Edgar Petru Walter Jonat Daniel Fink Ossi Köchli (Hrsg.) Praxisbuch Gynäkologische Onkologie
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Edgar Petru Walter Jonat Daniel Fink Ossi Köchli (Hrsg.) Praxisbuch Gynäkologische Onkologie
Edgar Petru Walter Jonat Daniel Fink Ossi Köchli (Hrsg.)
Praxisbuch Gynäkologische Onkologie Mit 40 Abbildungen, einer Farbtafel mit 18 Abbildungen und 86 Tabellen
123
Prof. Dr. med. Edgar Petru
Prof. Dr. med. Daniel Fink
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbrugger Platz 14 8036 Graz Österreich
Universitätsspital Zürich Klinik für Gynäkologie Frauenklinikstraße 10 8091 Zürich Schweiz
Prof. Dr. med. Walter Jonat Universitätsfrauenklinik Schleswig-Holstein Campus Kiel Michaelisstraße 16 24105 Kiel
ISBN-10 ISBN-13
Prof. Dr. med. Ossi Köchli Frauengesundheitszentrum Rämistraße 35 8001 Zürich Schweiz
3-540-25667-9 Springer Medizin Verlag Heidelberg 978-3-540-25667-0 Springer Medizin Verlag Heidelberg
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Springer Medizin Verlag. Ein Unternehmen von Springer Science+Business Media springer.de © Springer Medizin Verlag Heidelberg 2005 Printed in Germany Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Planung: Elisabeth Narciß Projektmanagement: Ute Meyer-Krauß Design und Einbandgestaltung: deblik Berlin SPIN 10789355 Satz: Fotosatz-Service Köhler GmbH, Würzburg Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Gedruckt auf säurefreiem Papier 2122 – 5 4 3 2 1 0
V
Vorwort Das vorliegende Buchprojekt entstand vor dem Hintergrund, ein knapp gefasstes und dennoch möglichst vollständiges, praxisrelevantes Handbuch der Gynäkologischen Onkologie zu erstellen, das vom Anwender für Fragestellungen des klinischen Alltags herangezogen werden kann. Es stellt das Ergebnis eines »Dreiländerprojekts« der Herausgeber in Graz, Kiel und Zürich dar. Die Herausgeber und Autoren der einzelnen Kapitel haben sich um eine einheitliche Darstellung bemüht, ebenso wurde besonderer Wert darauf gelegt, sich an Standards in Diagnostik und Therapie zu orientieren und diese auch hervorzuheben. Bei unklaren und kontroversen Themen der Gynäkologischen Onkologie haben die Autoren eine klinische Gewichtung bzw. Bewertung vorgenommen, um dem Leser eine kritische Bewusstseinsbildung zu ermöglichen. Das »Praxisbuch Gynäkologische Onkologie« richtet sich an alle Gynäkologinnen und Gynäkologen in der Klinik, v. a. in der fakultativen bzw. obligatorischen Weiterbildung Gynäkologische Onkologie, an niedergelassene Frauenärzte und Internisten sowie Allgemeinmediziner und interessierte Studierende bzw. Pflegepersonen. Bei der Erstellung des Buches wurde insbesondere auf Klarheit und Übersichtlichkeit des wesentlichen praktischen Wissens geachtet. Die Herausgeber haben zusätzlich die Ernährungsberatung bei Tumorkranken, die Schmerztherapie, psychologische Betreuung Krebskranker, Sexualität und komplementären Maßnahmen als praxisrelevante Themen in das aktuelle Buchprojekt integriert. Für die Überlassung einiger verwendeter Abbildungen danken die Herausgeber Herrn Univ. Prof. Dr. Hellmuth Pickel, Univ. Frauenklinik Graz. Ohne den hervorragenden und unermüdlichen kontinuierlichen persönlichen Einsatz des Teams vom Springer Medizin Verlag, insbesondere von Frau Elisabeth Narciß, Frau Ute Meyer-Krauß und Frau Lindrun Weber, hätte – trotz bester Vorsätze der Herausgeber – dieses Buchprojekt nie realisiert werden können. Dafür danken wir ihnen sehr. Ebenso soll die ausgezeichnete Arbeit vom Fotosatz-Service Köhler und Herrn Peter Grumbach Erwähnung finden. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern des »Praxisbuches Gynäkologische Onkologie«, dass es als unentbehrliches Standardwerk für die praktische Umsetzung im klinischen Alltag ein wertvoller Begleiter sein wird. Graz, Kiel und Zürich, im Juni 2005
Edgar Petru, Walter Jonat, Daniel Fink, Ossi Köchli
Unseren Frauen und Kindern gewidmet für deren Geduld, Verständnis und kontinuierliche Unterstützung unserer Arbeit. Für Claudia, Katharina und Christina, Barbara, Sibylle Jutta, Gian-Luca und Nicolas
IX
Inhaltsverzeichnis 1 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 1.6 1.7 1.8 1.9 1.10 1.11 1.12
2 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 2.6 2.7 2.8 2.9 2.10 2.11
3 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5
Maligne Tumoren der Mamma . . . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung, Lokalisation . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Früherkennungsmaßnahmen und primäre Prävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klinische Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Pathomorphologie des Mammakarzinoms und Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . Präinvasive Karzinome . . . . . . . . . . . . . . Adjuvante Therapie des histologisch gesicherten Mammakarzinoms . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnostik und Therapie von Lokalrezidiven Diagnostik und Therapie von Fernmetastasen . . . . . . . . . . . . . . . . Mammakarzinom in der Schwangerschaft . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
21 26 26 28
Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri . . . . . . . . . . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives Staging Histopathologie und Prognosefaktoren . Stadieneinteilung und Prognose . . . . . . Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Systemische Therapie . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maligne, nichtepitheliale Tumoren des Corpus uteri . . . . . . . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung und präoperatives Staging . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Stadieneinteilung . . . . . . . . . . . .
1 3 3 3 5 5 6 10 12 18 20
. . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . . .
31 33 33 33 34 35 36 39 39 41 42 45 46 47
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49 50 50 50
. . . . . . . . . .
50 50
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. . . .
3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11
Histopathologie und Prognosefaktoren Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Hormontherapie . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . .
51 52 53 53 53 54 55 55
4 4.1 4.2 4.3 4.4 4.5
Maligne Tumoren der Cervix uteri . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives/prätherapeutisches Staging . . . . . . . . . . . . . . . . Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Therapien . . . . . . . . . . . . . . . . Histopathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hormontherapie, antihormonelle Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidive, Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . Zervixkarzinom in der Schwangerschaft . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
57 59 59 59 61
4.6 4.7 4.8 4.9 4.10 4.11 4.12 4.13 4.14 4.15 4.16
5 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 5.8 5.9 5.10
. . . . . . . .
. . . . . . . .
Maligne epitheliale Tumoren des Ovars . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives Staging . . Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . Histopathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
62 62 62 66 69 71 72 72 72 78 78 81 81 81 83 85 85 85 86 86 87 87 87 97 99
X
Inhaltsverzeichnis
5.11 5.12 5.13 5.14 5.15 5.16 5.17
6 6.1 6.2 6.3
7 7.1 7.2 7.3 7.4 7.5 7.6 7.7 7.8 7.9 7.10 7.11 7.12 7.13
8 8.1 8.2 8.3 8.4 8.5 8.6 8.7 8.8 8.9 8.10
Hormontherapie, antihormonelle Therapie Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidive, Metastasen . . . . . . . . . . . . . . Familiäres Ovarialkarzinom/Mammakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ovarialkarzinom in der Schwangerschaft . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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101 102 102 103 103
. . . .
105 106 106 106
Maligne nichtepitheliale Tumoren des Ovars Häufigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keimzelltumoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . Keimstrang-Stroma-Tumoren . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
109 110 110 113 115 116
Metastatische Tumoren im Ovar . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung. . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives/prätherapeutisches Staging . . . . . . . . . . . . . . . Stadieneinteilung, Überlebensraten . . . . Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Therapie. . . . . . . . . . . . . . . . Histopathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hormontherapie, antihormonelle Therapie Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . .
117 118 118 118 118
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118 118 118 119 119 119 119 119 119 119 120
Maligne Tumoren der Vagina . . . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives Staging . Stadieneinteilung und 5-Jahres-Überleben in Abhängigkeit vom Tumorstadium . . . . Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . Histologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . .
121 123 123 123 123 123
. . . . .
124 124 125 128 128
8.11 8.12 8.13 8.14 8.15
Hormontherapie, antihormonelle Therapie Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidive, Metastasen . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9 9.1 9.2 9.3 9.4 9.5 9.6
Maligne Tumoren der Vulva . . . . . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives Staging . . Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten beim Vulvakarzinom . . . . . . . . . . . . . . . Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Therapie des Vulvakarzinoms . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hormontherapie, Hormonsubstitution . . . . Immuntherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Photodynamische Therapie . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidive, Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . Morbus Paget der Vulva . . . . . . . . . . . . . Verruköses Karzinom (früher Riesenkondylom Buschke-Löwenstein) . . . . . . . . Karzinom der Bartholin-Drüse . . . . . . . . . Malignes Melanom der Vulva . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
9.7 9.8 9.9 9.10 9.11 9.12 9.13 9.14 9.15 9.16 9.17 9.18 9.19
10 10.1 10.2 10.3 10.4 10.5 10.6
. . . . . .
Maligne Tumoren der Tube . . . . . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives Staging . . Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten 10.7 Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.8 Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . 10.9 Histopathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.10 Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.11 Hormontherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10.12 Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
129 129 129 130 131 131 131 133 135 135 135 135 136
136 136 136 145 145 145 145 146 146 146 148 148 148 149 149 150 151 152 152 152 152 152 152 152 153 153 154 154 154
XI Inhaltsverzeichnis
10.13 Nachsorge . . . . . . . 10.14 Rezidive, Metastasen Zusammenfassung . Literatur. . . . . . . . . 11 11.1 11.2 11.3 11.4 11.5 11.6 11.7 11.8 11.9 11.10 11.11 11.12 11.13 11.14
12 12.1 12.2 12.3 12.4 12.5 12.6 12.7 12.8 12.9 12.10 12.11 12.12 12.13 12.14
13 13.1 13.2 13.3
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154 154 154 155
Primäres Karzinom des Peritoneums . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung, präoperatives Staging . . Stadieneinteilung, Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten . . . . . . . . . . . . . . . Prognosefaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . Histopathologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Hormontherapie, Hormonsubstitution . . . . Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidive, Metastasen . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
157 158 158 158 158 158
Trophoblasttumoren . . . . . . . . . . . . . Häufigkeit, Altersverteilung . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . Screening, Früherkennung . . . . . . . . . Tumorausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . Diagnosestellung . . . . . . . . . . . . . . . Stadieneinteilung und Prognosefaktoren Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . Histopathologie . . . . . . . . . . . . . . . . Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Hormontherapie, Kontrazeption . . . . . . Strahlentherapie . . . . . . . . . . . . . . . . Nachsorge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rezidive, Metastasen . . . . . . . . . . . . . Schwangerschaft nach Chemotherapie von Trophoblasttumoren . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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. . . . . . . . . . . . . .
158 158 159 159 159 159 159 159 160 160 160 161 162 162 162 162 162 163 165 165 166 171 171 171 172
. . 172 . . 172 . . 173
Chemotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 Klassifizierung des Aktivitätszustands von Tumorpatienten . . . . . . . . . . . . . . . 177 Klassifizierung von Nebenwirkungen . . . . . 177 Voraussetzungen für eine Chemotherapie 177
13.4 13.5 13.6
14 14.1 14.2 14.3
Toxizitäten und supportive Maßnahmen . . Wesentliche Toxizitäten der einzelnen Zytostatika und von Trastuzumb . . . . . . . . WHO-Klassifikation des Tumoransprechens Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
180 186 188 189 189
Radiotherapie . . . . . . . . . . . . . . . . . Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grundlagen der Strahlentherapie . . . . Strahlentherapeutische Überlegungen zu den wichtigsten gynäkologischen Karzinomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . 195 . . . 198 . . . 198
15 15.1 15.2 15.3 15.4 15.5 15.6
Lymphödem . . . . . . . . . . . . Definition . . . . . . . . . . . . . Häufigkeit . . . . . . . . . . . . . Risikofaktoren . . . . . . . . . . Klinisches Bild und Diagnostik Prävention . . . . . . . . . . . . . Therapie . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . .
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199 200 200 200 200 201 201 202 202
16
Allgemeine supportive Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie . . . . Subileus und Ileus . . . . . . . . . . . . . . . Maligner Aszites und Pleuraerguss . . . . Thrombembolien . . . . . . . . . . . . . . . Lebensbedrohliche vaginale Blutung . . . Bisphosphonate bei Knochenmetastasen Tumorinduzierte Hyperkalzämie . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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203 204 205 205 205 205 205 206 206
Medikamentöse Schmerztherapie . . . . Ätiologie und Pathogenese von Tumorschmerzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Therapieprinzipien . . . . . . . . . . . . . WHO-Stufenplan . . . . . . . . . . . . . . . Nebenwirkungen der Opioide . . . . . . Koanalgetika . . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . .
16.1 16.2 16.3 16.4 16.5 16.6
17 17.1 17.2 17.3 17.4 17.5
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
. . . . . . . . .
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. . . . . . . . .
. . . 191 . . . 192 . . . 192
. . . 207 . . . . . . .
. . . . . . .
208 208 209 212 213 213 213
XII
Inhaltsverzeichnis
18 18.1 18.2 18.3
19 19.1 19.2 19.3 19.4
20 20.1 20.2 20.3
20.4 20.5 20.6 20.7
21 21.1 21.2 21.3 21.4 21.5 21.6 21.7 21.8 21.9
Psychische Probleme und Interventionen bei Krebspatientinnen . . . . . . . . . . . . Häufigkeit von psychischen Problemen . Aufklärung und Informationsvermittlung Phasen der Krankheitsverarbeitung und Interventionen . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burn-out-Syndrom in der Arbeit mit Krebsbetroffenen . . . . . . . . . . . . . Symptome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ursachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Mögliche Maßnahmen zur Überwindung des Burn-out-Syndroms (Fengler 1991) . . Präventivmaßnahmen . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 215 . . 216 . . 216 . . 217 . . 219 . . 219
. . 221 . . 222 . . 222 . . . .
. . . .
Sexualität nach der Therapie gynäkologischer Malignome . . . . . . . . . . Sprache der Sexualität . . . . . . . . . . . . . . Klassifikation und Epidemiologie von Sexualstörungen . . . . . . . . . . . . . . . Sexualmedizinische Befunde bei Patientinnen mit gynäkologischen Malignomen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rückkehr in den Alltag . . . . . . . . . . . . . . Störende Faktoren der Sexualität infolge Krebs. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sexuelles Erleben nach chirurgischen Eingriffen nach Krebs . . . . . . . . . . . . . . . Hilfsmittel zur Unterstützung der sexuellen Reaktionsfähigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Ernährungsberatung während einer Chemotherapie/Hormontherapie . . . Appetitlosigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . Übelkeit, Erbrechen . . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtszunahme . . . . . . . . . . . . . . . . . Gewichtsverlust, Kachexie . . . . . . . . . . . . Darmträgheit, Obstipation . . . . . . . . . . . Blähungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Durchfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Neigung zu Infekten, Fatigue-Symptomatik Mundschleimhautentzündung . . . . . . . . .
223 224 224 224
225 226
21.10 Mundtrockenheit . . . . . . . . . . 21.11 Veränderungen des Geruchs- und Geschmackssinns . . . . . . . . . . 21.12 Klimakterische Beschwerden . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . 234 . . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
. . . .
235 235 235 236
Komplementäre Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie 22.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . 22.2 Misteltherapie . . . . . . . . . . . . . 22.3 Enzymtherapie . . . . . . . . . . . . . 22.4 Antioxidanzien . . . . . . . . . . . . . 22.5 Vitamine . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.6 Mineralstoffe und Spurenelemente 22.7 Diäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22.8 Fernöstliche Therapien . . . . . . . . 22.9 Homöopathie . . . . . . . . . . . . . . 22.10 Entspannungstechniken . . . . . . . Zusammenfassung . . . . . . . . . . Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
237 238 238 239 239 239 240 240 240 240 240 240 241
22
Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 226
226 227
Praktische Zubereitung und Anwendung von Zytostatika, Trastuzumab, Antiemetika und Supportiva . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251
227 Farbtafel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269 228 228 228 228
231 232 232 232 233 233 233 233 234 234
XIII
Autorenverzeichnis Auerbach, Leo, Ass. Prof. Dr. med.
Fink, Daniel, Prof. Dr. med.
Klocker, Johann, Dr. med. Dr. phil.
Universitätsklinik für Frauenheilkunde Klinische Abteilung für Spezielle Gynäkologie Währinger Gürtel 18–21 1090 Wien Österreich
Universitätsspital Zürich Klinik für Gynäkologie Frauenklinikstraße 10 8091 Zürich Schweiz
Landeskrankenhaus Klagenfurt Hämatoonkologische Ambulanz I. Medizinische Klinik St. Veiter Straße 47 9020 Klagenfurt Österreich
Greimel, Elfriede, Univ.-Doz. Dr. phil. Bader, Arnim, Dr. med.
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Köchli, Ossi R., Prof. Dr. med.
Harder, Michael, Dr. med.
Kurschel, Senta, Dr. med.
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Klinikum der Universität München Klinik und Poliklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation – Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München
Medizinische Universität Graz Neurochirurgische Klinik Auenbruggerplatz 29 8036 Graz Österreich
Bergant, Anton, Univ.-Prof. Dr. med.
Hellan, Jutta, Dr. med.
Medizinische Universität Innsbruck Klinik für Frauenheilkunde Anichstraße 35 6020 Innsbruck Österreich
Ärztin für Allgemeinmedizin Schwerpunkt Onkologie Neubaugasse 29 1070 Wien Österreich
Landeskrankenhaus Klagenfurt Abt. für Anästhesiologie und Allgemeine Intensivmedizin St. Veiter Straße 47 9020 Klagenfurt Österreich
Crohns, Corinna, Dr. med.
Jonat, Walter, Prof. Dr. med.
Lütolf, Urs Martin, Prof. Dr. med.
Universitätsfrauenklinik SchleswigHolstein Campus Kiel Michaelisstraße 16 24105 Kiel
Universitätsfrauenklinik SchleswigHolstein Campus Kiel Michaelisstraße 16 24105 Kiel
Universitätsspital Zürich Klinik für Radioonkologie Rämistraße 100 8091 Zürich Schweiz
Fehr, Mathias K., Priv.-Doz. Dr. med.
Kapp, Karin, Prof. Dr. med.
Marth, Christian, Univ. Prof. Dr. med.
Universitätsspital Zürich Klinik für Gynäkologie Frauenklinikstraße 10 8091 Zürich Schweiz
Universitätsklinik für Strahlentherapie Auenbruggerplatz 32 8036 Graz Österreich
Medizinische Universität Innsbruck Klinik für Frauenheilkunde Anichstraße 35 6020 Innsbruck Österreich
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Benedicic, Christoph, Dr. med.
Frauengesundheitszentrum Rämistraße 35 8001 Zürich Schweiz
Likar, Rudolf, Univ.-Doz. Dr. med.
XIV
Autorenverzeichnis
Mautner, Eva, Mag. rer. nat.
Rupacher, Ernst, Dr. med.
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Landeskrankenhaus Klagenfurt Abt. für Anästhesiologie und Allgemeine Intensivmedizin St. Veiter Straße 47 9020 Klagenfurt Österreich
Maass, Nicolai, Priv.-Doz. Dr. med. Universitätsfrauenklinik SchleswigHolstein Campus Kiel Michaelisstraße 16 24105 Kiel
Sevin, Bernd-Uwe, Prof. M.D., Ph.D.
Moinfar, Farid, Prof. Dr. med.
Sittl, R., Dr. med.
Medizinische Universität Graz Institut für Pathologie Auenbrugger Platz 25 8036 Graz Österreich
Universität Erlangen Klinik für Anästhesiologie Krankenhausstraße 12 91054 Erlangen
4500 Pablo Road Jacksonville Florida 32224 USA
Tamussino, Karl, Prof. Dr. med. Petru, Claudia, Dipl.-Diätassistentin Österreichische Krebshilfe Steiermark Rudolf-Hans-Bartsch-Straße 15-17 8042 Graz Österreich
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Petru, Edgar, Prof. Dr. med.
Untch, Michael, Priv.-Doz. Dr. med.
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Klinikum der Universität München Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München
Reich, Olaf, Prof. Dr. med.
Winter, Raimund, Prof. Dr. med.
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Geburtshilflich-gynäkologische Universitätsklinik Graz Auenbruggerplatz 14 8036 Graz Österreich
Rückert, Sandra
Wirth, Dagmar, Dr. med.
Klinikum der Universität München Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe – Großhadern Marchioninistraße 15 81377 München
Universitätsspital Zürich Klinik für Radioonkologie Rämistraße 100 8091 Zürich Schweiz
1 1
Maligne Tumoren der Mamma Walter Jonat, Corinna Crohns und Nicolai Maass
1.1
Häufigkeit, Altersverteilung, Lokalisation – 3
1.2
Risikofaktoren – 3
1.2.1
Hormonersatztherapie
1.3
Früherkennungsmaßnahmen und primäre Prävention – 3
1.3.1 1.3.2
Früherkennung bei durchschnittlichem Erkrankungsrisiko – 3 Früherkennung und primäre Prävention bei erhöhtem Erkrankungsrisiko – 4 Rolle von Phytoöstrogenen in der primären Prävention des Mammakarzinoms – 5
1.3.3
–3
1.4
Klinische Symptome – 5
1.5
Diagnostik – 5
1.6
Pathomorphologie des Mammakarzinoms und Prognosefaktoren – 6
1.7
Präinvasive Karzinome – 10
1.7.1 1.7.2
Duktales Carcinoma in situ (DCIS) – 10 Lobuläres Carcinoma in situ (LCIS) – 11
1.8
Adjuvante Therapie des histologisch gesicherten Mammakarzinoms – 12
1.8.1 1.8.2 1.8.3
Operative Therapie – 12 Strahlentherapie – 15 Systemische adjuvante oder neoadjuvante Therapie des Mammakarzinoms – 16
1.9
Nachsorge – 18
1.9.1
Früherkennung von lokoregionären oder intramammären Rezidiven und Fernmetastasen – 18 Diagnose und Therapie von Folgen und Nebenwirkungen der vorausgegangenen Behandlung – 19
1.9.2
1.10
Diagnostik und Therapie von Lokalrezidiven – 20
1.10.1 1.10.2 1.10.3
Häufigkeit und Prognose – 20 Diagnostik bei Verdacht auf Lokalrezidiv Therapie des Lokalrezidivs – 21
1.11
Diagnostik und Therapie von Fernmetastasen – 21
1.11.1 1.11.2
Diagnostik bei Verdacht auf Fernmetastasen – 21 Therapie bei Fernmetastasen – 22
1.12
Mammakarzinom in der Schwangerschaft – 26 Zusammenfassung Literatur
– 28
– 26
– 20
3 1.3 · Früherkennungsmaßnahmen und primäre Prävention
1.1
Häufigkeit, Altersverteilung, Lokalisation
Das Mammakarzinom ist in den westlichen Ländern das häufigste Malignom der Frau. Das Erkrankungsrisiko beträgt in Deutschland 9–10%. Das entspricht etwa 43.000 Erstdiagnosen eines Mammakarzinoms pro Jahr. Bei Frauen im Alter zwischen 35 und 55 Jahren ist es die häufigste Todesursache. Das Risiko für ein Mammakarzinom steigt ab dem 45. Lebensjahr stetig an. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 63 Jahre. Der axillare Ausläufer des Brustdrüsengewebes hat das größte Drüsenvolumen. Deshalb findet sich das Mammakarzinom in rund 55% der Fälle im oberen äußeren Quadranten. Weitere Lokalisationen sind v. a. der innere obere und der äußere untere Quadrant sowie retromamillar mit je etwa 10–15%. Mammakarzinome finden sich aber auch in dystopem Gewebe, und zwar v. a. zwischen Lobus axillaris der Brustdrüse und Axilla (. Abb. 1.1).
1.2
. Abb. 1.1. Häufigkeit des Mammakarzinoms in den 4 Quadranten und im Warzenhof, aus Köchli et al. (1998)
Risikofaktoren jähriger Therapie. Es handelt sich zudem um einen grö-
Zu den wichtigsten Risikofaktoren zählen 4 Höheres Lebensalter 4 Kontralaterales Mammakarzinom 4 Familiäre Mamma- oder Ovarialkarzinombelastung 4 Duktales und lobuläres Carcinoma in situ (DCIS, LCIS) bzw. andere Vorläuferläsionen wie atypische duktale Hyperplasie 4 Adipositas in der Postmenopause 4 Frühe Menarche 4 Niedrige Geburtenzahl, erste Schwangerschaft nach dem 30. Lebensjahr, kurze Laktationsdauer 4 Späte Menopause
ßeren Anteil invasiv lobulärer Mammakarzinome. Bedeutsam ist auch, dass die Aussagekraft der Mammographie als Screeninguntersuchung zum Ausschluss eines Mammakarzinoms unter einer Hormonsubstitutionstherapie vermindert ist. Allerdings kann ein kurzfristiges Aussetzen der Hormonsubstitutionstherapie zu einer signifikanten Aufhellung des Mammographiebildes führen (Keck u. Tempfer 2003).
1.3
Früherkennungsmaßnahmen und primäre Prävention
1.3.1 Früherkennung bei durchschnittlichem 1.2.1 Hormonersatztherapie
Das physiologische Wachstumsstimulans für das natürliche Brustwachstum sind Östrogene. Hinweise für eine mögliche Rolle derselben bei der Entstehung des Mammakarzinoms liefern epidemiologische Daten, die auf eine Risikoerhöhung durch frühe Menarche und späte Menopause, durch eine späte erste Schwangerschaft und nicht zuletzt über die Risikominderung nach Ovarektomie hinweisen. Aktuelle Daten zum Nebenwirkungsprofil einer Hormonersatztherapie zeigen eine geringe Zunahme der Mammakarzinominzidenz v. a. unter lang-
Erkrankungsrisiko In diesen Fällen sind folgende Früherkennungsmaßnahmen vorgesehen 4 Jährliche klinische Kontrolle durch den Facharzt 4 Zwischen dem 40. und dem 70. Lebensjahr wird die Mammographie als Brustkrebsvorsorge alle 2 Jahre empfohlen.
1
4
1
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
1.3.2 Früherkennung und primäre Prävention
bei erhöhtem Erkrankungsrisiko Etwa 5% aller Mammakarzinome entstehen aufgrund einer erblichen Disposition. Bei etwa 20% der Familien mit hohem Risiko für Brustkrebserkrankungen kann die kausale Mutation im Erbgut eruiert werden. Aktuell ist ein Mutationsnachweis nur im BRCA-1- und BRCA-2-Gen möglich. Für Trägerinnen einer Mutation auf dem BRCA-1- und/oder BRCA-2-Gen existiert ein bis zu 80%iges Lebenszeitrisiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken. Auch das Risiko für Zweitkarzinome ipsi- und kontralateral ist mit bis zu 60% deutlich erhöht. Bei einem nicht erkrankten Familienangehörigen ist die Mutationssuche nur dann entlastend, wenn die Mutation der Familie bereits bei einem erkrankten Familienmitglied nachgewiesen wurde. Sonst kann auch bei fehlendem Mutationsnachweis eine solche nicht ausgeschlossen werden. Daher gilt, dass allein eine stark belastete Familienanamnese für eine genetische Beratung mit nachfolgendem erweitertem Vorsorgeprogramm ausreichend ist (. Tab. 1.1). Als hohes Risiko gelten nach Leitlinie der AGO 1999 (Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie) mindestens eine an Brustkrebs erkrankte Person unter 40 Jahren oder insgesamt mehr als 3 Personen in einer Verwandtschaftslinie. Aktuelle Daten sprechen dafür, dass die Prognose und damit die Therapie des hereditären Mammakarzinoms mit denen eines sporadisch entstandenen Mammakarzinoms vergleichbar sind. Auch die Lokalrezidivrate nach Brust
erhaltender Therapie unterscheidet sich nicht signifikant. Bedeutsam ist dagegen das deutlich erhöhte Risiko für die Entwicklung eines Zweitkarzinoms der Mamma (25–65%), eines Ovarialkarzinoms (in Abhängigkeit von der Mutation bei 20–60%) und ein leicht erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Kolonkarzinoms, eines Pankreaskarzinoms oder eines malignen Melanoms. Daraus folgt die Notwendigkeit einer Beratung bezüglich intensiver Nachsorge und präventiver Maßnahmen, inklusive möglicher prophylaktischer Operationen. Für die Kinder der betroffenen Patientin existiert ein Risiko von 50%, die Genmutation geerbt zu haben. Die primäre Prävention anhand von Medikamenten kann derzeit nur im Rahmen von Studien erfolgen, während prophylaktische Operationen allein durch die hohe Risikokonstellation gerechtfertigt werden können. Die bilaterale Mastektomie und Ovarektomie nach abgeschlossener Familienplanung bzw. ab dem 35–40. Lebensjahr sind nach aktueller Datenlage die empfohlene Option bei noch nicht erkrankten Ratsuchenden mit Mutationsnachweis. Dasselbe gilt auch für Ratsuchende mit auffälliger Familienanamnese ohne Mutationsnachweis (Schrag et al. 1997, Hartmann et al. 1999). Die bilaterale Mastektomie erreicht eine Risikoreduktion um 90–95%. Aufgrund des operativen und psychologischen Traumas wird dieses Vorgehen nicht generell direktiv empfohlen und im Zusammenhang mit einer simultanen Brustrekonstruktion angeboten. Probleme wie Restdrüsengewebe nach prophylaktischer Mastektomie mit verbleibendem Risiko müssen angesprochen werden.
. Tab. 1.1. Vorsorgeprogramm bei Hochrisikofamilien und Mutationsträgerinnen
18.–24. Lebensjahr Beratung bezüglich
25.–29. Lebensjahr
Ab dem 30. Lebensjahr
Prophylaktischer Operationen (Mastektomie, Adnexektomie) Erhöhtem Risiko assoziierter Krebserkrankungen (Ovarialkarzinom!, malignem Melanom, Kolonkarzinom, Pankreaskarzinom, Prostatakarzinom, Hodenkarzinom) Gesunder Lebensweise (Ernährung, Sport, Nikotinabstinenz usw.)
Selbstuntersuchung der Brust
Alle 4 Wochen in der 1. Zyklushälfte
Klinische Untersuchung
Jährlich
Halbjährlich
Halbjährlich
Mammasonographie
–
Halbjährlich
Halbjährlich
Mammographie
–
–
Jährlicha
MRT der Mamma
–
(Jährlich)
(Jährlich)
a
Das Mammographiescreening in dieser Risikopopulation sollte mindestens 5 Jahre vor der ersten Erkrankung in der Familie beginnen.
5 1.5 · Diagnostik
Die subkutane Mastektomie mit Zurücklassen des Mamillen-Areola-Komplexes und bis zu 10% Brustdrüsengewebe ist aus diesem Grund für Risikopatientinnen nicht das Verfahren der ersten Wahl. Neben der deutlichen Reduktion des Ovarialkarzinomrisikos um etwa 90% muss bei prophylaktischer Ovarektomie ebenfalls auf das verbleibende Restrisiko eines extraovarialen Peritonealkarzinoms hingewiesen werden. Zusätzlich ist die Ovarektomie bei BRCA-1Mutationsträgerinnen mit einem um 50–70% niedrigeren Mammakarzinomrisiko verbunden (Rebbeck et al. 1999, 2002).
Klinische Symptome des Mammakarzinoms 5 Tastbefund in der Brust (meist derber, verschieblicher, unregelmäßig begrenzter Knoten) 5 Hauteinziehung über einem tastbaren Knoten 5 Orangenhautphänomen mit Verdickung der Haut, Ödem 5 Einseitige Einziehung der Mamille 5 Einseitige, spontane, blutige Sekretion aus der Mamille 5 Rötung der Brust ohne/mit umschriebenem Tumor 5 Ekzematös, schuppend-nässende »Entzündung« der Mamille bzw. der Areola mamillae (M. Paget) 5 Vergrößerte axilläre und/oder supraklavikuläre Lymphknoten 5 Lymphödem einer oberen Extremität 5 Husten, Knochenschmerzen, Oberbauchschmerzen: In ca. 8% sind bereits zum Diagnosezeitpunkt Fernmetastasen in Knochen, Lunge oder Leber vorhanden
1.3.3 Rolle von Phytoöstrogenen in der primären
Prävention des Mammakarzinoms Epidemiologische Studien unterstützen einen möglichen protektiven Effekt von Soja in erster Linie bei prämenopausalen Frauen. Allerdings beruhen die Daten zur Ermittlung des präventiven Effekts von Phytoöstrogenen auf 4 Epidemiologischen Beobachtungen in Asien und Europa 4 Untersuchungen zum Östrogenmetabolismus bei Phytoöstrogenexposition 4 Tierexperimentellen Befunden 4 In-vitro-Untersuchungen an Mammakarzinomzelllinien Damit sind die vorliegenden Erkenntnisse unzureichend, um Empfehlungen zur Prävention von Brustkrebs mit Phytoöstrogenen zu proklamieren. Kontrollierte Studien sind gefordert, um den möglichen Bezug zur Erkrankung und zum Rezidiv des Mammakarzinoms zu untersuchen. Darüber hinaus sollten die Inhaltstoffe in phytoöstrogenhaltigen Lebensmitteln, die für die mögliche antikanzerogene Wirkung verantwortlich sind, analysiert werden, um damit eine Rationale zur Brustkrebsprävention abzuleiten (Adzersen u. Gerhard 2001).
1.4
Klinische Symptome
In den Frühstadien wie dem Carcinoma in situ sind häufig keine Symptome vorhanden. Typisch für das Mammakarzinom ist ein Tastbefund in der Brust, der nach wie vor heute leider noch in ca. 60 % der Mammakarzinome von den Frauen als Knoten in der Brust selbst getastet wird.
1.5
Diagnostik
Zur Untersuchung der Mammae stehen uns folgende Möglichkeiten zu Verfügung 5 Inspektion 5 Palpation 5 Mammasonographie 5 Mammographie 5 Magnetresonanztomographie (MRT) 5 Stanzbiopsie, Feinnadelpunktion Nach der klinischen Untersuchung folgt die bildgebende Diagnostik. Die BI-RADS-Klassifikation dient der Einteilung von möglichen Befunden (. Tab. 1.2). Aus den Befunden BI-RADS-Kategorie I und II ergibt sich keine klinische Konsequenz. Die BI-RADS-Kategorie III steht für einen kontrollbedürftigen Befund, während die BI-RADS-Kategorie IV eine Indikation zur minimalinvasiven Mammadiagnostik darstellt. Ziel ist es dabei, die Rate falsch-positiver Befunde zu reduzieren und die Detektionsrate früher maligner Veränderungen zu erhöhen. Befunde der BI-RADS-Kategorie V erfordern eine operative Abklärung und können einer präoperativen minimalinvasiven Diagnostik zugeführt werden, wenn eine präoperative histologische Diagnosesicherung gewünscht wird (. Abb. 1.2).
1
6
1
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
. Tab. 1.2. BI-RADS-Klassifikation zur Einteilung von Mammographiebefunden BI-RADS I
Negativ Ohne pathologischen Befund. Das Drüsenparenchym ist symmetrisch. Es gibt keine Raumforderung, keine Unregelmäßigkeiten in der Architektur und keine suspekten Mikroverkalkungen
BI-RADS II
Benigner Befund Typische benigne Veränderung. Kein Anzeichen einer malignen Veränderung
BI-RADS III
Wahrscheinlich benigner Befund (unklar) Die mammographisch sichtbaren Veränderungen sind mit hoher Wahrscheinlichkeit benigne. Kontrolle im Verlauf geboten
BI-RADS IV
Suspekte Veränderung Die Veränderung hat nicht die typische Morphologie einer malignen Läsion, aber eine gewisse Wahrscheinlichkeit, maligne zu sein
BI-RADS V
Mit hoher Wahrscheinlichkeit maligner Befund
BI-RADS VI
Histologische Sicherung eines malignen Befunds liegt vor
1.6
. Abb. 1.2. Umschriebener, suspekter Mikrokalk – BI-RADS V; histologische Sicherung: Befund eines high grade DCIS
Pathomorphologie des Mammakarzinoms und Prognosefaktoren
Manifestationsort des Mammakarzinoms ist das periphere duktulo-lobuläre Parenchym. Hierbei unterscheidet man invasiv duktale (65–80%) und invasiv lobuläre Karzinome (~10%) sowie etwa 20 andere spezielle Typen wie u. a. papilläre, medulläre, adenoid-zystische, tubuläre oder muzinöse Karzinome. Eine besonders ungünstige Prognose hat das inflammatorische Mammakarzinom, das klinisch durch eine diffuse Hautrötung und histopathologisch durch eine disseminierte dermale Lymphangiosis carcinomatosa und ein diffus infiltrierendes Karzinom gekennzeichnet ist (. Abb. 1.3, 1.4, 1.5). Die TNM-Klassifikation (. Tab. 1.3) gibt Auskunft über das Tumorstadium, den Nodalstatus und das Vorhandensein von Fernmetastasen. Sie ist von entscheidender prognostischer Bedeutung. Das Ausmaß der invasiven Komponente ist für das T-Stadium entscheidend. Folgende Ausdehnungsmuster sind denkbar 4 Zirkumskript – das Karzinom ist umschrieben, oftmals medulläre Karzinome 4 Szirrhös – sternförmige Konfiguration 4 Multizentrisch – In bis zu 30% liegt Multizentrizität vor (Befall von mindestens 2 Quadranten). Dieses Karzinom ist mit einem hohem Rezidivrisiko verbunden. Damit liegt eine Indikation zur Ablatio vor.
7 1.6 · Pathomorphologie des Mammakarzinoms und Prognosefaktoren
4 Multifokal – invasive oder intraduktale Karzinomherde in der Umgebung eines Primärtumors ohne Beteiligung anderer Quadranten
. Abb. 1.3. Mammakarzinom: großer T3-Primärtumor rechts (5,5 cm) (7 Farbtafel)
. Abb. 1.4. Inflammatorisches Mammakarzinom (7 Farbtafel)
. Abb. 1.5. Morbus Paget der Mamille (7 Farbtafel)
Der axillare Lymphknotenstatus ist der wichtigste Prognosefaktor und direkt mit der Größe des Tumors sowie den Rezidiv- und Überlebensraten korreliert. Bisher galt als Standard, dass zur exakten Erfassung des Nodalstatus mindestens 10 Lymphknoten untersucht werden müssen. Zur Reduzierung der Mortalität nach axillarer Lymphonodektomie wird derzeit die Technik der Sentinel-node-Biopsie überprüft. Der Sentinel-Knoten soll eine Indikatorfunktion innehaben, sodass bei negativem Sentinel-Lymphknoten auf die ausgedehnte Axilladissektion verzichtet werden kann. International hat die Sentinel-node-Biopsie die axillare Lymphonodektomie bei spezieller Indikationsstellung als Standard abgelöst. Als Gradingverfahren hat sich für die invasiven Karzinome das System von Bloom u. Richardson unter Berücksichtigung der semiquantitativen Erfassung von Einzelkriterien wie Tubulusbildung, Kernpleomorphie und Mitoserate bewährt. Man unterscheidet Grad 1–3, gut, mäßig und schlecht differenziert. Ein weiterer Prognosefaktor ist der Hormonrezeptorstatus. Er wird immunhistochemisch am Paraffinschnitt bestimmt und semiquantitativ bewertet. Es gilt eine Skala von 1–12, wobei ein immunreaktiver Score >2 als hormonrezeptorpositiv zu werten ist. Darüber hinaus ist der Hormonrezeptorstatus ein prädiktiver Faktor für das Ansprechen auf eine endokrine systemische Therapie. In etwa 25–30% aller Mammakarzinome kann die Überexpression des HER2/neu-Rezeptors nachgewiesen werden. Die Überexpression ist mit einem rasch progredienten und häufig metastasierenden klinischen Verlauf des Mammakarzinoms korreliert und oft mit anderen prognostisch ungünstigen Faktoren assoziiert. Der Nachweis erfolgt immunhistochemisch mittels Antikörper am Paraffinschnitt. Die Ergebnisse werden mit 0 oder 1+ (negativ), 2+ (grenzwertig positiv) und 3+ (stark positiv) klassifiziert. Ergänzt wird diese Methode bei unklaren Befunden (2+) durch die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH). Hierbei kann die genaue Kopienzahl des Onkogens bestimmt werden. Die HER2/neu-Überexpression ist ein prädiktiver Faktor für das Ansprechen auf eine Therapie mit dem spezifischen Antikörper Trastuzumab (Herceptin). Durch die tumorassoziierten Proteolysefaktoren UPA und PAI1 sollen die Auswahl und Indikation adjuvanter
1
8
1
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
. Tab. 1.3. TNM-Klassifikation des Mammakarzinoms
Tumor/Lymphknoten/Metastasen
Bedeutung/Ausmaß
a
pT-Primärtumor pTX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
pT0
Kein Anhalt für Primärtumor
pTis
Carcinoma in situ
pT1
Tumor 2 cm oder weniger in der Ausdehnung
pT1mic
Mikroinvasion, <0,1 cm
pT1a
≤0,5 cm in der Ausdehnung
pT1b
>0,5 cm, aber ≤1 cm in der Ausdehnung
pT1c
>1 cm, aber ≤2 cm in der Ausdehnung
pT2
Tumor >2 cm, aber ≤5 cm in der Ausdehnung
pT3
Tumor >5 cm
pT4
Tumor jeder Größe mit direkter Ausdehnung auf Brustwand oder Haut
pT4a
Ausdehnung auf die Brustwand
pT4b
Mit Ödem, Ulzeration oder Satellitenmetastasen auf der Haut
pT4c
Kriterien 4a und 4b gemeinsam
pT4d
Inflammatorisches Karzinom a,b
pN-Regionale Lymphknoten
(. Abb. 1.6)
pNX
Regionale Lymphknoten können nicht beurteilt werden
pN0
Keine regionalen Lymphknotenmetastasen
pN1
Metastasen in 1–3 ipsilateralen axillaren Lymphknoten und/oder entlang der A. mammaria interna (SLN), klinisch unauffällig
pN1mic
Mikrometastase >0,2 mm, aber <0,2 cm
pN1a
Metastasen in 1–3 axillaren Lymphknoten, davon eine >0,2 cm
pN1b
Metastase im SLN, klinisch unauffällig
pN1c
Metastasen in 1–3 ipsilateralen axillaren Lymphknoten und entlang der A. mammaria interna (SLN), klinisch unauffällig
pN2
Lymphknotenmetastasen in 4–9 axillaren Lymphknoten oder Klinisch auffällige Lymphknoten entlang der A. mammaria interna (SLN) ohne axillare Lymphknotenmetastasen
pN2a
Lymphknotenmetastasen in 4–9 Lymphknoten, davon eine >0,2 cm
pN2b
Klinisch auffällige Lymphknoten entlang der A. mammaria interna (SLN) ohne axillare Lymphknotenmetastasen
9 1.6 · Pathomorphologie des Mammakarzinoms und Prognosefaktoren
. Tab. 1.3 (Fortsetzung)
Tumor/Lymphknoten/Metastasen
Bedeutung/Ausmaß
pN3
Lymphknotenmetastasen in mindestens 10 axillaren Lymphknoten oder Ipsilaterale infraklavikulare Lymphknotenmetastasierung oder Klinisch auffällige Lymphknoten entlang der A. mammaria interna (SLN) kombiniert mit axillaren Lymphknotenmetastasen oder Ipsilaterale supraklavikulare Lymphknotenmetastasierung
pN3a
Lymphknotenmetastasen in mindestens 10 axillaren Lymphknoten oder Ipsilaterale infraklavikulare Lymphknotenmetastasierung
pN3b
Klinisch auffällige Lymphknoten entlang der A. mammaria interna (SLN) kombiniert mit axillaren Lymphknotenmetastasen oder Metastasen in mehr als 3 ipsilateralen axillaren Lymphknoten und entlang der A. mammaria interna (SLN), klinisch unauffällig
pN3c
Ipsilaterale Lymphknotenmetastasen supraklavikular
pM-Fernmetastasen pMX
Vorliegen von Fernmetastasen nicht beurteilbar
pM0
Keine Fernmetastasen
pM1
Fernmetastasen
a b
Das Präfix »y« kennzeichnet Fälle, in denen die Klassifikation während oder nach einer initialen Chemotherapie erfolgt. Die Klassifikation der regionalen Lymphknoten erfordert mindestens die Entfernung und Untersuchung von 6 oder mehr Lymphknoten aus Level I (untere Axilla: lateral des lateralen Randes des M. pectoralis minor). Das Mindestmaß für 2 untersuchte Level sind 10 untersuchte Lymphknoten: Level II (mittlere Axilla: zwischen medialem und lateralem Rand des M. pectoralis minor und interpektorale Lymphknoten), Level III (apikale Axilla: medialer Rand des M. pectoralis minor und subklavikulare, infraklavikulare oder auch apikale Lymphknoten).
. Abb. 1.6. Hauptlymphabflusswege der weiblichen Brust mit Darstellung der regionalen Lymphknotengruppe, aus Beller (1985) 1 Ln. cervicales profundi, 2 Ln. infraclaviculares, 3 Ln. sternales, 4 Lymphweg zu den mediastinalen Lymphknoten, 5 Lymphweg zur kontralateralen Brust und Axilla, 6 Lymphweg zu den subdiaphragmatischen Lymphknoten und zur Leber, 7 Ln. pectorales anteriores, 8 Ln. axillares centrales, 9 Ln. axillares subscapulares, 10 Ln. interpectorales (Rotter), 11 Ln. venarum brachialium, 12 Ln. venae axillaris, 13 Ln. venae subclaviae
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Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
systemischer Therapien bei nodalnegativen Patientinnen spezifischer erfolgen. Aktuell sind diese Marker allerdings ohne klinische Relevanz. Darüber hinaus sind unterschiedliche Proliferationsindikatoren bekannt, wie S-PhaseFraktion, Ki-67 und der Mitoseindex. Auch diese dienen heute höchstens als prognostische Zusatzhinweise. ! Als Qualitätsbeobachtung eines histopathologischen Befunds sollten folgende Informationen immer vorliegen 5 Tumorgröße in metrischen Maßen 5 Histologischer Tumortyp, histologischer Grad, Tumorstadium (pT), Lymphknotenstatus (pN) 5 Angaben zum Sicherheitsabstand von DCIS und invasivem Karzinom vom Schnittrand 5 Immunhistochemischer Hormonrezeptorstatus beim DCIS und invasiven Mammakarzinom
1.7
Präinvasive Karzinome
1.7.1 Duktales Carcinoma in situ (DCIS)
Nach WHO ist das DCIS definiert als unmittelbare Vorläuferläsion des invasiven Karzinoms. Die Ausdehnung erfolgt innerhalb der Brustdrüsengänge bei intakter Basalmembran und folglich ohne Stromainvasion. Etwa 70–95% der intraduktalen Karzinome sind mit mammographisch detektierbaren Kalzifikationen assoziiert. In den letzten Jahren ist durch den Einsatz der Mammographie der Anteil des DCIS an den neu diagnostizierten Karzinomen auf 10–20% gestiegen. Das DCIS tritt üblicherweise unizentrisch auf (98%) und zeigt häufig ein multifokales bzw. diskontinuierliches Ausbreitungsmuster. Der Abstand zwischen den Herden übersteigt dabei selten 1 cm (Faverly et al. 1994). Diagnostik
4 Das DCIS ist häufig mit Mikrokalk assoziiert. Damit ist die Mammographie richtungsweisend. 4 Als erster Schritt der Diagnosesicherung besteht die Möglichkeit eines stereotaktischen Biopsieverfahrens. In dem Stanzpräparat muss der vordiagnostizierte Mikrokalk enthalten sein. 4 Nach histologischer Sicherung muss immer eine großzügige Exzision des suspekten Areals erfolgen. Bei nicht eindeutig palpablen Befunden ist die Lokalisation des Befunds mittels präoperativer Markierung erforderlich (Draht- oder Farbmarkierung).
Therapie
4 Das betroffene Areal muss operativ vollständig exzidiert werden. Als therapeutische Maxime wird ein tumorfreier Randsaum von mindestens 5–10 mm angestrebt. Wenn das nicht erreicht werden kann, ist die Mastektomie die lokale Therapie der Wahl. Das Exzidat muss an mindestens 3 Stellen markiert werden, sodass bei nicht tumorfreien Rändern die topographische Zuordnung durch den Pathologen für eine evtl. Nachresektion eindeutig ist. Grundsätzlich ist das Rezidivrisiko erhöht, 5 wenn der Tumor präoperativ palpabel ist 5 wenn der Resektionsrand nicht oder nur fraglich tumorfrei ist 5 wenn Komedonekrosen vorliegen 5 wenn eine alleinige Tumorektomie erfolgt ist 4 Vor histologischer Aufarbeitung empfiehlt sich eine Präparatradiographie. Im Vergleich mit der Ausgangsmammographie kann festgestellt werden, ob der mammographisch suspekte Befund komplett im Präparat enthalten ist. 4 Der weiteren Therapieentscheidung liegt der Van-NuysPrognoseindex (VNPI) zugrunde. Die Punktzahl ist abhängig von der Tumorausdehnung, dem Resektionsrand und dem Malignitätsgrad (pathologische Klassifikation). Die Gesamtpunktezahl ergibt sich aus der Addition der Scorewerte für die einzelnen Parameter (. Tab. 1.4) (Silverstein et al. 1996). Allerdings muss festgehalten werden, dass es sich nicht um einen allgemein akzeptierten Prognoseindex handelt, da bisher nur ein Evidenzniveau von III erreicht werden konnte. 4 Nach Brust erhaltender Operation senkt die Bestrahlung der Restbrust (50 Gy in konventioneller Fraktionierung) die Rate an invasiven und nichtinvasiven Rezidiven. Die Nachbestrahlung ist allgemein indiziert, hat aber bei günstigem Risiko nur einen minimalen Effekt. Damit kann bei kleinen Tumoren <2 cm, bei einem Non-high-grade-Karzinom und bei einem Resektionsrand >1 cm darauf verzichtet werden (etwa VNPI 3–4). Vorteile einer nichtbestrahlten Brust sind die persistierende Bestrahlungsoption im Fall eines invasiven Rezidivs und eine bessere Wundheilung bei Nachresektion oder rekonstruktiven Operationen. Bei einer Ausdehnung von mehr als 5 cm muss in bis zu 59% der Fälle von einer okkulten Mikroinvasion ausgegangen werden (Lagios et al. 1982). Lymphknotenbefall wird dann in bis zu 2% bezogen auf das Gesamtkollektiv beobachtet. Ab einer Gesamtausdehnung von 4–5 cm
11 1.7 · Präinvasive Karzinome
. Tab. 1.4. Van-Nuys-Prognoseindex (VNPI)
Scorea
1
2
3
Größe [mm]
<15
16–40
>40
Resektionsrand [mm]
>10
1–9
<1
Pathologische Klassifikation
Non-high grade
Non-high grade
High grade
Ohne Nekrosen
Mit Nekrosen
Mit/ohne Nekrosen
a
Die Gesamtpunktzahl ergibt sich aus der Addition der Scorewerte für die einzelnen Parameter.
kann aufgrund eines erhöhten Risikos, die okkulte Invasion zu übersehen, die Lymphonodektomie diskutiert werden. 4 Das Rezidivrisiko in Abhängigkeit von der Therapie und VNPI ist in . Tab. 1.5 dargestellt. Die NSABP-B17-Studie zeigte nach einem Follow-up von 8 Jahren eine Rate von 26,8% intramammärer nichtinvasiver und invasiver Rezidive nach alleiniger Exzision, 12,1% nach zusätzlicher Bestrahlung und 0,75% nach Mastektomie (Fisher et al. 1999a,b, Warnberg et al. 2001). 4 Der Stellenwert einer adjuvanten systemischen Therapie mit Tamoxifen wurde in der NSABP-B-24-Studie untersucht. Tamoxifen reduziert das Risiko eines invasiven Karzinoms sowohl ipsi- als auch kontralateral. Das Risiko eines DCIS wird nicht gesenkt. Etwa 70% der DCIS sind vom Komedotyp und damit hormonrezeptornegativ. Es gibt bisher keine Subgruppenanalyse, welche die Effektivität von Tamoxifen nach Rezeptorstatus und Resektionsrand untersucht (Fisher et al. 1999a,b, Schwartz et al. 2000). Der Nutzen von GnRH-Analoga
nach DCIS ist bisher nicht belegt. Aktuell wird in Präventionsstudien der Einsatz von GnRH-Analoga bei Hochrisikopatientinnen überprüft. Unter anderem ist DCIS in der Anamnese Einschlusskriterium. > > Standard des Vorgehens bei nachgewiesenem DCIS 5 Das betroffene Areal muss operativ vollständig exzidiert werden. Als therapeutische Maxime wird ein tumorfreier Randsaum von mindestens 5–10 mm angestrebt. 5 Nach Brust erhaltender Operation senkt die Bestrahlung der Restbrust mit 50 Gy in konventioneller Fraktionierung die Rate an invasiven und nichtinvasiven Rezidiven. 5 Derzeit gibt es keine prospektive Untersuchung, die einen gesicherten Nutzen einer adjuvanten endokrinen systemischen Therapie nach DCIS belegt.
1.7.2 Lobuläres Carcinoma in situ (LCIS) . Tab. 1.5. Lokalrezidivrate in Abhängigkeit von Van-NuysPrognoseindex (VNPI) und lokaler Therapie (Silverstein et al. 1996)
VNPI
Therapie
Lokalrezidivrate [%]
3–4
Exzision und/oder Radiatio
3
5–7
Alleinige Exzision
35
Exzision und Radiatio
15
Exzision und Radiatio
80
Ablatio
<1
8–9
Es stellt eine neoplastische Epithelproliferation von dissoziiert wachsenden monomorphen Tumorzellen dar. Die Inzidenz liegt bei etwa 1% aller nichtinvasiven und invasiven Mammatumoren. In der meisten Fällen handelt es sich um einen Zufallsbefund, da die Tumoren oftmals nicht palpabel und wegen fehlender Kalzifikation mammographisch selten darstellbar sind. Die Ausbreitung ist in bis zu 70% multizentrisch und in bis zu 30% bilateral. Die Therapieempfehlung der EORTC-Konsensuskonferenz von 1989 ist lediglich die lokale Exzision ohne systematische Beurteilung des Resektionsrands. Es besteht keine Indikation zur Mastektomie. Das LCIS ist nicht strahlensensibel. Damit
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Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
ist eine postoperative Bestrahlung wenig sinnvoll. Das LCIS ist Indikatorläsion und direkte Vorläuferläsion eines invasiven Karzinoms. Das relative Risiko, in vergleichbaren Altersgruppen ein invasives Karzinom zu entwickeln, ist auf das 5,4- bis 12fache erhöht. Darauf begründet sich eine intensivierte Vorsorge durch jährliche Mammographiekontrollen. Die atypische lobuläre Hyperplasie (ALH) findet sich in 2% der nicht karzinomhaltigen Biopsien. Die Bedeutung ist auch hier eine Indikatorfunktion mit einem etwa 4fach erhöhten Mammakarzinomrisiko betroffener Frauen.
1.8
Adjuvante Therapie des histologisch gesicherten Mammakarzinoms
Beim Mammakarzinom ist seit Jahrzehnten der primär operative Ansatz Standard. Randomisierte klinische Studien haben gezeigt, dass unter Berücksichtigung bestimmter klinischer und histologischer Parameter die Brust erhaltende Therapie identische Überlebensraten wie die Mastektomie erzielt (Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group 1995, Fisher et al. 2002, Veronesi et al. 2002). Nur in Ausnahmefällen, wie z. B. beim lokal weit fortgeschrittenen Tumor oder dem inflammatorischen Mammakarzinom, wurde die neoadjuvante oder primäre Chemotherapie genutzt und ist heute in diesen Fällen als Standardmethode etabliert. Im Vordergrund steht hierbei die Verkleinerung des klinischen Befunds, um damit die Resektion im Gesunden und den primären Wundverschluss zu ermöglichen (Hortobagyi et al. 1988). Alternativ kann auch die primäre Strahlentherapie eingesetzt werden, die gegenüber der Chemotherapie höhere Ansprechraten und eine geringere allgemeine Toxizität aufweist. Der Vorteil der Chemotherapie ist jedoch, dass gleichzeitig eine systemische Wirkung erzielt wird, die bei fortgeschrittenen Tumorstadien auch eine wahrscheinliche Mikrometastasierung behandelt. Darüber hinaus sind Wundheilungsstörungen nach Chemotherapie und dem sekundären operativen Eingriff geringer als nach Strahlentherapie. Erst in den letzten Jahren wurde zunehmend die Möglichkeit diskutiert, die Vorteile einer neoadjuvanten Chemotherapie auch bei einem erweiterten Patientinnenkollektiv zu nutzen. Diese Überlegungen sind untrennbar mit der Entwicklung der Brust erhaltenden Chirurgie beim primär operablen Mammakarzinom verbunden. In vielen Fällen ist es nicht mehr onkologische Notwendigkeit, sondern der kosmetische Aspekt, der einer Brusterhaltung im Wege steht. Neben neuen onkoplastischen Techniken wie intra-
mammären oder muskulokutanen Schwenklappenplastiken wurde durch die Idee der präoperativen zytostatischen Verkleinerung des Tumorknotens eine Brusterhaltung ermöglicht.
1.8.1 Operative Therapie
Ihr Ziel ist die komplette Exstirpation des Tumors mit tumorfreien Resektionsrändern. Sie stellt damit die Basis für alle nicht fortgeschrittenen Mammakarzinome dar. Angestrebt wird ein mikroskopisch gemessener Resektionsrand von mindestens 1 mm (Bilchert-Toft et al. 1997). Unabhängig davon, ob eine primäre operative Therapie oder Operation nach primärer Chemotherapie angestrebt wird, ist folgendes Vorgehen Standard: Brust erhaltende Therapie. Es erfolgen Tumorexstirpation und axillare Lymphonodektomie bzw. Sentinel-Lymphknotenbiopsie der betroffenen Seite 4 Die Hautinzision erfolgt semizirkulär, parallel zur Areola bzw. entsprechend den Hautlinien über dem palpablen oder markierten Tumor. 4 Der Tumor wird unter digitaler Palpation identifiziert und möglichst mit einem makroskopisch tumorfreien Absetzungsrand präpariert. 4 Eine Markierung der Absetzungsränder des Tumorpräparats ist insbesondere für den Fall späterer Nachresektionen sinnvoll. 4 Größere Defekte können durch einen intramammären Schwenklappen korrigiert werden. 4 Die Einlage einer Redon-Dränage ohne Sog dient zur Prophylaxe einer Dellenbildung der Haut. 4 Die ipsilaterale axillare Lymphonodektomie erfolgt (häufig) über einen getrennten Zugang entlang der Hautspaltenlinien dorsal des Vorderrands des M. pectoralis major (. Abb. 1.7). 4 Entfernt werden sollten bei der konventionellen axillaren Lymphadenektomie mindestens 10 Lymphknoten aus dem Level I und II der Axilla. Level I entspricht dem axillaren Fettkörper unterhalb der V. axillaris, lateral des M. latissimus dorsi, frontal vom M. subscapularis und lateral vom Rand des M. pectoralis minor (Sorgius-Gruppe). Level II entspricht dem Fettkörper zwischen Unterrand der V. axillaris und hinter dem M. pectoralis minor. Die Präparation muss unter Darstellung und Schonung des N. thoracicus longus und N. thoracodorsalis erfolgen. Im Falle einer Ver-
13
1.8 · Adjuvante Therapie des histologisch gesicherten Mammakarzinoms
. Abb. 1.7. Lymphabflusswege der Mamma und schematische Darstellung der Level I–III, aus Kaufmann et al. (2003)
letzung des N. thoracicus longus kann der Arm nicht mehr kraftvoll gehoben werden und die Skapula steht flügelartig ab (Scapula alata). Bei Verletzung des N. thoracodorsalis ist die Retroversion des Arms eingeschränkt.
4 Die Pektoralisfaszie wird grundsätzlich unter Erhaltung der Pektoralismuskulatur mitentfernt. 4 Die axillare Lymphonodektomie erfolgt, wie oben beschrieben, aus dem gleichen Schnitt (erweiterte Mastektomie/Ablatio und axillare Lymphonodektomie).
Modifizierte radikale Mastektomie. Die Ablatio bzw.
modifizierte radikale Mastektomie beinhalten die Entfernung des gesamten Brustdrüsengewebes inklusive des Nippel-Areola-Komplexes und der Pektoralisfaszie. Die Mastektomie wird in folgenden Schritten durchgeführt 4 Die Brustdrüse wird wetzsteinförmig nach Stewart umschnitten. 4 Die weitere Ablösung der Brust erfolgt scharf oder mit dem Diathermiemesser.
Folgende Konstellationen schließen ein Brust erhaltendes Vorgehen aus und stellen somit eine Indikation zur Ablatio bzw. Mastektomie dar (Fisher u. Anderson 1994, Voogd et al. 2001) 4 Multizentrische Tumorausdehnung 4 Diffuse ausgedehnte Kalzifikationen 4 Überwachbarkeit der Brust durch Bildgebung nicht möglich
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1
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
4 Ausgedehntes assoziiertes intraduktales Karzinom (>4–5 cm) 4 Inflammatorisches Mammakarzinom 4 Ausgeprägte Lymphangiosis carcinomatosa 4 Ungünstiges Tumor-Brust-Verhältnis 4 Inkomplette Tumorentfernung trotz Nachresektion 4 Ablehnung der Nachbestrahlung oder aus technischen oder medizinischen Gründen nicht mögliche Nachbestrahlung 4 Wunsch der Patientin Axillare Lymphonodektomie. Die axillare Lymphonodektomie ist essenzieller Bestandteil des operativen Vorgehens beim invasiven Mammakarzinom. Bei Lymphknotenbefall ist die Entfernung nicht nur eine diagnostische, sondern auch eine therapeutische Maßnahme (Fischer et al. 1981). Auf die axillare Lymphonodektomie kann verzichtet werden bei
4 Mikroinvasiven Karzinomen (≤ 2 mm) 4 Tubulären Karzinomen 4 Sehr alten Patientinnen ohne klinischen oder sonomorphologischen Hinweis auf Lymphknotenbefall 4 Negativer Sentinel-Lymphknotenbiopsie Die axillare Lymphonodektomie ist teils mit einer sehr belastenden Morbidität wie Lymphödem und Bewegungseinschränkung verbunden. Die Sentinel-node-Biopsie ist eine selektive Entnahme und Untersuchung der Lymphknoten mit der höchsten Wahrscheinlichkeit einer Metastasierung und kann nach der heutigen Datenlage die Prädiktion eines axillaren Lymphknotenbefalls ermöglichen. Es sind bisher Konkordanzraten von 97–100% und eine Rate falsch-negativer Befunde von 0–10% evaluiert worden. Die anerkannten Indikationen nach dem Konsensus der Deutschen Gesellschaft für Senologie (Kühn et al. 2003) sind 4 unifokales Mammakarzinom 4 Tumoren ≤2 cm Als relative Indikationen gelten 4 Ausgedehntes DCIS und vermutete Mikroinvasion 4 Bifokale Tumoren 4 Tumoren einer Größe von 2–3 cm Kontraindikationen sind
4 Klinischer oder sonographischer Verdacht auf Lymphknotenbeteiligung 4 Multizentrizität 4 Inflammatorisches Mammakarzinom
4 Zweitkarzinom 4 Ausgedehnte Voroperationen der Brust, Voroperationen der Axilla 4 Bekannte Unverträglichkeit der radioaktiven Marker 4 Schwangerschaft. > > Identifizierung des Sentinel-Lymphknotens 4 Eine lymphgängige Substanz [blauer Farbstoff (Patentblau V), nuklearmedizinische Markierung mit an Albumin gebundenem 99Tc] wird entweder peritumoral, intra- oder subdermal oder subareolär injiziert. 4 Die anschließende Lymphszintigraphie sorgt für eine Darstellung der abfließenden Lymphbahnen, des relativen Uptakes der Lymphknoten sowie der vermuteten Anzahl von Sentinel-Lymphknoten. 4 Mit einer mobilen Handsonde wird zunächst transkutan der Punkt der maximalen Aktivitätsintensität festgelegt und im Anschluss der darunter liegende vermutete Sentinel-Lymphknoten exzidiert. 4 Die Farbstoffmethode wird additiv eingesetzt und kann das Aufsuchen des Sentinel-Lymphknotens erleichtern.
Plastisch rekonstruktive Operationen. Sie sind im Rahmen
des Primäreingriffs oder im Intervall möglich. Sie dienen zum einen der Defektdeckung und dem Volumenersatz und zum anderen der Rekonstruktion der körperlichen Integrität. Bestimmend für die individuelle Empfehlung zur Verfahrenswahl sind der Allgemeinzustand, der Konstitutionstyp und der Wunsch der Patientin. Nach bereits bestrahlter Brust ist der Wiederaufbau mit körpereigenem Gewebe dem Einsatz von Expandern und Prothesen vorzuziehen, da vorbestrahltes Gewebe nicht uneingeschränkt dehnbar ist. Bei bereits implantierten Expandern soll die definitive Prothesenimplantation möglichst erst nach Abschluss der Strahlentherapie erfolgen, um die Gewebereaktion besser einschätzen zu können (Tran et al. 2001, Calabrese et al. 2001). Bei Patientinnen nach Brustrekonstruktion ist bisher kein Unterschied bezüglich Lokalrezidivraten und Überlebenszeit im Vergleich zu entsprechenden Kontrollgruppen nachgewiesen worden (Noguchi et al. 1992, Vandeweyer et al. 2000, 2001). Folgende Techniken sind die am häufigsten verwendeten Verfahren zur Rekonstruktion und Defektdeckung nach Mammakarzinom 4 Subpektorale Expander- und Silikonkissenimplantate (alternativ Hydrogel-, Kochsalz-, Sojaölimplantate)
15 1.8 · Adjuvante Therapie des histologisch gesicherten Mammakarzinoms
4 Rekonstruktion mit M.-latissimus-dorsi-Lappen (evtl. mit Silikonimplantat) 4 Rekonstruktion mit Eigengewebe vom Unterbauch (TRAM-Lappen: transversaler M.-rectus-abdominisLappen/DIEP-Lappen: »deep inferior epigastric perforator«) 4 Rekonstruktion des Nippel-Areola-Komplexes durch Eigengewebe (B-Lappen-Plastik/modifizierte RegnaultTechnik, Teil der Mamille der kontralateralen Mamma, Haut aus der Oberschenkelinnenseite) oder Tätowierung 4 Lokale Verschiebelappenplastik 4 Omentum-majus- und Spalthauttransplantation 4 Gestielte Haut-Muskellappen-Plastiken 4 Kontralaterale Reduktionsplastik > > Standard der operativen Therapie Komplette Exstirpation des Tumors über 5 Segmentektomie und axillare Lymphonodektomie, ggf. Sentinel-Lymphknotenbiopsie (Indikation im deutschsprachigen Raum unterschiedlich) oder 5 Modifizierte radikale Mastektomie und axillare Lymphonodektomie, ggf. Sentinel-Lymphknotenbiopsie (7 oben)
1.8.2 Strahlentherapie Bestrahlung nach Brusterhaltung. Im Fall von Brust erhaltendem Vorgehen ist die Bestrahlung der Restbrust obligat.
Durch die postoperative Bestrahlung wird das Risiko intramammärer Rezidive signifikant gesenkt. Während durch alleinige Operation in Kombination mit systemischer Therapie das Rezidivrisiko nach 10 Jahren bei 30–40% liegt, wird es durch die adjuvante Bestrahlung auf 5–10% gesenkt (Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group 2000, Whelan et al. 2000). Die Strahlentherapie sollte innerhalb von 4–8 Wochen postoperativ stattfinden. Es gibt keine Daten zur Überlegenheit einer Sequenz von Systemtherapie und Bestrahlung. Bei indizierter adjuvanter Chemotherapie sollte die Bestrahlung nach Abschluss der Chemotherapie erfolgen, während endokrine Therapien parallel zur Bestrahlung durchgeführt werden können. Die Bestrahlung der Restbrust erfolgt mit 50 Gy in konventioneller Fraktionierung und einem Tumorbettboost von 10 Gy.
Bestrahlung nach Mastektomie. Folgende Konstellationen ergeben eine Indikation zur postoperativen Bestrahlung der Thoraxwand nach Mastektomie unabhängig von der geplanten systemischen Therapie. Bei Risikopatientinnen wird die 10-Jahres-Überlebenswahrscheinlichkeit durch die adjuvante Bestrahlung um bis zu 10% verbessert (Whelan et al. 2000, Buchholz et al. 2002). 4 Fehlende radikale Tumorresektion (R1, R2) 4 Ausgedehnter axillarer Lymphknotenbefall (≥4 Lymphknoten) 4 Karzinome mit einer Ausdehnung >5 cm (pT3, pT4) 4 Eventuell Kombinationen ungünstiger Prognosefaktoren 5 pT2-Karzinome >3 cm mit Lymphknotenbefall 5 Multizentrische Tumoren 5 Peritumorale Gefäßinvasion 5 Befall der Pektoralisfaszie oder Sicherheitsabstand <5 mm 5 R0-Resektionen mit einem Sicherheitsabstand <1 mm 5 Hormonrezeptornegativität, schlecht differenzierte Karzinome (G3) Bestrahlung der Axilla und der supra- und infraklavikularen Lymphabflussgebiete. Der klinische Wert der Bestrahlung
der lokoregionären Abflussgebiete ist bisher nicht eindeutig belegt und muss individuell entschieden werden (S3-Leitlinie 2004). Als mögliche Indikationen gelten 4 Ausgedehnte Lymphknotenmetastasierung (v. a. > 4 positive Lymphknoten) 4 Kapsel überschreitendes Wachstum 4 Lymphangiosis carcinomatosa im Fettgewebe 4 R2-Resektion 4 Inkomplette axillare Dissektion 4 Ablehnung der axillaren Dissektion durch die Patientin > > Standard der Strahlentherapie 5 Bei Brust erhaltendem Vorgehen Bestrahlung der Restbrust mit 50 Gy in konventioneller Fraktionierung und einem Tumorbettboost von 10 Gy obligat 5 Postoperative Radiatio der Thoraxwand und der Lymphabflussgebiete erfolgt nach spezieller Indikation und mit 40–50 Gy in konventioneller Fraktionierung
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Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
1.8.3 Systemische adjuvante oder neoadjuvante
Therapie des Mammakarzinoms Die »Early Breast Cancer Trialists’ Group« führt regelmäßig aktualisierte Metaanalysen randomisierter Studien zur adjuvanten systemischen Behandlung des Mammakarzinoms durch. Die letzten Ergebnisse zeigten eine relative Reduktion des Rezidivrisikos um 35% bei Patientinnen <50 Jahre im Vergleich zu 20% in der Altersgruppe zwischen 50 und 69 Jahren. Die Mortalität unterschied sich mit 27% vs. 11%. Die absolute Differenz bezogen auf das 10-JahresÜberleben mit oder ohne Chemotherapie in der Gruppe der Patientinnen <50 Jahre betrug für nodalnegative Patientinnen 7% und für nodalpositive Patientinnen 11%. In der Altersgruppe von 50–69 Jahren war die absolute Differenz 2 vs. 3%. Die adjuvante Tamoxifentherapie über 5 Jahre erreichte, bezogen auf die Rezidivfreiheit, eine relative Risikoreduktion um 47% und 26% bezogen auf das Gesamtüberleben. Damit liegt der absolute therapeutische Nutzen für nodalnegative Patientinnen bezogen auf Rezidivfreiheit bei 14,9%, bezogen auf das Gesamtüberleben bei 5,6%. Für
nodalpositive Patientinnen liegt der absolute Nutzen bei 15,2 vs. 10,9% (Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group 1998a, b). Empfehlungen zur systemischen Therapie des Mammakarzinoms berücksichtigen Tumorgröße, Nodalstatus, Grading, Hormonrezeptorstatus, Menopausenstatus und Alter der Patientin (. Tab. 1.6). Die Risikoeinstufung erfolgt bei bereits operierten Patientinnen in 3 Gruppen. Als niedriges Risiko gilt die Konstellation: pT1, pN0, G1, hormonrezeptorpositiv, Alter ≥35 Jahre, keine Hämangiosis carcinomatosa, keine HER2/neu-Überexpression. Allein in dieser Gruppe wird laut den Empfehlungen der Konsensuskonferenz St. Gallen 2005 auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet. Die adjuvante endokrine Therapie ist fakultativ. Die Entscheidung über Durchführung und Art der adjuvanten Therapie bei Patientinnen mit Mammakarzinom sollte jedoch nach einem ausführlichen Informationsgespräch getroffen werden. Adjuvante endokrine Therapie. Patientinnen mit hormonrezeptorpositiven Tumoren sollten endokrin systemisch
. Tab. 1.6. Adjuvante medikamentöse Therapie risikoadaptiert nach den Konsensusempfehlungen St. Gallen 2005
Risiko
Charakteristika
Prämenopausal
Postmenopausal
Niedrig
N0, pT1, G1, hormonrezeptorpositiv, ≥35 Jahre, keine Hämangiosis carcinomatosa, keine HER2/neu-Überexpression
Tamoxifen oder keine Therapie
Tamoxifen oder Aromatasehemmer oder Tamoxifen gefolgt von Aromatasehemmer oder keine Therapie
Mittel
N0, hormonrezeptorpositiv + ein Zusatzkriterium: T>2 cm, G2–3, <35 Jahre oder N+ (1–3 Lymphknoten positiv), aber keine Hämangiosis carcinomatosa und keine HER2/neu-Überexpression
Endokrin ansprechbar: Ovarsuppression±Tamoxifen oder anthrazyklinhaltige Polychemotherapie gefolgt von Tamoxifen (±Ovarsuppression)
Endokrin ansprechbar: Tamoxifen oder Aromatasehemmer oder Tamoxifen gefolgt von Aromatasehemmer oder anthrazyklinhaltige Polychemotherapie gefolgt von einem Aromatasehemmer bzw. Tamoxifen gefolgt von einem Aromatasehemmer
Endokrin nicht ansprechbar: anthrazyklinhaltige Polychemotherapie
Endokrin nicht ansprechbar: anthrazyklinhaltige Polychemotherapie
Endokrin ansprechbar: anthrazyklinhaltige Polychemotherapie gefolgt von Tamoxifen (±Ovarsuppression)
Endokrin ansprechbar: anthrazyklinhaltige Polychemotherapie+Aromatasehemmer bzw. Tamoxifen gefolgt von einem Aromatasehemmer
Endokrin nicht ansprechbar: anthrazyklinhaltige Polychemotherapie±Taxane
Endokrin nicht ansprechbar: anthrazyklinhaltige Polychemotherapie±Taxane
Hoch
N+ (≥4 Lymphknoten positiv) oder jede N+-Konstellation bei Hämangiosis carcinomatosa und/oder HER2/neu-Überexpression
17 1.8 · Adjuvante Therapie des histologisch gesicherten Mammakarzinoms
behandelt werden. Ist zusätzlich eine zytostatische Therapie
indiziert, sollte diese vorher durchgeführt werden. Die endokrine Therapie kann parallel zur Strahlentherapie erfolgen. Bisher gilt bei postmenopausalen Patientinnen die Therapie mit einem Antiöstrogen Tamoxifen 20 mg/Tag über 5 Jahre bzw. bis zum Nachweis einer Progression (Lokalrezidiv oder Metastasierung) der Grunderkrankung als Standard (Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group 1998a, b). Doch die langfristige Einnahme von Tamoxifen geht mit einem erhöhtem thrombembolischen Risiko sowie dem Risiko für Endometriumkarzinome einher. Die ATAC-Studie hat den Effekt und die Verträglichkeit von Tamoxifen und Anastrozol (Arimidex, Aromatasehemmer der 3. Generation) alleine und in Kombination evaluiert. Es zeigte sich nicht nur ein verbessertes Nebenwirkungsprofil unter der Einnahme von Anastrazol, sondern auch ein signifikanter Vorteil bezüglich Gesamtüberleben und rezidivfreiem Überleben. Die Kombination beider Medikamente erbrachte keinen Vorteil (The ATAC Trialists Group 2003). In Europa ist Anastrozol in der adjuvanten endokrinen Primärtherapie allerdings nur bei Kontraindikationen gegen Tamoxifen zugelassen. Eine Zwischenanalyse der BIG-1–98-Studie zeigte die Überlegenheit von Letrozol (Femara) im Vergleich zu Tamoxifen in Bezug auf das rezidivfreie Überleben (Thürlimann 2005). Über die Rolle anderer Aromatasehemmer bzw. endokriner Therapien der 3. Generation gibt es für die adjuvante Therapiesituation noch keine abschließenden Daten (BIG FEMTA, EXEM, TEAM). Therapiestudien zur sequenziellen Gabe einer Aromatasehemmers nach 2- bis 5-jähriger Tamoxifenbehandlung (ARNO, IES, ICCG Study 96, MA 17) zeigten einen günstigen Einfluss auf das krankheitsfreie Überleben (Coombes et al. 2004, Goss et al. 2003). > > Standard endokrine systemische Therapie für die postmenopausale Patientin nach den Konsensusempfehlungen St. Gallen 2005 5 Tamoxifen 20 mg/Tag über 5 Jahre oder 5 Aromatasehemmer über 5 Jahre oder 5 Die Sequenz Tamoxifen (über 2–5 Jahre), gefolgt von einem Aromatasehemmer
Bei prämenopausalen Patientinnen wird durch Ausschaltung der Ovarialfunktion z. B. mittels GnRH-Analoga/ LHRH-Analoga ein ähnlich günstiger Effekt erzielt. Die
Kombination mit Tamoxifen kann diesen noch verstärken. Die Ovarsuppression sollte über mindestens 2 Jahre erfolgen (Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group 1996). Studiendaten zur Kombination mit einem Aromatasehemmer liegen noch nicht vor (ABCSG 12). > > Standard endokrine systemische Therapie für die prämenopausale Patientin 5 Ovarsuppression (GnRH-Analoga) über 2–3 Jahre + Tamoxifen 20 mg/Tag über 5 Jahre
Adjuvante Chemotherapie. Die aktuelle Empfehlung nach St. Gallen 2003 sieht die Kombination eines Anthrazyklins mit Cyclophosphamid vor. In einzelnen Studien konnte die Überlegenheit anthrazyklinhaltiger Schemata allerdings nur in der Dreierkombination 5-Fluorouracil/Epirubicin (Adriamycin)/Cyclophosphamid (FEC/FAC) gegenüber Cyclophosphamid/Methotrexat/5-Fluorouracil (CMF) gehalten werden. Die Dosierung der adjuvanten Chemotherapie muss adäquat erfolgen. Mit sinkender Dosisintensität ist ein überproportionaler Verlust der Effektivität der Behandlung zu erwarten. Epirubicin soll mindestens mit einer Dosierung von 30 mg/m2 KOF/Woche und Doxorubicin mit mindestens 20 mg/m2 KOF/Woche verabreicht werden.
Eine Dosissteigerung führt nach den bisherigen Erkenntnissen zu keiner Verbesserung der Effektivität. Demgegenüber gilt, dass, wenn bereits von vornherein zu erwarten ist, dass die Dosisintensität wegen Begleitmorbidität nicht erreicht werden wird, auf die Chemotherapie ganz verzichtet werden sollte (Early Breast Cancer Trialists’ Collaborative Group 1998a,b, Levine et al. 1998, Paradiso et al. 2001). Der Einsatz von Taxanen in der adjuvanten Therapie scheint zumindest in Subkollektiven vom Vorteil zu sein. Dies wurde z. B. für Patientinnen mit positivem Nodalstatus und negativem Hormonrezeptorstatus nachgewiesen (Henderson et al. 2001). > > Standard zytostatische systemische Therapie für die prä- und postmenopausale Patientin 5 6 Zyklen FEC (5-Fluorouracil/Epirubicin/Cyclophosphamid) 600/90/600 mg/m2 KOF alle 3 Wochen 5 6 Zyklen TAC (Docetaxel/Adriamycin/Cyclophosphamid) 75/50/500 mg/m2 KOF alle 3 Wochen 5 4 Zyklen1–4 AC (Adriamycin /Cyclophosphamid) 60/600 mg/m2 KOF alle 3 Wochen – 4 Zyklen5–8 T (Paclitaxel) 175 mg/m2 KOF alle 3 Wochen
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18
1
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
Adjuvante Therapie mit dem Antikörper Trastuzumab. Bei
Überexpression von HER2/neu im Tumor ist der Einsatz von Trastuzumab möglich, allerdings liegen Daten zur adjuvanten Trastuzumab(Herceptin)-Behandlung derzeit noch nicht vor. Patientinnen mit einer HER2/neu-Überexpression sollte nach Abschluss der primären Therapie die Teilnahme an entsprechenden Studien angeboten werden. Neoadjuvante oder primäre Chemotherapie. Standard
ist die primäre systemische Chemotherapie bei Patientinnen mit inoperablem oder inflammatorischem Mammakarzinom, da mit operativen Maßnahmen allein keine ausreichende lokale Tumorkontrolle erreicht wird. Andererseits stellt die primäre Chemotherapie eine Behandlungsalternative für Patientinnen dar, die bei großem Primärtumor dringend eine Brusterhaltung wünschen. Veronesi et al. (1995a,b) zeigten in einer nicht randomisierten Studie, die 1988 am Milan Cancer Institute initiiert wurde, an 227 Patientinnen mit Mammakarzinomen >3 cm (Median 4,5 cm), die mit neoadjuvanter Chemotherapie über jeweils 4 Zyklen behandelt wurden, dass in über 91% der Fälle im Anschluss eine Brust erhaltende Chirurgie ermöglicht wurde. Die Ansprechrate betrug 78%. In einer 2. Folgestudie aus dem Jahre 1990 wurden 210 Patientinnen mit einem Mammakarzinom >2,5 cm (median 4 cm) über 3 Zyklen neoadjuvant mit Doxorubicin als Monotherapie behandelt. Die Ansprechrate betrug 74% und die Brust erhaltende Chirurgie wurde in 83% ermöglicht. Die Mailänder Studien demonstrieren deutlich den Vorteil der neoadjuvanten Chemotherapie zugunsten einer Brust erhaltenden Chirurgie (Veronesi et al. 1995a, b). Die größte randomisierte Studie zur neoadjuvanten Chemotherapie wurde 1988 mit dem NSABP-Protokoll-B-18 initiiert. 1523 Patientinnen mit operablem Mammakarzinom wurden nach histologischer Sicherung desselben durch Feinnadelaspiration nach Alter, klinischer Tumorgröße (T1–T3) und Nodalstatus stratifiziert und erhielten je nach Randomisierung zunächst die Operation und anschließend AC (Adriamycin/Cyclophosphamid 60/600 mg/m2 KOF alle 3 Wochen) oder umgekehrt. Mit den 2 inhaltlich gleichen Studienarmen konnten Fisher et al. (1997) die Auswirkung der Sequenz der Therapiebausteine Operation und Chemotherapie untersuchen. Es konnte bestätigt werden, dass eine Steigerung der Brusterhaltung durch die neoadjuvante Therapie in beschränktem Umfang möglich ist. Der größte Vorteil wurde für Tumoren >5 cm beobachtet, während kleinere Tumoren nur unwesentlich häufiger als im Kontrollarm Brust erhaltend operiert wurden. Eine weitere wichtige Kausalität konnte aufgezeigt wer-
den: Patientinnen mit guter Remission, insbesondere mit pathologischer Komplettremission, zeigten deutlich bessere Überlebensraten als Patientinnen mit schlechter Remission oder Progression unter der Therapie. Das wesentlichste Ergebnis war jedoch, dass die Überlebensraten, die Rezidivfreiheit, die Metastasenfreiheit und das Gesamtüberleben nach 5 Jahren in beiden Therapiearmen identisch waren (Fischer et al. 1997). Damit konnte bewiesen werden, dass die präoperative und die postoperative Therapie bezüglich der Prognose identisch sind und gegen die Durchführung einer präoperativen Chemotherapie keine ethischen Vorbehalte mehr bestehen. Zusammenfassend ergeben sich folgende Rationalen für eine neoadjuvante systemische Therapie 4 Direkte Kontrolle des Ansprechens auf die Therapie ist möglich. 4 Das Ansprechen der Therapie korreliert mit der Prognose. 4 Die Tumorexzision ist in den neuen Tumorgrenzen möglich, allerdings mit erhöhter Lokalrezidivrate. 4 Die Sequenz Chemotherapie-Operation zeigt keinen Nachteil bezüglich Rezidivrate und Überlebenswahrscheinlichkeit. 4 Die primär endokrine Therapie ist bei postmenopausalen Patientinnen mit hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom möglich, wenn Operation und Chemotherapie kontraindiziert sind. > > Standard primär systemische Therapie 4 Große, nicht Brust erhaltend operable Tumoren 4 Inoperable Tumoren 4 Inflammatorisches Mammakarzinom
1.9
Nachsorge
1.9.1 Früherkennung von lokoregionären
oder intramammären Rezidiven und Fernmetastasen Die Nachsorge beginnt nach Abschluss der Primärbehandlung, d. h. spätestens 6 Monate nach der Operation. Im Gegensatz zur Situation beim Auftreten von Fernmetastasen besteht beim Nachweis eines Lokalrezidivs eine kurative Therapiechance. Es lässt sich am besten durch die klinische Untersuchung in Kombination mit Mammographie, Mammasonographie und in schwer zu beurteilenden Einzelfällen durch Magnetresonanztomographie dia-
19 1.9 · Nachsorge
. Tab. 1.7. Nachsorgerichtlinien entsprechend der Konsensusempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Senologie 1995
Jahre nach Primärtherapie
1–3
4–5
≥6
Selbstuntersuchung der Brust
1-mal monatlich Halbjährlich
Jährlich
Jährlich
Jährlich
Jährlich
Gynäkologische Untersuchung
Jährlich
Jährlich
Jährlich
Stagingc und Tumormarker
Nur bei klinischem Verdacht auf Rezidiv oder Fernmetastasen
a
Klinische Nachsorge Mammographie
a b c
Alle 3 Monate b
Anamnese, körperliche Untersuchung, Information. Bei Brust erhaltender Therapie in den ersten 3 Jahren nach Erstdiagnose halbjährlich mammographische Kontrolle der erkrankten Mamma. Thoraxröntgen, Oberbauchsonographie, Skelettszintigraphie.
gnostizieren. Die Nachsorgerichtlinien der Konsensusempfehlung der Deutschen Gesellschaft für Senologie 1995 sehen ein engmaschiges Nachsorgekonzept in Abhängigkeit von der Zeit nach Primärbehandlung entsprechend . Tab. 1.7 vor. Nach bisherigen Erkenntnissen führen die Früherkennung von Fernmetastasen und deren frühzeitige Behandlung zu keinem Überlebensvorteil. Daraus folgt, dass bei Symptomfreiheit in Bezug auf apparative und laborchemische Diagnostik äußerste Zurückhaltung geboten ist (S3-Leitlinien 2004).
1.9.2 Diagnose und Therapie von Folgen und
Nebenwirkungen der vorausgegangenen Behandlung Klimakterisches Syndrom. Es ist eine von einer Vielzahl möglicher langfristiger Nebenwirkungen der adjuvanten Therapie des Mammakarzinoms. Ursache ist hierfür in vielen Fällen die adjuvante Therapie selbst. Probleme haben aber auch Patientinnen, die z. B. unter laufender Hormonersatztherapie ihre Erkrankung entwickelten. Darüber hinaus durchleben viele Patientinnen auch gemäß ihres biologischen Alters das Klimakterium nach Abschluss der Primärtherapie. Als zumindest symptomorientiert optimale Behandlung der Beschwerden (klimakterisches Syndrom, urogenitale Atrophie, erhöhtes Risiko für Osteoporose, kardiovaskuläre Erkrankungen, neurodegenerative Prozesse) wäre eine Hormonersatztherapie zu diskutieren. Es fehlen aktuell Studien, die belegen, dass eine solche beim Mammakarzinom das rezidivfreie Intervall und das Gesamtüberleben nicht verkürzt. Andererseits weiß man, dass Antiöstrogenbehandlung beim hormore-
zeptorpositiven Mammakarzinom eine hochwirksame Therapie ist. Die Deutsche Gesellschaft für Senologie 2002 hat eine Konsensusempfehlung herausgegeben, nach der folgende Punkte beachtet werden müssen 4 Die Patientin muss vor Einleitung einer Hormonersatztherapie umfassend über potenzielle Risiken aufgeklärt werden. Diese Aufklärung ist forensisch verwertbar zu dokumentieren. 4 Als potenzielle Risiken gelten unklarer Einfluss auf Rezidiv und auf Gesamtüberleben, erschwerte Diagnostik eines Rezidivs durch Dichteerhöhung des Drüsenkörpers, Gewichtszunahme und Thrombosen. 4 Die Dosis der Östrogene sollte möglichst niedrig gewählt werden. 4 In regelmäßigen Abständen sollten Auslassversuche unternommen werden, um die weitere Notwendigkeit der Einnahme zu überprüfen. Mögliche Alternativen zur hormonellen Behandlung des klimakterischen Syndroms sind 4 Symptomatische Maßnahmen wie der Einsatz von Homöopathika und Phytotherapeutika wie CimicifugaPräparate. 4 Medikamentöse, nicht hormonelle Maßnahmen beziehen sich auf α-adrenerge Agonisten (Clonidin, Methyldopa) oder Antidepressiva. 4 Begleitend zu den oben genannten Maßnahmen sind die Hydro- und Bewegungstherapie, Entspannungsverfahren wie autogenes Training, das Meiden von Alkohol, Koffein, scharfen Gewürzen, heißen Speisen und Getränken sowie eine Gewichtsreduktion bei Adipositas sinnvoll (Keck u. Tempfer 2002).
1
20
1
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
Lymphödem und Erysipel nach axillarer Lymphonodektomie. Im Zustand nach axillarer Lymphonodektomie kann
wegen des eingeschränkten Lymphabflusses auch durch kleinste Verletzungen eine lokale Weichteilentzündung entstehen, am häufigsten bedingt durch Streptokokken. Es handelt sich am ehesten um ein Erysipel. Die gängige Therapie umfasst 4 Antibiotische Therapie (Penizillin, Erythromycin) 4 Ruhigstellung des Arms 4 Beratung der Patientin Zur Prävention von Lymphödem und Erysipel sind folgende Maßnahmen sinnvoll 4 Aufklärung über Entstehungsmechanismus 4 Meiden von direkter Hitzeeinwirkung (heißes Bad, Sauna, heißes Spülwasser, Sonnenbad) 4 Meiden von Hautverletzungen (Risse, Schnitte, Brandwunden, Insektenstiche, i. v. Injektionen) 4 Häufiges Hochlagern des Arms, beim Schlafen nicht auf dem ödematösen Arm liegen 4 Zeitlich begrenzte Pumpübung der gesamten Armmuskulatur 4 Armstrumpfversorgung 4 Lymphdränage 4 Mikrochirurgische Lymphgefäßtransplantation Ziel der Nachsorge 5 Früherkennung von Lokalrezidiven 5 Diagnose und Therapie von Folgen und Nebenwirkungen der vorausgegangenen Behandlung 5 Diagnose von Fernmetastasen nach symptomorientiertem Staging
kurativen Therapieansatz zu ermöglichen. Unabhängig von der Lokalisation eines Lokalrezidivs ist der Verlauf der Erkrankung vom Tumorstadium bei der Erstdiagnose, der Resektabilität, dem am Rezidivgewebe bestimmten Grading, dem Hormonrezeptorstatus und der HER2/neuÜberexpression sowie der Dauer des rezidivfreien Intervalls abhängig. Frühe Rezidive, d. h. das Auftreten eines Lokalrezidiv innerhalb von 2 Jahren, sind mit einer höheren Rate an Zweitrezidiven und zeitgleich auftretenden Fernmetastasen korreliert und haben damit eine schlechtere Prognose.
1.10.1 Häufigkeit und Prognose
4 Ein Lokalrezidiv nach Brust erhaltender Operation und Bestrahlung tritt mit einer Häufigkeit von 5–10% nach 10 Jahren auf. Hiernach beträgt die mediane 5-JahresÜberlebenszeit 65%. 4 Ein Lokalrezidiv der Thoraxwand wird in etwa 4% nach 10 Jahren diagnostiziert. Die anschließende 5-JahresÜberlebenszeit beträgt im Median 50%. 4 Rezidive der Axilla liegen nach 10 Jahren in etwa 1% vor. Hierbei muss von einer medianen 5-Jahres-Überlebenszeit von 55% ausgegangen werden. 4 Zeitgleich an verschiedenen Stellen auftretende Lokalrezidive werden mit einer Häufigkeit von 16% beobachtet und sind mit einem 5-Jahres-Überleben von etwa 16% verbunden. 4 In 25–55% muss zeitgleich mit einer Fernmetastasierung gerechnet werden. (Koscielny u. Tubiana 1999, Van Teinhoven et al. 1999, Haffty et al. 1991)
1.10
Diagnostik und Therapie von Lokalrezidiven
Das Lokalrezidiv oder lokoregionäre Rezidiv bedeuten ein Wiederauftreten des Mammakarzinoms in der ipsilateralen Brust bzw. der ipsilateralen Thoraxwand inklusive der darüber liegenden Haut, der regionalen Lymphknoten der Axilla, der Supra- und Infraklavikularregion und entlang der Mammaria-interna-Gefäße. Die Früherkennung eines isolierten lokalen Rezidivs hat einen günstigen Einfluss auf das Gesamtüberleben. Damit ist die lokale Tumorkontrolle das wichtigste Ziel der Nachsorge, um einen erneuten
1.10.2 Diagnostik bei Verdacht auf Lokalrezidiv
Zur Festlegung der weiteren Therapie sollten bei Verdacht auf ein Lokalrezidiv folgende diagnostische Schritte durchgeführt werden 4 Mammasonographie/Sonographie der Thoraxwand 4 Mammographie 4 Mammasonographie und Mammographie der kontralateralen Mamma 4 Gegebenenfalls ergänzend MRT der Mammae 4 Probeentnahme zur histologischen Sicherung
21 1.11 · Diagnostik und Therapie von Fernmetastasen
4 CT/MRT der Thoraxwand beim Verdacht auf Thoraxwandrezidiv zum Ausschluss einer Infiltration des Interkostalraums, einer Pleurabeteiligung und Lymphknotenbefall 4 Restaging inklusive Thoraxröntgen, Lebersonographie, Skelettszintigraphie
1.10.3 Therapie des Lokalrezidivs
Sie besteht v. a. in der operativen Intervention in Kombination mit lokaler Bestrahlung (Haffty et al. 1991, Aberzk et al. 1986) 4 Bei intramammären Rezidiven wird die höchste Tumorkontrolle durch die sekundäre Mastektomie erreicht. Ein erneutes Brust erhaltendes Vorgehen kann bei günstigen Ausgangkriterien diskutiert werden, z. B. bei langem rezidivfreiem Intervall, fehlendem Hautbefall und großem Abstand zur primären Tumorlokalisation oder bei alleinigem Nachweis von DCIS. Ergänzend sollte das betroffene Gebiet lokal nachbestrahlt werden, sofern noch keine Radiatio im Rahmen der Primärtherapie durchgeführt worden war. 4 Das Thoraxwandrezidiv ist ebenfalls nach Möglichkeit vollständig operativ zu entfernen. Bei größeren Thoraxwandexzisionen können plastisch-chirurgische Operationstechniken zur Defektdeckung notwendig sein. Ergänzend sollte das betroffene Gebiet lokal nachbestrahlt werden, sofern noch keine Radiatio im Rahmen der Primärtherapie durchgeführt worden war. Bei nicht operablen Befunden kann bei noch bestehender Bestrahlungsoption primär eine Radiatio durchgeführt werden. Auch hat sich Miltefosin (Miltex) als Lokaltherapie von Hautmetastasen bewährt. 4 Sind bei lokoregionären Lymphknotenrezidiven operative Behandlungsmöglichkeiten nicht kurativ durchführbar, stellt die lokale Strahlentherapie die aussichtsreichste kurative Therapiemodalität dar. 4 Eine zusätzliche systemische Therapie kann das krankheitsfreie Intervall verlängern, führt jedoch nicht zur Verbesserung der Überlebensrate (Borner et al. 1994).
Ziel der Behandlung des Lokalrezidivs 5 Möglichst lokal operative Sanierung anstreben 5 Zusätzlich lokale Bestrahlung, falls die befallene Region noch nicht vorbestrahlt ist
1.11
Diagnostik und Therapie von Fernmetastasen
Liegen Fernmetastasen vor, ist nach heutigen Erkenntnissen die Langzeitheilung nur in Einzelfällen möglich. Ein günstiger Verlauf ist bei solitär auftretenden oder Fernmetastasen, die ausschließlich Knochen oder die Haut betreffen, zu erwarten. Ziel der Behandlung ist die Erhaltung einer möglichst hohen Lebensqualität und Symptomfreiheit. Die Therapieentscheidung erfolgt deswegen krankheitsadaptiert und individualisiert nach 4 Den Erwartungen und Wünschen der Patientin 4 Dem Beschwerdebild 4 Der Aggressivität der Erkrankung 4 Der Lokalisation der Metastasen 1.11.1 Diagnostik bei Verdacht
auf Fernmetastasen Typische Lokalisationen von Fernmetastasen sind 4 Skelettsystem in 50–85% (Wirbelkörper, Femur, Becken, Rippen, Sternum, Schädelkalotte, Humerus) 4 Lunge und Pleura (60%) 4 Leber (40–50%) (intraabdominelle Metastasen) 4 ZNS/Meningeosis carcinomatosa (15–20%) 4 Haut- und Weichteilmetastasen Zu den Standard-Screening-Staging-Untersuchungen gehören 4 Thoraxröntgen 4 Oberbauchsonographie 4 Skelettszintigraphie Bei der Diagnose von Fernmetastasen können auch gezieltere Untersuchungen indiziert sein 4 Dünnschicht-Spiral-CT der Lunge, bei Nachweis von pulmonalen Metastasen 4 CT oder MRT des Abdomens bzw. der Leber beim Nachweis von hepatischen Metastasen 4 Röntgenzielaufnahmen metastasensuspekter Befunde im Skelettsystem ggf. ergänzt durch CT oder MRT zur Beurteilung einer möglichen Stabilitätsgefährdung 4 Mammographie 4 Eventuell Tumormarkerbestimmung (CEA, CA 15–3) 4 Gezielte Zytologie-/Histologiegewinnung durch Feinnadelpunktion, Aszites- oder Pleurapunktion und Ähnliches
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22
1
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
4 (Weitere symptomorientierte Untersuchungen: Schädel-CT, MRT zum Nachweis von Tumorausbreitung im Spinalkanal, usw.)
1.11.2 Therapie bei Fernmetastasen Systemische endokrine Therapie. Bei hormonrezep-
torpositiven Tumoren zieht man in der palliativen Behandlung die endokrine und damit weniger belastende Therapieform vor. Die prämenopausale Patientin wird dabei, sofern Ovarfunktion vorhanden, immer in Kombination mit Ovarsuppression (LHRH/GnRH-Analoga) behandelt. Spricht eine Patientin auf die endokrine Therapie an, wird diese bis zur Progression der Grunderkrankung fortgeführt. Im Anschluss ist der Einsatz alternativer endokriner Substanzen indiziert. Erst nach Ausschöpfung aller endokrinen Behandlungsmaßnahmen oder bei Nichtansprechen auf die endokrine Therapie wird auf zytostatische Behandlung umgestellt. Die Darstellung des Stufenschemas der endokrinen systemischen Therapie ist . Tab. 1.8 zu entnehmen. Die kombinierte chemoendokrine Therapie kann die Remissionsraten erhöhen, führt aber zu gesteigerter Toxizität ohne Verlängerung des progressionsfreien Intervalls oder des Gesamtüberlebens (Ellis et al. 2000, Fossati et al. 1998, Robertson et al. 2003, Klijn et al. 2001). Ausschlusskriterien für eine endokrine Therapie sind (Fossati et al. 1998) 4 Ausgeprägte klinische Symptomatik durch die Metastasierung 4 Negativer Hormonrezeptorstatus 4 Hirnmetastasen
Systemische zytostatische Therapie. Aufgrund der Heterogenität der Metastasen und der individuellen Krankheitsverläufe kann keine einheitliche Therapiestrategie vorgegeben werden. Indikationen zur palliativen Chemotherapie sind 4 Hormonrezeptornegative Tumoren 4 Starke klinische Symptomatik (z.B. ausgeprägte Dyspnoe bei pulmonaler Lymphangiosis carcinomatosa, Leberkapselschmerz) 4 Rasche Progredienz 4 Viszerale Metastasierung 4 Nichtansprechen auf endokrine Therapie 4 Ausreizung sämtlicher endokriner Therapiemöglichkeiten
Folgendes Vorgehen sollte bei Durchführung einer palliativen Chemotherapie eingehalten werden (Fossati et al. 1998) 4 Bestimmung eines geeigneten Messparameters vor Therapiebeginn (Leitmetastase, Symptome, Tumormarker) 4 Evaluierung des Therapieeffekts alle 3 Monate 4 Eine intermittierende Chemotherapie bei Nachweis von Progress ist einer Dauertherapie, die allenfalls die Toxizität erhöht, vorzuziehen. 4 Eine Polychemotherapie hat gegenüber einer Monotherapie eine höhere Toxizitätsrate, führt aber möglicher weise zu einem geringem Überlebensvorteil und sollte bei hohem Remissionsdruck eingesetzt werden. 4 Sofern in der adjuvanten Therapie noch keine Anthrazykline eingesetzt worden sind, sollten diese primär
. Tab. 1.8. Stufenschema der endokrinen systemischen Therapie des metastasierten Mammakarzinoms
Adjuvant
Palliativ 1st-line
Palliativ 2nd-line
Palliativ 3rd-line
Prämenopausal Ovarsuppression
Postmenopausal Option 1
Postmenopausal Option 2
+Tamoxifen
Aromatasehemmer
Tamoxifen
↓
↓
↓
+Aromatasehemmer
Tamoxifen
Aromatasehemmer
↓
↓
↓
+Fulvestrant
Fulvestrant
Fulvestrant
↓
↓
↓
Gestagene
Gestagene
Gestagene
23 1.11· Diagnostik und Therapie von Fernmetastasen
. Tab. 1.9. Dosierungsempfehlungen palliativer Chemotherapien
Substanz Anthrazykline
Dosierung Adriamycin Adriamycin Epirubicin Epirubicin
Taxane
Docetaxel Docetaxel Paclitaxel Paclitaxel
Vinkaalkaloide, Antimetaboliten
Capecitabin Gemcitabin Vinorelbin
Liposomales Doxorubicin
Myocet Caelyx
Substanzkombinationen
Zyklus
2
1-mal/Woche
2
Alle 3 Wochen
2
1-mal/Woche
2
Alle 3 Wochen
20 mg/m 60 mg/m
30 mg/m 90 mg/m 35 mg/m
2
1-mal/Woche 2
Alle 3 Wochen
100 mg/m 2
1-mal/Woche
90 mg/m
2
175 mg/m
Alle 3 Wochen 2
1250 mg/m 2-mal/Tag Tag 1–14 2
1250 mg/m Tag 1+8 2
Alle 3 Wochen Alle 3 Wochen 1-mal/Woche
25–30 mg/m 2
75 mg/m
Alle 3 Wochen
2
Alle 4 Wochen
50 mg/m
2
Alle 3 Wochen
Adriamycin/ Cyclophosphamid
60/600 mg/m
Adriamycin/Paclitaxel
50(60)/220(175) mg/m2 2
Alle 3 Wochen
Adriamycin/Docetaxel
60/75 mg/m
Alle 3 Wochen
Capecitabin/Paclitaxel
1000–1250/Tag Tag 1–14 bzw. 175 mg/m2/Tag 1
Alle 3 Wochen
Capecitabin/Docetaxel
1250 mg/m2 2-mal/Tag Tag 1–14 bzw. 75 mg/m2
Alle 3 Wochen
Epirubicin/Cyclophosphamid
60–75/600 mg/m2
Alle 3 Wochen
2
60–75/175 mg/m
Alle 3 Wochen
2
Alle 3 Wochen
2
Alle 3 Wochen
Epirubicin/Paclitaxel Epirubicin/Docetaxel Gemcitabin/Paclitaxel
verwendet werden, da hierunter die höchsten Ansprechraten zu erwarten sind. 4 Die höchsten Remissionsraten werden mit einem Taxan in Kombination mit einem Anthrazyklin oder Trastuzumab (Herceptin) erreicht. 4 Als weitere Zytostatika der ersten Wahl gelten Anthrachinone und Vinkaalkaloide als Monosubstanzen oder in Kombination (. Tab. 1.9, . Abb. 1.8). 4 Dosisintensivierte Therapien und Hochdosistherapien zeigen keine Verbesserung des Überlebens (Stadtmauer et al. 2000)
60–75/75 mg/m
1000/175 mg/m Tag 1+8/Tag 1
Therapie mit dem Antikörper Trastuzumab. Im Fall der HER2/neu-Überexpression sollte auch an eine Antikörpertherapie mit Trastuzumab (Herceptin) gedacht werden. Eine Zulassung in Deutschland gibt es derzeit in der palliativen Behandlung des Mammakarzinoms für die i. v. Monotherapie nach Vorbehandlung mit Taxanen und Anthrazyklinen sowie für die Kombinationsapplikation mit einem Taxan. Es wird derzeit in Studien überprüft, ob eine Kombinationsbehandlung mit endokrinen Therapieoptionen von Vorteil ist. Aufgrund möglicher Kardiotoxizität ist die Überwachung der Herzfunktion vor Beginn
1
24
Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
1
. Abb. 1.8. Algorithmus zur systemischen Chemotherapie beim metastasierten Mammakarzinom
und während der Therapie alle 3 Monate unerlässlich (Slamon et al. 2001). Therapie mit Bisphosphonaten bei ossärer Metastasierung. Bei osteolytischen Metastasen sollten zusätzlich Bis-
phosphonate eingesetzt werden. Neben einem Schmerz lindernden Effekt führen sie zur Rekalzifizierung der betroffenen Knochen und weisen evtl. auch einen zytostatischen Effekt auf. Palliative Strahlentherapie. Bestrahlung bzw. nuklearmedizinische Therapien sind in folgenden Konstellationen sinnvoll 4 Schmerzhafte osteolytische oder gemischt osteolytischosteoplastische Knochenmetastasen sprechen in 70– 90% auf eine palliative Strahlentherapie an. Dosis und Fraktionierung müssen sich nach der Lokalisation und der zu erwartenden Prognose richten. Wenn bei kurzer Überlebenszeit rasche Schmerzlinderung im Vordergrund steht, bieten sich höhere Einzeldosen in wenigen Fraktionen an. Bei wahrscheinlich längerer Überlebenszeit sollten im Hinblick auf eine möglichst lange Analgesiedauer und Stabilisierung konventionelle Dosen und Fraktionen gewählt werden. Bei Osteolysen kommt es
in 2–3 Monaten in 75% der Fälle zur Rekalzifizierung. Die generalisierte Knochenmetastasierung kann durch eine Halbkörperbestrahlung schnell zur Schmerzlinderung führen. Alternativ sind nuklearmedizinische Therapien mit Rhenium-186-HEDP oder Samarium-153EDTMP möglich. Es hat sich eine hohe Ansprechrate mit einer Wirkdauer von 4–7 Wochen gezeigt. Darüber hinaus gibt es eine Indikation zur Strahlentherapie bei stabilitätsgefährdenden ossären Metastasen, insbesondere bei Mobilitäts- und Funktionseinschränkung ggf. in Kombination mit operativer Sanierung oder als alleinige Therapie bei Kontraindikation zur operativen Versorgung (Hoskin et al. 2001, Brown u. Colemann 2003). 4 Bei symptomatischen Hirnmetastasen kann durch Ganzhirnbestrahlung und gleichzeitige Applikation von Kortikoiden in den meisten Fällen eine Verbesserung der neurologischen Funktion erreicht werden (Kopfschmerzen, Paresen, generalisierte Krampfanfälle, zerebelläre Dysfunktionen). Es resultieren eine verminderte Ödembildung, reduzierte Liquorproduktion und eine Volumenreduktion der Tumormasse. 4 Bei isolierten Hirnmetastasen und Befunden, die operativ schwer zugänglich sind, ist auch eine stereo-
25 1.11 · Diagnostik und Therapie von Fernmetastasen
taktische Radiotherapie durch Linearbeschleunigungsbestrahlung oder Gammamesser als Einzeitbestrahlung möglich. 4 Die Meningeosis carcinomatosa kann durch intrathekale Zytostatikagabe oder Radiotherapie behandelt werden. 4 Umschriebene Rückenmarkmetastasen mit neurologischer Symptomatik können ebenfalls durch Bestrahlung in Kombination mit Kortikoiden behandelt werden. 4 Bei Haut- und Weichteilmetastasen ist die lokale Therapie durch Bestrahlung oder auch Brachytherapie möglich. Häufig kann dadurch eine funktionelle Verbesserung oder Schmerzlinderung erreicht werden. Palliative operative Therapie. Sie erfolgt zur Schmerzbehandlung und zur Wiederherstellung oder dem Erhalt von Funktion und Stabilität im Sinne der Lebensqualität. Als absolute Operationsindikation gelten 4 Pathologische Frakturen an den langen Röhrenknochen (Femur, Humerus, Tibia) und am Azetabulum, um die Mobilität der Patientin zu bewahren. Das Operationsprinzip besteht aus einer Metastasenresektion im metaphysärem Bereich und einer anschließenden osteosynthetischen Stabilisierung mittels Plattenosteosynthese oder Marknagelung und dem Knochenersatz durch Zement, Schaftprothesen oder Spacer. Bei gelenknaher Lokalisation muss ggf. das gesamte Gelenk ersetzt werden. 4 Neurologisch-symptomatische Wirbelsäulenmetastasen sollten operativ stabilisiert werden. Eine Stabilisierung ist von ventral über eine Tumorausräumung und Ersatz des Wirbelkörpers durch ein Titankörbchen möglich. Weniger belastend sind die Laminektomie und Stabilisierung über einen Fixateur interne von dorsal. Bei pathologischen Frakturen erfolgen ein stabile Verbundosteosynthese bzw. der endoprothetischer Gelenkersatz.
4 Kleine, gut erreichbare Haut- und Weichteilmetastasen 4 Intraabdominelle Metastasen und isolierte, therapieresistente Lebermetastasen können in Einzelfällen reseziert werden. Weitere palliative Maßnahmen
4 Die systemische antiproliferative Therapie kann bei kleinen Exsudatmengen eines Pleuraergusses hilfreich sein. Große Exsudatmengen mit klinischer Symptomatik (Dyspnoe, Druckgefühl) sollten mittels Punktion/Dränage entlastet werden. Nach maximaler Volumenentlastung kann bei rezidivierenden Pleuraergüssen eine Pleurodese erfolgen. Hierbei soll eine Verklebung der Pleurablätter erreicht werden (Mitoxantron, Bleomycin, Tetrazyklin-HCl, Talkum, Fibrinkleber) 4 Hautmetastasen können durch Exzision entfernt werden, bei oberflächlichen Befunden ist eine Behandlung mit Miltefosin (Miltex) möglich. 4 Aszites kann durch regelmäßige Punktion symptomatisch gelindert werden. Intraperitoneale Applikation von erwärmten Substanzen (5-FU, Bleomycin, Mitoxantron) ist zur Verzögerung oder Verhinderung von Rezidiven möglich. 4 Der Perikarderguss kann ebenfalls über eine Dränage entlastet werden. Auch hier in die Instillation von Mitoxantron und Bleomycin zur Prophylaxe von Rezidiven möglich. 4 Hyperkalzämie ist die Folge von ausgedehnten Osteolysen. Therapie der Wahl ist eine Dauertherapie mit Bisphosphonaten und bei akuter Symptomatik forcierte Diurese. 4 Meningeosis carcinomatosa kann durch intrathekale Gaben von Methotrexat und/oder Thiotepa behandelt werden. Darüber hinaus ist eine Bestrahlung sinnvoll. 4 Lokale Chemotherapie von Hirnmetastasen (Kortison, systemische Chemotherapie) 4 Gabe von Gestagenen zur Roborierung bei Tumorkachexie
Weitere Operationsindikationen sind
4 Intraabdominelle Metastasen bedürfen nur bei metastasenbedingtem Obstruktionsileus der sofortigen Laparotomie. 4 Drohende Frakturen oder nicht beherrschbare Schmerzzustände (Radiotherapie, Bisphosphonate, Analgetika) bedingt durch ossäre Metastasen 4 Isolierte Hirnmetastase mit sonst günstigen Kriterien in Kombination mit Nachbestrahlung
> > Standard in der Therapie des metastasierten Mammakarzinoms 5 Bei hormonrezeptorpositivem Tumor ohne Ausschlusskriterien immer primär systemische endokrine Therapie 5 Bei ossären Metastasen immer supplementäre Behandlung mit Bisphosphonaten
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Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
5 Anthrazykline und Taxane sind Mittel der ersten Wahl in der palliativen Chemotherapie, die immer unter Kontrolle des Tumoransprechens und unter Abwägung der Toxizität durchgeführt werden muss. 5 Strahlentherapie und operative Maßnahmen nach Indikationsstellung 5 Adäquate begleitende symptomatische Therapie
1.12
Mammakarzinom in der Schwangerschaft
Nach dem Zervixkarzinom ist das Mammakarzinom das häufigste Malignom in der Schwangerschaft. Die Inzidenz liegt bei etwa 4 von 10.000 Schwangerschaften. In der Schwangerschaft und in der Stillzeit führen physiologische Umbauvorgänge zu einer Volumenzunahme und Konsistenzveränderung der Mammae. Diese physiologischen, z. T. nodulären Veränderungen, sind of schwer von pathologischen Palpationsbefunden zu unterscheiden. Die Bild gebende Diagnostik ist durch die mögliche Strahlenbelastung limitiert, und Indikationen zur operativen Diagnostik werden sehr zurückhaltend gestellt, sodass Mammakarzinome in der Schwangerschaft und Laktationsperiode oftmals sehr spät erkannt werden. Die Prognose des Mammakarzinoms in der Schwangerschaft ist bestimmt durch 4 Verzögerte Diagnosestellung (p<0,001) 4 Größere Primärtumoren (p=0,03) 4 Höhere Tumorstadien (p=0,04) 4 Höheren Lymphknotenbefall (p<0,001) 4 Negative Hormonrezeptoren (p=0,002) 4 Schwangerschaftsassoziierte physiologische Veränderungen (Neoangiogenese, Hormone, Zytokine, immunologische Veränderungen) 4 Konflikt zwischen Therapieoptionen und dem Risiko für den Fetus Daraus ergibt sich, dass sowohl das krankheitsfreie Überleben als auch das Gesamtüberleben beim schwangerschaftassoziierten Mammakarzinom signifikant schlechter sind (Bonnier et al. 1997). Es hat sich ebenfalls gezeigt, dass die Erstdiagnose eines Mammakarzinoms innerhalb von 2 Jahren nach einer Schwangerschaft mit einer schlechteren Prognose verbunden ist. Das Mortalitätsrisiko sinkt pro verstrichenem Jahr nach einer Schwangerschaft um 15% (Guinee et al. 1994, Kroman et al. 1997). Prinzipiell stehen während Schwangerschaft und Stillzeit die gleichen diagnostischen Möglichkeiten offen wie für nicht -schwangere Patientinnen. Die Palpation bildet
die Grundlage der Diagnostik, und unklare Palpationsbefunde werden primär sonographisch abgeklärt. Neu entstandene solide Herdbefunde müssen histologisch abgeklärt werden. Vorzugweise sollte diese mit einer sonographisch gesteuerten Hochgeschwindigkeitsstanze durchgeführt werden. Der dabei gesetzte Gewebedefekt führt im Vergleich zur offenen Probeexzision seltener zu postinterventionellen Komplikationen wie Milchgangfisteln. Bei unklaren oder malignen Befunden muss zunächst eine Mammographie zum Ausschluss möglicher weiterer suspekter Befunde durchgeführt werden. Anschließend wird die Patientin entsprechend dem Vorgehen bei nicht schwangeren Patientinnen einer operativen Therapie zugeführt. Das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko der operativen Therapie ist niedrig. Eine zytostatische Therapie, kann nach Abschluss der Organogenese, d. h. ab dem 2. Trimenon, durchgeführt werden. Hierbei hat sich gezeigt, dass eine anthrazyklinhaltige Chemotherapie zu unauffälligem Geburtsgewicht, APGAR-Werten und postpartaler Gesundheit führen. Klinische Untersuchungen bis zum 11. Lebensjahr zeigten bei den Kindern keine neurokognitiven Entwicklungsstörungen. Lokale Bestrahlungen sollten postpartal durchgeführt werden. Zur systemischen endokrinen Therapie in der Schwangerschaft gibt es bisher keine klinischen Daten.
+ + Zusammenfassung Das Mammakarzinom ist in den westlichen Ländern das häufigste Malignom der Frau. Manifestationsort ist das periphere duktulo-lobuläre Parenchym. Man unterscheidet invasiv-duktale (65–80%) und invasiv-lobuläre Karzinome (etwa 10%) sowie etwa 20 andere spezielle Typen, wie u. a. papilläre, medulläre, adenoid-zystische, tubuläre und muzinöse Karzinome. Als Qualitätsmerkmale eines histopathologischen Befunds sollten beim Nachweis eines Mammakarzinoms Informationen zur Tumorgröße in metrischen Maßen, zum histologischen Tumortyp, dem histologischen Grad, dem pT- und pN-Stadium, zum minimalen Sicherheitsabstand vom Schnittrand sowie eine immunhistochemische Hormonrezeptoranalyse vorliegen. Seit Jahrzehnten ist der primär operative Ansatz Standard. Nur in Ausnahmefällen, wie z. B. beim lokal weit fortgeschrittenen Tumor oder dem inflammatori6
27 Zusammenfassung
schen Mammakarzinom, wurde die neoadjuvante oder primäre Chemotherapie genutzt und ist heute in diesen Fällen Standard. Im Vordergrund stand bei Letzterer die Verkleinerung des klinischen Befunds, um damit die Resektion im Gesunden und den primären Wundverschluss zu ermöglichen. Erst in den letzten Jahren wurde zunehmend die Möglichkeit diskutiert, die Vorteile einer neoadjuvanten Chemotherapie auch bei einem erweitertem Patientinnenkollektiv zu nutzen. Diese Überlegungen sind untrennbar mit der Entwicklung der Brust erhaltenden Chirurgie beim primär operablen Mammakarzinom verbunden. In vielen Fällen ist es nicht mehr onkologische Notwendigkeit, sondern der kosmetische Aspekt, der einer Brusterhaltung im Weg steht. Neben neuen onkoplastischen Techniken, wie z. B. der intramammären oder muskulokutanen Schwenklappenplastiken, wurde durch die Idee der präoperativen Verkleinerung des Tumorknotens durch neoadjuvante Chemotherapie eine Brusterhaltung ermöglicht. Standard der operativen Therapie ist die komplette Exstirpation des Tumors über Segmentektomie und axillare Lymphonodektomie bzw. Sentinel-Lymphknotenbiopsie bei Brust erhaltendem Vorgehen, alternativ zur erweiterten modifizierten radikalen Mastektomie. Randomisierte klinische Studien haben gezeigt, dass unter Berücksichtigung bestimmter klinischer und histologischer Parameter die Brust erhaltende Therapie identische Überlebensraten wie die Mastektomie erzielt. Bei Brust erhaltendem Vorgehen ist die Bestrahlung der Restbrust in konventioneller Fraktionierung und einem Tumorbettboost obligat. Postoperative Bestrahlung der Thoraxwand und der Lymphabflussgebiete erfolgt nach spezieller Indikation in konventioneller Fraktionierung. Empfehlungen zur systemischen Therapie des Mammakarzinoms richten sich nach der Risikoeinstufung. Als niedriges Risiko gilt die Konstellation pT1, pN0, G1, hormonrezeptorpositiv, Alter ≥35 Jahre, keine Angioinvasion und negativer HER2-Status. Allein in dieser Gruppe wird auf eine adjuvante Chemotherapie verzichtet. Die Entscheidung über Durchführung und Art der adjuvanten Therapie bei Mammakarzinompatientinnen in dieser Gruppe sollte jedoch nach einem ausführlichen Informationsgespräch getroffen werden. 6
Die aktuelle Empfehlung nach St. Gallen 2005 sieht die Kombination eines Anthrazyklins mit Cyclophosphamid vor. In einzelnen Studien konnte die Überlegenheit anthrazyklinhaltiger Schemata allerdings nur in der Dreierkombination 5-Fluorouracil/Epirubicin (Adriamycin)/ Cyclophosphamid (FEC/FAC) gegenüber Cyclophosphamid/Methotrexat/5-Fluorouracil (CMF) gehalten werden. Die Dosierung der adjuvanten Chemotherapie muss adäquat erfolgen. Mit sinkender Dosisintensität ist ein überproportionaler Verlust der Effektivität der Therapie zu erwarten. Epirubicin soll mindestens mit einer Dosierung von 30 mg/m2 KOF/Woche und Doxorubicin mit mindestens 20 mg/m2 KOF/Woche verabreicht werden. Die systemische endokrine Therapie ist bei positivem Hormonrezeptorstatus immer indiziert. Postmenopausalen Patientinnen wird derzeit das Antiöstrogen Tamoxifen 20 mg/Tag über eine Zeitdauer von 5 Jahren empfohlen, bzw. bis zum Nachweis einer Progression der Grunderkrankung – alternativ primär Anastrazol oder nach 2–3 Jahren Tamoxifen ein Aromatasehemmer. Bei der prämenopausalen Patientin wird durch Ausschaltung der Ovarialfunktion z. B. mittels GnRH-Analoga/LHRH-Analoga ein ähnlich günstiger Effekt erzielt. Die Kombination mit Tamoxifen kann diesen noch verstärken. Die Ovarsuppression sollte über mindestens 2 Jahre erfolgen. Die Nachsorge beginnt nach Abschluss der Primärbehandlung, d. h. spätestens 6 Monate nach der Operation. Im Gegensatz zur Situation beim Auftreten von Fernmetastasen besteht beim Nachweis eines Lokalrezidivs eine kurative Therapiechance. Es lässt sich am besten durch die klinische Untersuchung in Kombination mit Mammographie, Mammasonographie und in schwer zu beurteilenden Einzelfällen durch Magnetresonanztomographie diagnostizieren. Ziel der Behandlung des Lokalrezidivs ist die lokal operative Sanierung, möglichst mit Ergänzung einer lokalen Bestrahlung, falls die befallene Region noch nicht vorbestrahlt worden war. Eine zusätzliche systemische Therapie kann das krankheitsfreie Intervall verlängern, führt jedoch nicht zur Verbesserung der Überlebensrate. Nach bisherigen Erkenntnissen erreicht die Früherkennung von Fernmetastasen und deren frühzeitige Behandlung keinen Überlebensvorteil. Daraus folgt, dass bei Symptomfreiheit äußerste Zurückhaltung in Bezug auf appa6
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Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
rative und laborchemische Diagnostik geboten ist. Liegen Fernmetastasen vor, ist nach heutigen Erkenntnissen die Langzeitheilung nur in Einzelfällen möglich. Ein günstiger Verlauf ist bei solitär auftretenden oder Fernmetastasen, die ausschließlich Knochen oder die Haut betreffen, zu erwarten. Ziel der Behandlung ist die Erhaltung einer möglichst hohen Lebensqualität und Symptomfreiheit. Die Therapieentscheidung erfolgt deswegen krankheitsadaptiert und individualisiert. Bei hormonrezeptorpositiven Tumoren ohne Ausschlusskriterien erfolgt zunächst immer primär die systemische endokrine Therapie. Hierbei sind Aromatasehemmer die First-lineTherapie, gefolgt von Fulvestrant und Gestagenen. Bei ossären Metastasen erfolgt immer zusätzlich eine supplementäre Behandlung mit Bisphosphonaten. Anthrazykline und Taxane sind Mittel der ersten Wahl in der palliativen Chemotherapie, die immer unter Kontrolle der Tumoransprechens und unter Abwägung der Toxizität durchgeführt werden muss. Strahlentherapie und operative Maßnahmen erfolgen nur nach spezifischer Indikationsstellung. Besonders wichtig ist eine adäquate begleitende symptomatische Therapie zur Steigerung der Lebensqualität.
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Kapitel 1 · Maligne Tumoren der Mamma
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2 2
Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri Mathias K. Fehr und Daniel Fink
2.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 33
2.2
Risikofaktoren – 33
2.2.1
Risikofaktoren für den östrogenabhängigen Typ 1 des Endometriumkarzinoms – 33
2.3
Screening, Früherkennung
2.4
Tumorausbreitung
2.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
2.6
Histopathologie und Prognosefaktoren
2.6.1 2.6.2
Endometriumhyperplasie – 36 Endometriumkarzinom – 37
2.7
Stadieneinteilung und Prognose – 39
2.8
Operative Therapie
2.8.1 2.8.2 2.8.3 2.8.4 2.8.5
Zervixbefall – 39 Lymphonodektomie – 40 Vaginalbefall – 41 Operationen bei Blasen- bzw. Rektumeinbruch, Fernmetastasen – 41 Laparoskopische Operation – 41
2.9
Radiotherapie – 41
2.9.1 2.9.2
Alleinige Radiotherapie – 41 Adjuvante, postoperative Radiotherapie – 41
– 33
– 34 – 35 – 36
– 39
2.10
Systemische Therapie – 42
2.10.1
2.10.4
Hormontherapie beim fortgeschrittenen oder rezidivierenden Endometriumkarzinom – 42 Adjuvante Hormontherapie beim frühen Endometriumkarzinom Chemotherapie beim fortgeschrittenen oder rezidivierenden Endometriumkarzinom – 44 Adjuvante Chemotherapie – 45
2.11
Nachsorge – 45
2.10.2 2.10.3
Zusammenfassung Literatur
– 46
– 46
– 44
33 2.3 · Screening, Früherkennung
2.1
Häufigkeit, Altersverteilung . Tab. 2.1. Risikofaktoren für das klassische Endometriumkarzinom
Das Korpusmalignom ist in Mitteleuropa nach den Malignomen von Brust und Kolorektum der dritthäufigste Krebs der Frau. Mit rund 41% der weiblichen Genitalmalignome ist es das häufigste gynäkologische Malignom im engeren Sinne. Die Inzidenz des Endometriumkarzinoms beträgt in der Schweiz und in Deutschland etwa 2425/100.000 Frauen/Jahr. Seine altersstandardisierte Mortalität ist mit 3,4/100.000 Frauen/Jahr relativ gering. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 68 Jahren, und 75% der Patientinnen sind postmenopausal. Nur 5% erkranken vor dem 40. Lebensjahr.
2.2
Risikofaktoren
Klinisch, histologisch und pathogenetisch muss der klassische Karzinomtyp (endometrioid, Typ 1) vom östrogenunabhängigen, unüblichen Karzinomtyp (Typ 2) unterschieden werden. Zu Letzterem zählen das seröse (serös-papilläre; etwa 5–10% der Fälle) und das klarzellige (hellzellige) Endometriumkarzinom (etwa 1–5% aller Fälle). Das seröse Endometriumkarzinom ist bei Afrikanerinnen häufiger als bei kaukasischen Frauen, was die schlechtere Prognose der Endometriumkarzinome bei schwarzen Frauen erklären kann.
2.2.1 Risikofaktoren für den östrogenabhängigen
Typ 1 des Endometriumkarzinoms Sie sind jenen beim hormonempfindlichen Brustkrebs ähnlich (. Tab. 2.1). Während Östrogene für das Endometriumkarzinom als kanzerogen gelten, stellen Gestagene einen Schutz für die Gebärmutterschleimhaut dar. Die optimale Dauer für eine zusätzliche Gestagengabe bei zyklischer Östrogensubstitution beträgt 12 Tage. Die Adipositas kann u. a. durch die Aromatisierung von Androstendion zu Östron in Fettzellen erklärt werden. In multivariaten Analysen stellten Diabetes und Hypertonie, welche oft mit Adipositas vergesellschaftet sind, keine unabhängigen Risikofaktoren dar. Bei 1000 Frauen, welche über 5 Jahre täglich 20 mg Tamoxifen einnehmen, findet man etwa 4 zusätzliche Endometriumkarzinome (Senkus-Konefka et al. 2004). Glücklicherweise werden auch diese Endometriumkarzinome
Risikofaktor
Relatives Risiko
Regionale Herkunft: USA, Europa
3–18
Höheres Lebensalter
2–3
Höherer sozioökonomischer Status
2
Adipositas (prä- und postmenopausal)
2–5
Nulliparität/Infertilität, Anovulation
2–3
Späte Menopause (>52 Jahre vs. <49 Jahre)
2–3
Östrogen produzierende Tumoren wie Granulosazelltumoren (endogener Hyperöstrogenismus)
>5
Exogene Östrogensubstitution ohne Gestagenantagonisierunga
6–9
Tamoxifeneinnahme bei Brustkrebs
1,5–3
a
Zunächst Entwicklung einer Endometriumhyperplasie.
wegen uteriner Blutung meist im Frühstadium diagnostiziert und sind im Allgemeinen vom hormonabhängigen, endometrioiden Typ mit guter Prognose. Das Risiko eines Endometriumkarzinoms unter Tamoxifen nimmt mit der Dauer der Einnahme zu. Das autosomal-dominant vererbte hereditäre Non-Polyposis-Kolonkarzinom (HNPCC) ist stark mit dem Endometriumkarzinom assoziiert, aber selten. Bei diesen Patientinnen besteht ein 60- bis 80%iges Risiko für ein Kolonkarzinom und ein 40- bis 60%iges Risiko für ein Endometriumkarzinom. Das hormonunabhängige Endometriumkarzinom (Typ 2) kommt auch bei jüngeren, schlanken Frauen ohne oben genannte Risikofaktoren vor. Endometriumkarzinome, die nach Radiotherapie des Unterbauchs auftreten, sind oft vom Typ 2.
2.3
Screening, Früherkennung
Weder die Vaginalsonographie noch die transzervikale Endometriumbiopsie oder die Zervixzytologie stellen geeignete Screeningtests für das Endometriumkarzinom dar. Dass kein effektives Screening existiert, liegt u. a. daran,
2
34
2
Kapitel 2 · Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri
dass die uterine Blutungsstörung meist ein Frühsymptom, das unmittelbar zur Diagnose eines Endometriumkarzinoms führt, darstellt. Umstritten ist die transvaginale Sonographie auch als Screeningtest in Hochrisikopopulationen wie z. B. Familien mit hereditärem Non-Polyposis-Kolonkarzinom (HNPCC), massiver Adipositas, alleiniger Östrogen- oder Tamoxifentherapie. Da einerseits das Risiko, unter Tamoxifen ein Endometriumkarzinom zu entwickeln, relativ gering ist, andererseits unter Tamoxifen in mehr als der Hälfte der Fälle sonographisch ein verdicktes Endometrium >5 mm und/oder eine Hyperechogenität des Endometriums und »submuköse« Zystenbildung beobachtet werden, wird die transvaginal-sonographische Kontrolle des Endometriums bei Patientinnen unter Tamoxifen von den meisten Fachgesellschaften nicht empfohlen (. Abb. 2.1). Histologisch findet sich meist ein zystisch atrophes Endometrium mit subepithelialer Stromahypertrophie. Bei etwa 1/4 der tamoxifenbehandelten Frauen finden sich Endometriumpolypen. Bis zu einer Endometriumdicke von 9 mm ist bei Symptomfreiheit mit einem minimalen Risiko eines Endometriumkarzinoms zu rechnen. Beträgt die Endometriumdicke bei einer asymptomatischen Frau ≥10 mm, liegen immer noch in weniger als 5% ein Karzinom oder eine atypische Hyperplasie vor. Kommt es jedoch unter Tamoxifen zu einer postmenopausalen Blutung, muss immer, ungeachtet der gemessenen Endometriumdicke, eine
histologische Abklärung des Endometriums erfolgen. Ob unter Tamoxifen bei einem verdicktes Endometrium >10 mm ohne klinische Symptomatik eine histologische Abklärung des Endometriums erfolgen sollte, ist umstritten. Das Risiko für das Vorliegen eines asymptomatischen Endometriumkarzinoms ist mit <2% gering. Ein Vorschlag ist die Entnahme einer Aspirationshistologie. Einerseits wird dadurch sichergestellt, dass keine Zervikalkanalstenose vorliegt, welche eine uterine Blutung durch das Karzinom kaschieren kann, andererseits schließt ein negatives Resultat ein Karzinom praktisch aus.
Klinische Symptome des Korpuskarzinoms 5 Uterine Blutungsstörung: Schmerzlose postmenopausale Blutung, rezidivierende Menometrorrhagie oder rezidivierende Metrorrhagie. Die Blutungsstörung ist ein zuverlässiges Frühsymptom. So werden 75% aller Endometriumkarzinome im Stadium I diagnostiziert. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Blutung in der Postmenopause durch ein Karzinom verursacht wird, beträgt etwa 11%. 5 Unterbauchschmerzen: Bei Patientinnen mit Zervikalkanalstenose können sich Endometriumkarzinome aufgrund einer Hämatometra oder eines metastatischen Adnextumors zuerst als Unterbauchtumoren sowie mit Unterbauchschmerzen äußern. 5 Abnormer Fluor: typischerweise blutig oder eitrig.
2.4
. Abb. 2.1. Typische Endometriumsonographie unter Taximofentherapie
Tumorausbreitung
Das Korpuskarzinom kann im Gegensatz zum Zervixkarzinom sowohl auf dem Lymphweg als auch auf direktem Weg intrakavitär in die Bauchhöhle metastasieren. Die lymphogene Metastasierung in die pelvinen Lymphknoten ist am häufigsten. Sie kann im oberen Paraaortalbereich durch Lymphbahnen entlang der Ovarialgefäße erfolgen. Bei 10% aller Patientinnen ist mit Metastasen in den pelvinen und bei 6% in den paraaortalen Lymphknoten zu rechnen (. Tab. 2.2). Ein paraaortaler Lymphknotenbefall ohne pelvine Lymphknotenmetastasierung ist sehr selten (. Abb. 2.2). Die zweithäufigste Metastasierungsart ist per continuitatem in die Adnexe (bei etwa 6% aller neudiagnostizierten Endometriumkarzinome), wobei die meisten
35 2.5 · Diagnosestellung, präoperatives Staging
. Tab. 2.2. Lymphknotenmetastasen in Bezug auf Invasion des Myometriums und Grading. Nach Creasman et al. (1998); FIGO-Statistik, n=2609
Myometriumsinvasion
Grading
Befallene pelvine Lymphknoten [%]
Befallene paraaortale Lymphknoten [%]
Keine
G1
0,4
0
G2
0,5
0,5
G3
3
2
G1
1,2
0,2
G2
3
0,8
G3
5,5
2,4
G1
15,4
3,5
G2
15,7
6
G3
23,8
10,2
<50%
>50%
Adnexmetastasen nur mikroskopisch nachweisbar sind. Mit pelvinen peritonealen Tumorimplantaten ist in 2% und mit extrapelvinen in 3% zu rechnen, wobei diese dann häufig im Omentum vorliegen. Der häufigste Ort von Fernmetastasen sind die Lungen.
2.5
. Abb. 2.2. Lymphabflusswege beim Korpuskarzinom, aus Kaufmann et al. (2003)
als 2/1000 beträgt. Somit kann bei einer Endometriumdicke <5 mm bei postmenopausaler Blutung eine Nachkontrolle in 3 Monaten erfolgen.
Diagnosestellung, präoperatives Staging
> Cave Bei jeder postmenopausalen Blutung sowie bei prämenopausalen, rezidivierenden Menometrorrhagien oder rezidivierenden Metrorrhagien bei Frauen über 40 Jahren ist ein Endometriumkarzinom histologisch auszuschließen.
Bei der Spekulumeinstellung wird die Vaginalwand inspiziert, um v. a. suburethrale Vaginalwandmetastasen bzw. einen Tumor im Zervikalkanal zu erfassen. Mittels Kolposkopie wird ein Zervixkarzinom als Blutungsursache ausgeschlossen. Mit der transvaginalen Sonographie wird die Dicke des Endometriums gemessen, da bei einer Endometriumdicke <5 mm und postmenopausaler uteriner Blutung die Wahrscheinlichkeit eines Endometriumkarzinoms weniger
! Umgekehrt beträgt die Wahrscheinlichkeit des Vorliegens eines Endometriumkarzinoms bei postmenopausaler Blutung und einer Endometriumdicke von ≥5 mm 18% (Karlsson et al. 1995).
Mit der transvaginalen Sonographie können die Infiltrationstiefe ins Myometrium abgeschätzt sowie Adnextumoren oder Aszites als extrauterine Metastasierung festgestellt werden (. Abb. 2.3). Für prämenopausale Frauen gilt für das Endometriumecho ein Schwellenwert von 5 mm am 4.–6. Zyklustag oder von 12 mm unabhängig vom Zyklustag (Dreher et al. 2004). Bei hoch aufgebautem Endometrium ist es sinnvoll, mittels ambulanter Aspirationskürettage (z. B. Pipelle de
2
36
Kapitel 2 · Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri
2
. Abb. 2.3. Endometriumsonographie bei Karzinom
Cornier oder Vabra-Aspirationskürettage) zu versuchen, frühzeitig zur Diagnose zu kommen. Endometriumkarzinome lassen sich häufig mittels Aspirationskürettage nachweisen, nicht jedoch die anderen Ursachen einer uterinen Blutung wie Polypen, submuköse Myome usw. Ist der Zervikalkanal nicht für die Aspirationskürettage passierbar (Zervikalstenose), muss zum sicheren Ausschluss eines Malignoms die Hysteroskopie mit Kürettage des Endometriums erfolgen. Bei der rektovaginalen, bimanuellen Palpation wird auf eine Auftreibung der Zervix und des Corpus uteri, eine Infiltration der Parametrien, des Douglas-Raums, der Rektum- oder Blasenwand sowie auf Adnextumoren geachtet. > > Standard der Diagnostik des Endometriumkarzinoms Die Hysteroskopie und Kürettage sind der goldene Standard in der Diagnostik des Endometriumkarzinoms.
das getrennt zur histologischen Untersuchung eingeschickt wird. Sie soll Hinweise auf einen endozervikalen Befall geben. Ist die Zervikalkanalkürettage negativ, ist ein Zervikalkanalbefall beinahe ausgeschlossen. Eine positive Zervikalkanalkürettage ist jedoch für ein Stadium II nicht diagnostisch, da nur die am Uterusresektat histologisch nachgewiesene Zervikalkanalinfiltration beweisend gilt und das Material der Zervikalkanalkürettage häufig durch Korpusmukosa kontaminiert ist. Nur bei 50% der Patientinnen mit Karzinom in der endozervikalen Fraktion wird dies auch histologisch-pathologisch bestätigt. Durch ein Thoraxröntgenbild werden Lungenmetastasen und ein Pleuraerguss ausgeschlossen. Durch eine Bild gebende Untersuchung des Abdomens (Sonographie oder Computertomographie) können Metastasen der Leber, des Peritoneums, der retroperitonealen Lymphknoten, der Adnexe sowie eine Ureterstauung nachgewiesen werden. Letztere weist auf eine Infiltration der Parametrien hin. Bei adipösen Patientinnen führen wir meist primär eine Computertomographie des Abdomens durch, da das Retroperitoneum und das Leberparenchym sonographisch oft schlecht einsehbar sind. Eine Magnetresonanztomographieuntersuchung des Beckens ist nur speziellen Fragestellungen vorbehalten. Bezüglich Beurteilung der Adnexe und des Endometriums ist ihr die transvaginale Sonographie jedoch mindestens ebenbürtig. Beim (seltenen) klinischen, palpatorischen und/oder sonographischen Verdacht auf eine Blasenwand- oder Rektuminfiltration sind entsprechende Endoskopien indiziert. Der erhöhte Tumormarker CA-125 kann auf das Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen oder anderen extrauterinen Metastasen hinweisen, seine Sensitivität ist jedoch niedrig.
2.6
Histopathologie und Prognosefaktoren
2.6.1 Endometriumhyperplasie
Die Hysteroskopie garantiert, dass der intrakavitär festgestellte Befund auch biopsiert bzw. entfernt wird. Die zusätzliche Hysteroskopie erhöht die Sensitivität gegenüber der alleinigen Kürettage, die Polypen häufig nicht zuverlässig entfernen kann. Ein weiterer Vorteil der Hysteroskopie ist, dass auch der Zervikalkanal beurteilt werden kann. Die falsch-negative Rate einer hysteroskopischen Diagnose eines Zervixbefalls beträgt jedoch 8%. Die fraktionierte Kürettage führt zur Gewinnung eines Abradats vom Zervikalkanal und vom Uteruscavum,
Die einfache oder komplexe Endometriumhyperplasie ohne Atypien gilt nicht als Krebsvorstufe, sondern ist meist Ausdruck einer übermäßigen Östrogenstimulation und bei deren Wegfall reversibel. ! Die atypische Hyperplasie gilt als Präkanzerose. Die einfache, atypische Hyperplasie ist sehr selten, häufiger ist eine komplexe atypische Hyperplasie.
37 2.6 · Histopathologie und Prognosefaktoren
. Tab. 2.3. Charakteristika der Subtypen 1 und 2 beim Endometriumkarzinom
Endometriumkarzinomtyp
1
2
Histologie
Endometrioid
Serös-papillär, klarzellig
Krebsvorstufe
Atypische Hyperplasie
Scharf begrenztes intraepitheliales Karzinom
FIGO-Stadium
79% Stadium I
26% Stadium I (serös-papillär) 58% Stadium I (klarzellig)
Molekularbiologie
PTEN, kRAS-Mutation, Mikrosatelliteninstabilität
p53-Mutation, Verlust der Heterozygotie (LOH), p16-Inaktivierung, HER2/neu-Überexpression
Hormonrezeptoren
Exprimiert
Nicht exprimiert
Risikofaktoren
Hyperöstrogenismus
Vorgängige Radiotherapie?
Tamoxifen
2.6.2 Endometriumkarzinom
Die Prognose wird v. a. vom histologischen Typ bestimmt. Die nichtendometrioiden Subtypen (Typ 2) wie das seröse- und klarzellige Endometriumkarzinom haben eine deutlich schlechtere Prognose als das klassische, endometrioide Adenokarzinom (Typ 1) (7 Abschn. 2.2, . Tab. 2.1). Adenokarzinome mit plattenepithelialer Differenzierung weisen eine ähnliche Prognose wie endometrioide Adenokarzinome auf. Alle Stadien zusammengenommen, weist das endometrioide Endometriumkarzinom ein 5-Jahres-Überleben von etwa 74% auf, während es für das seröse Karzinom 27% und für das klarzellige Karzinom 42% beträgt. Differente Genexpressionsmuster der beiden Karzinomtypen sind für die unterschiedliche Prognose verantwortlich (. Tab. 2.3). Für das klassische endometrioide Korpuskarzinom ist das chirurgische FIGO-Stadium in multivariaten Analysen der stärkste Prognosefaktor (. Tab. 2.4). Klassische Endometriumkarzinome im Stadium I weisen eine Heilungsrate von 85–95% auf. Die histologische Differenzierung ist der zweitwichtigste Prognosefaktor. Als G1 werden Karzinome bezeichnet, deren endometrioide Drüsenschläuche weniger als 5% solide Anteile besitzen. Wenn der solide Anteil 6–50% beträgt, spricht man von G2, wenn mehr als 50% des Tumors aus soliden Zellverbänden besteht, von G3.
Histologische Einteilung der Endometriumkarzinome (WHO, Silverberg et al. 2003) 5 Endometrioides Adenokarzinom (etwa 85%) – Variante mit plattenepithelialer Differenzierung – Villoglanduläre Variante – Sekretorische Variante – Variante mit Zilien tragenden Zellen 5 Muzinöses Adenokarzinom (etwa 9%) 5 Seröses Adenokarzinom (5–10%) 5 Klarzelliges Adenokarzinom (1–5%) 5 Gemischtes Adenokarzinom – Endometrioides oder muzinöses Adenokarzinom gemischt mit mindestens 10% eines hellzelligen oder serösen Karzinoms 5 Plattenepithelkarzinom: extrem selten 5 Übergangsepithelkarzinom: extrem selten 5 Kleinzelliges Karzinom: <1% 5 Undifferenziertes Karzinom
Die Relevanz maligner Zellen in der Abdomenspülzytologie bei der Primäroperation ist umstritten, insbesondere dann, wenn ein komplettes chirurgisches Staging vorangegangen ist und keine extrauterinen Metastasen im klinischen FIGO-Stadium I nachgewiesen wurden. Gut belegt ist jedoch deren Relevanz bei extrauterinem Befall ohne intraabdominale Metastasen. In diesem Fall verschlechtert die positive Spülzytologie die Prognose deutlich.
2
38
Kapitel 2 · Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri
. Tab. 2.4. FIGO- und TNM-Stadieneinteilung des Endometriumkarzinoms sowie 5-Jahres-Gesamtüberlebensraten (Creasman et al. 2001)
FIGO-Stadium
T
N
M
5-JahresÜberleben [%]
2 I
Tumor auf Corpus uteri beschränkt
IA
Tumor auf Endometrium beschränkt
T1a
N0
M0
89
IB
Infiltration der inneren Myometriumhälfte
T1b
N0
M0
90
IC
Infiltration der äußeren Myometriumhälfte
T1c
N0
M0
81
II
Tumorausdehnung auf die Cervix uteri
IIA
Nur endozervikale Drüsen befallen
T2a
N0
M0
80
IIB
Invasion des zervikalen Stromas
T2b
N0
M0
72
IIIA
Tumorausdehnung auf Serosa, Adnexe oder positive Abdomenspülzytologie
T3a
N0
M0
63
IIIB
Befall der Vagina per continuitatem oder metastatisch
T3b
N0
M0
39
IIIC
Metastasen in pelvinen oder paraaortalen Lymphknoten
T1–3c
N1
M0
51
IVA
Invasion der Blasen- oder Rektummukosa
T4
N0/1
M0
20
IVB
Fernmetastasen (inklusive inguinale oder andere Lymphknoten außer pelvine oder paraaortale; exklusive Metastasen der Vagina, Adnexe oder des Beckenperitoneums)
Jedes T
N0/1
M1
17
III
IV
Die Expression von Hormonrezeptoren korreliert mit dem Differenzierungsgrad und dem FIGO-Stadium. Ob es sich um einen unabhängigen Prognosefaktor bezüglich des Überlebens handelt, ist nicht gesichert. Die Lymphangiosis carcinomatosa im Primärtumor korreliert in prospektiven Studien signifikant mit dem Gesamtüberleben, ist jedoch unter Berücksichtigung des Gradings und der Invasionstiefe kein unabhängiger Prognosefaktor mehr (Creutzberg et al. 2004). Die Aneuploidie ist kein eigenständiger, unabhängiger Prognosefaktor (. Tab. 2.5). Beim endometrioiden Endometriumkarzinom korreliert die Invasionstiefe ins Myometrium gut mit dem extrauterinen Befall.
Beim Typ II des Endometriumkarzinoms ist das FIGO-Stadium der wichtigste Prognosefaktor. Typ-IIEndometriumkarzinome werden nach dem Atypiegrad der Zellkerne klassifiziert. Beim serösen Endometriumkarzinom korreliert die Invasionstiefe nicht mit dem extrauterinen Befall (. Tab. 2.6). 40–50% der serösen Karzinome ohne Myometriuminfiltration (Stadium IA) zeigen extrauterine Ableger. Bei diesen Patientinnen liegt das 5-JahresÜberleben nur bei etwa 57%. Für das seröse Endometriumkarzinom im Stadium I beträgt es trotz adjuvanter Therapie nur 44–66%, im Stadium II 40% und Stadium III 15%. Die meisten Rezidive dieses histologischen Subtyps treten extrapelvin auf.
39 2.8 · Operative Therapie
2.7 . Tab. 2.5. Chirurgisch-pathologische Risikofaktoren für die Mortalität beim Endometriumkarzinom (GOG; Morrow et al. 1991)
Prognosefaktoren
Relatives Risiko
Häufigkeit [%]
Schlechter Differenzierungsgrad (G3)
15
19
Infiltration des Myometriums ins äußere Drittel
4,3
17
Gefäßinvasion
2,5
7
Zervikale Stromainvasion
1,5
15
Befallene paraaortale Lymphknoten
12
5
Befallene pelvine Lymphknoten
12
5
Adnexmetastasen
12
4
Makroskopischer intraabdomineller Befall
12
4
Positive Spülzytologie des Abdomens
2,4
6
Alter ≥75 Jahre
1,8
16
Intrauterin (n=675)
Stadieneinteilung und Prognose
Die Stadieneinteilung des Endometriumkarzinoms erfolgt seit 1988 chirurgisch-pathologisch. Die Bestimmung des histologischen Gradings führt, zusammen mit dem chirurgischen Staging, zu einer besseren Abschätzung der Prognose als das präoperative klinische Staging der FIGO 1971 (. Tab. 2.4). Für die als inoperabel betrachteten Patientinnen, welche meist primär bestrahlt werden, gilt weiterhin die FIGOEinteilung von 1971, wobei ein spezieller Vermerk bei der Diagnose nicht fehlen darf (. Tab. 2.7).
2.8
Operative Therapie
Extrauterin (n=220)
. Tab. 2.6. Fehlende Korrelation zwischen Myometriuminvasion und extrauterinem Befall beim serösen Endometriumkarzinom (Goff et al. 1994)
Myometriuminfiltration
Extrauteriner Tumorbefall [%]
Keine
40
Inneres Drittel
43
Mittleres Drittel
37
Äußeres Drittel
35
Es gibt bis heute keine randomisierten Studien zur chirurgischen Therapie des Endometriumkarzinoms. Klinisch-pathologische Risikofaktoren leiten die individualisierten chirurgischen Therapieentscheide. Beim Stadium I beträgt die Heilungsrate mit alleiniger Operation 85–95%. Das operative Staging erfolgt über eine untere mediane Längslaparotomie, damit eine extrauterine Metastasierung besser diagnostiziert oder ausgeschlossen werden kann. Es sollte eine Abdomenspülzytologie entnommen und die ganze Peritonealhöhle sorgfältig inspiziert und palpiert werden. Suspekte peritoneale Veränderungen müssen biopsiert werden. Extrapelvine Tumormanifestationen bedeuten eine massive Prognoseverschlechterung. Patientinnen mit Tumorausdehnung in die Abdominalhöhle (Stadium III–IV) profitieren meist von einer möglichst vollständigen Entfernung der Tumormanifestationen (Bristow et al. 2000, Chi et al. 1997). Bei palpatorisch unauffälliger Cervix uteri und unauffälligen Parametrien erfolgt die extrafasziale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie, da Letztere nach den Lymphknoten die zweithäufigsten Metastasierungsorte darstellen.
2.8.1 Zervixbefall
Wenn präoperativ oder intraoperativ ein klinisch feststellbarer Befall der Cervix uteri vorliegt, sollte die radikale Hysterektomie, d. h. die Mitentfernung der Parametrien erfolgen. Einen Vorteil der radikalen gegenüber der einfachen Hysterektomie bei klinisch aufgetriebener Zervix konnten 2 retrospektive Studien nachweisen. Falls nur ein
2
40
Kapitel 2 · Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri
. Tab. 2.7. Klinische FIGO-Stadieneinteilung des Endometriumkarzinoms von 1971 für inoperable Patientinnen
TNM
2
Tis
FIGO N0
M0
0
Carcinoma in situ (präinvasives Karzinom)
N0
M0
I
Tumor auf Corpus uteri beschränkt
N0
M0
IA
Sondenlänge ≤8 cm
N0
M0
IB
Sondenlänge >8 cm
T2
N0
M0
II
Übergang des Tumors auf die Cervix uteri
T1–2
N1
M0 III
Ausdehnung des Tumors über den Uterus hinaus (Adnexe, Vagina), aber auf das kleine Becken beschränkt
T1
T3
N0–1
M0
T4
N0–1
M0
IVA
Tumoreinbruch in Blase und/oder Rektum und/oder Ausdehnung des Tumors über das kleine Becken hinaus
T1–4
N0–1
M1
IVB
Fernmetastasen
NX Regionale Lymphknoten können nicht beurteilt werden, N0 keine regionalen Lymphknoten, N1 regionaler Lymphknotenbefall.
mikroskopischer Befall des Zervikalkanals vorliegt, ist eine radikale Hysterektomie mit Entfernung der Parametrien nicht indiziert.
2.8.2 Lymphonodektomie
Sie erbringt nicht nur eine genauere Stadieneinteilung und Prognoseabschätzung, sondern verhindert auch retroperitoneale Rezidive. Somit beruht die Stadieneinteilung auf der Vollständigkeit der operativen Therapie. Der intraoperative Entscheid zur pelvinen und/oder paraaortalen Lymphonodektomie richtet sich nach der Wahrscheinlichkeit von Lymphknotenmetastasen und der Komorbidität der Patientin. Ob die chirurgische Entfernung von kleinen Mikrometastasen zu einer Prognoseverbesserung führt, ist nicht belegt und schwierig nachzuweisen, da auch Patientinnen im Stadium I, welche nicht lymphonodektomiert, jedoch aufgrund der vorliegenden Risikofaktoren nachbestrahlt wurden, eine gute Prognose aufweisen. Andererseits sind die Adenokarzinome des Corpus uteri weniger strahlensensibel als z. B. Plattenepithelkarzinome der Cervix uteri, was für die chirurgische Entfernung von Lymphknotenmetastasen spricht. Schlussendlich ist ein wesentlicher Nutzen der Lymphonodektomie jener, dass Patientinnen identifiziert werden können, die aufgrund der Risikofaktoren des Primärtumors einer pelvinen
Radiotherapie zugeführt werden müssten, bei negativem
Nodalstatus aber nicht pelvin bestrahlt werden müssen. Ob die Lymphonodektomie die Prognose verbessert, ist bisher nicht bewiesen. Retrospektive Studien zeigten einen Überlebensvorteil für Patientinnen, welche lymphonodektomiert wurden. Diese waren jedoch jünger als die Kontrollgruppe, was per se eine günstigere Prognose bedingt. Der Entscheid, ob eine Lymphonodektomie durchgeführt werden soll, richtet sich nach den vorliegenden Informationen (Tumorgrading) und der intraoperativen Beurteilung der Invasionstiefe und Tumorausdehnung nach Aufschneiden der Gebärmutter bzw. Schnellschnittuntersuchung. Beim klassischen Endometriumkarzinom muss in den Stadien IA, G1 und G2, bei welchen die Lymphknotenbeteiligung extrem selten ist, die Lymphonodektomie nicht durchgeführt werden. Beim Stadium IB, G1 ist in weniger als 2% mit pelvinen und paraaortalen Lymphknotenmetastasen zu rechnen, sodass ebenfalls auf eine Lymphonodektomie verzichtet werden kann (. Tab. 2.2). Andererseits muss bei Patientinnen mit tiefer Infiltration des Myometriums bis ins äußere Drittel, sowie bei Patientinnen im Stadium IB G3, welche sich in gutem Allgemeinzustand befinden, die paraaortale zusätzlich zur pelvinen Lymphonodektomie empfohlen werden, da in diesen Situationen das Risiko für paraaortale Lymph-
41 2.9 · Radiotherapie
knotenmetastasen etwa 2–10% und das von pelvinen Lymphknotenmetastasen 6–24% beträgt. Im Stadium IA G3 sowie IB G2 beträgt das Risiko von paraaortalen Lymphknotenmetastasen 0,8–2% und das für pelvine Lymphknotenmetastasen 3%, sodass meist auf eine paraaortale Lymphonodektomie verzichtet wird und nur die pelvine Lymphonodektomie erfolgt. Ein erhöhtes Risiko für eine extrauterine Ausbreitung der Erkrankung besteht bei Patientinnen mit Typ-2Endometriumkarzinom, bei welchen in jedem Fall ein ausgedehntes intraabdominales Staging inklusive pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie erfolgen sollte.
schen Therapie denjenigen der Laparotomie entsprechen. Fraglich ist auch, ob durch das CO2-Pneumoperitoneum und in den Trokarstichkanälen nicht auch eine peritoneale Dissemination der Tumorzellen gefördert wird. Eine laufende, randomisierte Studie der Gynecologic Oncology Group wird diesbezüglich Klärung bringen. Bis dahin muss die laparoskopische Therapie innerhalb von Studien erfolgen oder auf Patientinnen beschränkt werden, die eine besonders gute Prognose aufweisen.
2.9
Radiotherapie
2.9.1 Alleinige Radiotherapie 2.8.3 Vaginalbefall
Dessen Ausmaß ist wesentlich. Breitet sich der Tumor in den oberen zwei Dritteln der Vagina aus, ist ein primär operatives Vorgehen mit Kolpektomie gerechtfertigt, ansonsten sollte der Strahlentherapie der Vorzug gegeben werden. Die Radikalität der Hysterektomie muss dem Einzelfall angepasst werden. Bei isolierten Metastasen ist eine Exzision im Gesunden und eine Radiotherapie indiziert.
2.8.4 Operationen bei Blasen- bzw.
Rektumeinbruch, Fernmetastasen Bei diesen Situationen ist individuell vorzugehen. Bei Blasen- und/oder Darmeinbruch ist eine primäre Operation von der einfachen Hysterektomie bis zur Exenteration bei selektierten Patientinnen gerechtfertigt. Dies gilt auch bei isolierten Fernmetastasen z. B. des Skeletts oder der Lunge. Die primäre Strahlentherapie sollte in solchen Fällen jedoch zuerst in Betracht gezogen werden.
2.8.5 Laparoskopische Operation
Mehrere Studien haben deren Durchführbarkeit inklusive Lymphonodektomie bei frühen Endometriumkarzinomen nachgewiesen. Die verlängerte Operationszeit wird mit einer niedrigeren Komplikationsrate wie Wunddehiszenzen und einer kürzeren Hospitalisationszeit teilweise kompensiert. Auch eine paraaortale Lymphonodektomie mit adäquaten Lymphknotenzahlen kann in spezialisierten Zentren erreicht werden. Bisher konnte jedoch noch nicht bewiesen werden, dass die Heilungsraten der laparoskopi-
Selten gilt eine Patientin aufgrund ihres anästhesiologischen Status oder ihrer Tumorausbreitung als inoperabel. Dann können mittels intrakavitärer Brachytherapie eine Tumorkontrolle und/oder auch eine effektive Blutstillung erreicht werden. Komplikationen der Brachytherapie sind Perforation des Uterus, sekundäre Entwicklung einer Serobzw. Pyometra durch Verödung des Zervixkanals und eine mögliche Tumorzellverschleppung durch Manipulation am Uterus. Ist bei Patientinnen lokal-technisch keine intrakavitäre Einlage möglich, kann eine alleinige Perkutanbestrahlung durchgeführt werden. Die nötige Dosis von >60 Gy verursacht jedoch vermehrt Dünndarmkomplikationen, weshalb diese Therapiemodalität nur in Ausnahmesituationen verwendet werden sollte.
2.9.2 Adjuvante, postoperative Radiotherapie
Die Indikation entweder als perkutane Radiotherapie zur Senkung der Beckenwandrezidive oder der intravaginalen Brachytherapie zur Vermeidung von Scheidenstumpfrezidiven richtet sich nach dem geschätzten Risiko für ein solches Ereignis, was wiederum von der Vollständigkeit der chirurgischen Exploration abhängt. Das 5-Jahres-Überleben betrug bei 396 Patientinnen mit nichtserösem oder nichthellzelligem Endometriumkarzinom nach extensivem chirurgischem Staging inklusive pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie im Stadium IA G1 nach alleiniger Chirurgie 100%. Somit erübrigt sich in dieser Situation eine adjuvante Therapie. Die Mehrzahl der Patientinnen mit frühen Endometriumkarzinomstadien kann durch Chirurgie allein geheilt
2
42
2
Kapitel 2 · Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri
werden. Zur zusätzlichen Radiotherapie gibt es 2 randomisierte Studien. Bei der ersten an 540 Patientinnen im klinischen Stadium I ohne Lymphknotenstaging erfolgte nach vaginaler Brachytherapie in einem Arm eine zusätzliche perkutane pelvine Radiotherapie (Aalders et al. 1980). Die zusätzliche pelvine Radiotherapie reduzierte zwar die Vaginal- und Beckenwandrezidivrate von 6,9% auf 1,9%, das 5-Jahres-Überleben wurde aber nicht verbessert (89% vs. 91%). Nur die Subgruppe mit Grad-3-Tumoren und Myometriuminvasion >50% zeigte mit pelviner Radiotherapie sowohl eine verbesserte lokale Kontrolle als auch ein verbessertes Überleben. Hieraus lässt sich ableiten, dass Patientinnen mit diesen Risikofaktoren, bei welchen keine Lymphonodektomie durchgeführt wurde, von der kombinierten, adjuvanten Radiotherapie profitieren. Die zweite randomisierte Studie verglich bei 714 Patientinnen mit mittlerem Risiko, d. h. G1 mit Invasion von mehr als der Hälfte der Myometriumdicke, G2 mit jeglicher Myometriuminvasion und G3 Tumoren mit Myometriuminvasion <50%, die postoperative pelvine Radiotherapie mit expektativem Vorgehen (Creutzberg et al. 2000). Eine Lymphonodektomie wurde nicht durchgeführt. Es konnte kein Vorteil einer postoperativen Radiotherapie bezüglich Überleben gezeigt werden (91% 5-Jahres-Überleben mit vs. 94% ohne Radiotherapie). Allerdings konnte in der Radiotherapiegruppe die Anzahl der Lokalrezidive gesenkt werden. Das rezidivfreie Überleben betrug für die postoperative Radiotherapie 96% vs. 86% für die expektative Gruppe. Durch die perkutane Radiotherapie wurden die 5-JahresScheidenstumpfrezidivrate von 6,4% auf 1,6% gesenkt und die Beckenwandrezidivrate von 3,4% auf 2%. Viele der initial nicht bestrahlten Patientinnen, welche ein lokoregionales Rezidiv erlitten, konnten durch die nach der Diagnose des Rezidivs erfolgte Radiotherapie geheilt werden. Diese verursachte in 2% schwere Nebenwirkungen, welche meist den Gastrointestinaltrakt betrafen. Dass sich die Reduktion der lokoregionalen Rezidive nicht in einem Überlebensvorteil äußert, veranlasst viele Zentren, beim Stadium I (außer IC G3) keine adjuvante Radiotherapie durchzuführen, insbesondere da viele Patientinnen, welche lokoregional rezidivieren, noch geheilt werden können. Nach Scheidenstumpfrezidiv betrug das 3-Jahres-Überleben 69%, nach pelvinem Rezidiv oder Fernmetastasen 13%. Die Überlebensrate bei Patientinnen, welche noch keine Radiotherapie erhalten hatten, war besser als bei vorbestrahlten Patientinnen. Ob bei Patientinnen mit komplettem chirurgischem Staging inklusive Lymphonodektomie die adjuvante externe
Bestrahlung des kleinen Beckens bei den Stadien IB, IC, IIA und IIB (okkult) eine weitere Verbesserung der an sich guten Prognose bringt, wird derzeit geprüft (GOG Nr. 99). Die postoperative vaginale Brachytherapie kann die Lokalrezidivrate im Scheidenstumpf reduzieren und ist eine nebenwirkungsarme Therapieform, welche im deutschsprachigen Raum großzügig indiziert wird. Bei Patientinnen im Stadium IA konnte die vaginale Rezidivrate von 3,4% auf 0% gesenkt werden und beim Stadium IB von 8,3% auf 4,3%. Die Komplikationsrate der alleinigen vaginalen Brachytherapie wird mit 1,4% angegeben und besteht meist in einer chronischen Diarrhö. Aufgrund der vorliegenden Daten profitieren Patientinnen mit Stadium-IA-G1-Endometriumkarzinomen nicht von einer adjuvanten Brachytherapie, Patientinnen mit G3-Karzinomen jedoch deutlich. Andererseits ist das Vaginalstumpfrezidiv, wenn es früh diagnostiziert wird, einer kurativen Therapie zugänglich, sodass mehrere Zentren auch bei den Stadien IA/G3, IB/G3 und IC/G1–2 keine adjuvante Radiotherapie durchführen. Bei metastatisch befallenen Lymphknoten erfolgt meist eine adjuvante externe Bestrahlung des kleinen Beckens und der paraaortalen Lymphknoten. Eine Lymphonodektomie erhöht das Risiko für schwere Komplikationen auch bei adäquater Radiotherapietechnik von 2% auf 7–8%. In der GOG-99-Studie, welche nach komplettem chirurgischem Staging inklusive Lymphonodektomie die pelvine Radiotherapie mit einem Beobachtungsarm verglich, betrug die Rate schwerer Komplikationen 8%. Die Langzeitmorbidität der pelvinen Radiotherapie wird mit 22% angegeben und besteht v. a. aus chronischer Diarrhö, rezidivierender rektaler Blutung und Dünndarmileus. Bei positiven pelvinen Lymphknoten hatte die perkutane Radiotherapie ein 5-Jahres-Überleben von 68%, jedoch von nur 26–47% bei positiven paraaortalen Lymphknoten (. Tab. 2.8).
2.10
Systemische Therapie
2.10.1 Hormontherapie beim fort-
geschrittenen oder rezidivierenden Endometriumkarzinom Das klassische Typ-1-Endometriumkarzinom gilt als hormonsensitiv. Unglücklicherweise sind es jedoch gerade die wenig differenzierten, hormonrezeptornegativen Endometriumkarzinome, welche rezidivieren, sodass in dieser Situation von der Hormontherapie wenig Nutzen erwartet
43 2.10 · Systemische Therapie
. Tab. 2.8. Mögliche Therapieempfehlungen zur adjuvanten Radiotherapie beim klassischen Endometriumkarzinom Stadium
Grading
Lymphonodektomie empfohlena
Geschätztes 5-JahresÜberleben [%]
Geschätzte 5-Jahres-Rezidivrate lokoregional [%]
Adjuvante Radiotherapie
IA
G1
Nein
94–100
0
Nein
G2
Nein
89–100
0
IB
Nein b
G3
Pelvin
83–100
7–25
Brachytherapie
G1
Nein
92
2,5
Nein
G2
Pelvin
87
5
Brachytherapie
G3
Pelvin+paraaortal
74–76
10–18
NO: Brachytherapiec NX: pelvine Radiotherapie und Brachytherapie
IC
G1
Pelvin+paraaortal
87–91
7–10
NO: Brachytherapiec NX: pelvine Radiotherapie
G2
Pelvin+paraaortal
81–84
11–13
NO: Brachytherapiec NX: pelvine Radiotherapie und Brachytherapie
G3
Pelvin+paraaortal
58–68
14–33
NO: Brachytherapied NX: pelvine Radiotherapie und Brachytherapie
IIA
Von Invasionstiefe und Grading abhängig
IIB
54–91
b
NO: Brachytherapie NX: pelvine Radiotherapie und Brachytherapie
53–81
b
Pelvine Radiotherapie und Brachytherapie
IIIA
Pelvin+paraaortal
38–77
b
Pelvine Radiotherapie und Brachytherapiee
IIIB
Pelvin
29–69
b
Pelvine Radiotherapie und Brachytherapie
IIIC
Pelvin+paraaortal
22–56
b
Pelvine Radiotherapie und Brachytherapie
67 nur positive pelvine Lymphknoten 26–47 positive paraaortale Lymphknoten
NX Nodalstatus unbekannt. Viele Zentren lehnen bei nicht erwiesenem Überlebensvorteil die Lymphonodektomie im Stadium I (außer bei IC, G3) ab. b Zu wenige Fälle ohne adjuvante Therapie für eine klare Aussage. c Indikation zur vaginalen Brachytherapie beim Stadium I, G1 und G2 umstritten. d Viele Zentren befürworten auch nach pelviner Lymphonodektomie die pelvine Radiotherapie beim Stadium IC, G3. e Indikation zur adjuvanten Radiotherapie beim Stadium IIIA mit lediglich positiver Abdomenspülzytologie ohne extrauterine Tumorausbreitung umstritten. a
2
44
Kapitel 2 · Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri
werden kann. Beim Vorhandensein des Progesteronrezeptors kann in etwa 40% mit dem Ansprechen auf Gestagene gerechnet werden. Ohne Berücksichtigung
2
des Hormonrezeptorstatus lag die Ansprechrate auf p. o. Medroxyprogesteronazetat bei nur 14% (komplette Remission in 8%). Das mediane Überleben betrug 10,5 Monate. Die Erhöhung der Gestagendosis (1000 mg vs. 200 mg p. o.) konnte die Ansprechrate in einer randomisierten Studie nicht verbessern. Diese betrug 22%, und die Überlebenszeiten waren ähnlich (Thigpen et al. 1999). Gestagene sind zwar untoxischer als Zytostatika, können aber zu Flüssigkeitsretention, Gewichtszunahme, Phlebitis und Thromboembolien führen, insbesondere da es sich häufig um multimorbide Patientinnen mit Diabetes, Adipositas und/oder kardiovaskulären Erkrankungen handelt. Im deutschsprachigen Raum wird als Gestagen meist 200 mg/Tag Medroxyprogesteronazetat (MPA) p. o. oder Megestrolazetat 160–320 mg/Tag eingesetzt. Tamoxifen wies in prospektiven Studien nur eine Ansprechrate von 10% auf. Eine Kombination von Tamoxifen und Megestrolazetat ist einer Gestagenmonotherapie nicht überlegen. Auch Gonadotropin-Releasing-Hormon-Analoga haben eine bescheidene Ansprechrate von etwa 11%. Eine Kombination einer Hormontherapie mit einer Zytostatikatherapie bewirkt keine Verbesserung gegenüber der alleinigen Chemotherapie.
2.10.2 Adjuvante Hormontherapie beim frühen
Endometriumkarzinom Sie erbrachte bei Patientinnen mit hohem Rezidivrisiko enttäuschende Resultate. Randomisierte Studien – 4 an der Zahl – mit 2798 Patientinnen konnten keinen Überlebensvorteil der adjuvanten Gestagentherapie zeigen (Fehr et al. 1999). In einer Studie war die Todesrate aufgrund interkurrenter Krankheiten wie v. a. Thromboembolien in der gestagentherapierten Gruppe höher.
2.10.3 Chemotherapie beim fortgeschrittenen
oder rezidivierenden Endometriumkarzinom Doxorubicin, Epirubicin, Paclitaxel, Cisplatin, Carboplatin und Ifosfamid sind beim Endometriumkarzinom am wirksamsten. Anthrazykline und Platine führen je
nach Vortherapie zu Remissionsraten zwischen 20 und 30%. Paclitaxel kann Ansprechraten von >35% und nach zytostatischer Vortherapie von etwa 20% bewirken. Dennoch liegen die medianen Überlebenszeiten für die aktivsten Zytostatika nur zwischen 7 und 9,5 Monaten mit Überlebensvorteilen für Patientinnen mit Remission. Eine Monotherapie mit einer Kombinationstherapie verglichen 3 große randomisierte Studien. In der ersten GOG-Studie war Doxorubicin 60 mg/m2 plus Cyclophosphamid 500 mg/m2 alle 3 Wochen bezüglich Ansprechen und Dauer des Ansprechens nicht signifikant besser als Doxorubicin als Monotherapie (Thigpen et al. 1994). Das mediane Überleben war bei der Kombination gering, aber signifikant besser (7,3 Monate vs. 6,7 Monate). In der zweiten Phase-III-GOG-Studie war Doxorubicin 60 mg/m2 + Cisplatin 50 mg/m2 alle 3 Wochen signifikant wirksamer als Doxorubicin als Monotherapie (Ansprechen von 42% vs. 25%; progressionsfreies Überleben von 5,7 vs. 3,8 Monaten) (Thigpen et al. 2004). Das Gesamtüberleben lag vergleichbar um 9 Monate. Ein ähnliches Resultat erbrachte die EORTC-Studie (Aapro et al. 2003), bei der Cisplatin und Doxorubicin gegenüber Doxorubicin allein jedoch auch keinen Überlebensvorteil bewirkten. Als nächster Schritt wurden die beiden Kombinationen Doxorubicin plus Cisplatin und Doxorubicin plus Paclitaxel randomisiert verglichen (Fleming et al. 2004a). Es zeigte sich jedoch kein Vorteil für die Taxankombination. Die Dreierkombination Doxorubicin (45 mg/m2), Cisplatin (50 mg/m2) und Paclitaxel (160 mg/m2) + G-CSF wurde mit der Zweierkombination Doxorubicin (60 mg/m2) plus Cisplatin (50 mg/m2) an 263 Patientinnen randomisiert verglichen (Fleming et al. 2004b). Die Dreierkombination bewirkte eine signifikant höhere Ansprechrate (57% vs. 34%), ein längeres progressionsfreies Überleben (8,3 vs. 5,3 Monate) und ein signifikant längeres Gesamtüberleben (15,3 vs. 12,3 Monate). Allerdings wurde unter der Dreierkombination signifikant mehr Grad-2- bzw. -3-Neurotoxizität beobachtet (40% vs. 5% bei der Zweierkombination). Die Hämatotoxizität war (aufgrund der G-CSF-Gabe im Dreierkombinationsarm) in beiden Armen gleich. Dies ist die erste Studie, die einen Überlebensvorteil einer Kombinationschemotherapie aufzeigen konnte. Sowohl Doxorubicin/Cisplatin als auch Doxorubicin/ Cisplatin/Paclitaxel sind relativ aggressive Chemotherapieschemata, die häufig von den meist älteren Patientinnen mäßig bis schlecht vertragen werden. In Phase-II-Studien hat die Kombination aus Paclitaxel und Carboplatin Ansprechraten von 60–70% bewirkt, wobei
45 2.11 · Nachsorge
die Verträglichkeit hier höher zu sein schien als bei den oben genannten anthrazyklinhaltigen Schemata. Dieser Umstand hat dazu geführt, dass viele Zentren letztere Kombination bevorzugt anwenden.
2.10.4 Adjuvante Chemotherapie
Dass sie beim Endometriumkarzinom mit hohem Rezidivrisiko eine Verlängerung des Überlebens herbeiführen kann, wurde erstmals mit der Kombinationschemotherapie Cisplatin plus Doxorubicin gezeigt. In der randomisierten, 10 Jahre dauernden GOG-Studie, die 422 Patientinnen im Stadium III und IV mit Resttumor <2 cm nach der Operation einschloss, erhielten die Patientinnen entweder 7 Zyklen Cisplatin/Doxorubicin plus einen 8. Zyklus Cisplatinmonotherapie oder eine postoperative Ganzabdomenbestrahlung mit zusätzlichem Boost auf das Becken oder paraaortal, falls die Lymphknoten befallen waren (Randall et al. 2003). Im Chemotherapiearm zeigten sich ein signifikant längeres progressionsfreies Überleben und auch Gesamtüberleben. Die Chemotherapie vermochte v. a. Rezidive außerhalb des Beckens zu reduzieren. Somit scheint nachgewiesen, dass diese Form der adjuvanten Chemotherapie beim Endometriumkarzinom mit hohem Rezidivrisiko einen Nutzen bringt. Beim serösen Endometriumkarzinom, das sich biologisch wie ein Ovarialkarzinom verhält, haben die Patientinnen ein hohes Risiko für ein extrapelvines Rezidiv. Viele Zentren verwenden bei diesem Subtyp adjuvant analog dem Ovarialkarzinom die Kombination von Carboplatin und Paclitaxel. Die adjuvante Monochemotherapie mit 8 Zyklen 60 mg/m2 Doxorubicin nach vorheriger externer Radiotherapie scheint nach einer anderen GOG-Studie gegenüber ausschließlicher Radiotherapie bei Patientinnen mit erhöhtem Rezidivrisiko wie tiefer Myometriuminfiltration, Lymphknoten- oder Adnexmetastasen, oder okkultem Zervixbefall keinen Nutzen zu bringen (Morrow et al. 1990). Das 5-Jahres-Überleben für die Patientinnen mit paraaortalen Lymphknotenmetastasen betrug 26%.
2.11
Nachsorge
! 70% der Rezidive treten innerhalb der ersten 3 Jahre auf, wobei sich 80% der Scheidenstumpfrezidive in den ersten 2 Jahren manifestieren.
Werden vaginale Rezidive früh diagnostiziert, sind sie durch eine erneute Operation oder Strahlentherapie oder eine Kombination beider Modalitäten u. U. auch kurativ zu behandeln. Patientinnen mit isoliertem Scheidenstumpfrezidiv, welche keine adjuvante Radiotherapie erhalten haben, weisen ein 5-Jahres-Überleben von immerhin 65% auf. Ist bei isoliertem Scheidenstumpfrezidiv vorgängig eine pelvine Radiotherapie erfolgt, sodass nur noch die chirurgische Exzision als Therapie des Scheidenstumpfrezidivs erfolgt, beträgt das 5-Jahres-Überleben etwa 43%. > > Standard Nachsorge Engmaschige gynäkologische Kontrolluntersuchungen inklusive Spekulumeinstellung, Kolposkopie sowie bimanueller rektovaginaler Untersuchung erscheinen in den ersten 2–3 Jahren vierteljährlich gerechtfertigt, da ein frühzeitig diagnostiziertes vaginales Rezidiv erfolgreich behandelt werden kann.
Bei niedrigem Risiko im Stadium IA G1 und G2 bzw. Stadium IB G1 ist mit einer Rezidivrate von höchstens 3% zu rechnen. Der zytologische Abstrich des Scheidenstumpfs in der Nachkontrolle ist umstritten, da die Rezidivdiagnose nur selten mittels Zytologie gestellt wird. Die Früherkennung von Metastasen durch Blutuntersuchungen oder Bild gebende Verfahren ergibt keinen therapeutischen Vorteil hinsichtlich des Überlebens. Die Prognose pelviner Rezidive und Fernmetastasen ist ungünstig. Das 3-Jahres-Überleben nach pelvinem Rezidiv beträgt 8% und das nach Fernmetastasen 14% (Creutzberg et al. 2003). Die systemische kombinierte Östrogen-GestagenSubstitution bei niedrigem Rezidivrisiko ist vertretbar. Die Nachkontrollen nach Endometriumkarzinom müssen auch Zweitkarzinome wie v. a. Mamma- und Kolonkarzinome im Auge behalten. Unter über 1500 Patientinnen mit Endometriumkarzinom wiesen 10,8% multiple Karzinome auf (Schuenemann u. Jourdain 1994).
2
46
Kapitel 2 · Maligne epitheliale Tumoren des Corpus uteri
dive, verbessert aber nicht das Überleben. Nach Scheidenstumpfrezidiv beträgt das 3-Jahres-Überleben 69% und nach pelvinem Rezidiv oder Fernmetastasen 13%, wobei die Überlebensrate bei Patientinnen, welche noch keine Radiotherapie erhalten hatten, besser ist als bei vorbestrahlten Patientinnen.
2
Literatur
. Abb. 2.4. Vaginalmetastase eines Endometriumkarzinoms (7 Farbtafel)
+ + Zusammenfassung Das Malignom des Corpus uteri ist in Mitteleuropa das häufigste Genitalmalignom. Es existiert kein effektives Screening. Die uterine Blutungsstörung stellt meist ein Frühsymptom dar, das unmittelbar zur Diagnose eines Endometriumkarzinoms führt. Bei palpatorisch unauffälliger Cervix uteri und unauffälligen Parametrien erfolgt die extrafasziale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie. Eine Lymphadenektomie wird in jedem Fall von serösem und klarzelligem Karzinom empfohlen, des Weiteren beim endometrioiden Typ in Abhängigkeit vom Grading und der myometranen Invasionstiefe. Beim Stadium I des Endometriumkarzinoms beträgt die Heilungsrate mit alleiniger Operation 85–95%. Eine adjuvante Radiotherapie reduziert die Anzahl lokoregionaler Rezi6
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2
3 3
Maligne, nichtepitheliale Tumoren des Corpus uteri Mathias K. Fehr und Daniel Fink
3.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 50
3.2
Risikofaktoren
3.3
Tumorausbreitung
3.4
Diagnosestellung und präoperatives Staging
3.5
Stadieneinteilung – 50
3.6
Histopathologie und Prognosefaktoren
3.7
Operative Therapie
3.7.1 3.7.2 3.7.3 3.7.4
Karzinosarkom – 52 Adenosarkome – 52 Leiomyosarkom – 52 Endometriales Stromasarkom
3.8
Radiotherapie
3.9
Hormontherapie – 53
3.10
Chemotherapie – 53
3.10.1 3.10.2 3.10.3
Karzinosarkom – 54 Leiomyosarkom – 54 Endometriales Stromasarkom
3.11
Nachsorge – 54
– 50 – 50
– 52
– 53
Zusammenfassung – 55 Literatur – 55
– 53
– 54
– 51
– 50
50
Kapitel 3 · Maligne, nichtepitheliale Tumoren des Corpus uteri
3.1
3
Häufigkeit, Altersverteilung
Uterine Sarkome stellen eine heterogene Gruppe von Neoplasien dar, welche etwa 8% der Malignome des Uterus ausmachen (Brooks et al. 2004). Am häufigsten sind die Karzinosarkome (früher maligne, gemischte mesenchymale Tumoren: MMMT des Uterus), die etwa 40–50% aller Sarkome stellen. Die Inzidenz der Sarkome liegt bei etwa 3/100.000 Frauen pro Jahr. Karzinosarkome treten üblicherweise in der Postmenopause mit einem Durchschnittsalter von 65 Jahren auf (Major et al. 1993). Leiomyosarkome sind die zweithäufigsten Sarkome des Uterus (Brooks et al. 2004). Sie treten typischerweise in der Perimenopause in einem Durchschnittsalter von 51 Jahren auf (Giuntoli et al. 2003). Endometriale Stromasarkome machen etwa 10% der uterinen Sarkome aus. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose beträgt 42–58 Jahre. 10–25% dieser Frauen sind prämenopausal.
3.2
Risikofaktoren
Karzinosarkome und auch Leiomyosarkome treten gehäuft bei afrikanischstämmigen Frauen auf. Für das Karzinosarkom und das Adenosarkom wird eine geringe Assoziation mit langjähriger Tamoxifeneinnahme postuliert (Evans et al.1995; McCluggage et al. 2003). Extrauterine endometriale Stromatumoren können sehr selten innerhalb von extrauterinen Endometrioseherden entstehen.
Klinische Symptome 5 Sie bestehen meist in Form unregelmäßiger uteriner Blutungen, der Vergrößerung des Uterus und/oder in Unterbauchschmerzen.
knotenmetastasen, 30% wiesen eine positive Abdomenspülzytologie und 20% Omentummetastasen auf (Yamada et al. 2000). Leiomyosarkome metastasieren seltener lymphogen (3,5–8%), in die Adnexe (etwa 3,5%) oder intraperitoneal (etwa 5%) (Major et al. 1993, Leitao et al. 2003). Bei makroskopisch auf den Uterus beschränktem Tumor finden sich in nur etwa 2% Lymphknotenmetastasen und in 3% mikroskopische Ovarialmetastasen. Der häufigste hämatogene Metastasierungsort der Leiomyosarkome ist die Lunge. Low-grade ESS können insbesondere entlang den Gefäßen des Lig. latum und der Adnexe vorwachsen. Lymphknotenmetastasen sind jedoch selten (Goff et al. 1993).
3.4
Durch die abnorme vaginale Blutung werden Karzinosarkome, die als polypöse Tumoren in die Vagina prolabieren können, meist durch die Hysteroskopie und Kürettage diagnostiziert. Dies ist bei Leiomyosarkomen deutlich seltener der Fall, sodass diese oft erst nach der Hysterektomie diagnostiziert werden. Eine gegenüber dem Vorbefund deutlich größere, unilokuläre, intramurale Raumforderung des Uterus bei der Palpation bzw. im Ultraschall sollte an ein Leimomyosarkom denken lassen. Sie kann in der Bildgebung nicht von Myomen unterschieden werden. Ein singulärer, rasch wachsender Myomknoten ist verdächtig auf ein Leiomyosarkom, obwohl weniger als 0,5% der »rasch wachsenden« Leiomyome tatsächlich Sarkome sind (Parker et al. 1994). Eine diagnostische Kürettage ergibt selten den Verdacht auf ein Stromasarkom.
3.5 3.3
Diagnosestellung und präoperatives Staging
Stadieneinteilung
Tumorausbreitung
Karzinosarkome neigen zu frühzeitiger lymphogener und
intraabdomineller Metastasierung. Bei den Metastasen handelt es sich vorwiegend um die epitheliale Komponente (Silverberg et al. 1990, Sreenan u. Hart 1995). Von 62 Patientinnen mit ausschließlich klinischem Uterusbefall fanden sich bei 31% pelvine und bei 15% paraaortale Lymph-
Uterine Sarkome sind von der FIGO- und TNMStadieneinteilung ausgeschlossen. In der Literatur werden sie meist dennoch entsprechend der Stadieneinteilung der FIGO für das Endometriumkarzinom klassifiziert (7 Kap. 2).
51 3.6 · Histopathologie und Prognosefaktoren
3.6
Histopathologie und Prognosefaktoren
Nach WHO unterscheidet man zwischen mesenchymalen und gemischten mesenchymal-epithelialen Tumoren (. Tab. 3.1). Beide Komponenten des Karzinosarkoms sind monoklonaler epithelialer Herkunft (McCluggage et al. 2003). Die glanduläre maligne Komponente kann v. a. endometrioid, serös oder klarzellig sein. Die mesenchymale Komponente kann aus homologen oder heterologen Elementen bestehen. Beim homologen Karzinosarkom handelt es sich meist um ein undifferenziertes Sarkom oder ein Leiomyosarkom. Die heterologe Komponente besteht in den überwiegenden Fällen aus malignen Knorpel- oder Skelettmuskelzellen. Bei der sarkomatösen Komponente ist meist ein epitheliales Merkmal nachweisbar, womit es sich um ein metaplastisches Karzinom handeln dürfte. Neuere Studien zeigen, dass der Typ der mesenchymalen Komponente keine prognostische Bedeutung hat (Silverberg et al. 1990). Charakteristika der epithelialen Komponente (v. a. seröser
oder klarzelliger Typ) scheinen die Prognose in erster Linie ungünstig zu beeinflussen (Silverberg et al. 1990). Karzinosarkome sind aggressive Tumoren mit häufiger lymphogener und hämatogener Metastasierung. Trotz multimodaler Therapie liegt das 5-Jahres-Überleben bei nur 20–35% und ist damit schlechter als dasjenige wenig differenzierter Endometriumkarzinome (Dinh et al.1989). Bei Patientinnen mit auf das Corpus uteri beschränktem Tumor liegt nach ausgedehntem chirurgischem Staging das 5-Jahres-Überleben bei 74% (Yamada et al. 2000). Als Risikofaktoren für eine extrauterine Ausbreitung gelten tiefe myometrane Invasion, Lymphangiosis carcinomatosa, Adnexbefall, positive Abdomenspülzytologie und Zervixbefall (Silverberg et al. 1990, Major et al. 1993). Der multivariat stärkste Prognosefaktor ist das Vorhandensein abdominaler Metastasen (Yamada et al. 2000). Adenosarkome sind ebenfalls gemischte epithelialmesenchymale Tumoren mit günstigerer Prognose als Karzinosarkome, imponieren klinisch meist als Polypen und kommen etwas vermehrt unter Tamoxifentherapie vor. In
. Tab. 3.1. Histologische Einteilung der mesenchymalen Tumoren des Corpus uteri nach WHO (Hendrickson et al. 2003, McCluggage et al. 2003) Mesenchymale Tumoren
Endometriale Stromatumoren
Endometrialer Stromaknoten (benigne) Endometriales Stromasarkom (ESS, 21%)
Low-grade ESS Undifferenziertes ESS
Tumoren der glatten Muskulatur
Leiomyosarkom (38%)
Epitheloide Variante Myxoide Variante
Tumor mit unsicherem malignem Potenzial Leiomyom Übrige mesenchymale Tumoren
Gemischter Tumor des endometrialen Stromas und der glatten Muskulatur
Perivaskulärer epitheloidzelliger Tumor (PEComa) Adenomatoider Tumor
Gemischte mesenchymale und epitheliale Tumoren
Karzinosarkom (MMMT, maligner Müller-Mischtumor) (49%) Adenosarkom Karzinofibrom Adenofibrom (benigne) Adenomyom (benigne)
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52
3
Kapitel 3 · Maligne, nichtepitheliale Tumoren des Corpus uteri
einer GOG-Studie zeigten 6 von 31 Patientinnen (31%) einen extrauterinen Befall (Vagina, Lymphknoten, positive Spülzytologie, Parametrium, Ovar). Myometriuminvasion und extrauteriner Befall waren prädiktiv für eine Rezidivierung (Kaku et al. 1992). Etwa 24–30% der Adenosarkome rezidivieren nach der Operation, bei 2–5% der Patientinnen bestehen Fernmetastasen. Rezidive treten in 1/3 der Fälle erst nach 5 Jahren auf (Zaloudek u. Norris 1981). Leiomyosarkome sind typischerweise solitäre intramurale Tumoren mit einem durchschnittlichen Durchmesser von 8 cm. Nekrotische Areale und Gefäßeinbrüche sind häufig. Der Mitoseindex kann aufgrund der unterschiedlichen Zelldichte stark variieren. ! Zur Diagnosestellung werden jedoch 5 oder mehr Mitosen pro 10 Gesichtsfeldern mit hoher Vergrößerung (HPF) gefordert.
Bei der Sonderform des Leiomyosarkoms mit epitheloider oder myxoider Differenzierung genügen für die Diagnose mehr als 4 Mitosen pro 10 HPF, wenn Koagulationsnekrosen fehlen, aber mäßige bis schwere zelluläre Atypien vorliegen. Das 5-Jahres-Überleben liegt zwischen 15 und 25%. Bei einer auf den Uterus beschränkten Erkrankung (Stadium I und II) beträgt das 5-Jahres-Überleben 40–70%. Die meisten Rezidive treten in den ersten 2 Jahren auf (Berchuck et al. 1988, Burns et al. 1979). Der wichtigste Prognosefaktor ist die extrauterine Ausbreitung. Ist das Sarkom auf den Uterus beschränkt, stellt der Tumordurchmesser >5 cm einen wichtigen Prognosefaktor dar (Evans et al. 1988, Jones u. Norris 1995). Der mitotische Index ist als Prognosefaktor umstritten (Gaducci et al. 1996, Larson et al. 1990, Major et al. 1993, Evans et al. 1988). Tumoren mit milder bis mäßiger zellulärer Atypie und 5–10 Mitosen pro 10 HPF werden als Tumoren der glatten Muskulatur mit unsicherem malignem Potenzial klassifiziert. Patientinnen mit solchen Tumoren weisen ein 5-Jahres-Überleben von 92% und ein rezidivfreies Überleben von 66% auf (Peters et al. 1994). Endometriale Stromatumoren leiten sich von den Stromazellen des Endometriums ab. Stromaknoten wachsen nicht infiltrierend, während die malignen low-grade endometrialen Stromasarkome (ESS) und undifferenzierten ESS infiltrierende Tumorränder aufweisen. Beide Subtypen werden durch das Ausmaß der zytologischen Atypien und nicht durch den Mitoseindex unterschieden. So gibt es auch low-grade ESS mit einem hohen mitotischen Index, die eine ähnlich gute Prognose wie low-grade ESS mit wenigen
Mitosen aufweisen. Low-grade ESS exprimieren fast immer Östrogen- und Progesteronrezeptoren und sind indolente Tumoren mit der Neigung zu Rezidiven selbst nach Jahrzehnten. Etwa die Hälfte der Frauen mit low-grade ESS rezidivieren pelvin oder abdominell und etwa 10% entwickeln trotz eines Stadium I u. U. erst nach Jahren bis Jahrzehnten Lungenmetastasen. Trotz häufiger Rezidive liegt die 5-Jahres-Überlebensrate zwischen 67 und 100%. Das chirurgische Stadium stellt den wichtigsten Prognosefaktor dar (Bodner et al. 2001, Chang et al. 1990). Undifferenzierte ESS sind hoch aggressive Tumoren mit häufiger extrauteriner Ausbreitung. Sie exprimieren weder Östrogen- noch Progesteronrezeptoren. Die Rezidivrate ist selbst bei auf das Corpus uteri beschränktem Tumor mit 55% hoch (Gadducci et al. 1996).
3.7
Operative Therapie
3.7.1 Karzinosarkom
Ein ausgedehntes operatives Staging inklusive Lymphadenektomie via Längslaparotomie ist unerlässlich. Bis 61% der Patientinnen, bei welchen präoperativ nur ein Uterusbefall angenommen wird, zeigen extrauterine Ableger in den Lymphknoten oder intraperitoneal (Yamada et al. 2000).
3.7.2 Adenosarkome
Die Standardtherapie besteht in Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie. Eine Lymphonodektomie ist nicht etabliert, da 1. ein Lymphknotenbefall nur in 6,5% der Fälle auftritt und 2. keine effektive adjuvante Therapie bei Lymphknotenbefall existiert.
3.7.3 Leiomyosarkom
Eine abdominelle Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie ohne pelvine Lymphonodektomie stellt die Standardbehandlung dar. Der Lymphknotenbefall ist extrem selten (3,5%). Auch bei jungen Patientinnen ist es zulässig, makroskopisch unauffällige Ovarien zu erhalten. Adnexbefall ist in 3% zu erwarten, und die Rezidivhäufig-
53 3.10 · Chemotherapie
keit scheint bei belassenen Adnexen nicht erhöht zu sein (Giuntoli et al. 2003, Berchuck et al.1988, Gadducci et al. 1996). Sogar ein fertilitätserhaltendes Vorgehen scheint bei jungen Patientinnen mit Kinderwunsch in ausgewählten Fällen vertretbar zu sein. Von 8 Organ erhaltend operierten Patientinnen konnten 2 spontan eine Schwangerschaft austragen, während 1 rezidivierte und verstarb (Lissoni et al. 1998).
3.7.4 Endometriales Stromasarkom
Die Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie ist die Therapie der Wahl. Die systematische Lymphonodektomie ist bei endometrialen Stromatumoren nicht indiziert, da ein retroperitonealer Befall selten ist (Goff et al. 1993). Berchuck et al. (1990) berichteten von einer 100%igen Rezidivrate bei 6 Patientinnen ohne bilaterale Ovarektomie. Hingegen betrug die Rezidivrate bei 13 Patientinnen mit bilateraler Adnexektomie nur 43%. Andererseits wurde von fertilitätserhaltender Chirurgie bei 5 jungen Patientinnen mit low-grade ESS berichtet. Nach einer medianen Nachkontrollzeit von 51 Monaten zeigte sich nur bei 1 Patientin ein Rezidiv in der Uteruswand. Eine Schwangerschaft austragen konnten 2 von 5 Patientinnen (Lissoni et al.1997). Die Autoren argumentierten, dass sich eine Schwangerschaft wegen der Gestageneinwirkung günstig auf den Krankheitsverlauf auswirken könnte.
3.8
Radiotherapie
Bisher existieren keine Daten aus randomisierten Studien. Eine EORTC-Studie prüft seit 2000 den Stellenwert der adjuvanten Radiotherapie bei uterinen Sarkomen (EORTC55874). Obwohl die adjuvante Radiotherapie das Risiko des Lokalrezidivs senken kann (Giuntoli et al. 2003), ist diese Therapie bei den frühen Leiomyosarkomen nicht von Vorteil, da Beckenrezidive in der Mehrzahl der Fälle zusammen mit Lungenmetastasen auftreten (Major et al. 1993). Somit ist beim Leiomyosarkom eine adjuvante pelvine Radiotherapie nur bei positiven Resektionsrändern indiziert. Endometriale Stromasarkome scheinen trotz der geringen Datenlage immerhin strahlenempfindlich zu sein, da nach alleiniger Radiotherapie komplette pathologische Remissionen beschrieben wurden (Weitmann et al. 2001).
Auch nach Hysterektomie scheint sich die Rezidivrate durch eine adjuvante Radiotherapie verringern zu lassen, sodass sie bei undifferenzierten ESS empfohlen werden kann, insbesondere, da deren Rezidivrate im Stadium I 55% beträgt (Gadduci et al. 1996). Beim low-grade ESS im Stadium I kann eine adjuvante Radiotherapie nicht empfohlen werden, da die Rezidivrate geringer (25%) und das 5-JahresÜberleben ausgezeichnet sind. Beim Karzinosarkom kann durch eine adjuvante Radiotherapie das Lokalrezidiv verhindert werden (Gerszten et al. 1998). Bezüglich des Überlebens liegen kontroverse Daten vor (Chi et al. 1997). In einer Studie mit vollständigem chirurgischem Staging wiesen Patientinnen mit auf den Uterus beschränkten Karzinosarkomen ein krankheitsfreies Überleben von 73% ohne adjuvante Therapie auf (Yamada et al. 2000). Die adjuvante Radiotherapie verbesserte in dieser Arbeit weder die Lokalrezidivrate noch das Überleben. Somit ist im Stadium I der Nutzen einer adjuvanten Radiotherapie beim Karzinosarkom unsicher, bei höheren Stadien kann eine Reduktion der Lokalrezidivrate erreicht werden. Beim Adenosarkom scheint die adjuvante Radiotherapie keinen Vorteil zu bringen (Clement u. Scully 1990).
3.9
Hormontherapie
Hohe Rezidivraten und häufiges Auftreten von Fernmetastasen machen diese Tumoren zu Kandidaten für eine systemische Therapie. Low-grade endometriale Stromasarkome (ESS) zeigen ein Ansprechen auf eine Hormontherapie, nicht jedoch Leiomyosarkome, undifferenzierte endometriale Stromasarkome und Karzinosarkome. Im Gegensatz zum Endometriumkarzinom scheint ein positiver Hormonrezeptorstatus bei diesen Sarkomen nicht mit dem Ansprechen auf eine Hormontherapie zu korrelieren (Wade et al. 1990). Da bei low-grade ESS Fernmetastasen oder lokale Rezidive meist erst nach Jahren bis Jahrzehnten auftreten, ist eine adjuvante Hormontherapie bei vollständig exzidiertem Tumor nicht indiziert. Bei nicht resezierbaren Fernmetastasen wird bei low-grade ESS die Gestagentherapie empfohlen, z. B. mit Megestrolazetat 160 mg/Tag.
3.10
Chemotherapie
Die häufige Fernmetastasierung der uterinen Sarkome auch in frühen Stadien legt eine zytostatische adjuvante Therapie nahe. In der einzigen randomisierten Studie bei
3
54
3
Kapitel 3 · Maligne, nichtepitheliale Tumoren des Corpus uteri
156 Patientinnen mit uterinen Sarkomen im Stadium I oder II erhielt eine Gruppe 8 adjuvante Zyklen Doxorubicin 60 mg/m2 alle 3 Wochen nach Operation mit oder ohne Radiotherapie. Es konnte weder für das progressionsfreie noch für das Gesamtüberleben ein Vorteil gefunden werden. Das 2-Jahres-Gesamtüberleben lag um 60% (Omura et al. 1985). In einer einarmigen GOG-Studie mit Ifosfamid 1,5 g/m2/Tag+Cisplatin 20 mg/m2/Tag für 4 Tage alle 3 Wochen mit 3 Zyklen an 76 Patientinnen ohne Radiotherapie konnte ein 2-Jahres-Überleben von 74% erzielt werden (Sutton et al. 1997), weshalb diese Kombination von einigen Zentren als Standard der Chemotherapie angesehen wird. Insgesamt konnte sich keine adjuvante Form der zytostatischen Therapie breit etablieren, da leider selbst in der metastasierten Situation das Ansprechen auf Chemotherapie nur mäßig ist.
3.10.1 Karzinosarkom
Ansprechraten um 20% auf Cisplatin, etwa 30% auf Ifosfamid (1,5 mg/m2/Tag Tag 1–5 alle 3 Wochen; Sutton et al. 2000), um 18% auf Paclitaxel und etwa 10% auf Doxorubicin sind zu erwarten (Omura et al. 1983, Muss et al. 1985). Die Kombination von Cisplatin 20 mg/m2/Tag und Ifosfamid 1,5 mg/m2/Tag über jeweils 4 Tage alle 3 Wochen wies in einer randomisierten Phase-III-Studie gegenüber Ifosfamid allein über 5 Tage signifikant höhere Ansprechraten auf (54 vs. 36%). Auch das progressionsfreie Überleben war signifikant verlängert, nicht aber das Gesamtüberleben. Die Toxizität war im Kombinationsarm jedoch wesentlich höher (Sutton et al. 2000). Aufgrund der mäßigen Chemo- und Radiosensitivität der Karzinosarkome sowie der hohen Rezidivrate von 53% im Stadium I und II (Major et al. 1993) empfehlen manche Zentren eine aggressive, multimodale adjuvante Therapie bestehend aus Radio- und Chemotherapie und begründen diese mit damit erzielten 5-Jahres-Überlebensraten von über 90% im Stadium I (Manolitsas et al. 2001).
3.10.2 Leiomyosarkom
Es existiert kein etabliertes adjuvantes Chemotherapieschema. Leiomyosarkome sprechen nur minimal auf Cisplatin an.
Epirubicin/Doxorubicin (Sutton et al. 1996a, Omura et al. 1983), Ifosfamid (Sutton et al. 1992), Gemcitabine und Taxane zeigen moderate Aktivitäten mit Ansprechraten zwischen 10 und 20%. Die Kombination von Doxorubicin 50 mg/m2 und Ifosfamid 5 g/m2 alle 3 Wochen weist beim Leiomyosarkom eine Ansprechrate um 30% auf (Sutton et al. 1996a). Die Kombination von Gemcitabin 900 mg/m2/Tag an Tag 1 und 8 und Docetaxel 100 mg/m2 am Tag 1 alle 3 Wochen konnte bei 34 Patientinnen eine höhere Ansprechrate von 53% bei geringer Nebenwirkungsrate erreichen (Hensley et al. 2002).
3.10.3 Endometriales Stromasarkom
Nach einer Monotherapie mit Ifosfamid wurden komplette und partielle Remissionsraten von 14% bzw. 19% beschrieben (Sutton et al. 1996b). Beim seltenen fortgeschrittenen undifferenzierten ESS könnte die Kombination von Doxorubicin und Ifosfamid die viel versprechendste Chemotherapieform darstellen, da nur diese 2 Chemotherapeutika relevante Ansprechraten zeigen.
3.11
Nachsorge
Karzinosarkome, Leiomyosarkome und undifferenzierte Stromasarkome sind aggressive Tumoren, und die mediane Zeit bis zum Rezidiv liegt im Mittel unter 2 Jahren. Deshalb werden in den ersten 2–3 Jahren nach der Diagnose 3-monatliche Nachkontrollen empfohlen. Methode der Wahl ist neben einer genauen Anamnese die Inspektion der Vagina und rektovaginale Palpation des kleinen Beckens. Allerdings ist beim Leiomyosarkom nur jedes 6. Rezidiv isoliert im Becken lokalisiert, und etwa die Hälfte der Patientinnen mit Rezidiv weisen zuerst Lungenmetastasen auf (Gadducci et al. 1996). Beim Karzinosarkom findet sich jedes 4. Rezidiv isoliert im Becken (Major et al. 1993). Ob eine regelmäßige Bildgebung und/oder Blutuntersuchung zur Fernmetastasensuche die Prognose beeinflussen, muss aufgrund der (negativen) Erfahrungen in der Mammakarzinomnachsorge bezweifelt werden. Nur bei Low-grade endometrialen Stromasarkomen könnten sich jährliche bildgebende Untersuchungen lohnen, da die Rezidivrate auch nach Jahren hoch ist und neu entdeckte Fernmetastasen ohne Beeinträchtigung der Prognose wiederholt operativ entfernt werden können.
55 Literatur
+ + Zusammenfassung Uterine Sarkome stellen eine heterogene Gruppe von Neoplasien dar, welche etwa 8% der Malignome des Uterus ausmachen. Am häufigsten sind die Karzinosarkome [früher maligne, gemischte mesenchymale Tumoren (MMMT) des Uterus], die etwa 40–50% aller Sarkome stellen. Leiomyosarkome sind am zweithäufigsten und endometriale Stromasarkome am seltensten. Ein ausgedehntes operatives Staging inklusive Lymphadenektomie ist beim Karzinosarkom indiziert. Beim Leiomyosarkom wird eine abdominale Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie ohne pelvine Lymphonodektomie empfohlen, da ein Lymphknotenbefall extrem selten ist. Bei jungen Patientinnen ist es zulässig, makroskopisch unauffällige Ovarien zu erhalten. Beim endometranen Stromasarkom ist die Hysterektomie mit beidseitiger Adnexektomie die Therapie der Wahl. Eine adjuvante Therapie ist beim Uterussarkom nicht etabliert. Low-grade endometriale Stromasarkome zeigen ein Ansprechen auf eine Hormontherapie.
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56
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Kapitel 3 · Maligne, nichtepitheliale Tumoren des Corpus uteri
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4 4
Maligne Tumoren der Cervix uteri Edgar Petru, Karin Kapp, Olaf Reich und Raimund Winter
4.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 59
4.2
Risikofaktoren – 59
4.2.1 4.2.2
HPV-Infektion – 59 Weitere Risikofaktoren
4.3
Screening, Früherkennung
4.3.1 4.3.2
Zytologie – 59 Kolposkopie – 60
4.4
Tumorausbreitung
4.5
Diagnosestellung, präoperatives/prätherapeutisches Staging
4.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten – 62
4.7
Prognosefaktoren
4.8
Operative Therapien
4.8.1 4.8.2
Konisation, Schlingenexzision, Elektrokonisation oder Laserkonisation – 66 Lokal ablativ-destruierende Verfahren: Portioabschabung, Portioringbiopsie, Kryotherapie, Laservaporisation, Elektrokoagulation – 67 Radikale abdominelle Hysterektomie – 67 Parametriumresektion – 67 Pelvine Lymphadenektomie – 67 Paraaortale Lymphadenektomie – 68 Adnexexstirpation – 68 Nachoperation bei klinisch okkultem Zervixkarzinom und Zustand nach einfacher Hysterektomie – 69 Laparoskopische Lymphadenektomie und radikale Trachelektomie nach Dargent – 69 Laparoskopische Lymphadenektomie mit radikaler vaginaler Hysterektomie nach Schauta – 69 Sekundäre radikale Hysterektomie nach primärer neoadjuvanter Chemotherapie – 69 Exenteration – 69
4.8.3 4.8.4 4.8.5 4.8.6 4.8.7 4.8.8 4.8.9 4.8.10 4.8.11 4.8.12
– 59
– 59
– 61 – 62
– 62 – 66
4.9
Histopathologie
– 69
4.10
Chemotherapie – 71
4.10.1 4.10.2 4.10.3 4.10.4 4.10.5 4.10.6
Primäre Chemo-Radio-Therapie – 71 Adjuvante Chemo-Radio-Therapie – 71 Neoadjuvante Chemotherapie – 71 Adjuvante Chemotherapie – 71 Palliative Chemotherapie – 71 Chemotherapie des Adenokarzinoms – 72
4.11
Hormontherapie, antihormonelle Therapie
4.11.1
Hormonsubstitution nach Zervixkarzinom
4.12
Immuntherapie
4.12.1 4.12.2 4.12.3
Imiquimod – 72 Therapie der HPV-Infektion – 72 HPV-Impfstoff als prophylaktische Immunisierung
– 72
– 72
– 72
– 72
4.13
Radiotherapie
4.13.1 4.13.2 4.13.3 4.13.4 4.13.5 4.13.6 4.13.7 4.13.8
Prätherapeutisches Staging – 73 Radiotherapieplanung und Durchführung – 73 Brachytherapie – 74 Prognosefaktoren des Zervixkarzinoms unter Radiotherapie – 75 Komplikationen der Radiotherapie – 75 Palliative Radiotherapie – 76 Primäre, definitive Radio-Chemo-Therapie – 76 Adjuvante Radio-Chemo-Therapie – 76
4.14
Nachsorge – 78
4.14.1 4.14.2
CIN III – 78 Invasives Karzinom
4.15
Rezidive, Metastasen
4.15.1 4.15.2
Rezidiv-/Metastasendiagnostik – 78 Lokalisation und Diagnostik von Rezidiven oder Metastasen des Zervixkarzinoms – 78 Palliative Therapieoptionen beim Rezidiv oder bei Metastasen des Zervixkarzinoms – 80
4.15.3
4.16
– 72
– 78
– 78
Zervixkarzinom in der Schwangerschaft Zusammenfassung Literatur
– 81
– 81
– 81
59 4.3 · Screening, Früherkennung
4.1
Häufigkeit, Altersverteilung
Invasive Karzinome der Cervix uteri treten bei etwa 8/100.000 Frauen/Jahr (zervikale Präkanzerosen 100fach häufiger) auf. Das lebenslanges Risiko für Präkanzerosen beträgt etwa 1%. Betroffene sind in einem mittleren Lebensalter von 54 Jahren, der 1. Altersgipfel liegt um das 30.–40. Lebensjahr (v. a. präinvasiv), der 2. zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Nur weniger als 5% aller invasiven Karzinome treten vor dem 30. Lebensjahr auf.
4.2
Risikofaktoren
4.2.2 Weitere Risikofaktoren
Hier sind Immundefekte wie HIV-Infektion, Zustand nach Nierentransplantation, Nikotinabusus, hohe Parität, orale Kontrazeption, andere sexuell übertragbare Krankheiten wie Chlamydieninfektion, multiple Sexualpartner, unterbliebene Zirkumzision des Mannes und mangelhafte Genitalhygiene zu nennen.
4.3
Screening, Früherkennung
Durch die Entwicklung des Zervixkarzinoms über Jahre aus der Dysplasie und die gute diagnostische Zugänglichkeit stellt es ein ideales Modell für ein Screening dar.
4.2.1 HPV-Infektion
HPV (»human papilloma virus«) sind DNA-Viren, deren Übertragung via Geschlechtsverkehr erfolgt. Es werden auch perinatale, digitale und orale Übertragung sowie die Autoinokulation von HPV beschrieben. Kleinste epitheliale Läsionen begünstigen die Transmission. Eine chronische Infektion mit HPV-Hochrisiko(HR)-Viren (u. a. 16, 18, 31, 33, 45) ist eine notwendige Voraussetzung für die Entwicklung eines Zervixkarzinoms und seiner obligaten Vorstufen. Der Häufigkeitsgipfel der HPV-Infektion liegt zwischen dem 20. und 25. Lebensjahr. Etwa 80% aller Frauen weisen im Lauf ihres Lebens eine HPV-Infektion auf, die in der Regel latent verläuft. Bei über 80% aller HPV-Infizierten ist diese Infektion nach 12 Monaten molekularbiologisch nicht mehr nachweisbar (hohe »Clearance«). Eine persistierende (!) HR-HPV-Infektion stellt bei Frauen ab dem 30. Lebensjahr einen bedeutenden Risikofaktor für die Entstehung des Zervixkarzinoms dar (HPV-16 v. a. beim Plattenepithelkarzinom, HPV-18 v. a. beim Adenokarzinom). Nur 2–3% der Frauen mit HPV-Infektion entwickeln eine produktive Infektion mit morphologischen Veränderungen wie zytologische Auffälligkeiten. Von der Primärinfektion bis zur Entwicklung eines invasiven Karzinoms vergehen im Mittel mindestens 10 Jahre. Lediglich etwa 1 von 600 HPV-Infektionen führt schließlich zur Entwicklung eines präinvasiven oder invasiven Zervixkarzinoms. Niedrigrisiko-HPV-Subtypen 6, 11 u. a. kommen v. a. bei Kondylomen und leichten Dysplasien der Zervix vor.
4.3.1 Zytologie
Sie ist der Eckpfeiler des Screenings. Nach dem Abtupfen von Schleim wird der Zellabstrich gezielt unter kolposkopischer Sicht nach Lokalisation der Transformationszone (Übergang vom Plattenepithel der Ektozervix auf Zylinderepithel des Zervikalkanals) mit einem Holz- bzw. Kunststoffspatel und/oder Bürstchen gewonnen. Dabei soll sowohl von der Ektozervix als auch von der Endozervix Zellmaterial gewonnen werden. Die Transformationszone ist bei der prämenopausalen Frau typischerweise an der Ektozervix und bei der postmenopausalen Patientin endozervikal lokalisiert. Nach der Abstrichentnahme wird das Zellmaterial gleichmäßig und dünn auf einen vorher beschrifteten Objektträger abgestrichen. Unmittelbar danach erfolgt die Fixierung mittels Spray oder Äthylalkohol. Bei Durchführung einer Dünnschichtzytologie kann das Zellmaterial für ergänzende Untersuchungen wie HPV weiterverwendet werden. > Cave Der zytologische Befund (. Tab. 4.1) ist eine diagnostische Maßnahme und darf allein nicht zu therapeutischen Konsequenzen führen. Vor jedem chirurgischen Eingriff ist eine histologische Abklärung notwendig.
Unter Berücksichtigung der HPV-Infektion werden in der Bethesda-Klassifikation zervikaler Zytologiebefunde alle HPV-assoziierte Veränderungen (Kondylome, Papillome usw.) und CIN I zusammen als »low grade squamous intraepithelial lesions« (LG-SIL) klassifiziert und den »high grade squamous intraepithelial lesions« (HG-SIL), die
4
60
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
. Tab. 4.1. Klassifikation der PAP-Zytologie adaptiert nach der Münchener Nomenklatur
4
Zytologie
Histologisches Korrelat
Klinische Konsequenz
PAP0
Nicht bewertbar (z. B. durch Blutbeimengung infolge Status menstrualis oder Fehlen endozervikaler Zellen)
?
Wiederholung
PAPI
Normales Zellbild
o. B.
Kontrolle in 1 Jahr
PAPII
Entzündliche, regenerative, metaplastische und degenerative Zellveränderungen, Hyperkeratose-, Parakeratosezellen
o. B.
Kontrolle in 1 Jahr
PAPIII
Schwere entzündliche oder degenerative Veränderungen oder schlecht erhaltenes Zellmaterial mit nicht sicher beurteilbarer Dignität: ASCUS: »atypical squamous cells of undetermined significance«
?
sofortige Biopsie bzw. Zervikalkanalkürettage und HPV-Diagnostik empfohlen
PAPIIID
Zellen mit einer leichten bis mäßigen Dysplasie
CIN I–II
Zytologische und histologische Kontrolle in 3–6 Monaten
PAPIIIG
Atypische glanduläre Zellen
Atypische Endometriumhyperplasie? Endometriumkarzinom?
Hysteroskopie und getrennte Kürettage empfohlen
PAPIVa
Mäßige bis schwere Dysplasie oder Carcinoma in situ
CIN III, Carcinoma in situ
Biopsie bzw. Zervikalkanalkürettage
PAPIVb
Mäßige bis schwere Dysplasie oder Carcinoma in situ, invasives Karzinom nicht ausschließbar
CIN III, Carcinoma in situ, invasives Karzinom
Biopsie bzw. Zervikalkanalkürettage
PAPV
Maligne Tumorzellen
Invasives Karzinom
Zervixkarzinom oder andere Malignome: selten Korpusoder Adnexmalignom
CIN-II- und CIN-III-Veränderungen umfassen, gegenübergestellt.
4.3.2 Kolposkopie
Mit diesem Begriff wird die Auflichtmikroskopie bzw. Betrachtung der Portiooberfläche und des einsehbaren Anteils des Zervikalkanals mit 6- bis 12facher Vergrößerung bezeichnet. Sie garantiert u. a. eine gezielte Zytologieentnahme. Nach Abnahme derselben wird die Portio mit 3– 5%iger Essigsäure zur Schleimfällung betupft, danach erfolgt eine genaue Kolposkopie. Verdächtig sind v. a. essigweiße Bezirke. Anschließend werden eine Schiller-Jodprobe mit Kaliumjodidlösung und eine 2. Kolposkopie vorgenommen. Kolposkopisch auffällige und damit biopsiepflichtige Befunde sind v. a.: Tumorexophyt, Erosion, Ulkus, Keratose/
. Abb. 4.1. Leukoplakie/essigweißes Epithel bei der Kolposkopie der Zervix (histologisch CIN III) (7 Farbtafel)
61 4.4 · Tumorausbreitung
. Tab. 4.2. Screeningmethoden beim Zervixkarzinom im Vergleich
Zytologie
Kolposkopie
Test auf HPV-Hochrisiko-Viren
Sensitivität
Nur 50–90%, falsch-negative Zytologie durch falsche Zytologieentnahme (75%) und Befundungsfehler (25%) bedingt
Als alleinige Untersuchung gering (etwa 10%); in Kombination mit der Zytologie jedoch >90% Sensitivität
Etwa 96%, Hybrid-capture-2-Test wird weltweit am häufigsten verwendet, alternativ PCR
Vorteil
Spezifität etwa 95%
Gut mit Zytologie kombinierbar
Hohe Sensitivität, negativer Prädiktionswert nahe 100% bei HPV-Negativität
Nachteil
Relativ geringe Sensitivität
Schlechte Reproduzierbarkeit; hohe Rate falsch-positiver Befunde
Geringer positiver Prädiktionswert bei HPV-Positivität (etwa 13%). Etwa 5-mal teurer als die Zytologie; als Primärscreening Gefahr vieler unnötiger invasiver Eingriffe und auch psychische Belastung!
Mögliches Screening der Zukunft
Flüssigkeitsdünnschichtzytologie, da höhere Sensitivität; allerdings auch teurer; Vorteil u. a. durch Wiederverwendbarkeit der Restlösung für Zusatzuntersuchungen; z. B. DNA-zytometrische Ploidiebestimmung bei unklaren Befunden; HPV; P16Immunozytochemie
Vor allem die Essigsäureprobe als Einmalscreening in Niedrigeinkommenländern mit anschließender definitiver Exzisionstherapie
Nach dem 30. Lebensjahr Screening auf HPV-HR; wenn negativ, Zytologiekontrolle alle 3–5 Jahre, da minimales Risiko eines Zervixkarzinoms; wenn positiv: jährliche zytologische Kontrollen (Sawaya et al. 2003)
Klinische Symptome des invasiven Zervixkarzinoms 5 Im Frühstadium bzw. auch bei (älteren) Patientinnen mit fehlender sexueller Aktivität oft keine Symptome! 5 Kontaktblutungen typischerweise postkoital bzw. Metrorrhagien oder Blutung in der Postmenopause 5 Fluor oft bräunlich oder blutig tingiert 5 Dysurie und Pollakisurie durch Harnwegsinfekt, Ureterkompression bzw. -infiltration oder Harnblaseninfiltration. Typisch wäre ein Klopfschmerz der Nierenlager. 5 Schmerzen im Beckenbereich, Lumbalgien (Infiltration des Plexus sacralis, rezidivierende Pyelonephritis durch Harnstau). 5 Obstipation (durch Rektumkompression bzw. -infiltration) 5 Schwellung einer/beider unteren Extremität/en (Lymphstau, Thrombose) 5 Hustenreiz, Knochen- bzw. Oberbauchschmerzen bei Lungen-, Skelett- und Lebermetastasen
Leukoplakie, atypische Umwandlungszone mit essigweißem Epithel, Mosaik (Felderung), Punktierung, atypische Gefäße (Kaliberschwankungen, abrupte Richtungsänderungen), scharfrandiger jodnegativer oder jodgelber Bezirk (. Abb. 4.1) (Burghardt 1984). Die Kolposkopie ist v. a. zur Therapieplanung einer Exzisionstherapie essenziell (. Tab. 4.2).
4.4
Tumorausbreitung
Per contingentatem und continuitatem. Diese Form betrifft Parametrien, Vagina, seltener Harnblase und Rektum.
Das Zervixkarzinom bleibt üblicherweise lange auf das Becken beschränkt. Lymphogen. Hiervon sind pelvine und paraaortale Lymph-
knoten betroffen. Eine direkte Metastasierung in die paraaortalen Lymphknoten via Ligg. infundibulo-pelvica ohne vorherigen Befall der pelvinen Lymphknoten ist sehr selten. Extrem selten ist ein primärer Befall inguinaler, mediastinaler oder supraklavikularer Lymphknoten (. Abb. 4.2).
4
62
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
4.5 Nodi lymphatici
Diagnosestellung, präoperatives/prätherapeutisches Staging
cervicales (Virchow-Drüse)
4
Das FIGO-Staging erfolgt klinisch und nicht (!) chirurgisch (. Tab. 4.3). Zwischen dem klinischen Staging und der tatsächlichen intraoperativen Tumorausbreitung bestehen Unterschiede zwischen 24% (Stadium Ib) und 67% (Stadium IVa). Für das klinische FIGO-Staging stellen der gynäkologische vaginale und rektale Tastbefund – vorzugsweise in Narkose – sowie die Spekulumuntersuchung und Biopsie/Zervikalkanalkürettage die Grundlage dar. Die Qualität des Befunds hängt sehr von der Erfahrung des Untersuchers ab. Bei der Beurteilung müssen die Ausdehnung des Tumors in der Vagina durch die Kolposkopie genau festgelegt und die vaginale Tumorgrenzen ggf. durch Biopsien bestätigt werden. Ein MRT-Befund mit parametranem Befall oder ein CT/MRT mit vergrößerten pelvinen/paraaortalen Lymphknoten verändern die FIGO-Stadieneinteilung genauso wenig wie das Vorliegen paraaortaler Lymphknotenmetastasen in der definitiven Histologie!
4.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten
Das FIGO-Staging erfolgt klinisch und nicht operativ, da die Mehrzahl der Zervixkarzinome bestrahlt wird (. Tab. 4.4).
4.7
. Abb. 4.2. Lymphabflusswege beim Zervixkarzinom, aus Kaufmann et al. (2003)
Hämatogen. Die Entwicklung von Fernmetastasen in die Lunge und seltener in das Skelettsystem oder die Leber erfolgt spät. Intraperitoneal. Sie erfolgt durch Zellabschilferung; im
FIGO-Stadium Ib–IVa wird bei immerhin 5% intraperitoneales Tumorwachstum dokumentiert (Podczaski et al. 1989).
Prognosefaktoren
Ungünstige Prognosefaktoren sind in der Reihenfolge ihrer Relevanz 4 Tumorgröße (Tumorvolumen, größter horizontaler Tumordurchmesser) (Burghardt et al. 1992, Kapp et al. 2002) 4 Retroperitoneale Lymphknotenmetastasen (erhöhte Rate bei Lymphgefäßeinbruch) 4 Parametrane Infiltration 4 Infiltrationstiefe des Tumors 4 Nachweis eines Harnstaus durch Ureterobstruktion beim fortgeschrittenem Karzinom 4 Prätherapeutischer Hb-Wert bzw. therapierefraktäre Anämie bei Patientinnen unter primärer Radiotherapie/Radio-Chemo-Therapie (Kapp et al. 2002)
63 4.7 · Prognosefaktoren
. Tab. 4.3. Präoperative Diagnostik beim klinischen Zervixkarzinom
Untersuchung
Typischer Befund, klinische Fragestellung
Spekulumeinstellunga (. Abb. 4.3)
Vulnerabilität mit Blutungsneigung der Portio Kolposkopisch unregelmäßige Kontur des äußeren Muttermunds, typischerweise wie ausgestanzter Bezirk Ulkus Polypös-exophytischer Tumor Stufenbildung der Portio Karzinomkrater bei endophytischem Karzinom Tonnenkarzinom der Endozervix bei intakter Zervixoberfläche Evtl. Portio verzogen und nicht einstellbar Vaginale Infiltration?
Biopsie/Exkochleation±Zervikalkanalkürettage
Histologiegewinnung Konisation ist bei einem klinischen Karzinom kontraindiziert
Chrobak-Sondenversuch Vaginale Palpation
a
Rektale Palpationa
Typischerweise Eindringen der Sonde ohne Widerstand bei invasivem Karzinom Typischerweise derbe, unregelmäßige bzw. tonnenförmig aufgetriebene, schlecht bewegliche Portio Auf diese Weise Zervixtumorgröße klinisch am besten abschätzbar Typischerweise knotige Strukturen im Parametrium Feststellung, ob noch eine Operationsebene zwischen Tumor und Beckenwand vorhanden ist Evtl. Zeichen einer Infiltration des Rektums
Hysteroskopie, Vaginalsonographie
Bei tumorösem Zervixbefall, wenn unklar ist, ob der Primärtumor von der Zervix oder vom Endometrium (Stadium II) ausgeht
Nierensonographie (bzw. i. v. Pyelographie)a
Nachweis eines Harnstaus durch Ureterstenose bzw. Ureterinfiltration Einseitig? Beidseitig? Erkennung von Ureteranomalien (Ureter fissus usw.) als präoperative Information
a
Infiltration der Harnblasenschleimhaut
a
Rektoskopie
Infiltration der Rektumschleimhaut
Thoraxröntgen a.-p. und seitlicha
Ausschluss von Lungenmetastasen
MRT des Beckens
Tumorausdehnung: Tumorvolumen, Organgrenzen?
Zystoskopie
Infiltration von Parametrium, Blase und Rektum? Befall der Beckenlymphknoten meist weniger gut erkennbar Obligat für die Radiotherapieplanung
4
64
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
. Tab. 4.3 (Fortsetzung)
Untersuchung
Typischer Befund, klinische Fragestellung
CT von Abdomen und Becken
Pelvine oder paraaortale Lymphknoten ≥1 cm? Lebermetastasen (selten)? Obligat für die Radiotherapieplanung
PET (Positronenemissionstomographie)
4
Zur Detektion okkulter Lymphknotenmetastasen pelvin und paraaortal (!) bzw. supraklavikular und Absiedelungen in Lunge, Skelett und Leber Noch kein Standardverfahren, jedoch zunehmend verwendet
Feinnadelpunktion von Lymphknoten inguinal/ Skalenusregion bzw. Tru-cut-Biopsie von Beckeninfiltraten
Wenn der positive Metastasennachweis für die weiteren Behandlungsmaßnahmen relevant ist
SSC(serum squamous cell cancer antigen)Tumormarker
Primär erhöht bei etwa 45% der Plattenepithelkarzinome
Serum-CEA bzw. CA125
Evtl. erhöht beim Adenokarzinom
a
Teil des klinischen FIGO-Stagings.
. Tab. 4.4. TNM- und FIGO-Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten
TNM
FIGO
Ausbreitung
Häufigkeit (ungefähr) [%]
5-JahresÜberlebensrate (ungefähr) [%]
pTis
0
Carcinoma in situ (CIN III)
–
100
pT1
I
Befall der Zervix
–
pT1a1
Ia1
Mikroskopische Diagnose, horizontaler Durchmesser ≤7 mm bzw. Stromainvasion ≤3 mm
95
pT1a2
Ia2
Mikroskopische Diagnose: horizontaler Durchmesser ≤7 mm bzw. Stromainvasion >3–5 mm
93
pT1b1
Ib1
Klinisch sichtbares Karzinom ≤4 cm, größer als Ia2
90
pT1b2
Ib2
Klinisch sichtbares Karzinom >4 cm
80
pT2
II
Ausdehnung jenseits des Uterus, aber nicht bis Beckenwand und nicht unteres Drittel der Vagina
–
pT2a
IIa
Befall des oberen bzw. mittleren Drittels der Vagina
76
pT2b
IIb
Befall des Parametriums, jedoch nicht bis zur Beckenwand
73
pT3
III
Befall des Parametriums bis Beckenwand und/oder des distalen Drittels der Vagina
–
T3a
IIIa
Befall des distalen Vaginaldrittels
51
T3b
IIIb
Befall des Parametriums bis zur Beckenwand bzw. Hydronephrose/ stumme Niere
46
65 4.7 · Prognosefaktoren
. Tab. 4.4 (Fortsetzung)
TNM
FIGO
Ausbreitung
T4 und oder M1
IV
Infiltration der Schleimhaut von Harnblase bzw. Rektum oder Ausbreitung jenseits des kleinen Beckens (inklusive paraaortalen Lymphknotenmetastasen)
-
T4a
IVa
Infiltration der Schleimhaut von Harnblase und/oder Rektum (ein bullöses Schleimhautödem ist nicht ausreichend)
29
T4b bzw. M1
IVb
Fernmetastasen jenseits des kleinen Beckens
22
Regionale (pelvine) Lymphknotenmetastasen
67
N1
Häufigkeit (ungefähr) [%]
Die Gesamtüberlebensrate beträgt beim Zervixkarzinom nach 5 Jahren etwa 70%.
a c
b . Abb. 4.3. Invasives Zervixkarzinom (7 Farbtafel)
d
5-JahresÜberlebensrate (ungefähr) [%]
4
66
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
. Tab. 4.5. Operative Therapie des Zervixkarzinoms in Abhängigkeit vom FIGO-Tumorstadium
4
FIGO-Stadium
Operative Therapie
Anmerkungen
0 : CIN III
Messerkonisation (Ausschneiden eines konischen Kegels im jodpositiven Bereich)
Bei kombinierten ekto- und endozervikalen Läsionen bzw. bei isolierten endozervikalen Läsionen
0 : CIN III
Schlingenexzision (LLETZ: large loop excision of the transformation zone) oder Laserkonisation
Bei ektozervikalen Läsionen, wenn die Übergangszone Plattenepithel/Zylinderepithel einsehbar ist; geringerer Gewebedefekt im Vergleich zur Messerkonisation
Ia1 ohne Lymphgefäßeinbruch
Konisation, bei abgeschlossenem Kinderwunsch einfache Hysterektomie
Risiko von Lymphknotenmetastasen <1%
Ia1 mit Lymphgefäßeinbruch oder Ia2 unabhängig vom Lymphgefäßeinbruch
Bei Kinderwunsch: Konisation der Zervix+pelvine Lymphadenektomie, ansonsten einfache Hysterektomie+pelvine Lymphadenektomie
Lymphknotenmetastasen bis 7% (Benedet u. Anderson 1996), bei Kinderwunsch alternativ u. U. bis zum Stadium FIGO Ib1<2 cm auch Trachelektomie bzw. vaginale Radikaloperation nach Schauta-Amreich mit laparoskopischer pelviner Lymphadenektomie. Kein Therapiestandard
Ib1, (IIa)
Radikale abdominelle Hysterektomie (WertheimMeigs/Piver II) mit pelviner Lymphadenektomie
Wenn die pelvinen, meist iliakal kommunen Lymphknoten im Schnellschnitt positiv sind, zusätzlich paraaortale Lymphadenektomie durchführen
Ib2, (IIa), IIb
Evtl. primäre, neoadjuvante Chemotherapie, anschließend radikale abdominelle Hysterektomie (Latzko/Piver III)+pelvine (±paraaortale) Lymphadenektomie
Dadurch bei etwa 70–80% der Patientinnen Reduktion der operativen Morbidität möglich, bei Nichtansprechen auf die Chemotherapie nur noch palliative sekundäre (Chemo-)Radiotherapie oder Exenteration möglich
IIIa–b
Evtl. chirurgisches Staging+laparoskopische Entfernung der Lymphknoten (kein Standard)
Feststellung der Metastasenlokalisation (v. a. paraaortal) und dadurch Möglichkeit der Individualisierung der Therapie (meist definitive Chemo-Radio-Therapie)
IVa
Evtl. vordere bzw. hintere Exenteration
Bei hochselektierten Patientinnen (7 unten)
IVb
Bei isolierten Lungenmetastasen evtl. Resektion dieser sowie Chemo-Radio-Therapie des Primärtumors
Bei hochselektierten Patientinnen
Alternativ kann ab dem Stadium Ib1–IVa eine primäre Radiotherapie bzw. Radio-Chemo-Therapie angewandt werden. Diese Therapie führt in den Stadien Ib–IIa zu vergleichbaren Überlebensraten (Landoni et al. 1997).
4 Adenokarzinome dürften eine ungünstigere Prognose als das Plattenepithelkarzinom aufweisen. 4 Kleinzellige Karzinome sind eindeutig prognostisch ungünstiger als das Plattenepithelkarzinom.
4.8
Operative Therapien
Für jede chirurgische Behandlung ist eine vorherige sorgfältige histologische Abklärung mittels Biopsie und/oder Zervikalkanalkürettage unabdingbar. Dies gilt insbesondere für das Mikrokarzinom (Stadium Ia), für dessen Diagnose meist eine Konisation in sano notwendig ist (. Tab. 4.5).
4.8.1 Konisation, Schlingenexzision,
Elektrokonisation oder Laserkonisation Diese Methoden sind bei klinischem Karzinom kontraindiziert. Meist wird ein flacher Konus bei prämenopausalen und ein hoher, schmalbasiger Konus bei postmenopausalen Patientinnen entnommen. Nach Gewinnung des Konus sollte zur besseren Orientierung für den Pathologen eine Fadenmarkierung erfolgen (z. B. bei 12 Uhr). Das Konisat muss vollständig eingebettet und in Stufenserienschnitten aufgearbeitet werden. Mögliche Komplikationen der Konisation sind in etwa 2–5% der Fälle Nachblutungen, typischerweise 2–3 Wo-
67 4.8 · Operative Therapien
chen postoperativ, eine erhöhte Abortneigung und nach großer Konisation eine leicht erhöhte Rate an Zervixinsuffizienz bei Folgeschwangerschaften. Eine protrahierte Eröffnungsperiode durch Konglutination des Muttermunds, Zervixrisse und Dysmenorrhö sind ebenso gering vermehrt. Die Rate an Zervixinsuffizienz ist nach Schlingenexzision seltener als nach Messerkonisation, offenbar aufgrund des geringeren Substanzdefekts der Portio. Wenn die Resektion des Konus bei CIN III nicht im Gesunden erfolgt ist (in etwa 15–20% der Fälle), ist bei bestehendem Kinderwunsch ein nichtinvasives Vorgehen gerechtfertigt. Eine sorgfältige 3-monatliche Nachsorge mit Zervikalkanalkürettage bzw. Biopsie v. a. im 1. Jahr ist notwendig, da immerhin bei 20% innerhalb der nächsten 10–20 Jahre eine Persistenz bzw. ein Neuauftreten einer CIN III und in 1,5% ein invasives Karzinom diagnostiziert werden (Reich et al. 2002). Eine HPV-HR-Diagnostik 6 Monate postoperativ ist indiziert.
4.8.2 Lokal ablativ-destruierende Verfahren:
Portioabschabung, Portioringbiopsie, Kryotherapie, Laservaporisation, Elektrokoagulation Prinzipiell sind exzidierende Verfahren wie die Konisation destruktiven Verfahren wie der Kryotherapie (Kälteanwendung v. a. mit flüssigem Stickstoff) vorzuziehen, da nur durch sie eine repräsentative Histologie gewonnen und die verspätete Diagnosestellung invasiver Karzinome vermieden werden können. Durch letzteren Umstand wurden auch Todesfälle verursacht.
4.8.3 Radikale abdominelle Hysterektomie
Es handelt sich um die Entfernung des Uterus samt Parametrium, Scheidenmanschette mit pelviner Lymphadenektomie. Der Vorteil einer primär operativen Therapie liegt in der Entfernung des Primärtumors und dem möglichen Erhalt der Ovarialfunktion beim frühen Karzinom. Die Vita sexualis wird durch eine Operation allein meist weniger beeinträchtigt als nach primärer und insbesondere nach postoperativer Radiotherapie. Mögliche intraoperative Hauptkomplikationen der Operation sind Verletzungen des Ureters, der Harnblase, des Rektums und der großen Gefäße. Postoperativ werden v. a. Blasenentleerungsstörungen (u. U. Notwendigkeit
eines Selbstkatheterismus), Harninkontinenz durch verringerte Blasenkapazität, Stuhlentleerungsstörungen sowie Fistelbildungen (v. a. Ureterovaginal- und Vesikovaginalfisteln in 1–4%) beobachtet. Bei postoperativen Fisteln ist deren operative Versorgung frühestens nach 8 Wochen möglich und führt bei Patientinnen, die einer postoperativen Radiotherapie bedürfen, zur Verzögerung dieser adjuvanten Maßnahme, was prognostisch ungünstig ist. Nach ausgedehnter Radikalchirurgie ist eine signifikante Erhöhung der Nebenwirkungsrate durch eine etwaige adjuvante Radio-±Chemotherapie im Vergleich zur primären definitiven Radiotherapie bzw. Radio-Chemo-Therapie zu erwarten. Erfolgt die radikale Hysterektomie nach einer Konisation, sollte der Definitiveingriff entweder innerhalb 1 Woche oder erst nach 6 Wochen erfolgen.
4.8.4 Parametriumresektion
Beim Mikrokarzinom (Stadium Ia) ist ein parametraner Befall extrem selten. Heute wird die Radikalität der Parametrienresektion v. a. im Frühstadium dem individuellen Tumorausmaß angepasst, um die Komplikationsrate zu reduzieren (modifizierte radikale abdominelle Hysterektomie). Im Stadium Ib2–IIb wird die radikale Parametrienresektion empfohlen, da der parametrane Befall regellos erfolgt (Girardi et al. 1993) (. Tab. 4.6).
4.8.5 Pelvine Lymphadenektomie
Das Operationsgebiet erstreckt sich vom Anulus femoralis bis zur Aortenbifurkation. Schritt für Schritt werden die Lymphknoten entlang den Aa. Iliacae externae, communes, internae, subaortal und in der obturatorischen Grube entfernt. Letztere sind am häufigsten befallen. Bei positiven Lymphknoten im Stadium Ib–IIa verschlechtert sich
. Tab. 4.6. Korrelation des FIGO-Stadiums mit dem histopathologischen Befall des Parametriums (Friedberg u. Herzog 1988)
FIGO-Stadium
Parametraner Befall [%]
Stadium Ib
12
Stadium IIa
14
Stadium IIb
29
4
68
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
. Tab. 4.7. Befall der retroperitonealen Lymphknoten in Abhängigkeit vom FIGO-Stadium (Mittelwerte der Prozentangaben aus der Literatur)
4
FIGO-Stadium
Positive pelvine Lymphknoten [%]
Positive paraaortale Lymphknoten [%]
Stadium Ib
22
7
Stadium IIa
21
11
Stadium IIb
32
22
Stadium III
–
29
Stadium IV
–
42
die Prognose durch positive Lymphknoten von >90% auf 65–70%. Als systematische pelvine Lymphadenektomie gilt, wenn mindestens 25 Lymphknoten entfernt wurden. Die makroskopisch komplette Lymphadenektomie erscheint gerade beim invasiven Zervixkarzinom indiziert, da Rezidive in erster Linie im Becken zu erwarten sind. Sie erscheint trotz des Fehlens randomisierter Studien nicht nur diagnostisch, sondern v. a. therapeutisch von Bedeutung. Dies gilt insbesondere für große Lymphknotenmetastasen (Hacker et al. 1995) (. Tab. 4.7). Durchaus problematisch, insbesondere im Hinblick auf potenzielle Nebenwirkungen, ist die Frage der optimalen postoperativen Therapie bei positiven Lymphknoten: adjuvante Radiotherapie oder Radio-Chemo-Therapie oder Chemotherapie? Die wichtigsten intraoperativen Komplikationen der Lymphadenektomie sind Blutungen infolge Gefäßverletzungen und Ureterverletzungen (Winter et al. 1988). Postoperativ kommen Lymphödeme und in etwa 20% der Fälle meist asymptomatische Lymphzystenbildungen vor (. Abb. 4.4). Letztere sind nur in 5–10% interventionsbedürftig (Punktion, Dränage, operative Fenestrierung), wenn sie infiziert sind oder Schmerzen verursachen, zu einem Harnstau oder einem ausgeprägten Lymphödem führen (Petru et al. 1989). Sentinel-Lymphknoten-Exstirpation. Die Entfernung des Wächterlymphknotens ist beim Zervixkarzinom ein keineswegs etabliertes Vorgehen, um bei negativen Sentinel-
Lymphknoten auf die Lymphadenektomie zu verzichten.
. Abb. 4.4. Asymptomatische Lymphzyste im kleinen Becken nach Lymphadenektomie
4.8.6 Paraaortale Lymphadenektomie
In einigen Zentren wird bei positiven pelvinen Lymphknoten (im Schnellschnitt) eine paraaortale Lymphadenektomie angeschlossen. Bei einer systematischen Lymphadenektomie sollten mindestens 15 Lymphknoten entfernt werden. Der therapeutische Nutzen einer paraaortalen Lymphadenektomie ist bislang nicht bewiesen. Nach systematischer Lymphadenektomie bei selektierten Patientinnen wurden trotz positiver paraaortaler Knoten in einzelnen Zentren 5-Jahres-Überlebensraten bis zu 50% erzielt (Winter et al. 1988). Generell liegen die Ergebnisse nach adjuvanter Radio-±Chemotherapie deutlich darunter (etwa 20–30%), wobei direkte Vergleichsgruppen nicht vorliegen. Als zusätzliche Komplikationen einer paraaortalen Lymphadenektomie gelten intraoperative Blutungen, Wundheilungsstörungen und Thromboembolien.
4.8.7 Adnexexstirpation
Beim Zervixkarzinom im Stadium Ib wurden für den Plattenepitheltyp 0,5% Adnexmetastasen und beim Adenokarzinom in 1,7% Metastasen in den Ovarien gefunden. Alle letzteren Patientinnen wiesen extrauterinen Tumorbefall auf (Sutton et al. 1992). Generell ist bei prämenopausalen Patientinnen mit Plattenepithelkarzinom und makroskopisch unauffälligen Ovarien deren Belassung in situ bis zum Stadium IIa (evtl. IIb) möglich. Beim »hoch sitzenden« Zervixkarzinom (Isthmuskarzinom) bzw. Infiltration des Corpus uteri ist das Risiko von Adnexmetastasen erhöht, sodass
69 4.9 · Histopathologie
hier (nach Schnellschnittdiagnostik des Uterus) die Adnexexstirpation empfohlen wird. Ist eine postoperative Strahlentherapie geplant, kann eine Transposition der Ovarien kranial des kleinen Beckens erwogen werden. Trotz des Belassens beider Adnexe tritt bei 27% der Patientinnen eine frühe Ovarialinsuffizienz auf. In der Postmenopause wird die Adnexexstirpation generell empfohlen.
4.8.8 Nachoperation bei klinisch okkultem
Zervixkarzinom und Zustand nach einfacher Hysterektomie Nach 6 Wochen ist eine sekundäre pelvine Lymphadenektomie mit sekundärer Parametrienexzision und partieller Kolpektomie möglich. Die Prognose ist abhängig vom Vorliegen des makroskopischen Resttumors.
4.8.9 Laparoskopische Lymphadenektomie und
radikale Trachelektomie nach Dargent Durch diese vaginale Operation mit teilweiser Zervixentfernung, medialer Parametrienresektion sowie Resektion einer Scheidenmanschette und laparoskopischer paraaortaler bzw. pelviner Lymphadenektomie ist eine Erhaltung der Fertilität prinzipiell möglich. Positive Lymphknoten stellen eine Kontraindikation für diese Operation dar. Es besteht nach jeder Laparoskopie maligner gynäkologischer Tumoren prinzipiell die Gefahr von Implantationsmetastasen an den Trokareinstichstellen. ! Es handelt sich um kein Standardvorgehen, da die therapeutische Sicherheit bislang nicht bewiesen ist!
4.8.10 Laparoskopische Lymphadenektomie
mit radikaler vaginaler Hysterektomie nach Schauta Diese Methode befindet sich in der Erprobung und ihre therapeutische Sicherheit ist noch zu beweisen.
oder IIa) und damit auch die operative Komplikationsrate zu reduzieren. Die Ergebnisse sind kontrovers (Sardi et al. 1993).
4.8.12 Exenteration
Bei der vorderen Exenteration werden die Harnblase, die Vagina und der Uterus entfernt und ein Konduit aus Ileum oder Dickdarm angelegt. Die Harnableitung erfolgt über ein Stoma. Bei der hinteren Exenteration werden die Vagina, der Uterus und das Rektum entfernt und ein endständiges Kolostoma angelegt. Ein sorgfältiges präoperatives Staging ist essenziell. Die Indikation für eine primäre Exenteration stellt ein Stadium IVa, die Indikation zu einer sekundären Exenteration eine Tumorpersistenz nach primärer Radiotherapie eines Zervixkarzinoms, ein isoliertes zentrales, bewegliches Rezidiv, eine Fistel bzw. Kloakenbildungen dar. Vor der Durchführung einer Exenteration ist eine ausführliche Aufklärung der Patientin und deren Partner unabdingbar. Die psychosozialen Voraussetzungen v. a. im Hinblick auf diverse Ableitungen inklusive Selbstkatheterismus müssen gegeben sein. Kontraindikationen sind eine Infiltration des Beckenbodens oder der großen Beckengefäße, ein tumorbedingtes Lymphödem, eine Hydronephrose, Peritonealkarzinose, Fernmetastasen wie u. a. supraklavikulare Metastasen, hochdosierte Vorbestrahlung und ein Karnofsky-Status <90. Das Vorliegen paraaortaler Metastasen stellt in einigen Zentren eine Kontraindikation für die Exenteration dar. Im Fall paraaortaler Metastasen sind in 30% auch Skalenusmetastasen zu erwarten. Die Hauptkomplikationen umfassen Wundinfektionen mit Beckenabszessen, Pneumonien, Thromboembolien sowie Darmfisteln. Die Mortalität beträgt bis 5%. Nach Exenteration sind 5-Jahres-Überlebensraten von 50% beschrieben worden (Shingleton et al. 1989). Tumorfreie Resektionsränder sind Voraussetzung für das Langzeitüberleben.
4.9
Histopathologie
4.8.11 Sekundäre radikale Hysterektomie nach
primärer neoadjuvanter Chemotherapie Dieses Vorgehen kann angewendet werden, um die Tumorlast primär zu reduzieren (z. B. beim Stadium Ib2
Die histopathologischen Diagnosen und deren klinische Bedeutung sind in . Tab. 4.8 dargestellt.
4
70
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
. Tab. 4.8. Histologische Diagnosen
Histologischer Typ
Häufigkeit, Anmerkungen
CIN I (zervikale intraepitheliale Neoplasie Grad 1)
Leichte Dysplasie Spontane Rückbildung in etwa 80% Kontrolle in (3–)6 Monaten
4
CIN II (Grad 2)
Mittelgradige Dysplasie Spontane Rückbildung in etwa 40% Kontrolle in (3–)6 Monaten Bei Persistenz >2 Jahre und in Ausnahmefällen (weitere Kontrollen nicht garantiert), LLETZ als »see and treat«-Maßnahme indiziert Evtl. DNA-Zytometrie zur Entscheidungshilfe
CIN III (Grad 3): Carcinoma in situ (CIS)
Hochgradige Dysplasie Spontane Rückbildung nur in etwa 20%
Mikroinvasives Karzinom
Keine (!) klinische Diagnose Mikroskopische Diagnose auf der Basis der Histologie (am Besten aus dem Konus nach Resektion im Gesunden!)
Plattenepithelkarzinom
80% aller Zervixkarzinome (verhornend, nichtverhornend) Wichtigste Sonderformen v. a.: Verruköses Karzinom: meist hochdifferenziert, hohe Lokalrezidivneigung Neuroendokrines, kleinzelliges Karzinom: in 0,5%, besonders ungünstige Prognose, frühe Entwicklung von Fernmetastasen, evtl. humorale Aktivität wie Morbus Cushing (Petru et al. 2005)
Adenokarzinom
Zunehmende Häufigkeit 12–15% aller Zervixkarzinome Prognose in einigen Studien ungünstiger als jene beim Plattenepithelkarzinom (z. B. Landoni et al. 1997) Sonderformen v. a.: Villoglandulär-muzinöses Karzinom: günstige Verlaufsform Klarzelliges Karzinom: keine schlechtere Prognose als andere Adenokarzinome Seröses Karzinom: <1% aller Zervixkarzinome mit ungünstiger Prognose Endometrioides Karzinom: <1% aller Zervixkarzinome mit ungünstiger Prognose Adenoma malignum: <1% aller Zervixkarzinome mit ungünstiger Prognose
Adenosquamöses Karzinom
Etwa 3% aller Zervixkarzinome Kontroverse Angaben, ob diese Histologie mit schlechterer Prognose assoziiert ist
Metastasen anderer Malignome
Vor allem Endometrium, Mamma, Harnblase
71 4.10 · Chemotherapie
4.10
Chemotherapie
4.10.4 Adjuvante Chemotherapie
4.10.1 Primäre Chemo-Radio-Therapie
Hierzu wird auf 7 Abschn. 4.13 verwiesen.
Obwohl beim Vorliegen histopathologische Risikofaktoren einige Zentren eine cisplatinhaltige Therapie adjuvant verabreichen, handelt es sich dabei um kein Standardvorgehen.
4.10.2 Adjuvante Chemo-Radio-Therapie
4.10.5 Palliative Chemotherapie
Hierzu wird auf 7 Abschn. 4.13 verwiesen.
Generell ist das Zervixkarzinom deutlich weniger chemosensibel als z. B. das Ovarialkarzinom. In der Palliativsituation sind Ansprechraten von etwa 20% nach Monotherapie und etwa 40% nach Kombinationstherapie zu erwarten. Die Ansprechdauer ist generell kurz bei etwa 3–5 Monaten, und das Überleben nach Beginn einer Palliativtherapie liegt auch nur etwa bei 6–10 Monaten. Die Wirksamkeit der Chemotherapie beim Zervixkarzinom ist häufig durch folgende Faktoren beeinträchtigt 4 Eingeschränkte Nierenfunktion infolge postoperativer bzw. radiogener Ureterstenose/-fibrose, 4 Vorbestrahlung des Beckens und 4 Alter der Patientin.
4.10.3 Neoadjuvante Chemotherapie
Nach bioptisch-histologischer Sicherung eines Plattenepithelkarzinoms der Zervix im Stadium Ib2–IIb wird eine primäre Chemotherapie meist über 3(–4) Zyklen verabreicht. Ziel ist die präoperative medikamentöse Reduktion der Tumorgröße. Dies ist in etwa 75% der Fälle zu erwarten. Primäres Tumoransprechen erleichtert die Operation und reduziert die Komplikationsrate. Bezüglich des Überlebens liegen kontroverse Ergebnisse randomisierter Studien vor (Benedetti-Panici et al. 2001). Dennoch erscheint heute eine solche Therapie gerechtfertigt. Tritt keine Remission oder gar eine Progression auf, ist eine palliative Radio-(Chemo-)Therapie oder seltener eine Exenteration indiziert (. Tab. 4.9).
Ein Ansprechen eines Rezidivs in vorbestrahlten Arealen ist in nur 10% der Fälle zu erwarten, bei Fernmetastasen (in erster Linie in der Lunge) steigt die Wahrscheinlichkeit auf bis zu 60% (. Tab. 4.10).
. Tab. 4.9. Mögliche neoadjuvante Chemotherapieschemata beim Zervixkarzinom
Chemotherapieschema
Dosis
Intervall
Anzahl der Zyklen
Anmerkungen
Cisplatin
50 mg/m2/Tag
Alle 10 Tage
3–4
Nebenwirkungen
Bleomycin
30 mg/Tag (6-h-Infusion)
Mäßige Alopezie
Vincristin
1 mg/m2/Tag (Bolus)
Selten Neurotoxizität oder Ototoxizität
Cisplatin
80 mg/m2/Tag
Alle 10 Tage
3–4
Nebenwirkungen
Mäßige Übelkeit und Erbrechen
Mäßige Übelkeit und Erbrechen Immer Alopezie
Paclitaxel
80 mg/m2/Tag
Selten Neurotoxizität Mäßige Myelotoxizität
4
72
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
. Tab. 4.10. Häufig verwendete palliative Chemotherapieschemata beim Zervixkarzinom (7 auch . Tab. 4.13)
Chemotherapieschema
Dosis
Intervall
Anmerkungen
Cisplatin
70 mg/m2/Tag
Alle 3–4 Wochen
Wirksamste Monotherapie Übelkeit und Erbrechen Neurotoxizität Selten Ototoxizität
4
Paclitaxel
175 mg/m2/Tag
Alle 3 Wochen
Alopezie Neurotoxizität
Carboplatin Ifosfamid
AUC4 Tag 1
Alle 3 Wochen
2
1,6 g/m /Tag Tag 1–3
Neurotoxizität Erbrechen Neutropenie
4.10.6 Chemotherapie des Adenokarzinoms
4.12.2 Therapie der HPV-Infektion
Es besteht kein wesentlicher Unterschied der Effektivität der Chemotherapie im Vergleich zum Plattenepithelkarzinom der Zervix. Für die Radio-Chemo-Therapie sind die Fallzahlen zu gering, um eine klare Aussage treffen zu können.
Es wird aktiv mit therapeutischer Zielsetzung immunisiert, und zwar über eine Aktivierung zytotoxischer T-Zellen, die gegen die viralen Onkoproteine E6 und E7 gerichtet sind. Erste klinische Phase-I/II-Studien wurden mit experimentellen Impfstoffen bereits begonnen. Bisher kann eine HPV-Infektion nicht spezifisch behandelt werden, sondern nur deren morphologische Veränderungen an Zervix, Vagina und Vulva.
4.11
Hormontherapie, antihormonelle Therapie
Sie spielt beim Zervixkarzinom keine Rolle. 4.12.3 HPV-Impfstoff als prophylaktische 4.11.1 Hormonsubstitution nach Zervixkarzinom
Es existiert keine Kontraindikation gegen eine Hormonsubstitution mit Östrogenen (und Gestagenen).
4.12
Immunisierung Ein prophylaktischer Impfstoff gegen die Hülle der HPV16-DNA hat sich in einer Phase III-Studie in der Prophylaxe als hocheffektiv erwiesen (Koutsky et al. 2002).
Immuntherapie 4.13
Radiotherapie
4.12.1 Imiquimod
Es handelt sich um eine unspezifische Immuntherapie: 3-mal/Woche wird die 5%ige Creme eines Sachets auf die CIN I/II-Läsion mittels Zervixkappe aufgebracht. Häufig kommt es zu lokalen Nebenwirkungen (Haut- und Schleimhautirridation). Die Therapie ist in der experimentellen Phase.
Die definitive Radiotherapie stellt beim primären Zervixkarzinom des Stadiums I–IIa eine Alternative zur operativen Therapie dar, sofern eine Erhaltung der Ovarialfunktion nicht angestrebt wird. Wie in einer prospektiv randomisierten Studie nachgewiesen wurde, werden in diesen Stadien durch beide Therapiemodalitäten gleichwertige Überlebensraten erzielt (Landoni et al. 1997).
73 4.13 · Radiotherapie
Im Stadium IIb ist, die operative Expertise vorausgesetzt, eine Radikaloperation in selektionierten Fällen technisch möglich. Sie ist aber dann problematisch, wenn nach Non-in-sano-Resektion, einer Resektion knapp im Gesunden und/oder bei Lymphknotenbefall eine additive bzw. adjuvante Radiatio angeschlossen wird, zumal diese mit einer signifikant erhöhten Rate an Akut- und Spätkomplikationen einhergeht. Im Allgemeinen stellt die primäre Radiotherapie in den Stadien IIb–IVa die Standardtherapie dar, wobei nur durch eine Kombination von externer Radiotherapie (die perkutan den Primärtumor und die regionalen Lymphabflusswege umschließt) und Brachytherapie (kleinvolumige intrakavitäre Bestrahlung der Zervix und des Uterus unter Verwendung geeigneter Radionuklide) optimale Ergebnisse erzielt werden können.
es, das klinische Bestrahlungsziel gezielt zu erfassen und die Belastung angrenzender gesunder Organe/Gewebe durch individuelle Ausblockung (bewegliche computergesteuerte Metallblenden) zu minimieren (. Abb. 4.5). Moderne Hochvoltgeräte (Linearbeschleuniger) verfügen über Photonenenergien, die eine homogene Dosisverteilung im klinischen Bestrahlungszielvolumen gewährleisten (. Abb. 4.6). Die optimale Erfassung des geplanten Bestrahlungsvolumens kann vor und während der Bestrahlungsbehandlung durch »Verifikationsaufnahmen«
4.13.1 Prätherapeutisches Staging
Nach bioptischer Diagnosesicherung wird das Tumorstadium anhand der FIGO-Kriterien bestimmt. Zusätzlich werden moderne Schnittbildverfahren (CT des Abdomens/ Beckens, MRT des Beckens, zunehmend auch PET) durchgeführt, deren Information in die Bestrahlungsplanung einfließt. Die routinemäßige Durchführung einer Zystoskopie und Rektosigmoideoskopie gibt zusätzlich Aufschluss über bestehende akute oder chronische entzündliche Veränderungen und erlaubt eine evtl. notwendige Dosisadaptierung und die Abgrenzung radiogen induzierter Schäden an Blase und Rektum. Laborkontrollen vor Radiotherapie dienen u. a. der Feststellung einer bestehenden Anämie, die aus strahlenbiologischen Überlegungen einer sofortigen Korrektur (Erythrozytenkonzentrate und/oder Erythropoetin) bedarf. Unerlässlich ist die Abklärung der Nierenfunktion, unabhängig von einer geplanten Radio-Chemo-Therapie, Bestrahlung der paraaortalen Lymphknotenkette oder bestehender Ureterobstruktion.
a
4.13.2 Radiotherapieplanung und Durchführung b
Die modernen technischen Entwicklungen (CT-gestützte dreidimensionale Bestrahlungsplanung) und die Möglichkeit, Befunde aus diagnostischen Verfahren (CT des Beckens und Abdomens, MRT des Beckens, zunehmend auch aus PET) in die Therapieplanung einzubeziehen, erlauben
. Abb. 4.5. Zervixkarzinom FIGO IIIa. Abgrenzung von Primärtumor und Uterus (rot), der regionalen Lymphabflusswege (türkis), Blase (orange) und Rektum (braun), Ausblockung gesunder Strukturen durch computergesteuerte Metallblenden im Bestrahlerkopf (horizontale weiße Linien) (7 Farbtafel)
4
74
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
4
. Abb. 4.6. CT-Rekonstruktion mit Darstellung des Tumors (rot), der Lymphabflussbahnen (türkis) und benachbarter gesunder Strukturen (Blase, orange) im »beams eye view« (7 Farbtafel)
(Filmverifikation oder »online portal imaging«) überprüft und sofort korrigiert werden. Die externe oder perkutane Bestrahlung, auch Teletherapie genannt (Strahlenquelle außerhalb des Körpers), hat zum Ziel, den Primärtumor zu verkleinern und befallene regionale Lymphknoten zu sterilisieren. Die dafür vorgesehene Gesamtdosis variiert zwischen 45 und 50,4 Gy, wobei bei Infiltration der Parametrien bis zur Beckenwand die Dosis in diesem Bereich kleinvolumig auf 56,0–56,4 Gy gesteigert werden kann. Die geplante Gesamtdosis wird fraktioniert mit täglichen Einzeldosen von 1,8–2,0 Gy über 5 Wochentage eingestrahlt. Die tägliche Behandlung, die in der Regel ambulant erfolgt, nimmt nur wenige Minuten in Anspruch. Abhängig von der Gesamt- und der Fraktionsdosis beträgt die Gesamtdauer der perkutanen Bestrahlung 5–6 Wochen. Wird die paraaortale Lymphknotenkette in das Bestrahlungsvolumen mit einbezogen (bei vergrößerten iliakal kommunen Lymphknoten und/oder paraaortalen Lymphknoten >1 cm im CT bzw. bei positivem PET) sollte eine Gesamtdosis von 45 Gy aufgrund der deutlich niedrigeren Toleranzdosis des Dünndarms nicht überschritten werden.
4.13.3 Brachytherapie
In den meisten Fällen wird nach externer Radiatio eine Verkleinerung des Primärtumors erzielt, sodass durch Einbringen eines Radionuklids (heute fast ausschließlich Iridium-192) in entsprechende Applikatoren die Dosis
a
b . Abb. 4.7. Iridium-192-HDR-Brachytherapie, Isodosenplan nach Insertion der Radionuklidträger in das Cavum uteri (türkis) und in die Vaginalfornizes (grün) in der x- und z-Ebene, Bestrahlungsziel wird von Isodose (Punkte gleicher Dosis) (rot) homogen umschlossen, grüne und orange Isodose verdeutlichen den steilen Dosisabfall (7 Farbtafel)
kleinvolumig »aufgesättigt« werden kann. Das Einführen des Radionuklidträgers in das Cavum uteri erfolgt meist in Kurznarkose. Der steile Dosisabfall ausgehend von der Radionuklidquelle ermöglicht eine weitgehende Schonung vorbelasteter gesunder Strukturen (Blase/Rektum). Die Dosisverteilung wird nach Setzen der Radionuklidträger anhand orthogonaler Filmaufnahmen, CT- oder MRTSchnittbildern geplant und kann durch spezielle Softwareprogramme optimiert werden (. Abb. 4.7). Erst im Anschluss wird die Quelle computergesteuert in die jeweiligen Applikatoren eingefahren (Afterloadingver fahren: Schutz des medizinischen Personals!).
75 4.13 · Radiotherapie
Früher wurden ausnahmslos Radionuklide mit niedriger Dosisleistung (LDR) verwendet, wobei Applikatoren und Quelle über einen Zeitraum von 2–4 Tagen in den Patientinnen verblieben (in den USA heute noch üblich). In Europa und Asien hat sich die Brachytherapie mit Radionukliden hoher Dosisleistung (HDR) seit mehr als 2 Jahrzehnten aufgrund ihrer medizinischen und physikalischen Vorteile durchgesetzt. Bei der HDR-Brachytherapie kann die Behandlung ambulant erfolgen. Die jeweilig geplante Brachytherapiegesamtdosis (20–30 Gy) wird nicht täglich, sondern in 4–6 Sitzungen über einen Zeitraum von 2–3 Wochen appliziert. Durch beide Verfahren werden äquivalente Tumorkontroll- und Überlebensraten erzielt. Die Rate an Spätkomplikationen konnte jedoch durch den Einsatz der HDR-Verfahren signifikant gesenkt werden. Die Gesamtbehandlungszeit (Tele- und Brachytherapie) ist prognostisch relevant, sodass Therapieunterbrechungen, sofern nicht zwingend erforderlich, vermieden werden sollten. Übersteigt die Behandlungszeit 56 Tage, führt jeder Tag Verzögerung zu 1,1% reduzierter Tumorkontrolle! Ist aus verschieden Gründen eine Brachytherapie nicht adäquat durchführbar oder zielführend (unzureichende Tumorremission, Vaginalstenose, nekrotische Zerfallshöhle, suboptimale Platzierung der Applikatoren), kann eine kleinvolumige Dosisaufsättigung auch über externe Felder erfolgen. Aufgrund der Limitationen (Strahlentoleranz von Blase und Rektum) lässt sich allerdings eine für die Tumorkontrolle nötige Dosis perkutan nicht einbringen; es resultiert eine signifikante Reduktion der Wahrscheinlichkeit der Tumorkontrolle! Als Alternative kann eine interstitielle Brachytherapie erwogen werden. Dabei werden Hohlnadeln als Radionuklidträger temporär in Primärtumor/Parametrien/Vagina implantiert (meist unter Laparoskopiekontrolle). Obgleich mit dieser Technik gute Ergebnisse erzielt werden können, ist sie mit einer exzessiven Rate schwerer Komplikationen verbunden. Aufgrund der durch randomisierte Studien (z. B. Rose et al. 1999) belegten Überlegenheit der begleitenden Radio-Chemo-Therapie in Bezug auf das progressionsfreie Intervall und Gesamtüberleben gegenüber alleiniger Radiotherapie, gilt die Kombinationstherapie bei negativem paraaortalem Lymphknotenstatus heute als Standard. Neben der erwähnten Einschränkung (Daten über Ergebnisse der Radio-Chemo-Therapie bei paraaortalem Befall liegen zurzeit noch nicht vor) stellt die primäre Radiatio bei Niereninsuffizienz, reduziertem Karnofsky-Status und
hohem Alter nach wie vor die Standardtherapie dar, die der operativen Therapie in den Stadien IIb–IVa deutlich überlegen ist.
4.13.4 Prognosefaktoren des Zervixkarzinoms
unter Radiotherapie Prinzipiell kann zwischen patienten-, tumor- und behandlungsassoziierten Prognosefaktoren unterschieden werden. Zu den prognostisch bedeutsamsten Faktoren zählen nicht das FIGO-Stadium, sondern die maximale transversale Tumorausdehnung (<5 cm vs. >5 cm) und die nicht behandelte oder therapierefraktäre Anämie unter Radiotherapie. Beide beeinflussen in der beschriebenen Reihenfolge, auch bei adäquater Bestrahlungsdosis und Technik, unabhängig voneinander die pelvine Kontrolle, das krankheitsspezifische und das metastasenfreie Überleben. Ein Befall der paraaortalen Lymphknoten führt zu einer signifikanten Reduktion des krankheitsspezifischen und metastasenfreien Überlebens (Stehman et al. 1991, Fyles et al. 2000, Kapp et al. 2002). Eine inadäquate Bestrahlungsdosis, externe Radiotherapie ohne zusätzliche Brachytherapie und protrahierte Gesamtbehandlungszeit führen per se zu einer signifikanten Beeinträchtigung der pelvinen Kontrolle und des Überlebens.
4.13.5 Komplikationen der Radiotherapie
Nach ihrem zeitlichen Auftreten wird zwischen Akuttoxizität (Nebenwirkungen unter laufender Therapie), subakuter Toxizität nach Beendigung der Therapie und Spättoxizität >6 Monate nach Beendigung der Therapie unterschieden. Akute Nebenwirkungen. Zu den typischen zählen Diarrhö,
Dysurie, Inappetenz und Fatigue, wobei Nebenwirkungen am Intestinaltrakt (60–70%) überwiegen (radiogen induzierte »Mukositis« mit Steigerung der Stuhlfrequenz, imperativem Stuhldrang, selten blutig tingierter Stuhl mit Schleimbeimengung, Meteorismus, Krämpfe). Sie werden in der Regel diätetisch und medikamentös erfolgreich behandelt und sind selten so gravierend, dass daraus stationäre Behandlungen oder Therapieunterbrechungen resultieren. Eine ausgeprägtere und/oder früher einsetzende Akuttoxizität ist v. a. im höheren Lebensalter oder bei Patientinnen mit einer Anamnese chronisch entzündlicher
4
76
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
Erkrankungen an Darm, Blase oder vorangegangenen chirurgischen Eingriffen (Adhäsionen) zu erwarten. In der Regel sind sowohl Akut- als auch subakute Reaktionen reversibel. Bei Bestrahlung der Paraaortalregion ist, neben den erwähnten möglichen Nebenwirkungen, mit Nausea und seltener Erbrechen zu rechnen. Späteffekte. Die Inzidenz von mittelgradigen und schwe-
4
ren Späteffekten beträgt 6–10%, davon sind etwa 3% operationspflichtig. Die Mortalität liegt unter 1%. Komplikationen am Darm sind am häufigsten, wobei 80% (alle Schweregrade) innerhalb von 2 Jahren nach Radiotherapie zu erwarten sind. Dies steht im krassen Gegensatz zu Spätfolgen am Urogenitaltrakt, die insgesamt viel seltener und üblicherweise nach 5–15 Jahren auftreten (hämorrhagische Zystitis, Schrumpfblase, Ureterfibrosen oder Strikturen mit konsekutiver Hydronephrose: Nachsorge!). Fistelbildungen (vesikovaginal/ureterovaginal/rektovaginal) sind heute selten und meist tumorbedingt. Die Spätfolgen sind in der Regel irreversibel und bedürfen je nach Schweregrad einer Behandlung (Diät, medikamentöse Therapie, Druckkammer, chirurgische Intervention). Bei zusätzlicher Bestrahlung der Paraaortalregion ist die Komplikationsrate höher (geringere Strahlentoleranz des Dünndarms), insbesondere nach vorangegangenen transperitonealen operativen Eingriffen. Komplikationen der Radio-Chemo-Therapie. Gegenüber
der alleinigen Radiotherapie ist die Akutkomplikationsrate bei der Radio-Chemotherapie 2- bis 8fach erhöht. Neben der gastrointestinalen Toxizität ist mit ausgeprägter Leuko-/ Neutropenie und Anämie zu rechnen, während radiogen bedingte Blutbildveränderungen nahezu ausschließlich bei zusätzlicher Paraaortalbestrahlung auftreten. Die Inzidenz von schweren Spätkomplikationen nach Radio-Chemotherapie ist vergleichbar mit der nach primärer Radiatio des Beckens und der Paraaortalregion (Eifel et al. 2004). Sämtliche unter und nach Therapie mit ionisierenden Strahlen auftretende Nebenwirkungen sind dokumentationspflichtig (insbesondere Spättoxizität: Zeitpunkt des Auftretens, Objektivierung, Klassifizierung, Therapie). Mehrere Schemata sind in Verwendung (Kapp et al. 1997).
4.13.6 Palliative Radiotherapie
Bei blutenden Vaginalrezidiven kann die Radiotherapie meist zu einer raschen und effektiven Palliation beitragen.
Auch bei symptomatischen Rezidiven im Becken (Schmerzen, tumorbedingter Lymphstau, Blutungen), Knochenmetastasen (Schmerzsymptomatik oder drohende Fraktur), supraklavikularen Lymphknotenmetastasen (Druck auf oder Infiltration des Plexus brachialis), mediastinalen Lymphknotenmetastasen (drohende Einflussstauung) kann die Radiotherapie effektiv zur Verbesserung der Lebensqualität (Schmerzlinderung/Erhaltung der Mobilität) eingesetzt werden. Durch Applikation größerer Einzelfraktionen und reduzierter Gesamtdosis beträgt die Behandlungsdauer meist nur 2–3 Wochen. Je nach Befundkonstellation kann jedoch auch durch Einzeitbestrahlung oder 2- bis 3-malige Bestrahlung mit hohen oder extrem hohen Einzeldosen eine effektive Palliation z. B. bei blutendem Vaginalrezidiv erreicht werden. Bei Patientinnen mit gutem Allgemeinzustand und isolierten pelvinen Rezidiven nach Operation können durch konventionell fraktionierte und höher dosierte externe Bestrahlung mit konkomitanter Chemotherapie eindrucksvolle Remissionen erzielt werden.
4.13.7 Primäre, definitive Radio-Chemo-Therapie
Sie ist in den Stadien Ib–IIb ohne paraaortalen Lymphknotenbefall etabliert, wobei v. a. ein synergistischer und auch ein additiver Effekt diskutiert werden. Das Zytostatikum (»Radiosensitizer«) wird in geringer Dosis wöchentlich zusätzlich zur externen Radiotherapie verabreicht (. Tab. 4.11). Bemerkenswerterweise werden nach Radio-Chemo-Therapie im Vergleich zur Radiotherapie allein auch weniger Fernmetastasen beobachtet, was für einen systemischen Effekt in der frühen Behandlungsphase spricht (z. B. Rose et al. 1999) oder eine Reduktion distanter Metastasen durch eine verbesserte lokale Tumorkontrolle.
4.13.8 Adjuvante Radio-Chemo-Therapie
Eine randomisierte Studie (Peters et al. 2000) hat einen Vorteil für die postoperative Radio-Chemo-Therapie gegenüber der Strahlentherapie ergeben. Von den meisten Zentren wird sie beim Vorliegen histopathologischer Risikofaktoren wie positiven Lymphknoten oder parametranem Befall angewandt.
77 4.14 · Nachsorge
. Tab. 4.11. Häufig während einer externen Radiotherapie verwendete Chemotherapieschemata beim Zervixkarzinom
Chemotherapieschema
Dosis
Intervall
Anzahl der Zyklen
Anmerkungen
Cisplatin
40 mg/m2/Tag
Wöchentlich während der externen Radiotherapie
4–6
Therapiestandard Nebenwirkungen
Mäßige Übelkeit und Erbrechen Anämie Thrombopenie und Leukopenie meist erst 2–3 Wochen nach Abschluss der Therapie, insbesondere bei zusätzlicher Paraaortalbestrahlung Selten Neurotoxizität oder Ototoxizität
1000 mg/m2/Tag Tag 1–5
5-Fluoruracil
1-mal/Monat
2
Therapiemöglichkeit bei Patientinnen mit eingeschränkter Nierenfunktion
Die Strahlentherapie des Beckens kombiniert mit einer Chemotherapie mit Cisplatin und 5-Fluorouracil führt zu einer signifikanten Verlängerung des Überlebens bei Patientinnen im Stadium Ib2–IVa gegenüber einer Strahlentherapie des Beckens und der Paraaortalregion (Eifel et al. 2004).
. Tab. 4.12. Mögliches Nachsorgeschema beim Zervixkarzinom
Untersuchung
1.–3. Jahr
4.–5. Jahr
>5. Jahr
Gezielte Anamnese (Symptome?)
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Äußere körperliche Untersuchung
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Gynäkologische Untersuchung inklusive rektaler Palpation
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
PAP-Zytologie der Vagina (Portio)
Alle 6 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Ultraschall der Nieren
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Tumormarker SCC beim Plattenepithelkarzinom, CEA bzw. CA-125 beim Adenokarzinom
Evtl. alle 3 Monate
Evtl. alle 6 Monate
Evtl. jährlich
CT von Abdomen/Becken (Alternativ: MRT des Beckens+CT des Abdomens)
Evtl. alle 6 Monate
Bei klinischer Auffälligkeit
Bei klinischer Auffälligkeit
Thoraxröntgen, Skelettröntgen, CT des Thorax usw.
Bei klinischer Auffälligkeit
Bei klinischer Auffälligkeit
Bei klinischer Auffälligkeit
a
a
Nur bei prätherapeutisch erhöhtem Tumormarker.
4
78
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
4.14
Nachsorge
Ein mögliches Schema ist in . Tab. 4.12 dargestellt.
4.15
Rezidive, Metastasen
Die meisten werden in den ersten 3 Jahren nach Diagnosestellung diagnostiziert.
4.14.1 CIN III 4.15.1 Rezidiv-/Metastasendiagnostik Nach Resektion im Gesunden. Über 2 Jahre werden
4
6-monatlich, danach jährlich zytologische Kontrollen durchgeführt. Nach Resektion nicht im Gesunden. Nach 3 und 6 Monaten
werden eine Biopsie bzw. Zervikalkanalkürettage vorgenommen. Sind diese, wie in den meisten Fällen, negativ, erfolgen Kontrollen wie oben beschrieben. Bei positivem Befund sind eine Rekonisation bzw. nach abgeschlossener Familienplanung eine Hysterektomie indiziert (7 auch Abschn. 4.5). Nach einer Konisation kann auch eine HPV-Diagnostik erfolgen. Wenn diese negativ ist, ist eine Persistenz bzw. Progression in den nächsten Jahren sehr unwahrscheinlich.
4.14.2 Invasives Karzinom
Die Nachsorge basiert hauptsächlich auf einer gezielten Anamnese, der gynäkologischen Palpationsuntersuchung und der Ultraschalluntersuchung beider Nieren. Nach Strahlentherapie sollte beim Vorliegen eines Ulkus auf eine Biopsie verzichtet werden, da durch sie eine Fistelbildung begünstigt werden würde. Fistelbildungen nach Radiotherapie bzw. bei Tumorprogression sollten frühzeitig mittels Nephrostomie bzw. Kolostomie palliativ versorgt werden. Bei postoperativem/ postradiogenem oder rezidivbedingtem Harnstau sind eine retrograde Schienung des Ureters durch den Urologen bzw. u. U. sekundär das Anlegen eines Nephrostomas zum Erhalt der Nierenfunktion indiziert. Lymphdränagen sollten nur bei Patientinnen mit Tumorfreiheit im kleinen Becken erfolgen. Die Interpretation der PAP-Zytologie kann nach Radiotherapie aufgrund postradiogener Zellveränderungen erschwert bis unmöglich sein. Eine diesbezügliche Information des Zytologen ist daher essenziell.
Rezidive treten insbesondere im Becken auf. Die Diagnose von Rezidiven/Metastasen erfolgt meist auf der Basis folgender klinischer Hinweise bzw. Untersuchungen 4 Klinische Symptome (Schmerzen, Blutungen, Fluor, Schwellungen?) 4 Äußere körperliche Untersuchung (Schwellung des Abdomens, der unteren Extremität bzw. von Lymphknoten, Klopfschmerz der Nierenlager?) 4 Gynäkologische Untersuchung (sichtbarer und/oder tastbarer Tumor?) 4 Nierenabklärung (Harnstau?) 4 Evtl. SCC-Tumormarker-Erhöhung beim Plattenepithelkarzinom 4 CT des Abdomens und Beckens bei Rezidivverdacht 4 MRT des Beckens bei Rezidivverdacht 4 Zervikalkanalkürettage/Biopsie bei Tumorpersistenz/ Vaginalrezidiv bzw. Tru-cut-Punktion bei Beckenrezidiv, CT-gelenkte Punktion 4 Thoraxröntgen bei Rezidivverdacht 4 Bei Verdacht auf Knochenmetastasen Skelettröntgen/ Knochenszintigraphie
4.15.2 Lokalisation und Diagnostik von Rezidiven
oder Metastasen des Zervixkarzinoms Im Folgenden werden die wichtigsten Rezidivlokalisationen besprochen. Lokoregionale Rezidive kommen am häufigsten vor (42%). Isolierte Fernmetastasen werden in 28% beobachtet. Eine Kombination eines lokoregionalen Rezidivs mit Fernmetastasen ist in etwa 30% vorhanden (Webb u. Symmonds 1980). Oftmals ist es schwierig, zwischen etwaigen operativen/radiogenen Folgeschäden und dem Auftreten eines Rezidivs zu unterscheiden (Ulkus, Fistel, Harnstau, Lymphödem, Anorexie, Gewichtsverlust usw.). Radiologische Staginguntersuchungen sind hier besonders relevant.
79 4.15 · Rezidive, Metastasen
Beckenwand. Sie ist die häufigste, prognostisch ungünstigste
Rezidivlokalisation. Die Diagnosestellung erfolgt durch 4 Symptome: Schmerzen im Becken und/oder einer unteren Extremität, Schwellung einer unteren Extremität, Defäkationsbeschwerden, Miktionsbeschwerden 4 Tastbarer, derber, typischerweise unbeweglicher Tumor an der Beckenwand bei der vaginalen und/oder rektalen Palpation 4 Nierenabklärung: Ein-/beidseitiger Harnstau 4 Bei Rezidivverdacht: CT/MRT des Beckens 4 Bei Rezidivverdacht: Feinnadelbiopsie der Beckenläsion in Allgemeinnarkose Vagina, zentrales Becken, Uterus. Die Diagnosestellung
erfolgt durch 4 Symptome: Schmerzen im Beckenbereich, vaginale Blutung, Defäkationsbeschwerden, Miktionsbeschwerden, selten Schwellung einer unteren Extremität 4 Tastbarer derber, meist gut abgrenzbarer Tumor bei der vaginalen und rektalen Palpation bzw. vergrößerter Uterus bei Tumorpersistenz nach primärer Radiotherapie 4 Nierensonographie: evtl. Harnstau 4 Positiver PAP-Abstrich 4 Histologische Sicherung des Rezidivs durch Exkochleation, Biopsie und/oder Feinnadelpunktion 4 Radiologische Bestätigung des Rezidivs durch CT/MRT des Beckens
Paraaortale Metastasen. Sie treten evtl. isoliert auf. Die Diagnosestellung erfolgt durch 4 Symptome: Lumbalgien, rezidivierende Harnweginfektionen 4 Ultraschall (Harnstau) 4 Im CT des Abdomens vergrößerte paraaortale Lymphknoten 4 Histologische Sicherung durch CT-gelenkte Feinnadelpunktion Lunge. Die nicht selten isoliert vorkommenden Rezidive/ Metastasen werden diagnostiziert durch 4 Symptome: Atemnot, Reizhusten, Hämoptoe, Schmerzen im Thorax 4 Thoraxröntgen, CT des Thorax 4 Histologische Sicherung des Rezidivs durch CT gelenkte Feinnadelpunktion Peritoneum. Die Diagnosestellung erfolgt durch
4 Symptome: abdominelle Schwellung, Subileus- oder Ileuszeichen mit Erbrechen, Meteorismen, krampfartige abdominelle Schmerzen 4 Äußere Palpation (Aszites) 4 Ultraschall (Aszites) 4 Im CT Aszitesnachweis und peritoneale Implantate 4 Zytologische Sicherung durch den Nachweis von Tumorzellen im Aszitespunktat
. Tab. 4.13. Intention und Art der Therapie des Rezidivs beim Zervixkarzinom
Radiotherapie
Operation
Chemotherapie
Intention
Palliativ, beim zentralen, vaginalen Rezidiv unter Umständen kurativ, wenn primär keine Radiotherapie erfolgte; nach primärer Radiotherapie Dosisbeschränkung wegen erniedrigter Organtoleranz; zur Blutstillung lokaler Rezidive
Kurativ in Ausnahmefällen einer Tumorpersistenz nach primärer Radiotherapie, bei isoliertem, gut beweglichem zentralem Rezidiv bzw. Rezidiv des Scheidengrunds oder noch seltener bei isolierter Lungenmetastase
Palliativ, wobei bei Beckenläsionen und/oder paraaortalen Läsionen an die Möglichkeit einer begleitenden Radio-Chemo-Therapie gedacht werden kann
Form
Meist Teletherapie (bei Beckenrezidiv meist externe Bestrahlung mit 25 Fraktionen); beim zentralen Beckenrezidiv meist Kombination mit der Brachytherapie (z. B. 4 interne Iridiumbestrahlungen bis 22 Gy)
Einfache Hysterektomie bei Tumorpersistenz nach primärer Strahlentherapie. Nach primärer operativer Therapie meist vordere Exenteration mit Resektion der Vagina, der Harnblase und evtl. des Uterus nach primärer Radiotherapie oder hintere Exenteration mit Resektion der Vagina und des Rektums; bei isolierten paraaortalen Metastasen evtl. paraaortale Lymphadenektomie
In der Palliativtherapie Cisplatin am relativ effektivsten; allerdings nicht selten aufgrund eingeschränkter Nierenfunktion kontraindiziert; bei begleitender ChemoRadio-Therapie meist wöchentliches Cisplatin, bei eingeschränkter Nierenfunktion evtl. 5-Fluoruracil
4
80
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
. Tab. 4.14. Therapie des Zervixkarzinoms in Abhängigkeit von der Lokalisation des Rezidivs bzw. der Metastasen
4
Lokalisation
Radiotherapie
Operation
Chemotherapie
Beckenwandrezidiv
Teletherapie als Palliativtherapie u. a. zur Schmerzreduktion effektiv (meist mit ultraharten Röntgenstrahlen); Langzeitprognose dennoch ungünstig
In besonders selektierten Fällen evtl. kombinierte operative und radiologische Therapie (so genanntes »CORT«-Verfahren) möglich
Geringe Erfolgschancen (etwa 10%), insbesondere wenn Vorbehandlung mit Strahlen erfolgt ist
Zentrales Beckenrezidiv/ Rezidiv der proximalen Vagina
Tele- und Brachytherapie, wenn Operation nicht möglich oder von der Patientin nicht gewünscht; prognostisch günstigste Form des Beckenrezidivs
Bei erhaltenem Uterus nach primärer Radiotherapie oder nach radikaler Hysterektomie bei einem selektierten Patientengut Radikaloperation (Exenteration) möglich
Effektiver in Kombination mit der externen Radiotherapie
Paraaortales Rezidiv
Gute Palliation möglich, wobei bei gutem Karnofsky-Status eine begleitende Chemotherapie sinnvoll erscheint; mögliche Darmkomplikationen stehen bei der Palliativbestrahlung weniger im Vordergrund als bei der adjuvanten Strahlentherapie, da die Prognose durch die Tumorprogression bestimmt wird
Bei isolierten Metastasen und fehlender Vorbestrahlung dieser Region evtl. paraaortale Lymphadenektomie (etwa 20–30% 3-Jahres-Heilungsrate)
Chemotherapie bei gutem Karnofsky-Status evtl. in Kombination mit der externen Radiotherapie
Lunge
Keine Indikation
Evtl. Thorakotomie und operative Entfernung isolierter Läsionen
Vorübergehendes (!) Ansprechen in bis zu 60% möglich
Peritonealhöhle
Keine Indikation
Palliative Aszitespunktionen bei deutlichem Aszites
Evtl. vorübergehendes Ansprechen; Prognose besonders ungünstig
Isolierte Lymphknotenmetastasen (supraklavikular, mediastinal, inguinal)
Bei isolierten symptomatischen Metastasen effektive Therapieform
Evtl. operative Entfernung isolierter inguinaler Läsionen
Bei multiplen Metastasenlokalisationen evtl. indiziert
Knochenmetastasen
Effektiv in der Schmerztherapie und Reduktion der Spontanfrakturrate (z. B. eines Wirbelkörpers oder des Femurs)
Extrem selten indiziert bei isolierten Fernmetastasen z. B. der unteren Extremität mit nachfolgendem Prothesenersatz
Palliative Intention
Lebermetastasen
Keine Indikation
Keine Indikation
Evtl. in palliativer Intention, besonders ungünstige Prognose
Die psychologische Betreuung, Behandlung des Lymphödems, Schmerztherapie und auch Fragen der Sexualität sind bei dieser Tumorart besonders relevant (7 Kap. 18).
Periphere Lymphknoten (v. a. supraklavikular, inguinal). Sie kommen selten isoliert vor. Die Diagnosestellung erfolgt
durch 4 Symptome: Lymphknotenschwellung, Schmerzen z. B. durch Plexusinfiltration 4 Klinische Palpation 4 Histologische Sicherung durch Feinnadelpunktion
4.15.3 Palliative Therapieoptionen beim Rezidiv
oder bei Metastasen des Zervixkarzinoms Prinzipiell ist jede Therapie im Rezidivfall bzw. bei Metastasen als Palliativtherapie einzustufen (. Tab. 4.13, Tab. 4.14). Definitive Heilungen sind sehr selten (etwa 20%) und können am ehesten bei einem isolierten zentralen
81 Literatur
Rezidiv am Scheidengrund oder bei Tumorpersistenz nach primärer Radiotherapie beobachtet werden. Ist bereits primär oder adjuvant eine Strahlentherapie erfolgt und treten im Beckenbereich ein Rezidiv bzw. eine Progression auf, ist die Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf eine Rezidivradiotherapie und auch zytostatische Therapie deutlich reduziert. Bezüglich der angiographischen Tumorembolisation des Beckens sei auf 7 Kap. 16 verwiesen.
4.16
Zervixkarzinom in der Schwangerschaft
Das Zervixkarzinom wächst in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle langsam. Je später ein solches in der Schwangerschaft entdeckt wird, desto höher ist sein Stadium. Diagnostik mittels MRT ist möglich, da hierbei keine Strahlenbelastung besteht. Die Prognose wird durch die Schwangerschaft nicht verschlechtert (Vange et al. 1995). Somit kann bei einer Patientin, bei der neben einer Schwangerschaft eine CIN III oder ein invasives Karzinom im Stadium Ia–Ib1 (und IIa) diagnostiziert wird, die Schwangerschaft auf Wunsch ausgetragen werden. Eine Konisation bei bestehender Schwangerschaft birgt ein erhöhtes Risiko für einen Abort bzw. eine Fehlgeburt in sich. Sie sollte deshalb vermieden werden. Nach erfolgter Konisation ist bei großem Gewebedefekt die Frühgeburtlichkeit in einer späteren Schwangerschaft gering erhöht. Eine prophylaktische Cerclage ist in diesen Fällen möglich, ihr Nutzen aber nicht bewiesen. CIN III. Es wird eine Konisation 6–12 Wochen postpartal
nach neuerlicher Kolposkopie, Zytologie und Biopsie vorgenommen. Invasives Karzinom Stadium Ia1–2. Konisation oder Hysterektomie mit pelviner Lymphadenektomie nach elektiverSectio caesarea nach Abschluss der Lungenreifeinduktion (etwa 30.–32. Schwangerschaftswoche) sind Therapie der Wahl. Invasives Karzinom Stadium Ib1. Es erfolgt eine Radikaloperation nach elektiver Sectio nach Abschluss der Lungenreifeinduktion (etwa 30.–32. Schwangerschaftswoche). Invasives Karzinom Stadium Ib2, IIa, IIb. Bei bestehendem
Kinderwunsch kann ab dem 2. Trimenon eine neoadjuvante Chemotherapie angeboten werden.
Invasives Karzinom Stadium (Ib2–IV) IIIa–IV. Die primäre
definitive Radio-(Chemo-)Therapie mit medikamentöser und/oder radiotherapieinduzierter Abortinduktion ist erforderlich.
+ + Zusammenfassung 5 Eine chronische HPV-Infektion mit Hochrisikosubtypen ist der wichtigste Risikofaktor für die Entstehung des Zervixkarzinoms. 5 Das Zervixkarzinom ist ein ideales Modell zur Früherkennung mittels Zytologiescreening. 5 Die radikale Hysterektomie oder die Radiotherapie des Beckens stellen den Therapiestandard im Frühstadium dar (Ib1–IIa). 5 Die Kombination einer Strahlentherapie mit Chemotherapie stellt die Standardbehandlung bei den fortgeschrittenen Stadien IIb–IV dar. 5 Rezidive treten bevorzugt im Becken auf.
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4
82
4
Kapitel 4 · Maligne Tumoren der Cervix uteri
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5 5 Maligne epitheliale Tumoren des Ovars Edgar Petru, Karl Tamussino, Farid Moinfar und Raimund Winter
5.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 85
5.2
Risikofaktoren
5.3
Screening, Früherkennung – 85
5.4
Tumorausbreitung
5.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
5.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten – 87
5.7
Prognosefaktoren
– 85
– 86 – 86
– 87
5.8
Operative Therapie
5.8.1 5.8.2 5.8.3 5.8.4 5.8.5
Operative Therapie von Borderlinetumoren des Ovars – 92 Operative Therapie des invasiven Ovarialkarzinoms – 92 Definition verschiedener Operationsarten beim Ovarialkarzinom – 92 Lymphadenektomie – 95 Komplikationen der Primäroperation des Ovarialkarzinoms – 97
5.9
Histopathologie
5.9.1 5.9.2 5.9.3
Borderlinetumoren (BOT) des Ovars – 97 Invasive epitheliale Malignome des Ovars – 99 Karzinosarkome des Ovars (maligne mesodermale Müller-Mischtumoren: MMMT) – 99 Metastatische Tumoren im Ovar (so genannte Krukenberg-Tumoren) – 99
5.9.4
– 87
– 97
84
5.10
Chemotherapie – 99
5.10.1 Adjuvante Chemotherapie – 99 5.10.2 Neoadjuvante Chemotherapie – 99 5.10.3 Chemotherapie beim platinsensitiven Rezidiv des Ovarialkarzinoms (2. und weitere Linien) – 100 5.10.4 Chemotherapie beim platinrefraktären/platinresistenten Rezidiv des Ovarialkarzinoms – 100 5.10.5 Intraperitoneale Chemotherapie – 101 5.10.6 Hochdosischemotherapie – 101
5.11
Hormontherapie, antihormonelle Therapie – 101
5.11.1 Hormonsubstitution nach Ovarialkarzinom –102
5.12
Immuntherapie
– 102
5.13
Radiotherapie – 102
5.13.1 Adjuvante Radiotherapie –102 5.13.2 Konsolidierungsradiotherapie nach adjuvanter Chemotherapie – 103 5.13.3 Palliative Radiotherapie – 103
5.14
Nachsorge – 103
5.15
Rezidive, Metastasen – 103
5.16
Familiäres Ovarialkarzinom/Mammakarzinom
5.17
Ovarialkarzinom in der Schwangerschaft Zusammenfassung Literatur
– 106
– 106
– 105
– 106
85 5.3 · Screening, Früherkennung
Häufigkeit, Altersverteilung
5.1
Das Ovarialkarzinom ist der sechsthäufigste maligne Tumor bei Frauen und stellt gleichzeitig das gynäkologische Malignom mit der höchsten Mortalität dar. Die Inzidenz liegt bei etwa 15/100.000 Frauen/Jahr, das Lebenserkrankungsrisiko bei etwa 1,5% und der Altersgipfel um das 60. Lebensjahr (zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr).
Risikofaktor
Anmerkungen
Inkonklusive Risikofaktoren (bisher widersprüchliche Berichte)
Hormonersatztherapie mit Östrogen-Gestagen-Kombinationen Übergewicht Späte erste Schwangerschaft Ovulationsauslösung im Rahmen der Sterilitätsbehandlung bzw. In-vitro-Fertilisierung
Risikofaktoren
5.2
Protektive Faktoren (Verminderung des Risikos) für die Entwicklung eines Ovarialkarzinoms Risikofaktor
Anmerkungen
Höheres Lebensalter
Vor allem postmenopausale Patientinnen betroffen Risiko steigt mit zunehmendem Alter steil an
Nulliparität, Infertilität
»Ununterbrochene Ovulationen« erhöhen das Risiko der malignen Entartung des Ovars
Frühe Menarche
Längere Phase des Östrogenstimulus
Späte Menopause
Längere Phase des Östrogenstimulus
Brustkrebsgenmutation (BRCA 1 oder 2)
Für etwa 2–5% aller Ovarialkarzinome verantwortlich, 7 Abschn. 5.16
Anamnese eines Mammakarzinoms
Eigenanamnese Familienanamnese
Östrogensubstitution >10 Jahre
Relatives Risiko etwa 1,8
Perineale Applikation von kosmetischem Talkum
Mehrere Berichte über ein erhöhtes Ovarialkarzinomrisiko in der Literatur
Lynch-II-Syndrom (hereditäres »nonpolyposis colorectal cancer syndrome«: HNPCCSyndrom)
Mäßig erhöhtes Risiko für ein Ovarialkarzinom und Endometriumkarzinom
Bestehende Dermatomyositis
Seltener Risikofaktor
4 Einnahme von Ovulationshemmern: Relatives Risiko (RR)=0,5! d. h. 50%ige Risikoreduktion bereits nach 5 Jahren Pilleneinnahme 4 Zustand nach Tubenligatur: RR etwa 0,7; offenbar durch Verminderung der Durchblutung des Ovars 4 Zustand nach Hysterektomie: RR etwa 0,6; offenbar durch Verminderung der Durchblutung des Ovars 4 (Vermehrte körperliche Aktivität)
Screening, Früherkennung
5.3
Es existiert kein bewiesenes effektives Screening beim Ovarialkarzinom. Der Wert einer gynäkologischen Tastuntersuchung, des Ultraschalls und auch des Tumormarkers CA-125 steht nicht sicher fest. Die Sensitivität und v. a. auch die Spezifität dieser Untersuchungen ist zu niedrig. Außerdem ist die Inzidenz des Ovarialkarzinoms insgesamt zu gering. So sind z. B. bei einem suspekten vaginalsonographischen Befund 10–15 Operationen notwendig, um ein einziges Ovarialkarzinom aufzudecken. Trotz eines unauffälligen gynäkologischen Untersuchungsbefunds kann sich innerhalb nur weniger Monate ein fortgeschrittenes Ovarialkarzinom entwickeln.
Klinische Symptome des invasiven Ovarialkarzinoms
Polymyositis
Sie sind meist uncharakteristisch. Nicht selten vergehen deshalb mehrere Wochen, bis die Diagnose gestellt wird 5 Zunahme des Bauchumfangs durch die Tumorbildung und/oder Aszites infolge Peritonealkarzinose
6
6
5
86
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
5.4 5 5 5 5 5
5
5 5 5 5
Meteorismus Obstipation Oberbauchbeschwerden Atemnot (durch Zwerchfellhochstand infolge Aszites oder durch Pleuraerguss) Selten Lymphödem oder Thrombose durch Tumor im Unterbauch Selten Dysurie, Harnwegsinfekt (durch Harnstau) Selten Metrorrhagien Selten tastbarer Tumor im Unterbauch Selten tastbare vergrößerte supraklavikulare oder inguinale Lymphknoten
Tumorausbreitung
Sie ist in . Abb. 5.1 und . Tab. 5.1 dargestellt.
5.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
> Cave Die Verdachtsdiagnose eines Ovarialkarzinoms macht eine operative Abklärung mit histologischer Diagnosesicherung durch Laparotomie oder Laparoskopie notwendig! Die Wahrscheinlichkeit, dass ein epithelialer Adnextumor bei einer Patientin in der Prämenopause maligne ist, beträgt 7%, während sie bei einer Patientin in der Postmenopause um 30% liegt.
b
c . Abb. 5.1. a Lymphabflusswege beim Ovarialkarzinom, b peritoneale und lymphatische Ausbreitung des Ovarialkarzinoms: intraperitoneale Ausbreitung entlang der Zirkulationsströme der Peritonealflüssigkeit nach Ablösung der malignen Zellen aus dem Zölomepithel der Ovaroberfläche; lymphatische Ausbreitung direkt über Lymphbahnen
zur Beckenwand oder über die Ovarialgefäße begleitende Lymphbahnen in die Paraaortal- und Parakavalregion, a, b aus Kaufmann et al. (2003), c Supraklavikularmetastase links bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom (7 Abb. 5.1c Farbtafel)
87 5.8 · Operative Therapie
. Tab. 5.1. Prinzipielle Ausbreitungswege beim Ovarialkarzinom
Art der Ausbreitung
Ort der Ausbreitung
Anmerkungen
Exfoliation von Tumorzellen
Peritonealhöhle, bevorzugt rechte Zwerchfellkuppe
Aszites: Befall aller intraperitonealen Organe wie Darm, Leberoberfläche möglich
Lymphwege retroperitoneal (und viel seltener v. a. bei ausgedehntem Darmbefall auch über die mesokolischen Lymphknoten)
Pelvine und paraaortale Lymphknoten, selten primäre Ausbreitung in die inguinalen oder präskalenischen Lymphknoten
Direkte Metastasierung in die paraaortalen Lymphknoten via Ligg. infundibulo-pelvica ohne vorherigen Befall der pelvinen Lymphknoten möglich
Daraus ergibt sich, dass bei einer prämenopausalen Patientin ein zystischer Adnextumor ohne Malignitätsverdacht (mobile, einseitige, einkammrige gut abgrenzbare Zyste, keine freie Flüssigkeit im Abdomen) über 2–3 Monate beobachtet werden kann. Bestehen eine Persistenz der Zyste oder Progression, ist in jedem Fall eine operative Abklärung indiziert (. Tab. 5.2).
5.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten
Die FIGO-Stadien basieren auf chirurgischem Staging, die TNM-Stadien auf klinischer und/oder pathologischer Klassifikation (. Tab. 5.3). Bei der Mehrzahl der Patientinnen wird das Ovarialkarzinom im fortgeschrittenen Stadium III oder IV diagnostiziert (. Abb. 5.3). Die Gesamtüberlebensrate beim Ovarialkarzinom beträgt nach 5 Jahren 40–45%.
5.7
Die Therapie des fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms (FIGO-Stadium III–IV) besteht aus einem operativen Staging per Abdominallängsschnitt, einer Radikaloperation mit dem Ziel der Feststellung des Ausmaßes der Erkrankung, einer primären maximalen Tumorreduktion im Becken und Abdomen sowie Lymphadenektomie. Im klinischen Stadium I oder II (auf das Becken beschränkte Ausbreitung) liegt bei genauem operativem Staging in Wirklichkeit in 31% ein höheres Stadium als primär angenommen vor, da sich Metastasen im Omentum majus, Peritoneum oder in den Lymphknoten finden (Young et al. 1983). Bei 23% der Patientinnen, die intraoperativ im (intraabdominellen) Stadium I vermutet werden, sind bereits Lymphknotenmetastasen vorhanden (Petru et al. 1994). Unter optimaler zytoreduktiver Operation versteht man postoperative Tumorfreiheit oder das Zurücklassen von Einzelherden im Bauchraum von <1 cm Durchmesser. Das bedeutet, dass das Zurücklassen nur eines einzigen Tumorherdes von >1 cm Durchmesser in einer Ebene, z. B.
Prognosefaktoren
Sie sind . Tab. 5.4, . Tab. 5.5 und . Tab. 5.6 zu entnehmen.
5.8
Operative Therapie
> Cave Die Verdachtsdiagnose eines Ovarialkarzinoms macht eine operative Abklärung mit histologischer Diagnosesicherung notwendig! Es existiert keine präoperative Untersuchungsmethode, die eine Operation ersetzen könnte.
. Abb. 5.2. Vaginalsonographie eines solid-zystischen malignen Ovarialtumors
5
88
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.2. Präoperative Diagnostik bei klinischem Verdacht auf malignen Adnextumor
Untersuchung
Untersuchungsbefund, klinische Fragestellung
Klinische Bewertung
Vaginale Palpation
Typisch: Derbe, unregelmäßige, schlecht bewegliche Tumoren im kleinen Becken
–
Rektale Palpation
Knotige, mäßig derbe Strukturen im Douglas-Raum
Besonders wesentlich bei postmenopausalen Patientinnen mit enger Vagina und/oder adipösen Patientinnen
Vaginalsonographie (. Abb. 5.2)
Typischerweise solid-zystische, schlecht abgrenzbare, oft beidseitige Tumoren mit papillärer Innenstruktur und/oder »Zysten« mit unregelmäßiger verdickter Septierung, Aszites
Insbesondere auch bei adipösen postmenopausalen Patientinnen von Nutzen
5
Tritt die zystische Expansion der Adnexe beidseitig auf, erhöht sich das Malignitätsrisiko Bei postmenopausalen Patientinnen u. U. auch glattwandige, einkammerige, sonographisch insuspekte Zysten, die sich als Karzinome erweisen können Abdominalsonographie
Darstellung von Ovarialtumoren, die durch Aszitesbildung nach kranial verdrängt werden
Bei im kleinen Becken nicht nachweisbaren Adnextumoren besonders wichtig
Aszitesdiagnostik typisch Evtl. Nachweis einer Harnstauung Evtl. Unregelmäßigkeiten der Leberoberfläche Evtl. Milzmetastase (initial selten) Dopplersonographie
Bei Malignomen typischerweise: Zentrale Vaskularisationa Geringer Flusswiderstand (Resistance-Index) <0,4
Nur bei postmenopausalen Patientinnen klinisch relevant, da vorher unspezifisch durch funktionelle oder entzündliche Vorgänge am Ovar (Corpus-luteum-Bildung, Endometrioseherde usw.)
Pulsatilitätsindex <1,0 Serum-CA-125-Tumormarker (»cancer antigen 125«)
Erhöht bei insgesamt etwa 80% aller Patientinnen mit Ovarialkarzinom
Unspezifisch erhöht u. a. auch bei Endometriose, nicht malignem Aszites, Entzündungen des Bauchraums, Lebererkrankungen, Menstruation
Typischerweise deutlich über 35 E/ml erhöht (z. B. 1200 E/ml) Die meisten muzinösen Karzinome sind CA-125negativ! CA-125 im Stadium I nur bei etwa 50% der Frauen erhöht Serum-TAG-72-Tumormarker (tumorassoziiertes Antigen 72): CA-72-4 (»cancer associated antigen 72-4«)
Vereinzelt liegen Berichte über einen Nutzen v. a. bei Patientinnen mit muzinösen Karzinomen, die CA-125negativ sind, vor
Keine generelle Empfehlung!
89 5.8 · Operative Therapie
. Tab. 5.2 (Fortsetzung)
Untersuchung
Untersuchungsbefund, klinische Fragestellung
Klinische Bewertung
CT des Abdomens und Beckens
Absiedlungsherde im Abdomen (Sensitivität erhöht, wenn diese Läsionen >1,5 cm)
Keine generelle Empfehlung!
Diagnose vergrößerter pelviner bzw. paraaortaler Lymphknoten
Lediglich bei Verdacht auf primäres Kolonkarzinom und/oder gleichzeitig bestehenden Krukenberg-Tumor zum Ausschluss von Lebermetastasen indiziert Strahlenbelastung
MRT des Abdomens und Beckens
Absiedlungsherde im Becken und Abdomen
Keine generelle Empfehlung! Eine geringfügig verbesserte Sensitivität gegenüber dem Ultraschall, jedoch deutlich mehr materieller und apparativer Aufwand; Untersuchung stellt u. a. durch die Geräuschentwicklung eine wesentliche Belastung für die Patientin dar Keine Strahlenbelastung
I. v. Pyelographie
Harnstau, Ureterstenose bzw. Ureterverlauf bzw. evtl. Erkennung von Ureteranomalien (Ureter fissus usw.) als präoperative Information
Keine Empfehlung!
Kolonosigmoidoskopie
Maligne Darminfiltration, evtl. Vorhersage einer Darmresektion
Keine Empfehlung! Zuwenig sensitive Methodeb Nur bei klinischem Verdacht auf primären Darmtumor indiziert, da die Darmresektion beim Ovarialkarzinom vom intraoperativen Situs und nicht vom koloskopischen Bild bestimmt wird
Gastroskopie
Ausschluss eines Primärtumors des Magens
Nur bei klinischem Verdacht auf primäres Magenkarzinom und nicht als Screeninguntersuchung bei allen Adnextumoren indiziert, da in diesen Fällen primäre Magenkarzinome insgesamt viel zu selten sind!
Ovarialzystenpunktion
Zytologische Sicherung des Karzinoms
Kontraindiziert! Gefahr der Aussaat von Tumorzellen in das Abdomenc
Mammographie
a b c
Schelling et al. (2000). Petru et al. (2003). Vergote et al. (2001).
Primärtumor der Brust
Immer bei palpablen Läsionen und perioperativ möglichst bei allen Frauen ab dem 40. Lebensjahr
5
90
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.3. TNM- und FIGO-Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten adaptiert nach dem aktuellen FIGO-Report
5
TNM
FIGO
Ausbreitung
Häufigkeit (ungefähr) [%]
5-Jahres-Überlebensrate (ungefähr) [%]
T1
I
Tumor auf die Ovarien begrenzt
24
80–85
T1a
Ia
Tumor auf ein Ovar begrenzt, Kapsel intakt, kein Tumor auf der Ovaroberfläche; keine malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
12
90
T1b
Ib
Tumor auf beide Ovarien begrenzt, Kapsel intakt, kein Tumor auf der Ovaroberfläche; keine malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
2
85
T1c
Ic
Tumor auf ein Ovar oder beide Ovarien begrenzt, mit Kapselruptur, Tumor an der Ovaroberfläche oder Nachweis von malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
12
75
T2
II
Ein Ovar oder beide Ovarien befallen, Ausbreitung im kleinen Becken
10
60
T2a
IIa
Übergreifen auf und/oder Metastasierung in den Uterus und/oder die Tuben; keine malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
2
65
T2b
IIb
Übergreifen auf das übrige Beckengewebe; keine malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
3
60
T2c
IIc
Tumor wie IIa und IIb, aber mit Nachweis von malignen Zellen in Aszites oder bei Peritonealspülung
5
60
T3 und/ oder N1
III
Tumor befällt ein Ovar oder beide Ovarien, mit Peritonealmetastasen außerhalb des kleinen Beckens und/oder regionalen Lymphknotenmetastasen (inklusive inguinalen Lymphknoten)
50–60
25–30
T3a
IIIa
Mikroskopische Peritonealmetastasen jenseits des Beckens
5
40
T3b
IIIb
Makroskopische Peritonealmetastasen jenseits des Beckens, größte Einzelausdehnung ≤2 cm
5
25
T3c und/ oder N1
IIIc
Peritonealmetastasen jenseits des Beckens, größte Einzelausdehnung >2 cm, und/oder regionale (pelvine, paraaortale oder inguinale) Lymphknotenmetastasen
45–50
20
M1
IV
Fernmetastasen (ausgeschlossen Peritonealmetastasen) wie maligner Pleuraerguss (zytologisch verifiziert) oder parenchymatöse (!) Lebermetastasen
10
5–10
NX
Regionale Lymphknoten nicht beurteilbar
-
-
N0
Keine regionalen Lymphknotenmetastasen
-
-
N1
IIIc
Regionale Lymphknotenmetastasen
-
-
M0
I–III
Keine Fernmetastasen
-
-
91 5.8 · Operative Therapie
a
b
. Abb. 5.3. Ovarialkarzinom im fortgeschrittenen Stadium: Diaphragma (a) bzw. Darmoberfläche (b) (7 Farbtafel)
. Tab. 5.4. Prognosefaktoren bei Borderlinetumoren (BOT) des Ovars
Ungünstiger Prognosefaktor
Anmerkungen
Histologischer Nachweis invasiver Implantate im Peritoneum
Selten; mehr als 50% dieser Patientinnen erleiden ein Rezidiv, und die 10-JahresÜberlebensrate beträgt nur etwa 35%
Ausbreitung im Bauchraum
Selten
FIGO-Stadium III oder IV
Selten
Postoperativer Resttumor
Sehr selten
Aneuploidie
Diploidie günstig
Endometrioide oder klarzellige Histologie
Selten
Vorliegen eines Pseudomyxoma peritonei
Kommt v. a. bei primären gastrointestinalen Tumoren vor (Appendix!). Extrem selten auch bei muzinösen BOT des Ovars Auftreten von massenhaft gallertig-muzinösem Aszites sowie Implantaten im Peritoneum und Omentum. Hohe Rezidivneigung! (7 Kap. 6)
. Tab. 5.5. Prognosefaktoren beim Stadium I des Ovarialkarzinomsa
Ungünstiger Prognosefaktor
Günstiger Prognosefaktor
Anmerkungen
Grading G3
G1/G2
G3-Differenzierung prognostisch besonders ungünstig
Keine adjuvante Chemotherapie
Platinhaltige Chemotherapie
–
Seröses Karzinom
Muzinöses oder endometrioides Karzinom
–
Klarzelliges Karzinom
Muzinöses oder endometrioides Karzinom
–
Intraoperative Kapselruptur
Fehlende intraoperative Kapselruptur
–
Aneuploider Tumor
Euploider Tumor
–
a
Vergote et al. (2001).
5
92
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.6. Prognosefaktoren beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom
Günstiger Prognosefaktor
Anmerkungen
Kein postoperativer Resttumor bzw. Resttumor <1 cm
Wichtigster prognostischer Faktor! (Hoskins et al. 1994)
FIGO-Stadium I–IIIa
Meist in Kombination mit fehlendem Resttumor!
Retroperitonealer Lymphknotenstatus negativ
–
Alter <65 Jahre
Höheres Lebensalter als negativer Prognosefaktor, da häufiger assoziiert mit: Niedrigerem Karnofsky-Index
5
Stadien III–IV Schlechterer Differenzierung Suboptimaler Zytoreduktion Seltener Chemotherapie mit Carboplatin/Paclitaxel Aszitesvolumen gering oder fehlend
–
Körperlicher Aktivitätsstatus (Karnofsky-Index) >80
–
Adjuvante platinhaltige Chemotherapie
Chemotherapie ohne Platin
Systematische pelvine und paraaortale Lymphadenektomie bei Patientinnen, bei denen die intraperitonealen Resttumoren <1 cm betragen
Progressionsfreies Überleben, nicht aber das Gesamtüberleben, ist gegenüber Patientinnen mit ausschließlicher Entfernung makroskopisch vergrößerter Lymphknoten verbessert (Benedetti-Panici et al. 2005)
an der Porta hepatis oder Mesenterialwurzel, diese Patientin einer ungünstigeren prognostischen Gruppe zuordnet (suboptimale Zytoreduktion). Prinzipiell sollte bei jeder Operation eines Adnextumors die Möglichkeit einer intraoperativen Schnellschnittuntersuchung (Gefrierschnittuntersuchung) zur Dignitätsbeurteilung durch den Pathologen bestehen. Nur so können eine operative Weichenstellung erfolgen und eine Therapieverzögerung vermieden werden.
5.8.2 Operative Therapie des invasiven
Ovarialkarzinoms Sie geht aus . Tab. 5.8 hervor.
5.8.3 Definition verschiedener Operationsarten
beim Ovarialkarzinom Primäre laparoskopische Operation
5.8.1 Operative Therapie von
Borderlinetumoren des Ovars Bei primärer Annahme eines Stadiums Ia (z. B. postoperativer histologischer Zufallsbefund eines einseitigen Borderlinetumors eines Ovars) liegt bei einem neuerlichen operativen Staging (. Tab. 5.7) in Wirklichkeit in 27% bereits ein höheres Stadium vor, allerdings ohne dass dies das Überleben signifikant beeinflusst.
4 Kein Standardvorgehen! 4 Bauchspiegelung bei unvermuteter Diagnose eines Malignoms bzw. zur Feststellung der Tumorausdehnung vor einer neoadjuvanten Chemotherapie mit Gewinnung einer Peritonealzytologie und 4 Biopsie des Adnextumors zur histologischen Sicherung 4 Evtl. Zystenexstirpation/Adnexexstirpation einer Seite unter Verwendung eines Bergesacks (Endobag) 4 Nach histologischer Diagnosestellung (möglichst intraoperativer Schnellschnitt!) in der gleichen Sitzung oder
93 5.8 · Operative Therapie
. Tab. 5.7. Operatives Vorgehen bei Borderlinetumoren des Ovars (BOT) Zugang
Mediane Unterbauchlaparotomie oder Pfannenstiellaparotomie oder Laparoskopie
Zytologie
Entnahme einer Peritonealzytologie bzw. von Aszitesflüssigkeit
Adnexe
Intraoperativer Schnellschnitt!
Nicht selten wird beim Schnellschnitt ein Borderlinetumor diagnostiziert und erst bei der endgültigen Diagnose ein invasives Karzinom festgestellt
Bei einseitigem makroskopischem Befall
Einseitige Ovarialtumorzystenexstirpation/Zystenausschälung, wenn laparoskopisch, mittels Bergesack(Endobag)-Methode und Biopsie des kontralateralen Ovars oder Adnexexstirpation einseitig mit Biopsie des kontralateralen Ovars
Bei beidseitigem makroskopischem Befall
Beidseitige Adnexexstirpation oder Evtl. (!) beidseitige Ovarialtumorzystenexstirpation/ Zystenausschälung
Intraabdominelles Staging
Resektion von Tumorherden, wenn makroskopisch vorhanden bzw. Entnahme multipler Omentumbiopsien bzw. Infrakolische Omentektomie und Entnahme multipler Biopsien von verdächtigen Arealen im Peritonealraum (Douglas-Raum, Zwerchfellkuppe v. a. rechts, parakolische Rinnen, Darmoberfläche usw.) Bei muzinösen BOT wegen der Möglichkeit eines simultanen muzinösen Tumors der Appendix möglichst auch Appendektomie
Uterus
Abdominelle Hysterektomie bei postmenopausalen Patientinnen bzw. Frauen mit abgeschlossener Familienplanung
Lymphknoten
Histologische Beurteilung der Lymphknoten laut FIGO-Staging vorgeschrieben Lediglich Lymphknotenbiopsie und/oder deren Entfernung bei makroskopisch suspekten Lymphknoten indiziert
5
94
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.8. Operative Therapie des invasiven Ovarialkarzinoms in Abhängigkeit vom FIGO-Tumorstadium
FIGO-Stadium
Operative Therapie
Anmerkungen
Ia G1 (G2)
Operatives Staging per Abdominallängsschnitt mit Gewinnung von Aszites bzw. einer Peritonealzytologie
Peritonealzytologie: Einbringen von etwa 50 ml NaCl in den Douglas-Raum, parakolisch und im Bereich der Zwerchfellkuppen, Flüssigkeit wird anschließend zytologisch untersucht
Einseitige Adnexektomie (USO)+zumindest Biopsie des kontralateralen Ovars
Systematische Exploration des Abdomens und Retroperitoneums (Inspektion, Palpation)
Multiple Peritonealbiopsien+infrakolische Omentektomie (OM)
Intraoperativer Schnellschnitt essenziell!
Biopsie/Sampling der retroperitonealen Lymphknoten
Intraoperativer Schnellschnitt!
Allgemeine Anmerkungen
Der Ovarialtumor sollte, wenn möglich, intakt ohne intraoperative Ruptur aus der Bauchhöhle entfernt werden
5
Bei primärer Laparoskopie möglichst in derselben Sitzung Umlagerung zur Laparotomie Fertilitätserhaltende Operation nur bei einseitigem Ovarialbefall und ansonsten negativem Staging prinzipiell möglich; allerdings betrifft das insgesamt nur etwa 1% aller Patientinnen mit Ovarialkarzinom FIGO Ia (G2–)G3 bis FIGO IIIa
Mediane Unterbauch- und Oberbauchlaparotomie
Intraoperativer Schnellschnitt!
Beidseitige Adnexexstirpation
Bei primärer Laparoskopie möglichst in derselben Sitzung Umlagerung zur Laparotomie
Totale abdominelle Hysterektomie
Nach ausgedehnten Operationen meist Notwendigkeit einer peri- und postoperativen Überwachung auf der Intensivstation. Deshalb sollte eine solche Operation an einem onkologischen Zentrum erfolgen
Omentektomie Pelvine und paraaortale Lymphadenektomie FIGO IIIb–IIIc
Totale abdominelle Hysterektomie+beidseitige Adn exexstirpation+Omentektomie+pelvine Lymphade nektomie+paraaortale Lymphadenektomie
Intraoperativer Schnellschnitt!
Evtl. Resektion von so viel Tumorgewebe wie möglich: Resektion des Blasenperitoneums, DouglasPeritoneums, evtl. Dünn- bzw. Dickdarmteilresektion, Appendektomie, evtl. Ureterteilresektion mit Ureterneueinpflanzung, Blasenteilresektion, Deperitonealisierung des Zwerchfells und Ähnliches
Bei primärer Laparoskopie Umlagerung zur Laparotomie Darmresektion bei 20–50% aller fortgeschrittenen Ovarialkarzinome notwendig Nach ausgedehnten Operationen meist Notwendigkeit einer peri- und postoperativen Überwachung auf der Intensivstation Deshalb sollte eine solche Operation an einem onkologischen Zentrum erfolgen
FIGO (IIIc–)IV
Evtl. initial lediglich Aszitespunktion bzw.
Evtl. Radikaloperation wie im Stadium IIIb–IIIc beschrieben
Bei Verdacht auf parenchymatöse Lebermetastasen Leberbiopsie (mittels Feinnadelbiopsie) bzw.
Alternativ primäre neoadjuvante Chemotherapie über 3(bis evtl. 4) Zyklen mit der Möglichkeit einer In-vivo-Chemosensitivitätstestung (Beurteilung des klinischen Tumoransprechens auf diese Chemotherapie). Nach gutem Tumoransprechen auf die 3 (–4) Chemotherapiezyklen »Intervalloperation« (Intervalldebulking) (7 Abschnitt 5.8.3). Anschließend meist noch 3 weitere Zyklen einer Chemotherapie
Bei Pleuraerguss Pleurapunktion zur zytologischen Sicherung eines Malignoms der Adnexe oder des Peritoneums
95 5.8 · Operative Therapie
sonst spätestens innerhalb von 7 Tagen mediane Laparotomie; ansonsten Gefahr der Prognoseverschlechterung. Ausnahme: Wenn neoadjuvante Chemotherapie wegen massiver Tumorausbreitung v. a. im Oberbauch geplant ist. 4 Es besteht nach jeder Laparoskopie maligner gynäkologischer Tumoren prinzipiell die Gefahr von Implantationsmetastasen an den Trokareinstichstellen in bis zu 20% aller Fälle, weshalb bei der anschließenden Laparotomie die Exzision der umbilikalen Einstichstelle generell empfohlen wird. > > Therapiestandard: Primäres Debulking, primäre Zytoreduktion 5 Maximale chirurgische Reduktion des Tumorvolumens bei der ersten operativen Sitzung
Intervalloperation (Intervalldebulking)
4 Nach primärer neoadjuvanter Chemotherapie über 3(–4) Zyklen maximale chirurgische Reduktion des Tumorvolumens 4 Ziel: Bei primär großem Tumorvolumen initiale Chemotherapie als medikamentöse Zytoreduktion (Van der Burg et al. 1995) Durch die primäre (medikamentöse) Tumorschrumpfung z. B. im Bereich der Porta hepatis oder an der Mesenterialwurzel muss der anschließende operative Eingriff meist weniger radikal erfolgen. Damit sind auch weniger operative Komplikationen zu erwarten, als wenn primär ein radikaler Eingriff erfolgt. Dies ist durch randomisierte Studien belegt. Nach der Intervall-Operation werden in der Regel noch etwa 3 Zyklen einer Chemotherapie verabreicht. Meist ist diese identisch mit jener Therapie, die initial zum Tumoransprechen geführt hat. Ob durch das Intervalldebulking eine Überlebensverlängerung erzielt werden kann, ist unklar. Second-look-Operation (SLO)
4 Primär diagnostische Operation (laparoskopisch oder per laparotomiam) mit Entnahme einer Peritonealzytologie sowie Durchführung multipler Peritonealbiopsien 4 Kein Behandlungsstandard! 4 Typischerweise nach Abschluss der adjuvanten Chemotherapie (6 Zyklen) im Rahmen klinischer Studien
4 Bei der SLO können trotz klinischer Tumorfreiheit (negatives CT, negatives CA-125, negativer gynäkologischer Tastbefund) im Stadium III–IV bei etwa 50% aller Patientinnen intraabdominell maligne Tumorzellen nachgewiesen werden. 4 Die SLO selbst besitzt keinen günstigen Einfluss auf die Prognose einer Patientin! 4 Das Ergebnis der SLO (positiv oder negativ) weist jedoch eine wesentliche prognostische Bedeutung auf. Rezidivoperation (sekundäres »Debulking«)
4 Laparotomie 4 Indikation: Auftreten eines (im CT oder evtl. Ultraschall) möglichst isolierten Rezidivs mindestens 1 Jahr (!) nach Abschluss der Chemotherapie, wobei die Patientin für eine Radikaloperation anästhesietauglich sein muss sowie eine R0-Resektion (postoperative makroskopische Tumorfreiheit) angestrebt wird (Meier et al. 1993). 4 Bei Tumorprogression innerhalb des ersten Jahres nach Diagnose und/oder disseminiertem Befall intra- und/ oder retroperitoneal nicht indiziert! Interventionsoperation
4 Laparotomie 4 Bei mechanischem Ileus durch Adhäsionen oder infolge Tumorprogression mit Peritonealkarzinose zur Darmresektion oder zum Anlegen eines palliativen Stomas
5.8.4 Lymphadenektomie
4 Die Erhebung des retroperitonealen Lymphknotenstatus ist für die korrekte Zuordnung zu einem FIGOStadium notwendig (. Tab. 5.9). 4 Vorhandensein positiver pelviner und/oder paraaortaler Lymphknoten: Eine Patientin wird automatisch dem Stadium IIIc zugerechnet, auch wenn der Tumor u. U. nur auf ein Ovar beschränkt ist. 4 Wertigkeit der intraoperativen Palpation der retroperitonealen Lymphknoten: In mehr als 1/3 aller Fälle werden positive Lymphknoten bei dieser Methode übersehen. 4 In etwa 1/4 aller Fälle findet sich retroperitonealer Lymphknotenbefall trotz intraabdominellem Stadium I. Prädiktive Faktoren für einen Lymphknotenbefall sind (Petru et al. 1994)
5
96
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.9. Befall der retroperitonealen Lymphknoten in Abhängigkeit vom intraabdominellen Stadium
Intraabdominelles Stadium
Positive pelvine Lymphknoten [%]
Positive paraaortale Lymphknoten [%]
I
15
5
II
57
57
III
64
64
IV
82
73
Nach Burghardt et al. (1991), trotz negativer pelviner Lymphknoten können in etwa 9% auch isolierte paraaortale Lymphknotenmetastasen auftreten.
5
a
b
5 Serös-papilläres Adenokarzinom 5 G3-Differenzierung 4 Definition einer systematischen Lymphadenektomie: 5 Entfernung von mindestens 25 pelvinen Lymphknoten 5 Entfernung von mindestens 15 paraaortalen Lymphknoten (. Abb. 5.4) 4 Indikation zur systematischen pelvinen und paraaortalen Lymphadenektomie: Im Rahmen der abdominellen Radikaloperation, wenn postoperative Resttumoren unter 2 cm (<1 cm) reduziert werden können: optimale Zytoreduktion. 4 Mögliche Komplikationen einer zusätzlichen Lymphadenektomie 5 Verlängerte Operationszeit 5 Vermehrt Verletzungen großer Gefäße
. Abb. 5.4. a Zustand nach systematischer paraaortaler Lymphadenektomie (nach Ovarialkarzinom), b operativer Zugang zur Darstellung der paraaortalen Lymphknoten nach Spaltung des Peritoneums, aus Kaufmann et al. (2003) (7 Farbtafel)
97 5.9 · Histopathologie
5 Vermehrt Wundheilungsstörungen 5 Lymphzystenbildung (nur in 5–10% interventionsbedürftig) 5 Lymphödeme 5 Vermehrt Thromboembolien 4 Geringere Chemosensitivität retroperitonealer Lymphknoten? 5 Unklar 5 Für eine Chemoresistenz könnte sprechen, dass Metastasen in den Lymphknoten häufig diploid sind.
5.8.5 Komplikationen der Primäroperation des
Ovarialkarzinoms Die Komplikationsrate ist von einer Reihe von Faktoren abhängig. Unter anderen sind das 4 Erfahrung der Operationsmannschaft 4 Status des Krankenhauses, an dem die Operation stattfindet: möglichst onkologisches Zentrum mit der Möglichkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit von Anästhesiologie, Allgemeinchirurgie, Urologie, Pathologie und 4 Vorhandensein einer Intensivstation Die wichtigsten intraoperativen Komplikationen sind 4 Harnleiter-, Harnblasen-, Darmverletzungen 4 Schwere Blutungen durch Verletzung großer Gefäße Als postoperative Komplikationen können v. a. auftreten 4 Thromboembolien (Pulmonalembolie, tiefe Bein- bzw. Beckenvenenthrombose) 4 Nachblutungen 4 Infektionen (v. a. Harnweginfektionen, Wundinfektionen) 4 Ileus (vermehrt nach Darmresektion: Anastomoseninsuffizienz und Ähnliches) 4 Fistelbildung (ureterovaginal, vesikovaginal, rektovaginal, enterokutan)
5.9
Histopathologie
Etwa 90% der Ovarialkarzinome leiten sich vom Zölomepithel ab.
5.9.1 Borderlinetumoren (BOT) des Ovars Synonym. Tumoren mit niedrigem malignen Potenzial
(»low malignant potential«) Definition. Borderlinetumoren sind so genannte proliferi-
erende Zystadenome, die zum Großteil einen benignen klinischen Verlauf nehmen (etwa 97% 5-Jahres-Gesamtüberleben). Borderlinetumoren machen etwa 10% aller malignen Tumoren des Ovars aus. Borderlinetumoren sind häufig asymptomatisch. Meist findet sich als Zufallsbefund bei der gynäkologischen Untersuchung ein Adnextumor. BOT treten bevorzugt bei infertilen Patientinnen auf bzw. bei 30- bis 50-jährigen Patientinnen, d. h. etwa 10–15 Jahre früher als typischerweise invasive Malignome diagnostiziert werden. 4 Makroskopisches Erscheinungsbild 5 Äußere Ansicht: blumenkohlartige Wucherungen an der Oberfläche eines Ovarialtumors 5 Bei 30–50% bilateral 5 Pathohistologische makroskopische Diagnostik: Ein- oder mehrkammerige Zyste(n). An deren innerer Oberfläche mikropapilläre oder papilläre Strukturen 5 Bestätigung der Diagnose durch Schnellschnitthistologie bzw. später definitive Paraffinschnitthistologie 4 Pathohistologie des Primärtumors (. Tab. 5.10) 5 Gilt für alle BOT: keine Stromainvasion! 5 Seröser BOT: milde bis mäßige nukleäre Atypien, abgesonderte, bewegliche Zellhaufen innerhalb der Zystenlumina 5 Muzinöser BOT: atypische muzinöse Zellen vom intestinalen oder endozervikalen Typ, intraluminale Proliferationen mit Brückenbildung (kribriformes Wachstum) 4 Pathohistologie peritonealer Implantate 5 Nachweis nichtinvasiver bzw. invasiver Implantate v. a. an der pelvinen oder abdominellen Peritonealoberfläche. 5 Dazu ist es aber notwendig, dass dem Pathologen ausreichend Gewebe aus dem Omentum bzw. suspekter Peritonealoberflächen vorliegt und auch die Anzahl der untersuchten Proben ausreichend ist! Auch ein makroskopisch »normal« erscheinendes Omentum muss an mehreren Stellen untersucht werden (»Adäquates Sampling«).
5
98
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.10. Histologische Einteilung der Borderlinetumoren und deren Häufigkeit
5
Histologischer Typ
Häufigkeit [%]
Anmerkungen
Serös
90
Weitaus am häufigsten
Muzinös
5
Endometrioid
2
Klarzellig
1
Borderlinetumor mit Mikroinvasion des Stromas
<1
–
Sonderform, frühe Stromainvasion, Nachweis eines oder mehrerer Herde mit einer Ausdehnung von maximal 10 mm2. Bis heute konnte kein eindeutiger Nachweis erbracht werden, dass diese Sonderform tatsächlich mit einer schlechteren Prognose assoziiert ist
. Tab. 5.11. Invasive epitheliale Malignome des Ovars
Histologischer Typ
Häufigkeit
Histologische Charakteristika, Prognose, klinischer Verlauf
Serös
Am häufigsten (etwa 80%)
Zellen, die bei hochdifferenzierten Tumoren dem Drüsenepithel der Tube ähneln bis Zellen mit schweren nukleären Atypien bei schlecht differenzierten Tumoren Die Tumorarchitektur reicht von glandulär über papillär bis solid Im Stadium I neben dem klarzelligen Typ ungünstigster histologischer Subtyp
Muzinös
Etwa 10% aller epithelialen Malignome
Im Stadium I günstigster histologischer Subtyp Im fortgeschrittenen Stadium relative Chemoresistenz gegenüber platinhaltigen Kombinationen
Endometrioid
Etwa 10% aller epithelialen Malignome
Selten aus einer Endometriose hervorgehend Wenn tatsächlich ein endometrioides Adenokarzinom auf dem Boden einer Endometriose entsteht, bessere Prognose als »übliche« Ovarialkarzinome
Klarzellig
Etwa 1–2% aller epithelialen Malignome des Ovars
Meist nur ein Ovar befallen Im Stadium I besonders ungünstiger histologischer Subtyp, im fortgeschrittenen Stadium relative Chemoresistenz gegenüber Platin
Undifferenziert
Etwa 1–2% aller epithelialen Malignome
–
4 FIGO-Stadienverteilung der BOT 5 Etwa 85% Stadium I 5 Etwa 5% Stadium II 5 Etwa 5–10% Stadium III 5 Stadium IV extrem selten 5 FIGO-Stadieneinteilung wie beim invasiven Ovarialkarzinom 4 Operatives Vorgehen 7 Abschn. 5.8.1
4 Lymphknotenbefall 5 Befall der pelvinen und/oder paraaortalen Lymphknoten in bis zu 20% aller Fälle 5 Allerdings ist dieser Umstand offenbar nicht mit einer Verschlechterung der Prognose assoziiert. 5 Es können vom BOT des Ovars unabhängige primäre seröse BOT in den so genannten MüllerDrüseneinschlüssen bestehen, sodass der Nachweis von BOT-Gewebe in den Lymphknoten keiner eigentlichen Metastasierung entspricht.
99 5.10 · Chemotherapie
4 Indikation zur Chemotherapie: Unklar. In den meisten Zentren ab FIGO-Stadium III bzw. beim Nachweis invasiver Implantate 4 5-Jahres-Gesamtüberlebensrate: etwa 95% 4 Rezidive: Sehr selten. Es ist unklar, ob es sich nach der Primärdiagnose eines Borderlinetumors beim Auftreten eines invasiven Karzinoms in der Bauchhöhle nach vielen Jahren tatsächlich um ein Rezidiv des seinerzeit diagnostizierten Borderlinetumors handelt oder eher um ein Zweitkarzinom in der Form eines invasiven primären Peritonealkarzinoms (unabhängiges Zweitkarzinom).
5.9.2 Invasive epitheliale Malignome des Ovars
Eine Übersicht ist in . Tab. 5.11 gegeben. Der histologische Differenzierungsgrad auf der Basis der nukleären Atypie ist 5 GB: Borderlinetumor 5 G1: hoch differenziert 5 G2: mittelgradig differenziert 5 G3: schlecht differenziert, undifferenziert
5.10
Chemotherapie
Sie ist mit Ausnahme der FIGO-Stadien Ia und Ib mit hohem Differenzierungsgrad G1 bei allen Patientinnen mit Ovarialkarzinom indiziert. Sie stellt neben der Operation den 2. Eckpfeiler der Therapie des Ovarialkarzinoms dar.
5.10.1 Adjuvante Chemotherapie
Weltweit stellt die Kombination von Platin und Paclitaxel in der ersten Linie (»first line«) den Therapiestandard dar (. Tab. 5.12). Erste Linie bezieht sich beim Ovarialkarzinom im Gegensatz z. B. zum Mammakarzinom auf die postoperative adjuvante Chemotherapie. Die Chemotherapie sollte sobald wie möglich nach der Primäroperation, vorzugsweise innerhalb der ersten 3 Wochen, beginnen. In der Erstlinientherapie konnte in der großen randomisierten ICON-3-Studie nachgewiesen werden, dass in Form einer Monotherapie mit Carboplatin im Vergleich zu Carboplatin/Paclitaxel oder CAP (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Cisplatin) eine durchaus wirksame Alternative besteht. Für keines der 3 Schemata konnte ein signifikanter Überlebensvorteil ermittelt werden.
5.9.3 Karzinosarkome des Ovars (maligne meso-
dermale Müller-Mischtumoren: MMMT) 5.10.2 Neoadjuvante Chemotherapie
5 Laut WHO-Klassifikation Sondertyp des endometrioiden Karzinoms 5 Meist Diagnose im Stadium III oder IV 5 Im Vergleich zum klassischen epithelialen Ovarialkarzinom signifikant ungünstigere Prognose mit einem mittleren Gesamtüberleben von nur etwa 15 Monaten ab Diagnosestellung 5 Operative Therapie 7 Abschn. 5.8.2 5 Postoperativ platinhaltige Chemotherapie; als weitere (mäßig) wirksame Zytostatika gelten Ifosfamid, Anthrazykline und Cyclophosphamid
5.9.4 Metastatische Tumoren im Ovar
(so genannte Krukenberg-Tumoren) Hierzu wird auf 7 Kap. 7 verwiesen.
5 Nach bioptisch-histologischer Sicherung eines fortgeschrittenen Ovarialkarzinoms (z. B. nach primärer Probelaparotomie oder Laparoskopie) Verabreichung einer Chemotherapie über meist 3 (–4) Zyklen 5 Ziel: Primäre medikamentöse Reduktion der Tumormasse bei Patientinnen, bei denen eine optimale initiale Zytoreduktion nicht möglich erscheint wie z. B. bei ausgedehnten Oberbauchmetastasen mit Absiedelungen an der Porta hepatis, parenchymatösen Lebermetastasen oder nach zytologisch verifiziertem Pleuraerguss 5 Nach primärem Tumoransprechen meist auf Carboplatin/Paclitaxel Erleichterung der (sekundären) operativen Zytoreduktion (Intervalldebulking) mit geringerer Komplikationsrate und höherer Wahrscheinlichkeit einer R0-Resektion: optimale Zytoreduktion, optimales Debulking 5 Klinisches Tumoransprechen in etwa 70% zu erwarten 5 Im Fall des Nichtansprechens auf eine primäre Chemotherapie ist eine operative Therapie nicht sinnvoll.
5
100
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.12. Chemotherapie des Ovarialkarzinoms (1. bzw. 2. Linie beim platinsensitiven Rezidiv)
Chemotherapieschema
Dosis
Intervall
Anzahl der Zyklen
Nebenwirkungen/Anmerkungen
Carboplatin+Paclitaxel
AUC=6 (evtl. 5), 175 mg/ m2 (3-h-Infusion)
Alle 3 Wochen
6
Alopezie obligat, kumulative Neurotoxizität häufig, selten starke Myelosuppression
Carboplatin+Docetaxel
AUC=6 (evtl. 5), 75 mg/ m2
Alle 3 Wochen
6
Alopezie obligat, Neurotoxizität seltener, allerdings durch stärkere Neutropenie häufiger Infektionen, Stomatitis, Fieber und G-CSF-Gabe notwendig
Carboplatin
AUC=6 (AUC=4, AUC=5)
Alle 3–4 Wochen
6
Keine Alopezie; v. a. bei Patientinnen mit reduziertem Karnofsky-Status und/oder höherem Lebensalter indiziert
Carboplatin+Gemcitabin
AUC=4 Tag 1, 1000 mg/ m2 Tag 1+8
Alle 3 Wochen
6
Keine Alopezie; relativ häufig Myelosuppression; häufig G-CSF und/oder Dosisreduktionen nötig
5
AUC »area under the curve«.
Stattdessen ist die Einleitung palliativer Therapiemaßnahmen indiziert.
5.10.3 Chemotherapie beim platinsensitiven
Rezidiv des Ovarialkarzinoms (2. und weitere Linien) Als platinsensitiv gilt ein Rezidiv, wenn es frühestens 6 Monate nach der letzten platinhaltigen Chemotherapie auftritt. Als Zweitlinientherapie (Second-line-Therapie) kommt vorwiegend erneut die Kombination Carboplatin/ Paclitaxel oder Carboplatin/Gemcitabin (. Tab. 5.12) in Frage. Beide Kombinationen haben sich gegenüber einer Monotherapie mit Carboplatin als signifikant überlegen
erwiesen (ICON and AGO Collaborators 2003; Pfisterer et al. 2004). Für die Zweitlinienchemotherapie gilt: Je länger das Intervall zwischen der letzten Chemotherapie (adjuvanten Chemotherapie) und dem Auftreten eines Rezidivs, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Tumoransprechens (Markman et al. 1991; . Tab. 5.13).
5.10.4 Chemotherapie beim platinrefrak-
tären/platinresistenten Rezidiv des Ovarialkarzinoms Platinrefraktäres Rezidiv. Progression unter der Erstlinien-
chemotherapie mit Platin, z. B. vor dem 4. adjuvanten Chemotherapiezyklus. Platinresistentes Rezidiv. Die Patientin hat primär auf
. Tab. 5.13. Ansprechen auf eine platinhaltige Zweitlinienchemotherapie in Abhängigkeit vom rezidivfreien Intervall (2. Linie)
Intervall seit Ende der platinhaltigen Erstlinientherapie [Monate]
Ansprechrate (komplette und partielle Remission) [%]
5–12
26
13–24
33
>24
77
eine platinhaltige Chemotherapie angesprochen, entwickelt aber innerhalb von 6 Monaten nach der letzten Platingabe ein Rezidiv bzw. während einer Folgetherapie mit Platin als Therapie des 1., 2., 3., oder 4. Rezidivs eine Progression. Spätestens ab der Diagnose eines platinresistenten/platinrefraktären Rezidivs handelt es sich um eine Therapie mit palliativem Ansatz, wobei hier die möglichst lange Erhaltung der Lebensqualität der Patientin im Vordergrund stehen sollte (. Tab. 5.14).
101 5.11 · Hormontherapie, antihormonelle Therapie
. Tab. 5.14. Mögliche Chemotherapieschemata beim platinrefraktären/platinresistenten Ovarialkarzinom
Chemotherapieschema
Dosis
Gemcitabin+
650 mg/m2/Tag
PEG-Liposomales Doxorubicin
2
30 mg/m
Intervall
Nebenwirkungen
Tag 1+8
Nur geringe Alopezie; bei etwa 25% mäßige Stomatitis; palmo-plantare Erythrodysästhesie (PPE: Hand-Fuß-Syndrom) mit Rötung und evtl. Schmerzen an den Handflächen und Fußsohlen selten und wenn, meist nur gering ausgeprägt; stärkere Myelosuppression selten
Tag 1 Alle 4 Wochen
Topotecan (wöchentlich)
4 mg/m2/Tag
Tag 1,8,15 alle 4 Wochen
Selten höhergradige Myelosuppression, selten Erbrechen/Übelkeit, häufig stärkere Alopezie
Topotecan (3-wöchentlich)
1,25–(1,5) mg/m2/ Tag
Tag 1–5 alle 3 Wochen
Alopezie häufig, häufig ausgeprägte Neutropenie, häufig Anämie, seltener Thrombopenie, kaum Erbrechen, Übelkeit
Paclitaxel
80 mg/m2/Tag
1-mal/Woche (1-h-Infusion)
Komplette Alopezie häufig, keine p. o. Prämedikation mit Dexamethason notwendig, kaum Myelosuppression, geringere Neurotoxizität
Docetaxel
35 mg/m2/Tag (30-min-Infusion)
1-mal/Woche, Tag 1+8+15 alle 4 Wochen
Komplette Alopezie häufig, Prämedikation jeweils mit Dexamethason 2-mal 4 mg über 3 Tage notwendig, deutlich weniger Myelosuppression als bei 3-wöchentlicher Therapie, Stomatitis seltener, Fieber, Infektionen seltener, Neurotoxizität selten, u. U. Tränensekretion (Epiphora) mit Obstruktion des Ductus nasolacrimalis
Gemcitabin+
1000 mg/m2+
Tag 1
Mäßige Alopezie, selten stärkere Myelosuppression
Treosulfan
5000 mg/m2
Tag 1 Alle 3 Wochen
Treosulfan
5000(–7000) mg/m2
Alle 4 Wochen
Selten stärkere Alopezie, selten stärkere Myelosuppression, mäßiggradige Übelkeit und Erbrechen Auch p. o. Therapie (3-mal 250 mg Kapsel/Tag durch 28 Tage alle 2 Monate) möglich
5.10.5 Intraperitoneale Chemotherapie
5.10.6 Hochdosischemotherapie
Prinzipiell erscheint eine intraabdominelle Applikation von Zytostatika gerade bei einem Tumor, der sich vorwiegend intraperitoneal ausbreitet, besonders gut als Therapieform geeignet. Ihre Wirksamkeit ist bei Tumorimplantaten <0,5 cm bewiesen. Obwohl zu ihrer Wirksamkeit einige positive randomisierte Studien im fortgeschrittenen Stadium existieren (Alberts et al. 1996), hat sich die intraperitoneale Chemotherapie in der Klinik bisher nicht etabliert. Aktuelle Daten der GOG-Studie 172 haben einen deutlichen Überlebensvorteil für die i. p. Therapie gegenüber der i. v. Therapie ergeben, sind aber noch nicht publiziert. Ein wesentlicher Nachteil sind mögliche Infektionen des implantierten Portsystems.
Bisher liegen keine Daten zu einer Verbesserung des Überlebens beim fortgeschrittenen Ovarialkarzinom vor.
5.11
Hormontherapie, antihormonelle Therapie
Die Hormon- bzw. antihormonelle Therapie spielt beim Ovarialkarzinom nur eine untergeordnete Rolle, obwohl in bis zu 60% Hormonrezeptoren im Primärtumor nachgewiesen werden können. In der Palliativsituation, v. a. bei Platinresistenz, können unabhängig vom Hormonrezeptorstatus v. a. Tamoxifen (20 mg/Tag) oder Gonadotropin-releasing-Hormon(GnRH)-Analoga s. c. (Goserelin, Zoladex 3,6 mg; Leupro-
5
102
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
relinazetat, Enantone Depot Gyn; Triptorelin, Decapeptyl 3,75 mg Depotinjektion) bei geringer bis fehlender Toxizität bei 10–20% der Patientinnen eine klinische Stabilisation u. U. über Monate bewirken.
5.11.1 Hormonsubstitution nach
Ovarialkarzinom 4 Daten aus randomisierten Studien zu diesem Thema fehlen bisher.
5
Insgesamt erscheint es bei einem 5-Jahres-Gesamtüberleben von nur etwa 20% im fortgeschrittenen Stadium ethisch nicht vertretbar, prämenopausalen Patientinnen bei hormonellen Ausfallserscheinungen eine Hormonsubstitution vorzuenthalten. Nach Hysterektomie sollte eine Monotherapie mit konjugierten Östrogenen erfolgen. 4 Da bei Ovarialkarzinompatientinnen das Risiko für das Auftreten eines Mammakarzinoms erhöht ist, sollte die Indikation auf Frauen mit klimakterischen Beschwerden beschränkt werden.
Second-look-Operation (7 Abschnitt 5.8.3) <0,5 cm betrug. Eine randomisierte adjuvante Studie mit Cisplatin und Cyclophosphamid konnte für die zusätzliche Gabe von s. c. γ-Interferon einen Überlebensvorteil ermitteln. Die Hauptnebenwirkung von s. c. γ-Interferon liegt in einer grippeähnlichen Symptomatik nach der Injektion, weshalb deren Verabreichung erst abends vor dem Einschlafen und eine prophylaktische Gabe von Parazetamol eine halbe Stunde davor empfohlen werden. Die Effektivität einer Immuntherapie mit s. c. γ-Interferon zusätzlich zur Standardchemotherapie mit Carboplatin/Paclitaxel wird derzeit in einer weltweiten randomisierten Studie untersucht.
5.13
Radiotherapie
Sie stellt beim Ovarialkarzinom mit Ausnahme der Palliativsituation eine selten angewandte Therapieform dar.
5.13.1 Adjuvante Radiotherapie 5.12
Immuntherapie
Die Mehrzahl der Studien zeigte für intraperitoneal appliziertes γ-Interferon eine Wirksamkeit mit Ansprechraten von etwa 25%, wenn die Resttumorgröße z. B. nach
Es existieren einige Daten aus nicht randomisierten Studien zur adjuvanten externen Radiotherapie des Beckens und Abdomens (Teletherapie) im Stadium I und II. Diese Behandlung hat sich für diese Indikation nicht durchgesetzt.
. Tab. 5.15. Mögliches Nachsorgeschema beim Ovarialkarzinom
Untersuchung
1.–3. Jahr
4.–5. Jahr
>5. Jahr
Gezielte Anamnese (Symptome)
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Äußere klinische Untersuchung
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Gynäkologische Untersuchung
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Zytologie der Vagina (Zervix)
Alle 6 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Tumormarker CA-125
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Ultraschall des Abdomens
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Mammographie
Jährlich
Jährlich
Jährlich
CT des Abdomens/Beckens (Alternativ: MRT des Beckens+CT des Abdomens)
Evtl. alle 6 Monate
Bei klinischer Auffälligkeit
Bei klinischer Auffälligkeit
Thoraxröntgen, CT des Gehirnschädels usw.
Bei klinischer Auffälligkeit
Bei klinischer Auffälligkeit
Bei klinischer Auffälligkeit
103 5.15 · Rezidive, Metastasen
Ebenso hat sich eine postoperative intraperitoneale Therapie mit radioaktivem 32P in der adjuvanten Therapie des Ovarialkarzinoms oder nach negativer Second-lookOperation klinisch nicht etabliert. Das liegt am Fehlen eines positiven Effekts auf das Überleben.
5.13.2 Konsolidierungsradiotherapie nach
adjuvanter Chemotherapie Vereinzelt wurde die Radiotherapie als Konsolidierungstherapie nach chemotherapieinduzierter Remission eingesetzt. Die Limitation liegt in einer deutlichen Myelosuppression und möglichen schweren Darmkomplikationen wie Adhäsionsileus, Perforation und Fistelbildung. Risikofaktoren für das Auftreten von Darmkomplikationen sind 4 Durchführung einer Second-look-Operation nach Abschluss der Chemotherapie 4 Vorhandensein von Resttumoren nach Abschluss der adjuvanten Chemotherapie 4 Bestrahlung des Paraaortalfelds mit >45 Gy (Dünndarmkomplikationen!)
5.13.3 Palliative Radiotherapie
Die Radiotherapie kann in vielen Fällen bei einem isolierten schmerzhaften Beckenrezidiv, einer blutenden Vaginalmetastase oder einem symptomatischen supraklavikularen Rezidiv eine effektive Palliation bewirken. Bei Gehirnmetastasen stellt die Radiotherapie des Gehirnschädels die erste Therapieoption dar (meist mit 30 Gy Gesamtdosis).
5.14
Nachsorge
Sie basiert in erster Linie auf einer gezielten Anamnese, der Palpationsuntersuchung, der CA-125-Tumormarkerbestimmung und Ultraschall (. Tab. 5.15).
5.15
Rezidive, Metastasen
Die meisten werden in den ersten beiden Jahren nach Diagnosestellung diagnostiziert. Sie erfolgt bei Rezidiven/Metastasen auf der Basis folgender Hinweise bzw. Untersuchungen 4 Klinische Symptome 4 Äußere körperliche Untersuchung
. Tab. 5.16. Lokalisation, Diagnostik und Therapieoptionen beim Rezidiv oder Metastasen eines Ovarialkarzinoms
Lokalisation
Symptome
Diagnosestellung durch
Therapieoptionen
Bemerkungen
Peritoneum
Abdominelle Schwellung und Schmerzen, Atemnot
Äußere Palpation (Aszites), Ultraschall (Aszites), CT (Aszites, Implantate)
Evtl. Rezidivoperation (7 Abschnitt 5.8.3),
Bei weitem die häufigste Rezidivlokalisation!
Chemotherapie (7 Abschn. 5.10) Palliative Aszitespunktion Becken
Schmerzen, vaginale Blutung, Defäkationsbeschwerden, seltener Miktionsbeschwerden
Vaginale Palpation; Abdominalsonographie: Harnstau; Vaginalsonographie
Evtl. Rezidivoperation (7 Abschn. 5.8.3) Bei Ileus und/oder starken Schmerzen aufgrund eines isolierten Beckenrezidivs evtl. Anlegen eines palliativen Kolostomas
Chemotherapie (7 Abschn. 5.10) Radiotherapie bei schmerzhaftem Rezidiv bzw. zur Blutstillung vaginal (7 Abschn. 5.13)
Zweithäufigste Rezidivlokalisation
5
104
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
. Tab. 5.16 (Fortsetzung)
Lokalisation
Symptome
Diagnosestellung durch
Therapieoptionen
Bemerkungen
Maligner Pleuraerguss
Atemnot, seltener Reizhusten
Thoraxröntgen
Pleurapunktion, evtl. Pleurodese zur Verklebung der Pleurablätter als Rezidivprophylaxe (macht stationären Aufenthalt über mehrere Tage notwendig)
Entsteht meist durch Tumorzelldissemination über das Zwerchfell
Chemotherapie
5
Paraaortale Metastasen
Lumbalgien, rezidivierende Harnwegsinfektionen, Oberbauchschmerzen
Ultraschall (Harnstau); CT (vergrößerte paraaortale Lymphknoten)
Wenn isoliert: Lymphadenektomie
Evtl. isoliert
Evtl. Ureterschienung bzw. Nephrostomie zur Erhaltung der Nierenfunktion Evtl. auch palliative Radiotherapie
Milz
Schmerzen (oft fehlend)
Ultraschall, CT
Wenn isoliert: Splenektomie
Selten, manchmal isoliert
Lunge
Atemnot, Reizhusten
Thoraxröntgen und CT
Bei isolierten Metastasen evtl. Thorakotomie und Resektion
Selten; selten isoliert
Ansonsten Chemotherapie Periphere Lymphknoten (supraklavikular, inguinal, axillar)
Lymphknotenschwellung
Klinische Palpation
Wenn isoliert und kein ausgeprägtes Lymphödem: oft inguinale/axillare Lymphadenektomie
Selten isoliert
Alternativ oder auch bei symptomatischer supraklavikularer Metastase: Radiotherapie Bei multiplen Metastasenlokalisationen: Chemotherapie
Gehirn
Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, neurologische Ausfallserscheinungen, Schwindel, Krampfanfälle
Bei singulären Metastasen: Resektion und evtl. Nachbestrahlung des Gehirnschädels Bei multiplen Läsionen: Radiotherapie als Therapie der Wahl! Chemotherapieoptionen (erst nach Radiotherapie!): systemisches Topotecan, Carboplatin bei Platinsensitivität, evtl. PEG-liposomales Doxorubicin
Selten
105 5.16 · Familiäres Ovarialkarzinom/Mammakarzinom
4 4 4 4 4 4
Gynäkologische Untersuchung Abdominal- (und Vaginal-)Sonographie Tumormarker CA-125 CT des Abdomens und Beckens (MRT des Beckens) Thoraxröntgen
Kommt es zu einem isolierten Anstieg des Tumormarkers CA-125, bewährt sich die von Rustin et al. (1993) beschriebene Definition für eine Tumorprogression 4 Nach 2 in monatlichen Abständen abgenommenen Serumproben bei der 3. Serumprobe Anstieg des CA125-Werts um ≥25%, wobei dieser Anstieg durch eine 4. Probe bestätigt werden muss oder 4 Kontinuierlicher Anstieg von 50% bei 3 in monatlichen Abständen abgenommenen Serumproben oder bei 4 Erhöhte Serum-CA-125-Werte von >100 E/ml über mehr als 2 Monate ohne einen 50%igen Abfall Es ist dennoch bis heute unklar, ob bei isoliertem Tumormarkeranstieg trotz negativer gynäkologischer Palpation und negativen bildgebenden Verfahren eine frühe Einleitung z. B. einer Chemotherapie zu einem verbesserten Überleben führt. In . Tab. 5.16 werden einzelne Rezidivlokalisationen, wie sie quantitativ gesehen in absteigender Reihenfolge auftreten, besprochen. Kombinationen aus mehreren Rezidiven sind häufig.
5.16
Familiäres Ovarialkarzinom/ Mammakarzinom
Es macht etwa 2–5% aller Ovarialkarzinomfälle aus. Insgesamt treten die meisten Ovarialkarzinome jedoch sporadisch auf! Der Nachweis des – autosomal vererbten – Brustkrebsgens 1 und 2 (BRCA 1 und 2) erfolgt anhand einer molekulargenetischen Untersuchung von Lymphozyten des peripheren Bluts z. B. mittels PCR (Polymerasekettenreaktion). Mögliche Indikationen zur Testung
4 Mindestens ein Familienmitglied vor dem 35. Lebensjahr an Mammakarzinom erkrankt bzw. 4 Mindestens 2 Familienmitglieder einer Verwandtschaftslinie mit Mammakarzinom vor dem 50. Lebensjahr erkrankt bzw.
4 2 Ovarialkarzinomfälle unabhängig vom Erkrankungsalter bzw. 4 1 Ovarialkarzinomfall unabhängig vom Erkrankungsalter und 1 Mammakarzinomfall vor dem 50. Lebensjahr bzw. 4 1 Mammakarzinom bei einem Mann in der Familie Selbst bei der oben aufgeführten möglichen Indikationsliste für eine genetische BRCA-Gen-Testung ist schlussendlich nur bei etwa 20% dieser untersuchten Personen auch tatsächlich eine genetische Mutation in Form des Brustkrebsgens 1 oder 2 nachweisbar!! Es besteht ein etwa 40%iges Risiko bei BRCA-1- und ein etwa 25%iges Risiko bei BRCA-2-Positivität, im Lauf des Lebens an einem Ovarialkarzinom zu erkranken. Das Erkrankungsalter für ein familiäres Ovarialkarzinom liegt typischerweise zwischen dem 35. und 50. Lebensjahr, also deutlich früher als bei den sporadischen Krebsformen! In einigen Studien war das Überleben von Patientinnen mit BRCA-Mutation besser als bei jenen ohne eine Mutation. Bei familiärer Disposition (BRCA-Positivität) ohne Tumorerkrankung werden hinsichtlich des Ovarialkarzinomrisikos ab dem 25. Lebensjahr in 1/2-jährlichen Abständen gynäkologische Kontrollen mit vaginaler Ultraschalluntersuchung und CA-125-Bestimmungen empfohlen. Prophylaktische Ovarektomie bzw. Adnexexstirpation Sie kann alternativ zu den oben angeführten häufigen Kontrolluntersuchungen vorgenommen werden 4 Nach Abschluss der Familienplanung bei Frauen mit positivem BRCA-1- oder -2-Befund indiziert 4 Meist laparoskopische Adnexektomie 4 Zusätzlich zu den Ovarien sollten auch beide Tuben entfernt werden, da bei BRCA-Positivität vermehrt auch Tubenkarzinome beobachtet werden. 4 Dadurch Reduktion des Risikos eines Ovarialkarzinoms um 99% 4 Dadurch auch Reduktion des Risikos eines Mammakarzinoms um 50%! 4 Nicht selten finden sich trotz des Fehlens eines Malignitätsverdachts bei der prophylaktischen Ovarektomie in der definitiven Histologie okkulte maligne Ovarialtumoren. 4 Selten kann sich trotz beidseitiger prophylaktischer Adnexexstirpation ein primäres Peritonealkarzinom entwickeln.
5
106
Kapitel 5 · Maligne epitheliale Tumoren des Ovars
4 Eine prophylaktische Adnexexstirpation kann im Einzelfall trotz Hormonsubstitution zu großen psychischen und physischen Veränderungen der Patientin führen, ein Umstand, der neben dem zweifellos gegebenen potenziellen Nutzen einer prophylaktischen Adnexektomie ± prophylaktischen Mastektomie mit der Patientin und deren Partner ausführlich besprochen werden muss.
5.17
5
Ovarialkarzinom in der Schwangerschaft
Die Prävalenz von Adnextumoren in der Schwangerschaft beträgt etwa 1:1000. Meist handelt es sich um funktionelle (Lutein-)Zysten <5 cm, die nach dem 1. Trimenon spontan regredieren. Je größer ein Ovarialtumor ist, desto größer ist das Risiko einer Persistenz und von Malignität in der Schwangerschaft. Bei den operativ abgeklärten Fällen handelte es sich vorwiegend um gutartige Tumoren wie reife Teratome, Zystadenome oder funktionelle Zysten. Die Prävalenz maligner Adnextumoren liegt in der Schwangerschaft bei etwa 1:20.000, wobei Borderlinetumoren und Frühstadien weitaus überwiegen. Eine Beurteilung der Dignität ergibt sich aus der Kombination von gynäkologischem Tastbefund, Ultraschall (komplexe Morphologie mit solid-zystischen Anteilen, papillären Binnenstrukturen, Septierung, Aszites) und dem CA-125-Wert. Therapie
4 Außer bei Malignitätsverdacht ist eine operative Intervention in der Schwangerschaft nur bei akuten Beschwerden wie bei Adnextorsion indiziert. 4 Meist definitive Operation der Adnexe im Rahmen einer elektiven Sectio caesarea nach Abschluss der Lungenreifeinduktion beim Fetus ab der etwa 32. Schwangerschaftswoche. 4 Unter Umständen kann im letzten Drittel der Schwangerschaft auch eine Chemotherapie durchgeführt werden. Vereinzelt liegen dazu Berichte zu Cisplatin oder Carboplatin/Paclitaxel vor. Danach wurden bisher keine Fehlbildungen oder Retardierungen diagnostiziert.
+ + Zusammenfassung Das Ovarialkarzinom tritt vornehmlich in der Postmenopause auf und weist die höchste Mortalität aller gynäkologischen Malignome auf. Liegt bei einer Patientin klinisch der Verdacht auf einen Adnextumor vor, ist in jedem Fall eine operative Abklärung nötig. Mit Ausnahme des präoperativen Ultraschalls sind weitere Therapie verzögernde Bildgebende Untersuchungen nicht indiziert. Entscheidend für die weitere Prognose ist die maximale Reduktion des Tumors möglichst in der ersten operativen Sitzung. Im Vordergrund steht ein primäres exaktes operatives Staging, um das korrekte FIGO-Stadium und damit das weitere Vorgehen v. a. in Form einer Chemotherapie festlegen zu können. Die postoperative Chemotherapie besteht meist aus der Kombination von Carboplatin und Paclitaxel. Solange die Erkrankung platinsensitiv ist, können platinhaltige Therapien oft über mehrere Jahre eine gute Tumorkontrolle erreichen. Zur Überwachung des Therapieerfolgs eignet sich in den meisten Fällen der Serum-Tumormarker CA-125.
Literatur Alberts D, Liu P, Hannigan E et al. (1996) Intraperitoneal cisplatin plus intravenous cyclophosphamide vs. intravenous cisplatin plus intravenous cyclophosphamide for stage III ovarian cancer. N Engl J Med 335: 1950–1955 Benedetti-Panici P, Maggioni A, Hacker N et al. (2005) Systematic aortic and pelvic lymphadenectomy versus resection of bulky nodes only in optimally debulked advanced ovarian cancer: a randomized clinical trial. J Natl Cancer Inst 97: 560–566 Burghardt E, Girardi F, Lahousen M et al. (1991) Patterns of pelvic and paraaortic lymph node involvement in ovarian cancer. Gynecol Oncol 40: 103–106 DuBois A, Lück HJ, Meier W et al. (2003) A randomized clinical trial of cisplatin/paclitaxel vs. carboplatin/paclitaxel as first-line treatment of ovarian cancer. J Natl Cancer Inst 95: 1320–1330 Hoskins W, McGuire W, Brady M et al. (1994) The effect of diameter of largest residual disease on survival after primary cytoreductive surgery in patients with suboptimal residual epithelial ovarian carcinoma. Am J Obstet Gynecol 170: 974–980 ICON and AGO Collaborators (2003) Paclitaxel plus platinum-based chemotherapy vs. conventional platinum-based chemotherapy in women with relapsed ovarian cancer: the ICON4/AGO-OVAR2.2 trial. Lancet 361: 2099–2106
107 Literatur
Kaufmann M, Costa SD, Scharl A (Hrsg) (2003) Die Gynäkologie. Springer, Berlin Heidelberg New York Markman M, Rothman R, Hakes T et al. (1991) Second-line platinum therapy in patients with ovarian cancer previously treated with cisplatin. J Clin Oncol 9: 389–393 Meier W, Römisch M, Hepp H (1993) Stellenwert der Rezidivchirurgie in der Behandlung des Ovarialkarzinoms. Geburtshilfe Frauenheilkd 53: 30–34 Petru E, Lahousen M, Tamussino K et al. (1994) Lymphadenectomy in stage I ovarian cancer. Am J Obstet Gynecol 170: 656–662 Petru E, Kurschel S, Walsberger K et al. (2003) Can bowel endoscopy predict colorectal surgery in patients with an adnexal mass ? Int J Gynecol Cancer 13: 292–296 Pfisterer J, Plante M, Vergote I et al. (2004) Gemcitabine/carboplatin vs. carboplatin in platinum-sensitive recurrent ovarian cancer. Results of a Gynecologic Cancer Intergroup randomized phase III trial of the AGO OVAR, the NCIC CTG and the EORTC GCG. Proc ASCO 23: Abstr. 5005 Rustin G, Van der Burg M, Berek J (1993) Tumour markers. Ann Oncol 4 [Suppl 4]: S71–S77 Schelling M, Braun M, Kuhn W et al. (2000) Combined transvaginal Bmode and color Doppler sonography for differential diagnosis of ovarian tumors: results of a multivariate logistic regression analysis. Gynecol Oncol 77: 78–86 Van der Burg M, Van Lent M, Buyse M et al. (1995) The effect of debulking surgery after induction chemotherapy on the prognosis in advanced epithelial ovarian cancer. N Engl J Med 332: 629–634 Vergote I, Brabanter J, Fyles A et al. (2001) Prognostic importance of degree of differentiation and cyst rupture in stage I invasive epithelial ovarian carcinoma. Lancet 357: 176–182 Young R, Decker D, Wharton et al. (1983) Staging laparotomy in early ovarian cancer. JAMA 250: 3072–3076
5
6 6 Maligne nichtepitheliale Tumoren des Ovars Daniel Fink und Mathias K. Fehr
6.1
Häufigkeit – 110
6.2
Keimzelltumoren
– 110
6.2.1 Klassifikation von Keimzelltumoren des Ovars 6.2.2 Dysgerminom – 111 6.2.3 Nichtdysgerminale Keimzelltumoren – 112
– 110
6.3
Keimstrang-Stroma-Tumoren
6.3.1 6.3.2 6.3.3 6.3.4 6.3.5 6.3.6
Klassifikation von Keimstrang-Stroma-Tumoren des Ovars Granulosazelltumor des Ovars – 114 Sertoli-Zell-Tumoren – 115 Leydig-Zell-Tumoren – 115 Sertoli-Leydig-Zell-Tumor (Androblastom) – 115 Gynandroblastom – 115
Zusammenfassung – 115 Literatur – 116
– 113 – 114
110
Kapitel 6 · Maligne nichtepitheliale Tumoren des Ovars
6.1
Häufigkeit
Die malignen nichtepithelialen Tumoren des Ovars machen etwa 10% der Ovarialmalignome aus und sollten klar vom Ovarialkarzinom abgegrenzt werden. Dies gilt sowohl für die Diagnostik als auch für die Therapie. Die beiden wichtigsten Vertreter der malignen nichtepithelialen Ovarialtumoren sind die Keimzelltumoren und die Keimstrang-StromaTumoren. Weitere, allerdings sehr seltene Vertreter sind z. B. Hilustumoren oder lymphoide Tumoren des Ovars.
6.2
6
Keimzelltumoren
Maligne Keimzelltumoren machen etwa 3–5% der malignen Ovarialtumoren aus; sie repräsentieren jedoch 65– 75% aller Ovarialmalignome bei Patientinnen unter 20 Jahren. Im Vergleich zum Ovarialkarzinom weisen sie hohe Langzeitheilungsraten nach Operation und Chemotherapie auf. Als Ursprungszelle wird die primitive omnipotente Keimzelle angesehen, die sich zu Neoplasien mit embryonaler bzw. extraembryonaler Differenzierung entwickeln kann. Entsprechend dieser Potenz zeigen die Tumoren häufig Anteile aller 3 Keimblätter (Ektoderm, Mesoderm, Endoderm), die unterschiedlich ausgereift sind.
6.2.1 Klassifikation von Keimzelltumoren
des Ovars Um die Therapieansätze bei den Keimzelltumoren besser verstehen zu können, wird in . Abb. 6.1 deren Histiogenese dargelegt.
. Abb. 6.1. Histiogenese der Keimzelltumoren
Das Dysgerminom nimmt unter den Keimzelltumoren eine Sonderstellung ein, da es histiogenetisch gesehen einen eigenständigen Ursprung hat. Somit kann bei den Keimzelltumoren zwischen Dysgerminom und den »nichtdysgerminalen Keimzelltumoren« unterschieden werden. Bei Letzteren spielen das unreife Teratom und der endodermale Sinustumor (EST) die wichtigste Rolle. Gemäß WHO werden die Keimzelltumoren des Ovars wie folgt eingeteilt 4 Dysgerminom 4 Teratom 5 Unreif 5 Reif 5 Monodermal – Struma ovarii – Karzinoid 4 Endodermaler Sinustumor 4 Embryonales Karzinom 4 Polyembryom 4 Chorionkarzinom 4 Mischtypen 5 Gonadoblastom – mit Dysgerminom oder anderem Keimzelltumor 5 Keimzell-Keimstrang-Stroma-Tumor – mit Dysgerminom oder anderem Keimzelltumor Ein Teil der Keimzelltumoren weist endokrine Aktivität auf. Die typischerweise von reinen malignen Keimzelltumoren sezernierten Hormone zeigt . Abb. 6.2.
111 6.2 · Keimzelltumoren
. Abb. 6.2. Reine maligne Keimzelltumoren und deren Tumormarker, AFP α-Fetoprotein; hCG humanes Choriongonadotropin
6.2.2 Dysgerminom
Es macht mit 30–40% den häufigsten malignen Keimzelltumor aus. Damit stellt es den häufigsten malignen Ovarialtumor im Kindes-, Jugend- und frühen Er wachsenenalter dar. 80% treten vor dem 30. Lebensjahr auf. Das Dysgerminom ist mit 20–30% der häufigste maligne Ovarialtumor, der in der Gravidität diagnostiziert wird. In rund 5% der Fälle treten Dysgerminome in Kombination mit abnormen Gonaden auf. Sie zeigen im Gegensatz zu den übrigen malignen Keimzelltumoren, welche nur sehr selten bilateral auftreten, in etwa 10% der Fälle einen bilateralen Befall. Sie verursachen meist nur unspezifische Symptome und zeigen häufig ein rasches Tumorwachstum. Allerdings sind bei Diagnosestellung 70–80% der Tumoren auf die Ovarien begrenzt, d. h. im FIGO-Stadium I. Die Tumormarker hCG und AFP steigen typischerweise beim reinen
Dysgerminom nicht an. Eine Erhöhung von hCG und/oder AFP weist auf Mischtumoren hin. Hingegen ist beim Dysgerminom typischerweise die LDH (Laktatdehydrogenase) erhöht. Dysgerminome sind per se nicht sehr maligne. Sie enthalten oft andere Keimzellelemente, welche dann die Prognose bestimmen. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei reinen Dysgerminomen um 90%, wobei 75% der Rezidive im ersten Jahr nach der Behandlung auftreten. Therapie beim Dysgerminom. Sie besteht aus Operation und, je nach Stadium, einer zusätzlichen Chemotherapie.
Gerade bei dieser wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt. Dysgerminome sind strahlensensibel. Dennoch hat die Radiotherapie nur mäßige Bedeutung, da mit der Chemotherapie die Reproduktionsfähigkeit und hormonelle Funktion des kontralateralen Ovars bei den Frauen im meist reproduktiven Alter erhalten werden kann.
6
112
Kapitel 6 · Maligne nichtepitheliale Tumoren des Ovars
Operative Therapie beim Dysgerminom
6
Grundsätzlich ist bei der Schnittführung die mediane Laparotomie zu wählen. Bei unilateralem Befall und Wunsch nach Erhaltung der Fertilität erfolgen Entnahme einer Peritonealzytologie, Entfernung der befallenen Adnexe sowie Exploration des Abdomens mit Biopsie verdächtiger Peritonealbefunde. Bei makroskopisch unauffälligem kontralateralem Ovar kann wegen einer möglichen Sterilitätsproblematik auf eine Biopsie desselben verzichtet werden. Analog dem Ovarialkarzinom ist der Stellenwert einer systematischen pelvinen und paraaortalen Lymphonodektomie ungeklärt. Tatsache ist aber, dass die Lymphknoten – besonders die paraaortalen kranial der A. mesenterica inferior – nicht selten befallen sind. Für einen möglichen therapeutischen Nutzen gibt es nur indirekte Evidenz: Bei fortgeschrittenen Keimzelltumoren sind das Ansprechen der Chemotherapie und damit das Überleben analog dem Ovarialkarziom vom Resttumor abhängig. Zudem sind die paraaortalen Lymphknoten neben dem kleinen Becken eine häufige Lokalisation des Rezidivs. Unbestritten sollten vergrößerte Lymphknoten v. a. paraaortal im Rahmen eines sorgfältigen Stagings entfernt werden. Bei Ausbreitung außerhalb des Ovars kann im Einzelfall bei dringendem Kinderwunsch ebenfalls eine fertilitätserhaltende Operation in Betracht gezogen werden. Bei abgeschlossener Familienplanung ist allerdings die abdominelle Hysterektomie mit bilateraler Adnexektomie vorzuziehen. Zytoreduktive Maßnahmen mit u. a. Omentektomie sind bei metastatischem Befall indiziert. Hingegen sind – im Gegensatz zum Ovarialkarzinom – aufwändige Darmresektionen zur Erzielung einer kompletten Tumorreduktion aufgrund der sehr wirksamen Chemotherapie nur selten indiziert. Eine Second-look-Operation ist generell nicht indiziert. Chemotherapie beim Dysgerminom
Unter der Voraussetzung des adäquaten chirurgischen Stagings sowie der Gewährleistung einer sorgfältigen Nachbetreuung kann bei Patientinnen mit reinem Dysgerminom FIGO Ia auf eine postoperative Chemotherapie verzichtet werden. In allen anderen Stadien ist hingegen die Indikation für eine Chemotherapie zu stellen. Obgleich es keine direkt vergleichende Arbeit gibt, zeigen die meisten Studien eine Überlegenheit platinhaltiger Kombinationstherapien gegenüber der Kombination Vincristin/Actinomycin/Cyclophosphamid (VAC). Damit ist heute die Kom-
. Tab. 6.1. BEP-Chemotherapieschema alle 3 Wochen Bleomycin
30 E Gesamtdosis/Tag als Bolus i. v.
Tag 1, 8, 15
Etoposid
100 mg/m2 i. v./Tag i. v. (1 h)
Tag 1–5
Cisplatin
20 mg/m2 i. v./Tag i. v. (30 min)
Tag 1–5
bination Bleomycin/Etoposid/Cisplatin (BEP) bei Patientinnen mit fortgeschrittenem oder rezidiviertem Dysgerminom die Chemotherapie der Wahl mit Heilungsraten um 90% (. Tab. 6.1). Noch unbewiesen ist die ausreichende Anzahl der Chemotherapiezyklen. Allgemein ist man der Meinung, dass im Stadium FIGO I sowie nach vollständiger Resektion des Tumors 3 Zyklen ausreichend sind, wohingegen bei postoperativem Resttumor 4–6 Chemotherapiezyklen unter Berücksichtigung der Grenzdosis von 270 mg für Bleomycin wegen der Gefahr der pulmonalen Toxizität anzustreben sind. Patientinnen mit chemonegativem Rezidiv sollten nach dem BEP-Schema behandelt werden. Nach Vortherapie mit Platin kann mit VAC-Chemotherapie noch in etwa 40% der Fälle eine Remission erreicht werden. Radiotherapie beim Dysgerminom
Dysgerminome gelten als strahlensensibel, wobei Dosen von 2500–3500 cGy bereits kurativ sein können. Da die Radiotherapie zu einer Beeinträchtigung der Fertilität führt, hat heutzutage sie ihren Platz in der First-line-Therapie weitgehend verloren. Beim rezidivierenden Dysgerminom kann sie hingegen indiziert sein. Nachsorge beim Dysgerminom. Die Nachkontrollen
werden mittels klinischer Untersuchung, Thoraxröntgen, Ultraschall des kleinen Beckens/Abdomens (evtl. Computertomographie) sowie Tumormarkern (hCG, AFP, LDH) – falls diese präoperativ erhöht waren – durchgeführt. Sie sollen während der ersten 3 Jahren alle 3 Monate erfolgen, insbesondere dann, wenn keine adjuvante Chemotherapie verabreicht worden ist.
6.2.3 Nichtdysgerminale Keimzelltumoren
Im Folgenden werden die wichtigsten in Kurzform abgehandelt:
113 6.3 · Keimstrang-Stroma-Tumoren
Unreifes Teratom des Ovars. Es ist maligne und kommt v. a. in der 2. Lebensdekade vor. Es macht weniger als 1% aller
malignen Ovarialtumoren aus, ist jedoch nach dem Dysgerminom der zweithäufigste maligne Keimzelltumor. In weniger als 5% der Fälle findet sich ein bilateraler Befall der Ovarien. Das Teratom umfasst Zellelemente ekto-, mesound endodermalen Ursprungs mit embryonaler bis ausgereifter Differenzierung. Klinisch verhält sich das unreife Teratom ähnlich wie das Ovarialkarzinom. Es handelt sich um schnell wachsende Tumoren mit erheblicher intraperitonealer Ausbreitungstendenz. Die Metastasierung erfolgt bevorzugt in die retroperitonealen Lymphknoten sowie in Leber und Lunge. Bei der histologischen Untersuchung sollte u. a. auf Strukturen des Nervensystems geachtet werden, da ihr Auffinden für die Diagnosestellung sehr hilfreich sein kann. Das Grading des malignen Teratoms umfasst: Grad 1 Kleine Areale mit unreifen, abnormen Zellen und fehlenden oder begrenzt auftretenden neuroepithelialen Zellelementen Grad 2 Unreife, abnorme Zellen in größeren Arealen bzw. Anwesenheit neuroepithelialer Zellen Grad 3 Vorherrschen unreifer, abnormer Zellen oder neuroepithelialer Zellelemente Das FIGO-Stadium I ist beim unreifen Teratom am häufigsten. In dieser Situation ist unter der Voraussetzung des exakten chirurgischen Stagings die Resektion der befallenen Adnexe die Therapie der Wahl. Bei intraperitonealer Ausbreitung ist eine Zytoreduktion indiziert. Mit Ausnahme des malignen Teratoms Grad 1 im Stadium FIGO Ia ist in allen Fällen eine postoperative Chemotherapie mit 3(–4) Zyklen Bleomycin/Etoposid/Cisplatin (BEP; 7 oben) indiziert.
rezidivieren und andererseits eine hohe Chemosensitivität aufweisen, erhalten alle Patientinnen postoperativ eine Chemotherapie. Die Kombination Bleomycin/Etoposid/ Cisplatin (BEP) wird wiederum als eine der wirksamsten Chemotherapien angesehen. Embryonales Karzinom. Es ist der am wenigsten ausdiffe-
renzierte Tumor und meist Bestandteil eines gemischten Keimzelltumors. Meist sezernieren embryonale Karzinome AFP und hCG. Selten können sie Östrogen produzieren und zu einer Pseudopubertas praecox oder unregelmäßigen vaginalen Blutungen führen. Das therapeutische Vorgehen sowohl hinsichtlich Chirurgie als auch Chemotherapie erfolgt analog den Empfehlungen beim endodermalen Sinustumor. Polyembryom des Ovars. Es ist ein sehr seltener Tumor und
kommt v. a. bei prämenarchalen Mädchen vor. Die Tumormarker AFP und hCG können erhöht sein. Das therapeutische Vorgehen erfolgt analog den Empfehlungen beim endodermalen Sinustumor. Chorionkarzinom des Ovars. Das nicht gestationsbedingte
Chorionkarzinom ist bezüglich seiner Entstehung von den primär schwangerschaftsassoziierten Formen abzugrenzen. Es ist sehr selten und tritt in der Regel vor dem 20. Lebensjahr auf. Typischerweise ist der Tumormarker hCG erhöht. Das therapeutische Vorgehen erfolgt analog dem beim endodermalen Sinustumor. Als Chemotherapie kann neben BEP auch die Kombination Methotrexat/Actinomycin/ Cyclophosphamid (MAC; 7 Kap. 12) gewählt werden.
6.3 Endodermaler Sinustumor (Dottersacktumor). Er ist in der 2. Lebensdekade am häufigsten und nach dem Dysgermi-
nom und unreifen Teratom der dritthäufigste maligne Keimzelltumor. Pathognomonisch sind die so genannten Schiller-Duval-Körperchen. Der endodermale Sinustumor breitet sich v. a. intraabdominell aus. Typisch ist die Erhöhung des α-Fetoproteins, welches damit einen zuverlässigen Tumormarker zur Therapie- und Verlaufskontrolle darstellt. Nach exaktem chirurgischem Staging ist im Stadium FIGO I eine unilaterale Adnexektomie ausreichend. Bei extraovarialer Tumorausbreitung ist eine Zytoreduktion indiziert. Da endodermale Sinustumoren einerseits häufig
Keimstrang-Stroma-Tumoren
Sie machen etwa 5–8% der malignen Ovarialtumoren aus. Sie entstehen aus Keimsträngen (Granulosazellen, SertoliZellen) und aus ovarialem Stroma (Theka-Zellen, LeydigZellen, Fibroblasten, Steroidzellen). Sie haben in der Mehrzahl der Fälle ein niedriges malignes Potenzial; letale Verläufe sind selten. Am häufigsten sind die GranulosaStroma-Zelltumoren, wobei diese Gruppe neben den eigentlichen Granulosazelltumoren auch Thekome und Fibrome beinhaltet. Letztere sind benigne Tumoren, allerdings können sie selten auch maligne sein. Fibrosarkome sind sehr aggressiv und haben eine infauste Prognose. Sowohl die Präsentation als auch die Therapie der malignen
6
114
Kapitel 6 · Maligne nichtepitheliale Tumoren des Ovars
Thekome ist ähnlich wie jene beim Granulosazelltumor. Selten können Granulosa-Stroma-Zelltumoren Androgene produzieren und zu einer Virilisierung führen. Aszites findet sich in etwa 10% der Patientinnen mit GranulosaStroma-Zelltumoren, und selten wird auch ein Pleuraerguss bei Fibromen (Meigs-Syndrom) beschrieben.
6.3.1 Klassifikation von Keimstrang-Stroma-
Tumoren des Ovars
6
Gemäß WHO werden sie wie folgt eingeteilt 4 Granulosa-Stroma-Zelltumor – Granulosazelltumor – Adulter Typ – Juveniler Typ 5 Tumor der Thekom-Fibrom-Gruppe – Thekom – Fibrom – Fibrosarkom 4 Sertoli-Stroma-Zelltumor 5 Sertoli-Zell-Tumor 5 Leydig-Zell-Tumor 5 Sertoli-Leydig-Zell-Tumor 4 Gynandroblastom 5 Steroidzelltumor 6.3.2 Granulosazelltumor des Ovars
Granulosazelltumoren machen 5–10% der malignen Ovarialtumoren aus und sind damit der häufigste nichtepitheliale Tumor. In nur 2% findet sich ein bilateraler Befall. 95% kommen im Erwachsenenalter v. a. in der Postmenopause vor. Man unterscheidet adulte Granulosazelltumoren (95%), die eine Rezidivrate bis ca. 20% aufweisen von den viel selteneren, prognostisch günstigen juvenilen Formen (5%), welche in den ersten 2 Lebensdekaden auftreten und eine Rezidivrate von etwa 5% aufweisen. Treten Granulosazelltumoren vor der Pubertät auf, sind sie in 75% der Fälle wegen der Östrogenproduktion mit einer Pseudopubertas praecox vergesellschaftet. Im Reproduktionsalter weisen die meisten Patientinnen vaginale Blutungsstörungen oder eine sekundäre Amenorrhö auf. In der Postmenopause stellt nicht selten eine vaginale Blutung das erste Symptom der Erkrankung dar. Granulosazelltumoren finden sich in mindestens 5% der Fälle in Kombination mit einem Endo-
metriumkarzinom, und in 25–50% der Fälle sind sie mit
einer Hyperplasie des Endometriums assoziiert. Im Gegensatz zum Ovarialkarzinom treten sie häufig im Stadium FIGO I auf. Sie können aber bis 30 Jahre nach der Diagnose noch rezidivieren. Die 10-Jahres-Überlebensraten betragen für das Stadium FIGO I 90%, hingegen für das Stadium FIGO III nur 0–22%. Neben den konventionellen Hormonparametern (Gonadotropine, Steroide) ist Inhibin ein sensitiver Tumormarker. Ein erhöhter Inhibinserumspiegel zusammen mit einer Amenorrhö und Sterilität bei einer prämenopausalen Frau lassen den Verdacht auf einen Granulosazelltumor zu. Granulosazelltumoren wachsen häufig zu großen zystischen (oft eingebluteten) Tumoren und zeigen nur selten eine hämatogene Metastasierung. Als ungünstige Prognosefaktoren beim Granulosazelltumor gelten 4 Hohes FIGO-Stadium 4 Tumorgröße >15 cm 4 Postoperativer Resttumor 4 Hohe Mitosefrequenz 4 Positiver Lymphknotenstatus 4 Hohes Grading Therapie. Sie besteht in der Operation, welche je nach Stadium mit einer zusätzlichen Chemotherapie ergänzt wird. Nicht selten ist aufgrund einer primär nicht eindeutigen Histologie in der Schnellschnittuntersuchung ein zweizeitiges operatives Vorgehen notwendig. Operative Therapie
Primär ist ein operatives Staging über einen unteren Längsschnitt mit Entnahme einer Spülzytologie und Peritonealbiopsien angezeigt. Bei alleinigem unilateralem Ovarbefall wird eine Adnexektomie mit Schnellschnittuntersuchung durchgeführt. Bei einer postmenopausalen Patientin ist eine abdominelle Hysterektomie mit bilateraler Adnexektomie und infrakolischer Omentektomie auch im Stadium FIGO Ia indiziert. Da beim Granulosazelltumor nicht selten Lymphknotenmetastasen auftreten, wird eine pelvine und paraaortale Lymphonodektomie empfohlen. Bei höherem Stadium ist ein möglichst komplettes Tumordebulking anzustreben. Bei einer Anamnese mit Blutungsstörungen sollte zunächst eine diagnostische Hysteroskopie mit fraktionierter Kürettage durchgeführt werden, um nicht ein mögliches Endometriumkarzinom zu übersehen. Dies ist insbesondere bei einem fertilitätserhaltenden Vorgehen notwendig.
115 6.3 · Keimstrang-Stroma-Tumoren
Auch beim intraabdominellen oder retroperitonealen Rezidiv ist ein operatives Vorgehen meist die Therapie der Wahl. Chemotherapie
Ein positiver Effekt einer adjuvanten Chemotherapie im Stadium FIGO I ist beim Granulosazelltumor bisher nicht bewiesen, sodass deren Einsatz in der Regel nicht gerechtfertigt ist. Ebenso ist der Nutzen einer adjuvanten Chemotherapie bei komplett resezierten höheren Stadien unklar. Bei inkomplett resezierten und/oder metastasierten Granulosazelltumoren kann mit der Kombinationschemotherapie Bleomycin/Etoposid/Cisplatin (BEP; . Tab. 6.1) ein Ansprechen in 58–83% der Fälle erreicht werden. Ein alternatives Chemotherapieregime ist die Kombination Cyclophosphamid/Adriamycin/Cisplatin (CAP). Der Stellenwert der Taxane in der Chemotherapie wird derzeit untersucht. Radiotherapie
Granulosazelltumoren gelten als strahlensensibel. Allerdings ist der Nutzen einer adjuvanten Radiotherapie bei kompletter Operation nicht belegt. Bei fortgeschrittenen Stadien kann sie hingegen gezielt eingesetzt werden.
6.3.3 Sertoli-Zell-Tumoren
Sie sind sehr selten und fast immer benigne. Die Mehrzahl produziert Östrogene. Selten ist die Produktion von Renin mit konsekutiver Hypertonie und Hypokaliämie. Therapie der Wahl ist eine unilaterale Ovarektomie.
6.3.4 Leydig-Zell-Tumoren
Sie kommen selten vor und sind fast immer benigne. Ein Teil produziert Androgene. Therapie der Wahl ist die unilaterale Ovarektomie.
6.3.5 Sertoli-Leydig-Zell-Tumor
(Androblastom) Er ist selten. Typisch sind Zyklusstörungen und eine Androgenisierung. In etwa 1/3 der Patientinnen besteht eine Virilisierung. Die meisten Fälle werden im Stadium FIGO Ia diagnostiziert und zeigen ein Überleben von 90%.
Bei den gut differenzierten Sertoli-Leydig-Zell-Tumoren ist die alleinige Adnexektomie ausreichend. Bei mäßig und schlecht differenzierten Sertoli-Leydig-Zell-Tumoren wird ein umfangreiches operatives Staging mit Entnahme von Peritonealbiopsien, infrakolischer Omentektomie sowie pelviner und paraaortaler Lymphonodektomie empfohlen. Bei Patientinnen mit metastasierendem Sertoli-Leydig-Zell-Tumor wird eine platinhaltige Kombinationschemotherapie eingesetzt.
6.3.6 Gynandroblastom
Sie sind Tumoren mit Sertoli-Leydig- und Granulosazellanteilen. Sie sind äußerst selten, werden meistens im Stadium FIGO I diagnostiziert und haben eine gute Prognose.
+ + Zusammenfassung Die malignen nichtepithelialen Tumoren des Ovars machen etwa 10% der Ovarialmalignome aus. Die beiden wichtigsten Vertreter sind die Keimzelltumoren und die Keimstrang-Stroma-Tumoren. Bei Ersteren kann zwischen Dysgerminom und den »nichtdysgerminalen Keimzelltumoren« unterschieden werden. Bei den »nichtdysgerminalen Keimzelltumoren« spielen das unreife Teratom und der endodermale Sinustumor die wichtigste Rolle. Ein Teil der Keimzelltumoren weist eine endokrine Aktivität auf. Das Dysgerminom stellt den häufigsten malignen Ovarialtumor im Kindes-, Jugend- und frühen Erwachsenenalter dar. Bei Keimzelltumoren ist unter der Voraussetzung des sorgfältigen chirurgischen Stagings die einseitige Adnexektomie mit Erhaltung der Fertilität im Stadium FIGO Ia möglich. Mit Ausnahme von reinen Dysgerminomen im Stadium FIGO Ia sowie malignen Teratomen Grad 1 im Stadium FIGO Ia ist eine postoperative Chemotherapie indiziert, wobei die Kombination Bleomycin/Etoposid/Cisplatin (BEP) derzeit als Chemotherapie der Wahl angesehen wird. Keimstrang-Stroma-Tumoren haben als wichtigsten Vertreter den Granulosazelltumor, der den häufigsten nichtepithelialen Ovarialtumor darstellt. Man unterscheidet adulte Granulosazelltumoren (95%) von 6
6
116
Kapitel 6 · Maligne nichtepitheliale Tumoren des Ovars
den viel selteneren, prognostisch günstigen juvenilen Formen (5%), welche in den ersten 2 Lebensdekaden auftreten. Bei Tumoren mit hohem malignem Potenzial (Granulosazelltumor, Sertoli-Leydig-Zell-Tumor G2/G3) wird ein sorgfältiges operatives Staging inklusive Lymphadenektomie empfohlen. Bei einem fertilitätserhaltenden Vorgehen sollte eine diagnostische Hysteroskopie mit fraktionierter Kürettage durchgeführt werden, um nicht ein mögliches Endometriumkarzinom zu übersehen.
6
Literatur Brewer M, Gershenson DM, Herzog CE et al. (1999) Outcome and reproductive function after chemotherapy for ovarian dysgerminoma. J Clin Oncol 17: 2670–2675 Hildebrandt RH, Rouse RV, Longacre TA (1997) Value of inhibin in the identification of granulosa cell tumors of the ovary. Human Pathol 28: 1387–1395 Low JJ, Perrin LC, Crandon AJ et al. (2000) Conservative surgery to preserve ovarian function in patients with malignant ovarian germ cell tumors. A review of 74 cases. Cancer 89: 391–398 Miller BE, Barron BA, Wan JY et al. (1997) Prognostic factors in adult granulosa cell tumor of the ovary. Cancer 79: 1951–1955 Norris HJ, Zirkin HJ, Benson WL (1976) Immature (malignant) teratoma of the ovary. A clinical and pathologic study of 58 cases. Cancer 37: 2359–2372 Powell JL, Otis CN (1997) Management of advanced juvenile granulosa cell tumor of the ovary. Gynecol Oncol 64: 282–284 Schumer ST, Cannistra SA (2003) Granulosa cell tumor of the ovary. J Clin Oncol 21: 1180–1189 Tangir J, Zelterman D, Ma W et al. (2003) Reproductive function after conservative surgery and chemotherapy for malignant germ cell tumors of the ovary. Obstet Gynecol 101: 251–257 Uygun K, Aydiner A, Saip P et al. (2003) Clinical parameters and treatment results in recurrent granulosa cell tumor of the ovary. Gynecol Oncol 88: 400–403 Williams SD (1998) Ovarian germ cell tumors: an update. Semin Oncol 25: 407–413
7 7
Metastatische Tumoren im Ovar Edgar Petru, Senta Kurschel, Christoph Benedicic und Raimund Winter
7.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 118
7.2
Risikofaktoren – 118
7.3
Screening, Früherkennung – 118
7.4
Tumorausbreitung
7.5
Diagnosestellung, präoperatives/prätherapeutisches Staging – 118
7.6
Stadieneinteilung, Überlebensraten – 118
7.7
Prognosefaktoren
7.8
Operative Therapie
7.9
Histopathologie
7.10
Chemotherapie – 119
– 118
– 118 – 119
– 119
7.11
Hormontherapie, antihormonelle Therapie – 119
7.11.1 7.11.2
Antihormonelle Therapie – 119 Hormonsubstitution – 119
7.12
Radiotherapie – 119
7.13
Nachsorge – 119 Zusammenfassung – 119 Literatur
– 120
118
Kapitel 7 · Metastatische Tumoren im Ovar
7.1
Häufigkeit, Altersverteilung
Metastatische Tumoren im Ovar werden bei etwa 1,3/100.000 Frauen/Jahr gefunden, sie machen damit etwa 1/10 aller Malignome des Ovars aus. Das mittlere Erkrankungsalter liegt um das 58. Lebensjahr.
7.2
Risikofaktoren
Vorerkrankung eines Karzinoms der Mamma, des Magens, des Kolon, des Rektum, des Pankreas, der Appendix oder der Gallenblase.
7.3
7
Screening, Früherkennung
Hierzu wird auf 7 Kap. 5 »Maligne epitheliale Tumoren des Ovars« verwiesen.
Klinische Symptome 4 Anamnese eines Malignoms der Mamma oder des Gastrointestinaltrakts 4 Die meisten Krukenberg-Tumoren treten metachron auf. 4 Stuhlunregelmäßigkeiten (Wechsel Diarrhö und Obstipation) und/oder Darmblutungen bei primärem Kolonkarzinom 4 Meläna (schwarzer Stuhl) bei Magenblutung infolge Magenkarzinom 4 Tastbarer Mammatumor? Unspezifische Symptome s. 7 Kap. 5 »Maligne epitheliale Tumoren des Ovars«
7.4
7.5
Diagnosestellung, präoperatives/prätherapeutisches Staging
Hierzu wird auf 7 Kap. 5 »Maligne epitheliale Tumoren des Ovars« verwiesen.
Typischerweise bestehen sonographisch ein solider oder solid-zystischer Tumor der Adnexe und häufig auch Aszites. Bei einer Mammakarzinompatientin und Vorliegen eines soliden oder solid-zystischen Adnextumors ist die Wahrscheinlichkeit eines Ovarialkarzinoms etwa 3-mal höher als jene einer Metastase des Mammakarzinoms im Ovar. Bei bekanntem Kolonkarzinom ist beim Vorliegen eines Adnextumors die Wahrscheinlichkeit einer Metastase etwa 3-mal höher als jene eines Sekundärmalignoms des Ovars. Nicht selten findet sich bei der Primärabklärung kein Primärtumor. Die Patientin wird unter dem Verdacht eines Ovarialkarzinoms operiert. Selbst bei exaktem operativem Staging bleibt in etwa 1/3 der Fälle v. a. aufgrund der Kleinheit des Primärtumors dessen Herkunft unbekannt. Beim Verdacht auf einen primären Tumor des MagenDarm-Trakts empfiehlt sich präoperativ (bzw. perioperativ) eine gezielte Diagnostik (Gastroskopie, Kolonoskopie, CT des Oberbauchs zum Ausschluss von Lebermetastasen). Bei primären Kolon- und Appendixkarzinomen ist meist der Tumormarker CEA erhöht. Dies gilt aber auch für das CA125 (Herzog et al. 2003, Wright et al. 2004).
7.6
Stadieneinteilung, Überlebensraten
Krukenberg-Tumoren sind definitionsgemäß metastatische Tumoren anderer Lokalisationen. Deshalb ist hier kein FIGO-Staging anzuwenden. Die Gesamtüberlebensrate beträgt bei KrukenbergTumoren etwa 10% nach 5 Jahren. Ein Langzeitüberleben über 5 Jahre wird nur sehr selten nach primärem Kolonoder Appendixkarzinom beobachtet (Petru et al. 1992, Herzog et al. 2003).
Tumorausbreitung 7.7
Krukenberg-Tumoren entstehen möglicherweise durch hämatogene Aussaat. Die weitere Ausbreitung erfolgt über die Peritonealhöhle und ist meist mit einer Peritonealkarzinose assoziiert. In mehr als der Hälfte der Fälle treten KrukenbergTumoren beidseitig auf (Fujiwara et al. 1995). Lebermetastasen kommen gehäuft bei primären Karzinomen des Kolons vor.
Prognosefaktoren
Günstige Prognosefaktoren sind in der Reihenfolge ihrer Relevanz 4 Metastasen von Primärtumoren des Kolons und der Appendix 4 Intraperitonealer Resttumor unter 2 cm im Einzeldurchmesser
119 7.13 · Nachsorge
4 4 4 4
Ausschließlicher Beckenbefall Einseitiger Befall der Ovarien Fehlen von Aszites Hoher Differenzierungsgrad
7.8
Operative Therapie
7.10
Sie kann mit palliativem Ansatz unter Berücksichtigung der Lokalisation des Primärtumors (Mamma?, Kolon?) und der bereits verabreichten Vortherapie erfolgen.
7.11
Für sie ist eine exakte intraoperative Exploration des Abdomens unabdingbar. Meist erfolgt neben der Resektion des Primärtumors, wenn dieser entdeckt wird – mit Ausnahme bereits massiv im Abdomen metastasierter Fälle – eine beidseitige Adnexexstirpation, Omentektomie (und Hysterektomie). Die Lymphadenektomie hat keinen Stellenwert.
Chemotherapie
Hormontherapie, antihormonelle Therapie
7.11.1 Antihormonelle Therapie
Sie ist bei hormonrezeptorpositiven Metastasen des Mammakarzinoms indiziert.
7.11.2 Hormonsubstitution 7.9
Histopathologie
Definitionsgemäß wird unter Krukenberg-Tumor eine Ovarialmetastase eines Schleim produzierenden Siegelringzellkarzinoms des Gastrointestinaltrakts verstanden. Über Jahrzehnte und auch heute wird nach wie vor die Bezeichnung »Krukenberg-Tumor« vielfach für alle Metastasen nichtgenitaler Tumoren im Ovar verwendet. In folgender Häufigkeit sind die Ovarien von nichtgenitalen Tumoren metastastisch befallen: 4 Mamma 4 Magen 4 Kolon 4 Appendix 4 Gallenblase, Pankreas
Die Kooperation und fachliche Kommunikation zwischen dem operativ tätigen Gynäkologen und dem Pathologen sind gerade bei dieser Tumorentität unabdingbar. Der Pathologe sollte unbedingt über die Anamnese (präexistentes Mammakarzinom usw.), die Verdachtsdiagnose, den intraoperativen Situs und die Ergebnisse vorliegender präoperativer Untersuchungen informiert sein. Bei Ovarialmetastasen des Mammakarzinoms ist eine Bestimmung der Hormonrezeptoren bzw. des Her-2-neuStatus für die Abstimmung und Wahl der folgenden medikamentösen Antitumortherapie sinnvoll.
Bei Metastasen anderer Primärtumoren und nichthormonabhängigen metastatischen Tumoren der Mamma existiert keine Kontraindikation gegen Östrogene (und Gestagene).
7.12
Radiotherapie
Mit palliativer Zielsetzung kann sie indiziert sein. Beispiele sind blutende Vaginalrezidive oder schmerzhafte Beckenrezidive.
7.13
Nachsorge
Patientinnen mit Krukenberg-Tumoren benötigen aufgrund ihrer fortgeschrittenen Erkrankung eine kontinuierliche Betreuung mit palliativ-symptomatischen und/oder antineoplastischen Maßnahmen.
+ + Zusammenfassung 5 Metastatische Tumoren im Ovar treten bevorzugt nach Mamma-, Kolorektal- oder Magenkarzinom auf. 5 Die operative Therapie ist palliativ mit beidseitiger Adnexektomie, Omentektomie (und Hysterektomie). 6
7
120
Kapitel 7 · Metastatische Tumoren im Ovar
5 Günstige Prognosefaktoren stellen v. a. Primärtumoren der Mamma, des Kolons und der Appendix, postoperative Resttumoren unter 2 cm und die ausschließliche Tumorausbreitung im Becken dar.
Literatur
7
Fujiwara K, Ohishi Y, Koike H et al. (1995) Clinical implications of metastases to the ovary. Gynecol Oncol 59: 124–128 Herzog T, Wright D, Powell M et al. (2003) Appendiceal tumors mimicking ovarian cancer. Proc ASCO 22: 491 Morrow M, Enker W (1984) Late ovarian metastases in carcinoma of the colon and rectum. Arch Surg 119: 1135–1388 Petru E, Pickel H, Heydarfadai M et al. (1992) Nongenital cancer metastatic to the ovary. Gynecol Oncol 44: 83–86 Wright J, Powell M, Mutch D et al. (2004) Synchronous ovarian metastases at the time of laparotomy for colon cancer. Gynecol Oncol 92: 851–855
8 8
Maligne Tumoren der Vagina Ossi R. Köchli, Edgar Petru und Bernd-Uwe Sevin
8.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 123
8.2
Risikofaktoren – 123
8.3
Screening, Früherkennung – 123
8.4
Tumorausbreitung
8.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
8.6
Stadieneinteilung und 5-Jahres-Überleben in Abhängigkeit vom Tumorstadium – 124
8.7
Prognosefaktoren
8.8
Operative Therapie
8.8.1 8.8.2 8.8.3 8.8.4 8.8.5 8.8.6
Operative Therapie der vaginalen intraepithelialen Neoplasie (VAIN) – 125 Operative Therapie invasiver Karzinome der Vagina – 126 Operative Therapie beim endodermalen Sinustumor der Vagina – 127 Operative Therapie von Sarkomen der Vagina – 127 Operative Therapie beim primären Melanom der Vagina – 127 Exenteration – 127
8.9
Histologie – 128
8.10
Chemotherapie
8.10.1
Lokale Chemotherapie bei der vaginalen intraepithelialen Neoplasie (VAIN) – 128 Chemotherapie invasiver Karzinome der Vagina – 128 Chemotherapie beim endodermalen Sinustumor der Vagina – 128 Chemotherapie bei Sarkomen der Vagina – 129 Chemotherapie von Melanomen der Vagina – 129
8.10.2 8.10.3 8.10.4 8.10.5
– 123 – 123
– 124 – 125
– 128
122
8.11
Hormontherapie, antihormonelle Therapie – 129
8.12
Immuntherapie
8.13
Radiotherapie – 129
8.13.1 8.13.2 8.13.3 8.13.4 8.13.5 8.13.6 8.13.7
Teletherapie (externe Radiotherapie)des Beckens – 129 Brachytherapie (Kontaktstrahlentherapie) – 130 Kombination von Teletherapie und Brachytherapie – 130 Radio-Chemo-Therapie – 130 Strahlentherapie von Sarkomen der Vagina – 130 Strahlentherapie von Melanomen der Vagina – 130 Nebenwirkungen der Strahlentherapie – 130
– 129
8.14
Nachsorge – 130
8.14.1 8.14.2
VAIN – 131 Invasives Vaginalkarzinom
8.15
Rezidive, Metastasen
– 131
– 131
Zusammenfassung –131 Literatur – 131
123 8.5 · Diagnosestellung, präoperatives Staging
8.1
Häufigkeit, Altersverteilung
Die Inzidenz des Vaginalkarzinoms liegt bei 0,4/100.000 Frauen/Jahr und macht etwa 2% aller gynäkologischen Malignome aus. Es tritt vorwiegend im höheren Lebensalter mit einem Altersgipfel zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr auf.
8.2
Risikofaktoren
4 Infektion mit dem HPV (»human papilloma virus«). Dafür spricht auch das häufige Auftreten multifokaler Läsionen. 4 Vorausgegangene zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) oder invasives Zervixkarzinom in etwa 1/3 der Fälle, in etwa 20% auch vorausgegangene Strahlentherapie, viel seltener Anamnese maligner Vulvatumoren 4 Höheres Lebensalter 4 Chronische Reizzustände der Vagina, wie z. B. durch Langzeitanwendung von Pessaren
. Abb. 8.1. Klinischer Hinweis auf Vaginalkarzinom (7 Farbtafel)
8.4
Tumorausbreitung
Direktes Übergreifen auf die Nachbarorgane. Parakol-
pium, Blase, Rektum und Skelett können betroffen sein. Lymphogene Ausbreitung
8.3
Screening, Früherkennung
Ein Screening bei Frauen nach Hysterektomie wegen benigner Erkrankungen ist aufgrund der Seltenheit des Vaginalkarzinoms nicht indiziert (Pearce et al. 1996). Eine Früherkennung ist möglich durch 4 Zytologie der Vagina 4 Kolposkopie mit Schiller-Jodprobe insbesondere bei der Risikogruppe von Patientinnen mit der Anamnese eines Zervixkarzinoms
Klinische Symptome des Vaginalkarzinoms 5 Vaginale Blutungen, typischerweise postkoital (. Abb. 8.1) 5 Abnormer vaginaler Fluor, oft blutig tingiert und/ oder übel riechend 5 Miktionsbeschwerden 5 Beschwerden bei der Defäkation 5 Schmerzen im Beckenbereich (Infiltration des Plexus sacralis) oder lumbal (Harnstau?) 5 Tiefe Bein- oder Beckenvenenthrombose durch Expansion im Becken 5 In 5–10% der Fälle tritt keine Symptomatik auf.
4 Tumoren des oberen Drittels der Vagina metastasieren bevorzugt in die pelvinen Lymphknoten: v. a. Nodi lymphatici praesacrales, Nodi lymphatici obturatorii, Nodi lymphatici iliaci communes und interni. 4 Tumoren des mittleren Scheidendrittels metastasieren bevorzugt in die Nodi lymphatici iliaci interni und obturatorii. 4 Tumoren des unteren Scheidendrittels weisen üblicherweise zuerst Metastasen in den inguinofemoralen Lymphknoten und pelvinen Lymphknoten (v. a. Nodi lymphatici iliaci externi) auf. . Tabelle 8.1. zeigt den pelvinen und inguinalen Lymph-
knotenbefall anhand von 35 Patientinnen (Al-Kurdi u. Monghan 1981). Hämatogene Ausbreitung. Die Ausbreitung des Vaginalkarzinoms bleibt, wie beim Zervixkarzinom, lange auf das Becken beschränkt. Hämatogene Fernmetastasen in Lunge, Leber und Skelettsystem sind selten.
8.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
Ein Scheidentumor, der auf das Orificium externum canalis cervicis übergegriffen hat, ist laut FIGO als Zervixkarzi-
8
124
Kapitel 8 · Maligne Tumoren der Vagina
. Tab. 8.1. Lymphknotenbefall beim primären Vaginalkarzinom
8
Positive pelvine Lymphknoten [%]
Positive inguinale Lymphknoten [%]
Alle Patientinnen
29
17
Stadium I
14
-
Stadium II
32
11
Stadium IV
33
22
Isolierter Befall kranialen Drittels
23
0
Isolierter Befall des mittleren Drittels
–
0
Isolierter Befall des distalen Drittels
23
38
Befall der gesamten Vagina
67
17
nom zu klassifizieren. Ein Tumor, der die Vagina und Vulva befallen hat, wird zu den Vulvakarzinomen gezählt.
Liegt bei einer Patientin mit einem Scheidenkarzinom die Diagnose eines Zervixkarzinoms 10 Jahre oder länger zurück, ist ein primäres Scheidenkarzinom anzunehmen. Bei einer Latenzzeit von <10 Jahren nach Erstdiagnose eines Zervixkarzinoms ist ein Rezidiv desselben wahrscheinlich. Die Diagnose erfolgt anhand von 4 Äußerer klinischer Untersuchung (v. a. Palpation der inguinalen Lymphknoten) 4 Gynäkologischer Untersuchung einschließlich zytologischem PAP-Abstrich, vaginaler Kolposkopie und Anwendung der Lugol-Lösung (Schiller-Jodprobe mit Kaliumjodid) zur Abgrenzung verdächtiger, scharfrandiger jodnegativer Areale, anschließend Biopsie verdächtiger Bezirke bzw. Schiller-Abschabung mittels scharfem Löffel. Nicht selten wird ein kleines, distal an der Vorder- oder Hinterwand gelegenes Vaginalkarzinom bei der ersten Untersuchung übersehen, wenn es durch die Spekula verdeckt wird. Aus diesem Grund wird generell eine sorgfältige Inspektion der Vagina durch langsames Herausnehmen der Spekula unter drehender Bewegung empfohlen. Die meisten Karzinome der Vagina sind im oberen Drittel und an der Hinterwand lokalisiert. Makroskopisch sind sie in der Regel exophytisch, exulzerierend oder seltener endophytisch.
4 Abklärung der Zervix mittels Kolposkopie, gezielter Zytologie und Biopsie bzw. des Corpus uteri, wenn ein primäres Endometriumkarzinom mit Scheidenmetastase ausgeschlossen werden soll: Hysteroskopie mit fraktionierter Kürettage 4 Thoraxröntgen 4 i. v. Pyelographie (Urographie) oder Sonographie der Nieren 4 Zystoskopie 4 Prokto- und Rektoskopie 4 MRT (Magnetresonanztomographie) bzw. Computertomographie des Beckens und Abdomens insbesondere wenn keine Operation, sondern eine primäre Strahlentherapie vorgesehen ist 4 Skelettröntgen bei klinischem Verdacht auf Knochenmetastasen
8.6
Stadieneinteilung und 5-Jahres-Überleben in Abhängigkeit vom Tumorstadium
Die Zuordnung einer Patientin mit primärem Vaginalmalignom erfolgt entsprechend dem FIGO-Stadium aufgrund des klinischen Untersuchungsbefunds (. Tab. 8.2). Etwa je 25% aller Patientinnen werden im Stadium I und III, etwa ein Drittel im Stadium II und etwa 15% im Stadium IV diagnostiziert.
8.7
Prognosefaktoren
In absteigender Reihenfolge beeinflussen folgende Faktoren die Prognose ungünstig 4 Höheres Stadium und Tumorgröße 4 Lebensalter über 60 Jahre 4 Weitere uneinheitlich beschriebene negative Einflussfaktoren sind niedriger Differenzierungsgrad, das Bestehen von Symptomen zum Zeitpunkt der Diagnose, tumoröser Befall der distalen Vagina v. a. bei primärer Radiotherapie, Befall von über 2/3 der Vagina und Befall mehrerer Vaginalwände, die verlängerte Behandlungszeit der Bestrahlung sowie das Vorliegen eines Adenokarzinoms.
125 8.8 · Operative Therapie
. Tab. 8.2. Stadieneinteilung der Malignome der Vagina, korrespondierende Häufigkeitsverteilung und 5-Jahres-Überlebensraten entsprechend dem aktuellen FIGO Annual Report
FIGO-Stadium
TNM
Klinischer Untersuchungsbefund
Häufigkeit [%]
5-JahresÜberleben [%]
0
Tis
VAIN III (vaginale intraepitheliale Neoplasie Grad III: Carcinoma in situ) (mikroskopische Diagnose)
4
–
I
T1
Tumor auf die Vagina begrenzt
32
73
II
T2
Tumorinvasion ins paravaginale Gewebe, aber nicht bis zur Beckenwand
31
51
III
T3
Tumorausbreitung bis zur Beckenwand
33
IVa
T4
Tumorinvasion von Blasen- oder Rektumschleimhaut oder Ausbreitung über das Becken hinaus
7
20
IVb
M1, T1–T4, N0/N1
Fernmetastasen
5
0
a
8.8
20
a
Das Vorhandensein eines bullösen Ödems reicht nicht aus, um einen Tumor dem Stadium IVa (T4) zuzuordnen.
Operative Therapie
Beim Vaginalkarzinom steht prinzipiell die Strahlentherapie vor einer operativen Therapie im Vordergrund. Letztere erfolgt generell individualisiert in Abhängigkeit vom 4 Alter der Patientin 4 deren Karnofsky-Status 4 der Größe und Lokalisation des Tumors 4 dem Umstand, ob sich der Uterus noch in situ befindet und ob bereits eine Vorbestrahlung der Vagina erfolgt ist Das Therapieziel stellt die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Vagina dar. Jede Form der Therapie und deren Konsequenz müssen ausführlich mit der Patientin und deren Partner besprochen werden. Die anatomisch ungünstige Situation durch die topographische Nähe von Blase, Rektum und Urethra limitiert eine möglicherweise kurative Therapie durch Bestrahlung und/oder Operation. Bei Letzterer existiert v. a. die Schwierigkeit – von der Exenteration abgesehen – ausreichend weite Resektionsränder vom Tumor zu erreichen. Die Effektivität von primärer Operation und primärer Strahlentherapie scheint im Stadium I und II vergleichbar hoch zu sein. Durch den Verzicht auf eine Radiotherapie bei ausschließlich operierten Patientinnen kann die Vita sexualis durch selteneres Auftreten einer
Vaginalstenose/-fibrose und auch von klimakterischen Beschwerden infolge der Bestrahlung der Ovarien besser sein. Nach primär operativer Behandlung besteht bei einem lokalen Rezidiv in erster Linie die Möglichkeit einer (effektiven) Strahlentherapie. Die Komplikationen einer Strahlentherapie und chirurgischen Therapie halten sich die Waage. Hauptkomplikationen der radikalen operativen Therapie.
In erster Linie werden Blasenentleerungsstörungen, Vesikovaginal- und Rektovaginalfisteln, thrombembolische Komplikationen und schwerere Blutungen beobachtet. In . Abb. 8.2. ist ein Therapieschema für die Malignome der Vagina dargestellt.
8.8.1 Operative Therapie der vaginalen
intraepithelialen Neoplasie (VAIN) Bevor die Diagnose VAIN gestellt werden kann, muss invasives Wachstum durch Biopsien/Abschabung bzw. Probeexzision der Vagina ausgeschlossen werden. Bei kleineren, umschriebenen Läsionen wird meist eine vollständige lokale Exzision durchgeführt. Eine CO2-Laser-Therapie eignet sich besonders zur Behandlung einer begrenzten Anzahl kleinerer Läsionen. Es ist jedoch immer zu berück-
8
126
Kapitel 8 · Maligne Tumoren der Vagina
8
. Abb. 8.2. Behandlungsschema beim primären invasiven Karzinom der Vagina
sichtigen, dass im Gegensatz zur chirurgischen Exzision eine histologische Kontrolle der Vollständigkeit der Lasertherapie infolge der Gewebedestruktion unmöglich ist. Deshalb ist besonders vor einer Laserdestruktion oder einer Kryotherapie eine genaue bioptische Abklärung aller suspekter Läsionen unter kolposkopischer Sicht essenziell. Im Zweifelsfall ist eine operative Exzision anzuraten, um mit Hilfe eines adäquaten histologischen Präparats invasives Wachstum auszuschließen. Ist bei ausgedehnten Läsionen eine Kolpektomie nötig, ist die Bildung einer künstlichen Vagina (Neovagina) mittels myokutaner Lappenplastik, Maschengitter (»Meshgraft«)-Transplantat oder Dickdarm zu diskutieren.
8.8.2 Operative Therapie invasiver Karzinome
der Vagina Die Operation hat in der primären Therapie des Vaginalkarzinoms besonders im Stadium I Bedeutung. Bei Beschränkung des Vaginalkarzinoms auf das obere Drittel ist bei vorhandenem Uterus eine radikale Hysterektomie mit pelviner Lymphadenektomie und partieller Kolpektomie analog dem Zervixkarzinom indiziert. Bei der Kolpektomie ist besonders auf einen ausreichenden distalen Resektionsrand zu achten (≥2 cm). Wurde die Patientin bereits früher hysterektomiert, sollten eine radikale obere Kolpektomie mit Dissektion der Parametrien- und Parakolpien
127 8.8 · Operative Therapie
sowie eine pelvine Lymphadenektomie durchgeführt werden. Bei einem Karzinom im Stadium I–II, das im distalen Drittel nahe dem Introitus lokalisiert ist, ist außer einer radikalen Kolpektomie häufig eine teilweise Vulvektomie notwendig, um tumorfreie Resektionsränder zu garantieren. Karzinome im distalen Vaginaldrittel erfordern zusätzlich eine inguinale Lymphadenektomie, da die inguinalen Lymphknoten in 38% der Fälle metastatisch befallen sind (Al-Kurdi u. Monaghan 1981). Bei Tumoren des unteren Scheidendrittels, die primär einer Strahlentherapie unterzogen werden, kann eine inguinale Lymphadenektomie zur Planung der Radiotherapie erfolgen. Im Stadium II kann auch eine Radikaloperation durchgeführt werden, wobei hier allerdings häufiger eine primäre Radiotherapie erfolgt. Bezüglich des Vorgehens bei der pelvinen, paraaortalen und inguinalen Lymphadenektomie wird auf 7 Kap. 4 und 7 Kap. 9 verwiesen. 8.8.3 Operative Therapie beim endodermalen
Sinustumor der Vagina Dieser extrem seltene Keimzelltumor, der meist bei ganz jungen Mädchen etwa um das 3. Lebensjahr diagnostiziert wird, wird heute infolge der Wirksamkeit der Chemotherapie meist primär zytostatisch (neoadjuvante Chemotherapie) und erst danach operativ behandelt. Als Therapie steht die weite Exzision des Primärtumors im Gesunden im Vordergrund.
unter den Vaginalsarkomen dar. Bei diesem Tumor, der vorwiegend bei Mädchen vor dem 15. Lebensjahr vorkommt, wird aufgrund der Effektivität der Chemotherapie (v. a. nach dem VAC-Schema) nach einer solchen meist eine konservative chirurgische Therapievariante z. B. mit lokaler Exzision und konsekutiv besserer Lebensqualität gewählt (Copeland et al. 1985a, Maurer et al. 1988).
8.8.5 Operative Therapie beim primären
Melanom der Vagina Melanome treten bevorzugt im distalen Drittel der Vagina und an deren Vorderwand auf. In den meisten Fällen besteht zum Zeitpunkt der Diagnose eine tiefe Invasion (Chung et al. 1980). Die Tumorgröße beeinflusst die Überlebensrate signifikant (Reid et al. 1989, Petru et al. 1998). Eine eingeschränkte Radikaloperation (weite Exzision des Primärtumors bzw. Kolpektomie±Vulvektomie und die Entfernung der pelvinen bzw. inguinalen Lymphknoten) stellt eine geeignete Primärtherapie dar (Reid et al. 1989). Bei der Operation kommt es v. a. auf das Vorhandensein tumorfreier Resektionsränder an, da sonst die Rate an Lokalrezidiven exzessiv ansteigt. Nach einer lokalen Exzision oder einer partiellen Kolpektomie ist bei Tumoren ≤3 cm zwar die Lokalrezidivrate gegenüber ultraradikalen Therapieformen wie einer Exenteration erhöht, sie wirkt sich aber nicht negativ auf das Gesamtüberleben aus (Petru et al. 1998). Die Prognose von Vaginalmelanomen ist besonders ungünstig. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt zwischen 0 und 21% (Chung et al. 1980, Petru et al. 1998, Reid et al. 1989).
8.8.4 Operative Therapie von Sarkomen
der Vagina 8.8.6 Exenteration
Zumeist handelt es sich um große Tumoren im Erwachsenenalter, die im oberen Drittel der Vagina entstehen. Wegen ihrer Chemoresistenz und auch relativen Radioresistenz ist die Radikaloperation die Behandlung der Wahl. Handelt es sich um hochdifferenzierte Sarkome und sind die Resektionsränder nicht befallen, ist die Prognose günstiger. Die hohe Inzidenz von Lokal- bzw. Beckenrezidiven bestätigt indirekt die Notwendigkeit einer möglichst radikalen Primärtherapie in Kombination mit einer adjuvanten Radiotherapie. Das embryonale Rhabdomyosarkom stellt bezüglich des Ansprechens auf eine Chemotherapie eine Ausnahme
Eine primäre Exenteration ist beim Vaginalkarzinom im Stadium IVa indiziert, wenn eine Vesiko- oder Rektovaginalfistel bestehen bzw. auch in Ausnahmefällen ohne vorhandene Fistelbildung. Vorbedingungen für eine Exenteration mit kurativer Intention sind ein guter Allgemeinzustand mit Karnofsky-Status ≥80 und dem Fehlen von Fernmetastasen. Das bedeutet, dass sich beim Bild gebenden Staging bzw. zum Zeitpunkt der explorativen Laparotomie keine Metastasen z. B. in den paraaortalen oder supraklavikularen Lymphknoten finden. Außerdem müssen operativ tumorfreie Resektionsränder erreicht werden
8
128
Kapitel 8 · Maligne Tumoren der Vagina
können. Wird eine Exenteration bei sexuell aktiven Frauen durchgeführt, sollte die Rekonstruktion der Scheide in die Therapieplanung miteinbezogen werden. Eine Exenteration ist auch bei Patientinnen mit zentralem Rezidiv nach primärer Radiotherapie, bei welchen die Strahlentoleranzgrenze erreicht wurde und bei Patientinnen mit Vaginalsarkom mit Ausnahme des embryonalen Rhabdomyosarkoms indiziert. Bei fortgeschrittenen vulvo-vaginalen Karzinomen oder Rezidiven nach Radiotherapie kann eine Fixation des Tumors im Bereich des knöchernen Beckens bestehen. In diesen Fällen kann zusätzlich eine Resektion der befallenen Knochenpartien (R. inferior ossis pubis, Symphysis pubica) als Teil der Operation notwendig werden. Bezüglich der Exenteration wird auch auf 7 Kap. 4 verwiesen.
Embryonales Rhabdomyosarkom. Das häufigste, hochma-
ligne Sarkom tritt meist zwischen dem 10. und 20. Lebensjahr auf. Typisch ist das traubenförmige Wachstum (»botrys«, Sarcoma botryoides). Andere Sarkome. Im Erwachsenenalter sind Leiomyosar-
kome am häufigsten. Diese weisen eine bessere Prognose als die Karzinosarkome (maligne Müller-Mischtumoren) auf. Melanome. Typisch sind blau-schwarze Tumoren, es gibt aber häufiger amelanotische Formen.
8.10
Chemotherapie
8.10.1 Lokale Chemotherapie bei der vaginalen 8.9
8
Histologie
Häufiger als ein primäres Karzinom der Vagina ist ihr metastatischer Befall bei primären Tumoren von Corpus oder Cervix uteri, Vulva, Ovar, Urethra, Harnblase, Niere, Kolon, Mamma und dem Trophoblastgewebe. Folgende Histologien kommen am häufigsten vor 4 Plattenepithelkarzinome in 85% 4 Adenokarzinome in 8% 4 Sarkome in 3% 4 Melanome in 3% 4 Undifferenzierte Karzinome, kleinzellige Karzinome mit besonders hoher Aggressivität und Lymphome machen die restlichen 3% aus. Adenokarzinom. Es ist zunächst die Herkunft eines Primärtumors vom Endometrium, der Zervix, des Ovars, des Kolon und der Bartholin-Drüse auszuschließen, bevor die Diagnose eines primären Vaginalkarzinoms gestellt werden kann. Das Adenokarzinom ist meist vom klarzelligen Typ. In der Vergangenheit bestand ein Zusammenhang zwischen seiner Entstehung mit der mütterlichen Exposition gegenüber Diethylstilbestrol (DES) im 1. Trimenon. Sie traten bzw. treten bevorzugt um das 20. und 70. Lebensjahr auf, und ihre Prognose ist besser als jene bei Frauen ohne DESExposition (Hanselaar et al. 1997). Bei einer häufigen (gutartigen) vaginalen Adenose ist das Risiko einer CIN (zervikale intraepitheliale Neoplasie) und VAIN erhöht.
intraepithelialen Neoplasie (VAIN) Multiple Herde einer VAIN können nach vorherigem histologischen Ausschluss von invasivem Tumorwachstum mit topischem 5-Fluoruracil in etwa 50% erfolgreich therapiert werden. Sie ist in Europa unüblich.
8.10.2 Chemotherapie invasiver Karzinome
der Vagina Nur 6–20% der Patientinnen weisen unter einer systemischen zytostatischen Therapie eine Remission auf. Beim Vaginalkarzinom finden jene Zytostatika Anwendung, die auch beim Zervixkarzinom eingesetzt werden. Mit Cisplatin bestehen die relativ meisten Erfahrungen in der Palliativtherapie, mit Cisplatin und 5-Fluoruracil bei der kombinierten Radiochemotherapie (7 Kap. 4).
8.10.3 Chemotherapie beim endodermalen
Sinustumor der Vagina Neben einer Exzision kommt meist eine Chemotherapie mit VAC (Vincristin, Actinomycin D, Cyclophosphamid oder Ifosfamid) erfolgreich zum Einsatz (Copeland et al. 1985b,Young u. Scully 1984, Mauz-Körholz et al. 2000). Als Alternative zum VAC-Schema oder nach Versagen desselben kann das BEP (Bleomycin, Etoposid, Cisplatin)Schema analog den Keimzelltumoren des Ovars angewendet werden (7 Kap. 6).
129 8.13 · Radiotherapie
8.10.4 Chemotherapie bei Sarkomen der Vagina
8.13
Da die psychische Belastung einer Exenteration besonders beim embryonalen Rhabdomyosarkom von Mädchen erheblich ist und diese Operationsform keinen Überlebensvorteil mit sich bringt, wird meist zunächst eine primäre, neoadjuvante Chemotherapie nach dem VAC-Schema (Copeland et al. 1985a, 7 oben) eingesetzt. Sie erfolgt in der Regel in Kombination mit der Radiotherapie und einer möglichst konservativen chirurgischen Therapie. 5-JahresÜberlebensraten von 78% wurden an großen Patientenkollektiven berichtet (Maurer et al. 1988). Tritt nach primärer Chemotherapie keine Remission auf, wird die Radiotherapie eingesetzt. Ist auch diese erfolglos, kann in Einzelfällen eine sekundäre Radikalchirurgie indiziert sein (meist Exenteration). Bei den anderen histologischen Sarkomtypen wie dem Leiomyosarkom oder Karzinosarkom besitzt die Chemotherapie keinen Stellenwert.
Sie stellt den Eckpfeiler im Gesamtbehandlungskonzept des Vaginalkarzinoms dar. Bis zu 80% aller Patientinnen werden weltweit primär radiotherapiert. Beim Vergleich der Therapieresultate im Stadium I und II scheint die Strahlentherapie der primär operativen Therapie ebenbürtig zu sein. Allerdings ist bei statistischen Vergleichen zwischen Operation und Strahlentherapie einschränkend festzustellen, dass nach der Primäroperation bei vielen Patientinnen zusätzlich eine Strahlentherapie erfolgt (ist). Beim invasiven Vaginalkarzinom sind eine Brachytherapie (Kontakttherapie) oder eine Teletherapie (externe Radiotherapie) allein einer Kombination von Tele- und Brachytherapie unterlegen (Dixit et al. 1993). Der Nachteil der Brachytherapie ist v. a. deren starker Dosisabfall mit dem Abstand von der Strahlungsquelle und damit deren geringe Reichweite. Nur etwa 1/4 der vaginalen Kontaktdosis gelangt an die Beckenwand. Ohne Teletherapie würden somit evtl. vorhandene pelvine Lymphknotenmetastasen unzureichend behandelt werden. Bei der Vagina existiert eine Abnahme der Strahlentoleranz von kranial nach kaudal. Während die Strahlentoleranzdosis im proximalen Drittel zwischen 90 und 120 Gy liegt, beträgt sie im mittleren Vaginaldrittel 70–80 Gy und im distalen Drittel nur 50–65 Gy. Bezüglich der Strahlentherapie sei auf 7 Kap. 4 verwiesen.
8.10.5 Chemotherapie von Melanomen
der Vagina Vereinzelt konnte durch eine Chemotherapie z. B. mit Dacarbazin oder Chemotherapie plus Immuntherapie z. B. mit Bacillus Calmette Guerin eine Stabilisation des Krankheitsbilds erreicht werden (Reid et al. 1989).
Radiotherapie
8.13.1 Teletherapie (externe Radiotherapie) 8.11
Hormontherapie, antihormonelle Therapie
Die systemische Hormontherapie spielt beim Vaginalkarzinom keine Rolle. Es besteht nach Therapie eines Vaginalmalignoms keine Kontraindikation gegen die lokale Anwendung östriolhaltiger Suppositorien oder Cremes, um die Vagina funktionsfähig zu erhalten. Dies gilt auch für eine systemische Östrogensubstitution.
8.12
Immuntherapie
Vereinzelt existieren Hinweise für eine (bescheidene) Effektivität von lokaler 5%iger Imiquimodcreme (Aldara).
des Beckens Im Stadium I und II zeigte sich eine signifikant schlechtere lokale Kontrolle mit alleiniger Teletherapie gegenüber einer kombinierten Tele- und Brachytherapie (Eddy et al. 1993). In den fortgeschrittenen Stadien III oder IV beschränkt man sich nicht selten auf eine ausschließliche externe Teletherapie. Dabei können Dosen von 60–70 Gy verabreicht werden. Bei einem Beckenwandrezidiv ist eine palliative Bestrahlung mit ultraharten Röntgenstrahlen eine gute Therapieoption u .a. auch zur effektiven Schmerzreduktion. Zentrale Scheidenrezidive können einer intrakavitären oder interstitiellen Strahlenbehandlung zugeführt werden und besitzen eine deutlich bessere Prognose als Beckenwandrezidive.
8
130
Kapitel 8 · Maligne Tumoren der Vagina
8.13.2 Brachytherapie (Kontaktstrahlentherapie)
8
Eine primäre Strahlentherapie einer VAIN bzw. eines Carcinoma in situ sollte älteren Frauen, bei welchen die Funktionsfähigkeit der Vagina keine Rolle spielt oder eine chirurgische Behandlung nicht in Frage kommt, vorbehalten bleiben. Wird ausschließlich eine intrakavitäre Radiotherapie durchgeführt, kann die Dosis höher als bei einer Kombination mit externer Bestrahlung gewählt werden. Als Kontakttherapie mit einer Dosis von 60–70 Gy kommen sowohl eine intrakavitäre (in der Vagina bzw. im Canalis cervicis) als auch eine interstitielle Behandlung (mit Spicknadeln im Tumorbereich) in Betracht. Bei der intrakavitären Therapie werden Applikatoren (Kolpostate) aus Plexiglas, Plastik oder Hartgummi mit der Strahlungsquelle (z. B. Radium 226, Cäsium 137) in die Vagina eingebracht, die einen definierten Abstand zwischen Strahlenquelle und Scheidenwand garantieren. Die intrakavitäre Behandlung erfolgt bei in situ befindlichem Uterus und Tumorbefall der oberen Vagina durch das so genannte intrauterine Tandem oder mit einem ovoiden Strahlenapplikator. Bei der interstitiellen Strahlentherapie werden Nadeln z. B. mit Iridium 192 verwendet. Dadurch wird am Tumor selektiv eine hohe Dosis erzielt. Dieses Verfahren ist u. U. auch nach vorausgegangener Bestrahlung indiziert, da diese fast ausschließlich am Tumor lokalisiert bleibt. Eine Brachytherapie wird häufig erfolgreich auch bei rezidivierenden vaginalen Blutungen infolge fortgeschrittener Vaginaltumoren oder Rezidiven eingesetzt.
Bei Tumoren im distalen Drittel der Vagina sollten vor einer Strahlenbehandlung die vergrößerten inguinalen Lymphknoten vorzugsweise chirurgisch exstirpiert werden. Ist dies nicht möglich oder erweisen sie sich als histologisch z. B. durch Feinnadelbiopsie positiv, sollten sie in das Behandlungsfeld der Teletherapie miteinbezogen werden (50 Gy). Im Stadium I zeigte die zusätzliche externe Teletherapie gegenüber einer interstitiellen oder intrakavitären Brachytherapie allein keinen Überlebensvorteil (Perez et al. 1988). In diese Richtung weisen auch Daten von Kucera u. Vavra (1991), die im Stadium I für die Brachytherapie allein ein 5-Jahres-Überleben von 85% ergaben.
8.13.4 Radio-Chemo-Therapie
Analog dem Zervixkarzinom scheint die Kombination aus Radiotherapie und begleitendem Cisplatin oder 5-Fluoruracil die Therapieergebnisse verbessern zu können (Dalrymple et al. 2004).
8.13.5 Strahlentherapie von Sarkomen
der Vagina Mit Ausnahme des embryonalen Rhabdomyosarkoms gelten Sarkome der Vagina als wenig strahlensensibel.
8.13.6 Strahlentherapie von Melanomen
der Vagina 8.13.3 Kombination von Teletherapie
und Brachytherapie Diese kann primär oder als Adjuvans nach chirurgischer Behandlung bei erhöhtem Rezidivrisiko z. B. durch großen Primärtumor, pelvine und/oder inguinale Lymphknotenmetastasen und/oder Resektion non in sano erfolgen. Die Teletherapie erfolgt meist mit 50 Gy zur initialen Reduktion des Tumorvolumens und zur Behandlung der Metastasen in den Beckenlymphknoten. Eine solche Tumorverkleinerung ist Voraussetzung für den Erfolg der anschließenden Brachytherapie. Diese wird nur noch als Aufsättigung der Teletherapie aufgefasst (Dosis 30–40 Gy). Bei einer Kombination aus Kontakttherapie und externer Strahlentherapie stellt eine Gesamtdosis von 90 Gy die obere Toleranzgrenze dar.
Melanome der Vagina weisen eine geringe Strahlensensitivität auf. Deshalb wird die operative Primärtherapie vorgezogen (Reid et al. 1989). Dennoch sind in Einzelfällen mit Tumoren ≤3 cm Langzeitremissionen nach Radiotherapie beschrieben worden (Petru et al. 1998).
8.13.7 Nebenwirkungen der Strahlentherapie
Hierzu sei auf 7 Kap. 4 verwiesen.
8.14
Nachsorge
Die Funktionseinschränkung der Vagina durch eine Strahlentherapie oder den operativen Verlust des Organs
131 Literatur
und/oder das Bestehen schwerer Behandlungskomplikationen wie z. B. Fisteln stellen höchste Belastungen für die Patientin und deren Partner dar. Patientinnen, die vor der Therapie des Vaginalmalignoms sexuell aktiv waren, sollten dazu ermutigt werden, auch nach der Therapie mit einem verständnisvollen Partner den Geschlechtsverkehr aufrechtzuerhalten (7 Kap. 20).
8.14.1 VAIN
8.15
Rezidive, Metastasen
Sie kommen insbesondere lokal in der Vagina und im Becken vor. Fernmetastasen treten typischerweise spät v. a. in der Lunge, der Leber und im Skelettsystem auf. Als Rezidivtherapie kommt meist eine palliative Strahlentherapie z. B. interstitiell oder extern in Abhängigkeit von der initial verabreichten Dosis zum Einsatz. Im Einzelfall (zentrales Beckenrezidiv) kann auch eine Operation (Exenteration) erwogen werden. Nur etwa 10% der Patientinnen mit Rezidiv überleben tumorfrei 5 Jahre.
3–5% der Patientinnen mit VAIN entwickeln in der Folge ein invasives Karzinom der Vagina (Sillman et al. 1997). + + Zusammenfassung 8.14.2 Invasives Vaginalkarzinom
Rezidive eines Vaginalkarzinoms treten meist innerhalb der ersten 1 1/2 Jahre auf. Mit zunehmendem Stadium steigen v. a. die lokale Rezidivrate, aber auch parallel die Rate an Fernmetastasen. In 83–93% sind die Vagina oder das Becken allein oder in Kombination mit Fernmetastasen betroffen (Al-Kurdi u. Monoghan 1981). Die hohe Lokalrezidivrate macht deutlich, dass eines der Ziele der Karzinombehandlung die Erhaltung der Durchgängigkeit der Vagina ist, um eine adäquate Nachsorge einschließlich PAP-Kontrollen, Kolposkopie und evtl. Biopsien zu gewährleisten. Eine (teilweise)Vorbeugung von Vaginalfibrosen, -stenosen und -verklebungen ist durch eine konsequente Anwendung östrogenhaltiger Suppositorien, Salben, Cremes und Vaginaldilatatoren möglich. Dadurch können in vielen Fällen auch eine Erhaltung der Vita sexualis erreicht und die häufig problematische Interpretation zytologischer Veränderungen nach Radiotherapie infolge Strahlenatypien erleichtert werden. Hinsichtlich der Nachsorge von Patientinnen mit malignen Tumoren der Vagina können die in 7 Kap. 4 angegebenen Richtlinien Berücksichtigung finden. Aufgrund nur kleiner Erfahrungen kann die Bedeutung des Tumormarkers »squamous cell carcinoma antigen« (SCCA) beim Vaginalkarzinom nicht ausreichend beurteilt werden. Beim Adenokarzinom kann zur Überwachung auch an das Cancer-Antigen 125 (CA-125) gedacht werden. Beim endodermalen Sinustumor wird als Tumormarker das α-Fetoprotein verwendet (Young u. Scully 1984).
Maligne Tumoren der Vagina sind insgesamt selten. Vaginalmalignome, die auch einen Befall der Zervix mit Übergreifen auf das Orificium externum canalis cervicis aufweisen, werden als primäre Zervixkarzinome klassifiziert, jene mit Befall der Vulva als primäre Vulvakarzinome. Beim Vaginalkarzinom steht eine primäre Strahlentherapie im Vordergrund. Primär operativ werden v. a. Patientinnen mit Tumoren des oberen Scheidendrittels therapiert. Rezidive treten bevorzugt lokoregional in der Vagina bzw. im Becken auf.
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8
132
8
Kapitel 8 · Maligne Tumoren der Vagina
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9 9
Maligne Tumoren der Vulva Karl Tamussino, Arnim Bader und Edgar Petru
9.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 135
9.2
Risikofaktoren – 135
9.3
Screening, Früherkennung – 135
9.4
Tumorausbreitung
9.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
9.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten beim Vulvakarzinom – 136
9.7
Prognosefaktoren
9.8
Operative Therapie des Vulvakarzinoms
9.8.1
9.8.7 9.8.8 9.8.9 9.8.10
Hochgradige vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN III, Carcinoma in situ) – 137 Mikroinvasives Vulvakarzinom (FIGO-Stadium Ia; pT1a) – 138 T1/T2-Vulvakarzinome ohne klinisch suspekte inguinale Lymphknoten – 138 Bedeutung der inguinalen Lymphknoten beim Vulvakarzinom – 140 Behandlung der (klinisch negativen) Leistenlymphknoten bei T1und T2-Karzinomen – 141 T3- oder T4-Vulvakarzinome bzw. Karzinome mit suspekten/positiven inguinalen Lymphknoten – 143 Definition verschiedener Operationsarten beim Vulvakarzinom – 143 Behandlung der pelvinen Lymphknoten – 144 Histopathologie – 144 Vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN) – 144
9.9
Chemotherapie – 145
9.9.1 9.9.2
Lokale Chemotherapie – 145 Systemische Chemotherapie – 145
9.8.2 9.8.3 9.8.4 9.8.5 9.8.6
– 135 – 136
– 136 – 136
9.10
Hormontherapie, Hormonsubstitution – 145
9.11
Immuntherapie
9.12
Radiotherapie
9.12.1 9.12.2 9.12.3
Radiotherapie und Radio-Chemo-Therapie der Vulva Inguinale Radiotherapie – 146 Radiotherapie des Beckens – 146
9.13
Photodynamische Therapie
9.14
Nachsorge – 146
9.15
Rezidive, Metastasen
9.15.1
Palliative Radiotherapie des Rezidivs – 146
9.16
Morbus Paget der Vulva – 148
9.17
Verruköses Karzinom (früher Riesenkondylom Buschke-Löwenstein) – 148
9.18
Karzinom der Bartholin-Drüse – 148
9.18.1 9.18.2 9.18.3 9.18.4 9.18.5 9.18.6 9.18.7
Ausbreitung – 148 Prognosefaktoren – 148 Operative Therapie – 148 Histologie – 149 Radiotherapie – 149 Chemotherapie – 149 Prognose – 149
9.19
Malignes Melanom der Vulva
– 145 – 145
Zusammenfassung Literatur – 150
– 145
– 146
– 146
– 149
– 149
135 9.4 · Tumorausbreitung
9.1
Häufigkeit, Altersverteilung
Maligne Veränderungen der Vulva sind selten. Die Inzidenz eines Vulvakarzinoms beträgt 2/100.000 Frauen/Jahr. Der Altersgipfel für das invasive Karzinom liegt zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr, während vulväre intraepitheliale Neoplasien insbesondere VIN III) vorwiegend zwischen dem 35. und 40. Lebensjahr diagnostiziert werden.
9.4
Tumorausbreitung
In . Abb. 9.1a sowie . Tab. 9.1 ist das Ausbreitungsmuster der Vulvakarzinome dargestellt.
a
9.2
Risikofaktoren
Als solche für das Vulvakarzinom gelten v. a. höheres Lebensalter und das Vorliegen von Genitalwarzen bzw. einer HPV-Infektion mit den Subtypen 16 (und 18). Letzteres gilt insbesondere bei jungen Frauen und beim Auftreten der Vorstufe des Vulvakarzinoms, einer vulvären intraepithelialen Neoplasie (VIN). Weitere Risikofaktoren stellen Nikotinabusus und Immunsuppression wie AIDS oder Nierentransplantation dar. Der Lichen sclerosus et atrophicus ist zwar bei über 30% aller Vulvakarzinome anzutreffen, gilt jedoch nicht als Präkanzerose.
9.3
Screening, Früherkennung
Aufgrund der Seltenheit des Vulvakarzinoms existiert kein effektives Screening, wohl aber eine effektive Früherkennung, da die Inspektion der Vulva Bestandteil jeder gynäkologischen Routineuntersuchung darstellt.
Klinische Symptome des Vulvakarzinoms Einige Symptome wie Pruritus sind häufig und unspezifisch. Typischerweise kommen vor 5 Pruritus des äußeren Genitale 5 Tumor der Schamlippenregion, evtl. exulzeriert 5 Blutungen aus dem Vulvatumor 5 Übel riechender Fluor durch Tumorzerfall 5 Schmerzen im Vulvabereich 5 Dysurie, Dyspareunie 5 Tastbare, vergrößerte inguinale Lymphknoten 5 Lymphödem oder Bein-/Beckenvenenthrombose durch inguinalen Tumor oder großen Vulvatumor 5 Schmerzen bei der Defäkation
b
. Abb. 9.1. a Regionale Lymphabflusswege der Vulva, aus Kaufmann et al. (2003), b zerfallene Lymphknotenmetastasen bei fortgeschrittenem Vulvakarzinom (7 Abb. 9.1b Farbtafel)
9
136
Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
. Tab. 9.1. Ausbreitungswege beim Vulvakarzinom
Art der Ausbreitung
Ort der Ausbreitung
Anmerkungen
Lokal infiltrierend, destruierend
Vagina, Urethra, Anus, Rektum, Os pubis
Lange Beschränkung des Tumors auf die Genitalregion
Lymphogen
Die Lymphbahnen verlaufen primär von dorsal an der Vulva nach ventral entlang den Labia majora, Befall der inguinalen Lymphknoten, sekundär Befall der pelvinen Lymphknoten Früher nahm man an, dass von der Klitoris infrapubisch entlang der Urethra und auch von der hinteren Kommissur entlang der A. pudenda interna direkt zu den pelvinen Lymphknoten ein gesonderter Ausbreitungsweg existieren würde. Dies ist nach neueren Untersuchungen nicht der Fall
Lymphatische Gefäßkollateralenbildung zwischen beiden Seiten der Vulva, was eine Metastasierung in die kontralateralen inguinalen Lymphknoten ermöglicht. Pelvine Lymphknotenmetastasen sind bei negativen inguinalen Lymphknoten äußerst selten (0–4%), während sie bei positiven inguinalen Lymphknoten in 20–25% der Fälle auftreten
Haut, Subkutis, innere Organe
Selten, im Spätstadium
Hämatogen
9.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging (. Abb. 9.2)
> Cave Die Verdachtsdiagnose eines Vulvakarzinoms macht eine Abklärung mit histologischer Diagnosesicherung durch eine Stanzbiopsie in Lokalanästhesie notwendig! Generell sollten unklare Veränderungen der Vulva großzügig biopsiert werden (. Tab. 9.2).
9
9.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten beim Vulvakarzinom
Das FIGO-Stadium basiert auf einem klinischen Staging, die TNM-Stadien auf pathologischer Klassifikation (. Tab. 9.3). Die 5-Jahres-Überlebensrate beim Vulvakarzinom beträgt bei negativen Lymphknoten 91% und bei positiven inguinalen Lymphknoten 57% (Homesley et al. 1991).
9.7
Prognosefaktoren
Für VIN III sind Multifokalität bzw. Multizentrizität ein ungünstiger Prognosefaktor. Ungünstige Prognosefaktoren beim invasiven Vulvakarzinom sind 4 Inguinale Lymphknotenmetastasen 4 FIGO-Stadium II–IV
4 4 4 4 4
Höheres Lebensalter ≥2 inguinale Lymphknotenmetastasen Reduzierter Karnofsky-Status Pelvine Lymphknotenmetastasen Positiver Resektionsrand bzw. Resektionsrand <8 mm im Gesunden (Prognosefaktor für ein Lokalrezidiv) 4 Extrakapsuläres Wachstum von Lymphknotenmetastasen 4 Undifferenziertes Karzinom Patientinnen mit unilateral lokalisierten Tumoren mit ausschließlich ipsilateralen inguinalen Lymphknotenmetastasen weisen ein signifikant günstigeres 5-Jahres-Überleben auf (75%) als jene mit ausschließlich kontralateralem Befall (27%) oder beidseitigem inguinalem Befall (31%) (Homesley et al. 1991).
9.8
Operative Therapie des Vulvakarzinoms
Sie hat in den letzten Jahrzehnten eine ähnliche Entwicklung genommen wie diejenige des Mammakarzinoms. Über Jahre war die radikale Vulvektomie mit beidseitiger systematischer inguinofemoraler Lymphadenektomie en bloc die Standardoperation bei Frauen mit invasivem Vul-
vakarzinom. Obwohl die Überlebensraten mit diesen Verfahren hoch waren, waren die perioperativen und langfristigen Komplikationen beträchtlich (Podratz et al. 1983). Nun ist beim Vulvakarzinom die radikale En-bloc-Entfernung des Organs mit den Lymphabflusswegen von der
137 9.8 · Operative Therapie des Vulvakarzinoms
. Tab. 9.2. Präoperative Diagnostik bei histologisch verifiziertem Vulvakarzinom
Untersuchung
Untersuchungsbefund, klinische Fragestellung
Klinische Bewertung
Einfache Inspektion der Vulva
Lokalisation
–
Genaue Inspektion (Vulvoskopie), »Kolposkopie«, Auflichtmikroskopie der Vulva
Tumordurchmesser
Essenziell!
Infiltratives Wachstum? Individuelles Operationsausmaß?
Palpation der inguinalen Lymphknoten
Palpable, derbe, fixierte und evtl. miteinander verbackene bzw. ulzerierte Lymphknoten?
Für das klinische FIGO-Tumorstaging wesentlich!
Kolposkopie, Zytologie der Vagina und Zervix
Tumorausdehnung
Essenziell!
Multizentrische bzw. multifokale Neoplasie? 3%ige Essigsäureprobe der Vulva
Oft bessere Darstellung von Bezirken mit vulvärer Neoplasie
Auftragen mit Wattebausch
2%ige Toluidinblauprobe: Collins-Test der Vulva
Oft bessere Darstellung von Bezirken v. a. mit vulvärer intraepithelialer Neoplasie
Auftragen mit Wattebausch, Kernzellfärbung (Vitalfarbstoff ), kein Standard
Zytologieabnahme von der Vulva
Maligne Tumorzellen?
Meist nicht hilfreich!
Rektale Palpation
Evtl. knotige Resistenzen im kleinen Becken
CT (oder evtl. MRT) des Beckens
Vergrößerte pelvine Lymphknoten?
Bei großem Primärtumor und/oder positiven inguinalen Lymphknoten bzw. tastbarem Beckentumor indiziert
Rektoskopie
Infiltration des Anus/Rektums?
Nur bei klinischem Verdacht auf Darmbefall
Urethrozystoskopie
Infiltration der Urethra/Harnblase?
Nur bei klinischem Verdacht auf Befall der unteren Harnwege
Tumormarker SCC (»squamous cell cancer«) Antigen bzw. CEA (karzinoembryonales Antigen)
Über den Normalwert erhöht?
Nicht in der Routine indiziert
separaten Entfernung des Primärtumors und der regionalen Lymphknoten abgelöst worden.
Ziel der operativen Behandlung des Vulvakarzinoms ist eine sichere chirurgische Sanierung einerseits, mit Erhalt von gesundem Gewebe und somit von Funktion, und Vermeidung von Komplikationen und Spätfolgen wie Lymphödem oder Dyspareunie andererseits. Wegen der unterschiedlichen Größe und den verschiedenen Lokalisationen der Karzinome sowie dem Alter und der Komorbiditäten der Patientinnen muss die Behandlung individualisiert werden. Da weit reichende therapeutische Entscheidungen von der Invasionstiefe des Primärtumors, dem Status der Resektionsränder und der Lymphknoten sowie dem Resektionsabstand ab-
hängen, ist die Zusammenarbeit mit kompetenten Pathologen wichtig. Des Weiteren sollten ausgedehntere Operationen von (oder mit) jemandem durchgeführt werden, der größere Gewebsdefekte mit Lappentechniken verschließen kann.
9.8.1 Hochgradige vulväre intraepitheliale
Neoplasie (VIN III, Carcinoma in situ) Therapie der Wahl sind die Exzision bzw. nach Sicherung der Histologie Ablation/Vaporisation mittels Laser. Ausgedehnte Defekte können mit einem Spalthauttransplantat gedeckt werden.
9
138
Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
. Tab. 9.3. TNM- und FIGO-Stadien, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten adaptiert nach dem aktuellen FIGO Annual Report
TNM
FIGO
Ausbreitung
Häufigkeit (ungefähr) [%]
5-JahresÜberlebensrate [%]
TisN0M0
0=VIN III
Vulväre intraepitheliale Neoplasie: präinvasives Karzinom: Carcinoma in situ
–
–
T1N0M0
I
Tumor auf die Vulva und das Perineum begrenzt, Tumorgröße im größten Durchmesser ≤2 cm, keine inguinalen Lymphknotenmetastasen
27
87
T1aN0M0
Ia
Stromainvasion bis 1 mm (mikroinvasives Karzinom)
–
–
T1bN0M0
Ib
Stromainvasion >1 mm
–
–
T2N0M0
II
Tumor auf die Vulva und das Perineum begrenzt, Tumorgröße >2 cm, keine inguinalen Lymphknotenmetastasen
35
68
T3N0–1M0
III
Tumor jeglicher Größe mit:
28
40
10% (alle Stadium IV)
22% (alle Stadium IV)
–
–
Übergang auf die distale Urethra und/oder Vagina und/oder Anus und/oder T1–2N1M0 T4N0–2M0
Einseitigem metastastischem Befall der inguinalen Lymphknoten IVa
9
Tumor jeglicher Größe mit Tumorinfiltration in folgende Gewebe/ Organe: Proximale Urethraschleimhaut und/oder Harnblasenschleimhaut und/oder Rektumschleimhaut und/oder Beckenknochen und/oder
T1–3N2M0 T1–4N0–2M1
Beidseitigem metastatischem Befall der inguinalen Lymphknoten IVb
Tumor jeglicher Größe mit Fernmetastasen inklusive Beckenlymphknotenmetastasen
9.8.2 Mikroinvasives Vulvakarzinom
(FIGO-Stadium Ia; pT1a) Sie werden mit 1 cm Sicherheitsabstand exzidiert. Bei diesen frühinvasiven Läsionen ist eine Lymphadenektomie nicht indiziert.
9.8.3 T1/T2-Vulvakarzinome ohne klinisch
suspekte inguinale Lymphknoten Ziel ist die Entfernung des Primärtumors mit einem Abstand von 1–2 cm im Gesunden. Viele Serien belegen, dass kleine Vulvakarzinome mit einer weiten Exzision ohne Beeinträchtigung der Heilungsraten behandelt werden können (Ansink et al. 2003, Hacker 2000). Das Ausmaß der
Resektion wird auch durch den Zustand der übrigen Vulva (etwaige VIN oder Lichen sclerosus et atrophicus) sowie das Alter der Patientin bestimmt. Eine weite (radikale) lokale Exzision impliziert Exzision des Primärtumors mit in sano Abstand von 1–2 cm, auch in der Tiefe. Dort reicht die Exzision bis zur Faszie des Diaphragma urogenitale bzw. zur Fascia lata. Der Defekt wird zweischichtig mit resorbierbarem Nahtmaterial verschlossen. Der Resektionsabstand ist der wichtigste prognostische Faktor für ein Lokalrezidiv. Ein histologischer Abstand von 8 mm in sano scheint wichtig zu sein (Heaps et al. 1990, DeHullu et al. 2002). Intraoperativ sollte immer ein Abstand von 1–2 cm vom Tumor angestrebt werden. Im individuellen Fall hängt die Resektion von der Lokalisation der Läsion, ihrer Größe, dem Zustand der Restvulva
139 9.8 · Operative Therapie des Vulvakarzinoms
a
b
d
c
. Abb. 9.2. a Frühinvasives Vulvakarzinom, b Leukoplakie mit vulvärer intraepithelialer Neoplasie Grad III (VIN III) mit begleitendem Vulvakarzinom, c Morbus Bowen der Vulva (VIN III), d Vulvakarzinom (invasiv), (7 Farbtafel)
9
140
Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
sowie dem Alter und der allgemeinen Leistungsfähigkeit (Karnofsky-Status) der Patientin ab. Nach lateral gelingt der Resektionsabstand meist ohne Probleme; nach medial zur Urethra, Klitoris, Vagina und zum Anus kann es schwerer sein, operativ ausreichend in sano zu kommen. Die Resektion des Meatus urethrae externus kann notwendig sein, um eine adäquate Resektion zu erreichen. Beim Verschluss von Defekten im Bereich der Urethra muss darauf geachtet werden, diese nicht durch Nähte zu verziehen. Nach einer anterioren Resektion im Klitorisbereich kann es besser sein, einen dreieckigen Defekt über der Urethra der Granulation zu überlassen, als ihn unter Spannung asymmetrisch zu verschließen. Die intraoperative Schnellschnitthistologie der Resektionsränder ist häufig hilfreich. Klitorisnahe Karzinome v. a. bei jungen Frauen können große Gewebedefekte hinterlassen. Hier ist die RadioChemo-Therapie eine Alternative zur primären Operation. Eine inguinale Lymphadenektomie ist indiziert (7 Abschn. 9.8.4)
9.8.4 Bedeutung der inguinalen Lymphknoten
. Tab. 9.5. Metastasierung in die inguinalen Lymphknoten beim Vulvakarzinom in Abhängigkeit von der Tumorgröße (GOG-Studie, n=579, Homesley et al. 1993)
Tumorgröße [cm]
Inguinale Lymphknotenmetastasen [%]
≤1
18
1,1–2,0
19
2,1–3,0
31
>3,1–4,0
54
4,1–5,0
40
>5,0
52
. Tab. 9.6. Inguinale Lymphknotenmetastasen in Abhängigkeit von der Invasionstiefe des Vulvakarzinoms (GOG-Studie, n=564, Homesley et al. 1993)
Invasionstiefe [mm]
beim Vulvakarzinom
9
Etwa 1/4 aller klinisch als insuspekt beurteilte inguinalen Lymphknoten erweisen sich histologisch als positiv. Umgekehrt sind etwa 1/4 aller klinisch als suspekt beurteilten inguinalen Lymphknoten histologisch negativ (Homesley et al. 1993). Grundsätzlich neigt der Kliniker in den frühen Stadien I und II eher zu einer Unterschätzung und in den fortgeschrittenen Fällen eher zu einer Überschätzung des Lymphknotenstatus bzw. der Krankheitsausbreitung.
. Tab. 9.4. Histopathologisch verifizierte Metastasierung in die inguinalen Lymphknoten beim Vulvakarzinom in Abhängigkeit vom (klinischen) FIGO-Stadium (GOG 36, Sevin u. Homesley 1986)
Tumorstadium
Inguinale Lymphknotenmetastasen [%]
FIGO I
10
FIGO II
Inguinale Lymphknotenmetastasen [%]
≤1,0
3
1,1–2,0
9
2,1–3,0
19
3,1–4,0
32
4,1–5,0
33
5,1–10,0
46
>10
50
Gesamt
34
. Tab. 9.7. Inguinale Lymphknotenmetastasen in Abhängigkeit vom Differenzierungsgrad des Vulvakarzinoms (GOG-Studie, n=588, Homesley et al. 1993)
Differenzierungsgrad
Lymphknotenmetastasen [%]
30
G1 (hochgradig differenziert)
27
FIGO III
49
G2 (mittelgradig differenziert)
36
FIGO IV
90
G3 (schlecht differenziert)
55
141 9.8 · Operative Therapie des Vulvakarzinoms
. Tab. 9.8. Lateralität der inguinalen Lymphknotenmetastasen bei unilateral lokalisierten Vulvakarzinomen in Abhängigkeit von deren Tumordicke (GOG-Studie, n=277, Homesley et al. 1993)
Tumordicke [mm]
Ipsilaterale Lymphknotenmetastasen [%]
Kontralaterale Lymphknotenmetastasen [%]
Bilaterale Lymphknotenmetastasen [%]
≤2
7
0
0
3–5
20
2
3
6–10
29
4
11
≥11
37
7
7
. Tab. 9.9. Lateralität der inguinalen Lymphknotenmetastasen bei unilateral lokalisierten Vulvakarzinomen in Abhängigkeit von deren Größe (GOG 36, n=278, Sevin u. Homesley 1986)
Tumorgröße [cm]
Ipsilaterale Lymphknotenmetastasen [%]
Kontralaterale Lymphknotenmetastasen [%]
Bilaterale Lymphknotenmetastasen [%]
≤2
14
3
0
>2
26
3
9
Prädiktive Faktoren für inguinale Lymphknotenmetastasen (. Tab. 9.4, . Tab. 9.5, . Tab. 9.6, . Tab. 9.7, . Tab. 9.8, . Tab. 9.9) sind in folgender Reihenfolge (Homesley et al. 1991) 4 Tumorgröße 4 Klinischer Lymphknotenstatus 4 Tumordifferenzierungsgrad 4 Blut- bzw. Lymphgefäßinvasion 4 Höheres Lebensalter 9.8.5 Behandlung der (klinisch negativen)
Leistenlymphknoten bei T1- und T2Karzinomen Die Entfernung der Leistenlymphknoten hat zentrale Bedeutung für das Staging, aber auch für die Therapie des Vulvakarzinoms. Im Gegensatz zum Mammakarzinom sind Rezidive in der Leiste nicht selten und beim Vulvakarzinom mit einer sehr schlechten Prognose behaftet. Traditionell ist beim Vulvakarzinom die systematische Ausräumung des femoralen Dreiecks ober- und unterhalb der Fascia cribiformis mit Resektion der V. saphena magna
durchgeführt worden (DGGG 2004). Weniger systematische, so genannte oberflächliche inguinofemorale Lymphadenektomien sind mit einer höheren Rate an Leistenrezidiven assoziiert. Die systematische inguinofemorale Lymphadenektomie weist jedoch beträchtliche Raten von Wundheilungsstörungen und Langzeitkomplikationen wie Lymphödeme der unteren Extremitäten, Lymphzysten oder Thrombosen auf (Podratz et al. 1983). Dies hat zu Bestrebungen geführt, Patientinnen zu identifizieren, bei denen auf die Dissektion einer Leiste verzichtet werden kann. Eine diesbezügliche Möglichkeit stellt der Verzicht auf die Dissektion der kontralateralen Leiste bei Patientinnen mit lateral gelegenen Tumoren >1 cm von der Mittellinie und negativen ipsilateralen Leistenlymphknoten dar. Dieses Vorgehen ist durch mehrere Serien belegt. Eine andere Möglichkeit der Individualisierung stellt die Wächterlymphknotenbiopsie (Sentinel-LymphknotenBiopsie) dar. Wächterlymphknotenbiopsie. Das Sentinel-Lymphknoten-
Konzept impliziert die Identifizierung des ersten Lymphknotens, zu dem der regionale Lymphabfluss aus der Region
9
142
9
Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
eines Karzinoms führt. Der Terminus »Biopsie« hat sich durchgesetzt, ist aber missverständlich, da Wächterlymphknoten zur Gänze entfernt und nicht biopsiert werden. Die zugrunde liegende Vorstellung ist, dass bei Tumorfreiheit des ersten Lymphknotens auch die restlichen Lymphknoten tumorfrei sind und dass dann auf deren Entfernung verzichtet werden kann. Somit ist das Verfahren der Entfernung der Wächterlymphknoten ein diagnostischer Test und keine therapeutische Intervention. Das Wächterlymphknotenkonzept ist gerade beim Vulvakarzinom sehr attraktiv. Die traditionelle Leistendissektion weist eine beträchtliche Morbidität auf (Podratz et al. 1983), und 70–80% der Patientinnen zeigen keinen Lymphknotenbefall und bräuchten deshalb keine Lymphknotenentfernung. Außerdem sind die Primärtumoren der Vulva oberflächlich und daher relativ einfach mit einem radioaktiven Marker (Radionuklid) markierbar. Ein funktionierendes Wächterlymphknotenkonzept würde somit die Operation vereinfachen und die postoperative Morbidität bei den oft älteren Patientinnen beträchtlich reduzieren. Die Seltenheit des Vulvakarzinoms macht es schwer, adäquate klinische Studien mit Wächterlymphknoten anzulegen. Des Weiteren ist eine beträchtlichen Anzahl von gynäkologischen Onkologen aufgrund der ungünstigen Prognose von inguinalen Rezidiven vom Konzept der Wächterlymphknotenbiopsie nicht überzeugt. Die Ergebnisse, die bisher vorliegen, stammen von Patientinnen, bei denen nach der Entfernung des SentinelLymphknotens auch die restlichen Leistenlymphknoten entfernt wurden. Diese Serien weisen auf eine hohe Treffsicherheit (positiver prädiktiver Wert) für die SentinelLymphknoten-Technik hin. Ob aus dieser diagnostischen Treffsicherheit eine therapeutische Sicherheit abgeleitet werden kann, ist Ziel einer derzeit laufenden internationalen prospektiven Beobachtungsstudie, die von Van der Zee geleitet wird. Voraussetzungen und technische Aspekte für die Anwendung des Wächterlymphknotenkonzepts beim Vulvakarzinom sind 4 Bei klinisch suspekten Lymphknoten ist eine Wächterlymphknotenbiopsie kontraindiziert! 4 Wahrscheinlich stellen die Primärtumorgröße ≥4 cm und der zentrale Tumorsitz ebenso eine Kontraindikation für diesen Eingriff dar. 4 Aufklärung der Patientin über den Status des Konzepts und die möglichen Risiken eines falsch-negativen Ergebnisses
4 Präzise intradermale und nicht (!) subkutane Injektion des radioaktiven Markers an 4 Stellen peritumoral (jeweils 0,05 ml) (Nuklearmediziner mit Gynäkologen) am Vorabend oder Morgen des Operationstags, nachdem 0,5 h zuvor lokal eine 5%ige Lidocain-PrilocainCreme zur Schmerzlinderung aufgetragen worden war 4 Genaue Beurteilung des Szintigramms: Wie viele Wächterlymphknoten sind darstellbar? 4 Evtl. zusätzliche Umspritzung des Tumors mit Isosulfanblau oder Patentblau zu Beginn der Operation 4 Intraoperative Identifizierung des bzw. der SentinelLymphknoten mit der γ-Sonde/Farbstoff 4 Nach Entfernung des Wächterlymphknotens vorsichtiges Abtasten der restlichen Leiste mit der Sonde auf evtl. weitere speichernde Lymphknoten, bei einseitigem Tumor Bestätigung der fehlenden Aktivität in der kontralateralen Leiste
4 Intraoperativer Schnellschnitt (nicht obligat) 4 Immunhistochemische Aufarbeitung des Wächterlymphknotens mit Zytokeratin, wenn die HE-Färbung negativ ist 4 Bei positivem Sentinel-Lymphknoten weitere Behandlung der Leiste Die Umsetzung dieser Punkte erfordert eine gute Kooperation zwischen Gynäkologen, Nuklearmediziner und Pathologen. Eine ausreichende Darstellung von Leistenlymphknoten macht die Anwendung von Technetium 99 als Markersubstanz notwendig. Isosulfanblau oder Patentblau können additiv verwendet werden. Es sind aber lediglich etwa 60% der Lymphknoten, die mit Technetium identifiziert werden, auch blau gefärbt (. Tab. 9.10). Wenn der intraoperative Schnellschnitt oder die Aufarbeitung des Wächterlymphknotens mit der HämatoxilinEosin(HE)-Färbung oder Immunhistochemie eine Metastase ergibt, muss die betroffene Leiste mit der kompletten Dissektion bzw. adjuvanter Radiatio weiterbehandelt werden. Bei Patientinnen mit Mikrometastasen wurden ohne weitere Behandlung Leistenrezidive beobachtet (Tamussino et al. 2002). Bei mehr als einer Lymphknotenmetastase oder bei extrakapsulärer Metastase ist eine adjuvante Bestrahlung der Leiste(n) indiziert.
143 9.8 · Operative Therapie des Vulvakarzinoms
. Tab. 9.10. Wächterlymphknotenbiopsie bei Vulvakarzinom: Pro und Kontra
Pro
Kontra
Gute Detektionsraten in Serien bei Patientinnen mit anschließender vollständiger Dissektion der Leiste (z. B. DeHullu et al. 2000), bisher nur bei etwa 2% negativer Wächterlymphknoten bei der systematischen Dissektion positive inguinale Lymphknoten
Wenig klinische Evidenz, bisheriges Fehlen publizierter klinischer Ergebnisse der Entfernung von Wächterlymphknoten ohne weitere Dissektion, Fehlen von randomisierten Studien
Reduktion der Kurzzeit- und Langzeitmorbidität der systematischen inguinofemoralen Lymphadenektomie
Schlechte Prognose bei Leistenrezidiv
Verkürzung der Operationszeit durch den Verzicht auf die systematische inguinofemorale Lymphadenektomie
Technischer Aufwand, Vorhandensein einer nuklearmedizinischen Einheit ist erforderlich, da Markierung mit Farbstoff alleine unzureichend ist
9.8.6 T3- oder T4-Vulvakarzinome
bzw. Karzinome mit suspekten/positiven inguinalen Lymphknoten Die Behandlung von großen, lokal fortgeschrittenen Karzinomen bzw. Karzinomen mit suspekten Leistenlymphknoten muss individualisiert werden. Bei lateralen Tumoren ist die primäre Operation sinnvoll. Hingegen können große Karzinome, die den Anus, den Introitus oder tiefere Anteile der Vagina infiltrieren, lokal chirurgisch nur mit exenterativen Eingriffen saniert werden. Patientinnen mit großen, fixierten oder ulzerierten Lymphknoten in der Leiste können nicht chirurgisch geheilt werden. Sie sind in aller Regel älter und weisen Komorbiditäten auf. Somit sind exenterative Eingriffe keine wirkliche Option. Die primäre Radiotherapie oder RadioChemo-Therapie hat sich für solche Patientinnen mit lokal sehr fortgeschrittenem Karzinom als brauchbar erwiesen. Hacker (2000) empfahl, nach einem CT des Beckens nur vergrößerte inguinale und pelvine Lymphknoten zu entfernen, um die Morbidität zu begrenzen und den Beginn der Radiotherapie nicht zu verzögern.
Hemivulvektomie bei kleinen Läsionen bzw. streng einseitig lokalisiertem Karzinom durchgeführt. Diese Methode ist insbesondere bei sexuell aktiven Patientinnen indiziert. Skinning Vulvektomie. Die Vulvahaut wird ohne Subkutis
entfernt, und der Hautdefekt wird durch einen Spalthautlappen gedeckt. Radikale Vulvektomie. Labia majora und minora beidseits,
Klitoris und hintere Kommissur bis lateral über die labiokrurale Falte hinaus werden entfernt. Radikale Vulvektomie und inguinale Lymphadenektomie en bloc. Es handelt sich um die schmetterlingsförmige Inzi-
sionsfigur nach Way: En-bloc-Umschneidung der Vulva und der inguinalen/femoralen Lymphknoten. Inzisionstechnik mit 3 separaten Inzisionen. Es werden
eine isolierte Vulvektomie und jeweils separate Inzisionen für die beidseitige inguinale Lymphadenektomie vorgenommen. Bei der separaten Inzisionstechnik sind zwar vereinzelt Rezidive in der verbliebenen Hautbrücke beschrieben worden, ein erhöhtes Risiko für sie hat sich in größeren Kollektiven jedoch nicht bestätigt.
9.8.7 Definition verschiedener Operationsarten
beim Vulvakarzinom Einfache Vulvektomie. Labia majora und minora beidseits,
Klitoris und hintere Kommissur werden entfernt. Hemivulvektomie bzw. partielle Vulvektomie. Es werden eine vordere oder hintere Hemivulvektomie bzw. einseitige
Elektroresektion/Elektrokoagulation der Vulva. Nach der Wiener Methode erfolgt primär eine Elektroresektion des
Primärtumors mit anschließender Elektrokoagulation des Wundbetts. In Ausnahmefällen werden bei Patientinnen mit derben und vergrößerten Lymphknoten auch diese reseziert. Anschließend erfolgt in jedem Fall eine Radiotherapie der Leisten (60 Gy; Beginn etwa 10–12 Tage postopera-
9
144
Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
tiv). Mit diesem Verfahren wurden 5-Jahres-Überlebensraten von 77% in den Stadien I–II und von 40% in den Stadien III–IV beschrieben. Nach der Münchener Methode erfolgt primär auch eine Elektroresektion/-koagulation des Tumors mit anschließender Elektronentherapie der Vulva (40 Gy) und auch Gammatronbehandlung der inguinalen Lymphknoten (40 Gy). Belastend sind bei diesen beschriebenen Behandlungsmethoden v. a. die häufig lang dauernden Wundheilungsstörungen. Exenteration. Sie ist Ausnahmefällen bei lokal fortgeschrit-
tenem Karzinom oder Lokalrezidiv in kurativer Intention indiziert. Fernmetastasen müssen ausgeschlossen sein, und es sollten histologisch negative Resektionsränder erzielt werden können. Eine Exenteration ist auch bei Fistelbildung in palliativer Intention indiziert. Plastisch-rekonstruktive Operationsmethoden. Es werden
9
kutane und myokutane Lappenplastiken verwendet: Schwenklappenplastik v. a. bei hinteren Vulvadefekten, Tensor-fasciae-latae-Lappenplastik v. a. bei vorderen Vulvadefekten und M.-gracilis-Hautlappenplastik. Ziel aller plastischer Maßnahmen sind der spannungsfreie Wundverschluss und eine ungestörte Primärheilung der großen Wundflächen. Komplikationen der plastischen Deckung von Vulvadefekten stellen Lappenspitzennekrosen, Hämatome und Phlegmonen sowie Wunddehiszenzen dar.
9.8.8 Behandlung der pelvinen Lymphknoten
Bei positiven inguinalen Lymphknoten sind die Beckenlymphknoten in 20–25% der Fälle ebenfalls befallen. Bei negativen inguinalen Lymphknoten ist eine Metastasierung in die pelvinen Lymphknoten sehr unwahrscheinlich (0– 4%). Eine randomisierte GOG-Studie hat bestätigt, dass bei positiven inguinalen Lymphknoten eine Radiotherapie des Beckens bezüglich des 2-Jahres-Überlebens signifikant wirksamer ist als eine pelvine Lymphadenektomie (Homesley et al. 1986). Dies gilt insbesondere für Patientinnen, die mehr als einen positiven inguinalen Lymphknoten aufweisen. Deshalb erfolgt heute eine pelvine Radiotherapie nur noch bei selektierten Patientinnen mit im CT nachgewiesenen vergrößerten pelvinen Lymphknoten.
9.8.9 Histopathologie
99% der Vulvamalignome sind von epithelialem Ursprung und somit Karzinome (. Tab. 9.11). Da beim Vulvakarzinom weit reichende therapeutische Entscheidungen von der Invasionstiefe des Primärtumors, dem Status der Resektionsränder und der Lymphknoten sowie dem Resektionsrand abhängen, ist die Zusammenarbeit mit einem kompetenten Pathologen wichtig.
9.8.10 Vulväre intraepitheliale Neoplasie (VIN)
Präinvasive Veränderungen im Sinne einer vulvären intraepithelialen Neoplasie sind VIN I (leichte Dysplasie),
. Tab. 9.11. Histologische Einteilung des Vulvakarzinoms und Häufigkeit
Histologischer Typ
Häufigkeit [%]
Bemerkungen
Plattenepithelkarzinom
90
Weitaus am häufigsten
Melanom
3–5
7 Abschn. 9.15
Adenokarzinom
3–5
Insbesondere von der Bartholin-Drüse (7 Abschn. 9.16) ausgehend
Basaliom
1–2
Lokal destruierendes Wachstum; keine Metastasierung, Therapie: Exzision im Gesunden
Sarkom
1
Vor allem Leiomyosarkome, Angiomyxome, Grading entscheidet über die Prognose
Seltene, andere Histologien
1
–
145 9.12 · Radiotherapie
VIN II (mittelgradige Dysplasie) und VIN III (hochgradige Dysplasie). Die bowenoide Papulose, der Morbus Bowen, die Erythroplasie Queyrat und das Carcinoma in situ werden laut WHO der VIN III zugerechnet. Beim Morbus Bowen handelt es sich um ein Carcinoma in situ der Epidermis mit zahlreichen Kern- und Zellatypien.
9.9
9.12
Radiotherapie
Das Vulvakarzinom ist generell empfindlich gegenüber Strahlentherapie. Die Radiotherapie allein kommt bei primär inoperablen Patientinnen, als adjuvante Therapiemaßnahme z. B. bei großen Primärtumoren oder positiven Resektionsrändern oder auch beim Rezidiv zum Einsatz.
Chemotherapie 9.12.1 Radiotherapie und Radio-Chemo-Therapie
9.9.1 Lokale Chemotherapie
Sie ist v. a. bei VIN möglich. Erfahrungen existieren mit 5%iger 5-Fluoruracil-Creme. Limitationen sind in erster Linie schmerzhafte Hautirritationen. Auch lokale peritumorale Bleomycininjektionen wurden fallweise mit Erfolg eingesetzt.
der Vulva Sie erfolgt mit 50 Gy einer externen Perkutanbestrahlung (Teletherapie). Frühkomplikationen umfassen eine Strahlendermatitis, Spätkomplikationen eine Fibrosierung der Kutis und Subkutis, eine Introitusstenose mit Dyspareunie, Urethrastenose sowie Teleangiektasien und Hyperpigmentierungen der Vulvahaut. Ulzerationen sind sehr selten.
9.9.2 Systemische Chemotherapie Primäre Radiotherapie/Radio-Chemo-Therapie. Bei lokal
Während die Chemotherapie z. B. mit 5-Fluoruracil, Cisplatin, Mitomycin C und Bleomycin allein nur gering effektiv ist, besitzt die Radio-Chemo-Therapie beim (fortgeschrittenen oder rezidivierenden) Vulvakarzinom eine zunehmend bedeutende Rolle (7 Abschn. 9.12).
9.10
Hormontherapie, Hormonsubstitution
Eine systemische Hormontherapie bei klimakterischen Beschwerden ist beim Vulvakarzinom möglich. Lokale Östrogene z. B. als Östriolsuppositorium oder Östriolcreme können bei Störungen der sexuellen Funktion infolge partieller oder kompletter Vulvektomie, Vulva- und Vaginalatrophie, Introitusstenose oder Harninkontinenz häufig eine Linderung bewirken.
9.11
fortgeschrittenen Vulvakarzinomen ist sie eine wesentliche Therapieoption (. Tab. 9.12), um exenterative operative Eingriffe umgehen zu können. Eine Reihe von Autoren hat mit einer primären Radio-Chemo-Therapie meist mit Mitomycin C und 5-Fluoruracil ermutigende Ergebnisse mit Remissionsraten zwischen 25% und 92% erzielt (Übersicht bei Winter et al. 2004).
Immuntherapie
Die lokale Applikation von 5%iger Imiquimodcreme (Aldara) 3-mal/Woche durch 4 Wochen kann bei VIN oftmals Rezidive hinauszögern bzw. auch zur Regression bringen. Lokale Hautirritationen sind häufig. Bezüglich der Impfstoffentwicklung sei auf 7 Kap. 4 verwiesen.
. Tab. 9.12. Mögliche Radio-Chemo-Therapie-Schemata beim fortgeschrittenen und rezidivierenden Vulvakarzinom
Therapieschema
Beschreibung
Externe Radiotherapie
45–(55) Gy über Anterior-posteriorposterior-anterior(AP-PA)-Felder auf Vulva, Becken und inguinale Lymphknoten; tägliche Fraktionen von 1,5–1,8 Gy über 4–6 Wochen
Chemotherapieschema I
Mitomycin C 15 mg/m2/Tag Tag 1 (1 Zyklus)+ 5-Fluoruracil 750 mg/m2/Tag Tag 1–5 alle 4 Wochen (2 Zyklen)
Chemotherapieschema II
Mitomycin C 10 mg/m2/Tag Tag 1 (1 Zyklus)+ 5-Fluoruracil 1000 mg/m2/Tag Tag 1–4 alle 4 Wochen (2 Zyklen)
9
146
Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
Zu beachten ist jedoch, dass in den meisten Serien Patientinnen mit signifikanter Komorbidität exkludiert wurden und dass auch die Radio-Chemo-Therapie mit einer Morbidität wie z. B. Vulvitis oder Leukopenie behaftet ist. Nach dem Erzielen einer Remission kann häufig eine weniger radikale operative Resektion erfolgen. Von einigen Autoren wird nach einem CT des Beckens mit vergrößerten inguinalen bzw. pelvinen Lymphknoten geraten, nur diese zu entfernen und so den Beginn der Radiotherapie der Vulva nicht zu verzögern (Hacker 2000).
oder malignen Gewebe anreichern soll, erfolgt die Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge. Damit entsteht eine photoxische Reaktion, die zu einer selektiven Zerstörung maligner Gewebe führen soll/kann. Generell sind diese Verfahren aufwändig. Es müssen die Ergebnisse größerer klinischer Studien mit topischen Photosensibilisatoren wie 5-Aminolävulinsäure abgewartet werden, ehe der Stellenwert dieser Therapieform beurteilt werden kann.
9.14 9.12.2 Inguinale Radiotherapie
9
Nachsorge
Die meisten Rezidive treten in den ersten beiden Jahren nach Diagnosestellung auf. Die Nachsorge konzentriert sich auf eine gezielte Anamnese sowie die gynäkologische Untersuchung mit Inspektion und Palpation (. Tab. 9.13).
Sie erfolgt meist mit 50 Gy. Eine primäre Radiotherapie der Inguinalregion ist einer inguinofemoralen Lymphadenektomie hinsichtlich der Tumorkontrolle unterlegen (GOG 88, Stehman et al. 1992a,b). Die primäre Bestrahlung wies eine geringere Morbidität als die Operation auf. Obwohl die betreffende Bestrahlungstechnik später kritisiert wurde, haben diese Ergebnisse dazu geführt, dass die operative Entfernung der Leistenlymphknoten den Therapiestandard darstellt. Bei selektierten Patientinnen kann auf die Strahlentherapie zurückgegriffen werden. In der adjuvanten Situation ist eine inguinale Radiotherapie bei mindestens 2 positiven Lymphknoten indiziert. Die Hauptkomplikationen umfassen neben einer akuten Strahlendermatitis der Inguinalregion chronische Lymphödeme.
Insgesamt treten bei etwa 1/4 aller Patientinnen mit Vulvakarzinom eine Tumorprogression bzw. ein Tumorrezidiv auf. Die Rezidivwahrscheinlichkeit beträgt im Stadium I 14% und im Stadium III 71%. Wie bei jedem Rezidiv sollte nach Abwägung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses möglichst dessen histologische Sicherung erfolgen. Die Art der Rezidivtherapie ist stark von der Vortherapie (z. B. Strahlentherapie) abhängig. Neben den in . Tab. 9.14 beschriebenen Therapieoptionen ist v. a. frühzeitig eine effektive Schmerztherapie einzuleiten (7 Kap. 17).
9.12.3 Radiotherapie des Beckens
9.15.1 Palliative Radiotherapie des Rezidivs
Sie erfolgt entweder primär oder adjuvant bei positiven inguinalen Lymphknoten mit 50 Gy. Die Beckenbestrahlung ist bei positiven inguinalen Knoten einer pelvinen Lymphadenektomie im Hinblick auf das 2-Jahres-Überleben
Die Radiotherapie kann bei Patientinnen mit schmerzhaften inguinalen Rezidiven mit hochgradigem Lymphödem oder inoperablem bzw. blutendem Lokalrezidiv oder lokalisierten Hautmetastasen häufig eine effektive Palliation bewirken. Die (lokal wirksame) Radiotherapie ist natürlich effektiver und teilweise sogar kurativ, wenn sie in einem nicht vorbestrahlten Gebiet zum Einsatz kommt. Bei einem guten Karnofsky-Status >80 kann die Radiotherapie mit der Chemotherapie kombiniert werden.
überlegen und daher bevorzugt anzuwenden (Homesley et al. 1986). Bezüglich Komplikationen sei auf 7 Abschn. 4.13 verwiesen.
9.13
Photodynamische Therapie
Nach topischer oder systemischer Applikation eines Photosensibilisators, der sich vorzugsweise im prämalignen
9.15
Rezidive, Metastasen
147 9.15 · Rezidive, Metastasen
. Tab. 9.13. Mögliches Nachsorgeschema beim Vulvakarzinom
Untersuchung
1.–3. Jahr
4.–5. Jahr
>5. Jahr
Gezielte Anamnese (Symptome?)
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Äußere klinische und gynäkologische Untersuchung
Alle 3 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Zytologie der Zervix/Vagina
Alle 6 Monate
Alle 6 Monate
Jährlich
Bild gebende Verfahren (Thoraxröntgen, CT usw.)
Bei klinischem Rezidivverdacht
Bei klinischem Rezidivverdacht
Bei klinischem Rezidivverdacht
Laborwerte, Tumormarker SCC, CEA
Evtl. bei klinischem Rezidivverdacht
Evtl. bei klinischem Rezidivverdacht
Evtl. bei klinischem Rezidivverdacht
Gerade beim Vulvakarzinom ist die Prävalenz von Lymphödemen, sexuellen Dysfunktionen und psychischen Problemen besonders hoch. Es sei auf 7 Kap. 15,7 Kap. 18 und 7 Kap. 20 verwiesen
. Tab. 9.14. Lokalisation, Diagnostik und Therapieoptionen beim Rezidiv oder Metastasen eines Vulvakarzinoms
Lokalisation
Symptome
Diagnosestellung durch
Therapieoptionen
Bemerkungen
Lokalrezidiv an der Vulva
Tumor der Vulva, Schmerzen, Dysurie, Defäkationsbeschwerden
Inspektion, Palpation
Möglichst Rezidivoperation bei Karnofsky-Status ≥70; alternativ oder additiv Radio-(Chemo-)Therapie
Mit 50–70% häufigste Rezidivlokalisation, relativ günstigste Prognose unter allen Rezidivlokalisationen
Inguinale Lymphknoten
Schmerzen in Leiste, Lymphödem, Becken-/Tiefe Beinvenenthrombose
Palpation, (evtl. Ultraschall, CT)
Evtl. Rezidivoperation, Radiotherapie
Etwa 4-mal seltener als Lokalrezidive der Vulva, besonders ungünstige Prognose! (Stehman et al. 1992a,b)
Becken
Makrohämaturie, Harnsperre, absolute Harninkontinenz durch Fistel, Obstipation, Ileus
Klinische Palpation, Zystoskopie, Rektoskopie, CT
Beidseitige Nephrostomie; palliative Kolostomie; extrem selten Exenteration indiziert
Dritthäufigste Rezidivlokalisation, ungünstige Prognose
Hautmetastasen
Tumorknötchen typischerweise an den Oberschenkeln, der Glutäalregion bzw. an der Bauchhaut
Äußere klinische Untersuchung; Hautbiopsie
Evtl. Versuch mit Miltefosin 10 ml Lösung lokal; evtl. palliative Radiotherapie
Im fortgeschrittenen Stadium häufig
Skelettsystem
Schmerzen in den betroffenen Skelettanteilen
Röntgen, CT, MRT
Palliative Radiotherapie, Bisphosphonate
Selten
Lunge
Schmerzen im Thoraxbereich, Atemnot, Reizhusten
Thoraxröntgen, (CT)
Opioide
Selten und noch seltener isoliert
Leber
Schmerzen im Oberbauch, Inappetenz, Übelkeit
Oberbauchsonographie, (CT)
Symptomatisch
Sehr selten und noch seltener isoliert
9
148
Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
9.16
Morbus Paget der Vulva
Es sind vorwiegend postmenopausale Patientinnen betroffen. Typischerweise besteht eine »ekzematöse Läsion« im Bereich der behaarten Vulva. Beim extramammären Morbus Paget der Vulva handelt es sich meist um eine intraepitheliale Erkrankung (Adenocarcinoma in situ), nur in etwa 10–12% um einen invasiven Morbus Paget, und in etwa 4–8% der Fälle ist mit diesem ein Adenokarzinom assoziiert (Hacker 2000). Therapie. Beim intraepithelialen Morbus Paget wird weit im Gesunden exzidiert, beim invasiven Morbus Paget eine einfache Vulvektomie mit zumindest einseitiger inguinaler Lymphadenektomie vorgenommen. In Einzelfällen wurden Paget-Zellen in kontralateralen, klinisch insuspekten Vulvahautanteilen nachgewiesen. Prognose. Sie ist vom Vorhandensein freier Resektions-
9
ränder abhängig. Intraepitheliale Läsionen weisen generell eine günstige Prognose auf, während der invasive Morbus Paget bzw. der Morbus Paget mit begleitendem invasivem Adenokarzinom sich durch eine hohe (Lokal-)Rezidivneigung auszeichnen.
9.17
Klinische Symptomatik des Karzinoms der Bartholin-Drüse Es besteht eine einseitige Schwellung der Vulva im Bereich der Bartholin-Drüse. Die Tumoren haben einen Durchmesser von im Durchschnitt 3–4 cm. Nicht selten wird der Tumor initial als Bartholin-Abszess oder Zyste fehlinterpretiert. Besonders bei postmenopausalen Patientinnen sollte frühzeitig an ein Malignom gedacht werden und eine histologische Abklärung durch Biopsie erfolgen. Oft liegen palpable inguinale Lymphknoten vor.
9.18.1 Ausbreitung
Es besteht eine Tendenz zur Metastasierung in die inguinalen Lymphknoten und in die Fossa ischiorectalis. Inguinale Metastasen treten in 30–50% der Fälle auf. Kontralaterale Lymphknotenmetastasen werden bei 5–10% aller Patientinnen beobachtet. Positive Beckenlymphknoten werden bei 18% der Patientinnen mit positiven inguinalen Lymphknoten und nur bei maximal 4% aller Patientinnen mit negativen inguinalen Lymphknoten gesehen (Leuchter et al. 1982).
Verruköses Karzinom (früher Riesenkondylom Buschke-Löwenstein) 9.18.2 Prognosefaktoren
Diese oft blumenkohlartigen Tumoren werden als Variante von Plattenepithelkarzinomen interpretiert. Daneben existieren häufig auch präinvasive Anteile (VIN III). Das verruköse Karzinom wächst lokal infiltrativ und destruierend, metastasiert aber selten in die inguinalen Lymphknoten oder anderswo. Die Therapie besteht aus der weiten, radikalen Exzision. Durch Radiotherapie ist eine Entdifferenzierung des Tumors mit rascher Progression möglich.
9.18
Karzinom der Bartholin-Drüse
Es macht etwa 1–3% aller Vulvakarzinome aus. Das Prädilektionsalter liegt bei 55 Jahren und damit deutlich niedriger als bei den meisten anderen Vulvakarzinomen.
Der inguinale Lymphknotenstatus ist die wichtigste prognostische Determinante.
9.18.3 Operative Therapie
Sie besteht in einer radikalen Hemivulvektomie weit im Gesunden samt beidseitiger inguinaler Lymphadenektomie. Weil die Tumoren tief in der Vulva lokalisiert sind, muss die Resektion die Tiefe der Fossa ischiorectalis mit erfassen. Häufig wird eine adjuvante Radiotherapie angewendet, die die Lokalrezidivrate offenbar reduzieren kann (Copeland et al. 1986). Einige Autoren empfehlen bei positiven inguinalen Lymphknoten auch eine pelvine Lymphadenektomie. Sind die inguinalen Lymphknoten positiv, besteht die Indikation zur adjuvanten Radiotherapie (7 Abschn. 9.12).
149 9.18 · Karzinom der Bartholin-Drüse
Bei besonders ausgedehnten Tumoren kann eine Teilresektion der Vagina, des Rektums sowie des R. inferior ossis pubis notwendig sein. Diesem Eingriff kann auch eine präoperative Radiotherapie vorangehen.
9.18.4 Histologie
Für ein Karzinom der Bartholin-Drüse sind die Lokalisation an der Grenze zwischen mittlerem und hinterem Drittel der Vulva tief im Labium majus und der Übergang von normalem Drüsenepithel in ein Karzinom beweisend. Bei etwa 40% handelt es sich um Plattenepithelkarzinome, in 1/3 um Adenokarzinome, in 17% um adenoidzystische Karzinome und beim Rest um seltenere Formen wie z. B. gemischte Formen. Adenoidzystisches Karzinom. Es handelt sich um eine Son-
derform mit besonders langsamem Wachstum, die selten Metastasen in die Leistenlymphknoten aufweist und zu lokalen Rezidiven neigt. Nach vielen Jahren Latenz sind auch Fernmetastasen möglich. Die Gesamtüberlebensrate ist mit jener der übrigen Karzinome der Bartholin-Drüse vergleichbar.
9.18.5 Radiotherapie
Hierzu wird auf 7 Abschn. 9.12 verwiesen.
9.18.6 Chemotherapie
Tumoransprechen auf Doxorubicin wurde vereinzelt beschrieben.
9.18.7 Prognose
Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 70%. Das Karzinom neigt insbesondere zu (oft späten) Lokalrezidiven.
9.19
Malignes Melanom der Vulva
Diese Läsionen stellen die zweithäufigsten malignen Neoplasien der Vulva. Sie sind meist an der Klitoris oder den
Labia minora lokalisiert und betreffen hauptsächlich postmenopausale Patientinnen. Ihr Staging erfolgt entsprechend den Melanomkriterien (Breslow-Tumordicke, Chung-Invasionstiefe, Clark-Invasionstiefe) und nicht dem FIGO-System. Die Therapie besteht bei einer Invasionstiefe <1 mm aus einer lokalen Exzision im Gesunden mit mindestens 1 cm breitem Sicherheitsabstand. Bei tieferer Invasion erfolgen eine Vulvektomie und inguinale Lymphadenektomie (Hacker 2000). Die Wertigkeit Letzterer und jener der Wächterlymphknotenentfernung (Sentinel-LymphknotenBiopsie) ist unklar. Leistenrezidive nach negativer Wächterlymphknotenbiopsie sind beschrieben. Negative Prognosefaktoren stellen eine Invasionstiefe >1,5 mm, Mitosen >5/mm2 und ein Tumordurchmesser >2 cm dar. Das 5-Jahres-Überleben aller Patientinnen mit malignem Melanom liegt zwischen 21 und 37%. Sie sollten gemeinsam mit einem Dermatoonkologen behandelt und betreut werden.
+ + Zusammenfassung Das Vulvakarzinom ist selten und tritt bevorzugt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr auf. Im Vordergrund der Therapie stehen die radikale Exzision des Primärtumors im Gesunden und die histologische Beurteilung der inguinalen Lymphknoten. Die systematische inguinale Lymphadenektomie gilt bei T1- und T2-Tumoren nach wie vor als Standard. Derzeit wird die ausschließliche Entfernung von negativen Wächterlymphknoten, die eine Treffsicherheit von >95% aufweist, in klinischen Studien untersucht. Sollte sich dieses Vorgehen auch therapeutisch als sicher erweisen, könnte etwa 70% der Patientinnen mit Vulvakarzinom eine systematische inguinale Lymphadenektomie, die mit einer signifikanten Morbidität wie Lymphödemen behaftet ist, erspart werden. Eine primäre Radio-(Chemo-)Therapie kann bei großen Primärtumoren und/oder inguinalen Lymphknotenmetastasen häufig den Tumor in Remission bringen und damit exenterative Therapien umgehen.
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Kapitel 9 · Maligne Tumoren der Vulva
Literatur
9
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10 10
Maligne Tumoren der Tube Ossi R. Köchli, Edgar Petru und Bernd-Uwe Sevin
10.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 152
10.2
Risikofaktoren – 152
10.3
Screening, Früherkennung – 152
10.4
Tumorausbreitung – 152
10.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
10.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten – 152
10.7
Prognosefaktoren – 152
10.8
Operative Therapie
10.8.1
Prophylaktische Adnexexstirpation bei BRCA-1/2-Positivität
10.9
Histopathologie
10.10
Chemotherapie – 154
10.11
Hormontherapie – 154
10.12
Radiotherapie – 154
10.13
Nachsorge – 154
10.14
Rezidive, Metastasen
Literatur – 155
– 153
– 153
Zusammenfassung
– 152
– 154 – 154
– 153
152
Kapitel 10 · Maligne Tumoren der Tube
10.1
Häufigkeit, Altersverteilung
Das Tubenkarzinom macht etwa 0,3% aller gynäkologischen Malignome aus. Seine Inzidenz liegt bei 0,3/100.000 Frauen. Der Altersgipfel liegt zwischen 60 und 65 Jahren.
10.2
Risikofaktoren
4 Höheres Lebensalter 4 Infertilität, Nulliparität bzw. niedrige Parität 4 Brustkrebsgen-1/2(BRCA-1/2)-Mutation: selten
10.4
Sie erfolgt ähnlich jener beim Ovarialkarzinom 4 Peritonealoberflächen und 4 Lymphogen Die lymphatische Dränage der Tube erfolgt in erster Linie via Ligg. infundibulopelvica. Dieser Umstand ist primär für das häufige (frühe) Auftreten von paraaortalen Metastasen verantwortlich. Bei bis zu 40% der Frauen treten diese ohne den gleichzeitigen Befall der pelvinen Lymphknoten auf (Cormio et al. 1996).
10.5
Obwohl das Tubenkarzinom in etwa 1/3 mit einer Tubeninfektion assoziiert ist, gilt die Adnexitis nicht als Risikofaktor.
10.3
10
Screening, Früherkennung
Ein Screening ist wegen der relativen Seltenheit nicht sinnvoll. Es wird im Frühstadium meist nur im Rahmen einer gynäkologischen Routineuntersuchung durch Palpation eines Adnextumors und/oder Vaginalsonographie und/ oder Erhöhung des Tumormarkers CA-125 erkannt (7 Kap. 5).
Tumorausbreitung
Diagnosestellung, präoperatives Staging
Eine präoperative Unterscheidung zwischen primärem Tubenkarzinom und Ovarialkarzinom ist nicht möglich. 4 Palpabler Adnextumor analog dem Ovarialkarzinom (7 Kap. 5) 4 Sonographie (7 Kap. 5), evtl. Saktosalpinx, häufig Aszites 4 Häufig Erhöhung des Tumormarkers CA-125 4 Beim Tubenkarzinom in 5–10% pathologischer Zervixabstrich mit Adenokarzinomzellen ohne Pathologie des Uterus 4 Bei Blutungsstörungen diagnostische Hysteroskopie und getrennte Kürettage zum Ausschluss eines Uteruskarzinoms
Klinische Symptome des Tumors der Tube Im Gegensatz zum Ovarialkarzinom bewirken Tubenkarzinome häufig eine frühere klinische Symptomatik, weshalb sie öfter in früheren Stadien entdeckt werden. Typisch sind: 5 Unterbauchschmerzen: 60–70% aller Tubenkarzinome werden bereits im Stadium I oder II entdeckt, da die Expansion der Tube Schmerzen verursacht, die die Patientin zum Aufsuchen eines Arztes veranlasst. 5 Abnorme vaginale Blutung 5 Abnormer vaginaler Fluor, oft wässrig-weißlich; pathognomonisch ist der seltene »Hydrops tubae profluens«, der eine plötzliche massive Entleerung einer Hydrosalpinx in die Vagina beschreibt. 5 Zunahme des Bauchumfangs (v. a. durch Aszites), Meteorismus, Obstipation, Dyspnoe und Oberbauchbeschwerden bei fortgeschrittenen Fällen
10.6
Stadieneinteilung, stadienabhängige Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten
Im Vergleich zum Ovarialkarzinom liegen die Überlebensraten beim Tubenkarzinom in den Stadien I und II niedriger (Rosen et al. 1994), während sie in den Stadien III und IV ähnlich (schlecht) sind (. Tab. 10.1).
10.7
Prognosefaktoren
Die wesentlichen günstigen Prognosefaktoren sind 4 Niedriges Tumorstadium 4 Fehlende oder geringe Resttumorgröße 4 Anwendung einer platinhaltigen Chemotherapie bei fortgeschrittenen Stadien (Peters et al. 1988)
153 10.9 · Histopathologie
. Tab. 10.1. FIGO- und TNM-Stadien beim primären Tubenmalignom, Häufigkeitsverteilung und 5-Jahres-Überlebensraten im Abhängigkeit vom Tumorstadium entsprechend dem aktuellen FIGO Annual Report
FIGO
TNM
Tumorausbreitung
Häufigkeit [%]
5-Jahresüberleben [%]
0
Tis
Carcinoma in situ
–
–
I
T1
Tumor ist auf die Tube(n) beschränkt
–
–
Ia
T1a
Tumor auf eine Tube beschränkt, kein Serosadurchbruch, kein Aszites
16
72
Ib
T1b
Tumor auf beide Tuben beschränkt, kein Serosadurchbruch, kein Aszites
4
75
Ic
T1c
Tumor auf eine oder beide Tuben beschränkt, Ausdehnung bis zur Tubenserosa oder darüber hinaus bzw. maligne Zellen im Aszites oder in der Peritonealzytologie
10
64
II
T2
Tumor auf eine oder beide Tuben beschränkt, Ausbreitung im Becken
–
–
IIa
T2a
Ausbreitung und/oder Metastasen im Uterus und/oder den Ovarien
9
42
IIb
T2b
Ausbreitung auf andere Beckenstrukturen
8
88
IIc
T2c
Ausbreitung im Becken mit malignen Zellen im Aszites oder der Peritonealzytologie
8
48
III
T3 und/oder N1
Tumor befällt eine oder beide Tube(n), Peritonealmetastasen außerhalb des Beckens und/oder positive regionale Lymphknoten
IIIa
T3a
Mikroskopische Peritonealmetastasen außerhalb des Beckens
5
40
IIIb
T3b
Makroskopische Peritonealmetastasen außerhalb des Beckens mit einem maximalen Durchmesser ≤2 cm
9
22
IIIc
T3c und/oder jedes T+N1
Peritonealmetastasen >2 cm im größten Durchmesser und/oder positive regionale Lymphknoten
25
14
IV
M1
Fernmetastasen (exklusive Peritonealmetastasen)
8
22
4 Lebensalter <60 Jahren (Wolfson et al. 1998) 4 Hoher Differenzierungsgrad (Gadducci et al. 2001) 4 Niedriger prätherapeutischer CA-125-Wert (Hefler et al. 2000) 4 Intraoperative Tumorruptur im Stadium I (Baekelandt et al. 2000)
–
10.8.1 Prophylaktische Adnexexstirpation bei
BRCA-1/2-Positivität Nach Abschluss der Familienplanung erscheint diese Maßnahme bei nachgewiesener BRCA-Mutation sinnvoll.
10.9 10.8
–
Histopathologie
Operative Therapie
Die Therapierichtlinien für das Tubenkarzinom entsprechen grundsätzlich jenen des Ovarialkarzinoms (7 Kap. 5). Eine maximale zytoreduktive Operation steht im Mittelpunkt des Therapiekonzepts.
Im Vergleich zum primären Tubenmalignom kommt häufiger ein metastatischer Befall dieses Organs v. a. bei primärem Ovarial- und Endometriumkarzinom vor. Für die Diagnose eines primären Karzinoms der Tube sollten folgende Kriterien erfüllt sein
10
154
Kapitel 10 · Maligne Tumoren der Tube
4 Der Hauptanteil des Tumors betrifft die Tube. 4 Mikroskopisch ist hauptsächlich die Tubenmukosa befallen. 4 Histologischer Nachweis des Übergangs von benignem zu malignem Epithel 4 Nachweis papillärer Strukturen 4 Ausschluss einer tuberkulösen Salpingitis 4 Die Zellen sollten jenen der Endosalpinx ähnlich sein. 4 Bei zusätzlichem Befall der Ovarien und/oder des Uterus sollten die Tumoren dieser Lokalisationen kleiner als die der Tube(n) sein. Der Großteil der Karzinome tritt in den beiden distalen Dritteln der Tube auf. Ähnlich dem Ovarialkarzinom weisen Tubenkarzinome am häufigsten eine serös-papilläre Histologie auf. In absteigender Reihenfolge werden ein endometrioides, klarzelliges oder undifferenziertes Karzinom beobachtet. Beim Karzinosarkom, das etwa 3% aller Tubenkarzinome ausmacht, handelt es sich, analog dem Ovarialkarzinom, um eine besonders aggressiv verlaufende Erkrankungsform.
10.10 Chemotherapie
10
Wegen der relativen Seltenheit des Tubenkarzinoms und des Fehlens randomisierter Studien sind nur begrenzt Aussagen zu ihrer Wirksamkeit möglich. Am meisten Erfahrungen bestehen laut Literatur mit einer platinhaltigen Kombinationschemotherapie. Das Tubenkarzinom gilt als dem Ovarialkarzinom vergleichbar chemosensibel. An den meisten Kliniken wird es jeweils analog dem Ovarialkarzinom mit Carboplatin und einem Taxan zytostatisch therapiert (Kennedy et al. 2000; 7 Kap. 5).
10.11 Hormontherapie
Sie spielt beim Tubenkarzinom keine Rolle. Es gibt keine Studien, die gegen eine Hormonsubstitution nach Primärtherapie des Tubenkarzinoms sprechen.
10.12 Radiotherapie
Im Stadium I konnte für die adjuvante Radiotherapie des Beckens in einer retrospektiven Studie mit 51 Patientinnen ein Vorteil gegenüber der Chemotherapie nachgewiesen
werden (Klein et al. 1994). Die Strahlentherapie spielt beim fortgeschrittenen Tubenkarzinom nur eine geringe Rolle. Es gelten ähnliche Überlegungen wie beim Ovarialkarzinom (7 Kap. 5). In der Palliativsituation, z. B. bei schmerzhaftem Beckenrezidiv oder großen supraklavikularen Lymphknotenmetastasen, hat die Radiotherapie ähnlich wie beim Ovarialkarzinom einen wesentlichen Stellenwert.
10.13 Nachsorge
Es gelten die Richtlinien des Ovarialkarzinoms (7 Kap. 5). Bei der Überwachung des Krankheitsverlaufs ist v. a. die Beachtung klinischer Symptome und der Tumormarker CA-125 wertvoll.
10.14 Rezidive, Metastasen Peritoneale Rezidive vorwiegend im Oberbauch treten doppelt so häufig wie pelvine Rezidive oder Fernmetastasen auf (Wolfson et al. 1998). In gut 1/3 der Fälle bestehen extraperitoneale Rezidive isoliert oder in Kombination mit peritonealen Rezidiven. Bevorzugt sind dabei periphere Lymphknoten inguinal, supraklavikular, axillär oder mediastinal befallen (Gadducci et al. 2001, Semrad et al. 1986). Seltener kommen Fernmetastasen in Lunge, Pleura, Leber, Vagina und dem Gehirn vor (Semrad et al. 1986). Auch beim Tubenkarzinom sind platinsensitive Rezidive, die später als 6 Monate nach Abschluss einer platinhaltigen Therapie auftreten, prognostisch günstiger als platinresistente mit einem therapiefreien Intervall <6 Monaten oder gar platinrefraktäre Rezidive, die während der ersten platinhaltigen Chemotherapie auftreten, einzustufen (7 Kap. 5). Auch beim Rezidiv werden Einzelsubstanzen oder Zytostatikakombinationen analog dem Ovarialkarzinom eingesetzt (Dunton u. Neufeld 2000).
+ + Zusammenfassung Das Tubenkarzinom macht etwa 0,3% aller gynäkologischen Malignome aus. Im Gegensatz zum Ovarialkarzinom bewirkt es häufig eine frühere klinische Symptomatik, weshalb Tubenkarzinome öfter in früheren Stadien 6
155 Literatur
entdeckt werden. Es breitet sich über das Peritoneum und bevorzugt lymphogen aus. Die lymphatische Dränage der Tube erfolgt in erster Linie via Ligg. infundibulopelvica. Bei bis zu 40% der Frauen treten paraaortale Metastasen ohne gleichzeitigen Befall der pelvinen Lymphknoten auf. Eine maximale zytoreduktive Operation steht, analog wie beim Ovarialkarzinom, im Mittelpunkt des Therapiekonzepts. Die Chemotherapie des Tubenkarzinoms erfolgt wie beim Ovarialkarzinom mit platinhaltigen Kombinationen. Bei der Überwachung des Krankheitsverlaufs ist v. a. die Beachtung klinischer Symptome und des Tumormarkers CA-125 wertvoll.
Literatur Baekelandt M, Nesbakken A, Kristensen G et al. (2000) Carcinoma of the fallopian tube. Cancer 89: 2076–2084 Cormio G, Lissoni A, Maneo A, Marzola M, Gabriele A, Mangioni C (1996) Lymph node involvement in primary carcinoma of the fallopian tube. Int J Gynecol Cancer 6: 405–409 Dunton CJ, Neufeld J (2000) Complete response to topotecan of recurrent fallopian tube carcinoma. Gynecol Oncol 76: 128–129 Gadducci A, Landoni F, Sartori E et al. (2001) Analysis of treatment failures and survival of patients with fallopian tube carcinoma: a cooperation task force study. Gynecol Oncol 81: 150–159 Hefler L, Rosen A, Graf A et al. (2000) The clinical value of serum concentrations of cancer antigen 125 in patients with primary fallopian tube carcinoma. Cancer 89: 1555–1560 Kennedy A, Markman M, Webster K et al. (2000) Combination chemotherapy of ovarian and fallopian tube cancers and primary peritoneal carcinoma with carboplatin and docetaxel. Proc ASCO 19: 395a Klein M, Rosen A, Graf A et al. (1994) Primary fallopian tube carcinoma – a retrospective survey of 51 cases. Arch Gynecol Obstet 255: 141–146 Peters W, Andersen W, Hopkins M, Kumar N, Morley G (1988) Prognostic features of carcinoma of the fallopian tube. Obstet Gynecol 71: 757–762 Rosen A, Sevelda P, Klein M et al. (1994) A comparative analysis of management and prognosis in stage I and II fallopian tube carcinoma and epithelial ovarian cancer. Br J Cancer 69: 577–579 Semrad N, Watring W, Fu YS, Hallatt J, Ryoo M, Lagasse L (1986) Fallopian tube adenocarcinoma: common extraperitoneal recurrence. Gynecol Oncol 24: 230–235 Wolfson A, Tralins K, Greven K et al. (1998) Adenocarcinoma of the fallopian tube: results of a multiinstitutional retrospective analysis of 72 patients. Int J Radiat Oncol Biol Phys 40: 71–76
10
11 11
Primäres Karzinom des Peritoneums Ossi R. Köchli, Edgar Petru und Bernd-Uwe Sevin
11.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 158
11.2
Risikofaktoren – 158
11.3
Screening, Früherkennung – 158
11.4
Tumorausbreitung – 158
11.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
11.6
Stadieneinteilung, Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten – 158
11.7
Prognosefaktoren – 158
11.8
Operative Therapie
11.9
Histopathologie
11.10
Chemotherapie – 159
11.11
Hormontherapie, Hormonsubstitution – 159
11.12
Radiotherapie – 159
11.13
Nachsorge – 159
11.14
Rezidive, Metastasen
– 159
– 159
Zusammenfassung Literatur – 160
– 158
– 160 – 160
158
Kapitel 11 · Primäres Karzinom des Peritoneums
Das primäre Karzinom des Peritoneums wird auch als serös-papilläres Karzinom des Oberflächenepithels des Ovars, extraovariales papilläres seröses Karzinom, »normal-sized« Ovarialkarzinomsyndrom, multifokales extraovariales seröses Karzinom oder papillärer seröser Tumor der Peritonealoberfläche bezeichnet. Es wird angenommen, dass sich das primäre Peritonealkarzinom vom embryonalen Zölomepithel mit dem Potenzial der Müller-Gänge ableitet. Serös-papilläre Peritonealkarzinome können auch nach beidseitiger Ovarektomie auftreten. Das primäre Peritonealkarzinom ist vom Pseudomyxoma peritonei abzugrenzen, mit dem es biologisch keine Assoziation gibt (7 Abschn. 11.9).
11.1
Häufigkeit, Altersverteilung
Das primäre serös-papilläre Karzinom des Peritoneums (PSPCP) kommt im Vergleich zum serös-papillären Ovarialkarzinom 7- bis 12-mal seltener vor (Dalrymple et al. 1989, Fromm et al. 1990). Patientinnen mit PSPCP sind mit einem mittleren Erkrankungsalter von etwa 65 Jahren älter als jene mit Ovarialkarzinom (Bloss et al. 2003). Nur wenige Studien beschreiben den Krankheitsverlauf von mehr als je 30 Patientinnen mit PSPCP (Bloss et al. 1993, Dalrymple et al. 1989, Fromm et al. 1990, Ransom et al. 1990).
11.2
11
Risikofaktoren
In den raren Studien mit nur geringen Patientenzahlen wurden bisher folgende Risikofaktoren identifiziert 4 Höheres Lebensalter 4 Späte Menarche 4 BRCA-1- und BRCA-2(Brustkrebsgen)-Positivität: extrem selten
Klinische Symptome des primären Peritonealkarzinoms Sie entsprechen prinzipiell jenen der malignen epithelialen Tumoren des Ovars (7 Kap. 5).
11.4
Sie erfolgt im Peritonealraum und entlang der retroperitonealen Lymphknotenbahnen und entspricht jener beim Ovarialkarzinom (7 Kap. 5).
11.5
Diagnosestellung, präoperatives Staging
Im Vergleich zum Ovarialkarzinom ist die Aszitesmenge bei der Diagnosestellung meist größer, und es findet sich seltener ein palpabler Adnextumor (Barda et al. 2004, Ransom et al. 1990). Im Übrigen gelten die Feststellungen, die in 7 Kap. 5 getroffen wurden.
11.6
Stadieneinteilung, Häufigkeitsverteilung und Überlebensraten
Die Stadieneinteilung erfolgt nach den Kriterien beim Ovarialkarzinom (7 Kap. 5). Die meisten Peritonealkarzinome werden mit einer Tumorausdehnung kranial des Beckens (Stadium III und IV bezogen auf die FIGO-Stadien des Ovarialkarzinoms) diagnostiziert. Die Gesamt-5-JahresÜberlebensrate liegt zwischen 15 und 25% (Bloss et al. 1993, Dalrymple et al. 1989, Fowler et al. 1994, Fromm et al. 1990, Ransom et al. 1990).
11.7 11.3
Tumorausbreitung
Prognosefaktoren
Screening, Früherkennung
Ein Screening ist wegen der Seltenheit des Peritonealkarzinoms nicht indiziert. Zur Früherkennung sei auf 7 Kap. 5 verwiesen.
Prognostisch günstig sind folgende Faktoren 4 Resttumorgröße <1 cm (Ransom et al. 1990) 4 Anwendung platinhaltiger Chemotherapien (Oyan et al. 2003, Fowler et al. 1994, Fromm et al. 1990, Ransom et al. 1990) 4 Anwendung einer Kombinationschemotherapie (Fromm et al. 1990)
159 11.13 · Nachsorge
Die Prognose von Patientinnen mit primärem Peritonealkarzinom unterschied sich in kontrollierten Fallstudien nicht von jener mit primärem Ovarialkarzinom (Bloss et al. 1993, Dalrymple et al. 1989, Ransom et al. 1990).
11.8
Operative Therapie
Die maximale Zytoreduktion stellt, wie beim Ovarialkarzinom (7 Kap. 5), das chirurgische Therapieziel dar. Nach einer medianen Laparotomie sollten die Patientinnen, wie beim primären Ovarialkarzinom, einer abdominalen Hysterektomie, beidseitigen Adnexexstirpation, Omentektomie, Entfernung des tumorös befallenen Peritoneums, Appendektomie und einer retroperitonealen Lymphadenektomie unterzogen werden. Bei 81 Patientinnen, die sich nach adjuvanter Chemotherapie in kompletter klinischer Remission befanden, wurde bei der Second-look-Operation nur bei 12–27% histopathologisch Tumorfreiheit nachgewiesen (Fowley et al. 1994, Fromm et al. 1990, Ransom et al. 1990). Der prognostische Wert einer retroperitonealen Lymphadenektomie ist trotz des häufigen Befalls der pelvinen und paraaortalen Lymphknoten beim primären Peritonealkarzinom (Fromm et al. 1990, Petru et al. 1992) bis heute ungeklärt. Nach optimaler Zytoreduktion im Peritonealraum erscheint jedoch eine retroperitoneale Lymphadenektomie indiziert.
11.9
Histopathologie
Histologisch gleicht das Peritonealkarzinom dem seröspapillären Ovarialkarzinom. Die Ovarien zeigen jedoch entweder überhaupt keinen oder lediglich einen mikroskopischen Tumorbefall. Die Diagnose »primäres Peritonealkarzinom« sollte beim Vorliegen einer pelvinen und/oder abdominellen Karzinomatose erst nach Ausschluss eines serös-papillären Karzinoms des Ovars, des Endometriums und des Pankreas gestellt werden. Immunhistochemische Färbungen unterstützen den Pathologen bei der Differenzialdiagnose. Etwa 60% der PPSPC sind HER2/neu-positiv. Das seltene Pseudomyxoma peritonei ist vom primären Peritonealkarzinom abzugrenzen. Es besteht kein biologischer Zusammenhang. Das Pseudomyxom beschreibt einen massiven Befall der Peritonealhöhle mit multiplen Schleim bildenden Herden und vielen Litern an gelatinösem Material, das nur schwer entfernt werden kann. Der Primärtumor liegt entweder in der Appendix oder im Ovar. Obwohl
das Pseudomyxoma peritonei häufig mit Borderlinetumoren oder gutdifferenzierten Tumoren assoziiert ist, sind Rezidive häufig, und die Prognose nach Rezidiven ist ungünstig. Die Haupttherapie besteht in einer möglichst kompletten zytoreduktiven Operation einschließlich Appendektomie. Platinhaltige Chemotherapien wurden mit wechselndem Erfolg eingesetzt. Das 5-Jahres-Überleben von Patientinnen mit Pseudomyxom liegt zwischen 50 und 60% (Galani et al. 2003).
11.10 Chemotherapie
Mit der Kombination aus Cisplatin und Cyclophosphamid, die vor der Einführung von Paclitaxel in die Erstlinienchemotherapie beim Ovarialkarzinom beim primären Peritonealkarzinom als Standard galt, bestehen am meisten Erfahrungen (Bloss et al. 1993, Fromm et al. 1990, Petru et al.1992, Ransom et al. 1990). In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass die Kombination von Carboplatin und Paclitaxel offenbar, analog dem Ovarialkarzinom, die höchste Effektivität beim primären Peritonealkarzinom aufweist. Deshalb kann sie als Standard angesehen werden (Eltabbakh et al. 1997).
11.11 Hormontherapie, Hormonsubstitution
Die Hormontherapie spielt beim primären Peritonealkarzinom keine Rolle. Gegen eine Hormonsubstitution bei prämenopausalen Patientinnen nach beidseitiger Adnexektomie besteht kein Einwand.
11.12 Radiotherapie
Es existieren minimale Erfahrungen mit dieser Therapiemodalität. Bei 3 von 17 Patientinnen (18%), die einer Radiotherapie unterzogen wurden, konnten Remissionen erzielt werden, wovon eine komplett war (Fromm et al. 1990) (7 Kap. 5).
11.13 Nachsorge
Der Tumormarker CA-125 kann zur Überwachung des Therapieerfolgs herangezogen werden, sofern er präoperativ erhöht war. Zusammen mit dem Erkennen von auffäl-
11
160
Kapitel 11 · Primäres Karzinom des Peritoneums
ligen Symptomen und der gynäkologischen Untersuchung zählt er zu den Eckpfeilern einer Nachsorge. Sie folgt prinzipiell den Empfehlungen aus 7Kap. 5. Bei Patientinnen mit BRCA-Mutation muss insbesondere die Mamma in die Nachsorge mit einbezogen werden.
11.14 Rezidive, Metastasen
Die Symptomatik, Lokalisation und Therapie von Rezidiven und Metastasen entsprechen denen beim epithelialen Ovarialkarzinom (7 Kap. 5).
+ + Zusammenfassung Das serös-papilläre Karzinom des Peritoneums ist etwa 10-mal seltener als das primäre Ovarialkarzinom. Es gilt als chemosensibel, und seine Prognose ist in etwa mit jener des Ovarialkarzinoms vergleichbar. Seine Diagnostik und Therapie entsprechen in ihren Grundzügen jener beim Ovarialkarzinom.
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11
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12 12
Trophoblasttumoren Ossi R. Köchli, Edgar Petru und Bernd-Uwe Sevin
12.1
Häufigkeit, Altersverteilung – 162
12.2
Risikofaktoren – 162
12.3
Screening, Früherkennung – 162
12.4
Tumorausbreitung – 162
12.5
Diagnosestellung
12.6
Stadieneinteilung und Prognosefaktoren – 163
– 162
12.7
Operative Therapie
12.7.1 12.7.2 12.7.3
Operative Therapie der Blasenmole – 165 Operative Therapie maligner nichtmetastatischer Trophoblasttumoren – 165 Operative Therapie maligner metastatischer Trophoblasttumoren – 165
– 165
12.8
Histopathologie
12.8.1
Plazentabetttumor: Trophoblasttumor der Plazentainsertionsstelle – 166
12.9
Chemotherapie – 166
12.9.1 12.9.2 12.9.3
Prophylaktische Chemotherapie bei Blasenmole – 166 Chemotherapie nichtmetastatischer Trophoblasttumoren – 166 Chemotherapie metastatischer Trophoblasttumoren – 169
12.10
Hormontherapie, Kontrazeption – 171
12.11
Strahlentherapie
12.11.1 12.11.2
Strahlentherapie von Gehirnmetastasen – 171 Strahlentherapie von Lebermetastasen – 171
– 165
– 171
12.12
Nachsorge – 171
12.12.1 12.12.2
Nachsorge bei Blasenmole – 172 Nachsorge bei nichtmetastatischen und metastatischen Trophoblasttumoren – 172
12.13
Rezidive, Metastasen – 172
12.14
Schwangerschaft nach Chemotherapie von Trophoblasttumoren – 172 Zusammenfassung – 172 Literatur – 173
162
Kapitel 12 · Trophoblasttumoren
12.3
Chorionkarzinom verstanden. GTE sind durch eine abnormale Proliferation von Trophoblastgewebe charakterisiert und leiten sich vom fetalen Gewebe ab. Die Blasenmole ist bei weitem die häufigste GTE und prinzipiell benigne. Nach Entfernung der Blasenmolenschwangerschaft tritt in >80% der Fälle Heilung ein. Beim Rest kommt es jedoch zum Auftreten einer persistierenden oder invasiven Mole (8–15%) oder zur Ausbildung eines Chorionkarzinoms (5%), worunter die eigentlichen (malignen) Trophoblasttumoren verstanden werden. Bei partiellen Blasenmolen liegt das Risiko einer malignen Entartung deutlich geringer (1–3%) als bei der häufigeren kompletten Blasenmole. Es handelt sich dann fast ausschließlich um invasive Molen und nur höchst selten um Chorionkarzinome (Seckl et al. 2000). Das Chorionkarzinom ist hochmaligne und tendiert aufgrund seiner Gefäßaffinität zu hämatogener Metastasierung. Bei Patientinnen mit Chorionkarzinom finden sich in der Anamnese meist eine Blasenmole, seltener ein Abort oder eine normale Schwangerschaft und sehr selten eine ektope Schwangerschaft. Es muss nicht in jedem Fall die unmittelbar vorangegangene (letzte) Schwangerschaft als Ursache einer GTE in Betracht kommen.
Ein Screening ist u. a. aufgrund der Seltenheit der GTE nicht möglich. Eine Früherkennung kann somit nur aufgrund der Anamnese und der klinischen Symptome erfolgen.
12.1
Häufigkeit, Altersverteilung
In Europa tritt ein Trophoblasttumor etwa 1-mal/2000– 3000 Geburten auf. Diese Seltenheit weist darauf hin, dass
12
Screening, Früherkennung
Unter den gestationsbedingten Trophoblasterkrankungen (GTE) werden Blasenmole, invasive Blasenmole und
GTE unbedingt in einem Zentralkrankenhaus behandelt und auch nachkontrolliert werden sollten.
Die Altersverteilung zeigt eine Häufung vor dem 15. Lebensjahr bzw. v. a. zwischen dem 40. und 55. Lebensjahr.
12.2
Risikofaktoren
4 Die Inzidenz von GTE ist in Asien, Afrika und Lateinamerika deutlich höher als in Europa. 4 Frauen nach dem 45. Lebensjahr 4 Anamnese einer Blasenmole (20- bis 40fach erhöhtes Risiko) 4 Blasenmole als Risikofaktor für ein Chorionkarzinom
Klinische Symptome der Trophoblasttumoren Folgende klinische Zeichen sollten an die Diagnose »GTE« denken lassen 5 Erstsymptome 5 Abnorme vaginale Blutungen (etwa 90%) nach Entbindung, Abort oder Extrauteringravidität 5 Spontaner Abgang von Bläschen aus der Vagina: pathognomonisch für Blasenmole 5 Gestosen: Hyperemesis, Präeklampsie mit Hypertonie, Ödeme und Proteinurie 5 Okkulter Hyperthyreoidismus, der selten klinische Symptome bewirkt 5 Bei Metastasierung 5 Bluthusten und Atemnot 5 Tastbarer Knoten in der Scheide 5 Lähmungserscheinungen, Bewusstseinsstörungen, Epilepsie 5 Abdominelle Schmerzen
12.4
Tumorausbreitung
Die Trophoblasttumoren neigen zu hämatogener Fernmetastasierung. Folgende Organe werden in absteigender Reihenfolge befallen: Lunge, Vagina, Becken, Gehirn, Leber, Niere, Darm und Milz.
12.5
Diagnosestellung
Der Verdacht auf einen Trophoblasttumor ergibt sich aus folgenden Befunden 4 Positiver HCG(humanes Choriongonadotropin)-Test ohne Zeichen einer Schwangerschaft (typischerweise HCG z. B. 200.000 E) mit steigender oder gleich bleibender Tendenz. Prinzipiell ist die HCG-Bestimmung bei hohen Konzentrationen auch aus dem Morgenharn möglich. Allerdings hat sich die Serum-β-HCG-Be-
163 12.6 · Stadieneinteilung und Prognosefaktoren
4 4 4 4 4
stimmung aufgrund ihrer höheren Sensitivität durchgesetzt (Nachweisgrenze etwa 5 mE/ml). Man sollte sich bewusst sein, dass selbst bei »negativem« β-HCG noch etwa 105 Trophoblastzellen im Körper nachgewiesen werden können Bei der Palpation eines vergrößerten Uterus von weicher Konsistenz wie bei Schwangerschaft Im Ultraschall fehlende fetale Strukturen bzw. Herzaktion, aber unterschiedlich echogene bläschenartige Areale im Cavum uteri (Lutein-)Zysten der Ovarien bei der Palpation bzw. im Ultraschall: Sie sind meist asymptomatisch und bilden sich innerhalb von 3–6 Monaten zurück. Selten bläulich-rote Herde in der Vagina v. a. suburethral bzw. im Fornixbereich Selten akutes Abdomen bei Perforation des Trophoblasttumors in die Bauchhöhle (Differenzialdiagnose: Extrauteringravidität)
Die operative Abklärung mit Gewinnung einer Histologie erfolgt durch 4 Vakuumaspiration (Saugkürettage) bei bestehender Blasenmole. Allerdings ergibt die histologische Untersuchung nur in etwa 60% aller GTE tatsächlich Trophoblastgewebe, was beweist, dass in einem erheblichen Teil der Patientinnen die Kürettage selbst keinen therapeutischen Effekt auf die GTE hat. 4 Diagnostische Kürettage (evtl. mit Hysteroskopie) bei azyklischer Metrorrhagie 4 Vaginaler Ultraschall des Uterus und übrigen Beckens (mit Farbdoppler aufgrund der gefäßreichen Läsionen) 4 Histologischer Nachweis von Chorionkarzinomgewebe (z. B. bei Vaginalmetastase), wenn 5 primär nicht an eine GTE gedacht worden ist und eine Biopsie durchgeführt wurde. Ist bereits eine GTE bekannt, ist eine Biopsie von Vaginalläsionen aufgrund evtl. Blutungskomplikationen kontraindiziert. Um nach der Diagnose »GTE« z. B. aufgrund persistierender HCG-Produktion eine Metastasierung nachweisen bzw. ausschließen zu können, sind im Anschluss an die histologische Diagnose umfassende Staginguntersuchungen notwendig. Die Diagnose »nichtmetastatische GTE« ist eine Ausschlussdiagnose!
> Cave Ohne die Durchführung der aufgeführten »Staginguntersuchungen« ist eine Zuordnung zur Gruppe nichtmetastatischer GTE unverantwortlich und könnte durch inadäquate Behandlung zu schwer wiegenden und u. U. letalen Folgen für die Patientin führen.
Folgende Untersuchungen sollten vorgenommen werden 4 Thoraxröntgen a.-p. und seitlich 4 Abdominalsonographie bzw. Abdomen-CT (Leber, Milz, Nieren) 4 CT/(MRT) des Schädels 4 Evtl. CT der Lungen: Selbst wenn der Thoraxröntgenbefund normal ist, weisen etwa 40% der Patientinnen Mikrometastasen in der Lunge auf. 4 Vaginalsonographie mit Doppler und evtl. MRT (Magnetresonanztomographie) des Beckens Daneben werden Laborwerte wie Blutbild, Gerinnung, Harn, Leber-, Nierenparameter, Elektrolyte und TSH basal bestimmt. Beim Verdacht auf Gehirnmetastasen wird evtl. zusätzlich eine spinale Liquorpunktion einschließlich Zytologie und HCG-Bestimmung im Liquor vorgenommen. Normalerweise beträgt das Verhältnis zwischen HCG im Serum und Liquor etwa 60:1. Verringert sich diese Relation, ist eine Metastasierung ins ZNS anzunehmen. Eine neuerliche histologische Abklärung des Cavum uteri bei Persistenz oder Progression des HCG z. B. zur Sicherung der Diagnose »Chorionkarzinom« ist wegen der hohen Perforationsgefahr und meist fehlenden Aussagekraft der Histologie nicht indiziert. Eine Therapieänderung erfolgt ohnedies auf klinischer Basis unter Zuhilfenahme des β-HCG-Verlaufs.
12.6
Stadieneinteilung und Prognosefaktoren
Lange existierte keine weltweit einheitliche Stadieneinteilung (Köchli 1994). Heute ist jedoch das FIGO-Staging unter weitgehender Einbeziehung des früher verwendeten WHO-Score-Systems gebräuchlich (Ngan 2004). Das Bewertungssystem enthält verschiedene individuelle Prognoseparameter, die nach Addition in einen Prognosegesamtscore münden (. Tab. 12.1, . Tab. 12.2). Damit können Patientinnen mit GTE mit einem erhöhten Risiko identifiziert werden, die primär eine aggressive Therapie erhalten sollten.
12
164
Kapitel 12 · Trophoblasttumoren
. Tab. 12.1. Anatomisches FIGO-Staging Stadium
Ausprägung
I
Erkrankung auf den Uterus beschränkt
II
Erkrankung außerhalb des Uterus, aber auf das Genitale beschränkt
III
Lungenmetastasen±Befall des Genitaltrakts
IV
Alle anderen Metastasenlokalisationen
. Abb. 12.1 zeigt die klinisch wichtigste Einteilung der GTE. Von Bedeutung ist in erster Linie, ob beim Staging eine Metastasierung nachgewiesen werden kann oder nicht. Danach richtet sich die Therapie. Zusammenfassend verschlechtert sich die Prognose v. a. beim Vorliegen folgender Faktoren 4 Metastasen in Gehirn, Leber, Niere, Milz oder Darm 4 Inadäquates initiales Staging und Therapie (!) 4 Histologische Diagnose eines Chorionkarzinoms 4 Wenn mehr als 4 Monate seit der letzten Schwangerschaft oder dem Therapieversagen vergangen sind.
. Tab. 12.2. FIGO-Score zur Bewertung prognostischer Faktoren (Ngan 2004) Prognostischer Faktor
Score 0
1
2
4
Alter [Jahre]
<40
≥40
–
–
Vorausgegangene Schwangerschaft (SS)
Blasenmole
Abort
Ausgetragene SS
–
Intervall zwischen Ende der vorausgegangenen SS und Beginn der Chemotherapie [Monate]
<4
4–<7
7–<13
≥13
Serum-β-HCG [mE/ml] vor Behandlungsbeginn
<1000
1000–<10.000
10.000–<100.000
≥100.000
Größter Tumordurchmesser einschließlich Uterus [cm]
<3
3–<5
≥5
–
Metastasenlokalisation
Lunge
Milz, Nieren
Gastrointestinal
Leber, Gehirn
Anzahl der Metastasen
0
1–4
5–8
>8
Vorausgegangene Chemotherapie
–
–
Monotherapie
≥2 Medikamente
Ermittlung des Scorewerts durch Addition der einzelnen Punktwerte, Einstufung: 0–6 Punkte: niedriges Risiko; ≥7 Punkte: hohes Risiko
12
. Abb. 12.1. Klinische Klassifikation der gestationsbedingten Trophoblasterkrankung (GTE)
165 12.8 · Histopathologie
4 Wenn die letzte Schwangerschaft zu einer Termingeburt geführt hat. 4 Wenn der HCG-Titer vor Therapiebeginn >40.000 mE/ ml im Serum bzw. >100.000 E/24 h im Harn beträgt. 4 Wenn die Erstlinienchemotherapie erfolglos war. Die 5-Jahres-Überlebensrate beim Chorionkarzinom liegt bei nicht metastasierten Fällen um 80–90% und bei metastasierten Patientinnen um 70%. Das 5-Jahres-Überleben bei den relativ seltenen Lebermetastasen und Gehirnmetastasen liegt nur bei etwa 30%.
12.7
Operative Therapie
Im Gesamtbehandlungskonzept der GTE spielt sie eine untergeordnete Rolle. Manchmal kann aber erst durch sie eine definitive Heilung z. B. durch Resektion zytostatikaresistenter Foci z. B. in der Lunge oder im Uterus erfolgen. Eine Hysterektomie kann außerdem in folgenden Situationen indiziert sein 4 Vitale Blutung ex Utero 4 Spontanperforation des Tumors in die Bauchhöhle. 4 Hysterektomie als Therapie der Wahl beim seltenen Trophoblasttumor der Plazentainsertionsstelle, da dieser Tumor als relativ chemoresistent gilt.
12.7.1
Operative Therapie der Blasenmole
Die Saugkürettage (Vakuumaspiration plus Nachkürettage) unter laufender Oxytozininfusion sollte bei einer Blasenmole wegen der hohen Perforationsgefahr besonders vorsichtig durchgeführt werden. Erfolgen primär eine Prostaglandin- bzw. Oxytozingabe zur Ausstoßung des »Schwangerschaftsprodukts« und erst danach eine Kürettage, ist die Wahrscheinlichkeit der Notwendigkeit einer Chemotherapie signifikant höher als ohne medikamentöse Ausstoßung (Bagshawe et al. 1986). Letzterer Umstand wird durch die inkomplette Entleerung des Cavum uteri erklärt. Wird primär eine Hysterektomie durchgeführt, ist eine konsequente Nachsorge mit regelmäßigen β-HCG-Kontrollen dennoch essenziell.
12.7.2
Operative Therapie maligner nichtmetastatischer Trophoblasttumoren
Alle Fälle nichtmetastatischer GTE einschließlich des Chorionkarzinoms können unabhängig von deren uteriner Ausbreitung als durch die Chemotherapie allein heilbar angesehen werden. Erst wenn die Zytostatikatherapie fehlschlägt, d. h. eine Chemoresistenz oder Komplikationen wie starke Metrorrhagien auftreten, kann eine Hysterektomie erwogen werden. Als alleinige Therapie ist die Hysterektomie jedoch ungenügend.
12.7.3
Operative Therapie maligner metastatischer Trophoblasttumoren
Isolierte, z. B. durch Bild gebende Verfahren darstellbare Metastasen oder auch der Primärtumor im Uterus, die auf eine Chemotherapie nicht ansprechen und Anlass zu einem inkompletten Abfall des HCG-Titers geben, können im Einzelfall durch Resektion geheilt werden (z. B. Hysterektomie, Thorakotomie mit Lobektomie der Lunge, Kraniotomie, Resektion isolierter intraabdomineller Herde). Bei Chemoresistenz sollte aber zunächst unbedingt auch nach evtl. anderen Metastasen gesucht werden. In jedem Fall muss vor einem operativen Eingriff bestätigt werden, dass es sich tatsächlich um einen Solitärherd handelt. Bei intrakranialen Blutungen infolge Gehirnmetastasen ist eine Kraniotomie indiziert, um den intrakranialen Druck zu reduzieren. Danach erfolgt eine Ganzhirnbestrahlung.
12.8
Histopathologie
Die histologische Diagnose einer GTE anhand von Kürettagematerial ist oft problematisch. Falsch-negative Diagnosen können durch regressive Veränderungen, eine vorausgegangene Chemotherapie oder nichtrepräsentative Einsendeproben z. B. bei intramuralem Tumorsitz verursacht sein. Unzählige Versuche, die unterschiedlichen histopathologischen Klassifikationen und Terminologien für GTE zu vereinheitlichen, sind fehlgeschlagen. Die Notwendigkeit einer solchen Klassifikation wird aber auch in Frage gestellt, da sich das therapeutische Vorgehen nahezu ausschließlich nach klinischen Gesichtspunkten richtet (βHCG-Spiegel, Metastasenlokalisation usw.). Aus klinischer Sicht ist eine GTE im Gefolge einer ausgetragenen Schwan-
12
166
Kapitel 12 · Trophoblasttumoren
gerschaft immer ein Chorionkarzinom. Alle Rezidive nach Blasenmole, Extrauteringravidität, Abort oder ausgetragener Schwangerschaft sind aufgrund des klinischen Bildes ebenfalls als Chorionkarzinom anzusehen. Schließlich kann auch der histologische Nachweis die Diagnose »Chorionkarzinom« sichern, was per se einen ungünstigen Prognosefaktor darstellt. Die WHO hat folgende histologische Klassifikation vorgeschlagen 4 Blasenmole: hydropisch degenerierte Zotten (Traubenmole) 5 Komplette (klassische) Blasenmole: keine fetalen Anteile 5 Partielle Blasenmole: fetale Anteile vorhanden 4 Invasive Mole 4 Chorionkarzinom: Chorionepitheliom: Proliferation des Zytotrophoblasten und Synzytiotrophoblasten, Fehlen von Chorionzotten 4 Plazentabetttumor: Trophoblasttumor der Plazentainsertionsstelle (»placental site trophoblastic tumor«)
12.8.1
12
Plazentabetttumor: Trophoblasttumor der Plazentainsertionsstelle
Er ist extrem selten. Nur etwa 100 Fälle sind weltweit beschrieben. Meist ist β-HCG nur mäßig erhöht, um etwa 130 E/ml. Als spezifischer Tumormarker gilt das HPL (»human placenta lactogen«). Prognostisch ungünstig sind eine Mitosezahl >5/10 HPF und das Vorhandensein von Metastasen. Therapeutisch steht die Hysterektomie im Mittelpunkt. Die Chemotherapie auch mit EMACO bzw. EP/EMA ist weniger effektiv als bei den klassischen Trophoblasttumoren (Newlands et al. 2000). Diese Tumoren können auch nach vielen Jahren metastasieren. Die Gesamtüberlebensrate nach 5 Jahren liegt bei 57% (Hoekstra et al. 2004).
nicht vollständige Verschwinden einer Lungenmetastase im Thoraxröntgenbild oder CT allein keineswegs, dass es sich um eine persistierende, therapiebedürftige GTE handelt, wenn der HCG-Titer permanent negativ ist. Solche Läsionen entsprechen meist regressiv veränderten Arealen. Ein 5- bis 10facher Titerabfall in der Folge des ersten Chemotherapiekurses stellt ein gutes, ein Abfall von weniger als 50% ein ungünstiges prognostisches Zeichen dar. Bei der Chemotherapie sollte bereits die initiale Dosis möglichst hoch angesetzt werden, um den notwendigen therapeutischen Effekt zu erzielen. Sie wird bei nichtmetastatischer und metastatischer Low-risk-GTE so lange fortgesetzt, bis eine komplette Titerremission, d. h. 3-mal negative (Serum-HCG <5 mE/ml) wöchentliche β-HCG-Kontrollen auftreten. Bei »high-risk« metastatischer GTE empfiehlt sich zusätzlich eine Fortführung der Chemotherapie über weitere 2–3 Zyklen. Nach Eintritt einer Remission gilt das Nachsorgeschema in . Abb. 12.2.
12.9.1
Prophylaktische Chemotherapie bei Blasenmole
10–20% aller Blasenmolen gehen in ihrem Verlauf in eine invasive Mole oder ein Chorionkarzinom über. Durch prophylaktische Methotrexatgabe konnte eine signifikante Reduktion invasiver GTE nachgewiesen werden. Das Langzeitüberleben wurde durch die Chemotherapieprophylaxe nicht verbessert. Sie erscheint daher nur bei Patientinnen, bei denen eine suffiziente Nachsorge nicht gewährleistet ist, gerechtfertigt.
12.9.2
Chemotherapie nichtmetastatischer Trophoblasttumoren
First-line-Therapie. Methotrexat und Actinomycin D sind 12.9
Chemotherapie
Da Trophoblasttumoren ausgesprochen chemosensibel sind und sich viele Frauen mit GTE im reproduktiven Alter befinden, stellt mit Ausnahme der Blasenmole und des Trophoblasttumors der Plazentainsertionsstelle die Zytostase die Therapie der Wahl dar. Bei der Beurteilung des Behandlungserfolgs ist in erster Linie auf den HCGTiterverlauf zu achten. Andere Untersuchungen spielen nur eine untergeordnete Rolle. So bedeutet z. B. das noch
bei nichtmetastatischen GTE als Einzelsubstanzen vergleichbar effektiv (etwa 90% primäre Remissionen). Nebeneffekte von Methotrexat sind selten Stomatitis±Ulzerationen. Actinomycin D bewirkt eine Alopezie, Nausea, Emesis sowie eine deutliche Myelosuppression. Die gebräuchlichsten Behandlungsschemata sind 4 Methotrexat-Folinsäure (Leukovorin, Citrovorum-Faktor)-Schema nach Goldstein-Berkowitz: Methotrexat 1 mg/kg/Tag i. m. Tag 1+3+5+7; Folinsäure 0,1 mg/kg/ Tag i. m. Tag 2+4+6+8; Wiederholung alle 2 Wochen.
167 12.9 · Chemotherapie
. Abb. 12.2. Überblick über die Therapie und Nachsorge der Trophoblasttumoren, aβ-HCG im Serum bei wöchentlichen Kontrollen unter der Nachweisgrenze (<5 mE/ml)
4 Alternativ: Methotrexat 40 mg/m2 1-mal/Woche i. m. oder 4 Actinomycin D 12 μg/kg/Tag i. v. Tag 1–5 alle 2 Wochen Second-line-Therapie. In etwa 10% der Fälle erweist sich
eine maligne, nichtmetastatische GTE als resistent gegenüber der Standardmonochemotherapie. Wenn sich nach 2 Chemotherapiezyklen kein signifikanter HCG-Abfall
zeigt, sollte zunächst auf die jeweilige andere Monotherapie umgestellt werden (Actinomycin D auf Methotrexat und vice versa). Mit einer Second-line-Chemotherapie kann in nahezu 100% der Fälle eine definitive Heilung erreicht werden. Ansonsten ist eine »Salvage«-Behandlung notwendig (. Abb. 12.3, 7 auch Abschn. 12.9.3).
12
168
Kapitel 12 · Trophoblasttumoren
12
. Abb. 12.3. Therapieschema bei malignen nichtmetastatischen bzw. metastatischen Trophoblasttumoren mit niedrigem Risiko. »Plateau« ist definiert als HCG-Titer, welcher innerhalb eines
Zeitraums von 3 Wochen weder sinkt noch sich verdoppelt. »Anstieg« ist definiert als doppelter oder größerer Anstieg des HCG-Titers über 2 Wochen
169 12.9 · Chemotherapie
. Abb. 12.4 Therapieschema bei metastatischen Trophoblasttumoren mit erhöhtem Risiko
12.9.3
Chemotherapie metastatischer Trophoblasttumoren
Die Chemotherapie ist auch hier hoch effektiv. Die definitive Heilungsrate liegt bei Low-risk-Patientinnen bei fast 100% und bei High-risk-Fällen zwischen 80 und 90%. Chemotherapie metastatischer Trophoblasttumoren mit niedrigem Risiko First-line-Therapie. Patientinnen mit metastatischer GTE und niedrigem Risiko (meist mit Lungenmetastasen) sollten wie jene mit malignen nichtmetastasierenden GTE primär eine Monotherapie erhalten (Methotrexat oder Actinomycin D; 7 oben). Second-line-Therapie. Bei Versagen der First-line-Chemo-
therapie sollte zuerst auf das jeweils andere Monotherapeu-
tikum (Methotrexat bzw. Actinomycin D) gewechselt werden (. Abb. 12.3). Chemotherapie metastatischer Trophoblasttumoren mit erhöhtem Risiko
Generell ist bei metastatischer GTE mit hohem Risiko in den meisten Fällen eine multimodale Behandlung mit intensiver Kombinationschemotherapie und u. U. selektiver chirurgischer bzw. radiologischer Therapie notwendig, um eine Heilung zu erzielen. Bei Metastasen des Gehirns sind primär eine Radiotherapie und danach eine systemische Chemotherapie indiziert. Daneben ist eine intrathekale Therapie mit Methotrexat (12,5 mg Gesamtdosis) alle 2 Wochen indiziert (. Abb. 12.4). First-line-Kombinationstherapie. Meist erfolgt primär die »Tripletherapie« mit Methotrexat, Actinomycin D und Cyclophosphamid alle 2 Wochen (MAC-Schema).
12
170
Kapitel 12 · Trophoblasttumoren
MAC-Schema Methotrexat Actinomycin D Cyclophosphamid Folinsäure
BEP-Schema 1 mg/kg/Tag i. v., Tag 1, 3, 5, 7 12 μg/kg/Tag i. v. (Maximum: 1 mg/Tag), Tag 1–5 3 mg/kg/Tag i. v., Tag 1–5 0,1 mg/kg/Tag i. m. (24 h nach Methotrexat) Tag 2, 4, 6, 8
Die MAC-Therapie führt in 50–70% der Fälle zur definitiven Heilung. Heute wird häufig, v. a. bei steigenden Risikoscores, das praktikable EMACO-Schema alle 2 Wochen verwendet.
Etoposid Cisplatin Bleomycin
100 mg/m2/Tag i. v. Tag 1–5 50 mg/m2/Tag i. v. Tag 1 15 E/24-h-Infusion Tag 1–5
Alternativ kann das APE-Schema alle 4 Wochen eingesetzt werden.
APE-Schema Actinomycin D kann bei Vorbehandlung mit dieser Substanz weggelassen werden. Actinomycin D
0,3 mg/m2/Tag i. v., Tag 1, 2, 3, 14, 15, 16
Etoposid
100 mg/m2/Tag i. v., Tag 1, 2, 3, 14, 15, 16 100 mg/m2 i. v. Tag 1
EMACO-Schema Tag 1
Tag 2
Tag 3 Tag 8
12
Etoposid 100 mg/m2 i. v. als Infusion Methotrexat 100 mg/m2 i. v. als Bolus; danach 200 mg/m2 als Infusion über 12 h Actinomycin D 0,5 mg, i. v. als Bolus Etoposid 100 mg/m2 i. v. als Infusion Actinomycin D 0,5 mg i. v. als Bolus Folinsäure 15 mg peroral alle 12 h, 2-mal (beginnend 24 h nach der Methotrexattherapie) Folinsäure 15 mg peroral alle 12 h, 2-mal Cyclophosphamid 600 mg/m2 i. v. als Infusion Vincristin 1 mg/m2 i. v. als Bolus
EMACO führt in 70–90% der Fälle zu Remissionen. Sein Toxizitätsprofil umfasst v. a. Nausea, Erbrechen, stärkere Myelotoxizität, Stomatitis und Alopezie. Second-line-Therapie. Für Patientinnen, die auf eine MAC-
Kombinationschemotherapie nicht primär mit einer Remission ansprechen, gibt es so genannte »Rettungsprotokolle«. Die meisten enthalten Etoposid. Eines ist das oben beschriebene EMACO-Schema, das bei etwa 3/4 der Patientinnen, die nicht primär auf eine Chemotherapie ansprachen, eine Remission induziert. Bei refraktärer GTE besitzt auch Cisplatin ein hohes Aktivitätspotenzial (Newlands et al. 1991). Ein solches Rettungsprotokoll ist BEP alle 3 Wochen.
Cisplatin
Eine weitere Alternative ist das Cisplatin-Etoposid-Schema alle 2–3 Wochen (Soper et al. 1995).
Cisplatin-Etoposid-Schema Etoposid Cisplatin
100 mg/m2/Tag i. v. Tag 1–5 20 mg/m2/Tag i. v. Tag 1–5
Allerdings wurde unter dieser Behandlung eine deutliche Myelo- und renale Toxizität beobachtet. Das PEBA-Schema wird alle 3 Wochen verwendet (LiPai et al. 1995).
PEBA-Schema Cisplatin Etoposid Bleomycin Doxorubicin
20 mg/m2/Tag i. v. Tag 1–4 100 mg/m2/Tag i. v. Tag 1–4 10 mg/m2/Tag i. v. Tag 1–4 40 mg/m2/Tag i. v. Tag 1
Das EP/EMA-Schema wird alle 2 Wochen eingesetzt (Newlands et al. 2000).
171 12.12 · Nachsorge
EP/EMA-Schema Tag 1
Tag 8
Tag 9–10
Etoposid 150 mg/m2 i. v. (über 30 min) Cisplatin 75 mg/m2 i. v. (in 3 l 0,9% NaCl+60 mmol KCl über 12 h) Etoposid 100 mg/m2 i. v. (über 30 min) Methotrexat 300 mg/m2 i. v. über 12 h (in 1 l NaCl) Actinomycin D 0,5 mg i. v. als Bolus Folinsäure 4-mal 15 mg peroral alle 12 h (Beginn 24 h nach Methotrexat)
Auch Ifosfamid bzw. Paclitaxel haben sich bei der primär chemorefraktären GTE bewährt. In der therapierefraktären Situation kann u. U. auch die Hochdosischemotherapie in Einzelfällen noch Heilungen erreichen (Knox et al. 2002). Bei allen Patientinnen mit metastatischer GTE und hohem Risiko sollte die Chemotherapie nach dem ersten negativen HCG-Titer noch über 3 Zyklen fortgesetzt werden, um das Rezidivrisiko zu senken.
12.10
Hormontherapie, Kontrazeption
Damit eine Verlaufskontrolle der Erkrankung mittels HCG möglich ist, muss ab Diagnosestellung für mindestens 1 Jahr eine Schwangerschaft durch eine wirksame Kontrazeption mit oralen Ovulationshemmern verhindert werden.
12.11
Strahlentherapie
Bei der Therapie der Blasenmole und der nichtmetastatischen GTE besitzt sie keinen Stellenwert.
12.11.1
Strahlentherapie von Gehirnmetastasen
Meist wird eine Ganzbestrahlung des Gehirnschädels mit 30 Gy (3-mal 10 Gy/Woche) durchgeführt. Sie sollte unverzüglich nach Diagnosestellung v. a. wegen der großen Gefahr intrakranialer Blutungen erfolgen. Danach erfolgt in der Regel noch die Verabreichung einer Kombinationschemotherapie. Während der Radiotherapie
kann es v. a. zum Auftreten eines akuten Hirnödems kommen, dessen Symptome sich durch eine Kortikosteroidgabe (Dexamethason 40 mg/Tag i. v. Tag 1 mit danach kontinuierlich verringerter Dosis in Kombination mit einer 20%igen Mannitinfusion und Magenschutz) während der Bestrahlung reduzieren lassen. Später kann es zur feuchten Nekrose der Kopfhaut und Radionekrose des Gehirns kommen. Vereinzelt wurde von Zweittumoren (Glioblastomen), nicht jedoch über eine Beeinträchtigung der Intelligenz berichtet. Eine Heilung von Gehirnmetastasen kann bei etwa 60% der Patientinnen ohne zytostatische Vorbehandlung erreicht werden, während dies nach Chemotherapie nur bei etwa 40% und bei Patientinnen mit einer Tumorprogression unter Chemotherapie nur in etwa 15% der Fall ist. Prognostisch ist auch entscheidend, ob zusätzlich andere Lokalisationen von Fernmetastasen bestehen.
12.11.2
Strahlentherapie von Lebermetastasen
Die Bestrahlung spielt bei Chemoresistenz eine Rolle. Eine Dosis von 20 Gy über 10 Tage zur Prävention von Blutungskomplikationen wird empfohlen. Die Nebenwirkungen wie v. a. Übelkeit, Erbrechen und Anorexie können ausgeprägt sein.
12.12
Nachsorge
Im Mittelpunkt der Nachsorge stehen 4 Die Beachtung klinischer Hinweise in der Anamnese 4 Die klinische Untersuchung 4 Die trophoblastspezifische β-HCG-Bestimmung im Serum 4 Eine Thoraxröntgenkontrolle nach 1 Jahr (und 2 Jahren) 4 Eine effektive hormonelle Kontrazeption Eine schematische Übersicht über Therapie und Nachsorge gibt . Abb. 12.2. Das vom malignen Trophoblast im Fall eines Rezidivs gebildete HCG unterscheidet sich nicht von dem, das in einer normalen Schwangerschaft produziert wird. Deshalb ist eine effektive hormonelle Kontrazeption während des Follow-up unerlässlich. Ein Intrauterinpessar ist ineffektiv und deshalb nicht sinnvoll.
12
172
Kapitel 12 · Trophoblasttumoren
12.12.1
12
Nachsorge bei Blasenmole
Der Umstand, dass in bis zu 20% der Fälle mit Blasenmole eine sekundäre GTE auftreten kann und davon etwa 1/5 metastatisch sind, weist auf die Notwendigkeit einer effektiven Nachsorge hin. Bei 4205 Patientinnen mit Blasenmole zeigte sich im Mittel nach 9–10 Wochen eine komplette HCG-Eliminierung (<5 mE/ml im Serum). Diese erfolgte in den allermeisten Fällen (97%) bis zur 22. Woche nach Evakuation des Cavum uteri. In 8% der Fälle war eine Weiterbehandlung wegen fehlenden HCG-Titerabfalls nötig (Bagshawe et al. 1986). Eine und vier Wochen nach der Evakuation einer Blasenmole sollte eine gynäkologische Untersuchung vorgenommen werden. Erfolgt ein spontaner HCG-Titerabfall, wird die Nachsorge bei symptomfreiem Verlauf mit monatlichen HCG-Kontrollen durch ein Jahr und einem Thoraxröntgen nach diesem Zeitraum abgeschlossen (. Abb. 12.2). Bei folgenden Befunden ist nach Blasenmole eine sofortige Behandlung indiziert 4 Nachweis einer Metastasierung im Zusammenhang mit erhöhten HCG-Werten 4 Ungenügender Abfall der HCG-Werte Wird ein Anstieg über 2 Wochen (3 Werte) registriert oder zeigt sich eine Plateaubildung der HCG-Produktion über 3 Wochen, ist eine Behandlung angezeigt. Der am meisten kritische Zeitraum der Nachsorge liegt zwischen 4 und 6 Wochen. 4 Metrorrhagien nach Evakuation (außer bei vorausgegangener inkompletter Entleerung). In den meisten Fällen kann eine Kürettage diese zum Stillstand bringen, wobei sich jedoch meist nur wenig Gewebe gewinnen lässt. Bei persistierender Blasenmole gelten entsprechend dem Staging die für nichtmetastatische bzw. metastatische GTE angegebenen Therapieschemata (. Abb. 12.3, . Abb. 12.4).
12.12.2
Nachsorge bei nichtmetastatischen und metastatischen Trophoblasttumoren
Besonders bei den metastatischen Trophoblasttumoren ist höchste Sorgfalt in der Nachsorge notwendig. Die erforderlichen Maßnahmen sind in . Abb. 12.2 aufgeführt. Sehr selten sind myeloische Leukämien als Folge der Etoposidtherapie.
12.13
Rezidive, Metastasen
Die Tumorprogression zeigt sich durch Anstieg des β-HCG und/oder klinische Verschlechterung in erster Linie infolge Lungen-, Gehirn- oder Lebermetastasen. Bei kaum einem Tumortyp ist eine rasche Umstellung der Therapie (Kombinationschemotherapie, Radiotherapie, seltener operative Therapie) so lebensnotwendig wie beim malignen Trophoblasttumor. Bei vitaler vaginaler Blutung aus dem Uterus ist meist eine Hysterektomie zur Blutstillung effektiv. Bei vaginalen Metastasen kann eine angiographische Beckenembolisation die Blutung in der Regel zum Stillstand bringen.
12.14
Schwangerschaft nach Chemotherapie von Trophoblasttumoren
Im Fall einer unter der Behandlung oder während des ersten Jahres des Follow-up eingetretenen Schwangerschaft ist ein Abbruch anzuraten. Trophoblasttumoren können heute trotz Erhaltung der Reproduktionsfähigkeit mit der Chemotherapie in über 90% der Fälle geheilt werden. Frauen können nach Chemotherapie erfolgreich konzipieren. Nur vereinzelt haben Autoren über ein vermehrtes Auftreten von intrauterinem Fruchttod (Woolas et al. 1998) oder kindlichen Herzfehlern (Goto et al. 2004) berichtet. In den meisten, auch großen Serien wurden jedoch kein erhöhtes Schwangerschaftsrisiko und kindliches Risiko nach Chemotherapie beschrieben (z. B. Berkowitz et al. 1994). Im Fall einer Schwangerschaft sollten die Kontrollen besonders sorgfältig erfolgen und das Schwangerschaftsprodukt im Fall eines Aborts bzw. die Plazenta nach der Geburt genau untersucht werden. Nach jeder Folgeschwangerschaft sollte der HCG-Titer bis zum Negativwerden kontrolliert werden.
+ + Zusammenfassung In Mitteleuropa sind die Trophoblasttumoren, insbesondere die malignen, sehr selten. Meist werden sie durch extrem hohe HCG-Werte und Metrorrhagien bzw. Abortsymptome entdeckt. Nach Diagnosestellung ist ein rasches, Bild gebendes Staging notwendig, um eine Metastasierung auszuschließen oder zu bestäti-
6
173 Literatur
gen. Trophoblasterkrankungen sind sehr chemosensibel. Deshalb stellt die Chemotherapie die wichtigste Therapieoption dar. In der Nachsorge ist die Überwachung des β-HCG essenziell.
Literatur Bagshawe K, Dent J, Webb J (1986) Hydatidiform mole in England and Wales 1973–1983. Lancet I: 673–677 Bagshawe K, Lawler S, Paradinas F, Dent J, Brown P, Boxer G (1990) Gestational trophoblastic tumours following initial diagnosis of partial hydatidiform mole. Lancet 335: 1074 Berkowitz R, Bernstein M, Laborde O, Goldstein D (1994) Subsequent pregnancy experience in patients with gestational trophoblastic disease. J Reprod Med 39: 228–232 Goto S, Ino K, Mitsui T et al. (2004) Survival rates of patients with choriocarcinoma treated with chemotherapy without hysterectomy: effects of anticancer agents on subsequent births. Gynecol Oncol 93: 529–535 Hoekstra A, Keh P, Lurain J (2004) Placental site trophoblastic tumor: a review of 7 cases and their implications for prognosis and treatment. J Reprod Med 49: 447–452 Knox S, Brooks S, Wong-You-Cheong J et al. (2002) Choriocarcinoma and epithelial trophoblastic tumor: successful treatment of relapse with hysterectomy and high-dose chemotherapy with peripheral stem cell support. Gynecol Oncol 85: 204–208 Köchli OR (1994) Staging der malignen Trophoblasterkrankungen: Ein Dilemma. Gynakol Geburtshilfe Rundsch 34: 3–6 Köchli OR, Schär G, Sevin BU et al. (1995) In vitro chemosensitivity of paclitaxel and other chemotherapeutic agents in malignant gestational trophoblastic neoplasms. Anti Cancer Drugs 6: 94–100 Li-Pai C, Shu-Mo C, Jian-Xuan F, Zi-Ting L (1995) PEBA regimen (cisplatin, etoposide, bleomycin, and adriamycin) in the treatment of drug-resistant choriocarcinoma. Gynecol Oncol 56: 231–234 Newlands E, Bagshawe K, Begent R, Rustin G, Holden L (1991) Results with the EMA/CO (etoposide, methotrexate, actinomycin D, cyclophosphamide, vincristine) regimen in high risk gestational trophoblastic tumors, 1979–1989. Br J Obstet Gynaecol 98: 550–557 Newlands E, Mulholland P, Holden L et al. (2000) Etoposide and cisplatin/etoposide, methotrexate, and actinomycin D (EMA) chemotherapy for patients with high-risk gestational trophoblastic tumors refractory to EMA/cyclophosphamide and vincristine chemotherapy and patients presenting with metastatic placental trophoblastic tumors. J Clin Oncol 18: 854–859 Ngan H (2004) The practicability of FIGO 2000 staging for gestational trophoblastic neoplasia. Int J Gynecol Cancer 14: 202–205 Seckl M, Fisher R, Salerno G et al. (2000) Choriocarcinoma and partial hydatidiform moles. Lancet 356: 36–39 Soper J, Evans A, Rodriguez G et al. (1995) Etoposide-platin combination therapy for chemorefractory gestational trophoblastic disease. Gynecol Oncol 56: 421–424 Woolas R, Bower M, Newlands E et al. (1998) Influence of chemotherapy for gestational trophoblastic disease on subsequent pregnancy outcome. Br J Obstet Gynecol 105: 1032–1035
12
13 13
Chemotherapie Edgar Petru, Senta Kurschel, Christoph Benedicic und Raimund Winter
13.1
Klassifizierung des Aktivitätszustands von Tumorpatienten – 177
13.2
Klassifizierung von Nebenwirkungen – 177
13.3
Voraussetzungen für eine Chemotherapie – 177
13.4
Toxizitäten und supportive Maßnahmen – 180
13.4.1 13.4.2 13.4.3 13.4.4 13.4.5 13.4.6 13.4.7 13.4.8 13.4.9 13.4.10 13.4.11 13.4.12 13.4.13 13.4.14 13.4.15 13.4.16 13.4.17 13.4.18 13.4.19 13.4.20
Neutropenie – 180 Febrile Neutropenie – 180 Anämie – 181 Thrombopenie – 181 Übelkeit und Erbrechen – 181 Stomatitis, Mukositis – 182 Keratoconjuncitivitis sicca, Epiphora – 182 Akutes cholinerges Syndrom und Diarrhö – 182 Kardiotoxizität – 182 Pulmonale Toxizität – 183 Nephrotoxizität – 183 Urotoxizität – 184 Hepatotoxizität – 184 Myalgien, Arthralgien – 184 Neurotoxizität – 184 ZNS-Toxizität (Ifosfamidenzephalopathie) – 184 Ototoxizität – 184 Flüssigkeitsretention – 185 Hypersensitivitätsreaktionen (Allgemeines) – 185 Paravasation – 185
13.5
Wesentliche Toxizitäten der einzelnen Zytostatika und von Trastuzumab – 186
13.5.1 13.5.2 13.5.3 13.5.4 13.5.5 13.5.6 13.5.7 13.5.8 13.5.9 13.5.10 13.5.11 13.5.12 13.5.13 13.5.14 13.5.15 13.5.16 13.5.17 13.5.18 13.5.19 13.5.20 13.5.21 13.5.22 13.5.23 13.5.24 13.5.25 13.5.26 13.5.27
Actinomycin D – 186 Bleomycin – 186 Carboplatin – 186 Capecitabine – 186 Cisplatin – 186 Cyclophosphamid – 186 Dacarbazin – 186 Docetaxel (Taxotere) – 186 Doxorubicin (Adriamycin, Adriblastin, Doxorubicin) – 187 Pegyliertes liposomales Doxorubicin (Caelyx) – 187 Liposomales Doxorubicin (Myocet) – 187 Epidoxorubicin (Epirubicin, Farmorubicin) – 187 Etoposid (Vepesid, Etoposid) – 187 5-Fluorouracil – 187 Gemcitabin (Gemzar) – 187 Ifosfamid (Holoxan) – 187 Irinotecan (Campto) – 187 Methotrexat – 187 Miltefosin (Miltex) – 187 Mitomycin C – 188 Mitoxantron (Novantron) – 188 Paclitaxel (Taxol, Ebetaxel) – 188 Topotecan (Hycamtin) – 188 Treosulfan (Ovastat) – 188 Trastuzumab (Herceptin) – 188 Vincristin (Onkovin) – 188 Vinorelbin (Navelbine) – 188
13.6
WHO-Klassifikation des Tumoransprechens – 188 Zusammenfassung Literatur
– 189
– 189
177 13.3 · Voraussetzungen für eine Chemotherapie
Die zytostatische Therapie stellt bei den meisten gynäkologischen Tumoren einen essenziellen Therapiepfeiler dar. Besteht in der adjuvanten Therapiesituation eine kurative Intention, sollte jeweils die vorgesehene (Maximal-)Dosis pro Zyklus und Zeitintervall angestrebt werden. Liegt zum Zeitpunkt des nächsten Therapiezyklus z. B. eine Neutropenie vor, wird die Therapie meist um 1 Woche verschoben. Es ist im Allgemeinen sinnvoller, bei Notwendigkeit das Intervall zu verlängern als die Dosis zu reduzieren. Bei der adjuvanten CMF-Therapie des Mammakarzinoms wurde nachgewiesen, dass eine Dosisintensität ≥85% mit einer besseren Prognose assoziiert ist als eine Dosisintensität <85%. In der Palliativsituation sind Dosisreduktionen aus Gründen der Toxizität vertretbar und nicht nachweisbar mit einer Verschlechterung der Prognose assoziiert.
Klassifizierung des Aktivitätszustands von Tumorpatienten
13.1
Die in . Tab. 13.1 aufgeführten Klassifizierungen haben sich in der Praxis bewährt.
13.2
Klassifizierung von Nebenwirkungen
Es existieren mehrere gebräuchliche Klassifizierungen u. a. der WHO oder jene des NCI (National Cancer Institute). Letztere sind in . Tab. 13.2 dargestellt.
13.3
Voraussetzungen für eine Chemotherapie
Die Durchführung einer äußeren klinischen Untersuchung, die Erhebung eines Karnofsky-Status ≥60, das Vorliegen eines aktuellen Blutbilds und der klinische Ausschluss einer akuten Infektion (Harnweginfekt, Stomatitis, Gastroenteritis usw.) stellen die Voraussetzung für jede zytostatische Therapie dar. Im Einzelnen müssen vor Beginn einer Chemotherapie die Laborwerte über den folgenden Mindestwerten liegen 4 Neutrophile Granulozyten >1500/mm3 (bzw. evtl. Leukozyten >3000/mm3) 4 Thrombozyten >100.000/mm3 4 Hämoglobin >8 g/100 ml 4 Serumkreatinin <1,25facher Normalwert 4 Serumbilirubin <1,25facher Normalwert (Ausnahme, wenn durch Lebermetastasen bedingt)
. Tab. 13.1. Klassifizierung des Aktivitätszustands von Tumorpatienten
Karnofsky-Index [%]
Aktivitätszustand
ECOG(Eastern Cooperative Group)-Index
100
Normale körperliche Aktivität
0
90
Nur geringe Einschränkungen der Aktivität
1
80
Normale Aktivität nur mit Anstrengung
1
70
Selbstständige Versorgung, jedoch keine aktive Arbeit möglich
2
60
Zeitweilig Hilfe notwendig, im Allgemeinen selbständige Versorgung
2
50
Häufig Hilfe notwendig, häufige medizinische Betreuung
3
40
Überwiegend bettlägerig, spezielle Hilfe notwendig
3
30
Dauernd bettlägerig; geschulte Krankenpflege notwendig; keine Lebensgefahr
4
20
Schwerkrank; Hospitalisation notwendig; aktive supportive Maßnahmen zur Lebenserhaltung nötig
4
10
Moribund
4
0
Verstorben
5
13
178
Kapitel 13 · Chemotherapie
. Tab. 13.2. Klassifizierung der Toxizität (adaptiert nach dem NCI-Common Toxicity Criteria-Score-System 1999)
13
Toxizität
Grad 0
Grad 1
Grad 2
Grad 3
Grad 4
Alopezie
Keine
Gering
Ausgeprägt
–
–
Übelkeit
Keine
Nahrungsaufnahme möglich
Reduzierte Nahrungsaufnahme, Essen jedoch möglich
Keine Nahrungsaufnahme möglich, behandlungsbedürftig
–
Erbrechen
Keines
1-mal/Tag
2- bis 5-mal/Tag
6- bis 10-mal/Tag
Parenterale Ernährung oder Intensivüberwachung nötig oder Kreislaufkollaps
Diarrhö
Keine
Vermehrt, 2–3 Stühle/ Tag
Vermehrt, 4–6 Stühle/ Tag
Vermehrt, 7–9 Stühle/ Tag oder Inkontinenz oder schwere Krämpfe
≥10 Stühle/Tag oder blutige Diarrhöen oder parenterale Substitution nötig
Obstipation
Keine
Weizenkleie, Leinsamen usw. oder diätetische Modifikationen nötig
Laxanzien nötig
Manuelle rektale Ausräumung oder Einlauf nötig
Obstruktion oder toxisches Megakolon
Stomatitis/ Mukositis
Keine
Schmerzlose Ulzera, Erytheme oder mildes Wundsein
Schmerzhaftes Erythem, Ödeme oder Ulzera, Essen und Schlucken möglich
Schmerzhaftes Erythem, Ödeme oder Ulzera, i. v. Flüssigkeitsgabe nötig
Schwere Ulzera bzw. enterale Ernährung erforderlich oder prophylaktische Intubation nötig
Kreatinin
Normal
<1,5facher Normalwert
>1,5- bis 3,0facher Normalwert
>3,0- bis 6,0facher Normalwert
>6,0facher Normalwert
Leukozyten/ mm3
≥4000
3000–3999
2000–2999
1000–1999
<1000
Neutrophile/ mm3
≥2000
1500–1999
1000–1499
500–999
<500
Hämoglobin [mg/dl]
Normal
10,0–normal
8,0–9,9
6,5–7,9
<6,5
Thrombozyten/mm3
Normal
75.000–normal
50.000–74.999
10.000–49.999
<10.000
Blutung bei Thrombopenie Grad 3/4
Keine
Gering ohne Bluttransfusion
–
Bluttransfusion nötig
Massive Blutung, ungeplante große Intervention nötig
Febrile Neutropenie
Keine
–
–
Vorhanden
Lebensbedrohliche Sepsis (z. B. septischer Schock)
Fieber (ohne Neutropenie)
Keines
38,0–39,0°C
39,1–40,0°C
>40,0°C <24 h
>40,0°C >24 h
179 13.3 · Voraussetzungen für eine Chemotherapie
. Tab. 13.2 (Fortsetzung)
Toxizität
Grad 0
Grad 1
Grad 2
Grad 3
Grad 4
Infektion ohne Neutropenie
Keine
Gering, nicht behandlungsbedürftig
Mäßiggradig, lokalisiert, lokale oder perorale Therapie nötig
Schwere systemische Infektion, i. v. antibiotische oder antimykotische Therapie oder stationäre Behandlung nötig
Lebensbedrohliche Sepsis (z. B. septischer Schock)
Periphere Neurotoxizität
Keine
Verlust der tiefen Sehnenreflexe oder Parästhesien, jedoch ohne Funktionsverlust
Mäßiger objektiver Sensibilitätsverlust oder funktionsbeeinträchtigende Parästhesien, die jedoch die täglichen Aktivitäten nicht behindern
Schwerer Sensibilitätsverlust oder Parästhesien, die die täglichen Aktivitäten beeinträchtigen
Bleibender Sensibilitätsverlust mit Funktionsbeeinträchtigung
Motorische Muskelschwäche (neuropathisch)
Keine
Asymptomatisch, Schwäche bei klinischer Prüfung
Symptomatische Schwäche mit Funktionsbeeinträchtigung, jedoch nicht bei täglichen Aktivitäten
Symptomatische Schwäche mit Funktionsbeeinträchtigung auch bei täglichen Aktivitäten
Bettlägrigkeit oder Behinderung
Ototoxizität
Keine
Nur audiometrisch messbarer asymptomatischer Hörverlust
Tinnitus oder Hörverlust, keine Hörhilfe oder Therapie nötig
Tinnitus oder Hörverlust, Korrektur mit Hörhilfe oder Therapie möglich
Schwerer, nicht korrigierbarer Hörverlust
Myalgien/Arthralgien bzw. Schmerzen
Keine
Gering, ohne Funktionseinschränkung
Mäßige Funktionseinschränkung, jedoch tägliche Aktivitäten möglich
Starke Einschränkung der Aktivitäten des täglichen Lebens
Arbeitsunfähigkeit
Hypersensitivitätsreaktion
Keine
Vorübergehendes Hautexanthem oder Arzneimittelfieber, <38°C
Urtikaria, Arzneimittelfieber >38°C, asymptomatischer Bronchospasmus
Symptomatischer Bronchospasmus, Ödeme/ Angioödeme±Urtikaria, parenterale Medikation nötig
Anaphylaxie
Ödeme
Keine
Asymptomatisch, keine Therapie nötig
Symptomatisch, Therapie nötig
Symptomatische, funktionsbeeinträchtigende und therapierefraktäre Ödeme oder Notwendigkeit des Absetzens der Medikation
Anasarka (schwere, generalisierte Ödeme)
Kardiale Arrhythmie
Keine
Asymptomatisch, keine Therapie nötig
Symptomatisch, keine Therapie nötig
Symptomatisch, Therapie nötig
Lebensbedrohlich (z. B. Arrhythmie assoziiert mit Herzinsuffizienz, Hypotension, Synkope, Schock)
Dyspnoe
Keine
–
Dyspnoe unter Belastung
Dyspnoe unter leichter Belastung
Ruhedyspnoe
13
180
Kapitel 13 · Chemotherapie
Kontraindikationen für die Durchführung einer Thera-
pie stellen u. a. eine aktive Infektion wie Herpes labialis, Stomatitis, ein nicht abgeklärter Fieberzustand oder eine nicht abgeklärte Leukozytose (latente bakterielle Infektion?) dar. Unter laufender Chemotherapie hat sich in der Praxis generell eine Blutbildkontrolle nach 1 und 2 Wochen bewährt.
13
13.4
Toxizitäten und supportive Maßnahmen
13.4.1
Neutropenie
Die meisten konventionellen Zytostatika(-kombinationen) verursachen bei mehr als 1/3 der Patientinnen eine Neutropenie Grad 3–4, ohne dass diese von der Patientin bemerkt wird, da sie nur von kurzer Dauer ist. Je niedriger die absolute Neutrophilenzahl (ANZ) und je länger die Neutropeniedauer, desto höher ist das Risiko von Infektionen. Die Wertigkeit eines breiten Einsatzes von Antibiotika bei hochgradiger Neutropenie ohne Fieber wird uneinheitlich beurteilt. Granulozytenkolonie stimulierende Faktoren (GCSF) subkutan [5 μg/kg/Tag Filgrastim (Neupogen); Lenograstim (Granozyte)] stellen einen Eckpfeiler der Therapie dar. Die Behandlung mit einem G-CSF sollte spätestens 1–2 Tage vor der nächsten Chemotherapie abgesetzt werden. Indikationen für eine primäre Prophylaxe mit G-CSF sind Chemotherapieschemata mit erwarteter febriler Neutropenie bei >40% der Patientinnen (z. B. Epirubicin-DocetaxelSchema), eingeschränkter Knochenmarkreserve infolge Knochenmarkinfiltration oder Zustand nach Radiatio, exzessive zytostatische Vortherapie oder stark herabgesetzter Karnofsky-Status (ASCO Guidelines, Ozer et al. 2000). Als sekundäre Prophylaxe kommt ein Zustand nach febriler oder prolongierter Neutropenie bei einem vorangegangenen Zyklus in Frage. Eine G-CSF-Therapie bei aktuell bestehender Neutropenie ohne Fieber ist nicht indiziert. Pegyliertes Filgrastim (Neulasta, 6 mg subkutan), am Tag nach der Chemotherapie (entspricht Tag 2) verabreicht, kann trotz nur 1-maliger Applikation pro Zyklus die febrile Neutropenie gegenüber der nichtpegylierten Form des G-CSF nochmals um fast 50% reduzieren. Die Hauptnebenwirkung von G-CSF sind Knochenschmerzen, wogegen Parazetamol (Ben-u-ron, Panadol, Mexalen) 500 mg 1- bis 3-mal/Tag meist wirksam ist. Selten sind Morphine notwendig.
13.4.2
Febrile Neutropenie
Die ANZ (absolute Neutrophilenzahl) liegt <500/mm3. Die Temperatur ist erhöht und beträgt ≥38,2°C bei einmaliger axillarer Messung bzw. ≥38,0°C bei 2-maliger Messung im 1-h-Abstand. Infektionen entstehen bei neutropenischen Patientinnen meist durch Bakterien der Haut (z. B. Staphylococcus aureus) oder des Darms (E. coli, Klebsiella pneumoniae). Eintrittspforten für Infektionen sind v. a. der Oropharynx, die Haut, Punktionsstellen und die Atemwege. Überträger sind die Patienten selbst, Krankenpflegepersonal und Ärzte. Häufig bestehen trotz hochgradiger Neutropenie keine Infektionszeichen, sondern nur ein Status febrilis, der in dieser Situation jedoch ein akutes Alarmsymptom darstellt! Bei jeder hochgradig neutropenischen Patientin kann eine Infektion lebensbedrohlich sein. Die Mortalität beträgt bei febriler Neutropenie und gynäkologischem Malignom zwischen 5 und 10%. Pilzinfektionen treten meist erst sekundär nach einigen Tagen auf. Virusinfektionen spielen primär bei der neutropenischen Patientin eine untergeordnete Rolle. Bei manifester Herpesinfektion ist Aciclovir i. v. (Zovirax 3-mal 5–10 mg/kg/Tag) indiziert. Die Basisdiagnostik bei febriler Neutropenie umfasst 4 Blutbild, Differenzialblutbild, CRP, Nieren-, Leberparameter, Elektrolyte, Gerinnung 4 Thoraxröntgen zum Ausschluss einer Pneumonie 4 Harnsediment, Harnkultur, Sputumkultur 4 Blutkulturen anaerob und aerob bei Fieberschüben >38,5°C Die Therapie der febrilen Neutropenie erfolgt durch 4 G-CSF subkutan ist bei unkomplizierter febriler Neutropenie nicht indiziert (ASCO-Guidelines: Ozer et al. 2000): Eine Indikation zu 5 μg/kg/Tag G-CSF ist bei Fieber >10 Tage, Neutropenie <100/mm3, Pneumonie, Sinusitis, Pilzinfektion, hoher Tumorlast, Lebensalter >65 Jahre, Lymphopenie nach Chemotherapie, Hypotension oder Multiorganversagen/Sepsis gegeben. GCSF sollte bis zum Ansteigen der ANZ auf >2000/mm3 verabreicht werden. 4 Unterbringung in keimarmem Einzelzimmer, evtl. in Isoliereinheit 4 Breitbandantibiotika [1. Linie i. v.: Piperacillin/Tazobactam (Tazonam) 3-mal 4/0,5 g/Tag+Aminoglykosid Netilmicin (Certomycin) 1-mal 6 mg/kg/Tag oder Imipenem (Zienam) 4-mal 0,5 g/Tag; 2. Linie bei Nichtansprechen über 2–3 Tage und Reevaluation: Imipe-
181 13.4 · Toxizitäten und supportive Maßnahmen
nem+Glykopeptidantibiotikum Vancomycin 2-mal 1 g/ Tag; wenn neuerlich kein Ansprechen: zusätzlich Amphotericin B i. v. (Amphocil) 1-mal 0,75–1 mg/kg/Tag] 4 Munddesinfektion (Tantum-verde-Lösung), Antimykotika (7 Stomatitis)
13.4.3
Anämie
Die Tumoranämie (Hämoglobin <12 g/dl) beeinträchtigt häufig die Leistungsfähigkeit von Patientinnen und ist mit Blässe, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Belastungsdyspnoe, Tachykardie und einer Reduktion sozialer Kontakte assoziiert. Folgende Umstände charakterisieren die meist normochrome Tumoranämie: Der Eisenspeicher (Ferritin) ist normal oder erhöht, und die Lebensdauer der Erythrozyten, die Eisenverwertung und das Ansprechen auf renales Erythropoetin sind reduziert. Bestimmte Zytostatika wie Cisplatin oder die Radiotherapie wirken direkt toxisch auf die Erythrozyten und auch nephrotoxisch, was mit einer reduzierten Erythropoetinproduktion einhergeht. Nutritive Mangelerscheinungen können die Anämie begünstigen. Nach Ausschluss eines Vitamin-B12- bzw. Folsäuremangels und einer Blutungsanämie ist bei einem HbWert <11 g/dl die subkutane Gabe von Erythropoetin indiziert (Neo-Recormon 30.000 E/Woche; Aranesp 150 μg/Woche bzw. Erypo 40.000 E/Woche; alternativ Aranesp 500 μg/3 Wochen). Etwa 60% der Patientinnen sprechen auf Erythropoetin an (Anstieg des Hb ≥1 g/dl innerhalb 1 Monat). Bei Nichtansprechen ist eine Steigerung der Dosis auf das Doppelte für weitere 4 Wochen möglich. Kontraindikationen für die Erythropoetingabe sind Thrombembolien und labile Hypertension. Ein erniedrigter Serumerythropoetinspiegel ist prädiktiv für das Ansprechen auf exogenes Erythropoetin. Erythrozytenkonzentrate werden bei Nichtansprechen auf Erythropoetin bzw. bei einem Hb-Wert <8 mg/dl und/ oder ausgeprägten klinischen Anämiesymptomen eingesetzt. Hier kann meist eine rasche (kurzfristige) Besserung erreicht werden. Es besteht aber die Gefahr der Eisenüberladung, von Transfusionsreaktionen und seltener einer Infektionsübertragung (v. a. Hepatitis C oder HIV).
13.4.4
Thrombopenie
Sie ist viel seltener als Neutropenien. Üblicherweise werden bei blutungsfreien Patienten bei einer Thrombopenie
<10.000/mm3 Thrombozytenkonzentrate verabreicht. Diese sollten auch Patienten mit Thrombopenie <20.000/ mm3 erhalten, wenn Blutungen wie Epistaxis, Meläna, Blutauflagerungen auf den Stuhl, Hämaturie oder Hämatome vorliegen oder zusätzlich andere schwer wiegende Komplikationen wie v. a. eine febrile Neutropenie bestehen. Thrombozytenkonzentrate müssen bei Raumtemperatur gelagert und möglichst rasch verabreicht werden. Thrombozyten weisen eine nur kurze Halbwertszeit auf, sodass sie mindestens 1-mal/Tag kontrolliert werden müssen.
13.4.5
Übelkeit und Erbrechen
Cisplatin, Dacarbazin, Actinomycin, Doxorubicin, Epirubicin und Irinotecan sind in der gynäkologischen Onkologie die Substanzen mit dem größten emetogenen Potenzial. Risikofaktoren für das Erbrechen sind große (abdominelle) Tumorlast, weibliches Geschlecht und der Zustand nach Erbrechen bei einer vorangegangenen Schwangerschaft. Prinzipiell nimmt die emetische Kontrolle durch eine (gleich bleibende) antiemetische Therapie von Therapiezyklus zu Therapiezyklus ab. Deshalb kommt in den meisten Zentren eine forcierte antiemetische Therapie bereits prophylaktisch ab dem ersten Therapiezyklus zum Einsatz. Sie besteht am Tag der Chemotherapie aus Dexamethason (Fortecortin) 12–20 mg i. v. und einem HT3-Serotinin-Rezeptor-Antagonisten i. v. (Ondansetron, 8 mg Zofran; Granisetron 3 mg, Kytril, Keratril; Tropisetron 5 mg, Navoban). Vor der Chemotherapie kann im Einzelfall zusätzlich als Sedativum Lorazepam (Temesta, 1 mg peroral) eingesetzt werden. An den ersten 3–5 Tagen nach dem Therapiezyklus empfiehlt sich zudem die Anwendung der genannten HT3-Serotonin-Rezeptor-Antagonisten peroral oder als Suppositorium (Ondansetron 2-mal 8 mg/Tag peroral bzw. auch als Suppositorium 1-mal 16 mg/Tag; Granisetron 1-mal 2 mg/Tag peroral, Tropisetron 1-mal 5 mg/Tag peroral). HT3-Serotonin-Rezeptor-Antagonisten weisen als Nebenwirkungen v. a. Obstipation und seltener Kopfschmerzen auf. Metoclopramid (Primperan, Paspertin), zusätzlich oder anstelle der HT3-Serotonin-RezeptorAntagonisten angewendet, ist effektiv gegen verzögertes Erbrechen und beschleunigt günstigerweise zusätzlich die Darmmotilität. Gegen verzögertes Erbrechen wirkt auch der Neurokinin-1-Antagonist Aprepitant (Emend; 120 mg peroral 1 h vor der Chemotherapie sowie je 80 mg peroral an den beiden ersten Tagen nach derselben) und Dexamethason (Fortecortin; 1- bis 2-mal 8 mg/Tag).
13
182
Kapitel 13 · Chemotherapie
13.4.6
Stomatitis, Mukositis
Unter Methotrexattherapie ist eine Stomatitisprophylaxe essenziell: Folinsäure (Citrovorumfaktor; Ca-Leukovorin, Calciumfolinat) 30 mg=1 Amp. in einem Glas Wasser gelöst 2–3-mal/Tag zur Mundspülung (nicht schlucken!). Des Weiteren gibt es die Möglichkeit einer i. m. oder i. v. Prophylaxe mit Folinsäure. Hier ist die Dosierung vom individuellen Schema abhängig (. Kap. 12.9). Eine Stomatitis tritt häufiger unspezifisch bei hochgradiger Neutropenie auf. Die Behandlung erfolgt durch 4 Mundspülungen mit Salbeitee, Kamillenextrakten 4 Miconazol(Dactarin)-Gel, 2% lokal 4 Nystatinlösung (Mycostatin), 4-mal 2-6 ml/Tag zur Mundspülung (nicht schlucken) 4 Amphotericin-B(Ampho-Moronal)-Lutschtabletten, 3-mal 2/Tag 4 Fluconazol(Diflucan)-Tabletten, 100–400 mg/Tag 4 Itroconazollösung (Sporanox), peroral 4-mal 100 mg/ Tag 4 Mundspülung mit 1 Amp.=400 mcrg GM-CSF (Leucomax) in einem Glas Trinkwasser gelöst 4 Granulozytenkolonie stimulierende Faktoren subkutan bei hochgradiger Neutropenie (7 oben) 4 Infusionstherapie 4 Schmerzmittel (Tramadol; Morphine)
13.4.7
Keratoconjuncitivitis sicca, Epiphora
Keratoconjunctivitis sicca. Zur Behandlung des Reibungs-
13
gefühls »wie durch Sand« in beiden Augen kommen künstliche Tränen in Form von Tropfen (z. B. Oculotect fluid) und abends die Applikation von Gel (z. B. Vidisicc) in Frage. Epiphora. Die verstärkte Tränensekretion durch Verschluss des Ductus nasolacrimalis ist eine typische, wenn auch seltene Nebenwirkung von Docetaxel besonders bei wöchentlicher Gabe. Eine möglichst rasche Diagnosestellung durch den Augenarzt ist nötig. Therapeutisch wird ein Tubus in den Ductus nasolacrimalis platziert. Ansonsten können wiederholte ophthalmologische Operationen notwendig werden.
13.4.8
Akutes cholinerges Syndrom und Diarrhö
Das akute cholinerge Syndrom mit Schwitzen, Diarrhö, abdominellen Krämpfen, Speichel- und Tränenfluss sowie Sehstörungen tritt bei etwa 2% der Patienten innerhalb der ersten 24 h nach der Irinotecan(Campto)-Infusion auf. Es erfordert eine Therapie mit 0,25 mg Atropin subkutan. Tritt nach Irinotecan eine verzögerte Diarrhö auf, ist sofort die Gabe von Loperamidkapseln (Imodium) (zunächst 1-mal 2 Kapseln zu je 2 mg, anschließend je 2 mg alle 2 h, bis 12 h nach dem letzten flüssigen Stuhlgang) indiziert. Die Gesamtdauer der Loperamidgabe darf 48 h nicht überschreiten. Hält der Durchfall länger als 48 h an, ist eine stationäre Aufnahme mit i. v. Antibiotika (Ciprofloxacin 2-mal 400 mg/ Tag) und parenteraler Flüssigkeitszufuhr indiziert, evtl. auch Octreotid (Sandostatin) subkutan 0,3 mg 2-mal/Tag. Eine Diarrhö kann v. a. nach Docetaxeltherapie auch mit einer Neutropenie assoziiert sein. In diesem Fall werden das Einhalten einer fettarmen Schonkost und die Gabe von G-CSF empfohlen.
13.4.9
Kardiotoxizität
Sie ist bei Anthrazyklinen am höchsten ausgeprägt. Sie entsteht u. a. durch die Bildung freier Sauerstoffradikale aus einem Anthrazyklin-Eisen-Komplex. Die kumulativen Höchstdosen im Hinblick auf eine Kardiotoxizität betragen für Doxorubicin 500–550 mg/m2 und für Epirubicin 850–900 mg/m2. Bei Überschreiten dieser Grenzwerte steigt das Risiko für eine Kardiotoxizität exponentiell an. Daneben gelten vorbestehende Herzerkrankungen, pulmonale Hypertonie, chronisch-obstruktive Lungenerkrankungen und ein Lebensalter >65 Jahre als Risikofaktoren. Die Grenzdosis für Doxorubicin in der Kombination Doxorubicin/Paclitaxel beträgt 360 mg/m2. Als besonders kardiotoxisch hat sich die Kombination von Doxorubicin mit Trastuzumab erwiesen (bis 27% kardiale Dysfunktion). Trastuzumab (Herceptin) selbst ist nur gering kardiotoxisch, das Risiko für diese Toxizität steigt jedoch v. a. bei kurzem Intervall nach vorausgegangener Doxorubicintherapie, mit der Gesamtdosis von Doxorubicin und mit der Dauer der Trastuzumabexposition. Generell sollten bei kardiotoxischen Medikamenten wie Doxorubicin, Epirubicin oder Trastuzumab vor Beginn und während der Therapie alle 3 Monate eine Echokardiographiekontrolle und Bestimmung der links-
183 13.4 · Toxizitäten und supportive Maßnahmen
ventrikulären Auswurffraktion (EF) erfolgen. Der Grenzwert für die EF vor Beginn der Therapie ist 55%. Bei Abfall des EF-Werts <50% absolut oder >15% des Ausgangswerts sollte die laufende kardiotoxische Therapie abgesetzt werden. Bei auffälliger kardialer Symptomatik ist auch bei negativen kardialen Untersuchungen das Absetzen einer potenziell kardiotoxischen Therapie indiziert. Kardioprotektive Substanzen wie Dexrazoxane sind als Prophylaxe entsprechend den aktuellen ASCO-Richtlinien nicht indiziert. Kontraindikationen für Paclitaxel sind Herzinsuffizienz, Zustand nach Herzinfarkt, ventrikuläre Arrhythmien, sinusaurikularer Block, AV-Block II.–III. Grades sowie kompletter Schenkelblock. Auch eine Hyperhydratation mit mehreren Litern Flüssigkeit, wie bei einer Cisplatin- oder Ifosfamidtherapie notwendig, kann eine latente Herzinsuffizienz verstärken. Kardiale Toxizitätszeichen können von geringen Blutdruckveränderungen, asymptomatischen EKG-Veränderungen über Arrhythmien, asymptomatische/symptomatische Endokarditis und Perikarditis bis zur chronischen, irreversiblen Kardiomyopathie und akuter Dekompensation mit Ödemen und/oder Belastungsdyspnoe reichen. Eine Kardiotoxizität tritt selten akut und typischerweise erst 3–15 Jahre nach einer kardiotoxischen Chemotherapie auf. Die Therapie besteht in Bettruhe, Digitalisierung, Diuretikagabe, Therapie mit ACE-Hemmern zur Senkung der Vorlast des Herzens und Marcumarisierung bzw. Heparinisierung. Die Prognose einer Kardiotoxizität durch Anthrazykline ist signifikant ungünstiger als jene nach Trastuzumab.
13.4.10
Pulmonale Toxizität
Bei jedem klinischen Verdacht auf Lungentoxizität (anhaltender, trockener Husten, Dyspnoe) ist eine Lungenfunktionsprüfung indiziert. Die Grenzdosis für Bleomycin beträgt 155 mg=E/m2 bzw. 270 mg absolut. Bei höheren Dosen tritt gehäuft eine Lungenfibrose mit fibrosierender Alveolitis auf, die meist fortgeschritten, irreversibel sowie häufig letal ist. Als Therapie einer manifesten Lungenfibrose ist eine Sauerstoffgabe kontraindiziert! Wesentlich ist v. a. die Gabe von Kortikosteroiden.
13.4.11
Nephrotoxizität
Folgende Methoden stehen zur Bestimmung der Kreatininclearance zur Verfügung 4 Kreatininclearance aus dem Harn=Kreatinin im Harn×Harnvolumen [ml]×1,73 m2/Serumkreatinin× Sammelzeit [min]×Körperoberfläche [m2] 4 Jeliffe-Formel zur Berechnung der Kreatininclearance (Schätzmethode): Kreatininclearance=0,9×[98−0,8 (Alter−20)]×Körperoberfläche [m2]/Serumkreatinin [mg/100 ml]×1,73 4 Cockroft-Gault-Formel zur Berechnung der Kreatininclearance (Schätzmethode): Kreatininclearance=0,85× (140−Alter [Jahre])×Körpergewicht [kg]/72×Serumkreatinin [mg/100 ml] Cisplatin und Ifosfamid sind am meisten nephrotoxisch.
Vor und während den Therapiezyklen sind Kontrollen der Nierenfunktion möglichst einschließlich der Kreatininclearance angezeigt. Letztere sollte prätherapeutisch über 60 ml/h liegen. Oft befindet sich der Serumkreatininwert noch im Normbereich, obwohl die Nierenfunktion bereits wesentlich gestört ist. Allerdings ist in der Routine unter Carboplatintherapie eine Bestimmung des Serumkreatinins ausreichend. Auf dessen Basis kann unter Einbeziehung des Alters und der Körperoberfläche die Berechnung der Dosis mit Hilfe eines einfachen Schiebers erfolgen (7 Abschnitt 13.5.3). Vor und während einer Cisplatin- oder Ifosfamidtherapie ist eine ausreichende perorale und i. v. Hydrierung essenziell (1000 ml Infusionstherapie als Vorlauf und 500 ml als Nachlauf, forcierte Diurese mit 250 ml Mannit 20% i. v., danach Cisplatingabe über 1,5 h, Messung der Harnausscheidung mittels Dauerkatheter über 12–24 h). Die stündliche Harnmenge darf 80 ml nicht unterschreiten. Ist dies der Fall, werden zusätzlich 500 ml NaCl+250 ml Mannit 20% i. v. verabreicht. Als nächste Maßnahme wird Furosemid (Lasix, 20 mg i. v.) gegeben. Generell sollte bei gynäkologisch-onkologischen Patientinnen mit Niereninsuffizienz immer auch an ein mechanisches Harnabflusshindernis im Becken oder paraaortal gedacht werden. Die gynäkologische Palpation bzw. die Nierensonographie können hier rasch Klarheit schaffen. Bei mechanisch bedingtem Harnstau können eine retrograde transvesikale Ureterschienung oder eine Nephrostomie (±sekundäre antegrade Ureterschienung) die Nierenfunktion meist rasch verbessern.
13
184
Kapitel 13 · Chemotherapie
13.4.12
Urotoxizität
Cyclophosphamid und Ifosfamid sind durch deren Acroleinbildung in der Harnblase urotoxisch. Deshalb ist eine prophylaktische Gabe von Mesna (Uromitexan; Amp. zu 200 mg) zur Verhinderung einer hämorrhagischen Zystitis bzw. der Entwicklung eines Harnblasenkarzinoms indiziert. Es werden 3-mal je 20% der Cyclophosphamid- bzw. Ifosfamiddosis zu den Stunden 0,4 und 8 i. v. gegeben. Anstelle der i. v. Dosis zu den Stunden 4 und 8 kann Mesna auch peroral zu den Stunden 2 und 6 verabreicht werden (je 40% der Cyclophosphamid- bzw. Ifosfamiddosis).
13.4.13
Hepatotoxizität
Bei präexistenter Leberschädigung ist die Gabe von 5-Fluorouracil kontraindiziert. Vor allem eine Langzeitchemotherapie z. B. mit Mitomycin C oder Taxanen kann eine Hepatotoxizität auslösen. Bei nicht metastasenbedingter Hyperbilirubinämie muss die Dosis von Anthrazyklinen, Taxanen und Irinotecan (Campto) reduziert werden.
13.4.14
Myalgien, Arthralgien
Vor allem Paclitaxel und seltener Docetaxel können vorübergehende oder anhaltende Myalgien typischerweise am 3.–5. Tag nach der Therapie auslösen. Als Therapie hat sich die Gabe von Diclofenac (Voltaren) mit 2-mal 100 mg/Tag als Suppositorium bewährt. Als Prophylaxe kommt Dexamethason (Fortecortin) 2-mal 8 mg beginnend ab dem 1. Tag nach der Chemotherapie in Frage.
13
13.4.15
Neurotoxizität
Sie ist bei Cisplatin stark ausgeprägt. Ihre Rate kann laut einer randomisierten Studie durch die Prophylaxe mit 300 mg Vitamin E peroral signifikant reduziert werden (Pace et al. 2003). Paclitaxel führt bei bis zu 70% aller Patientinnen zu kumulativer peripherer Neurotoxizität. Als Therapie der Neurotoxizität kommen das Absetzen von Paclitaxel, dessen Dosisreduktion und die Umstellung auf Docetaxel in Frage. Auch Oxaliplatin ist signifikant neurotoxisch. Am Tag der Infusion und einige Tage danach sind akute Dysästhe-
sien mit Dyspnoe und Kälteempfindlichkeit an Fingern und Zehen, der Nase, der Mundregion und des Larynx typisch. Dies äußert sich z. B. beim Trinken kalter Getränke oder beim Berühren kalter Gegenstände. Als spezifische Prophylaxe dieser Dysästhesien kommen 1 g Kalziumglukonat und 1 g 15%iges Magnesiumsulfat, gelöst in 125 ml Glukose 5% als 20-min-Infusion vor und nach Oxaliplatin in Frage (Gamelin et al. 2002). Daneben entwickelt sich häufig eine kumulative periphere Neuropathie. Die effektivste symptomatische Therapie der Neurotoxizität und insbesondere von Dysästhesien ist eine Gabapentingabe (Neurontin 300 mg 1-mal 1- bis 3-mal 2/Tag). Auch Carbamazepin (100 mg Tegretol peroral/Tag) wird erfolgreich eingesetzt. Die Grenzdosis für das wie auch alle anderen Vinkaalkaloide neurotoxische Vincristin beträgt 2 mg als Einzeldosis.
13.4.16
ZNS-Toxizität (Ifosfamidenzephalopathie)
Risikofaktoren sind ein erniedrigter Serumalbumin- und Bikarbonatspiegel, eine eingeschränkte Nierenfunktion sowie ein reduzierter Karnofsky-Status. Typische Zeichen sind Halluzinationen, Konfusion, Agitation, Krampfanfälle, Inkontinenz, Somnolenz und Koma. Die Enzephalopathie ist meist reversibel. Als Therapie (und auch Prophylaxe) wurde vereinzelt Methylenblau als Antidot erfolgreich eingesetzt (Küpfer et al. 1994). Über 5 min wurden 50 mg Methylenblau in 1- bis 2%iger Lösung mit Aqua dest. bis zu 4-mal/Tag i. v. appliziert.
13.4.17
Ototoxizität
Cisplatin ist das am meisten gehörtoxische Zytostatikum. Beim Auftreten eines »stechenden« Ohrenschmerzes, eines Hörverlusts oder von Ohrensausen ist eine Ototoxizität anzunehmen. Oft wird eine Audiometrie durchgeführt. Sicherheitshalber sollte aber auch nach dem Ausschluss einer Anämie und Hypotonie eine subjektiv empfundene Ototoxizität ohne audiometrisch nachweisbaren Hörverlust zum Absetzen von Cisplatin führen.
185 13.4 · Toxizitäten und supportive Maßnahmen
13.4.18
Flüssigkeitsretention
Die Ödembildung mit Gewichtszunahme, insbesondere an den Extremitäten, die Entwicklung eines Pleura- bzw. Perikardergusses oder von Aszites stellt eine typische kumulative Toxizität von Docetaxel dar. Als Prophylaxe steht die perorale Gabe von Dexamethason (Fortecortin) 2-mal 8 mg am Tag −1,0 und +1 in Bezug auf die Docetaxelverabreichung (Tag 0) zur Verfügung. Bei wöchentlich verabreichtem, niedriger dosiertem Docetaxel (meist 35 mg/m2) sind 2-mal 4 mg/Tag Dexamethason über 3 Tage ausreichend. Als Therapie der Ödeme kommen eine Dosisreduktion, die Gabe von Furosemid, 20–40 mg peroral, und Diosmin (Daflon 500 mg Tabletten bis 4-mal 1/Tag) als kapillarabdichtende Maßnahme bzw. das Absetzen von Docetaxel in Frage.
13.4.19
Hypersensitivitätsreaktionen (Allgemeines)
Typische klinische Zeichen sind 4 Dyspnoe, retrosternales Druckgefühl, Schmerzen im Rückenbereich 4 Hautrötung (Flush), Hitzegefühl 4 Zyanose 4 Symptomatische Arrhythmien 4 Hypotension, seltener Hypertension 4 Gesichtsschwellung (Angioödem), Urtikaria 4 Bronchospasmus, Laryngospasmus 4 Selten anaphylaktischer Schock Zur Therapie werden eingesetzt 4 Diphenhydramin 50 mg i. v. (Dibondrin, Fenistil) 4 Prednisolon (Solu-Dacortin) 250–1000 mg i. v. 4 Ausreichend Volumen i. v.: z. B. Ringer-Lösung, Plasmaexpander 4 Bei Bronchospasmus Fenoteroldosieraerosol (Berodual) 2–3 Sprühstöße bzw. Aminophyllininfusion 5 mg/ kg KG über 30 min 4 Bei Hypotension L-Adrenalin oder Epinephrin (Suprarenin) 0,5 mg in 250 ml 0,9%igem NaCl gelöst Diese Infusion wird je nach Blutdruck und Pulsverhalten titriert und kann, falls notwendig, nach 5–15 min wiederholt werden. Eine Sonderform ist die Hypersensitivitätsreaktion bei Paclitaxel (7 Abschnitt 13.5.21).
13.4.20
Paravasation
Patientinnen mit Mammakarzinom sollten zur Vermeidung von Lymphödemen keine i. v. Injektionen oder Infusionen in den Arm der operierten Seite erhalten. Generell stellt die sicherste Applikationsform die Injektion von Zytostatika in eine gut laufende i. v. Infusionslösung dar. Bei schlechtem peripher-venösem Zugang sollte frühzeitig an die subkutane Implantation eines Port-a-cath-Systems gedacht werden. Symptome nach der paravenösen Injektion von Zytostatika sind Rötung, Schwellung und Verhärtung der Einstichstelle und Schmerzen. Nach Tagen bis Wochen können Nekrosen und Ulzerationen der Haut und Subkutis auftreten. Gewebe nekrotisierend nach Paravasation wirken folgende Zytostatika (»Vesicants«): Actinomycin D, Doxorubicin, Epidoxorubicin, Mitomycin C, Vinkaalkaloide wie Vincristin, Vinorelbin bzw. Paclitaxel. Gewebe reizend wirken Cisplatin, Dacarbazin, Docetaxel, liposomales Doxorubicin, Etoposid, Gemcitabin, Oxaliplatin und Treosulfan. Die übrigen Zytostatika in der gynäkologischen Onkologie sind nicht Gewebe schädigend. Sofortmaßnahmen (Mader et al. 2002) sind
4 Sofortige Beendigung der Injektion bzw. Infusion, jedoch ohne Entfernung der Kanüle(!), aus der Kanüle soviel Paravasat wie möglich mit einer mit 0,9% NaCl gefüllten Spritze aspirieren, aber keinen(!) Druck auf die Paravasatstelle ausüben 4 Hochlagerung der Paravasatstrecke der entsprechenden Extremität 4 Entfernen der Kanüle 4 Lokale Kälte: mit Ausnahme der Vinkaalkaloide bei allen anderen Zytostatika auf das betroffene Areal Auflegen eines Eisbeutels 4- bis 6-mal täglich für jeweils 30 min über 3 Tage 4 Lokale Wärme: bei den Vinkaalkaloiden lokale Applikation warmer Kompressen 4- bis 6-mal täglich für je 30 min über 3 Tage 4 Bei Actinomycin D, Cisplatin, Doxorubicin, Epirubicin, Mitomycin C, Mitoxantron Auftragen von 99%igem Dimethylsulfoxid (DMSO) mittels Watteträger steril, z. B. Kugeltupfer, lokal im Gebiet der Paravasation alle 8 h über 7 Tage ohne Druck(!), danach jeweils lufttrocknen lassen 4 Bei Vinkaalkaloiden und Paclitaxel: im Bereich des Paravasats subkutane Injektion von Hyaluronidase 150–1500 IE subkutan je nach Ausdehnung
13
186
Kapitel 13 · Chemotherapie
Kommt es nach Tagen bis Wochen zu einer starken Verschieblichkeit der Haut gegenüber dem subkutanen Gewebe, ist eine ausgedehnte und tiefe lokale Schädigung anzunehmen. Im Fall von Hautnekrosen ist oft eine chirurgische Exzision, später möglicherweise mit Hautplastik, indiziert.
13.5
Wesentliche Toxizitäten der einzelnen Zytostatika und von Trastuzumab
Im Folgenden werden die einzelnen Zytostatika hinsichtlich des Nebenwirkungsprofils in alphabetischer Reihenfolge dargestellt.
13.5.1
Actinomycin D
Dactinomycin; i. v. Antitumorantibiotikum mit Hemmung der RNA- und Proteinsynthese Im Vordergrund der Toxizität stehen Myelosuppression, Übelkeit und Erbrechen, Stomatitis/Mukositis und Alopezie.
13.5.2
Bleomycin
I. v., i. m., i. p., i. pl., intraläsionales Antitumorantibiotikum mit DNA-Strang-Bruchbildung bzw. freier Radikalbildung Die Haupttoxizität betrifft die Lunge (Fibrose) ab einer Grenzdosis von 270 mg Gesamtdosis (7 oben), des Weiteren können nach der Infusion Fieber und Schüttelfrost sowie evtl. Hyperpigmentierungen der Haut auftreten.
13
13.5.3
Carboplatin
I. v. Alkylans; DNA-Strang-Bruchbildung Im Vordergrund der Toxizität steht die Myelosuppression (nicht selten verspätete Thrombopenie nach etwa 21 Tagen). Weitere Nebenwirkungen sind gering Übelkeit/ Erbrechen, selten belastende periphere Neurotoxizität und kaum Nephrotoxizität. Calvert-Formel zur Berechnung der Carboplatindosis
Carboplatingesamtdosis [mg]=AUC (»area under the curve«) [mg/ml×min]×(glomeruläre Filtrationsrate [ml/min]+25)
13.5.4
Capecitabine
Peroraler Antimetabolit; 5-Fluorouracil Haupttoxizitäten sind eine palmoplantare Erythrodysästhesie (PPE, Hand-Fuß-Syndrom), Diarrhö und seltener Stomatitis. Bei PPE bzw. Diarrhö ist eine Dosisreduktion indiziert.
13.5.5
Cisplatin
I. v. und i. p. Alkylans; Wirkung durch DNA-Strang-Bruchbildung Bei Verabreichung der Infusion ist Lichtschutz notwendig. Übelkeit/Erbrechen, Nephrotoxizität und periphere Neurotoxizität stehen im Vordergrund. Selten, aber klinisch hochrelevant ist die Ototoxizität (7 oben). Nicht selten ist auch eine Hypomagnesämie, jedoch besteht nur geringe Myelotoxizität.
13.5.6
Cyclophosphamid
I. v., peroral (Endoxan); DNA-Alkylans Als Nebenwirkungen treten v. a. Myelosuppression, mäßige Übelkeit/Erbrechen, Alopezie (v. a. nach peroraler Gabe) und selten eine hämorrhagische Zystitis auf. Zweittumoren wie Leukämien kommen extrem selten vor.
13.5.7
Dacarbazin
I. v. Nitrosoharnstoff; Alkylierung der DNA Im Vordergrund der Toxizität stehen Nausea/Erbrechen, Alopezie und eine ausgeprägte Myelotoxizität. Seltener sind Venen- und Hepatotoxizität.
13.5.8
Docetaxel (Taxotere)
I. v. Taxan; Stabilisierung der Mikrotubuli Als Nebenwirkungen treten v. a. Leuko-/Neutropenie, Fieber, Infektionen, Stomatitis/Mukositis und Diarrhö auf. Auch auf eine kumulative Ödembildung (peripher, Pleuraund Perikarderguss) ist zu achten (7 Abschnitt 13.4.18). Fatiguesymptomatik, Onycholysis und eine periphere Neurotoxizität und Hepatotoxizität werden in absteigender Reihenfolge beobachtet.
187 13.5 · Wesentliche Toxizitäten der einzelnen Zytostatika und von Trastuzumab
13.5.9
Doxorubicin (Adriamycin, Adriblastin, Doxorubicin)
I. v. Antitumorantibiotikum, Interkalation der DNA Vorwiegend kommt es zu Leuko-/Neutropenie, des Weiteren zu Übelkeit/Erbrechen und Kardiotoxizität (7 Abschnitt 13.4.9).
13.5.14
I. v.; Antimetabolit Toxizitäten umfassen v. a. Stomatitis, Diarrhö, Übelkeit/ Erbrechen und Lebertoxizität.
13.5.15 13.5.10
Pegyliertes liposomales Doxorubicin (Caelyx)
I. v.; Interkalation der DNA Als Toxizitäten werden vorwiegend palmoplantare Erythrodysästhesie (PPE, Hand-Fuß-Syndrom) und Stomatitis beobachtet. Als Prophylaxe gegen PPE und Stomatitis empfiehlt sich am Tag vor, am Tag der Chemotherapie sowie 3 Tage danach strikt Traumen der Handflächen und Fußsohlen zu reduzieren (keine längeren Märsche oder grobe Arbeiten mit den Händen, heißes Abwaschen oder heißes Duschen) und an diesen Tagen das Essen und Trinken besonders heißer und würziger Speisen bzw. Getränke zu vermeiden. Bei PPE werden Intervallverlängerung bzw. Dosisreduktion empfohlen. Unter liposomalem Doxorubicin werden kaum Erbrechen und Übelkeit, selten stärkere Myelotoxizität, keine Alopezie und minimale Kardiotoxizität beobachtet. 13.5.11
Liposomales Doxorubicin (Myocet)
I. v.; Interkalation der DNA Vorwiegend myelotoxisch, Alopezie, kaum palmoplantare Erythrodysasthesie. 13.5.12
Epidoxorubicin (Epirubicin, Farmorubicin)
I. v.; Interkalation der DNA Vorwiegend werden Leukopenie und Neutropenie, des Weiteren Übelkeit/Erbrechen und Kardiotoxizität, die geringer als jene bei Doxorubicin ist, gesehen. 13.5.13
Etoposid (Vepesid, Etoposid)
I. v., peroral; Spindelgift Haupttoxizitäten sind Alopezie, Leuko- und Neutropenie, mäßig Übelkeit/Erbrechen und seltener Stomatitis.
5-Fluorouracil
Gemcitabin (Gemzar)
I. v.; Antimetabolit Haupttoxizitäten sind Neutropenien und Thrombopenien. Selten sind Hepato- und Lungentoxizität. Es werden selten Alopezie und kaum Übelkeit/Erbrechen beobachtet.
13.5.16
Ifosfamid (Holoxan)
I. v.; Alkylierung der DNA Haupttoxizitäten sind Neutropenie, Übelkeit/Erbrechen, Alopezie, Nephrotoxizität, Enzephalopathie und Urotoxizität.
13.5.17
Irinotecan (Campto)
I. v.; Topoisomerase-I-Hemmer Haupttoxizitäten sind Diarrhö, Neutropenie, Infektionen, Übelkeit/Erbrechen, akutes cholinerges Syndrom, Fatigue und Alopezie.
13.5.18
Methotrexat
I. v., i. m., intrathekal; Antimetabolit; Folsäureantagonist Haupttoxizitäten umfassen Stomatitis, Leber- und Nierentoxizität sowie Diarrhö.
13.5.19
Miltefosin (Miltex)
Lokal; Alkylphosphocholin Es wird bei Hautmetastasen angewendet, ist jedoch an exulzerierten Stellen kontraindiziert (systemische Toxizität). Lokal treten Rötung, Schuppung und Pruritus der Haut auf.
13
188
Kapitel 13 · Chemotherapie
13.5.20
Mitomycin C
I. v. Alkylierung der DNA; Tumorantibiotikum Haupttoxizitäten sind eine verzögerte Neutropenie, Lungentoxizität sowie mäßige Alopezie.
13.5.21
Mitoxantron (Novantron)
I. v., i. p.; Interkalation der DNA Mäßige Myelosuppression und Alopezie, Übelkeit/ Erbrechen und Lebertoxizität sind typisch. Kardiotoxizität besteht ab 140 mg/m2.
13.5.22
Paclitaxel (Taxol, Ebetaxel)
Taxan; Stabilisierung der Mikrotubuli Es müssen eine Infusionsflasche aus Glas und PVCfreies Infusionsbesteck mit Filter (Mikroporenmembran 0,22 mcrm; Inline-Filter) verwendet werden. Haupttoxizitäten sind Alopezie, kumulative periphere Neurotoxizität und Myalgien; selten stärkere Myelotoxizität.
13
13.5.24
Treosulfan (Ovastat)
I. v., peroral; Alkylierung der DNA Haupttoxizitäten umfassen selten Neutropenie, Übelkeit/Erbrechen sowie selten ausgeprägte Alopezie.
13.5.25
Trastuzumab (Herceptin)
I. v.; monoklonaler Antikörper gegen den HER2/neuRezeptor Er hat eine geringe Toxizität, die sich meist nur auf die Erstapplikation beschränkt und mit Grippesymptomatik mit Fieber und Gliederschmerzen einhergeht. Des Weiteren sind Flush-Symptomatik und Dyspnoe bekannt. Kardiotoxisch wirkt Herceptin v. a. in Kombination mit Doxorubicin.
13.5.26
Vincristin (Onkovin)
I. v.; Spindelgift, Vinkaalkaloid Es wirkt kumulativ peripher neurotoxisch.
Vinorelbin (Navelbine)
Hypersensitivitätsreaktionen auf Paclitaxel. Sie sind relativ häufig (3–5%). Die Prämedikation zur Prophylaxe
13.5.27
einer solchen besteht 5 min vor der i. v. Gabe von Paclitaxel in 4 20 mg Dexamethason (Fortecortin) i. v. 4 Diphenhydramin 50 mg (Dibondrin, Fenistil) i. v. oder alternativ (1 Amp. Tavegil) 4 Ranitidin 50 mg i. v. (Zantac, Zantic, Ulsal)
I. v., peroral; Spindelgift, Vinkaalkaloid Nach i. v. Gabe können v. a. Venentoxizität, Übelkeit und Obstipation auftreten, nach peroraler Gabe v. a. Übelkeit/Erbrechen, Neutropenie und Diarrhö. Bei peroraler und i. v. Gabe besteht jeweils eine mäßige kumulative Neurotoxizität.
Treten leichte Hypersensitivitätsreaktionen während der 3-h-Infusion mit Paclitaxel auf, kann zur Überwindung der Hypersensitivitätsreaktion nach neuerlicher Prämedikation i. v. unter besonderer Observanz ein neuerlicher Therapieversuch mit verlängerter Infusionsdauer über 24 h erfolgen.
13.5.23
Topotecan (Hycamtin)
I. v.; Topoisomerase-I-Hemmer Haupttoxizitäten bei 5-tägiger Gabe sind Neutropenien, Anämie und Asthenie. Bei wöchentlicher Gabe kommt es nur selten zu Myelotoxizität, evtl. zu Thrombopenie, selten ausgeprägte Alopezie.
13.6
WHO-Klassifikation des Tumoransprechens
Sie hat sich in der Praxis bewährt (. Tab. 13.3).
189 Literatur
. Tab. 13.3. Klassifikation des Tumoransprechens (nach WHO 1979)
Definition
Größe der messbaren Läsion im Vergleich zur Voruntersuchung
Komplette Remission
Komplettes Verschwinden jeglicher bekannter Tumormanifestation (2 Nachweise innerhalb eines Zeitraums von mindestens 1 Monat) ohne das Auftreten neuer Tumorherde
Partielle Remission
Reduktion der Größe der Tumorläsion um ≥50% (2 Nachweise innerhalb eines Zeitraums von mindestens 1 Monat) ohne das Auftreten neuer Tumorherde oder der Progression irgendeiner Läsion
Stabilisation (»no change«)
Entweder eine <50%ige Reduktion der Tumorläsion(en) oder eine Progression von ≤25% einer oder mehrerer Läsionen (2 Nachweise innerhalb eines Zeitraums von mindestens 1 Monat)
Progression
Größenzunahme >25% von einer oder mehrerer Läsionen bzw. Auftreten neuer Läsionen
Literatur + +
Zusammenfassung
Cisplatin ist neurotoxisch, nephrotoxisch und ototoxisch. Paclitaxel weist insbesondere eine kumulative periphere Neurotoxizität auf. Docetaxel führt häufig zu ausgeprägter vorübergehender Neutropenie, die nicht selten auch mit Infektionen, Diarrhö und/oder Fieber assoziiert ist. Die palmoplantare Erythrodysästhesie (PPE) stellt eine typische Nebenwirkung des pegylierten liposomalen Doxorubicins und von Capecitabin dar.
Gamelin E, Gamelin L, Delva R et al. (2002) Prevention of oxaliplatin peripheral sensory neuropathy by Ca+ gluconate/Mg+ chloride infusions: a retrospective study. Proc ASCO 21: Abstr 624 Küpfer A, Aeschlimann C, Wermuth B et al. (1994) Prophylaxis and reversal of ifosfamide encephalopathy with methylen blue. Lancet 343: 763–764 Mader I, Fürst-Weger P, Mader R, Semenitz E, Terkola R, Wassertheurer S (Hrsg) (2002) Paravasation von Zytostatika. Springer, Berlin Heidelberg New York Ozer H, Armitage J, Bennett C et al. (2000) 2000 Update of recommendations for the use of hematopoietic colony-stimulating factors: Evidence-based, clinical practice guideline Clin Oncol 18: 3558– 3585 Pace A, Savarese A, Picardo M et al. (2003) Neuroprotective effect of vitamin E supplementation in patients treated with cisplatin chemotherapy. J Clin Oncol 21: 927–931 Petru E, Dittrich C, Petru C (2001) Chemotherapie. Praxisorientierte Hilfe für Patienten und Angehörige. Urania, Berlin
13
14 14
Radiotherapie Dagmar Wirth und Urs Martin Lütolf
14.1
Einleitung – 192
14.2
Grundlagen der Strahlentherapie – 192
14.2.1 14.2.2 14.2.3 14.2.4 14.2.5
Biologische Wirkung der ionisierenden Strahlen Unterschiedliche Strahlenformen – 192 Perkutane Strahlentherapie – 193 Intrakavitäre Strahlentherapie – 193 Therapieplanung – 194
14.3
Strahlentherapeutische Überlegungen zu den wichtigsten gynäkologischen Karzinomen – 195
14.3.1 14.3.2 14.3.3
Zervixkarzinom – 195 Korpuskarzinom – 196 Mammakarzinom – 197
Zusammenfassung – 198 Literatur – 198
– 192
192
Kapitel 14 · Radiotherapie
14.1
Einleitung
Die Strahlentherapie sieht bei der Behandlung gynäkologischer Tumoren auf eine lange Tradition zurück und hat heute einen gut definierten Platz, der in den letzten Jahren durch die Entwicklung besserer Strahlentherapietechniken für die Tumorkontrolle in ein neues Licht rückte [konformierende Strahlentherapie, neue interstitielle, intrakavitäre Verfahren, Radio-Chemo-Therapie, Intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT), Hyperthermie]. Die Stärke der Strahlentherapie liegt im Beitrag zur lokalen und regionalen Tumorkontrolle. Deren Bedeutung ist für viele gynäkologische Erkrankungen in prospektiv randomisierten Studien etabliert worden. Das Nebenwirkungsspektrum der Bestrahlung ist dank systematischer Erfassung von Frühund Spätnebenwirkungen sowie deren funktionell relevanter Klassifikation bekannt und steht für therapeutische Überlegungen zur Verfügung.
14.2
Grundlagen der Strahlentherapie
14.2.1 Biologische Wirkung der ionisierenden
Strahlen Durch die ionisierenden, hochenergetischen Strahlen bilden sich toxische Radikale, die im Bereich der DNA des Kerns zu Einzel- und Doppelstrangbrüchen führen können. Das verminderte Reparationsvermögen der Karzinomzelle führt zum strahleninduzierten Zelltod, während die normale Zelle einen Überlebensvorteil hat. Lange galten die am Kern und an der DNA bewirkten Veränderungen . Abb. 14.1. Brachyteletherapie
14
als die einzigen Mechanismen der Strahlenwirkung. Ionisierende Strahlen wirken aber auch auf die intrazellulären Signalketten, sodass auch außerhalb des Zellkerns wesentliche zytotoxische Effekte erzielt werden. Die Modifikation dieser Signalketten durch Medikamente und die gleichzeitige Bestrahlung haben mit dem Erfolg der kombinierten Radio-Chemo-Therapie neue Wege geöffnet.
14.2.2 Unterschiedliche Strahlenformen
Die Verfügbarkeit von Photonen (hochenergetische elektromagnetische Wellen, ultraharte Röntgenstrahlen) von verschiedenen Energien erlaubt es, die Tiefendosis bei der Bestrahlung zu variieren. Die Hautschonung, die dank des Aufbaueffekts mit der maximalen Dosis erst nach einigen mm unter der Haut erreicht wird, ist ein Vorzug der modernen Strahlentherapie (Hochvolttherapie mit Energien über 1 MeV). Die im Körperinneren bestrahlten Volumina können durch Strahlenmodifikationen weiter optimiert werden (7 unten). Die Anwendung der Elektronen eignet sich für oberflächlich gelegene Tumoren, da die Reichweite, in der die ionisierende Energie an die Materie übertragen wird, begrenzt ist. Im gynäkologischen Bereich werden sie bei oberflächlich erreichbaren Tumoren im Bereich des Damms und allenfalls intraoperativen Bestrahlungen mit extrem hohen Einzeldosen eingesetzt. Für die Brachytherapie (Therapie aus kurzer Distanz) werden γ-Strahlen verwendet; im Vordergrund steht Iridium 192. Der Dosisabfall zur Tiefe hin wird durch die
193 14.2 · Grundlagen der Strahlentherapie
. Abb. 14.2. Tiefendosis
. Tab. 14.1. Übersicht über die Formen der intrakavitären Therapie in der Gynäkologie Mit Applikatoren (in der Regel Afterloadingverfahren) (Cavum uteri, Vagina)
Weibliches Genitale
Zäsium 137 Kobalt 60 Iridium 192
Im Peritonealraum
Gold 198 Phosphor 32
In Blase
–
nahe Distanz der Quelle zum zu bestrahlenden Gebiet erreicht. Das Abstand-Quadrat-Gesetz wird wirksam (. Abb. 14.1).
14.2.3 Perkutane Strahlentherapie
Sie wird heute praktisch ausschließlich mit Linearbeschleunigern durchgeführt. Geräte mit Kobaltquellen, das Betatron, sind heute kaum mehr anzutreffen. Die Linearbeschleuniger erzeugen die ultraharte Röntgenstrahlung: Die Elektronen werden in einem kurzen Beschleunigerrohr beschleunigt und an dessen Ende abgebremst, wodurch Röntgenstrahlen im Energiebereich von 4–18 Mio. MeV erzeugt werden. Die Strahlenfelder können mit Blenden,
Bleilamellen und durch die Modulierung der Strahlungsintensität verändert werden. Die Nutzung der Elektronen zur Therapie, also kein Abbremsen und Umwandeln in ultraharte Röntgenstrahlen, wird v. a. für oberflächliche Tumoren genutzt (. Abb. 14.2). Als weitere Bestrahlungsform stehen an wenigen Zentren Protonen zur Verfügung. Sie geben ihre Energie abgestuft in einer definierten Tiefe ab und eignen sich für sehr präzise Bestrahlungen in der Nachbarschaft kritischer Organstrukturen wie ZNS oder peripherer Nerven. Mit großen Beschleunigern lassen sich auch schwere Ionen zur Therapie verwenden. Hier sind derzeit Projekte experimentellen Charakters klinisch in Erprobung.
14.2.4 Intrakavitäre Strahlentherapie
Das heute in Europa und Asien am meisten verwendete Verfahren ist die Brachytherapie mit hoher Dosisrate (HDR: high dose rate) in der Afterloadingtechnik (. Tab. 14.1). Dabei werden ein oder mehrere Applikatoren in Scheide und Korpushöhle bzw. Scheide eingebracht und nach Kontrolle der Lage z. B. mittels Durchleuchtung oder Röntgenaufnahme und Berechnung an einem Simulator die radioaktive Quelle (Iridium 192) nachgeladen (. Abb. 14.3). Während der nur einige Minuten dauernden Bestrahlung liegt die Patientin in einem speziell abgeschirmten Raum. Der Vorteil der kurzen Beladungszeit ist die bessere Kontrolle der Lage des Applikators verglichen
14
194
Kapitel 14 · Radiotherapie
14.2.5 Therapieplanung
. Abb. 14.3. High-dose-rate(HDR)-Gerät (7 Farbtafel)
Der Einsatz der verschiedenen Strahlenqualitäten (7 oben) und der Strahlen modifizierenden Elemente (Blenden, Lamellen) ist heute dank fortgeschrittenen Therapieplanungssystemen in optimaler Weise möglich. Grundlage für die Therapieplanung ist eine in Bestrahlungsposition der Patientin angefertigte Computertomographie. Sie kann einerseits die Anatomie der Patientin erfassen, andererseits die Elektronendichte darstellen und für die Planungssysteme verfügbar machen. So können moderne Planungssysteme die echte Absorption im hohen Energiebereich berechnen und die Dosis auf wenige Prozent genau festlegen. Die Therapievolumina definieren sich aus dem makroskopisch fassbaren Tumor (»gross tumor volume«: GTV) und dem klinischen Zielvolumen, das die mikroskopische Ausbreitung und Erfahrungswerte von Rezidivanalysen berücksichtigt (»clinical target volume«: CTV). Für Bewegungsunsicherheiten bei der Patientenlagerung und die physikalischen Planungsvorgaben müssen noch weitere Volumina definiert werden (. Abb. 14.4).
. Abb. 14.4. Definitionen des Bestrahlungsvolumens (7 Farbtafel)
Konventionelle Computerplanung mit mehreren Stunden oder Tagen Liegezeit bei Verwendung von Radionukliden mit niedriger Dosisrate. Daneben entfallen die Probleme des Strahlenschutzes für das Personal während dieser meist auf einer Bettenstation verbrachten Applikationszeit. Durch die Mehrfachapplikation, sprich Fraktionierung, der HDR sind die Akut- und Langzeitnebenwirkungen gegenüber der Low-dose-Applikation nicht erhöht und die Tumorkontrolle durch die präzisere Dosisplatzierung tendenziell verbessert.
Sie geht von der Addition verschiedener Therapiefelder aus, die aus verschiedenen Richtungen auf das zu bestrahlende Volumen gerichtet sind. Die Modifikation der Feldgröße kann statisch sein (Ausblocken mit Bleilamellen des so genannten »multileaf collimators«) oder es können durch Einfahren der Blende (dynamische Keilfilter) Anpassungen der Tiefendosis an die Körperkontur erreicht werden (. Abb. 14.5, . Abb. 14.6). Mit dieser konformierend genannten Therapietechnik lassen sich die jeweiligen
14
. Abb. 14.5. Dosisverteilung einer 3D-computergeplanten Radiotherapie des Beckens (7 Farbtafel)
195 14.3 · Strahlentherapeutische Überlegungen zu den wichtigsten gynäkologischen Karzinomen
der Operation äquivalent (Landoni et al. 1997). Gemäß Landoni et al. (1997) sollte man bei der kombinierten Radio-Chemo-Therapie mit deutlich geringeren Langzeittoxizitäten rechnen können.
Tumorgröße und Rezidivrisiko Das lokale Rezidivrisiko ist abhängig von der Größe des Primärtumors und in höheren Stadien (III) von dem Vorhandensein eines unilateralen oder bilateralen parametranen Befalls. In den inoperablen Stadien IIb‒IVa ist die perkutane und intrakavitäre Strahlentherapie mit konkomittierender Chemotherapie zu bevorzugen. . Abb. 14.6. Dosisverteilung beim intrakavitären Strahlenapplikator
Volumina, z. B. im Bereich des kleinen Beckens, sehr gut umschreiben. Nachteil dieser Technik bleibt, dass die Form der zu bestrahlenden Volumina nur in Grenzen modifiziert werden kann und wie bei der Abdomenbestrahlung kritische Dünndarmanteile mitbestrahlt werden, was unerwünscht oder unnötig ist.
IMTR (»intensity modulated radiation therapy«) Die intensitätsmodulierte Strahlentherapie nutzt die Fähigkeit der modernen Beschleuniger, während der Strahlentherapie die Blenden zu verschieben, partiell Stellen zu bestrahlen bzw. nicht zu bestrahlen und gleichzeitig den Strahl in der Intensität zu verändern (modulieren). Limitierend für den Einsatz dieser Technik ist der Planungsaufwand. Zusätzlich muss die Lagerung nochmals höheren Ansprüchen über einen größeren Zeitraum gerecht werden. Die potenziellen Verbesserungen der IMRT-Bestrahlung werden derzeit klinisch geprüft. Die Reduktion von Nebenwirkungen scheint sicher, der Gewinn an weiterer Tumorkontrolle wahrscheinlich.
14.3
Strahlentherapeutische Überlegungen zu den wichtigsten gynäkologischen Karzinomen
14.3.1 Zervixkarzinom
Strahlentherapie oder Operation Obwohl die Operation in den frühen Stadien Ib‒IIa des Zervixkarzinoms als Standard gilt, ist eine Radiotherapie
Praktisches Vorgehen bei der Radio-Chemo-Therapie
Die perkutane Radiotherapie (Teletherapie) wird in Kombination mit cisplatinbasierter Chemotherapie verabreicht. Im kleinen Becken wird eine Dosis von 50 Gy über 5‒6 Wochen appliziert (bei befallenen Lymphknotenmetastasen mit Parametrienaufsättigung mindestens 60 Gy) und im zentralen Bereich des Zervixtumors 75‒90 Gy (Einzeldosen von 1,8‒2 Gy). Im deutschsprachigen Raum wird die Brachytherapie als High-dose-rate-Methode verwendet: 5 Applikationen mit jeweils 6‒7 Gy werden wöchentlich während der perkutanen Therapie durchgeführt. Am Tag der intrakavitären Therapie findet keine perkutane Therapie statt. Für die intrakavitäre Therapie ist nicht immer eine Kurznarkose notwendig. In 5 randomisierten Studien wurde gezeigt, dass signifikant bessere Ergebnisse in Bezug auf Tumorkontrolle und Gesamtüberleben erzielt werden können, wenn simultan zur Radiotherapie eine Chemotherapie appliziert wird. Seither gilt diese Kombination als Standard. Als Chemotherapie ist die Applikation von Cisplatin (40 mg/m2 Körperoberfläche, 1-mal wöchentlich) etabliert (Empfehlungen des NCI 1999). Eine Kombination der Strahlentherapie mit anderen Substanzen wie 5-Fluorouracil hat keine Vorteile gezeigt. Um die Komplikationsrate möglichst klein zu halten, ist die Therapie mit einer einzigen Therapiemodalität anzustreben (entweder definitive Bestrahlung oder Chirurgie). Dennoch gibt es Indikationen, bei denen einer Operation wegen erhöhtem lokalem Rezidivrisiko eine Bestrahlung folgen sollte 4 Lymphknotenbefall 4 Lymphangiosis carcinomatosa 4 G3-Stadium 4 Tumordurchmesser >4 cm
14
196
Kapitel 14 · Radiotherapie
4 4 4 4
Stromainvasion in Zervix >1/3 Adenokarzinom Knappe Resektionsränder (<3 mm) Evtl. bei sehr jungen Patientinnen
Nachgewiesen ist ein positiver Effekt einer alleinigen postoperativen perkutanen Radiotherapie und Brachytherapie. Auf Letztere kann bei Mitnahme einer großen Scheidenmanschette bei der Operation verzichtet werden. Aufgrund neuer Daten ist gesichert, dass eine postoperative Radiotherapie simultan mit einer Chemotherapie durchgeführt werden sollte, um noch bessere Resultate in Bezug auf das Gesamtüberleben zu erzielen (Peters et al. 2000). Nach einer inkompletten Operation (R1-R2-Resektion, einfache Hysterektomie ohne Lymphknotendissektion oder lediglich durchgeführtes Lymphknotensampling) ist eine adjuvante simultane Radio-Chemo-Therapie indiziert. Studien, die eine Radiotherapie mit simultaner Radio-Chemo-Therapie im postoperativen Setting verglichen haben, existieren nicht. Aus Analogie zu den guten Resultaten der kurativen Radio-Chemo-Therapie kann ein solches Vorgehen auch postoperativ empfohlen werden.
Nebenwirkungen der Radiotherapie bzw. der kombinierten Radio-Chemo-Therapie
14
Nebenwirkungen werden nach ihrem Ausmaß/Stärke und dem Zeitpunkt des Auftretens klassifiziert (WHO, LentSOMA, RTOG/EORTC-Klassifikation). Von einer Akutreaktion spricht man beim Auftreten unter der Radiotherapie oder kurz nach deren Abschluss. Akut ist, falls Dünndarm bestrahlt wird, mit Diarrhö und Inappetenz und chemotherapiebedingt mit hämatologischen Veränderungen bzw. verstärkter Mukositis zu rechnen (etwa 50‒60%). Von Spätreaktionen wird definitionsgemäß ab 90 Tagen nach Ende der Radiotherapie gesprochen. In Abhängigkeit von der Strahlentherapietechnik ist in bis zu 10% mit einer Proktitis und in weniger als 5% mit Dünndarmschäden im Sinn von Malabsorption und Obstruktion oder Perforation zu rechnen. Mit Fistelbildungen ist rektovaginal in 2% und vesikovaginal bzw. ureterovaginal in weniger als 1% zu rechnen. Urogenitale Nebenwirkungen meist in Form einer Zystitis können in 4‒9% auftreten. Beckenfrakturen treten bei 1‒2% auf. Zwischen 5 und 25 Jahren nach Therapieabschluss werden bei etwa 1% Sekundärmalignome festgestellt, was die erwartete Spontanrate aber nicht übertrifft.
14.3.2 Korpuskarzinom
Frühstadien In den Stadien IB G1 und IB G2 des Korpuskarzinoms wird durch eine intravaginale/intrakavitäre Radiotherapie im Bereich der Kolpotomienarbe die Lokalrezidivrate auf deutlich <5% gesenkt. Um die Nebenwirkungen wie Trockenheit der Vagina und Vaginalstenose niedrig zu halten, wurden im Lauf der vergangenen Jahre die Bestrahlungsdosen und Volumina so reduziert, dass bei einer Dosis von 4-mal 5 Gy (Dosisangabe in 5 mm Mukosatiefe) ohne Kompromiss für die Tumorkontrollrate nicht mehr mit dem Auftreten relevanter Nebenwirkungen wie der Verklebung der Vagina gerechnet werden muss. Für die Bestrahlung werden standardisierte Vaginalzylinder als Applikatoren verwendet. Die Therapie kann als LDR- oder HDRTherapie durchgeführt werden (7 Abschnitt 14.2.4).
Fortgeschrittenere Stadien Für das Stadium IB G3 und ab dem Stadium IC ist die Kombination von Hysterektomie und perkutaner Radiotherapie in randomisierten Studien untersucht worden (Creutzberg et al. 2000). Die lokoregionäre Tumorkontrolle im Becken konnte signifikant verbessert werden (14% Beckenrezidive ohne Radiotherapie vs. 4% mit Radiotherapie). Ein Effekt auf das Gesamtüberleben wurde jedoch nicht nachgewiesen. Wird im Rahmen der Hysterektomie+Adnexektomie eine pelvine bzw. paraortale Lymphonodektomie ausreichenden Ausmaßes vorgenommen, kann bei negativen Lymphknoten auf die perkutane Radiotherapie des Beckens verzichtet werden. Bei Lymphonodektomie und Bestrahlung ist mit einer höheren Nebenwirkungs- und Komplikationsrate zu rechnen. In höheren Tumorstadien kann eine kombinierte perkutane und intrakavitäre Radiotherapie die Tumorkontrolle im Becken verbessern. Ob sie präoperativ durchgeführt werden soll, kann diskutiert werden. Befallene pelvine Lymphknoten weisen auf ein deutlich schlechteres Gesamtüberleben hin, sodass sich der Krankheitsverlauf oft in einer Metastasierung außerhalb des Beckens entscheidet. Eine kombinierte postoperative Radio-Chemo-Therapie ist in Erprobung.
Internistisch-anästhesiologisch inoperable Patientinnen Für Patientinnen, die aus verschiedenen medizinischen Gründen nicht operabel sind, besteht die Möglichkeit einer
197 14.3 · Strahlentherapeutische Überlegungen zu den wichtigsten gynäkologischen Karzinomen
alleinigen definitiven und potenziell kurativen Strahlentherapie. Die Dosis wird mittels Brachytherapietechnik (LDR oder HDR) appliziert und kann mit einer perkutanen Radiotherapie kombiniert werden. Zielvolumen ist der gesamte Uterus, was eine individuelle Planung mittels Führungsapplikatoren im Cavum uteri erfordert (z. B. Heyman packing), um die lokale Tumorkontrolle weiter zu verbessern. Mit einem mittleren Überleben von etwa 65% und lokalen Kontrollraten von bis zu 75% stellt die Radiotherapie eine gute Alternative zur Operation dar.
Rezidivtherapie Die definitive Radiotherapie mit dem Ziel der Heilung kommt auch bei Patientinnen zum Einsatz, die nach Hysterektomie ein Rezidiv im Bereich des Vaginalabschlusses entwickeln. Um eine ausreichende Dosis zu erreichen, wird perkutan bestrahlt und mittels Brachytherapie die Boostdosis im Bereich des makroskopischen Tumors zusätzlich aufgesättigt.
Nebenwirkungen der Radiotherapie Als Akutreaktion unter perkutaner Radiotherapie können Diarrhö und Zystitis mit vermehrtem Harndrang und teilweise Dysurie auftreten, jeweils in Abhängigkeit vom Organanteil im Strahlenvolumen. Die Mitbestrahlung dieser Anteile lässt sich mit einer Computerplanung erkennen und reduzieren. Chronische Toxizität an Blase und Darm ist in etwa 10‒15% möglich. Schwer wiegende Veränderungen, die operative Eingriffe erfordern, treten in <5% auf. Fistelbildungen und Vaginalnekrosen werden in <1% beobachtet. Unter einer alleinigen intravaginalen Brachytherapie treten selten in Abhängigkeit von der Dosierung und der bestrahlten Vaginallänge eine milde Zystitis und/oder Proktitis auf. Literaturangaben zum Auftreten einer signifikanten vaginalen Stenosierung durch Fibrosierung der Vaginalwände nach externer und/oder interner Radiotherapie variieren sehr stark (1,5‒57%). Prinzipiell ist das Auftreten einer Verengung der Scheide im oberen Anteil mit Beeinträchtigung des Geschlechtslebens und dem Risiko der Verklebung der Vaginalwände verbunden. Die Empfehlungen zur Verhinderung dieser Nebenwirkungen sind sehr unterschiedlich und reichen von regelmäßigem Geschlechtsverkehr bis zur täglichen längeren Anwendung eines Vaginaldilatators (speziell geformter Plexiglasstab) zur Dehnung der Vagina. Prospektive Untersuchungen zur Therapie dieses Problems existieren nicht, es gibt aber Hin-
weise zur Effektivität der Verwendung eines Dilatators bei diesen Patientinnen.
14.3.3 Mammakarzinom Die Brust erhaltende Behandlung des Mammakarzinoms
(limitierte Operation und Nachbestrahlung) gilt heute als Standardtherapie bei frühen und mittleren Tumorstadien. Mit den heutigen Therapietechniken kann bei linksseitigem Mammakarzinom die Bestrahlung des Herzens vermieden werden, sodass die früher festgestellte erhöhte kardiale Morbidität und Mortalität als Risiko wegfallen. Die sehr seltene, symptomatische Strahlenpneumonitis bleibt allerdings bei älteren Patientinnen mit stark eingeschränkter Lungenfunktion zu bedenken. Fragen, die in neuerer Zeit untersucht wurden, betreffen die notwendige Dosis (»Boost« notwendig?) und das notwendige Volumen (Mitbestrahlung der Axilla?, Mitbestrahlung der Mammaria-interna-Kette?) (Overgaard et al. 1997). Die Bestrahlung der Thoraxwand nach Mastektomie kann das Risiko für Lokalrezidive senken. Es bleibt ein Ermessensspielraum, ab welcher Rezidivwahrscheinlichkeit sie sinnvoll ist. Bei einem Teil der Patientinnen ist das Auftreten eines Thoraxwandrezidivs Vorläufer und Indikator für Fernmetastasen. Für Patientinnen, bei denen das Rezidiv isoliert auftritt, besteht dagegen das Risiko, dass das Rezidiv Ausgangspunkt einer Metastasierung ist. Für diese Gruppe von Frauen kann das Verhindern des Rezidivs Einfluss auf das Überleben nehmen. Die Indikation zur Thoraxwandbestrahlung wird in der Regel bei großen Primärtumoren und/oder deutlichem axillarem Lymphknotenbefall gestellt.
Therapietechnik Die opponierende Bestrahlung der Brust bzw. der Brustwand mit Photonen (ultraharten Röntgenstrahlen des Linearbeschleunigers) gilt als Standardtechnik. Mit moderner Planung können Einzeldosen von 2,25‒2,5 Gy ohne kosmetische Einbuße angewendet werden, sodass die Therapiedauer auf 4‒5 Wochen (20-mal 2,25 oder 16-mal 2,5 Gy) beschränkt werden kann. Die notwendige Dosiserhöhung im Tumorbett (Boost) kann mit Elektronen oder ebenfalls tangential opponierend erfolgen. Typischerweise werden 4-mal 2,5 Gy als »Boost« appliziert. Bei knappen Resektionsrändern oder R1-Resektion ist die Erhöhung der Boostdosis sinnvoll. Die intraoperative Markierung des Tumorbetts
14
198
Kapitel 14 · Radiotherapie
mit röntgendichten Clips ist Voraussetzung für die präzise Boostapplikation und kann im Interesse einer guten Tumorkontrolle und Minimalisierung der Tumorvolumina nur immer wieder gefordert werden. Die Frage, ob eine intraoperative Einmalbestrahlung die Lokalrezidivrate genügend zu senken vermag, wird derzeit geprüft. Da in der Regel Rezidive auch in der Umgebung des Tumorbetts auftreten, ist die beschränkte Reichweite der intraoperativen Therapie (Elektronen oder sehr weiche Röntgenstahlen) mit Bedacht bei besonders ausgewählten Tumorstadien anzuwenden.
Strahlentherapie nach Brustaufbau Der primäre Brustaufbau mit Weichteilen (M. latissimus dorsi) evtl. mit Silikonprothese ist aus strahlentherapeutischer Sicht kein Problem, aus onkologischer Sicht aber zu überdenken. Die Rezidivrisikostellen können nach solchen plastischen Eingriffen oft nur unpräzise lokalisiert werden, und die Reduktion auf das Boostvolumen ist mit Unsicherheiten behaftet. Intraoperativ gelegte Clips können hilfreich sein, auch wenn ein mögliches »Wandern« derselben bekannt ist.
nen Strahlentherapie. Die im Körperinneren bestrahlten Volumina können durch Strahlenmodifikationen weiter verbessert werden. Die Anwendung der Elektronen eignet sich für oberflächlich gelegene Tumoren, da Elektronen eine begrenzte Reichweite haben, in der die ionisierende Energie an die Materie übertragen wird. Im gynäkologischen Bereich sind es oberflächlich erreichbare Tumoren im Bereich des Damms und allenfalls intraoperative Bestrahlungen mit extrem hohen Einzeldosen. Für die Brachytherapie (Therapie aus kurzer Distanz) werden γ-Strahlen verwendet. Der Dosisabfall zur Tiefe hin wird durch die nahe Distanz der Quelle zum zu bestrahlenden Gebiet erreicht. Die perkutane Strahlentherapie wird heute praktisch ausschließlich mit Linearbeschleunigern durchgeführt. Grundlage für die Therapieplanung ist eine in Bestrahlungsposition der Patientin angefertigte Computertomographie. Beim Zervixkarzinom sollte, um die Komplikationsrate möglichst klein zu halten, die Therapie mit einer einzigen Therapiemodalität angestrebt werden (entweder definitive Bestrahlung oder Chirurgie).
Nebenwirkungen Als Akutnebenwirkung ist eine Hautrötung die Regel. Nur selten kommt es zu umschriebener Epitheliolyse. Individuelle Überempfindlichkeiten sind sehr selten. Bei sehr voluminöser Brust ist gelegentlich eine Ödembildung zu beobachten, sodass individuelle Dosis- und Technikanpassungen in diesen Situationen notwendig sind. Mittelfristig kann die Konsistenz des Brustdrüsenkörpers etwas derber werden. Selten beschreiben Patientinnen eine Druckempfindlichkeit auch Monate nach Therapieabschluss. Bleibende Hautveränderungen (Teleangiektasien) sind selten.
+ + Zusammenfassung
14
Die Stärke der Strahlentherapie liegt im Beitrag zur lokalen und regionalen Tumorkontrolle. Die Verfügbarkeit von Photonen (hoch energetische elektromagnetische Wellen, ultraharte Röntgenstrahlen) verschiedener Energien erlaubt es, die Tiefendosis bei der Bestrahlung zu variieren. Die Hautschonung, die dank des Aufbaueffekts mit der maximalen Dosis erst nach einigen mm unter der Haut erreicht wird, ist ein Vorzug der moder-
6
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15 15
Lymphödem Sandra Rückert, Michael Harder und Michael Untch
15.1
Definition – 200
15.2
Häufigkeit – 200
15.3
Risikofaktoren – 200
15.4
Klinisches Bild und Diagnostik – 200
15.5
Prävention
15.6
Therapie – 201
15.6.1 15.6.2
Konservative Therapie – 201 Operative Therapie – 202
– 201
Zusammenfassung – 202 Literatur – 202
200
Kapitel 15 · Lymphödem
Mit zunehmender Lebenserwartung kommt der konsequenten Prävention und Behandlung von Folgeschäden von Therapien einer Tumorerkrankung wesentliche Bedeutung zu. Eine dieser Folgen ist das Lymphödem, das zu erheblichen Beschwerden und einer Minderung der Lebensqualität führen kann. Deshalb und um seine Progression zu verhindern, sollte es bereits im Anfangsstadium konsequent therapiert werden.
15.1
Definition
Das Lymphödem ist eine Schwellung des Interstitiums durch Einschränkung der Transportkapazität des Lymphgefäßsystems. Laut Földi u. Kubik (2002) ist das unkomplizierte Lymphödem Folge einer mechanischen Insuffizienz des Lymphgefäßsystems. Ein pathologischer Vorgang setzt die Transportkapazität so stark herab, dass die anfallende normale lymphpflichtige Last nicht bewältigt werden kann. Bei fehlender Standardisierung wird in den meisten Studien eine Differenz von >2 cm Arm-/Beinumfang als klinisch signifikant gewertet, ohne jedoch natürliche Variationen und Konstitution zu berücksichtigen. Im Gegensatz zu den primären (idiopathischen) ist bei den sekundären Lymphödemen die Ursache der mechanischen Insuffizienz (z. B. Tumor, Operation, Bestrahlung, Trauma, Entzündung) bekannt.
15.2
Häufigkeit
Die berichteten Inzidenzen des Lymphödems z. B. nach Behandlung eines Mammakarzinoms schwanken je nach Operationsmodus, Einsatz von Radiatio, Beobachtungszeitraum und Definition bzw. angewandter Methode zur Quantifizierung des Lymphödems zwischen 0% und 56%.
15.3
15
Risikofaktoren
Sie sind in . Tab. 15.1 aufgelistet.
15.4
Klinisches Bild und Diagnostik
Zwischen Behandlung und Beginn des Lymphödems können Wochen, Monate oder Jahre liegen. Merkmale des Lymphödems der Extremitäten sind
. Tab. 15.1. Risikofaktoren für ein Lymphödem
Risikofaktor
Anmerkung
Lymphonodektomie
Ausmaß und Technik der Resektion
Lymphknotenmetastasen
–
Additive Strahlentherapie
–
Operative Erfahrung
–
Postoperative Serombildung, Wundheilungsstörung
Wenig Daten, teilweise kontroverse Ergebnisse
Operation am dominanten Arm
–
4 Meist einseitige Schwellung 4 Die Hautfarbe bleibt meist erhalten. Ausnahme: Bei Elefantiasis kommt es zur bräunlich/gräulichen Hautverfärbung, bei einer Kombination mit venöser Stauung zur lividen Verfärbung bzw. braunen Unterschenkelhaut im Endstadium der chronisch-venösen Insuffizienz 4 Fuß- und Handrücken können von der Schwellung betroffen sein. 4 Stemmer-Hautfaltenzeichen 4 Vertiefung der natürlichen Hautfalten 4 Ein rein lymphogenes Ulkus kommt nicht vor. 4 Meist besteht keine Schmerzsymptomatik. Ausnahmen sind zu Beginn des Lymphödems ein »Spannungsschmerz« und Schmerz bei der Beteiligung von Sehnen, Periost, Synovialis oder bei malignem Lymphödem. 4 Ein sekundäres Lymphödem nach Ablatio/Radiatio beginnt oft stammnah im Gegensatz zum primären Lymphödem. Die Stadien des Lymphödems sind in . Tab. 15.2 aufgeführt. > Cave Hinter jedem Lymphödem kann sich ein malignes Lymphödem im Sinne einer Tumorinfiltration oder -kompression verbergen. Dafür sprechen akutes Auftreten, rasche Progression, starker Schmerz durch nervale Infiltration evtl. kombiniert mit Paresen und verstärkte Venenzeichnung. Eine Lymphangiosis carcinomatosa sowie Exulzerationen können ebenfalls wegweisend sein.
Bedingt durch die gestörte Infektabwehr im Lymphödemgebiet wird die Entstehung von Mykosen und Erysipel be-
201 15.6 · Therapie
. Tab. 15.2. Stadieneinteilung des Lymphödems
Stadium
Charakteristika
0
Latenz
Keine Symptome; pathologisches Lymphszintigramm
I
Reversibel
Eiweißreiches Ödem von weicher Konsistenz, Fingerdruck hinterlässt tiefe Delle, Hochlagerung reduziert die Schwellung
II
Spontan irreversibel
Fibrosklerotische harte Schwellung, Hochlagerung ohne Wirkung
Lymphostatische Elefantiasis
Ausgedehnte Fibrosklerose, Papillomatose, invalidisierender Schweregrad
III
günstigt. Wesentlich seltener kommt es zur lokalen Entwicklung eines Angiosarkoms (Stewart-Treves-Syndrom). Sich in 5‒32% entwickelnde Lymphzysten können sich infizieren oder zu Fistelbildung führen. Zur Komplettierung der Diagnostik können Lymphszintigraphie, indirekte Lymphographie, sowie bei Verdacht auf malignes Lymphödem Ultraschall, CT oder MRT hinzugezogen werden. Die klassische ölige direkte Lymphographie gilt als obsolet. Umfangs-, Volumenmessung, Hautund Weichteiltonometrie dienen der Therapiekontrolle.
15.5
keine Blutdruckmessungen sowie Injektionen/Blutabnahmen vorgenommen werden. Infektionen müssen konsequent behandelt werden. Hinsichtlich des operativen Vorgehens beim Mammakarzinom stellt die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (Wächterlymphknotenbiopsie) in erfahrenen Händen eine Technik dar, in deren Folge die Morbidität deutlich niedriger ist als bei der konventionellen axillaren Lymphonodektomie.
15.6
Therapie
Das Lymphödem ist eine chronische Krankheit. Ziel der Therapie ist, die Krankheit in das Latenzstadium oder zumindest in das Stadium I zurückzudrängen durch 4 Verbesserung des Lymphabflusses 4 Erweichung fibrosklerotischer Gewebeveränderungen 4 Reduktion der Bindegewebevermehrung 4 Aufhebung oder Verbesserung der Funktionsdefizite der Gliedmaßen
15.6.1 Konservative Therapie
Physikalische Therapie Die komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) nach Földi u. Kubik (2002) besteht aus 4 Maßnahmen und ist in 2 Phasen gegliedert (. Tab. 15.3).
Prävention
Die Empfehlungen zur Prävention zielen darauf ab, zum einen die lymphpflichtige Last nicht zu erhöhen und zum anderen die reduzierte Transportkapazität nicht weiter zu gefährden. Die präventiven Maßnahmen sollen dazu beitragen, eine Schwellung bzw. Infektion des betroffenen Körperteils zu verhindern. So sollten an der betroffenen Extremität Verletzungen, Überanstrengung, sowie Hitze- und Kälteanwendungen vermieden werden. Unmittelbar postoperativ wird die betroffene Extremität mittels Bettkeil hochgelagert und ruhig gestellt. Isometrische Übungen werden angewandt. Abduktion und Elevation des Arms über die Horizontale und Pendeln des Arms sowie Flexion im Knie- und Hüftgelenk über 90° sollten postoperativ vermieden werden. Kleidung/Schuhe sollen nicht einschneiden, und auf eine gründliche Hautpflege und Sauberkeit soll geachtet werden. An dem betroffenen Arm sollten
. Tab. 15.3. Phasen der komplexen physikalischen Entstauungstherapie
Physikalische Maßnahme
Phase I – Entstauung
Phase II – Konservierung
Hautpflege
Fortlaufend
Fortlaufend
Manuelle Lymphdränage
Zumindest 1-mal täglich
Individuell
Kompression
24-h-Kompression mit Kurzzugbandagen und Polsterung
Tagsüber elastischer Kompressionsstrumpf nach Maß
Bewegungstherapie
Täglich
Täglich
Therapiedauer
2–3 Wochen
Lebenslang
15
202
Kapitel 15 · Lymphödem
> Cave Kontraindikationen der komplexen physikalischen Entstauungstherapie und insbesondere einer manuellen Lymphdränage sind 5 Malignes Lymphödem, Herzinsuffizienz; akute Entzündung 5 Hals: Herzrhythmusstörungen, hypersensitiver Sinus caroticus, Hyperthyreose, Alter >60 Jahre 5 Abdomen: Gravidität, Menstruation, radiogene Kolitis oder Zystitis, Zustand nach tiefer Beckenvenenthrombose, Zustand nach Ileus 5 Kompression: periphere arterielle Verschlusskrankheit, Herzinsuffizienz
Die apparative intermittierende Kompressionstherapie (Pneumomassage) kann zeitlich begrenzt als Zusatz zur KPE eingesetzt werden, wobei sie wegen der Gefahr der zentralen Ödematisierung unter ärztlicher Überwachung erfolgt. Die Thermotherapie (Wärmeapplikation und Kompressionstherapie) ist noch nicht etabliert.
Medikamentöse Therapie Diuretika. Bei der Behandlung des gutartigen Lymphödems sind sie nicht indiziert. Schwere maligne Lymphödeme und die Kombination mit Krankheiten, die die Behandlung mit Diuretika erforderlich machen (z. B. Aszites bei Leberzirrhose), rechtfertigen ihren Einsatz. Antibiotika. Sie werden bei akutem Erysipel oder bei rezi-
divierendem Erysipel angewendet. Es erfolgen kein prophylaktischer oder intermittierender Einsatz.
Reduktionsverfahren Bei den resezierenden Verfahren werden überschüssiges Fett- und fibrosklerotisches Bindegewebe entfernt. Die teilweise propagierte Methode der Liposuktion kommt einer Amputation des suprafaszialen Raums gleich. Verletzungen von Blutgefäßen, Nerven oder intakten Lymphgefäßen stellen Komplikationen dar.
+ + Zusammenfassung Bei fehlender Standardisierung wird in den meisten Studien eine Differenz von >2 cm Arm-/Beinumfang als klinisch signifikant gewertet. Zwischen Behandlung und Beginn des Lymphödems können Wochen, Monate oder Jahre liegen. Hinter jedem Lymphödem kann sich ein malignes Lymphödem im Sinn einer Tumorinfiltration oder -kompression verbergen. Hinsichtlich des operativen Vorgehens beim Mammakarzinom stellt die Sentinel-Lymphknoten-Biopsie (Wächterlymphknoten biopsie) in erfahrenen Händen eine Technik dar, in deren Folge die Morbidität deutlich niedriger ist als bei der konventionellen axillaren Lymphonodektomie. Das Lymphödem ist eine chronische Krankheit. Ziel der Therapie ist es, die Krankheit in das Latenzstadium oder zumindest in das Stadium I zurückzudrängen. Im Mittelpunkt der Therapie steht die komplexe physikalische Entstauungstherapie nach Földi u. Kubik (2002). Kontraindikationen dafür und insbesondere einer manuellen Lymphdränage sind v. a. ein malignes Lymphödem, Herzinsuffizienz und eine akute Entzündung.
15.6.2 Operative Therapie
Literatur Mikrochirurgisch-rekonstruktive Verfahren Autologe Lymphgefäßtransplantation, lymphovenöse Anastomosierung. Vor der Operation sollten die Patientin-
15
nen mindestens 6 Monate mit komplexer physikalischer Entstauungstherapie behandelt worden sein. Ferner müssen Rezidivfreiheit gesichert sein und die Transplantatentnahmestelle eine unauffällige Lymphsequenzszintigraphie aufweisen. Das Basisproblem der verminderten Lymphgefäßkapazität kann nicht immer gänzlich behoben werden, sodass ohne nachfolgende Kompression Rezidive auftreten können.
Baumeister R, Frick A (2003) Die mikrochirurgische Lymphgefäßtransplantation. Handchir Mikrochir Plast Chir 35: 202–209 Földi M, Kubik S (Hrsg) (2002) Lehrbuch der Lymphologie, 5. Aufl. Urban & Fischer, München Erickson V, Pearson ML, Ganz PA et al. (2001) Arm edema in breast cancer patients (review). J Natl Cancer Inst 93: 96–111 Petrek J, Pressman PI, Smith RA (2000) Lymphedema: current issues in research and management (review). CA Cancer Clin J 50: 292–307
16 16
Allgemeine supportive Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie Edgar Petru, Christoph Benedicic und Raimund Winter
16.1
Subileus und Ileus – 204
16.1.1 16.1.2
Subileus – 204 Ileus – 204
16.2
Maligner Aszites und Pleuraerguss – 205
16.3
Thrombembolien – 205
16.4
Lebensbedrohliche vaginale Blutung – 205
16.5
Bisphosphonate bei Knochenmetastasen – 205
16.6
Tumorinduzierte Hyperkalzämie – 205 Zusammenfassung – 206 Literatur – 206
204
Kapitel 16 · Allgemeine supportive Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie
16.1
Subileus und Ileus . Tab. 16.1. Konservatives vs. operatives Vorgehen beim Ileus
Die meisten Patientinnen mit in das Cavum peritonei metastasiertem Karzinom des Genitale versterben mit dem klinischen Bild eines Ileus. Dies gilt insbesondere für das Ovarial-, Tuben- und Peritonealkarzinom. Dabei besteht ein chronischer Subileus meist über mehrere Monate und ein voll ausgeprägter Ileus über wenige Wochen. Während Subileusbeschwerden vor der Primäroperation eines Karzinoms der Adnexe häufig als Folge einer Rektum- oder Sigmainfiltration bestehen, handelt es sich im terminalen Stadium mit Peritonealkarzinose meist um einen Dünndarmileus.
16.1.1 Subileus
Meist wird anfangs noch eine palliative Chemotherapie eingesetzt, welche bei Chemosensitivität des Tumors die Subileussymptomatik über einige Monate rückgängig machen kann. Ergänzend kommen Punktionen bei deutlichem Aszites, die Gabe von Metamizol (Novalgin, Novaminsulfon), transdermale Opioide (Durogesic, Transtec), Metoclopramid (Paspertin, Primperan), Kortikosteroide peroral (Fortecortin), Laxanzien wie Senna-Präparate (Colonorm), Natriumpicosulfat (Guttalax) oder Macrogol (Movicol) und verschiedene Klysmen (Relaxyl Klistier) zum Einsatz. Ein Elektrolytausgleich z. B. bei Hypokaliämie oder Hypomagnesämie ist in dieser Phase meist ebenfalls notwendig.
16.1.2 Ileus
16
Die Symptome eines Subileus verstärken sich zu rezidivierendem Erbrechen, anhaltendem Völle- und Druckgefühl im Oberbauch auch nach kleinsten Mahlzeiten, hochgradiger Obstipation bzw. Durchfall, und anhaltendem Meteorismus. . Tab. 16.1 zeigt im Überblick, welche klinischen Kriterien für eine konservative bzw. operative Therapie des Ileus herangezogen werden können. Beim Vorliegen eines Ileus sollte die Entscheidung für oder gegen eine Operation immer vom gynäkologischen Onkologen in Kenntnis der Gesamtsituation (Vortherapien usw.) erfolgen. Es sollte unbedingt vermieden werden, dass die Patientin in ihrer letzten Lebensphase von einer Untersuchungsstelle zur anderen gebracht und schließlich von einem Chirurgen, der sie nur mit dem aktuellen Befund des Ileus kennen lernt, hinsichtlich weiterem Vorgehen beurteilt wird.
Konservativ
Operativ
Karnofsky-Index
Reduziert
80–100
Vortherapie
Extensiv
Gering
Ileuslokalisation
Dünndarm
Dickdarm
Metastasenlokalisation im Oberbauch (CT, Ultraschall)
Vorhanden
Nicht vorhanden
Gynäkologischer Befund
Diffuse Peritonealkarzinose
Isoliertes Beckenrezidiv
Geschätzte Lebenserwartung
<1–2 Monate
>1–2 Monate
Wird ein konservatives Vorgehen gewählt, sollte auch keine weitere Bild gebende Diagnostik, sondern die Konzentration auf eine effiziente symptomatische Therapie erfolgen. Diese umfasst Flüssigkeitsrestriktion, die Gabe eines Protonenpumpeninhibitors i. v. [z. B. Omeprazol (Losec) 40 mg], HT3-Serotonin-Rezeptor-Antagonisten i. v. [z. B. Ondansetron (Zofran) bis 3-mal 8 mg/Tag], Spasmolytika i. v. bei krampfartigen Schmerzen [z. B. HyoscinN-Butylbromid (Buscopan) bis 6-mal 20 mg/Tag], Metamizol i. v. (Novalgin, Novaminsulfon bis 6 g/Tag) und Dexamethason i. v. (20‒40 mg Fortecortin). Octreotid subkutan (Sandostatin 0,05‒0,6 mg/Tag) reduziert die Darmsekretion. Selten ist die Platzierung einer Magensonde notwendig. Es sollte schluckweise getrunken werden, sorgfältige Mundpflege und ein ständiges Anfeuchten der Lippen sind ebenfalls wesentlich. Auf die Bauchdecke aufgebrachte Dunstwickel können evtl. vorübergehende Linderung bewirken. In der Terminalphase hat sich folgende Dreierkombination, mittels i. v. Perfusoren appliziert, bewährt: Das Neuroleptikum Triflupromazin (Psyquil) 10 mg/50 ml NaCl über 2 h bis 6-mal/Tag, Morphin (z. B. Vendal) 20 mg/50 ml NaCl, Anfangsdosis 1 ml/h, und Midazolam (Dormicum) 50 mg/50 ml NaCl, Beginn mit 0,5 ml/h. Diese 3 Medikamente werden je nach Schmerzzustand titriert. Die Patientin hat gerade in der Terminalphase das Recht auf eine effektive Distanzierung und Schmerzausschaltung.
205 16.6 · Tumorinduzierte Hyperkalzämie
16.2
Maligner Aszites und Pleuraerguss
In vielen Fällen ist nach bzw. unter Ultraschalldarstellung durch die (wiederholte) Punktion von ausgeprägtem Aszites am Übergang des mittleren in das laterale Drittel der Verbindungslinie zwischen dem Nabel und der Spina iliaca anterior superior eine effektive Palliation insbesondere auch von Subileusbeschwerden möglich. Ein Pleuraerguss kann klinisch durch Perkussion und Auskultation festgestellt und durch ein Thoraxröntgen bestätigt werden. Danach werden eine Punktion bzw. bei günstiger Prognose (keine andere Metastasenlokalisation) evtl. auch eine dauerhafte medikamentöse Verklebung der Pleurablätter (Pleurodese) vorgenommen. Dieser Vorgang erfolgt stationär über mehrere Tage unter Thoraxsaugdränage.
16.3
Thrombembolien
Postoperativ sollten Patientinnen mit Genitalkarzinom prophylaktisch eine Antikoagulation für 4 Wochen erhalten. Dadurch reduziert sich die Thrombembolierate entscheidend (Lee et al. 2004). Bei Verdacht auf eine Pulmonalarterienembolie sollten eine Perfusionsszintigraphie bzw. ein Spiral-CT der Lungen erfolgen, bei Verdacht auf tiefe Bein- bzw. Beckenvenenthrombose eine Dopplersonographie (+evtl. Phlebographie) der unteren Extremität. Eine Kontrolle der D-Dimere, die bei Thrombembolien praktisch immer erhöht sind, ergänzt diese Untersuchungen. Nach Diagnosestellung werden als Therapie ein Kompressionsverband der unteren Extremitäten und initial die Gabe von höher dosiertem niedermolekularem Heparin (z. B. Enoxaparin; Lovenox, 2-mal 1 mg/kg/Tag; Dalteparin; Fragmin, 2-mal 100 E/kg/Tag ) angeschlossen. Meist wird die Thrombosetherapie nach 7‒10 Tagen nach klinischer Kontrolle bzw. Kontrolle der Dopplersonographie mit reduzierter Dosis eines niedermolekularen Heparins über weitere 6 Monate fortgesetzt. Das Risiko von Blutungen unter der Therapie mit niedermolekularem Heparin ist geringer als unter Marcumar.
16.4
Lebensbedrohliche vaginale Blutung
Sie wird zunächst notfallmäßig durch vaginale Applikation von Streifentamponaden, die mit einem Hämostyptikum
angereichert sind, versorgt. Meist ist auch eine Gabe von Erythrozytenkonzentraten nötig. Wenn durch die Lokaltherapie die Blutung nicht zum Stillstand kommt, können nach vorhergehender Punktion der A. femoralis einer Seite und Arteriographie der Beckenarterien die (Haupt-)Blutungsquelle identifiziert und die zuführenden Gefäße selektiv mittels verschiedener Embolisate wie Polyvinylalkohol, Silikonpartikel oder Gelatine verschlossen werden (Beckenarterienembolisation). Alternativ kommen auch eine Laparotomie und Ligatur der Aa. iliacae internae beidseits in Frage. Bei leichteren vaginalen Dauerblutungen ist die hämostyptische Bestrahlung (Brachytherapie) indiziert.
16.5
Bisphosphonate bei Knochenmetastasen
Sowohl bei osteoplastischen als auch bei osteolytischen Metastasen sind den Knochenabbau hemmende Bisphosphonate zur Reduktion der metastasenbedingten Morbidität des Skelettsystems indiziert. Heute stehen 2 Therapieformen im Vordergrund 4 Zoledronat (Zometa) 4 mg in 500 ml NaCl über 15 min alle 3‒4 Wochen 4 Ibandronat (Bondronat) 6 mg i. v. in 100 ml NaCl über 10 min alle 3‒4 Wochen Unter Zoledronattherapie sind regelmäßige Kontrollen des Serumkreatinin- und -kalziumwerts indiziert. Nebenwirkungen der Bisphosphonate umfassen Gliederschmerzen, Fieber, Übelkeit und Oberbauchbeschwerden.
16.6
Tumorinduzierte Hyperkalzämie
Sie wird meist aufgrund einer paraneoplastischen ektopen Sekretion von parathormonverwandten Proteinen bzw. aufgrund der Osteolyse bei Knochenmetastasen beobachtet. Die klinischen Symptome umfassen Müdigkeit, Lethargie, Muskelschwäche, Verwirrtheit, Desorientiertheit, Krämpfe, Koma, Arrhythmie, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Polyurie, Polydipsie, Exsikkose und Obstipation. Die Therapie umfasst 4 Rehydratation(!) mit 2‒5 l 0,9%igen NaCl-Infusionen/ 24 h 4 Forcierte Diurese (Furosemid, Lasix, 40‒80 mg alle 4 h) nur nach Restitution des Zirkulationsvolumens
16
206
Kapitel 16 · Allgemeine supportive Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie
4 Kaliumsubstitution nach Bedarf (KCl ad infusionem) 4 Bisphosphonate (7 oben) i. v. (Zoledronat 4 mg/Tag; Ibandronat 2‒6 mg/Tag) in Abhängigkeit vom Kalziumwert 4 Kalzitonin (Parathormonantagonist) i. v. (2‒8 E/kg alle 6 h) in einer NaCl-Infusion über 6 h bei lebensbedrohlicher Hyperkalzämie über 3‒4 Tage 4 Kortikosteroide 4 Effektive tumorspezifische Therapie (Chemotherapie usw.) 4 Bei zunehmendem Nierenversagen: Hämodialyse Im Allgemeinen dauert es 4‒7 Tage, bis erhöhte Kalziumspiegel wieder in den Normbereich zurückkehren, wobei die Dauer vom initialen Kalziumwert abhängig ist.
+ + Zusammenfassung 5 Die kontinuierliche lebenslange Betreuung von Patientinnen mit Genitalmalignom bis zum Tod stellt aus Sicht der Autoren eine medizinischethische Grundregel dar. 5 Es kann den Patientinnen auch im Terminalstadium z. B. bei Ileus entscheidend durch effektive symptomatische und distanzierende Maßnahmen geholfen werden.
Literatur Body J, Diel I, Lichinitser M et al. (2003) Intravenous ibandronate reduces the incidence of skeletal complications in patients with breast cancer and bone metastases. Ann Oncol 14: 1399–1405 Lee A, Levine M, Baker R (2004) Low-molecular-weight heparin versus a coumarin for the prevention of recurrent venous thromboembolism in patients with cancer. N Engl J Med 349: 146–153 Major P, Lortholary A, Hon J et al. (2001) Zoledronic acid is superior to pamidronate in the treatment of hypercalcemia of malignancy: a pooled analysis of two randomized, controlled clinical trials. J Clin Oncol 19: 558–567
16
17 17
Medikamentöse Schmerztherapie Rudolf Likar, Ernst Rupacher und Reinhard Sittl
17.1
Ätiologie und Pathogenese von Tumorschmerzen – 208
17.2
Therapieprinzipien – 208
17.3
WHO-Stufenplan – 209
17.3.1 17.3.2
Stufe I: Nichtopioidanalgetika – 209 Stufe II und III: schwache und starke Opioide – 211
17.4
Nebenwirkungen der Opioide – 212
17.5
Koanalgetika – 213 Zusammenfassung – 213 Literatur – 213
208
Kapitel 17 · Medikamentöse Schmerztherapie
Eine eigene Studie der interdisziplinären Schmerzambulanz des Landeskrankenhauses Klagenfurt zeigte unter 1895 befragten PatientInnen bei etwa 1/5 schlechte Lebensqualität und bei 80% eine Beeinträchtigung im täglichen Leben durch Schmerzen. In fortgeschrittenen Tumorstadien leiden 70‒90% der Patienten unter behandlungsbedürftigen Schmerzzuständen (Deutsche Krebshilfe 2001). Schmerzen sind das häufigste Symptom maligner Erkrankungen. Deshalb sind eine frühzeitige interdisziplinäre Diagnostik und Therapie von Schmerzen bei Tumorpatientinnen notwendig. Neben einer Kausaltherapie (Operation, Chemo-, Hormontherapie, Nuklidtherapie) muss parallel mit einer symptomatischen medikamentösen Schmerzbehandlung begonnen werden (NN 1999). Es gibt noch immer weit verbreitete Vorurteile und Informationsdefizite über die Wirkung von Morphin. Die Zufriedenheit mit der Schmerzbehandlung weist einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensqualität auf. Über 90% der Menschen nach dem 65. Lebensjahr haben den Wunsch, schmerzfrei zu sterben und zu Hause den letzten Abschnitt des Lebens zu verbringen.
17.1
17
Ätiologie und Pathogenese von Tumorschmerzen
60‒90% der Schmerzzustände bei Tumorpatienten sind durch Infiltration, Kompression mit konsekutiver Durchblutungsstörung, Ödem, Ulzeration oder Perforation direkt tumorbedingt, 10‒25% sind therapiebedingt. Operation, Chemo-, Hormontherapie oder Radiatio können schmerzhafte Folgezustände wie Neuralgien, Phantomschmerz, Fibrose, Mukositis oder Ödem verursachen. Außerdem unterscheidet man zwischen tumorassoziierten Schmerzursachen, wie Pneumonie, Pilzinfektion, Venenthrombose oder Dekubitus (5‒20%), und tumorunabhängigen Schmerzursachen wie Migräne oder Arthritis (3‒10%) (Heidemann 1999). Neben somatischen Ursachen beeinflussen kulturelle, psychosoziale und spirituelle Faktoren das Schmerzerleben (Deutsche Krebshilfe 2001). Pathophysiologisch unterteilt man den Karzinomschmerz in Nozizeptorschmerz und neuropathischen Schmerz. Ersterer entsteht durch direkte Aktivierung freier Nervenendigungen von Nozizeptoren. Er wird weiter in einen somatischen und viszeralen Schmerz unterteilt. Somatische Schmerzen z. B. bei Knochenmetastasen entste-
hen vorrangig durch Sensibilisierung und Aktivierung von Nozizeptoren durch endogene algetische Mediatoren wie Bradykinin, Serotonin und Prostaglandin. Somatische Schmerzen sind meist gut lokalisierbar, stechend, bohrend und bewegungsabhängig. Viszerale Schmerzen z. B. durch Kapseldehnung innerer Organe oder Schleimhautulzeration entstehen v. a. durch Druck auf Nozizeptoren. Sie sind häufig kolikartig, drückend und weisen eine diffuse Ausbreitung auf, die in die so genannten Head-Zonen an der Körperoberfläche übertragen werden kann. Durch Schädigung des peripheren bzw. zentralen Nervensystems entstehen neuropathische Schmerzen. Tumorkompression oder -infiltration von Nerven, Schädigung von Nerven bei Operationen oder strahlenbedingte Plexopathien können neuropathische Schmerzen verursachen. Diese werden oft als brennende Dauerschmerzen (kausalgiformer Schmerz) oder als blitzartig einschießende Schmerzattacken (neuralgiformer Schmerz) beschrieben. Sie strahlen teilweise nach peripher in das Versorgungsgebiet betroffener Nerven aus (projizierter Schmerz). Die Grundkenntnis der Ätiologie und Pathogenese von Schmerzen ist v. a. bei Tumorpatienten eine wichtige Therapievoraussetzung und bestimmt die Auswahl der Medikamente (Broer u. Schnürisch 1997, Sittl 2000). Auch eine optimale Schmerztherapie kann nicht immer zur Schmerzfreiheit führen. Die Behandlung von Tumorschmerzen ist eine interdisziplinäre Aufgabe. Bei neu aufgetretenem Schmerz muss primär geklärt werden, ob eine kausale Behandlung, wie die chirurgische Entfernung von Metastasen, eine Bestrahlung bzw. eine hormonelle/zytostatische Behandlung möglich sind. Bei stärkeren Schmerzen sollte jedoch bereits parallel zur Diagnostik mit einer suffizienten medikamentösen Schmerztherapie begonnen werden.
17.2
Therapieprinzipien
4 Eine erfolgreiche Schmerztherapie setzt eine gründliche Schmerzanamnese und Dokumentation voraus. Der Charakter, die Lokalisation, die Dauer und Intensität des Schmerzes müssen festgehalten werden. Zur Erfassung der Schmerzintensität eignen sich Messskalen wie die numerische Ratingskala (0: kein Schmerz, 10: unerträglicher Schmerz) oder die visuelle Analogskala in Form von Schmerzlinealen. 4 Die Schmerztherapie sollte nach ausführlicher Aufklärung individualisiert erfolgen.
17
209 17.3 · WHO-Stufenplan
4 In jeder Phase der Erkrankung muss erneut die Möglichkeit einer kausalen Therapie erwogen werden. 4 Eine transdermale oder orale Medikamentenverabreichung ist zu bevorzugen, während eine parenterale Applikation einer besonderen Indikation bedarf. 4 Die Medikamenteneinnahme soll regelmäßig nach einem festen Zeitschema erfolgen. Die Medikamente sollen nicht erst dann eingenommen werden, wenn Schmerzen auftreten, da dann die Gefahr der Entwicklung einer physischen Abhängigkeit erhöht ist. 4 Lang wirksame Retardpräparate sollen verwendet werden, da diese die Compliance des Patienten steigern. Für Schmerzspitzen muss dem Patienten eine kurzwirksame Bedarfsmedikation zur Verfügung stehen. 4 Begleitsymptome und Nebenwirkungen müssen konsequent, teilweise auch prophylaktisch, behandelt werden. 4 Eine regelmäßige Kontrolle der medikamentösen Schmerztherapie ist notwendig, um eine effektive Dosisanpassung auch bei Veränderung der Schmerzsymptomatik zu ermöglichen. 4 Die medikamentöse Schmerztherapie sollte so lange wie möglich oral mit retardierten Präparaten oder transdermal durchgeführt werden. Erst danach sollten invasive Verfahren, d. h. eine subkutane, i. v., epidurale bzw. spinale Medikamentengabe bzw. Nervenblockaden eingesetzt werden. Begleitend finden physikalische und psychotherapeutische Maßnahmen Anwendung (. Tab. 17.1).
17.3
. Tab. 17.1. Möglichkeiten der symptomatischen Tumorschmerztherapie
Therapieform
Maßnahmen
Pharmakotherapie
Nichtinvasiv
Transdermal Rektal Sublingual Invasiv
Subkutan i. v. Peridural Intrathekal
Nervenblockaden
Reversible Unterbrechung mit Lokalanästhesie Invasive neuroablative Verfahren Perkutane intrathekale Neurolyse Perkutane Neurolyse des Ganglion coeliacum Perkutane Neurolyse des Plexus hypogastricus Chordotomie (perkutan/offen) Perkutane Rhizotomie
Neurostimulatorische Verfahren
Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) Rückenmarknahe Stimulation
WHO-Stufenplan
Für ihn wurden Erfolgsraten von bis zu 90% angegeben (. Abb. 17.1) (Hanekop et al. 2000, WHO 1996).
Oral
Physikalische Therapie
Massage
Lymphdränage Psychotherapie
Übende Verfahren
17.3.1 Stufe I: Nichtopioidanalgetika
Verhaltenstherapeutische Maßnahmen zur Krankheitsbewältigung
Zu ihnen gehören die nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) wie Azetylsalizylsäure, Ibuprofen und Diclofenac, Anilinderivate wie Parazetamol und Pyrazolderivate wie Metamizol (. Tab. 17.2). Bei den meisten dieser Medikamente treten ab bestimmten Dosierungen verstärkt Nebenwirkungen ohne Steigerung des analgetischen Effekts auf (Ceilingeffekt).
Musik
4 NSAR bewirken über COX-I- und COX-II-Hemmung eine verminderte Prostaglandinsynthese. Die COX-I-
Entspannungsanleitungen Soziale Betreuung von Patient und Angehörigen
210
Kapitel 17 · Medikamentöse Schmerztherapie
. Abb. 17.1. WHO-Stufenschema zur Schmerztherapie bei chronischen Tumorschmerzen
. Tab. 17.2. Nichtopioidanalgetika
17
Wirkstoff
Handelsname (Beispiel)
Einzeldosis [mg/kg KG]
Wirkdauer [h]
Dosierungsvorschläge [mg/Tag]
Tageshöchstdosis (THD) [mg]
Ibuprofen
Avallone
10
8
3- bis 4-mal 400–600
2400
Diclofenac
Voltaren
1
8
3- bis 4-mal 50
200
Metamizol
Novalgin, Novaminsulfon
10
4
4- bis 6-mal 500–1000
6000
Parazetamol
Mexalen, Ben-u-ron
15
6
4- bis 6-mal 500–1000
6 g (THD: maximal über 72 h)
Celecoxib
Celebrex
1,5–3
12
1- bis 2-mal 100–200
400
Rofecoxib
Vioxx
0,25
24
1- bis 2-mal 12,5–25
25
Parecoxib
Bextra
24
1-mal 10/20
20
Hemmung kann u. U. lebensbedrohliche Nebenwirkungen wie Magenulzera auslösen. Neuere selektive COX-II-Hemmer wie Celecoxib, Rofecoxib oder Parecoxib weisen geringere gastrointestinale Nebenwirkungsraten auf. Rofecoxib wurde allerdings mittlerweile wegen kardiotoxischer Nebenwirkungen vom Markt genommen.
4 Metamizol (Novalgin, Novaminsulfon) wirkt hemmend auf die Prostaglandinsynthese und spasmolytisch. Es wird v. a. bei viszeralen Schmerzen eingesetzt. Verglichen mit anderen Analgetika ist die Nebenwirkungsrate gering. Die gefürchtete Nebenwirkung der Agranulozytose wird mit widersprüchlicher Inzidenz von 1:20.000‒ 1:1,1 Mio. Anwendungen angegeben (Schönhofer 2003).
17
211 17.3 · WHO-Stufenplan
. Tab. 17.3. Opioidumrechnungstabelle
Wirkstoff
Handelsname
Angaben in mg/24 h
Tramadol oral
Tramal, Tramundin
150
300
450
600
Tramadol s. c., i. v.
Tramal, Tramundin
100
200
300
400
500
Morphin oral
Mundidol retard M-dolor Retard, M-beta-Retard, M-long-Retard, MST-Retard, MST-ContinusRetard
30
60
90
120
150
180
210
240
Morphin s. c., i. v.
Vendal
10
20
30
40
50
60
70
80
Oxycodon oral
Oxygesic, Eukodal
Hydromorphon oral
Palladon, Hydal
Fentanyl TTS [μg/h]
Durogesic
Burprenorphin s. l.
Temgesic
0,4
0,8
1,2
1,6
2,0
2,4
2,8
3,2
Buprenorphin s. c., i. v.
Temgesic
0,3
0,6
0,9
1,2
1,5
1,8
2,1
2,4
Buprenorphin TTS [μg/h]
Transtec
35
52,5
70
87,5
105
122,5
140
30 4
60
8
12
25
4 Parazetamol ist ein schwaches Analgetikum ohne antiphlogistische Wirkung, das in der Tumorschmerztherapie als Ausweichpräparat gilt. Es hat eine nur geringe therapeutische Breite. Bei Überschreitung der Tageshöchstdosierung von 100 mg/kg zur Leberzellschädigung (Hankemeier et al. 2000).
17.3.2 Stufe II und III: schwache und starke
Opioide Kann mit den Nichtopioidanalgetika keine akzeptable Schmerzreduktion erzielt werden, ist die zusätzliche Verschreibung eines Opioids (meist reiner Agonist) erforderlich. Eine Kombination von retardierten Opioiden ist nicht ratsam. Zur Stufe II gehören Tramadol [Tageshöchstdosis (THD) 600 mg/Tag) und Dihydrokodein (THD 240 mg/Tag). Aufgrund der Metabolisierung und Elimination sollte bei Leberschädigung Tramadol bevorzugt werden. Dihydrokodein ist bei einer zusätzlich erwünschten antitussiven Wirkung indiziert. Allerdings ist wegen ausgeprägter Obstipation eine prophylaktische Gabe eines La-
16
90 20
50
24
120 28
75
32 100
xans notwendig. Bei unzureichender Wirkung sollte zügig auf ein starkes Opioid der Stufe III umgestellt werden. Hierbei sind die äquianalgetischen Umrechnungsregeln zu beachten (. Tab. 17.3). Aufgrund einer inkompletten Kreuztoleranz wird bei der Opioidrotation eine Dosisreduktion von bis zu 30% empfohlen. Unter Opioidrotation versteht man den periodischen Wechsel von einem Opioid zu einem anderen, z. B. von Hydromorphon auf Fentanyl, um Dosiserhöhungen und auch bestimmte Nebenwirkungen wie Übelkeit zu vermeiden. Auf Stufe III ist Morphin nach wie vor das Standardmedikament. Bei Niereninsuffizienz und älteren Patienten empfehlen sich eine Dosisreduktion oder eine Opioidrotation, da es zu einer Kumulation der Morphinmetaboliten Morphin-3- und Morphin-6-Glukuronid kommen kann. Alternativpräparat wäre in diesem Fall Hydromorphon. Es weist im Vergleich zu Morphin im Trend geringere Nebenwirkungen wie Übelkeit und Erbrechen auf. Weitere Alternativen stellen das transdermale Fentanyl (Agonist) oder das transdermale Buprenorphin (Partialagonist) da. Die Akzeptanz der Patienten erhöht sich durch den nur jeden
212
Kapitel 17 · Medikamentöse Schmerztherapie
. Tab. 17.4. Stufenschema für die Behandlung der Obstipation
Stufe
Medikament
Dosierung
I
Natriumpicosulfat (Guttalax)
10–20 Tropfen 1- bis 2-mal täglich peroral
Laktulose (Laevulac)
3-mal 15– 30 ml (1 Esslöffel) peroral
Macrogol (Movicol)
1- bis 2-mal 1 Beutel/Tag peroral
II+I
Sennosid (Pursennid)
2-mal täglich 1 Teelöffel peroral
III+I
Sorbitol (Mikroklist)
Einläufe, digitale Ausräumung
. Tab. 17.5. Stufenschema der Therapie von Übelkeit und Erbrechen
Stufe
Medikament
Dosierung
I
Metoclopramid (Paspertin, Primperan)
3-mal 10 mg (3-mal 30 Tropfen) 20 min vor Opioideinnahme
Haloperidol (Haldol)
3-mal 0,5 mg (3-mal 5 Tropfen) peroral 20 min vor Opioideinnahme
II+I
Dimenhydrinat (Vertirosan)
3-mal 100–200 mg peroral
III+I
Ondansetron (Zofran)
3-mal 4–8 mg peroral bzw. i. v. oder
Dexamethason (Fortecortin)
4–8 mg i. v.
Midazolam (Dormicum)
i. v., oral, 5–10 mg/Tag
IV+III
17
3. Tag notwendigen Pflasterwechsel und eine Reduktion von Übelkeit bzw. Erbrechen gegenüber Morphin. Bei kachektischen Patienten kann es notwendig sein, dass das transdermale Fentanyl alle 48 h gewechselt werden muss. Die Wirkung der Pflaster tritt durchschnittlich erst nach 12 h ein. Die Abklingzeit nach Entfernung der Pflasters beträgt etwa 16 h. Bei Morphin, Hydromorphon, transdermalem Fentanyl und transdermalem Buprenorphin gibt es
keine THD. Allerdings liegt unserer Erfahrung nach die Grenze beim transdermalen Fentanyl bei 300‒400 μg/h. Die Matrixtechnologie des Buprenorphinpflasters führt auch bei dessen mechanischer Beschädigung zu keiner Überdosierung. Als Bedarfsmedikation für Schmerzspitzen kann u. a. auch bei transdermalem Buprenorphin jedes schnell wirksame Morphin verwendet werden. Für die Therapie von Schmerzspitzen steht seit kurzem auch orales transmukosales Fentanyl zur Verfügung – Behandlungsbeginn mit 400 μg, nach 15 min können bei noch unzureichender Wirksamkeit zusätzlich 200 bzw. 400 μg transmukosal appliziert werden. Die Behandlung eines opioidnaiven Patienten sollte grundsätzlich mit der niedrigsten Pflasterstärke begonnen werden. Entgegen früherer Vorstellungen kann aufgrund der geringen Anzahl von Rezeptoren, die durch Buprenorphin besetzt werden, ohne Unterbrechung der analgetischen Versorgung bei Notwendigkeit auf einen reinen Opiatagonisten (z. B. Morphin) umgestellt werden. Neben der oralen oder transdermalen Opiatanwendung ist bei entzündlichen Schleimhaut- und Hautschäden die lokale Anwendung von 0,1%igem Morphingel eine therapeutisch sinnvolle Option (Krajnik et al. 1999).
17.4
Nebenwirkungen der Opioide
Sowohl die schwachen als auch die starken Opioide können Nebenwirkungen wie Obstipation, Übelkeit und Erbrechen, Sedierung, Verwirrtheit, Atemdepression, Harnverhalt, Juckreiz, Myoklonien und Schwitzen verursachen. Sedierung und Atemdepression sind Zeichen einer Überdosierung. Obstipation ist eine chronische Nebenwirkung, die von Beginn an prophylaktisch behandelt werden sollte (. Tab. 17.4). Übelkeit, Erbrechen und Müdigkeit verschwinden aufgrund einer Toleranzentwicklung in der Regel nach etwa 14 Tagen (. Tab. 17.5). Bei den restlichen Nebenwirkungen kommt es zu keiner Toleranzentwicklung. Neben einer symptomatischen Therapie ist eine Opioidrotation empfehlenswert, wodurch es häufig zum Verschwinden bestimmter Nebenwirkungen kommt (Krajnik et al. 1999, NN 1999, Schönhofer 2003).
213 Literatur
17.5
Koanalgetika
4 Trizyklische Antidepressiva wie Amitriptylin (25‒ 75 mg/Tag) oder Clomipramin (1- bis 2-mal 10‒ 25 mg/Tag) werden v. a. bei neuropathischen, brennenden Dauerschmerzen verwendet. Ihre Wirkung beruht auf einer Verstärkung der Schmerz hemmenden serotonergen und noradrenergen Bahnen. Die wesentlichen Nebenwirkungen sind Mundtrockenheit, Sedierung, Schwindel und Tachykardie. Die analgetische Wirkung der Antidepressiva setzt erst nach 3‒4 Tagen ein. 4 Antikonvulsiva wie Carbamazepin (600‒1200 mg/Tag) und Gabapentin (1200‒2700 mg/Tag) kommen bei blitzartig einschießenden neuropathischen Schmerzattacken zum Einsatz. Sie können Müdigkeit und Schwindel verursachen. 4 Kortikosteroide wie Dexamethason finden bei Nervenund Weichteilkompressionen, Leberkapselspannung, Ödemen, Gehirn- und Knochenmetastasen Anwendung und wirken antiphlogistisch. Gleichzeitig wirkt Dexamethason appetitsteigernd, euphorisierend und antiemetisch. Die Therapie sollte mit einer initialen i. v. Bolusgabe von 40‒100 mg begonnen werden. Danach werden oral 16 bzw. 8 mg Dexamethason verordnet. Zur Appetitsteigerung und Hebung der Stimmung empfiehlt sich eine Dauertherapie mit 4 mg Dexamethason peroral. 4 Bisphosphonate wie Pamidronsäure (60‒90 mg i. v. über 1‒1,5 h alle 4 Wochen), Zoledronat (Zometa 4 mg i. v. alle 4 Wochen) oder Ibandronat (Bondronat 2‒6 mg i. v. alle 4 Wochen; alternativ 50 mg peroral 1-mal 1/ Tag) finden v. a. bei Schmerzen aufgrund von Knochenmetastasen Anwendung (Broer u. Schnürisch 1997, Sittl 2000). 4 Cannabinoide wirken appetitanregend und antiemetisch, führen zu einer Reduktion von Krämpfen bzw. muskulärer Verspannung und Schmerzen sowie Stimmungsaufhellung. Als Nebenwirkungen können Schwindel, Benommenheit, Panikattacken, psychotische Symptome, Tachykardie, und Autostase auftreten. Aufgrund der geringen therapeutischen Breite sollten sie erst als letzte Möglichkeit des Stufenschemas in Betracht gezogen werden.
+ + Zusammenfassung In fortgeschrittenen Tumorstadien leiden 70–90% der Patienten unter behandlungsbedürftigen Schmerzzuständen. Die meisten Schmerzzustände bei Tumorpatienten sind durch Infiltration, Kompression mit konsekutiver Durchblutungsstörung, Ödem, Ulzeration oder Perforation direkt tumorbedingt. 10–25% der Schmerzzustände sind therapiebedingt. Eine erfolgreiche Schmerztherapie setzt eine gründliche Schmerzanamnese und Dokumentation voraus. Die Schmerztherapie sollte individualisiert erfolgen. In jeder Phase der Erkrankung muss erneut die Möglichkeit einer kausalen Therapie erwogen werden. Eine transdermale oder orale Medikamentenverabreichung ist zu bevorzugen, während eine parenterale Applikation einer besonderen Indikation bedarf. Die Medikamenteneinnahme soll regelmäßig nach einem festen Zeitschema erfolgen. Die Medikamente sollen nicht erst dann eingenommen werden, wenn Schmerzen auftreten, da dann die Gefahr der Entwicklung einer physischen Abhängigkeit erhöht ist. Es sollten lang wirksame Retardpräparate verwendet werden, da sie die Compliance des Patienten steigern. Für Schmerzspitzen muss dem Patienten eine kurz wirksame Bedarfsmedikation zur Verfügung stehen. Begleitsymptome und Nebenwirkungen wie Erbrechen, Übelkeit und Obstipation müssen konsequent, teilweise auch prophylaktisch, behandelt werden.
Literatur Broer H, Schnürisch HG (1997) Beitrag der Anästhesiologie zur onkologischen Schmerztherapie. Gynäkologe 30: 864–874 Deutsche Krebshilfe (Hrsg) (2001) Konsensus Statement, Tumorschmerz, Interdisziplinäres Management. Deutsche Krebshilfe, Bonn Hanekop GG, Ensink FBM, Bautz MT et al. (2000) Schmerztherapie in der Palliativmedizin. Internist 41: 633–640 Hankemeier UB, Schüle-Hein K, Krizanitz F (2000) Tumorschmerztherapie. Springer, Berlin Heidelberg New York Heidemann E (1999) Tumorpatienten in Deutschland: Was wissen wir über Schmerzprävalenzen? Schmerz 13: 249–252 Krajnik M, Zylicz Z, Finaly I, Luczak J, van Sorge AA (1999) Potential uses of topical opioids in palliative care – report of 6 cases. Pain 80: 121–125
17
214
Kapitel 17 · Medikamentöse Schmerztherapie
NN (1999) Leitlinien zur Tumorschmerztherapie. Tumordiagnostik Ther 20: 105–128 Pipam W, Likar R, Klocker J et al. (2002) Ergebnisse einer Umfrage zu Schmerzen und Lebensqualität bei Tumorpatienten. Schmerz 16: 481–489 Schönhofer P (2003) Dipyrone and agranulocytosis: what is the risk? Lancet 361: 968 Sittl R (2000) Schmerztherapie beim metastasierten Mammakarzinom. In: Untch M, Konencny G, Sittek H et al. (Hrsg) Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms – State of the Art. Zuckschwerdt, München WHO (1996) Cancer pain relief, with a guide to opioid availability, 2nd edn. World Health Organization, Geneva
17
18 18
Psychische Probleme und Interventionen bei Krebspatientinnen Elfriede Greimel und Eva Mautner
18.1
Häufigkeit von psychischen Problemen – 216
18.1.1
Risikofaktoren für die Entwicklung psychischer Störungen – 216
18.2
Aufklärung und Informationsvermittlung – 216
18.2.1
Schwierigkeiten in der Kommunikation zwischen Arzt und Patient
18.3
Phasen der Krankheitsverarbeitung und Interventionen – 217
18.3.1 18.3.2 18.3.3
Krisenintervention – 217 Sterbebegleitung – 218 Beratung von Angehörigen
– 218
Zusammenfassung – 219 Literatur – 219
– 217
216
18
Kapitel 18 · Psychische Probleme und Interventionen bei Krebspatientinnen
18.1
Häufigkeit von psychischen Problemen
Etwa 30‒50% der Patientinnen und Patienten entwickeln im Lauf einer Krebserkrankung psychische Symptome. Bei fast 4500 neu diagnostizierten Karzinompatientinnen wiesen 35% erhöhte psychische Stressreaktionen auf (Zabora et al. 2001). Bei Frauen mit gynäkologischen Malignomen liegt der Prozentsatz um 30%. . Tab. 18.1 gibt einen Überblick über die Prävalenz psychischer Symptome in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium. Krebspatientinnen weisen meist kein »klassisches« psychisches Störungsbild auf, sondern leiden neben körperlichen Beschwerden auch an psychischen Begleitsymptomen, die meist vorübergehend sind. Erst bei länger andauernden emotionalen oder kognitiven Beeinträchtigungen können sich psychische Störungen entwickeln, die nach den Kriterien der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD 10) diagnostiziert werden können.
18.1.1 Risikofaktoren für die Entwicklung
psychischer Störungen
. Tab. 18.1. Prävalenz psychischer Symptome in Abhängigkeit vom Krankheitsstadium
Behandlungsphase
Palliativ [%]
25–50
77
Final [%]
Emotionale Beeinträchtigungen Depressive Episode Major Depression Angststörungen
3 1–44
9
9–33
Generalisierte Angststörung
1
Anpassungsstörungen
8
Kognitive Beeinträchtigungen Neuropsychologische Symptome
20–44
Demenz
11
Amnesie
3
Suizidalität
Etwa 5‒10% aller onkologischen Patientinnen gehören einer psychosozialen Risikogruppe an und benötigen neben der medizinischen Versorgung eine professionelle psychologische Behandlung. Die Behandlungsbedürftigkeit ist für Ärztinnen und Ärzte nicht immer leicht erkennbar, da Patientinnen ihre psychische Symptomatik und ihren Leidensdruck selten offenbaren. Eine Früherkennung wäre aber wünschenswert, um komplizierte Krankheitsverarbeitungsverläufe zu verhindern. Folgende Risikofaktoren begünstigen die Entwicklung einer psychischen Symptomatik (Pouget-Schors u. Degner 2002) 4 Fortgeschrittene Tumorerkrankung mit ungünstiger Prognose 4 Schwere Beeinträchtigung von Körper- und Selbstbild bzw. der kommunikativen Funktionen durch Tumorerkrankung bzw. medizinisch-therapeutische Maßnahmen (z. B. Mammaamputation) 4 Anhaltende, somatisch nicht erklärbare Symptome: Schmerzsyndrome, Stimmungsschwankungen, innere Unruhe, Müdigkeit, Schlafstörungen und andere psychovegetative Begleitreaktionen 4 Psychosoziale Faktoren: mangelnder Rückhalt in Familie und beruflichem/sozialem Umfeld, anhaltende Konflikte in Partnerschaft und/oder Familie sowie
Kurativ [%]
0,2
61
0,027
In Anlehnung an Schwarz u. Krauß (2000).
Probleme aufgrund erkrankter naher Bezugspersonen 4 Tendenz zur Selbstgefährdung: latente bzw. manifeste Suizidalität (auch in der Familienanamnese) 4 Fehlende Ressourcen im Umgang mit Belastungen durch psychische Vorerkrankungen 4 Persönlichkeitsstörungen Die Behandlungsbedürftigkeit leitet sich aus der Schwere der psychischen Symptomatik, der Dauer des Bestehens, dem Grad der Beeinträchtigung in der Funktionsfähigkeit im Alltag und dem Leidensdruck der Patientin ab.
18.2
Aufklärung und Informationsvermittlung
Ärztliche Aufklärung über Erkrankung und Behandlung ist ein schrittweiser Prozess und erfordert ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen. Grundsätzlich sollte die Aufklärung dem »Prinzip Hoffnung« folgen und die Abwehr- und Verarbeitungsmöglichkeiten der Patientin berücksichtigen.
217 18.3 · Phasen der Krankheitsverarbeitung und Interventionen
Wenn deutlich wird, dass die Patientin nicht mehr aufnahmefähig ist, sollte das Aufklärungsgespräch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden. Die Art und Weise der Informationsvermittlung sind für die Krankheitsverarbeitung entscheidend. Aufklärung sollte niemals ausschließlich sach- oder befundbezogen erfolgen. Die Gefühle der Patientin sollen beachtet und ein Mindestmaß an emotionaler Unterstützung vermittelt werden, was die Verarbeitung medizinischer Informationen erleichtert.
Voraussetzungen für eine effektive Gesprächsführung bzw. Aufklärung 5 Schaffung von räumlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen 5 Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung 5 Einbeziehen von Bezugspersonen nur auf Wunsch der Patientin 5 Erfragen von Vorinformationen 5 Berücksichtigen des bisherigen Wissensstands und Informationsbedürfnisses 5 Vermittlung der medizinischen Information in verständlicher Sprache 5 Eingehen auf Fragen; Rückfragen, ob die Information verstanden wurde 5 Wahrnehmen des Gefühlszustands und Erkennen der psychischen Belastbarkeit 5 Anbieten von psychologischer Betreuung (je nach Situation und Bedarf )
. Tab. 18.2. Unterschiedliche Situation für Arzt/Ärztin und Patientin beim Aufklärungsgespräch
Arzt
Patientin
Lebenssicht
Arbeitssituation
Existenzielle Bedrohung
Wissen
Expertenwissen
Laienwissen
Rolle
Aktiv
Passiv
Gefühle
Kontrolliert
Gefühlsverwirrung
Weltsicht
Im Leben stehend
Aus dem Leben gerissen
In Anlehnung an Klusmann (2000).
18.3
Phasen der Krankheitsverarbeitung und Interventionen
In zahlreichen Studien konnte nachgewiesen werden, dass psychologisch-psychotherapeutische Interventionen die emotionale Stressbelastung von Krebspatientinnen reduzieren und ihre Lebensqualität verbessern können. Das Behandlungsspektrum ist vielfältig und reicht von akuter Krisenintervention, psychologischer Einzelberatung, klinisch-psychologischer und psychotherapeutischer Behandlung, Rehabilitationsberatung bis hin zur Angehörigenberatung und Sterbebegleitung. . Tab. 18.3 zeigt unterschiedliche Interventionsmöglichkeiten in Abhängigkeit von den Krankheitsphasen.
18.3.1 Krisenintervention 18.2.1 Schwierigkeiten in der Kommunikation
zwischen Arzt und Patient Beim Aufklärungsgespräch befinden sich der Arzt/die Ärztin und die Patientin in einer nahezu konträren Situation. Der Arzt/die Ärztin ist in der professionellen Rolle und erledigt Routinearbeit. In strukturierter Form werden diagnose- und therapierelevante Inhalte vermittelt und Informationen über Untersuchungsergebnisse, Wirkung und Nebenwirkungen von Behandlungen weitergegeben. Die Patientin ist aus dem Alltagsleben herausgerissen und befindet sich in einer Ausnahmesituation. Sie ist mit emotionalen Themen und Ängsten in Zusammenhang mit Überleben und Heilungschancen beschäftigt. In . Tab. 18.2. sind diese konträren Lebensrealitäten dargestellt.
Krisensituationen treten vorwiegend nach Diagnosemitteilung oder Mitteilung eines Rezidivs auf. Eine Krisenintervention umfasst: 4 Gesprächs- und Beziehungsangebot herstellen 5 Offenes, einfühlsames Zuhören 5 Therapeutische Beziehung herstellen 5 Vermittlung von Hoffnung 5 Evtl. Kontaktaufnahme mit Vertrauensperson 5 Bagatellisierung und Dramatisierung vermeiden 4 Krisenmanagement in der Akutsituation 5 Aktuellen Krisenanlass klären: Auslöser eruieren 5 Aktuellen Handlungsdruck abschätzen z. B. bei Gefahr der Selbstgefährdung 5 Betreuungsangebote klären (ambulante/stationäre Behandlung) 5 Aufgestaute Emotionen zulassen
18
218
18
Kapitel 18 · Psychische Probleme und Interventionen bei Krebspatientinnen
. Tab. 18.3. Psychologisch-psychotherapeutische Interventionen in den unterschiedlichen Krankheitsphasen der Tumorerkrankung
Zeitpunkt
Interventionen
Diagnostische Phase
Krisenintervention Emotional entlastende Gespräche
Behandlungsphase
Therapie begleitende psychologische Einzelberatung Evtl. Gruppentherapie Entspannungsverfahren
Rehabilitationsphase
Rehabilitationsberatung zur Wiedereingliederung in den Alltag Förderung der Anpassung an veränderte Lebensumstände
Hinweise zur Kommunikation mit Sterbenden 5 Herstellen einer vertrauensvollen Beziehung 5 Vorsichtiger Umgang mit Abwehrmechanismen, Durchbrechen dieser nur, wenn sie für Sterbenden einen Vorteil bringen würden 5 Eingehen auf Bedürfnisse der Patientin: z. B. Ängste ansprechen 5 Einbeziehen der Familie des Erkrankten 5 Ansatzpunkte für Hoffnung vermitteln wie z. B. Hoffnung auf Schmerzlinderung, gute Pflege, psychische Unterstützung 5 Hilfestellung bei Regelung letzter organisatorischer Dinge und ggf. die Erfüllung des letzten Willens (z. B. Testament, Begräbnis) 5 Akzeptieren ungerechtfertigt erscheinender »Gefühle« oder aggressiver Äußerungen
Sexualberatung Tumorprogression und terminale Phase
Krisenintervention Bearbeitung von existenziellen Themen Angehörigenberatung Sterbebegleitung
In Anlehnung an Tschuschke (2003).
4 Krisenmanagement nach der Akutsituation 5 Klärung der weiteren Therapie 5 Gewohnte Lösungsstrategien aktivieren: Alltagsaktivitäten wieder aufnehmen, Kontakt mit Freunden 5 Evtl. nach neuen Lösungsmöglichkeiten suchen 5 Angebot der therapeutischen Begleitung
18.3.3 Beratung von Angehörigen
Angehörige sind durch die Krankheit selbst mitbetroffen und durchlaufen ähnlich wie Krebspatienten verschiedene Verarbeitungsphasen. Die Krebsdiagnose kann zum funktionalen Zusammenbruch der Familie führen, v. a. wenn die Patientin ihre Familien- und Haushaltspflichten nicht mehr erfüllen kann. Bezugspersonen sollten daher möglichst früh in die Aufklärung und Therapieplanung miteinbezogen werden, sofern dies dem Wunsch der Patientin entspricht. Angehörige sind in ihrem Verhalten gegenüber der erkrankten Person oft verunsichert. Professionelle Hilfe und individuelle Beratungen können helfen, den Umgang mit der erkrankten Person zu erleichtern.
Eckpunkte der Kommunikation mit Angehörigen von Tumorpatienten 18.3.2 Sterbebegleitung
Tod und Sterben gehören heute nicht mehr zu den selbstverständlichen Lebenserfahrungen des Menschen. Das Sterben spiegelt die Einstellung einer Gesellschaft zum Tod wider. Mit der Verlagerung des Sterbens aus der Familie ins Krankenhaus werden professionelle Betreuer zu wichtigen Bezugspersonen.
5 Exploration der Angehörigen: Familienstruktur, soziale Rollen, Bedeutung von Krebs für Familie, bisherige Erfahrungen mit Krisen 5 Emotionale Unterstützung der Angehörigen 5 Informative Unterstützung über Reaktionen im Krankheitsverlauf 6
219 Literatur
Literatur 5 Förderung der offenen Kommunikation innerhalb der Familie 5 Anleitung zum Verständnis und zum Umgang mit den Gefühlen des Krebskranken 5 Gemeinsame Gespräche mit Patient und Angehörigen
+ + Zusammenfassung Etwa 30–50% der Patientinnen und Patienten entwickeln im Lauf einer Krebserkrankung psychische Symptome. Erst bei länger andauernden emotionalen oder kognitiven Beeinträchtigungen können sich psychische Störungen entwickeln, die nach den Kriterien der internationalen Klassifikation psychischer Störungen diagnostiziert werden können. Etwa 5–10% aller onkologischen PatientInnen gehören einer psychosozialen Risikogruppe an und benötigen neben der medizinischen Versorgung eine professionelle psychologische Behandlung. Die Früherkennung der Behandlungsbedürftigkeit wäre wünschenswert, um komplizierte Krankheitsverarbeitungsverläufe zu verhindern. Ärztliche Aufklärung über Erkrankung und Behandlung ist ein schrittweiser Prozess. Grundsätzlich sollte die Aufklärung dem »Prinzip Hoffnung« folgen und die Abwehrund Verarbeitungsmöglichkeiten der Patientin berücksichtigen. Wenn deutlich wird, dass die Patientin nicht mehr aufnahmefähig ist, sollte das Aufklärungsgespräch zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgenommen werden. Krisensituationen treten vorwiegend nach Diagnosemitteilung oder Mitteilung eines Rezidivs auf. Eine Krisenintervention umfasst Gesprächsund Beziehungsangebot herstellen, Krisenmanagment in und Krisenmanagement nach der Akutsituation. Angehörige sind durch die Krankheit selbst mitbetroffen und durchlaufen ähnlich wie Krebspatienten verschiedene Verarbeitungsphasen. Die Krebsdiagnose kann zum funktionalen Zusammenbruch der Familie führen, v. a., wenn die Patientin ihre Familien- und Haushaltspflichten nicht mehr erfüllen kann. Bezugspersonen sollten daher möglichst früh in die Aufklärung und Therapieplanung miteinbezogen werden, sofern dies dem Wunsch der Patientin entspricht.
Klusmann D (2000) Das ärztliche Aufklärungsgespräch. In: Verres R, Klusmann D (Hrsg) Strahlentherapie im Erleben der Patienten. Johann Ambrosius Barth, Heidelberg Leipzig Pouget-Schors D, Degener H (2000) Erkennen des psychosozialen Behandlungsbedarfs bei Tumorpatienten. Manual Psychoonkologie. Tumorzentrum, München/Zuckerschwerdt, München Schwarz R, Krauß O (2000) Palliativmedizin – psychologische Therapie. Internist 41: 612–618 Tschuschke V (2003) Psychologisch-psychotherapeutische Interventionen bei onkologischen Erkrankungen. Psychotherapeut 48: 100–108 Zabora J, Brintzenhofeszoc K, Curbow B, Hooker C, Piantadosi S (2001) The prevalence of psychological distress by cancer site. PsychoOncology 10: 19–28
18
19 19
Burn-out-Syndrom in der Arbeit mit Krebsbetroffenen Johann G. Klocker
19.1
Symptome – 222
19.2
Ursachen – 222
19.2.1 19.2.2 19.2.3 19.2.4 19.2.5
Arbeitsüberlastung – 222 Mangel an Kontrolle der eigenen Arbeitsleistung – 222 Unzureichende Belohnung – 222 Zusammenbruch der Gemeinschaft/Teamarbeit – 223 Fehlen von Fairness und widersprüchliche Wertvorstellungen – 223
19.3
Mögliche Maßnahmen zur Überwindung des Burn-out-Syndroms (Fengler 1991) – 223
19.4
Präventivmaßnahmen
– 224
Zusammenfassung – 224 Literatur – 224
222
19
Kapitel 19 · Burn-out-Syndrom in der Arbeit mit Krebsbetroffenen
Burn-out, das Ausgebranntsein, nimmt unter den Arbeitskräften in der westlichen Welt ein erschreckendes Ausmaß ein. Ausbrennen bedeutet »sich entleeren« und die »eigenen körperlichen und seelischen Reserven zu erschöpfen«, des Weiteren, »sich selbst bei dem Versuch zu zerstören, unter Aufbringen aller Kräfte unrealistische Erwartungen zu erfüllen, die selbst gesetzt oder vom Wertesystem der Gesellschaft aufgezwungen sind« (Freudenberger 1980). Überall dort, wo Menschen bei ihrer Arbeit mit anderen Menschen in Kontakt kommen, v. a. in helfenden Berufen, können aufgrund einer zunehmenden psychosozialen Belastung emotionale, geistige und körperliche Ermüdung auftreten. Die Tatsache, dass unter dem Burn-outSyndrom nicht nur die betroffenen Helfer, sondern auch anvertrauten Patienten leiden, gibt ihm eine besondere gesellschaftliche Relevanz.
19.1
Symptome
Das Burn-out-Syndrom ist nach Maslach (2001) gekennzeichnet durch 4 Emotionale Erschöpfung 4 Entpersonalisierung 4 Verringertes Leistungsvermögen Entpersonalisierung bedeutet das Gefühl, »manche Pati-
enten als Objekte zu behandeln«, »durch die Arbeit Menschen gegenüber abgestumpfter und weniger mitfühlend geworden zu sein« oder »das Gefühl zu verspüren, dass einem Patienten bzw. deren Angehörige für manche Probleme die Schuld geben«. Diese Umstände führen zu gereizten, misstrauischen und rigiden Mitarbeitern. Als diagnostisches Instrument dient der MBI («Maslach burn-out inventory«). Dabei werden u. a. Faktoren wie das Gefühl des Verbrauchtseins am Ende eines Arbeitstags, Müdigkeitsgefühl bereits am Morgen, Frustrationsgefühl bei der Arbeit und Stressgefühl beim direkten Kontakt mit Menschen berücksichtigt. Freudenberger (1980) hat in seinem Burn-out-Zyklus 12 Entwicklungsstadien beschrieben. Beginnend mit dem »Zwang, sich zu beweisen«, setzt sich das Kontinuum mit »verstärktem Einsatz« und der »subtilen Vernachlässigung eigener Bedürfnisse« fort. Als weitere Kennzeichen werden das »Verdrängen von Konflikten«, das »Umdeuten von Werten« und das »verstärkte Verleugnen der aufgetretenen Probleme« gesehen. »Rückzug«, »Verhaltensänderungen« und »Depersonalisierung« leiten zu »innerer
Leere«, »Depression« und »völliger Burn-out-Erschöpfung« über.
19.2
Ursachen
Sie sind nach Maslach (2001):
19.2.1 Arbeitsüberlastung
Sie kommt durch das vermehrte Arbeitsvolumen durch zunehmende therapeutische Möglichkeiten und gesteigerte Erwartungen im Hinblick auf eine ganzheitliche biopsychosoziale Betreuung zustande. Letzterer wird häufig aufgrund von Einsparungen im Gesundheitsbereich nicht durch Bereitstellung adäquater personeller Ressourcen Rechnung getragen. Tätigkeiten wie ein vermehrtes Eingehen auf Bedürfnisse und Wünsche der Patienten und Angehörigen, im Speziellen Kommunikation und Interaktion, werden nicht immer entsprechend gewürdigt und teilweise von vorgesetzten Stellen lediglich als unbedeutende »Fleißaufgabe« gesehen.
19.2.2 Mangel an Kontrolle der eigenen
Arbeitsleistung Insbesondere im stationären onkologischen Behandlungsbereich fehlt dem Helfer oft die Information und somit die Kontrolle über sein Arbeitsergebnis, da Patienten, wenn überhaupt, im ambulanten Bereich nachgesorgt werden. Auf Krankenstationen kommen selektiv Patienten mit schlechten Behandlungsverläufen bzw. Rezidiven zur Aufnahme, sodass das Ergebnis ihrer Arbeit von den Beschäftigten häufig als negativ eingeschätzt wird.
19.2.3 Unzureichende Belohnung
Schlechte Arbeitsbedingungen wie z. B. eine 15%ige Einsparung von Personal führen zum Abgang wertvoller Arbeitskräfte. Dadurch kommt es zum Verlust jahrelang erarbeiteter und verfügbarer Kenntnisse. Die Stimmung unter dem verbleibenden Personal und die Akzeptanz des Krankenhauses verschlechtern sich zusehends. Obwohl das Krankenhaus kurzfristig Geld einspart, ist das Endergebnis durch den Abgang guter Arbeitskräfte schlechter.
223 19.3 ·Mögliche Maßnahmen zur Überwindung des Burn-out-Syndroms (Fengler 1991)
Für die onkologisch Tätigen geht es weniger um die rein finanzielle Entlohnung, sondern um ein notwendiges Maß an Anerkennung und Wertschätzung der geleisteten Ar-
beit durch Mitarbeiter und Vorgesetzte.
19.2.4 Zusammenbruch der Gemeinschaft/
Teamarbeit Im Umgang mit Schwerkranken ist die Teamarbeit Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Handeln. Wenn durch Ressourcenkürzungen Teamarbeit aufgrund fehlender Besprechungen, Kaffeepausen und dergleichen mehr nicht mehr möglich ist, leiden die Koordination und mit ihr auch das sorgfältige und kompetente Handeln. Die Arbeit wird konfus, kaum steuerbar und ist von einer hohen Fehleranfälligkeit begleitet.
schlechteren Patientenbetreuung hin, Einsparungen durchzusetzen verstehen. Frustration kann aus der Widersprüchlichkeit entstehen, einerseits für Patienten das Beste machen zu wollen und andererseits über nicht ausreichend Ressourcen zu verfügen. Faktum ist, dass die teuerste Institution jene ist, in der die Anzahl der ausgebrannten Mitarbeiter z. B. durch Krankenstände am höchsten ist. »Burn-out« ist kein individuelles Problem, sondern ein Missverhältnis zwischen der arbeitenden Person und ihrem Arbeitsumfeld.
19.3
Mögliche Maßnahmen zur Überwindung des Burn-out-Syndroms (Fengler 1991)
4 Identifizierung und Beeinflussung von Stressquellen in der Person und ihrem Arbeitsumfeld 4 Frühzeitige Wahrnehmung der eigenen Belastungsreaktion
19.2.5 Fehlen von Fairness und
widersprüchliche Wertvorstellungen
4 Entwicklung eigener Bewältigungsstrategien 4 Präventive Beseitigung kumulativer Belastungsbedingungen
4 Soziale Unterstützung am Arbeitsplatz (7 Absch. 19.1) Aufgrund eines ökonomischen Drucks werden oft innovativ und engagiert handelnde Mitarbeiter von vorgesetzter Stelle weniger wertgeschätzt als jene, die, auch auf die Gefahr einer . Abb. 19.1. Doppelter Ansatz zum Problemlösungsprozess bei Burn-out-Syndrom, nach Maslach (2001)
19
224
Kapitel 19 · Burn-out-Syndrom in der Arbeit mit Krebsbetroffenen
19.4
19
Präventivmaßnahmen
Dies sind v. a. soziale Unterstützung am Arbeitsplatz, Verbesserung der Arbeitsbedingungen, »On-Job-Training«, Selbsterfahrung und Körpertraining. Hingegen gelten »Arbeitsstellenwechsel, Lohnerhöhung und »Strategien, es mit Humor zu nehmen« und Ähnliches als wenig erfolgreiche Interventionen (Kleiber 1986).
+ + Zusammenfassung Ausbrennen bedeutet »sich entleeren« und die »eigenen körperlichen und seelischen Reserven zu erschöpfen«. Des Weiteren, »sich selbst bei dem Versuch zu zerstören, unter Aufbringen aller Kräfte unrealistische Erwartungen zu erfüllen, die selbst gesetzt oder vom Wertesystem der Gesellschaft aufgezwungen sind. Das Burn-out-Syndrom ist nach Maslach (2001) gekennzeichnet durch emotionale Erschöpfung, Entpersonalisierung und verringertes Leistungsvermögen. Mögliche Maßnahmen zur Überwindung des Burnout-Syndroms sind die Identifizierung und Beeinflussung von Stressquellen in der Person und ihrem Arbeitsumfeld, frühzeitige Wahrnehmung der eigenen Belastungsreaktion, Entwicklung eigener Bewältigungsstrategien, präventive Beseitigung kumulativer Belastungsbedingungen und soziale Unterstützung am Arbeitsplatz.
Literatur Fengler J (1991) Helfen macht müde. Zur Analyse und Bewältigung von Burnout und berufliche Deformation. Klett-Cotta, Stuttgart Freudenberger H (1980) Ausgebrannt. Kindler, München Gusy B (1995) Stressoren in der Arbeit, soziale Unterstützung und Burnout – eine Kausalanalyse. Profil, München Kleiber D (1986) Helfer-Leiden. In: Feuser G, Jantzen W (Hrsg) Jahrbuch für Psychopathologie und Psychotherapie, Bd 6. Pahl Rugenstein, Köln Maslach C (2001) Die Wahrheit über Burnout. Springer, Berlin Heidelberg New York
20 20
Sexualität nach der Therapie gynäkologischer Malignome Anton Bergant und Christian Marth
20.1
Sprache der Sexualität – 226
20.2
Klassifikation und Epidemiologie von Sexualstörungen – 226
20.3
Sexualmedizinische Befunde bei Patientinnen mit gynäkologischen Malignomen – 226
20.4
Rückkehr in den Alltag – 227
20.5
Störende Faktoren der Sexualität nach Krebs – 227
20.6
Sexuelles Erleben nach chirurgischen Eingriffen infolge Krebs – 228
20.7
Hilfsmittel zur Unterstützung der sexuellen Reaktionsfähigkeit – 228 Zusammenfassung – 228 Literatur – 228
226
20
Kapitel 20 · Sexualität nach der Therapie gynäkologischer Malignome
Sexualität ist eine im Biologischen verankerte, aber nicht notwendig manifest werdende Form des Erlebens (zitiert nach Buddeberg 2004). Nachdem sich die Wissenschaft lange Zeit vorwiegend auf biologische Faktoren der Krebserkrankung konzentriert hat, gewinnen die Lebensqualität und damit auch die Sexualität für die Forschung zunehmend an Bedeutung. In der Phase der Diagnostik und Therapie spielt Sexualität aufgrund der möglichen vitalen Bedrohung in der Regel eine untergeordnete Bedeutung. Sowohl die Krankheit als auch die Therapie hinterlassen körperliche Veränderungen – vorübergehende oder dauerhafte –, welche seelische Spuren hinterlassen. Nach Wiedererlangung der psychophysischen Integrität wird der Themenbereich Sexualität unter geänderten Voraussetzungen aktuell. Studien zeigen, dass altersabhängig bis zu 80% der PatientenInnen nach Krebserkrankung mehr Information bezüglich Sexualität wünschen.
20.1
Sprache der Sexualität
Das Sexualleben von Menschen ist unabhängig von einer Erkrankung verschieden, sodass es keine sexuellen Normen gibt. Die individuellen Ansprüche, welche mit dem Partner oft non verbal »accordiert« werden, entscheiden über die diesbezügliche persönliche Zufriedenheit. Auftretende Aufklärungswünsche und Besprechung von Ängsten unterscheiden sich thematisch, ob die Patientin aktuell ohne oder in einer Partnerschaft lebt bzw. ob die bestehende Partnerschaft entsprechend befriedigend, Halt gebend und belastungsfähig ist. Falls keine aktuelle Partnerschaft besteht, können Ängste für die Partnerfindung bestehen. Bei jungen Frauen bestimmen oft Themen um die Familienplanung das Gespräch. Möglicherweise tauchen Ängste auf, wie dem neuen Partner die Krebserkrankung und die daraus resultierenden körperlichen Veränderungen mitgeteilt werden können. Für unbefriedigende konfliktbelastete Paarbeziehungen ist die Krebserkrankung einer Partnerin nicht selten eine Überforderung mit Gefährdung für den Weiterbestand der Partnerschaft. Günstig erlebte Partnerschaften können in ihrer Paarbeziehungsqualität durch die gemeinsame Erfahrung der Erkrankung gewinnen. Mehr als 75% der Patientinnen sprechen den Arzt/die Ärztin nicht auf sexuelle Probleme hin an. Über Sexualität zu kommunizieren, hängt von der inneren Bereitschaft der Gesprächspartner, darüber zu sprechen, ab.
Bestehen ärztlicherseits genügend Zeit bzw. ausreichende Kenntnisse darüber, um sich auf das Gesprächsoffert der Patientin einzulassen? Erfahrungsgemäß sollten solche Gespräche günstigerweise gemeinsam mit Arzt und dem Partner stattfinden, weil einerseits auch dieser häufig verunsichert ist und andererseits unklare Gesprächsinhalte durch den anderen Partner objektiviert werden können. Trotz zunehmender Veröffentlichung der »Sexualität« gelingt es oft nur schwer, über die eigene Intimität zu sprechen. In der deutschen Sprache besteht kaum ein wertfreies Vokabular für die Sexualität. Neben Vulgärausdrücken gibt es noch die lateinische Fachsprache, die der Allgemeinheit nicht bekannt ist, wodurch die verbale Kommunikation beeinträchtigt ist (Buddeberg 2004).
20.2
Klassifikation und Epidemiologie von Sexualstörungen
Als sexuelle Funktionsstörungen werden alle Beeinträchtigungen der Sexualität bezeichnet, die gekennzeichnet sind durch 4 Eine Störung des sexuellen Verlangens oder der Befriedigung (Libidomangel, sexuelle Aversion) 4 Einen Ausfall der für den Geschlechtsakt physiologischen Reaktion (Erregungsstörung) 4 Eine Unfähigkeit, den Orgasmus zu steuern oder zu erleben 4 Schmerzen bei der sexuellen Interaktion (Dyspareunie) Die Störung tritt primär (lebenslang) oder sekundär (erworben) zur Aufnahme der sexuellen Aktivität auf, manifestiert sich situativ (z. B. partnerbezogen) oder generalisiert. Die Prävalenz sexueller Funktionsstörungen bei Frauen schwankt je nach Störungsbereich zwischen 25 und 63%. Am ausgeprägtesten sind bei Frauen die Libidostörung (41%), gefolgt von Orgasmusstörungen (19%), Dyspareunie (12%), Vaginismus (10%), sexueller Aversion (8%) und Erregungsstörungen (1%) (zitiert nach Bitzer u. Alder 2003).
20.3
Sexualmedizinische Befunde bei Patientinnen mit gynäkologischen Malignomen
Wenn auch häufig ältere Publikationen zitiert werden, beschrieben Andersen u. Van der Does (1994) in einer Über-
227 20.5 · Störende Faktoren der Sexualität nach Krebs
sichtsarbeit und Bergmark et al. (1999) eine deutliche Reduktion der sexuellen Aktivität von Patientinnen mit gynäkologischen Malignomen (Zervixkarzinom, Endometriumkarzinom, Ovarialkarzinom) im Vergleich zu gesunden Kontrollgruppen bzw. im Vergleich zur sexuellen Aktivität vor der Erkrankung. Die am häufigsten beschriebenen sexuellen Störungen (Libidostörung, Orgasmusstörung, Dyspareunie) gleichen jenen von Gesunden, jedoch auf einem quantitativ deutlich höheren Niveau. Generell geben etwa 50% der Patientinnen nach gynäkologischen Malignomen sexuelle Störungen an (Andersen et al 1997). Thranov u. Klee (1994) betonten einerseits das reduzierte sexuelle Verlangen bei den Patientinnen (74%) und deren Partner (42%) und andererseits die Altersabhängigkeit der sexuellen Aktivität nach gynäkologischen Malignomen (sexuell aktiv waren Patientinnen unter 55 Jahren in 79% und Patientinnen über 55 Jahren in 37%). Interessant ist außerdem die Feststellung, dass die sexuelle Aktivität unabhängig vom Krankheitsstadium ist. Die chirurgische Therapie bei Brustkrebs betrifft in erster Linie das Körperbild und damit verbunden das Gefühl der sexuellen Attraktivität. Patientinnen profitieren diesbezüglich erheblich von der Brust erhaltenden Therapie im Vergleich zur Mastektomie mit bzw. ohne Rekonstruktion (Rowland et al. 2000). Das Sexualverhalten 1‒5 Jahre nach der Diagnosestellung und Therapie eines Mammakarzinoms bei 45- bis 64-jährigen Frauen entspricht dem einer Kontrollgruppe. Sexuelle Störungen sind tendenziell höher bei jüngeren Patientinnen, nach Polychemotherapie und ovarialem Funktionsverlust (Ganz et al 1998).
20.4
Rückkehr in den Alltag
In dem Zeitraum der Diagnostik, chirurgischen Therapie, evtl. Strahlentherapie oder adjuvanten Chemotherapie befinden sich die Patientinnen – trotz der erheblichen damit verbundenen Belastungen – innerhalb eines medizinisch strukturierten Settings, das in der Regel ein körperlich und psychisch unterstützendes Netz bietet. Nach Wegfall dieses engen Betreuungsnetzes und mit dem Start der 3-monatigen Nachsorge sehnen sich viele Patientinnen nach dem Zustand »dass es wie vor der Erkrankung sei, als ob nichts geschehen wäre«. Auch wenn dies verständlich klingt, ist in der Realität ungeheuer viel passiert. Die körperlichen und seelischen Erfahrungen infolge der Erkrankung hinterlassen Spuren an der inneren und äußeren Lebensrealität, ob man es wahrhaben will oder nicht. Befriedigende Halt ge-
bende Partnerschaften, in denen eine gute kommunikative Basis besteht, sind die beste Grundlage für die entsprechende Auseinandersetzung über die Erkrankung und damit zur emotionalen Bewältigung (Coping). Davon profitieren in der Regel beide Partner, insbesondere unter dem Aspekt, weil auch die Partner der Patientinnen oft stark verunsichert sind. Nicht selten sind insbesondere ältere Partner aber in dieser Funktion als Promotor der seelischen Verarbeitung überfordert. Professionelle Hilfe in Form von psychoonkologisch orientierten Gesprächen, welche in den meisten Zentren heute angeboten wird, kann hier hilfreich sein. Auch in diesen Fällen ist der Einbezug des Partners für die Beziehung und in der Folge auch für die Sexualität vorteilhaft. Eine partnerschaftliche psychische Bewältigung der Krebserkrankung kann die Chance für eine Auseinandersetzung – im positiven Sinne – mit einer emotionalen Intensität bieten, welche sonst nach langjährigen Beziehungen oft nur schwer erlebbar wäre. Dies kann neu empfundene, tiefe Vertrautheit, partnerschaftliche Sicherheit und Intimität spürbar werden lassen.
20.5
Störende Faktoren der Sexualität nach Krebs
Der entscheidende »Störfaktor« befindet sich meist im Kopf der Patientin, allenfalls auch im Kopf des Partners (Norwegischer Krebsverein 1999). Mangelhaftes Wissen rund um die Erkrankung, mangelhafte Offenheit emotional wichtiger Sachverhalte und unausgesprochener Wunsch nach Zärtlichkeit fördern Unsicherheit und mangelhafte Selbstakzeptanz. Die Wiedererlangung des Selbstvertrauens ist auch eine Frage der Zeit. Erfahrungen, die man macht, bestätigen, dass das Leben weiter geht, dass man als Mensch nicht weniger wert ist, sondern vielmehr, dass man durch das, was man durchgemacht hat, gewachsen ist. Kann man sich erlauben – in Anbetracht der Schwere der Erkrankung – Fragen zur Sexualität zu stellen? Ermuntern wir unsere Patientinnen und deren Partner, indem wir weitgehende Offenheit zeigen und damit etwaiger Tabuisierung entgegenwirken? Fragen um intime Sachverhalte können auch Zeichen für eine vertrauensvolle Arzt-PatientenBeziehung sein. Es benötigt häufig ein hohes Maß an Selbstüberwindung, Offenheit zu Gelüsten und sexuellen Wünschen zu demonstrieren, insbesondere bei geringer Kommunikation über Sexualität vor der Erkrankung. Vielleicht ergibt sich dadurch die Möglichkeit, damit beim Partner Hem-
20
228
20
Kapitel 20 · Sexualität nach der Therapie gynäkologischer Malignome
mungen abzubauen. »Was will ich und wie artikuliere ich es?« Ermuntern wir unsere Patientinnen dazu, Stellung zu nehmen, um sich vor sich und dem Partner zu positionieren. Zärtlichkeit, Wärme und Nähe sind Grundbedürfnisse unserer Existenz. Nach schwer durchlebten Zeiten zeigen sich diesbezügliche Bedürfnisse in erhöhtem Maß. Zeitweilige regressive Verhaltensmuster fördern das »Icherleben«. Mit zunehmendem Alter nimmt in vielen Beziehungen »genitale Sexualität« ab und der Wunsch nach Zärtlichkeit – auch in Form von Körperkontakt – insbesondere bei Frauen zu. Nach Erkrankungen können wir dies verstärkt beobachten. Tief empfundene psychophysische Zärtlichkeit ist für viele wichtiger als das Orgasmuserleben.
20.6
Sexuelles Erleben nach chirurgischen Eingriffen infolge Krebs
Inwieweit chirurgische Eingriffe die subjektive sexuelle Erlebnisfähigkeit beeinflussen, ist generell nicht zu beantworten. Aktuelle Arbeiten ergaben keinen Unterschied in der sexuellen Reaktionsfähigkeit zwischen totaler vs. subtotaler Hysterektomie (Zobbe et al. 2004). Ein Orgasmus besteht rein physiologisch in erster Linie aus rhythmischen Kontraktionen im Beckenboden nach Stimulation der Scheide bzw. des Introitus vaginae. Der Verlust der Klitoris nach Vulvaeingriffen stört die Erregungsbildung gehäuft. Eine Neovagina ist in der Regel weniger sensibel als die natürliche Vagina. Ähnlich verhält es sich nach Mastektomie und Brustrekonstruktion. Dabei können gleichzeitig andere Körperregionen empfänglicher für eine entsprechende Stimulation werden (Norwegischer Krebsverein 1999).
20.7
Hilfsmittel zur Unterstützung der sexuellen Reaktionsfähigkeit
Die Verwendung von Hilfsmittel unterliegt häufig persönlichen Hemmungen, und es wird gelegentlich als Scheitern in natürlichen Bedürfnissen erlebt. Für die Trockenheit der Scheide, welche postmenopausal und nach therapeutischen Eingriffen gehäuft zu beobachten ist, werden ein Gleitgel oder eine Explorationscreme gut akzeptiert. Zu vermeiden sind Vaseline, Öle oder sonstige kosmetische Produkte, da lokale Reizungen provoziert und die Trockenheit verstärkt werden können.
Die Strahlentherapie im Genitalbereich kann zur Konglutination der Vagina führen. Regelmäßiger Geschlechtsverkehr wäre prinzipiell die beste Prävention. Als Alternative ist nach Instruktion die Verwendung von Dilatatoren oder Stabvibratoren, wobei auch die Empfindlichkeit der Vagina verbessert wird, zu empfehlen. Die Verwendung von Vibratoren bzw. Massagegeräten verlangt üblicherweise eine gewisse Überwindung. Diese Geräte stimulieren sexuell sensible Körperregionen kräftig. Eine empathische sachliche Aufklärung zu Anwendungsmöglichkeiten solcher Geräte erleichtern den Gebrauch.
+ + Zusammenfassung Körperliche und seelische Veränderungen nach Krebs beeinflussen insbesondere die intimen zwischenmenschlichen Lebensbereiche. Die komplexe Verarbeitung der Erkrankung stellen eine Herausforderung für die Patientin und deren Partner dar. Die Unterstützung zur verbalen offenen Auseinandersetzung inklusive sexueller Themenbereiche fördert die Entwicklung der Paarbeziehung in verschiedenen Bereichen. Möglicherweise ändert sich das sexuelle Erleben nach der Erkrankung, jedoch sollte oder muss es nicht darunter leiden. Denn letztendlich sind Nähe, physische und psychische Zärtlichkeit und unzählige Liebkosungen das, was in einer Liebesbeziehung am meisten zählt.
Literatur Andersen BL, Van der Does J (1994) Surviving gynecologic cancer and coping with sexual morbidity: an international problem. Int J Gynecol Cancer 4: 225–240 Andersen BL, Woods XA, Copeland LJ (1997) Sexual self-schema and sexual morbidity among gynecologic cancer survivors. J Consult Clin Psychol 65: 221–229 Bergmark K, Avall-Lundquist E, Dickmann DW, Henningsohn L, Steineck G (1999) Vaginal changes and sexuality in women with a history of cervical cancer. N Engl J Med 340: 1383–1389 Bitzer J, Alder J (2003) Sexualmedizin für den Gynäkologen. Gynäkologe 36: 891–906 Buddeberg C (2004) Sexualmedizin. In: Buddeberg C (Hrsg) Psychosoziale Medizin, 3. Aufl. Springer, Berlin Heidelberg New York, S 477 Ganz PA, Rowland JH, Desmond K, Meyerowitz BE, Wyatt GE (1998) Life after breast cancer: understanding women‘s health-related quality of life and sexual functioning. J Clin Oncol 16: 501–514
229 Literatur
Norwegischer Krebsverein (1999) Krebs und Sexualität, dtsch Ausgabe. EBEWE Arzneimittel Gesellschaft, Unterach, Österreich Rowland JH, Desmond KA, Meyerowitz BE, Belin TR, Wyatt GE, Ganz PA (2000) Role of breast reconstructive surgery in physical and emotional outcomes among breast cancer survivors. J Natl Cancer Inst 92: 1422–1429 Thranov I, Klee M (1994) Sexuality among gynecologic cancer patients – a cross-sectional study. Gynecol Oncol 52: 14–19 Zobbe V, Gimbel H, Andersen BM et al. (2004) Sexuality after total vs. subtotal hysterectomy. Acta Obstet Gynecol Scand 83: 191–196
20
21 21
Ernährungsberatung während einer Chemotherapie/Hormontherapie Claudia Petru
21.1
Appetitlosigkeit – 232
21.2
Übelkeit, Erbrechen
21.3
Gewichtszunahme – 232
21.4
Gewichtsverlust, Kachexie – 233
21.5
Darmträgheit, Obstipation
21.6
Blähungen
21.7
Durchfall
21.8
Neigung zu Infekten, Fatigue-Symptomatik – 234
21.9
Mundschleimhautentzündung
21.10
Mundtrockenheit – 234
21.11
Veränderungen des Geruchs- und Geschmackssinns – 235
21.12
Klimakterische Beschwerden – 235
– 232
– 233
– 233 – 233
Zusammenfassung – 235 Literatur – 236
– 234
232
21
Kapitel 21 · Ernährungsberatung während einer Chemotherapie/Hormontherapie
Der Bedarf für eine Ernährungsberatung ist aus eigener Tätigkeit in absteigender Reihenfolge bei folgenden Beschwerdebildern gegeben 4 Appetitlosigkeit 4 Übelkeit, Erbrechen 4 Gewichtszunahme 4 Gewichtsabnahme, Kachexie 4 Darmträgheit, Obstipation 4 Blähungen 4 Durchfall 4 Neigung zu Infekten, Fatigue-Symptomatik 4 Mundschleimhautentzündung 4 Mundtrockenheit 4 Veränderungen des Geruchs- und Geschmacksinns 4 Klimakterische Beschwerden Vor allem Frauen – und hier jene mit Mammakarzinom – legen besonderen Wert darauf, Änderungen ihrer Ernährungsgewohnheiten zu einem Bestandteil ihres onkologischen Therapiekonzepts zu machen.
21.1
Appetitlosigkeit
Als Nebenwirkung von Chemotherapien oder tumorbedingt kann ein völliger Verlust des Appetits bzw. Hungergefühls auftreten. Dieser Umstand löst häufig massive Ängste beim Patienten aus, der sich selbst oft bereits als abgemagerter, gezeichneter Krebspatient sieht. Die positive Wirkung vieler appetitanregender Tropfen aus der Apotheke beruht auf deren Alkoholgehalt, der die Magensaftproduktion angeregt. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ist ein Aperitif, wie Campari, Martini, Wermut, Bier, etwa 20 min vor dem Essen sinnvoll. Appetitanregend wirken auch bitterstoffhaltige Teesorten wie Wermut, Bitterklee, Kalmus, Tausendgüldenkraut, Enzianwurzel, Schafgarbe oder Salbei. Viele kleine Mahlzeiten, auch spät abends vor dem Schlafen, werden empfohlen. Die Nahrungsaufnahme in Gesellschaft wirkt sich positiv aus. Die Flüssigkeitszufuhr sollte nur zwischen den Mahlzeiten erfolgen, um Völlegefühl vorzubeugen. Bei starkem, raschem Gewichtsverlust wie 10 kg in 3 Monaten, sollte die zusätzliche Einnahme energiereicher Trinknahrung z. B. mit Frucht- oder Kaffeegeschmack erwogen werden. Auch Antidepressiva können den Appetit entscheidend steigern.
21.2
Übelkeit, Erbrechen
PatientInnen sollten vor Verabreichung der Chemotherapie nur wenig essen. Geruchsarme Nahrungsmittel wie Nudeln, Kartoffeln, Reis, Klöße/Knödel, Suppen, Brot und Gebäck werden nach der Chemotherapie meist gut toleriert. Als Eiweißquellen eignen sich Quark, Jogurt, Ei oder Tofu, besonders, wenn Fleisch oder Fisch geruchsmäßig nicht toleriert werden. Bei morgendlicher Übelkeit sollten »trockene« Nahrungsmittel wie Brötchen/Semmeln, Toastbrot, Knäckebrot, Butterkekse, Zwieback, Salzgebäck bereits 0,5 h vor dem eigentlichen Aufstehen gegessen werden. Flüssige oder breiige Nahrung wie klare und gebundene Suppen, pikante Saucen mit Kartoffelpüree, Puddings oder Mus werden meist gut toleriert. Ist eine Energieanreicherung nötig, kann diese über die Zugabe kleiner Mengen Sahne oder Butter erfolgen. Kühle Getränke wie Wasser, kohlensäurearmes Mineral- und Tafelwasser, kalte Tees, verdünnte Obst- und Gemüsesäfte werden angenehmer als heiße Getränke empfunden. Nach dem Essen sollte bevorzugt Pfefferminztee getrunken und/oder Mundhygiene betrieben werden, um den Geschmack des Essens im Mund zu verlieren.
21.3
Gewichtszunahme
Dieses Problem zeigt sich v. a. bei Patientinnen mit Mammakarzinom unter Antihormontherapie. Diese essen anamnestisch dieselben Nahrungsmengen wie vor Therapiebeginn, nehmen aber dennoch kontinuierlich im Durchschnitt 1,5 kg/Jahr an Gewicht zu. Dies ist nur z. T. auf eine Ödemeinlagerung zurückzuführen. Die unten angeführten Ratschläge sind nur Einstiegshilfen. Gewichtsreduktion erfordert Geduld, Konsequenz und möglichst Kontrolle einer medizinischen Fachperson. Das Führen eines Ernährungstagebuchs mit Zeitangabe des Verzehrs ist anzuraten. Dabei sind genaue Angaben über Ess- und Trinkmengen in Haushaltsmaßen wünschenswert: z. B. 1 Schöpfer, 1 Scheibe oder 1 Tasse. Die anzustrebende tägliche Flüssigkeitszufuhr liegt bei 2,5 l Wasser, Mineral-, Tafelwasser, ungesüßten Tees oder stark verdünnten Obst- und Gemüsesäften. 5 Portionen Obst, Salat oder Gemüse sollten fix in den Speiseplan eingeplant werden. Jede Mahlzeit sollte mit einer Salatvorspeise beginnen. Die Fettangaben auf den Lebensmittelverpackungen sollten genauer gelesen werden. Die Lust auf Süßig-
233 21.7 · Durchfall
keiten sollte durch Konsum von Obst(salat) oder Jogurt mit
frischen Früchten gestillt werden. Falsches Essverhalten wie zu schnelles Essen, Nahrungsaufnahme während des Kochens oder Fernsehens sollte erkannt und korrigiert werden.
21.4
Bilanzierte Trinknahrung
Zur ausschließlichen Ernährung einsetzbar: 1–1,5 kcal/ml
Nährstoffdefinierte Trinknahrung
Energie-, eiweiß-, ballaststoffreich, pro zusätzlichen 1000 kcal/Tag=1 kg Gewichtszunahme/Woche
Gewichtsverlust, Kachexie
Behandlungsbedürftigkeit wird definiert durch 4 Body-mass-Index <18,5 und zusätzlich beeinträchtigter Allgemeinzustand 4 Ungewollter Gewichtsverlust >5% in den letzten 3 Monaten 4 ≥10 kg Gewichtsverlust in den letzten 3 Monaten 4 Voraussichtliche Nahrungsaufnahme entsprechend <500 kcal/Tag über mehr als 5 Tage 4 Veränderung von Laborwerten: erniedrigtes Gesamteiweiß, erniedrigtes Serumalbumin sowie Zunahme der Kreatinin-, Triglyzerid- und Cholesterinwerte Je früher mit einer Ernährungsintervention durch die zusätzliche Gabe von Trinknahrungen begonnen wird, desto geringer können irreversible Ernährungsdefizite bzw. Gewichtsverluste gehalten werden. Die Klassifizierung von Trinknahrungen ist in . Tab. 21.1 dargestellt. Wird die Trinknahrung ergänzend eingesetzt, sollte dies am Besten als Spätmahlzeit erfolgen, um den Appetit tagsüber nicht zu verlieren. Es sollten bewusst eiweißreiche Lebensmittel wie Eier, Milch und Milchprodukte, Fleisch und Fleischwaren, Geflügel, Fisch und Tofu in den Speiseplan eingebaut werden. Zur Energieanreicherung der üblichen Mahlzeiten wie einer Suppe eignet sich das in jeder Apotheke erhältliche geschmacksneutrale Maltodextrin.
21.5
. Tab. 21.1. Klassifizierung von Trinknahrungen
Darmträgheit, Obstipation
Die meisten Chemotherapien, Schmerzmedikamente und Bewegungsmangel lösen eine vorübergehende oder chronische Darmträgheit bzw. Obstipation aus. Die tägliche Trinkmenge sollte mindestens 2 l betragen. Zu bevorzugende abführende Lebensmittel sind Sauerkrautsaft, lauwarmes Apfelmus, in Wasser eingeweichte Dörrpflaumen, im nüchternen Zustand am Morgen getrunkener Obst- oder Gemüsesaft, Sauermilchprodukte und Jogurt. Es sollte eine Umstellung der Ernährung auf ballaststoffreiche Lebensmit-
tel wie Vollkornbrot, Naturreis, Vollkornnudeln, Müsli, Salat, Gemüse, Hülsenfrüchte und frisches Obst erfolgen. Ballaststoffreiche Nahrung kann jedoch v. a. anfänglich zu unangenehmen Blähungen führen. Weitere natürliche Verdauungshilfen sind Weizenkleie, Leinsamen, Flohsamen und z. B. Präparate wie Benefiber (Fa. Novartis). Eine Dosis von 10–40 g/Tag entsprechend 4 Esslöffel, ist möglich. Am Besten sollten diese Verdauungshilfen in Jogurt, Sauermilchprodukte oder Fruchtsäfte eingerührt werden. ! Pro Esslöffel Kleie oder Leinsamen sind jedoch 200 ml zusätzliche Trinkflüssigkeit notwendig!
Bei besonders hartnäckiger Obstipation kann ein Versuch mit Hanf- oder Leinöl in der Dosierung von 1 Teelöffel morgens und 1 Esslöffel mittags gemacht werden. Dies bewährt sich v. a. auch bei Mastdarmentleerungsstörungen nach Wertheim-Radikaloperation.
21.6
Blähungen
Hier haben sich v. a. Fenchel-, Anis- oder Kümmeltee bewährt: 1 Teelöffel Gewürz wird kurz vor Gebrauch zerstoßen, mit etwa 150 ml siedend heißem Wasser übergossen und nach 10–15 min abgeseiht. Blähende und blähungshemmende Nahrungsmittel sind in . Tab. 21.2 zusammengestellt.
21.7
Durchfall
Die wichtigste Maßnahme ist leicht gesüßter Schwarztee. Dieser muss mindestens 15–20 min ziehen. Geschabter Apfel. Zu jeder Mahlzeit sollten etwa 300 g Apfel, ohne Schale gerieben und evtl. mit Zitronensaft verfeinert, um die Dunkelfärbung zu verhindern, eingenom-
21
234
Kapitel 21 · Ernährungsberatung während einer Chemotherapie/Hormontherapie
. Tab. 21.2. Blähende und blähungshemmende Nahrungsmittel
21
Blähende Wirkung
Blähungshemmende Wirkung
Frisches Obst, insbesondere Birnen
Kümmel, Kümmelöl
Hülsenfrüchte
Fencheltee
Kraut
Anistee
Kohl
Pfefferminztee
Pilze
Kardamontee
Zwiebel
Obstkompott und Mus
Lauch
Sellerie
Knoblauch
Fenchel
Kohlensäurehältige Getränke
Karotten
Dörrfrüchte Vollmilch Frisches Brot
men werden. Über den Tag verteilt wären 6 Apfelmahlzeiten anzustreben. Getrocknete Heidelbeeren. Diese sind in Apotheken erhältlich. Für den Heidelbeertee werden 2 Esslöffel getrocknete Heidelbeeren zerdrückt und mit 150 ml Wasser zum Kochen gebracht, 10 min ziehen gelassen, abgeseiht und leicht gesüßt. Für ein Kompott werden 2 Esslöffel getrocknete Heidelbeeren in 150 ml Wasser zum Kochen gebracht und leicht gesüßt. Auf eine dunkle bis schwarze Stuhlverfärbung sollte hingewiesen werden. Weitere Ernährungsmaßnahmen. Hier sind die Aufnahme
von Karottensuppe, Reis- oder Haferschleimsuppe und von pürierten Bananen zu nennen.
21.8
Neigung zu Infekten, Fatigue-Symptomatik
Die Zufuhr vitaminreicher Säfte ist bei onkologischen Patienten mit Neigung zu Infekten und Fatigue-Symptomatik sinnvoll. Von der Einnahme von Multivitaminpräparaten
in Kapselform ist aufgrund der geringen Bioverfügbarkeit abzuraten. Gemüsesäfte lassen sich geschmacklich durch Zugabe von Orangen- bzw. Apfelsaft oder pürierten Bananen verfeinern. Frisches Obst kann am Besten in Form von Obstsalaten oder mit Jogurt oder Quark kombiniert werden. Zum Marinieren von Salaten können, falls Essig als zu sauer empfunden wird, Zitronensaft oder Jogurtdressing verwendet werden. Bei nachgewiesenem Eisenmangel (erniedrigter Ferritinwert) wird 1-mal pro Woche eine Mahlzeit mit gerösteter Leber, Leberklößen/-knödeln oder Leberaufstrich empfohlen. Gemüse sollte sowohl in roher als auch gekochter Form zubereitet werden.
21.9
Mundschleimhautentzündung
Lauwarme oder kühle Speisen werden als angenehmer empfunden. Speisen sollten mit süßen (Fruchtmus, Pudding, Jogurtcreme) oder pikanten Saucen (Tomaten-, Gurken-, Kartoffel-, Spinat-, Kürbissaucen) weich gemacht werden. Runde Eiswürfel mit Ananassaft, der Bromelain enthält, wirken antibakteriell. Die runde Form verhindert ein Aufschürfen der irritierten Mundschleimhaut. Fruchtsäurehältige Säfte wie Orangensaft und Ähnliches sollten mit dem Trinkhalm getrunken werden. Tomaten-, Karotten- und andere Gemüsesäfte sind säurearm und damit reizarm. Bei ausgeprägter Stomatitis bewähren sich wiederholte Spülungen der Mundhöhle mit Salbeiund/oder Eibischtee: 2 Teelöffel Kräuter auf 100 ml heißes Wasser, 10 min ziehen lassen. Diese Tees sollten immer wieder frisch zubereitet werden. Mundspülungen mit lauwarmem Salzwasser, mit 1 Teelöffel Salz/250 ml Wasser zubereitet, sind aus hygienischer Sicht besonders sinnvoll. Beim Vorliegen von Schleimhautläsionen bewähren sich die lokale Applikation von Johanniskrautöl, VitaminE-Tropfen und Propolistinktur. Um den Speichelfluss zu maximieren, ist das Kauen von zuckerfreien Kaugummis sinnvoll. Ergänzend können zur Zahnpflege ein fluoridreiches Zahngel oder eine Zahncreme mit Sanguinariaextrakt verwendet werden.
21.10 Mundtrockenheit
Sie kann als Nebenwirkung von verabreichten Chemotherapien, aber auch als Begleiterscheinung einer Behandlung mit Antidepressiva auftreten. Eiswürfel in Kugelform gefroren eignen sich gut, um die Mundhöhle ständig feucht
235 21.12 · Klimakterische Beschwerden
zu halten. Empfehlenswert ist auch das Lutschen tiefgefrorener Tees von Salbei, Pfefferminz, Tausendgüldenkraut oder Schafgarbe. Ein oftmaliges Kauen von zuckerfreiem Kaugummi oder Anis führt zur Anregung des Speichelflusses. Mundspülungen mit Speiseöl, Bier oder die Applikation von künstlichem Speichel verbessern die Gleitfähigkeit der Schleimhäute bei der Aufnahme von Speisen. Um eine verstärkte Schleimbildung der Mundschleimhaut zu verhindern, sollten Vollmilch oder Milchmixgetränke gemieden werden. Sauermilchprodukte wie Buttermilch, Jogurt, Kefir und auch Sojamilch bewirken keine vermehrte Schleimbildung.
21.11 Veränderungen des Geruchs-
und Geschmackssinns Speisen, die plötzlich anders als vor der Tumortherapie schmecken, stellen eine massive Beeinträchtigung der Lebensqualität dar. Süßes wird als noch süßer und Speisen, die normalerweise pikant schmecken, als bitter empfunden. Salzig-pikante Speisen schmecken oft einheitlich fade. Nicht selten bemerken Patienten v. a. nach dem Essen einen metallischen Nachgeschmack. Der Gebrauch von Plastikbesteck anstelle des üblichen Metallbestecks ist in diesen Fällen ratsam. Der Genuss von Tonicwater oder Bitter Lemon kann den metallischen Nachgeschmack ebenfalls mildern. Die bewusste Verwendung verschiedenster Küchenkräuter wie Schnittlauch, Petersilie, Oregano oder Basilikum ist sinnvoll, da sie den Eigengeschmack von Speisen verstärkt. Bei Abneigung gegen Fleisch, Wurst oder Fisch sollten Eiweißquellen wie Eier, Milchprodukte und Tofu bewusst zum Einsatz kommen. Bei Geschmacksirritation durch Essig und Balsamico können diese durch Zitronensaft oder Jogurt ersetzt werden. Nach jeder Mahlzeit sollten konsequent Mundspülungen bzw. Zähneputzen erfolgen, um den unangenehmen Nachgeschmack wieder rasch zu neutralisieren. Bei massiver Einschränkung der Freude am Essen ist auch der Einsatz vor Zinktabletten ratsam.
21.12 Klimakterische Beschwerden
Solche sind mit hierzulande üblichen Lebensmitteln wie Leinsamen, Sesam, Kohlgemüse oder Broccoli nicht beeinflussbar. Im Einzelfall können sie durch hohe Konzentrati-
onen von Sojaprodukten gelindert werden. Während sehr wohl unser Speiseplan durch Sojagerichte erweitert werden kann, ist deren Anwendung in Tablettenform jedoch entsprechend einigen rezenten Publikationen onkologisch nicht als unbedenklich einzustufen.
+ + Zusammenfassung Vor allem Frauen – und hier jene mit Mammakarzinom – legen besonderen Wert darauf, Änderungen ihrer Ernährungsgewohnheiten zu einem Bestandteil ihres onkologischen Therapiekonzepts zu machen. Als Nebenwirkung von Chemotherapien oder tumorbedingt kann ein völliger Verlust des Appetits bzw. Hungergefühls auftreten. Dieser Umstand löst häufig massive Ängste beim Patienten aus, der sich selbst oft bereits als abgemagerter, gezeichneter Krebspatient sieht. Nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ist ein Aperitif wie Campari, Martini, Wermut oder Bier etwa 20 min vor dem Essen sinnvoll. Appetitanregend wirken auch bitterstoffhaltige Teesorten wie Wermut, Bitterklee, Kalmus, Tausendgüldenkraut, Enzianwurzel, Schafgarbe oder Salbei. Viele kleine Mahlzeiten, auch spät abends vor dem Schlafen, werden empfohlen. Die Flüssigkeitszufuhr sollte nur zwischen den Mahlzeiten erfolgen, um Völlegefühl vorzubeugen. Bei starkem, raschem Gewichtsverlust wie 10 kg in 3 Monaten, sollte die zusätzliche Einnahme energiereicher Trinknahrung z. B. mit Frucht- oder Kaffeegeschmack erwogen werden. Auch Antidepressiva können den Appetit entscheidend steigern. PatientInnen sollten vor Verabreichung der Chemotherapie nur wenig essen. Geruchsarme Nahrungsmittel wie Nudeln, Kartoffeln, Reis, Klöße/Knödel, Suppen, Brot und Gebäck werden nach der Chemotherapie meist gut toleriert. Als Eiweißquellen eignen sich Quark, Jogurt, Ei, Tofu besonders, wenn Fleisch oder Fisch geruchsmäßig nicht toleriert werden. Bei morgendlicher Übelkeit sollten »trockene« Nahrungsmittel wie Brötchen/Semmeln, Toastbrot, Knäckebrot, Butterkekse, Zwieback, Salzgebäck bereits eine halbe Stunde vor dem eigentlichen Aufstehen gegessen werden. Das Problem der Gewichtszunahme zeigt sich v. a. bei Patientinnen mit Mammakarzinom unter Antihormontherapie. Das Führen eines Ernährungstagebuchs mit Zeitangabe des Verzehrs ist anzuraten. Die 6
21
236
Kapitel 21 · Ernährungsberatung während einer Chemotherapie/Hormontherapie
anzustrebende tägliche Flüssigkeitszufuhr liegt bei 2,5 l Wasser, Mineral-, Tafelwasser, ungesüßten Tees oder stark verdünnten Obst- und Gemüsesäften. Die Lust auf Süssigkeiten sollte durch Konsum von Obst(salat) oder Jogurt mit frischen Früchten gestillt werden. Falsches Essverhalten wie zu schnelles Essen, Nahrungsaufnahme während des Kochens oder Fernsehens sollte erkannt und korrigiert werden.
21 Literatur Delbrück H (1999) Ernährung für Krebserkrankte. Kohlhammer, Stuttgart Kraft K (2000) Checkliste Phytotherapie. Thieme, Stuttgart New York Petru E, Dittrich C, Petru C (2001) Chemotherapie – Praxisorientierte Hilfe für Patienten und Angehörige. Urania, Berlin
22 22
Komplementäre Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie Leo Auerbach und Jutta Hellan
22.1
Einleitung – 238
22.2
Misteltherapie – 238
22.3
Enzymtherapie – 239
22.4
Antioxidanzien – 239
22.5
Vitamine – 239
22.6
Mineralstoffe und Spurenelemente – 240
22.7
Diäten – 240
22.8
Fernöstliche Therapien – 240
22.9
Homöopathie – 240
22.10
Entspannungstechniken – 240 Zusammenfassung – 240 Literatur – 241
238
Kapitel 22 · Komplementäre Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie
22.1
22
Einleitung
Unter »Komplementärer Medizin« werden Maßnahmen in Ergänzung zu den etablierten Krebstherapien der Schulmedizin verstanden. So sollen der Krankheitsverlauf beeinflusst, die Nebenwirkungen der klinischen Therapie verringert und die Rehabilitation nach Operation, Chemooder Strahlentherapie unterstützt werden. Dies steht ganz zum Unterschied zu den »alternativen« Therapien, die schulmedizinische Therapiemaßnahmen entweder als sinnlos ablehnen oder sie gar als gefährlich bezeichnen. Viele Krebskranke haben den Wunsch, selbst etwas zur Heilung beizutragen, wobei sie diesbezüglich vorzugsweise von ihrem betreuenden Arzt/Gynäkologen/Onkologen informiert und betreut werden wollen. Komplementäre Maßnahmen sind besonders durch den weltweiten Internetzugang für alle Menschen leicht erhältlich. Häufig suchen Patientinnen und/oder ihre Angehörigen mit Internetausdrucken, Beipackzetteln und Wunschzetteln ihren Therapeuten auf, um kompetente Information zu erhalten. Viele onkologische Zentren haben deshalb Beratungsmöglichkeiten über komplementäre Maßnahmen eingerichtet und berichten neben besserer Compliance und Zufriedenheit der Patientinnen auch, dass dadurch als positiver Nebeneffekt die Ausfallsrate während der klinischen Therapie deutlich gesunken ist. Nach wie vor müssen jedoch die meisten Methoden komplementärer Krebstherapien als »wissenschaftlich nicht begründete« und in der Regel daher als schulmedizinisch nicht anerkannte Heilverfahren angesehen werden. Insbesondere die Verlängerung des rezidivfreien lntervalls oder der Überlebenszeit konnte in, von Schulmedizinern geforderten, prospektiv randomisierten Doppelblindstudien noch nicht ausreichend bewiesen werden bzw. wurden solche Studien bisher nicht durchgeführt. Einzelergebnisse, retrospektive und einzelne prospektive klinische Studien belegen, dass viele dieser unterstützenden Therapieformen die Immunfunktionen beeinflussen und die onkologische Patientin eine deutliche Verbesserung ihrer Befindlichkeit und Lebensqualität während und nach einer klinischen Therapie erfährt. Von Befürwortern wird der Einsatz der komplementären Therapie bereits nach der Erstdiagnose einer Krebserkrankung empfohlen. Patientinnen sollten über den medizinischen Wissensstand, die Wirksamkeit, eventuelle Nebenwirkungen und Kontraindikationen der eingesetzten Begleitmethoden informiert werden. Eine Kommunikation
und Zusammenarbeit mit den betreuenden onkologischen Gynäkologen bzw. Internisten oder Strahlentherapeuten ist unerlässlich. Es gibt weltweit mehrere tausend verschiedene komplementäre Behandlungsmethoden, die oft regional, entsprechend der medizinischen Tradition und der umgebenden Flora, beeinflusst sind. In Westeuropa und den USA sind besonders die immunmodulatorischen und antioxidativen Therapien untersucht und publiziert worden, die heute meist Basis der Begleittherapie sind. Die gebräuchlichsten Maßnahmen werden in diesem Artikel erwähnt.
22.2
Misteltherapie
Die Anwendung speziell zubereiteter Mistelinjektionspräparate in der Tumortherapie geht auf Rudolf Steiner, den Begründer der Anthroposophie, und seine ärztliche Mitarbeiterin Ita Wegman zurück. Aktuelle publizierte Untersuchungen zeigen den positiven Einfluss von Misteltherapien nicht nur adjuvant und in palliativen Phasen, sondern auch während der meisten klinischen Therapien, wie Chemotherapie und/oder Bestrahlung mit deutlicher Verbesserung der Lebensqualität. Inhaltsstoffe der Mistel. Wirkungen auf Tumorzellen und/ oder Immunzellen entfalten Lektine (Mistellektine I‒III, VisalbCBA), Viskotoxine, Peptide, Oligosaccharide, Polysaccharide und Flavonoide. Nach wie vor gilt jedoch der komplex zusammengesetzte, aus Sommer- und Winterernte gewonnene Mistelgesamtextrakt als geeigneter Wirkstoff. Zytotoxische Effekte der Mistelextrakte. Er ist überwie-
gend lektinbedingt. Schon im ng-Bereich sind ML-I1, MLI2, ML-II und ML-III zytotoxisch wirksam. Sie führen zu einer irreversiblen Hemmung der ribosomalen Proteinbiosynthese durch die toxische A-Kette des Mistellektins. Dies führt zur Zellapoptose. Viskotoxine führen durch ihren direkten Angriff an der Zellmembran zum Zelltod. Ihr Anteil am zytotoxischen Effekt von Mistelextrakten ist gering. Immunmodulierende Effekte der Mistelextrakte. Nachgewiesen sind die Steigerung der Phagozytoseaktivität und die der natürlichen Killerzellen, die Aktivierung von Makrophagen und v. a. der T-Helfer-Zellen, verbunden mit der Freisetzung von β-Endorphin und Entzündungsmediato-
239 22.5 · Vitamine
ren wie CRP und der Zytokine TNF-α, IL-1, IL-6 und γ-Interferon. Antimutagene und immunprotektive Effekte der Mistelextrakte. Mistelextrakte wirken durch Verhinderung von
DNA-Läsionen in menschlichen Lymphozyten protektiv auf gesunde menschliche Zellen, was die immunsuppressive Nebenwirkung von Zytostatika wie Cyclophosphamid verringern kann. Wird eine Misteltherapie in der adjuvanten oder palliativen Therapie eingesetzt, konnte in einigen Studien eine Verbesserung der Lebensqualität beschrieben werden. Die Misteltherapie wird nach Einstellung auf eine Erhaltungsdosis 2- bis 3-mal/Woche subkutan injiziert und von Befürwortern als jahrelange Therapie empfohlen.
22.3
Enzymtherapie
Die eingesetzten Produkte enthalten Kombinationen proteolytischer Enzyme, Wirkstoffe der Thymusdrüse und Lektine aus der Erbse und Linse. Sie wirken u. a. immunmodulatorisch und steigern die fibrinolytische Aktivität. Randomisierte Studien konnten zeigen, dass diese Proteasen gemeinsam mit dem α-2-Makroglobulin (α2M) den Tumor wachstumsfaktor TGFβ irreversibel binden und eine Reduktion der Angiogenese und des Metastasierungspotenzials bewirken können. Durch die Unterstützung der Entgiftungsfunktion der Leber und der analgetischen Wirksamkeit sind eine Reduktion der Nebenwirkungen der Strahlen- und Chemotherapie und damit eine Verbesserung der Lebensqualität beschrieben und nachgewiesen. Der verstärkte Abbau von Zellfragmenten und Entzündungsmediatoren und die Stimulation phagozytierender Immunzellen beschleunigen zudem den Heilungsprozess und verbessern so das Allgemeinbefinden des Patienten. Eine Verstärkung der Entgiftungsreaktion der Leber und eine Verbesserung des Allgemeinbefindens konnten ebenfalls teilweise nachgewiesen werden. Die Enzymtherapie ist kontraindiziert bei hämatoonkologischen Tumoren, insbesondere Leukämien, Störungen der Blutgerinnung oder angeborenen Gerinnungsstörungen.
22.4
Antioxidanzien
Täglich finden im Körper zahlreiche natürliche Vorgänge statt, bei denen freie Radikale entstehen. Diese spielen bei der Entstehung von Krebs eine bedeutende Rolle, und chronisch Krebskranke haben einen besonders hohen Bedarf an Antioxidanzien. Dass diese u. U. die Chemo- oder Strahlentherapie verträglicher machen und auch das Tumorwachstum hemmen können, wird postuliert.
22.5
Vitamine
Vitamin A. Es wirkt Epithel schützend und kann die Diffe-
renzierung und Proliferation von Tumorzellen verändern. Dies konnte u. a. beim Zervix- und Vulvakarzinom sowie beim Plattenepithelkarzinom des HNO-Bereichs und der Lunge nachgewiesen werden. Durch die Wiederherstellung der Schleimhautfeuchtigkeit kann es auch zu einer Erhöhung der Resistenz gegenüber lnfektionen führen. Hypervitaminosen können irreversible Leberschäden zur Folge haben. Eine alleinige Gabe von Betakarotin ist kontrovers, da in einzelnen Studien dadurch die Mortalität von Lungenkrebspatienten gesteigert wurde. Vitamin A ist gehäuft in Karotten, Petersilie, Spinat, Fenchel, Mangold und Kraut zu finden. Vitamin C. Es aktiviert das Immunsystem und verhindert die Umwandlung von Nitraten in Nitrite und damit die Bildung kanzerogener Nitrosamine. Eine Hypervitaminose ist nicht bekannt. Überraschenderweise haben nicht Zitrusfrüchte – wie meist angenommen wird – den höchsten Gehalt an Vitamin C, sondern frische Sanddornbeeren, frische Paprikaschoten, Brokkoli, schwarze Johannisbeeren, Hagebutten und Kiwi. Vitamin E. Es wirkt antioxidativ als Radikalfänger und auf-
grund seiner Lipophilie schützend auf Zellmembranen. Auch greift es in den Arachidonsäure- bzw. Prostaglandinstoffwechsel ein. Höhere Dosen hemmen die Thrombozytenaggregation, verbessern die Mikrozirkulation und die Blutfette. Vitamin E wirkt primär in Kombination mit Vitamin A und C und den Spurenelementen. Die wichtigste Vitamin-E-Quelle sind pflanzliche Öle. Reich an Vitamin E sind Fenchel, Schwarzwurzeln, Spargel und Spinat.
22
240
Kapitel 22 · Komplementäre Maßnahmen in der gynäkologischen Onkologie
> > Cave Während der Strahlentherapie sind Vitamine nicht indiziert, da sie durch Reduktion der lokalen freien Radikale die Effektivität der Bestrahlung reduzieren können.
22.6
22
Mineralstoffe und Spurenelemente
Selen. Im Krebsgeschehen spielt es eine vielfach dokumentierte, wesentliche Rolle. So werden u. a. bei Brustkrebspatientinnen häufig niedrigere Selenspiegel nachgewiesen. Selen ist Bestandteil des Enzyms Gluthationperoxidase, dem wohl wirksamsten Schutz der Zelle vor freien Radikalen und maligner Entartung. Es dient außerdem der Entgiftung von Schwermetallen. Es kommt vermehrt in Pistazien, Weizenkeimen, Steinpilzen, Sojabohnen und Reis vor. Allerdings enthalten heimische Böden wenig Selen, sodass eine zusätzliche Selengabe wahrscheinlich von Vorteil ist. Die Tagesdosis sollte 200‒400 μg nicht überschreiten. Überdosierungen äußern sich in geschwärzten Fingernägeln und Knoblauchgeruch von Haut und Atem. Vor allem während der Chemotherapie und Strahlentherapie kann Selennitrit als Trinkampulle verwendet werden. Für die Dauereinnahme von Selen eignen sich SelenHefe-Kombinationspräparate. Zink. Er wird zum Aufbau von Abwehrzellen und zahlreichen Enzymen benötigt. Zinkmangel ist relativ selten, kann jedoch durch Malabsorption entstehen. Zink ist zur Verbesserung des u. a. durch die Chemotherapie beeinträchtigten Geschmacksinns empfehlenswert.
Menge enthalten. Hohe Konzentrationen finden sich in Kaltwasserfischen wie Makrele, Hering, Lachs und Kabeljau. Bei Krebs gilt generell, dass auf zu viel Fett in der Nahrung verzichtet werden sollte.
22.8
Fernöstliche Therapien
In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) wird u. a. Krebs als »Störung der Körperenergie« betrachtet und mit Kombinationen aus Kräuter-, Mineralien- und Pflanzenextrakten behandelt. Die Präparate werden in Form von Tee, Pulver, Pillen, Tinkturen oder Sirup nach individueller Diagnosestellung (u. a. Puls- und Zungendiagnostik) verabreicht. Akupressur, Akupunktur. Akupressur (Druckpunktmassage) und Akupunktur (Reizung der Energiepunkte an der Körperoberfläche durch Nadelung) haben u. a. einen positiven Einfluss auf das Erbrechen bei Chemotherapie und bei Schmerzpatienten. Die Behandlung sollte nur in eingerichteten TCM-Zentren oder bei speziell ausgebildeten Ärzten erfolgen.
22.9
Homöopathie
Das Prinzip ist, dass »Ähnliches durch Ähnliches geheilt« werde. Die Arzneien werden als Dilutionen (flüssige Zubereitungen), Globuli (Kügelchen), Tabletten oder Titurationen (pulverförmige Verreibungen) verabreicht.
Magnesium. Es hat eine kardioprotektive Wirkung und ist
besonders für Patientinnen, die eine anthrazyklinhaltige Chemotherapie erhalten, oder jene, die durch eine Antihormontherapie an Wadenkrämpfen leiden, empfehlenswert.
22.7
22.10 Entspannungstechniken
Sie werden – z. B. Yoga, Qi Gong, autogenes Training oder Meditation – insbesondere zur Reduktion der Angst eingesetzt.
Diäten
Reiz- und Genussgifte, wie z. B. Alkohol, sollten generell vermieden werden. Es gilt als wissenschaftlich gesichert, dass Hungerdiäten oder stark einseitige Ernährung ihr (Therapie-)ziel nicht erreichen. Sie sind für die Patientinnen schädlich und gefährlich. ω-3-Fettsäuren wirken bei Krebs immunstimulierend. Sie sind in pflanzlichen Produkten wie Ölen nur in geringer
+ + Zusammenfassung Unter »Komplementärer Medizin« werden Maßnahmen in Ergänzung zu den etablierten Krebstherapien der Schulmedizin verstanden. Viele Krebskranke haben 6
241 Literatur
den Wunsch, selbst etwas zur Heilung beitragen zu können. Zahlreiche onkologische Zentren haben deshalb Beratungsmöglichkeiten über komplementäre Maßnahmen eingerichtet und berichten neben besserer Compliance und Zufriedenheit der Patientinnen auch, dass dadurch als positiver Nebeneffekt die Ausfallsrate während der klinischen Therapie deutlich gesunken ist. Nach wie vor müssen jedoch die meisten Methoden komplementärer Krebstherapien als »wissenschaftlich nicht begründete« und in der Regel daher als schulmedizinisch nicht anerkannte Heilverfahren angesehen werden. Für eine Misteltherapie konnte in einigen Studien eine Verbesserung der Lebensqualität beschrieben werden. Proteolytische Enzyme können den TGFβ irreversibel binden und eine Reduktion der Angiogenese bewirken. Während der Strahlentherapie sind Vitamine nicht indiziert, da sie deren Effektivität durch Reduktion der lokalen freien Radikale reduzieren können. Akupressur und Akupunktur haben u. a. einen positiven Einfluss auf das Erbrechen bei Chemotherapie und auf Schmerzzustände. Entspannungstechniken, autogenes Training oder Meditation werden insbesondere zur Reduktion der Angst eingesetzt.
Literatur Burstein H, Gelber S, Guadagnoli E, Weeks J (1999) Use of alternative medicine by women with early stage breast cancer. N Engl J Med 340: 1733–1739 Risberg T, Vickers A, Bremnes R et al. (2003) Does use of alternative medicine predict survival from cancer? Eur J Cancer 39: 372–377
22
Anhang Praktische Zubereitung und Anwendung von Zytostatika, Trastuzumab, Antiemetika und Supportiva Edgar Petru, Petra Baumgartner, Susanne Schwarz, Alexandra Zettler und Christoph Benedicic
Zytostatika und Trastuzumab – 245 Actinomycin D = Dactinomycin (Cosmegen) – 245 Bleomycin (BLEO-cell, Bleomycinum Mack, Bleomycin Lundbeck) – 245 Carboplatin (Paraplatin, Ribocarbo, Carboplat, Carboplatin Ebewe) – 245 Cisplatin (Platinol, Platinex, Cisplatin-Asta Medica, Cisplatin-Medac, Cisplatin-R.P., Platiblastin, Cisplatin Ebewe) – 245 Cyclophosphamid (Endoxan, Cyclostin, Cyclophosphamid biosyn) – 245 Dacarbazin (Detimedac, DTIC-Dome) – 245 Docetaxel (Taxotere) – 245 Doxorubicin = Adriamycin (Adriblastin, Adrimedac, DOXO-cell, Doxorubicin Ebewe) – 246 Doxorubicin (PEG-liposomal), (Caelyx) – 246 Doxorubicin (Liposomal), (Myocet) – 246 Epirubicin = Epi-Doxorubicin (Farmorubicin) – 246 Etoposid (VP-16), (Vepesid, Etopophos, Etoposid-Ebewe) – 246 5-Fluoruracil (5-Fluoruracil »Lederle«, Fluorblastin, Fluoruracil-biosyn, 5-Fluoruracil Ebewe) – 247 Gemcitabine (Gemzar) – 247 Ifosfamid (Holoxan) – 247 Irinotecan (Campto) – 247 Methotrexat (Methotrexat biosyn, Methotrexat Lederle, Methotrexat-HC Medac, Methotrexat-R.P., Methotrexat Ebewe) – 247 Mitomycin C (Mutamycin, Mitomycin Medac, Mitomycin C Kyowa) – 247 Mitoxantron (Novantron) – 247 Oxaliplatin (Eloxantin) – 248 Paclitaxel (Taxol, Ebetaxel) – 248 Topotecan (Hycamtin) – 248 Trastuzumab (Herceptin) – 248 Treosulfan (Ovastat) – 248
Vinblastin (Velbe) – 248 Vincristin (Onkovin) – 248 Vinorelbine (Navelbine) – 249
Antiemetische Therapie – 249 Variante 1 (30 min. vor der Chemotherapie) Variante 2 (30 min. vor der Chemotherapie)
Supportiva
– 249 – 249
– 249
Folinsäure = Kalziumfolinat = Kalzium-Leukovorin (Kalziumfolinat Ebewe) Ibandronat (Bondronat) – 249 Mesna (Uromitexan) – 249 Zoledronat (Zometa) – 249
Hinweise zu den nationalen Krebshilfe-Organisationen – 249
– 249
245 Praktische Zubereitung und Anwendung von Zytostatika, Trastuzumab, Antiemetika und Supportiva
Zytostatika und Trastuzumab
Cyclophosphamid (Endoxan, Cyclostin, Cyclophosphamid biosyn)
Actinomycin D = Dactinomycin (Cosmegen) 4 Handelsübliche Menge: 0,5 mg (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: 1 Durchstechampulle zu 0,5 mg in 1,1 ml aqua ad injectionem 4 Injektionsdauer: Gesamtdosis von Actinomycin D als Bolus in 3 min. in die Leitung einer laufenden i.v.0,9%igen NaCl-Infusion (250 ml) injizieren > Cave
4 Handelsübliche Mengen: 200, 500, 1000 mg (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: 1 Durchstichflasche zu 200 mg mit 10 aqua ad injectionem,1 Durchstichflasche zu 500 mg mit 25 ml aqua ad injectionem und 1 Durchstichflasche zu 1000 mg mit 50 ml aqua ad injectionem 4 Gesamtdosis: ad 250 ml 0,9%igem NaCl 4 Infusionsdauer: 30 (bis 60) min.
Paravasation
Dacarbazin (Detimedac, DTIC-Dome) Bleomycin (BLEO-cell, Bleomycinum Mack, Bleomycin Lundbeck) 4 Handelsübliche Menge: 15 E = 15 mg (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: Trockenstechampulle zu 15 E mit 10 ml 0,9%igem NaCl 4 Injektionsdauer: Gesamtdosis von Bleomycin als Bolus in 5 min.
4 Handelsübliche Mengen: 100, 200, 500, 1000 mg (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: 100 mg der Trockensubstanz plus 9,9 ml aq. dest. 4 Gesamtdosis: ad 150 ml 0,9%igem NaCl (Lichtschutz) 4 Infusionsdauer: 15 (bis 30) min.
Docetaxel (Taxotere) Alternativ gelöstes Bleomycin (s.o.) ad 250 ml NaCl und diese Infusion über 6 h mittels Perfusor verabreichen
Carboplatin (Paraplatin, Ribocarbo, Carboplat, Carboplatin Ebewe, Carbosol) 4 Handelsübliche Mengen: 50, 150, 450, 1000 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Gesamtdosis: max. 800 mg ad 500 ml 0,9%igem NaCl oder ad 500 ml 5%iger Glukose 4 Infusionsdauer: 30 (bis 60) min. (Lichtschutz)
Cisplatin (Platinol, Platinex, Cisplatin-Asta Medica, Cisplatin-Medac, Cisplatin-R.P., Platiblastin, Cisplatin Ebewe) 4 Handelsübliche Mengen: 10, 50, 100 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Gesamtdosis: ad 1000 ml 0,9%igem NaCl
4 Handelsübliche Mengen: 20, 80 mg (Konzentrat) plus Lösungsmittel in Durchstichflasche 4 Auflösen: Konzentrat und Lösungsmittel in einer Durchstichflasche mischen. Danach 5 min. bei Raumtemperatur stehen lassen. Im Normalfall entsteht eine homogene Lösung. Schaumbildung ist normal. 1 ml dieser Lösung enthält 10 mg Docetaxel 4 Gesamtdosis: bis max. 240 mg ad 250 ml 0,9%igem NaCl oder 250 ml 5%iger Glukose 4 Infusionsdauer: bei der 1. – 3. Docetaxel-Infusion empfohlen: in den ersten 10 min. reduzierte Infusionsrate mit 40 ml/h, danach weiter über 1 h bei 3-wöchentlichem Schema bzw. 30 min. bei wöchentlichem Schema 4 Prämedikation: am Tag vor der Chemotherapie, am Tag 0 (Tag der Chemotherapie) und Tag 1 jeweils 2 × 8 mg Dexamethason (Fortecortin) p.o. Zusätzlich Magenschutz
246
Anhang
Doxorubicin = Adriamycin (Adriblastin, Adrimedac, DOXO-cell, Doxorubicin Ebewe) 4 Handelsübliche Mengen: 10, 50, 200 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Gesamtdosis: ad 250 ml 0,9%igem NaCl 4 Infusionsdauer: 20–30 min. > Cave Paravasation
Doxorubicin (PEG-liposomal), (Caelyx) 4 Handelsübliche Menge: 20 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Gesamtdosis: bis 90 mg ad 250 ml Glukose,Gesamtdosis > 90 mg ad 500 ml Glukose 4 Infusionsdauer: 60 min. 4 Erstinfusion: in den ersten 15 min. Reduktion der Infusionsgeschwindigkeit auf 60 ml/h ! Parallel zur Zytostatikainjektion sollten über einen Seitenanschluss derselben i.v.- Leitung 500 ml einer 5%igen Glukoselösung verabreicht werden. Vor der Verabreichung von liposomalem Doxorubicin sollte das Antiemetikum in 100 ml einer 5%igen Glukoselösung verabreicht werden
Doxorubicin (Liposomal), (Myocet) 4 Handelsübliche Menge: 50 mg. 3 Durchstechflaschen mit Myocet-Doxorubicin-HCl, Myocet-Liposomen und Myocet-Puffer 4 Auflösen: 4 Das verfügbare Wasserbad auf 55–60 oC erwärmen. Alternativ Erwärmung eines speziellen Heizblocks auf 75–76 oC 4 Mit einer Injektionsspritze 20 ml 0,9%iges NaCl aufziehen und dieses in die Myocet-DoxorubicinFlasche injizieren 4 Flasche kippen bzw. schütteln 4 Flasche 10 min. in das vorgewärmte Wasserbad (55–60 oC) bzw. den vorgewärmten Heizblock (75– 76 oC) stellen 4 Mischen der Liposomen und des Puffers, indem 1,9 ml Liposomen in einer Spritze aufgezogen wer-
den und diese Menge in die Pufferflasche injiziert wird 4 Schütteln der Pufferflasche 4 10-minütige Erwärmung des Doxorubicins im Wasserbad / Heizblock 4 Schütteln der Doxorubicin-Flasche. 4 Entfernen des sterilen Verschlussplättchens 4 Innerhalb von 2 min. Hinzugabe des gesamten Liposomen-Gemischs 4 Drehen und Schütteln dieser Flasche Die endgültige Myocet-Doxorubicin-Lösung sollte eine trübe, rot-orange-farbene Dispersion sein. Sind dunkle Partikel sichtbar, ist der Einschlussprozess der Liposomen nicht vollständig erfolgt, und die Lösung darf nicht angewendet werden 4 Mindestens 10 min. bei Raumtemperatur abwarten, bis Myocet-Doxorubicin angewendet werden kann 4 Mit 0,9%iger NaCl-Verdünnung von Doxorubicin auf eine Endkonzentration von 0,4–1,2 mg Doxorubicin/ml 4 Infusionsdauer: 60 min.
Epirubicin = Epi-Doxorubicin (Farmorubicin) 4 Handelsübliche Mengen: 10, 50 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Infusionsdauer: Gesamtdosis ad 250 ml einer 0,9%igen NaCl-Infusion über 20-30 min. > Cave Paravasation
Etoposid (VP-16), (Vepesid, Etopophos, Etoposid-Ebewe) 4 Handelsübliche Mengen: 100, 200, 400, 1000 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend (= 5 ml). Dosen bis 200 mg ad je 500 ml 0,9%igem NaCl bzw. 500 ml 5%iger Glukose verdünnen 4 Infusionsdauer: 30 (bis 60) min.
247 Praktische Zubereitung und Anwendung von Zytostatika, Trastuzumab, Antiemetika und Supportiva
5-Fluoruracil (5-Fluoruracil »Lederle«, Fluorblastin, Fluoruracil-biosyn, 5-Fluoruracil Ebewe) 4 Handelsübliche Mengen: 250, 500, 1000, 5000 mg (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: 1 Trockenstechampulle zu 250 mg mit 5 ml, zu 500 mg mit 10 ml und zu 1000 mg mit 20 ml 0,9%igem NaCl bzw. 5 ml 0,9%iger Glukose. Gesamtmenge von 5-Fluoruracil ad 500 ml 0,9%igem NaCl bzw. 500 ml 5%iger Glukose 4 Infusionsdauer: 20 min., alternativ Dauerinfusion über 24 h
Gemcitabine (Gemzar) 4 Handelsübliche Mengen: 200, 1000 mg (Trockenstechampulle) Auflösen: 1 Trockenstechampulle zu 200 mg ad 5 ml 0,9%igem NaCl; 1 Trockenstechampulle zu 1000 mg ad 25 ml 0,9%igem NaCl. 4 Gesamtdosis: ad 250 ml 0,9%igem NaCl 4 Infusionsdauer: 30 min.
Irinotecan (Campto) 4 Handelsübliche Menge: 40 mg = 2 ml (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Gesamtdosis: ad 250 ml 0,9%igem NaCl oder 250 ml 5%iger Glukose 4 Infusionsdauer: 90 min.
Methotrexat (Methotrexat biosyn, Methotrexat Lederle, Methotrexat-HC Medac, MethotrexatR.P., Methotrexat Ebewe) 4 Handelsübliche Mengen: 10, 50 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig; 10 mg/1 ml bzw. 50 mg/ 5 ml 4 Bis zu einer Gesamtdosis von 100 mg/m2 kein zusätzliches Infusionsmedium notwendig 4 Ab einer Gesamtdosis von 100 mg/m2: Gesamtdosis mit 100 ml NaCl verdünnen. 4 Injektionsdauer: Bolus in 5 min.
Mitomycin C (Mutamycin, Mitomycin Medac, Mitomycin C Kyowa)
Ifosfamid (Holoxan) 4 Handelsübliche Menge: 2000 mg = 2 g (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: 1 Trockenstechampulle zu 2000 mg ad 50 ml aqua ad injectionem. 4 Gesamtdosis: ad 500 ml 0,9%igem NaCl 4 Infusionsdauer: 60 min. 4 Empfohlene Prähydratation: 2 x 1000 ml einer Mischinfusion 2,5%iger Glukose plus 0,45% igem NaCl über 2 h Jeder Infusionsflasche 2 Amp. Natriumbikarbonat zur Alkalisierung des Harns beifügen. Vor der IfosfamidInfusion Harnstreifentest: pH-Wert des Harns muss > 7,5 betragen. Ist der Harn nicht alkalisch, neuerliche Gabe von 2 Amp. Natriumbikarbonat per infusionem (z.B. ad 200 ml NaCl über 15 min. = 800 ml/h) 4 Verhinderung einer Urotoxizität: Zu Beginn der Ifosfamid-Injektion (= Stunde 0) Mesna (Uromitexan) als Bolus i.v. (20% der Ifosfamiddosis in mg), zusätzlich über die nächsten 24 h. als kontinuierliche Infusion (Perfusor) 100% der Ifosfamiddosis (gelöst in 200 ml NaCl 0,9% = 9 ml/h)
4 Handelsübliche Mengen: 2, 10 mg (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: 10 mg ad 20 ml aqua ad injectionem 4 Prämedikation: 125 mg Aprednisolon (= ½ Ampulle Solu-Dacortin) i.v. 4 Injektionsdauer: Bolus ad 50 ml 0,9%igem NaCl in 5 min. > Cave Paravasation
Mitoxantron (Novantron) 4 Handelsübliche Menge: 20 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend. Somit beträgt die Konzentration der Lösung 2 mg/ml 4 Gesamtdosis: ad 250 ml 0,9%igem NaCl oder 250 ml 5%iger Glukose 4 Infusionsdauer: 30 min.
248
Anhang
Oxaliplatin (Eloxantin)
Trastuzumab (Herceptin)
4 Handelsübliche Mengen: 50, 100 mg (Pulver) 4 Auflösen: mit je 20 ml aqua ad injectionem bzw. 5%iger Glukoselösung pro 100 mg Oxaliplatin (Konzentration 5 mg/ml) 4 Gesamtdosis: ad 500 ml 5%ige Glukose 4 Infusionsdauer: 240 (bis 360) min. [4 (bis 6) h] 4 Prämedikation: über 20 min. 4 Kalziumglukonat 10% (1 Amp = 10 ml) (Kalzium »Fresenius«) plus 4 Magnesiumchlorid 10 ml 0,5 molar ad 125 ml 5%ige Glukose 4 Postmedikation: neuerlich über 20 min. 4 Kalziumglukonat plus Magnesiumchlorid (s.o.)
4 Handelsübliche Menge: 150 mg (Durchstechampulle) 4 Auflösen: 1 Durchstechampulle = 150 mg ad 7,2 ml sterilem aqua ad injectionem. Endkonzentration = 21 mg/ml 4 Gesamtdosis: ad 250 ml 0,9%igem NaCl 4 Infusionsdauer: 90 min. (erste Gabe: 4 mg/kg), ab der 2. Applikation 30 min. (2 mg/kg), wenn die erste Applikation gut vertragen wurde
Paclitaxel (Taxol, Ebetaxel) 4 Handelsübliche Mengen: 30, 100 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig 4 Gesamtdosis: ad 1000 ml 0,9%igem NaCl bzw. 1000 ml 5%iger Glukose (Perfusor: 333 ml/h) 4 Infusionsdauer: 3 h (evtl. 24 h) > Cave Paravasation
4 Prämedikation: 30 min. vor Applikation 4 (1) 20 mg Dexamethason (Fortecortin) (= 5 Amp. à 4 mg) ad 200 ml 0,9%igem NaCl über 15 min. als Kurzinfusion (= 800 ml/h) 4 (2) 50 mg Ranitidin (Zantic, Zantac, Ulsal) oder 300 mg Cimetidin (Cimetag) plus 4 mg Dimetinden (Fenistil) bzw. 50 mg Diphenhydramin (Dibondrin) bzw. 2 mg Clemastin (Tavegil, Tavegyl) ad 100 ml NaCl als Kurzinfusion parallel schalten. ! Nur PVC-freies Infusionsbesteck verwenden. Filter für die Infusionslösung notwendig
Topotecan (Hycamtin) 4 Handelsübliche Menge: 4 mg (Durchstechampulle) 4 Auflösen: 1 Durchstechampulle = 4 mg ad 2 ml aqua ad injectionem 4 Gesamtdosis: ad 100 ml 0,9%igem NaCl bzw. 100 ml 5%iger Glukose. 4 Infusionsdauer: 30 min.
Treosulfan (Ovastat) 4 Handelsübliche Mengen: 1000, 5000 mg 4 Auflösen: je 5000 mg (= 5 g) ad 100 ml aqua ad injectionem (Infusionsflasche), das zuvor auf 30 oC erwärmt wurde 4 Infusionsdauer: 30 min.
Vinblastin (Velbe) 4 Handelsübliche Menge: 10 mg (Trockensubstanz) 4 Auflösen: in 10 ml 0,9%igem NaCl (1 mg/1 ml) 4 Gesamtdosis: als Bolus in 1 min. unverdünnt in eine laufende 0,9%ige NaCl-Infusion injizieren 4 Injektionsdauer: 1 min. > Cave Paravasation
Vincristin (Onkovin) 4 Handelsübliche Mengen: 1, 2 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Gesamtdosis: als Bolus in 2–3 min. unverdünnt in eine laufende 0,9%ige NaCl-Infusion injizieren 4 Injektionsdauer: 2–3 min > Cave Paravasation
249 Praktische Zubereitung und Anwendung von Zytostatika, Trastuzumab, Antiemetika und Supportiva
Vinorelbine (Navelbine)
Ibandronat (Bondronat)
4 Handelsübliche Mengen: 10, 50 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig, da als Konzentrat vorliegend 4 Gesamtdosis: ad 100 ml 0,9%igem NaCl (bzw. 100 ml 5%iger Glukose). Dieser Lösung werden unmittelbar vor der Infusion 25 ml 20%iges Humanalbumin zugesetzt 4 Infusionsdauer: nur 6-10 min.
4 4 4 4
! Bei Kombinations-Chemotherapie stets Vinorelbine als erstes Zytostatikum verabreichen. Immer nach VinorelbineInfusion 500 ml NaCl nachhängen, um eine Venenirritation zu verhindern (Ausnahme: liegendes Port-a-cath-System)
Antiemetische Therapie
Variante 1 (30 min. vor der Chemotherapie) 4 Ondansetron 8 mg (= 1Amp. Zofran) bzw. 4 Granisetron 3 mg (Keratril, Kytril) bzw. 4 Tropisetron 5 mg (= 1Amp. Navoban) plus 20 mg Dexamethason (= 5 Amp. à 4 mg) ad 200 ml 0,9%igem NaCl über 15 min. als Kurzinfusion (800 ml/h)
Variante 2 (30 min. vor der Chemotherapie) 4 Metoclopramid (Paspertin, Primperan) Amp. zu 10, 50 mg Dosis von 2 mg/kg Körpergewicht ad 200 ml 0,9%igem NaCl (max. 5 Einzeldosen/Tag) über 15 min. als Kurzinfusion (= 800 ml/h)
Supportiva Folinsäure = Kalziumfolinat = KalziumLeukovorin (Kalziumfolinat Ebewe) 4 Handelsübliche Mengen: 30, 100, 200 mg (Konzentrat) 4 Auflösen: nicht notwendig; 30 mg/3 ml bzw. 100 mg/ 10 ml bzw. 200 mg/20 ml 4 Gesamtdosis: intramuskulär bis max. 3 ml, ansonsten i.v.
Handelsübliche Menge: 6 mg (Konzentrat) Auflösen: Konzentrat ad 100 ml 0,9%igem NaCl Infusionsdauer: 10 min. Bei Niereninsuffizienz: Dosisreduktion auf 2 mg.
Mesna (Uromitexan) 4 Handelsübliche Menge: 200 mg/2 ml (Ampulle) 4 Auflösen: nicht notwendig: 200 mg/2 ml 4 Injektionsdauer: Bolus in 30 s bzw. als kontinuierliche Infusion (in 250 ml NaCl). 4 i.v. Gabe (Bolus) zur Stunde 0, 4, 8 in Bezug zur Chemotherapie: je 20% der Cyclophosphamid-Dosis bzw. Ifosfamid-Dosis 4 i.v. Gabe (kontinuierliche Infusion): über 24 h mittels Perfusor 100% der Ifosfamiddosis (gelöst in 250 ml NaCl) 4 p.o.-Gabe statt der i.v.-Gabe Stunde 4 und 8: zu Stunde 2 und Stunde 6 je 40% der Cyclophosphamid-Dosis oder Ifosfamid-Dosis
Zoledronat (Zometa) 4 Handelsübliche Menge: 4 mg (Trockenstechampulle) 4 Auflösen: mit beiliegendem Aqua ad injectionem (5 ml). Die Gesamtdosis ad 50 ml 0,9%igem NaCl (bzw. 50 ml 5%iger Glukose) 4 Infusionsdauer: 15 min.
Hinweis zu den nationalen Krebshilfe-Organisationen 4 Deutsche Krebshilfe: www.krebshilfe.de 4 Österreichische Krebshilfe: www.krebshilfe.net 4 Krebsliga Schweiz: www.swisscancer.ch
Sachverzeichnis
252
Sachverzeichnis
A Actinomycin D 186 Adenose, vaginale 128 Adipositas 19, 34 Adnexektomie 4 – prophylaktische Hormonsubstitution 106 – Schwangerschaft 106 – – Aszites 106 – – Borderlinetumor 106 – – Carboplatin 106 – – Chemotherapie 106 – – Cisplatin 106 – – funktionelle Zysten 106 – – Lungenreifeinduktion 106 – – Pyclitaxel 106 – – Teratom 106 – – Zystadenom 106 Adriamycin 17, 23 Akupressur 240 Akupunktur 240 Alkohol 19 Anämie 181 – Erythropoetin 181 – Erythrozytenkonzentrat 181 – Ferritin 181 – Tumoranämie 181 Anastrozol 17 Androblastom 115 Androstendion 33 Anthrazyklin 17, 23 Antibiotika – Erythromycin 20 – Penizillin 20 Antidepressiva 19 Antioxidanzien 239 APGAR-Wert 26 Appetitlosigkeit 232 – Antidepressiva 232 Aromatasehemmer 16, 22 Arteria mammaria interna 9 Arthralgie 184 – Docetaxel 184 – Paclitaxel 184 ATAC-Studie 17 Atrophie, urogenitale 19
Axilla – apikale 9 – supraklavikulare 5
B Beschwerden, klimakterische 232, 235 BI-RADS-Klassifikation 5, 6 Bisphosphonate 205 Blähungen 232, 233 Blasenmole 162, 166 – β-HCG 172 – invasive 162, 166 – komplette 162, 166 – Metrorrhagie 172 – Nachsorge 172 – partielle 162, 166 – persistierende 162, 172 – prophylaktische Chemotherapie 166 Bleomycin 186 – Grenzdosis 186 Blutung, vaginale 205 – Beckenarterienembolisation 205 – Ligatur der Aa. iliacae internae 205 Borderlinetumor des Ovars – Appendektomie 93 – Appendix 93 – Chemotherapie 99 – endometrioider 98 – Hysterektomie 93 – klarzelliger 98 – Laparoskopie 93 – Lymphknoten 93 – – Biopsie 93 – – paraaortale 98 – – pelvine 98 – Mikroinvasion 98 – Müller-Drüseneinschluss 98 – muzinöser 98 – Omentektomie 93 – Omentum 97 – – Biopsie 93 – Ovarialtumorzystenexstirpation 93 – Peritonealkarzinom 99 – proliferierendes Zystadenom 87
– Rezidiv 99 – Sampling 97 – seröser 98 – Stromainvasion 97 Brachytherapie 130 – Afterloadingtechnik 193 – Carcinoma in situ 130 – intravaginale 41 – vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN) 130 BRCA-1/2 4, 5, 105 – Mutation 4 Brusterhaltung 15, 18 Brustkrebs – Mutation 85 – Prävention 5 – Tamoxifen 33 Brustrekonstruktion 14 Burn-out-Syndrom – Arbeitsüberlastung 222 – Belastungsreaktion 223 – Entpersonalisierung 222 – Präventivmaßnahmen 224 – soziale Unterstützung 223 – Symptome 222
C CA-125 – Chemotherapie 125 – Tumormarkeranstieg 105 Caelyx 23 Capecitabine 23, 186 – palmoplantare Erythrodysästhesie 186 Carboplatin 185 – Calvert-Formel 186 Carcinoma in situ – der Vulva 138 – duktales 3, 10 – lobuläres 3 Chemotherapie – Alopezie 100, 101, 178 – Anämie 101 – Arthralgie 179 – Bleomycin 71
253 Sachverzeichnis
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Carboplatin 72, 100 Cemcitabin 101 Cisplatin 71, 72, 77 CMF 17, 177 Diarrhö 178 Docetaxel 100, 101 Dosisintensität 177 Dosisreduktion 177 Ductus nasolacrimalis 101 Dyspnoe 179 Epiphora 101 Erbrechen 101, 178 febrile Neutropenie 178 Fernmetastasen 71 Fieber 178 5-Fluorouracil 77, 79 G-CSF 44, 100 Gemcitabin 100 Hämoglobin 178 Hand-Fuß-Syndrom 101 Hypersensitivitätsreaktion 179 Ifosfamid 72 Infektion 179 kardiale Arrhythmie 179 Kontraindikationen 180 Kreatinin 178 Leukopenie 76, 77 Leukozyten 178 Leukozytose 180 liposomales Doxorubicin 101 Mukositis 178 Myalgie 179 Myelosuppression 100, 101 neoadjuvante 16 Neurotoxizität 72, 77, 100, 101, 179 Neutropenie 76, 101, 180 Neutrophile 178 Nierenfunktion 77, 79 Obstipation 178 Ödem 179 Ototoxizität 77, 179 Paclitaxel 71, 72, 100, 101 platinhaltige 100 platinrefraktäres/-resistentes Ovarialkarzinom 101 Rezidiv – platinrefraktäres 154
– – platinresistentes 154 – – platinsensitives 154 – Stomatitis 178 – Thrombopenie 77, 101 – Thrombozyten 178 – Topotecan 101 – Treosulfan 101 – Übelkeit 178 – Vincristin 71 – Zweitlinientherapie 100 Chorionepitheliom 166 Choriongonadotropin, humanes 162 – Serum-β-HCG 162 Chorionkarzinom 162, 166 – hämatogene Metastasierung 162 Cimicifuga 19 CIN-III-HPV-Diagnostik 78 Cisplatin 186 – Nephrotoxizität 186 – Neurotoxizität 186 Clonidin 19 Cyclophosphamid 17, 23, 186 – hämorrhagische Zystitis 186
D Dacarbazin 186 Diagnostik, minimalinvasive 5 Diarrhö 182 – Neutropenie 182 Diät 240 Dissektion, axillare 15 Docetaxel 17, 23, 186 – Neurotoxizität 186 – Ödem 186 – Onycholysis 186 Doxorubicin 17, 18 – liposomales 187 – pegyliertes liposomales 187 – – palmoplantare Erythrodysästhesie 187 Durchfall, 7 auch Diarrhö 232, 233 Dysgerminom 110 – AFP 111 – BEP-Schema 112 – Bleomycin 112
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Chemotherapie 111, 112 Cisplatin 112 Erhaltung der Fertilität 112 Etoposid 112 Gravidität 111 hCG 111 kontralaterales Ovar 112 Laktatdehydrogenase (LDH) 111 Lymphonodektomie 112 maligner Keimzelltumor 111 paraaortaler Lymphknoten 112 pulmonale Toxizität 112 Radiotherapie 111 Reproduktionsfähigkeit 111 Resttumor 112 Staging 112 Vincristin/Actinomycin/Cyclophosphamid (VAC) 112
E ECOG-Index 177 Endometriose 50 Endometrium – atypische Hyperplasie 34 – Biopsie 33 – Carcinoma in situ 40 – endometrioides Adenokarzinom 37 – Hyperplasie 36 – – atypische 36, 37 – – komplexe atypische 36 – Plattenepithelkarzinom 37 – Präkanzerose 36 – Sonographie – – submuköse Myome 36 – – transvaginale 35 – – Zervikalstenose 36 – Übergangsepithelkarzinom 37 Endometriumkarzinom – Abdomensonographie 36 – Abdomenspülzytologie 39, 43 – Adenokarzinom – – klarzelliges 37 – – muzinöses 37 – – seröses 37 – Adipositas 33, 34
A–E
254
Sachverzeichnis
Endometriumkarzinom – Adnexe 34 – Adnexektomie 39 – Adnexmetastasen 35, 39, 45 – Aneuploidie 38 – Anovulation 33 – Anthrazyklin 44, 45 – Aspirationskürettage 35, 36 – Beckenwandrezidiv 42 – Brachytherapie 41 – – adjuvante 42 – – vaginale 42, 43 – Carboplatin 44, 45 – Chemotherapie 44 – – adjuvante 45 – Cisplatin 44, 45 – Computertomographie 36 – Cyclophosphamid 44 – Diabetes 33, 44 – Doxorubicin 44, 45 – Endometriumdicke 34, 35 – Epirubicin 44 – Exenteration 41 – extrauteriner Tumorbefall 39 – Fernmetastasen 35, 38, 40, 41, 45 – fraktionierte Kürettage 36 – Ganzabdomenbestrahlung 45 – Gefäßinvasion 39 – Gestagentherapie 44 – Gonadotropin-Releasing-HormonAnaloga 44 – HER2/neu-Überexpression 37 – Hormonrezeptor 38, 44 – hormonsensitives 42 – Hormontherapie 42, 44 – Hyperöstrogenismus 33, 37 – Hypertonie 33 – Hysterektomie 41 – – extrafasziale 39 – – radikale 39 – Hysteroskopie 36 – Ifosfamid 44 – intraabdomineller Befall 39 – Invasionstiefe 38 – klarzelliges 37, 51 – kleinzelliges 37 – Kolonkarzinom 45 – Kolpektomie 41
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
kRAS-Mutation 37 Laparoskopie 41 Laparotomie 41 Lokalrezidiv 42 Lungenmetastasen 36 Lymphangiosis carcinomatosa 38 Lymphknoten 45 – paraaortale 34, 35, 38, 39, 42, 43 – pelvine 35, 38, 39, 42, 43 – retroperitoneale 36 Lymphknotenmetastasen 35, 36, 40, 43, 45 – paraaortale 40, 41, 45 – pelvine 40, 41 lymphogene Metastasierung 34 Lymphonodektomie 40–43 – pelvine 40, 41 – paraaortale 40, 41 Magnetresonanztomographieuntersuchung des Beckens 36 Mammakarzinom 45 Medroxyprogesteronazetat 44 Menometrorrhagie 34 Metrorrhagie 34 Mikrosatelliteninstabilität 37 Myometrium 38–40 – Infiltration 38, 39, 45 – Invasion 42 Nulliparität/Infertilität 33 Omentum 35 Östrogen-Gestagen-Substitution 45 Östrogensubstitution 33, 34 Paclitaxel 44, 45 Parametrie 36 Pleuraerguss 36 postmenopausale Blutung 34, 35 Progesteronrezeptor 44 PTEN 37 Pyrometra 41 Radiotherapie – adjuvante 42, 45 – pelvine 42 – perkutane 42 – postoperative 42 Retroperitoneum 36 Rezidiv – lokoregionales 42 – pelvines 45
– – vaginales 45 – Scheidenstumpfrezidiv 42, 45 – Screening 33 – Serometra 41 – seröses 38, 39, 45, 51 – serös-papilläres 33, 37 – Sonographie 36 – Tamoxifen 33, 34, 37, 44 – Tumormarker 36 – Typ 2 41 – uterine Blutungsstörung 34 – Vaginalbefall 41 – Vaginalwandrezidiv 42 – Zervikalkanal 36 – – Infiltration 36 – – Kürettage 36 – – Stenose 34 – Zervixbefall 45 – Zervixzytologie 33 – Zweitkarzinome 45 – zytologischer Abstrich 45 Entspannungstechnik 240 Enzymtherapie 239 – proteolytische Enzyme 239 Epidoxorubicin 187 Epiphora 182 – Docetaxel 182 Epirubicin 17, 23, 187 Erbrechen 181, 232 – Aprepitant 181 – Dexamethason 181 Erkrankung, kardiovaskuläre 19 Erysipel 20 Etoposid 187 – myeloische Leukämie 172 Exenteration 127 – explorative Laparotomie 127 – Fistelbildung 144 – Lymphknoten – – paraaortale 127 – – supraklavikulare 127 – Resektionsrand 144 – Staging 127
255 Sachverzeichnis
F Fatigue-Symptomatik 232, 234 – Eisenmangel 234 Feinnadelpunktion 21 Fernmetastasen 5 Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) 7 5-Fluorouracil 17, 187 – Diarrhö 187 – Stomatitis 187 Flüssigkeitsretention 185 – Docetaxel 185 Früherkennung 3 Fulvestrant 22
G Gemcitabin 23, 187 Genmutation 4 Geruchs-/Geschmackssinn 232, 235 Gestagene 22, 33 – Thromboembolie 44 Gewichtsabnahme 232, 233 Gewichtsreduktion 19 Gewichtszunahme 232 GnRH-Analoga 11, 17, 22 Granulosazelltumor des Ovars 33, 114 – adjuvante Chemotherapie 115 – Amenorrhö 114 – Bleomycin/Etoposid/Cisplatin (BEP) 115 – Chemotherapie 114 – Cyclophosphamid/Adriamycin/ Cisplatin (CAP) 115 – Endometriumkarzinom 114 – fertilitätserhaltendes Vorgehen 114 – FIGO-Stadium 114 – Grading 114 – Hyperplasie des Endometriums 114 – Hysteroskopie 114 – Inhibin 114 – Kürettage 114 – Lymphknoten 114 – Lymphknotenmetastasen 114
– Omentektomie 114 – Östrogen 114 – Prognosefaktoren 114 – Radiotherapie 115 – Resttumor 114 – retroperitoneales Rezidiv 115 – Staging 114 Gynandroblastom 115
H Haemangiosis carcinomatosa 16 Harnstau – Nephrostomie 104 – Ureterschienung 104 β-HCG 166 Hepatotoxizität 184 – 5-Fluorouracil 184 – Taxan 184 HER2/neu-Überexpression 7, 16, 18, 20, 23 Hirnmetastasen 171 – Carboplatin 104 – Chemotherapie 104 – Ganzbestrahlung des Gehirnschädels 171 – intrakraniale Blutung 171 – Kortikoide 24, 25 – Krampfanfall 24 – Radiotherapie 104 – Topotecan 104 Homöopathie 240 Homöopathika 19 Hormonersatztherapie 3, 19 Hormonrezeptor 7, 15 Hormonrezeptorstatus 10, 20 Hormonsubstitutionstherapie 3 Hormontherapie – Megestrolazetat 44 HPV-Screening 61 Hyperkalzämie, tumorindizierte 205 Hyperplasie, atypische duktale 3 Hypersensitivitätsreaktion 185 Hyperthermie 192
I Ifosfamid 187 – Enzephalopathie 184, 187 – Urotoxizität 187 Ileus 204 – Dünndarm 204 – Midazolam 204 – Morphin 204 – Triflupromazin 204 Immuntherapie 129, 145 Intensitätsmodulierte Radiotherapie (IMRT) 192 γ-Interferon – Parazetamol 102 Irinotecan 182 – akutes cholinerges Syndrom 182, 187 – Diarrhö 187
K Kachexie 232, 233 Kardiotoxizität 23, 182 – Dexrazoxane 183 – Doxorubicin 182 – Epirubicin 182 – Kardiomyopathie 183 – kumulative Höchstdosen 182 – Paclitaxel 182, 183 – Trastuzumab 182 Karnofsky-Index 177 Karzinom – der Bartholin-Drüse 148 – – adenoidzystisches 149 – – Adenokarzinom 149 – – adjuvante Radiotherapie 148 – – Bartholin-Abszess 148 – – Beckenlymphknoten 148 – – Doxorubicin 149 – – Fossa ischiorectalis 148 – – Hemivulvektomie 148 – – inguinale Lymphadenektomie 148 – – inguinale Lymphknoten 148 – – inguinale Metastasen 148
E–K
256
Sachverzeichnis
Karzinom – – inguinaler Lymphknotenstatus 148 – – kontralaterale Lymphknotenmetastasen 148 – – Lokalrezidiv 149 – – pelvine Lymphadenektomie 149 – – Plattenepithelkarzinom 149 – – präoperative Radiotherapie 149 – extraovariales papilläres seröses 158 – multifokales extraovariales seröses 158 – papilläres seröses der Peritonealoberfläche 158 – primär serös-papilläres des Peritoneums 158 – verruköses der Vulva – – Exzision 148 – – Lymphknoten 148 – – Plattenepithelkarzinom 148 – – Radiotherapie 148 Karzinosarkom – der Tube 154 – des Ovars 99 – – Anthrazykline 99 – – Cyclophosphamid 99 – – Ifosfamid 99 – – platinhaltige Chemotherapie 99 – – Prognose 99 – des Uterus – – Tamoxifen 50 Keimstrang-Stroma-Tumor des Ovars 110 – Fibrom 114 – Fibrosarkom 113, 114 – Granulosa-Stroma-Zelltumor 113 – Granulosazelltumor 114 – Gynandroblastom 114 – Leydig-Zell-Tumor 114 – Pleuraerguss 114 – Sertoli-Leydig-Zell-Tumor 114 – Sertoli-Stroma-Zelltumor 114 – Sertoli-Zell-Tumor 114 – Steroidzelltumor 114 – Thekom 114 – Virilisierung 114 Keimzelltumor des Ovars 110 – AFP 113 – Bleomycin 113
– – – – – –
Chemotherapie 113 Chorionkarzinom 110, 111, 113 Cisplatin 113 Dysgerminom 111 embryonales Karzinom 110, 111, 113 endodermaler Sinustumor (Dottersacktumor) 110, 111, 113 – Etoposid 113 – α-Fetoprotein 113 – Gonadoblastom 110 – hCG 113 – Keimzell-Keimstrang-Stroma-Tumor 110 – Leber 113 – Lunge 113 – Östrogen 113 – Polyembryom 110, 113 – Pseudopubertas praecox 113 – reifes Teratom 111 – retroperitoneale Lymphknoten 113 – Staging 113 – Struma ovarii 110 – unilaterale Adnexektomie 113 – unreifes Teratom 110, 111, 113 Keratoconjunctivitis sicca 182 Klimakterium 19 Knochenmetastasen 205 – Bisphosphonate 25 – Hyperkalzämie 25 – Ibandronat 205 – Plattenosteosynthese 25 – Zoledronat 205 Koffein 19 Kolonkarzinom 4 Kolposkopie – Essigsäureprobe 61 – jodgelber Bezirk 61 – Keratose 60 – Leukoplakie 61 – Schiller-Jodprobe 60 – Ulkus 60 Komplementärmaßnahmen 239 – freie Radikale 239 Konisation – Cerclage 81 – CIN III 67 – Frühgeburtlichkeit 81 – Kinderwunsch 67
– Zervikalkanalkürettage 67 – Zervixinsuffizienz 67 – Zervixriss 67 Korpuskarzinom – Brachytherapie 197 – endometrioides 37 – Lokalrezidiv 196 – lokoregionäre Tumorkontrolle 196 – Lymphonodektomie 196 – Rezidivtherapie 197 Kreatininclearance 183 Krebserkrankung – Aufklärung 217 – Betakarotin 239 – Dyspareunie 226, 227 – Erregungsstörung 226 – Gesprächsführung 217 – Hungerdiät 240 – Hypervitaminosen 239 – Kommunikation 217 – Libido 227 – Libidomangel 226 – metallischer Nachgeschmack 235 – Mineralstoffe 240 – Multivitaminpräparat 234 – Neovagina 228 – Omega-3-Fettsäuren 240 – Orgasmus 226–228 – psychische Begleitsymptome 216 – Sexualstörungen 226, 227 – sexuelle Probleme 226 – Spurenelemente 240 – Vitamin – – A 239 – – B 239 – – E 239 Krebspatient, Kommunikation 218 Krukenberg-Tumor 118
L Laparoskopie – CO2-Pneumoperitoneum 41 – Implantationsmetastasen 95 Lebermetastasen 177 Lebersonographie 21
257 Sachverzeichnis
Leiomyosarkom – Hysterektomie 52 – Lungenmetastasen 54 – Myome 50 – pelvine Lymphonodektomie 52 Leydig-Zell-Tumor des Ovars – Androgene 115 – Ovarektomie 115 LHRH-Analoga 22 Lunge, Lymphangiosis carcinomatosa 22 Lymphadenektomie – inguinale – – inguinofemorale Lymphadenektomie 143 – – Morbidität 142, 143 – intraoperative Palpation 95 – Komplikationen 68 – Lymphödem 68 – Lymphzyste 68 – pelvine 144 – Thrombose 68 – Wundheilungsstörung 68 Lymphknoten – apikale 9 – axillare 7, 8 – infraklavikulare 15 – inguinale 143 – – Isosulfanblau 142 – – klinisch suspekter 142 – – Patentblau 142 – – primäre Radiotherapie 143 – – Radio-Chemo-Therapie 143 – – Radiotherapie 144 – interpektorale 9 – Lymphadenektomie 104 – – axillare 104 – – inguinale 104 – Lymphödem 104 – pelvine 144 – supraklavikulare 15 – – Metastasen 104 Lymphknotenbefall, axillarer 15 Lymphknotenmetastasen, inguinale pelvine 143 Lymphödem 5, 14, 20, 200 – Angiosarkom 201 – Antibiotika 202
– apparative intermittierende Kompressionstherapie 202 – autologe Lymphgefäßtransplantation 202 – Definition 200 – Elefantiasis 200 – Erysipel 200 – komplexe physikalische Entstauungstherapie (KPE) 201 – Kontraindikationen 202 – Liposuktion 202 – Lymphdränage 20 – Lymphknotenmetastasen 200 – Lymphographie 201 – Lymphonodektomie 200 – lymphovenöse Anastomosierung 202 – Lymphszintigraphie 201 – Lymphzysten 201 – malignes 200, 202 – manuelle Lymphdränage 201 – operative Therapie 202 – postoperative Serombildung 200 – Prävention 201 – primäres 200 – sekundäres 200 – Sentinel-Lymphknoten-Biopsie 201 – Stadieneinteilung 201 – Strahlentherapie 200 – Thermotherapie 202 Lymphonodektomie 7 – axillare 12–15, 20 Lymphszintigraphie 14
M Magnetresonanztomographie (MRT) 5 Mamille – Sekretion 5 – Tätowierung 15 Mamma – Ablatio 6, 13 – atypische lobuläre Hyperplasie 12 – Bestrahlung 10 – Carcinoma in situ 5 – DCIS 10, 11, 14, 21
– – – –
K–M
duktulo-lobuläres Parenchym 6 Haut-Muskellappen-Plastik 15 intraduktales Karzinom 14 intramammärer Schwenklappen 12 – Kalzifikation 10, 11, 13 – lobuläres Carcinoma in situ 11 – Lokalrezidiv 20 – Lymphangiosis carcinomatosa 6, 14, 15 – Mikrokalk 10 – Morbus Paget 5 – MRT 4, 20 – Nachresektion 10, 14 – Nippel-Areola-Komplex 15 – onkoplastische Techniken 12 – plastisch rekonstruktive Operationen 14 – postoperative Bestrahlung 15 – Präparatradiographie 10 – Prothesenimplantation 14 – Quadrant 6, 7 – Reduktionsplastik 15 – regionale Lymphknoten 8 – rekonstruktive Operationen 10, 15 – Resektionsrand 10–12 – Rezeptorstatus 11 – Segmentektomie 15 – Sentinel-Lymphknotenbiopsie 14, 15 – Silikonimplantate 14, 15 – simultane Brustrekonstruktion 4 – Sonographie 5, 18, 20 – stereotaktische Biopsie 10 – TNM-Klassifikation 6 – Tumorbettboost 15 – Tumorexstirpation 12 – Wundheilungsstörung 12 Mammakarzinom 105, 119 – adenoid-zystisches 6 – Anthrazyklin 24, 26 – Antiöstrogen 19 – Aszites 25 – Axillarezidiv 20 – Bleomycin 25 – Brachytherapie 25 – Capecitabin 24 – Carcinoma in situ 8
258
Sachverzeichnis
Mammakarzinom – Chemotherapie 9 – – adjuvante 15, 17 – – neoadjuvante 18 – – präoperative 18 – Cyclophosphamid 24 – Familienanamnese 4 – Fernmetastasen 6, 9, 19–22 – Gefäßinvasion 15 – Gemcitabin 24 – Haut- und Weichteilmetastasen 25 – Hautmetastasen 21 – hereditäres 4 – Hirnmetastasen 22, 24, 25 – Hochdosistherapie 23 – Hormonrezeptoren 26 – hormonrezeptorpositives 16, 18, 19 – Hormonrezeptorstatus 17, 22 – inflammatorisches 6, 8, 12, 14, 18 – intraabdominelle Metastasen 25 – invasives 11 – – duktales 6 – – lobuläres 3, 6 – Ki-67 10 – Knochenmetastasierung 24 – Komedonekrosen 10 – kontralaterales 3 – liposomales Doxorubicin 24 – lokale Tumorkontrolle 20 – Lokalrezidiv 4, 11, 14, 17, 18, 21 – lokoregionäres Rezidiv 20 – Lymphangiosis carcinomatosa 22 – Lymphknotenbefall 26 – Lymphknotenmetastasen 9, 15 – medulläres 6 – Mikroinvasion 8, 10, 14 – Mikrometastasierung 12 – Mitoseindex 10 – Mitoxantron 25 – multifokales 7, 10 – multizentrisches 6, 13–15 – muzinöses 6 – neoadjuvante Chemotherapie 12 – Neoangiogenese 26 – Nodalstatus 7 – ossäre Metastasierung 24 – osteoplastische Knochenmetastasen 24
– – – – – – –
papilläres 6 Perikarderguss 25 Pleuraerguss 25 Polychemotherapie 22 primär systemische Therapie 18 primäre Prävention 5 prophylaktische Adnexexstirpation 105 – prophylaktische Operationen 4 – prophylaktische Ovarektomie 105 – Rekonstruktion 14 – Rezidivrisiko 16 – Risiko 5, 12 – Rückenmarkmetastasen 25 – Satellitenmetastasen 8 – Schwangerschaft 26 – S-Phase-Fraktion 10 – sporadisches 4 – Strahlentherapie 12, 17 – Stromainvasion 10 – szirrhöses 6 – Taxan 24, 26 – Thoraxwandrezidiv 21 – Trastuzumab 24 – tubuläres 6, 14 – Tumormarker 19, 21 – unifokales 14 – Vinorelbin 24 – Wirbelsäulenmetastasen 25 – Zweitkarzinome 4, 14 – zytostatische Therapie 17, 22 Mammaria-interna-Gefäß 20 Mammographie 3–6, 10, 12, 18–21 Mastektomie 4, 10–13, 21 – modifizierte radikale 13, 15 – subkutane 5 Meigs-Syndrom 114 Melanom – der Vagina 127, 128, 130 – – Bacillus Calmette Guerin 129 – – Chemotherapie 129 – – Dacarbazin 129 – – Immuntherapie 129 – – inguinale Lymphknoten 127 – – Kolpektomie 127 – – pelvine Lymphknoten 127 – – Radikaloperation 127 – – Radiotherapie 130
– – – – – – – – – – –
– Resektionsrand 127 – Vulvektomie 127 malignes der Vulva – Breslow-Tumordicke 149 – Chung-Invasionstiefe 149 – Clark-Invasionstiefe 149 – Exzision 149 – Invasionstiefe 149 – Sentinel-Lymphknoten-Biopsie 149 – Tumordurchmesser 149 – Wächterlymphknotenentfernung 149 Menarche 3 Meningeosis carcinomatosa 21, 25 Menopause 3, 16 Methotrexat 17, 187 – Nierentoxizität 187 – Stomatitis 187 Methyldopa 19 Milchgangfistel 26 Miltefosin 21, 187 – Hautmetastasen 187 Misteltherapie 238 Mitomycin B 187 – Lungentoxizität 187 Mitoxantron 188 – Kardiotoxizität 188 Morbus Paget der Vulva – Adenocarcinoma in situ 148 – einfache Vulvektomie 148 – inguinale Lymphadenektomie 148 – Lokalrezidiv 148 – Resektionsrand 148 Mukositis 182 Müller-Mischtumoren, maligne mesodermale 99 Mundschleimhautentzündung 232, 234 Mundtrockenheit 232, 234 Musculus – latissimus dorsi 12 – – Lappen 15 – pectoralis major 12 – pectoralis minor 9, 12 – subscapularis 12 Myalgie 184 – Docetaxel 184 – Paclitaxel 184 Myocet 23
259 Sachverzeichnis
N Nachsorge 131 – vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN) 128 Neoplasie – vaginale intraepitheliale (VAIN) 125, 128 – – CO2-Lasertherapie 125 – – Imiquimod 129 – – Kolposkopie 126 – – Laserdestruktion 126 – – Radiotherapie 130 – vulväre intraepitheliale (VIN) 135, 138, 145 – – bowenoide Papulose 145 – – Carcinoma in situ 136 – – Erythroplasie Queyrat 145 – – Imiquimod 145 – – Morbus Bowen 136, 145 – – Multifokalität 136 – – Multizentrizität 136 – – Photosensibilisator 146 – zervikale intraepitheliale – – Dysplasie 70 – – Elektrokoagulation 67 – – Konisation 67 – – Kryotherapie 67 – – large loop excision of the transformation zone (LLETZ) 66, 70 – – Laserkonisation 66 – – Laservaporisation 67 – – Messerkonisation 66 – – Portioabschabung 67 – – Portioringbiospie 67 – – Schlingenexzision 66 Nephrotoxizität 183 – Carboplatin 183 – Cisplatin 183 – Ifosfamid 183 Nervus – thoracicus longus 12 – throracodorsalis 12 Neurotoxizität 184 – Carbamazepin 184 – Cisplatin 184 – Gabapentin 184
– Oxaliplatin 184 – Paclitaxel 184 – Vincristin 184 – Vitamin E 184 Neutropenie – Antibiotika 180 – Breitbandantibiotika 180 – febrile 180 – Granulozytenkolonie-stimulierende Faktoren 180 – Herpesinfektion 180 – Infektionen 180 – pegyliertes Filgrastim 180 – Prophylaxe 180 Niereninsuffizienz 183 Nippel-Areola-Komplex 13 Non-Polyposis-Kolonkarzinom 34
O Oberbauchsonographie 19, 21 Obstipation 232, 233 – ballaststoffreiche Lebensmittel 233 Orangenhautphänomen 5 Osteoporose 19 Östrogene 3, 19, 33 Östron 33 Ototoxizität 184 – Audiometrie 184 – Cisplatin 184 Ovarektomie 4 – prophylaktische 5 Ovarialfibrom, Meigs-Syndrom 114 Ovarialkarzinom 4 – γ-Interferon 102 – Abdominalsonographie 88 – Adnexexstirpation 94 – Aneuploidie 91 – Appendektomie 94 – Aszites 88, 94, 205 – Aszitespunktion 94, 103 – Beckenrezidiv 103 – Bein-/Beckenvenenthrombose 97 – Blasenteilresektion 94 – Blutstillung 103 – Borderlinetumoren 92
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
BRCA-Mutation 105 Brustkrebsgen 1/2 (BRCA 1/2) 105 CA-125 102, 103, 105 Carboplatin 92, 99, 102 Chemosensitivität 97 Chemotherapie 99, 101 – adjuvante 99 – intraperitoneale 101 – neoadjuvante 94, 99 – platinhaltige 91, 92 Cisplatin 99 CT – des Abdomens 89, 102, 105 – des Beckens 89, 102, 105 Cyclophosphamid 99 Darmkomplikationen 103 Darmresektion 94, 95 Deperitonealisierung 94 Dermatomyositis 85 Dopplersonographie 88 Doxorubicin 99 Dünn-/Dickdarmteilresektion 94 Dünndarmkomplikationen 103 endometrioides 91, 98 familiäre Disposition 105 Fernmetastasen 90 fertilitätserhaltende Operation 94 Fistelbildung 97 Gastroskopie 89 Gesamtüberlebensrate 87 Gonadotropin-Releasing-HormonAnaloga 101 Goserelin 101 Harnstau 88 Hirnmetastasen 103 histologischer Typ 98 Hochdosischemotherapie 101 Hormonsubstitution 85, 102 Hormontherapie 101 Hysterektomie 85, 94, 102 Ileus 95, 97, 103 Immuntherapie 102 Infertilität 85 Intervalloperation 95 Interventionsoperation 95 intraoperative Schnellschnittuntersuchung 92, 94 In-vitro-Fertilisierung 85
M–O
260
Sachverzeichnis
Ovarialkarzinom 4 – Karnofsky-Index 92 – klarzelliges 91, 98 – klimakterische Beschwerden 102 – Kolonosigmoidoskopie 89 – Kolostoma 103 – Komplikationen 97 – Konsolidierungsradiochemotherapie 103 – Laparoskopie 86, 92, 94, 99 – laparoskopische Adnexektomie 105 – Lebermetastasen 94, 99 – Leuprorelinazetat 102 – Ligamenta infundibulo-pelvica 87 – Lymphadenektomie 87, 95, 104 – – Komplikationen 96 – – paraaortale 92, 94, 96 – – pelvine 92, 94, 96 – – systematische 96 – Lymphknoten – – inguinale 86 – – paraaortale 87, 104 – – pelvine 87 – – präskalenische 87 – – retroperitoneale 92, 94, 96 – – supraklavikuläre 86 – Lymphknotenmetastasen 87, 90 – Lymphödem 86 – Magenkarzinom 89 – Mammakarzinom 85, 105 – Mammographie 89, 102 – Menarche 85 – Menopause 85 – Milzmetastasen 88 – Mortalität 85 – MRT – – des Abdomens 89 – – des Beckens 89, 102 – muzinöses 91, 98 – Nachblutung 97 – Nulliparität 85 – Omentektomie 94 – optimale Zytoreduktion 99 – Östrogene 102 – Östrogensubstitution 85 – Ovarialzystenfunktion 89 – Ovulationshemmer 85 – Paclitaxel 92, 99, 102
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
paraaortale Metastasen 104 Peritonealbiopsie 94 Peritonealkarzinose 95 Peritonealmetastasen 90 Peritonealzytologie 92 Platin 99 platinrefraktäres Rezidiv 100 platinsensitives Rezidiv 100 Pleuraerguss 90, 94, 99, 104, 205 Pleurapunktion 94, 104 Pleurodese 104 Polymyositis 85 postoperative Resttumoren 92, 96, 103 prophylaktische Adnexexstirpation 105 prophylaktische Ovarektomie 105 Pulmonalembolie 97 Pyelographie 89 Radikaloperation 87, 94, 96, Radiotherapie 102, 103 – adjuvante 102 – externe 102 Rezidivoperation 95, 103 Risiko 5 Screening 85 Second-look-Operation 95, 103 seröses 98 serös-papilläres Adenokarzinom 96 Stadieneinteilung – FIGO 90 – TNM 90 Staging 86, 87, 94 Stoma 95 supraklavikulares Rezidiv 103 TAG-72-Tumormarker 88 Talkum 85 Thorakotomie 104 Thoraxröntgen 102, 104, 105 Thrombembolie 97 Thrombose 86 Tubenligatur 85 tumorassoziiertes Antigen 72-4 88 Tumormarker 102, 103 – CA-125 88, 105 – TAG-72 88 Tumorprogression 105 Tumorreduktion 87
– Ultraschall 85 – – des Abdomens 102 – undifferenziertes 98 – Vaginalmetastase 103 – Vaginalsonographie 88 – Zölomepithel 97 – Zystenexstirpation 92 – Zytoreduktion 92 Ovarialmalignom 110 – Metastasen bei nichtgenitalen Tumoren 119 Ovarialmetastasen – Adnexektomie 119 – Appendix 118 – Appendixkarzinom 118 – beidseitige Adnexexstirpation 119 – CEA 118 – CT des Oberbauchs 118 – Gallenblase 118 – Gastroskopie 118 – Hysterektomie 119 – Kolon 118 – Kolonkarzinom 118 – Kolonoskopie 118 – Lebermetastasen 118 – Lymphadenektomie 119 – Magen 118 – Mamma 118 – Mammakarzinom 118, 119 – metastatische Tumoren im Ovar 118 – Omentektomie 119 – Pankreas 118 – Rektum 118 – Resttumor 118 Ovarialtumor – Borderlinetumoren 91 – nichtepithelialer 110 Ovarsuppression 16, 17, 22
P Paclitaxel 17, 23, 188 – Hypersensitivitätsreaktion 188 – Neurotoxizität 188 Pankreaskarzinom 4 Paraffinschnitt 7
261 Sachverzeichnis
Paravasation 185 – Actinomycin D 185 – Dimethylsulfoxid 185 – Doxorubicin 185 – Epidoxorubicin 185 – Mitomycin C 185 – Paclitaxel 185 – Port-a-cath-System 185 – Vincaalkaloide 185 – Vincristin 185 – Vinorelbin 185 Parazetamol 180 Pektoralisfaszie 13, 15 Peritonealkarzinom, primäres 5 – abdominale Hysterektomie 159 – adjuvante Chemotherapie 159 – Adnexexstirpation 159 – Adnextumor 158 – Appendektomie 159 – Aszites 158 – BRCA-1/2-Positivität 158 – BRCA-Mutation 160 – Cisplatin 159 – Cyclophosphamid 159 – HER2/neu 159 – Hormonsubstitution 159 – Hormontherapie 159 – Kombinationschemotherapie 158 – Lymphknoten – – paraaortale 159 – – pelvine 159 – – retroperitoneale 158 – Müller-Gänge 158 – Omentektomie 159 – Paclitaxel 159 – platinhaltige Chemotherapie 158 – Radiotherapie 159 – Resttumorgröße 158 – retroperitoneale Lymphadenektomie 159 – Second-look-Operation 159 – Tumormarker CA-25 159 – Zölomepithel 158 – Zytoreduktion 159 Phytoöstrogene 5 Phytotherapeutika 19 Plazentabetttumor 166 – HPL (human placenta lactogen) 166
Pleuraerguss – Pleurodese 25, 205 Pleurapunktion 21 Polychemotherapie 16 – anthrazyklinhaltige 16 Prämenopause 17 Prävention 3 – primäre 4 Problem, psychisches 216 Prostatakarzinom 4 Proteolysefaktor, tumorassoziierter 7 Pseudomyxoma peritonei 91, 159 – Appendektomie 159 – Appendix 159 – Borderlinetumoren 159 – platinhaltige Chemotherapie 159 – zytoreduktive Operation 159 Psychotherapie – Krisenintervention 217 – Krisenmanagement 218 – psychologische Einzelberatung 217 – psychologisch-psychotherapeutische Intervention 217
R Radio-Chemo-Therapie 146, 192, 195 – Cisplatin 195 – der Vulva 145 Radiotherapie – Afterloading 75 – Brachytherapie 192, 193, 195 – Brust erhaltende Behandlung 197 – Brustaufbau 198 – Computertomographie 194 – der Vulva 145 – – 5-Fluorouracil 145 – – Komplikationen 145 – – Mitomycin C 145 – – Teletherapie 145 – des Beckens 146 – des Gehirnschädels – – Glioblastome 171 – – Hirnödem 171 – – Kortikosteroidgabe 171 – – Radionekrose des Gehirns 171
– – Zweittumoren 171 – Dünndarmkomplikationen 41 – Einzel- und Doppelstrangbrüche 192 – Elektronen 192, 193 – Fistelbildung 76, 196 – Fraktionierung 11, 15 – Gesamtbehandlungszeit 75 – hämorrhagische Zystitis 76 – HDR-Therapie 196 – Hydronephrose 76 – inguinale 146 – inguinale Lymphknoten 144, 146 – intensitätsmodulierte 192 – intensity modulated radiation therapy 195 – intrakavitäre Therapie 193 – intraoperative Bestrahlung 198 – intravaginale Brachytherapie 197 – kardiale Morbidität 197 – Knochenmetastasen 76 – Komplikationen 75 – LDR-Therapie 196 – Linearbeschleuniger 193 – lokale Tumorkontrolle 76 – Lymphstau 76 – Nebenwirkungen 196–198 – Paraaortalbestrahlung 76 – Parametrieaufsättigung 195 – pelvine 144 – perkutane 41 – Photonen 192, 193 – Radiosensitizer 76 – Röntgenstrahlen 192 – Schrumpfblase 76 – Strahlenpneumonitis 197 – Strahlentoleranz 75, 76 – supraklavikuläre Lymphknotenmetastasen 76 – Thoraxwand 197 – – Rezidiv 197 – Tiefendosis 194 – Tumorbettboost 15 – Tumorvolumen 194 – ultraharte Röntgenstrahlung 193 – Ureterfibrosen 76 – Vaginaldilatator 197 – vaginale Stenosierung 197
O–R
262
Sachverzeichnis
Radiotherapie – Vaginalrezidiv 76 – Vaginalstenose 196 – Zervixkarzinom 195 – Zielvolumen 194 Rezidiv, intramammäres 11, 21 Rhadomyosarkom, embryonales der Vagina 128–130 Risiko, thrombembolisches 17
S Sarcoma botryoides der Vagina 128 Sarkom – der Vagina, 7 auch Vaginalsarkom 127 – – Chemoresistenz 127 – – Chemotherapie 129 – – embryonales Rhabdomyosarkom 127 – – Radikaloperation 127 – – Radioresistenz 127 – uterines 50 Scapula alata 13 Schmerz, visuelle Analogskala 208 Schmerztherapie – Agranulozytose 210 – Antikonvulsiva 212 – Bisphosphonate 213 – Buprenorphin 210, 211 – Cannabinoide 213 – Ceilingeffekt 209 – Celecoxib 210 – Chordotomie 209 – Diclofenac 210 – Dihydrokodein 210, 211 – Erbrechen 212 – Fentanyl 210–212 – Hydromorphon 210, 211 – Ibuprofen 210 – kausalgiformer Schmerz 208 – Kodein 210 – Kortikosteroide 213 – Metamizol 209, 210 – Morphin 208, 210, 211 – Naproxen 210
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Nebenwirkungen 212 neuralgiformer Schmerz 208 Neurolyse 209 neuropathischer Schmerz 208 nichtsteroidale Antirheumatika 209 Niereninsuffizienz 211 Nozizeptorschmerz 208 Obstipation 212 opioidnaiver Patient 212 Opioidrotation 211 Oxycodon 210, 211 Parazetamol 209–211 Parecoxib 210 Pyrazolderivat 209 retardierte Opioide 211 Retardpräparat 209 Rofecoxib 210 Schmerzanamnese 208 somatischer Schmerz 208 Tramadol 210, 211 transkutane elektrische Nervenstimulation 209 – trizyklische Antidepressiva 212 – Übelkeit 212 – Überdosierung 212 – viszeraler Schmerz 208 Schwangerschaft, Zervixkarzinom 26 Schwenklappenplastik, muskulokutane 12 Sentinel-Lymphknoten – Biopsie, 7 auch Sentinel-nodeBiopsie 12, 15 – – der Inguinalregion 142 – Radionuklid 142 Sentinel-node-Biopsie 7, 14 Sertoli-Leydig-Zell-Tumor des Ovars, 7 auch Androblastom – Adnexektomie 115 – Androgenisierung 115 – Lymphonodektomie 115 – Omentektomie 115 – platinhaltige Chemotherapie 115 – Staging 115 Sertoli-Zell-Tumor des Ovars – Östrogene 115 – Ovarektomie 115 Sexualität 227 – Hysterektomie 228
– Strahlentherapie 228 Sinustumor, endodermaler – Bleomycin/Etoposid/Cisplatin (BEP) 113 – der Vagina – – α-Fetoprotein 131 Skelettszintigraphie 19, 21 Sterbebegleitung 218 Stomatitis 182 – Folinsäure 182 – Granulozytenkolonie-stimulierende Faktoren 182 – Methotrexat 182 – Neutropenie 182 Strahlentherapie – perkutane 193 – Vitamine 240 Stromasarkom, endometriales 50 Subileus 204 Syndrom, klimakterisches 19
T Tamoxifen 11, 16, 17, 22 Taxane 16, 17, 23 Teletherapie 130 Therapie – Brust erhaltende 12 – endokrine 7 – photodynamische 146 Thoraxröntgen 19, 21 Thrombopenie 181 – Thrombozytenkonzentrat 181 Thrombose 19 Topotecan 188 Toxizität, pulmonale – Bleomycin 183 – Lungenfibrose 183 Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) 240 Trastuzumab 7, 18, 23, 188 – HER2/neu-Rezeptor 188 – Kardiotoxizität 188 Treosulfan 188 Trophoblasterkrankung, gestationsbedingte 162, 164
263 Sachverzeichnis
Trophoblasttumor 162 – Abdominalsonographie 163 – Actinomycin B 166–170 – akutes Abdomen 163 – angiographische Beckenembolisation 172 – BEP-Schema 170 – Bleomycin 170 – Chemoresistenz 171 – Chemotherapie 164–167 – Chorionkarzinom 164 – Cisplatin 170, 171 – Cisplatin/Bleomycin/Etoposid (BEP) 168, 169 – Cyclophosphamid 169, 170 – der Plazentainsertionsstelle 165, 166 – diagnostische Kürettage 163 – Doxorubicin 168–170 – EMA-CO-Schema 168–170 – Etoposid 170, 171 – Farbdoppler 163 – Fernmetastasen 171 – FIGO-Score 164 – FIGO-Staging 163 – Folinsäure 170 – Ganzhirnbestrahlung 165 – Gehirnmetastasen 163, 165, 171, 172 – Gestose 162 – HCG 163, 167 – – β-HCG 165, 168, 169, 171, 172 – Hochdosischemotherapie 171 – hormonelle Kontrazeption 169, 171 – Hormontherapie 171 – Hyperthyreoidismus 162 – Hysterektomie 165, 172 – Hysteroskopie 163 – Ifosfamid 168, 169, 171 – intrakraniale Blutung 165 – intrauteriner Fruchttod 172 – Intrauterinpessar 171 – kindlicher Herzfehler 172 – Kontrazeption 171 – Kraniotomie 165 – Kürettage 167 – Lebermetastasen 165, 171, 172 – Liquorpunktion 163 – Lobektomie der Lunge 165
– Lungenmetastasen 164, 169, 172 – MAC-Schema 168–170 – Metastasen 164 – Methotrexat 166–170 – MRT 163 – Oxytozininfusion 165 – Paclitaxel 168, 169, 171 – Perforationsgefahr 163, 165 – Präeklampsie 162 – Prostaglandin 165 – Radiotherapie 168, 169 – Reproduktionsfähigkeit 172 – Saugkürettage 163, 165 – Schwangerschaft 162, 164 – Schwangerschaftsrisiko 172 – Screening 162 – Serum-β-HCG 164, 166, 167 – Spontanperforation 165 – Staging 164, 168, 169 – Strahlentherapie 171 – Thorakotomie 165 – Thoraxröntgen 163, 167, 171 – Tumordurchmesser 164 – Ultraschall 163 – – vaginaler 163 – Vakuumaspiration 163, 165 – Vincristin 170 – virale Blutung ex utero 165 – vitale vaginale Blutung 172 – WHO-Score-System 163 – Zysten der Ovarien 163 – Zytostatikaresistenz 165 Tubenkarzinom – adjuvante Radiotherapie 154 – Aszites 152, 153 – Bauchumfang 152 – Beckenrezidiv 154 – BRCA-1/2-Positivität 153 – Brustkrebsgen 1/2 (BRCA 1/2) – – Mutation 152 – CA-125 152 – Carboplatin 154 – Fernmetastasen 153, 154 – FIGO Annual Report 153 – Hormontherapie 154 – Hysteroskopie 152 – Infertilität 152 – intraoperative Tumorruptur 153
R–U
– – – – – – – – – – –
Kürettage 152 Lymphknoten – pelvine 152 – periphere 154 Lymphknotenmetastasen – supraklavikulare 154 Nulliparität 152 paraaortale Metastasen 152 Peritonealmetastasen 153 platinhaltige Chemotherapie 152 platinhaltige Kombinationschemotherapie 154 – prophylaktische Adnexexstirpation 153 – Resttumorgröße 152 – Rezidiv – – extraperitoneales 154 – – peritoneales 154 – Screening 152 – Sonographie 152 – Taxan 154 – Tumormarker CA-125 154 – vaginale Blutung 152 – vaginaler Fluor 152 – Vaginalsonographie 152 – Zervixabstrich 152 – zytoreduktive Operation 153 Tumor-Brust-Verhältnis 14 Tumorkachexie 25 Typ-2-Endometriumkarzinom 41
U Übelkeit 181, 232 – Actinomycin 181 – Cisplatin 181 – Dacarbazin 181 – Doxorubicin 181 – Epirubicin 181 – HT3-Serotonin-Rezeptorantagonisten 181 – Lorazepam 181 – Metoclopramid 181 – Ondansetron 181 – Risikofaktoren 181 – Tropisetron 181
264
Sachverzeichnis
Urotoxizität 184 – Cyclophosphamid 184 – Ifosfamid 184 Uterussarkom, 7 auch Sarkom, uterines – Abdomenspülzytologie 50, 51 – Adenosarkom 51–53 – Cisplatin 54 – Docetaxel 54 – Doxorubicin 54 – endometriale Stromatumoren 51, 52 – endometriales Stromasarkom 50, 53 – Endometriumkarzinom 50 – Epirubicin 54 – extrauterine Ausbreitung 52 – extrauteriner Befall 52 – Fernmetastasen 52, 54 – Gemcitabin 54 – Gestagen 53 – Hormonrezeptor 53 – Hormontherapie 53 – Hysterektomie 52, 53 – Hysteroskopie 50 – Ifosfamid 54 – Karzinosarkom 50, 51, 53, 54 – – homologes 41 – Kürettage 50 – Leiomyom 51 – Leiomyosarkom 50–52, 54 – Lokalrezidiv 53 – low-grade endometriale Stromasarkome 52–54 – Lungenmetastasen 50, 52, 53 – Lymphadenektomie 52 – Lymphangiosis carcinomatosa 51 – Lymphkotenbefall 52 – lymphogene Metastasierung 50 – Lymphonodektomie 53 – maligne, gemischte mesenchymale Tumoren 50 – maligner Müller-Mischtumor 51 – Megestrolazetat 53 – Metastasierung – – hämatogene 51 – – lymphogene 51 – Mitoseindex 52 – myometrane Invasion 51 – Myometriuminvasion 52 – Omentummetastasen 50
– – – – – – – – – – – – – –
Östrogenrezeptor 52 Ovarektomie 53 Ovarialmetastasen 50 Paclitaxel 54 paraaortale Lymphknotenmetastasen 50 Parametrium 52 Progesteronrezeptor 52 Radiotherapie 53, 54 – adjuvante 53 – pelvine 53 Spülzytologie 52 Tamoxifen 51 Taxane 54 Zervixbefall 51
V Vaginalkarzinom – 5-Fluorouracil 128 – Adenokarzinom 128 – Beckenlymphknoten 130 – Beckenwandrezidiv 129 – Bein-/Beckenvenenthrombose 123 – Blasenentleerungsstörung 125 – Bleomycin/Etoposid/Cisplatin (BEP) 128 – Brachytherapie 129 – Ca-125 131 – Carcinoma in situ 125 – Chemotherapie 126 – – neoadjuvante 127 – Cisplatin 128 – Diethylstilbestrol 128 – endodermaler Sinustumor 127 – Endometriumkarzinom 124 – Exenteration 131 – Fernmetastasen 123, 125 – Histologie 128 – HPV (human papilloma virus) 123 – i.v.-Pyelographie 124 – Ifosfamid 128 – invasives 131 – invasives Zervixkarzinom 123 – Kolpektomie 126 – – radikale 126, 127
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Kolposkopie 123, 124, 131 Lokalrezidiv 131 Lymphadenektomie – inguinale 126, 127 – pelvine 126, 127 Lymphknoten – inguinale 127, 130 – inguinofemorale 123 – pelvine 123 Lymphknotenmetastasen 125 – inguinale 130 lymphogene Ausbreitung 123 Melanom 128 MRT des Beckens 124 Neovagina 126 Östriol 129 Östrogene 131 Östrogensubstitution 129 palliative Strahlentherapie 131 PAP-Abstrich 124 Plattenepithelkarzinom 128 primäre Radiotherapie 124 primäre Strahlentherapie 124 Prognosefaktoren 124 Proktoskopie 124 radikale Hysterektomie 126 Radikaloperation 127 Radio-Chemo-Therapie 128, 130 Radiotherapie 125, 126, 129 – primäre 127, 128 Rektoskopie 124 Rektovaginalfistel 125 Sarkom 128 Scheidenmetastasen 124 Schiller-Abschabung 124 Schiller-Jodprobe 124 Screening 123 squamous cell carcinoma antigen 131 Strahlenatypien 131 Strahlentherapie 127 Strahlentoleranz 129 Teletherapie 129 vaginale intraepitheliale Neoplasie (VAIN) 128 Vaginalfibrose 131 Vaginalstenose 131 Vesikovaginalfistel 125
265 Sachverzeichnis
– Vincristin/Actinomycin/ Cyclophosphamid (VAC) 128 – Vulvektomie 127 – zentrales Beckenrezidiv 131 – zentrales Rezidiv 138 – zentrales Scheidenrezidiv 129 – zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN) 123, 128 – Zervixkarzinom 124 – Zystoskopie 124 – Zytologie 123 – zytostatische Therapie 128 Vaginalrezidiv, lokales 131 Vaginalsarkom – Chemotherapie 127 – Exenteration 129 – Karzinosarkom 128 – Radikalchirurgie 129 – Radiotherapie 129 – VAC-Schema 129 Vaginalsonographie 33 Van-Nuys-Prognoseindex 10, 11 Vena axillaris 12 Vincristin 188 – Neurotoxizität 188 Vinkaalkaloide 23 Vinorelbin 23, 188 – Neurotoxizität 188 – Venentoxizität 188 Virusstatus – Hybrid-capture-2-Test 61 Vitamine Vulva – Genitalwarzen 135 – HPV-Infektion 135 – malignes Melanom 149 – Radio-Chemo-Therapie 145 – Radiotherapie 145 – verruköses Karzinom 148 Vulvakarzinom – 5-Fluorouracil 145, 146 – Adenokarzinom 144 – Altersverteilung 135 – Ausbreitung 136 – Basaliom 144 – Becken 147 – Bein-/Beckenvenenthrombose 135 – Bisphosphonate 147
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Bleomycin 145 Blutgefäßinvasion 141 Chemotherapie 146, 148 Cisplatin 145 Elektrokoagulation der Vulva 144 Elektroresektion 144 Exenteration 147 Fernmetastasen 138 FIGO-Stadium 136 Hautmetastasen 146, 147 Hormonsubstitution 145 Hormontherapie 145 Immunsuppression 135 Impfstoff 145 intraoperative Schnellschnitthistologie 140 Invasionstiefe 140 Kolostomie 147 Kolposkopie 137 Leber 147 Leistenrezidiv 141 Lichen sclerosus et atrophicus 135 lokale Exzision 138 Lokalrezidiv 136, 138, 146, 147 Lunge 147 Lymphadenektomie 138 – inguinale 140 – inguinofemorale 136, 141, 142, 146 – pelvine 146 Lymphgefäßinvasion 141 Lymphknoten 145 – inguinale 135–138, 145–147 – pelvine 145 Lymphknotenmetastasen 141 – inguinale 136, 138, 140, 141 – pelvine 136 Lymphknotenstatus 141 Lymphödem 135, 142 lymphogenes 136 Lymphzysten 142 M.-gracilis-Hautlappenplastik 144 Melanom 144 mikroinvasives 138 Mitomycin C 145, 146 Nachsorgeschema 147 Nephrostomie 147 Nikotinabusus 135 Östrogene 145
U–W
– plastisch-rekonstruktive Operation 144 – Plattenepithelkarzinom 144 – radikale Vulvektomie 136 – Radio-Chemo-Therapie 145 – Radiotherapie 145, 146 – – palliative 146 – Rektoskopie 137 – Resektionsabstand 138 – Resektionsrand 145 – – positiver 136 – Rezidivoperation 147 – Risikofaktoren 135 – Sarkom 144 – Schwenklappenplastik 144 – Skelettsystem 147 – Staging 136, 141 – Stanzbiopsie 136 – Stromainvasion 138 – Tensor-fasciae-latae-Lappenplastik 144 – Thrombose 142 – Toluidinblauprobe 137 – Tumordifferenzierungsgrad 141 – Tumorgröße 140, 141 – Tumormarker 147 – Tumorrezidiv 146 – Tumorstadium 140 – Urethra 140 – Urethrozystoskopie 137 – Vulvektomie 143 – – radikale 143 – – skinning 143 – Vulvoskopie 137 – Wundheilungsstörung 142 – Zytologie 137, 147
W Wächterlymphknoten – Biopsie der Inguinalregion 142, 143 – intraoperativer Schnellschnitt 143 – Lymphknotenmetastasen 143 WHO-Klassifikation 188
266
Sachverzeichnis
Z Zervix – Adenokarzinom 72 – Plattenepithelkarzinom 40, 71 – Zytologie 60 Zervixkarzinom – Adenokarzinom 59, 64, 66, 70, 196 – Adenoma malignum 70 – adenosquamöses 70 – adjuvante Radiatio 73 – Adnexexstirpation 68 – Adnexmetastasen 68 – Anämie 62, 73, 75 – angiographische Tumorembolisation 81 – Beckenlymphknoten 63 – Beckenrezidiv 78 – Beckenwand 63 – – Rezidiv 80 – Bestrahlungsplanung 73 – Bethesda-Klassifikation 59 – Biospie 79 – Blasenentleerungsstörung 67 – Brachytherapie 73, 74, 79, 196 – – interstitielle 75 – bullöses Schleimhautödem 656 – Chemo-Radio-Therapie 66 – Chemotherapie 72 – – adjuvante 68, 71 – – neoadjuvante 69, 71 – – palliative 71 – Chlamydieninfektion 59 – Cisplatin 79 – CT – – des Abdomens 64, 73, 77 – – des Beckens 64, 77, 79 – Dargent 69 – Dünnschichtzytologie 59 – Dysplasie 59 – endometrioides 70 – Exenteration 66, 69, 71 – – hintere 79 – Exkochleation 79 – Feinnadelbiospie 79 – Fernmetastasen 62, 65, 69, 78, 80 – Fertilität 69
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Fistelbildung 67, 78 Harninkontinenz 67 Harnstau 63, 78, 79 Hormonsubstitution 72 human papilloma virus (HPV) 59 – Hochrisiko-Viren 59 – Impfstoff 72 – Infektion 59, 72 Hydronephrose 69 Hysterektomie 79 Imiquimod 72 Immuntherapie 72 Infiltrationstiefe 62 Isthmuskarzinom 68 klarzelliges 70 kleinzelliges 66 Knochenmetastasen 78, 80 Knochenszintigraphie 78 Kolostoma 69 Kolpektomie 69 Kolposkopie 35, 60, 62 Kondylom 59 Konisation 66, 81 Kontrazeption 59 Laparoskopie 69, 75 Latzko 66 Lebermetastasen 64, 65, 80 – paraaortale 65 Lungenmetastasen 66, 79, 80 Lymphadenektomie – laparoskopische 69 – paraaortale 66, 68, 79 – pelvine 66–69 Lymphangiosis carcinomatosa 195 Lymphgefäßeinbruch 62, 66 Lymphknoten 195 – mediastinale 61 – paraaortale 61, 62, 64, 68, 74, 75, 79 – pelvine 61, 62, 64, 68 – retroperitoneale 68 – supraklavikuläre 61 Lymphknotenmetastasen 64, 66, 68, 80 – paraaortale 62 – retroperitoneale 62 Lymphknotensampling 196 Lymphödem 69, 78 mikroinvasives 70
– – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
Mikrokarzinom 66 MRT 81 – des Beckens 63, 73, 79 Nachsorge 77 Nephrostoma 78 neuroendokrines, kleinzelliges 70 Nierenfunktion 78 Niereninsuffizienz 75 Nierensonographie 63 Nierentransplantation 59 Nikotinabusus 59 Ovarialfunktion 67 Ovarialinsuffizienz 69 PAP – Abstrich 79 – Zytologie 78 paraaortales Rezidiv 80 parametraner Befall 62, 67 Parametrien 74, 75 – Exzision 69 Parametrium 63, 67 Parität 59 Peritonealkarzinose 69 Plattenepithelkarzinom 66, 70, 74 Positronenemissionstomographie (PET) 64, 73 postoperative Therapie 68 Präkanzerose 59 Pyelographie 63 radikale Hysterektomie – abdominelle 66, 67 – vaginale 69 radikale Parametriumresektion 67 radikale Trachelektomie 69 Radikaloperation 73 Radio-Chemo-Therapie 62, 67, 71, 72, 75, 76, 79 – adjuvante 68, 71, 76 Radionuklid 74 Radiotherapie 62, 64, 72 – adjuvante 68 – externe 73 – postoperative 67 – primäre 69 Rektosigmoideoskopie 73 Rektoskopie 63 Resektionsrand 196 Schauta 69
267 Sachverzeichnis
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Scheidenmanschette 67 Schwangerschaft 81 – Lungenreifeinduktion 81 – neoadjuvante Chemotherapie 81 – Radio-Chemo-Therapie 81 Screening 59 Selbstkatheterismus 67, 69 Sentinel-Lymphknoten 68 seröses 70 Skalenusmetastasen 69 Spekulumeinstellung 63 Spekulumuntersuchung 62 squamous intra-epithelial lesion – high-grade 59 – low-grade 59 SSC 64 Staging 69, 73, 78 Stromainvasion 196 supraklavikulare Metastasen 69 Teletherapie 74, 79 Thoraxröntgen 63, 77 Thrombembolie 69 Tonnenkarzinom 63 Trachelektomie 66 Transformationszone 59 Transposition der Ovarien 69 Tumordurchmesser 62, 195 Tumorgröße 62, 195 Tumormarker 77 Tumorvolumen 62 Ulkus 63 Ureterinfiltration 63 Ureterobstruktion 62, 73 Ureterovaginalfistel 67 Ureterstenose 63 Vaginalrezidiv 78, 80 verruköses 70 Vesikovaginalfistel 67 villoglandulär-muzinöses 70 Vita sexualis 67 Wertheim-Meigs/Piver 66 Wundinfektion 69 zentrales Beckenrezidiv 80 zentrales Rezidiv 79 Zervikalkanalkürettage 62, 66, 78 Zirkumzision 59 Zystoskopie 63, 73 Zytologie 60, 61
Zink, Geschmackssinn 240 ZNS-Toxizität 184 Zytologie – der Zervix – – ASCUS 60 – – Carcinoma in situ 60 – – CIN III 60 – – Dysplasie 60 – – Münchener Nomenklatur 60 – Dünnschichtzytologie 61
Z
Farbtafel
270
Farbtafel
. Abb. 1.3. Mammakarzinom: großer T3-Primärtumor rechts (5,5 cm)
. Abb. 2.4. Vaginalmetastase eines Endometriumkarzinoms
. Abb. 1.4. Inflammatorisches Mammakarzinom
. Abb. 1.5. Morbus Paget der Mamille
. Abb. 4.1. Leukoplakie/essigweißes Epithel bei der Kolposkopie der Zervix (histologisch CIN III)
271 Farbtafel
a c
b . Abb. 4.3. Invasives Zervixkarzinom
d
272
Farbtafel
a
b . Abb. 4.5. Zervixkarzinom FIGO IIIa. Abgrenzung von Primärtumor und Uterus (rot), der regionalen Lymphabflusswege (türkis), Blase (orange) und Rektum (braun), Ausblockung gesunder Strukturen durch computergesteuerte Metallblenden im Bestrahlerkopf (horizontale weiße Linien)
. Abb. 4.6. CT-Rekonstruktion mit Darstellung des Tumors (rot), der Lymphabflussbahnen (türkis) und benachbarter gesunder Strukturen (Blase, orange) im »beams eye view«
273 Farbtafel
c . Abb. 5.1. c Supraklavikularmetastase links bei fortgeschrittenem Ovarialkarzinom
a
b . Abb. 4.7. Iridium-192-HDR-Brachytherapie, Isodosenplan nach Insertion der Radionuklidträger in das Cavum uteri (türkis) und in die Vaginalfornizes (grün) in der x- und z-Ebene, Bestrahlungsziel wird von Isodose (Punkte gleicher Dosis) (rot) homogen umschlossen, grüne und orange Isodose: verdeutlichen den steilen Dosisabfall
274
Farbtafel
a
b
. Abb. 5.3. Ovarialkarzinom im fortgeschrittenen Stadium: Diaphragma (a) bzw. Darmoberfläche (b)
. Abb. 8.1. Klinischer Hinweis auf Vaginalkarzinom
a . Abb. 5.4. a Zustand nach systematischer paraaortaler Lymphadenektomie (nach Ovarialkarzinom)
b
. Abb. 9.1. b zerfallene Lymphknotenmetastasen bei fortgeschrittenem Vulvakarzinom
275 Farbtafel
a
b
d
c
. Abb. 9.2. a Frühinvasives Vulvakarzinom, b Leukoplakie mit vulvärer intraepithelialer Neoplasie Grad III (VIN III) mit begleitendem Vulvakarzinom, c Morbus Bowen der Vulva (VIN III), d Vulvakarzinom (invasiv)
276
Farbtafel
. Abb. 14.3. High-dose-rate(HDR)-Gerät
. Abb. 14.4. Definitionen des Bestrahlungsvolumens
. Abb. 14.5. Dosisverteilung einer 3D-computergeplanten Radiotherapie des Beckens