Atlan - Held von Arkon Nr. 197
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Atlan - Held von Arkon Nr. 197
Kristalle des Todes Atlan im Stützpunkt der Raumfahrer - und in der Gewalt eines Wahnsinnigen von Harvey Patton
Im Großen Imperium der Arkoniden schreibt man eine Zeit, die auf Terra dem 9. Jahrtausend v. Chr. entspricht. Imperator des Reiches ist Orbanaschol III. ein bruta ler und listiger Mann, der seinen Bruder Gonozal VII. töten ließ, um selbst die Herr schaft antreten zu können. Gegen den Usurpator kämpft Gonozals Sohn Atlan, Kristallprinz und rechtmäßiger Thronerbe des Reiches, mit einer stetig wachsenden Zahl von Getreuen, die Orbana schols Helfershelfern schon manche Schlappe beibringen konnten. Mit dem Tage jedoch, da der Kristallprinz Ischtar begegnet, der schönen Varganin, die man die Goldene Göttin nennt, scheint das Kriegsglück Atlan im Stich gelassen und eine Serie von empfindlichen Rückschlägen begonnen zu haben, die schließlich zu einer erneuten Versetzung des Arkoniden in die Mikroweit führten. Dort – nach turbulenten und gefahrvollen Abenteuern mit Dophor, Gjeima und Jan sonthenern – hat Atlan weder von Grek 3, dem Erfinder des »Zwergenmachers«, noch von Prinzessin Crysalgira, dem Experimentierobjekt der Maahks von Skrantas quor, bisher eine Spur entdecken können. Doch Atlan gibt trotz widrigster Umstände nicht auf. Gegenwärtig ist er auf der Su che nach einem Raumschiff – und entdeckt dabei die KRISTALLE DES TODES …
Kristalle des Todes
3
Die Hautpersonen des Romans:
Atlan - Der Kristallprinz erreicht einen Stützpunkt der Raumfahrer des Mikrokosmos.
Grek 3 - Ein Todfeind wird zum Partner Allans.
Motros - Ein Riese mit Größenwahn.
Crysalgira - Eine Prinzessin von Arkon.
1. Nahm diese Wanderung denn überhaupt kein Ende mehr? fragte ich mich verzwei felt. Seit Stunden war ich nun schon unter wegs, immer an der Küste des Blauen Ozeans entlang, und ich spürte meine Beine kaum noch. Nur die Hoffnung, bald auf Vru umys' Raumschiff zu stoßen, hielt mich noch aufrecht und trieb mich weiter voran. Im stillen fluchte ich zuweilen auf den fremden Raumfahrer, der so versessen dar auf gewesen war, in den Urnen auf dem Grunde des Meeres ein Lebenselixier zu fin den. Seine Gier danach war ihm zum Ver hängnis geworden, denn anstelle ewigen Le bens hatte er nach seinem Genuß den Tod gefunden … Ich hatte dann gehofft, mit seinem Gleit boot rasch zu dem Raumschiff kommen zu können, aber auch mir hatte das Schicksal einen bösen Streich gespielt. Nicht so rigo ros wie Vruumys, denn ich lebte immerhin noch, obwohl das Boot schon bald explo diert war. Ich hatte mich schwimmend ans Ufer retten können, doch nun stand ich wie der allein da. Allein – nicht nur in einer fremden Umgebung, sondern irgendwo im Mikrokosmos! Ich lachte bitter auf und stolperte weiter. Das Meer links von mir war ruhig, die langen Wellen plätscherten monoton gegen den Sandstrand. Zwar war inzwischen die Nacht gekommen, aber ich fand mich trotz dem gut zurecht, denn bald nach dem Verb lassen der Dämmerung waren zwei kleine Monde aufgegangen. Ihr Licht reichte aus, um mich meine Umgebung erkennen zu las sen, den breiten flachen Strand und den dunklen Wald des Dschungels, der dahinter
aufstieg. Wenn ich nur nicht so entsetzlich müde gewesen wäre! Ich hatte schon lange nicht mehr geschla fen, und außerdem hatte mir die Explosion des Bootes übel mitgespielt. Alle nur mögli chen Stellen meines Körpers hatten ge schmerzt, als ich mehr tot als lebendig ans Ufer gekommen war. Zum Glück hatte die Nacht keine merkli che Abkühlung gebracht, gegen die ich mich kaum hätte schützen können. Ich hatte kei nerlei Ausrüstung bei mir und trug nur den flexiblen blauen Anzug, den ich in einer Ki ste gefunden hatte, die zusammen mit ande ren Bootstrümmern ans Ufer gespült worden war. Weiter, nur immer weiter! Irgendwo an dieser Küste mußte das Schiff des Bepelzten stehen, und wenn ich es erreicht hatte, konn te ich mir endlich Ruhe gönnen. Im Mondlicht erkannte ich eine Sand bank, die sich weit ins Wasser hinaus er streckte, und zugleich stieg der Boden unter meinen Füßen an. Ich erklomm die dünenar tige Erhebung, aber als ich oben angekom men war, war ich am Ende. Schlagartig sackten die Beine unter mir weg, und ich fiel der Länge nach in den Sand. Das hast du davon! kommentierte mein Extrasinn mit der bei solchen Gelegenheiten üblichen spöttischen Überlegenheit. Immer willst du mit dem Kopf durch die Wand – und hinterher stehst du da und hast die Beu len am Kopf … Ich ignorierte diesen Aphorismus, obwohl er in seiner blumenreichen Form meine Lage sehr genau umriß. Besser gesagt, ich war viel zu fertig, um noch irgendwie darauf rea gieren zu können! Ich lag keuchend da und versuchte neue Kräfte zu sammeln, aber ver geblich. Schließlich rollte ich mich im wei
4 chen Sand zusammen, und schlief fast über gangslos ein. Daß dieses Verhalten schon mehr als ein bodenloser Leichtsinn war, wurde mir gar nicht mehr bewußt. Dabei gab es auf dieser fremden Welt des Mikrokosmos kaum weniger Gefahren als auf einem gleichartigen Planeten meiner normalen Umwelt! Das hatte ich nun schon oft genug erfahren müssen, zuletzt bei der Urnensuche zusammen mit Vruumys. Ich hatte mich durch die Hartnäckigkeit im Verfolgen meines Zieles in eine sehr ge fährliche Lage gebracht, denn ich war in meinem Erschöpfungsschlaf Gegnern jeder Art vollkommen hilflos ausgeliefert. Doch entweder wachte ein hilfreicher Gott wohl wollend über mich, oder ich hatte einfach Glück, denn als ich wieder erwachte, lebte ich immer noch. Ein harter Anprall gegen meinen Kopf weckte mich. Ich fuhr hoch, sah verständnislos um mich und wußte im ersten Augenblick überhaupt nicht, wo ich eigentlich war. Rein instinktiv fuhr meine Hand zur Hüfte, aber sie kam leer zurück, denn ich besaß nichts, das ich hätte als Waffe verwenden können. Doch nun wurde ich sehr schnell wieder munter und erfaßte, wo ich mich befand. Um mich herum hatte sich nichts verändert, es war noch immer dunkel, nur die beiden Monde hatte inzwischen die andere Seite des Himmels erreicht. Daraus ließ sich leicht schließen, daß ich mehrere Stunden lang wie tot geschlafen hatte. Ich sah mich aufmerk sam um, aber ich konnte weit und breit kein fremdes Wesen entdecken, das es auf mich abgesehen hatte. Wer oder was hatte mich dann aber ge weckt …? Ich erfuhr es gleich darauf, als sich im Sand neben mir etwas zu regen begann. Dort lag ein etwa fingerlanger Käfer auf dem Rücken, strampelte wie wild mit den Beinen und versuchte, durch Hochstemmen der Flügel wieder in die Normallage zu kommen. Offenbar war dieses Insekt durch
Harvey Patton meine Körperwärme angelockt worden und hatte mich zum Ziel eines Sturzflugs ausge sucht – mit welcher Absicht, konnte ich na türlich nicht erraten. Immerhin mahnten mich die Greifzangen an der Vorderseite seines Kopfes zur Vor sicht, und so verzichtete ich darauf, dem Tier auf die Beine zu helfen, was ich impul siv hatte tun wollen. Vielleicht hätte es sich dafür in unfreundlicher Weise durch einen Biß oder Stich revanchiert, möglich war al les. Irgendwie würde es wieder auf die Beine kommen, aber dann wollte ich schon ein Stück weit weg sein. Sehr vernünftig von dir, Kristallprinz! meldete sich nun mein Extrahirn. Sehr leicht hätte es kein Käfer, sondern ein erheblich größeres Tier sein können, und ihm wärst du völlig wehrlos ausgeliefert gewesen. Ich ha be dich gewarnt, einen solchen Raubbau mit deinen Kräften zu treiben. Wozu hast du mich eigentlich, wenn du doch nicht auf mich hörst? Ich betrachtete das als eine rein rhetori sche Frage und gab keine Antwort darauf. Statt dessen erhob ich mich und suchte nach dem seltsamen Gerät, das sich zusammen mit dem blauen Anzug in der Kiste befun den hatte, und das mir bei dem Sturz aus der Hand gefallen war. Ich fand es einige Schritte weiter im Sand, hob es auf und starrte es sinnend an. Es handelte sich dabei um eine kleine, sil bern glänzende Kugel, deren Durchmesser etwa drei Zentimeter betrug. Sie war aus Metall, relativ schwer und mit drei finger langen dünnen, sternförmig angeordneten zackenartigen Auswüchsen bestückt. Ich hatte keine Ahnung, worum es sich dabei handeln mochte, auch mein Logiksektor hat te mir hier nicht helfen können. Möglicher weise war es aber ein Instrument, das mir später irgendwie von Nutzen sein konnte, deshalb hatte ich dieses Ding an mich ge nommen. Vielleicht war es mir dann eine Hilfe, wenn ich Vruumys Raumschiff entdeckt hat te. Im Innern der Kugel konnte sich durch
Kristalle des Todes
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aus irgendein Mechanismus der fremden Technik befinden; ich hielt das jedenfalls für möglich. Ich hatte den Schwarzpelz ja nicht beson ders gut kennengelernt, doch er hatte sich vermutlich etwas dabei gedacht, als er die Kugel zu seinem Reserveanzug in die Kiste packte. Er hatte auch sonst immer sehr ge nau gewußt, was er wollte. Daß das im End effekt seinen Tod bedeuten würde, hatte er natürlich nicht ahnen können … Willst du hier stehen bleiben, bis du Wur zeln schlägst? Du hast es doch zuvor so eilig gehabt! mahnte mich der Extrasinn. Ich warf einen letzten Blick auf den noch immer eifrig strampelnden Käfer und dachte dabei, daß es mir im Grunde nicht viel bes ser als ihm erging! Ich hatte mich zum zweitenmal in den Mikrokosmos versetzen lassen, aber im Au genblick saß ich genauso fest wie er. Die Götter allein mochten wissen, was aus mir wurde, wenn ich das Raumschiff des Toten nicht fand, das im Moment meine einzige Hoffnung war. Doch Grübeln brachte mich auch nicht weiter, deshalb schüttelte ich die unnützen Gedanken energisch ab. Ich klopfte den Sand von meiner Kleidung, verließ die Düne und setzte meinen Weg ins Ungewisse fort.
* Der Schlaf hatte mich merklich erfrischt, und ich kam zügig voran. Ungefähr eine Stunde später hatte ich eine Bucht umrundet, die tief in das Land ein schnitt. Die beiden Monde neigten sich be reits ihrem Untergang zu, dafür zeigte sich aber im Osten ein heller Schimmer, der den Morgen ankündigte. Der Strand war hier nicht mehr viel breiter als fünfzig Meter, of fenbar hatte inzwischen die Flut eingesetzt. Ich kam dem Dschungel unangenehm na he, in dem sich bereits die Frühaufsteher der Tierwelt zu regen begannen. Fremde Ge räusche drangen zu mir herüber, dumpfes Gebrüll, heiseres Krächzen, und andere un
definierbare Laute. Das alles trug kaum dazu bei, mein Wohlbefinden zu heben, denn sehr leicht konnte es dort Bestien geben, denen ein junger Arkonide zum Frühstück durch aus gelegen kam! Mein Fuß stockte und ich sah mich über legend um, und dann zuckte ich wie elektri siert zusammen. Die Strahlen der beiden Monde fielen nun fast waagrecht ein, und in ihrem Licht entdeckte ich unter einigen weit ausladenden Urwaldriesen ein metallisches Glitzern! Es ging von einem großen längli chen Körper aus, und unwillkürlich stieß ich einen gedämpften Jubelruf aus. Für mich konnte es nun keinen Zweifel mehr geben: Ich war am Ziel – ich hatte Vruumys' Raum schiff gefunden! Freue dich nicht zu früh! warnte prompt mein Logiksektor. Dieses Schiff verspricht dir zwar eine gewisse Sicherheit, aber es mag in seinem Innern auch vieles Unbe kannte verbergen. Vergiß nicht, was du auf dieser Welt schon alles erlebt hast – sei vor sichtig! Ich lächelte nur spöttisch zu dieser War nung, denn welche Alternative blieb mir schon? Gewiß, dieses Schiff war mir fremd, aber ich traute mir durchaus zu, mit seinen Anlagen fertig zu werden. Es gab keine technischen Gebilde ohne ein bestimmtes Prinzip, und meine Ausbildung durch fähige arkonidische Wissenschaftler war umfas send genug gewesen. Wenn es einen Mann auf dieser Welt gab, der damit fertig wurde, dann war ich das mit Sicherheit. Auf jeden Fall erschien mir diese Mög lichkeit weit verlockender als die, von wil den Bestien verspeist zu werden! Meine Füße setzten sich wie von selbst in Bewegung, und ich lief auf das Schiff zu. Ich hatte jedoch kaum zehn Meter zurück gelegt, als mich ein hohles Pfeifen zusam menfahren ließ, das vom Meer her kam. Er schreckt sah ich auf, und dann entdeckte ich in niedriger Höhe ein dunkles Gebilde, das sich unklar gegen den vom letzten Mond licht erhellten Himmel abhob. Es konnte sich dabei nur um einen frem
6 den Flugkörper handeln, um einen großen Gleiter oder ein weiteres Raumschiff! Wenn es noch irgendeinen Zweifel daran gegeben hätte, dann wurde er durch eine runde, hell erleuchtete Öffnung beseitigt, die einfach nicht zu übersehen war. Lauf weg und suche Deckung, so schnell du kannst – man hat es auf dich abgesehen! feuerte mich mein Extrasinn an. Davon war ich allerdings nicht hundert prozentig überzeugt, denn praktisch konnte ja niemand wissen, daß ich mich gerade an dieser Stelle aufhielt. Die Annahme, daß die Insassen des unbekannten Fahrzeugs es auf Vruumys' Schiff abgesehen hatten, erschien mir viel plausibler. Doch ich befand mich in dessen unmittelbarer Nähe und wußte nicht, ob die Ankömmlinge in guter oder böser Absicht kamen, und auf eine entsprechende Probe wollte ich es nicht ankommen lassen. Es war auf jeden Fall besser, wenn ich mich erst einmal absetzte. Deckung bot mir aber allein der Dschun gel, also mußte ich mich dorthin wenden, ohne Rücksicht auf die vielleicht darin lau ernden Gefahren. Ich setzte mich also in Be wegung und spurtete los. Ich kam allerdings nicht weit. Kaum hatte ich fünfzehn Meter zurückge legt, als eine fremde Gewalt nach mir griff! Ich hatte plötzlich das Gefühl, ein zusätzli ches Gewicht mit mir zu schleppen, als hätte sich in diesem Gebiet die Schwerkraft sprunghaft erhöht. Ich kämpfte mit aller Macht dagegen an und arbeitete mich weiter vorwärts. Es war mir, als müßte ich gegen einen starken Sturm oder eine Wasserströ mung angehen, und diese Behinderung wur de laufend noch stärker. Fünf Meter schaffte ich noch, dann war es endgültig aus … Ich kam nicht mehr vom Fleck, so sehr ich mich auch abmühte. Im Gegenteil – plötzlich wurde mein Körper nach hinten ge zogen, wie eine Marionette durch die Drähte des Puppenspielers. Meine Beine hoben vom Boden ab, und hilflos strampelnd schwebte ich in die Höhe, genau auf das fremde Fahr-
Harvey Patton zeug zu! Ein starker Traktorstrahl! teilte mir mein Logiksektor nüchtern mit. Gib auf! Ich lächelte bitter und mußte wieder an den Käfer denken, den ich hilflos zurückge lassen hatte. Ihm war es vermutlich inzwi schen längst gelungen, sich aus seiner unan genehmen Lage zu befreien – dafür befand ich mich nun an seiner Stelle mitten in unab sehbaren Schwierigkeiten. So nahe war ich dem Schiff schon gewe sen, und nun das! Unaufhaltsam bewegte ich mich im Griff des Zugstrahls nach oben und sah, wie die erleuchtete Öffnung immer näher kam. Ich konnte nun erkennen, daß der unbekannte Flugkörper zu klein für ein Raumschiff war; vermutlich handelte es sich um einen großen Gleiter oder um ein Beiboot. Seine genaue Form blieb infolge der Dunkelheit auch jetzt noch verborgen. Meine unfreiwillige Reise führte bis in ei ne Höhe von etwa zweihundert Metern, dann war ich am Ziel. Ich schwebte in die runde Öffnung hinein, und hinter mir schlug mit dumpfem Poltern ein Schott zu. Der Traktorstrahl wurde abge schaltet, und ich landete unsanft auf dem harten Boden. Fluchend rieb ich mir die Kehrseite und sah mich dann mißtrauisch um. Ich befand mich in einem kleinen niedri gen Raum, der kaum zwei Meter in der Brei te und drei in der Länge maß. Er war voll kommen leer und auf allen Seiten von Wän den aus einem schwarzen Metall begrenzt, an der Decke befand sich eine große quadra tische Leuchtfläche. Es schien keine Tür zu geben, die ins Innere des Fahrzeugs führte, sosehr ich auch danach suchte. Die innere Querwand wies lediglich drei ungefähr in Augenhöhe gelegene kopfgroße Löcher auf, die an Bullaugen erinnerten. Ob ich durch sie beobachtet wurde? Ich trat nahe heran und versuchte hin durchzusehen, jedoch ohne Erfolg. Ich sah lediglich runde gläserne Flächen, in denen sich mein Gesicht spiegelte, sie bestanden
Kristalle des Todes also offenbar aus Einwegglas. Resignierend trat ich wieder zurück und begann ange strengt zu überlegen, was mich nun wohl er warten mochte. Mir fehlte jeder geringste Anhaltspunkt dafür, um wen es sich bei den Entführern handeln konnte. In dieser Lage versagte auch der Logiksektor meines Extrahirns, der nur dann sinnvolle Schlüsse ziehen konnte, wenn er die entsprechenden Informationen erhielt. Ich wußte lediglich, daß ich mich in einer wenig beneidenswerten Lage befand. Es waren nun schon etwa zwei Minuten vergangen, ohne daß etwas geschehen war. Vermutlich war man bereits dabei, mich mit unbekanntem Ziel abzutransportieren, und die Entführer zogen es vor, mich bis zum letzten Augenblick im unklaren zu lassen. Daran konnte ich nichts ändern, also setzte ich mich auf den Boden, lehnte den Rücken gegen die Metallwand und versuchte, mich zu entspannen. Im nächsten Moment fuhr ich aber er schreckt wieder hoch. Über mir in der Decke hatte sich eine un gefähr handgroße Öffnung gebildet, in der ich eine Lautsprecher-Feldmembrane er kannte, und aus ihr klang eine dumpfe Stim me auf. Irgend jemand brüllte mit voller Lungenkraft in ein Mikrophon, so laut, daß meine Trommelfelle zu schmerzen began nen. Rasch hielt ich mir die Ohren zu, aber das half nicht viel. Unbarmherzig dröhnte die fremde Stimme auf mich herab, und der drohende Tonfall war unverkennbar. Ich hörte ihn unschwer heraus, obwohl ich kein Wort von dem ver stand, was mir da entgegengeschleudert wurde. Wer da auch immer brüllen mochte – freundliche Gefühle für mich hegte er auf gar keinen Fall! Hattest du das etwa erwartet? erkundigte sich mein Extrahirn in seiner unnachahmli chen Art. Ich zog eine Grimasse und versuchte wei ter, irgendeinen Sinn in den Worten der Sprache zu entdecken, die das fremde We sen benutzte. Es wollte mir nicht gelingen,
7 nur ein einziges Wort kehrte immer wieder, und darauf konzentrierte ich mich. Es klang wie Vruumys, nur wurde es mit einer gänz lich falschen Betonung ausgesprochen. Es heißt zweifellos Vruumys! informierte mich mein Logiksektor. Wer sich auch im mer in dem Fahrzeug befinden mag, er ist ganz bestimmt der Meinung, den Schwarz pelz gefangen zu haben. Konnte das stimmen? Je länger ich überlegte, um so wahr scheinlicher erschien es mir. Der fremde Flugkörper hatte sich zielstrebig dem Raum schiff Vruumys' genähert, und in der Dun kelheit hatte man vermutlich nicht erkannt, daß man sich einen Falschen gegriffen hatte! Ich trug einen seiner Anzüge und befand mich direkt bei seinem Raumer – das war mein Pech gewesen.
* Die fremde Stimme dröhnte immer noch aus der Feldmembrane, aber ich achtete nicht mehr darauf. Allmählich reichte es mir! Ich hatte mich durch die Maahks in den Mikrokosmos versetzen lassen, um ihren Wissenschaftler Grek 3 und die von ihnen gefangene arkonidische Prinzessin Crysalgi ra zu suchen. Gelang es mir, mit beiden in die Normalwelt zurückzukehren, sollte ich anschließend meine Freiheit erhalten. Diese Lösung war mir durchaus akzeptabel er schienen, zumal ich von meinem ersten Auf enthalt her bereits über gewisse Erfahrungen in dieser Dimension verfügte. Jetzt erschien mir diese Idee längst nicht mehr halb so gut. Ich befand mich nun schon eine ganze Zeit im Mikrokosmos, aber was hatte ich bisher erreicht? Gar nichts! Weder von Grek 3 noch von Crysalgira hatte ich auch nur die geringste Spur gefun den. Meine ganze Ausbeute bestand bisher aus einem vagen Hinweis, der so gut wie nichts wert war. Er stammte von den Wilden am Ufer des Jongquatz, und die waren in
8 meinen Augen nicht viel glaubwürdiger als mein Pflegevater Fartuloon, wenn er ins Fa bulieren kam. Dafür hatte ich mir aber eine ganze Men ge von Unannehmlichkeiten eingehandelt! Von Anfang an war ich hier nur ein Spiel ball gewesen, der von den unterschiedlichen Wesen dieser Dimension nach Belieben her umgeschubst wurde. Die gegenwärtige Mi sere hatte ich dem dicken Beikla zu verdan ken, der geradezu ein Muster von Verschla genheit gewesen war. Allein Vruumys hatte mich bisher gut behandelt, aber ausgerech net er war nun tot … Nun hatte ich geglaubt, mir sein Raum schiff aneignen zu können, das mir erhebli che Bewegungsfreiheit und damit die Mög lichkeit zu einer gezielten Suche nach Grek 3 und Crysalgira versprach. Eine Minute hatte mir noch gefehlt, um es zu erreichen – doch buchstäblich im letzten Moment hatte es mich wieder erwischt. Es war zum Weinen! Selbstmitleid hilft dir auch nicht weiter! belehrte mich mein Extrasinn lakonisch. Warte ab, was weiter geschieht und versu che dann, das Beste aus deiner Lage zu ma chen. Ich lachte humorlos auf, denn dieses wei sen Rates hätte es wirklich nicht bedurft. Ach, geh doch zum Teufel! dachte ich ärger lich zurück. Die Antwort war das Äquivalent eines spöttischen Kicherns. Was willst du denn – ich bin doch ohnehin bei dir! Ob ich wollte oder nicht, diese skurrile Art von Humor meines inneren Gesprächs partners brachte mich unwillkürlich zum Schmunzeln. Irgendwie fand mein Extrasinn immer wieder einen Weg, mich auf den Kernpunkt einer Sache zurückzubringen, und dafür mußte ich ihm dankbar sein. Ich beschloß, mich mit Geduld zu wapp nen, doch das war gar nicht mehr nötig. Ein leichter Ruck zeigte mir an, daß das Fahr zeug irgendwo gelandet sein mußte, und ich bereitete mich auf die Konfrontation mit meinen Entführern vor.
Harvey Patton Doch wieder einmal kam alles ganz an ders. Das runde Schott öffnete sich, und mit lei sem Schnurren senkte sich eine Rampe vor dem Ausstieg nach unten. Vorsichtig ging ich bis zu der Öffnung vor und spähte hin aus. Ich hatte erwartet, nun jenen Unbekann ten zu sehen zu bekommen, dessen Gebrüll kurz zuvor verstummt war, aber ich wurde wieder einmal enttäuscht. Niemand küm merte sich um mich! Ich konnte in einen halbdunklen Raum blicken, der so etwas wie ein Hangar zu sein schien. Soviel ich sehen konnte, war er leer, aber ich wartete trotzdem noch eine Weile ab. Erst als sich nach einer Minute immer noch nichts ereignet hatte, betrat ich zögernd die Rampe und stieg sie langsam hinab. Ich war darauf vorbereitet, rasch die Flucht er greifen zu müssen, doch nach wie vor zeigte sich niemand. Was mochte das nun wieder bedeuten? Da hatte sich jemand die Mühe gemacht, mich gefangenzunehmen und hierher zu ent führen, und nun kümmerte er sich überhaupt nicht um mich! Das erschien mir ausgespro chen widersinnig, aber irgendwo paßte es zu den seltsamen Gegebenheiten auf dieser Mi kroweit. Vielleicht will man dich testen! wisperte mein Logiksektor. Geh umher und sieh dich scheinbar ganz unbefangen um, bleibe aber auf der Hut. Ich befolgte diesen Rat und bewegte mich auf die am nächsten gelegene Wand des Hangars zu. Er war groß genug, um ein mitt leres Raumschiff aufnehmen zu können, aber außer einigen fremdartigen Maschinen blöcken im Hintergrund war er vollkommen leer. Nur das Fahrzeug stand darin, mit dem ich hertransportiert worden war, und nun konnte ich es erstmals genauer erkennen. Es handelte sich dabei um einen tropfen förmigen Körper von etwa fünfzehn Meter Länge und einer größten Breite von acht Metern. Er bestand aus einem bläulich schimmernden Metall, war vollkommen glatt und wies weder eine Sichtkanzel noch
Kristalle des Todes andere Öffnungen auf. Nur einige antennen artige Auswüchse waren zu sehen, außerdem am Heck vier große Steuerflossen und die Öffnungen einiger Düsen. Ich schloß daraus, daß dieses Fahrzeug so etwas wie ein Mittel ding zwischen Luft- und Raumfahrzeug war. Noch immer ließ sich niemand sehen – es war und blieb unheimlich still. Ich zuckte ergeben mit den Schultern, setzte mich dann wieder in Bewegung und umrundete das Heck des Flugkörpers. Etwa zwanzig Meter weiter sah ich eine große, weit offene Schleusentür, durch die helles Tageslicht hereinfiel. Der Flug hatte also of fenbar länger gedauert, als er mir vorgekom men war. Unwillkürlich schauerte ich nun zusam men, denn durch das Tor pfiff ein unange nehm kalter Wind herein, gegen den mein Anzug kaum Schutz bot. Ich rechnete noch immer mit einem Trick des Unbekannten und blieb abwehrbereit, doch nichts rührte sich weit und breit. So ging ich bis zu der Schleuse vor und sah hinaus. Nun begriff ich auch, weshalb es hier so kalt war: Ich war mitten in ein Hochgebirge gebracht worden! So weit ich sehen konnte, ragten steile Felsgipfel auf, und nur wenige Meter vor dem Hangar befand sich ein Ab sturz, hinter dem es mehrere hundert Meter steil in die Tiefe ging. Der scharfe Wind zerrte an mir, und ich beeilte mich, an die Längsseite des Hangars zu gelangen, die mir einigen Schutz bot. Ich erkannte nun, daß ich mich auf einem ausge dehnten Hochplateau befand, aber ich sah auch noch mehr. Etwa hundert Meter jenseits des Hangars erblickte ich eine wuchtige Kuppel aus ei nem rötlich schimmernden Metall! Sie war im Mittelpunkt etwa einhundertfünfzig Me ter hoch und bedeckte den großen Teil des Plateaus. Dort schien sich also der Aufent haltsort meiner Entführer zu befinden, und ich hatte kaum eine andere Wahl, als mich dorthin zu begeben. Ich setzte mich in Bewegung, mußte aber bald erkennen, daß ich mich auf einem Irr
9 weg befand … Der Fels war offenbar künstlich geglättet worden, und ich kam ohne Schwierigkeiten vorwärts, aber etwa fünfzig Meter weiter stieß ich auf eine breite Felsspalte. Sie schnitt tief in das Hochplateau ein, über querte es in seiner ganzen Breite und war nirgends schmaler als acht Meter. Nur ein potentieller Selbstmörder hätte versuchen können, diese Weite im Sprung zu über brücken! Ich war zwar sportlich trainiert, aber vor diesem Wagnis schreckte ich doch zurück. Auf ebenem Boden hätte ich es unbedingt versucht, aber nicht bei diesem scharfen Sei tenwind und einer Tiefe von etwa dreißig Metern bis zum Grund des Felsenspalts … Doch was sollte ich sonst tun? Das Fahrzeug im Hangar war offenbar verlassen, seine Insassen schienen sich ent fernt zu haben, während ich noch zögernd in dem kleinen Raum gestanden hatte, in dem ich gefangen gewesen war. Ob ich nicht vielleicht versuchen sollte, in den Flugkör per zu gelangen, ungeachtet etwaiger weite rer Überraschungen negativer Art? Das dürfte ziemlich aussichtslos sein! teil te mir mein Logiksektor mit. Man dürfte nicht versäumt haben, das Fahrzeug ent sprechend zu sichern, also solltest du es gar nicht erst versuchen. Offenbar beinhaltet dieser Test auch, daß du eine Möglichkeit findest, zu der Kuppel zu gelangen. Begib dich zurück in den Hangar, wahrscheinlich wirst du darin etwas finden, das dir die Überbrückung des Felsplateaus ermöglicht. Ich zog eine Grimasse, denn ich mußte unwillkürlich an die Prüfungen während der Erlangung der ARK SUMMIA denken. Die Faehrl-Kommissare auf dem Prüfungsplane ten Largamenia waren im Ausdenken von Schwierigkeiten für ihre Prüflinge etwa an nähernd einfallsreich gewesen! Ich eilte zurück zum Hangar und schlug dabei mit den Armen gegen den Körper, um mich warmzuhalten. Für mich gab es keinen Zweifel daran, daß ich es schaffen würde, wenn es überhaupt irgendwie zu schaffen
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war.
2. Mein Blick fiel hinüber zur anderen Seite der freien Fläche des Plateaus, die ich zuvor nicht hatte überschauen können, weil sie durch das Hangargebäude gedeckt gewesen war. Hastig stoppte ich meinen Lauf wieder und trat einige Schritte zurück, um einen besseren Überblick zu bekommen. Ich sah eine zweite, erheblich breitere Felsspalte – mehr schon eine richtige Schlucht –, die einen Teil des Felsmassivs abtrennte und zu einer selbständigen Hoch fläche machte. Diese durchmaß eine Länge und Breite jeweils etwa dreihundert Meter und schien ebenfalls künstlich geglättet wor den zu sein. Doch nicht sie selbst erregte mein Interesse, sondern das wuchtige Ge bäude, das in ihrer Mitte stand! Es war ein klobiger, bunkerähnlicher Ka sten, der einen großen Teil der Oberfläche bedeckte und fugenlos aus einer Art von Kunststein errichtet war. In seinem Unterteil erkannte ich zwei Reihen von fensterähnli chen Öffnungen und etwa in der Mitte ein großes rechteckiges Portal mit zwei ge schlossenen Türflügeln aus Metall. Ich vergaß den kalten Wind, kniff überle gend die Brauen zusammen und starrte hin über. Was mochte das nun wieder sein? Gehör ten Hangar, Metallkuppel und dieser Bau zusammen, oder stellte letzterer eine eigen ständige Einheit dar? Die erste Annahme dürfte zutreffen! er klärte mein Logiksektor bereits nach weni gen Sekunden. Vermutlich verbergen sich unter der Kuppel nur automatische techni sche Anlagen, dafür spricht die Tatsache, daß es keinen Zugang zu ihr gibt. Der Bau dort drüben scheint dagegen eher ein Wohn gebäude zu sein. Das konnte stimmen, der Logiksektor meines Extrahirns irrte sich nur selten. Un klar blieb mir nur, wie diese beiden Komple xe miteinander in Verbindung standen, denn
ich konnte keine Spur von Leitungen oder sonstigen Installationen entdecken, die die Schlucht überquerten. Unschlüssig blieb ich stehen. Was sollte ich nun tun …? Ich hatte angenommen, die Metallkugel wäre das mir von den Entführern zugedachte Ziel, doch nun erschien mir das wieder als sehr fraglich. Erstens schien es keinen Zu gang zu ihr zu geben, und zweitens konnten die Fremden wohl kaum daran interessiert sein, daß ich ihre technischen Anlagen auf suchte, in denen ich – gewollt oder unge wollt – hätte Schäden anrichten können. Der bunkerähnliche Komplex war wiederum in folge der trennenden Schlucht für mich fast ebenso unerreichbar wie die beiden Monde dieses Planeten! Ohne ein Fluggerät konnte ich ihn nie erreichen. Ich setzte mich wieder in Bewegung, auf den Hangar zu. An ihn mußte ich mich not gedrungen halten, denn nur dort konnte ich eventuell etwas finden, das mir aus meinem Dilemma half. Ob die Herren dieser Station mir vielleicht doch den Flugkörper darin als Transportmittel zugedacht hatten? Diese Frage erfuhr gleich darauf ihre Be antwortung, allerdings anders, als ich dach te. Ich hatte gerade wieder die Vorderseite des Hangars erreicht, als aus ihm plötzlich ein dumpfes Grollen erklang! Erschrocken sprang ich zur Seite, denn ich nahm an, daß dieses Geräusch von dem Antrieb des trop fenförmigen Fahrzeugs stammte, das jetzt wieder startete. Ich drückte mich eng gegen die Wand, um nicht vom Sog erfaßt und über die Felskante gewirbelt zu werden, aber meine Vorsicht war umsonst. Etwa zehn Sekunden vergingen, ohne daß etwas geschah. Dann meldete sich wieder mein Logiksektor. Das Geräusch kann nicht von Antriebs anlagen stammen, dazu ist es viel zu dumpf. Vermutlich sind eben die Maschinenblöcke im Hintergrund des Hangars in Betrieb ge nommen worden, die leichte Erschütterung des Bodens spricht dafür.
Kristalle des Todes Nun bemerkte ich ebenfalls das schwache Vibrieren, das vom Hangar ausging und sich auf den Felsboden übertrug. Zögernd wandte ich mich um, um einen Blick hinein zu ris kieren, aber im nächsten Moment stockte mein Fuß, und meine Augen weiteten sich in ungläubigem Staunen. Zwischen diesem Teil des Hochplateaus und dem anderen, dessen äußerste Kante ich von dieser Stelle aus sehen konnte, hatte sich eine energetische Brücke aufgebaut! Sie begann übergangslos auf dem nackten Fels, ohne daß dort irgendeine Art von Feld projektor zu erkennen war. Als mattblau schimmerndes Feld von etwa zwei Meter Breite und unbestimmbarer Dicke schwang sie sich in gerader Linie über die Schlucht und endete ebenso abrupt auf der anderen Seite. Es konnte keinen Zweifel daran ge ben, daß sie eigens für mich errichtet wor den war. Erleichtert atmete ich auf, setzte mich wieder in Bewegung und ging am Hangar vorbei auf ihren Ausgangspunkt zu. Ich war froh, endlich ein Ziel zu haben und dieser öden Umgebung entrinnen zu können, denn ich fror jämmerlich. Sei nur nicht zu optimistisch! warnte mich plötzlich mein Extrahirn. Es ist anzunehmen, daß du dich hier auf dem Gebiet von Tegh ment befindest, im Herrschaftsbereich jener, die aus dem Dunkeln kamen. Das war durchaus möglich, aber im Mo ment konnte es mich nur wenig schrecken. Hätte man mich wirklich töten wollen, wäre man wohl kaum genötigt gewesen, sich mit mir so viel Mühe zu machen. Trotzdem schauderte ich unwillkürlich zurück, als ich am Beginn der Energieb rücke stand. Was die beiden Teile des Hochplateaus trennte, war nicht nur eine Felsspalte oder Schlucht – es war ein regelrechter Abgrund! Mir schwindelte förmlich, als ich hinunter sah, denn es ging dort etwa sechs- bis acht hundert Meter tief hinab. Die Gebäude hier oben konnten nur mit Flugmaschinen er reicht werden.
11 Hier schien es aber weit und breit nie mand zu geben, der dazu imstande gewesen wäre. Überall in der Nachbarschaft ragten ähnliche steile Berge auf, die Täler dazwi schen besaßen nur eine kümmerliche Vege tation, und nirgends sah ich auch nur die ge ringsten Anzeichen einer Zivilisation. Ein Gefühl der Einsamkeit überkam mich, doch ich schüttelte es gewaltsam wieder ab. Ich mußte hinüber – ich hatte keine ande re Wahl! Tastend setzte ich einen Fuß auf das ener getische Feld, bereit, ihn sofort wieder zu rückzuziehen. Doch ich spürte unter der Sohle den selben Widerstand, als hätte ich festen Boden betreten, und so trat ich ent schlossen den Weg über diese seltsame Brücke an. Allerdings bemühte ich mich unterwegs krampfhaft, nicht in die Tiefe zu sehen, son dern starrte angestrengt nur geradeaus. Im freien Weltraum schwebend, hatte ich oft genug unergründliche Tiefen überbrückt, das hier war jedoch etwas gänzlich anderes! Dort konnte man schwerelos dahintreiben – aber hier bedeutete ein einziger Fehltritt un ter dem Zug der Schwerkraft den Absturz und damit den sicheren Tod … Sogar mein Extrahirn schwieg diesmal, um mich nicht abzulenken. Auch die Natur schien ein Einsehen zu haben, denn der schneidende Wind ließ nach; Sonnenstrahlen brachen durch die Wolken und spendeten mir wohltuende Wärme. Trotzdem atmete ich hörbar auf, als end lich der letzte Schritt über den Abgrund ge tan war. Eilig setzte ich die Füße auf den fe sten Boden, verzichtete auf jeden Blick zu rück und ging auf das monumental aufragen de Gebäude zu. Ich beobachtete meine neue Umgebung genau, gab mir aber trotzdem den Anschein völliger Unbefangenheit. Wer mich auch im mer hier erwarten mochte, er konnte mich genauestens beobachten, denn auf dem kah len Fels gab es nicht die geringste Deckungsmöglichkeit. Ich konnte nicht ge rade sagen, daß ich mich besonders wohl
12 fühlte, aber ich wollte es den oder die Frem den wenigstens nicht erkennen lassen. Eindruck schinden, nennt man das! spöt telte mein Extrasinn. Ich achtete nicht darauf, sondern richtete mein volles Augenmerk auf den bunkerarti gen Bau. Im stillen hatte ich gehofft, aus der Nähe irgendwelche Anzeichen zu finden, die auf seine Bestimmung schließen ließen, aber ich wurde auf der ganzen Linie enttäuscht. Seine Umgebung war vollkommen kahl, auf ihm selbst gab es keine Spur von Antennen oder Ortungsanlagen – einfach nichts! Wie selbstverständlich schritt ich auf das große Portal zu. Es war etwa zehn Meter hoch und acht Meter breit, und in dem rech ten Flügel befand sich eine kleine separate Tür. Dort gab es auch einen Türgriff, ich faßte ihn und versuchte ihn zu bewegen, doch er rührte sich nicht. Ich zog eine Grimasse, denn allmählich ging mir die Geheimniskrämerei doch auf die Nerven. Man hatte mich entführt und mir unterwegs in einer fremden Sprache aller hand Unfreundlichkeiten an den Kopf ge worfen. Anschließend hatte man sich ver borgen und mich auf Umwegen dazu ge bracht, dieses Gebäude aufzusuchen. Nun stand ich davor und wollte hinein – was konnte man noch mehr von mir verlangen? Wenn das alles ein Test gewesen war, wä re es nun wohl an der Zeit gewesen, ihm ein Ende zu machen! Ich war jedenfalls dieser Meinung, doch die Logik meiner Entführer schien einen be sonderen Weg zu gehen. Schließlich gab ich es auf, die Tür öffnen zu wollen; das Portal selbst war glatt und offenbar nur von innen zu entriegeln. Statt dessen ging ich zur Seite und versuchte, durch die Fenster zu sehen. Sie waren in normaler Höhe angebracht, achteckig und durchmaßen etwa anderthalb Meter. Die Scheiben aus Glas oder einem transparenten Kunststoff waren leicht nach außen gewölbt und anscheinend ziemlich stark. Ich konnte hindurchsehen, doch bei den beiden ersten wurde ich wieder einmal enttäuscht. Alles, was ich erkennen konnte,
Harvey Patton war ein glatter grauer Boden mit spärlichen farbigen Mosaikverzierungen. Irgendwelche Einrichtungsgegenstände oder Apparaturen schien es nicht zu geben, der Hintergrund verlor sich in einem diffusen Dämmerlicht. Ich fluchte lautlos vor mich hin und begab mich zum nächsten Fenster, auf eine weitere Enttäuschung gefaßt. Nicht mehr sonderlich vorsichtig schob ich meinen Kopf vor die Scheibe, aber dann zuckte ich wie von ei nem Schlag getroffen zurück. Ich hatte einen Maahks gesehen …
* So schnell es ging, zog ich mich wieder von dem Fenster zurück. Mein Atem ging schwer, meine Beine wurden schwach, ich setzte mich für eine Weile auf den Boden und lehnte den Rücken an die Wand. Auf alles mögliche war ich gefaßt gewe sen, nur darauf nicht! Es konnte für mich keinen Zweifel daran geben, daß es sich um Grek 3 handelte, den nach einem Selbstversuch im Mikrokosmos verschollenen Wissenschaftler. Gewiß, ich war aufgebrochen, um nach ihm und der Ar konidenprinzessin Crysalgira zu suchen. Daß ich aber ausgerechnet jetzt und hier auf ihn traf, gefiel mir gar nicht. Die Prinzessin wäre dir erheblich lieber gewesen, wie? erkundigte sich mein Extra sinn. Ich hörte darüber hinweg, denn jetzt galt es, scharf zu überlegen. Was sollte – was konnte ich tun …? Früher hatte ich immer versucht, die Me thanatmer verstehen zu können, obwohl sie in schweren Kämpfen mit meinem Volk standen. Das war mir nicht gelungen, ihre besondere Mentalität war mir fremd geblie ben. Trotzdem war ich immer noch der Mei nung gewesen, daß es möglich sein mußte, einen Ausgleich zwischen ihnen und den Ar koniden zu finden. Ihre und unsere Lebens bedürfnisse waren so unterschiedlich, daß eine Konfrontation nicht nur unnötig, son dern geradezu unsinnig war. Doch inzwischen war ich zweimal in ihrer
Kristalle des Todes Gefangenschaft gewesen, und nun hatte sich meine Gesinnung gewandelt. Jetzt haßte ich sie! Den gleichen Haß konnte ich aber auch bei Grek 3 voraussetzen, zumal er nicht ah nen konnte, daß ich im Grunde nur hier war, um ihn zurückzuholen. Ich mußte damit rechnen, daß er mich unverzüglich angriff, sobald er mich zu Gesicht bekam; und dann war ich verloren, denn ich war waffenlos und hatte gegen diesen körperlich weit über legenen Gegner keine Chance! Sollte ich mich wieder auf das große Fels plateau zurückziehen? Noch schien er mich nicht bemerkt zu haben, es war mir also noch möglich, nach einem anderen Ausweg aus meiner Lage zu suchen. Dazu dürfte es zu spät sein! machte sich mein Logiksektor bemerkbar. Mehr sagte er nicht, und es dauerte einige Sekunden, bis ich begriffen hatte. Dann fuhr ich herum und sah, daß es bereits geschehen war. Die Energiebrücke war verschwunden! Es gab keinen Rückweg mehr für mich. Ich ballte die Fäuste und fluchte erbittert in mich hinein. Vermutlich sollte diese ab sichtlich herbeigeführte Situation ein weite rer Test für mich sein, aber diesmal waren meine Entführer entschieden zu weit gegan gen. Offenbar war der Maahk ebenso ihr Ge fangener wie ich, und vielleicht bereitete es ihrer verdrehten Mentalität Vergnügen, uns gegen einander kämpfen zu sehen. Schließlich überwand ich meine Starre, schob mich wieder zum Fenster hin und sah vorsichtig hinein. Ich mußte versuchen, möglichst viel über die Gegebenheiten in dem Gebäude in Erfahrung zu bringen, um danach mein weiteres Vorgehen ausrichten zu können. Dabei durfte ich nicht übersehen, daß ich es nicht nur mit dem Methanatmer allein zu tun bekommen würde, denn die Fremden konnten auch nicht weit sein. Grek 3 schien sich inzwischen nicht von der Stelle gerührt zu haben. Er trug einen schweren Druckanzug, dessen Helm ge schlossen war, folglich gab es in dem Ge bäude nur eine Sauerstoffatmosphäre, die für
13 ihn genauso giftig war, wie für uns das Me than-Wasserstoff-Ammoniak-Gemisch sei ner Atemluft. Jetzt bemerkte ich auch, daß die Augen auf der Oberseite seines halb mondförmigen Kopfes geschlossen waren. Er schläft oder ruht sich zumindest aus! wisperte mir mein Extrasinn zu. Von ihm droht dir also vorerst keine Gefahr, das gibt dir Zeit, dich weiter umzusehen! Ich befolgte diesen Rat, schlich mich von Fenster zu Fenster und spähte ins Innere. Zwei Minuten später war ich zwar am Ende der Gebäudefront angekommen, aber auch nicht klüger als vorher. Ich hatte durch zwölf Fenster gesehen, aber fast immer waren meine Blicke ins Leere gestoßen. Nur zweimal hatte ich im Hintergrund fremdartige Gerätschaften oder Maschinen entdecken können, die meisten Räume in diesem Bau schienen leer zu sein. War diese Station verlassen, oder befänden sich alle Anlagen irgendwo weiter oben? Möglich war es schon, denn das Gebäude war etwa dreißig Meter hoch. Meine Erwartung, an der Seitenfront wei tere Fenster oder Türen zu finden, wurde enttäuscht. Dort war die Fassade vollkom men glatt und schnitt obendrein genau mit dem Ende des Steilfelsens ab. Es gab also keine Möglichkeit, an die Rückseite des Ka stenbaus zu gelangen, und auf der Gegensei te würde es nicht anders sein. Hier draußen auf dem öden Felsen konnte ich aber auf keinen Fall bleiben! Jetzt war die Temperatur einigermaßen erträglich, aber in der Nacht mußte sie weit unter den Gefrierpunkt absinken. Außerdem hatte ich weder etwas zu essen noch zu trinken bei mir. Schon jetzt verspürte ich neben bohrendem Hunger auch einen quälenden Durst. Füge dich in das Unvermeidliche, Kri stallprinz! riet mir der Logiksektor. Man er wartet von dir, daß du in das Gebäude ge langst, also versuche es. Vielleicht wird auch alles nur halb so schlimm, wie du glaubst. Dein Optimismus rührt mich fast zu Trä nen, gab ich sarkastisch zurück.
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Trotzdem war ich froh, daß ich in Gestalt meines Extrahirns wenigstens eine Art von Gesprächspartner besaß. Das Alleinsein be gann mich zu bedrücken, es wurde zu einer nicht unerheblichen psychischen Belastung. Mit Wehmut dachte ich an meine Getreuen zurück. Fartuloon, Eiskralle, Morvoner Sprangk und die anderen – wie mochte es ihnen jetzt ergehen? Ob Ischtar noch immer auf meine Rückkehr wartete? Die Sonne verschwand wieder hinter Wolken, und ein kalter Windstoß riß mich aus meinen Gedanken. Rasch begab ich mich zur Vorderfront des Gebäudes zurück.
* Grek 3 verharrte noch immer unbeweg lich in seiner Ruhestellung, also konnte ich es riskieren, einen umfassenden Blick in den Raum zu werfen, in dem er sich befand. Sein wuchtiger Körper behinderte meine Sicht sehr, denn er war nur etwa zwei Meter von dem Fenster entfernt. Trotzdem erkann te ich nun links von ihm im Hintergrund ei ne runde Öffnung im Boden. Sie hatte einen Durchmesser von anderthalb Metern – of fenbar ein Antigravschacht, der in den Fels unter dem Gebäude führte! War das die Erklärung dafür, daß die Räu me hier alle fast leer waren? Befand sich die eigentliche Station der Fremden irgendwo tief unten, wo sie durch die Felsmassen vor jedem Angriff geschützt war? Diese Annahme erscheint plausibel! räumte mein Extrasinn lakonisch ein. Nun glaubte ich auch zu verstehen, wes halb sich der Maahk, der doch schon einige Zeit vor mir hierher gebracht worden sein mußte, noch immer in diesem Raum auf hielt. Der Schacht war einfach zu eng für ihn! Seine Schulterbreite allein betrug schon fast anderthalb Meter, und die Druckklei dung mußte ihn noch zusätzlich behindern. Wenn er in der Röhre steckenblieb, und es kam niemand, um ihm zu helfen, war er ver loren. Ich dagegen konnte diesen Schacht an-
standslos passieren – vorausgesetzt, daß Grek 3 es zuließ … Du mußt versuchen, ihn irgendwie aus dem Gebäude zu locken! schaltete sich mein Logiksektor helfend ein. Wenn er dich zu se hen bekommt, wird er vermutlich heraus kommen, um dich anzugreifen, und das mußt du ausnutzen. Ich nickte vor mich hin, denn ich hatte be reits begriffen. Der Maahk war mir rein physisch wohl weit überlegen, doch ich war schneller! Der schwere Druckanzug war relativ starr und setzte seiner Bewegungsfähigkeit Grenzen. Wenn ich es schaffte, ihn weit genug vom Eingang fortzulocken, konnte ich losrennen und diesen vor ihm erreichen. Dann brauch te ich nur das Portal zu schließen, und die Rollen waren radikal vertauscht. Ja, so mußte es gehen! Ich ging zurück zu der Stelle, an der ich einige lose Felsbrocken hatte herumliegen sehen. Einer davon war etwa kopfgroß, ich nahm ihn auf und schlug damit kräftig gegen das Eingangsportal. Das Metall hallte dumpf wie eine große Glocke, diesen Lärm hätte nur ein völlig Tauber überhören können. Trotzdem häm merte ich noch mehrmals gegen das Tor, huschte dann zur Seite und spähte durch das Fenster, hinter dem sich zuvor Grek 3 befun den hatte. Er war nicht mehr dort! Die Außenmikro phone seines Anzugs hatten das Geräusch in seine Ohrhörer übertragen – nun konnte es nur noch Sekunden dauern, bis er draußen erschien. Er kam! Immerhin war er vorsichtig genug, nur die kleine Nebenpforte zu öffnen, die ihn gerade hindurchließ. Langsam schob sich sein mas siger Körper ins Freie, und da ihn seine vier Doppelaugen befähigten, nach allen Seiten zu sehen, erblickte er mich sofort. Er besaß kein Gesicht wie wir Arkoniden, konnte also keine mimischen Regungen zei gen. Trotzdem glaubte ich in seinen grünli chen Augen mit den halbkreisförmigen Pu
Kristalle des Todes pillen so etwas wie einen Ausdruck maßlo ser Überraschung zu erkennen, als er mich so unverhofft sah. Wie würde er nun reagieren …? Aufatmend konnte ich feststellen, daß er keine Waffe besaß. Er als Wissenschaftler hatte es offenbar nicht für nötig gehalten, sich während eines Experiments kriegerisch auszurüsten, und das war mein Glück! An dernfalls hätte er vielleicht zuerst geschos sen und dann gefragt … Es konnte aber auch sein, daß er ur sprünglich bewaffnet gewesen war, und daß ihn erst die Herren dieser Station »abgerüstet« hatten. Bei mir hatten sie das nicht nötig gehabt, ich besaß nichts weiter als den blauen Anzug und die Kugel mit den drei Zacken. Was sie auch immer darstellen mochte, als Waffe war sie auf keinen Fall zu gebrauchen. Sekundenlang standen wir uns in etwa fünfzehn Metern Entfernung gegenüber und starrten uns an. Dann begann ich mein takti sches Manöver und zog mich langsam, wie von Furcht erfüllt, von dem Gebäude zu rück. Es mußte auf den Maahk wie das sinn lose Beginnen eines Verzweifelten wirken, denn tatsächlich gab es keine echte Flucht chance für mich, wenn er angriff. Wohin ich mich auch wenden mochte, überall erwarte ten mich nur steile Abstürze und dahinter der sichere Tod! Ich hatte vorsichtshalber einige Fels brocken mitgenommen, die ich mit den Hän den hinter dem Rücken verbarg. Sollte es wirklich zu einer Auseinandersetzung zwi schen mir und Grek 3 kommen, konnten sie die Entscheidung herbeiführen. Wenn es mir gelang, damit den transparenten Kopfwulst seines Druckanzugs zu zerschmettern, so daß Sauerstoff in diesen eindrang, mußte er unweigerlich sterben. Schrittweise zog ich mich etwa zwanzig Meter weit zurück. Mein Gesicht blieb stets dem Maahk zugewandt, und ich achtete auf jede seiner Bewegungen. Dann blieb ich je doch stehen, denn bestürzt mußte ich bemer ken, daß mein Plan nicht aufging.
15 Grek 3 dachte gar nicht daran, mich zu verfolgen! Er hatte zwar einige zögernde Schritte in meine Richtung hin gemacht, war dann je doch gleich wieder stehengeblieben. Seine langen, knochenlosen Tentakelarme pendel ten leicht hin und her, sonst regte sich nichts an ihm. Er hat dich durchschaut! stellte mein Lo giksektor nüchtern fest. Die Maahks kennen zwar keine Gefühle, können dafür aber aus gesprochen logisch denken. Zudem ist Grek 3 ein Wissenschaftler, vermutlich also ein besonders guter Denker. Ist diese Erkenntnis alles, was du mir zu bieten hast? gab ich mißmutig zurück. Sage mir lieber, was ich jetzt noch tun kann – zeig mir einen Ausweg! Ich bekam keine Antwort, und das war deutlich genug. Trotz der Kälte traten nun Schweißperlen auf meine Stirn. Wie gehetzt glitten meine Augen hin und her, ich warf einen Blick nach hinten und betete fast darum, dort wie der die energetische Brücke zum Planeten zu sehen. Vergebens – die Fremden dachten gar nicht daran, mir irgendwie behilflich zu sein! Es gab nur noch einen Weg, um Grek 3 aus seiner Reserve zu locken: Ich mußte ihn angreifen! Wenn ich ihn lange genug mit Steinen bombardierte, würde er vielleicht doch die Beherrschung verlieren und auf mich zukommen. Möglicherweise gelang mir sogar ein Zufallstreffer, der seinen Druckhelm zerschmetterte, und das hätte mit einem Schlag dieses Problem gelöst. Denkst du! konterte sofort der Logiksek tor. Dieses Risiko würde der Maahk nie ein gehen – du kannst höchstens erreichen, daß er sich wieder in den Bau zurückzieht, und dann gelangst du nie mehr hinein … Das erschien mir zu meinem Leidwesen nur allzu wahr, doch ich mußte es trotzdem darauf ankommen lassen. Ich schrie dem Maahk einige Beschimp fungen zu, die er natürlich nicht verstand. Meine Kenntnisse seiner Sprache, des
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Kraahmak, waren gleich Null; er verstand mit Sicherheit kein Arkonidisch, und über einen Translator verfügte keiner von uns. Dann hob ich die Rechte und holte weit aus, um den ersten Felsbrocken zu schleudern. Doch mitten in dieser Bewegung sank mein Arm wieder herab. Ungläubig starrte ich Grek 3 an, denn er hatte etwas getan, das ich nie für möglich gehalten hätte: Er hatte eine Friedensgeste gemacht …
* Konnte das wirklich wahr sein? Seit mehr als zwanzig Standardjahren standen sich unsere Rassen in einem erbit terten Krieg gegenüber, und noch nie hatte man etwas von Kompromissen zwischen Maahks und Arkoniden gehört. Keine Seite hatte bisher je Pardon gegeben, und deshalb erschien mir auch so unglaublich, was ich sah, obwohl es eine unbestreitbare Tatsache war. Grek 3 hatte beide Arme weit abgewinkelt und seine sechsfingrigen Hände weit ge spreizt, um zu zeigen, daß darin nichts ver borgen war. Er ließ sie wieder sinken, je doch nur, um die gleiche Gebärde wenige Sekunden darauf zu wiederholen. Diese Ge ste war uralt, eindeutig und bei allen zivili sierten Völkern der Milchstraße bekannt! Doch sofort kroch auch wieder das Miß trauen in mir hoch. Schließlich war es durchaus möglich, daß das alles nur eine Finte war, daß er mich nur zu sich hinlocken wollte, um mich dann ohne große Umstände umbringen zu können … Durfte ich einem Maahk trauen? Du mußt! forderte mein Logiksektor kate gorisch. Wenn du diese Chance ausschlägst, wirst du kaum eine zweite bekommen. Ver giß nicht, daß du ohnehin verloren bist, wenn du hier im Freien bleibst – eine Nacht in grimmiger Kälte und ohne jede Nahrung kannst du nie überleben! Ich schwankte noch, aber viel Zeit zum Überlegen verblieb mir nicht, sonst überleg te es sich Grek 3 vielleicht gleich wieder an-
ders. Mir blieb einfach nichts weiter übrig, als mich auf meinen Extrasinn und den gu ten Willen des Methanatmers zu verlassen. Ich hatte nur die Wahl zwischen zwei Mög lichkeiten – beging ich jetzt einen Fehler, würde es mit Sicherheit mein letzter sein … Meine Hände erschlafften, polternd fielen die Steine auf den Boden. Dann setzte ich mich widerstrebend in Bewegung und ging auf das Gebäude zu, dem wartenden Maahk entgegen. Grek 3 stand nach wie vor unbeweglich da, hatte seine Arme wieder sinken lassen und sah mich mit den vorderen vier Augen wie abschätzend an. Ich erwiderte nun seine Geste mehrmals, und als ich bis auf einige Schritte an ihn herangekommen war, trat er zur Seite und gab den Eingang frei. Damit zeigte er mir eindeutig, daß er es ehrlich meinte, und ich atmete auf. Die Nebenpforte schloß sich hinter uns, und dankbar registrierte ich die wohltuende Wärme, die in dem Gebäude herrschte. Zwar knurrte mein Magen noch immer, und mein Mund war infolge der trockenen Luft drau ßen wie ausgedörrt, doch das war für mich im Moment sekundär. Mein Leben war – zu mindest vorerst – gerettet. Dafür erfüllte mich eine andere Tatsache mit Bitterkeit: Ich war schon wieder einmal dazu gezwungen, mich mit einem Wesen zu arrangieren, das ich im Grunde haßte! So war es mit dem varganischen Henker Ma gantilliken gewesen, der Ischtar hatte um bringen wollen. So war es mir auch bei mei nem ersten Aufenthalt im Mikrokosmos er gangen, als ich mit Armakavor Heng zusam men gewesen war, einem der Mörder meines Vaters. Dies war nun der nächste derartige Fall. Hier kam aber noch eine besondere Schwierigkeit hinzu, das Verständigungs problem. Ganz gleich, wie wir es beide meinten, die sprachliche Barriere war praktisch un überwindlich. Selbst Gesten konnten zu er heblichen Mißverständnissen führen, weil jede Bewegung in den Augen des jeweils
Kristalle des Todes anderen auch eine völlig andere Bedeutung haben konnte. Ich sah also für die nächste Zukunft jede Menge Hindernisse voraus. Neugierig blickte ich mich um und er kannte, daß wir uns in einer geräumigen Halle befanden. Sie war etwa zwanzig Meter hoch und ausgedehnt wie ein Sportplatz, aber vollkommen leer. Nur einige Löcher in dem mosaikverzierten Boden verrieten, daß es hier einmal irgendwelche Apparaturen gegeben haben mußte, sonst war außer der Schachtöffnung nichts zu sehen. Nach diesem kurzen Rundblick wandte ich mich wieder Grek 3 zu. Ich zeigte auf mich selbst und sagte dabei langsam und gut akzentuiert »Atlan«. Dann wies ich auf den Maahk und nannte seine Bezeichnung »Grek 3«, womit mein Kraahmak-Sprachschatz schon fast erschöpft war. Die Wirkung war überraschend. Der Maahk begann heftig zu gestikulieren und überschüttete mich mit einem förmli chen Wortschwall in seiner Sprache. Er zeigte eine weit größere Erregung, als ich sie einem Wesen seiner Art zugetraut hätte, und schien zu glauben, daß ich ihn verstehen konnte. Erstmals bedauerte ich nun, daß das nicht der Fall war. Vielleicht hätten viele Mißverständnisse zwischen unseren Rassen ausgeräumt werden können, wenn sich auf beiden Seiten mehr Leute die Mühe gemacht hätten, das Idiom des anderen zu erlernen? So aber blieb mir nichts weiter übrig, als seine Rede durch eine entschiedene Handbe wegung zu unterbrechen. »Varr Kraahmak!« sagte ich und deutete wieder auf mich, und Grek 3 verstand sofort, denn varr bedeutete soviel wie kein oder nichts. Seine Arme sanken herab, aus seinen grün schillernden Augen wich jeder Glanz. Er war zutiefst niedergeschlagen, das ließ sich unschwer erkennen. Fast bedauerte ich nun den fremdartigen Riesen, den der Auf enthalt hier noch vor weit größere Probleme stellen mußte als mich. Doch irgendwie mußte es weitergehen, nachdem erst einmal ein Anfang gemacht war. Wir waren uns fremd in der wahrsten
17 Bedeutung dieses Wortes, aber wir ent stammten wenigstens der gleichen Dimensi on. Nur wenn es uns gelang, zu einem ge meinsamen Handeln zu finden, hatten wir eine Chance gegen die Herren dieser ge heimnisvollen Station. Ich nahm wieder meine Zuflucht zur Zei chensprache, deutete auf den Maahk und hob dabei den Arm hoch in die Luft. Dann ließ ich ihn schrittweise sinken, bis er dicht über dem Boden angekommen war, wies auf mich selbst und wiederholte die Geste. Da mit versinnbildlichte ich den Vorgang der Verkleinerung durch den maahkschen Mole kularverdichter, und Grek 3 begriff ohne weiteres, was ich meinte. »Hork!« sagte er, und das hieß soviel wie gut oder richtig, wie ich wußte. Doch nun begann es schwierig zu werden, denn mein Konversationsschatz war nun wirklich rest los erschöpft! Durch weitere Gesten versuchte ich ihm verständlich zu machen, daß ich gekommen war, um ihn zu suchen und zurückzuholen, und das schien er ebenfalls zu begreifen. Er machte mir seinerseits einige Zeichen, die ich aber nicht verstehen konnte, obwohl sich mein Logiksektor heftig darum bemühte. Schließlich begann er wieder zu sprechen, und ich glaubte so etwas wie Verzweiflung aus seinen Worten herauszuhören, wenn ich sie auch nicht verstand. Ich hätte es nie für möglich gehalten: Grek 3 begann mir leid zu tun! Er gehörte zur Rasse meiner Feinde, aber trotzdem konnte ich mich dem Mitgefühl für ihn nicht verschließen. Vielleicht mochte sich das wieder ändern, sobald wir wieder den Reali täten unserer Normalwelt ausgesetzt waren – in diesem Moment jedoch überwogen die Gemeinsamkeiten. Ich wollte ihm helfen. Mach dir nichts vor, Kristallprinz! ver suchte mich mein Logiksektor zu belehren. Du willst ihm ja doch nur helfen, weil dir die Maahks die Freiheit versprochen haben, wenn du ihn zurückbringst. Irrtum! dachte ich heftig zurück. Ich mei ne es wirklich ernst.
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Der Maahk hatte geendet und sah mich erwartungsvoll an, doch ich konnte nur mit den Schultern zucken. »Varr« mußte ich wieder einmal sagen, und seine Gestalt schi en daraufhin förmlich zusammenzusinken. Doch nun ergriff ich die Initiative. Wenn wir etwas erreichen wollten, mußten wir diesen Raum verlassen und uns in die eigentliche Station begeben, ganz gleich, was uns dort erwarten mochte. Ich machte Grek 3 durch weitere Zeichen begreiflich, daß ich vorangehen wollte, um die Lage weiter unten zu erkunden, während er zurückbleiben sollte. Doch davon wollte er nichts wissen, und sein »Varr!« klang so entschieden, daß ich es aufgab, ihn umstim men zu wollen. Geh du wenigstens als erster! raunte mir mein Extrasinn zu. Falls er in dem engen Schacht steckenbleibt, ist dir sonst unwei gerlich der Weg versperrt. Diese Gefahr bestand durchaus, und die sem Argument konnte ich mich bei allem guten Willen nicht verschließen. Doch der Maahk war offenbar zu der gleichen Er kenntnis gelangt, denn er bestand von selbst darauf, daß ich mich zuerst in den Schacht begab, während er nachfolgen wollte.
3. Antigravfelder – ganz gleich, ob sie als Plus- oder Minussphäre geschaltet sind – ha ben die fatale Eigenschaft, vollkommen un sichtbar zu sein. Fatal vor allem für leicht sinnige Leute, die sich ihnen in gutem Glau ben anvertrauen, ohne sich zuvor davon überzeugt zu haben, ob sie auch wirklich aufgebaut sind. Ich war vorsichtig genug, die entspre chende Probe vorzunehmen, weil ich mich in einer fremden Umgebung befand, und das war meine Rettung. Hastig zog ich meinen tastenden Fuß wie der zurück, als der vertraute Sog des ver meintlichen Antigravfelds ausblieb. Bestürzt sah ich Grek 3 an, doch der schien diese Feststellung schon früher gemacht zu haben,
wenn ich seine Gestik richtig zu deuten ver stand. Ich war ärgerlich, denn das hätte er mir auch etwas eher begreiflich machen können! Dann sagte ich mir aber, daß er in seiner an dersartigen Mentalität eine solche Warnung vermutlich ganz einfach für überflüssig ge halten hatte. Seiner Logik war es wohl als selbstverständlich erschienen, daß ich von mir aus auf solche Kleinigkeiten achtete. So verzichtete ich darauf, weiter auf diese Sa che einzugehen, zumal das bei meinem nur aus Varr und Hork bestehenden Sprach schatz ohnehin schwierig gewesen wäre. Statt dessen erinnerte ich mich meiner spärlichen bergsteigerischen Erfahrungen, in denen auch das Überwinden sogenannter Kamine enthalten war. Allerdings war die Röhre für diese Art von alpiner Technik reichlich weit, doch hinter mir stand das ei serne Muß – irgendwie mußte ich es eben doch schaffen! Am Anfang mußte mir jedoch der Maahk helfen, und ich machte ihm das mittels ent sprechender Gesten klar. Grek 3 begriff rasch, was ich von ihm erwartete. Mühelos hob er mich am Gürtel meines Anzugs hoch und streckte dann seinen langen Arm aus, bis ich genau waagrecht über der Öffnung hing. Anschließend ließ er mich langsam herab, bis ich mit meinen weit gespreizten Händen und Füßen den nötigen Halt gefun den hatte. Es wurde ein mühevoller Abstieg. Zum Glück war die metallische Wandung des Schachts leicht gerauht, so daß ich darin einigermaßen Halt fand. Trotzdem blieb die ses Unternehmen ein Spiel mit dem Tod – nur eine unvorsichtige Bewegung, und schon wäre ich abgerutscht, und dann wäre alles aus gewesen! Grek 3 leuchtete mir mit der Handlampe, die zu seinem Druckanzug gehörte, so daß ich wenigstens eine optische Kontrolle über meine Bewegung besaß. Hand um Hand und Fuß um Fuß ließ ich mich abwärts gleiten, und bald schon schmerzten meine Schultern, die den meisten Druck auszuhalten hatten.
Kristalle des Todes Es dauerte mindestens zehn Minuten, bis ich die ersten fünf Meter geschafft hatte, aber dann machte ich eine willkommene Ent deckung. Dicht unter mir gab es eine große längli che Öffnung in der Schachtwand, dort führte offenbar eine Art von Korridor zu einer tieferen Ebene dieser Station. Direkt unter ihr konnte ich eine Reihe von Steigeisen er kennen, die weiter in die Tiefe führten, und ich atmete auf. Nun glaubte ich das Prinzip zu verstehen, nach dem man hier vorgegan gen war. Diese Röhre war ein Antigravschacht, aber man hatte sich gegen unbefugte Ein dringlinge absichern wollen. Sobald sich je mand in dem Gebäude befand, der nichts darin zu suchen hatte, wurde das tragende Feld abgeschaltet, vermutlich durch eine entsprechende Automatik. Dann mußten die fremden Ankömmlinge sehen, wie sie die glatte Partie des Schachtes überwanden – und inzwischen hatten die Insassen der Stati on Zeit, unten Aufstellung zu nehmen, um ihnen einen heißen Empfang zu bereiten! Ob es uns auch so ergehen würde …? Dieser Gedanke bereitete mir Unbehagen, aber nun konnte ich nicht mehr zurück. Ich hangelte mich an der Öffnung vorbei, bis ich die erste Sprosse der abwärts führenden Ei senleiter ergreifen und daran Halt finden konnte. Gleich darauf hatte ich Hände und Füße auf ihr verankert, und nun konnte ich mir eine Minute der Ruhe gönnen, in der sich meine schmerzenden Muskeln wieder entspannen konnten. Dann winkte ich dem Maahk. Grek 3 hatte es vielleicht noch schwerer als ich. Seine massige Figur füllte den Schacht in der Breite völlig aus! Er steckte rechts und links praktisch fest und konnte nur durch heftiges Arbeiten mit seinen kräftigen Ten takelarmen von der Stelle kommen. Mit Sor ge betrachtete ich seinen schweren Körper, der über mir hing und der mich unweigerlich zerschmettern mußte, falls er irgendwie doch den Halt verlor!
19 Es war nun in der Röhre fast dunkel, denn Grek 3 hatte sich die Lampe vor die Brust gehängt. Nur ein diffuses Streulicht gelangte bis zu mir, und in seinem Schein stieg ich nun rasch weiter abwärts. Plötzlich sah ich auch unten einen kreisförmigen hellen Schimmer, offenbar hatte dort jemand unter halb der Schachtmündung die Beleuchtung aktiviert. Man erwartete uns also tatsächlich! Für einen Moment erwog ich, wieder hochzusteigen und den dort abzweigenden Gang zu betreten, doch ich verwarf diesen Plan gleich wieder. Die Öffnung war zwar etwa mannshoch, aber kaum breiter als einen Meter, der Maahk konnte dort einfach nicht hinein. Wir hätten uns also trennen müssen, und das erschien mir als nicht rat sam, zumal ich nicht wußte, was mich in dem dunklen Nebenkorridor erwarten moch te. Grek 3 schien inzwischen eine besondere Technik der Abwärtsbewegung entwickelt zu haben, denn er kam mir rasch näher. So setzte ich mich wieder in Bewegung und kletterte weiter hinunter, bis ich etwa zwan zig Meter überwunden hatte. Nun befand ich mich nur noch zwei Meter über dem Schachtboden, und dort wartete ich auf den Maahk. Ein dumpfer Laut aus der Höhe warnte mich! Grek 3 hatte ihn ausgestoßen, und ich blickte rasch wieder nach oben. Entsetzt sah ich, daß er tatsächlich den Halt verloren hat te, vielleicht deshalb, weil die Außenhaut seines Druckanzugs durch die Reibung an der Schachtwand abgewetzt worden war. Mit rasch zunehmender Geschwindigkeit schoß er durch die Röhre nach unten, das Licht seiner Lampe kam mir rasend schnell näher. Nur noch eine Sekunde, dann mußte sein Körper mich erreicht haben! Ich reagierte rein instinktiv und ließ mich einfach fallen. Ich landete ziemlich hart auf den Füßen, stieß mich aber sofort wieder ab und schnellte mich zur Seite hin weg. Kei nen Moment zu früh, denn unmittelbar da
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nach landeten die unförmigen Beine mit weithin hörbarem Aufschlag genau dort, wo ich eben noch gewesen war … Der Schreck saß mir in allen Gliedern, aber ich überwand ihn schnell und rappelte mich hoch. Mein erster Blick galt Grek 3, doch diesem an eine hohe Schwerkraft ge wöhnten Wesen schien der heftige Aufprall nichts ausgemacht zu haben. Sein »Hork!«, das über die Sprechanlage zu mir drang, be wies mir, daß er diese unvermutete Rutsch partie unbeschadet überstanden hatte. Er bückte sich und zog sich vollends aus dem Schacht, in den seine Kopfpartie noch hereinragte, und dann wurden meine Augen groß. Er kam zu mir, und seine heftigen Ge sten und der unverkennbare Ausdruck seiner Augen zeigten, wie froh er war, daß ich die sen Zwischenfall unbeschadet überstanden hatte. Grek 3 zeigte Gefühle, die ich nie bei ihm vermutet hätte. Mehr noch: Er hatte sich um mich gesorgt – ein Maahk um mich, einen Arkoniden … In diesem Augenblick erlosch auch der letzte Rest von Haß in mir. Was nun auch weiter geschehen mochte, ich würde es nie mehr fertigbringen, in diesem fremdartigen Riesen einen Feind zu sehen! Aus unserer reinen Zweckgemeinschaft war in diesem Moment zwar noch keine Freundschaft, da für aber ein echtes Bündnis sich gegenseitig achtender Partner geworden.
* So erfreulich diese Tatsache auch war, sie ließ uns doch unsere ungewisse Lage nicht vergessen. Schon Sekunden später richtete sich unsere volle Aufmerksamkeit auf die neue Umgebung rings um uns. Ich war darauf gefaßt gewesen, mich im nächsten Moment gegen irgendwelche Geg ner verteidigen zu müssen, aber von solchen war nichts zu sehen. Wir standen in einer zwar niedrigen, doch sehr geräumigen Halle, die von mehreren Kunstsonnen unter der Decke hell ausgeleuchtet wurde. Sie war
rund und durchmaß etwa dreißig Meter, war aber vollkommen leer; nur der Boden war mit den mir bereits bekannten Mosaikmu stern überzogen. Ich war enttäuscht, und Grek 3 schien es ähnlich zu ergehen. Der einzige Blickfang in diesem Raum war eine runde Öffnung im Boden, etwa zehn Meter von uns entfernt, und diese glich verzweifelt jenem Schacht, den wir eben erst überwunden hatten! Der Maahk stieß einen brummenden Laut aus, und ich stöhnte ebenfalls unmutig auf. Sollte jetzt alles noch einmal von vorn be ginnen – stand uns eine zweite lebensgefähr liche Kletter- und Rutschpartie bevor …? Ich hob resignierend die Schultern und ging dann als erster auf dieses Loch zu. Un willkürlich zog ich dabei den Kopf ein, denn ich erwartete noch immer, daß verborgene Abwehrwaffen in Tätigkeit treten und uns einfach auslöschen würden, doch nichts der gleichen geschah. Man schien uns einfach mit Verachtung zu strafen, und das war ein fast demütigendes Gefühl. Dafür versprach uns aber dieser neue Schacht erheblich weniger Schwierigkeiten als der erste. Er durchmaß rund zwei Meter, bot also auch Grek 3 genügend Raum, und als ich prüfend einen Fuß hineinhielt, spürte ich deutlich den Zug eines MinusAntigravfelds. Trotzdem blieb ich unschlüs sig davor stehen. Sollten hier die uns zugedachten Prüfun gen endlich ihr Ende finden? Oder warteten im Gegenteil in dem unterplanetaren Reich, in das dieser Schacht führte, erst die wirkli chen Schwierigkeiten auf uns? Möglich war alles. Diese ganze Angelegenheit war über reichlich mysteriös! Ich begriff einfach nicht, warum die Fremden Verstecken spiel ten und uns gefahrvolle Prüfungen abver langten. Was sie hier trieben, empfand ich fast schon als kindisch. Nach wie vor glaubte ich fest daran, daß es sich bei den Eigentümern dieser Station um Raumfahrer handelte. Daß es sie gab, hatte mir Vruumys' Existenz bewiesen, und
Kristalle des Todes auch die Eingeborenen hatten von solchen Männern gesprochen. Zwar nur in Um schreibungen, aber mehr hatte man von die sen Unwissenden kaum verlangen können. Die aus dem Dunkeln kamen – eine ziemlich treffende Analogie für Wesen, die nicht ein mal ahnten, daß es so etwas wie die Raum fahrt überhaupt gab! Der Maahk riß mich aus meinen Gedan ken. Er hatte mich am Arm gefaßt und voll führte einige Gesten, die ich zuerst nicht verstand. Seine Bewegungen wurden immer drängender, und wieder einmal bedauerte ich lebhaft, daß uns kein Translator zur Ver fügung stand. Grek 3 hatte offenbar nicht geglaubt, hier im Mikrokosmos auf andere Intelligenzen zu stoßen, sonst hätte er sich vor Beginn seines Experiments bestimmt da mit ausgerüstet. Vermutlich hatte er in der Zwischenzeit auch einiges erlebt, aus dem ich hätte meine Schlüsse ziehen können, aber so … Endlich verstand ich, was er meinte, und ich erschrak. Sein Griff zu dem Atemaggre gat auf seinem Rücken und einige entspre chende Bewegungen seiner Hände sagten eindeutig aus, daß sein Vorrat des für ihn atembaren Gasgemischs zu Ende ging! Kein Wunder, denn er hielt sich nun ja schon mehrere Tage in dieser für ihn lebens gefährlichen Umgebung auf, und nirgends gab es eine Gelegenheit, die Füllung zu er neuern. Jetzt kam es also darauf an, mög lichst rasch eine Anlage zu finden, mittels derer sich ein Wasserstoff-Me than-Ammoniak-Gemisch herstellen ließ, sonst war er verloren! Ich versuchte, in Erfahrung zu bringen, wie lange er es noch aushalten konnte, und schließlich hob er drei Finger hoch. Das be deutete vermutlich drei Zeiteinheiten maahkscher Rechnung, von der ich aller dings nicht die geringste Ahnung hatte. Wenn ihre Intervalle ungefähr der unseren entsprachen, hatte er also nur noch etwa drei Stunden zu leben. Nun zögerte ich nicht mehr und vertraute
21 mich umgehend dem Antigravschacht an. Langsam sank ich darin nach unten, Grek 3 folgte mit wenigen Metern Abstand. In der Röhre waren etwa alle zwei Meter kleine runde Leuchtkörper angebracht, und auto matisch begann ich sie zu zählen, während ich daran vorbeiglitt. Ich kam bis 46, also legten wir annähernd 100 Meter zurück! Dann öffnete sich der Schacht nach einer Seite hin und gab einen Ausstieg frei, durch den helles Licht fiel. Unwillkürlich zögerte ich und versuchte mich an der Schachtwand festzuhalten, um erst einmal zu lauschen, denn aus der Tiefe drangen undefinierbare laute Geräusche zu mir hoch. Doch die Füße des Maahks kamen rasch näher, und so muß te ich die Röhre verlassen, ob ich wollte oder nicht … Unten angekommen, mußte ich erst ein mal die Lider schließen, denn eine grelle Lichtfülle drang auf mich ein. Dann sah ich mich aufmerksam um, dicht gegen die Schachtwand gepreßt. Neben mir erschien Grek 3, der Mühe hatte, sich durch den Aus stieg zu zwängen, anschließend aber sofort in Abwehrstellung ging. Seine mächtigen Pranken drohten, bereit, sofort zuzuschla gen, sobald sich ein Angreifer zeigen würde. Doch sie drohten umsonst – wieder war weit und breit kein einziges Lebewesen zu sehen! Mein Unmut darüber und die aufge staute Spannung entluden sich in einem lau ten Fluch, und der Maahk sah mich befrem det an, denn derartige Ausbrüche kannte sei ne Rasse offenbar nicht. Ich nickte ihm be ruhigend zu, und dann betrachteten wir ein gehend unsere neue Umgebung. Wir waren in einer großen Halle heraus gekommen, besser gesagt, in einem riesigen Maschinensaal. So weit wir sehen konnten, ragten überall gigantische fremdartige Ag gregate auf. Die meisten waren so verklei det, daß sich ihr Zweck auch nicht annä hernd erraten ließ, bei anderen wieder war er relativ leicht zu erkennen. Das waren vor al lem die riesigen Konverter und die mit ihnen verbundenen Kraftgeneratoren, die sämtlich in Betrieb waren. Zwischen mannshohen
22 Isolatoren spannten sich schenkeldicke Ka bel in verschiedenen Farben, durchzogen den ganzen Saal und verschwanden wieder in den einzelnen Maschinenblöcken, deren lautes Arbeitsgeräusch den Raum erfüllte. Alles wies darauf hin, daß wir uns hier in einer zentralen Versorgungsanlage befan den. Ich sah große Schalttafeln, auf denen Zeiger zitternd über Skalen krochen, erblick te Schalthebel, die von selbst in eine andere Stellung sprangen. Bunte Leuchtanzeigen zuckten auf, wechselten die Farbe und verlo schen wieder, aber all das geschah ohne jede äußere Einwirkung. Die gesamte Anlage schien vollautomatisch gesteuert zu werden. Ich winkte Grek 3, und wir bewegten uns vorwärts, zwischen den Mammutaggregaten hindurch. Zehn Minuten später war mir klar, daß wir hier nur unnütz unsere Zeit verschwen deten. Schließlich nahm mit jeder verstrei chenden Minute der Atemvorrat in den Tanks des Maahk weiter ab! Er selbst konn te sich nicht helfen, ich trug nun die Verant wortung für ihn – ein Gedanke, der mir noch wenige Stunden zuvor unglaublich erschie nen wäre. Ich mußte also zusehen, daß wir möglichst rasch auf die Herren dieser Stati on stießen. An der linken Schmalseite des Raumes entdeckte ich einen Durchgang zu einem an deren Sektor, und zog Grek 3 dorthin. Wir gelangten in einen wesentlich kleine ren Saal, in dem sich offenbar eine Kontroll station befand. Hier gab es nur relativ kleine Apparaturen, die eindeutig die Funktionen von Schaltpulten besaßen. Zwischen vielfäl tigen Kontrollinstrumenten saßen Oszillo schirme, über die in raschem Wechsel Blips und Amplituden zuckten, doch wir schenk ten ihnen kaum einen Blick. Unsere Augen wurden von dem mächtigen Kontrollbord angezogen, das sich bis in drei Meter Höhe über eine ganze Längswand erstreckte. Es war in etwa zwanzig Sektoren unter teilt, und zu jedem gehörte eine mindestens metergroße quadratische Bildscheibe. Das wäre nicht weiter sensationell gewesen,
Harvey Patton denn in jedem arkonidischen Haus gab es er heblich größere Bildschirme. Was uns an diesen Flächen so fesselte, war das, was sie zeigten: die samtene Schwärze des mikro kosmischen Weltraums, mit zahlreichen blinkenden Punkten übersät, die nur Sterne sein konnten! Meine Annahme stimmte also, wir befanden uns tatsächlich in einer Station von Raumfahrern. Ich war erregt, und selbst der Maahk schi en davon angesteckt zu werden, denn er stieß eine ganze Reihe unverständlicher Sät ze hervor. Doch bald beruhigten wir uns wieder, und mich erfaßte eine stille Resigna tion. Was nützte uns das alles – wir kannten keinen dieser fremden Sterne, und es ließ sich niemand sehen, der etwas darüber hätte aussagen können … Doch genau in diesem Moment glitt im Hintergrund eine Rolltür auf, und ein frem des Wesen kam in den Raum.
4. Keiner von uns beiden dachte mehr an die Gefahr, vielleicht angegriffen zu werden. Wir blieben einfach stehen und sahen dem Fremden entgegen, der sich nach so langer Zeit endlich zu zeigen geruhte. Dieses Er eignis war fast wie eine Erlösung für uns. Nun würde endlich etwas geschehen, das unserem sinnlosen Umherirren in dieser Un terwelt ein Ende setzte! Jetzt würden wir er fahren, wer uns entführt hatte und was er da mit und mit den vorangegangenen Tests bezwecken wollte. Zweifellos konnte er auch dafür sorgen, daß die Atemtanks des Maahks wieder aufgefüllt wurden, ehe er jämmerlich ersticken mußte. Die Enttäuschung schmetterte mich fast zu Boden, als ich dann erkennen mußte, daß der Ankömmling nur ein Roboter war … Sein Körperbau glich weitgehend dem ei nes Arkoniden, nur war er gut einen Kopf kleiner als ich, dafür aber sehr kompakt. Die beiden Arme waren lang und liefen ihn klau enartige Greifglieder aus, die zugleich Werkzeuge zu sein schienen. Sein Kopf war
Kristalle des Todes oval und an den Seiten mit zwei Allsichtlin sen versehen. Die Beine schienen unbeweg lich zu sein, seine Fortbewegung wurde of fenbar durch darunter befindliche Rollen be werkstelligt. Dieser Umstand war es, der mich erken nen ließ, daß es sich bei ihm nicht um ein organisch lebendes Wesen handeln konnte. Die übrigen Einzelheiten schälten sich erst beim Näherkommen heraus, da dieser Raum nur schwach beleuchtet war. Langsam kam er auf uns zu, und ich kämpfte meine Ent täuschung nieder, denn ich hoffte, daß er ausgeschickt worden war, um uns zu seinen Herren zu bringen. Weit gefehlt – er dachte gar nicht daran! Wenige Meter vor uns glitt er geschickt zur Seite, deutlich konnte man das leise Ar beitsgeräusch seiner Servomechanismen und das Singen der Stabilisationskreisel hören. Dann wandte er sich einem Schaltpult zu und begann daran zu hantieren, ohne uns zu beachten, und in diesem Moment riß bei mir endgültig der Geduldsfaden. Ich stürzte auf ihn zu, packte ihn an den Schultern und rüttelte ihn. »Was soll das?« schrie ich ihn unbeherrscht an. »Wir wollen uns nicht mehr länger hinhalten lassen – wir wollen zu deinen Herren, verstehst du mich?« Der Robot reagierte nicht. Geschmeidig glich er die durch mich ver ursachten Bewegungen seines Körpers durch entsprechende Gegenreaktionen aus, seine Hände lösten sich nicht für einen Augen blick von dem Pult. In dem mir zugewand ten Sehorgan glomm für Sekundenbruchteile ein bläulicher Schimmer auf, der aber so gleich wieder erlosch. Er hatte lediglich meine Anwesenheit zur Kenntnis genom men, das war alles. Hören konnte er mich offenbar nicht, er besaß weder die entspre chenden Aufnahmeorgane noch Sprechgit ter, wie unsere arkonidischen Roboter. Er war ganz einfach eine zweckgebunden pro grammierte Maschine, die nur die ihr vorbe stimmten Aufgaben durchführte – weiter nichts!
23 Mutlos ließ ich meine Hände wieder sin ken, denn an diesem sturen Automaten ver schwendete ich nur meine Kräfte. Langsam drehte ich mich wieder zu Grek 3 um, und da entdeckte ich in seinen Augen einen seltsam abweisenden Ausdruck. Zu erst wunderte ich mich darüber, aber gleich darauf hatte ich begriffen. Natürlich – er in seiner nüchternen Wesensart hatte nicht be greifen können, weshalb ich mich so aufge regt hatte. Was nicht war, das war eben nicht. Er registrierte lediglich, daß dieser Robot nicht unseren Zwecken entsprach, aber er sah darin noch längst keinen Grund zur Aufregung. Hast du es endlich begriffen? fragte mein Logiksektor trocken an. Die Maahks sind selbst so etwas wie lebende Automaten, rich te dich in Zukunft danach. Ich warf dem mit einem mattblauen Pla stikmaterial überzogenen Körper des Robo ters noch einen bitteren Blick zu, dann wink te ich Grek 3 und wir gingen schweigend weiter. Die Bildschirme mit den fremden Sternen blieben hinter uns zurück. Wir nahmen den Weg, den die Maschine gekommen war, und gehorsam glitt auch vor uns die Tür auf, als wir auf sie zutraten. Hin ter ihr lag ein weiterer großer Raum, und all mählich begann ich die Ausmaße dieser Sta tion zu begreifen. Offenbar hatten die Frem den den gesamten Steilfelsen ausgehöhlt, um darin ihre Anlagen zu schaffen – wenn wir Pech hatten, begegneten wir ihnen vielleicht erst in der untersten Etage! Diesmal gelangten wir in einen Saal, der offenbar so etwas wie eine Produktionsstätte war. Überall standen Maschinen, die sich in voller Bewegung befanden, doch auch hier war ihr Zweck kaum zu erkennen. Zwischen ihnen zogen sich Förderbänder hin, auf de nen Metallblöcke und andere Gegenstände transportiert wurden, die wieder unter den Verkleidungen anderer Maschinen ver schwanden. Ein Durcheinander von brum menden, sirrenden und kreischenden Ge räuschen strapazierte unsere Ohren. Ich entdeckte auch einige weitere Robo
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Harvey Patton
ter, die regungslos herumstanden, bis sie sich wie auf ein geheimes Zeichen hin plötz lich in Bewegung setzten und sich einer Ma schine zuwandten. Allmählich begannen in mir Zweifel aufzusteigen, ob es hier über haupt lebende Wesen gab. Waren sowohl Grek 3 wie auch ich ledig lich in die Gewalt seelenloser Automaten geraten? Es schien fast so. Vielleicht exi stierten die Erbauer dieser Anlagen schon längst nicht mehr, und nur die Roboter führ ten ihr Werk noch fort, getreu der ihnen ein gegebenen Programme … Dann fiel mir aber wieder jene Stimme in dem Flugkörper ein, die mich gleich nach meiner Gefangennahme angeschrien und ganz offensichtlich mit Beschimpfungen überhäuft hatte. So etwas tat kein Roboter. Selbst wenn es hier höher entwickelte Auto maten gab, die auch hören und reden konn ten – sie hätten trocken und sachlich gespro chen, und nicht gebrüllt wie ein Mann in höchster Wut. Wir ließen den Maschinenraum hinter uns, fanden eine weitere Tür und kamen auf einen kurzen Gang, der gleich darauf nach rechts abknickte. Hinter ihm lag eine steile Treppe, und über sie gelangten wir in die nächst tiefere Etage dieser seltsamen Stati on.
* Wieder fanden wir riesige Räume, voll von unbegreiflichen Anlagen und Maschi nen, aber nur wenige davon waren in Be trieb. Der größte Teil schien schon seit län gerer Zeit nicht mehr benutzt worden zu sein, einige waren offensichtlich defekt. Ich begann mich immer unbehaglicher zu fühlen. Was zuerst mit scheinbar sorgfältig durchdachten Tests begonnen hatte, ent wickelte sich nach und nach zu einem wah ren Alptraum ohne jeden erkennbaren Sinn. Ich fragte mich ernstlich, ob es überhaupt einen Zweck haben mochte, weiter in diese Unterwelt einzudringen, in der es nur Dinge
gab, die sowohl mir als auch Grek 3 mehr als fremd waren. Doch dann dachte ich wieder an den Maahk und an seinen zu Ende gehenden Luftvorrat! Weiter oben hatten wir keine einzige An lage gefunden, die geeignet gewesen wäre, den Inhalt seiner Atemtanks wieder aufzu füllen. Falls es hier irgendwo so etwas gab, konnte es sich nur in den von uns noch nicht betretenen Sektoren befinden, also mußten wir weitersuchen. Ohne es eigentlich zu wollen, war ich in eine Rolle gedrängt worden, in der mir die Verantwortung für sein Überleben zufiel. Trotz meiner Jugend war ich bereits daran gewöhnt, Verantwortung zu tragen, darauf hatte meine gesamte Ausbildung durch Far tuloon und viele namhafte Wissenschaftler abgezielt. Das hier war jedoch etwas gänzlich ande res. Hier war ich nur ein Fremder in einer fremden Welt, im Mikrokosmos, von dessen Gegebenheiten ich nicht viel mehr kannte als eine winzige Raupe von einer riesigen Plantage. Diese wußte, wie es auf dem Blatt aussah, auf dem sie gerade saß, und viel leicht auch noch von den anderen, an denen sie bereits gefressen hatte. Ich wußte im Grunde noch viel weniger, denn bisher kannte ich nur einen kleinen Teil des Plane ten, auf dem ich mich befand! Selbst diese Station hier gab mir noch Rätsel über Rätsel auf. Geh weiter! drängte mich mein Extrasinn. Jetzt sind schon mindestens anderthalb von den drei Stunden vergangen, die der Maahk noch hat. Seine Lage wird allmählich kri tisch. Ich riß mich aus meinen Gedanken und ging weiter, obwohl ich mich selbst in kei ner guten Verfassung mehr befand. Mein Magen knurrte nun nicht mehr, das war das Zeichen dafür, daß mein Körper begann, sei ne Reserven anzugreifen. Dafür machte sich der Durst immer quälender bemerkbar, und er war erheblich schwerer zu ertragen. Grek 3 schien sich nun mehr und mehr
Kristalle des Todes mit seinem Schicksal abzufinden, das er wohl längst als aussichtslos anzusehen be gann. Er folgte mir zwar willig, aber er gab keinen Laut mehr von sich, während er zu vor wenigstens zuweilen noch Selbstgesprä che geführt hatte. Dieses fatalistische Schweigen drückte mehr und mehr auf mei ne Sinne, zumal es auch in unserer Umge bung immer stiller geworden war. Im Eiltempo durchquerten wir diese Eta ge, in der nicht einmal ein einziger Roboter zu sehen war. Ständig hielt ich Ausschau nach Apparaturen, von denen ich mir Hilfe versprach, doch es blieb ein vergebliches Beginnen. Am Ende stand eine neue Tür … eine neue Treppe nach unten … eine neue tiefere Etage. Wir kamen nach und nach drei Stockwer ke tiefer, und unsere Umgebung wurde im mer düsterer. Meiner Schätzung nach mußten wir uns nun schon im untersten Drittel des Felsmas sivs befinden, und noch immer war kein En de abzusehen. Immer neue riesige Räume ta ten sich vor uns auf, aber hier gab es längst keine Maschinen mehr. Anstatt der sorgfältig in den Stein gear beiteten Säle sahen wir nur noch roh heraus geformte Grotten, deren Beleuchtung mehr als spärlich war. Die Temperatur blieb dage gen konstant und hielt sich auf einem an nehmbaren Wert, und auch die Luftzirkulati on schien entsprechend zu funktionieren. Bald schon bemerkte ich, daß der Boden un ter meinen Füßen weicher wurde und stellte fest, daß wir nun über eine Humusschicht schritten, aus der vereinzelt niedrige fremd artige Gewächse aufragten. Wohin waren wir hier nur geraten? All mählich begann ich zu verzweifeln, denn ich wußte nicht mehr, was ich von all dem hal ten sollte. Vergeblich fragte ich mich, wer sich wohl in einer solchen Umgebung Wohl fühlen konnte. Sie war eines intelligenten Wesens einfach unwürdig! Vruumys war doch – ab gesehen von seiner Gier nach dem Lebens
25 elixier – ein auch nach arkonidischen Be griffen durchaus zivilisierter Mann gewesen. Wie mochte es dann nur kommen, daß eine Station von Angehörigen seiner Rasse derart atavistische Sektoren aufwies? Der Widerspruch zwischen dieser un heimlichen Unterwelt und den oberen Ebe nen mit den Erzeugnissen einer hochstehen den Technik blieb mir einfach unbegreiflich. Konnte es wirklich sein, daß diese Raumfah rer einer so düsteren Welt entstammten, wie sie hier nachgebildet war? Und es wurde im mer noch schlimmer, statt besser! Wir kamen in Grottenräume, in denen in mitten einer feuchtschwülen Atmosphäre ein regelrechter Dschungel wuchs. Bizarr ge formte, anscheinend verkrüppelte Bäume und wild wuchernde andere Gewächse bil deten ein verfilztes Gestrüpp, durch das nur schmale freie Gassen führten, die kaum ein Durchkommen erlaubten. Urtümliche Laute ließen darauf schließen, daß es hier auch tie risches Leben gab, aber es war so dunkel, daß wir nichts davon zu sehen bekamen. Ich hatte aber auch gar kein Interesse dar an, sondern war froh, daß sie uns fernblie ben, weil ich waffenlos war. Mein einziges Augenmerk war darauf gerichtet, jenen Sek tor ausfindig zu machen, der hier der eigent liche Lebensraum der Erbauer war. Bisher hatten wir noch keinen einzigen Raum ent deckt, in dem jemand hätte wohnen können, und zu einer solchen Station gehörten ein fach auch die nötigen Quartiere. Außerdem mußte es irgendwo auch noch eine Haupt zentrale geben, von der aus sämtliche tech nischen Anlagen sowie die Roboter gesteu ert werden konnten. Ohne diese ging es nicht, sie mußte einfach vorhanden sein! Meine Annahme wurde dadurch bestärkt, daß es auf jeder Etage zwei bis drei Meter durchmessende runde Gebilde gab, die aus dem Boden aufragten und oben in der Decke wieder verschwanden. Bei flüchtigem Hin sehen wirkten sie wie Stützpfeiler, doch ich war davon überzeugt, daß es in Wirklichkeit Antigravschächte waren, die eine Verbin dung nach weiter unten darstellten.
26 Grek 3 stapfte apathisch hinter mir her und zeigte kaum Interesse für die Umwelt. Ich machte mir große Sorgen um ihn, denn die Zeit, die ihm noch blieb, verstrich rasend schnell. Oft mußten wir lange suchen, bis wir einen Abstieg zur nächsten Etage gefun den hatten – wie viele es waren, wußte ich mittlerweile selbst nicht mehr! An einer Stelle entdeckte ich eine Bewäs serungsanlage mit Düsen, durch die die ur waldähnliche Fauna berieselt wurde. Ich stürzte darauf zu, besann mich dann jedoch und kostete nur vorsichtig von dem Wasser, denn es konnte chemische Zusätze enthalten, die es ungenießbar machten. Das war aber offenbar nicht der Fall, und so fing ich den Strahl mit den Händen auf und trank dann gierig. Das Wasser war lauwarm, doch es stillte wenigstens meinen brennenden Durst. Wieder ging es weiter. Auf der nächsten Ebene war es wieder et was heller, und die Vegetation in den Grot ten machte einen weniger dschungelartigen Eindruck. Plötzlich stockte mein Fuß, denn im Hintergrund entdeckte ich einige Gebil de, die wie primitive Baumhütten aussahen. Ich hatte mich nicht getäuscht! Ich zählte sechs dieser Hütten, die kaum mehr als mannshoch waren, und dann sah ich auch ih re Bewohner. Ich zählte zehn aufrechtgehen de Wesen, die uns aber inzwischen auch ent deckt hatten und, schrille Warnrufe aussto ßend, eilig in ihren Behausungen ver schwanden. So bekam ich nur einen flüchti gen Eindruck von ihnen, aber sie schienen eine gewisse Ähnlichkeit mit den Glasdä monen zu haben, jenen Mutanten, denen ich begegnet war, als ich zusammen mit Beikla die Glassteppe von Moltaphur durchquert hatte. Ob es hier irgendwelche Zusammen hänge geben mochte? Uninteressant! meldete sich wieder ein mal mein Extrasinn. Weiter, so schnell es geht, Grek 3 muß bald am Ende sein! Ich preßte die Lippen zusammen, eilte weiter durch eine enge Gasse zwischen den Gewächsen und sah mich besorgt nach den Maahk um. Er hielt mein Tempo immer
Harvey Patton noch mühelos mit, doch ich glaubte über sei ne Sprechanlage keuchende Geräusche zu vernehmen, als ob ihm das atmen bereits Schwierigkeiten bereiten würde. Hoffentlich hielt er noch durch, bis wir jemanden fan den, der ihm helfen konnte! Als ich den nächsten Abstieg gefunden hatte, atmete ich erleichtert auf, denn diese Treppe lag in hellem Licht. Offenbar hatten wir die düsteren Ebenen jetzt endgültig hin ter uns und kamen wieder in eine zivilisierte Zone. Im stillen dankte ich den Göttern da für, daß das Ende unseres Umherirrens ge kommen schien. Ich hastete die Treppe hin unter, hielt dann aber abrupt an, denn aus verborgenen Lautsprechern über mir gellte ein lautes Gelächter auf! Jemand schien sich köstlich darüber zu amüsieren, daß wir kamen – vielleicht hatte er uns die ganze Zeit über mittels versteckter Kameras beobachtet. Wut über dieses We sen stieg in mir auf, doch im nächsten Mo ment wirbelte ich herum, denn der Maahk hatte einen dumpfen Schrei ausgestoßen. Es war ein Schrei in höchster Not, das erkannte ich sofort. Grek 3 war mir nicht gefolgt, sondern oben vor der Treppe stehengeblieben. Sein riesiger Körper begann plötzlich zu schwan ken, seine Arme wirbelten ziellos durch die Luft. Nun gab es keinen Zweifel mehr: seine Atemtanks waren endgültig leer – er war da bei, jämmerlich zu ersticken! Und das gerade jetzt, wo seine Rettung vielleicht nur noch eine Frage von Minuten gewesen wäre … Die Tragik dieses Gesche hens überwältigte mich förmlich. Sein Körper bäumte sich noch einmal auf, und dann fuhren seine Arme in die Höhe. Die sechsfingrigen Hände griffen nach dem Druckhelm und rissen ihn auf – mich aber durchzuckte ein tödlicher Schreck, denn ich wußte, was nun unweigerlich kommen muß te. Das Atmosphäregemisch in dem Rauman zug des Maahks mochte zwar nicht mehr atembar für ihn sein, es enthielt aber zwei fellos noch einen hohen Prozentsatz von
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Wasserstoffgas. Dieses konnte nun entwei chen und kam mit dem Sauerstoff der Stati onsatmosphäre in Verbindung, und die un ausbleibliche Folge war der Knallgas-Effekt – eine spontane Reaktion der beiden Ele mente in einer heftigen Explosion! Ich hatte kaum so weit gedacht, als es auch schon geschah. Es gelang mir gerade noch, mich auf der Treppe zusammenzukau ern und den Kopf mit meinen Armen zu schützen. Dann erfaßte mich die Druckwelle der Explosion und schleuderte mich die rest lichen Stufen hinab. Ein heftiger Aufprall, der Tanz einer gan zen Milchstraße voll bunter Sterne vor mei nen Augen – aus!
5. Nahm dieses höhnische Gelächter denn überhaupt kein Ende mehr? Verfolgte es mich auch noch in meiner Bewußtlosigkeit, die dem Unbekannten, der da lachte, ein ge radezu teuflisches Vergnügen zu bereiten schien? Unsinn! erklärte mein Logiksektor nüch tern. Ein Bewußtloser kann nichts hören, folglich bist du bereits wieder wach. Das stimmte, aber es stimmte auch wieder nicht. Meine Ohnmacht hatte zwar zu wei chen begonnen, doch ich war noch immer völlig benommen und nicht fähig, die Augen wieder zu öffnen. Nur meine Ohren nahmen das Gelächter auf, das schaurig hallte und doch aus weiter Ferne zu kommen schien. Es vermischte sich mit einem Keuchen, von dem ich schließlich erkannte, daß es aus meinen eigenen Lungen kam. Es hatte mich böse erwischt! Langsam nur klärte sich mein Kopf, aber dafür kamen nun die Schmerzen. Offenbar war ich mit der linken Schulter zuerst aufge schlagen, denn sie brannte wie Feuer, und ein ähnliches Gefühl verspürte ich an meiner linken Schläfe. Ich konnte deutlich fühlen, daß sich dort eine beachtliche Beule zu bil den begann. Ich verzichtete vorläufig, mich zu bewe
gen, und hielt auch die Augen geschlossen. Sollte der Fremde, der mich verspottet hatte, ruhig in dem Glauben bleiben, ich sei immer noch ohne Bewußtsein, bis ich mich ausrei chend erholt hatte! Vielleicht würde es zu einer Auseinandersetzung mit ihm kommen, und dann konnte es für mich nur von Vorteil sein, wenn er mich für noch halb tot hielt. Ich dachte an Grek 3, und eine seltsame Trauer erfaßte mich. So viele Feinde hatte ich nun schon sterben sehen, aber noch nie hatte das ähnliche Gefühle in mir geweckt. Ich war überzeugt davon, daß ich mich mit dem Maahk auch dann noch gut verstanden hätte, wenn es mir gelungen wäre, zusam men mit ihm zu seinem Volk zurückzukeh ren. Vielleicht hätte sich daraufhin sogar ein besonderes Verhältnis zwischen mir und den Maahks herausgebildet, das mir bei meinen Vorhaben von erheblichem Nutzen gewor den wäre. Doch diese Spekulationen waren jetzt mü ßig – viel eher würde nun das Gegenteil der Fall sein! Im schlimmsten Fall mußte ich so gar damit rechnen, daß die Methanatmer mir den Tod des Wissenschaftlers zur Last leg ten und mir daraufhin die Freigabe verwei gerten, mich vielleicht sogar umbrachten … Bis dahin würde aber noch viel Zeit ver gehen, denn vorläufig saß ich noch immer im Mikrokosmos fest. Ich schob also diese Gedanken beiseite und konzentrierte mich wieder auf die Gegenwart. Meine Schmer zen waren mittlerweile erträglich geworden, also bereitete ich mich darauf vor, eine mög lichst beeindruckende Erwachensszene zu spielen. Leider wurde sie mir gründlich verdorben. Ich begann gerade damit, ein schmerzli ches Stöhnen zu provozieren, was mir aller dings nicht sonderlich schwerfiel. Da aber bekam ich einen heftigen Stoß in die Seite, daß mir für einen Augenblick die Luft weg blieb, und eine rauhe, polternde Stimme dröhnte auf. »Steh auf, Vruumys – ich sehe an deinen flatternden Lidern, daß du wieder bei Besin nung bist! Ich habe schon lange genug auf
28 dich warten müssen.« Ich stöhnte nochmals auf, diesmal aber vollkommen echt, und mußte sekundenlang nach Luft schnappen. Dann rollte ich mich aus der Seitenlage auf den Rücken und öff nete die Augen, um jenen Mann zu sehen, der so unfreundlich mit mir umgesprungen war. Im gleichen Moment klang wieder je nes schauerliche Gelächter auf. Es schien aus großer Höhe zu kommen und ich erwartete, über mir nur einen Laut sprecher zu sehen, aber ich hatte mich gründlich in dieser Annahme getäuscht. Dicht vor mir stand ein Mann – und was für einer! Er war ein wahrer Riese, mindestens so groß wie ein Maahk, wenn auch nicht so breit. Trotzdem besaß er klobig anmutende Gliedmaßen, seine Beine hätten einem Sau rier alle Ehre gemacht. Entsprechend waren auch die übrigen Proportionen, und sein großes grobflächiges Gesicht erinnerte in der Form stark an einen Naat vom fünften Planeten des Arkon-Systems, besaß aller dings nur zwei Augen. Sie waren klein und leuchteten tückisch unter riesigen schwarzen Brauen hervor, die sich fast bis zu den großen spitz geformten Ohren hinzogen. Der Schädel war vollkommen kahl, aber dafür war die Kinnpartie von einem langen schwarzen Bart bedeckt, der bis zu der un förmigen Nase reichte. Vom Körper war nicht viel zu erkennen, denn er war von den Knien bis zum Hals unter einem Überwurf verborgen, der aus grob zusammengestop pelten tierischen Fellen bestand. Ich konnte nicht anders – ich mußte stau nen! Das verging mir allerdings bald wieder, und durchaus nicht ohne Grund. Der Riese beugte sich vor, eine tellergroße Pranke langte zu mir herunter und hob mich mühe los hoch. Sekundenlang hing ich zappelnd in der Luft, und erneut klang die polternde Stimme auf. »Kannst du nicht gut hören, Vruumys? Aufstehen, habe ich gesagt, und so etwas sa ge ich nicht zweimal!«
Harvey Patton Er verwechselt dich mit dem toten Raum fahrer, folgerte mein Logiksektor, er kann also nicht zur eigentlichen Besatzung der Station gehören. Hier scheint sich in der Zwischenzeit einiges ereignet zu haben – sieh dich vor! Diese Warnung war gut gemeint und zweifellos auch durchaus angebracht. Die Befolgung dieses Ratschlags stieß allerdings zumindest vorerst auf einige unüberwindli che Schwierigkeiten. Erneut ertönte unter dem Bart hervor das polternde Lachen, und dann wurde ich un sanft auf die Füße gestellt. Endlich ließ mich die Pranke los, und ich massierte unwillkür lich meine Brustplatte, die unter dem stahl harten Griff fast eingedrückt worden war. Es sprach für die Qualität des flexiblen blauen Anzugs, daß er dabei ganz geblieben war. Das Lachen verstummte, und der Riese begann wieder zu sprechen. Er benutzte den mir geläufigen Dophor-Dialekt dieser Welt, sprach ihn allerdings mit einem fremdartig anmutenden Akzent, der es mir zuweilen schwermachte, ihn zu verstehen. Offenbar war dies nicht seine eigene Sprache; die hat te er benutzt, als er mich über die Sprechan lage in dem Flugkörper beschimpfte. »Eigentlich schade, daß dein seltsamer Begleiter vorhin umgekommen ist, Vruu mys. Er wäre ein echter Gegner für mich, den großen Motros, gewesen.« Bildlich gesehen, hob sich in diesem Au genblick vor meinen Augen ein großer Vor hang. Plötzlich begann ich einen großen Teil der seltsamen Ereignisse zu verstehen – ei nes fügte sich zum andern, auch ohne Nach hilfe meines Logiksektors. Diese ungeschlachte, alle Sinne beleidi gende Karikatur eines Arkoniden war der Wahnsinnige Motros! Er hatte früher jenen Glaspalast besessen, der sich an der Stelle befunden hatte, wo sich nun die unheimliche gläserne Steppe erstreckte. Der Palast selbst war in einer Atomexplosion vergangen, doch der wahnsinnige Riese war irgendwie der Vernichtung entronnen. Er hatte es ver standen, in diese Station zu gelangen, die er
Kristalle des Todes nun zu beherrschen schien! »Du hast wohl nicht damit gerechnet, mich hier vorzufinden, wie?« fuhr der Riese fort. »Ja, es war reichlich leichtsinnig von dir, diesen Stützpunkt allein zu lassen; das gab mir eine willkommene Gelegenheit, mich an dir zu rächen und ihn in meinen Be sitz zu bringen, Vruumys.« »Ich bin nicht Vruumys!« protestierte ich, doch Motros schien es gar nicht zu hören. Er sprach weiter, mit einem ausgesprochen selbstgefälligen Ton, der mehr über seinen wirren Geisteszustand aussagte, als er selbst ahnen mochte. Er vermochte wohl noch fol gerichtig zu denken, aber nur in jenen Bah nen, die seinem Wahn entsprachen. »Ja, der große Motros ist schlau!« prahlte er. »Ich bin weit klüger als ihr aus Tegh ment, und das habe ich auch bewiesen. Es ist dir nicht mehr gelungen, dein Raumschiff zu erreichen – ich habe dich beobachtet und dann abgefangen! Es hat dir auch nichts genützt, daß du deinen fremden Begleiter vorgeschickt hast, der war sogar noch düm mer als du …« Es ist sinnlos, wenn du weiter abstreitest, Vruumys zu sein! klärte mich mein Logik sektor auf. Er scheint den toten Raumfahrer nicht persönlich gekannt zu haben, also wird er dir auch keinen Glauben schenken. Gehe zum Schein auf alles ein, was er von dir will, schläfere seine Wachsamkeit ein! Das gibt dir vielleicht die Chance, ihn später zu über wältigen. Der Wahnsinnige Motros lachte wieder einmal höhnisch auf. »Das hättest du nicht von mir geglaubt, wie? Mein Glaspalast war in die Luft geflo gen, also hast du gemeint, ich wäre tot. Weit fehlgegangen, Vruumys: Ich selbst habe den Palast zerstört, habe mich dann verborgen und auf die passende Gelegenheit gewartet, hier eindringen zu können! Dieser Stütz punkt hat mich schon immer gereizt – jetzt habe ich ihn, und dich mit dazu …« »Ja, großer Motros«, sagte ich so unter würfig wie möglich. Das fiel mir nicht gera de leicht, doch was tut man nicht alles, wenn
29 man sich in der Gewalt eines Wahnsinnigen befindet und ihr mit heiler Haut wieder ent rinnen will …
* Meine Lage war alles andere als rosig, in dieser Hinsicht machte ich mir nichts vor. Ich hatte geglaubt, daß diese Station jener, Die aus dem Dunkeln kamen, eine zahlrei che Besatzung haben müsse, doch in dieser Annahme hatte ich mich gewaltig getäuscht. Offenbar war Vruumys – zumindest vor übergehend – ihr einziger Insasse gewesen, und er lebte nun nicht mehr. Da er anneh men mußte, daß der Wahnsinnige Motros ums Leben gekommen war, hatte er augen scheinlich versäumt, seinen Stützpunkt ab zusichern, und das hatte sich gerächt. Nun wollte es die Ironie des Schicksals, daß ausgerechnet ich der Leidtragende sein sollte! Ich, ein Fremder in dieser unbegreif lichen Welt im Mikrokosmos, vollkommen unschuldig an ihrem Geschehen, und oben drein völlig waffenlos … Nur List allein konnte mir jetzt noch hel fen, das war mir klar. Ich war dem wahnsin nigen Riesen nicht nur körperlich unterle gen, sondern er hatte auch sonst alle Trümp fe in seinen unförmigen Pranken! Sein bar barisches Aussehen hätte einen flüchtigen Beobachter täuschen können; mich nicht, denn ich wußte es besser. Ich hegte nicht den geringsten Zweifel an der Tatsache, daß Motros in technischer Hinsicht äußerst beschlagen war. Zwar wa ren die Beschreibungen, die ich über sein früheres Leben im Glaspalast bekommen hatte, mehr als dürftig gewesen, doch ein einziger Punkt sagte mehr über ihn aus, als lange Erzählungen: Er hatte zumindest eine atomare Bombe besessen, und er hatte auch damit umzugehen gewußt. So etwas konnte niemand, der nicht auch die entsprechenden Kenntnisse besaß! Außerdem bewies mir sein ganzes Vorge hen, daß er ein ausgesprochen listenreicher und verschlagener Mann war, und daran hat
30 te auch seine partielle geistige Verwirrung nichts geändert. Der echte Vruumys wäre ihm vermutlich gewachsen gewesen, weil er die Gegebenheiten dieser Welt kannte, von der ich so gut wie nichts wußte. Nachdem er in die Station gebracht worden wäre, hätte er zweifellos auch Mittel und Wege gefunden, um den Eindringling wieder auszuschalten. Ich dagegen kannte keine einzige Anlage in diesem Stützpunkt, konnte von den mei sten kaum die Funktionen erraten. Wenn ich meine Freiheit wiedererlangen und den Wahnsinnigen unschädlich machen wollte, gab es nur einen Weg: Ich mußte versuchen, noch verschlagener, noch listenreicher als er zu sein! Ob mir das aber auch gelingen würde? Im gegenwärtigen Zeitpunkt hegte ich noch er hebliche Zweifel daran. Motros hatte mich ganz in der Hand, und das ließ er mich auch spüren. Er packte mich im Genick, und dann erhielt ich einen un sanften Stoß, der mich unwillkürlich auf stöhnen ließ. Nicht nur meine Schulter schmerzte noch immer, sondern auch ver schiedene andere Körperteile. »Vorwärts, Vruumys!« grollte sein mäch tiges Organ. »Eigentlich hätte ich große Lust, dich einfach umzubringen, aber das hebe ich mir für später auf. Vorerst brauche ich dich noch – du mußt mir zeigen, wie ich die Anlagen auf der Zentralebene ganz unter meine Kontrolle bringen kann. Wenn ich den Stützpunkt erst voll beherrsche, werde ich der mächtigste Mann in weitem Umkreis sein! Ich habe zwar den Glaspalast aufgege ben, aber ich habe dabei keinen schlechten Tausch gemacht, hahaha.« Ich stolperte zwar gehorsam vorwärts, doch ich horchte auf. Es sah ganz so aus, als hätte sich der Wahnsinnige Motros hier an einem Brocken versucht, der selbst für sei nen mächtigen Schlund nicht so ganz ohne Schwierigkeiten zu schlucken war! Nun er wartete er Hilfe durch mich, den vermeintli chen Vruumys. Gut, die sollte er haben – nur etwas anders, als er sich das vorstellte und wünschte …
Harvey Patton Wenn ich etwas tun konnte, um ihm zu sätzliche Knüppel zwischen die Säulenbeine zu werfen, so würde das geschehen, und wenn dabei die ganze Station zum Teufel ging. Mir nützte sie ohnehin nichts, ich mußte zusehen, sie so schnell wie möglich wieder verlassen zu können. Grek 3 war zwar tot, aber irgendwo irrte noch die Prin zessin Crysalgira umher, vermutlich eben falls in Gefangenschaft, und ohne sie wollte ich nicht in die Normalwelt zurückkehren. Vorerst kam es aber vor allem darauf an, einen Überblick zu erhalten, damit ich später keine Schwierigkeiten haben würde, den Stützpunkt zu verlassen. Irgendwo mußte es einen Gleiter oder ein anderes Transportmit tel geben, mit dem Motros auf den Steilfel sen gelangt war, denn die Energiebrücke hatte er erst später selbst aufgebaut. Den Flugkörper auf dem großen Hochplateau ließ ich außer Betracht, weil mir fraglich er schien, ob ich damit zurechtkommen würde. Eine Unmenge schöner Pläne! spottete mein Extrahirn. Plane lieber nicht zuviel, Kristallprinz. Motros trieb mich unbarmherzig vorwärts und beflügelte mein Tempo durch immer neue Stöße und Knüffe. Ich kam nicht ein mal mehr dazu, einen letzten Blick rück wärts zu werfen, wo die sterblichen Überre ste des Maahks lagen. An die Treppe schloß sich ein kurzer Gang an, der in einen weiteren Saal der Sta tion führte. In diesem Stockwerk schienen sich Lagerräume zu befinden, denn ich sah endlose Reihen von Regalen, in denen klei nere Geräte oder Ersatzteile aufgestapelt wa ren. Ich kam jedoch nicht dazu, sie näher zu betrachten, denn der Wahnsinnige schob mich vor sich her auf die Mündung eines Antigravschachts zu, der weiter in die Tiefe führte. Ein mächtiger Stoß beförderte mich hin ein, und ich überschlug mich mehrmals, während ich nach unten sank. Lange Erfah rung befähigte mich dazu, schnell wieder in Normallage zu kommen, doch zuvor konnte ich noch sehen, daß Motros sich in dem An
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tigravfeld bedeutend weniger geschickt ver hielt. Ich registrierte das mit Genugtuung, denn selbst ein so kleiner Vorteil konnte im Ernstfall für mich von Bedeutung sein. Auch hier gab es Leuchtkörper, und an ih nen konnte ich abzählen, daß wir etwa hun dert Meter weit in die Tiefe sanken. Damit bestätigte sich meine Vermutung, daß die Zentrale des Stützpunkts ganz unten in dem ausgehöhlten Steilfelsen lag, wo sie am we nigsten gefährdet war. Geschickt schwang ich mich aus dem Ausstieg und machte möglichst rasch Platz. Das war gut so, denn Motros kam mit der Grazie eines Flugsauriers unten auf, ein nor maler Mann hätte sich dabei bestimmt beide Beine gebrochen. Er aber lachte nur dröh nend auf, und schon schob er mich wieder weiter. »Los, Vruumys, beeil dich!« knurrte er. »Später wirst du dich eine Ewigkeit lang ausruhen können …«
6. Wir waren ausnahmsweise in einem klei nen Raum herausgekommen, der offenbar zu Vruumys Privatgemächern zu gehören schi en. Er enthielt einige Ruhemöbel, von der Decke hingen Mobiles, die aus kleinen Raumschiffsmodellen zusammengesetzt wa ren, und an den Wänden gab es dreidimen sionale Bilder fremder Planetenlandschaften. Es gab auch mehrere Rolltüren, und zu einer von ihnen wollte mich der Riese dirigieren, doch nun protestierte ich energisch. »Ich kann nicht mehr, großer Motros!« stöhnte ich gekonnt. »Einen ganzen Tag lang habe ich nichts mehr gegessen und ge trunken, ich vergehe vor Hunger und Durst. Wie kann ich dir von Nutzen sein, wenn ich vollkommen entkräftet bin?« Seine kleinen Augen funkelten mißtrau isch zu mir herab, und er schien ablehnen zu wollen, doch dann schienen meine Argu mente selbst seinem kranken Geist einzu leuchten. Er nickte mir herablassend zu, und dann katapultierte mich seine Hand förmlich
auf eine andere Tür zu. »Geh, du erbärmlicher Schwächling! Ich gewähre dir eine Viertelstunde zur Nah rungsaufnahme, mehr aber nicht. Die Schwierigkeiten in der Zentrale müssen rasch behoben werden, ehe ein noch größe rer Schaden eintritt.« Ich hatte beabsichtigt, ihn auch noch um eine Schlafpause anzugehen, doch ich unter ließ es, als ich seinen verkniffenen Gesichts ausdruck sah. Er machte mir unmißverständ lich klar, daß Motros auf keinen Fall zu wei teren Konzessionen bereit sein würde! Neue Forderungen hätten ihn vielleicht so sehr verstimmt, daß er die erste wieder rück gängig machte, und das wollte ich einfach nicht riskieren. Ich war zwar wirklich er schöpft und hatte immer noch Schmerzen, doch eine Weile konnte ich es schon noch aushalten. Wenn ich erst etwas gegessen hatte, würde es wieder bessergehen. Natürlich hatte ich nicht nur vor, meinen Hunger zu stillen! In der mir zugebilligten Viertelstunde würde sich mir vielleicht die Möglichkeit bieten mich schnell in den an grenzenden Räumen umzusehen, und wenn ich dort irgendwelche Waffen fand … Der Wahnsinnige Motros war unbewaff net, er verließ sich allein auf seine Bären kräfte, denen ich in meinem gegenwärtigen Zustand auch keinesfalls gewachsen war. Der Dreizack, den ich in meinen Gürtel ge schoben hatte, war vollkommen nutzlos – wenn ich aber einen Strahler oder etwas Ähnliches auftreiben konnte, sah alles we sentlich anders aus! Die Tür rollte vor mir zur Seite und ich kam in einen Raum, der unschwer als eine automatische Küche zu erkennen war. Es gab darin zwei Infrarot-Herde, eine Gefrier truhe, die eine ganze Wand einnahm, und ein großes Regal voller Konserven. Schon dieser Anblick allein genügte, daß mir das Wasser im Munde zusammenlief, und daß sich mein Magen in Erwartung kommender Genüsse regelrecht verkrampfte. Ich mußte wieder einmal darüber staunen, wie sehr doch die Einrichtungen hier im Mi
32 krokosmos im Prinzip denen in meiner nor malen Umwelt glichen. Fremdartige Gerät schaften konnte man auch auf vielen Welten des arkonidischen Imperiums finden, aber gewisse grundsätzliche Gegebenheiten wa ren auf beiden Bezugsebenen zwangsläufig dieselben. Es erschien mir manchmal fast unglaublich, daß hier alles so winzig war, daß man »oben« selbst mit einem guten Mi kroskop Mühe haben mußte, es überhaupt entdecken zu können. Doch mit mir war es jetzt ja auch viel an ders – ich war durch den Molekularverdich ter dieser Welt angepaßt worden, und ver mutlich viel kleiner als ein gewöhnliches Staubkorn … Keine unnützen Überlegungen! warnte mich mein Extrasinn kategorisch. Vergiß nicht, wie schnell eine Viertelstunde vergeht – und draußen wartet der Wahnsinnige auf dich! Das wirkte. Ich ließ die Gefriertruhe unbeachtet und wandte mich dem Regal zu. Die Aufschrif ten auf den Dosen waren zwar für mich un leserlich, aber die ebenfalls darauf befindli chen Abbildungen genügten mir. Ich suchte mir einen Behälter heraus, der mir ein kräfti ges Fleischgericht versprach, löste seinen Deckel und schob ihn in einen der Herde. Ein Knopfdruck genügte, und eine Leucht anzeige bewies mir, daß dieser in Betrieb war. Eine halbe Minute später schaufelte ich mit einem löffelähnlichen Eßwerkzeug eine Mischung von Fleisch und Gemüse in mich hinein, und schlagartig wurde mir wieder wohler. Selbst ein Supermann muß zuweilen etwas essen, und das war ich beileibe nicht! Ich fand auch Behälter mit einer aromati schen Flüssigkeit, und als ich einen davon geleert hatte, fiel schon Sekunden später alle Müdigkeit von mir ab. Etwas Ähnliches hat te mir auch Vruumys eingeflößt, als er mich besinnungslos aufgefunden hatte, es schien ein wahrer Zaubertrank zu sein. Hätte er sich nur damit begnügt, statt unbedingt jenes an gebliche Lebenselixier zu suchen …
Harvey Patton Du denkst ja schon wieder nach! wisperte mein Extrahirn, und ich fuhr zusammen. In zwischen waren bestimmt mindestens zehn Minuten vergangen – ich mußte mich beei len, wenn ich noch irgendwo eine Waffe fin den sollte! Ich ließ alles stehen und liegen und mach te mich auf die Suche. Es gab noch eine zweite Tür, die sich ebenfalls automatisch vor mir öffnete. Der Raum dahinter lag im Dunkeln, erhellte sich jedoch bei meinem Eintritt und ich erkannte, daß ich in ein Arbeitszimmer kam. An der Art seiner Ausstattung ließ sich unschwer erkennen, daß es einem Raumfahrer gehörte – nein, gehört hatte. Vruumys schien sich auch während seiner freien Zeit viel mit beruflichen Dingen be schäftigt zu haben. Neben einem mittel großen Computer stand ein Sternkartentank, der mit einer Projektionsanlage gekoppelt war, mit deren Hilfe man einzelne Raumsek toren vergrößert wiedergeben konnte. An den Wänden hingen Sternkarten, weitere häuften sich auf einem großen Schreibtisch. Eine Kommunikationsanlage mit mehreren großen und kleineren Bildflächen rundete das Bild ab und bewies mir, daß der Schwarzpelz alles andere als ein Faulpelz gewesen war. All dies waren Dinge vom höchsten Inter esse für mich, doch es gab zwei gewichtige Gründe dafür, daß ich mich nicht näher da mit befassen konnte. Zum einen kannte ich die Schriftzeichen von Vruumys nicht, zum anderen war die Beschaffung einer Waffe jetzt weit wichtiger! Nun, aufgeschoben war ja nicht aufgeho ben. Wenn es mir gelang, den Wahnsinnigen Motros zu überwinden, würde ich noch aus reichend Gelegenheit haben, mich damit zu beschäftigen. Vielleicht fand ich dann auch heraus, wie ich ohne Hilfe der Maahks einen Übergang in die Normalwelt bewerkstelli gen konnte – vielleicht sogar eine Möglich keit, Orbanaschol vom Mikrokosmos aus an zugreifen! Diese Gedanken schossen mir durch den
Kristalle des Todes Kopf, während ich auf die Tür zu meiner Linken zueilte. Auch sie glitt willig auf, doch dann stieß ich einen leisen Laut der Enttäuschung aus. Ich war in Vruumys Schlafraum geraten, und auch darin konnte ich nichts entdecken, was ich als Waffe hätte verwenden können. Rasch trat ich wieder zurück und wandte mich der zweiten Tür zu, als mich ein Geräusch hinter mir warnte. Ich wirbelte herum und sprang rasch zur Seite, und das war mein Glück. Motros war die Zeit offenbar zu lang ge worden, denn er war mir gefolgt, und das mit einer Lautlosigkeit, die ich diesem Rie sen nie zugetraut hätte. Wie die meisten Gei steskranken schien auch er äußerst mißtrau isch zu sein – nicht zu unrecht, wie ich zuge ben mußte … Er hatte zu einem mörderischen Schlag ausgeholt, der mich vermutlich mit gebro chenen Gliedern zu Boden geschmettert hät te, nun aber sein Ziel verfehlte. Es dröhnte laut, als seine Pranke wuchtig gegen das Ge häuse des Kartentanks schlug, der Wahnsin nige riß seine Hand zurück und stieß einen dumpfen Schmerzenslaut aus. Leider blieb das seine einzige Reaktion, und ich bedauerte das lebhaft. Einen Augen blick lang hatte ich gehofft, daß er sich die Hand gebrochen hatte, und daß ich nun eine Chance gegen ihn haben würde. Wenn er nur eine Hand benutzen konnte, wäre es mir durchaus möglich gewesen, ihn mit Hilfe ei niger Dagorgriffe zu besiegen. Doch seine Hand war ganz geblieben, aus der vermeintlichen Chance wurde nichts! Sein Mißgeschick hatte Motros nur noch mehr gereizt, und drohend kam er wieder auf mich zu. »Was wolltest du dort drin?« fragte er ge fährlich leise. »Du wolltest dir eine Waffe holen, um mich anzugreifen, wie? Pech ge habt, Vruumys – ich habe längst alles aus dem Weg geschafft, was du gegen mich ver wenden könntest!« Er griff nach mir, doch ich duckte mich unter seiner Pranke weg und schlüpfte hinter den Schreibtisch, wo ich für den Moment
33 vor ihm sicher war. »Du irrst dich, großer Motros!« behaupte te ich mit aller Festigkeit, die ich zuwege brachte. »Ich habe nichts dergleichen beab sichtigt, glaube mir. Ich wollte nur einmal … Nun, ich wollte zur Toilette! Das muß doch auch einmal sein, das wirst du doch wohl begreifen.« Zornig stand der Wahnsinnige vor dem Schreibtisch, seine kleinen Augen funkelten unheildrohend. Gehetzt sah ich mich nach einer weiteren Rückzugsmöglichkeit um, doch es gab keine! Wohin ich mich auch be wegen mochte, seine überlangen Arme konnten mich mühelos erreichen. Doch plötzlich änderte sich sein Gesichts ausdruck, und er lachte wieder einmal dröh nend auf. »Gut, Vruumys, ich will es dir glauben. Geh also und tu, was du tun mußt – aber dann ist endgültig Schluß mit deinen Eigenmächtigkeiten. Die Zeit drängt: also lasse ich nicht mehr mit mir spaßen!« Ich verließ meinen Platz hinter dem Tisch und bewegte mich wieder zu der zweiten Tür, hinter der sich auch tatsächlich eine sa nitäre Anlage befand, was mich in doppelter Hinsicht erleichterte. Doch es war nur eine kurze Galgenfrist. Drei Minuten später hatte mich Motros wie der am Wickel, und nun wurde es unwider ruflich Ernst für mich. Er forderte von mir nicht mehr und nicht weniger, als ihm in Dingen zu helfen, von denen ich nicht die geringste Ahnung haben konnte, weil ich nicht Vruumys war. Genau das wollte er mir nicht glauben, und vielleicht brachte er mich sogar einfach um, wenn nicht alles nach sei nen Wünschen verlief.
* Während er mich vor sich herschob und jede meiner Bewegungen mißtrauisch beob achtete, überlegte ich krampfhaft. Motros hatte nur sehr allgemein von Schwierigkei ten gesprochen, die es in der Stationszentra le gab, und ich bezog das selbstverständlich auf rein technische Probleme. Worin diese
34 bestanden, sollte ich offenbar erst an Ort und Stelle erfahren. Vermutlich, damit du dir nicht unterwegs schon eine Methode ausdenken kannst, um ihn hereinzulegen! mutmaßte mein Logik sektor. Du solltest aber trotzdem versuchen, ihn auszufragen, der kleinste Anhaltspunkt kann wertvoll sein. Ich versuchte es also, doch schon nach meinen ersten Worten stieß der Wahnsinni ge ein verächtliches Schnauben aus. »Für wie dumm hältst du mich eigentlich, Vruumys?« spottete er grinsend. »Nur noch eine Minute, dann wirst du wissen, worum es geht – und wehe dir, wenn du auch nur versuchen solltest, mich irgendwie zu über tölpeln …« Das war deutlich genug, und so zog ich es vor, zu schweigen. Über einen langen Gang und eine kurze Treppe gelangten wir in die endgültig unterste Etage dieses Felsenbaues, und von dort erklang das unverkennbare Grollen von Konvertern und Transformern, das aber zuweilen in der Intensität und Ton höhe zu schwanken schien. Wir betraten die Hauptzentrale, und nun war ich wirklich beeindruckt. Die aus dem Dunkeln kamen, hatten hier etwas geschaffen, das auch nach arkonidi schen Begriffen gewaltig war! Eine derarti ge Zentrale war zweifellos dazu geeignet, einen großen Teil des Planeten zu kontrollie ren, vielleicht sogar diese ganze Welt. Es war durchaus möglich, daß es woanders noch weitere Stationen gab, die mit dieser hier in Verbindung standen. Wenn es so war, dann mußte es auf die sem Planeten auch noch andere Angehörige von Vruumys Rasse geben, von denen ich Hilfe erwarten konnte. Diese Schwarzpelze würden vermutlich einiges dagegen haben, daß dieser Stützpunkt einfach durch den Wahnsinnigen Motros annektiert wurde. So fern es mir gelang, sie irgendwie von den Ereignissen hier zu verständigen, konnte ich bestimmt damit rechnen, daß sie zu meinen Gunsten intervenierten. Die Kommunikationsanlage im Arbeits-
Harvey Patton zimmer fiel mir ein, und ihre verschiedenar tigen Bildschirmsysteme. Sie deuteten dar auf hin, daß es sich dabei um eine Kombina tion verschiedener Funkanlagen handelte, die vielleicht sogar Verbindung mit anderen Planeten ermöglichte. Bestimmt war darun ter auch ein Telekom, der mir das Absetzen einer Nachricht an diese möglicherweise vorhandenen Schwarzpelze gestattete. Nun ärgerte ich mich nachträglich, daß ich mich zuvor ganz auf die Waffensuche konzentriert hatte, statt diese Gelegenheit wahrzunehmen. Bestimmt gab es eine feste Verkehrsfrequenz, ich hätte also gar nicht erst lange zu experimentieren brauchen, son dern nur einfach die Geräte einschalten müs sen. Das wäre der einfachste Ausweg aus meinem Dilemma gewesen. Nun, vielleicht ließ sich das noch nachho len. Es kam jetzt nur darauf an, das Mißtrau en des Wahnsinnigen so weit einzuschläfern, daß ich eine Gelegenheit erhielt, nochmals den Wohntrakt aufzusuchen. Mit diesem Ge danken tröstete ich mich und sah mich nun aufmerksam in der Zentrale um. Sie war so weiträumig, daß es unmöglich war, auf Anhieb einen Überblick zu erhal ten. Vermutlich nahm sie den gesamten In nenraum des Steilfelsens ein, der hier an der Basis breiter war als oben und etwa 500 Me ter Durchmesser haben mochte. Wie es die Schwarzpelze geschafft hatten, das Massiv so auszuhöhlen, daß seine Statik nicht beein trächtigt wurde, nötigte mir Bewunderung ab. Weit mehr staunte ich aber über die viel fältigen Maschinen und Apparaturen in die sem Mammuttraum. Haushohe Konverter, mit den entspre chenden Transformern, gekoppelt, nahmen den ganzen linken Teil der Riesenhalle ein. Ich zählte mindestens zwanzig dieser Aggre gate, zwischen denen emsig Roboter umher huschten und offenbar mit Wartungsarbeiten beschäftigt waren. Davor gab es zwei Rei hen von pyramidenförmigen Gebilden glei cher Anzahl, die offenbar mit ihnen in Ver bindung standen. Sie waren aus rötlichem
Kristalle des Todes Metall, etwa zehn Meter breit und hoch, und mit zahlreichen symmetrisch angeordneten Auswüchsen verschiedener Größe bedeckt, die sich zuweilen wie in einem bestimmten Rhythmus bewegten. Dann klang jedesmal ein heller singender Ton auf, der das Grollen der Krafterzeuger noch übertönte und fast schmerzhaft in die Ohren schnitt. Das gesamte Mittelteil dieser Halle wurde von langen Computerbänken eingenommen, denen vermutlich die Steuerung dieser Anla gen oblag. Auch hier standen Roboter und beobachteten mit ihren Sehorganen auf merksam das Spiel der Programmspulen und Kontrollinstrumente. Dann folgte eine breite Schneise, einer Straße vergleichbar, die mit zwei Laufbändern bedeckt war, die sich aber nicht bewegten. Sie ermöglichten es im Be darfsfall, rasch von einem Ende des giganti schen Raumes zum anderen zu gelangen, wozu man sonst bestimmt fünf Minuten Fußmarsch brauchen mußte. Zu ihrer Rechten erstreckten sich lange Reihen verschiedenartiger Maschinen in al len Größen und Formen. Alle waren in Be trieb, das bewiesen zuckende Kontrollampen und zitternde Skalenzeiger, aber mehr konn te ich nicht erkennen. Das verhinderte zum einen ihre Vielzahl, zum anderen die Tatsa che, daß sie so verkapselt waren, daß man von ihnen nicht mehr als das nackte Gehäu se sah. Das rötliche Metall herrschte überall vor. Ich schüttelte verwundert den Kopf. Hier lief doch alles in bester Harmonie, soweit ich das beurteilen konnte. Was konnte dann Motros zu der Annahme bewegen, daß es ir gendwelche Schwierigkeiten gab? Meine Kopfbewegung schien dem Wahn sinnigen mißfallen zu haben, denn er rea gierte darauf mit einem brutalen Stoß in meinen Rücken, der mich fast von den Bei nen riß. Ich stolperte einige Schritte vor wärts, und neue Schmerzen gesellten sich zu den alten, die kaum abgeklungen waren. Stöhnend fing ich mich dicht vor einer Ma schine ab, ehe sie mir zum Rammbock wer den konnte.
35 »Tu etwas, Vruumys!« brüllte mich Mo tros an, und seine Stimme übertönte selbst den Lärm in dieser Halle. »Ich werde dich bedenkenlos umbringen, wenn du dich wei gern solltest, mir die Kontrolle über diese Anlage zu verschaffen.« Ich glaubte ihm aufs Wort, nur begriff ich immer noch nicht, was er eigentlich mit sei nem Verlangen bezweckte. Wollte er, daß ich – der vermeintliche Vruumys – diese Anlagen irgendwie umprogrammierte, damit sie andere Aufgaben erfüllten? Etwas ande res konnte es wohl kaum sein. Dann fiel mein Blick jedoch auf die rech te Seitenwand der Halle, und plötzlich be gann ich zu verstehen. Dort befand sich das eigentliche Herz die ser Station! Ich sah eine regelrechte Kon trollwand mit mindestens zehn großen Com putern, und auch die Zwischenräume neben ihnen waren nicht leer. Dort war die mit ei nem Plastikstoff verkleidete Wand dicht an dicht mit weiteren Kontrollinstrumenten be deckt, die bis zu einer Höhe von zehn Me tern reichten. Ich sah eine sinnverwirrende Anzahl von verschiedenartigen Skalen, teils mit Zeigern, teils mit Flüssigkeitsanzeigen in verschiede nen Farben. Zwischen ihnen gab es Schalt bretter in der Größe von mehreren Quadrat metern, und auf ihnen unzählige Tasten, He bel und Knöpfe in den verschiedensten An ordnungen. Die meisten lagen so hoch, daß sie ein normaler Mann einfach nicht errei chen konnte, aber auch dafür war vorge sorgt. In jeweils zwei Meter Abstand gab es Kontursitze, die durch eine Hydraulik ausge fahren werden konnten, so daß jeder Punkt dieser Mammutschaltwand von ihnen aus er reichbar war. Offenbar wurde sie ausschließ lich manuell von den Insassen des Stütz punktes bedient, denn hier gab es keinen einzigen Arbeitsrobot. Doch ich sah auch noch mehr: Sämtliche Instrumente waren tot! Alle Schaltelemente befanden sich in Ruhestellung, kein einziger Zeiger rührte sich, auch die Computer stan den still. Auch die Kontrollichter, Oszillos
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und Bildschirme, die in reicher Fülle vor handen waren, waren ausnahmslos dunkel – die gesamte Kontrolle war außer Betrieb! Ich stöhnte wieder auf, diesmal aber vor Fassungslosigkeit. Das war es also, was der Wahnsinnige Motros von mir wollte … Er verlangte nicht mehr und nicht weni ger, als daß ich diese Unzahl der verschie denartigsten Kontrollen wieder zum Leben erwecken und nach seinen Bedürfnissen neu einsteuern sollte. Vruumys, der diese Anlage bestimmt genau gekannt hatte, hätte dazu vermutlich Tage gebraucht. Für mich, der nicht einmal ihre Elementarfunktionen be griff, kam das praktisch einer Lebensaufga be gleich! Resigniert drehte ich mich um und hob entsagend die Hände. »Ich kann das nicht!« sagte ich mit tonlo ser Stimme. »Das kann vermutlich niemand außer Vruumys, aber der ist tot …«
7. Grimmig funkelten die kleinen Augen des Riesen auf mich herab und ich duckte mich unwillkürlich, bereit, die Flucht vor ihm zu ergreifen. Doch nicht einmal das konnte mir gelingen, denn schon schossen seine Pran ken vor und hielten mich eisern fest. »Was flüsterst du da vor dich hin?« brüll te er mich argwöhnisch an. »Ich kann kein Wort verstehen, das du Schwächling von dir gibst – willst du etwa nicht?« Ich wollte etwas erwidern, doch er schleppte mich einfach davon. Einige Meter neben dem Eingang gab es eine kleine ver glaste Kabine mit einem Arbeitstisch, auf dem sich mehrere Stapel von Schreibfolien befanden, und er schleuderte mich durch die offene Tür hinein. Ich kam zu Fall und prallte mit der Brust platte hart gegen die Kante des Tisches, ehe ich mich abfangen konnte. Eine Welle von Schmerz raste durch meinen ohnehin schon gemarterten Körper, ich sackte zusammen und verlor das Bewußtsein. Als ich wieder zu mir kam, sah ich die
Pelzkleidung des Irren dicht vor mir und roch die unangenehme Ausdünstung, die ihr entströmte. Immerhin hatte Motros mich aufgehoben und in den Kontursitz gelehnt, der vor dem Tisch stand. Nun stand er breitbeinig vor mir, und als ich aufsah, begegnete ich sei nem mitleidlosen Blick. In ihm stand die grimmige Entschlossenheit, seinen Willen mit allen Mitteln durchzusetzen – hätte er mich nicht noch gebraucht, wäre ich jetzt bestimmt schon nicht mehr am Leben gewe sen. »So, Vruumys!« knurrte er, und nun be merkte ich, daß diese Kabine schallisoliert war, denn nur ein schwaches Säuseln der Maschinen drang zu uns herein. »Jetzt wird es ernst für dich – entweder du tust jetzt, was ich will, oder du wirst recht bald bereu en, überhaupt geboren worden zu sein …« Die sinnlose Wut des Hilflosen über mannte mich. »Ich bin nicht Vruumys!« schrie ich ihn an. »Ich habe dir das schon im Anfang be greiflich zu machen versucht, aber du hast ja nicht auf mich gehört. Vruumys ist tot, be greife das doch endlich! Er hat sich vergif tet, seine Leiche ruht jetzt auf dem Grunde des Blauen Ozeans.« Für einige Sekunden trat ein Ausdruck des Zweifels in seine Augen, aber gleich darauf gewann der Starrsinn seines verwirr ten Geistes wieder die Oberhand. Wieder einmal lachte er brüllend auf, doch es war ein bösartiges Gelächter ohne jeden Humor. Dann schüttelte er vorwurfsvoll den Kopf. »Glaubst du wirklich, durch derartige Lü gengeschichten deinen Kopf aus der Schlin ge ziehen zu können? Das könnte dir höch stens bei den Primitiven in Moltaphur gelin gen, aber nicht bei mir – der große Motros ist schlau, merke dir das! Du mußt einfach Vruumys sein, niemand sonst trägt den blau en Anzug der Raumfahrer. Außerdem habe ich genau beobachtet, wie du zielstrebig auf dein Schiff zugegangen bist, das hätte sonst niemand aus diesem Land getan. Willst du mir trotz dieser Beweise immer noch weis
Kristalle des Todes machen, daß du ein anderer bist?« »Ich habe die Wahrheit gesagt«, beharrte ich. »Vruumys selbst hat mir vor seinem To de gesagt, wo das Schiff zu finden ist, und der Anzug stammt ebenfalls von ihm. Ich kann dir einfach nicht helfen, weil ich von den Anlagen hier nicht das geringste verste he; wie sollte ich dann damit fertig werden? Ich stamme überhaupt nicht von dieser Welt – ich bin ein Fremder aus einer anderen Di mension, die dir völlig unbegreiflich ist.« Urplötzlich ging mit dem Riesen eine Veränderung vor sich. Er gab seine drohen de Haltung auf, lehnte sich gegen die Tür der Kabine und schien vollkommen verges sen zu halben, wie eilig es ihm gerade noch gewesen war, mich an die Arbeit zu treiben. Ein Ausdruck gespannter Erwartung trat in sein Gesicht, und er strich sich sinnend über den langen Bart. »So ist das – du willst behaupten, daß es etwas gäbe, das ich nicht verstehen kann? Da befindest du dich aber in einem gewalti gen Irrtum; es gibt nichts, das der große Mo tros nicht begreifen kann, merke dir das! Gut, erzähle mir deine Geschichte, dann se hen wir weiter.« Ich atmete auf, denn es schien plötzlich, daß er – vielleicht infolge eines lichten Au genblicks – vernünftigen Argumenten doch nicht ganz unzugänglich war. Natürlich konnte ich ihm nicht alles sagen, aber ich wollte wenigstens versuchen, ihm eine Schilderung zu geben, die so einleuchtend wie möglich war. So begann ich damit und richtete mich dabei weitgehend nach den Stichworten, die mir mein Logiksektor gab. Ich sprach etwa eine Viertelstunde, dann lehnte ich mich erschöpft zurück. Meine Worte waren so eindringlich wie möglich gewesen, aber ich hatte nicht erkennen kön nen, ob mir der Wahnsinnige glaubte. Sein rundes Gesicht war die ganze Zeit über voll kommen ausdruckslos geblieben und auch seinen Augen hatte ich nichts entnehmen können, da er sie so zusammenkniff, daß sie völlig unter den großen Brauen verschwun den waren.
37 Als er sie wieder öffnete, begriff ich, daß meine ganzen Bemühungen vergeblich ge wesen waren … Ich fand in ihnen nicht die geringste Spur von Verständnis, dafür aber jenes bösartige Funkeln wieder, das ich nun schon so gut kannte. Schon seine ersten Worte bekräftig ten diesen Eindruck voll und ganz. »Du bist ein ganz unverschämter Lügner, Vruumys!« grollte es unter seinem Bart her vor. »Ich habe schon früher gehört, daß ihr Raumfahrer viele phantastische Geschichten erzählen könnt, aber diesmal hast du des Gu ten zuviel getan. Eine Welt, in der alles so groß ist, daß ihre Lebewesen uns nicht ein mal wahrnehmen können – das ist einfach der Gipfel! Da kann ich nur laut lachen …« Er tat es ausgiebig, und dann schoß seine tellergroße Rechte auf mich zu und riß mich von dem Kontursitz. »Genug gelogen, Vruumys – ich habe dir zugehört, weil ich im Grunde gutmütig bin, aber nun hat meine Geduld ein Ende. Du wirst jetzt sofort damit beginnen, die Kon trollwand zu aktivieren, ob du willst oder nicht, verstanden?« Wut flammte in mir auf. Wie von selbst griffen meine Hände nach dem Arm, mit dem er mich hielt, und ich legte alle meine Kraft in einen Dagorgriff, der einem normalen Mann glatt die Knochen gebrochen hätte. Es war ein Versuch am un tauglichen Objekt, das bemerkte ich schon nach der ersten Sekunde … Der Arm des Riesen war so stark, daß ich ihn mit beiden Händen nicht umspannen konnte, und seine Muskulatur war hart wie bester Arkonstahl! Ich konnte es anfangen, wie ich wollte, es gelang mir einfach nicht, mein Vorhaben in die Tat umzusetzen. Rasch änderte ich meine Taktik, wich zum Schein zurück und riß das rechte Bein mit aller Kraft hoch. Es war ein gemeiner Tritt, den ich ihm zu gedacht hatte, aber meine Enttäuschung war so groß, daß ich absichtlich alle Fairneß au ßer acht ließ. Ich ging mit dem Mut der Ver zweiflung gegen ihn an, mit dem festen Vor
38 satz, hier und jetzt eine Entscheidung her beizuführen. Doch die besten Vorsätze können nichts nützen, wenn ihnen die Tücke des Objekts entgegensteht … Motros war durch meine Schnelligkeit vollkommen überrascht worden, und fast hätte ich auch Erfolg gehabt. Aber eben nur fast – mein Fuß verfing sich in dem herab hängenden Pelzwerk, ehe er sein Ziel treffen konnte! Ich verlor dadurch den Halt, stürzte nach hinten und schlug zur Abwechslung einmal mit dem Rücken kräftig gegen den Arbeitstisch. Die Hartplastikplatte dröhnte dumpf auf, eine Anzahl von Schreibfolien machte sich selbständig und segelte nach allen Seiten da von. Hilflos hing ich halb in der Luft – dann gab der Pelz mit einem fetzenden Geräusch nach, mein Fuß kam wieder frei, und ich schlug schwer zu Boden. Es war aus, ehe es noch richtig begonnen hatte. Der Wahnsinnige reagierte in der für ihn typischen Art. Er nahm mir diesen Über rumplungsversuch nicht einmal sonderlich übel, sondern begann grölend zu lachen, so daß die Wände der Kabine erzitterten. Doch genauso abrupt brach das Gelächter wieder ab, und dann wurde ich brutal hochgerissen. »Das solltest du besser nicht noch einmal versuchen, Kleiner!« kam es gefährlich sanft von den Lippen des Riesen. »Gegen den großen Motros kommst du doch nicht an, du tust dir nur selbst weh dabei, und das ist dumm von dir. Vergiß nicht, daß ich dich noch brauche, und zwar sofort.« Er riß die Tür auf, und sofort drangen wieder die vielfältigen Maschinengeräusche herein, doch seine Stimme übertönte sie mü helos. »An die Arbeit, Vruumys – jetzt ist es mit deinen Mätzchen endgültig vorbei.« Ich resignierte endgültig. Natürlich nicht in Wirklichkeit, sondern nur zum Schein, aber es gelang mir überzeugend, den völlig geschlagenen Mann zu spielen. Die Bestäti gung gab mir der Gesichtsausdruck des Rie sen, in dessen Zügen der offene Triumph ge-
Harvey Patton schrieben stand. Jetzt war ich soweit – glaubte er! Genau das hatte ich erreichen wollen.
* Scheinbar völlig willenlos stolperte ich dahin. Der Wahnsinnige Motros schob mich un geduldig an der Kontrollwand entlang, auf ihre Mitte zu, wo sich das Hauptschaltpult befand. Wir hatten aber erst etwa zwanzig Meter zurückgelegt, als sich plötzlich ein fremder Ton in das Arbeitsgeräusch der großen Aggregate zu mischen begann. Es wurde unregelmäßig und begann un rhythmisch zu schwanken, wie schon früher einmal, ehe wir diese Halle betreten hatten. Diesmal war die Unregelmäßigkeit aber stärker und hielt auch länger an. Plötzlich begann auch das Licht der Kunstsonnen un ter der Decke an Intensität zu verlieren und zu schwanken, und das rief die Arbeitsrobo ter auf den Plan. Alle, die ich sehen konnte, verließen ihre Plätze vor den Steuercomputern und anderen Anlagen, wobei sie eine geradezu unglaubli che Geschwindigkeit entwickelten. Sie ra sten auf den Komplex der Konverter und Transformer zu und waren innerhalb weni ger Sekunden zwischen diesen verschwun den. Ich sah Motros an und bemerkte erst mals einen Ausdruck der Nervosität auf sei nem groben Gesicht. »Tu etwas, Vruumys!« herrschte er mich an. »Es ist schließlich deine Station. Willst du, daß sie der Zerstörung ausgeliefert wird? Vielleicht schenke ich dir sogar das Leben, wenn du alles zu meiner Zufriedenheit re gelst.« »Zu gütig, großer Motros«, sagte ich sar kastisch, doch er schien diesen Unterton überhaupt nicht zu bemerken. Was ich von solchen Versprechungen aus seinem Munde zu halten hatte, war mir sonnenklar. Wir setzten uns wieder in Bewegung, und ich sah vorsichtig nach links, um mich mög lichst genau über die Anordnung der vielfäl
Kristalle des Todes tigen Maschinen zu informieren. Sie sollten noch eine Hilfsfunktion erfüllen, sobald mein rasch improvisierter Plan zur Durch führung kam. Die passende Gelegenheit da zu wollte ich mir schon irgendwie schaffen. Die Bemühungen der Roboter schienen Erfolg zu zeitigen, denn schon nach kurzer Zeit normalisierte sich die Lage wieder. Die Kunstsonnen erstrahlten in alter Helligkeit, die Konverter und Transformer liefen ruhig und gleichmäßig wie zuvor. Allerdings fiel mir auf, daß die von ihnen verursachten Ge räusche nun um einiges leiser geworden wa ren. Mindestens zehn Prozent müssen stillste hen! schlußfolgerte mein Logiksektor. Für eine Reparatur dieser Anlagen war die Zeit viel zu kurz, also haben die Robots sie ein fach abgeschaltet. Obendrein scheint hier die Koordination nicht mehr zu funktionie ren, weil die Regulierung durch die Haupt kontrolle fehlt. Auch Motros war offenbar zu einem ähn lichen Schluß gekommen, denn er wurde noch ungeduldiger. Er hob mich einfach hoch und schleppte mich im Laufschritt zum Hauptkontrollpult, wo er mich wie einen Sack in den Kontursitz davor warf. »Beseitige die Sperrschaltung!« forderte er kategorisch und funkelte mich drohend an. »Es hat mich Mühe genug gekostet, die sen Stützpunkt in meinen Besitz zu bringen, und nun will ich ihn auch behalten. Mit sei ner Hilfe werde ich diese Welt beherrschen, ich werde der Größte sein!« Ich nickte kurz, allerdings nicht zum Ein verständnis. Mir war vielmehr klar gewor den, worin der geistige Defekt dieses barba rischen Riesen bestand: Es war – vielleicht noch mit einigen Nebenkomponenten – sch licht und einfach Größenwahn. Wohin dieser führen konnte, wußte ich aus Erfahrung, und vor allem schloß er jede Rücksichtsnahme auf andere aus! Wie eifrig überlegend sah ich auf die un zähligen Instrumente vor mir. Daß ich hier nichts ausrichten konnte, war mir von vorn herein klar, denn sie waren mir noch weit
39 fremder als dem Wahnsinnigen. Wenn Vru umys hier eine Sperrschaltung angebracht hatte, war sie garantiert so gut verborgen, daß ich tagelang nach ihr suchen konnte, zu mal ich nicht den geringsten Anhaltspunkt besaß. Natürlich hütete ich mich, Motros das zu sagen. »Hier ist nicht die richtige Stelle«, be hauptete ich kurz entschlossen; ich mußte brüllen, um mich verständlich machen zu können. »Eine derartige Schaltung muß man immer dort unterbringen, wo sie niemand vermuten würde, großer Motros. Dafür habe ich folglich einen ganz unverdächtigen Ort ausgesucht.« Ich deutete auf einen der Steuercomputer jenseits der Laufbandstraße, dessen Standort meinen Plänen am besten entsprach. »Dort ist es! Sobald ich an diesem Com puter eine ganz bestimmte Taste betätige, wird die Sperre augenblicklich aufgehoben. Du brauchst dann nur noch diesen Schalter hier zu betätigen, und sofort wird die Kon trollwand aktiviert.« Dabei wies ich auf einen besonders ein drucksvoll wirkenden Schalter im Mittel punkt des Instrumentenbretts, der zudem noch rot umrandet war. Motros folgte mei nem Fingerzeig mit gierigen Blicken, er glaubte sich nun offenbar endgültig am Ziel seiner Wünsche. Er selbst hob mich aus mei nem Sitz und schob mich auf den Computer zu, natürlich mit dem üblichen groben Schwung. Das kam mir sehr gelegen! Ich lief auf den Automaten zu, übersprang die Laufbän der und wurde dabei immer schneller. Doch ich hielt nicht vor dem Computer an – ich rannte an ihm vorbei, schwenkte dann scharf nach links und verschwand zwischen den in der gleichen Reihe befindlichen Apparaturen … Die Distanz bis dorthin betrug bestimmt siebzig Meter, und doch glaubte ich trotz dem über sie hinweg das aus Wut und Ent täuschung gemischte Gebrüll des Wahnsin nigen zu hören. Ich grinste kurz, stoppte meinen Lauf ab und bewegte mich vorsich
40 tig weiter, immer auf gute Deckung bedacht. Mein Plan schien aufzugehen. Ich war sicher, daß Motros mir folgen würde, aber das würde gar nicht so einfach für ihn sein. Gerade kamen nämlich die Ar beitsroboter an ihre Plätze zurück, diesmal aber wesentlich langsamer als auf dem Hin weg. Sie mußten ihn für einige Zeit aufhal ten oder zumindest ablenken, und bis dahin hoffte ich ihm entkommen zu sein. Bald schon begann ich zu keuchen, und die Schmerzen in allen nur möglichen Kör perteilen erinnerten mich an die Strapazen der letzten Tage und Stunden. Doch ich gab nicht auf, sondern rannte weiter, auf den Ausgang des Saales zu. Ich rechnete damit, daß der Wahnsinnige Motros meine Spur verlieren und mich dar aufhin wie wild zwischen den Anlagen der Halle suchen würde, in der es zahlreiche Möglichkeiten zum Verstecken gab. Ich dachte aber nicht im Traum daran, ihm die sen Gefallen zu tun, sondern spurtete auf den Ausgang des Raumes zu. Ihn zu errei chen, war der einzige Sinn meines verwege nen Laufes. Meine Absicht war, in Vruumys' Räume zu gelangen, dort die Kommunikationsanla ge zu aktivieren und einen Hilferuf zu sen den. Dann konnte ich mich in die dunklen Sektoren weiter oben zurückziehen, mich dort irgendwo verbergen und abwarten, bis Hilfe durch die Rassegefährten des Schwarzpelzes kam. Sie konnten dann all das erledigen, wozu ich selbst nicht imstan de war. Daß sie, gewarnt und entsprechend bewaffnet, auch mit diesem Riesen fertig werden würden, war so gut wie sicher. Auch ich war meiner Sache sicher – zu si cher, wie sich gleich darauf herausstellte … Natürlich war ich nicht geradeaus gelau fen, sondern hatte mich weiter rechts gehal ten, wo mir die rötlichen Metallpyramiden eine weit bessere Deckung boten. Ich warf einen letzten Blick zurück, konnte Motros aber nirgends entdecken. Vermutlich suchte er mich noch zweihundert Meter weiter hin ten, und dort konnte er lange suchen.
Harvey Patton Nur noch zwanzig Meter trennten mich von der Treppe, die nach oben führte. Ich aktivierte meine letzten Reserven und rannte auf sie zu – doch dann stoppte ich meinen Lauf abrupt, denn im gleichen Moment tauchte der Wahnsinnige kaum zehn Meter links von mir auf! Seine unförmigen Hände hielten einen Paralysator, und dessen Lauf zielte genau auf mich. »Du wolltest mich überlisten, Vruumys?« grinste er faunisch. »Das war wirklich dumm von dir, du hättest längst einsehen sollen, daß dir der große Motros in allem überlegen ist! Jetzt bekommst du deine Stra fe …« Der Lähmstrahler zischte auf, und augen blicklich verlor ich die Gewalt über meine Glieder. Haltlos stürzte ich zu Boden, am ganzen Körper gelähmt; nur das motorische Nervensystem und meine Sinnesorgane funktionierten noch. Allerdings nicht mehr lange, denn Motros ging nicht eben sanft mit mir um. Er nahm mich auf und warf mich über seine Schulter, und dabei prallte mein Kopf unsanft gegen den seinen. Das war zuviel für mich – ich bemerkte gerade noch, daß er mich zurück in die Halle trug, dann schwanden mir die Sinne.
8. Das Erwachen war mehr als nur unange nehm für mich. Ein schmerzhaftes Ziehen und Kribbeln ging durch all meine Glieder, ein untrügli ches Zeichen dafür, daß die Lähmung eben zu weichen begann. Zugleich sagte es aber auch aus, daß inzwischen ungefähr drei Stunden vergangen waren. Motros hatte wohl mit einem Fächerstrahl geschossen, da für aber mit voller Leistung des Paralysators und auf kurze Entfernung, und danach ließ sich die seitdem verstrichene Zeit ziemlich genau abschätzen. Meine Ohnmacht konnte allerdings nicht so lange gedauert haben. Vermutlich war sie direkt in einen Erschöpfungsschlaf überge
Kristalle des Todes gangen, aus dem mich nun die Schmerzen der abklingenden Paralyse geweckt hatten. Ich versuchte mich zu bewegen, um die Blutzirkulation anzuregen, aber noch war mir das nicht möglich; ich konnte noch nicht einmal wieder die Lider öffnen. So be schränkte ich mich darauf, die altbewährte Atemtechnik anzuwenden, die in solchen Fällen angebracht war. Erst dann wandte sich mein Interesse wie der meiner Umgebung zu, die ich naturge mäß vorerst nur akustisch wahrnehmen konnte. In diesem Moment fiel mir erstmals auf, daß es rings um mich relativ still war. Anfangs vermutete ich, der Wahnsinnige Motros hätte mich wieder in die Arbeitska bine gebracht, doch ich mußte diese Ansicht gleich darauf revidieren. Bei geschlossener Tür wäre es darin wesentlich stiller gewe sen, bei geöffneter erheblich lauter. So kam ich schließlich zu dem einzig richtigen Schluß. Ein großer Teil der technischen Anlagen in dieser Halle arbeitete nicht mehr! Nur so konnte es sein, anders war nicht zu erklären, worauf das Nachlassen des Maschinenlärms zurückzuführen war. Woran mochte es liegen? Das Schmerzgefühl in meinen Gliedern wurde noch stärker, doch ich zwang mich dazu, es zu ignorieren und dachte intensiv nach. Daß der Irre einen Teil der Anlagen abgeschaltet hatte, erschien mir ausgespro chen unglaubhaft. Er war im Gegenteil sehr daran interessiert, daß hier alles reibungslos weiterlief und die restliche Kontrolle über den Stützpunkt in seine Hände kam. Es blieb also nur noch eine zweite Mög lichkeit: Die schon früher aufgetretenen De fekte an verschiedenen Aggregaten mußten in der Zwischenzeit erheblich größere Aus maße angenommen haben! Eine ganze An zahl von ihnen schien ausgefallen zu sein, nur die Ursache dafür blieb mir unerklärlich. Ob das allein auf die fehlende Koordinati on infolge der durch die Sperrschaltung lahmgelegten Kontrollwand zurückzuführen war?
41 Unwahrscheinlich! erklärte mein Logik sektor sofort. Die Anlagen haben zuvor auch reibungslos gearbeitet, obwohl Vruumys sich schon seit Tagen nicht mehr in der Sta tion aufhielt. Die Roboter besitzen zweifellos eine Programmierung, die sie dazu befähigt, kleine Defekte selbständig zu beheben, dazu sind sie schließlich da. Es muß sich um ganz erhebliche Störungen handeln, andernfalls wären sie damit fertig geworden. Das war zweifellos richtig. Vielleicht hätten die Roboter erheblich mehr tun können, aber dazu wäre mit Si cherheit eine viel weitergehende Program mierung nötig gewesen. Diese ließ sich ver mutlich von dem zentralen Kontrollpunkt aus durchführen, doch dieser war durch die Sperrschaltung lahmgelegt. Es war also gut möglich, daß sich die begonnene Entwick lung ungehemmt weiter fortsetzte, daß sie wie eine Kettenreaktion nach und nach auf alle Anlagen übergriff. Was mochte wohl aus diesem Stützpunkt werden, wenn die ihn versorgenden Maschi nen allmählich ausfielen …? Bei diesem Gedanken begann ich mich unbehaglich zu fühlen. Ich befand mich schließlich auch darin, sogar in der untersten Etage! Aus ihr konnte man nur nach oben hin entkommen – aber wie sollte das gelin gen, wenn die Anlagen der Reihe nach ihren Geist aufgaben? Die Belüftungsanlagen mußten versagen, doch das wäre noch nicht weiter schlimm gewesen. In dieser Felsenburg hielten sich nur relativ wenige Sauerstoffverbraucher auf, die Atmosphäre mußte noch für lange Zeit atembar bleiben. Erheblich hindernder mußte sich dagegen ein Ausfall der Anti gravschächte auswirken, der dazu zwang, den ganzen Weg bis zur Oberfläche des Steilfelsens zu Fuß zurückzulegen. Wozu das führte, hatte sich bereits ge zeigt, als ich zusammen mit Grek 3 durch die vielfältigen Labyrinthe der Station geirrt war. Wenn dann noch zusätzlich die. Be leuchtung ausfiel, mußte das Chaos voll kommen sein!
42 Allmählich ließen die Schmerzgefühle nach, es konnte sich jetzt nur noch um Mi nuten handeln, bis ich die Gewalt über mei nen Körper zurückerhielt. Erst zu diesem Zeitpunkt dachte ich wieder an den Wahn sinnigen Motros. Wo mochte er sich jetzt befinden? Er hat te sich in den inzwischen vergangenen Mi nuten in keiner Weise bemerkbar gemacht. War er noch hier unten und vielleicht ver zweifelt damit beschäftigt, irgendwie die volle Kontrolle über den Stützpunkt zu er langen? Oder hatte er inzwischen das Ver gebliche seiner Bemühungen eingesehen und war zu den gleichen Schlußfolgerungen wie ich gekommen? Er hatte schließlich aus reichend bewiesen, daß er auf vielen Gebie ten durchaus klar zu denken verstand. Vielleicht hatte er inzwischen das Aus sichtslose seines Beginnens eingesehen und den Weg nach oben angetreten, um wenig stens sein Leben in Sicherheit zu bringen. Dann lag ich jetzt allein hier unten inmitten einer versagenden Maschinerie, in einem Stützpunkt gefangen, der mir zur Todesfalle werden mußte … Panische Furcht ergriff mich, denn ich wollte noch nicht sterben! Ich hatte noch so große Pläne! Sollte das alles hier enden, auf einer Welt des Mikrokosmos, die vom Nor maluniversum aus nicht einmal zu erahnen war? Mit aller Gewalt versuchte ich mich zu bewegen, doch dazu war es noch zu früh. Ich spürte meinen Körper bereits wieder ganz, es fehlte nur noch eine letzte Kleinig keit, um ihn kontrollieren zu können. Laut los fluchte ich vor mich hin, das brachte mir wenigstens ein wenig Erleichterung. Ich empfand es fast wie eine Erlösung, als ich dann plötzlich einen harten Stoß in die Seite erhielt. Der Wahnsinnige war noch da. »Wach endlich auf, Vruumys!« dröhnte seine Stimme an meine Ohren. »Wenn du nicht bald eingreifst, wird hier alles zum Teufel gehen, und dann bist du genauso ver loren wie ich!«
Harvey Patton
* Seine Worte klangen so drohend wie im mer, doch ich hörte auch einen unverkenn baren Unterton echter Besorgnis heraus. Das gab mir zu denken. Anscheinend hatten sich während meines Paralyseschlafs hier im Stützpunkt Dinge er eignet, von denen ich nichts ahnte, die aber noch weit bedrohlicher sein mußten, als ich angenommen hatte. Die Tatsache allein, daß eine Reihe von Maschinen ihren Dienst ver sagten, konnte nicht der Grund für eine so tiefgehende Sorge sein. Schließlich glaubte Motros noch immer, ich wäre Vruumys und hätte es in der Hand, durch Manipulationen an der Kontrollwand Ordnung zu schaffen. Auch das ging aus seinen Worten hervor. Ich wollte seiner Forderung entsprechen, nahm alle meine Kräfte zusammen und ver suchte, meine Glieder zu bewegen. Aufat mend konnte ich registrieren, daß ich nun immerhin schon die Zehen und Finger rüh ren konnte. Nach diesem Anfang konnte es nur noch wenige Minuten dauern, bis ich meinen Körper wieder unter Kontrolle be kam. Als nächstes wich die Starre auch von meinem Kopf. Ich schlug die Augen auf und versuchte meine Umgebung zu erkennen, doch das gelang mir noch nicht. Ich sah nur eine vage Mischung aus Hell und Dunkel, in der sich undeutlich die Konturen des vor mir stehenden Riesen abzeichneten. Dafür ge horchten mir aber meine Stimmbänder be reits wieder, so daß ich mich ihm wenigstens verständlich machen konnte. »Nur noch kurze Zeit, Motros«, krächzte ich undeutlich, denn mein Hals war voll kommen trocken. Doch schon diese kurzen Worte schienen ihn sehr zu erleichtern, denn daraufhin stieß er wieder einmal sein Wahn sinnslachen aus. Dann aber tat er etwas, mit dem ich nie gerechnet hätte: Er beugte sich zu mir nie der, hob meinen Kopf an und gab mir eine aromatisch schmeckende, offenbar alkohol
Kristalle des Todes haltige Flüssigkeit zu trinken. Vermutlich hatte er inzwischen eingesehen, daß er im Grunde selbst die Schuld an der Eskalation der Dinge in der Station trug. Schließlich hätte es genügt, daß er auf meine Beine ziel te, um mich auszuschalten, statt mich völlig bewegungsunfähig zu machen. Zumindest von seinem Standpunkt aus, denn objektiv gesehen hätte das an der Lage natürlich nichts geändert. Ich konnte ihm in keiner Weise helfen, denn ich war ja nicht Vruumys! Immerhin hätten die inzwischen nutzlos verstrichenen Stunden zweifellos dazu ausgereicht, ihm diese Tatsache begreiflich zu machen, so daß er uns beide hätte aus der Station und in Sicherheit bringen können. Glaubst du wirklich daran? flüsterte mir mein Extrasinn zu. Weit eher ist anzuneh men, daß er in seiner Enttäuschung ganz an ders reagiert hätte – er hätte nur an sich selbst gedacht, dich jedoch hilflos hier zu rückgelassen … Ich reagierte nicht auf diese Bemerkung, obwohl ihr Wahrscheinlichkeitsgrad sehr hoch lag, denn es gab jetzt wichtigere Dinge für mich. Verbissen kämpfte ich darum, die Herrschaft über meinen Körper zu erlangen, und das gelang mir nun in erstaunlich kurzer Zeit. Ich fühlte, wie meine Kräfte fast schlagartig zurückkehrten, setzte mich auf und sah mich aufmerksam um. Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag. Hier waren weit schlimmere Dinge ge schehen, als ich sie mir selbst in den wilde sten Phantasien hätte ausdenken können! Es konnte für mich nun nicht den geringsten Zweifel mehr geben, daß dieser Stützpunkt unwiderruflich dem Untergang geweiht war. Wenn die Entwicklung im gleichen Tempo voranging wie bisher, würde in einer Stunde von dieser Zentrale so gut wie nichts mehr übrig geblieben sein … Ein unheimlicher Prozeß hatte eingesetzt und inzwischen schon weit um sich gegrif fen: Die Aggregate, Maschinen, Computer und sonstigen Anlagen lösten sich auf! Sie versagten nicht nur einfach ihren Dienst –
43 sie zerbröckelten förmlich, fielen in sich zu sammen und wurden zu Staub. Der Zerfall mußte bereits vor längerer Zeit begonnen haben, hatte aber offenbar im Anfang nur verhältnismäßig geringe Aus wirkungen gezeitigt. Sein Herd mußte ir gendwo in einem entfernten Winkel der Hal le gelegen haben, wo es nur verschiedene unwichtige Anlagen gab. Der Wahnsinnige Motros hatte in seinem Triumphgefühl, das der Erringung der Herrschaft über den Stütz punkt galt, zuerst wahrscheinlich gar nicht darauf geachtet. Die Zentrale war riesig, und zudem hatte wohl sein Hauptaugenmerk dar auf gelegen, mich, den vermeintlichen Vruu mys, in seine Gewalt zu bekommen. Diese Gedanken gingen durch meinen Kopf, während ich wie benommen auf das Chaos starrte, das sich meinen Blicken bot. Was war nur innerhalb weniger Stunden aus dieser zuvor so gewaltigen Anlage ge worden …? Mindestens vier Fünftel der riesigen Kon verter und der dazu gehörigen Pyramidenge bilde existierten nicht mehr, und auch die Steuercomputer davor hatten sich mit ihnen aufgelöst. Doch nicht nur sie waren von der Zerstörung betroffen – diese hatte sich längst über die Schneise mit den Laufbän dern hinweg fortgesetzt! Auch die langen Reihen der davor befindlichen Maschinen waren ihr bereits zum Opfer gefallen, und sie fraß sich unaufhaltsam weiter auf die Kontrollwand zu. Die Arbeitsroboter hatten zweifellos ihr Bestes getan, um zu retten, was zu retten war, doch diesen unheimlichen Vorgängen standen sie naturgemäß hilflos gegenüber. Sie hatten die von der Auflösung befallenen Maschinen ausgeschaltet und zu reparieren versucht, aber damit natürlich nichts errei chen können. Noch jetzt rollten sie in einem hektisch anmutenden Eifer zwischen den noch unbeschädigten Maschinen umher, doch ihre Zahl hatte merklich abgenommen. Offenbar griff der Zerfall wie eine Infektion auch auf sie über, sobald sie einmal mit der sich auflösenden Materie in Berührung ge
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kommen waren. Diese Annahme fand gleich darauf ihre Bestätigung. Beinahe fasziniert sah ich zu, wie eines der Maschinenwesen kaum fünfzig Meter von uns entfernt plötzlich stehenblieb und innerhalb weniger Sekunden einfach ausein anderfiel. Der Prozeß mußte schon früher eingesetzt haben, hatte nun auf die wichti gen Teile des Roboters übergegriffen und daraufhin eine wesentliche Beschleunigung erfahren. Vermutlich dann, als er die Energie-Zel len des Robots erreicht hatte! informierte mich mein Logiksektor. Energie scheint sich auf diesen Vorgang irgendwie stimulierend auszuwirken, deshalb schreitet der Zerfall in den energetisch neutralen Zonen nur relativ langsam fort. Ich schenkte dieser Erklärung kaum Auf merksamkeit, denn in diesem Moment zuck te wie ein Blitz eine neue Erkenntnis durch mein Hirn. Bisher hatte ich nicht weiter auf die Be schaffenheit der Überreste der zerstörten Anlagen geachtet, doch nun konnte ich es genau sehen: Der Roboter zerfiel in ein Häufchen glitzernder Kristalle, die eine ver zweifelte Ähnlichkeit mit jenen Bruch stücken besaßen, die ich schon früher einmal gesehen hatte – in der Glassteppe von Mol taphur! Konnte es hier irgendwie einen Zusam menhang geben? Ich kam nicht mehr dazu, darüber nachzu denken, denn nun wurde der Wahnsinnige Motros wieder aktiv. In einer Anwandlung von Großmut hatte er mir eine kurze Zeit der Erholung gegönnt, aber jetzt spürte ich wie der seine riesige Pranke im Genick, die mich unerbittlich vorwärtsschob. »Komm, Vruumys, beginn dein Werk!« grollte er. »Entweder tust du jetzt freiwillig, was ich verlange, oder ich werde dich dazu zwingen – du hast die Wahl.«
9.
Auf dem Weg an der Kontrollwand ent lang hatte ich Gelegenheit, mich eingehend umzusehen, und nun erkannte ich erst das volle Ausmaß der Zerstörungen. Dort, wo noch Stunden zuvor gewaltige Maschinenblöcke hoch aufgeragt hatten, war jetzt nichts mehr! Über achtzig Prozent aller Anlagen waren bereits zerstört, der Blick ging ungehindert bis zur jenseitigen Wand der riesigen Halle. Nur flache, kaum meter hohe Haufen kristalliner Materie glitzerten im immer schwächer werdenden Licht der Kunstsonnen. Ein wahres Wunderwerk der Technik ver ging unter einem rätselhaften Einfluß, und dieser Prozeß setzte sich schnell immer wei ter fort. Eine grelle Leuchterscheinung ließ mich rückwärts blicken, und ich sah, wie ge waltige Blitze aus einem der noch arbeiten den Konverter zuckten. Dann verstummte sein Arbeitsgeräusch, und gleichzeitig mit dem Verlöschen der Entladungen begann sich sein Gehäuse zu verändern. Die rötliche Färbung wich einem silbrigen Glanz, und dann stürzte das ganze haushohe Gebilde haltlos in sich zusammen. Eine Wolke blit zender Kristalle wirbelte auf und fiel dann mit leise klirrendem Geräusch zu Boden. Auch Motros hatte es gesehen, und seine Schritte wurden noch schneller. Zum zwei tenmal landete ich in dem Kontursitz vor dem Hauptschaltpult, diesmal aber etwas sanfter. Der Riese hatte bemerkt, daß ich noch nicht wieder im Vollbesitz meiner Kräfte war, folglich behandelte er mich nun erheblich rücksichtsvoller. »Anfangen!« forderte er kategorisch, und seine Hand wies auf das Pult. Sein Gesicht war verzerrt, große Schweißtropfen rannen von seinem kahlen Kopf aus über die feisten Wangen und versickerten in dem struppigen Bart. Jeder andere Mann hätte das Aus sichtslose dieser Situation eingesehen und versucht, wenigstens sein Leben zu retten, doch er war in seinem Wahn keiner, solchen Einsicht fähig. Ich fühlte mich nun wieder wohl, die Aus wirkungen der Lähmung waren überwun
Kristalle des Todes den. Dazu hatte neben dem Schlaf wohl auch die Flüssigkeit beigetragen, die Motros mir eingeflößt hatte, sie schien stimulierende Wirkstoffe enthalten zu haben. Doch was konnte mir das nützen, wenn ich bald zu sammen mit der Station zugrunde ging? Es mußte mir einfach gelingen, den Wahnsinni gen umzustimmen, ehe es endgültig zu spät war. Er sah mich grimmig an, und ich gab sei nen Blick fest und nicht weniger entschlos sen zurück. Langsam schüttelte ich den Kopf. »Ich kann nichts tun, Motros, sieh das doch endlich ein! Ich habe dir meine Ge schichte erzählt und ich schwöre dir, daß sie Wort für Wort wahr ist. Es gibt keinen Vru umys mehr – wenn ich es wäre, hätte ich be stimmt nicht gezögert, diesem Verfall Ein halt zu gebieten. Nur eine schleunige Flucht kann uns noch helfen, und deshalb rate ich dir …« Meine Worte gingen in einem ohrenbe täubenden Wutgebrüll unter. Der Wahnsinnige schien förmlich zu ex plodieren. Ein Ausdruck von Haß und Wut verzerrte seine Züge, seine Pranken legten sich um meinen Hals und begannen mich zu würgen. Mir blieb die Luft weg, und ich sah rote Ringe vor den Augen, doch ich verfiel trotzdem nicht in Panik. Meine Hände such ten und fanden die seinen, ich griff mit aller Gewalt zu und es gelang mir, einige seiner Finger nach außen zu biegen. Das half, zu mindest für den Augenblick. Motros riß seine Pranken zurück und brüllte erneut, diesmal aber vor Schmerz. Fast ungläubig starrte er auf seine Finger, und in diesem Augenblick hätte ich einen zweiten Fluchtversuch wagen können, so konsterniert war er. Vermutlich war es das erstemal, daß ihm ein anderes Wesen nen nenswerte Schmerzen zugefügt hatte, und das schien ihn zu schockieren. Vielleicht hätte eine Flucht jetzt sogar Er folg gezeitigt, aber ich war dazu einfach nicht imstande. Halb benommen hing ich in dem Kontursitz, schnappte keuchend nach
45 Luft und massierte meinen schmerzenden Hals. Es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich wieder erholt hatte, und in dieser Zeit hatte sich auch der Wahnsinnige wieder ge fangen. Kalte Schauer liefen mir über den Rücken, als ich nun seinem Blick begegnete. Seine Züge waren wie zu einer Maske er starrt, und aus den kleinen Augen sprang mir blanker Haß entgegen, hinter dem unver kennbar der Irrsinn stand. Es war ein kalter, mörderischer Haß, der kein Erbarmen mehr kannte. »Du wirst mir gehorchen, Vruumys!« sag te er leise und fast tonlos. »Ich kenne auch ein Mittel, um dich dazu zu zwingen, das wirst du gleich sehen.« Weit hinter uns klang ein klagendes Sin gen auf. Dort fiel eine der Metallpyramiden in sich zusammen und zersplitterte in zahllo se Kristalle, doch Motros achtete nicht dar auf. Mit der linken Hand packte er mich, dann glitt seine Rechte unter den Pelz. Sie kam mit einem dünnen Kunststoffseil wie der zum Vorschein, das wohl in einer Innen tasche verborgen gewesen war. Ich wußte, was nun kam und versuchte mich zu sträuben, aber jede Gegenwehr war sinnlos. In weniger als einer Minute war ich so fest gefesselt, daß ich kein Glied mehr rühren konnte. Dann hob er mich triumphie rend hoch und sah mich an. Etwa fünfzehn Meter links von uns gab es eine kleinere Maschine, die als einzige in weitem Umkreis bisher noch der Vernich tung entgangen war. Er sah sie, nickte und stieß dann wieder einmal sein höllisches Ge lächter aus. »So, Vruumys«, knurrte er, und es klang wie das Schnurren einer Raubkatze, die noch eine Weile mit ihrem hilflosen Opfer spielt, ehe sie es tötet. »Jetzt wollen wir se hen, wie lange du mir noch widerstehen kannst …« Ich ahnte seine Absicht, doch ich schwieg. Irgendwo hat alles seine Grenzen, ich war einfach zu stolz, jetzt auch noch um mein Leben zu betteln. Der Zerfall fraß sich
46 ohnehin unaufhaltsam auf den einzigen Aus gang der Halle zu, in spätestens einer Vier telstunde mußte uns dieser Fluchtweg abge schnitten sein. Der Wahnsinnige war viel zu verbohrt, um ihn noch rechtzeitig zu gehen, also war mein Schicksal bereits besiegelt; und wenn ich schon hier sterben sollte, dann wenigstens in einer Haltung, die eines arko nidischen Kristallprinzen würdig war. Motros schleppte mich zu der Maschine, lehnte mich gegen das davor befindliche niedrige Bedienungspult und hakte die Fes seln meiner Hände so hinter einen Hebel, daß mir jede Bewegung unmöglich gemacht wurde. Ich stand aufrecht da, die Hände weit von mir gestreckt, in einer so gespannten Haltung, daß meine Füße nur eben noch den Boden berührten. Knapp einen Meter vor meinem Gesicht ragte das Gehäuse der Ma schine auf, deren Zerfall nur noch eine Frage von wenigen Minuten war. Meine ohnehin strapazierte Brustplatte wurden gegen das Pult gedrückt, bei jedem Atemzug hatte ich Schmerzen, doch ich ver biß mir jeden Klagelaut. Das schien dem Wahnsinnigen nicht zu gefallen, denn nun begann er mich zu verhöhnen. »Nun, wie gefällt dir das, Vruumys?« ki cherte er, und seine Rechte wies auf den Bo den neben der Anlage, der bereits erste Auf lösungserscheinungen zeigte. »Nur noch ein paar Minuten, dann ist es soweit! Dann wird auch diese Maschine zerfallen – sie wird zu hübschen kleinen Kristallen werden, und du mit ihr.« Ich war versucht, ihn darauf hinzuweisen, daß es ihm wenig später nicht viel besser er gehen würde, doch ich preßte die Lippen zu sammen und schwieg. Meine Gedanken be schäftigten sich mit ganz anderen Dingen. Ich dachte an Fartuloon und meine Ge treuen, die mich schmerzlich vermissen wür den. Zweifellos hatte Ischtar inzwischen in Erfahrung gebracht, was die Maahks mit mir angefangen hatten, denn schließlich war ich schon einmal im Mikrokosmos gewesen und wohlbehalten zurückgekehrt. Sie würden sogar lange warten, denn der
Harvey Patton dicke Bauchaufschneider hatte eine beson dere Meinung über meine Fähigkeiten. Er selbst hatte mich so ausbilden lassen, daß ich imstande war, mich auch unter extrem mißlichen Umständen zu behaupten, und das würde er auch jetzt von mir erwarten. Daß er mich trotzdem immer wieder kritisierte, hat te schon seine Gründe: Ich sollte immer noch besser werden, das arkonidische Impe rium sollte einen Anführer bekommen, der allen Situationen gewachsen war. Es würde ihn nicht mehr bekommen, das stand jetzt schon so gut wie fest! Der Bru dermörder Orbanaschol würde weiter sein diktatorisches Regime ausüben können, und daran konnte auch Fartuloon nichts ändern. Gewiß, er konnte einen Privatkrieg gegen meinen Onkel beginnen, und zweifellos würde er das auch tun, sobald er erkennen mußte, daß ich nicht mehr zurückkam. Doch was konnte er schon ausrichten? Alle unsere Gefolgsleute waren auf mich persönlich eingeschworen. Für Atlan und Arkon! Auf Leben und Tod! lautete ihr Eid. Doch sie brauchten einen lebenden Atlan, der sie führte, nicht eine bloße Symbolfigur! Wenn es mich nicht mehr gab, würden sie sich bald in alle Winde zerstreuen. Ein leises Knistern direkt vor mir schreck te mich aus meinen Gedanken auf. Die Zer störungswelle hatte nun auch diese Maschi ne erfaßt, ihr Metallgehäuse begann sich be reits silbrig zu verfärben. Nur noch wenige Sekunden, dann war es soweit … Der Wahnsinnige Motros drohte nun nicht mehr, sondern verfiel ins andere Extrem. Er begann mich anzuflehen, etwas zu unserer Rettung zu tun. Er bot mir sogar an, die Herrschaft über den Stützpunkt mit mir zu teilen, wenn ich mich nur bereitfinden wür de, endlich zu handeln, ehe es zu spät wäre. Es war zu spät, das wußte ich, und so gab ich ihm keine Antwort mehr. Ich bereitete mich innerlich auf den Tod vor und war meinem Extrahirn dankbar, daß es mich in diesen letzten Sekunden mit seinen weisen Sprüchen verschonte.
Kristalle des Todes
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* Ich sah das Ende kommen, und doch überraschte mich die Plötzlichkeit, mit der alles geschah. Eben waren die Maschine und das Schalt pult noch stabile Gebilde gewesen, die selbst ein Riese wie Motros mit all seiner Kraft nicht hätte erschüttern können – im nächsten Moment brachen sie haltlos in sich zusam men! Ein leises Klirren begleitete diesen Vorgang, ich stürzte vornüber und wurde augenblicklich von einer Wolke von Kristal len verschüttet. Unwillkürlich schloß ich die Augen und hielt den Atem an, obwohl mir mein Ver stand sagte, daß dieses Bemühen doch ver gebens war. In diesem Moment wurde mein Verhalten nur allein vom Selbsterhaltungs trieb diktiert, der sich für gewöhnlich nicht durch die normale Logik beeinflussen läßt. Mein Verstand war völlig ausgeschaltet, mein Körper reagierte rein instinktiv. Meine Arme begannen sich zu bewegen wie die einer Marionette. Sie ruderten in den Kristallen umher, um meinen Kopf freizuschaufeln, damit ich wie der atmen konnte. Sie kamen auf den Fels boden, auf dem die Maschine gestanden hat te, drückten rein automatisch nach unten, als sie Widerstand fanden – und plötzlich tauch te ich aus den Kristallen hervor, wie ein Schwimmer aus dem Wasser. Erst, als ich wieder auf den Füßen stand, kam mir das Unglaubliche dieses Vorgangs voll zu Bewußtsein. Alles rings um mich zerfiel, auch der um gebende Bodenbelag löste sich nun rapide auf. Ich stand inmitten der tödlichen Kristalle und starrte verständnislos um mich. Erst jetzt begriff ich, daß sich meine Fesseln zu gleich mit den Maschinenbestandteilen auf gelöst hatten, daß ich wieder frei war. Doch warum war ich von der Vernichtung ver schont worden, die außer dem Fels jede Art von Materie erfaßt hatte? Der blaue Anzug! schrie mein Logiksek
tor förmlich. Merkst du nicht, wie von ihm eine Aura ausgeht, eine Art von Schutzfeld, das deinen ganzen Körper einhüllt? Doch, nun merkte ich es, wenn ich es auch nicht verstand. Dieses flexible Klei dungsstück aus Vruumys' Nachlaß schien gewisse ungewöhnliche Eigenschaften auf zuweisen. Es hatte mich gerettet, zumindest im Augenblick; aber was würde später sein? Ich kam nicht dazu, darüber nachzuden ken, denn schon beanspruchte der Wahnsin nige wieder meine volle Aufmerksamkeit. Er hatte sich in panischer Furcht einige Schritte zur Kontrollwand hin zurückgezo gen, stand dort und starrte aus weit aufgeris senen Augen auf das auch für ihn unfaßbare Geschehen. In seinem runden Gesicht er schienen sekundenlang alle nur möglichen Regungen, dann verfiel es mit einem Schlag und wurde zu einer wüsten Fratze. Nun brach der Irrsinn endgültig durch und beein flußte sein gesamtes Tun. Mit einem gewaltigen Satz, der von einem schrecklichen Aufbrüllen begleitet war, sprang er auf mich zu und griff an. Schaum trat vor seinen Mund, und seine Augen flackerten irre. Er mißachtete die Gefahr, die von den Todeskristallen ausging völlig und kannte nur noch ein einziges Bestreben: mich zu töten! In diesem Moment ergriffen automatisch die mir von Fartuloon und anderen fähigen Ausbildern in langem Training anerzogenen Reflexe Besitz von meinem Körper. Jetzt waren mein Verstand und auch mein Extra hirn vollkommen ausgeschaltet, denn es ging ums nackte Überleben – gegen einen Feind, von dem nicht die geringste Rück sicht mehr zu erwarten war! Ich handelte wie in einem Traum, mit der Unpersönlichkeit eines unbeteiligten Beob achters. Bewegungslos, als ginge es mich gar nichts an, blieb ich stehen und erwartete den Ansturm des Giganten. Erst im allerletzten Moment trat ich einen Schritt zur Seite und streckte gleichzeitig das rechte Bein vor, das auf dem Felsboden festen Halt fand. Ich ver
48 lagerte mein gesamtes Körpergewicht dar auf, und doch kam ich ins Stolpern, als das linke Säulenbein des Wahnsinnigen dagegen prallte. Ich konnte mich abfangen, Motros dage gen nicht. Sein Körper wurde durch den An prall herumgerissen, kam ins Schwanken und stürzte dann schwer zu Boden. Er wurde halb von den Kristallen begraben, raffte sich jedoch im nächsten Moment wieder auf. Ihn regierten jetzt nur noch rein animalische In stinkte – er wollte mich töten, um jeden Preis! Kaum stand er wieder auf den Füßen, da ging er erneut auf mich los. Seine gewalti gen Arme schossen vor, um mich zu fassen und zu erdrücken, doch ich wich ihm ge schmeidig aus. Ich ließ seinen Körper an mir vorbeischießen, holte dann mit dem Fuß aus und trat ihm von hinten in die, Kniekehle. Sein Bein knickte ein, er stolperte und fiel ein zweites Mal. Erneut kam er hoch, und er bot einen furchterregenden Anblick. Sein ganzer Körper war nun von den Kristallen bedeckt,: sie hingen in seinem Pelz, in sei nem Bart und selbst in den dichten Augen brauen. Ein schauriges Gelächter des Wahn sinns drang aus seiner Kehle, und er stürzte von neuem auf mich ein. Ein Riese kämpfte gegen einen Zwerg, aber diesmal waren die Rollen vertauscht. Ich dachte nicht mehr, daran, zu resignieren, obwohl ich nicht wußte, wie ich dieser tödli chen Falle noch hätte entrinnen können. Mo tros in seinem Wahn hatte mich in diese La ge gebracht, und nun sollte er auch dafür bü ßen! Ich war darauf gefaßt, ihn ein drittes Mal abzuwehren, aber dazu kam es nicht mehr. Mitten in seinem Ansturm blieb der Wahnsinnige abrupt stehen, und dann ging eine schreckenerregende Verwandlung mit ihm vor. Der Zerfall begann, auch auf ihn überzu greifen! Er hatte den Paralysator hervorgeholt, doch er kam nicht mehr dazu, ihn gegen mich einzusetzen. Die Waffe entfiel plötz-
Harvey Patton lich seiner Hand, und beim Aufschlag auf den Boden löste sie sich bereits in kristalline Bruchstücke auf. Ich sah ihr unwillkürlich nach und entdeckte dabei, was der Grund dafür war, daß er sich nicht mehr von der Stelle bewegen konnte. Seine Beine versagten ihm den Dienst, sie gehorchten seinem Willen einfach nicht mehr. Seine Stiefel waren nun nicht mehr braun, sondern hatten eine silbrige Färbung angenommen, und Motros schien ungeheure Schmerzen zu empfinden. Er stieß ein schauerliches Gebrüll aus, und dann sah ich entsetzt, wie sich beide Beine unterhalb der Knie aufzulösen begannen. Von einem Augenblick zum anderen zer splitterten sie in unzählige Kristallfragmen te, und der Körper des Riesen stürzte haltlos zu Boden. Eine Wolke von Kristallen wir belte unter dem Aufprall hoch, doch aus ih nen tauchte nach einigen Sekunden der Tor so wieder auf. Motros wimmerte nur noch. Seine Hände stützten sich auf den Fels, und mit ihrer Hil fe versuchte er sich davonzuschleppen. Er kam aber nur noch einige Schritte weit, dann war sein Ende besiegelt. Die zahlreichen Kristalle, die ihn von oben bis unten bedeckten, vollendeten ihr schauriges Werk. Der ganze Körper des Wahnsinnigen begann plötzlich silbrig zu schimmern, und ich wandte mich rasch ab, denn ich wußte, was nun kam. Den Anblick konnte ich einfach nicht ertragen, mein Ma gen wollte sich förmlich umdrehen. Ich hatte Motros nicht gerade geliebt, aber ein solches Ende hätte ich ihm doch nicht gewünscht! Das Wimmern erstarb in einem Röcheln, und als ich mich wieder umdrehte, hatte der silberne Tod sein Werk bereits vollendet. Nur ein längliches Häufchen Kristalle zeug te noch davon, daß es den Wahnsinnigen einmal gegeben hatte … Ich stand unschlüssig da und war momen tan keines klaren Gedankens fähig, doch da meldete sich eindringlich mein Extrahirn. Versuche dich zu retten! hämmerten seine Impulse auf mich ein. Du bist jetzt allein,
Kristalle des Todes niemand kann dich mehr daran hindern. Su che die ganze Halle ab, irgendwo müßte es einen Notausgang geben. Vruumys war nicht dumm, er mußte wissen, daß ihm im Falle eines Angriffs auf den Stützpunkt der Weg nach oben versperrt werden konnte. Diesen Ausgang mußt du finden! Das half. Ich atmete tief durch, und meine klare Überlegung kehrte zurück. Vruumys Anzug schützte mich, von den Kristallen hatte ich also nichts zu befürchten. Dafür drohte mir die Gefahr von einer ganz anderen Seite. Als ich mich nun umsah, entdeckte ich, daß die Steuerzentrale mit geradezu beäng stigender Geschwindigkeit ihrem Untergang entgegenging. Fast alle Anlagen waren be reits zerfallen, nur ein einzelner Konverter in der Nähe des Eingangs arbeitete noch, um den sich einige Roboter scharten. Die Kunst sonnen unter der Decke waren bis auf eine Reihe vor der Kontrollwand erloschen, ob wohl die Zerstörung nicht bis in diese Höhe vorgedrungen war. Ihr Versagen war darauf zurückzuführen, daß die Zuleitungen zu den Versorgungsanlagen unterbrochen waren – und wenn ich mich nicht beeilte, würden auch die letzten bald erlöschen! Dann war ich endgültig verloren, denn in absoluter Dunkelheit konnte es mir nie ge lingen, den Notausgang zu finden … Vielleicht schaffte ich es ohnehin nicht mehr, aber ich wollte es zumindest versu chen. Ich watete durch die Kristallschicht zur Kontrollwand hinüber, stützte mich auf einen der Kontursitze und begann zu überle gen. In einer arkonidischen Station hätte ich den Ausgang zweifellos innerhalb kürzester Zeit gefunden, weil die Denkweise ihrer Er bauer der meinen entsprach. Hier befand ich mich aber auf fremdem Gebiet, nicht nur in bezug auf die Technik, sondern auch hin sichtlich der Mentalität. Was bei uns Arko niden als logisch galt, brauchte es bei Vruu mys' Volk noch lange nicht zu sein, das war mir klar. Ich fuhr aus meinen Überlegungen auf,
49 als einige weitere Kunstsonnen unter leisem Singen verlöschten. Jetzt erfüllte nur noch ein diffuses Halbdunkel den riesigen Raum, während ein dauerndes Knistern von allen Seiten den Fortgang des Zerstörungsprozes ses verriet. Es wurde wirklich allerhöchste Zeit! Mein Wettlauf mit dem Schicksal begann.
10. Ich entdeckte den Notausgang buchstäb lich im allerletzten Moment. Natürlich be fand er sich gerade dort, wo ich ihn nie ver mutet hätte, und das wäre mir fast zum Ver hängnis geworden. Meine Hoffnung auf eine Rückkehr ins Freie und damit ins Leben war schon fast auf den Nullpunkt abgesunken. Einen Rat schlag meines Logiksektors folgend, hatte ich mich bei der Suche auf die Wand mit den Kontrollanlagen beschränkt. Dort mußte der bevorzugte Aufenthaltsort der fremden Raumfahrer gewesen sein, weil sonst alles in dem Saal automatisch lief; also wäre es un logisch gewesen, eine Fluchtgelegenheit an einem weit entfernten Ort unterzubringen. Die Erbauer dieses Stützpunkts hatten es trotzdem getan! Sie befand sich zwar tat sächlich auf dieser Seite der Halle, aber ganz an ihrem Ende, hinter den letzten Kontrollen … Das Licht war bereits so schwach gewor den, daß ich kaum noch etwas sehen konnte. Ich ahnte die Ausbuchtung in der dort frei liegenden Felswand mehr, als ich sie sah, und als ich sie endlich gefunden hatte, hätte ich fast aufgeschluchzt. Fast fünfhundert Meter Wand hatte ich abgesucht, einige Ma le war ich auf falsche Spuren hereingefallen, und die nervliche Anspannung hatte sich fast bis ins Unerträgliche gesteigert. Nun war ich zugleich am Ziel – und doch am Anfang ei ner neuen Sackgasse. Die Ausbuchtung führte tunnelartig etwa drei Meter weit in den Fels, und an ihrem Ende ertastete ich ein mannshohes und un gefähr einen Meter breites Metalltor. Ver
50 zweifelt suchte ich nach einem Griff, einem Hebel oder einem anderen Öffnungsmecha nismus, aber ich fand keinen! Der Weg in die Freiheit lag direkt vor mir, und doch schien er an dieser vollkommen glatten Pfor te zu Ende zu sein … Mein Logiksektor brachte mich auf den einzigen Ausweg. Vermutlich konnte das Tor nur durch die Signale eines speziellen Kodegebers geöff net werden. Trotzdem hätte mir dieser jetzt auch nichts mehr genützt, denn die Zuleitun gen zu dem elektronischen Schloß waren zweifellos bereits unterbrochen. Ein anderes, geradezu perfektes Mittel aber gab es in die sem Saal in Hülle und Fülle: die Todeskri stalle! Sie hatten inzwischen den gesamten Bo denbelag zersetzt, doch bis zu der Pforte wa ren sie nicht vorgedrungen. In hektischer Ei le hastete ich zurück, bückte mich und nahm mit beiden Händen so viele davon auf, wie ich fassen konnte. Ich konnte sie deutlich spüren, und doch berührten sie meine Haut nicht. Die unsicht bare Aura, die von dem flexiblen blauen An zug ausging, wirkte wie ein IndividualSchutzschirm und verhinderte den direkten, tödlichen Kontakt. Unendlich vorsichtig, um nichts von ih nen zu verlieren, begab ich mich zu der Pforte zurück. In diesem Moment verstummte auch das Arbeitsgeräusch des letzten Konverters. Se kundenlang lag noch der Nachhall in der Luft, dann breitete sich eine unheimliche, geisterhafte Stille in der Halle aus. Zugleich verloschen auch die letzten Kunstsonnen, aber das spielte nun keine Rolle mehr. Die rechte Schulter an der Felswand, ta stete ich mich zu dem Tor zurück und häufte dann die Kristalle an seiner Basis auf. Ich drückte sie so fest gegen das Metall, wie ich nur konnte, dann trat ich zurück und lehnte mich schwer gegen die Wand. Jetzt konnte ich nur noch warten und hoffen … Lange Sekunden vergingen, doch nichts geschah.
Harvey Patton Neue Zweifel stiegen in mir auf. Waren ich und mein Logiksektor nicht vielleicht einem verhängnisvollen Irrtum er legen? Ich wußte nichts über die Kristalle des Todes, hatte nicht die geringste Ahnung, weshalb es sie überhaupt gab und was ihr verhängnisvolles Wirken ausgelöst haben mochte. Vielleicht war ihre Zerstörungskraft im gleichen Moment erloschen, als diese Zentrale endgültig zerfallen war? Vielleicht hoffte und wartete ich vergebens! Ein leises Knistern vor mir ließ mich zu sammenfahren. Ich konnte nichts sehen, doch ich spürte, daß tatsächlich etwas geschah. Vorsichtig ta stete ich mit der Rechten das Tor ab, doch meine Erwartungen wurden enttäuscht. Nach wie vor fühlte ich nur das glatte, kalte Metall. Hatten mir meine Sinne nur einen Streich gespielt – war das Knistern nur ein gebildet? War ich auch schon dabei, unter der ungeheuren Belastung dem Wahnsinn zu verfallen wie Motros? Du bist noch vollkommen normal, nur verstört! belehrte mich mein Extrahirn, und ich war ihm dankbar dafür. Unmittelbar darauf geschah es. Das Kni stern wurde lauter und setzte sich deutlich hörbar von unten nach oben fort. Die zerstö rerische Kraft der Kristalle war noch vor handen – sie wirkte auch auf die Pforte ein und führte ihren Verfall herbei! Ich konnte mich nicht länger beherrschen. Ungeduldig stießen meine Hände nach vorn, trafen zuerst noch auf Widerstand, doch im nächsten Moment fuhren sie ins Leere. Das Tor vor mir fiel in sich zusammen und löste sich auf, als wäre es nie da gewesen, und helles Tageslicht fiel durch die entstandene Öffnung zu mir herein. Geblendet schloß ich die Augen. Ich war gerettet! Doch nun brach die Reaktion auf die lan ge Nervenanspannung mit aller Gewalt über mich herein. Nun schluchzte ich wirklich auf, salziges Sekret rann aus meinen Augen und strömte über meine Wangen. Nur rein automatisch bewegten sich meine Füße vor
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wärts und trugen mich ins Freie. Ich taumelte mehr als ich ging und spürte kaum den warmen Wind, der über mein Ge sicht strich. Plötzlich waren all die Schmer zen wieder da, die von den vergangenen Strapazen herrührten und die ich unter dem Zwang der Ereignisse verdrängt hatte. Wie eine Woge brachen sie über mich herein – haltlos fiel ich zu Boden und spürte schon den Aufschlag nicht mehr. Eine wohltätige Ohnmacht hatte mich übermannt und löschte alles Vergangene mit einem Schlag aus.
* Komm zu dir, Kristallprinz! drängten die Impulse meines Extrahirns. Einer Gefahr bist du entronnen – willst du jetzt anderen zum Opfer fallen, die es vielleicht hier drau ßen gibt? Ich hätte noch hundert Stunden schlafen mögen, aber der unerbittliche Mahner ließ mich nicht mehr zur Ruhe kommen. So öff nete ich schließlich doch träge die Lider und sah mich in der Umgebung um. Ich lag auf einer kleinen, nur wenige Qua dratmeter umfassenden freien Fläche, die mit kurzem Gras bewachsen war. Wuchtig ragte über mir der Steilfelsen in die Höhe, und direkt hinter mir befand sich der Stollen, durch den ich ins Freie gekommen war. Ho hes Gebüsch umrahmte die Szene auf der anderen Seite und verwehrte mir den Aus blick, ich konnte nur darüber einen anderen Berg erkennen. Die Sonne stand hoch am Himmel, also mußte ein voller Tag vergan gen sein, seitdem ich in den Stützpunkt ge kommen war. Ein Tag nur …? Mir kam es vor, als wäre inzwischen eine halbe Ewigkeit vergangen! Eine Unmenge war passiert, seit ich auf das Hochplateau gelangt und mit Grek 3 zu sammengetroffen war. Es war wie ein wü ster Traum, und unwillkürlich schüttelte ich mich jetzt noch, als ich daran dachte. Diese Welt im Mikrokosmos schien nichts als Un annehmlichkeiten für mich zu bringen, und
von meinen Zielen war ich unendlich weit entfernt. Ich fragte mich, was nun wohl aus der Station und dem Kuppelbau auf der anderen Hochfläche werden mochte. Vermutlich wa ren sie dem Verfall preisgegeben, denn es war anzunehmen, daß sich die tödlichen Kri stalle nach und nach auch in die oberen Eta gen durchfraßen. Sie würden alles vernich ten, die technischen Anlagen ebenso wie die Dschungeletagen mit den bedauernswerten Wilden darin. Nur der ausgehöhlte Fels wür de zurückbleiben, mehr nicht. Das Krächzen einiger Vögel in den Bü schen riß mich aus meinen Gedanken. Lang sam erhob ich mich und machte einige Frei übungen, um meine steif gewordenen Glie der zu lockern. Ich spürte noch immer Schmerzen an allen möglichen Körperstel len, doch ich beachtete sie nicht. Das vor dringliche Problem für mich war jetzt, diese Gegend zu verlassen und auf die Suche nach anderen Lebewesen zu gehen. Wohin? Ich wußte es nicht, ich mußte alles dem Zufall überlassen. Der Flugkörper, mit dem mich der wahnsinnige Motros auf das Fels plateau gebracht hatte, hätte mir gute Dien ste leisten können, aber er stand unerreich bar für mich oben in dem Hangar. Mir blieb also nichts weiter übrig, als mich zu Fuß durchzuschlagen. Jetzt hätte ich eine gute Waffe brauchen können, aber alles, was ich besaß, war die kleine Kugel mit den drei seltsamen Zacken daran. Sie steckte noch immer in meinem Gürtel, es war fast ein Wunder, daß ich sie noch nicht verloren hatte. Ich glaubte nicht, daß sie mir irgendwie würde von Nutzen sein können, aber ich ließ sie trotzdem an ih rem Platz. Ich bewegte mich auf die Büsche zu und fand eine Lücke, durch die ich mich zwän gen konnte. Zu meiner Überraschung ent deckte ich an dieser Stelle eine Reihe schmaler Stufen, die weiter abwärts führten und eindeutig künstlich geschaffen worden waren. Anscheinend waren sie noch nie be
52 nutzt worden, denn sie waren mit einer dün nen Moosschicht überzogen, aber sie gehör ten auf jeden Fall zu dem Fluchtweg, den sich die Raumfahrer von Vruumys' Rasse geschaffen hatten. Serpentinenartig gewunden, bildeten sie einen schmalen Pfad durch das Gebüsch, und ich folgte ihnen. So gelangte ich noch etwa hundert Meter tiefer, und dort endete der Buschgürtel. Doch nicht nur er, sondern auch die Stufen – ich stand inmitten unbe rührter Natur am Rande eines schmalen Ta les, das sich zwischen dem Steilfelsen und dem nächsten Berg befand. Hier gab es nicht nur Gras und niedrige staudenartige Gewächse, sondern auch einen schmalen Bach, der sich durch das Tal schlängelte. Bei seinem Anblick merkte ich erst, wie durstig ich war; ich kniete an sei nem Rand nieder, schöpfte das kühle Wasser mit der hohlen Hand und trank in langen Zü gen. Ich hatte auch Hunger, aber der mußte notgedrungen warten. Du solltest nachsehen, ob es hier irgendwo so etwas wie ein Fluchtfahrzeug gibt! meldete sich plötzlich mein Logiksektor. Kein Raumfahrer geht gern zu Fuß, es wäre also nur logisch, wenn sie in dieser Hinsicht vorgesorgt hätten. Diese Idee erschien mir durchaus plausi bel, und so machte ich mich sofort auf die Suche. Eine Viertelstunde später mußte ich aller dings einsehen, daß der Gedanke nicht ent fernt so gut war, wie es zuerst geschienen hatte. Ich hatte das Tal jeweils hundert Me ter nach rechts und links abgesucht, aber nicht den kleinsten Hinweis gefunden. Es gab überall nur Felsen, Gras und Büsche, von einer Höhle oder einer Art von Fahr zeugunterstand war weit und breit nichts zu entdecken. Wohin sollte ich mich nun wenden? Ich orientierte mich nach dem Stand der Sonne und versuchte mir ins Gedächtnis zu rückzurufen, wo sich Vruumys' Raumschiff befand. Der Weg dorthin mußte weit sein, aber ein anderes Ziel wußte ich nicht.
Harvey Patton Schließlich entschied ich mich für die südli che Richtung und machte mich auf den Weg. Etwa eine Stunde lang folgte ich den Windungen des Tales, dann hatte ich den Gebirgszug hinter mir gelassen. Hier gab es nur noch niedrige Hügel, dafür aber auch mehr Vegetation, die mein Vorwärtskom men sehr erschwerte. Der Bach war nun schon erheblich breiter geworden, und ich folgte seinem Lauf. Zweifellos floß er zum Blauen Ozean, und dort lag auch mein Ziel. Ich verspürte einen bohrenden Hunger, doch ich hatte nichts, um ihn zu stillen. Zwar sah ich öfters in den Büschen und Bäumen bunte Beeren und kleine Wild früchte, aber ich unterdrückte standhaft das Verlangen, sie zu essen. Ich besaß keinen Bio-Analysator, und das Risiko einer Ver giftung war zu groß. Zuweilen tauchten auch kleine Pelztiere auf, doch sie waren sehr scheu und zeigten nicht die geringste Lust, sich fangen zu las sen. Dabei wäre ein knuspriger Braten jetzt gerade das Richtige für mich gewesen! Von meinem Überlebenstraining her kannte ich mehrere Methoden, auch ohne Hilfsmittel Feuer anzumachen, und dann … Das Wasser lief mir im Munde zusam men, und ich achtete einen Augenblick lang nicht auf den Weg. Das rächte sich auch so fort, denn ich blieb mit dem Fuß in einem Rankengewächs hängen, stolperte und schlug lang hin. Augenblicklich waren mei ne Hände mit spitzen Dornen gespickt, durch das Material des blauen Anzugs dran gen sie aber glücklicherweise nicht. Mein Extrasinn produzierte ein leises Ge lächter, fluchend raffte ich mich wieder auf und zog die abgebrochenen Spitzen aus mei nen Fingern und Handflächen. Bei dem Sturz war die Kugel mit den drei Zacken aus meinem Gürtel gefallen, ich hob sie auf und stutzte dann. Ein seltsames, pulsierendes Zucken ging von dem kleinen rätselhaften Gebilde aus! Verwundert sah ich darauf herab, denn das war wirklich merkwürdig. Ich trug es nun
Kristalle des Todes schon länger als einen Tag bei mir, und bis jetzt hatte ich noch nicht den geringsten Hinweis auf seine Bedeutung erhalten. Jetzt war es auf einmal zu einem geheimnisvollen Eigenleben erwacht – was konnte der Grund dafür sein? Der Aufprall vielleicht? Er hätte durchaus ausgereicht, um einen darin verborgenen Mikromechanismus auszulösen. Doch die Kugel war mir schon einmal aus der Hand gefallen, als ich an der Küste vor Erschöp fung zusammengebrochen war, und damals war nichts dergleichen geschehen. Es mußte also wohl einen anderen Grund geben. Mit spitzen Fingern hielt ich das Gerät an zwei Zacken und starrte überlegend darauf. Das Pulsieren wurde nun noch stärker, plötzlich begann sich die Kugel zu drehen und riß meine Hände förmlich herum. Nun wies die freie Zacke nach Südosten, genau in jene Gegend, in der wie eine grüne Mauer eine undurchdringlich scheinende Wand von riesigen Dschungelbäumen stand. Es könnte eine Art Wegweiser zu Vruu mys' Raumschiff sein! erklärte mein Logik sektor knapp, und dieser Gedanke elektri sierte mich. Wenn diese Annahme stimmte, blieb mir eine lange und zeitraubende Suche nach dem Schiff erspart! Dafür tauchte aber sofort ein anderes Problem auf, das mir einige Kopf schmerzen bereitete: Wie sollte ich den Dschungelgürtel durchqueren, der allem An schein nach mehrere Kilometer breit war? Ich verfügte über keinerlei Hilfsmittel, und daß es darin eine Unmenge von wilden Tie ren gab, hatte ich schon am Morgen zuvor festgestellt! Seit meinem Abenteuer in Ischtars Privat zoo auf Tabraczon besaß ich eine Aversion gegen Ungetüme aller Art. Andererseits blieb mir dieser Weg aber auf keinen Fall er spart, denn der Raumer stand an der Küste jenseits des Dschungels. Ich mußte also in die saure Frucht beißen, ob ich wollte oder nicht. Resigniert zuckte ich mit den Schultern, steckte das Gerät wieder in den Gürtel und
53 suchte mir einen kräftigen Knüppel aus har tem Holz, um wenigstens etwas zu haben, mit dem ich mich notfalls verteidigen konn te. Ich wetzte das eine Ende so lange an ei nem Steinblock, bis so etwas wie eine Spitze entstanden war, trank noch einmal aus dem Bach und ging dann los.
* Der Dschungel war fast undurchdringlich. Mühsam kämpfte ich mich durch dichtes, verfilztes Unterholz, in dem ich kaum einige Meter weit sehen konnte, denn das dichte Laub der riesigen Bäume hielt das Tages licht fast völlig ab. Unzählige Male mußte ich die Richtung wechseln, weil ich anders nicht weiterkam, und schon nach einer halben Stunde blutete ich aus unzähligen Wun den an Gesicht und Händen. Bald war ich so abgestumpft, daß ich die Schmerzen überhaupt nicht mehr spürte. Rein mechanisch arbeitete ich mich weiter und nahm nur zuweilen die Kugel zur Hand, um mich neu zu orientieren. Insekten aller Art peinigten mich noch zusätzlich, aber die größeren Tiere schienen mir seltsamerweise aus dem Wege zu gehen. Ich hörte Stampfen und Brechen, heiseres Fauchen, schrille Schreie und dumpfes Gebrüll manchmal ganz in meiner Nähe, doch nie bekam ich ei nes jener Untiere zu Gesicht, die diese Ge räusche verursachten. Allmählich verlor ich jedes Zeitgefühl und wußte nur, daß mein Weg nun schon Stunden währen mußte. Dann stieß ich plötzlich auf eine breite freie Schneise, die von riesigen Pranken durch den Urwald ge trampelt worden war. Das Ungetüm, das sie gebrochen hatte, mußte wahrhaft riesig sein – der Knüppel in meiner Hand war vermut lich nicht mehr als ein Zahnstocher für ein Wesen seiner Größe. Trotzdem solltest du diesen Weg benut zen! riet mir der Logiksektor. Du kommst dadurch wesentlich rascher voran, und ein Tier von dieser Größe verursacht bei seiner Annäherung eine Menge Lärm. Du hast
54 dann immer noch Zeit, dich in Sicherheit zu bringen. Das war richtig, und so folgte ich diesem Rat. Nun legte ich innerhalb kurzer Zeit eine Strecke zurück, für die ich sonst wohl weite re Stunden gebraucht hätte. Das Untier tauchte nicht auf, und andere Tiere schienen diese Schneise zu meiden. Leider mußte ich sie schließlich wieder verlassen, denn sie bog weit nach rechts ab, während die pulsie rende Kugel in meinen Händen mich nach halblinks wies. Erneut begann der Kampf mit den Tücken des Dschungels, doch nach einiger Zeit lichtete sich das Blätterdach über mir. Das Ende meines Weges schien nahe. Ich registrierte diese Tatsache, doch ich brachte nicht einmal ein befreites Aufatmen mehr zustande. Meine Erschöpfung hatte je nen Grad erreicht, an dem man keine Gefüh le mehr empfindet und kaum noch denkt. Wie ein lebender Automat kämpfte ich mich voran und mußte nun immer öfter rasten, ob wohl nun auch das Unterholz schon größere Lücken zeigte. Ich hatte es schon fast geschafft – doch dann kam die Baumschlange! Sie war blau grün wie die zahlreichen Lianen, hing mit dem Kopf nach unten direkt auf meinem Weg, und achtlos wollte ich sie beiseite schieben. Das nahm sie übel, und im näch sten Moment ringelte sich ihr oberarmdicker Körper um den meinen und schnürte mir die Luft ab. Der Schreck fuhr durch meine Glieder, und mein Körper mobilisierte seine letzten Reserven. Verbissen kämpfte ich gegen den würgenden Zugriff an, aber ich merkte schon bald, daß ich zu geschwächt war, um mich ihm noch entziehen zu können. Eine Ironie des Schicksals! schoß es mir durch den Kopf. Nur noch einige Dutzend Meter, und gerade hier mußt du scheitern … Ich konnte kaum noch atmen, meine Beine gaben nach, und ich kippte einfach um. Im sicheren Gefühl ihres Sieges folgte die Schlange diesem Zug, ließ sich mit mir zu Boden fallen, und dann erschien ihr drecki-
Harvey Patton ger Kopf mit den spitzen Zähnen und der langen gespaltenen Zunge vor mir. Mit selt sam wiegenden Bewegungen näherte er sich meinem Kopf, und die gelblichen Augen schienen mich förmlich zu hypnotisieren. Stoß zu, sonst bist du verloren! schrie mein Extrasinn, und das brach den Bann im letzten Moment. Mein ganzer Oberkörper und der linke Arm waren eingeschnürt, doch der rechte Arm war frei geblieben. Meine Hand hielt noch immer den provisorischen Spieß um klammert, und dieser wurde mir nun zur Rettung. Mit letzter Kraft führte ich einen Stoß gegen den häßlichen Kopf, und die Holzspitze drang tief in das Maul des Tieres ein. Sekunden später war ich frei! Schlangen sind zäh, und der Stoß hatte das Tier nur verwundet. Doch das genügte schon – abrupt ließ die Schlange von mir ab und die Umklammerung löste sich. In wilder Flucht ringelte sie sich davon und am näch sten Baum empor – ich war gerettet … Es dauerte Minuten, bis ich mich wieder etwas erholt hatte. Dann stemmte ich mich mühsam hoch und taumelte weiter auf den Rand des Dschungels zu. Wenig später stand ich im Freien, und dann sah ich Vruumys' Schiff, zu dem mich die Kugel geführt hatte. Sein stromlinienförmiger Körper glänzte im Licht der untergehenden Sonne in einem hellen Rot, es stand auf vier großen Heck flossen und war etwa dreißig Meter hoch. Mit stumpfem Blick betrachtete ich es, unfä hig, Freude oder wenigstens Genugtuung zu empfinden. Ich hätte vermutlich noch lange gestanden und es angestarrt, wenn sich nicht mein Extrasinn gemeldet hätte. Du kannst hinein – die Schleuse ist offen und eine Rampe ausgefahren! Du hast es ge schafft, Kristallprinz! Es dauerte Sekunden, bis ich den Inhalt dieser Botschaft voll erfaßt hatte. Dann ließ ich den Stab achtlos fallen, der mir das Le ben gerettet hatte, und kroch auf allen vieren die Laderampe empor. Ich war so erledigt wie wohl noch nie zuvor.
Kristalle des Todes
55
Ich taumelte in die Luftschleuse und sah, wie aus ihrem Halbdunkel plötzlich eine Gestalt auftauchte, mich am Arm ergriff und stützte. Für einen Moment beleuchtete ein Sonnenstrahl ihr Gesicht, und ich erblickte langes helles Haar, ein weibliches Gesicht und die rötlichen Augen darin – die Augen einer Arkonidin!
»Prinzessin Crysalgira …«, stammelte ich verwundert, und dann verließ mich endgül tig das Bewußtsein.
ENDE
ENDE