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Weltgeschichte in spannenden Einzelheften Jedes Heft 64 Seiten
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H I S T O R I S C H E
R E I H E
Weltgeschichte in spannenden Einzelheften Jedes Heft 64 Seiten
Heftpreis 75 Pfg.
LUX HISTORISCHE REIHE bringt in fesselnder Darstellung, plastisch und farbig, Zeitbilder und Szenen aus dem großen Abenteuer der Menschheitsgeschichte. Menschen, Völker, historische Schauplätze und Landschaften aus allen Zeitaltern der Vergangenheit erstehen in bunter Folge vor dem Auge des Lesers. Geschichte wird hier zur lebendigen Gegenwart. Jedes Heft gibt ein abgerundetes und in sich abgeschlossenes Bild des dargestellten Zeitraumes. Titel der ersten Tiefte; ' 6. 7. 8. 9. 10.
Sphinx am Strom Priester und Magier Götter und Helden Die Griechen Die Perserkriege
Die Tempel Athens Alexanderzug Pyrrhus — der Abenteurer Hannibal Untergang Karthagos
Titel der folgenden Nummern : Kaiser ohne Krone Das Goldene Rom Die ersten Christen Caesaren und Soldaten Germanen züge Die Hunnenschlacht Die Mönche von Monte Cassino Der Prophet Allahs Karl der Große Heiliges Römisches Reich Kaiser und Päpste Die Kreuzfahrer Friedrich Barbarossa Die Hohenstaufen Bürger und Bauern Die Humanisten Der Schwarze Tod Die Renaissance Neues Land im Westen
Fahrendes Volk Ritter und Landsknechte Kaiser der Welt Der Große Krieg Der Sonnenkönig Ruf übers Meer Der Preußenkönig Rokoko Im Schatten der Bastille General Bonaparte Kaiser Napoleon Kongreß in Wien Eiserne Straßen Der vierte Stand Verschwörer und Rehellen Sieg der Technik Bismarck Die rote Revolution Demokratie und Diktatur
und viele weitere Hefte. LUX HISTORISCHE REIHE bringt jedes Heft mit farbigem Umschlag, Illustrationen, Geschichtskundlichen Landkarten, Anmerkungen und Zeittafel.
VERLAG SEBASTIAN LUX - MURNAU VOR MÜNCHEN
LUX
H I S T O R I S C H E
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OTTO Z I E R E R
SPHINX AM STROM VON DER VORZEIT BIS ZUR HOCHKULTUR ÄGYPTENS
VERLAG SEBASTIAN LUX MURNAU • MÜNCHEN • INNSBRUCK • ÖLTEN
EINLEITUNG Weit spannt sich der Himmel über die Tage und Nächte der Urzeit. Riesenhafte, fremdartige Tiere brechen sich durch seltsam verschlungene Wälder Bahn, ungebändigt wüten die Elemente, und das Klima schwankt von dunstbrütender Tropenhitze zur tödlichen Erstarrung der Eiszeiten. In diese wogende, urtümliche Sagenwelt tritt nach einer zehn Millionen Jahre umfassenden Aufwärtsentwicklung um 600000 vor Christus das schwächste und nach seinen körperlichen Gaben hilfloseste aller Geschöpfe, der Mensch. Ihm fehlen die Kraft des Bären, die Schnelligkeit des Hirsches, die Krallen und Zähne des Tigers und die Vermehrungsfähigkeit der bedrohten Kreatur. Aber hinter seiner niederen Stirn glüht der göttliche Funke des Geistes, in seiner schlummernden Seele leuchtet die Ahnung einer höheren Berufung. Und so beginnt der künftige Herr der Erde einen Weg, der durch Kämpfe, Opfer und Mühen zum Triumph über die Naturgewalten, zum erleuchteten Tor der Kultur und auf die helle Bahn der Geschichte führt. Als einen der ersten Europäer hat die Vorgeschichtsforschung den Neandertal-Menschen erkannt, dessen früheste Spuren in der dritten Warmzeit um 150000 v. Chr. sichtbar werden. Der Neandertaler lebt bis weit in das Zeitalter der letzten, der vierten Eiszeit, bis er um 80000 v. Chr. von einem neuen Menschenwesen abgelöst wird, dessen Nachkommen im 4. und 5. Jahrtausend v. Chr. zu ersten unterscheidbaren Kulturvölkern werden.
Im halbtropischen, wild wuchernden Wald stehen drei Menschen und starren in die tiefe Fallgrube, aus der das ängstliche Trompeten eines jungen Mammuts dringt. Die Luft hängt feuchtschwül und bewegungslos unter dem dichten Laubdach. Die brütende Hitze ist unerträglich, die Männer 1 lösen die Gürtelriemen und werfen die kurzen, aus rohen Fellen gefertigten Lendenschürzen ab. Die gedrungenen, muskulösen Körper sind von Sonne und Schmutz dunkelbraun gegerbt. Die Haare hängen um die fliehenden Stirnen, unter den stark hervortretenden Brauen schauen große Augen scharf hervor. Die breit vorstoßenden Kiefer und kraftvollen Gebisse werden von Bartgestrüpp verdeckt. Der größte der Wilden reibt sich mit der kräftigen Hand nachdenklich die platte Nase. Einen Augenblick überlegt er, dann winkt er den Gefährten zu. Sogleich beginnen sie Felstrümmer aus dem nahen Flußbett heraufzuschleppen und neben die Grube zu schichten. Bei ihren Gängen hangabwärts begegnen sie den Frauen, die langgezogene Lederschürzen tragen. Eine Schar Kinder läuft hinterher. Die Familie hat wie alle Tage ihre Anstrengungen zur Erhaltung des Lebens geteilt. Die Frauen und Kinder sind zum Sammeln der Früchte ausgegangen, die Wald, Feld und Wiese bieten. In den roh angegerbten Lederbeuteln sind Wurzeln, Nüsse, Pilze und wilder Hafer, kleine Tiere, Vogeleier und Muscheln. Um den Hals tragen die Frauen als bescheidenen Schmuck die durchbohrten Wirbel eines erlegten Bären. Als die Männer ihnen die frohe Kunde zurufen, lassen die Frauen und Kinder die mühselige Sammelarbeit und rennen, schreiend vor Erregung und Gier, mit rasch aufgerafften Steinbrocken zum Schauplatz der Jagd. 3
Das junge Mammut wird Fleisch für viele Tage geben. Der stete Begleiter dieser Menschen, der Hunger, ist für lange Zeit gebannt. Sie rollen die mächtigen Felsbrocken keuchend in die Grube, in der, verwundet durch die angespitzten Pfähle, der Elefant vergeblich rast, trompetet und endlich klagend verendet. Als sich das zottige Tier nicht mehr regt, springen die Männer in die Grube hinab und beginnen mit dem Abhäuten. Der Dickhäuter hat eine fingerbreite, zähe Schwarte und einen dichten Pelzpanzer. Zwei Jäger stoßen ihre handgroßen, spitzen Feuersteinstücke 2 in das weichere Bauchfell; langsam, mit Anspannung aller Kräfte zerren sie die Steinkeile durch die Decke des toten Riesen. Der dritte folgt den Schnitten seiner Gefährten mit einem messerartigen Schaber, der die Haut vom Fleisch löst. Stundenlang arbeiten sie in der stickigen Enge der Grube, der Schweiß steht ihnen in Perlen auf der Stirn. Der Große reibt die vom Druck des grobkantigen Faustkeils aufgeschürfte Handfläche. Er hat schon mehrmals — um die mit Blasen bedeckte Haut zu schützen — kühlende Huflattichblätter untergelegt, aber sie halten nicht lange. Gesichter und Körper sind mit Blut beschmiert, ein unerträglicher, wilder Dunst lastet über den Männern, ihre nackten Füße gleiten aus in dem wirren, eklen Abfall von Eingeweiden und fetten, weichen Hautfetzen. Einer der Jäger scheint weniger rasch zu ermüden. Unentwegt schafft er weiter, hält den Faustkeil in der Hand und zerrt ihn reißend durchs Fell. Als ihn der Größere halb unwillig, halb verwundert fragt, ob ihm der scharfe Keil nicht die Handfläche zerschneide, zeigt er stolz sein Werkzeug vor. Er hat seine steinerne Faustwaffe durch Beschlagen mit einem bequemen Rundgriff versehen; eine einfache Verbesserung und doch eine Erfindung, die am Anfang eines unübersehbaren Weges steht. Knurrend klettert der Große aus der Grube, um sich ein ähnliches Werkzeug zu schaffen. Am Flußufer richtet er sich einen flachen Stein als Amboß zurecht, auf seinen Zuruf bringt ihm eine der Frauen einen Steinmeißel mit zugeschärfter Kante und ein kurzes, breites Holzstück. Er benutzt das Scheit als Hammer und beginnt zu schlagen, 4
bis der Stein in körnigem Bruch absplittert, die groben Kanten verschwinden und eine weiche Rundung entsteht. Aber ein einziger, allzu kraftvoll geführter Schlag bricht ein großes Stück aus der Schneide heraus. Der Faustkeil ist verdorben und kann höchstens noch zu kleinen Werkzeugen, wie Messerspitzen, Schabern oder Bohrern, verarbeitet werden. Wütend schleudert der Große das Holzstück in das wild dahinschießende Wasser. Einen Augenblick zögert er, ob er zu den Gefährten zurückgehen soll; dann weiten sich seine breiten, stumpfen Nasenlöcher, gierig saugt er den Wind ein, der ihm vom Lagerplatz, wo das kostbare, im hohlen Rohrstab mitgeführte Feuer zu heller Flamme entfacht ist, den Duft von bratendem Fleisch heranträgt. Mit schwerfälligem, wiegendem Schritt wendet sich der Häuptling dem Lager zu. Als er durch das Gebüsch auf die kleine Lichtung tritt, wo die Weiber das Fellzelt aufgerichtet haben, stutzt er, seine kleinen, flinken Augen mustern mißtrauisch einen Fremdling, der am Feuer sitzt und trockene Äste in die Glut schiebt. Dann geht er weiter und setzt sich stumm neben den Gast. Der Fremde stammt aus dem entfernten Gebirge und wandert von Zeit zu Zeit in die Täler. Stets führt er in seinem Fellsack ausgesuchte Feuersteine mit sich, die er als grobe Knollen aus den Kreidesteinwänden herausgebrochen hat. Der Fremde versteht sie zu dreieckigen und herzförmigen Keilen zurechtzuhauen oder zu Spitzen, die man mit Bast am Holzspeer oder an hölzernen Griffen befestigen kann. Die Feuersteine tauscht er gegen Felle, gegen einen Platz am wärmenden Feuer, eine Einladung zum Essen, und so erwirbt er sich handelnd und herumziehend seine Nahrung. Denn auch er lebt, wie alle, von heute auf morgen und macht sich wenig Gedanken über das, was später sein wird. Und mit der Scharfsinnigkeit, die die Not lehrt, hat er anscheinend das große Fleischmachen gewittert; grinsend zeigt er das weiße Gebiß und schüttelt verlockend den Sack mit den Feuersteinen. Vom Waldrand kommen die Jäger herüber; sie tragen auf wuchtigen Stangen die zerlegten, blutigen Stücke der Beute.
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Ungeheure Zeiträume werden durchmessen, ohne daß irgendeine Kunde von den Mensehen berichtet. Die schweigende Erde hat die spärlichen Eeste, Feuersteinkeile, Menschenschädel und allerhand geschickte, aus rohbehauenem Stein oder aus Knochen und Hörn gefertigte Werkzeuge aufgenommen, um sie für den Spaten künftiger Forscher zu bewahren. Seit die Mammutjäger durch die halbtropischen Urwälder gewandert sind, hat sich das Klima im nördlichen Teil der Erde zusehends verändert 3 . Der Norden, die Alpen und die Pyrenäen schieben erneut ihre Gletscher vor; zum vierten Male innerhalb von sechshunderttausend Jahren weicht die Wärme erbarmungsloser Kälte. Der Glutball der Sonne verliert sein lohendes Kot, leuchtet in silbrigem Gold und zieht tiefer über die Horizonte. Jährlich rücken die Gletscher sieben bis acht Kilometer weiter in die Ebenen vor. Gebirgshoch überlagert das ewige Eis die skandinavischen, die baltischen Länder und den Ostseeraum, das englische und das irische Land, die noch nicht als Inseln vom europäischen Festland abgetrennt sind, die Nordsee, das Alpenvorland und die ganze Schweiz. Die Fesselung großer Wassermassen durch die Vergletscherung senkt den Meeresspiegel, Landverbindungen zu Inseln, Brücken von Küste zu Küste entstehen. Aus den Bergländern und den nördlichen Ebenen flüchten Menschen und Tiere in die eisfrei gebliebenen Täler und Niederungen. Aus dem Bilde der Landschaft verschwinden die Wälder, die alten Jagdgründe der Jägerhorden. An ihre Stelle treten Steppen mit Hartgräsern, Kräutern, verholzten Stauden und niedrigem Gesträuch. Es sind noch immer die gleichen Neandertal-Menschen, vor deren Augen sich der erschreckende Wandel des Klimas und der Umwelt vollzieht. In den eisnahen Landschaften herrscht die Tundra vor, mit Mooren, Flechten und Zwergsträuchern. Aber es gibt noch immer viele jagdbare Tiere, die der Frühmensch schon kennt oder die das kältere Klima ihm zutreibt: das Mammut und das plumpe Steppennashorn, Wildpferd, Bison und Urrind, Höhlenbär, Rentier, Eisfuchs und Schneehase. Schweifend über weite Gebiete jagt er wie einst die tägliche Beute in Fallgruben, mit dem Holzspeer, der runden steinernen Wurfkugel oder im Nahkampf mit der furchtbaren Waffe des Faustkeils oder der langen Wurzelkeule. Er kennt die Wechsel und Wasserstellen, wo sich die Tiere sammeln.
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Mit Feuer und Brand, hinter Dornbuschhecken oder in Baumverstecken schützt er sich vor den Wölfen, Säbeltigern und Bären. Immer treibt es ihn und seine Sippe vorwärts, wenn die jagdbaren Tiere seine Nähe zu meiden beginnen und Beeren, Pilze und Früchte abgeerntet sind. Auf den ausgetretenen Pfaden des Wildes, an Flußläufen oder Berghängen entlang strebt er weiter, reicheren Jagdgründen und Fundstätten zu. Tausende Kilometer legt er imVerlaufe eines harten, immer gefährdeten Lebens zurück, das bei diesen Menschen der Vorzeit kaum länger als fünfzig Jahre währt. * Ein gewaltiger, von gelblichem Sonnenlicht erfüllter Himmel wölbt sich über die Landschaft weit im Westen. Ungezügelt strömen die smaragdgrünen Wasser eines Flusses an den überhängenden Felsufern dahin. Hier haben die Hochfluten Höhlen aus dem Gestein gewaschen und vorspringende Platten dachartig unterspült. Weiter landeinwärts erhebt sich das steile, von Schnee und Eis bedeckte Gebirge. Im Halbdunkel einer jener Höhlen kauern Weiber und Kinder einer Horde um das knisternde Lagerfeuer. Es sind noch immer die kurzen, gedrungenen Gestalten des alten Jägervolkes mit der etwas vorgebeugten Haltung, die runden Köpfe von einem Gewirr krauser Haare bedeckt. Als sich eine der Frauen erhebt, um zu dem Verschlag aus Stämmen und Astgeflecht im Hintergrund der Höhle zu gehen, sieht man, wie dünn und mager die Hüften und Schenkel dieser an stete Wanderschaft gewöhnten Menschen sind. Ein halbrohes, grobgenähtes Tierfell umhüllt rockartig die Lenden. Am Feuer unterhalten sie sich in ihrer naturhaft herben, wortkargen Sprache; Gesten erklären die Begriffe. Ihre Sorge gilt den fehlenden Nahrungsmitteln. Die letzten Tage haben unaufhörlichen, kalten Regen gebracht und es den sammelnden Frauen und den Jägern unmöglich gemacht, neue Vorräte heranzuschaffen. Aber nun hat draußen strahlendes Licht die düsteren Wolkenvorhänge beiseite geschoben, der Südwind weht über den glitzernden Fluß, und aus dem Tal röhrt der Schrei wandernder Tiere. Dort drüben, am anderen Ufer, ist das Jagdgebiet der Männer. . .
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Vorsichtig huscht die Horde auf den Wildpfaden dahin, geführt von einem riesigen Mann. Er trägt zwei Gegenstände mit sich, in der Linken einen Knochenstab, in der Rechten einen spitzen, an den Rändern scharf zugeschlagenen Faustkeil, dessen Grifffläche sorgfältig bearbeitet ist. Der Stab ist ein Zaubermittel. Er soll die Geister der getöteten Tiere verscheuchen, die über dem vergossenen Blute schweben. Denn diese Menschen, die hordenweise über den Kontinent ziehen, trotten nicht mehr teilnahmslos, von Wetter und Hunger als den wortlosen Mächten ihres Schicksals getrieben, durch die Wälder; sie haben begonnen, sich mit den höheren, erahnten Mächten des Daseins auseinanderzusetzen. Diese Jäger einer jüngeren Zeit denken weiter und grübeln tiefer als ihre Vorfahren. Mit den Gedanken sind die Schatten der Furcht vor dem Geheimnis des Todes, sind die Gespenster und die Unsicherheit über sie gekommen. Darum ist der Zauberstab nicht nur das Zeichen der Häuptlingswürde, sondern auch ein Schutz vor den ungreifbaren Gewalten, von deren Vorhandensein diese Menschen fest überzeugt sind. Langsam und geräuschlos verfolgen die Jäger die Fährten einer Renherde, die gestern unter den letzten Regensohleiern den Fluß überquert und sich in der Steppe verloren hat. Aber das scheue Wild wurde von Menschen vergrämt und ist flüchtig geworden. In den letzten Jahren drängen immer mehr wandernde Horden 4 von Sonnenaufgang herüber; denn der Westen ist wärmer als der Osten und zieht mit seinen wildreichen Grasflächen und seinem milderen Klima die Jäger und ihre Sippen aus den östlichen Steppen in die Lebensräume der „Eingesessenen". Der Häuptling gibt ein Zeichen, und lautlos versinken die Männer im hohen Gras. Auf der Lichtung, in die der Wildwechsel einmündet, grast eine Wildpferdherde. Vorsichtig verteilt der Anführer seine Jäger im Halbkreis, bis das Rudel fast eingeschlossen ist. Geduckt huscht der Tod durch die Wildnis, witternd hebt der Leithengst den Kopf — aber es ist bereits zu spät. Schon bricht es aus dem Unterholz hervor. Der gefährlichste Feind der Tiere — der Mensch — fällt in den Frieden der Herde ein; er giert nach Fleisch, nach dem Leben seiner Mitgeschöpfe. Mit donnernden Hufen, wiehernd vor Schreck und Angst, stiebt die Herde davon.
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Aber der Feind kämpft nicht nur mit Keule und Wurfkugel, mit Faustkeil und Feuersteinspeer — am furchtbarsten wird er durch seine überlegene List. Klug hat der Häuptling sein Jagen angelegt. Die Pferde lassen sich in ihrer rasenden Angst auf die Steilklippe der Felsen drükken. Als die ersten Tiere auszubrechen versuchen, werden sie von den Nachdrängenden über die Wände gestürzt. Erschöpft lassen die Jäger vom Rest der Herde ab und klettern zu Tal. Dort wird, was von der Beute noch lebt, getötet, das Wildpret mit Steinschabern abgehäutet und zerlegt. Beladen mit Fleisch für viele 'Tage, treten die Männer den Eückweg zu den Höhlen an. Dort läßt sich der Anführer der Horde mit seinem Anteil in einem Seitenstollen nieder. Sie nennen den Riesen um seiner Schnelligkeit und Kampftüchtigkeit willen den „Elch". Weib und Kinder kauern um die angefachte Glut des Feuers. Der dunkelhaarige Bruder des „Elchs", den die Horde den „Schwarzen" heißt, zerlegt das erbeutete Wildpret mit Feuersteinmessern und spießt die Stücke zum Anbraten auf Holzstäbe. Mit spitzovalem Faustkeil und einem Felsbrocken hämmert er die Knochen auf und schlürft das kräftige Mark. Während die Flammen knisternd das Fleisch bräunen, sind die Weiber nicht untätig. Die Töchter des Häuptlings sitzen und kauen Stück für Stück eine Rendecke durch, um das Leder weich und geschmeidig zu machen. Plötzlich hebt die Frau des Elch den Kopf, um den die Haarsträhnen nach hinten gebunden sind. Angst steht in ihren dunklen Augen. „Der Vater war da!" flüstert sie den Männern zu. „Wie kann das sein, daß einer, der starb, wiederkehrt? Heute nacht, als ich schlief, kam er zu mir, und ich sah ihn so lebendig wie vor seinem Tode. Aber er sprach nichts, sondern deutete nur stumm auf eine Herde von Wildpferden, die ihn verfolgte. Die Tiere hatten zersplitterte Knochen, gebrochene Augen, und sie bluteten aus vielen Wunden. Es waren die Pferde, denen der Alte das Leben genommen h a t . . . " Die Kinder drängen sich furchtsam ums Feuer, selbst in den Augen des riesigen Elch ist ein leises Grauen. „Wie kann dein Vater wiederkommen", sagt er, „haben wir ihn nicht gut versorgt? Am letzten Lagerplatz, 2(1)
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an der großen Flußschleife, liegt er in einer Grube; der Kopf ruht auf einem Stein, wir haben den Körper hockend gebettet, damit er schlafen soll."5 „Und er ist gefesselt worden wie alle Toten", fällt der Schwarze ein, „gebunden, um niemandem schaden zu können." „Er hat alles bekommen", zählt der Elch an den Fingern auf, „alles, was ein Toter braucht, um weiterwandern zu können: einen und noch einen Faustkeil, ein Stück Fleisch und (indem er alle Finger mit Ausnahme der Daumen vorzeigt) soviel eßbare Wurzeln." „Wer weiß, wie ihn die Geister im Totenland aufgenommen haben", murmelt die Frau, „die Wildpferde jagen ihn . . . " Schweigen lastet in dem raucherfüllten Raum. Auf den feuchtglänzenden Wänden geistern die Schatten der Hockenden. In den Köpfen dieser Menschen leben schon vielfältige und höhere Gedanken; die große Auseinandersetzung zwischen Jenseits und Diesseits hat in ihren Seelen begonnen. Was war das für ein grauer Schleier, der sich über das glühende Leben der Tieraugen legte, wenn der unheimliche Tod heranschlich? Fröstelnd stehen die einfachen Gemüter der Menschen vor dem gähnenden Tor, hinter dem sich die dunkle Welt jenseits des Daseins breitet, ihre Gedanken flattern wie ängstliche Vögel durch das Gestrüpp von Rätseln, die das Leben aufgibt. Fernes Grollen dringt von außen in die Höhle am Fluß, ein Gewitter steigt auf. Der Sonnenhimmel hat sich mit schwarzblauem Gewölk bedeckt, durch das die roten Feuerschlangen der Blitze zucken. Auch der grüne Fluß hat sich unter dem Wechsel des Lichtes verfärbt und seinen Spiegel in tiefes Schwarz gehüllt. Dämmerung fällt in die Höhlengänge, nur die Lagerfeuer werfen ihr flackerndes, huschendes Licht. Enger drängen sich die Menschen aneinander. Zwischen dem Abgrund ihres Fühlens und Denkens und dem weitaufgerissenen Tor des unausmeßbaren Alls stehen ihre Seelen ganz allein. Tier und Pflanze mögen sich jetzt unter dem ersten Ansturm der aufgewühlten Natur zur mütterlichen Erde ducken, enger mit ihr verbunden als der Mensch, den sein
Manni Hesse
Digital unterschrieben von Manni Hesse DN: cn=Manni Hesse, c=DE Datum: 2007.02.21 17:39:14 +01'00'
Denken aus dem Urgrund der großen Einheit losgelöst hat. Ihm bleibt nur der Mut, der trotzig sein Haupt zum Himmel erhebt. Der Elch als Führer der Sippe steht schwerfällig auf. „Wir werden deinem Vater neues Fleisch schicken!" — Er greift nach der Jagdbeute, schneidet ein Stück ab und wirft es in die Flamme. Zischend stieben die Funken auf. Der Tote mag sich die Nahrung aus dem Eauch des verbrennenden Opfers holen.
* Seit Jahrtausenden schon liegen die Pole des Erdballs, der Norden und die Gebirge Europas unter den tödlichen Gletschermassen. Als sich die Spuren der NeandertalJäger verlieren, tritt in diese Eiszeitwelt ein anderes Menschenwesen. Niemand kann mit Gewißheit sagen, welche Gründe es aus dem Osten herübergeführt haben. Niemand weiß auch, wohin die primitiven Jägerhorden der Frühzeit verschwunden sind. Die Menschen, die vor achtzigtausend Jahren die Jagdgründe der Neandertaler, dieser „frühesten Europäer", in Besitz nehmen, sind von hohem Wuchs und höherer Geistigkeit. Es sind die Nachfahren, aber nicht die Nachkommen der UrJäger und die Urahnen des heutigen Europäers. Sie sind noch immer Jäger und Sammler. Wo sie sich nicht in den bergenden Schoß natürlicher Erdhöhlen flüchten können, graben sie sich Wohngruben. Im Niederösterreichischen hat in unserer Zeit der Spaten des Vorgeschichtsforschers zwei dieser Wohnplätze freigelegt. Sie geben dem heutigen Menschen ein anschauliches Bild von der Lebensordnung und der Lebensweise dieses neuen andersartigen Menschentyps auf europäischem Boden. 6 ,,Die Fundstelle des ersten Lagerplatzes liegt nur 30cm unter der heutigen Oberfläche, der Boden war in einer Ausdehnung von mehreren Metern mit Sandsteinplatten bedeckt. Auf ihnen lagen noch die Mahlzeitreste, Knochen vom Mammut, vom wollhaarigen Nashorn, Ren und anderen Tieren zusammen mit Feuersteingeräten. Hier war also der große Platz, wo das Wild zerlegt wurde, wo die Jäger aßen. Die Steinplatten dienten als Unterlagen beim Zerlegen der Tiere und auch als Teller und Tisch. Die Zahl 11
Die Eiszeit Europas — — — Grenze der Hauptvereisung in der 1. Eiszeit ' ' ' ' Vergletscherungsgebiet in der letzten (4.) Eiszeit — England-Irland als Teil des europäischen Festlands
der Plätze läßt auf 8 bis 10 Personen schließen. Bei einem der Steine lag noch ein Zerstampfer aus Mammutstoßzahn, in der Nähe waren Muscheln als Schmuckstücke und Rötel. Es fand sich weiter eine große Anzahl von Feuersteinabfallstücken, und das sagt deutlich aus, daß hier die Steingeräte hergestellt wurden. Zwei Meter entfernt nach Nordwesten hin fand sich der Abkochplatz. Es ist eine kreisrunde Feuerstelle mit flacher Vertiefung in einer dicken Schicht von Brandresten. Man konnte hier auch erkennen, daß nicht Holz zum Brand verwendet worden ist, denn die Landschaft ist ja ohne Bäume. Es waren verkohlte Knochenstücke, die ins Feuer geworfen wurden, um damit zu heizen. Neben dem Herd lagen noch einige große unverbrannte Knochen, und einen Meter von die12
sem Herd entfernt befand sich auf der Nordseite ein Haufen von unverbrannten Mammutknochen, und zwar besonders Rippen und die Kieferteile von Backenzähnen. Dieser Berg war der Stapelplatz des Feuerungsmaterials... "Etwas später wurde der zweite Lagerplatz ausgegraben. Er befindet sich etwa 60 m südlich von dem ersten und bedeckt eine Fläche von 20 mal 14 Metern. Hier liegen in der Mitte eine große Abkochsteile und um sie herum die Mahlzeitplätze, die Küchenabfallplätze und die Arbeitsplätze der Feuersteinschläger . . . Das Zentrum des ganzen Lagerplatzes bildet der große Abkochplatz . . . Um den großen Platz herum lagen einzelne Steinplatten und seltsamerweise auch 18 kugelrunde Steinbildungen aus der Tertiärzeit. Sie lagen auf einem Fleck zusammen. Zweifellos waren es Spielkugeln, und schon mehrfach sind solche Spielkugeln an den eiszeitlichen Rastplätzen beobachtet worden . . . Das Interessanteste aber war südlich des großen Abkochplatzes die Wohnung: eine Wohngrube von fast rundem Grundriß mit ungefähr 2,5 m Durchmesser, bis 1,7 m tief in den Löß eingegraben. Der Boden war bedeckt mit einer dicken Schicht aus zahlreichen Knochen und Feuersteinen, und dadurch konnte man die Größe und Form der Wohngrubenanlage deutlich feststellen. Dadurch war auch der Winkel der Wohngrubenwand genau zu erkennen. Gegen Nordwesten und Norden waren senkrechte Wände vorhanden. Nach Osten zu waren sie nicht ganz senkrecht, und gegen Süden hob sich deutlich der Eingang ab, der als schiefe Ebene von der Oberfläche aus in die Grube führte. Aus der Lage der Hütte ergibt sich, daß der vorherrschende Wind Westund Nordwind war. In der Hütte fand sich eine Sitzbank. Ein länglicher Lößblock war beim Ausgraben der Grube stehengeblieben. Hier saß der Steinschläger. Um die Sitzbank herum lag eine große Menge von Feuersteinabsplissen. Die Grube war sicherlich mit einem Dach aus Reisig und Fellen bedeckt. Und Windschirme haben an der Nord- und Westseite Schutz vor Kälte und dem Wehen des Lößwindes gegeben. In einiger Entfernung von der Grube fand sich eine große Menge von Rötel und Graphit. In der Nähe lag ein großer Mammutstoßzahn, noch zwei Meter lang. Er war als Schlagbank benutzt worden. Die Oberfläche war durch 13
Abschläge ganz gerauht und abgetragen. Auf ihm hatte der Steinschläger seine Steine geschlagen, vielleicht wurden auch die Knochen auf ihm zerschlagen." * Vor 60000 Jahren erwacht, erstmals für uns sichtbar, in kleinen plastischen Figuren der Geist dieser Menschen zur Kunst7. Frauenbildnisse und Muttergöttinnen sind aus tiefen Bodenschichten zutage getreten, Zeugnisse, die bekunden, daß die Nachfahren der Neandertaler zu echten Kulturleistungen fähig gewesen sind. Vor 40000 Jahren beginnt sich auch die Mal- und Zeichenkunst groß zu entfalten. Gegenstand der Darstellung ist nun vor allem das Tier, das jagdbare Tier, das in der an sonstigen Nahrungsmitteln arm gewordenen Natur als Beute das Leben und den Fortbestand des Menschen sichert. Indem man das Tierbild an die Felswände, auf Knochen, Steinplatten und Elfenbeinflächen bannt, gibt man es in die Gewalt des Jägers. Mit schwarzer, roter, weißer Farbe wird gemalt. Zerstoßener Ocker mit Tierblut vermischt, ergibt den kräftigen und dauerhaften Farbstoff, der die Zeiten überdauert. Damit der Zauber wirksam sei, werden die Bilder in höchster Vollendung aufgetragen, und wo das Werk dem Eiszeitkünstler nicht genügt, wird es übermalt und von neuem begonnen. In Mammutzähne, Rengeweihe und auf Stein ritzte man Jagdtiere und Jagdszenen von kultischer Bedeutung — viele Generationen lang. Plötzlich, so wie sie erblüht ist, ist die altsteinzeitliche Bildkunst und Höhlenkultur wieder verschwunden. Vielleicht begrub sie ein Kälterückfall, der für Jahrhunderte erneut alles höhere Leben erstarren ließ. Gerätefunde nur berichten von den Nachkommen der kunstfertigen Maler und Schnitzer aus den Höhlen und Felsgrotten. Einsam und verloren fristeten die Menschen wieder ihr Dasein auf den Tundren und Steppen. Die Not lehrte sie zwar ihre Waffen und Geräte verfeinern — die Messer und Beile aus Feuerstein wurden nun scharf geschliffen und poliert —, aber kein Bildwerk erzählt mehr von ihren Träumen, keine Schnitzerei verrät, ob sie noch die Kraft besaßen, ihren Sinn auf Dinge zu richten, die über die Not des Alltags hinausreichten. 11
Eine lange Wegstrecke der Entwicklungsgeschichte der späten Eiszeit verläuft im Dunkel des Unerforschten. Jahrtausendelang schwankt das Klima zwischen wärmeren und kälteren Epochen; Binnenmeere entstehen, Urstromtäler bilden sich, von den rasenden Schmelzwassern der zurückweichenden Gletscher gegraben, und durch ungeheure Stürme werden rötliche Tonmassen, Ziegel- oder Lößerde wie ein Mantel auf der umgewühlten Erde abgelagert. Um 12000 v. Chr. schwinden die letzten Gletscher vom Saume des europäischen Festlandes. Unter den Wesen, die sich durch diese unübersehbaren, alles Leben umschaffenden Zeiten ans Ufer der Zukunft hinüberretten, ist auch der Mensch.
* Das zurückweichende Eis hat riesige Moore, Seen und Ströme hinterlassen. Auf dem vom Frost gebannten Untergrund vermag zunächst nur das Moos und Niederzeug der Tundra ein kärgliches Dasein zu fristen. Aber die Kälte ist gebrochen und gibt langsam die Erde frei, die nun, aufgelockert und mit Faulprodukten angereichert, wieder bereit ist, höheres pflanzliches Leben zu tragen. Eine zunehmende Umsetzung des toten Bodens in lebenspendenden Humus beginnt. Birke und Kiefer, dann der Haselstrauch beherrschen die Landschaft unter einem beruhigten Himmel. Der höher und dichter werdende Wald breitet sich aus und schafft die Braunerde, auf der bei ansteigender Wärme unter feuchten Westwinden bald auch Eiche, Rüster und Linde gedeihen. Noch einmal schwankt das Klima zurück, dann wird es endgültig wärmer. Nun treten an Stelle der bis dahin überwiegenden Eichen die Buchen und Fichten, der gemischte Laubwald bedeckt das Land. In diesen Jahrtausenden, die im Rhythmus der Ewigkeit wie eine Stunde vor Sonnenaufgang der Kulturmenschheit sind, vollziehen sich weithinwirkende Fortschritte, Taten von Namenlosen, die aber in den Auswirkungen ihre Zeit umformen und die Elemente schaffen, aus denen sich alle spätere Kultur entwickelt. Endlich macht sich das Menschengeschlecht vom Gesetz der allgegenwärtigen Not frei^beendet das Wirt15
schatten „von der Hand in den Mund", wie es die frühen Sammler und Jäger betrieben. Irgendwann und irgendwo bleibt eine Horde der wandernden Nomaden an den Ufern eines Sees sitzen, wird zu Fischern, die sich an das nahrungspendende Wasser gebunden fühlen; sie bauen festere, dauerhafte Hütten und schaffen sich erste Werkzeuge für die veränderte Lebensweise. Einer dieser Ersten gesellt sich den Helfer aus dem Tierreich zu; er zähmt den Ur-Hund, der nun die Hütte mit ihm teilt. Die Bindung an den Wohnplatz, das ständige Streben nach Unabhängigkeit von den Launen der Natur und nach Sicherung des Daseins lenken den Geist auf völlig neuartige Wege. Tapfer nimmt der Mensch sein Schicksal selber in die Hand, er wartet nicht mehr auf das, was ihm der Zufall an Früchten, Wurzeln und eßbaren Pflanzen beschert, sondern beginnt durch planmäßigen Anbau Einfluß zu nehmen auf die gabenspendende Erde. Schritt für Schritt erobert er sich das Pflanzenreich, kultiviert die ersten Ackerpflanzen, legt Gärten und Obsthaine an und wird vom Sammler zum Bauern. Spärliche Reste, die das Moor oder der Schutt verlassener Lagerplätze freigeben, berichten von den Großtaten und Entdeckungen dieser Zeit. Wielästigwar es, die Wasservorräte in den übelriechenden Leder- und Fellbeuteln zu befördern! Keine Möglichkeit, Wasser anders zu erwärmen als durch eingelegte heiße Steine. Irgendwo hat ein Fischer das Geflecht seines Weidenkorbes mit nassem Lehm verstrichen, um dem kleinen sich schlängelnden Fischzeug — den Weißfischen, Aalen und Krebsen — den Ausschlupf zu verlegen. Eines Abends kehrt er müde heim, vor der Hütte lodert zwischen Herdsteinen das häusliche Feuer. Die Jungen, die es schüren und bewachen sollten, haben einen allzu großen Holzvorrat auf die Brandstelle gehäuft, um draußen am Bache ungestört spielen zu können. Nun lodert die Flamme mannshoch, ergreift mit gierigem Gezüngel den Flechtkorb und verkohlt ihn. Schimpfend zerrt der Fischer den Korb aus der Glut, das Flechtwerk bröckelt verkohlt — aber trotzdem bleibt die Form des Korbes. Ein hartes, rötliches Gefäß aus gebranntem Ton ist entstanden. Die Menschheit hat ihr erstes Geschirr. Iß
Und irgendwo im Dunkel der Zeit und des Raumes sitzt der erste, der die grobe Form des behauenen Steinwerkzeuges mit Hilfe von Sand und Wasser zu glätten versucht, der zu schleifen beginnt. Als griffeste, wunderbar polierte und scharfgeschliffene Messer, Äxte und Schaber aus seinen Händen hervorgehen, verlieren die zackigen und rauhen Werkzeuge mit ihrem muscheligen, oft dem Zufall anheimgegebenen Bruch allen Wert. Von Stamm zu Stamm verbreitet sich die neue Arbeitsweise. Sie verändert das Alltags-Dasein des schaffenden und wehrhaften Menschen. Aus all diesen stumm gewordenen Zeiträumen klingen keine Namen und Botschaften herüber, nur das Geschaffene, das Werk erfindungsreicher Hände, steigt unter den Spaten der Forscher aus der Erde hervor. Man lernt den Anbau nützlicher Pflanzen und nimmt Nutztiere ins Haus: die Ziege, das Rind und später das Schaf; neben den herumziehenden Jägerhorden trifft man jetzt seßhafte Siedler mit festen Wohnbauten und kleinen Feldern. Irgendwann schuf einer dieser frühen Bauern aus einer starken Astgabel den ersten Pflug und tat damit den großen Schritt vom Hausgarten zum Acker; einmal begann eine findige Frau die Fasern der Gespinstpflanzen zu flechten und endlich zu weben; in aufbauender Arbeit vieler Geschlechter entstanden Spindel und Webstuhl. Die Kraft des Hebels, längst bekannt und erprobt, wurde nun sinnvoller ausgenützt; gestielte Hämmer und Äxte, Bohrer und Spaten entstanden. Einer dieser Namenlosen ist wie tausend andere vor ihm auf entastetem, geschältem Baumstamm ins Rollen gekommen und hat die gleitende, leichte Beweglichkeit, die in dem Rundholz steckt, beim Transport eines neuen Herdsteines angewandt. Aber die Lösung befriedigt noch nicht, oft ist leichtere Fracht zu befördern, die man lieber den schwerfälligen Schleifen und Schlitten anvertraut als den unhandlichen, wenig lenkbaren Rundhölzern. Und dann ist der göttliche Funke da, die Idee des Rades leuchtet aus dem Gehirn eines Frühmenschen auf. Er sägt mit steinerner Säge zwei Scheiben vom Rundstamm, verbindet sie mit plumper Achse und gewinnt alles, was zu den Bauelementen des künftigen Wagens gehört: leichte Beweglichkeit, geringes Eigengewicht und — nachdem 3(1)
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eine Deichsel als Leitholz befestigt ist — wendige Lenkbarkeit. Das entdeckte E a d rollt durch die weiten Länder und revolutioniert das Leben der Menschen; denn Hebel und E a d sind Vater und Mutter der kommenden Technik.
* In dieser Zeit der Frühgeschichte trennen sich die Wege des Nordens und des Südens. Die Kulturen der ersten Geschichtsvölker erblühen dort, wo eine reich gesegnete Natur der immer größer angewachsenen Menschheit Ackerund Siedlungsgebiete bereitgestellt hat, an den großen Strömen Chinas, Indiens, Vorderasiens und in Nordafrika in der „Stromoase" des Nil. Während die Gletscher sich aus dem europäischen Norden zurückziehen und eine allgemeine Erwärmung eintritt, ist auch die Wasserhöhe des Nil, der bis dahin das ganze Stromtal ausgefüllt hat, tiefer gesunken. Um 5000 v. Chr. — sieben Jahrtausende nach der letzten Eiszeit, — hat der Nilstrom seinen heutigen Stand erreicht und Uferstreifen freigelegt, die zur Anlage von Äckern geeignet sind. Gewaltige Regenfälle in seinem Quellgebiet und regelmäßige Überschwemmungen auf seiner Mittel- und Niederungsstrecke verändern den Wasserstand zur Ebbe und Flut.
* Jahraus, jahrein treibt der tropische Regenwind ungeheure Wolkenmassen vom Indischen Ozean her über die Hochländer Abessiniens. In den heißen Monaten ergießen sich die feuchten Luftströme in Dauerregen und Gewittern, das brauende Gewölk staut sich an den Hochgebirgskämmen und entlädt seine Wasserfluten. Nun stehen die phantastischen Kegelberge Abessiniens in wehenden Schleiern, blaue Nebelmassen verhängen die Gipfel ehemals vulkanischer Gebirge, und endlos prasselt der Tropenregen auf die Urwälder nieder; die Welt versinkt hinter einer Wand von Wasser. Die rasenden Fluten wühlen sich in die Flanken der Berge und reißen Asche und vulkanische Erde, die in Urzeiten von Feuerbergen über das Land gespien worden sind, zu Tal. In den tief eingesägten Schluchten und Gräben des wilden Landes 18
sammeln sich die Fluten zu Bächen, Flüssen und Strömen und drängen dunkel von Schlamm aus der abessinischen Hochfläche heraus einem Grabenbruch zu, der sich nordwärts zur sudanesischen Wüste zieht, dem Strombett des „Blauen Nil." Im Herzen des tropischen Afrika, weit im Lande der Sage, streben die Riesenhäupter der ostafrikanischen Gebirge zu den Wolken. Zu ihren Füßen dehnen sich unendliche Wälder — Saugschwämme der Feuchtigkeit —, und es blinken die gewaltigen Spiegel der Seen, denen die Bäche und Flüsse aus den Flanken der Hochgebirge zueilen. Auch diese Landschaft duckt sich im Sommer unter dem Geprassel der Monsunregen und schickt ihre überschüssigen Fluten ins Bett eines Stromes, der nordwärts davonzieht, seinen Rücken von weißem Brandungsschaum bedeckt; denn wütend stürzt er über die Felsbarren und Klippen, die sich seinem Laufe entgegenstellen, dem fernen Ziel entgegen. Bei dem heutigen Chartum, genau in der Mitte des gesamten Stromlaufs, vereinen sich dieser „Weiße Nil" aus dem Ostgebirge und der aus Abessinien kommende „Blaue Nil" zum großen Strome. Zwischen achthundert bis tausend Fuß hohen Sandsteinfelsen gräbt sich das Wasser seinen Weg. Manchmal sperren Barren aus härterem Urgestein seinen Lauf, dort stürzt der Nil über zerklüftete Wasserfälle; Felseninseln und Klippen ragen aus seinen dunklen Fluten. Bis Assuan überwindet der Strom sechs solcher Schnellen. Bei diesem Ort schneidet eine Granitwand, von der Libyschen Wüste zur arabischen laufend, durch das Tal, und die Fluten zwängen sich brausend durch eine schmale Enge. Dort ist die Grenze des alten Landes Ägypten. Von nun ab nimmt der Strom einen majestätischen, ruhigeren Lauf. Seine stürmische Jugend liegt hinter ihm, er ist ins schaffende Mannesalter eingetreten. Sein Weg führt mitten durch die Wunder der Welt. Eingeschlossen von zwei Wüsten, der Sahara im Westen und der arabischen Sandwüste im Osten, hat der Nil durch die belebende Kraft seiner Wasser ein paradiesisches Tal geschaffen. Hoch über dem Land wölbt sich der im gelben Sonnenlicht zitternde Himmel und gießt seine Lichtmassen über die Randberge, die in allen Farben glühend wie starre 19
Wächter der Wüste dem Wege des Stromes folgen. Vom majestätischen Tode umgeben, vom Schweigen der Einsamkeit umhüllt, geht in dieser Stromoase das Dasein auf schmalem Pfad dahin. Seit Jahrtausenden hat der Nil den zähen, fruchtbaren Schlamm der abessinischen Hochflächen und Vulkane herangetragen. Von Measohenhand sind Erde und Wasser sinnvoll verteilt. Damit die Hochfluten der Regenzeit die tiefgelegenen Teile des Tales nicht allzu rasch und verheerend überdecken, wurden schon in ältester Zeit Dämme und Kanäle mit Schleusen gebaut, die den Abfluß des Wassers regeln. Die Hochflächen aber, zu denen der feuchte Segen nicht emporsteigt, und die Uferäcker, die in den Zeiten des Tiefstandes verdorren würden, werden künstlich bewässert. Hier haben Menschen in Urtagen Schöpfvorrichtungen von der Art der Ziehbrunnen errichtet, die mühselig Eimer für Eimer das Wasser in die feinverästelten Gräben und Einnsale der Felder verteilen. Diese Menschen, die ihr Dasein an das größere Leben des Stromes geknüpft haben, nennen das Land nach der schwarzen, abgelagerten Erde „Kernet" — das Schwarze. Sie betonen damit den Gegensatz zum „roten Land" — den glühenden, tödlichen Wüstengebirgen, die als steile Klippen dem grünen Tale folgen. In alten Zeiten reichte das bebaute Land weit in die Seitentäler, in denen heute nur mehr versengte Sandflächen unter der brennenden Sonne liegen. Kurz bevor der Nil die seinen Lauf begleitenden Hochländer hinter sich läßt, öffnet sich an seiner linken Seite ein breites Becken, das heute Fajum genannt wird. In jenen alten Zeiten ergoß sich dorthin ein breiter Seitenarm und schuf den Mörissee, um dessen Ufer sich eine blühende Landschaft dehnte. Von dem See zeugt heute nur noch ein bescheidenes, zeitweise ausgetrocknetes Rinnsal, das sich in kleine versandende Gewässer verzweigt. Fajum im Süden des alten Memphis ist zur Oase in der Wüste geworden. Nördlich dieses Beckens, bei dem heutigen Kairo, treten die Gebirge ganz zurück, die letzten Felsen verlaufen in dem großen Delta 8 , das der Strom in vielen Jahrtausenden gebildet hat. Es ist ein von zahllosen Kanälen durchzogenes Schwemmland, ein tropisch wucherndes Paradies mit Papyrusdickichten 9 und stillen Lotosteichen. Schwärme von Vögeln und Wassertieren hausen in dem feuchtschwü20
len Gestrüpp, Krokodile wälzen sich faul auf den Sandbänken, und Flöße aus aufgeblasenen Ziegenschläuchen oder aus Tonkrügen treiben still auf der dunklen, kaum von einer Welle bewegten Fläche dahin. Älteste Überlieferungen erzählen von sieben starken Mündungsarmen des Nils, heute sind es nur noch zwei Hauptfiüsse, in denen der Nil seiner Mündung zustrebt. Er hat sein Greisenalter erreicht und mündet, wie das Volk glaubt, ein ins Unterirdische. Meilenweit färbt sich die blaue Flut des Mittelmeeres schwarz von den Schlammassen des Stromes. * Die Menschen der Frühzeit, die dieses riesige Tal und sein Delta in Besitz nahmen, wußten nichts von der Herkunft des Stromes. Sie sahen allein das Sinnbildhafte an ihrer Landschaft. Aus unbekannten Tiefen stieg der lebenspendende Strom empor. Sie meinten, er sprudele an der Südgrenze des Landes aus zwei Quellen, genährt von dem unterirdischen Nil der Toten. Denn im Ungesehenen, im unterirdischen Bereich der Götter, floß jener andere, geheimnisvolle Nil des Jenseits, an dessen Ufern die tote Menschheit lebte. Aus den ewigen Schlünden dieses geheimnisvollen Landes erhob sich die belebende Flut des Stromes zum Licht, durchfloß überirdisch Jugend und Reife, um schließlich einzumünden in jene andere Ewigkeit des Meeres, so wie das Dasein aus dem Ungewissen herkommend ins Ungewisse geht. Unterirdischer und oberirdischer Nil, Jenseits und Diesseits bildeten einen Ring, in dem Lebensgefühl und Lebensordnung des Volkes begrenzt waren. Uralt sind die religiösen Vorstellungen, die sich aus dem besonderen Charakter dieses Landes ergeben. Osiris ist der Gott des Fruchtbaren, die Verkörperung der Leben schaffenden Kraft des Stromes. Nach dem Götterglauben der Ägypter ertrinkt er in den Fluten, um nach drei Tagen wieder zu neuem Dasein aufzuerstehen. In dieser Sage spiegelt sich das jahrtausendalte Erlebnis der Menschen am Strome wider: Der Fluß, der in der Regenzeit die blühenden Ufer unter seinen Wassermassen begräbt, erweckt damit zugleich das tausendfältige Leben der neuen Ernte. In Tod und Wiedergeburt voll21
zieht sich der Kreislauf des Ewigen. Ein Dichter des alten Ägypten umschreibt das Wunder des Nils in einem Bilde von bezwingender Kraft: „Drei Monate ist Ägypten eine weiße Perle, drei Monate eine schwarze Haut, drei Monate ein grüner Smaragd und drei Monate rotes Gold . . . " Der weißen Perle ährfelt das Land vom Juli bis zum September, wenn das überschwemmte Tal eine einzige Wasserfläche ist. Vom Oktober zum Dezember, wenn das Wasser zurücktritt und der fruchtbare Schlamm alles bedeckt, ist es eine schwarze Haut. Vom Januar zum März gleicht Ägypten dem grünen Smaragd, denn nun grünen und sprießen Hain und Saatfeld, und vom April bis zum Juni wogt das Tal vom goldenen Segen der Weizenfelder. Das ist der Schauplatz für den ersten Auftritt einer geschlossenen Kultur, ein scharf umgrenztes Stromtal voller Wunder und Geheimnisse — ein Land, in dem Tod und Leben dicht nebeneinander hausen.
Ein samtener Nachthimmel mit flimmernden Sternen spannt seinen leuchtenden Bogen über das Tafelland. Vor ärmlichen, lehmgebauten Dörfern, im Schatten der Palmen, heulen Schakale, und angstvoll gibt das Blöken der Schafe und das Gebrüll der Einder aus Ställen und Hürden Antwort. Im Tale raschelt der Nachtwind in den Papyrusdickichten, Nilpferde brechen aufgestört durch die Uferbuchten und scheuchen Schwärme von Vögeln auf. Auf dem breiten Strom aber zieht ein stiller Segler dahin, und braunhäutige Menschen starren großäugig zu den dunkel ragenden Wüstengebirgen, deren Ränder von steppenartigem Dorngesträuch bedeckt sind. Manchmal dringt das Gebrüll der Löwen herüber oder der Todesschrei einer Antilope. An geheimnisvoller Felseninsel treibt das Boot vorüber. Gewaltige Säulenschäfte mit Lotos- und Palmknospenkapitellen steigen empor und tragen lastendes Granitgebälk. Rötlicher Fackelschein geistert durch die Höfe und Hallen. Dort schreiten arme Bauern hinter weißgekleideten Priestern zum Opfer und singen den uralten Lobgesang an den Spender Nil: 22
„Anbetung dir, o Strom, der du herausquillst aus der Erde und kommst, Ägypten zu nähren . . . der du die Wüste tränkst, in der es kein Wasser gibt. Dein Tau ist es, der vom Himmel fällt. . . Du bist es, der Nahrung bringt und der reich an Früchten i s t . . . Flutest du, Nil, so opfern wir dir, wir schlachten dir Einder und feiern das Opferfest: Du grünest, du grünest, o heiliger Nil!"
* In der Frühzeit ägyptischer Geschichte haben sich die Dorf- und Gaugemeinschaften des Stromtales zu zwei Staaten vereinigt. Zwischen den sieben Armen des fruchtbaren Deltas liegt das eine Königreich, dessen Herrscher eine rote Krone trägt und die Lotosblume im Wappen führt. Die Bevölkerung dieses offenen Landes hat sich mit Fremdlingen aus Libyen und den Ländern am Eoten Meer vermischt. Reiner und ausgeprägter ist die ägyptische Rasse im wüstenumschlossenen Südreich Oberägyptens, das sich vom Delta bis zum Katarakt von Syene erstreckt. Hier wird die Biene als Wappentier verehrt, die Herrscher tragen die weiße, helmartige Krone. Wie der Palast im Norden das „Rote", so heißt der des Südens das „Weiße Haus". Halb im Bereich der Sage, halb schon im Licht der Geschichte steht der Fürst, der die beiden Reiche vereint, König Menes, der Starke, der „Kämpfer". Aus dem Süden kommend, überwindet er den Widerstand der Gaugrafen und Kleinfürsten der Deltalandschaft und ihres Königs. Der Name des Menes steht für zwei Jahrtausende an der Spitze aller Königslisten aus Stein und Papyrus; er ist der erste Großkönig, der sich „Das hohe Haus" — Pharao — genannt haben soll. Von seiner Zeit an tragen alle Pharaonen die Doppelkrone als Sinnbild der vereinigten Reiche Ober- und Unterägyptens. Biene und Lotosblume, Rot und Weiß sind zu einem Wappen vereinigt, und alle Königspaläste haben zwei Tore, eines nach Norden und eines nach Süden. Menes soll an der Grenze beider Reichsteile zum Zeichen ihrer ewigen Versöhnung die neue Hauptstadt Memphis begründet und dort den ersten Tempel gebaut haben, der als der älteste der Erde gilt. Eine alte Sage schreibt diesem 23
ersten Pharao auch die Schaffung einer Deichanlage zu, die das Sumpfgebiet des Deltas in eine Kornkammer verwandelte. Die Durchführung dieser Kulturtat, die dem Lande einen ganz anderen Charakter gab, gelang nur, weil die früheren Herrscher nach Gutdünken über die Arbeitskraft ihres Volkes verfügen konnten. Der König erschien den Menschen als das Bindeglied zwischen diesseitiger und jenseitiger Welt, als die Brücke, die vom irdischen Nil zum ewigen führt, Vermittler zwischen Menschen und Göttern. Er steht an der Spitze menschlicher Ordnung, mit einem Arm zu den Unsichtbaren hinüberreichend und die Verbindung mit dem dunklen Sein einer größeren Welt aufrechterhaltend. ft Der fruchtbare Landstreifen neben dem Wasser ist schmal und kostbar. Um keinen Fußbreit der guten Erde für Friedhöfe zu verlieren, trägt man die Toten in die westliche Wüste. Dort, wo man den roten Sonnenball hinter den kahlen Wüstengebirgen verschwinden sieht, denkt man sich den Eingang zum Totenreich. Das einfache Volk wird im Sande bestattet, rechteckige oder runde Gruben werden seine letzte Heimstatt. König Menes aber, der im Leben so große Macht besessen hat, findet sich nicht mit der Gleichheit im Tode ab. Sein Leib soll so viel Abglanz der Ewigkeit erhalten, wie Menschenhand zu vergeben hat. Daher wird sein Leichnam einbalsamiert und über seiner steinernen Grabkammer ein gewaltiger Ziegelwall — eine Mastaba10 — errichtet, Schutzwall gegen die Zerstörung und Mahnmal wider das Vergessen. Die Vornehmen und Beichen des Landes tun es den Königen gleich; weithin bedecken sich die Gräberfelder mit Steinkammern, unterirdischen Schächten und viereckigen Mastabas. Je dichter das Land besiedelt wird, desto mehr entfalten sich Kunst und Wissenschaft im Dienste des Lebens. Weil die jährlichen Hochwasser die Landmarken verwischen, wird es notwendig, nach jeder Überflutung die Äcker neu zu vermessen. Die Kunst der Geometrie — der Erdvermessung — entwickelt sich. Das Leben und Gedeihen des langgestreckten Tales hängt ganz vom Eintreffen der Nilschwelle ab, die Arbeit an Dämmen, Schöpfwerken und Kanälen, das rechtzeitige Säen und Ernten sind an bestimmte, immer wiederkeh24
rende Zeitpunkte gebunden. Die genaue Kalenderbestimmung, die Erforschung des Jahreslaufes, werden zur Notwendigkeit. Weise Priester entreißen dem Himmel mit seinen Gestirnen und Gesetzen das erste Wissen um die Geheimnisse des Weltalls. Das Zusammenleben im engen Raum des Tales bringt viele Reibungsflächen zwischen den Menschen mit sich. Auch hier wird die Not zur Lehrmeisterin, indem sie Regeln, Verordnungen und Gesetze schafft, die das Dasein in eine gleichmäßige und sichere Ordnung lenken. Und hoch über allem, fast in den geheimnisumwitterten Bezirken der Göttlichkeit, steht der Pharao, der unbeschränkte Herr über Leben und Tod, das Tor zu den ewigen Mächten. Aber auch in der Brust des Göttlichen schlägt ein Menschenherz, der unbesiegbaren Stimme des Gewissens Untertan. In dem „Buch der Lebensweisheit" sagt der Prinz Ptah-hotep: „Bist du ein Mann in hoher Stellung und hast du Befehle zu geben, so strebe nach Vollendung, bis kein Fehl mehr in deinem Wesen ist. Die Wahrheit ist gut, und nur sie dauert allein, und seit der Zeit ihrer Schöpfung wurde sie nicht zerstört. . . Willst du, daß dein Wesen gut und frei von allem Bösen sei, so hüte dich vor Habgier, dem unheilbaren Laster..." * Heiß flimmert die Sonne des Apriltages über dem Stromtal. Das Land steigt von den Papyrusdickichten in sanfter Böschung zu den Äckern empor, auf denen die Bauern arbeiten. Vom Hauptbett des Nils zweigt ein stiller Altwasserarm ab. Hier ist das Ufer terrassenförmig gestuft; jede Terrasse ist von einer tiefen Grabenrinne durchschnitten. Unten am Strand steht der Sohn des Dorfschulzen. Er füllt den großen Holzeimer mit Wasser, schwenkt den Kübel hoch und entleert ihn in den Kanal der ersten Terrasse. Dort schöpft ein anderer Bauernsohn das gurgelnde Wasser aus der Rinne, hebt den Eimer über den Kopf und gießt ihn in die nächsthöhere Rinne, wo ein dritter bereitsteht. Oben auf der Hochfläche, vier Klafter über dem Fluß, verteilen sich die schmutzig trüben Rinnsale nach allen Seiten. Stoßweise, wie die Schöpfeimer auf 4(1)
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den Terrassen arbeiten, quilllt das Wasser in Felder und Gärten. So wandert das Nilwasser auch während der trockenen Zeit, drei Monate vor dem Beginn der Überschwemmung, auf die ausgedörrten Fluren und läßt die Saaten gedeihen. Der Kleinbauer Inni, der eben dabei ist, das abgeerntete Feld umzubrechen, \hat die Buckelochsen angehalten und wartet an der Feldmarke auf seinen Nachbarn Pasis. Den gepflügten Acker nebenan besät sein Sohn bereits mit neuem Korn. Pasis aber ist immer noch bei der ersten Ernte dieses Jahres. Seine Mägde und Kinder raffen das schwere, goldene Korn, das die Schnitter mit der Sichel in Kniehöhe abschneiden, in Garben; Flötenspiel und eintöniger Gesang begleiten das Werk. Pasis, der für reich und daher auch für klug gilt, blickt wohlgefällig über die gekrümmten Rücken seiner Helfer hin. Die Arbeit geht gut voran, die Garbenbinderinnen bleiben dicht hinter den Schnittern. Als Pasis aber gleich dahinter arme Leute bei der Nachlese sieht, pfeift er warnend und droht mit der Sichel, einem gekrümmten Stück Holz, dessen Schneide mit scharfen Feuersteinsplittern besetzt ist. „So gut", sagt er zu Inni, „ist die Ernte nicht, daß man sich den Weizen schon auf dem Felde stehlen lassen dürfte." „Nun", entgegnet der Nachbar, „wir alle müssen den Göttern für die letzte Nilschwelle recht dankbar sein. Bis Dezember standen die Fluren unter Wasser, und dabei hatte das Jahr nicht verheißungsvoll begonnen. Das Neujahrsfest (19. Juli) war lange vorüber, als die Überschwemmung endlich begann." „ Es schien eine Hungersnot zu geben", nickt Pasis, „der Pharao hatte schon an die Gaugrafen geschrieben: ,Ich bin besorgt um das Volk meines Landes. Mein Herz ist in Unruhe, weil der Nil schon im siebenten Jahr nicht steigt. Es gibt wenig Feldfrüchte, es mangelt an Kräutern und an allem Eßbaren. Jedermann bestiehlt seinen Nächsten. Die Kinder weinen, die jungen Männer sind mutlos, und der Alten Herz ist gelähmt.' So hat der König im Sommer geschrieben, der Gutsverwalter hat mir davon erzählt. Aber später kam dieser reiche Segen, ein gewaltiges Wasser." Pasis sieht einem Zug von Eseln entgegen, die vom Hofe herangebracht werden, um das Korn abzuholen. „Die Arbeit des Bauern ist hart", sagt er unvermittelt, „darum 26
wird mein ältester Sohn Methen ein Gelehrter werden. Sein Pate, der Obergüterverwalter Rensi, verschafft ihm eine Stelle als Schreiber." „Wie? Will er nach Memphis gehen und dort dem König dienen?" Inni wirft einen Blick zu dem jungen Methen hinüber, der eben mit großem Geschrei die Esel antreibt. Wird auch er einer von denen werden, die das Korn aufschreiben und die Bauern schinden und betrügen? Inzwischen hat Pasis, der wie alle nur mit einem einfachen Lendenschurz bekleidet ist, vom Wegrain einen Kalbsfellbeutel aufgenommen, in dem er sein Vesperbrot bewahrt. Er zieht einen Streifen Papyrus — jenes faserige, aus dem Mark des Nilschilfes bereitete Schreibmaterial —• heraus und zeigt Inni die gemalten Bilder, Zeichen und Figuren. „Ein richtiger Brief!" sagt er stolz. Inni greift in abergläubischer Scheu an die Brust, wo er in kleinem Lederbeutelchen ein heiliges Zeichen gegen bösen Zauber trägt. Man weiß nicht, was von den Zeichen des Briefes ausgeht. Ist nicht das heilige KA — das „Ich" des Menschen — in den Bildern eingefangen? Kann es nicht sein, daß die Seelen aus den bunten Hieroglyphen 11 fortgehen und vom Körper des Bauern Inni Besitz nehmen ? „Dies hat mir mein Schwager, der königliche Schreiber Kuru zugesandt", erklärt Pasis, „höre, was er schreibt!" Und er tut, als läse er aus dem Briefe vor. „Dränge deinen Sohn nicht zur Arbeit auf dem Felde! Denke daran, wie es dem Bauern ergeht! Wenn man die Ernte zur Versteuerung aufschreibt, hat der Wurm die eine Hälfte der Ernte geholt, das Nilpferd hat die andere Hälfte gefressen, der Mäuse sind viele auf dem Felde, die Heuschrecken sind eingefallen, die Sperlinge stehlen, und das Vieh frißt. Wehe dem Bauern! Wenn dann der stolze Schreiber kommt und mit seinem Boot am Damm landet, will er die Ernte besteuern. Er hat Gehilfen und diese haben Stöcke und Palmruten. Sie sagen: Gib Korn ab! — Es ist keines da. — Da wird der Bauer geschlagen, lang ausgestreckt und gebunden in den Graben geworfen. Darum bedenke, daß der Beruf eines Schreibers besser ist!" „Dies hat mein Schwager, der Kornaufschreiber, selbst geschrieben", setzt Pasis hinzu, „und darum soll mein Ältester in die Stadt, die Schrift der Priester zu lernen." 27
„Seit wann kannst du lesen?" fragt Inni erstaunt den Nachbarn und blickt ihn mißtrauisch an. Pasis wird verlegen, und zögernd gibt er zu, daß er den Text auswendig kenne. Sein Gönner, der Obergüterverwalter Rensi, habe ihm den Brief öfter vorgelesen. Die Ochsen rücken a"n. Inni nimmt gedankenvoll seine Arbeit wieder auf und schreitet hinter dem Pflugsterz, während der Scharstock sich in die weiche, schwarze Erde gräbt. Der kleine Junge mit dem Dornstecken, der als Antreiber dient, ist aufgesprungen und schlägt schreiend auf die Tiere ein. Methen hat seine Eselskarawane hoch mit Korngarben beladen und treibt die Saumtiere zum Dorf. Die lehmgebauten, niedrigen Häuschen liegen auf einer kleinen Anhöhe. Von manchen Mauern ist der Verputz abgefallen, das Geflecht von Reisig und Schilf wird sichtbar; die dichten Dächer reichen fast bis zum Boden. Die niedrigen Mauern aus Lehm, die um die einzelnen Höfe gezogen sind, hat die Sonnenglut gelbweiß gebleicht und hart gebrannt. Überall wird emsig gearbeitet. Auf den Tennen ist das Getreide aufgeschüttet, Esel-und Ochsengespanne trampeln darauf im Kreise herum und treten das Korn aus den Ähren. Am Rande der Scheuer stehen Frauen in Reihen und werfen mit Holzschaufeln den gedroschenen Weizen hoch, so daß der Wind die Spreu forttreibt. Die Straße, auf der Methen dem Hofe seines Vaters zustrebt, läuft an einem Gerstenfeld entlang. Auf ihrer anderen Seite steht eine gelbe Lehmmauer, hinter der mehrere kegelförmige Speicher — die königlichen Kornhäuser — liegen. Dort ist reger Betrieb, viele Bauern sind gekommen, ihre Steuern abzuliefern. Sie warten unterhalb einer schiefen Rampe, die zu einem Fenster in den Kegelbauten — fünf Mannshöhen über dem Boden — emporführt. Alle Speicher sind auf dieselbe Art gebaut. Neben dem Fenster zum Einschütten gibt es ein zweites in Bodennähe gelegenes, durch das die Vorräte entnommen werden können. In der oberen Öffnung steht der königliche Kornaufschreiber Dehuti-necht und verzeichnet die eingelagertenM e n g e n Er ist ein gefürchteter und strenger Herr. Es ist nicht gut, ihm unter die Augen zu kommen, und Methen treibt seine Kolonne rasch vorbei.
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Auf den Feldern geht die Arbeit weiter. Inni ist mit seiner Bestellung fertig geworden, der Acker ist gepflügt und besät. „Lauf ins Dorf", sagt er zum Antreiber, „die Tiere sollen kommen!" Der Junge läuft und holt die Schweine und Schafe, damit sie das Saatgut fest in den Boden treten. Nebenan winkt Bauer Pasis den Flötenbläsern, das Spiel einzustellen. Das ist das Zeichen für Männer und Weiber, sich zu kurzer Rast unter einer Palmengruppe zu versammeln, die am Rand der Uferhöhe ihr weites Blätterdach breitet. Sie essen das mitgebrachte, weiße Brot, bauchige Tongefäße mit gegorener Milch machen die Runde. Dann greifen die Arbeiter wieder zur Sichel und ernten den Rest des Feldes ab. Als sich der rote Sonnenball zu den blauen Kämmen der westlichen Wüstengebirge senkt, gebietet Pasis Feierabend und kehrt mit seinen Leuten zum Dorf zurück. Kurz vor den königlichen Speichern, wo die schmale Feldstraße zwischen der Lehmmauer und dem Gerstenfelde verläuft, überholen sie einen Fremden, der drei Lastesel vor sich hertreibt. Der Mann scheint aus dem „Salzfeld" zu kommen, einer kleinen Oase im Wüstengebirge, wo schon wenige Meter neben den Wasserlöchern kein ÜBaum und kein Strauch gedeiht. Der Fremde aus der Oase hat zwei seiner Tiere mit Panther- und Wolfsfellen beladen, das dritte schleppt die Wasserschläuche aus Ziegenhaut, ohne die kein Mensch die Durststrecke überqueren kann. Eben als Pasis mit seinen Schnittern an den Speichern vorübergeht, tritt der Steuereinnehmer Dehuti-necht heraus. Sein weißleinener Lendenschurz reicht kaum bis zum Knie. Aber um den Hals trägt er einen breiten, mit Edelsteinen besetzten Kragen, Sinnbild der gehobenen Stellung, die er als königlicher Beamter einnimmt. Seine gepflegten Haare glänzen von köstlichem Salböl, die bei Höhergestellten übliche Schminke hat er ausgiebig verwendet; die Augenwinkel sind durch schwarze Striche verlängert, die Brauen rasiert und geschwärzt und die unteren Lider mit grüner Farbe getönt. Zwei Sklaven gehen an seiner Seite und fächeln ihm mit Straußenfedern Kühlung zu. 29
Pasis bleibt stehen und tritt ehrfürchtig grüßend zur Seite, aber zwei seiner Knechte haben den Schreiber nicht rechtzeitig bemerkt und stolpern staubaufwirbelnd auf der Straße weiter. Erbost schwingt der Beamte den Eohrstock und schlägt auf ihre Eücken ein. „Was treibt ihr euch hier herum!?" ruft er drohend. „An die Arbeit, faules Pack, oder ich stecke euch in die Bergwerke!" 0 weh, die Bergwerke! Eilig machen sich die Knechte davon. Die Verschickung in die Steinbrüche von Silssils, wo in glühender Hitze rötlicher Sandstein gebrochen wird, oder von Hamamat, wo unter einem Himmel wie geschmolzenes Blei der bunte Porphyr und Diorit gehauen wird, oder in die Gebirge des Ostens, wo zu Hatnub der weiße Alabaster, im Sinai das Kupfererz, grüner und blauer Malachit, Türkise und Lapislazuli gewonnen werden, in die flimmernden Quarzbrüche am Roten Meer, wo man Gold schürft — das ist die gefürchtetste Strafe, die gleichbedeutend mit einem langsamen Tode ist. Jetzt hat Dehuti-necht den Wüstenbauern erblickt, der bedächtig mit seinen drei Eseln dahertrabt. Habgierig mustern seine kleinen flinken Augen die Ladung auf dem Rücken der Tiere. Dann geht ein boshaftes Lächeln über sein Gesicht; rasch befiehlt er, ein Laken herbeizuschaffen und es über die Straße zu breiten. Herrisch ruft er dem Herankommenden zu: „Nimm dich in acht und tritt nicht auf das Gewand eines Beamten!" • Der Bauer weicht gehorsam an den Feldrain aus, seine Esel trampeln dabei freilich ein wenig durch das Gerstenfeld. Jetzt behauptet Dehuti-necht schreiend, das Feld sei sein Eigentum, und er verlange als Schadenersatz die drei beladenen Tiere. „Kennst du, ungebildeter Bauer, nicht die Lehren der Weisheit? Da steht geschrieben: ,Krümme deinen Rücken vor den Beamten des Königs! Dann wird deinHaus dauern und deine Habe sich mehren. Es ist von Übel, wenn man seinem Herrn widerstrebt!' " Auf einen gebieterischen Wink Dehuti-nechts fallen die beiden Sklaven über den Bauern her, nehmen ihm die Tiere fort und rauben ihn aus. Vergeblich sucht sich der Fremde zu wehren. 30
,,Noch gibt es Recht in Ägypten!" schreit er unter einem Hagel von Schlägen, „ich werde mich an den Obergüterverwalter dieses Dorfes wenden, ich scheue mich nicht, sogar vor den Pharao zu treten und Klage zu erheben . . . " Aber Dehuti-necht läßt den Wüstenbauern aus dem Dorf herausprügeln. Niemand wagt es, dem Überfallenen zu Hilfe zu eilen. AuchPasis und die Seinen sehen sich nicht um und streben rasch nach Hause. Dieser Schreiber ist kein guter Beamter, und da ist es besser, man hat nichts gesehen. Am späten Abend, als das Tagwerk getan ist, liegen die Knechte unter einer Palme und bereden dasEreignis. Dabei kommen auch andere Dinge zur Sprache, die gegen Dehuti-necht zeugen. Beim letzten Viehauftrieb, den der Obergüterverwalter Rensi — der königliche Aufseher des Kreises — auf seiner Altane thronend abgenommen hat, sollen hundert schöngefleckte Rinder, einige Dutzend hornlose Tiere, ebenso Esel, Schafe und Ziegen auf unerklärliche Weise verschwunden sein. Sicher 31
hat Dehuti-necht die fehlenden Tiere heimlich verkauft oder auf sein eigenes Landgut gebracht. Jedes Kind weiß, daß sich der Schreiber auch bei der Ablieferung der Ernte bereichert. Einer der Knechte meint, es sei in alter Zeit besser gewesen. Damals habe jedermann im Niltal seinen Acker gehabt. „Was wollt ihr?" erwidert ein alter Mann, der bisher geschwiegen hat. „Das Land gehört nach wie vor dem heiligen Pharao, dem wiedergeborenen Gotte Horus. Er kann es geten, wem er will. Wer will etwas dagegen sagen, wenn der Pharao die Äcker unter seine Freunde, die Beamten und Priester verteilt? Wo wollt ihr Land herbekommen, Leute? Und hätte jeder einen Acker, wer würde dann die Felder der Beamten, der Grafen und der Tempel bestellen? Muß es darum nicht Knechte und landlose Arbeiter geben?" Die Knechte widersprechen. „Schweigt, ihr Jungen, ihr Aufrührer!" ereifert sich der Greis, „ihr lästert die Herrlichkeit des Königs! Seit alten Zeiten gilt diese Ordnung im Lande. Habt ihr sie vergessen?" Und als ihm niemand antwortet, erzählt er die Geschichte von Osiris. „Osiris, der Gott der Fruchtbarkeit und derLebenskraft, wurde von seinem schecklichen Bruder Seth, dem Senger und Vernichter, getötet. Aber wie die Lebenskraft der Fluren unter dem Gluthauch der Sonne stirbt und sich dennoch unter der verdorrten Erde erhält, lebte Osiris durch Zauberkraft im Innern der Erde weiter. Aus der Vermählung von Osiris mit der Himmelsgöttin Isis entstand der göttliche Horusknabe, der den Oheim Seth überwand und tötete. Der lebende König verkörpert Horus, der verstorbene wird zum Osiris, zum geheimnisvoll in der Unterwelt hausenden und wirkenden Gott. Sein KA, das ICH, rückt an den gestirnten Himmel, von den Flügeln des heiligen Horusfalken wie zu Lebzeiten umschattet." Bildseile rechts: o b e n : Nillandschaft mit Pyramiden; M i t t e : Der Pharao empfängt den Statthalter einer Provinz; Landhaus; altägyptische Hieroglyphen ; u n t e n: Säulenformen (Knospen- und Blumensäule); Sphinx; Schneiden und Einbringen der Kornernte.
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Der Greis fährt mit erhobener Stimme fort: „Niemand kennt den N a m e n des Königs. Nirgends, auch nicht bei den Tempelbräuchen darf der wirkliche Name der Götter und Könige genannt werden. Wer den Namen trifft, trifft die Seele. Darum hat der Pharao kürzlich den betrügerischen Steuereinnehmer von Hawana dadurch bestraft, daß er seinen Namen vernichten ließ." „Auch der Name des aufständischen Gaugrafen von Elephantine ist ausgelöscht worden", fällt jemand zustimmend ein. „In den Tempelinschriften, auf den Statuen und in den Hieroglyphen, überall wurde sein Name getilgt." Der Greis hebt ruhegebietend die mageren Arme. „Höret zu, höret zu, ihr Unwissenden, ihr Knechte ohne Land, damit ich euch erzähle, wie Isis den alten Gott Ee überlistet hat und ihm zugleich mit dem Namen die Herrschaft abnahm. In uralter Zeit beherrschten die Tiergötter das Land, die Löwengötter, der Krokodilgott Sobek, der Ibisgott Thot, der Hundgott Anubis und die heilige Kuh Athor. Da erhob sich aus dem dunklen Ozean, dem Gotte Nun, die heilige Sonne Ee und herrschte lange Zeit über die Erde. Aber als Ee alterte, dachte die kluge Isis, wie sie ihm die Herrschaft abnehmen könnte. Noch schützte den alten Urgott der geheime Name und die Zauberkraft, die ihm anhaftete. Er sagte zu Isis: ,Ich bin, der die Feste des Jahres eröffnete und der den Strom erschuf, Ich bin, der das lebende Feuer machte . .. Ich bin Chepre am Morgen und Atum am Abend.' Aber der Gott hatte seinen wahren Namen verschwiegen und Isis forschte weiter. Sie gab Ee ein Gift ein, das nur dann unwirksam werden konnte, wenn der geheime Name des Gottes in eine Zauberformel eingefügt wurde. Da sprach Isis zu Ee : ,Dein Name ist nicht unter denen, die du mir gesagt hast. Sag ihn, dann wird das Gift unschädlich . . . Wessen Name ausgesprochen wird, der soll leben!' Da endlich flüsterte Ee, der die Schmerzen nicht mehr ertrug, der Göttin zu: ,Leih mir dein Ohr, o Isis, auf daß mein Name aus meinem Leib in den deinen übergehe . . .' " 31
Die Erzählung des Alten wird unterbrochen. Ein Mann kommt auf den Hof, der Bauer aus dem Salzfeld. „Ihr da, wie heißt euer Kornaufschreiber?" fragt er. „Dehuti-necht. Willst du zu ihm?" „Ich will ihn verklagen." „Du wirst nichts ausrichten", antworteten mehrere zugleich. „Geh und laß dich vor dem Schreiber nicht blicken!" „Ich gehe bis zum Pharao." Die Knechte lachen. Der Mann sieht sie aus dunklen Augen der Eeihe nach an. Dann wendet er sich und geht wieder in das Dunkel der Nacht. Er ist hartnäckig, läßt sich nirgends abweisen und dringt bis zum „hohen Beamten" Kensi vor. Und er betreibt seine Sache mit so viel Geschick, daß er sogar dem Pharao vorgeführt wird. Der König freut sich eine Weile an der Klugheit und dem Witz des Bauern. Dann spricht er dem Beraubten sein Recht und eine Entschädigungssumme zu. Dehuti-necht wird abgesetzt. Die Hoffnungen des Bauern Pasis, seinen Erstgeborenen als Beamten zu sehen, erfüllen sich. Methen geht in die Stadt, lernt in einer der Tempelschulen die Bilderschrift gelehrter Priester und erhält nach Jahren eine Anstellung als Schreiber. Langsam steigt er die Stufenleiter der Würden empor, wird Verwalter königlicher Kornspeicher und endlich sogar Fürst seines Gaues. Bevor er nach einem reichen und ausgefüllten Leben in die Welt des Jenseits-Nils geht, hat er Vermögen genug, eine stattliche Mastaba zu errichten, die seinen irdischen Leib für ungezählte Jahrtausende des Todes bewahren soll. In endlosen Spruchbändern an Gesimsen, Wänden und Säulenschäften verkündet seine Grabkammer noch heute die persönliche Geschichte des Toten und spricht zu fernen Geschlechtern von jener Sehnsucht nach Verewigung, die alles ägyptische Leben erfüllt. * Groß ist das bunte, vielfältige Dasein, das durch das enge Stromtal der Zeit pulst; aber größer noch ist der Tod, der es wie glühende Wüsten schweigend umgibt. Der Hauch der Ewigkeit, der Ernst des Wissens um das Schicksal zeichnet das Antlitz Ägyptens. 35
,,Zu wem spreche ich heut? Es gibt keine Gerechten, Die Erde ist den Übeltätern überlassen! Zu wem spreche ich heut? Ich bin mit Elend beladen Und ersehne einen Trost. Zu wem spreche ich heut? Die Sünde, die das Land schlägt, Sie ist ohne Ende . .. Der Tod steht heute vor mir, Wie der Duft von Myrrhen, Wie wenn man an windigen Tagen unterm Sonnensegel sitzt. Der Tod steht heute vor mir, Wie der Duft von Lotosblumen, Wie wenn man mit Freunden am kühlen Ufer sitzt. .. Der Tod steht heute vor mir, Wie wenn jemand Sehnsucht nach seiner Heimat hat, Der viele Jahre in Gefangenschaft weilte . . ." 12 Sterbensmüdigkeit spricht aus diesen uralten Versen eines vergessenen Dichters, ein Erfülltsein vom Tode, das einst wie düsteres Gewölk über der blühenden Flur des Tales lag. Es ist die Stimmung Ägyptens. Denn trotz der quellenden Fülle der Landschaft und der ewigen Wiederkehr des Daseins weht von Anfang an der Hauch des Todes über dem Strom, und Künste und Wissenschaften, Gedanken und Gefühle der Menschen kreisen um die Frage: zu dauern oder unterzusinken, wie der Nilschlamm im Meere versinkt. Der Wille, sich auf dieser Erde zu verewigen, bevor man in das namenlose Schattenreich jenes dunklen „Jenseitsnils" herabsteigt, beherrschte die Gedanken der Menschen; Schönheit und Größe ins Zeitlose zu steigern, sie dem Verfall zu entreißen und unvergänglich zu machen, war die höchste Aufgabe der Baumeister, Bildhauer und Gelehrten; ausgetilgt zu werden aus den Schriften, Denkmälern und Bildbändern die furchtbarste Rache an verhaßten Toten. Im Streben nach Unvergänglichkeit gipfelte die Regierungsweisheit der Pharaonen, die Ewigkeit erschien ihnen als die wahre Heimat der Größe, denn in ihrem Ozean ist der Strom des irdischen Lebens nur einem Tropfen gleich. .-5(5
„Wie groß ist der König für sein Volk: er ist wie ein Berg, der den Wind fern hält zur Zeit des Unwetters!" Erfüllt von diesem tiefen Lebensgefühl erschöpften die Könige die gesammelte Kraft des Volkes in den gewaltigsten Anstrengungen, einen Zipfel vom Mantel der Ewigkeit zu erhaschen, in dem Bemühen, dem Pharao, dem Höchsten, der, auf der Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits stehend, schon beinahe den Göttern zurechnet, ein Mal jenseits der Vergänglichkeit zu errichten. Gewalt und rücksichtsloser Einsatz der Massen, aber auch religiöse Überzeugung und Hingabe an die Zeitstimmung ballten die Menschenheere zusammen, die am Bau der Pyramiden, jener Wahrzeichen sozialen, politischen und religiösen Empfindens, schufen. König Djoser, einer der Nachfolger von Menes, war der erste Pharao, der nicht mehr in der üblichen Stein- und Ziegelmastaba ruhen wollte, sondern nach einem mächtigeren und ansehnlicheren „Haus der Ewigkeit" verlangte. An seinem Hof lebte der gefeierte Gelehrte Imhotep, Baumeister, Arzt, Philosoph, Astronom und Mathematiker, den spätere Geschlechter zu Memphis als Gott der Heilkunde verehrten. Er erfüllte den Wunsch seines Herrn und baute ihm ein wahrhaft königliches Grabmal, in dem sein Leib für die Ewigkeit ruhen konnte. Eiesige, viereckige Steinblöcke, die sich in sechs Stufen nach oben verjüngten, wurden aufeinander geschichtet; die sechzig Meter hohe Stufen-Mastaba von Sakkara wuchs in den Himmel Ägyptens. König Snofru fand eine neue Form der Verewigung seines Andenkens: Er ließ die erste Pyramide hundert Meter hoch bei Sakkara bauen als letzte Station einer gewaltigen Anlage für den Totenkult des Herrschers. Von einem Portal führte ein gebauter Aufweg zum Totentempel, von dem aus die Pyramide zugänglich war. Tief im Innern verborgen lag die Grabkammer. Die zu ihr führenden Gänge wurden durch hinabgelassene Blöcke verschlossen, damit kein Räuber die Ruhe des toten Königs stören konnte. Aber nicht nur der Körper des Pharao sollte zur Unsterblichkeit eingehen, sondern auch die Kunde seiner Taten. Von der Schicksalsstraße des Lebens, die jener des Stromes so ähnlich ist, erzählen die eindrucksvollen Bilderschriften an den Wänden der Gänge. Glanz und Größe 37
derer, die unter schwerem Stein im Wüstensande lagen, wurden in den Inschriften der Tempel verewigt; den Ablauf ihres Lebens stellten die endlosen Sphinxreihen 13 und die von Obelisken 14 und Statuen gesäumten Straßen dar. Die Felsenwege der Pyramide mündeten sinnbildlich in der Grabkammer, wo der Leichnam, mit zahllosen Binden umwickelt, durch Zauberformeln gegen Entweihung und Raub geschützt, in Hockstellung ruhte. Hier endete der Wanderpfad des irdischen Lebens. Die Seele des Toten jedoch trat hinüber ans andere Ufer, um jene goldenen und silbernen Barken, die dem Grabe beigegeben wurden, zur Weiterfahrt auf dem „Jenseitsnil" zu benützen. Im Gräberfeld vor Memphis ließen die Könige Cheops, dann Chefren und endlich Mykerinos die drei mächtigen Pyramiden errichten, die das klassische Altertum später zu den Weltwundern zählte. Rücksichtslos wurde das Volk zur Arbeit gezwungen, die Steine türmten sich auf einem Feld von Totengebein. „Die einen mußten Steine aus den Steinbrüchen der arabischen Gebirge heranschaffen und bis zum Nil schleppen. Nachdem die Blöcke zu Schiff auf dem Strom herangebracht worden waren, standen andere bereit, sie in Empfang zu nehmen und weiter zu transportieren. So fronten jeweils 100000 Menschen drei Monate lang, ehe sie abgelöst wurden. Allein beim Bau der Straße, auf der die Blöcke herangeschafft wurden, währte die Drangsal des Volkes zehn Jahre lang. Diese Straße ist ein Werk, sicherlich nicht geringer als die,Pyramiden selbst. . . " So berichtet der griechische Geschichtsschreiber Herodot. Auf gepflasterten Wegen wurden die tonnenschweren Quadern mit Rollen und Hebeln mühsam über hundert Meilen Landweges unter sonnenflimmerndem Wüstenhimmel vorangewälzt, Flaschenzüge mit vielen Rollen, Hebelgerüste und Winden dienten zum Heben auf die Nilflöße, zur langsamen Hochbeförderung auf den Stufen des entstehenden Baues. Die Cheopspyramide erreichte hundertsechsundvierzig Meter, ihre Seiten waren zweihundertdreiunddreißig Meter lang, und etwa 2300000 Steinblöcke von einem Durchschnittsgewicht von zweieinhalb Tonnen brauchte man, diesen Steinberg aufzurichten. Aber das Aufbäumen irdischen Widerstandes gegen das Gesetz einer größeren Welt, dieses Hinauftürmen von Ge38
stein zu Gipfeln menschlichen Nachruhmes war nur möglich durch die Preisgabe des Lebens selbst. Der kurze Daseinstag der Namenlosen mußte geschändet und vergewaltigt werden, um den Pharaonen einen Abglanz der Ewigkeit zu verschaffen. Mit Leid und Tränen wurden die Pyramiden zum Himmel emporgeführt. Als die stolzen Herrscher Cheops und Chefren starben, war der Haß des geschundenen Volkes gegen sie so groß, daß sie in ihren Pyramiden nicht beigesetzt werden konnten. Die gewaltigen Häuser der Ewigkeit blieben leer; denn der Hof fürchtete, daß die balsamierten Leichname bei der Überführung von der Wut des Volkes zerfetzt würden. Doch der Pyramidenbau ging weiter, die Sehnsucht der Könige nach Verewigung war größer als ihre politische Einsicht. Auch die folgenden Pharaonen bauten nach dem Vorbild der Ahnen vom Tage des Regierungsantritts bis zum Tode an ihrer Pyramide; je länger ein König auf dem Throne saß, um so mehr Mäntel aus Granitblöcken legten sich um seine Grabkammer. An anderen Stellen des Reiches entstanden riesenhafte Tempel, Paläste und Festungen. Auch sie wurden auf den Gebeinen der Hunderttausende errichtet, die als Sklaven in den Steinbrüchen, auf den Rollbahnen oder den Bauplätzen verendeten. Eine heilige Kuh und eine Tempelkatze waren wertvoller als das Leben eines Knechtes. Mehr und mehr trennte sich die Herrenklasse vom lebendigen Körper des Gesamtvolkes und ließ alle Menschlichkeit hinter sich. Den Pyramidenbauern waren Leib und Leben der Untertanen wie die Tonkegel des Brettspiels, Zeichen der Macht, die man bewegte und fortwarf, wie es Laune und Vorteil erforderten. Im Wahn ihrer Gottähnlichkeit wagten es diese Pharaonen, auch den himmlischen Mächten zu drohen. Über den Pforten der Pyramiden sind Sprüche übersteigerter Anmaßung eingemeißelt: „Er steigt empor zur Sonne, auf daß er den ehernen Himmel befahre!" „Er steigt empor zum Himmel auf seinen Flügeln wie ein großer Vogel, heimkehrend zu den anderen Göttern." „Jeder Gott, der diesem König keine Treppe schlägt, wenn er aufsteigt zum Himmel, soll künftig keine 39
Kuchen mehr erhalten, kein Fleischstück mehr genießen und nicht soll die Erde auf den Äckern seiner Tempel gehackt w e r d e n . . . "
* Die Vergeltung ereilte auch diese Gottkönige. Als die Herrenschicht untereinander uneins wurde, war die Schicksalsstunde gekommen. Die machtvolle Priesterkaste von Heliopolis stürzte das Geschlecht des Cheops und brachte einen ihr ergebenen Anhänger auf den Thron. Von nun ab fieberte die Unruhe durch das Stromtal, und eines Tages erhob sich die Klasse der Unterdrückten gegen die Ausbeuter. Die früheste bekannte Revolution der Geschichte brach die Dämme der geheiligten Überlieferung. „Den Beamten nimmt man die Steuerlisten fort und tötet sie. Leibeigene werden zu Herren. Sehet doch: es kommt dazu, daß das Land des Königtums beraubt wird durch den Irrsinn der Menschen. Sehet: die, welche Kleider besaßen, gehen nun in Lumpen; wer aber nicht für sich webte, besitzt jetzt feines Linnen . . . Sehet: kein Künstler arbeitet mehr, Feinde zerstörten das L a n d . . . " Die Getreidespeicher, die als königliche Schatzhäuser und Steuerstellen in jedem größeren Dorfe standen, wurden gestürmt und verwüstet. In Scharen strömten die Aufständischen über die Granitstufen der Tempel, lärmten durch die glanzvollen Säulenwälder und drangen ehrfurchtslos in das Allerheiligste ein. Zügellos durchbrach die Revolution die Schranken frommer Scheu, uralte Tempel wurden niedergebrannt, Gräber aufgerissen und die Totengaben geraubt. „Die Diener sagen: auf Raub gehen wir aus! Auch die Friedfertigsten sind in Empörung, und der Vater sieht im Sohne den Feind. Frevler sind ü b e r a l l . . . Der Nil flutet, und doch pflügt man nicht, denn jeder sagt: Wir wissen ja nicht, was im Lande geschehen wird. Es ist so: die Geringsten besitzen jetzt die Herrlichkeit. Wer sich sonst keine Sandalen machte, der verfügt jetzt über Schätze. Viele Tote sind im Flusse begraben, die Flut ist ihr Grab geworden . . . In jeder Stadt heißt es: Laßt uns die Vornehmen aus unserer Mitte vertreiben! Schmutz ist im Lande, es 40
gibt keine weißen Kleider mehr. Die Vornehmen klagen, und die Armen sind voll Freude. Das Land dreht sich wie eine Töpferscheibe, und der Räuber besitzt das Beste. Es ist so: Gold, Lapislazuli, Silber und Malachit hängen am Hals der Sklavin, und die einst wohlhabende Frau zieht armselig durchs Land und weint..." * Nach dem Beginn des zweiten Jahrtausends erwuchs aus der Stadt Theben ein neues, kraftvolles Herrschergeschlecht. Es zerbrach die Macht der Landesfürsten und brachte nach langwierigen Kämpfen den verblichenen Glanz der Doppelkrone zu neuem Aufleuchten. Dem gestürzten Alten Reich folgte das Mittlere. Die revolutionären Volksmassen, die nach dem großen Würgen und Plündern nur noch tiefer ins Elend geraten waren, fügten sich abermals willig den Königen; die Herrschaft vieler kleiner Blutsauger tauschten sie gern gegen einen einzigen, aber fernen Herrn ein. Unter Sesostris III. zog das ägyptische Heer auf dem Nil zu Schiff nach dem Süden und unterwarf um 1850 v. Chr. die Negerstämme Nubiens viele Tagesmärsche weit ins Innere Afrikas hinein. Die Kriegsbeute war so groß, daß sie auf den flachgehenden Schuten nicht über die Stromschnellen geschafft werden konnte. Der König Heß deshalb einen Kanal durch den ersten Katarakt graben, um der Flotte den Heimweg zu ermöglichen. Sagen und Lieder erzählen vom Ruhme dieses starken Herrschers, den seine Zeit „Gott des Südens" nannte. „Heil dir, der das Land schützt und seine Grenzen erweitert, der die Fremdländer bezwingt mit seiner Krone, der die beiden Länder in seine Arme schließt und die Fremden erwürgt. Jugendlicher Einziger, der für seine Grenze kämpft und seine Männer stärkt, der sein Volk sicher schlafen läßt, da sein Herz ihm Beschützer ist. . ." Was Sesostris III. kriegerisch begonnen hat, setzt sein Sohn Amenemhet III. friedlich fort. Die Hochblüte der ägyptischen Künste beginnt. Nun werden die Arbeiten in den Steinbrüchen wieder aufgenommen; in den Kupfer- und Halbedelsteingruben der Sinaigebirge dröhnen wieder die Schlägel der Tausende.
Aber der neue Pharao schafft für die Arbeiter, die sich der schweren Mühe unter glühendem Wüstenhimmel unterziehen, menschenwürdige Bedingungen. Vor den flimmernden Wänden der Granit- und Porphyrberge wachsen Barackensiedlungen aus dem Boden, aus tiefen Zisternen holen Winden die Eimer mit klarem Wasser, und Karawanen bringen Korn und Früchte in die Lager. Für die wachsende Bevölkerung werden neue Äcker gewonnen. In der Senke der Libyschen Wüste sind Tausende mit der Anlage von Kanälen und Bewässerungsanlagen beschäftigt; an der Südspitze des Nildeltas wird der Mörissee durch großartige Staumauern eingedeicht. Am Südufer dieses Sees läßt Amenemhet einen unterirdischen Palasttempel errichten — eines der großen Bauwunder der Antike —, das spätere Reisende aus Griechenland und Rom mehr als die Pyramiden bestaunten. Riesige Galerien und Hallen, aus dem Naturstein gehauene Säulengänge und kühle, vom gewachsenen Stein umgebene Innenhöfe ziehen sich in die Tiefen der Felsenberge. In Theben •— dem „hunderttorigen", wie es Homer nennt — wachsen Tempel und Paläste von nie gesehener Pracht empor. Der eindrucksvollste von allen ist dem Reichsgott Amon gewidmet. Er ist ein ganzer Stadtteil für sich mit Vorhallen, Säulengängen, Innenhöfen, Seitentempeln, Nebenhäusern und Weihestätten. Zehntausende von Tempelbeamten, Laien und Priestern dienen in seinen Mauern dem großen Gott. Inmitten dieses machtvollen Aufblühens befreien sich auch die bildenden Künste von jener religiösen Starre und dem todesüberschatteten Ernst, der sie noch im Alten Reich in Banden gehalten hat. Statuen und Flachreliefs aus der Zeit Amenemhets zeigen persönlichere und wirklichkeitsnähere Züge — freilich bleiben auch sie sich des letzten Sinnes ägyptischer Kunst bewußt: Weggefährten und selber Wege zu sein, die vom Diesseits zum Jenseits geleiten. Jede dieser Figuren ist unterwegs, sie hat den linken Fuß vorgesetzt, den Wanderschritt ins Ungesehene andeutend, und den Blick auf ein fernes, unerreichbares Ziel gerichtet. Der Flor der blühenden Künste liegt gebreitet über dem gesunden Wachstum eines reichen wirtschaftlichen Lebens. Tausende von Handwerkern arbeiten jenseits und diesseits der Tempelmauern, die engen Gassen der Städte sind 42
überfüllt mit geschickten Werkleuten, die in ihren schattigen Höfen, den halb unterirdischen Gewölben und den segelüberspannten Hütten Schmuckstücke aus Gold und Emaille, aus eingelegten Halbedelsteinen, Holz und Bronze verfertigen. Große Leinenwebereien arbeiten mit Hunderten von Hilfskräften, in anderen Betrieben sitzen Dutzende von Mädchen über den Stickrahmen, in den Färbereien dampfen die Kessel mit blauem Indigo und purpurnem Schneckensaft. Die neuerwachte Lebenslust verlangt auch nach literarischer Nahrung. Die Lesekundigen finden Gefallen an bunten Abenteuerromanen, Erzählungen von Irrfahrten, Märchen und Liedern. An den Lotosteichen der Tempelhöfe spielt man festliche Schauspiele von Tod und Auferstehung des Stromgottes Osiris. Wie in einer ungeheuren Kraftanstrengung ringt die Lebensfreude mit dem steten Bewußtsein des Todes. Gleichnishaft stellt ein Bildrelief der Zeit im Amonstempel zu Theben diesen Zwiespalt dar. Eine mit Flötenspielern und lärmenden Gästen besetzte Barke treibt unter wehenden Wimpeln auf dem schmalen Bande des Stromes dahin — aber auf beiden Ufern dehnt sich die Wüste, drohen Löwen, Krokodile und Untiere der Sage, ein Bild des Daseins, das auf schwankendem Kahn zwischen den Meeren des Todes dahinzieht. Immer steht neben der Lust des Erdenlebens der drohende Schatten der Unterwelt. So bleibt sich Ägypten im Grund seiner Seele auch inmitten des wogenden Lebens und der lauten Freude jener Tatsache bewußt, daß alles Sein wie eine Insel im Meer der Vergänglichkeit ist. Die Klage überspannt Ägyptens schweigenden Sonnenhimmel mit einem Bogen, der von Wüste zu Wüste reicht, unter dem der kurze Tag verströmt. Dieses Empfinden spricht aus dem „Lied des Harfners", der bei der Totenfeier des großen Amenemhet singt: „Die Götter-Könige, die einst lebten, ruhen in ihren Pyramiden. Die Edlen und Weisen sind versunken in ihren Gräbern. Die einst Häuser bauten — ihre Stätten sind nicht mehr. Was ist aus ihnen geworden? 43 •
Ich habe das Wort des Imhotep und Hardedef gehört, deren Bücher weit berühmt sind . . . Doch wo sind ihre Stätten? Ihre Mauern sind zerfallen, Ihre Häuser sind nicht mehr, Als wären sie nie gewesen. Niemand kommt mehr von dort, Daß er uns erzähle, wie es ihm erging. Daß er unsere Herzen beruhige, Bis auch wir zu jenem Orte wandern, Zu dem die Toten gegangen sind. Sei mutig, Herz, vergiß all das, Und laß mich daran denken, was nützlich ist! Folge deinen Wünschen, dieweil du noch lebst, Lege Myrrhen auf dein Haupt, Kleide dich in feinstes Linnen, Getränkt mit köstlichen Wohlgerüchen, Den echten Dingen der Götter! Vermehre dein Glück! Laß dein Herz nicht müde sein, Folge deinem Wunsch und deinem Vergnügen Und schaffe dir dein Schicksal auf Erden Nach den Wünschen deines Herzens, Bis jener Tag der Trauer zu dir kommt! Denn Osiris erhört dein Schreien nicht, Und keinen Menschen ruftjiie Totenklage aus dem Grabe zurück . . . fc Feiere froh den Tag Und ruhe nicht an ihm! Denn siehe: Niemand nimmt seine Güter mit sich, Und noch keiner kehrte zurück, der dorthin gegangen ist." Jene Stimmung der Ungewißheit und Todesbefangenheit, aus der der Drang zum Leben und Genießen erwächst, dieses Sichhingeben an den rasch enteilenden Tag umwittert Ägypten auch in seiner stolzesten Größe. Wie eine Vorahnung kommenden Absturzes geht die Erkenntnis irdischer Fragwürdigkeit durch die Seele des alten Volkes. Und wirklich zerfällt schon unter den Nachfolgern des großen Amenemhet I I I . das Doppelreich in seine Teile. 44
Der Süden sammelt sich um das weltstädtische Theben — die Stadt des Reichsgottes Amon —, das Deltagebiet löst sich in eine Eeihe ohnmächtiger Fürstentümer auf. Die Schwäche des Landes nutzen streifende Wüstenvölker des Ostens Ende des 17. Jahrhunderts v. Chr. und wagen den Einbruch über die Grenzen. Vergeblich werfen sich die ägyptischen Heere dem Ansturm der Räuber entgegen; es ist die schwache Abwehr der Satten gegen den Angriff der Hungrigen. Zum Verhängnis wird eine kriegstechnische Umwälzung, mit der die Feldherrn der uneinigen ägyptischen Teilstaaten nun zum ersten Male bekannt werden: die Feinde stürmen mit Reiterschwärmen und Streitwagen gegen die Front der Ägypter. Das Pferd tritt als Kriegswaffe auf, und dem schreckerregenden Anprall der Wüstenreiter, die mit flatterndem Burnus und geschwungener Lanze über die Ebenen heranfegen, hält keine Truppe stand. „Es brachen plötzlich Männer von unbekannter Herkunft aus den östlichen Gebieten in das Reich und überwältigten es mit leichter Mühe, ohne Gegenwehr zu finden . .. Die Männer dieses Volkes wurden Hyksos genannt." In den Namen, die die Geschichtswerke dieser Zeit verzeichneten, spiegelt sich der ganze Schreck des Kampfes. Wie Schreie dringen diese Worte aus der Gruft der Jahrtausende. Einer der Hyksoskönige heißt „Umschlinger der Länder", die besiegten Ägypter aber prägen einen anderen Namen für die Eroberer: „Aad" — das heißt die Pest, die Unreinen oder Befleckten. Grauenvoll ist dieses Voranwälzen der plündernden Horden in dem friedlichen, blühenden Bauernlande des Deltas. Dörfer und Höfe stehen als Rauchfahnen an den flachen Horizonten, durch die engen Gassen der Städte tobt das Gebrüll der Wüstenreiter, die zum ersten Male ein hochkultiviertes Land als Sieger betreten und nun all ihre Triebe ausleben. „Sie brannten wie die Wilden unsere Städte nieder, zerstörten die Tempel der Götter und wüteten gegen die Landesbewohner; sie erschlugen sie und führten Frauen und Kinder in die Sklaverei."
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Die gewalttätige Herrschaft der Eroberer macht das friedfertige Bauernvolk Ägyptens hart. Die Söhne und Enkel derer, die willenlos unter der Peitsche der Hyksos elegen hatten, sammeln sich im Gedanken an Rache und 'reiheit. Der Haß gegen die Unterdrücker steigt immer höher, geheime Fäden spinnen sich über die Dörfer und Städte, und eines Tages erheben sich die Bauern im ganzen Lande. Die Hyksos werden in einer Beihe von Schlachten besiegt und vertrieben. Nach ihrer Vertreibung steigt um 1580 v. Chr. das Neue Reich rasch zur Weltmacht empor. In Theben regiert wieder ein Pharaonengeschlecht, das die Kriegszüge der Vergangenheit nach Nubien wiederholt und ägyptische Heere Bis in die sagenhaften Berge des Südens führt. Dann dringen sie auf den Spuren der Hyksos in den asiatischen Kontinent ein. Thutmosis I. marschiert bis zum Euphrat, seine Nachfolger unterwerfen Syrien und Palästina. Nun hält das Großreich endlich die wichtigen Rohstoffebiete seiner Wirtschaft in Händen, die Erzgruben am inai und die großen Zedernwälder des Libanon. Das Niltal besitzt keine nennenswerten und verwertbaren Holzvorräte, denn das weiche und faserige Palmholz ist zum Bau von Maschinen, Dachgebälk und vor allem für Hochseeschiffe ungeeignet. Seit Jahrhunderten ist Ägypten von Zufuhren anderer seetüchtiger Nationen abhängig. Aus den Phönikerstädten Sidon und Tyrus, von der Insel Cypern oder aus Kreta kommen die Handelsflotten mit Holz und Erzen. Nun aber, da das Neue Reich über die ausgedehnten Zedernwaldungen der syrischen Gebirge herrscht, verfügt es selbst Über ausreichende Holzvorräte. Die nähere Berührung mit den phönikischen Seeleuten veranlaßt die Ägypter, zum erstenmal eine Handelsflotte zu schaffen. Aber das Bauernvolk scheut das Meer, die neuen Regierungsschiffe müssen großenteils mit Phönikern, Kretern und mit Barbaren des Nordens bemannt werden, die beutelüstern auf ihren offenen Langbooten durch das Mittelmeer streifen. Die Schiffe sind Eindecker, die durch zwei Reihen von Ruderern angetrieben werden. Der einzige Mast ist mit einer Großrahe getakelt und trägt ein schiefes Hauptsegel, Bug und Heck sind erhöht und meist kühn ge-
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schweift, hier steht der Steuermann und regiert das Boot mit einer großen Euderpinne. Jetzt wird auch die in der Hyksoszeit abgerissene Verbindung mit dem „Weihrauchlande" Punt an der afrikanischen Somaliküste wieder angeknüpft. Unter Königin Hatschepsut (um 1490 v. Chr.) und ihrem Halbbruder und Nebenregenten Thutmosis I I I . läuft eine Expedition von fünf großen Handelsschiffen, jedes mit dreißig Ruderern bemannt, im Roten Meer südwärts und an den Strand der Puntleute, die in wunderlichen, halbkugeligen Hütten hausen. Auf Leitern müssen die ägyptischen Aufkäufer in die Pfahlhütten klettern, unterm Halbdunkel der Palmwedeldächer geht der Handel unter viel Geschnatter vor sich. Die Eingeborenen bekommen die begehrten Bronzeschwerter und Speerspitzen, Schlachtbeile, Hämmer und Messer, die Weiber sind von den buntbestickten und gefärbten Leinenstoffen, den farbigen Glasperlen und den kunstvoll verzierten Töpfen entzückt, dafür nehmen die Kaufleute jene Waren in Bezahlung, die ihnen ungleich wertvoller erscheinen: Gold, Elfenbein, Halbedelsteine, Leopardenfelle, schwere Elefantenzähne, Myrrhenharz, Ebenholz, Paviane, Meerkatzen, Windhunde und Ballen mit Gewürzen. Für die Königin suchen die Kapitäne außerdem zwei gezähmte Geparde und dreißig Myrrhenbäume mit Wurzelballen aus und bringen diese Geschenke gut versorgt an Bord. Unternehmende Seefahrer suchen und finden auch den Weg ins sagenumwobene Goldland Ophir — vermutlich das heutige Ostafrika —, in dem um diese Zeit inmitten der urwaldumrauschten Berge blühende Städte und Kulturen liegen. Terrassenförmig — in Anlage und Charakter an Indien, China und Malakka erinnernd — steigen die Gartenflächen in die Berge hinauf, Mauer über Mauer liegen die Felder, und auf den Höhenrücken dehnen sich geheimnisvolle Städte einer später fast spurlos verschwundenen Menschenrasse. In die Flanken der Berge stoßen die tiefen Schächte der Goldbergwerke vor, und auf steingefaßten Wegen ziehen Handelskarawanen durch das wuchernde Grün der Tropenwälder, Abgesandte ferner Länder und Völker, die auf Schiffen übers Meer gekommen sind, die Erzeugnisse der Erdteile auszutauschen. 47
Vielleicht Hegt das andere Ende jener dunklen Handelswege der Vorzeit imWunderland Indien und im Tal des Gelben Flusses, unter den geschweiften Tempeln der Chinesen. Die Pharaonen des Neuen Reiches, deren Handelsschiffe solch kühne Reisen unternehmen, fühlen sich als Herren der Erde. Stolz nennen sie den Tempel des Reichsgottes Amon-Re zu Theben „Sitz der Throne der ganzen Welt". Sie suchen auch die Tradition der Pyramidenerbauer fortzusetzen und zu übertreffen. Tausende von Steinmetzen werden beschäftigt, bei Der el-Bahari lange Galerien und Gänge in die granitenen Flanken der Gebirge im Westen zu brechen. In Grabkammern aus gewachsenem Stein, inmitten der „Steinernen Stille", nahe „dem Herzen der Welt", schaffen die Pharaonen sich ihre Ruhestätten. In der Felseinsamkeit der Wüste liegt auch Königin Hatschepsut begraben, eine der vielen kraftvollen Frauen aus ägyptischem Königsgeschlecht. Sie regierte zusammen mit ihrem Bruder und Gemahl Thutmosis III., der vergeblich seine Persönlichkeit gegen den zähen Willen seiner Gemahlin durchzusetzen suchte. Solange diese Frau lebte, blieb Thutmosis eine bedeutungslose Nebenfigur. Hatschepsut betonte ihre Vorherrschaft auch äußerlich, indem sie einen angeklebten Knebelbart trug und auf höherem Throne als Thutmosis saß. Ihre Sorge um den Nachruhm, um den Abglanz ihrer Taten im Gedächtnis der Menschen, war nicht geringer als die ihrer Vorgänger. Zu ihrem dreißigjährigen Regierungsjubiläum ließ sie durch den Günstling und Baumeister Senmut zwei Obelisken aus einem einzigen Granitblock meißeln — „nicht zusammengeflickt und nicht gestückt". Jede der beiden Steinnadeln stellte ein technisches Meisterwerk dar, der Transport erforderte ungeheuren Aufwand. Auf eigens erbauten Rollbahnen wurden die Felsen bei Assuan an den Strom geschafft und von dort mit Flößen nilabwärts nach Karnak gebracht, um in der riesigen Tempelhalle aufgestellt zu werden. Aber auch Hatschepsut, die sich zu Lebzeiten als Tochter des Gottes Amon preisen ließ, stand eines Tages am Ende ihres Erdenwallens und mußte dem unterdrückten Brudergemahl die Herrschaft lassen. Kaum ist die Königin in die silberne Barke des Jenseitsnils gestiegen, kaum ist die Beisetzung vorüber, als Thutmosis I I I . eine echt ägyptische Rache an der Hingeschiedenen nimmt. 48
Er befiehlt, ihr Gedächtnis auszutilgen, ihr KA — das Ich — zu löschen und damit die heimgegangene Seele ihres Gesichts zu berauben; denn ohne Namen ist sie auch im Jenseits tot. An allen Tempelwänden, in den Urkunden und Hieroglyphenschriften werden die Bilder und Namenszeichen Hatschepsuts ausgekratzt oder übermalt; um die beiden Riesenobelisken zu Karnak läßt Thutmosis einen Ziegelbau aufführen, um auch diese Erinnerung an die Verhaßte dem Blick der Menschen zu entziehen. Befreit von der Tyrannei der Königin-Gemahlin, betritt der Pharao nun den ersehnten Pfad des Kriegsruhmes. Er wird der Napoleon seines Landes, stoß auf raschen Feldzügen nach Jerusalem und Damaskus, zum oberen Euphrat und nach Arabien vor. Selbst die Assyrer erschrecken vor seinem Ungestüm und senden Botschaften. Unter Thutmosis I I I . wird Ägypten ein Weltreich, das vom Euphrat bis zum dritten Nilkatarakt, von Libyen bis Arabien reicht. „Ich bin gekommen, daß ich dich zertreten lasse die Grenzen der Länder, Der Umkreis des Ozeans ist in deiner Faust eingeschlossen. Ich zeige ihnen deine Majestät als den aufsteigenden Falken, Der packt, was er erspäht, soviel er begehrt. Ich bin gekommen, daß ich dich zertreten lasse, die deiner Grenze nahe sind, Du fesselst die Wüstenvölker als Gefangene, Ich zeige ihnen deine Majestät als einen Falken, Schnellfüßig, verstohlen streifend, wenn er Asien und Afrika durchzieht.. ." * Auf Thutmosis ist Amenophis I I I . gefolgt (um 1400 v. Chr.). Gegenüber der Hauptstadt Theben, am Westufer des Stromes, hat er sich inmitten der Totenstadt einen Grabtempel von unerhörter Wucht und Herrlichkeit gebaut. In diesen feierlichen Hallen ruht der Leichnam des Königs nun schon zehn Jahre. So lange hat seine Gemahlin Teje, die ihm jetzt in den Tod nachgefolgt ist, die Regierung geführt. In pomphaftem Aufzuge wird der einbalsamierte Leichnam der Verstorbenen über den Strom geführt. Der blu49
mengeschmückte Sarg ruht auf hohem Gerüst, bekränzte Flotten bedecken den breiten Spiegel des Nils und streben zum linken Ufer. Inmitten einer Prozession höchster Würdenträger und Priester bewegt sich der vergoldete Sarg langsam in die westliche Wüste hinaus. Dort ragen kahl und ausgebrannt die Totengebirge wie blaue, phantastische Wände vor glutrotem Sonnenhimmel. In Terrassen hebt sich das blaugraue Gestein empor zu den ernsten Galerien und Felsengängen, in deren kühler Tiefe die Könige ruhen. Zu Füßen dieser majestätischen Gebirge erhebt sich der Grabtempel des Amenophis auf der helleren Sandfläche. Vor dem Eingang thronen die Standbilder des Königs. Als die Prozession sich in feierlichem Schritt unter schwerem Dröhnen der Erzbecken, dem Quäken der Flöten und Rollen der Trommeln heranbewegt, geht ein Seufzen durch die vieltausendköpfige Menge, die schweigend im Schatten der gewaltigen Säulenhöfe wartet. Das königliche Gefolge ist bereits in die Tempelräume eingetreten, um dort die Priesterschaft zu empfangen. Im innersten Raum weilt der neue Pharao Amenophis IV., der Sohn Tejes. Die Halle wird von vielklafterhohen Säulen in engem Abstände umgrenzt, über die Lotoskapitelle ist wuchtiges Gebälk aus Libanonzeder gelegt. Da zwischen den dicken Säulen phönikische Purpurteppiche gespannt sind, dringt nur aus einem Lichtschacht der Decke gedämpftes Sonnenlicht herein, so daß geheimnisvolle Dämmerung den Raum erfüllt. An der mit Inschriften bedeckten Rückwand des innersten Raumes hat der „Vorsteher des königlichen Haushalts" den Thron errichten lassen, um den sich, rotgelb im Halblicht gleißend, ein Wandschirm aus kostbaren Hölzern rundet. Auf dieser Wand sind der Pharao mit seiner Gemahlin und alle Schutzgötter in Goldblech dargestellt, über dem Haupte des Herrschers glüht golden die Sonnenscheibe, das „heilige Aton". Einige Schritte vor Amenophis öffnet sich der schwarze Schacht in die Tiefe, die dunkle Pforte der Ewigkeit, durch die nun Teje eingehen soll. Stumm und mit beinah erstarrtem, maskenhaft wirkendem Antlitz verharren der Pharao und seine Gemahlin während der folgenden Zeremonien. Wie auf weit entferntem Gestirn zieht dies alles an ihnen 50
vorbei: die hohen, in schneeweißes Linnen gekleideten Gestalten der Priester, der funkelnde Sarg der Toten, die Zaubersprüche und das geheimnisvolle Hinübergehen aus dieser Welt in eine andere, ungreifbare. Aus der Dämmerung und Stille des Raumes, in dem sich kaum jemand zu bewegen wagt, gähnt noch immer der dunkle Schacht der Gruft, ein Rachen, aufgetan, das Lebendige, Diesseitige zu verschlingen und hinabzureißen in Bereiche, die alles Menschliche wie Strudel erfassen. Nun ist dort unten der Sarg Tejes verschwunden; ihr Sohn, Pharao Amenophis IV., vermag den Blick nicht von der düsteren Grabkammer zu wenden. Verhallt sind die Hammerschläge und gedämpften Rufe aus dem Felsenschlunde, in dem die Sklaven den Steinsarkophag über dem dreifachen Holzsarg geschlossen haben. Langsam steigen die Werkleute aus der Gruft herauf, treten an die Seilzüge, an denen die schwere Grabplatte hängt, und lassen sie fast lautlos über den Rachen der Tiefe herab, ihn verschließend und die Pforte zwischen zwei Welten vermauernd. Königin Teje ist zur Ewigkeit eingegangen. Nach dem Ritus soll nun Ämon-emhet, der Oberpriester von Theben, vortreten und den großen Zauberspruch über die geschlossene Grabstätte sprechen, um böse Geister und Grabräuber von der letzten Ruhestätte der Toten fernzuhalten. Da fällt jählings die Starre von dem Pharao, langsam hebt er den Krummstab, wendet sein Haupt — es trägt die Doppelkrone mit der heiligen Uräussohlange — zu der gewaltigen, goldenen Sonnenscheibe, die an der Stirnseite des Tempels leuchtet. Er spricht in getragenem und beschwörendem Tone den Gesang an Aton: „Es gibt keinen Tod! Auf Erden geht alles nach deinem Willen; denn du hast die Menschen geschaffen. Steigst du auf, so leben wir; sinkst du unter, so sterben wir. Du selber bist das Lebensziel! Man lebt nur durch dich, alle Menschen schauen auf dich, o Sonnengott, bis du untergehst. Alle Arbeit wird niedergelegt, wenn du im Westen untertauchst. Leuchtest du wieder auf, so läßt du alle Menschen auf Erden wachsen. Zu Aton — der Sonne — ging auch die Seele der Toten, flog das Herz Tejes, meiner Mutter. Friede sei diesem Grabe . . . " öl
Die Priester in ihren langen, wallenden Gewändern geraten in Bewegung und wenden sich erregt zu Amon-emhet. Der Tempelfürst ist bleich geworden. Auch er hat die Rede des schwärmerischen, jungen Königs als eine Kampfansage an die Priesterschaft und die Gottheiten des Landes empfunden. Noch hofft er, daß der Pharao wieder einlenken und dem uralten Brauch seinen Lauf lassen werde. Aber Amenophis beugt sich zu seiner Gattin, die mit hohem Kopfputz und dem Schleiergewand, einen goldenen, türkisbesetzten Gürtel um die schlanken Hüften, unbewegt wie ihr eigenes Standbild auf dem Thronsessel sitzt. Nofretete erhebt sich, und ohne einen Blick für die versammelte Priesterschaft verläßt das Königspaar den Saal. Die Prinzen, Generäle und Hofbeamten schließen sich an, und das übrige Gefolge, die Vorsteher der Schatzkammern, Kornverwalter, Steuereinnehmer, Richter bis herab zu den Hofköchen, Bierbrauern und Schlächtern drängen eifrig nach. Draußen künden erzene Gongs das Erscheinen des Königspaares. Schon werfen sich die Vordersten auf ihr Angesicht und heben die flachen Hände gegen die Freitreppe. Der König tritt heraus. Ein Zug geschlossener Sänften eilt heran, weiße Maulesel sind an die Tragstangen geschirrt. Amenophis und Nofretete steigen ein, Berittene schaffen freie Bahn. Inmitten des brausenden Menschenstromes, der sich jetzt über die Sandflächen zu den Nilfähren bewegt, schwankt auch die breite Sänfte des königlichen Schwiegersohnes Sakere. Neben ihm liegt sein alter Freund RibAddi, Statthalter der syrischen Grenzprovinz Gulla. „Es ist ein Unglück, daß Königin Teje starb", sagt Sakere. „Diese Frau hat das Reich nach innen und außen kraftvoll zusammengehalten; sie allein vermochte die weltfremden Neigungen des Königs zu mäßigen. Nun, da sie tot ist, wird niemand mehr Amenophis in Schranken halten. Nofretete liebt ihn und seine Sehnsüchte und Neigungen, sie wird den König nicht lenken." „Du verstehst den jungen König nicht", antwortet Rib-Addi. „Er ist ein Neuerer, er hat kühne Pläne. Ich bewundere ihn, weil er mit der Politik seiner Vorgänger zu brechen wagt und sich nicht vor der Macht des Priestertums beugt." „Freund, Freund!" warnt der Prinz, „Thutmosis hat 52
das Reich bis zum Euphrat ausgedehnt, Amenophis hat Nubien erworben und Arabien unterworfen, und doch haben beide Schätze und Beute mit der Priesterschaft der großen Tempel geteilt und sie mit Landbesitz und Untertanen ausgestattet. Sie wußten wohl, warum sie es taten. Es ist ein altes Sprichwort: Wo die Götter zürnen, dauert die Regierung der Könige nicht lange." „Ich bin anderer Meinung, Sakere. Die Jahrtausende haben unsere Religion erstarren lassen. Die Gebräuche der Priesterschaft sind dem Volk unverständlich geworden. Sie sind nur mehr ein kalter Handel zwischen Diesseits und Jenseits, ein endloses Bestechen der Götter durch Opfer und Gaben, die, wie alle Welt weiß, in die bodenlosen Taschen der zahllosen Tempelpriester wandern." Der Statthalter schiebt den dichten Schleier am Fenster der Sänfte ein wenig zurück und deutet auf die Menschenmasse. „Das Volk glaubt an Amulette und Zaubersprüche. Zu den unverständlich gewordenen Gottheiten, diesem Chor von Dämonen und Heiligen, hat es keine Beziehungen mehr, es fürchtet sie nur. Der König entzündet endlich wieder die reine Flamme echten Gottesglaubens, indem er lehrt: Es gibt nur eine einzige Himmelsmacht, Aton, die Sonne. Müssen ihm nicht die Herzen der Menschen zufliegen wie einem Propheten? Und der König hat den Zeitpunkt für die Reformen gut gewählt. Die Zeit ist reif." Sakere schüttelt das Haupt. „Auch du bist ein Schwärmer, Rib-Addi. Freilich gestehe ich dem König die besten Absichten zu, aber er hat die irdischen Machtverhältnisse nicht bedacht, die Trägheit des Volkes, die Tücke der Priesterschaft und die Verflechtung der wirtschaftlichen Interessen mit den überkommenen religiösen Vorstellungen. Der Vater des Königs hat überall im weiten Reich prächtige Tempel gebaut und mit Land und Reichtümern ausgestattet. Denk an den Amonstempel in Theben! Eine riesige Fläche Ackerland, 13000 Sklaven und 420000 Stück Vieh sind sein. Die Oberpriester des Amon, der Isis und hundert anderer Gottheiten sind Geldgeber und Landesherren zugleich. Tausende von kleinen Priestern, Tempeldiener, Händler mit Opfervieh, Schuldner der Tempelschätze und Wächter der Tempelfelder werden sich gegen den König stellen, der die alten Kulte und ihre Ordnung angreift und damit ihr 53
Dasein gefährdet. Als Statthalter einer Grenzprovinz weißt du, daß dem Reich von allen Seiten Gefahr droht. Die Grenzfestungen werden bestürmt. Zur Gefahr von außen gesellt sich nun Uneinigkeit, Unzufriedenheit und Feindschaft im Innern. Die Priester werfen dem König vor, die Götter zu mißachten, denn immer verstehen sie, die Grenzen zwischen sich und ihrer Gottheit zu verwischen, und das abergläubische Volk entfernt sich mehr und mehr von seinem Pharao." „Der König geht einen schweren Weg", seufzt der Statthalter, „möge Aton ihn schützen!" Hastend, fast wie auf der Flucht, hat der Pharao das Schiff bestiegen und Befehl zum Ablegen gegeben. Unter dem Sonnensegel liegt er auf einem Ruhebett. Neben ihm ruht die schöne Nofretete, während der alte Gelehrte und Baumeister Amenhotep auf einem Hocker im Hintergrunde verharrt. Hinter die grauen, starren Mauern der westlichen Gebirge sinkt die Dämmerung herab, die letzten Strahlen der untergehenden Sonne fallen auf die Tempel und Paläste des vieltorigen Theben. Von zwei Dutzend Ruderern bewegt, treibt die blumenbekränzte und mit kostbaren Fellen ausgelegte Barke an der Stadt vorbei stromab. „Ich habe Befehl gegeben, nicht in Theben anzulegen", sagt der König. Eine erschreckte Bewegung des Alten, ein erstauntes Kopf heben Nofretetes antworten ihm. „Nie wieder will ich diese Stadt der Götzen betreten, die neue Hauptstadt ,Horizont des Aton — Achet-aton (Amarna)' — soll fortan mein Sitz sein. Ich will sie zur schönsten Stadt der Welt machen." „Und Theben?" fragt Nofretete besorgt. „Ich habe heute einen Erlaß gesiegelt, nach welchem die Tempelgüter, insbesondere jene des Amon von Theben, zugunsten der Krone eingezogen werden sollen. Ich werde dieser Verordnung ein Verbot der Götzendienerei folgen lassen. Ich bin fest entschlossen, den offenen Kampf mit der Priesterschaft aufzunehmen und werde darum mit dem morgigen Tage meinen verhaßten Namen Amenophis ablegen, der mich tausendmal an den Ober-Götzen Amon erinnert. Künftig will ich mich .Echnaton' — Aton hat Wohlgefallen an mir — nennen. Dieser Name soll wie ein Feldzeichen über dem Lande stehen und alle Menschen guten Willens zu den Altären des einzigen wahren Gottes 54
rufen. Denn, Nofretete, ich bin der König, der die Wahrheit liebt, nicht länger vermag ich es, einen Glauben zu heucheln, den mein Herz nicht teilt. Gott befiehlt mir mein Tun." Nofretete ergreift sanft die Hand ihres Gemahls und führt sie zärtlich an die Lippen. Ihre dunklen Augen glänzen. „Kämpfer für die klare, sieghafte Sonne", flüstert sie, „möge Aton mit dir sein!" Der König verliert sich in seinen Plänen und Hoffnungen. Er spricht davon, wie er bisher in falscher Rücksichtnahme auf seine Mutter den offenen Streit mit den mächtigen Priestergemeinschaften vermieden habe; aber nun — befreit von der zügelnden Hand Tejes — werde er endlich das Reich Atons auf Erden errichten. Er beschwört mit seinen Worten ein Idealbild der Zukunft herauf, in der alle Menschen einem Gotte dienen. ,,Achet-aton soll die erste Stätte einer besseren Menschheit sein", schließt er. Dann fordert er den Baumeister auf, über den Stand der Arbeiten an der neuen Großstadt zu berichten, die zwischen Memphis und Theben ersteht. Amenhotep beschreibt die fertiggestellten Bauten. Da liegt der gewaltige Königspalast in der Mitte der Stadt. Aus seinem Zentralbau springt eine offene Halle in den weiten, mit Granitplatten bedeckten Platz vor. Von ihrer Brüstung aus wird Echnaton zu seinen Höflingen und Dienern sprechen. Der aus farbigem Urgestein errichtete Aton-Tempel ist an drei Seiten von langen Säulenreihen umgeben, an der vierten wird noch eine Halle gebaut, die der goldenen Sonnenscheibe geweiht werden soll. Unter freiem Himmel, angesichts der Sonne, steht auf dem Kultplatz ein mächtiger Altar, auf dem der König dem Aton opfern wird. In den westlichen Grenzgebirgen werden die Gruftkammern der Totenstadt in die Felswände gebrochen. Hier will der König, von seinem Hofstaat umgeben, dereinst in steinerner Stille ausruhen. „Du hast viel erreicht, Herr", sagt der alte Baumeister. „Die Kunst deines Volkes wandelt sich unter deinem Einfluß, der Ruf nach Wahrheit ist vernommen worden. Schon mühen sich die Bildhauer und Maler um Naturwahrheit und Genauigkeit der Menschendarstellung. An Stelle der alten sinnbildhaften und schematischen Formen treten 55
mehr und mehr bewegte, dem Leben nachgebildete Statuen, Büsten und Malereien." „Ich sehe es, Amenhotep, und ich freue mich. Wenn der Drang nach echter Religiosität und der Mut zur Wahrhaftigkeit das ganze Volk erfaßt haben, werden — wie ich hoffe — die tausend Götzentempel Ägyptens verfallen, wird niemand mehr den heiligen Kühen, Katzen und Ibissen, den Krokodilen und Schlangen und dem Chor der Dämonen opfern, vor denen heute noch die Massen zittern." Das Gespräch verstummt, leise schwankt die Barke auf den dunklen Fluten. Die Ruderer summen eine eintönige, sich endlos wiederholende Melodie. Der feurige Sonnenball hat nun mit seinem untersten Rande die weite, majestätische Linie der Wüstengebirge erreicht, wie eine riesige goldene Scheibe rollt er über das Totenland in den nächtlichen Abgrund des Westens. Echnaton beugt sich zu der Königin herüber, und leise spricht er zu ihr seinen „Gesang an Aton", das Bekenntnis todesüberwindender Hoffnung: „Schön erscheinst du am Bogen des Himmels, du strahlender Aton! Du, der du alles Leben schaffst! Empor steigst du am östlichen Lichtberg und füllest jedes Land mit deiner Schönheit, du bist licht, groß, glänzend und hoch über allen Landen, deine Strahlen umarmen die Erde bis zum Ende aller Schöpfung . .. Gehst du unter am westlichen Firmament, so liegt die Erde im Dunkel, als wäre sie tot. Die Menschen schlafen mit verhülltem Haupte in ihrem Gemach, kein Auge sieht das andere . . . Deine Strahlen ernähren jedes Feld; wenn du aufgehst, so leben und wachsen alle Wesen durch dich; du machst die Jahreszeiten : den Winter, um uns zu kühlen, und die Glut, damit alles reife. Leuchte für mich, deinem Diener, o große Sonne, und strahle für meine geliebte Gemahlin, die Herrin der beiden Reiche, Nofretete, die lebe und jung sei immer und ewiglich!" Die Glut der Sonne ist hinter die blauen Granitfelsen getaucht, mit der Schnelligkeit der nahen Tropen fällt die Nacht über das Land. Wie ein jählings vorgezogener Schleier weht Dunkelheit über das Antlitz des Tages. 56
Über den fernen Papyrusdickichten hängt silbern die Mondsichel, von vorüberziehenden Euderbooten tönt leises Saitenspiel, ein Schwärm Wasservögel fällt klatschend ins Schilf, aus dem das dumpfe Brüllen eines Flußpferdes klagt. Auf dem Deck des Schiffes, das den König mit seiner jungen Gemahlin trägt, ist es still geworden. Zwei Menschen blicken gläubig zum sanftblauen Himmel auf, über den nun die Sterne ihren schimmernden Bogen spannen... Was Sakere befürchtet hatte, trat ein. Eine Übermacht von Feinden stellte sich Echnaton entgegen. An den Grenzen erhoben sich die Randvölker und rissen die Provinzen, die Thutmosis und Amenophis erobert hatten, wieder vom Reichskörper los. Die tödlich beleidigte Priesterschaft wehrte sich gegen den ketzerischen König. Heuschreckenschwärme traten auf, die Nilschwelle blieb aus, und die Sonne verdunkelte sich. Die Priester bezeichneten den Pharao als die Ursache dieser Prüfungen. Dann starb Nofretete und ließ Echnaton, dessen Thron schon schwankte, allein zurück. Einsam, von allen verlassen, trat auch er bald ins Totenreich ein. Das aufgehetzte Volk zerstörte seine neue Hauptstadt und machte sie dem Erdboden gleich. In den Hieroglyphen lebt er als Frevler und Gottesleugner fort. „Die Zustände unter ihm waren unerträglich. Die Tempel der Götter lagen verwüstet, ihre Heiligtümer waren dem Verderben ausgeliefert und ihre Felder der Vernichtung preisgegeben. Unkraut wuchs auf ihnen, und alle Einkünfte hatten aufgehört. Ihre heiligen Stätten waren Wege für Tagediebe geworden. Die heilige Religion war besudelt, die Götter schwiegen . . ." * Eine letzte Glanzzeit erlebt Ägypten unter dem Herrschergeschlecht der Ramessiden. Ramses II. (um 1250 v. Chr.) — der Große — erliegt in der Schlacht von Kadesch dem indogermanischen Volk der Hethiter, die in Kleinasien ein Großreich begründet haben. Aber er einigt sich in den folgenden Jahren mit den Siegern. Wie ein zeitgenössisches Epos berichtet, erflehte der fromme König vor dem Kampf von den Göttern den Sieg. Während der Schlacht wurde er eingeschlossen, von seinen Gefährten verlassen und nur durch die Tapferkeit seiner Rosse ge57
rettet. Vor seinem Volke verwandelte Ramses die Niederlage in einen Sieg: „Das Verbrechen, das meine Soldaten und meine Wagenlenker begangen haben, ist größer als man sagen könnte. Aber Amon hat mir allein den Sieg gegeben, auch ohne Soldaten und Wagenlenker . . . Zu mir hielten nur meine großen Pferde ,Sieg mit Theben' und ,Mut ist zufrieden'. Bei ihnen allein fand ich Beistand . . . Ich werde ihnen täglich selbst Futter reichen, wenn ich wieder in meinem Palast sein werde..." Siebenundsechzig Jahre regierte der große Pharao, emporgewachsen aus den Bereichen der Menschen zu denen der Götter. Einsam und von der Leere des Todes umgeben, starb er, der alle Freunde und Gefährten seiner Glanzzeit überdauert hatte und der seinem eigenen Volke schon fast zur Sagengestalt geworden war, im neunzigsten Jahre seines Lebens. Nach dem Tode Ramses' IL sank Ägypten allmählich von dem Götterthron einstiger Größe herab; es war, als habe es seine Aufgabe erfüllt, sich selbst und sein Wesen bis zur letzten Möglichkeit verwirklicht. Die Welle neuer Völker, andrängender indogermanischer Erobererstämme aus dem Norden war höher und höher angeschwollen und mit ersten Brandungswogen auch an den ägyptischen Strand gedrungen. Wie die Jahrbücher der Priesterschaft berichten, erschienen die flinken Boote der „barbarischen Seevölker"an der Küste, wilde kriegerische Scharen landeten und überfielen Dörfer und Städte. Nur mit Mühe konnten die Angriffe auf das Delta abgewiesen werden. Zudem brach der Kampf zwischen Königtum und Priesterschaft von neuem aus und zerriß das Reich in Parteien. Die Weissagung des jüdischen Propheten Isaias erfüllte sich: „Ich werde Ägypter gegen Ägypter aufstacheln, spricht Jahwe, auf daß sie miteinander kämpfen, Bruder gegen Bruder, Freund gegen Freund, Stadt gegen Stadt und Reich gegen Reich .. . Und ich will die Ägypter der Gewalt unterwerfen, harten Herren preisgeben, ein strenger König soll über sie herrschen." Priesterkönige und Söldnerführer, Generäle, Abenteurer und Politiker kämpften erbittert um den verwaisten Pharaonenthron. Am Rande der ägyptischen Welt waren andere starke Kulturstaaten emporgestiegen, die Welt war 58
räumlich näher zusammengerückt, und das Gesetz der Urzeit, nach dem die Völker, in ihre natürlichen Bereiche eingeschlossen, ihr Eigenleben geführt hatten, galt nicht mehr. Handel und Seefahrt, Eroberung und Grenzkrieg hatten dieBahnen ausgetreten, in denen nun das Schicksal gegen Ägyptens Machtbezirke heranzog. Babylon und Assyrien bedrohten gleichzeitig vom Zweistromland des Euphrat und Tigris aus die Unabhängigkeit des Landes, bis schließlich König Sargon II. (722—705) das morsche Reich eroberte und es zur assyrischen Provinz machte. Das uralte Volk fügte sich zunächst der Fremdherrschaft, dann aber bereitete Pharao Psammetich, vertrauend auf die in Jahrtausenden erprobte Lebenskraft Ägyptens, die Befreiung vor. Wiederum fiel der Schatten der neuen Völker über die Geschichte des Landes. Diesmal traten griechische Söldner als Helfer und Bundesgenossen auf. Die Flut nordischen Volksüberschusses drängte um diese Zeit in fremde Heere, denen sich die abenteuerlustigen „Barbaren" verdingten. Tausende dieser spartanischen Landsknechte wurden für das ägyptische Heer geworben, der Pharao gestaltete die Beziehungen zu dem aufstrebenden, handelsmächtigen Griechenvolk enger, indem er im Jahre 530 die Gründung einer griechischen Stadt — Naukratis — im Nildelta auf geheiligtem Ägypterboden erlaubte. Während der Oberhoheit des verhaßten Assyrerkönigs Assurbanipal, eines grausamen und prachtliebenden Tyrannen, flammte der Aufstand im Nillande auf. Die eisengegürteten hellenischen Söldner, das unerschütterliche spartanische Fußvolk, setzten sich in Bewegung, und die Eroberer flüchteten Hals über Kopf aus dem Lande. Es waren die Urenkel indogermanischer,, Sonnenvölker'', die Ägyptens Freiheit erstreiten halfen. Aber die alte Welt war durch die Umwälzungen, die im Gefolge der indogermanischen Wanderung heraufgeführt worden waren, schon zu sehr erschüttert, als daß sich das herabgekommene Ägypten auf die Dauer unabhängig halten konnte. Die kommende Zeit gehörte den jungen Völkern des Nordens. Schon ritten persische Panzerreiter durch die iranischen Bergtäler, schon begannen die griechischen Flotten die Schiffe Phönikiens und Ägyptens auf den Meeren zu verdrängen. Die Erben standen vor der Tür einer sterbenden Macht. 59
ANMERKUNGEN x
) Hier wird vom europäischen Neandertaler berichtet, soweit sein Leben
in der letzten Warmzeit und der letzten Eiszeit erforscht werden konnte; — 2
) der Feuerstein ist der Stahl der Eiszeit, der wichtigste Werkzeugstoff des
Steinzeitmenschen. Es ist zu Knollen und Platten erstarrte Kieselsäure, die sich in den Kreidehängen Frankreichs, Englands, Dänemarks und Rügens abgelagert hat. Durch die Gletscher wurde der seltene, scharfkantig brechende Stein weit verstreut; — 3) Die 4. und letzte Eiszeit begann um 120000 v.Chr.; — 4 ) der Nachneandertaler kam vermutlich aus den östlichen Steppen; er war Träger einer hochstehenden Urkultur; — 5 ) Hockergrab; — 6 ) das Folgende nach Herbert Kühn „Das Erwachen der Menschheit", Fischer-Bücherei; — 7) die Entdeckung der Eiszeitkunst seit den 60 er Jahren des vorigen Jahrhunderts war eines der erregendsten Ereignisse der Forschung und blieb bis nach der Jahrhundertwende umstritten; — 8
) Delta, in Dreieckform geschriebener griechischer D-Buchstabe; danach die
Verzweigung einer Flu ßmündung benannt; — 9 ) Papyrus, wichtigster Schreibstoff des Altertums, aus dem Mark der Papyrusstaude gewonnen. Das Mark wurde in fingerbreite, dünne Streifen geschnitten, die nebeneinandergelegt und mit Querstreifen gleicher Breite verleimt und zusammengepreßt wurden; — 10
) der flach abgedeckte Grabhügel der Mastaba enthielt meist viele Grabu
kammern, seitlich befand sich oft eine Opferstätte; —
) die Schrift der
Hieroglyphen bestand aus etwa 600 Bildzeichen, die Wörter, Begriffe oder Mitlaute darstellten. Es gab eine Großschrift für Bauten u. a. und eine Schreibschrift. Entziffert wurde sie 1822 durch J. F. C'hampollion; — 12 ) aufgeschrieben auf einem Papyrus um 2600 v.Chr.; —
13
) liegendes, unge-
flügeltea Fabelwesen, Wächter und auch Verkörperung des Königs; — w
) vierkantiger, hoher, schlanker Steinpfeiler mit Spitze, Sinnbild der Sonne,
oft mit eingegrabenen Schriftzeichen.
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ZEITTAFEL Eiszeit / Altsteinzeit 600000
Die Eiszeit beginnt, zugleich. Auftreten des sprechenden Menschen. Sie ist kulturell das Zeitalter der Altsteinzeit, der Zeit, in der der Mensch (neben Holz und Knochen) nur den gebrochenen und zugehauenen, nicht geschliffenen Stein (Feuerstein, Quarz) als Werkzeug und als Waffe benutzt. Die Menschen sind Jäger und Sammler von Vogeleiern, Muscheln, Wildfrüchten und Wildgemüsen. Sie durchwandern viele Jagdgründe und wohnen in leicht gebauten Hütten, in Wohngruben unter Felsvorsprüngen und in Höhlen. Viermal im Verlaufe der Altsteinzeit wechseln Warmzeiten (Zwischeneiszeiten) und Eiszeiten ab. Die Wissenschaft benennt die vier Eiszeiten nach den vier Voralpenflüssen Günz, Mindel, Riß und Wurm und die drei Warmzeiten als Günz-Mindel-, Mindel-Riß- und Riß-Würm-Warmzeit. Der Mensch bis zur dritten Warmzeit wird Vorneandertaler genannt.
600000 bis 540000
Erste Eiszeit (Günz-Eiszeit) Wildbeuter und Wildfrüchtesammler / Rohe Werkzeuge / Feuer
540000 bis 480000
Erste Warmzeit (Günz-Mindel) Gemäßigtes bis mildes Klima / Rohe Faustkeile aus Feuersteinbrocken / Vielfach Rastplätze im Freien.
480000 bis 420000
Zweite Eiszeit (Mindel-Eiszeit) Klima viel kälter als heute / Vervollkommnung der Steinwerkzeuge zeugt von Höherentwicklung des Geistes / Wohnung meist in Erdgruben und Höhlen. Zweite Warmzeit (Mindel-Riß) Klima einige Grad wärmer als heute / Geformte Faustkeile und Klingen / Holzspeere/ Vermutlich Körperbemalung.
420000 bis 240000
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240000 bis 180000
Dritte Eiszeit (Riß-Eiszeit) Klima 10° kälter als heute / Kultur wie in der vorangegangenen Zeit.
180000 bis 120000
Dritte Warmzeit (Riß-Würm) Klima viel wärmer als heute / Neben Steinund Holz- auch Knochenwerkzeuge, Lochbohrer/ Totenfürsorge und Totenopfer/ Auftreten des Neandertalers, des „ersten Europäers" / Kulturstufe des sog. Mousterien.
120000 bis 12000
Vierte Eiszeit (Würm-Eiszeit) Klima sehr kalt mit wärmeren Zwischenzeiten / Bis um 80000 lebt noch der Neandertaler / Er wird abgelöst von den Vorfahren des heutigen Menschen / Um 60000 erste Figurenkunst/ Werkzeuge: Stichel, Kratzer, Bohrer, Pfeil und Bogen, Nadeln, Nähnadeln, Harpunen / Schmuckgegenstände / Um 40000 Höhlen als Kultstätten, Felsenmalerei und Kleinkunst / Toten- und Opferkult / Großjagd und Jagdzauber / Hütten-, Grotten- und Höhlenwohungen. Nacheiszeit
Um 12000 Mittel- und Jungsteinzeit bis um 2000 Rückzug der Gletscher, Erwärmung / Ackerbau (Pflug) und Viehzucht / Feste Wohnplätze .und Einehe / Töpferei / Geschliffene Steinwerkzeuge / Dörfer, Blockhäuser / Einbäume und Auslegerboote (Seeschiffahrt) / Steinbergbau, durchbohrte Beilklingen / Schmucktöpferei, Goldverarbeitung, Weberei, Korbflechten / Wagen, Handel / Großsteingräber / Vereinzelt Pfahlbauten / Kultur- und Sprachzerklüftung / Erste Hochkulturen mit Schrift. Um 2000 bis Bronzezeit (in den Kulturkreisen des Norum 1000 dens, Südens und des Orients zeitlich verschieden) : Klimaverschlechterung / Völkerwanderungen / In Formen gegossene, gehämmerte Bronzewaffen, -Werkzeuge, -schmuck-
stücke / Neben Bestattung Leichenverbrennung / Sonnenverehrung, Pfahlbauten / Neue Gewerbe / Schriftübernahme durch Griechenland / Fliehburgen / Großwanderbewegungen nach Süden. Ab 1000
Eisenzeit (in den Kulturkreisen zeitlich verschieden) : Heutiges Klima / Eisen zu Stahl gehärtet, Eisengeräte / Eisenerzbergbau / Erneute Völkervorstöße nach Süden. Ägypten
Um 3000 bis Altes Reich um 2200 Im Stromtal des Nil bestehen um 3000 v. Chr. ein ober- und ein unterägyptisches Keich, die von dem sagenhaften Gaufürsten Menes zum Alten Reich Ägyptens vereinigt werden. Memphis in Unterägypten wird Hauptstadt. Drückende Frondienstpfiicht, Naturalsteuern. Große Macht der Tempelpriester. Vielgötterglaube der Bauernbevölkerung durch eine Sonnenreligion überlagert. Grabpyramiden der Pharaonen als Zeugnisse ihres Gottkönigtums. Glaube an ein Fortleben nach dem Tode, Totenkult. Ägyptische Bilderschrift (Hieroglyphen). Um 2200 bis um 2000 Verfall der Reichseinheit, Herrschaft der Landesfürsten. Um 2000 bis Mittleres Reich um 1700 Neue Einigung durch einen Gaufürsten Oberägyptens. Klassische Zeit der Kunst, Literatur und Wissenschaft (Astronomie, Mathematik, Medizin). Tempel- und Prachtbauten. Gegen Ende des Zeitalters Verbürgerlichung und Verweltlichung. Die Macht des Königs auf das Delta beschränkt. Um 1700 bis Fremdherrschaft der HyJcsos aus Nordsyrien 1580 Einbruch des Reitervolkes mit der neuen Waffe des rossebespannten Kampfwagens. Hauptstadt wird Auaris-Tanis. 63
1580 bis 1085
Neues Reich Befreiung von den Hyksos von Theben und Memphis aus. Eroberung ihrer Hauptstadt. Ägypten wird Weltmacht. Eroberung von Nubien, Palästina und Syrien. Glanzvollste Herrschaft unter Amenophis I I I . Sonnenkult als Staatsreligion unter Amenophis IV. Echnaton. Gründung der Aton-Tempelstadt und Hauptstadt in El-Amarna. Sein Nachfolger Tutenchamon kehrt nach Theben zurück. Eamses IL teilt sich mit den Hethitern in die Herrschaft über Vorderasien. Großbauten. Einfall der „Seevölker". Unter den Nachfolgern Eeichsverfall.
Nach 1085
Tempelpriester- und Söldnerführerherrschaft Fremdherrschaften der Äthiopier, Assyrer. Letzte Blüte unter den Fürsten von Sais. 525 wird Ägypten persische Provinz. Eroberung durch Alexander d. Gr., Mittelpunkt griech. Bildung. Unter den Nachfolgern Alexanders, den Ptolemäerkönigen, Höhe und Verfall. 51 v. Chr. unter Hoheit des römischen Senats, 30 v. Chr. röm. Provinz.
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Alle Rechte vorbehalten. Einbandgestaltung: Karlheinz Dobsky Kartenzeichnungen: Anton Eckert; Illustrationen: H. G. Strick Druck: Dr. F. P. Datterer & Cie. - Inhaber Sellier-Freising/Obb.
Der Leser, der die in diesem Heft geschilderten Ereignisse im großen Rahmen weiterverfolgen will, wird auf die spannend geschriebene Weltgeschichte
BILD DER JAHRHUNDERTE von OTTO Z I E R E R verwiesen. In neuartiger, eindrucksvoll erzählender Darstellung behandelt Otto Zierer im „Bild der Jahrhunderte", dem der Text zu dem vorliegenden Heft im wesentlichen entnommen ist, die Geschichte des Abendlandes und der Welt von ihren Anfängen bis zur Gegenwart.
Gesamtauflage über 2 Millionen Bände Der Umfang des GeschichtsWerkes beträgt rund 8000 Seiten. 189 ausgewählte Kunstdrucktafeln und 124 historische Karten ergänzen den Text. Jeder Band enthält im Anhang Anmerkungen, ausführliche BegrifTserklärungen, Zeittafeln, Quellen- und Literaturnachweise. Das zum Gesamtwerk gehörende „Historische Lexikon" bietet in 12000 Stichwörtern und 500 Bildern einen Querschnitt durch die Universalgeschichte. Der Registerband mit Sach- und Namensverzeichnis und einer Inhaltsübersicht über das Gesamtwerk und Lux-Historischen Bildatlas mit 131 sechsfarbigen Karten 18,5 x 25,5 cm sowie 72 Seiten historische Bilder und Texte ergänzen das „Bild der Jahrhunderte". Preis des Werkes Rotleinenausgabe Registerband
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Lux-Historischer Bildatlas, Lux-Luxusausgabe DM 19,80 Über die günstigen Zahlungsbedingungen unterrichten wir Sie gern. Presseurteile zu Otto Zierer: BILD DER JAHRHUNDERTE „Wenn Napoleons Formulierung, Genie sei die Verbindung von Phantasie und Fleiß, zutrifft, so liegt diesem Werk gewiß Genie zugrunde. Die Wucht, mit der dem wissenden Leser längst Versunkenes wieder emporgeholt, dem weniger wissenden Neues vorgetragen wird, bleibt aller Bewunderung wert." Die Neue Zeitung „Mit einer unwahrscheinlichen Anpassung in Sprache und Szenerie trifft der Autor die Atmosphäre, die aus dem Wissen um die geschichtlichen Ereignisse ein so lebendiges Erleben schafft, daß der Leser sich als Teilnehmer an den abrollenden Ereignissen wähnt. Mehr mag ein Geschichtswerk nicht zu geben. Die Absicht des Autors ist in diesem Werk voll erfüllt." EUROPA-Ünion Prospekte durch jede Buchhandlung und durch den Verlag VERLAG S E B A S T I A N L U X - M U R N A U VOR MÜNCHEN