die Entscheidungen der Familienkasse dokumentierten, enthalten. Lediglich die Bekanntgabe der Entscheidungen geschah auf andere Weise (§ 119 Abs. 2 Satz 1 AO), zumeist durch Überweisung auf das Empfängerkonto oder Gehaltsmitteilung. Tag der Bekanntgabe war in diesen Fällen entweder der Tag der Kontogutschrift oder der Tag der Bekanntgabe der Gehaltsmitteilung. Wenn beide Varianten vorkamen, i.d.R. bei den Familienkassen des öffentlichen Dienstes, war Tag der Bekanntgabe der Tag der ersten Kenntnis. > Beispiel: Die Familienkasse hatte dem Kindergeldantrag von Herrn S in vollem Umfang entsprochen (Kindergeldfestsetzung bei Geburt eines Kindes) und sich für eine konkludente Bekanntgabe entschieden. Die Kontogutschrift erfolgte am 31.07.2006. Die Gehaltsmitteilung hatte Herr S bereits am 26.07.2006 erhalten. Tag der Bekanntgabe war somit der 26.07.2006. ! Praxishinweis: Die Rechtsbehelfsfrist bei konkludenter Bekanntgabe beträgt einen Monat (§ 355 Abs. 1 AO). Insbesondere kommt § 356 Abs. 2 Satz 1 AO nicht zur Anwendung, wonach bei unterbliebener Rechtsbehelfsbelehrung die Einlegung des Einspruchs innerhalb eines Jahres zulässig wäre. § 356 Abs. 2 Satz 1 AO greift nur, wenn bei einem schriftlichen Bescheid die Belehrung unterblieben ist oder unrichtig erteilt wurde. 160
A.
11
Festsetzung des Kindergeldes
Letztmalig war die konkludente oder schlüssige Bekanntgabe zum 31.12.2006 anwendbar. Nicht nur die Verfügung in der Kindergeldakte muss am 31.12.2006 bereits vorgelegen haben, auch die Bekanntgabehandlung (z.B. Kontogutschrift) muss bereits am 31.12.2006 vollzogen gewesen sein. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S ist Beschäftigter beim öffentlichen Arbeitgeber A. Die Familienkasse (des öffentlichen Arbeitgebers) nimmt am 22.12.2006 eine betragsmäßige Kindergeldfestsetzung (bei Geburt eines Kindes) vor. Die Gehaltszahlung für Januar 2007 erfolgt erst im Januar 2007 und auch die Gehaltsmitteilung wird erst im Januar versandt. Trotz Entscheidung im Dezember 2006 muss schon eine schriftliche Bekanntgabe erfolgen. Die grundsätzlich bestehende Möglichkeit einen Verwaltungsakt mündlich zu erlassen (§ 119 Abs. 2 Satz 1 AO), greift gem. § 157 Abs. 1 Satz 1 AO i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 AO nicht für die Steuervergütung Kindergeld. Steuervergütungsbescheide sind immer schriftlich bekannt zu geben. Lediglich bei sonstigen steuerlichen Verwaltungsakten, wie z.B. einer Fristverlängerung oder einer Stundung, käme eine mündliche Bekanntgabe in Betracht. Sie ist jedoch nicht Verwaltungspraxis.
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! Praxishinweis: Es empfiehlt sich, falls die Familienkasse sich doch einmal für die mündliche Bekanntgabe eines sonstigen Verwaltungsaktes entschieden haben sollte, gem. § 119 Abs. 2 Satz 2 AO aus Gründen der Rechtssicherheit eine schriftliche Bestätigung zu verlangen.
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I.
Betragsmäßige Festsetzung
Man spricht von einer betragsmäßigen Festsetzung, wenn die Familienkasse Kindergeld der Höhe nach festgesetzt hat. Voraussetzung für die betragsmäßige Festsetzung ist, dass ein Kindergeldanspruch entstanden ist und der Kindergeldberechtigte oder eine Person (ggf. auch eine juristische Person des öffentlichen Rechts), die ein berechtigtes Interesse hat, einen Kindergeldantrag gem. § 67 EStG gestellt hat (s. § 8, B). Es handelt sich bei der Festsetzung der Steuervergütung Kindergeld um ein echtes Antragsverfahren. Gem. § 86 Satz 2 Nr. 2 AO darf die Familienkasse daher nur auf Antrag tätig werden. Im Gegensatz dazu ist die Einkommensteuerveranlagung ein so genanntes unechtes Antragsverfahren. Der Steuerpflichtige hat gem. § 25 Abs. 3 Satz 1 EStG eine Steuererklärung abzugeben, es sei denn, nach § 46 EStG unterbleibt die Veranlagung. Sollte der Steuerpflichtige seiner Erklärungspflicht nicht nachkommen, kann das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzen. Eine solche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen – also der Grundtatbestände – kommt im Kindergeldrecht nicht in Betracht. Hier ist eine Schätzung höchstens im Bereich der Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder möglich. Nach Eingang des Kindergeldantrags wird die Familienkasse den Kindergeldanspruch prüfen und bei Vorliegen aller Voraussetzungen eine betragsmäßige Festsetzung vornehmen. Die Fest-
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
setzung ist der Rechtsgrund für die Kindergeldzahlung. Ohne betragsmäßige Festsetzung wäre eine Zahlung rechtsgrundlos und daher gem. § 37 Abs. 2 Satz 1 AO zu erstatten. ! Praxishinweis: Sollten Kindergeldberechtigte nach dem 01.01.2007 Kindergeld beantragt haben und von der Familienkasse wurde lediglich die Zahlung aufgenommen, aber kein Bescheid erteilt; empfiehlt es sich, auf die Erteilung eines schriftlichen Bescheides zu drängen. Die betragsmäßige Kindergeldfestsetzung ist für jedes Kind ein gesonderter Verwaltungsakt. Wenn in dem formularmäßigen Bescheid (KG 2), der vom BZSt herausgegeben worden ist, gleichzeitig mehrere Kinder aufgeführt sind, handelt es sich für jedes Kind um eine eigenständige und somit auch getrennt anfechtbare Entscheidung. Es ist auch zu beachten, dass nicht nur der Kindergeldbetrag Gegenstand der betragsmäßigen Festsetzung ist, sondern auch die Ordnungszahl, mit der die Rangfolge des Kindes zum Ausdruck gebracht wird zum Inhalt der Entscheidung der Familienkasse gehört. Sollte die Ordnungszahl zu niedrig sein, könnten sich daraus evtl. Nachteile ergeben (vgl. § 5, C). ! Praxishinweis: Bei Überprüfung eines Kindergeldbescheides sind unbedingt auch die Ordnungszahlen kritisch zu betrachten.
II.
Materieller Ablehnungsbescheid
8
Von einem materiellen Ablehnungsbescheid spricht man, wenn die Familienkasse nach inhaltlicher Prüfung eines Kindergeldantrags zu dem Ergebnis gekommen ist, dass kein Kindergeldanspruch besteht und sie deshalb die Festsetzung von Kindergeld abgelehnt hat. Hierbei ist es nach neuster Auslegung des BZSt unerheblich, ob die negative Entscheidung darin begründet ist, dass die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen oder nachgewiesen sind, oder der maßgebliche Grenzbetrag überschritten ist. Der materielle Ablehnungsbescheid ist eine Festsetzung im engeren Sinne gem. § 155 Abs. 1 Satz 1 und 2 AO. DA 70.1 Abs. 2 Satz 2 DA-FamEStG unterscheidet zwei Möglichkeiten.
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1. Möglichkeit: Der materielle Ablehnungsbescheid ist gem. DA 70.1 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz DA-FamEStG bis einschließlich des Monats seiner Bekanntgabe zu erteilen. Dies trifft auf alle negativen Entscheidungen der Familienkassen zu, die für zurückliegende Zeiträume bis zur Gegenwart gelten. Es kommt nicht darauf an, ob die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen oder nicht nachgewiesen sind, oder ob die besonderen Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich vorliegen, aber der maßgebliche Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 und 7 EStG überschritten ist. Die Familienkassen sind gehalten, ihre Entscheidungen unter Beachtung der Festsetzungsfrist soweit rückwirkend zu treffen, wie es noch ungeregelte Zeiträume gibt (Ausnahme – konkrete Antragstellung).
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162
A.
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Festsetzung des Kindergeldes
> Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S beantragt für sein am 14. Mai 1984 geborenes Kind K am 11. Juni 2007 Kindergeld, weil K sich seit Mai 2007 im Selbststudium auf die Aufnahmeprüfung an einer Abendschule vorbereitet. K hat sich noch nicht an der Abendschule beworben. Die letzte Kindergeldfestsetzung für K war am 20. Januar 2003 mit Wirkung ab 01.02.2003 aufgehoben worden, da K die Schule kurz vor dem Abitur abgebrochen hatte. Seit dieser Zeit bestand kein Kindergeldanspruch mehr für K. Das Selbststudium für die Aufnahmeprüfung führt nicht zu einem Kindergeldanspruch, insbesondere befindet K sich nicht in einer Berufs- bzw. Schulausbildung. Die Berücksichtigung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG scheidet daher aus. Auch andere Tatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG sind nicht erfüllt. Die Familienkasse muss den Antrag des S nach erfolgter materiellrechtlicher Prüfung ablehnen. Sie erteilt am 5. Juli 2007 einen materiellen Ablehnungsbescheid für den zurückliegenden Zeitraum (vom 01.02.2003) bis zum Monat der Bekanntgabe (31.07.2007). > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S beantragt für sein am 14. Mai 1984 geborenes und in Ausbildung befindliches Kind K am 11. Juni 2007 Kindergeld, weil nach Einschätzung des S die Einkünfte und Bezüge den maßgeblichen Grenzbetrag im Jahr 2007 nicht überschreiten werden. Die Familienkasse hatte im Dezember 2006 die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2007 aufgehoben (bekanntgabe ebenfalls im Dezember 2006), weil die Prognose der Einkünfte und Bezüge ein Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrags für 2007 ergeben hatte. Auch nach erneuter Prüfung kommt sie wieder zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte und Bezüge von K den maßgeblichen Grenzbetrag für 2007 (hier: Jahresgrenzbetrag) überschreiten werden. Die Familienkasse muss den Antrag von S nach erfolgter materiellrechtlicher Prüfung ablehnen. Sie erteilt am 5. Juli 2007 einen materiellen Ablehnungsbescheid für den zurückliegenden Zeitraum (vom 01.02.2003) bis zum Monat der Bekanntgabe (31.07.2007).
11
! Praxishinweis: Bis zum 29. Juni 2006 wurde in solchen Fällen ein Ablehnungsbescheid für das gesamte Kalenderjahr erteilt, da auch das gesamte Jahr bei der Prognose betrachtet wurde. Am 29. Juni hat das BZSt mit Newsletter diese Verwaltungsauffassung geändert. Auch bereits erteilte Ablehnungsbescheide sind laut BZSt so auszulegen, dass sie nur bis zum Monat ihrer Bekanntgabe wirken. Für Zeiträume danach kann jederzeit ein Neuantrag gestellt werden. Hierbei sind aber die beim BFH anhängigen Verfahren zu beachten, bei denen die Finanzgerichte gegenteilig entschieden haben.2 Die Finanzgerichte haben die Bindungswirkung des Bescheides für den konkret im Bescheid festgelegten Zeitraum festgestellt. Diese Regelung wäre für die Betroffenen schlechter, ist aber m.E. richtig. 2. Möglichkeit: Gem. DA 70.1 Abs. 2 2. Halbsatz DA-FamEStG kann ein materieller Ablehnungsbescheid auch für einen konkreten Regelungszeitraum erteilt werden. Dies ist dann der Fall, wenn die negative Entscheidung der Familienkasse nur in der Vergangenheit liegende Zeiträume betrifft. Es ist dabei wiederum unerheblich, ob die Anspruchsvoraussetzungen nicht vorgelegen haben oder nicht nachgewiesen sind, oder ob die besonderen Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich vorgelegen haben, aber der maßgebliche Grenzbetrag der Einkünfte und Bezüge gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 und 7 EStG überschritten wurde.
2
FG München Urteil v. 14.03.2006 12 K 4695/05, EFG 2007, S. 52, Rev. eingel. BFH III R 36/06; FG Münster Urteil v. 24.03.2006 11 K 4391/05 Kg, EFG 2006, S. 988, Rev. eingel. BFH III R 35/06; FG Rheinland-Pfalz Urteil v. 19.10.2006 6 K 2764/05, Haufe-Index 1675396, Rev. eingel. BFH 96/06.
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10
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
> Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S beantragt für sein am 14. Mai 1984 geborenes und seit 2005 in Ausbildung befindliches Kind K am 11. Juni 2007 Kindergeld. Die Familienkasse hatte im Dezember 2005 die Kindergeldfestsetzung ab Januar 2006 aufgehoben (Bekanntgabe ebenfalls im Dezember 2005), weil die Prognose der Einkünfte und Bezüge ein Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrags für 2006 ergeben hatte. Nach erneuter Prüfung kommt sie zu dem Ergebnis, dass die Einkünfte und Bezüge von K 2006 den maßgeblichen Grenzbetrag (hier: Jahresgrenzbetrag) zwar überschritten haben, in 2007 aber voraussichtlich nicht überschreiten werden. Die Familienkasse muss den Antrag von S nach erfolgter materiellrechtlicher Prüfung für 2006 ablehnen und für 2007 Kindergeld betragsmäßig festsetzten. Sie erteilt am 5. Juli 2007 einen materiellen Ablehnungsbescheid für den zurückliegenden Zeitraum (01.01.2006 – 31.12.2006) und nimmt eine betragsmäßige Festsetzung ab dem 01.01.2007 vor. Wäre die Aufhebung bzw. Bekanntgabe nicht bereits im Dezember 2005 erfolgt, sondern erst im Januar 2006, so würde der materielle Ablehnungsbescheid nur den Zeitraum 01.02.2006 – 31.12.2006 erfassen. Der Monat Januar 2006 ist bereits mit einem negativen Regelungsinhalt versehen (vgl. Rn. 11).
III. 11
11
Aufhebung
Wird eine betragsmäßige Festsetzung in ihrer Gesamtheit beseitigt, handelt es sich um eine Aufhebung. Die Aufhebung legt fest, ab welchem Zeitpunkt oder für welchen Zeitraum kein Kindergeld mehr auszuzahlen ist. Man unterscheidet folglich zwei Arten von Aufhebungen, die unbefristete Aufhebung („Aufhebung ab“) und die befristete Aufhebung („Aufhebung von – bis“). Eine Besonderheit stellt der so genannte negative Regelungsinhalt dar, der immer dann entsteht, wenn eine Aufhebung den Kindergeldanspruch für zurückliegende Zeiträume verneint. Laut Urteil des BFH entsteht nach der Aufhebung der vorangegangenen Kindergeldfestsetzung kein rechtliches „Nichts“, sondern vom Aufhebungszeitpunkt bis zum Monat der Bekanntgabe ein negativer Regelungsinhalt.3 Nach Eintritt der formellen Bestandskraft kann dieser nur geändert werden, wenn eine Korrekturnorm dies zulässt. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S teilt der Familienkasse am 29.08.2007 mit, dass sein Kind K am 16.07.2007 die Lehre abgebrochen hat. Nach Prüfung des Sachverhalts hebt die Familienkasse am 27.09.2007 die Kindergeldfestsetzung ab 01.08.2007 auf. Der Aufhebungsbescheid wird am 27.09.2007 (Donnerstag) zur Post gegeben. Tag der Bekanntgabe ist somit Montag der 01.10.2007. Es entsteht durch die Aufhebung ein negativer Regelungsinhalt von August bis Oktober 2007. ! Praxishinweis: Nur wenn eine Aufhebung mit einem negativen Regelungsinhalt einher geht, ist ein Einspruch zulässig. Ist kein negativer Regelungsinhalt entstanden, ist der Kindergeldberechtigte durch die Aufhebung nicht beschwert. Er könnte jederzeit einen neuen Kindergeldantrag für den jetzt ungeregelten Zeitraum stellen.
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Die unbefristete Aufhebung („Aufhebung ab“) beseitigt eine früher getroffene Entscheidung vollständig für Zeiten, die nach dem Aufhebungszeitpunkt liegen. Aufhebungszeitpunkt ist der Zeitpunkt, zu dem die Aufhebung ausgesprochen wird. Es sind sowohl Fälle mit als auch ohne 3
164
BFH Urteil v. 23.11.2001 VI R 125/00, BStBl 2002 II S. 269.
A.
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Festsetzung des Kindergeldes
negativem Regelungsinhalt denkbar. Immer wenn die Aufhebung zu einem Zeitpunkt erfolgt bzw. bekannt gegeben wird, der nach dem Aufhebungszeitpunkt liegt, entsteht ein negativer Regelungsinhalt. Erfolgt die Aufhebung hingegen schon vor dem Aufhebungszeitpunkt und wird sie auch vor diesem noch bekannt gegeben, entsteht kein negativer Regelungsinhalt. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S teilt der Familienkasse am 07.06.2007 mit, dass sein Sohn K ab Juli 2007 seinen Grundwehrdienst ableisten wird. Den Stellungsbefehl zum 02.07.2007 habe er bereits erhalten. Im Anschluss würde K weiterhin eine Lehre als Bankkaufmann anstreben. Daraufhin hebt die Familienkasse am 15.06.2007 die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab dem 01.07.2007 auf (s.a. §2 Rn. 60). Sie gibt den Bescheid am selben Tag zur Post. Da die Aufhebung und Bekanntgabe zeitlich vor dem Aufhebungszeitpunkt liegt, entsteht in diesem Fall kein negativer Regelungsinhalt. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S teilt der Familienkasse am 06.07.2007 mit, dass sein Sohn K seit Juli 2007 seinen Grundwehrdienst ableistet. Gemäß Stellungsbefehl habe er am 02.07.2007 seinen Dienst angetreten. Im Anschluss würde K weiterhin eine Lehre als Bankkaufmann anstreben. Daraufhin hebt die Familienkasse am 16.07.2007 die Kindergeldfestsetzung mit Wirkung ab dem 01.07.2007 auf (s.a. §2 Rn. 60). Sie gibt den Bescheid am selben Tag zur Post. Da die Aufhebung und somit auch die Bekanntgabe zeitlich nach dem Aufhebungszeitpunkt liegen, entsteht in diesem Fall ein negativer Regelungsinhalt für den Monat Juli 2007. ! Praxishinweis: Wenn absehbar ist, dass für zukünftige Zeiträume der Kindergeldanspruch entfällt, empfiehlt es sich immer, die Familienkasse hiervon möglichst frühzeitig in Kenntnis zu setzen. Wenn die Familienkasse ihre Entscheidung zeitnah trifft, kann so ein negativer Regelungsinhalt vermieden werden. Verfahrensrechtlich stellt sich der Berechtigte mit einem solchen negativen Regelungsinhalt immer schlechter als mit einem ungeregelten Zeitraum. Sobald formelle Bestandskraft eingetreten ist, kann nämlich nur noch bei Vorliegen einer Korrekturnorm für den Zeitraum mit dem negativen Regelungsinhalt wieder Kindergeld festgesetzt werden. Hat man es mit einem ungeregelten Zeitraum zu tun, kann im Rahmen der Festsetzungsfrist jederzeit einfach ein Neuantrag gestellt werden. Die befristete Aufhebung („Aufhebung von – bis“) beseitigt eine früher getroffene Entscheidung für einen ganz konkreten, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum. Sie wirkt längstens bis zum Monat ihrer Bekanntgabe und entfaltet niemals eine Bindungswirkung für die Zukunft, da es sich um eine negative Entscheidung handelt.4 Es entsteht immer ein negativer Regelungsinhalt für den konkreten Aufhebungszeitraum. Die ursprüngliche betragsmäßige Kindergeldfestsetzung gilt für Zeiten nach der Aufhebung weiter. > Beispiel: Die Familienkasse stellt bei der abschließenden Prüfung der Einkünfte und Bezüge des Kindes K des Kindergeldberechtigten S fest, dass der maßgebliche Grenzbetrag des Jahres 2006 überschritten wurde. Die gleichzeitig vorgenommene erneute Prognose für das Kalenderjahr 2007 ergibt, dass der maßgebliche Grenzbetrag voraussichtlich nicht überschritten wird.
4
BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 78/98, BStBl 2002 II S. 88; BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 164/98,BStBl 2002 II S.89.
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
Die Familienkasse hebt die Kindergeldfestsetzung gegenüber S am 12.03.2007 für den Zeitraum vom 01.01.2006 – 31.12.2006 auf. Ab dem 01.01.2007 bleibt die ursprüngliche Kindergeldfestsetzung weiter bestehen. Für den Zeitraum Januar bis Dezember 2006 ist ein negativer Regelungsinhalt entstanden. ! Praxishinweis: Sollte eine Familienkasse bereits im laufenden Jahr 2006 eine Aufhebung vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2006 vorgenommen haben, entsteht laut Verwaltungsauffassung ein negativer Regelungsinhalt nur bis einschließlich des Monats der Bekanntgabe der Aufhebung. Für die Monate nach der Bekanntgabe könnte innerhalb der Festsetzungefrist jederzeit ein Neuantrag gestellt werden.
IV.
11
Formeller Ablehnungsbescheid
14
Gem. § 155 Abs. 1 Satz 3 2. Alt. AO i.V.m. § 155 Abs. 4 AO ist auch die Ablehnung eines Antrags auf Steuervergütung eine Festsetzung. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer Festsetzung im weiteren Sinne. Im Bereich des steuerlichen Kindergeldes sind zwei Varianten des formellen Ablehnungsbescheides denkbar. Zum einen kann die Familienkasse einen Kindergeldantrag ablehnen, weil sie sachlich und örtlich die unzuständige Behörde ist, zum anderen kommt eine formelle Ablehnung in Betracht, wenn ein Antrag auf Korrektur einer bestehenden Festsetzung von der Familienkasse abgelehnt wird. In beiden Fällen handelt es sich um so genannte punktuelle Entscheidungen. Es wird lediglich eine Aussage über den Zustand im Zeitpunkt der Entscheidung getroffen.
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1. Variante: Ist die Familienkasse, bei der ein Kindergeldantrag oder ein Korrekturantrag gestellt wird sachlich oder örtlich unzuständig, muss sie einen formellen Ablehnungsbescheid erteilen. Es erfolgt in diesem Fall keine inhaltliche Prüfung des Antrags. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S lebt in der Stadt A und ist bei dem privaten Arbeitgeber B beschäftigt. Er stellt für sein neugeborenes Kind einen Kindergeldantrag bei der Familienkasse der Stadt A und nicht bei der Agentur für Arbeit – Familienkasse –. Die Familienkasse der Stadt A stellt ohne inhaltliche Prüfung des Antrags fest, dass sie für S, der nicht bei der Stadt A beschäftigt ist, nicht zuständig ist. Sie muss einen formellen Ablehnungsbescheid erteilen. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S hat seinen Dienstherrn gewechselt. Bis Dezember 2006 war er bei der Stadt A beschäftigt. Seit Januar 2007 ist er Beschäftigter der Landesbehörde B. Sein Kindergeldantrag für seinen volljährigen Sohn K wurde noch im Dezember 2006 wegen zu hoher Einkünfte und Bezüge von der Familienkasse der Stadt A abgelehnt. Im August 2007 stellt S nun einen Korrekturantrag gem. § 70 Abs. 4 EStG, weil nach seiner Auffassung die Einkünfte und Bezüge von K den maßgeblichen Grenzbetrag in 2006 nicht überschritten haben. Die Familienkasse der Stadt A ist für S nicht mehr zuständig, da er nicht mehr bei der Stadt A beschäftigt ist. Sie muss den Korrekturantrag ohne inhaltliche Prüfung wegen sachlicher und örtlicher Unzuständigkeit ablehnen. (Anmerkung: Zuständig für den Neuantrag und die Korrektur ist die Familienkasse der Landesbehörde B.)
166
B.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
! Praxishinweis: Es kommt öfter vor, dass Agenturen für Arbeit – Familienkasse – in den Fällen, in denen der andere Kindergeldberechtigte im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, die Antragsunterlagen, ohne eine Entscheidung zu treffen, vollständig an den Antragsteller zurück schicken. Das Begleitschreiben enthält nur den Hinweis, dass der Antrag bei der Familienkasse des öffentlichen Dienstes zustellen ist. Diese Vorgehensweise ist falsch. Der Antragsteller sollte auf einer Entscheidung bestehen. Sollte die Familienkasse den Antrag dann tatsächlich wegen sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit ablehnen, ist dagegen mit dem Einspruch und ggf. nachfolgend mit Klage beim Finanzgericht vorzugehen. (Siehe hierzu auch §8 Rn. 3) 2. Variante: Stellt ein Kindergeldberechtigter einen Korrekturantrag, dem die Familienkasse nicht entsprechen kann, weil keine Korrekturnorm in dem Fall einschlägig ist, muss sie einen formellen Ablehnungsbescheid erteilen. Im Gegensatz zu Variante 1 erfolgt hier eine inhaltliche Prüfung des Antrages.
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! Praxishinweis: In einem anschließenden Einspruchsverfahren ist darauf zu achten, dass in der Einspruchsbegründung nicht (ausschließlich) mit dem materiellen Anspruch argumentiert wird, sondern eine Auseinandersetzung mit den Tatbestandsvoraussetzungen der möglicher Weise in Betracht zu ziehenden Korrekturnormen erfolgt.
B.
Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
Da es sich bei der Kindergeldfestsetzung um die Festsetzung einer Steuervergütung handelt, sind gem. § 155 Abs. 4 AO die Vorschriften sinngemäß anzuwenden, die für die Steuerfestsetzung gelten. Eine Kindergeldfestsetzung kann folglich nur aufgehoben oder geändert werden, wenn § 172 AO dies zulässt. Zu beachten ist hierbei, dass § 172 Abs. 1 Nr. 2 d AO eine Verweisungsnorm auf weitere Korrekturvorschriften der AO und anderer Gesetze enthält. Sobald eine Kindergeldfestsetzung bekannt gegeben wird, tritt materielle Bestandskraft ein. Die Familienkasse kann den Inhalt der Festsetzung dann nur verändern oder beseitigen, wenn eine Korrekturnorm dies erlaubt. Der Kindergeldberechtigte ist auf die Anwendung von Korrekturnormen angewiesen, sobald die formelle Bestandskraft eingetreten, die Kindergeldfestsetzung also unanfechtbar geworden ist. ! Praxishinweis: Die Korrekturnormen spielen im steuerlichen Kindergeld eine größere Rolle als bei der Einkommensteuerfestsetzung. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass es sich bei den Kindergeldfestsetzungen generell um Dauerverwaltungsakte handelt. Je länger ein Verwaltungsakt wirkt, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass er inhaltlich irgendwann abgewandelt werden muss. Für die steuerliche Beratung ist es also unumgänglich, sich intensiv mit den Korrekturnormen und vor allen Dingen mit ihren Besonderheiten im Bereich des Kindergeldes vertraut zu machen.
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
Es kommt häufig vor, dass zwei oder mehr Korrekturnormen parallel vorliegen. Die Familienkassen haben bei der Anwendung der Korrekturnormen darauf zu achten, welche der möglichen Korrekturnormen den rechtlich richtigen Zustand zum frühest möglichen Zeitpunkt herstellt. Diese Korrekturnorm ist dann anzuwenden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO). Folgende generelle Regeln gelten bei der Anwendung der Korrekturnormen: 1. Rechtmäßige Festsetzungen können nur nach § 70 Abs. 2 EStG korrigiert werden. 2. Die Korrekturvorschriften der AO sind nur dann anwendbar, wenn eine Festsetzung von Anfang an rechtswidrig war. 3. Immer wenn eine Kindergeldfestsetzung von Anfang an rechtswidrig ist, greift zumindest die Korrekturnorm § 70 Abs. 3 EStG. 4. Verschiedene Anspruchszeiträume ein und derselben Festsetzung können durchaus mit unterschiedlichen Korrekturnormen geändert oder aufgehoben werden.5 5. Eine Korrekturnorm kann für unterschiedliche Zeiträume mehrmals auf den gleichen Sachverhalt angewendet werden. (vgl. Rn. 23, Beispiel) 6. § 70 Abs. 2 EStG und § 70 Abs. 3 EStG schließen sich aus. Nachfolgend werden zuerst die speziellen Korrekturvorschriften des EStG behandelt. Unterpunkt IV. beschäftigt sich dann mit den Besonderheiten bei der Anwendung der Korrekturvorschriften der Abgabenordnung.
I. 11
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Korrektur wegen Änderungen in den Verhältnissen
Gem. § 70 Abs. 2 EStG ist die Festsetzung des Kindergeldes mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben oder zu ändern, soweit in den Verhältnissen, die für den Anspruch auf Kindergeld erheblich sind, Änderungen eintreten. Mit dieser Korrekturnorm soll erreicht werden, dass eine ursprünglich rechtmäßige Kindergeldfestsetzung an geänderte Verhältnisse, die dazu geführt haben, dass die Festsetzung ab einem bestimmten Zeitpunkt rechtwidrig geworden ist bzw. werden wird, angepasst werden kann. Die Korrektur kann sowohl rückwirkend als auch schon im Vorgriff auf die zu erwartende Änderung vorgenommen werden. Bei den Änderungen in den Verhältnissen kann es sich entweder um Änderungen des Sachverhaltes oder um Änderungen des Gesetzes handeln. Im Einzelnen sind die folgenden vier Tatbestandsvoraussetzungen zu prüfen: 1. Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Festsetzung 2. Änderung 3. Nachträglichkeit der Änderung 4. Anspruchserheblichkeit der Änderung
5
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BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 18/99, BStBl 2002 II, S. 81; BFH Urteil v. 26.07.2001 VI R 163/00, BStBl 2002 II, S. 174.
B.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Festsetzung Eine Festsetzung war dann rechtmäßig, wenn der Bearbeiter mit den aktuellen Rechtskenntnissen (den Kenntnissen, die er im Zeitpunkt der Entscheidung über die Korrektur der Festsetzung hat) genauso entscheiden würde, wie er bei der ursprünglichen Festsetzung (Zeitpunkt der Verfügung) entschieden hat unter Zugrundelegung des Sachverhaltes, den er bei der ursprünglichen Entscheidung kannte oder hätte kennen können. Scheitert eine Korrektur nach § 70 Abs. 2 EStG bereits an der Voraussetzung der Rechtmäßigkeit der ursprünglichen Kindergeldfestsetzung, bieten sich je nach Ursache für die Rechtswidrigkeit zwei Korrekturnormen für die weitere Prüfung an. War die ursprüngliche Festsetzung rechtswidrig, weil das im Zeitpunkt der Entscheidung geltende Gesetz unrichtig angewendet worden ist (was sich z.B. aus der aktuellen Rechtsprechung des BFH ergeben könnte), ist eine Korrektur gem. § 70 Abs. 3 EStG zu prüfen. War Ursache der Rechtswidrigkeit mangelnde Sachverhaltskenntnis, kommt ggf. eine Korrektur gem. § 173 Abs. 1 AO in Betracht.
19
! Praxishinweis: Wenn der BFH eine Auslegung der Verwaltung in der DA-FamEStG als unrichtig erachtet, prüfen zahlreiche Familienkassen nur, ob eine Korrektur der Festsetzung nach § 70 Abs. 3 EStG erfolgen kann. Sie lassen dabei außer Acht, dass häufig der vom BFH entschiedene Tatbestand bei der ursprünglichen Festsetzung nicht entscheidungserheblich war, weil er erst im Laufe des Dauerverwaltungsaktes zum Anspruchsgrund geworden ist. Eine Korrektur muss in diesen Fällen dann nach § 70 Abs. 2 EStG rückwirkend ab dem Zeitpunkt erfolgen, ab dem dieser nun nach höchstrichterlicher Rechtsprechung neu zu beurteilende Anspruchtatbestand für die Kindergeldfestsetzung entscheidungserheblich geworden ist. Änderung Unter Änderungen im Sinne des § 70 Abs. 2 EStG sind nicht nur Änderungen des Sachverhaltes zu fassen, sondern auch Änderungen des Gesetzes. Die Änderungen können sich sowohl zu Gunsten als auch zu Lasten des Kindergeldberechtigten auswirken. Um einen veränderten Sachverhalt handelt es sich z.B. dann, wenn die Anspruchsvoraussetzungen nicht mehr vorliegen, weil der bisher vorrangig Berechtigte den gemeinsamen Haushalt verlassen oder das über 18-jährige Kind seine Ausbildung abgebrochen hat. Nach § 70 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende Gesetzesänderungen sind z.B. die Erhöhung des Kindergeldes oder gesetzliche Änderungen in den Anspruchsgrundlagen wie die Herabsetzung des Altersgrenze bei § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG.
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Nachträglichkeit der Änderung Um feststellen zu können, ob eine Änderung in den Verhältnissen nachträglich eingetreten ist, ist ein Vergleich zwischen den Verhältnissen, die der Festsetzung zugrunde lagen und den nunmehr vorliegenden Verhältnissen anzustellen. Bei dem vorzunehmenden Zeitpunktvergleich sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der ursprünglichen Festsetzung mit den Verhältnissen im Zeitpunkt, zu dem die Änderung eingetreten sein soll, zu vergleichen. Lagen die Verhältnisse schon bei der ursprünglichen Festsetzung vor, ist keine nachträgliche Änderung eingetreten. Eine Korrektur nach § 70 Abs. 2 EStG würde ausscheiden (siehe unten Bsp. b).
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11
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
> Beispiel: a)
Ausbildungsbeginn
Verfügung
Abbruch der Ausbildung
Ausbildungsbeginn
Abbruch der Ausbildung
Verfügung
b)
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Anspruchserheblichkeit der Änderung Änderungen sind dann für den Anspruch auf Kindergeld erheblich, wenn wegen der Änderung der Entscheidungssatz (Tenor) der bestehenden Festsetzung abgeändert werden muss. Bleibt es bei der ursprünglichen Festsetzung und nur die Begründung der Festsetzung müsste geändert werden, handelt es sich nicht um eine anspruchserhebliche Änderung. Eine Korrektur der Festsetzung nach § 70 Abs. 2 EStG scheidet in diesem Fall aus. Keine anspruchserheblichen Änderungen sind z.B. der bloße Wechsel der Ausbildungsstätte oder der Wechsel zwischen verschiedenen besonderen Anspruchsvoraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG. Hingegen ist die bloße Änderung der Ordnungszahl und somit der Rangfolge immer anspruchserheblich, auch wenn sich am Kindergeld(auszahlungs)betrag zunächst nichts ändert, der Tenor des Bescheides ist gleichwohl betroffen (vgl. auch DA 70.4.1 Abs. 2 DA-FamEStG). Sind die oben beschrieben Voraussetzungen alle erfüllt, ist die ursprüngliche Kindergeldfestsetzung zu korrigieren. Betragsmäßige Festsetzungen können geändert oder aufgehoben werden. Materielle Ablehnungsbescheide und negative Regelungsinhalte von Aufhebungen können nur geändert werden. Es handelt sich um eine gebundene Entscheidung. Wenn alle Voraussetzungen der Korrekturnorm vorliegen, hat die Familienkasse die Korrektur vorzunehmen. Zeitlich beschränkt ist sie lediglich durch die Festsetzungsverjährungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Nr. 2 AO. Der Grundsatz von Treu und Glauben steht einer auch mehrere Jahre rückwirkenden Korrektur nicht entgegen.6 Die Familienkasse hat auch die Möglichkeit, die Aufhebung in Abschnitten vorzunehmen, da es sich bei der Kindergeldfestsetzung um einen teilbaren Verwaltungsakt handelt.
6
170
BFH Urteil v. 14.10.2003 VIII R 56/01, BStBl 2004 II S. 123.
B.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
> Beispiel: Die Ausbildung des Kindes K des Kindergeldberechtigten S endet laut Berufsausbildungsvertrag und Auskunft des Kindergeldberechtigten am 31.07.2007. S hat der Familienkasse bereits im Juni einen Arbeitsvertrag seines Kindes beim Ausbildungsbetrieb ab 01.08.2007 vorgelegt. Die Familienkasse hebt die Kindergeldfestsetzung daher am 18.06.2007 mit Wirkung ab dem 01.08.2007 auf. Bei der Überprüfung der Einkünfte und Bezüge des Jahres 2007 im Mai 2008 fordert die Familienkasse das Prüfungszeugnis an und stellt fest, dass K seine letzte Prüfung bereits am 27.06.2007 bestanden hat. Damit war die Berufsausbildung an diesem Tag beendet. Die ursprüngliche Kindergeldfestsetzung ist erneut nach § 70 Abs. 2 EStG ab dem 01.07.2007 aufzuheben.
II.
Korrektur materieller Fehler
Nach § 70 Abs. 3 EStG können materielle Fehler der letzten Festsetzung durch Neufestsetzung oder Aufhebung der Festsetzung beseitigt werden. Neu festgesetzt oder aufgehoben wird mit Wirkung ab dem auf die Bekanntgabe der Neufestsetzung oder der Aufhebung der Festsetzung folgenden Monat. Zu beachten ist, dass unter dem Begriff der Neufestsetzung eigentlich die Änderung einer bestehenden Festsetzung zu verstehen ist. Die Einstiegsnorm für alle Korrekturen, die im Bereich der Steuervergütung Kindergeld vorgenommen werden dürfen, ist § 172 AO. In § 172 Abs. 1 Satz 1 AO heißt es „Ein Steuerbescheid darf, [...] nur aufgehoben oder geändert werden ...“. Es besteht keine Möglichkeit Kindergeld neu festzusetzen, wenn für einen Zeitraum bereits eine Festsetzung besteht. Die bestehende Festsetzung kann nur aufgehoben oder geändert werden. Anderenfalls wären für denselben Zeitraum gegebenenfalls zwei Festsetzungen in der Welt, die jede für sich z.B. einen Auszahlungsanspruch begründen könnte. Mit der Korrekturnorm § 70 Abs. 3 EStG verfolgt der Gesetzgeber folgende Absicht: „Die vorgeschlagene Ergänzung des § 70 EStG soll sicherstellen, daß materielle Fehler der Kindergeldfestsetzung, z.B. Rechtsfehler, mit Wirkung für die Zukunft beseitigt werden können. Diese eigenständige Änderungsvorschrift trägt dem Umstand Rechnung, daß die Aufhebungs-, Änderungs- und Berichtigungsvorschriften der AO auf Dauerverwaltungsakte – wie die Kindergeldfestsetzung – nicht zugeschnitten sind. Es muß vermieden werden, daß die Familienkassen ggf. über einen Zeitraum von vielen Jahren an eine als fehlerhaft erkannte Kindergeldfestsetzung gebunden bleiben (BT-Drs. 13/3084 (JStErgG 1996) zu Art. 1, zu Nr. 16, S. 73)“. Für die Anwendung des § 70 Abs. 3 EStG sind lediglich zwei Tatbestandvoraussetzungen zu prüfen. Es muss in der letzten Festsetzung (1.) ein materieller Fehler (2.) enthalten sein.
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Letzte Festsetzung Unter letzter Festsetzung ist die Festsetzung zu verstehen, die für die Zahlung oder Nichtzahlung des Kindergeldes in dem korrekturbedürftigen Zeitraum ausschlaggebend ist. Hierbei muss es sich nicht zwingend um die letzte Festsetzung (Entscheidung) in einem Kindergeldfall handeln.
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> Beispiel: Die Familienkasse hat mit Bescheid vom 15.09.2005 ab 01.09.2005 Kindergeld für das Kind K des Berechtigten S festgesetzt. Die Familienkasse ist davon ausgegangen, dass K sich in einer Berufsausbildung befindet. Am 12.03.2007 wird nach der abschließenden Prüfung der Einkünfte und Bezüge für das Kalenderjahres 2006 die Kindergeldfestsetzung vom 171
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
01.01.2006 – 31.12.2006 aufgehoben, da der maßgebliche Grenzbetrag von 7.680,00 € überschritten wurde. Da die Prognose für das Jahr 2007 kein Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages ergeben hat, blieb die ursprüngliche Festsetzung ab 01.01.2007 weiterhin bestehen. Im Oktober 2007 fällt anlässlich einer Geschäftsprüfung bei der Familienkasse auf, dass es sich bei der Beschäftigung des K von Anfang an nicht um eine Berufsausbildung gehandelt hat. Von der Familienkasse waren die von S im September 2005 vorgelegten Unterlagen falsch gewürdigt worden. Zeitlich letzte Festsetzung ist die Aufhebung vom 12.03.2007. Entscheidend für die Kindergeldzahlung im Jahr 2007 ist die ursprüngliche Festsetzung vom 15.09.2005. Diese ist letzte Festsetzung im Sinne des § 70 Abs. 3 EStG und muss nun nach § 70 Abs. 3 EStG aufgehoben werden. 26
Materieller Fehler Als materieller Fehler ist jede objektive Unrichtigkeit einer Kindergeldfestsetzung zu werten. Sie kann zum einen in einem Rechtsanwendungsfehler, zum anderen in einem unvollständigen Sachverhalt begründet sein. Ein Rechtsanwendungsfehler liegt vor, wenn bei der Kindergeldfestsetzung das geltende Recht unzutreffend angewendet worden ist. > Beispiele: N Beschäftigung wird als Ausbildung gewürdigt. N Übergangszeit wird falsch berechnet. N Verlängerungstatbestand wird falsch ermittelt. Wurde ein Sachverhalt zugrunde gelegt, der sich nachträglich als unrichtig herausstellt, spricht man von einem unvollständigen Sachverhalt.
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> Beispiele: N Kindergeld wurde unbefristet festgesetzt, obwohl zusammen mit dem Kindergeldantrag schon das Prüfungszeugnis (Bestätigung des Ausbildungsendes) eingereicht worden war. N Die Einkünfte und Bezüge haben bereits im Zeitpunkt der Festsetzung den maßgeblichen Grenzbetrag überschritten und die Unterlagen, aus denen sich dieser Umstand ergab, lagen der Familienkasse schon vor. Trotzdem hat die Familienkasse Kindergeld betragsmäßig festgesetzt. 27
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen vor, ist § 70 Abs. 3 EStG anwendbar. Eine bestehende Festsetzung kann geändert (Achtung: Gesetzeswortlaut spricht von Neufestsetzung) oder aufgehoben werden. Die Änderung oder Aufhebung wirkt nur für die Zukunft, ab dem Monat, der dem Monat der Bekanntgabe der Änderung oder Aufhebung folgt (vgl. Rn. 4). Für die einzelnen Festsetzungsarten ergeben sich folgende Korrekturmöglichkeiten: N Betragsmäßige Festsetzung á Aufhebung, Änderung N Materieller Ablehnungsbescheid á Änderung * N Aufhebung mit negativem Regelungsinhalt á Änderung * N Aufhebung ohne negativen Regelungsinhalt á nicht anwendbar N Formeller Ablehnungsbescheid á nicht anwendbar *
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Hinsichtlich der Korrektur des materiellen Ablehnungsbescheides und der Aufhebung mit negativem Regelungsinhalt ist zu beachten, dass nach Rechtsprechung des BFH und der daran angepassten Verwaltungsauffassung negative Entscheidungen der Familienkasse ohnehin nur bis zum Monat ihrer Bekanntgabe wirken. Somit geht die
B.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
Korrekturvorschrift § 70 Abs. 3 EStG in diesen Fällen grundsätzlich ins Leere. Sollte der BFH jedoch zu der Entscheidung gelangen, dass unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise doch eine negative Entscheidung auch in die Zukunft wirken kann, ist § 70 Abs. 3 EStG in diesen beiden Fallgestaltungen wieder von Bedeutung. Der Ausgang der zum Thema der Berücksichtigung der Sozialversicherungsbeiträge beim BFH anhängigen Verfahren bleibt abzuwarten.7
Nach dem Gesetzwortlaut handelt es sich bei § 70 Abs. 3 EStG um eine Ermessensentscheidung (§ 5 AO). Zieht man den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung (§ 85 AO) mit in Betracht, kann man nur zu dem Ergebnis kommen, dass die Korrektur nach § 70 Abs. 3 EStG durchzuführen ist. Nur wenn es eine andere Korrekturnorm gibt, die das rechtlich richtige Ergebnis zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich von Anfang an, herstellt, ist nicht § 70 Abs. 3 EStG, sondern die andere Korrekturnorm anzuwenden (vgl. Rn. 17).8 Die Korrekturmöglichkeit nach § 70 Abs. 3 EStG wird in § 70 Abs. 3 Satz 3 EStG durch § 176 AO eingeschränkt. Mit dieser Einschränkung soll sichergestellt werden, dass sich höchstrichterliche Rechtsprechung ausschließlich für zukünftige Anspruchszeiträume negativ auf einen nach alter Gesetzes- bzw. Rechtslage anerkannten Anspruch auswirken kann.
III.
Korrektur wegen Einkünften und Bezügen des Kindes
Bis zum 31.12.2001 war die einschlägige Korrekturnorm im Zusammenhang mit den Einkünften und Bezügen § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO. Durch die Einführung des § 70 Abs. 4 EStG mit dem Zweiten Gesetz zur Familienförderung vom 16. August 2001 (BStBl 2001 I S. 533 ff.) wurde § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO vollständig ersetzt. Ab dem 01.01.2002 sind alle noch offenen Fälle, soweit Einkünfte und Bezüge betroffen sind, nur noch nach § 70 Abs. 4 EStG zu korrigieren. Laut dem Gesetzeswortlaut des § 70 Abs. 4 EStG ist eine Kindergeldfestsetzung aufzuheben oder zu ändern, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 über- oder unterschreiten. Für die Anwendung des § 70 Abs. 4 EStG müssen also zwei Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sein: N Über- bzw. Unterschreiten (besser: Nichtüberschreiten) des maßgeblichen Grenzbetrages N Nachträgliches Bekannt werden Über- bzw. Unterschreiten (besser: Nichtüberschreiten) des maßgeblichen Grenzbetrages: Diese Formulierung des § 70 Abs. 4 EStG steht im Widerspruch zu § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. Dort heißt es, dass ein Kind nur berücksichtigt wird, „wenn es Einkünfte und Bezüge [...] von nicht mehr als 7.680 Euro im Jahr hat.“ Es wird kein Unterschreiten des Grenzbetrages gefordert. Würde man die Korrekturnorm § 70 Abs. 4 EStG wörtlich nehmen, könnte man, obwohl das Kind eigentlich einen Kindergeldanspruch auslösen würde, wenn seine Einkünfte und Bezüge genau den maßgeblichen Grenzbetrag treffen, eine vorherige negative Entscheidung nicht mehr ändern. Die Verwaltung hat daher in DA 70.6 Satz 4 DA-FamEStG den Wortlaut des Gesetzes klargestellt. Es ist nicht notwendig, dass der maßgebliche Grenzbetrag unterschritten wird. Eine so genannte Punktlandung reicht für eine Änderung nach § 70 Abs. 4 EStG aus. 7 8
FG München Urteil v. 14.03.2006 12 K 4695/05, EFG 2007, S. 52, Rev. eingel. BFH III R 36/06; FG Münster Urteil v. 24.03.2006 11 K 4391/05 Kg, EFG 2006, S. 988, Rev. eingel. BFH III R 35/06; FG Rheinland-Pfalz Urteil v. 19.10.2006 6 K 2764/05, Haufe-Index 1675396, Rev. eingel. BFH 96/06. BFH Urteil v. 25.07.2001 VI R 18/99, BStBl 2002 II S. 81.
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
Im Folgenden wird nur noch vom Über- bzw. Nichtüberschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages gesprochen. Der maßgebliche Grenzbetrag gem. § 32 Abs. 4 Satz 2 und 7 EStG (Erläuterung siehe §2 Rn. 78) muss entgegen der Prognoseentscheidung nun über- bzw. nicht überschritten werden. D.h., die Einkünfte und Bezüge des Kindes müssen sich gegenüber der Prognoseentscheidung so verändert haben, dass eine anspruchserhebliche Änderung vorliegt. Haben sich lediglich die Einnahmen erhöht, aber ist der maßgebliche Grenzbetrag trotzdem immer noch nicht überschritten, ist keine Korrektur der ursprünglichen Festsetzung vorzunehmen. Gleiches gilt, wenn erhöhte Werbungskosten erstmals geltend gemacht werden, aber der maßgebliche Grenzbetrag nach wie vor überschritten wird. Auch dann ist keine Korrektur nach § 70 Abs. 4 EStG vorzunehmen. 30
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Nachträgliches Bekanntwerden Dass Über- bzw. Nichtüberschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages muss der Familienkasse nachträglich bekannt werden. Bisher ist die Verwaltung davon ausgegangen, dass es auf die Kenntnis im Zeitpunkt der Festsetzung bzw. der letzten Entscheidung im Festsetzungsverfahren (z.B. bei erneuter Prognose oder abschließender Prüfung) verglichen mit der Kenntnis im Zeitpunkt der Korrekturentscheidung ankommt. Hierbei war es unerheblich, ob die nachträgliche Erkenntnis zu Gunsten oder zu Lasten des Kindergeldberechtigten wirkte. Insbesondere wurde auch keine Verschuldensprüfung analog § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO vorgenommen. In seiner jüngsten Rechtsprechung zu § 70 Abs. 4 EStG stellt der BFH klar, dass § 70 Abs. 4 EStG nur die Korrektur von Kindergeldfestsetzungen, die vor Beginn oder während eines Kalenderjahres als Prognoseentscheidung ergehen, ermöglichen soll.9 Eine Korrektur auf Grundlage des § 70 Abs. 4 EStG scheidet mithin nach der abschließenden Prüfung des Kindergeldanspruches aus, selbst wenn der Kindergeldberechtigte der Familienkasse noch neue Ausgaben nachweist. Nur unter den engen Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO könnte eine Korrektur zu Gunsten des Berechtigten erfolgen. Auch zu Lasten des Berechtigten können höhere Einnahmen nach der abschließenden Prüfung nicht mehr nach § 70 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden. Ggf. muss die Familienkasse in einem solchen Fall eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO prüfen. Die aufwendige Prüfung des nachträglichen Bekanntwerdens beschränkt sich künftig wohl auf die Prüfung, ob bereits eine abschließende Prüfung bzw. eine erstmalige Entscheidung nach Ablauf des Kalenderjahres getroffen wurde oder nicht. Bis zur abschließenden Prüfung ist § 70 Abs. 4 EStG jederzeit anwendbar, danach nicht mehr, da bei der ersten Entscheidung nach Ablauf des Kalenderjahres bereits die Höhe der dem Kind zugeflossenen Einkünfte und Bezüge feststeht. ! Praxishinweis: Der Überprüfung der abschließenden Prüfung seitens des Beraters oder des Berechtigten kommt künftig eine größere Bedeutung zu. Sollte der Kindergeldanspruch im Rahmen der abschließenden Prüfung verneint worden sein, muss nun zwingend Einspruch erhoben werden. Es reicht nicht mehr aus, zu einem späteren Zeitpunkt – aber noch innerhalb der Festsetzungsfrist – weitere Belege über höhere Ausgaben/Werbungskosten vorzulegen. (Anmerkung: Die derzeit noch gültige Dienstanweisung (2004) geht in DA 70.6 Satz 7 DA-FamEStG noch davon aus, dass innerhalb der Festsetzungsfrist, also auch nach der abschließenden Prüfung mehrfach nach § 70 Abs. 4 EStG korrigiert werden kann.) 9
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BFH Urteil v. 28.06.2006 III R 13/06, BFH/NV 2006, S. 2204.
B.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
! Praxishinweis: Ändert sich nachträglich nur die Rechtsauffassung zur Ermittlung der Einkünfte und Bezüge, so z.B. durch die Entscheidung des BVerfG, die Pflichtbeiträge des Kindes zur gesetzlichen Sozialversicherung bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge mindernd zu berücksichtigen, ist § 70 Abs. 4 EStG nicht anwendbar.10 Sind beide Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, ist eine bestehende betragsmäßige Kindergeldfestsetzung aufzuheben. Ein materieller Ablehnungsbescheid oder der negative Regelungsinhalt einer Aufhebung ist zu ändern. > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S hat am 12.03.2007 Kindergeld für sein Kind K (geb. 21.02.1989) beantragt. K befindet sich in Berufsausbildung gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG. Am 18.06.2007 hat die Familienkasse den Kindergeldantrag abgelehnt, da die voraussichtlichen Einkünfte und Bezüge des K über dem maßgeblichen Grenzbetrag (10/12 x 7.680,00 €) liegen. Der Bescheid wurde am selben Tag zur Post gegeben. Der materielle Ablehnungsbescheid umfasst den Zeitraum 01.03.2007 – 30.06.2007. Im Januar 2008 reicht S Unterlagen ein, die das Nichtüberschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages 2007 und voraussichtlich auch 2008 belegen. Der materielle Ablehnungsbescheid ist gem. § 70 Abs. 4 EStG zu ändern. Für den Zeitraum ab Juli 2007 hat die Familienkasse über einen Neuantrag zu entscheiden und kann hier laut Sachverhalt Kindergeld ab 01.07.2007 festsetzen. Sie wird die zwei Entscheidungen i.d.R. auf einem Bescheidvordruck zusammenfassen. ! Praxishinweis: Immer wenn der Ablehnungsbescheid nicht das ganze Jahr umfasst hat, empfiehlt es sich, direkt mit dem Korrekturantrag auch einen Neuantrag mittels Antragsformular KG 1 oder KG 1 a für die bisher ungeregelten Monate zu stellen. Das beschleunigt die Entscheidung, da die Familienkasse dann alle für die Entscheidung notwendigen Angaben dem Antrag entnehmen kann. Besondere Bedeutung hat hier die Berechtigtenbestimmung.
IV.
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Korrekturen von Kindergeldfestsetzungen nach der Abgabenordnung
§ 164 AO – Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung Gem. § 164 Abs. 1 S. 1 AO können Steuern, solange der Steuerfall nicht abschließend geprüft ist, allgemein oder im Einzelfall unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden. Grundsätzlich kann in analoger Anwendung gem. § 155 Abs. 4 AO auch eine Steuervergütung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung festgesetzt werden. Der Eintritt der materiellen Bestandskraft wird durch Festsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gehindert. Im Rahmen der Festsetzungsverjährungsfrist ist die Festsetzung jederzeit abänderbar. Auf den ersten Blick scheint diese Vorschrift für Kindergeldfestsetzungen insbesondere für Festsetzungen, die Kinder betreffen, die nach § 32 Abs. 4 EStG zu berücksichtigen sind, besonders geeignet zu sein. Das BfF hat jedoch bereits mit dem Schreiben – Familienleistungsausgleich; Ergänzende Regelungen – (BfF v. 16.12.1996, BStBl 1997 I S. 3) unter Nr. 4 darauf hingewiesen, dass § 164 AO bei Kindergeldfestsetzungen nur in Ausnahmefällen angewendet werden soll. 10 BFH Urteil v. 28.11.2006 III R 6/06, BFH/NV 2007, S. 338.
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
Es gibt andere Korrekturnormen, die die Ungewissheiten, die mit einem Dauerverwaltungsakt verbunden sind, ausgleichen, z.B. § 70 Abs. 2 und Abs. 4 EStG (früher § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Zu beachten ist außerdem, dass der Vorbehalt der Nachprüfung immer nur bei einer Neufestsetzung in den Bescheid aufgenommen werden könnte. Laufende Festsetzungen können nicht nachträglich unter den Vorbehalt der Nachprüfung gestellt werden. 32
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§ 165 AO – Vorläufige Steuerfestsetzung Nach § 165 Abs. 1 AO kann eine Steuer vorläufig festgesetzt werden, soweit ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für ihre Entstehung eingetreten sind. Auch § 165 AO ist grundsätzlich gem. § 155 Abs. 4 AO sinngemäß auf Steuervergütungen anzuwenden. Im Gegensatz zu § 164 AO, erstreckt sich die Vorläufigkeit in der Regel nur auf eine bestimmten Teil des Bescheides. Nur soweit die Vorläufigkeit reicht, kann der betroffene Bescheid jederzeit aufgehoben oder geändert werden. Soweit tritt gem. § 171 Abs. 8 AO auch keine Festsetzungsverjährung ein. Die Finanzbehörde ist, wenn die Ungewissheit beseitigt ist, gem. § 165 Abs. 2 AO verpflichtet, die Festsetzung aufzuheben, zu ändern oder für endgültig zu erklären. Wie bei § 164 AO hat das BfF bereits mit dem Schreiben – Familienleistungsausgleich; Ergänzende Regelungen – (BfF v. 16.12.1996, BStBl 1997 I S. 3) unter Nr. 4 darauf hingewiesen, dass § 165 AO bei Kindergeldfestsetzungen nur in Ausnahmefällen angewendet werden soll. Die Ungewissheit, die mit einem Dauerverwaltungsakt hinsichtlich der Sachverhaltsverwirklichung verbunden ist, kann mit anderen Korrekturnormen ausgeglichen werden, z.B. § 70 Abs. 2 und Abs. 4 EStG (früher § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). Hauptanwendungsfall für § 165 AO sind Festsetzungen für Kinder mit gewerblichen Einkünften, bei denen der Steuerbescheid des Kindes, der kein Grundlagenbescheid für die Familienkasse ist, seinerseits vorläufig hinsichtlich der Verluste aus Gewerbebetrieb gewesen ist. ! Praxishinweis: Der Steuerbescheid (des Vorjahres) des Kindes soll laut Erläuterung zu Nr. 5 und 6 des Vordrucks KG 7 a (Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes) der Erklärung beigefügt werden. Die Familienkassen sind gehalten, die Kindergeldfestsetzung möglichst auch vorläufig zu erlassen, wenn der Steuerbescheid des Kindes hinsichtlich seiner Einkünfte vorläufig ergangen ist. Zu beachten ist wiederum, dass die Vorläufigkeit immer nur bei einer Neufestsetzung in den Bescheid aufgenommen werden kann. Laufende Festsetzungen können nicht nachträglich für vorläufig erklärt werden.
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§ 172 AO – Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden Gem. § 172 Abs. 1 AO i.V.m. § 155 Abs. 4 AO darf eine Kindergeldfestsetzung, sofern sie nicht vorläufig oder unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen ist, nur aufgehoben oder geändert werden, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfüllt sind. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO ist zum einen die Vorschrift, die Grundlage für die Erteilung von Abhilfebescheiden im Einspruchsverfahren ist, zum anderen ist sie eigenständige Korrekturnorm für den so genannten Antrag auf schlichte Änderung. Gibt die Familienkasse einem Einspruch in vollem Umfang statt, erlässt sie keine Einspruchsentscheidung, sondern erteilt einen nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO geänderten Bescheid. Auch in Fällen der Teilabhilfe wird generell ein Teilabhilfebescheid nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO erlassen und nur über den weiterhin strittigen Teil in einer Einspruchsentscheidung entschieden. 176
B.
Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
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Bei einem Antrag auf schlichte Änderung wird entgegen der Behandlung eines Einspruchs nicht der gesamte Steuerfall, also die Kindergeldfestsetzung, wieder überprüft. Die Familienkasse darf sich in dem Korrekturverfahren nur mit dem Punkt der Kindergeldfestsetzung beschäftigen, der von dem Änderungsantrag betroffen ist. Beispielsweise könnte der Kindergeldberechtigte innerhalb der Rechtsbehelfsfrist neue Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit vorlegen. Die anderen Einkünfte des Kindes dürften im Rahmen des Antrags auf schlichte Änderung nicht mit geprüft werden, weder zu Gunsten noch zu Lasten des Kindergeldberechtigten. Ggf. können mit der beantragten Änderung nicht in Zusammenhang stehende materielle Fehler über § 177 AO berichtigt werden. Werden vom Kindergeldberechtigten innerhalb der Rechtsbehelfsfrist Änderungsbegehren vorgetragen, kann es sich entweder um einen Einspruch oder um einen Antrag auf schlichte Änderung handeln. Gem. Nr. 2 Satz 4 des AEAO zu § 172 kann das Finanzamt, wenn es dem Änderungsantrag entsprechen will, ein nicht ausdrücklich als Einspruch bezeichnetes Änderungsbegehren als Antrag auf schlichte Änderung werten. Andernfalls ist ein Einspruch anzunehmen, da dieser die Rechte des Steuerpflichtigen umfassender wahrt. Bei der Steuervergütung Kindergeld ist generell immer ein Einspruch anzunehmen. Nur im Einspruchsverfahren kann der Kindergeldberechtigte eine Erstattung der Kosten des Vorverfahrens gem. § 77 EStG erhalten. Schon aus diesem Grund ist i.d.R. der Einspruch für den Kindergeldberechtigten günstiger als ein Antrag auf schlichte Änderung. Auch das BZSt hat an unterschiedlichen Stellen seiner Dienstanweisung darauf hingewiesen, dass schon die bloße Vorlage von Belegen innerhalb der Rechtsbehelfsfrist als Einspruch zu werten ist, vgl. DA 63.4.1.2 Abs. 4 Satz 4 und DA 67.6.4 Abs. 4 Satz 1 DA-FamEStG. ! Praxishinweis: Sollte aus bestimmten Gründen tatsächlich nur ein Antrag auf schlichte Änderung gewünscht sein, ist darauf zu achten, dass dies dem Änderungsbegehren zweifelsfrei zu entnehmen ist. Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b AO ist ein Bescheid zu korrigieren, soweit er von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen worden ist. Dies ist zum Beispiel dann der Fall, wenn ein Kindergeldberechtigter im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, aber einen Kindergeldantrag bei der Agentur für Arbeit – Familienkasse – stellt und auch von dieser einen Bescheid erhält. Der Bescheid ist laut BFH nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 b AO aufzuheben.11 Das BZSt geht in DA 67.2.3 Satz 3 und 4 DA-FamEStG davon aus, dass die Festsetzung nicht aufzuheben ist, sondern die eigentlich zuständige Familienkasse die Zahlung aufgrund der von der unzuständigen Familienkasse erlassenen Festsetzung übernimmt. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 c AO hat im Bereich des steuerlichen Familienleistungsausgleichs keine Bedeutung. § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 d AO ist die Verweisungsnorm, die benötigt wird, um überhaupt noch andere Korrekturnormen der AO und die besonderen Korrekturnormen des EStG anwenden zu können. Außerdem stellt der zweite Halbsatz dieser Nummer klar, dass die Korrekturnormen §§ 130 und 131 AO nicht für Steuerfestsetzungen anwendbar sind. Gleiches gilt dann für die Kindergeldfestsetzung. Eine gewisse Rolle spielen §§ 130 und 131 AO im Bereich der Abzweigung. Bei der Abzweigungsentscheidung handelt es sich um einen sonstigen Verwaltungsakt (mit Doppelwirkung), vgl. §14 Rn. 2. 11 BFH Beschluss v. 28.12.2006 III B 91/05 (NV), BFH/NV 2007, S 864.
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
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§ 173 AO – Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen. In sinngemäßer Anwendung gem. § 155 Abs. 4 AO bedeutet dies, dass Kindergeldfestsetzungen aufzuheben oder zu ändern sind, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einem niedrigeren Kindergeld führen. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer Korrektur zu Lasten des Berechtigten. Nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu eine niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Unter Berücksichtigung der sinngemäßen Anwendung auf die Steuervergütung Kindergeld gem. § 155 Abs. 4 AO bedeutet dies, dass Kindergeldfestsetzungen zu ändern sind, soweit Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einem höheren Kindergeld führen, wenn den Berechtigten kein grobes Verschulden an dem nachträglichen Bekanntwerden der Tatsachen oder Beweismittel trifft. Es handelt sich folglich um eine Korrektur zu Gunsten des Berechtigten. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 AO sind zwei eigenständige Korrekturnormen, die aber in drei Tatbestandsvoraussetzungen übereinstimmen: N Tatsache oder Beweismittel N Existent im Zeitpunkt der Festsetzung/Entscheidung N Nachträgliches Bekannt werden Zusätzlich verlangt § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO noch: N Kein grobes Verschulden Nachfolgend werden die Tatbestandsvoraussetzungen für beide Korrekturnormen zusammen abgehandelt.
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Tatsache oder Beweismittel Tatsache i.S.d. § 173 Abs. 1 AO ist alles, was Merkmal oder Teilstück eines steuergesetzlichen Tatbestandes sein kann, also Zustände, Vorgänge, Beziehungen und Eigenschaften materieller oder immaterieller Art.12 Es kommen insbesondere Sachverhaltsbestandteile als Tatsachen in Betracht, die in den §§ 31, 32 und 62 ff. EStG von Bedeutung sind, z.B. Anspruchsvoraussetzungen, die in der Person des Kindes oder des Berechtigten begründet sind, wie Wohnsitz, Haushaltszugehörigkeit und andauernde Ausbildung. Zu den Tatsachen gehören auch innere Tatsachen (z.B. die Absicht, des auswärtig untergebrachten volljährigen Kindes, wieder an den Familienwohnsitz zurück zu kehren), die nur anhand äußerer Merkmale [(Hilfstatsachen) z.B. regelmäßige Rückkehr an den Familienwohnort, keine persönliche Bindung an den Ausbildungsort] festgestellt werden können.
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12 BFH Urteil v. 01.10.1993 III R 58/92, BStBl 1994 II, S. 346; BFH Urteil v. 18.12.1996 XI R 36/96, BStBl 1997 II, S. 264; BFH Urteil v. 14. 01.1998 II R 9/97, BStBl 1998 II S. 371.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
Keine Tatsachen sind Rechtsnormen und Schlussfolgerungen aller Art, insbesondere steuerrechtliche Bewertungen.13 Entscheidungen des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit einer Rechtsnorm sowie nachträgliche Gesetzesänderungen sind ebenfalls keine Tatsachen i.S.d. § 173 Abs. 1 AO. Rechtliche Würdigungen (z.B. die Würdigung, ob Bezüge des Kindes für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind) sind Schlussfolgerungen und daher keine Tatsachen. Beweismittel ist jedes Erkenntnismittel, das zur Aufklärung eines steuerlich erheblichen Sachverhalts dient, d.h. geeignet ist, das Vorliegen oder Nichtvorliegen von Tatsachen zu beweisen.14 Dazu gehören Urkunden (z.B. Verträge, Bescheinigungen u.a.) und Auskünfte von Auskunftspersonen (z.B. Arbeitgeber des Kindes). Bei der Prüfung, ob eine Tatsache oder ein Beweismittel relevant für eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 AO sein könnte, muss stets drauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Vermischung der beiden Tatbestände kommt. Es empfiehlt sich immer erst zu prüfen, ob die Tatsache allein schon zur Korrektur führt, bevor man in die Beweismittel betrachtet. > Beispiele für den Zusammenhang zwischen Tatsache und Beweismittel: Tatsache: Berufsausbildung Beweismittel: Studium Lebendes Kind
z.B. Ausbildungsbescheinigung z.B. Studentenausweis z.B. Geburtsbescheinigung
Existent im Zeitpunkt der Festsetzung/Entscheidung Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 AO setzt voraus, dass die Tatsache/das Beweismittel bei Erlass des zu ändernden Bescheides bereits vorhanden war und so hätte berücksichtigt werden können.15 Soweit es um zu berücksichtigende Grundtatbestände geht, ist immer auf das Datum der abschließenden Zeichnung der ursprünglichen Festsetzungsverfügung abzustellen. > Beispiel: Die Familienkasse hat am 16. April 2007 einen materiellen Ablehnungsbescheid für den Zeitraum Februar bis April 2007 erlassen, da trotz Aufforderung kein Ausbildungsvertrag vorgelegt wurde. Der Ausbildungsvertrag war am 22.01.2007 geschlossen worden und somit im Zeitpunkt der Festsetzung existent. Anders verhält es sich, wenn es um die tatsächlichen Einkünfte und Bezüge des Kindes geht. Nach der jüngsten BFH-Rechtsprechung zu § 70 Abs. 4 EStG ist entgegen der noch gültigen Dienstanweisung § 70 Abs. 4 EStG nach der abschließenden Prüfung – wie oben ausgeführt (Rn. 30) – nicht mehr anwendbar. Sollte der Berechtigte Einkünfte und Bezüge des Kindes bei der abschließenden Prüfung verschwiegen haben und blieb es daher bei der ursprünglichen betragsmäßigen Festsetzung, kommt nun eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO in Betracht. M.E. ist für die Prüfung der Existenz in diesem Fall nicht auf die ursprüngliche Festsetzung, sondern auf die abschließende und damit erste endgültige Prüfung der Einkünfte und Bezüge des Kindes abzustellen.
13 BFH Urteil v. 27.10.1992 VIII R 41/89, BStBl 1993 II S. 569. 14 BFH Urteil v. 20.12.1988 VIII R 121/83, BStBl 1989 II S. 585. 15 BFH Urteil v. 26.07.1984 IV R 10/83, BStBl 1984 II S. 786; BFH Urteil v. 30.09.1981 II R 105/81, BStBl 1982 II S. 80; BFH Urteil v. 17.03.1982 II R 39/81, BStBl 1982 II S. 491.
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§ 11
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
> Beispiel: Die Familienkasse setzt am 08.01.2007 Kindergeld ab 01.01.2007 fest, da sich das Kind K des Berechtigten S seit Januar 2007 in einer gewerblichen Ausbildung befindet. Die abschließende Prüfung am 11.03.2008 hat kein Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages ergeben. Die ursprüngliche Kindergeldfestsetzung bleibt daher unverändert bestehen. Am 16.06.2008 erhält die Familienkasse vom zuständigen Finanzamt die Mitteilung, dass K am 01.07.2007 einen Computerhandel gegründet und daraus Einkünfte in Höhe von 2.500 € erzielt hat. Diese Einkünfte führen zum Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages. Im Zeitpunkt der ursprünglichen Kindergeldfestsetzung hatte K noch keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Zur Zeit der abschließenden Prüfung (11.03.2008) des Kindergeldanspruches für das Kalenderjahr 2007 existierten die Einkünfte schon. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO kann also angewendet werden. 37
Nachträgliches Bekanntwerden Tatsachen oder Beweismittel werden nachträglich bekannt, wenn sie einem für die Kindergeldfestsetzung zuständigen Bediensteten16 bekannt werden, nachdem die Willensbildung abgeschlossen worden ist, also nach Abzeichnung der Verfügung.17 Es kommt hierbei nicht zwingend auf die Kenntnis bei der ursprünglichen Verfügung, sondern vielmehr auf die Kenntnis des Bediensteten bei der letzten Handlung an. > Beispiel: Kindergeld wurde beantragt und am 11.12.2006 rückwirkend ab 01.09.2006 festgesetzt, weil sich das Kind K des Berechtigten S angeblich in Ausbildung befunden hat. Nach einer Mitteilung des Berechtigten erkennt die Familienkasse, dass K von Anfang an den Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG nicht erfüllt hat, weil K die Ausbildung nicht angetreten hatte. Es hat auch kein anderer Tatbestand des § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG vorgelegen. Die Familienkasse hebt am 20. März 2007 die Kindergeldfestsetzung gem. § 70 Abs. 3 EStG mit Wirkung ab dem 01.04.2007 auf, da die Festsetzung von Anfang an rechtswidrig war. Im August 2007 fällt auf, dass eigentlich eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO rückwirkend ab dem 01.09.2006 hätte erfolgen müssen. Zu diesem Zeitpunkt (August 2007) ist eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht mehr möglich, da im Zeitpunkt der letzten Handlung (Entscheidung vom 20. März 2007) der Umstand der nicht angetretenen Ausbildung bereits bekannt gewesen ist, es wird Nichts mehr nachträglich bekannt.
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! Praxishinweis: Wenn die Familienkasse eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO vornimmt, muss sie im Zweifel beweisen, dass ihr die Tatsachen/Beweismittel, die Auslöser der Korrektur sind, erst nachträglich bekannt geworden sind (vgl. AEAO Nr. 2.5 zu § 173 AO). 38
Kein grobes Verschulden (nur: § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO) Eine Korrektur nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, die zu einem höheren Kindergeld führt, ist davon abhängig, dass den Betroffenen kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekannt werden, der für ihn günstigen Umstände trifft. Es handelt sich hier um einen subjektiven Verschuldensbegriff. Der Kindergeldberechtigte handelt grob schuldhaft, wenn er die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße und nicht entschuldbarer Weise verletzt. Dies ist der Fall, wenn er trotz Aufforderung einen Nachweis nicht einreicht, eine Frage im Antragsformular nicht beantwortet oder ausdrückliche Hinweise in ihm zugegangenen Vordrucken, Merkblättern oder sonstigen Mitteilungen der Familienkasse nicht beachtet. 16 BFH Urteile v. 09.11.1984 VI R 157/83, BStBl 1985 II S. 191, BFH Urteil v. 20.06.1985 IV R 114/82, BStBl 1985 II, S. 492. 17 BFH Urteil v. 18.03.1987 II R 226/84, BStBl 1987 II, S. 416.
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B.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
Der Kindergeldberechtigte muss sich das Verschulden seines Vertreters bzw. seines steuerlichen Beraters zurechnen lassen. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO erfüllt, ist eine betragsmäßige Kindergeldfestsetzung aufzuheben oder zu ändern. Entfällt der Kindergeldanspruch ganz, ist die betragsmäßige Festsetzung aufzuheben. Vermindert sich der Kindergeldanspruch lediglich, ist die betragsmäßige Festsetzung zu ändern. Sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfüllt, sind betragsmäßige Festsetzungen, materielle Ablehnungsbescheide und negative Regelungsinhalte von Aufhebungen zu ändern. In beiden Fällen wirkt die Korrektur von Anfang an. § 174 AO – Widerstreitende Steuerfestsetzungen § 174 AO eröffnet die Möglichkeit, Vorteile und Nachteile auszugleichen, die sich durch Steuerfestsetzungen ergeben haben, die inhaltlich einander widersprechen. Es können auch steuerrechtliche Folgerungen zu Lasten eines bereits bestandskräftig beschiedenen Dritten gezogen werden, um so eine irrige Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes richtig zu stellen. Insbesondere spielt diese Korrekturnorm eine Rolle bei der Hinzuziehung oder Beiladung zum Verfahren. Beide erfolgen bei Streitigkeiten über den vorrangigen Kindergeldanspruch nach § 174 Abs. 4 i.V.m. 5 AO. Zu beachten ist, dass es immer nur zu einer Hinzuziehung/Beiladung kommen kann, wenn es um denselben Sachverhalt, also um dasselbe Kind geht. Ist strittig, welcher Kindergeldberechtigte der vorrangig Berechtigte ist, kann es erforderlich sein, dass der (andere) Berechtigte zum Verfahren hinzugezogen wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass Kindergeld – wie in § 64 EStG gefordert – nur einmal festgesetzt und ausgezahlt wird.
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> Beispiel: Die getrennt lebenden leiblichen Eltern des 21-jährigen Studenten K beanspruchen beide Kindergeld für K. K hat bis zum 31.01.2007 im Haushalt seiner Mutter (M) gelebt. Seit Februar unterhält K mit seiner Verlobten einen eigenen Hausstand am Studienort. Umstritten ist, ob nun der Vater (V), der seit Jahren eine gleich bleibende Unterhaltsrente zahlt, oder immer noch M vorrangig anspruchsberechtigt ist. Die Familienkasse, die zuerst negativ entscheidet, also entweder die Familienkasse, die für V zuständig ist und seinen Kindergeldantrag ablehnt, oder die Familienkasse, die für M zuständig ist und ihre laufende Kindergeldfestsetzung aufhebt, muss den jeweils anderen Berechtigten zum Einspruchsverfahren hinzuziehen, damit je nach Ausgang des Verfahrens sichergestellt ist, dass die andere Familienkasse die Entscheidung entsprechend umsetzen – also die ggf. noch bzw. schon laufende Festsetzung aufheben – kann. ! Praxishinweis: Es handelt sich bei der Hinzuziehung zum Einspruchsverfahren nicht um eine notwendige Hinzuziehung nach § 360 Abs. 3 AO.18 Sollte der Kindergeldanspruch zwischen den Elternteilen streitig sein, ist darauf zu achten, dass der andere Elternteil gem. § 174 Abs. 4 und 5 AO zum Verfahren hinzugezogen wird. § 175 AO – Aufhebung und Änderung von Steuerbescheiden in sonstigen Fällen Gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO sind Steuerbescheide zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Grundlagenbescheid, dem Bindungswirkung zukommt, erlassen, aufgehoben oder ge18 BFH Beschluss v. 16.04.2002 VIII B 171/01, BStBl 2002 II, S. 578.
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ändert wird. Das Gleiche gilt gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, wenn ein Ereignis eintritt, dass Wirkung für die Vergangenheit hat (so genanntes rückwirkendes Ereignis). Eine Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO kommt nur unter der Voraussetzung in Betracht, dass ein Grundlagenbescheid vorliegt, dem Bindungswirkung zukommt. Im Bereich des Familienleistungsausgleichs sind folgende Grundlagenbescheide von Bedeutung: N Bescheinigung nach § 15 BVFG N Anerkennung der Asylberechtigung N Anerkennung sonstiger politischer Verfolgung N Bescheid über den Grad der Behinderung N Behindertenausweis ! Praxishinweis: Insbesondere der Steuerbescheid des Kindes ist kein Grundlagenbescheid für die Familienkasse bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge.19 Auch die Entscheidung einer Familienkasse hinsichtlich der kindergeldrechtlichen Berücksichtigung eines Zahlkindes, dass bei einer anderen Familienkasse als Zählkind berücksichtigt werden könnte, stellt für diese andere Familienkasse keinen Grundlagenbescheid dar. In beiden Fällen ist die Familienkasse jeweils verpflichtet selbständig entweder über die Einkünfte und Bezüge oder über die Zählkindeigenschaft zu entscheiden.
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Die Korrektur ist ab dem Zeitpunkt vorzunehmen, der sich aus dem Grundlagenbescheid ergibt. Zu beachten ist die Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 10 AO. Innerhalb von zwei Jahren nach Bekanntgabe des Grundlagenbescheides kann der Folgebescheid noch korrigiert werden. Selbst, wenn ansonsten die Festsetzungsfrist gem. § 169 AO abgelaufen ist. Es ist unschädlich, wenn die Familienkasse bei ihrer Festsetzung den Grundlagenbescheid bereits vorliegen aber übersehen hatte. Auch in diesem Fall erfolgt die Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO und nicht nach § 129 AO. Bestehende betragsmäßige Festsetzungen können aufgehoben oder geändert werden. Materielle Ablehnungsbescheide und negative Regelungsinhalte von Aufhebungen können geändert werden. Erstmalige betragsmäßige Festsetzungen können nach Ablauf der eigentlichen Festsetzungsfrist gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 171 Abs. 10 AO erlassen werden (Neuantrag erforderlich!). Voraussetzung für eine Korrektur gem. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO ist der Eintritt eines Ereignisses mit steuerlicher Wirkung für die Vergangenheit. Nach Einführung des § 70 Abs. 4 EStG zum 01.01.2002 hat diese Korrekturnorm im steuerlichen Familienleistungsausgleich an Bedeutung verloren (vgl. Rn. 28). Anwendung findet sie beim Kindergeld z.B. noch bei einer rückwirkenden Vaterschaftsanerkenntnis.20 Außerdem stellt der Antrag zur Übertragung des Kinderfreibetrags/Betreuungsfreibetrags nach Eintritt der Bestandskraft ein rückwirkendes Ereignis dar (vgl. R 32.13 EStR 2006). Zu beachten ist, dass die Ablaufhemmung des § 171 Abs. 10 AO bei § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO nicht greift. Aufhebung, Änderung und auch erstmaliger Erlass (Neuantrag erforderlich!) können nur im Rahmen der regulären Festsetzungsfrist gem. § 169 AO erfolgen. 19 BFH Urteil v. 23.11.2001 VI R 125/00, BStBl 2002 II, S. 296. 20 BFH Urteil v. 28.07.2005 III R 68/04, BFH/NV 2006, S. 202.
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B.
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Korrektur von Kindergeldfestsetzungen
§ 129 AO – Offenbare Unrichtigkeiten beim Erlass eines Verwaltungsakts Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Die Familienkasse wird in die Lage versetzt, Fehler, die ihren Ursprung in einem mechanischen Versehen haben, zu korrigieren. Der Fehler muss sich nicht aus dem Verwaltungsakt selbst ergeben, sondern er muss lediglich bei seinem Erlass unterlaufen sein. Für den Adressaten des Bescheides ist der Fehler, der nach § 129 AO berichtigt wird, daher nicht immer ohne weiteres erkennbar. Entscheidend ist, dass es sich bei dem Fehler nicht um einen so genannten Denkfehler handeln darf. Die Akte muss eindeutige Ausführungen zu der tatsächlich geplanten Entscheidung enthalten, die dann im Zuge der Bescheiderteilung nicht umgesetzt worden ist.
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! Praxishinweis: Es empfiehlt sich bei einer Berichtigung zu Lasten des Kindergeldberechtigten um Mitteilung der Besteuerungsunterlagen (im Einspruchsverfahren gem. § 364 AO) bzw. ausnahmsweise um Akteneinsicht zu bitten, um prüfen zu können, ob sich aus der Akte tatsächlich eine andere Entscheidungsabsicht ergibt. Unter Schreibfehler fällt sowohl das Nichtbeachten der korrekten Schreibweise – insbesondere bei Namen – als auch ein einfacher Zahlendreher – z.B. beim Geburtsdatum. Rechenfehler können nach § 129 AO berichtigt werden, wenn sie auf einer fehlerhaften Anwendung der Grundrechenarten (Addieren, Subtrahieren, Multiplizieren und Dividieren) beruhen. Bei komplexeren Rechenoperationen (z.B. dem klassischen Dreisatz) kann ein Denkfehler nicht ausgeschlossen werden. § 129 AO ist in diesen Fällen nicht anwendbar. Andere mechanische Fehler werden als ähnliche offenbare Unrichtigkeit bezeichnet. Die Abgrenzung zum Denkfehler ist in diesen Fällen sehr problematisch. Grundsätzlich muss die Familienkasse den Fehler selbst begangen haben, um ihn nach § 129 AO berichtigen zu können. Aber auch Übernahmefehler fallen unter § 129 AO. Ein Übernahmefehler liegt z.B. vor, wenn der Berechtigte eine detaillierte Werbungskostenaufstellung vorlegt, alle einzelnen Positionen von der Familienkasse abgehakt werden, aber dem Berechtigten bei der Addition ein Rechenfehler unterlaufen ist, den die Familienkasse nicht bemerkt und somit übernommen hat. Alle Festsetzungsarten können berichtigt werden. Die Berichtigung ist auch über die normale Festsetzungsfrist hinaus möglich. § 171 Abs. 2 AO ist zu beachten. Es handelt sich jeweils um Punktberichtigungen. ! Praxishinweis: Es gibt bisher keine Rechtsprechung des BFH zu § 129 AO in Kindergeldangelegenheiten. Dies kann sich womöglich bald ändern. Durch die neue Auslegung des § 70 Abs. 4 EStG – keine weitere Anwendung nach der abschließenden Prüfung (vgl. Rn. 30) – könnten die Familienkasse vermehrt § 129 AO anwenden, um Fehler in ihrer abschließenden Prüfung der Einkünfte und Bezüge über 18-jähriger Kinder zu korrigieren. Häufig wird es sich um eine Berichtigung wegen Rechenfehlern handeln. Bei der Prüfung des Korrekturbescheides sollte der Berater darauf achten, ob wirklich nur Rechenfehler bereinigt werden, oder ob versucht wird, eine falsche rechtliche Würdigung zu berichtigen, was nicht zulässig wäre.
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C. 45
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes (§ 70 EStG)
Rechtsbehelfe
Bei der Kindergeldfestsetzung handelt es sich um einen Verwaltungsakt in Abgabenangelegenheiten, auf den die Abgabenordnung Anwendung findet. Gem. § 347 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO ist daher der Einspruch statthaft. Einspruch kann gegen betragsmäßige Festsetzungen, Aufhebungen, materielle und formelle Ablehnungsbescheide erhoben werden. Befugt Einspruch einzulegen ist gem. § 350 AO derjenige, der geltend machen kann, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Neben dem Kindergeldberechtigten (Adressaten) kann dies auch sein, wer einen Antrag im berechtigten Interesse (vgl. § 8, B) gestellt hat oder Abzweigung begehren könnte (vgl. § 14, A). Zu beachten ist, dass mehrere Kindergeldfestsetzungen, die auf einem Bescheidvordruck vorgenommen worden sind, gesondert angegriffen werden müssen. > Beispiel: Die Familienkasse hat mit Bescheid vom 18.06.2007 die Kindergeldfestsetzung für das älteste der vier Kinder des Berechtigten S rückwirkend ab dem 01.01.2007 aufgehoben. Durch diese Aufhebung haben sich die Rangfolge und die Ordnungszahlen der verbliebenen drei Kinder geändert. Für das jüngste Kind hat sich zudem auch noch der Auszahlungsbetrag von 179 € auf 154 € monatlich vermindert. Erhebt der Berechtigte nun Einspruch, ist davon auszugehen, dass dieser sich nur gegen die Aufhebung der Festsetzung für das älteste Kind richtet. Die Folgekorrekturen gelten nicht als angegriffen, was sich insbesondere bei den Kosten des Verfahrens (vgl. hierzu § 18) auswirkt. Würde dem Einspruch abgeholfen, könnten die Folgeänderungen im Korrekturverfahren ohne weiteres nachvollzogen werden, vorausgesetzt, die Festsetzungsfrist wäre noch nicht abgelaufen.
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Besondere Bedeutung kommt bei der Zulässigkeit des Einspruchs der Beschwer zu. Eine Beschwer ist nur gegeben, soweit der Kindergeldanspruch mit einer negativen Regelung verneint oder der Höhe nach niedriger als beantragt festgesetzt worden ist. > Beispiel: Die Familienkasse hat am 08.05.2007 die Kindergeldfestsetzung für den 21-jährigen Sohn K des Kindergeldberechtigten S mit Wirkung ab dem 01.01.2007 aufgehoben, da die Prognose der Einkünfte und Bezüge des K für das Kalenderjahr 2007 ein voraussichtliches Überschreiten des maßgeblichen Grenzbetrages von 7.680,00 € ergeben hat. Der Bescheid wurde am selben Tag zur Post gegeben. Der Aufhebungsbescheid hat folglich einen negativen Regelungsinhalt für die Monate Januar bis Mai 2007. Ab dem Monat Juni 2007 besteht keine Regelung mehr. Es handelt sich um ein so genanntes rechtliches Nichts. Beschwer ist nur für die Monate Januar bis Mai 2007 gegeben. Nur die Regelung für diesen Zeitraum kann mit einem Einspruch angegriffen werden. Für Zeiten ab Juni 2007 kann jederzeit ein Neuantrag gestellt werden (s.a. Rn. 11). ! Praxishinweis: Bei Einsprüchen gegen die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung ist immer zu prüfen, ob gleichzeitig noch ein Neuantrag für ungeregelte Zeiträume nach dem Bekanntgabemonat gestellt werden muss.
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C. Rechtsbehelfe Ähnliches gilt bei Einsprüchen gegen materielle Ablehnungsbescheide. Hier muss zunächst geprüft werden, wie weit der negative Regelungsgehalt der Entscheidung reicht (nämlich bis zum Monat der Bekanntgabe des Bescheides). Nur der Zeitraum mit negativem Regelungsgehalt kann erfolgreich mit einem Einspruch angefochten werden. Für nachfolgende ungeregelte Zeiträume ist zwingend ein Neuantrag zu stellen. Der Einspruch ist gem. § 355 AO innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts einzulegen. Eine Besonderheit war bis 31.12.2006 die konkludente Bekanntgabe gem. § 70 Abs. 1 Satz 2 EStG. Aber auch bei dieser Form der Bekanntgabe musste der Einspruch innerhalb eines Monats eingelegt werden. Insbesondere § 356 Abs. 2 AO griff bei konkludent bekannt gegebenen Kindergeldfestsetzungen nie (s. Rn. 5).
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! Praxishinweis: Zur Zeit wird von verschiedenen Verbänden empfohlen, einen Neuantrag auf Kindergeld in Höhe von 265 € monatlich zu stellen, auch wenn bereits eine bestandskräftige Kindergeldfestsetzung besteht. Verfahrensrechtlich handelt es sich in diesen Fällen regelmäßig um einen Antrag auf Korrektur der bestehenden Festsetzung, der von den Familienkassen abgelehnt werden wird. Gegen den formellen Ablehnungsbescheid müsste dann Einspruch eingereicht werden, wobei in der Begründung des Einspruchs darauf einzugehen wäre, weshalb doch eine Korrekturnorm einschlägig sein könnte (s. Rn. 16). Die Einspruchsverfahren gegen die Höhe des Kindergeldes werden keinen Erfolg haben. Es kann nur im EinkommensteuerVeranlagungsverfahren – nicht aber im Kindergeldverfahren – darüber entschieden werden, ob das Existenzminimum eines Kindes in ausreichender Höhe von der Einkommensteuer freigestellt wird.21 Das BVerfG hat in mehreren Beschlüssen Verfassungsbeschwerden zur Höhe des Kindergeldes für die Jahre 1996 bis 2000 nicht zur Entscheidung angenommen.22 Der BFH hat in einem nicht amtlich veröffentlichen Beschluss vom 14.02.2007 III B 176/06 eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, die gegen eine ablehnende Entscheidung des FG Brandenburg eingelegt worden war. Der Berechtigte hatte in diesem Verfahren für das Jahr 2002 Kindergeld in Höhe von 265 € monatlich gefordert.
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Eine Besonderheit im steuerlichen Familienleistungsausgleich ist die Möglichkeit der Kostenerstattung im Vorverfahren (Siehe Ausführungen hierzu in § 18!). Sollte der Einspruch ohne Erfolg geblieben sein, steht das finanzgerichtliche Verfahren zur weiteren Rechtsverfolgung zur Verfügung. Häufigste Klageart ist die Anfechtungsklage gem. § 40 Abs. 1 Satz 1 FGO. Auch wenn der negative Regelungsgehalt eines materiellen Ablehnungsbescheides oder der negative Regelungsinhalt einer Aufhebung angegriffen wird, handelt es sich um eine Anfechtungs- und nicht um eine Verpflichtungsklage. Ggf. kommt auch eine Fortsetzungsfeststellungsklage in Betracht. In Ausnahmefällen ist eine unmittelbare Leistungsklage denkbar. Dies ist dann der Fall, wenn die Familienkasse „vorsorglich“ die Kindergeldzahlung einstellt, ohne den Rechtsgrund für die Auszahlung – nämlich die ursprüngliche Kindergeldfestsetzung – zu beseitigen. Eines Vorverfahrens bedarf es bei der allgemeinen Leistungsklage nicht.
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21 BFH Urteil v. 26.02.2002 VIII R 92/98, BStBl 2002 II, S. 596. 22 BVerfG Beschluss v. 04.08.2003 2 BvR 1537/02, StE 2003, S. 574; BVerfG Beschluss v. 06.11.2003 2 BvR 1240/02, HFR 2004, S. 260; BVerfG Beschluss v. 06.05.2004 2 BvR 1375/02, HFR 2004, S. 692.
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§ 12 Zahlungszeitraum (§ 71 EStG) 1
Durch das Gesetz zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss vom 13.12.2006 (BGBl I, S. 2915) ist § 71 EStG aufgehoben worden. Die in § 71 EStG normierte Zahlungsweise – „monatlich“ – wurde mit dem o.g. Gesetz in den § 66 Abs. 2 EStG aufgenommen. Siehe hierzu deshalb Ausführungen unter § 7 Rn. 7!
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§ 13 Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 72 EStG) § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG regelt die Zuständigkeit des BZSt für die Durchführung des Familienleistungsausgleichs nach Maßgabe der §§ 31, 62 bis 78 des Einkommensteuergesetzes. Das BZSt hat insoweit die Fachaufsicht über den Familienleistungsausgleich. Des Weiteren stellt die Bundesagentur für Arbeit dem BZSt Durchführung dieser Aufgaben ihre Dienststellen als Familienkassen zur Verfügung. Zur Verfahrensdurchführung schließen die Parteien eine Verwaltungsvereinbarung. Neben der Bundesagentur für Arbeit sind die Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit der Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes als Familienkassen (§ 72 Abs. 1 EStG) betraut. Die Familienkassen bleiben dabei organisatorischer Teile der Verwaltung. D.h. auch die Mitarbeiter der Familienkasse unterliegen der Geschäfts- und Dienstordnung der Verwaltung. Die Fachaufsicht liegt jedoch beim BZSt (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG). Der § 72 EStG legt die Ausnahmen der Zuständigkeit der Agentur für Arbeit (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG) für die Personen fest, die die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes durch Familienkassen des öffentlichen Dienstes erhalten. Dies bedeutet, dass eine bestimmter Gruppe von Personen (überwiegende Mehrheit – Ausnahmen siehe B) im öffentlichen Dienst Kindergeld über die für sie zuständige Familienkasse des öffentlichen Dienstes erhält. Diese ist meist bei der Personalabteilung bzw. der Bezüge- und Gehaltsstelle angesiedelt. Bei großen öffentlichen Arbeitgebern sind auch eigenständige Familienkassen eingerichtet wurden. Durch § 5 Abs. 1 Nr. 11 FVG ist das Bundesministerium der Finanzen ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, Bundesfamilienkassen zur Wahrnehmung der Aufgaben der Familienkassen nach § 72 Abs. 1 des EStG einzurichten. Diese können auch Aufgaben im Auftrag der mittelbaren Verwaltung wahrnehmen. Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung Landesfamilienkassen zur Wahrnehmung der Aufgaben nach § 72 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes einzurichten. Diese können auch Aufgaben der mittelbaren Verwaltung wahrnehmen. Die Möglichkeit zur Einrichtung von Bundes- und Landesfamilienkassen wurde in den letzten Jahren zunehmend genutzt. Bundes- oder Landesfamilienkasse kann aber nur eine bestehende Familienkasse sein. Keinesfalls kann durch eine Verordnung geregelt werden, dass z.B. eine GmbH als Landesfamilienkasse agiert. So entstanden einige Bundesfamilienkassen, die für abgegrenzte Verwaltungsbereiche des Bundes zuständig sind. Die eingerichteten Landesfamilienkassen sind nicht unmittelbar für abgegrenzte Bereiche der Landesverwaltung zuständig. Vielmehr sind diese als wirtschaftliche Unternehmen ausgerichtet. D.h., hat sich eine Landesfamilienkasse durch Rechtsverordnung des jeweiligen Landes errichten lassen, hat sie dies deshalb getan, um die Kindergeldfestsetzungen anderer Familienkassen des Landes gegen Bezahlung zu übernehmen. Übergibt eine Familienkasse die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes für die Personen (Berechtigte) für die sie eigentlich zuständig wären an die Landesfamilienkasse, ist diese nun für die weitere Bearbeitung zuständig. Da es sich nur um 187
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§ 13
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Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 72 EStG)
einen Zuständigkeitswechsel handelt, erfolgen keine Aufhebungen. Die Landesfamilienkasse tritt in das Erhebungsverfahren – Auszahlung – ein. Da die Agentur für Arbeit und Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (kurz: öffentlicher Dienst) mit der Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes betraut sind, kommt es ab und zu zu Problemen, wer von den beiden zuständig ist. Dies vor allem in den Fällen, wo ein Anspruchsberechtigter zu dem Personenkreis der Agentur für Arbeit und der andere zum Personenkreis des öffentlichen Dienstes zählt. Die Entscheidung, welche Familienkasse letztendlich zuständig ist, wird durch § 64 EStG gelöst. Der vorrangig Berechtigte hat den Kindergeldantrag bei der für ihn zuständigen Familienkasse zu stellen. Nur wenn der vorrangig Berechtigte dem Personenkreis des öffentlichen Dienstes zuzuordnen ist, ist die Familienkasse des öffentlichen Dienstes auch zuständig. Leider kommt es immer wieder einmal vor, dass die Familienkasse der Agentur für Arbeit der Meinung sind, dass, sofern ein Anspruchberechtigter im öffentlichen Dienst beschäftigt ist, auch die Familienkasse des öffentlichen Dienstes zuständig sein muss. Dem ist aus der o.g. Problematik zu widersprechen. > Beispiel: Herr S ist Beamter im öffentlichen Dienst. Frau S ist in einem freien Architekturbüro beschäftigt. Am 23.04.2007 wird ihre gemeinsame Tochter K geboren. Daraufhin beantragt Frau S bei der Agentur für Arbeit für K Kindergeld. Herr S hatte dem zugestimmt. Von der Familienkasse der Agentur für Arbeit erhält Frau S ihre Unterlagen mit der Begründung zurück, dass Herr S Kindergeld beantragen muss, da er im öffentlichen Dienst beschäftigt ist. Damit braucht sich Frau S bzw. auch Herr S nicht einverstanden zu erklären. Die Unterlagen sind an die Familienkasse der Agentur für Arbeit mit der Aufforderung zur Bearbeitung und Entscheidung zurückzusenden. ! Praxishinweis: Grundsätzlich dürfte es für den Familienetat egal sein, welche Familienkasse das Kindergeld festsetzt und auszahlt. Aber dies sollte nicht zum Anlass genommen werden, dass die Berechtigtenbestimmung (§ 64 EStG) durch die Familienkasse beeinflusst wird. Zudem könnte die gewählte Berechtigung auch evtl. zu einem höheren Kindergeldanspruch durch einen Zählkindvorteil führen. Auftauchende Altfälle sollten dahingehend geprüft werden. Eine Änderung kommt in diesen Fällen aber nur für die Zukunft durch einen Berechtigtenwechsel in Betracht. Die Berechtigten hätten seinerzeit auf ihre damalige Berechtigtenbestimmung beharren sollen.
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Wechselt die Zuständigkeit der Familienkasse (Berechtigter bleibt gleich; z.B. Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst, Fälle des § 72 Abs. 8 EStG) so bleibt die früher durch die vorhergehend zuständige Familienkasse getroffene Entscheidung (Festsetzung) bestehen (vgl. DA 72 Abs. 1 DAFamEStG). Eine Aufhebung der Festsetzung durch die alte Familienkasse und Neufestsetzung durch die neue Familienkasse kommt nicht in Betracht. Die neu zuständige Familienkasse tritt vielmehr in das Erhebungsverfahren ein, in dem sie nach vorheriger Rücksprache mit der alten Familienkasse die Zahlung aufnimmt. Die Rücksprache mit der alten Familienkasse ist notwendig, damit die Zahlung nahtlos erfolgt. Ändert sich der vorrangig Berechtigte (z.B. Berechtigtenwechsel), hat die zuständige Familienkasse des vorher Berechtigten die Festsetzung gegenüber ihm aufzuheben. Die neu zuständige Familienkasse muss eine Neufestsetzung des Kindergeldes vornehmen.
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A. Angehörige des öffentlichen Dienstes Dies gilt auch dann, wenn beide (nunmehr und ehemaliger Berechtigter) in den Zuständigkeitsbereich einer Familienkasse gehören. Folgende Zuständigkeitswechsel sind denkbar: N bei Berechtigtenwechsel und bei Wechsel des Beschäftigungsverhältnisses – Familienkasse des öffentl. Dienstes á Agentur für Arbeit – Familienkasse – Agentur für Arbeit – Familienkasse á Familienkasse des öffentl. Dienstes – Familienkasse des öffentl. Dienstes (A) á Familienkasse des öffentl. Dienstes (B) – Agentur für Arbeit – Familienkasse (A) á Agentur für Arbeit – Familienkasse (B) N nur bei Berechtigtenwechsel – Familienkasse des öffentl. Dienstes (A) á Familienkasse des öffentl. Dienstes (A) – Agentur für Arbeit – Familienkasse (A) á Agentur für Arbeit – Familienkasse (A)
A.
Angehörige des öffentlichen Dienstes
Die Familienkassen des öffentlichen Dienstes werden durch den in § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG aufgeführten Personenkreis definiert. D.h., § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1–3 EStG legt fest, wer Angehöriger des öffentlichen Dienstes i.S. des Kindergeldrechtes des EStG ist. Der für den Personenkreis zuständige Arbeitgeber ist zugleich Familienkasse (§ 72 Abs. 1 Satz 2 EStG). Ergänzend zu diesem Personenkreis kommt noch der Personenkreis aus § 72 Abs. 2 EStG (Sonderregelungen). § 72 EStG legt jedoch nicht nur fest wer zum Personenkreis der Familienkassen des öffentlichen Dienstes zählt, sondern nennt hierzu auch zahlreiche Ausnahmen (§ 72 Abs. 3 und 4 EStG): Durch diese Definition ergibt sich ein eigener Begriff des öffentlichen Dienstes für den Bereich des Familienleistungausgleichs. Nach der DA 72.2 Abs. 1 DA-FamEStG gehören zum Personenkreis des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG: N Mitglieder von Bundesregierung und Landesregierungen, Parlamentarische Staatssekretäre. N Beamte von Bund, Ländern, Gemeinden, Gemeindeverbänden sowie sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Ehrenbeamten. N Richter des Bundes und der Länder mit Ausnahme der ehrenamtlichen Richter. N Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit. N Praktikanten und Dienstanfänger in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG umfasst den Personenkreis der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die Versorgungsbezüge nach beamtenrechtlichen oder soldatenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen erhalten. Die Personen müssen danach aus Mitteln des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer sonstigen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts folgende laufende Bezüge (nicht nur einmalig oder zusammengefasst) erhalten (vgl. DA 72.2 Abs. 2 DA-FamEStG): N Ruhegehalt. N Besondere Versorgungsbezüge nach dem Gesetz zu Artikel 131 GG. N Emeritenbezüge, Witwengeld, Witwergeld, Unterhaltsbeiträge. 189
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§ 13
Bezüge nach den §§ 11 a und 21 a des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts für Angehörige des öffentlichen Dienstes. N Übergangsgebührnisse nach § 17 des Bundespolizeibeamtengesetzes und § 11 SVG. N Übergangsgeld nach § 47 des Beamtenversorgungsgesetzes. Den Empfängern von beamtenrechtlichem Übergangsgeld ist für die Bezugsdauer das Kindergeld vom Träger der Versorgungslast zu zahlen. Ausgenommen von diesem Personenkreis sind Halbwaisen, die selber Versorgungsbezüge erhalten (DA 72.2 Abs. 2 Satz 2 DA-FamEStG). Zum Personenkreis des § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG zählen die Arbeitnehmer des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer sonstigen Körperschaft, einer Anstalt oder einer Stiftung des öffentlichen Rechts, einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Der Arbeitnehmerbegriff umfasst dabei alle Angestellten und Arbeiter dieser juristischen Personen (DA 72.2 Abs. 3 Satz 1 DA-FamEStG). Der Begriff bzw. die Bezeichnung der Arbeitnehmer als Arbeiter und Angestellte trifft bei den meisten Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes nicht mehr zu. Durch die Einführung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) (noch nicht alle Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes haben den Tarifvertrag übernommen, da gelten noch die alten Tarifverträge, wie z.B. BAT, BMT-G usw. weiter) werden alle Arbeitnehmer einheitlich als Beschäftigte bezeichnet. Diese Unterschiedliche Bezeichnung ist aber für die Anwendbarkeit des § 72 EStG nicht von Belang, da das Gesetz neutral von Arbeitnehmern spricht. Zu diesem Personenkreis zählen auch: N nebenberuflich bzw. gegen Gebührenanteile tätige Arbeitnehmer. N Auszubildenden im Sinne des BBiG, deren Beschäftigung zur beruflichen Ausbildung durch Tarifvertrag geregelt ist. N Mitarbeiter der Deutschen Beamten-Versicherung, die bei dieser, oder bei dieser und zugleich bei deren privatrechtlichen Unternehmungen, tätig sind. Keine Arbeitnehmer im Sinne von § 72 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind im öffentlichen Dienst beschäftigte Heimarbeiter und ausländische Stipendiaten, die als Lehrer, Wissenschaftler, Dozenten oder Professoren an einer deutschen Lehranstalt tätig sind (DA 72.2 Abs. 2 Satz 5 DA-FamEStG). In der Zuständigkeitsregelung des § 72 Abs. 1 Nr. 1 und 3 EStG für die Angehörigen des öffentlichen Dienstes kommt es auf den zeitlichen Umfang der Beschäftigung und die Bezahlung nicht an. Deshalb gelten die Vorschrift auch für: N nicht vollbeschäftigte Angehörige des öffentlichen Dienstes. N geringfügig Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. N Arbeitnehmer, die arbeitsunfähig sind und von ihrem Arbeitgeber keine Krankenbezüge beanspruchen können. Zudem gilt die Zuständigkeitsregelung auch für Angehörige des öffentlichen Dienstes, deren Rechte und Pflichten aus dem Dienst- bzw. Beschäftigungsverhältnis für die Dauer der Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag ruhen (§§ 5 ff. des Gesetzes zur Neuregelung der Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Deutschen Bundestages). Die Familienkassen des öffentlichen Dienstes bleiben auch für die Arbeitnehmer zuständig, die beurlaubt oder entsandt sind und für Arbeitnehmer, die sich im Mutterschaftsurlaub gem. § 3 N
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Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 72 EStG)
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A. Angehörige des öffentlichen Dienstes Abs. 2 bzw. § 6 Abs. 1 MuSchG oder in einer Elternzeit befinden, solange dieser Personenkreis Ansprüche auf Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz hat. Die Zuständigkeit der Familienkasse des öffentlichen Dienstes bleibt selbst dann bestehen, wenn beurlaubte Arbeitnehmer bei einer anderen Stelle eine Erwerbstätigkeit übernehmen (z.B. beurlaubte Beamte, die bei einem Arbeitgeber der Privatwirtschaft, bei einem Abgeordneten oder einer Fraktion im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis tätig sind). Das gilt auch für Arbeitnehmer, die sich in Elternzeit befinden und während dieser Elternzeit eine Tätigkeit bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes oder in der freien Wirtschaft für die Zeit ihrer Elternzeit aufnehmen. > Beispiel: Frau S ist Sachbearbeiterin in der Gemeinde A. Von der zuständigen Familienkasse der Gemeinde A erhält sie Kindergeld für ihren Sohn K. Sie befindet sich gerade in der Elternzeit für dieses Kind. Während der Elternzeit nimmt sie eine zulässige Teilzeitbeschäftigung bei dem Elektrofachhandel„Strom“ auf. Die Zuständigkeit verbleibt bei der Familienkasse der Gemeinde A. Zu dem allgemeinen Personenkreis der Angehörigen des öffentlichen Dienstes kommen noch die Personen gem. § 72 Abs. 2 EStG. Hierbei handelt es sich um eine spezielle Sonderregelung für Beamte und Versorgungsempfänger der Deutschen Post AG, der Deutschen Postbank AG und der Deutschen Telekom AG. Mit dem Gesetz zur Neuordnung des Postwesens und der Telekommunikation vom 14.09.1994 (BGBl I 1994, S. 2325) wurde die spezielle Regelung in den § 45 BKGG a.F. eingefügt. Mit der Übernahme des Kindergeldrechtes aus dem Sozialrecht nach dem BKGG a.F. in das Steuerrecht ab dem 01.01.1996 wurde diese Regelung übernommen (s. Felix, in Kindergeldrecht, § 72 Rn. 33).
I.
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Zuständigkeit beim Eintritt in oder Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst
Die Zuständigkeit der Familienkasse beginnt nach § 72 Abs. 6 EStG grundsätzlich mit dem Eintritt in den öffentlichen Dienst und endet ebenfalls grundsätzlich mit dem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst i.S. dieser Vorschrift. Maßgeblich ist hierbei jeweils der Zeitpunkt zu Beginn des Monats. Wenn am 1. des Monats schon bzw. am 1. des Monats noch das Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber gem. § 72 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG bestand, liegt die Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes bei der öffentlichen Familienkasse (Achtung: bei Zuständigkeitswechsel nur Auszahlung s. § 8 Rn. 4). Begann das Arbeitsverhältnis erst später als am 1. des Monats, liegt die Zuständigkeit für diesen Monat bei der alten Familienkasse (Agentur für Arbeit – Familienkasse – oder andere Familienkasse des öffentlichen Dienstes). Eine anteilige Zahlung des Kindergeldes durch verschiedene Familienkassen für einen Monat i.H. des jeweiligen Anteils zum Monat kommt nicht in Betracht. Bei dem Kindergeld handelt es sich um einen nicht teilbaren Monatsbetrag. Deshalb ist grundsätzlich die Familienkasse zuständig, die am Beginn des Monats (dem Ersten) zuständig war.
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§ 13
Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 72 EStG)
> Beispiel: Frau S, z.Zt. arbeitslos, erhält für ihre Tochter K Kindergeld von der Familienkasse der Agentur für Arbeit. Am 15.6.2007 nimmt sie ein befristetes Arbeitsverhältnis für zwei Jahre (Vertretung einer Festangestellten während der Elternzeit) bei der Gemeinde XY auf. Das Arbeitsverhältnis endet am 14.06.2009. Für den Monat Juni 2006 ist noch die Familienkasse der Agentur für Arbeit zuständig. Ab Juli 2007 bis Juni 2009 wechselt die Zuständigkeit in den Bereich der Familienkasse der Gemeinde XY.
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Bei einem Wechsel der Zuständigkeit haben die Familienkassen untereinander abzuklären, wer wie lange Kindergeld ausgezahlt hat. Das bedeutet, dass die alte zuständige Familienkasse die Auszahlung des Kindergeldes erst einstellen darf, wenn die neue Familienkasse in die Auszahlung eintritt. Oft kommt es vor, dass zumindest die alte Familienkasse noch ein oder zwei Monate weiter Kindergeld auszahlen muss, da die neue Familienkasse die Auszahlung in ihr System erst einfügen muss. Dadurch wird jedoch nicht die vorliegende Zuständigkeit berührt. Es handelt sich nur um eine Verschiebung innerhalb des Erhebungsverfahrens. Die Zuständigkeit liegt grundsätzlich bei der Familienkasse, die zu Beginn (zum Ersten) des Monats zuständig war und endet mit Ablauf des Monats, zu dessen Beginn die Familienkasse noch zuständig gewesen ist. Wird jedoch der Tatbestand zum Bezug von Kindergeld erst nach Ausscheiden innerhalb eines Monats aus dem Zuständigkeitsbereich der alten Familienkasse erfüllt, so ist die neue Familienkasse zuständig. > Beispiel: Herr S ist Vater eines Sohnes K 1 und einer Tochter K 2. Beschäftigt ist er bei der Stadt XY. Von der dortigen Familienkasse erhält er das Kindergeld für diese beiden Kinder. Herr S hat seinen Arbeitsvertrag mit der Stadt XY einvernehmlich zum 15.09.2006 gelöst. Am 16.09.2006 beginnt er ein neues Arbeitsverhältnis beim Land T. In den Monat des Wechsels der Arbeitgeber fällt die Geburt seines zweiten Sohnes K 3 (geb. 17.09.2006). Für das Kindergeld der Kinder K 1 und K 2 ist die Familienkasse der Gemeinde XY bis einschließlich des Monats September 2006 zuständig. Ab Oktober 2006 erfolgt der Wechsel zur Familienkasse des Landes T. Die Familienkasse des Landes T ist aber für das Kind K 3 ab dem Monat September 2006 zuständig, da die Geburt (Tatbestandsverwirklichung) in den Zeitraum nach Ausscheiden von Herrn S bei der Gemeinde XY fällt.
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II. 13
Konkurrenzregelung bei mehreren öffentlichen Arbeitgebern
Durch § 72 Abs. 5 EStG wird festgelegt, welche Familienkasse des öffentlichen Dienstes zuständig für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes ist, wenn bei einem Berechtigten Ansprüche (Arbeitsentgelt bzw. Bezüge) aus mehrere Rechtsverhältnisse des öffentlichen Dienstes i.S. des § 72 Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen. § 72 Abs. 5 EStG löst insoweit die Konkurrenz der Zuständigkeit mehrerer Familienkassen des öffentlichen Dienstes auf.
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B. Vom öffentlichen Dienst ausgenommener Personenkreis 14
Folgende Fallvarianten sind denkbar und durch § 75 Abs. 5 Nr. 1 bis 4 geregelt: Nr. 1 Bei einem Zusammentreffen von Versorgungsbezügen mit anderen Bezügen oder Arbeitsentgelt ist die Familienkasse des Rechtsträgers, dem die Zahlung der anderen Bezüge oder des Arbeitsentgelts obliegt, zuständig. Nr. 2 Treffen mehrerer Versorgungsbezüge zusammen, so ist die Familienkasse des Rechtsträgers zuständig, dem die Zahlung der neuen Versorgungsbezüge im Sinne der beamtenrechtlichen Ruhensvorschriften obliegt. Nr. 3 Erhält ein Berechtigter gleichzeitig Arbeitsentgelt von einem Rechtsträger gem. § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG und gleichzeitig Bezüge aus einem Rechtsverhältnis gem. § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, ist die Familienkasse des Rechtsträgers zuständig, dem die Zahlung dieser Bezüge obliegt. Nr. 4 Stehen einem Berechtigten Arbeitsentgelte aus mehreren Rechtsverhältnissen gem. § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG zu, so ist die Familienkasse des Rechtsträgers zuständig, dem die Zahlung des höheren Arbeitsentgelts obliegt oder – falls die Arbeitsentgelte gleich hoch sind – der Rechtsträger, zu dem das zuerst begründete Arbeitsverhältnis besteht.
B.
Vom öffentlichen Dienst ausgenommener Personenkreis
Die Definition des öffentlichen Dienstes ist in den einzelnen Gesetzen und selbst in Tarifverträgen sehr unterschiedlich. So wird auch im EStG ein bestimmter Personenkreis, der ansonsten dem öffentlichen Dienst, wie er von der Allgemeinheit verstanden wird, zuzurechnen ist, ausgenommen. § 72 EStG definiert insoweit den öffentlichen Dienst i.S. des EStG bezogen auf den Familienleistungsausgleich. Das Ausnahmeregeln getroffen wurden, ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. So ist die Ausnahmeregelung des § 72 Abs. 3 Nr. 1 EStG zurückzuführen auf den besonderen Status dieser Arbeitgeber. Das auch die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege einem diesem unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Mitgliedsverband oder einer einem solchen Verband angeschlossenen Einrichtung oder Anstalt ausgenommen wurden (§ 72 Abs. 3 Nr. 2 EStG), ist darauf zurückzuführen, dass diese schon immer ausgenommen waren. D.h., auch nach dem BKGG a.F. gehörte dieser Personenkreis nicht zum öffentlichen Dienst i.S. des damaligen Kindergeldrechts (s. Felix, in Kindergeldrecht § 72 Rn. 39). Weitere Ausnahmen gibt es im Hinblick auf die Dauer der Beschäftigung (§ 72 Abs. 4 EStG), dem Wohnsitz des/der Berechtigten oder des Kindes (§ 72 Abs. 8 EStG), geförderte Beschäftigungsmaßnahmen (DA 72.2 Abs. 6 Satz 3 DA-FamEStG). § 72 Abs. 3 Nr. 1 EStG erfasst nicht nur die Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts als solche, sondern die Kirchen mit ihren regionalen Untergliederungen einschließlich der Ordens193
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§ 13
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Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 72 EStG)
gemeinschaften sowie auch Einrichtungen der Kirchen, mit denen diese tätig werden (kirchliche Krankenhäuser, Schulen, Hochschulen, Kindergärten, Lehrwerkstätten u.ä.). Erfasst werden alle Beschäftigte unabhängig von der arbeitsrechtlichen Vertragsgestaltung. Hat die kirchliche Einrichtung die Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.), sprich ist sie privatrechtlich organisiert, zählen die Betriebsangehörigen nicht zum Personenkreis des § 72 Abs. 1 EStG. Dies stellt die DA 72.2 Abs. 9 Satz 2 DA-FamEStG fest. Dieser Feststellung bedürfte es allerdings nicht, da § 72 Abs. 1 EStG nicht auf privatrechtlich organisierte Arbeitgeber abstellt. Zweifelsfragen dürften sich deshalb nicht ergeben. Ebenfalls von der Ausnahmeregel des § 72 Abs. 3 Nr. 1 EStG werden Stiftungen erfasst, die in der Genehmigungsurkunde über eine Stiftung des öffentlichen Rechts als „kirchlich“ ausgewiesen werden. In diesen Fällen ist deshalb auch die Agentur für Arbeit –Familienkasse- zuständig. Ausgenommen von der Sondervorschrift des § 72 Abs. 1 EStG sind ausdrücklich die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege, einer diesen unmittelbar oder mittelbar angeschlossener Mitgliedsverband oder eine einem solchen Verband angeschlossene Einrichtung oder Anstalt. Hierzu zählen insbesondere (DA 72.2 Abs. 11 DA-FamEStG): N Arbeiterwohlfahrt – Hauptausschuss. N Diakonisches Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland. N Deutscher Caritas-Verband. N Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband. N Deutsches Rotes Kreuz. N Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland. Da es sich grundsätzlich um privatrechtlich organisierte Arbeitgeber handelt, bleibt offen, ob es dieser eigenständigen Regelung bedürfte. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Vom Personenkreis des § 72 Abs. 1 und 2 EStG sind des Weiteren Personen, die nur mittelbar zu den Arbeitgebern i.S. des § 72 Abs. 1 und 2 gehören oder nur die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes anwenden, aber ansonsten privatrechtlich organisiert sind, ausgenommen. Deshalb sind folgende Personengruppen ausgeschlossen von der Anwendung des § 72 Abs. 1 oder Abs. 2 EStG (DA 72.2 Abs. 5 DA-FamEStG): N Arbeitnehmer einer privatrechtlich organisierten Vereinigung, Einrichtung oder Unternehmung, selbst wenn sie öffentliche Aufgaben erfüllt und die Tarifverträge für Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes oder die im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden oder vergleichbare tarifvertragliche Regelungen allgemein oder im Einzelfall anwendet (z.B. Arbeitnehmer der Deutschen Bahn AG, der Deutschen Post AG, der Deutschen Postbank AG und der Deutschen Telekom AG sowie der als Aktiengesellschaft betriebenen Verkehrs- und Versorgungsbetriebe einer Gemeinde [Eigenbetriebe] oder Arbeitnehmer eines als privatrechtliche Gesellschaft [z.B. als GmbH] betriebenen Zuwendungsempfängers der öffentlichen Hand). N Personen, die aufgrund eines Gestellungsvertrages beschäftigt werden. N Ehemalige Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, denen aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarung Vorruhestandsgeld gezahlt wird. N Versorgungsempfänger, deren Bezüge zwar nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gezahlt werden, aber auf ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis mit einem Rechtsträger des Privatrechts 194
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B. Vom öffentlichen Dienst ausgenommener Personenkreis zurückgehen (z.B. „pensionierter“ Chefarzt eines Krankenhauses, dessen Träger ein privatrechtlich organisierter Wohlfahrtsverband ist). N Ehemalige Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes und ihre Hinterbliebenen, die Leistungen aus der zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung (z.B. VBL) – einschließlich Leistungen aus Ruhelohn- oder Ruhegeldordnungen – erhalten. Abweichend von § 72 Abs. 1 Satz 1 EStG wird die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes, sofern Kindergeldansprüche auf Grund über- oder zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften oder sowohl nach Maßgabe des EStG als auch auf Grund über- oder zwischenstaatlicher Rechtsvorschriften bestehen, durch die Agentur für Arbeit – Familienkasse – vorgenommen. Diese Sondervorschrift soll die Familienkassen (vor allem die zahlreichen kleineren Familienkassen) des öffentlichen Dienstes in der Hinsicht entlasten, dass sie nicht mit der schwierigen Ermittlung der Voraussetzungen bzw. mit Prüfung der Vorschriften des über- und zwischenstaatlichen Rechtes konfrontiert werden. Es handelt sich bei der Ausnahme um eine Regelung betreffend des Kindergeldes für Kinder, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der EU bzw. EWR-Staat oder einem anderen Vertragsstaat haben. Gleiches gilt aber auch, wenn ein Anspruchsberechtigter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat der EU bzw. EWR-Staat oder einem anderen Vertragsstaat hat bzw. Angehöriger eines solchen Staates ist. Im Einzelnen hierzu (DA 72.3 Abs. 1 Satz 1 DA-FamEStG): „Nach § 72 Abs. 8 EStG ist für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes die Agentur für Arbeit – Familienkasse – in folgenden Fallgruppen zuständig: 1. wenn der vorrangig Berechtigte Angehöriger eines anderen EU-/EWR- oder sonstigen Vertragsstaates (Bosnien und Herzegowina, Marokko, Mazedonien, Serbien und Montenegro, Schweiz, Türkei und Tunesien; sowie der nachfolgenden Staaten bis zum 30.4.2004 (ab 1.5.2004 EU-Staaten): Estland, Lettland, Litauen, Tschechische Republik und Zypern) ist, auch wenn die gesamte Familie in Deutschland wohnt, 2. wenn ein nachrangig Berechtigter (insbesondere der Ehegatte des vorrangig Berechtigten) Angehöriger eines anderen EU-/EWR- oder Vertragsstaates ist und entweder in Deutschland auf Veranlassung eines Arbeitgebers mit Sitz in einem anderen EU-/EWR- oder Vertragsstaat tätig ist oder Entgeltersatzleistungen aus einem solchen Staat bezieht, 3. bei Erwerbstätigkeit eines vorrangig oder nachrangig Berechtigten in einem anderen EU-/ EWR- oder Vertragsstaat, 4. bei Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt eines vorrangig oder nachrangig Berechtigten oder eines Kindes in einem anderen EU-/EWR- oder Vertragsstaat. In den Fällen der DA 63.6.1 Abs. 2 Satz 1 DA-FamEStG bleibt weiterhin die Familienkasse des öffentlichen Dienstes zuständig, 5. bei nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern bzw. Gleichgestellten aus einem anderen EU-/EWR- oder Vertragsstaat (Art. 13 Abs. 2 Buchstabe d, Art. 14, Art. 14b Nr. 1 und 2, Art. 14e, Art. 17 VO (EWG) 1408/71 sowie entsprechende Regelungen in den Abkommen über Soziale Sicherheit bzw. Kindergeld mit den o.a. Staaten) und ihren (auch dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen) Ehegatten,
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Festsetzung und Zahlung des Kindergeldes an Angehörige des öffentlichen Dienstes (§ 72 EStG)
6. bei (auch dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen) Ehegatten von in Deutschland stationierten Mitgliedern der NATO-Streitkräfte (Truppe und ziviles Gefolge) eines anderen EUStaates, 7. bei (auch dauernd getrennt lebenden oder geschiedenen) Ehegatten von in Deutschland beschäftigten Mitgliedern diplomatischer Missionen bzw. konsularischer Vertretungen eines anderen EU-/EWR- oder Vertragsstaates.“ Beschäftigt der öffentliche Arbeitgeber ABM-Arbeitnehmern oder Arbeitnehmern in Maßnahmen nach §§ 272 ff. SGB III und § 16 SGB II ist hingegen für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes die Agentur für Arbeit – Familienkasse – zuständig. Erst durch Übernahme in ein reguläres Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis wird die Familienkasse des öffentlichen Arbeitgebers zuständig. Keine Zuständigkeit bei der Familienkasse des öffentlichen Dienstes ist dann gegeben, wenn zwar der Arbeitnehmer in einem regulären Arbeits- und Beschäftigungsverhältnis beschäftigt wird, aber dieses zeitlich auf maximal sechs Monate befristet ist. Ausschlaggebend für die Beurteilung der Dauer ist der abgeschlossene Arbeitsvertrag. Ist aus diesem zu entnehmen, dass zunächst das Arbeitsverhältnis auf bis zu sechs Monate befristet ist, bleibt die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit – Familienkasse –. Zu unterscheiden ist dabei, wenn nur eine Probezeit von bis zu sechs Monaten vereinbart wurde, aber es sich ansonsten um einen unbefristeten Arbeitsvertrag handelt. Dann liegt von Beginn an die Zuständigkeit bei der Familienkasse des öffentlichen Arbeitgebers. Wird während der Dauer eines befristeten Arbeitsvertrages (max. sechs Monate) ein weiterer Arbeitsvertrag von Dauer geschlossen, so ist ab dem Folgemonat des Abschlusses des Arbeitsvertrages die Zuständigkeit der Familienkasse des öffentlichen Dienstes gegeben. Dies gilt auch, wenn es sich um einen weiteren befristeten Arbeitsvertrag handelt, der sich direkt an den ersten befristeten Arbeitsvertrag anschließt. Die Befristung muss dann nur mindestens einen Monat betragen. Sollte sich ein weiterer befristeter Arbeitsvertrag mit einer Unterbrechung von mindestens einen Monat anschließen, ist die Beurteilung neu vorzunehmen. D.h., ist dieser weitere befristete Arbeitsvertrag auf mehr als sechs Monate abgeschlossen, läge dann sofort die Zuständigkeit bei der Familienkasse des öffentlichen Dienstes.
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§ 14 Zahlung des Kindergeldes in Sonderfällen (§ 74 EStG) Bei der Anwendung des § 74 EStG ist zwischen der Auszahlung des Kindergeldes an Dritte [Abzweigung (Abs. 1)] und den Erstattungsansprüchen der Sozialleistungsträger (Abs. 2) zu unterscheiden. Die Vorschrift des § 74 EStG soll eine möglichst zeitnahe, schnelle Handhabung für die Familienkassen und die Betroffenen darstellen, das Kindergeld an die Person oder Stelle auszuzahlen, die tatsächlich für den Unterhalt des Kindes aufkommt bzw. das Kindergeld zu erstatten, sofern ein Sozialleistungsträger in Vorleistung gegangen war. § 74 EStG soll insoweit die Möglichkeit bieten, unbürokratisch Kindergeld an die betroffenen Personen oder Einrichtungen auszuzahlen. In den Fällen der Abzweigung des Kindergeldes an das Kind selbst mag das noch im Rahmen bleiben und von den Familienkassen durchaus durchführbar sein. Spätestens jedoch bei den Fällen der Abzweigung an eine dem Kind Unterhalt gewährende Person oder Stelle ist eine einfache, schnelle Lösung nicht möglich. Im Gegenteil, durch die jüngste Rechtsprechung hierzu wird aus meiner Sicht die Sache eher verkompliziert (s.A). Eine Abzweigung oder ein Erstattungsanspruch ist nur möglich, wenn das Kindergeld durch die Familienkasse für das betreffende Kind betragsmäßig festgesetzt wurde. D.h., gegenüber dem Anspruchsberechtigten muss eine betragsmäßige Kindergeldfestsetzung für den betroffenen Zeitraum – Zeitraum des Abzweigungs- oder Erstattungsbegehrens – bestehen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass nie das Kind selbst oder eine ihm Unterhalt gewährende Person/ Stelle selbst oder ein Sozialleistungsträger Kindergeldberechtigter sein kann. Nur das gegenüber dem Anspruchsberechtigten festgesetzte Kindergeld kann, sofern die Voraussetzungen vorliegen, an das Kind selbst oder eine ihm Unterhalt gewährende Person/Stelle abgezweigt oder an einen Sozialleistungsträger ausgezahlt werden, wenn dieser einen Erstattungsanspruch geltend gemacht hat. Besteht gegenüber dem Anspruchsberechtigten noch keine Kindergeldfestsetzung, ist das Kind oder die ihm Unterhalt gewährende Person/Stelle zunächst in der Pflicht, einen Antrag im berechtigten Interesse gem. § 67 Satz 2 EStG stellen (vgl. § 8, B). ! Praxishinweis: Dem Antrag wird in solchen Fällen meist gleichzeitig der Abzweigungsantrag beigefügt. In den Fällen des Erstattungsanspruches darf es noch keine betragsmäßige Festsetzung geben, da hier der Sozialleistungsträger einen Anspruch geltend macht, für den er aus seiner Sicht in Vorleistung getreten ist. D.h., hier stellt der Sozialleistungsträger immer einen Antrag im berechtigten Interesse mit gleichzeitiger Geltendmachung des Erstattungsanspruches und ggf. einen in die Zukunft gerichteten Abzweigungsantrag. Über den Abweigungsantrag oder den Erstattungsanspruch entscheidet die Familienkasse durch Bescheid. Dabei handelt es sich um einen sonstigen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gegenüber dem Anspruchsberechtigten einerseits und dem Abzweigungsempfänger andererseits (vgl. DA 74.1.1 Abs. 2 Satz 5 DA-FamEStG). 197
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Zahlung des Kindergeldes in Sonderfällen (§ 74 EStG)
Auszahlung an Dritte (Abzweigung)
Durch die Vorschrift des § 74 Abs. 1 EStG ist geregelt, das Kindergeld an das Kind selbst (Zahlund Zählkinder) bzw. an die für seinen Unterhalt aufkommendes Person oder Stelle ausgezahlt (abgezweigt) werden kann. Die Abzweigung kommt aber nur dann in Betracht, wenn der Anspruchsberechtigte seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht nachkommt bzw. tatsächlich keinen Unterhalt leistet und zivilrechtlich auch dazu nicht verpflichtet ist.1 Eine Unterhaltspflicht des Anspruchsberechtigten gegenüber dem Kind liegt vor, wenn der Unterhaltsbedarf des Kindes nicht gedeckt ist (§ 1602 BGB) und er leistungsfähig ist (§ 1603 BGB). Eine Abzweigung des Kindergeldes an das Kind ist auch dann zulässig und geboten, wenn der Kindergeldberechtigte- unabhängig von der Verletzung einer etwaigen Unterhaltspflicht – tatsächlich keinen Unterhalt leistet (entgegen DA 74.1.1 Abs. 1 Satz 3 DA-FamEStG).2 Das gleiche gilt, wenn der Anspruchberechtigte wegen fehlender Leistungsfähigkeit keinen Bar-Unterhalt zahlen muss.3 Nach einem Urteil des Hessischen FG reicht es auch nicht aus, dass der Anspruchsberechtigte den Unterhaltsanspruch teilweise befriedigt. Auch hier besteht ein Abzweigungsanspruch des Kindes.4 Da volljährige Kinder grundsätzlich einen zivilrechtlichen Anspruch auf eine Unterhaltsrente haben, ist ein Angebot des Anspruchsberechtigten, ihm Unterhalt in Form von Kost und Logis (Naturalunterhalt) zu gewähren, nicht ausreichend.5 Eine Abzweigung an das Kind selbst kommt nur dann in Betracht, wenn es volljährig ist. Die Höhe des Abzweigungsbetrages richtet sich nach den Vorschriften des § 76 EStG. Erfolgt ein Abzweigungsbegehren eines Sozialhilfeträgers ist nach jüngster Rechtsprechung bei der Entscheidung ein Ermessen durch die Familienkasse dahingehend auszuüben, ob dem Anspruchsberechtigten ein Teil des Kindesgeldes verbleibt, da er selbst zu einem Teil für den Unterhalt aufkommt6 oder aufgrund besonderer gesetzlicher Bestimmungen z.B. ein Teil des Kindergeldes nicht zum Einkommen bei der Berechnung der Hilfeleistung des Sozialleistungsträgers des Anspruchsberechtigten zählt.7 In beiden Fällen geht der BFH davon aus, dass die Familienkassen eine Entscheidung darüber treffen müssen, in welcher Höhe der Anspruchsberechtigte weiterhin Anspruch auf das Kindergeld hat. So hat der BFH entschieden, dass es durchaus denkbar wäre, das Kindergeld ohne detaillierte Bewertung der Unterhaltsaufwendungen des Anspruchsberechtigten hälftig an den Sozialleistungsträger abzuzweigen.8 D.h., teilen sich der Sozialleistungsträger und der Berechtigte den Unterhalt, ohne eine konkrete Gewichtung aufzustellen, wäre das Kindergeld zu 50 % dem Anspruchsberechtigten zu belassen und zu 50 % an den Sozialhilfeträger abzuzweigen. Mit diesem Urteil hat der BFH eine Abgrenzung zu einer früheren Entscheidung getroffen, in der er das Ermessen der Familienkasse auf Null reduzierte, da durch die Berechtigten keine Betreuung und
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BFH Urteil v. 16.04.2002 VIII R 50/01, BStBl 2002 II, S. 575. FG Düsseldorf Urteil v. 04.07.2005 14 K 5656/04 Kg, EFG 2005, S. 1787. FG Münster Urteil v. 10.08.2006 14 K 4461/05 Kg, EFG 2006, S. 1684. Hessisches FG Urteil v. 28.06.2006 3 K 4212/03, Haufe-Index 1644186. BFH Beschluss v. 22.12.2005 III S 26/05 (PKH) (NV), BFH/NV 2006, S. 736. BFH Urteil v. 23.02.2006 III R 65/04, HFR 2006, S. 887, BFH/NV 2006, S. 1575. BFH Urteil v. 25.05.2004 VIII R 21/03,BFH/NV 2005, S. 171. BFH Urteil v. 23.02.2006 III R 65/04, HFR 2006, S. 887, BFH/NV 2006, S. 1575.
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A. Auszahlung an Dritte (Abzweigung) Unterhaltsleistungen erbracht wurde.9 In diesem Falle ist das Kindergeld in voller Höhe an den Sozialleistungsträger abzuzweigen. ! Praxishinweis: Das Urteil des BFH zum anteiligen Anspruch auf 50 % des Kindergeldes für den Sozialleitungsträger und den Anspruchsberechtigten ist m.E. kritisch zu sehen. Erfolgen z.B. sehr häufige Betreuungsleistungen der Eltern (Anspruchsberechtigten) durch Besuche beim Kind oder sogar durch Wochenendbesuche des Kindes im Haushalt der Eltern, so dürfte ihre Belastung (Gewährung von Unterkunft, Verpflegung und nicht zu vergessen der Betreuung) höher zu bewerten sein wie die finanziellen Zuwendungen des Sozialleistungsträgers. Das Ermessen der Familienkasse wäre ggf. dahingehend auszuüben, die Leistungen der Eltern in einer geeigneten Form in Geld umzurechnen und wenn sich danach eine Belastung von 154,00 €/mtl. oder mehr ergäbe, wäre der Abzweigungsantrag abzulehnen. Der Abzweigungsantrag ist gegenüber der Familienkasse schriftlich zu stellen. Dabei obliegt dem Antragsteller (Kind, andere Person oder Stelle) die Pflicht, im Einzelnen darzulegen, dass die Voraussetzungen vorliegen, insbesondere, dass der Anspruchsberechtigte seiner Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind nicht nachkommt bzw. keinen oder nur teilweise Unterhalt leistet. Wird der Abzweigungsantrag von einer anderen Person oder Stelle gestellt, so hat diese zudem darzulegen und nachzuweisen, in welcher Höhe sie für den Unterhalt des Kindes aufkommt. Über diesen Antrag entscheidet die Familienkasse mit einem sonstigen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung gegenüber dem Anspruchsberechtigten einerseits und dem Abzweigungsempfänger andererseits. Besteht gegenüber dem Anspruchsberechtigten noch keine Kindergeldfestsetzung, ist das Kind oder die ihm Unterhalt gewährende Person/Stelle zunächst in der Pflicht einen Antrag im berechtigten Interesse gem. § 67 Satz 2 EStG stellen (vgl. § 8, B). Gegen die Entscheidung der Familienkasse können beide Parteien das Rechtsmittel des Einspruches nutzen und ggf. Klage beim zuständigen Finanzgericht erheben. Wird die betragsmäßige Kindergeldfestsetzung aufgehoben und besteht zu dieser eine Abzweigung, so ist der Abzeigungsempfänger auch für den Erstattungsanspruch gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO zuständig.10 D.h., der Abzweigungsempfänger und nicht der Anspruchsberechtigte hat den abgezweigten Kindergeldanteil an die Familienkasse zu erstatten. Deshalb besitzt der Abzweigungsempfänger in diesen Fällen eine Beteiligtenstellung im außergerichtlichen Vorverfahren und im sich ggf. anschließenden gerichtlichen Verfahren.11 ! Praxishinweis: Die Rückzahlung des Erstattungsanspruches durch den Abzweigungsempfänger liegt nur vor, wenn es sich um eine Abzweigung i.S.d. § 74 EStG handelt. Beantragt der Anspruchsberechtigte, dass das Kindergeld direkt z.B. auf das Konto des Kindes überwiesen wird, so liegt keine Abzweigung nach § 74 EStG vor. Der Anspruchsberechtigte hat insoweit den Rückforderungsanspruch selbst zu erstatten. ! Praxishinweis: Sofern ein Kind einen Unterhaltsanspruch besitzt, empfiehlt es sich diesen, im Wege eines Pfändungsverfahrens durchzusetzen, sofern die Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Erwirkt das Kind eine Pfändung und kann es deshalb den 9 BFH Urteil v. 17.02.2004 VIII R 58/03, BStBl 2006 II, S. 130. 10 BFH Urteil v. 24.08.2001 VI R 83/99, BStBl 2002 II, S. 47. 11 BFH Urteil v. 12.01.2001 VI R 181/97, BStBl 2001 II, S. 443.
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§ 14
Zahlung des Kindergeldes in Sonderfällen (§ 74 EStG)
Kindergeldanspruch gem. § 76 EStG auf sich überleiten, ist es für einen möglichen späteren Erstattungsanspruch der Familienkasse nicht verantwortlich.
B. 7
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Erstattungsanprüche von Sozialleistungsträgern
Eine Erstattung nach § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X erfordert grundsätzlich, dass ein Anspruch auf Kindergeld für einen Zeitraum in der Vergangenheit besteht, für den ein Sozialhilfeträger – trotz nachrangiger Leistungsverpflichtung – Leistungen ohne Anrechnung des Kindergeldes dem Berechtigten für seine Kinder oder den Kindern allein erbracht hat (DA 74.3.1 Abs. 1 DA-FamEStG). D.h., es ergibt sich immer nur dann ein Erstattungsanspruch, wenn die Familienkasse noch kein Kindergeld an den Anspruchsberechtigten oder das Kind oder einen anderen Dritten geleistet hat (§ 104 Abs. 1 Satz 1, 2. HS SGB X). Wurde durch die Familienkasse jedoch noch kein Kindergeld festgesetzt und ausgezahlt, so verpflichtet § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Familienkasse bei Gleichartigkeit der Leistung an den Leistungsträger zu erstatten, sofern dieser in Vorleistung getreten war.12 Eine Gleichartigkeit liegt in der Regel dann vor, wenn der Sozialleistungsträger allgemeine Mittel für ein Kind gewährt, ohne dass er Kindergeld, das dagegen gerechnet werden müsste (z.B. als Einkommen), tatsächlich gegenrechnet.13 D.h., ohne Kindergeld, da dies grundsätzlich nach den gesetzlichen Vorschriften für den Sozialleistungsträger angerechnet werden dürfte, ergäbe sich ein geringerer Betrag, der gegenüber den Berechtigten bewilligt würde. Keine Gleichartigkeit liegt z.B. bei Sachleistungen im Rahmen einer Heimerziehung vor.14 Auch bei zweckgebundenen Leistungen, z.B. bei der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe, liegt keine Gleichartigkeit vor. Kindergeld ist nicht von einem maßnahmebezogenen Zweck geprägt, sondern es handelt sich um eine allgemeine Leistung des Staates zum Ausgleich der wirtschaftlichen Belastung, die durch Kinder entsteht.15 In den Fällen, wo weder eine Nachrangigkeit noch eine Gleichartigkeit vorliegt, kommt ein Erstattungsanspruch nur unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 EStG i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB X in Betracht. D.h., der Leistungsträger muss vom Berechtigten bzw. vom Hilfe empfangenden Kind einen Kostenbeitrag erhoben oder Aufwendungsersatz verlangt haben (z.B. bei Heimunterbringung der Kinder auf Kosten des Sozialhilfeträgers, Eingliederungshilfe für behinderte Kinder nach §§ 53 ff. SBG XII). Diesen Kostenbeitrag hat der Anspruchberechtigte jedoch nicht an den Sozialhilfeträger erstattet. Der Sozialleistungsträger muss durch detaillierte Angaben seinen Erstattungsanspruch darlegen und zusätzlich durch Vorlage einer Kopie des Kostenfestsetzungsbescheides nachweisen, dass von ihm eine Entscheidung über die Heranziehung der Eltern zu den Kosten durch Verwaltungsakt getroffen wurde. Ist diese Entscheidung nicht offensichtlich fehlerhaft, ist die Familienkasse an die Entscheidung des Trägers gebunden.16
12 BFH Urteil v. 25.05.2004 VIII R 21/03, BFH/NV 2005, S. 171. 13 Niedersächsisches FG Urteil v. 04.08.2005 10 K 293/03, EFG 2006, S. 988; Rev. eingel. BFH III R 62/05. 14 BFH Urteil v. 07.12.2004 VIII R 57/04 (NV), BFH/NV 2005, S. 862; BFH Urteil v. 07.12.2004 VIII R 59/04 (NV), BFH/NV 2005, S. 864. 15 BVerwG Urteil v. 29.09.1994 5 C 56/92, Amtliche Sammlung Bd. 96, S. 379. 16 Niedersächsisches FG Urteil v. 04.08.2005 10 K 293/03, EFG 2006, S. 988; Rev. eingel. BFH III R 62/05.
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B. Erstattungsanprüche von Sozialleistungsträgern Der Kostenfestsetzungsbescheid muss Folgendes beinhalten: N für welches Kind der Träger Aufwendungen erbringt, N welcher Art, Dauer und Höhe die gewährten (monatlichen) Leistungen sind und N in welcher Höhe der monatliche Kostenbeitrag verlangt wird. Hat der Träger der Sozialhilfe vom Berechtigten oder vom Hilfe empfangenden Kind mit bestandskräftigem Bescheid Aufwendungsersatz verlangt oder einen Kostenbeitrag erhoben, besteht für die Familienkasse eine Erstattungspflicht nach § 74 Abs. 2 EStG i. V .m. § 104 Abs. 1 Satz 4 SGB X. Die Höhe des Erstattungsanspruchs ist auf den Betrag begrenzt, der mit Bescheid als Aufwendungsersatz verlangt wird oder als Kostenbeitrag festgesetzt wurde. Ein höherer Betrag kann erst dann gefordert werden, wenn eine neue bestandskräftige Entscheidung des Sozialträgers erfolgt. ! Praxishinweis: Trifft ein Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 EStG mit einem Antrag auf Auszahlung an einen Dritten nach § 74 Abs. 1 EStG zusammen, hat der Erstattungsanspruch nach § 74 Abs. 2 EStG Vorrang. Das gleiche gilt bei Abtretung, Verpfändung und Pfändung. Nach § 33 b BVG erhalten schwerbehinderte Menschen für jedes Kind einen Kinderzuschlag in Höhe des gesetzlichen Kindergeldes, wenn für das betreffende Kind kein Anspruch auf Kindergeld bzw. rentenrechtliche Kinderzulage oder Kinderzuschuss besteht. Wird Kindergeld rückwirkend für einen Zeitraum zuerkannt, für den bereits Kinderzuschläge nach dem BVG gezahlt worden sind, steht diese Nachzahlung gemäß § 71 b BVG i.V.m. § 104 SGB X dem Träger der Kriegsopferversorgung zu. Der Träger der Kriegsopferversorgung hat deshalb nach § 74 Abs. 2 EStG einen Erstattungsanspruch gegenüber der Familienkasse (DA 74.3.2 DA-FamEStG).
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§ 15 Aufrechnung (§ 75 EStG) 1
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Neben der allgemeinen Aufrechnungsvorschrift des § 226 AO ist für den Bereich des Kindergeldes eine eigene Vorschrift zur Aufrechnung im EStG mit aufgenommen worden. Nach § 75 Abs. 1 EStG kann danach ein Anspruch auf Rückzahlung (Erstattung) von Kindergeld mit bis zur Hälfte des weiterhin laufend ausgezahlten Kindergeldes aufgerechnet werden. Bei der Aufrechnung, ob nach § 226 AO oder § 75 EStG, handelt es sich um die Verrechnung zweier gegeneinander stehender Ansprüche (Ausnahme: § 75 Abs. 2 EStG – vgl. Rn. 9 f.). Bei der Aufrechnung handelt es sich um eine einseitige zugangsbedürftige Willenserklärung der Familienkasse. Sie stellt keinen anfechtbaren Verwaltungsakt dar.1 Mit der Aufrechnungsmöglichkeit nach § 75 Abs. 1 und 2 EStG hat der Gesetzgeber der Familienkasse eine einfache Lösungsmöglichkeit an die Hand gegeben, um den Erstattungsanspruch wegen zu Unrecht geleisteten Kindergeldes in einem einfachen Verfahren unter Einbehaltung des laufenden Kindergeldes befriedigen zu können. Die Aufrechnungsmöglichkeit des § 75 Abs. 1 und 2 greift jedoch nicht, wenn der Berechtigte hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder im Sinne der Vorschriften des SGB II über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist oder durch die Aufrechnung würde. Es gelten für die Aufrechnung nach § 226 Abs. 1 AO sinngemäß die Vorschriften des BGB (§§ 387–396). Abweichend kann nach § 226 Abs. 2 AO entgegen § 390 S. 2 BGB mit steuerlichen Ansprüchen nicht aufgerechnet werden, wenn sie durch Verjährung verwirkt bzw. durch eine andere Ausschlussfrist erloschen sind. Bei den Familienkassen des öffentlichen Dienstes kommt es zu einer weiteren Besonderheit. Diese haben gem. § 226 AO die Möglichkeit, mit dem Geldanspruch nach bürgerlicher Rechtsnatur (z.B. Lohn/Gehalt/Vergütung/Besoldung) aufzurechnen. Eine Aufrechnung mit Lohn-, Gehalt-, oder Bezügen kommt jedoch nur im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO in Betracht. Von der Aufrechnungsmöglichkeit nach § 226 AO kann die Familienkasse auch dann Gebrauch machen, wenn z.B. neben dem Erstattungsanspruch ein Nachzahlungsanspruch auf Kindergeld besteht. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um ein und dasselbe Kind handelt. Eine Aufrechnung kann auch mit Kindergeldnachzahlungen für andere Kinder, die noch bei dem Berechtigten berücksichtigt werden, erfolgen. Ausgeschlossen ist die Anwendung von § 226 AO bei Kindergeldnachzahlungen gegenüber mit dem Erstattungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berechtigten (entgegen § 75 Abs. 2 EStG, Aufrechnungsmöglichkeit bei laufendem Kindergeld).
A. 3 4
Aufrechnung gegenüber dem Erstattungsschuldner
Die Voraussetzungen einer Aufrechnungslage gem. § 226 AO (Gleichartigkeit, Gegenseitigkeit, Fälligkeit und Erfüllbarkeit) gelten sinngemäß auch für die Aufrechnung nach § 75 EStG. Eine Gleichartigkeit liegt vor, wenn sich zwei Geldforderungen gegenüberstehen. Für das Kindergeldrecht bedeutet dies, wenn eine Aufrechnung nach § 226 AO erfolgt, muss zum einen ein 1
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BFH v. 04.02.1997 VII R 50/96, BStBl 2002 II, S. 479.
A.
Aufrechnung gegenüber dem Erstattungsschuldner
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Erstattungsanspruch von zuviel gezahltem Kindergeld auf der einen Seite und auf der anderen Seite ein Nachzahlungsanspruch von Kindergeld für das gleiche oder ein anderes Kind, das beim Berechtigten berücksichtigt wird, bestehen. Aufrechnungen mit anderen Steuern oder Steuervergütungen kommen nicht in Betracht. > Beispiel: Bei einer abschließenden Prüfung der befristeten betragsmäßigen Kindergeldfestsetzung für das Kalenderjahr 2006 im März 2007 stellt die Familienkasse fest, dass der maßgebliche Grenzbetrag durch eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes K überschritten wird. Mit Einreichung der Unterlagen für das Kalenderjahr 2006 hat der Berechtigte S gleichzeitig für K Kindergeld wieder beantragt. Da voraussichtlich die Einkünfte und Bezüge von K den maßgeblichen Grenzbetrag 2007 nicht überschreiten, setzt die Familienkasse Kindergeld rückwirkend ab 01.01.2007 fest. Die Aufhebung und die Festsetzung erfolgen am 18.04.2007. Durch die Aufhebung ergibt sich ein Erstattungsbetrag i.H.v. 1.848,00 € (12 × 154,00 €) und aufgrund der Neufestsetzung ein Nachzahlbetrag i.H.v. 616,00 € (4 × 154,00 €). Ab Mai erhält S laufend Kindergeld. Die Familienkasse kann den Nachzahlbetrag i.H.v. 616,00 € gegen den Erstattungsbetrag gem. § 226 AO aufrechnen. Eine weitere Aufrechnungsmöglichkeit besteht im Hinblick auf das laufend ausgezahlte Kindergeld. Die Familienkasse kann hier eine Aufrechnung gem. § 75 Abs. 1 EStG bis zur Hälfte (77,00 €) des laufend ausgezahlten Kindergeldes erklären. Eine Besonderheit im Kindergeldrecht ergibt sich jedoch, sofern es sich um eine Familienkasse des öffentlichen Dienstes handelt. Hier kann es sich auf der Seite des Kindergeldberechtigten/ Erstattungsschuldners auch um einen Geldanspruch nach bürgerlicher Rechtsnatur (z.B. Lohn/ Gehalt/Bezüge) handeln. Eine Aufrechnung mit Lohn, Gehalt oder Bezügen kommt nur im Rahmen der Pfändungsfreigrenzen des § 850 c ZPO in Betracht. > Beispiel: Die Familienkasse hat die Kindergeldfestsetzung für das gesamte Jahr 2006 gegenüber dem Kindergeldberechtigten S für sein Kind K aufgehoben. Aufgrund dieser Aufhebung ergibt sich ein Erstattungsanspruch gem. § 37 Abs. 2 Satz 2 AO i.H.v. 1.848,00 €. Einen anderen Kindergeldanspruch hat Herr S nicht. Herr S ist jedoch Angehöriger des öffentlichen Dienstes i.S.d. § 72 EStG. Da der öffentliche Arbeitgeber zugleich die auszahlende Stelle für die Bezüge ist, kann er mit den laufenden Bezügen gem. § 226 AO (§ 850 c ZPO beachten!) aufrechnen, sofern eine Kassenidentität gegeben ist. Nach § 75 Abs. 1 EStG muss eine besondere Form der Gleichartigkeit vorliegen. Diese Vorschrift lässt eine Aufrechnung nur zu, wenn es sich ebenfalls um Kindergeld handelt. Dabei mit der Besonderheit, dass eine Aufrechnung nur mit laufendem Kindergeld in Betracht kommt. Unbeachtlich ist, ob es sich um das gleiche Kind oder um andere Kinder des Berechtigten handelt. Eine Aufrechnung kommt jedoch nur bis zur Hälfte des laufend ausgezahlten Kindergeldes in Betracht. Dabei wird ein Gesamtkindergeld ermittelt. Von diesem Betrag kann die Hälfte in Anrechnung gebracht werden. Es besteht keine Möglichkeit der Anwendung des § 75 Abs. 1 EStG bei Kindergeldnachzahlungen. Entgegen einer Aufrechnung nach § 226 AO, z.B. mit Vergütungsansprüchen, ist die Aufrechnung nach § 75 Abs. 1 EStG begrenzt auf die Steuervergütung Kindergeld, die laufend ausgezahlt wird.
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§ 15 Aufrechnung (§ 75 EStG) > Beispiel: Der Kindergeldberechtigte S hat zwei Kinder K 1 und K 2. Die betragsmäßige Kindergeldfestsetzung für K 2 wird rückwirkend durch die Familienkasse aufgehoben. Es entsteht ein Erstattungsanspruch i.H.v. 924,00 € (6 × 154,00 €). Da S noch für ein weiteres Kind (K 1) Kindergeld erhält, kann die Familienkasse eine Aufrechnung i.H.v. 77,00 € (½ v. 154,00 €) erklären. Hätte S zwei weitere berücksichtigungsfähige Kinder (K 1 und K 3), dann hätte die Familienkasse mit einem Betrag von 154,00 € [½ v. 308,00 € (2 × 154,00 €)] aufrechnen können. Wären noch weitere vier Kinder (K 1, K 3, K 4 und K 5) zu berücksichtigen gewesen, dann hätte die Familienkasse mit einem Betrag von 320,50 € [1/2 v. 641,00 € (3 × 154,00 € + 179,00 €)] aufrechnen können. Achtung: in diesem Falle hätte sich bei dem Kind (K 4), das jetzt an dritter Stelle berücksichtigt wird, neben der Ordnungszahl (4 auf 3) auch der Kindergeldbetrag (179,00 € auf 154,00 €) rückwirkend geändert. Der Erstattungsbetrag würde sich entsprechend erhöhen, an der Höhe des maximal aufzurechnenden Betrages ändert dies nichts. 5
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Gegenseitigkeit bedeutet, dass der Schuldner einer Geldforderung zugleich Gläubiger der anderen Geldforderung sein muss, mit der aufgerechnet wird. Bezogen auf den Bereich des Kindergeldes heißt das, dass die Familienkasse Schuldner des noch auszuzahlenden Kindergeldes (bei § 75 Abs. 1 EStG des laufenden Kindergeldes, bei § 226 AO nachzuzahlenden Kindergeldes) ist und zugleich Gläubigerin des Erstattungsbetrages. Eine Aufrechnung darf nur dann erfolgen, wenn sowohl der Erstattungsbetrag als auch der Anspruch, mit dem aufgerechnet werden soll, fällig geworden sind. Die Familienkasse muss demnach Gläubigerin des Anspruches sein. Hierbei sind gem. § 37 Abs. 2 AO zwei Fallgestaltungen zu unterscheiden: a) § 37 Abs. 1 Satz 1 AO (Zahlung ohne Rechtsgrund) Die Familienkasse hat Kindergeld, ohne dass eine betragsmäßige Kindergeldfestsetzung vorlag, ausgezahlt. Die betragsmäßige Kindergeldfestsetzung und nicht das Vorliegen eines Tatbestandes (z.B. leibliches Kind, Berufsausbildung) bildet den Rechtsgrund für die Auszahlung des Kindergeldes (gegenteilige Auffassung – Felix, in: Kindergeldrecht § 75 EStG, Rn. 13). Da das Kindergeld ohne Rechtsgrund ausgezahlt wurde, ergibt sich nach der Vorschrift des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO ein Erstattungsanspruch i. H. des ausgezahlten Kindergeldes. b) § 37 Abs. 2 Satz 2 AO (Wegfall des Rechtsgrundes) Die Familienkasse hatte Kindergeld mit einer betragsmäßigen Festsetzung festgesetzt. Diese bildet den Rechtsgrund für die Auszahlung des Kindergeldes. Wird die Festsetzung später rückwirkend geändert (Höhe des Kindergeldes) oder aufgehoben (Wegfall des Anspruchstatbestandes), entfällt auch rückwirkend der Auszahlungsanspruch des Kindergeldes. Es ergibt sich ein Erstattungsanspruch der Familienkasse. Die Erfüllbarkeit setzt nicht unbedingt voraus, dass die gegenseitigen Forderungen von einer gleichen Schuld herrühren müssen. D.h. sie müssen nicht beide aus dem Steuerschuldverhältnis stammen. Sie müssen nur beide vorhanden sein und es muss eine Kassenidentität vorliegen. (Beispiel: öffentlicher Arbeitgeber ist Familienkasse und zugleich Bezüge auszahlende Stelle, dann kann ggf. nach § 226 AO aufgerechnet werden). Bei einer Aufrechnung nach § 75 Abs. 1 EStG handelt es sich immer um Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis.
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B.
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Aufrechnung gegenüber Dritten
Die Aufrechnungserklärung stellt keinen eigenen Verwaltungsakt dar, deshalb ist gegen sie kein Rechtsmittel gegeben.
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! Praxishinweis: Ist der Erstattungsschuldner nicht einverstanden mit der Aufrechnungserklärung, hat er die Familienkasse um die Erteilung eines Abrechnungsbescheides gem. § 218 Abs. 2 AO zu ersuchen. Der Abrechnungsbescheid kann dann mit Einspruch angefochten werden [Fälle der rechtsgrundlosen Zahlung von Anfang an (§ 37 Abs. 2 Satz 1 AO)]. Hat die Familienkasse eine Aufhebung oder Änderung der betragsmäßigen Kindergeldfestsetzung vorgenommen und hat sich daraus ein Erstattungsanspruch ergeben [Fälle der nachträglichen Rechtsgrundlosigkeit (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO)], kann der Erstattungsschuldner nur den gesamten Bescheid mit Einspruch angreifen.
B.
Aufrechnung gegenüber Dritten
§ 75 Abs. 2 EStG erweitert die durch § 75 Abs. 1 EStG verankerte Aufrechnungsmöglichkeit eines Anspruchs auf Erstattung von Kindergeld gegen einen späteren Kindergeldanspruch auf den mit dem Erstattungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berechtigten. Bis 1999 konnte nur eine Aufrechnung zwischen nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten erfolgen. Mit Art. 1 Nr. 32 des Gesetzes zur Familienförderung vom 22.12.1999 (BGBl 1999 I, S. 2552) wurde der Personenkreis erweitert und umfasst somit auch die Elternteile eines Kindes, die nicht verheiratet sind (nichteheliche Lebensgemeinschaften). Es darf sich hierbei ebenfalls nur um laufendes Kindergeld handeln. Eine Anrechnungsmöglichkeit scheidet auch hier aus, wenn der Berechtigte hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII über die Hilfe zum Lebensunterhalt oder im Sinne der Vorschriften des SGB II über die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist oder durch die Aufrechnung würde. Im Unterschied zur Aufrechnung gegen den Erstattungsschuldner wird durch diese besondere Vorschrift für das Kindergeld die in ansonsten einer Person liegende Identität von Gläubiger (Kindergeldberechtigter) und Schuldner (Erstattungspflichtiger) beseitigt. D.h., der ehemalige Empfänger des Kindergeldes ist nicht unbedingt der Schuldner. Der Schuldner kann auch ein Kindergeldberechtigter sein, der in Haushaltsgemeinschaft mit dem Erstattungsschuldner lebt. Dies jedoch nur dann, wenn der Erstattungsschuldner auch Kindergeld für das oder die Kinder erhalten könnte, mit deren Kindergeldbetrag aufgerechnet werden soll. Eine Haushaltsgemeinschaft liegt vor, wenn der Erstattungsschuldner und der andere Berechtigte eine gemeinsame Wohnung innehaben und davon auszugehen ist, dass beide sich im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit an den Kosten beteiligen. Die Vorschrift des § 75 Abs. 2 EStG soll verhindern, dass sich Eltern einer möglichen Aufrechnung entziehen, indem sie einen Berechtigtenwechsel durchführen. ! Praxishinweis: Durch einen rechtzeitigen Berechtigtenwechsel kann versucht werden, trotzdem einer Aufrechnung nach § 75 Abs. 2 EStG zu entgehen, da nicht jede Familienkasse davon Gebrauch macht. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es sich zum einen um eine Familienkasse des öffentlichen Dienstes (Erstattungsschuldner) und zum anderen um eine Agentur für Arbeit – Familienkasse – (neuer vorrangiger Berechtigter) oder um zwei Familienkassen des öffentlichen Dienstes handelt. 205
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§ 16 Pfändung (§ 76 EStG) 1
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§ 76 EStG normiert den Pfändungsschutz des steuerlichen Kindergeldes auf eng begrenzte Fälle. Kindergeldansprüche sollen, wie zu den früheren Zeiten des BKGG a.F., nur eingeschränkt pfändbar sein. Gesetzesbegründung (BT-Drs. 13/1558, S. 448 zu § 76 EStG): „Durch § 76 wird sichergestellt, daß Kindergeld wie bisher nur eingeschränkt pfändbar ist. Die Finanzbehörden können wie bisher den Kindergeldanspruch nicht pfänden. Dies ergibt sich aus § 76 i.V.m. § 319 AO. Die Regelung entspricht § 54 Abs. 5 SGB I.“ Die Pfändbarkeit des steuerlichen Kindergeldes richtet sich einzig und allein auf Unterhaltsansprüche. Folglich können die Finanzbehörden nicht den Steuervergütungsanspruch Kindergeld nach § 46 Abs. 1 AO pfänden. Die Steuervergütung Kindergeld ist nach § 76 EStG i.V.m. 319 AO geschützt, so dass Finanzbehörden nicht, wie ansonsten in § 46 Abs. 1 AO vorgesehen, darauf zurückgreifen können. Drittschuldner im Sinne von §§ 829, 845 ZPO ist bei einer Pfändung des Kindergeldes diejenige Familienkasse, die über den Kindergeldanspruch zu entscheiden hat (§ 46 Abs. 7 AO). Sofern der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss einer unzuständigen Familienkasse zugestellt wird, geht dieser ins Leere. Auch wenn die unzuständige Familienkasse den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an die zuständige Familienkasse weiterleitet, erfolgt hierdurch keine Heilung. Der Beschluss ist dann nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Eine Pfändung kommt nicht in Betracht. ! Praxishinweis: Soll ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss ergehen, so ist die Zuständigkeit der Familienkasse nochmals festzustellen, damit der Beschluss nicht an eine unzuständige Familienkasse zugestellt wird. Dies hätte zur Folge, dass der Beschluss nochmals gegenüber der zuständigen Familienkasse beantragt und nochmals zugestellt werden müsste. Die Pfändung könnte dann erst ab einem späteren Zeitpunkt erfolgen.
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Ist die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an die zunächst zuständige Familienkasse erfolgt und geht nach wirksamer Zustellung die Zuständigkeit auf eine andere Familienkasse über, tritt die neu zuständig gewordene Familienkasse auch in die Pflichten des Drittschuldners ein. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss geht auf sie über und sie muss ihn gegen sich wirken lassen. ! Praxishinweis: Überschneiden sich die wirksame Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und der Wechsel der Zuständigkeit einer Familienkasse, sollte überprüft werden, ob der Beschluss vor dem Zuständigkeitswechsel wirksam zugestellt wurde. Wenn nicht, muss der Gläubiger erst einen neuen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirken. Eine Pfändung käme erst nach dessen wirksamer Bekanntgabe in Betracht. 3
Grundsätzlich wird der gepfändete Betrag in dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beziffert. Er kann auch unter Bezugnahme auf § 76 EStG „un“bestimmt sein. D.h., in diesem Falle muss die Familienkasse den Betrag nach § 76 Satz 2 EStG errechnen. Sofern sich Änderungen
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16 ergeben, die Einfluss auf die Höhe haben, so ist der Betrag neu zu ermitteln (zur Ermittlung der Höhe s. B). Ist der gepfändete Betrag beziffert, so ist dieser Betrag auch dann wirksam gepfändet und darf nicht mehr an den Berechtigten ausgezahlt werden, wenn er höher ist als der nach § 76 Satz 2 EStG pfändbare Teil des Kindergeldes (DA 76.1 Abs. 3 Satz 2 DA-FamEStG). Dies gilt auch dann, wenn ein zunächst zutreffender Pfändungsbetrag nach einer Änderung des Kindergeldanspruchs nicht mehr der Regelung des § 76 Satz 2 EStG entspricht (DA 76.1 Abs. 3 Satz 3 DA-FamEStG). ! Praxishinweis: Da die Familienkasse die Höhe des im Pfändungs- und Überweisungsbeschluss genannten Betrages gegen sich gelten lassen muss, empfiehlt es sich, den Betrag zu überprüfen und sofern er zu hoch ist, gegen diesen Beschuss Rechtsmittel einzulegen [z.B. Erinnerung (§ 766 ZPO), Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO)]. Bei Zusammentreffen von Pfändung des Arbeitseinkommens und des pfändbaren Teils des Kindergeldes wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche eines Kindes (§ 850 e Nr. 2 Buchst. a ZPO), hat die Familienkasse den pfändbaren Teil des Kindergeldes wie bei einer anderen Kindergeldpfändung zu errechnen.
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! Praxishinweis: In diesen Fällen ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zwingend dahingehend zu überprüfen, ob die Drittschuldner (Arbeitgeber und Familienkasse) korrekt bezeichnet sind. Die Familienkasse ist verpflichtet, eine Drittschuldnererklärung binnen zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses abzugeben (§ 840 ZPO). Sie hat folgendes zu erklären (vgl. DA 76.4 DA-FamEStG): N ob und inwieweit sie die Forderung als begründet anerkenne und Zahlung zu leisten bereit sei; N ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung machen; N ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet sei. Die Angaben in der Drittschuldnerklärung stellen keine Verletzung des Steuergeheimnisses dar (§ 30 Abs. 4 Nr. 2 AO).
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! Praxishinweis: Ist man nicht mit der von der Familienkasse errechneten Höhe des pfändbaren Teils des Kindergeldes einverstanden, so sind die Einwände unverzüglich der Familienkasse mitzuteilen. Diese ist dann in der Pflicht, eine Überprüfung durchzuführen und ggf. den pfändbaren Teil neu zu berechnen. Ändert sich nichts am Ergebnis, hat die Familienkasse einen Abrechnungsbescheid gem. § 218 Abs. 2 AO zu erteilen. Dieser kann mit Einspruch gem. § 347 AO angegriffen werden. Eine Änderung der Berechtigtenbestimmung hat grundsätzlich keinen Einfluss auf den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss. In diesem Fall ist der Rechtsgedanke des § 42 AO (Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten) zu beachten.
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§ 16 Pfändung (§ 76 EStG) Die Änderung der Berechtigtenbestimmung ist daher unwirksam, wenn davon auszugehen ist, dass durch die Änderung nur die Absicht verfolgt wird, der Pfändung zu entgehen. Dies ist dann der Fall, wenn sich an der Höhe des Kindergeldes (bei mehreren Kindern des Gesamtkindergeldes) nichts ändert. > Beispiel: Die leiblichen Eltern S von K leben in einem gemeinsamen Haushalt. Die Mutter erhält das Kindergeld für K. K hat einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Mutter erwirkt. Um den Beschluss zu umgehen, erklären die Eltern S einen Berechtigtenwechsel zu Gunsten des Vaters von K. Dadurch erhöht sich jedoch nicht das Kindergeld für K. Es liegt ein Fall des § 42 AO vor, die Erklärung des Berechtigtenwechsels ist daher unwirksam. 6
Wäre hingegen ein Berechtigtenwechsel hinreichend begründet, muss der Pfändungsgläubiger einen neuen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegenüber dem neuen Berechtigten erwirken. Dies ist dann der Fall, wenn das Kind einem anderen Berechtigten zuzuordnen wäre (z.B. § 64 Abs. 3 EStG) oder sich durch den Berechtigtenwechsel ein höherer Kindergeldanspruch ergibt. > Beispiel: Die leiblichen Eltern S von K leben in einem gemeinsamen Haushalt. Die Mutter erhält das Kindergeld für K. K hat einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen die Mutter erwirkt. Die Eltern S erklären einen Berechtigtenwechsel zu Gunsten des Vaters von K. Der Vater von K (jüngstes Kind von S) hat noch weitere drei berücksichtigungsfähige Kinder aus einer früheren Beziehung. Diese Kinder leben bei der leiblichen Mutter. Durch die Berücksichtigung dieser drei Kinder erhöht sich der Kindergeldanspruch von 154,00 € (erstes Kind) auf 179,00 € (viertes Kind). Ein rechtsmissbräuchlicher Wechsel liegt deswegen nicht unmittelbar vor. ! Praxishinweis: Diese Fallgestaltung mag auf den ersten Blick günstig sein. Aber durch den erhöhten Anspruch auf Kindergeld würde sich ein neuer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegenüber dem Vater dahingehend negativ auswirken, dass sich ein höherer pfändbarer Anteil des Kindergeldes ergibt (Rn. 14). Der Berechtigtenwechsel sollte daher vorher gut überlegt werden (ggf. Zeitgewinn bis zum neuen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss).
16
A. 7
Pfändungsgrund/Pfändungsberechtigte
Grundsätzlich können nach § 46 Abs. 1 AO materiell entstandene Ansprüche auf eine Steuervergütung [Kindergeld = Steuervergütung (§ 31 Satz 3 EStG)] abgetreten, verpfändet oder gepfändet werden (vgl. Michaelis: in Kindergeldverfahren im öffentlichen Dienst ab 1996, 1. Teil, Ziff. II). Eine Pfändung der Steuervergütung Kindergeld kommt aber erst dann in Betracht, wenn die Voraussetzungen gem. § 76 Satz 1 EStG vorliegen. Danach ist die Pfändung des Kindergeldes nur zugelassen, sofern es sich um gesetzliche Unterhaltsansprüche des Kindes handelt. § 76 Satz 1 EStG bezieht sich ausschließlich auf gesetzliche Unterhaltansprüche. Die Unterhaltsansprüche müssen deshalb aus einem Gesetz abgeleitet werden können. Private Vereinbarungen über Unterhaltsansprüche, also freiwillige Leistungen oder über das Gesetz hinausgehende Leistungen fallen nicht unter den Geltungsbereich des § 76 Satz 1 EStG.
208
16
B. Höhe des pfändbaren Betrages Zielsetzung des § 76 EStG ist, dass die Steuervergütung dem zur Verfügung steht, der mit Unterhalt belastet ist. Kommt der Berechtigte seiner Unterhaltspflicht nicht nach, so soll das Kindergeld direkt dem unterhaltsberechtigten Kind zur Verfügung stehen. Dabei wird durch die Sondervorschrift des § 76 Satz 2 EStG (s. B) sichergestellt, dass letztendlich das Kindergeld dort ankommt, wo der Unterhaltsbedarf entsteht. Der Personenkreis der Pfändungsberechtigten ist gem. § 76 Satz 1 EStG eng begrenzt. Die Vorschrift bezieht sich einzig und allein auf gesetzliche Unterhaltsansprüche von Kindern. Einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch haben nur leibliche Kinder (hierzu gehören auch die adoptierten Kinder). Keinen gesetzlichen Unterhaltsanspruch haben alle anderen Kinder, insbesondere auch die Enkel oder Stiefkinder. Des Weiteren besteht auch keine Möglichkeit für andere Personen (z.B. geschiedener Ehegatte) Rückgriff auf das Kindergeld mit Hilfe eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu nehmen. Eine Pfändung kommt nur insoweit in Betracht, wie für die pfändungsberechtigten Kinder auch noch ein Kindergeldanspruch besteht, der durch eine betragsmäßige Festsetzung bestätigt ist.
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! Praxishinweis: Sollte noch keine betragsmäßige Festsetzung bestehen, ist ein Antrag im berechtigten Interesse zu stellen, damit Kindergeld festgesetzt werden kann (vgl. § 8, B). Ggf. erübrigt sich auch die Beantragung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, wenn eine Abzweigung nach § 74 Abs. 1 EStG (vgl. § 14, A) erwirkt werden kann. Achtung: In diesen Fällen muss aber der Abzweigungsempfänger die Erstattung des Kindergeldes vornehmen, sofern sich später herausstellt, dass das Kindergeld zu Unrecht gewährt wurde. Die leiblichen (auch Adoptiv-) Kinder können beim Berechtigten entweder als Zahlkind oder als Zählkind Berücksichtigung finden. Bei Zahlkindern richtet sich die Höhe nach dem auf das Kind entfallenden Durchschnittsbetrag am Gesamtkindergeld und bei den Zählkindern lediglich nach dem Erhöhungsbetrag (vgl. B).
16
B.
Höhe des pfändbaren Betrages
Die Höhe des pfändbaren Kindergeldanteils ist im § 76 Satz 2 EStG geregelt. Beträge, die dabei angesetzt werden, bestimmen sich ausschließlich nach den Kindergeldbeträgen, die sich aus § 66 Abs. 1 EStG ergeben. Andere vom Berechtigten erhaltene Leistungen, die er wegen seines Kindes erhält, gleichgültig welcher Art und Natur, spielen keine Rolle. Durch diese Regelung soll sichergestellt werden, dass jedes beim Berechtigten zu berücksichtigende Kind einen gleichmäßigen Anteil vom Gesamtkindergeld erhält. Gesamtkindergeld ist das gesamte gegenüber einem Berechtigten festgesetzte Kindergeld.
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9
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16
§ 16 Pfändung (§ 76 EStG) > Beispiele (nur Zahlkinder): Berechtigter mit drei Zahlkindern 1. Kind 154,00 € 2. Kind 154,00 € 154,00 € 3. Kind 462,00 €
Berechtigter mit vier Zahlkindern 1. Kind 154,00 € 2. Kind 154,00 € 3. Kind 154,00 € 4. Kind 179,00 € 616,00 €
Hat der Berechtigte neben Zahlkindern auch Zählkinder, sind die Zählkinder in der Form zu berücksichtigen, dass sich bei der Festsetzung des Kindergeldes bei den Zahlkindern eine höhere Rangfolge (Ordnungszahl) und damit ggf. ein höherer Kindergeldanspruch ergibt. Tatsächliche Zahlbeträge lösen die Zählkinder bei dem Berechtigten nicht aus. > Beispiele (Zahl- und Zählkinder): Berechtigter mit drei Zahlkindern/einem Zählkind (1. Rangfolge) Zählkind 2. Kind 154,00 € 3. Kind 154,00 € 179,00 € 4. Kind 487,00 €
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Berechtigter mit vier Zahlkindern/einem Zählkind (1. Rangfolge) Zählkind 2. Kind 154,00 € 3. Kind 154,00 € 4. Kind 179,00 € 5. Kind 179,00 € 666,00 €
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Eine Unterscheidung bei der Ermittlung der Höhe des pfändbaren Anteils wird in der Hinsicht vorgenommen, ob zugunsten eines Zahlkindes [§ 76 Satz 2 Nr. 1 EStG (Rn. 12 u. 13)] oder einer Pfändung zugunsten eines Zählkindes [§ 76 Satz 2 Nr. 2 EStG (Rn. 14)] gepfändet wird.
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Findet die Pfändung zugunsten eines Zahlkindes statt, ist die Ermittlung anhand des Gesamtkindergeldanspruches gegenüber dem Berechtigten vorzunehmen. Zu unterscheiden ist dabei, ob es sich ausschließlich um Zahlkinder handelt oder Zählkinder mit zu berücksichtigen sind. Handelt es sich bei den Kindern des Berechtigten nur um Zahlkinder, ist die Ermittlung einfach. In diesem Falle wird das Gesamtkindergeld gleichmäßig auf alle Kinder verteilt (§ 76 Satz 2 Nr. 1 Satz 1 EStG). > Beispiele: Berechtigter mit drei Zahlkindern 1. Kind 154,00 € 2. Kind 154,00 € 154,00 € 3. Kind 462,00 € 462,00 € : 3 = 154,00 €
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Berechtigter mit vier Zahlkindern 1. Kind 154,00 € 2. Kind 154,00 € 3. Kind 154,00 € 4. Kind 179,00 € 641,00 € 641,00 € : 4 = 160,25 €
16
B. Höhe des pfändbaren Betrages Aus den Beispielen wird ersichtlich, dass sich der pfändbare Anteil am Gesamtkindergeld erhöht, wenn Zahlkinder mit Rangfolge (Ordnungszahl) 4 oder höher eine Rolle spielen. Der Mehrbetrag ab dem 4. Kind wird ebenfalls auf alle Kinder gleichmäßig verteilt. Sind bei dem Berechtigten neben den Zahlkindern auch noch Zählkinder zu berücksichtigen, ermittelt sich der pfändbare Anteil am Gesamtkindergeld nach § 76 Satz 2 Nr. 1 Satz 2 EStG. Hierzu sind mehrere Rechenschritte notwendig. Im ersten Schritt wird ein fiktives Gesamtkindergeld in der Form ermittelt, dass so getan wird, als würde der Berechtigte keine Zählkinder haben. Dieses wird durch die Anzahl der Zahlkinder geteilt. Nächster Berechnungsschritt ist die Ermittlung des sich durch die Berücksichtigung der Zählkinder ergebenden Erhöhungsbetrags. Hierzu wird vom tatsächlich an den Berechtigten ausgezahlten Gesamtkindergeld das fiktive Gesamtkindergeld abgezogen. Der Differenzbetrag (auch Zählkindvorteil genannt) wird gleichmäßig auf alle Kinder (Zahl- und Zählkinder) des Berechtigten aufgeteilt. Im letzten Rechenschritt werden die zwei Beträge zusammengerechnet. Der sich dabei ergebende Betrag ist der pfändbare Anteil am Gesamtkindergeld für ein Zahlkind. > Beispiele: Berechtigter mit drei Zahlkindern/einem Zählkind (1. Rangfolge) 1. Schritt – Anteil am fiktiven Gesamtkindergeld pro Zahlkind 1. Kind 154,00 € 2. Kind 154,00 € 154,00 € 3. Kind 462,00 € : 3 Zahlkinder = 2. Schritt – anteiliger Erhöhungsbetrag/Kind (Zahl- oder Zählkind)
13
154,00 €/Zahlkind
Zählkind 2. Kind
154,00 €
3. Kind
154,00 €
4. Kind
179,00 €
./.
16
487,00 €
(Gesamtkindergeld)
462,00 €
(fiktives Gesamtkindergeld)
25,00 €
: 4 Kinder
=
6,25 €/Kind
3. Schritt – pfändbarer Anteil am Gesamtkindergeld pro Zahlkind Die beiden ermittelten Einzelbeträge werden addiert. 154,00 € + 6,25 € = 160,25 €/Zahlkind
211
16
§ 16 Pfändung (§ 76 EStG)
Berechtigter mit vier Zahlkindern/einem Zählkind (1. Rangfolge) 1. Schritt – Anteil am fiktiven Gesamtkindergeld pro Zahlkind 1. Kind 154,00 € 2. Kind 154,00 € 3. Kind 154,00 € 179,00 € 4. Kind 641,00 € : 4 Zahlkinder =
160,25 €/Zahlkind
2. Schritt – anteiliger Erhöhungsbetrag/Kind (Zahl- oder Zählkind) Zählkind 2. Kind
154,00 €
3. Kind
154,00 €
4. Kind
179,00 €
5. Kind
179,00 €
./.
666,00 €
(Gesamtkindergeld)
641,00 €
(fiktives Gesamtkindergeld)
25,00 €
: 5 Kinder
=
5,00 €/Kind
3. Schritt – pfändbarer Anteil am Gesamtkindergeld pro Zahlkind Die beiden ermittelten Einzelbeträge werden addiert. 160,25 € + 5,00 € = 165,25 €/Zahlkind 14
16
Bei einer Pfändung zugunsten eines Zählkindes kann kein Rückgriff auf das Gesamtkindergeld erfolgen. Der Pfändungsanspruch ist hier auf den Erhöhungsbetrag (Zählkindvorteil) beschränkt. Die Berechnung erfolgt in analoger Anwendung der Ermittlung des pfändbaren Anteils am Kindergeld von Zahlkindern, wenn bei dem Berechtigten Zählkinder berücksichtigt werden (vgl. Rn. 13). Im ersten Schritt wird ein fiktives Gesamtkindergeld in der Form ermittelt, dass so getan wird als würde der Berechtigte keine Zählkinder haben. Dieses wird durch die Anzahl der Zahlkinder geteilt. Nächster Berechnungsschritt ist die Ermittlung des sich durch die Berücksichtigung der Zählkinder ergebenden Erhöhungsbetrags. Hierzu wird vom tatsächlich an den Berechtigten ausgezahlten Gesamtkindergeld das fiktive Gesamtkindergeld abgezogen. Der Differenzbetrag (auch Zählkindvorteil) genannt, wird gleichmäßig auf alle Kinder (Zahl- und Zählkinder) des Berechtigten aufgeteilt. Nur der auf das Zählkind entfallene Anteil am Erhöhungsbetrag ist der pfändbare Anspruch am Gesamtkindergeld des Berechtigten.
212
C.
16
Abtretung und Verpfändung von Kindergeldansprüchen
> Beispiel: Berechtigter mit vier Zahlkindern/einem Zählkind (1. Rangfolge) 1. Schritt – Anteil am fiktiven Gesamtkindergeld pro Zahlkind 1. Kind 154,00 € 2. Kind 154,00 € 3. Kind 154,00 € 4. Kind 179,00 € 641,00 € : 4 Zahlkinder =
160,25 €/Zahlkind
2. Schritt – anteiliger Erhöhungsbetrag/Kind (Zahl- oder Zählkind) Zählkind 2. Kind
154,00 €
3. Kind
154,00 €
4. Kind
179,00 €
5. Kind
179,00 €
./.
666,00 €
(Gesamtkindergeld)
641,00 €
(fiktives Gesamtkindergeld)
25,00 €
: 5 Kinder
=
5,00 €/Kind
Der anteilige Erhöhungsbetrag i.H.v. 5,00 € ist der pfändbare Anteil am Gesamtkindergeld. Aufgrund der geringen Höhe der Beträge tauchen diese Fälle nur äußerst selten auf.
C.
Abtretung und Verpfändung von Kindergeldansprüchen
Ist ein Kindergeldanspruch noch nicht erfüllt, so kann er von dem Kindergeldberechtigten an einen Dritten abgetreten werden (§ 46 AO). Diese Abtretung erfolgt auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, mit zivilrechtlicher Grundlage. Für die Abtretung nach § 46 AO sind die Vorschriften der §§ 398–413 BGB sinngemäß anzuwenden, soweit sie sich auf die allgemeinen Rechtsgedanken beziehen (vgl. Michaelis: in Kindergeldverfahren im öffentlichen Dienst, 1. Teil, Buchst. B, Ziff. II, Nr. 1). Insbesondere gilt die Vorschrift des § 400 BGB. Nach § 400 BGB können Ansprüche nur soweit abgetreten werden, wie sie Pfändungsvorschriften unterliegen. Demzufolge kann im Bereich des Kindergeldes eine Abtretung des Kindergeldes nur wegen gesetzlicher Unterhaltsansprüche von Zahl- oder Zählkindern erfolgen. Die Abtretung erfolgt insoweit im Rahmen des § 76 Satz 1 EStG. Die Verwaltung lässt in der DA 76.2 Abs. 2 Satz 3 DA-FamEStG auch die Abtretung an ein volljähriges Kind ohne Pfändungsgrund zu. Weitere Ausnahmen, wie z.B. Unterhaltsansprüche der geschiedenen Ehegatten für sich selbst oder für die aus der Ehe stammenden Kinder oder Unterhaltsansprüche für nichteheliche Kinder, sind nicht zugelassen. Für die Abtretung muss ein zivilrechtlicher Vertrag geschlossen werden. Der Vertrag bestimmt dabei, wer der bisherige Gläubiger (Abtretender) und wer der zukünftige Gläubiger (Abtretungsempfänger) ist. 213
15
16
16
16
§ 16 Pfändung (§ 76 EStG) Wirksam wird die Abtretung erst, wenn N der Abtretungsempfänger die Abtretung bei der zuständigen Familienkasse anzeigt (§ 46 Abs. 2 AO), N die Abtretungsanzeige bei der zuständigen Familienkasse nach Entstehung des Kindergeldanspruches eingeht (§ 46 Abs. 2 AO) und N die Abtretungsanzeige auf dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (§ 46 Abs. 2 AO, BStBl 2001 I, S. 762) erfolgt. ! Praxishinweis: Der Abtretungsempfänger hat kein Rechtsmittel, wenn die Familienkasse die Meinung vertritt, dass die Abtretungsanzeige unwirksam ist. In diesem Falle muss der Abtretungsempfänger auf einem Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) bestehen. Gegen diesen ist dann das Rechtsmittel des Einspruchs gegeben. 17
Der Berechtigte besitzt auch das Recht, den Kindergeldanspruch zu verpfänden. Dabei schließt der Berechtigte mit dem Pfändungsgläubiger einen Vertrag. Dies ist der Familienkasse (Drittschuldnerin) anzuzeigen. Die Anzeige hat ebenfalls, wie bei der Abtretung, mit dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck (§ 46 Abs. 2 AO, BStBl 2001 I, S. 762) zu erfolgen. Für die Verpfändung gilt § 46 AO entsprechend i.V.m. §§ 1273 bis 1290 BGB. Die Ausführungen unter Rn. 16 u. 17 sind bei einer Verpfändung des Kindergeldanspruches analog zu beachten.
16
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17
§ 17 Kontenpfändung und Pfändung von Bargeld (§ 76 a EStG) Mit Artikel 2 des Gesetzes zur Anspruchberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (BGBl 2006 I, S. 2915) ist § 76 a EStG eingefügt worden. § 76a EStG entspricht im Wesentlichen § 55 SGB I. Der § 55 Abs. 1 SGB I regelt den besonderen Pfändungsschutz von Sozialleistungen. Bis zum 31.12.1995 unterlag das Kindergeld als Sozialleistung diesem besonderen Pfändungsschutz. Seit der Verlagerung des Kindergeldes in das EStG fehlt dieser Schutz. Grund hierfür ist, dass es sich nicht mehr um eine Sozialleistung handelt. Für Kinder oder Personen, die nicht das Kindergeld nach dem EStG erhalten, besteht evtl. ein Anspruch auch nach dem 31.12.1995 auf Kindergeld nach dem BKGG n.F. Hier handelt es sich um eine Sozialleistung und der besondere Pfändungsschutz des § 55 SGB I greift. Gleichwohl muss aber festgehalten werden, dass es sich bei dem steuerlichen Kindergeld um eine Art „Sozialleistung“ handeln kann, sofern das Kindergeld nicht für die steuerliche Freistellung eines Einkommensbetrages benötigt wird und insoweit der Förderung der Familie dienen soll (vgl. § 31 Satz 1 und 2 EStG). Die Ungleichbehandlung im Hinblick auf den besonderen Pfändungsschutz des Kindergeldes nach dem BKGG n.F. und des Kindergeldes nach dem EStG ist somit beseitigt worden. Nach § 76 a EStG bleibt nunmehr das Kindergeld nach Gutschrift auf dem Konto für die Dauer von sieben Tagen vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt („Schonfrist“). Der Schutz bezieht sich dabei auf den Empfänger des Kindergeldes. In der Regel wird dies der Anspruchsberechtigte sein. Aber auch bei Abzweigung (§ 74 Abs. 1 Satz 1 EStG) oder Pfändung (§ 76 EStG) des Kindergeldes durch das Kind für sich selbst, wird das durch die Familienkasse auf das Konto des Kindes überwiesene Kindergeld von diesem besonderen Pfändungsschutz erfasst.
1
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! Praxishinweis: Der Pfändungsschutz gilt nicht für Kindergeldbeträge, die der Anspruchsberechtigte freiwillig auf das Konto des Kindes überweist oder auszahlen lässt.
17
Unter dem Begriff des Kontos ist das Konto des Anspruchsberechtigten (Empfängers der Leistung – Kindergeld) zu verstehen. Es kann sich dabei auch um ein gemeinschaftliches Konto der Eltern handeln. ! Praxishinweis: Der besondere Pfändungsschutz besteht nicht mehr, wenn das Kindergeld nicht auf ein Konto des Anspruchsberechtigten, sondern auf ein so genanntes Drittkonto (Anspruchsberechtigter hat diese Konto bei der Familienkasse angegeben), z.B. Konto der Ehefrau oder des Kindes überwiesen wird (vgl. Stöber, Forderungspfändungen, 14. Aufl., Rn. 1427). Das Kindergeld ist vor Pfändungsmaßnahmen für die Dauer von sieben Tagen seit der Gutschrift auf dem Konto geschützt (§ 76 a Abs. 1 Satz 1 EStG). Tag der Gutschrift ist somit nicht der Tag der Wertstellung, sondern der Tag, ab dem der Anspruchberechtigte über diesen verfügen kann (Buchungstag).
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§ 17
Kontenpfändung und Pfändung von Bargeld (§ 76 a EStG)
Nach der Gutschrift hat der Anspruchsberechtigte sieben Tage Zeit, das Kindergeld insgesamt oder in Teilbeträgen abzuheben oder anderweitig darüber zu verfügen, z.B. Überweisungen in Höhe dieses Betrages zu tätigen (§ 76 a Abs. 2 EStG). Die Dauer der Frist berechnet sich nach den Vorschriften des BGB (§§ 187, 188 u. 193) i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO. Dabei rechnet der Tag der Gutschrift gem. § 187 Abs. 1 BGB nicht mit. § 188 Abs. 1 BGB legt fest, dass eine nach Tagen bestimmte Frist mit Ablauf des letzten Tages der Frist endet. Fällt dieses Fristende auf einen Sonnabend, Sonntag oder allgemeinen Feiertag (§ 222 Abs. 2 ZPO), so endet die Frist mit Ablauf des nächsten Werktages. > Beispiel: Kontogutschrift: Fristbeginn: Fristende: Nächster Werktag: 4
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26.09.2007 (Mittwoch) 27.09.2007 (Donnerstag) 03.10.2007 (allgemeiner Feiertag) 04.10.2007 (tatsächliches Fristende § 222 Abs. 2 ZPO)
§ 76 a Abs. 4 EStG beinhaltet einen erweiterten Pfändungsschutz des Kindergeldes. Kindergeld, das als laufende Zahlung (Regel) gewährt wird, ist nach Ablauf von sieben Tagen seit der Gutschrift sowie Bargeld von einer Pfändung ausgeschlossen, soweit der Betrag dem unpfändbaren Teil der Leistung für die Zeit vor der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin entspricht. Es handelt sich dabei um eine degressive Erhöhung des pfändbaren und eine degressive Minderung des unpfändbaren Anteils. Unter Bargeld ist in diesem Zusammenhang, das Geld zu verstehen, das zusammen mit dem Kontoguthaben oder alleine den noch bestehenden unpfändbaren Teil der laufenden Leistung Kindergeld ausmacht. Berechnung des pfändbaren und unpfändbaren Anteils: 1. Der pfändbare Anteil entspricht dem Anteil des Gesamtmonatsbetrages vom Zahlungstermin bis zum Tag des Wirksamwerdens der Pfändung (diesen Tag ausgenommen) (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl. Rn. 1439k). 2. Der unpfändbare Anteil entspricht dem Anteil des Gesamtmonatsbetrages vom Tag der Pfändung bis zum nächsten Zahlungstermin. > Beispiel: 1 Kind 1. pfändbarer Anteil Zahlungstermin 01.09.2007 Wirksamwerdens der Pfändung 14.09.2007 Pfändbarer Anteil 13/30 (01.09.–13.09.) v. 154,00 € = 66,73 € 2. unpfändbarer Anteil Pfändung 14.09.2007 Zahlungstermin 01.10.2007 unpfändbarer Anteil 17/30 (14.09.–30.09.) v. 154,00 € = 87,27 €
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17 Fortsetzung des Beispiels – Wirksamwerden der Pfändung erst am 23.09.2007 1. pfändbarer Anteil Zahlungstermin 01.09.2007 Wirksamwerdens der Pfändung 23.09.2007 Pfändbarer Anteil 22/30 (01.09.–22.09.) v. 154,00 € = 112,93 € 2. unpfändbarer Anteil Pfändung 23.09.2007 Zahlungstermin 01.10.2007 unpfändbarer Anteil 8/30 (23.09.–30.09.) v. 154,00 € = 41,07 € Der unpfändbare Anteil des Kindergeldes wird somit mit Ablauf des Zeitraumes, für den es gezahlt wurde (Monat) immer geringer, entfällt aber nicht ganz. ! Praxishinweis: Der erweiterte Pfändungsschutz umfasst nur die laufende Leistung des Kindergeldes. Sollte Kindergeld als Einmalbetrag nachgezahlt werden, so ist dieser Betrag nur die ersten sieben Tage gem. § 76 a Abs. 1 EStG geschützt. ! Praxishinweis: Erfolgt die Pfändung zu Gunsten eines Zahl- oder Zählkindes, so ist das Guthaben auf dem Konto nach Ablauf der Frist von sieben Tagen des § 76 a Abs. 1 EStG nicht vom § 76 a Abs. 4 EStG i. H. des sich nach § 76 EStG für das betreffende Kind ergebenden Betrags erfasst (vgl. Stöber, Forderungspfändung, 14. Aufl. Rn. 1439l – zu § 55 Abs. 4 SGB I, wortidentisch mit § 76 a Abs. 4 EStG). D.h, der sich nach § 76 EStG für dieses Zahl- oder Zählkind ergebende Betrag kann bis zu der Höhe gepfändet werden, wie das Guthaben auf dem Konto ist. Eine Ermittlung eines unpfändbaren Anteils erfolgt dann zu keinem Zeitpunkt.
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§ 18 Erstattung von Kosten im Vorverfahren (§ 77 EStG) 1
Eine Besonderheit im Steuerrecht ist die Möglichkeit der Kostenerstattung im Vorverfahren. Die Regelung wurde deshalb nicht in den Siebenten Teil der AO, der die allgemein gültigen Regelungen zum außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren enthält, aufgenommen, sondern in den X. Abschnitt des EStG, der ausschließlich das Kindergeld betrifft. Bei Streitigkeiten um die Freibeträge gem. § 32 Abs. 6 EStG kommt eine Kostenerstattung im Einspruchsverfahren nicht in Betracht. An dieser Stelle ist noch darauf hinzuweisen, dass die Kostenerstattung nach § 139 FGO erfolgt, wenn sich ein gerichtliches Verfahren anschließt. Dann wären auch die Kosten, die sich aus den Streitigkeiten um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 EStG ergeben, grundsätzlich erstattungsfähig.
A. 2
18
Gem. § 77 Abs. 1 Satz 1 EStG sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen von der Familienkasse zu erstatten, wenn der Einspruch gegen die Kindergeldfestsetzung erfolgreich ist, dem Einspruch also stattgegeben wird. Unter Kindergeldfestsetzung sind nicht nur die betragsmäßigen Kindergeldfestsetzungen, sondern auch die negativen Entscheidungen der Familienkasse (materieller Ablehnungsbescheid, Aufhebung und formeller Ablehnungsbescheid) zu subsumieren (s.a. § 11 Rn. 1).1 Die Kosten sind auch zu erstatten, wenn der Einspruch nur deshalb keinen Erfolg hatte, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 126 AO unbeachtlich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Familienkasse eine Entscheidung erst im Einspruchsverfahren begründet oder eine erforderliche Anhörung erst im Einspruchsverfahren nachholt. Umgekehrt scheidet eine Kostenerstattung aus, wenn der Einspruch zwar erfolgreich ist, aber der Einspruchsführer oder sein Vertreter schuld an der ursprünglichen negativen Entscheidung der Familienkasse sind. Von der Schuld des Einspruchsführers oder seines Vertreters ist auszugehen, wenn eine von der Familienkasse geforderte Mitwirkung (z.B. Vorlage einer Ausbildungsbescheinigung) erst im Einspruchsverfahren erfolgt und deshalb dem Einspruch statt zu geben ist.
B. 3
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Erstattung notwendiger Aufwendungen im Vorverfahren
Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten
Stellt die Familienkasse im Rahmen ihrer Kostenentscheidung (siehe Rn. 6) fest, dass die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt ist, notwendig war, sind dessen Gebühren und Auslagen gem. § 77 Abs. 2 EStG erstattungsfähig. Die generelle Notwendigkeit der Hinzuziehung ist in Rechtsprechung und Fachliteratur umstritten. 1
218
BFH Urteil v. 23.07.2002 VIII R 73/00, BFH/NV 2003, S. 25.
B.
Grundsätzlich ist in Anbetracht der Kompliziertheit des Steuerrechts – einschließlich in gewissem Umfang auch des Kindergeldrechts – die Notwendigkeit der Hinzuziehung zu bejahen (vgl. zu § 139 Abs. 3 FGO Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Rd. 130 m.w.N.). Das FG Hamburg hat die grundsätzliche Anwaltskosten-Erstattung nach § 77 EStG verneint, wenn alle erforderlichen Hinweise von der Familienkasse in allgemein verständlicher Form gegeben worden sind (hier: Ausfüllhinweise zu den Werbungskosten) und wenn danach die kindergeldberechtigte Person die interessierenden bzw. abgefragten Daten und Unterlagen zumutbar selbst (oder mit Hilfe des erwachsenen Kindes) hätte einreichen können oder sogar schon früher vor dem ursprünglich angefochtenen Bescheid hätte einreichen können.2 Der BFH hat entschieden, dass keine Notwendigkeit der Zuziehung besteht, wenn offensichtlich ist, dass die Familienkasse beim Erlass des angefochtenen Bescheides von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen war und dies durch einen einfachen Hinweis richtig gestellt werden kann.3 Nach DA 20 Nr. 6 DA-FamRb ist die Zuziehung nur notwendig, wenn sie aus Sicht eines verständigen Beteiligten für erforderlich gehalten werden durfte. Dies ist nicht nur in schwierigen und umfangreichen Verfahren zu bejahen. Die Verwaltung legt die Notwendigkeit der Zuziehung somit großzügiger aus als die Gerichte. Beachtet werden muss, dass sich, wenn ein Einspruch des Kindergeldberechtigten keinen Erfolg hat und sich der Rechtsstreit anschließend im Klageverfahren in der Hauptsache erledigt, die Kostenentscheidung nicht nach § 77 EStG, sondern allein nach § 138 FGO richtet.4 Kommt eine Erstattung von Aufwendungen schon nach § 77 Abs. 1 Satz 3 EStG wegen Verschulden des Einspruchsführers nicht in Betracht, kommt es nicht mehr darauf an, ob die Zuziehung eines Rechtsanwaltes notwendig im Sinne des § 77 Abs. 3 EStG war.5 Kosten können in analoger Anwendung des § 139 FGO geltend gemacht werden. Bei einer notwendigen Zuziehung bedeutet dies, dass RVG mit VV und StBGebV zur Anwendung kommen. Der Streitwert berechnet sich, wenn für die Vergangenheit und Zukunft Kindergeld begehrt wird, aus den bis zur Klageerhebung geforderten Kindergeldbeträgen zuzüglich des einfachen Jahresbetrages.6 Zu beachten ist, dass sich der Streitwert nur nach dem Kindergeldbetrag für das Kind bemisst, für das der Anspruch streitig ist. Mittelbare Auswirkungen auf das Kindergeld für weitere Kinder bleiben außer Betracht.7 ! Praxishinweis: Ergeben sich durch die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung nicht nur Auswirkungen auf die Rangfolge bei einem jüngeren Kind, sondern auch auf die Höhe des für es auszuzahlenden Kindergeldes (Änderung der Ordnungszahl von 4 auf 3 führt zu einer Minderung des Auszahlungsbetrages von 179 € auf 154 €), sollte auch gegen die Änderung der Kindergeldfestsetzung für dieses Kind Einspruch eingelegt werden. Ist nur ein Zeitraum streitig, der kürzer als ein Jahr ist, ermittelt sich der Streitwert nach dem tatsächlich streitigen Betrag.
2 3 4 5 6 7
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Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten
FG Hamburg Urteil v. 20.04.2004 III 465/03, EFG 2004, S. 1621. BFH Urteil v. 23.07.2002 VIII R 73/00 (NV), BFH/NV 2003, S. 25. BFH Beschluss v. 13.06.2003 VIII R 13/02 (NV), BFH/NV 2003, S. 1432. Hessisches FG Urteil v. 24.01.2000 2 K 2609/99, Haufe-Index 509337, EFG 2000, S. 447 (Auszug). BFH Beschluss v. 12.10.2005 III E 3/05 (NV), BFH/NV 2006, S. 325; BFH Beschluss v. 24.05.2000 VI S 4/00, BStBl 2000 II, S. 544. BFH Beschluss v. 20.10.2005 III S 20/05, BStBl 2006 II, S. 77.
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5
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§ 18 Erstattung von Kosten im Vorverfahren (§ 77 EStG)
C. 6
Die Kostenentscheidung wird mit der Einspruchsentscheidung oder dem Abhilfebescheid bekannt gegeben. Wird der Einspruch zurück genommen, ergeht die Kostenentscheidung gesondert. Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung ist grundsätzlich der Einspruch. Sie ist jedoch nicht selbständig anfechtbar, wenn sie in der Einspruchsentscheidung ergangen ist. In diesem Fall kann die Kostenentscheidung nur zusammen mit der Einspruchsentscheidung mit Klage vor dem Finanzgericht angefochten werden. Ist der Einspruch nur teilweise erfolgreich gewesen, muss die Kostenentscheidung klar zum Ausdruck bringen, zu welchem Teil Aufwendungen zu erstatten sind. Gem. DA 20 Nr. 4 Satz 5 DAFamRb soll sie keine kleineren Bruchteile als Zehntel enthalten; erforderlichenfalls ist zugunsten des Einspruchsführers zu runden. In Fällen des § 77 Abs. 1 Satz 2 EStG kommt nur volle Kostenerstattung in Betracht, wenn die Aufwendungen der Höhe nach angemessen sind. Darüber wird im Rahmen der Kostenfestsetzung entschieden. Die Kostenentscheidung bestimmt gem. § 77 Abs. 3 Satz 2 EStG auch, ob die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der nach den Vorschriften des Steuerberatungsgesetzes zur geschäftsmäßigen Hilfe in Steuersachen befugt ist, notwendig war.
D. 7
Kostenentscheidung
Kostenfestsetzung
Nachdem die Kostenentscheidung bestandskräftig geworden ist, setzt die Familienkasse gem. § 77 Abs. 3 Satz 1 EStG den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Gegen die Kostenfestsetzung ist der Einspruch gegeben.
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§ 19 Übergangsregelungen (§ 78 EStG) Durch das StEntlG 1999/2000/2002 (BGBl 1999 I, S. 402) sind die Absätze 1–3 des § 78 EStG aufgehoben worden. Durch Art. 2 Nr. 6 des Gesetzes zur Anspruchsberechtigung von Ausländern wegen Kindergeld, Erziehungsgeld und Unterhaltsvorschuss (BGBl 2006 I, S. 2915) ist auch der Abs. 4 des § 78 EStG mit Wirkung vom 01.01.2007 aufgehoben worden. Die Aufhebung durch den Gesetzgeber erfolgte aus Gründen des Zeitablaufes dieser Vorschriften. D.h., sie hatten keine Bedeutung mehr. § 78 Abs. 5 EStG beinhaltet eine Sonderregelung für Anspruchsberechtigte in den neuen Bundesländern. Dabei erfasst die Sonderregelung jedoch nur Personen, die für den Monat Dezember 1990 Kindergeld in der früheren DDR bezogen haben. Die Vorschrift trifft dabei eine Einschränkung zu § 64 Abs. 2 und 3 EStG. D.h., in den Fällen, in denen Personen schon für den Monat Dezember 1990 Kindergeld in der früheren DDR erhalten haben und ununterbrochen immer noch am 01.01.1996 beziehen, erhalten sie weiterhin das Kindergeld ohne Prüfung des Anspruchsvorrangs nach § 64 Abs. 2 und 3 EStG, solange sie in den neuen Bundesländern ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt beibehalten. Dieser Besitzstand ohne eine Prüfung des Anspruchsvorrangs bleibt nur solange bestehen, wie sich in den Verhältnissen keine Änderungen ergeben.1 Tritt eine Veränderung ein, wird der Anspruchsvorrang nach § 64 Abs. 2 oder 3 EStG durch die Familienkasse festgestellt. Veränderungen in den Verhältnissen können z.B. sein: N Familienstand des Berechtigten, N Kind verlässt den Haushalt, N Anspruchsberechtigter verlässt den Haushalt, N Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt nicht mehr in den neuen Bundesländern. Tritt eine Veränderung in den Verhältnissen ein, ist der Anspruchsvorrang gem. § 64 Abs. 2 und 3 EStG für die Kinder zu prüfen, die von der Änderung betroffen sind (z.B. Familienstand des Berechtigten oder Verlagerung des Wohnsitzes der Familie in die alten Bundesländer). Der Anspruchsvorrang ist auch dann neu festzustellen, wenn ein Neuantrag durch einen anderen Berechtigten gestellt wird. Hier gilt jedoch, dass, sofern ein Anspruch gegenüber dem Antragsteller grundsätzlich zu einem früheren Zeitpunkt bestand, er durch diese Übergangsregelung des § 78 Abs. 5 EStG erst Kindergeld ab dem Monat, in dem der Antrag bei der zuständigen Familienkasse eingegangen ist, erhält. Die Kindergeldfestsetzung gegenüber dem früheren Berechtigten wird gem. § 70 Abs. 2 EStG mit Beginn des Monats des Antragseinganges des nunmehr vorrangig Berechtigten aufgehoben. Erfolgt in diesen Fällen ein Berechtigtenwechsel und führt dieser zu einem höheren Kindergeldanspruch, ist der Unterschiedsbetrag ab dem Monat der Erklärung des Berechtigtenwechels festzusetzen (vgl. § 5, D Rn. 16). Fallen jedoch nur die Voraussetzungen für die Berücksichtigung eines Kindes für einen vollen Monat weg, so ist bei einer neuen Antragstellung nur für dieses Kind der Anspruchsvorrang nach § 64 Abs. 2 und 3 EStG festzustellen (vgl. DA 78 Abs. 2 Satz 1 DA-FamEStG).
1
FG des Landes Brandenburg v. 12.02.1998 5 K 1367/97 Kg, EFG 1998, S. 751.
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21 Stichwortverzeichnis fette Zahlen = Kapitel andere Zahlen = Randnummer
A Abhilfebescheid 11 34 Abhilfeentscheidung – Korrekturnorm 11 34 Abtretung – Allgemeines 16 16 – gesetzliche Unterhaltsansprüche 16 16 – Voraussetzungen 16 16 – zivilrechtlicher Vertrag 16 17 f. Abzweigung – Abzeigungsbegehren eines Sozialhilfeträgers 14 4 – Abzweigungsempfänger – Erstattungsschuldner bei Überzahlungen 14 6 – Allgemeines 14 1 – Antrag 14 2, 5 – Entscheidung der Familienkasse – Verwaltungsakt mit Doppelwirkung 14 2, 5 – Verfahren der Abzweigung 14 5 – Verletzung der Unterhaltspflicht 14 3 Adoptivkind 2 4 – Adoption 2 4 – Adoption, ausländische 2 4 – Konkurrenz – leibliches/angenommenes 2 5 – Volladoption 2 4 Agentur für Arbeit – Abgrenzung zu den Familienkassen des öffentlichen Dienstes 13 3 – Zuständigkeit 13 1 – Zuständigkeitswechsel 13 4 Akteneinsicht 9 24 Amtssprache 9 22 andere Leistungen – Allgemeines 6 1 – Ausschließlichkeitskatalog 6 4 – Entscheidungen anderer Behörden 63 – Im Ausland gewährte (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) 6 2
– Im Ausland gewährte (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) – Allgemeines 6 10 – Im Ausland gewährte (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) – Beispiele 6 11 – Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) 6 2, 5 f. – Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) – Kindbegriff 6 7 – Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) Ausschluss – Monatsprinzip 6 7 – Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) 6 2, 5, 8 – Kinderzuschüsse aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) Ausschluss – Monatsprinzip 6 8 – Prüfungspflicht der Familienkasse 6 3 – Teilkindergeld – Allgemeines 6 14 – Teilkindergeld – Monatsprinzip 6 16 – Teilkindergeld in den Fällen des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 6 15 – Teilkindergeld in den Fällen des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG 6 17 – zwischen- oder überstaatliche Leistungen (§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) 6 2 – zwischen- oder überstaatliche Leistungen(§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) – Allgemeines 6 12 – zwischen- oder überstaatliche Leistungen(§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) – Beispiele 6 12 – zwischen- oder überstaatliche Leistungen(§ 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG) – Ausnahmeregelung 6 13 anderer Dienst im Ausland 2 49 223
21
Stichwortverzeichnis
Änderung der Verhältnisse (§ 70 Abs. 2 EStG) – Allgemeines 11 18 – Änderung des Gesetzes 11 20 – Änderung des Sachverhaltes 11 20 – Anspruchserheblichkeit der Änderung 11 22 – Nachträglichkeit 11 21 – Rechtsfolgen 11 23 – Tatbestandsvoraussetzungen 11 18 – ursprünglich rechtmäßige Festsetzung 11 19 Änderung in sonstigen Fällen (§ 175 AO) – Allgemeines 11 42 – Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 11 43 – Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 11 44 Angehörige des öffentlichen Dienstes – Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst 13 11 – Deutsche Post AG 13 10 – Eintritt in den öffentlichen Dienst 13 11 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 13 6 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – Mutterschutz/Elternzeit/ Urlaub u. ä. 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – Umfang der Beschäftigung 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 13 7 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG – Mutterschutz/Elternzeit/ Urlaub u.ä. 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG – Umfang der Beschäftigung 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 13 8 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG – Mutterschutz/Elternzeit/ Urlaub u. ä. 13 9 224
– Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG – Umfang der Beschäftigung 13 9 – Postbank 13 10 – Sonderregelungen nach § 72 Abs. 2 EStG 13 10 – Telekom 13 10 Anlage Kind 2 109 – Angaben zum Kind 2 110 – Arbeit suchendes Kind 2 117 – Ausbildungsfreibetrag 2 123 – Behinderte Kinder 2 118 – Berücksichtigung eines volljährigen Kindes 2 112 – Einkünfte und Bezüge des Kindes 2 120 – Entlastungsbetrag für Alleinerziehende 2 122 – Kind im freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr 2 115 – Kind in Berufsausbildung 2 113 – Kind in einer Übergangszeit 2 116 – Kind ohne Ausbildungsplatz 2 114 – Kinderbetreuungskosten 2 126 – Kindschaftsverhältnis 2 111 – Schulgeld 2 124 – Übertragung der Freibeträge 2 121 – Übertragung der Freibeträge – Korrekturmöglichkeit 11 44 – Übertragung des Behinderten- oder Hinterbliebenden-Pauschbetrages 2 125 – Zeiten des Grundwehr- oder Zivildienstes 2 119 Anrechnungszeitraum – Definition 2 79 – Ermittlungsschema 2 79 Anspruchsberechtigte – Allgemeines 3 1 – Ausländer 3 9 f. – Auslandslehrkräfte 3 7 f. – Berechtigtenbestimmung 5 6 – gewöhnlicher Aufenthalt 3 1, 4, 6 – Mitglieder diplomatischer Missionen 3 7, 14
Stichwortverzeichnis
– Mitglieder konsularischer Vertretungen 3 7, 14 – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 EStG) 3 1, 6 – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt (§ 1 Abs. 3 EStG) 3 1, 6 – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt (§ 1 Abs. 3 EStG) – Definition 3 8 – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 EStG) – Definition 3 7 – Wohnsitz 3 1, 4, 6 Anspruchszeitraum – Definition 2 78 – Ermittlungsschema 2 79 Anstalten des öffentlichen Rechts – Familienkasse – Zuständigkeit 13 1 Antrag – Allgemeines 8 1 – echtes Antragsverfahren 8 1; 11 7 – kein Vorrang der Familienkassen des öffentlichen Dienstes 8 3 – keine Rücknahmemöglichkeit 8 4 – Vordruck KG 1 8 2 – Wirkung (Festsetzungsfrist) 8 4 – zuständige Familienkasse 8 3 – Zuständigkeitswechsel, kein 8 4 Antrag auf schlichte Änderung 11 34 Antrag im berechtigten Interesse – Allgemeines 8 5 – Entscheidung über den 8 8 – Mitwirkungspflichten 9 5 – Sozialhilfeträger 8 6 – Vorgehen/Verfahren 8 6 – Wahl der Familienkasse 8 7 Antragstellung 8 2 – Bevollmächtigter 8 3 – Handlungsfähigkeit des Antragstellers 82 – kein Vorrang der Familienkassen des öffentlichen Dienstes 8 3 – zuständige Familienkasse 8 3 Anzeige 8 1
Arbeitgeberleistungen (steuerfrei oder pauschal versteuert) 2 91 Arbeitnehmer-Pauschbetrag – Ermittlungsformel 2 84 – zeitanteilige Aufteilung 2 84 Arbeitshilfen – Berechnungsformel für den (maßgeblichen) Grenzbetrag 2 78 – Berechnungsschema verheiratete Kinder 2 66 – Ermittlungsformel des ArbeitnehmerPauschbetrages 2 84 – Ermittlungsformel für die Kostenpauschale 2 96 – Ermittlungsschema (maßgeblichen) Grenzbetrag 2 79 – Ermittlungsschema Anrechnungszeitraum 2 79 – Ermittlungsschema Anspruchszeitraum 2 79 – Ermittlungsschema Bezüge 2 101 – Ermittlungsschema Einkünfte 2 101 – Vereinfachungsregel bei Teilmonaten 2 79 Arbeitslosengeld 2 93 Arbeitslosenhilfe 2 93 Arbeitsmittel 2 90 Aufhebung – Allgemeines 11 11 – befristete 11 13 – negativer Regelungsinhalt 11 11 – unbefristete 11 12 Aufhebung in sonstigen Fällen (§ 175 AO) – Allgemeines 11 42 – Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO 11 43 – Korrektur nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO 11 44 Aufhebung/Änderung von Steuerbescheiden (§ 172 AO) 11 34 – § 172 Abs. 1 AO – Allgemein 11 34 – § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO 11 34 – § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b AO 11 34 – § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2c AO 11 34 – § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2d AO 11 34 225
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Stichwortverzeichnis
Aufrechnung – Allgemeines 15 1 – Aufrechnungserklärung 15 8 – bei Kindergeldnachzahlungen 15 2 – Erfüllbarkeit 15 7 – Fälligkeit 15 6 – Gegenseitigkeit 15 5 – gegenüber mit dem Erstattungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berechtigten 15 9 f. – Gleichartigkeit 15 4 – mit laufendem Kindergeld 15 2 – mit Lohn, Gehalt usw. 15 2 – Pfändungsfreigrenzen 15 2 – Voraussetzungen 15 3 ausbildungsbedingter Mehrbedarf 2 97 Ausbildungshilfen 2 95 Auskünfte – an die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stellen 9 14 f. – Arbeitgeber 9 11, 13 – Auskunftsverweigerungsrecht 9 20 – Ausnahmen 9 16 – bei Auslandssachverhalten 9 21 – über erforderliche Angaben 9 22 Ausländer – Allgemeines 3 9 – Aufenthaltserlaubnis 3 12 – Freizügigkeitsberechtigte 3 10 – Niederlassungserlaubnis 3 11 Auslandslehrkräfte 3 7, 8
B BAföG 2 95 Befugnis 11 48 Behinderte Kinder – Altersgrenze (Eintritt der Behinderung) 2 17, 53 – Ausnahme vom Kalenderjahresprinzip 2 21 – behinderungsbedingter Mehrbedarf 2 56 – Dauer 2 54 – Definition 2 52 – Eingliederungshilfe 2 56 – existentieller Lebensbedarf 2 56 226
Monatsprinzip 2 57 Nachweis der Behinderung 2 53 Nachweis der Ursächlichkeit 2 55 notwendiger Lebensbedarf (Grundbedarf) 2 56 – Vermögen 2 56 – wirtschaftliche Leistungsfähigkeit 2 56 – zur Verfügung stehende Mittel 2 56 Beiladung 11 41 Bekanntgabe 11 4, 5 – konkludente 11 5 – mündliche 11 6 – schlüssige 11 5 Berechtigtenbestimmung 5 6 – Änderung der 5 15 – Änderung wegen eines Zählkindvorteils 5 16 – Großeltern 5 7 – Großeltern – Verzicht der leiblichen Eltern 5 7 – Kinder mit eigener Wohnung 5 8 – Umfang der Betreuung/Verpflegung des Kindes 5 6 – Unterhaltsrente 5 8 – Unterhaltsrente – Ermittlung der Höhe 5 9 Berechtigtenwechsel – Allgemeines 5 13 – Änderung der Berechtigtenbestimmung 5 15 – Ursache 5 14 – wegen Änderung der Familienverhältnisse 5 18 – wegen eines Zählkindvorteils 5 16 Berufsausbildungsbeihilfe 2 95 Berufsausbildungsverhältnis – Einkünfte 2 81 Berufsschule – Dienstreise 2 88 Beschäftigungsverbot §§ 3, 6 MuSchG – Berechnung der Schutzfristen 2 31 – Kind in Berufsausbildung 2 30 – Kind ohne Arbeitsplatz 2 25 Beschwer 11 47 – – – –
Stichwortverzeichnis
Besondere Anspruchvoraussetzungen – Altersgrenzen 2 17 – behinderte Kinder 2 52 – Kinder im freiwilligen sozialen/ ökologischen Jahr 2 47 – Kinder in Berufsausbildung 2 27 – Kinder in einer Übergangszeit 2 40 – Kinder in Wartezeit (ohne Ausbildungsplatz) 2 44 – Kinder ohne Arbeitsplatz 2 22 Besondere Ausbildungskosten – Arbeitsmittel 2 97 – Definition 2 83, 97 – Fahrtkosten 2 97 – Studiengebühren 2 97 – Studienreise 2 97 – Unterkunft 2 98 – Verpflegung 2 98 Bestandskraft – formelle 11 17 – materielle 11 18 betragsmäßige Festsetzung 11 7 Betreuungsfreibetrag – Allgemeines 2 106 – Begriff des Kindes 2 108 – Enkel 2 108 – Stiefkinder 2 108 – Übertragung 2 107 – Übertragung des Freibetrages – Korrekturmöglichkeit 11 44 Beweismittel (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO) – Allgemeines 11 35 – Begriff des Beweismittels 11 36 – grobes Verschulden 11 39 – nachträgliches Bekannt werden 11 38 – Rechtsfolge 11 40 – Vorhandensein des Beweismittels 11 37 Bewerbungskosten 2 90 Bezüge – Allgemeines 2 76 – Arbeitslosengeld 2 93 – Arbeitslosenhilfe 2 93 – Ausbildungshilfen (z.B. BAföG, Berufsausbildungsbeihilfe) 2 95
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
ausgenutzter Sparerfreibetrag 2 81, 93 Definition 2 92 Eingliederungshilfe 2 95 Elterngeld 2 94 Ermittlungsschema 2 101 Erziehungsgeld 2 94 freie Verpflegung/Unterkunft 2 51 Geldgeschenke Dritter 2 92 Gesetzliche Leistungen zur Sicherstellung des Unterhalts 2 93 Kostenpauschale 2 96 Krankengeld 2 93 Leistungen nach dem Bundesseuchengesetz 2 93 Leistungen nach dem BVG 2 93 Leistungen während des Wehr- oder Zivildienstes 2 93 Leistungen zur Grundsicherung 2 93 Lottogewinne 2 92 Mutterschaftsgeld 2 93 f. Rente abzüglich Ertragsanteil (bis 31.12.2004) 2 81 Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung 2 93 Rente, privat – abzüglich Ertragsanteil 2 81 Sachbezüge/Taschengeld während eines au-pair 2 93 steuerfreie Zuschläge 2 93 steuerfreier Anteil der Renten (ab 01.01.2005) 2 81 Stipendien 2 95 Studienbeihilfen 2 95 Taschengeld 2 51 Unterhaltsgeld (SGB III) 2 95 Unterhaltsleistungen 2 93 Verletztengeld 2 93 Versorgungsfreibetrag 2 81, 93 Wohngeld 2 93 Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag 2 81, 93 Zuschüsse des Rententrägers für private Kranken- und Pflegeversicherung 2 93 227
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Stichwortverzeichnis
BKGG – Vorrang des Kindergeldes nach EStG 32 Bundesfamilienkasse 13 2 Bundesseuchengesetz – Leistungen nach 2 93 Bundesversorgungsgesetz – Leistungen nach 2 93
C Computer 2 90 DDatenübermittlung – Dateninhalt 10 2 – Rechtsgrundlage 10 1 – Überprüfung der Kindergeldansprüche – Verhinderung von Doppeloder Mehrfachzahlungen 10 1 – Zeitraum 10 2 Deutsche Post AG – Familienkasse des öffentlichen Dienstes 13 10 Deutsche Postbank – Familienkasse des öffentlichen Dienstes 13 10 Deutsche Telekom AG – Familienkasse des öffentlichen Dienstes 13 10 Dienstreise 2 88 – Berufsschule 2 88 – Fahrtkosten 2 89 – Reisenebenkosten 2 89 – Unterkunftskosten 2 89 – Verpflegungsmehraufwendungen 2 89 Diplomatische Missionen – Mitglieder 3 7, 14 Doppelte Haushaltsführung 2 90
E Eingliederungshilfe 2 56, 95 Einkünfte – Allgemeines 2 76 – Beispiele 2 81 – Berufsausbildungsverhältnis 2 81 – Definition 2 80 – Ermittlungsschema 2 101 228
– Gewinneinkünfte 2 80 – Hinterbliebenenbezüge nach beamtenrechtlichen oder soldatenrechtlichen Vorschriften 2 81 – Kapitalvermögen 2 81 – Rente, Ertragsanteil 2 81 – Rente, privat (Ertragsanteil) 2 81 – Rente, steuerpflichtiger Anteil 2 81 – Renten 2 81 – Sonderzuwendungen (z.B. Urlaubsund Weihnachtsgeld) 2 81 – Überschusseinkünfte 2 80 – Unterhaltsleistungen 2 81 – unzulässiger Verzicht 2 81 – Vermögenswirksame Leistungen 2 81 – Zufluss im besonderen Anspruchszeitraum 2 81 Einkünfte/Bezüge – Korrektur (§ 70 Abs. 4 EStG) – abschließende Prüfung 11 30 – Allgemeines 11 28 – maßgeblicher Grenzbetrag 11 29 – Nachträgliches Bekannt werden 11 30 – Nichtüberschreiten 11 29 – Rechtsfolgen 11 31 – Überschreiten 11 29 – Unterschreiten 11 29 Einspruch – Abhilfebescheid 11 34 – Allgemeines 11 46 – Befugnis 11 46 – Beschwer 11 47 – Einlegung 11 46 – Frist 11 48 – Höhe des Kindergeldes 11 49 – Kostenerstattung 11 50 Einspruchsfrist 11 48 Elterngeld 2 94 Enkel – Allgemeines 4 9 – Haushaltsaufnahme 4 10 – Vorrangverzicht der leiblichen Eltern 4 11
Stichwortverzeichnis
Entfernungspauschale – (bis 31.12.2006) 2 86 – (ab 01.01.2007) 2 87 Erkrankung – Kind in Berufsausbildung 2 29 – Kind ohne Arbeitsplatz 2 25 Ermittlungsschemata – Anrechnungszeitraum 2 79 – Anspruchszeitraum 2 79 – Bezüge 2 101 – Einkünfte 2 101 – (maßgeblicher) Grenzbetrag 2 79 Erstattungsanspruch – Allgemeines 14 1 – Antrag 14 2 – bei Eingliederungshilfe 14 7 – bei Jugendhilfe 14 7 – Entscheidung der Familienkasse – Verwaltungsakt mit Doppelwirkung 14 2 – Gleichartigkeit der Leistungen 14 7 f. – Kostenfestsetzungsbescheid 14 8 – Kriegsopferversorgung 14 9 – nachrangige Leistungsverpflichtung 14 7 f. – Verfahren bei 14 8 Erwerbstätigkeit – Abgrenzung zur Vollzeiterwerbstätigkeit 2 70 f. – Auswirkungen 2 72 – Auswirkungen, Teilmonat 2 73 – Definition 2 74 – Kind in einer Übergangszeit 2 42, 72 – Kind in Wartezeit (ohne Ausbildungsplatz) 2 46, 72 – Kinder in Berufsausbildung 2 72 – Studenten (Semesterferien) 2 75 Erziehungsgeld 2 94 Existenzminimum des Kindes 1 2
F Fachbücher 2 90 Fahrtkosten – Allgemein 2 85 – besondere Ausbildungskosten 2 97 – Dienstreise 2 89
Familienkassen des öffentlichen Dienstes – ABM-Arbeitnehmer 13 20 – Allgemeines 13 1 – Anstalten des öffentlichen Rechts 13 1 – Arbeitnehmer nach § 16 SGB II 13 20 – Arbeitnehmer nach §§ 272 ff. SGB III 13 20 – Ausnahmen 13 15 ff. – Beginn der Zuständigkeit 13 11 – Bundesfamilienkasse 13 2 – Ende der Zuständigkeit 13 11 – Konkurrenz der Zuständigkeit mehrerer 13 13 – Körperschaften des öffentlichen Rechts 13 5 – Landesfamilienkasse 13 2 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 13 6 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – Mutterschutz/Elternzeit/ Urlaub u. ä. 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG – Umfang der Beschäftigung 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG 13 7 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG – Mutterschutz/Elternzeit/ Urlaub u.ä. 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG – Umfang der Beschäftigung 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG 13 8 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG – Mutterschutz/Elternzeit/ Urlaub u. ä. 13 9 – Personenkreis nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG – Umfang der Beschäftigung 13 9 – Stiftungen des öffentlichen Rechts 13 1 – Zuständigkeit, Beginn 13 11 – Zuständigkeit, Ende 13 11 – Zuständigkeit, Konkurrenz 13 13 229
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Stichwortverzeichnis
– Zuständigkeit im Monat des Zuständigkeitswechsels 13 12 – Zuständigkeitsregelungen zwischen der Familienkasse der Agentur für Arbeit und der Familienkasse des öffentlichen Dienstes 13 3 – Zuständigkeitswechsel 13 4 Familienlastenausgleich 1 1 Familienleistungsausgleich 1 1 Festsetzung – Allgemeines 11 1 – Aufhebung 11 11 ff. – Bekanntgabe 11 4 f. – betragsmäßige 11 7 – Festsetzungsfrist 11 3 – Festsetzungsverjährung 11 3 – Form und Inhalt der 11 2 – formeller Ablehnungsbescheid 11 14 ff. – gesetzliche Erledigung mit Vollendung des 18. Lebensjahres 2 13 – Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung 11 17 – materieller Ablehnungsbescheid 11 8 ff. Festsetzungsfrist 11 3 – bei Steuerhinterziehung 11 3 Festsetzungsverjährung 11 3 Förderung der Familie 1 3 formelle Bestandskraft 11 17 formeller Ablehnungsbescheid – Allgemeines 11 14 – wegen Nichtvorliegens einer Korrekturnorm 11 16 – wegen sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit 11 15 Formeln – Berechnungsformel für den (maßgeblichen) Grenzbetrag 2 78 – Ermittlungsformel des ArbeitnehmerPauschbetrages 2 84 – Ermittlungsformel für die Kostenpauschale 2 96 Frist – Einspruch 11 48 230
G Geburtsbescheinigung 2 2, 22 Gesamtkindergeld – Definition 16 11 Gesamtrechtsnachfolge 7 9 Gewöhnsicher Aufenthalt – Anspruchsberechtigter 3 1, 4, 6 – Berechnung der Sechsmonatsfrist 4 17 – Kind 4 3, 16 – Kinderfreibetrag 2 103 – Tätigkeit im Inland – Wohnung im Ausland 4 18 Grenzbetrag 2 18 – Berechnungsformel 2 78 – besonderer Anspruchszeitraum 2 18 – Definition 2 78 – Entwicklung 2 77 – Ermittlungsschema 2 79 – Jahresgrenzbetrag 2 18 – Kalenderjahresprinzip 2 18 – maßgeblicher Grenzbetrag 2 18, 78 – Minderung nach der Ländergruppeneinteilung 2 77 Grundlagenbescheid 3 3 – Beispiele 11 43 – Bescheinigung nach § 15 BVFG 3 5 – Beschluss des Vormundschaftsgerichtes, kein 5 24 – mit Bindungswirkung 11 43 Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung 11 17 Grundsicherung 2 93 Grundwehrdienst – Beginn 2 60 – Berufsausbildung, während 2 61 – Dauer 2 59 – Ende 2 61 – Entlassungsgeld 2 93 – Grundbezüge 2 93 – Unterkunft, freie 2 93 – Verpflegung, freie 2 93 – Weihnachtsgeld 2 93 Günstigerprüfung 1 7
Stichwortverzeichnis
HHaushaltsaufnahme 5 1, 3 Hinzuziehung 11 41
K Kalenderjahresprinzip 2 18 – Ausnahme: behinderte Kinder 2 21, 57 Kapitalvermögen, Einkünfte aus 2 81 Kind – Adoption 2 4 – Adoption, ausländische 2 4 – Adoptivkind 2 4 – angenommenes 2 4 – Auswärtige Unterbringung 5 2 – Begriff (§ 63 EStG) 4 1 – Definition 2 1 – Enkel 4 9 – Existenzminimum 1 2 – gewöhnlicher Aufenthalt 4 3, 16 – Haushaltsaufnahme 5 1, 3 – Haushaltszugehörigkeit 5 4 – Konkurrenz – leibliches/ angenommenes 2 5 – lebend geboren 2 2 – leibliches 2 3; 4 4 – Obhutsprinzip 5 1, 5 – Ordnungszahl 7 2 – Pflegekind 2 6; 4 4 – Rangfolge 7 2 – Stiefkind – Allgemeines 4 5 – Stiefkind – Definition 4 6 – Territorialprinzip 4 3 – Volladoption 2 4 – Wohnsitz 4 3, 12 – Wohnsitz – Begründung 4 16 – Wohnsitz – eigene Wohnung 4 13 – Wohnsitz – Schulbesuche im Ausland 4 14 – Zahlkind 5 2 – Zählkind 5 2 Kinder im freiwilligen sozialen/ ökologischen Jahr – Altersgrenze 2 17, 47 – anderer Dienst im Ausland 2 49 – Dauer 2 48 – Definition 2 47
– freie Unterkunft/Verpflegung 2 51 – Nachweise 2 50 – Taschengeld 2 51 – Träger 2 50 Kinder in Berufsausbildung – Altersgrenze 2 17, 32 – Ausbildungsverhältnisse 2 35 – Beispiele 2 33 – Berufsausbildungsverhältnisse 2 35 – Beschäftigungsverbot nach §§ 3, 6 MuSchG 2 30 – Definition 2 27 – Erkrankung 2 29 – geförderte Maßnahmen 2 35 – Hochschulausbildung 2 38 – mehrere oder weitere Berufsausbildung 2 28 – Praktika 2 36 – Qualifizierungen 2 28 – Schulausbildung 2 34 – Sprachaufenthalte im Ausland 2 37 – Verlängerung von Ausbildungsverhältnissen 2 35 – Verlängerungstatbestand 2 32 – Volontärtätigkeit 2 35 – Vorbereitungsdienst des Beamtenanwärters 2 35 Kinder in einer Übergangszeit – Altersgrenze 2 17, 39 – Berechnung der Übergangszeit 2 41 – Definition 2 40 – Erwerbstätigkeit 2 42 – Maximalzeitraum 2 41 – mehrere Übergangszeiten 2 42 – mögliche Übergangszeiten 2 39 – Verlängerungstatbestand 2 43 Kinder in Wartezeit (ohne Ausbildungsplatz) – Altersgrenze 2 17, 44 – Ausbildung, nachhaltige laufende Bewerbungen 2 44 – Definition 2 44 – ernsthafte Bemühungen 23 44 – Erwerbstätigkeit 2 46 231
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Stichwortverzeichnis
– Nachweise 2 45 – Studium, ernsthafter Wunsch 2 44 Kinder mit Kindern – Anspruch auf Unterhalt 2 67 – Berücksichtigung von Freibeträgen 2 68 – Definition 2 67 – Kinderbetreuungskosten 2 69 Kinder ohne Arbeitsplatz – Altersgrenze 2 22 – Beschäftigungsverbot nach §§ 3, 6 MuSchG 2 25 – Definition 2 22 – Erkrankung 2 25 – im Ausland 2 22 – Meldung bei der Agentur für Arbeit 2 23 – Nachweise 2 23 – Verlängerungstatbestand 2 26 Kinder über 18 Jahren 2 15 – Allgemeines 4 2 – Altersgrenzen 2 17 – Auskunftsverweigerungsrecht 9 10 – besondere Anspruchsvoraussetzungen 2 16; 4 2 – Kinder mit Kindern 4 2 – Mitwirkungspflichten – Allgemeines 97 – Mitwirkungspflichten – Ermittlung der Einkünfte und Bezüge 9 9 – Mitwirkungspflichten – Inanspruchnahme 9 8 – Mitwirkungspflichten – Ordnungswidrigkeit 9 8 – Monat der Vollendung des 18. Lebensjahres 2 15 – Neuantrag 2 13 – Prüfschema 2 20 – verheiratete Kinder 4 2 Kinder unter 18 Jahren – Einkünfte und Bezüge 2 14 – Festsetzung – gesetzliche Erledigung mit Vollendung des 18. Lebensjahres 2 13 – lebend geboren 2 12 232
Kinderbetreuungskosten 2 69 Kinderfreibetrag – Anspruch, monatlich (Kürzung) 2 105 – Begriff des Kindes 2 102, 108 – Berücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung 1 4 – Berücksichtigung bei der Einkommensteuerveranlagung bis VZ 2003 1 5 – Definition 2 104 – Enkel 2 102, 108 – Existenzminimum 1 2 – gewöhnlicher Aufenthalt 2 103 – gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft 2 102 – Günstigerprüfung 1 7 – Kindergeld, Anrechnung 2 104 – lebend geborenes Kind 2 2 – Minderung nach der Ländergruppeneinteilung 2 103 – Stiefkinder 2 102, 108 – Übertragung der Freibeträge 2 108 – Übertragung der Freibeträge – Korrekturmöglichkeit 11 44 – Verrechnung des Kindergeldes 1 6 – Verrechnung des Kindergeldes – Ausnahmeregelung (Sozialversicherungsbeiträge) 1 4 – Wohnsitz 2 103 Kindergeld – Anrechnung beim Kinderfreibetrag 81 – Ausnahme – Barauszahlung 7 8 – Einspruch gegen die Höhe des 11 49 – Entwicklung des 7 1 – Höhe des 7 1 – lebend geborenes Kind 2 2 – Monatsprinzip 7 7 – Tod des Berechtigten 7 9 – Überweisung 7 8 – Verbot der Doppelleistung 5 1, 2 – Zahlungszeitraum 7 4 Konsularische Vertretungen – Mitglieder 3 7, 14
Stichwortverzeichnis
Kontenpfändung – Allgemeines 17 1 – Berechnung der Schonfrist 17 3 – Entwicklung 17 1 – erweiterter Pfändungsschutz (nach sieben Tagen) 17 4 – Schonfrist 17 2 Körperschaften des öffentlichen Rechts – Familienkasse – Zuständigkeit 13 1 Korrektur von Kindergeldfestsetzungen – Allgemeines 11 17 – Änderung der Verhältnisse (§ 70 Abs. 2 EStG) 11 18 ff. – Aufhebung/Änderung (§ 172 AO) 11 34 – Aufhebung/Änderung in sonstigen Fällen (§ 175 AO) 11 42 ff. – Einkünfte und Bezüge (§ 70 Abs. 4 EStG) 11 28 ff. – formelle Bestandskraft 11 17 – generelle Regeln 11 17 – Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung 11 17 – Korrekturnorm 11 17 – materielle Bestandskraft 11 17 – materielle Fehler (§ 70 Abs. 3 EStG) 11 24 ff. – neue Tatsachen/Beweismittel (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO) 11 35 ff. – offenbare Unrichtigkeiten (§ 129 AO) 11 45 – Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) 11 32 – Vorläufige Steuerfestsetzung(§ 165 AO) 11 33 – Widerstreitende Steuerfestsetzung (§ 174 AO) 11 41 Korrekturnorm 11 17 – § 129 AO 11 45 – § 164 AO 11 32 – § 165 AO 11 33 – § 172 Abs. 1 AO – Allgemein 11 34 – § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a AO 11 34 – § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2b AO 11 34 – § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2c AO 11 34
– § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2d AO 11 34 – § 173 Abs. 1 Nr. 1 und 2 AO 11 35 ff. – § 174 AO 11 41 – § 175 AO 11 42 ff. – § 70 Abs. 2 EStG 11 18 ff. – § 70 Abs. 3 EStG 11 24 ff. – § 70 Abs. 4 EStG 11 28 ff. Kostenentscheidung – Bekanntgabe 18 6 – über Auslagen im Einspruchsverfahren 18 3 Kostenerstattung – Allgemeines 18 1 – Begriff der zweckgebundenen Rechtsverfolgung 18 2 – Geltendmachung 18 5 – Kostenentscheidung 18 3, 6 – Kostenfestsetzung 18 7 – Notwendigkeit der Hinzuziehung 18 4 – Streitwert 18 5 – Vorverfahren 11 50 Kostenfestsetzung 18 7 Kostenpauschale – Ermittlungsformel 2 96 – zeitanteilige Aufteilung 2 96 Krankengeld 2 93 Kürzungsmonat – Definition 2 78
L Ländergruppeneinteilung 2 77 Landesfamilienkasse 13 2 Lebensbedarf, existentieller 2 56 Lernarbeitsgemeinschaften 2 90 Lottogewinne 2 92
Mmaßgeblicher Grenzbetrag 2 18 – Definition 2 78 – Ermittlungsschema 2 79 – Korrektur nach § 70 Abs. 4 EStG 11 29 materielle Bestandskraft 11 17 materielle Fehler (§ 70 Abs. 3 EStG) – Allgemeines 11 24 – Begriff des materiellen Fehlers 11 26 233
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Stichwortverzeichnis
– Rechtsfolgen 11 27 – Vorhandensein einer Festsetzung 11 25 materieller Ablehnungsbescheid – Allgemeines 11 8 – konkreter Regelungszeitraum 11 10 – Wirkungsdauer 11 9 mechanische Fehler 11 45 Mehrbedarf, behinderungsbedingter 2 56 Mitwirkungspflichten – allgemeine 9 2 – Allgemeines 9 1 – Antrag im berechtigten Interesse 9 5 – Arbeitgeber des Kindes 9 11 – Auskunftsverweigerungsrecht 9 3, 20 – Ausstellung einer Entgeltbescheinigung des Kindes 9 12 – bei Auslandssachverhalten 9 22 – Beschränkung der Auskunftspflicht des Arbeitgebers 9 13 – besondere 9 3 – Kinder über 18 Jahre – Allgemeines 97 – Kinder über 18 Jahre – Ermittlung der Einkünfte und Bezüge 9 9 – Kinder über 18 Jahre – Inanspruchnahme 9 8 – Mitteilungspflicht – Festsetzungsverjährung 9 19 – Mitwirkungspflichten nach der AO – Allgemeines 9 18 – Ordnungswidrigkeiten 9 4, 8 – Personenkreis 9 2 – Sachverhaltsaufklärung 9 2 – Veränderungsanzeige 9 4 – Verfolgungsverjährung 9 4 – Vorlage von Beweisurkunden 9 2, 18 Mutterschaftsgeld 2 92, 94
NNachweise – Ablehnungen 2 45 – Anerkennung der Asylberechtigung 11 43 – Anerkennung sonstiger politischer Verfolgung 11 43 234
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Arbeitslosenbescheinigung 2 23 Ärztliches Gutachten 2 53 Aufenthaltserlaubnis 3 12 Ausbildungsplatzzusage 2 45 Behindertenausweis 2 55; 11 43 Berufsausbildungsvertrag 2 35 Beschäftigungsverbot §§ 3, 6 MuSchG 2 25, 30 Bescheinigung nach § 15 BVFG 3 5; 11 43 Bescheinigungen der Agentur für Arbeit 2 45 Bescheinigungen für ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr 2 50 Beschluss des Vormundschaftsgerichtes 5 24 Bewerbung bei der ZVS 2 45 Bewerbungen 2 45 Bundespersonalausweis 3 5 Einladungen zu Vorstellungsgesprächen 2 45 Einstufung in Pflegestufe III 2 53, 55 Entgeltbescheinigung des Arbeitgebers des Kindes 9 12 Erkrankung – ärztliches Attest 2 25, 29 Feststellung der Schwerbehinderung 2 53, 11 43 Geburtsbescheinigung 2 2; 9 22 Mitwirkungspflichten – Akten 9 22 Mitwirkungspflichten – Auskünfte jeder Art 9 22 Mitwirkungspflichten – in Augenscheinnahme 9 22 Mitwirkungspflichten – Sachverständige 9 22 Mitwirkungspflichten – Urkunden 9 22 Niederlassungserlaubnis 3 11 Pflegeerlaubnis 2 6 Praktikumsverträge 2 36 Studienplatzzusage 2 45 Wehrdienstzeitbescheinigung 2 59 Weiterleitungserklärung 5 20
Stichwortverzeichnis
– Zeugnis des behandelnden Arztes 2 53 NATO – Mitglieder der NATO Streitkräfte 3 13 negativer Regelungsinhalt 11 11
O offenbare Unrichtigkeiten (§ 129 AO) – Allgemeines 11 45 – mechanischer Fehler 11 45 – Rechenfehler 11 45 – Schreibfehler 11 45 – Übernahmefehler 11 45 Ordnungswidrigkeiten 9 4 Ordnungszahl 7 2 – Auswirkungen der Zahlkinder 7 3 – Auswirkungen der Zählkinder 7 3
P Pfändung Allgemeines 16 1 Berechtigtenwechsel 16 6 f. Bezeichnung des Drittschuldners 16 4 Bezifferung des Betrages 16 3 Drittschuldner 16 2 Drittschuldnererklärung 16 5 Erhöhungsbetrag 16 14 Ermittlung der Höhe des pfändbaren Anteils 16 12 – Gesamtkindergeld 16 11 – Höhe des pfändbaren Kindergeldes 16 10 – Pfändungsberechtigte 16 9 – Pfändungsgrund 16 8 – Unterhaltsansprüche 16 1, 9 – zugunsten eines Zahlkindes 16 13 f. – zugunsten eines Zählkindes 16 15 – Zustellung 16 2 Pflegekind 2 6; 4, 4 – Begründung des Pflegekindschaftsverhältnisses 2 9 – Dauer des Pflegekindschaftsverhältnisses 2 8 – Definition 2 6 – erwerbsmäßig betriebenes Heim 2 10 – Erwerbszweck 2 10 – Haushaltsaufnahme 2 7 – – – – – – – –
– Konkurrenz – Pflegekind/leibliches Kind 2 11 – Kostkinder 2 10 – Pflegeerlaubnis 2 6 – Unterhaltserfordernis 2 6 Pflegeversicherung – Leistungen, nach 2 94
R Rangfolge 7 2 – Auswirkungen der Zahlkinder 7 3 – Auswirkungen der Zählkinder 7 3 Rechenfehler 11 45 Rechtsbehelf – Allgemeines 11 46 – Befugnis 11 46 – Beschwer 11 47 – Einlegung 11 46 – finanzgerichtliche Verfahren 11 51 – Frist 11 48 – Kostenerstattung 11 50 Rechtsbehelfsfrist 11 48 Reisenebenkosten 2 89 Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts 13 16 Rente – Ertragsanteil 2 81 – gesetzliche – steuerfreie Anteil 2 93 – gesetzliche – über Ertragsanteil 2 93 – steuerpflichtiger Anteil 2 81 – Unfallversicherung 2 93 – Zuschüsse des Rententräger zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung 2 93
S Sachbezüge – während eines au-pair 2 93 Sachverhaltsaufklärung – Mitwirkungspflichten 9 2 Schreibfehler 11 45 Sozialversicherungsbeiträge – Allgemeines 2 99 – Arbeitnehmeranteil an den Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung 2 99 235
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Stichwortverzeichnis
– Beiträge zur freiwilligen Krankenund Pflegeversicherung 2 100 – private Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge 2 100 – Verrechnung des Kindergeldes – Ausnahmeregelung (Sozialversicherungsbeiträge) 1 4 Sparerfreibetrag 2 81, 93 Spätaussiedler 3 5 Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege 13 15 – Aufzählung 13 17 Steuergeheimnis – Angaben des volljährigen Kindes 9 9 – Auskünfte an die Bezüge im öffentlichen Dienst anweisenden Stellen 9 16 – Ausnahme 9 17 Steuerpflicht – Definition – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 EStG) 37 – Definition – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt (§ 1 Abs. 3 EStG) 3 8 – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig (§ 1 Abs. 2 EStG) 3 1, 6 – unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt (§ 1 Abs. 3 EStG) 3 1, 6 Stiefkind – Allgemeines 4 5 – Definition 4 6 – Haushaltsaufnahme 4 8 – Scheidung 4 7 – Tod des leiblichen Elternteils 4 7 – Trennung 4 8 Stiftungen des öffentlichen Rechts – Ausnahme – „kirchlicher Zweck“ 13 16 – Familienkasse – Zuständigkeit 13 1 Stipendien 2 95 Studienbeihilfe 2 95 Studiengebühren 2 97 Studienreise 2 97 236
T Taschengeld – während eines au-pair 2 93 Tatsachen (§ 173 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AO) – Allgemeines 11 35 – Begriff der Tatsache 11 36 – grobes Verschulden 11 39 – nachträgliches Bekannt werden 11 38 – Rechtsfolge 11 40 – Vorhandensein der Tatsache 11 37 Teilabhilfe – Korrekturnorm 11 34 Teilkindergeld – § 65 EStG – Allgemeines 6 14 – § 65 EStG – Monatsprinzip 6 16 – in Fällen des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG 6 15 – in Fällen des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 EStG 6 17 Teilmonat 2 18 – Definition 2 79 – Vereinfachungsregel 2 79 Telekom AG – Familienkasse des öffentlichen Dienstes 13 10 Territorialprinzip 4 3 – Ausnahmen 4 19
UÜbergangsregelungen – Sonderregelungen für Personen, die im Dezember 1990 Kindergeld in der früheren DDR bezogen haben 19 2 – Sonderregelungen für Personen, die im Dezember 1990 Kindergeld in der früheren DDR bezogen haben (Entwicklung) 19 1 – Sonderregelungen für Personen, die im Dezember 1990 Kindergeld in der früheren DDR bezogen haben (Veränderungen) 19 2 f. Übernahmefehler 11 45 Übersichten – Berechnungsformel für den (maßgeblichen) Grenzbetrag 2 78 – Berechnungsschema verheiratete Kinder 2 66
Stichwortverzeichnis
– Ermittlungsformel des ArbeitnehmerPauschbetrages 2 84 – Ermittlungsformel für die Kostenpauschale 2 96 – Ermittlungsschema (maßgeblichen) Grenzbetrag 2 79 – Ermittlungsschema Anrechnungszeitraum 2 79 – Ermittlungsschema Anspruchszeitraum 2 79 – Ermittlungsschema Bezüge 2 101 – Ermittlungsschema Einkünfte 2 101 – Vereinfachungsregel bei Teilmonaten 2 79 Unfallversicherung – Rente (Bezug) 2 93 Unterhaltsleistungen – Ehegatte des verheirateten Kindes 2 93 – geschiedener oder dauernd getrennt lebender Ehegatten 2 81, 93 – § 1615l BGB 2 93 Unterhaltspflicht – Verletzung der 14 3 Unterhaltsrente 5 8 – Unterhaltsrente – Ermittlung der Höhe 5 9 Unterkunft – besondere Ausbildungskosten 2 98 – Bezüge 2 51 – Dienstreise 2 89 – freie 2 93 – Kinder im freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr 2 51 Urlaubsgeld 2 81
V Veränderungsanzeige 9 4 – Beispiele für 9 6 – Form der 9 4 Vereinfachungsregel 2 79 Verfolgungsverjährung 9 4 Verheiratete Kinder – Berechnungsschema 2 66 – Definition 2 64 – Mangelfall 2 64 f.
– Mangelfall, Ermittlung 2 66 – über 18 Jahre 4 2 Verlängerungstatbestand – Altersgrenze 2 58 – Altersgrenzen, Verschiebung 2 17 – Beginn 2 63 – Dauer 2 62 – Dauer, Grundwehrdienst 2 59 – Dauer, Zivildienst 2 59 – Definition 2 58 – Kinder in Berufsausbildung 2 32 – Kinder in einer Übergangszeit 2 43 – Kinder ohne Arbeitsplatz 2 26 – Kürzung 2 62 – Nachweis 2 59 – Verteilung 2 62 Verletztengeld 2 93 Verpfändung – Allgemeines 16 16 – gesetzliche Unterhaltsansprüche 16 16 – Voraussetzungen 16 16 – zivilrechtlicher Vertrag 16 17 f. Verpflegung – besondere Ausbildungskosten 2 98 – Bezüge 2 51 – freie 2 93 – Kinder im freiwilligen sozialen oder ökologischen Jahr 2 51 Verpflegungsmehraufwendungen – Dienstreise 2 89 Versorgungsfreibetrag 2 81, 93 – Zuschlag zum 2 81, 93 Vertriebene 3 5 Vollzeiterwerbstätigkeit 2 70, 71 Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) 11 32 Vorläufige Steuerfestsetzung(§ 165 AO) 11 33 Vormundschaftsgericht – Antrag (Voraussetzungen) 5 24 – Antragsberechtigung 5 24 – Bestimmung des Berechtigten 5 23 – Wirkung des Beschlusses des 5 24
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Stichwortverzeichnis
WWehrdienst – Beginn 2 60 – Berufsausbildung, während 2 61 – Dauer 2 59 – Ende 2 61 – Entlassungsgeld 2 93 – Grundbezüge 2 93 – Unterkunft, freie 2 93 – Verpflegung, freie 2 93 – Weihnachtsgeld 2 93 Weihnachtsgeld 2 81 – Wehr- oder Zivildienst 2 93 Weiterleitung – Allgemeines 5 13 – Billigkeitsmaßnahme 5 20 – Nachweis 5 21 – Prüfung der Weiterleitung des Kindergeldes 5 19 f. – Vordruck KG 14 - Weiterleitungserklärung 5 20 – Weiterleitungserklärung 5 20 – Zählkindvorteil 5 22 Weiterleitungserklärung 5 20 Werbungskosten – Arbeitgeberleistungen (steuerfrei oder pauschal versteuert) 2 91 – Arbeitnehmer-Pauschbetrag 2 84 – Arbeitnehmer-Pauschbetrag – Ermittlungsformel 2 84 – Arbeitsmittel 2 90 – Bewerbungskosten 2 90 – Computer 2 90 – Definition 2 82 – Dienstreise, allgemein 2 88 – Dienstreise, Berufsschule 2 88 – Dienstreise, Kosten 2 89 – doppelte Haushaltsführung 2 90 – Entfernungspauschale (ab 01.01.2007) 2 87 – Entfernungspauschale (bis 31.12.2006) 2 86 – Fachbücher 2 90 – Fahrtkosten 2 85 – Lernarbeitsgemeinschaften 2 90 – Pauschbeträge, allgemein 2 83 238
Widerstreitende Steuerfestsetzung (§ 174 AO) 11 41 – Beiladung 11 41 – Hinzuziehung 11 41 Wohngeld 2 93 Wohnsitz – Anspruchsberechtigter 3 1, 4, 6 – Begründung 4 16 – Kind 4 3, 12 – Kind – eigene Wohnung 4 13 – Kind – Schulbesuche im Ausland 4 14 – Kinderfreibetrag 2 103
Z Zahlkind 5 2 – Auswirkungen auf die Ordnungszahl 73 – Definition 5 10 Zählkind 5 2 – Auswirkungen auf die Ordnungszahl 73 – Dauer der Berücksichtigung 5 12 – Definition 5 11 – Zählkindvorteil 5 11 Zählkindvorteil 5 11 – Änderung der Berechtigtenbestimmung 5 16 – Festsetzung für zurückliegende Zeiträume 5 17 – höherer Kindergeldanspruch 5 17 Zahlungsweise – Ausnahme - Barauszahlung 7 8 – Monatsprinzip 7 7; 12 1 – Überweisung 7 8 Zahlungszeitraum 7 4 – Monatsprinzip 7 5; 12 1 – Monatsprinzip - Ausnahmen 7 6 Zivildienst – Beginn 2 60 – Berufsausbildung, während 2 61 – Dauer 2 59 – Ende 2 61 – Entlassungsgeld 2 93 – Grundbezüge 2 93 – Unterkunft, freie 2 93
Stichwortverzeichnis
– Verpflegung, freie 2 93 – Weihnachtsgeld 2 93 Zuschläge – Sonntags-, Feiertags,- oder Nachtarbeit 2 93 Zuständigkeit – ABM-Arbeitnehmer 13 20 – Agentur für Arbeit 13 1 – Anstalten des öffentlichen Rechts 13 1 – Arbeitnehmer nach § 16 SGB II 13 20 – Arbeitnehmer nach §§ 272 ff. SGB III 13 20 – Bundesagentur für Arbeit 13 1 – Bundesfamilienkasse 13 2 – BZSt 13 1 – der Familienkassen des öffentlichen Dienstes, Beginn 13 11 – der Familienkassen des öffentlichen Dienstes, Ende 13 11
– Fachaufsicht 13 1 – im Monat des Zuständigkeitswechsels 13 12 – Körperschaften des öffentlichen Rechts 13 1 – Landesfamilienkasse 13 2 – Stiftungen des öffentlichen Rechts 13 1 – Zuständigkeitsregelung zwischen den Familienkassen des öffentlichen Dienstes und der Agentur für Arbeit 13 3 Zuständigkeitswechsel – Agentur für Arbeit 13 4 – Allgemeines 13 4 – Familienkassen des öffentlichen Dienstes 13 4 – kein Antrag 8 4 – Möglichkeiten des 13 4
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