Technische Akustik
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M. Möser
Technische Akustik 8., aktualisierte Aufl.
1C
Prof. Dr.-Ing. Michael Möser Technische Universität Berlin Institut für Technische Akustik Einsteinufer 25 10587 Berlin
[email protected]
ISBN 978-3-540-89817-7 e-ISBN 978-3-540-89818-4 DOI 10.1007/978-3-540-89818-4 Springer Dordrecht Heidelberg London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1971, 1975, 1985, 1990, 2003, 2004, 2007, 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com)
Dieses Buch widme ich meinen Eltern Christel und Anton M¨oser
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Vorwort
Vorwort zur achten Auflage Nat¨ urlich ist die achte Auflage den selben prinzipiellen Absichten und Zielen gewidmet wie die Vorg¨ anger-Auflagen, deshalb sei hier auf die fr¨ uheren Vorworte verwiesen. Freundliche Leser haben mir sehr bei der Fehler-Korrektur geholfen, ich bin ihnen sehr dankbar daf¨ ur. Inhaltlich sind diesmal vorwie¨ gend kleinere Anderungen eingeflossen, die vor allem der Anschaulichkeit und dem leichteren Begreifen dienen sollen. Haupts¨achlich sind einige Sachverhalte nun durch farbige Darstellungen noch griffiger und unmittelbarer zug¨anglich. Insbesondere die Wiedergabe von Interferenzmustern, die Schilderungen von Beugungsvorg¨ angen und die von akustischen Antennen haben von dieser Darstellungsweise profitiert. Nebenbei bemerkt gefallen die bunten Bilder offenbar auch manchem Nicht-Akustiker aus einem rein ¨asthetischen Blickwinkel recht gut, so jedenfalls darf ich einige entsprechende Kommentare interpretieren. Auch f¨ ur diese achte Auflage meines Buches w¨ unsche ich meinen Le¨ sern eine interessante und lehrreiche Lekt¨ ure. Uber Anmerkungen, wie man es (noch?) besser machen kann, wo noch immer Fehler auftreten und was sonst dem Buch noch dienlich sein k¨ onnte, w¨ urde ich mich sehr freuen (
[email protected]). Berlin, im Februar 2009,
Michael M¨ oser
Vorwort zur siebten Auflage Auch f¨ ur die siebte Auflage der ’Technischen Akustik’ bestehen die Absichten des Verfassers haupts¨ achlich in der gr¨ oßtm¨ oglichen Aufkl¨arung seiner Sachverhalte und im Bem¨ uhen darum, dem Leser einen einfachen, durchsichtigen und klaren Zugang zu den geschilderten Inhalten und Aussagen zu bieten. Soweit irgend m¨ oglich werden anschauliche Vorgehensweisen benutzt und vor allem auch Begr¨ undungen f¨ ur alle Schritte angegeben, ohne dass dabei auf hohe inhaltliche Qualit¨ at und mathematische Beschreibung des Stoffes durch geeignete Gleichungen verzichtet wird.
VIII
Vorwort
Die Hauptunterschiede zu den Vorg¨ angerauflagen bestehen auch diesmal wieder vor allem in einem gr¨ oßeren inhaltlichen Angebot. Es ist ein neues Kapitel dazugekommen, ein zweites wurde erheblich u ¨berarbeitet, und schließlich sind insgesamt 101 Rechen¨ ubungen nebst L¨osungen entwickelt worden, die Gelegenheit geben sollen, den gesamten Stoff anzuwenden und zu vertiefen. Nat¨ urlich sind nebenbei auch einige Fehler behoben (die sich offenbar unvermeidlich einschleichen, trotz Korrekturlesen durch Dritte) und kleinere Unterlassungss¨ unden bereinigt worden. ¨ Das neue Kapitel betrifft die Grundlagen der Ubertragungstheorie und die N¨ utzlichkeit der Fourierschen Zerlegung von beliebigen Verl¨aufen in sinusf¨ ormige (oder wellenf¨ ormige) Bestandteile. Gewiss geh¨ort auch f¨ ur den ¨ Akustiker das Grundwissen u ¨ber die Beschreibung von ’Systemen’ (wie Ubertrager anderenortes gern genannt werden) zur Ausbildung, Begriffe wie ’Im¨ pulsantwort’, ’Ubertragungsfunktion’, ’Faltung’ und ’Faltungssatz’ sollten f¨ ur ihn keine Fremdworte bilden. Auch das Konzept, nach welchem einem selbst wellenf¨ ormigen Strahler ein sehr einfach zu verstehendes Schallfeld in Form einer schr¨ ag abgestrahlten Welle zugeordnet ist, darf in einem Grundlagenbuch zur Akustik gewiss nicht fehlen. Der Gedanke, beliebige Strahlerverl¨aufe dann in Wellenkomponenten zu zerlegen, dr¨ angt sich nachgerade auf; jede Wellenkomponente tr¨ agt dann mit einem Schallfeldanteil in Form einer ebenen, fortschreitenden Welle mit einer ganz bestimmten Laufrichtung zum Gesamtfeld bei. Die Einzelheiten sind im neuen Kapitel, dem letzten dieses Buches, aufgef¨ uhrt. Gr¨ undlich u ¨berarbeitet worden ist das Kapitel u ¨ber Schallschutzw¨ande. Alleine in Deutschland d¨ urften wohl viele hundert Streckenkilometer an Straße und Schiene mit W¨ anden oder W¨ allen zum ausschließlichen Zweck der L¨ armbek¨ ampfung ausger¨ ustet sein. Angesichts dieser Tatsache ist es um so u ¨berraschender, dass sie in der Lehre oft geringe Beachtung finden. Nur wenige Lehrb¨ ucher oder Standardwerke u ¨ber Akustik gehen u ¨berhaupt auf dieses Thema ein; manchmal werden zwar die beschreibenden Formeln hergeleitet, die Schilderung von Wirkkonzept oder praktischem PegelMinderungspotenzial aber fehlt fast immer. Vielleicht mit gutem Grund: Die Behandlung dieses Gegenstandes ist nicht gerade trivial, sondern durchaus anspruchsvoll und geh¨ ort - mathematisch gesehen - sicher zum schwierigeren Teil des vorliegenden Buches. Um so gr¨ oßer waren die Bem¨ uhungen des Autors, die anfangs etwas komplexere wellentheoretische Beschreibung mit Hilfe von N¨ aherungen auf die Kernsubstanz der Aussagen zur¨ uckzuf¨ uhren; mit einem verbl¨ uffend einfachen und einleuchtenden Resultat, dessen praktische Konsequenzen f¨ ur den Alltagseinsatz im entsprechenden Kapitel gr¨ undlich gew¨ urdigt werden. Und schließlich findet man in der siebten Auflage zu jedem Kapitel Rechen¨ ubungen und deren Ergebnisse (im Anhang) aufgef¨ uhrt, wobei stets auch der L¨ osungsweg genannt wird. Das Niveau des ganzen Buches ist breit gef¨ achert; es reicht immerhin von dem einfachen, aber h¨ochst notwendigen Gesetz der Pegeladdition bis hin zu einem Beugungsproblem, das erst vor et-
Vorwort
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wa 50 Jahren von Sommerfeld (f¨ ur Licht) gel¨ ost wurde. Naturgem¨aß betrifft diese Breite auch die Rechen¨ ubungen, sowohl ’einfache’ wie ’schwere’ Aufgaben sind enthalten. Manche Aufgabe dient nur dem Zweck, den geschilderten Stoff anzuwenden oder an Hand von Formeln Zahlenwerte zu ermitteln; andere ¨ Ubungen versuchen dar¨ uber hinaus, den Stoff des betreffenden Kapitels noch zu erweitern und zu erg¨ anzen. Leserin und Leser m¨ogen entscheiden, welche Aufgaben sie f¨ ur sich als interessant und angemessen ansehen. Meine beiden Ratschl¨ age zu ihrer Bearbeitung folgen. Man bem¨ uhe sich selbst zun¨achst intensiv um eine eigene L¨ osung, ohne gleich hinten im Anhang nachzuschlagen. Man lasse sich nicht entmutigen, wenn sich einmal eine eigene L¨osung nicht einstellen will oder gar in die falsche Richtung f¨ uhrt. Auch f¨ ur diese siebte Auflage meines Buches w¨ unsche ich meinen Le¨ sern eine interessante und lehrreiche Lekt¨ ure. Uber Anmerkungen, wie man es (noch?) besser machen kann, wo noch immer Fehler auftreten und was sonst dem Buch noch dienlich sein k¨ onnte, w¨ urde ich mich sehr freuen (
[email protected]). Berlin, im Januar 2007,
Michael M¨ oser
Vorwort zur sechsten Auflage Auch die hier nun vorliegende sechste Auflage der Technischen Akustik“ ver” steht sich - wie die f¨ unfte - als Lehrbuch zum Selbststudium ebenso wie zur Vorlesungsbegleitung. Und auch die Absichten, die den Verfasser beim Herstellen der Neuauflage geleitet haben, sind im Prinzip ganz unver¨andert geblieben (siehe unten). Die Darstellungen bauen neben der notwendigen ausf¨ uhrlichen Formeldarstellung auch auf Anschaulichkeit und auf die Vorstellungskraft der Leser. Nicht nur das ’Wie’, sondern auch das ’Warum’ steht bei der Schilderung der einzelnen Schritte im Vordergrund. So unterscheidet sich denn die Neuauflage vor allem durch ihren doch deutlich gewachsenen Umfang von ihrer Vorg¨ angerin. Ein neues Kapitel ist dazugekommen. Es behandelt die Grundlagen der sogenannten ’aktiven’ L¨armbek¨ ampfung, ein oft diskutierter Stoff, der heute sicher zum akustischen Allgemeinwissen z¨ ahlt. Zu diesem Thema sind die grundlegendsten Betrachtungen aufgenommen worden. Einige andere Kapitel haben Erweiterungen erfahren, z. B. werden bei der Wellenausbreitung nun auch das bewegte Medium und der Doppler-Effekt betrachtet. Kleinere Neuheiten betreffen z.B. den schr¨ agen Schalleinfall bei den Absorbern und die Kanalverzweigungen bei den Schalld¨ ampfern ebenso wie einige andere kleinere Nachtr¨age aus der Praxis. Manche Ungereimtheit und mancher Fehler wurde beseitigt. Jedes Kapitel enth¨ alt jetzt an seinem Schluß eine Zusammenfassung, die noch einmal auf das Wesentliche hinweist und in knapper Skizze das inhalt¨ liche Ger¨ ust errichtet. Sie dient der einpr¨ agsamen Ubersicht u ¨ber das vorher ausf¨ uhrlich behandelte Thema. Ich w¨ unsche meinen Lesern ein interessantes und lehrreiches Studium meines Buches. Berlin, im Sommer 2004,
Michael M¨ oser
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Vorwort
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Vorwort zur f¨ unften Auflage Die Vorlesungen u ¨ber Technische Akustik“ verstehen sich als Lehrbuch. Aus” dr¨ ucklich hat der Verfasser der vorliegenden f¨ unften Auflage beim Schreiben ein Buch beabsichtigt, das ebenso dem autodidaktischen Selbststudium wie der Vorlesungsbegleitung dienen soll. Das Buch richtet sich dabei an alle, die bereits eine gewisse Ein¨ ubung in die physikalisch-technische Denkweise und in den Ausdruck ihrer Inhalte durch mathematische Formeln mitbringen. Was man u ohnlichen Grundkenntnisse (wie z.B. Differenzieren und In¨ber die gew¨ tegrieren) hinaus k¨ onnen muss, kann im Anhang erlernt werden: der Umgang mit komplexen Zahlen z.B. wird hier nicht nur erl¨autert, er wird vor allem auch von seiner N¨ utzlichkeit her begr¨ undet. Es ist u ¨berhaupt ein wesentliches Anliegen des Verfassers, nicht nur das Wie, sondern vorrangig auch das Warum seines jeweiligen Vorgehens und Voranschreitens zu erkl¨aren: meistens bestehen Verst¨ andnis-Schwierigkeiten ja nicht im Nachvollziehen der Schritte, sondern in der oft unbeantwortet gebliebenen Frage, warum man es so und nicht anders macht. Der Verfasser hat sich hier stets redlich um Klarheit bem¨ uht. Auch beschr¨ anken sich die Erl¨ auterungen keineswegs auf die formelm¨aßige Behandlung der Sachverhalte. Unbestreitbar bilden die Formeln zwar die eindeutigste Beschreibung der Inhalte und nur sie schildern auch der Gr¨oße nach die Probleme und die Wirkungsweisen von sachgerechten Auslegungen ¨ der L¨ osungen. Dennoch bleibt ein Ubriges zu tun. Nur die anschauliche, auf die Vorstellung bauende Erl¨ auterung und Erkl¨ arung l¨asst Verstehen, Begreifen und Erkennen – kurz: inhaltliche Beherrschung – wirklich entstehen. Der ¨ Verfasser ist der Uberzeugung, dass Lernen – dem Lernenden ohnedies schon schwer genug – vom Lehrenden so leicht wie irgend m¨oglich gemacht werden muss; der Leser entscheide dar¨ uber, ob sich diese Absicht hier auch in die Tat umgesetzt hat. In vieler Hinsicht ist diese Neuauflage dem großen Lothar Cremer verpflichtet. Nicht zuletzt verdankt der Autor sein eignes Wissen dem Studium der Cremer-originalen Erstauflage; auch sind wichtige Entdeckungen Lothar Cremers nat¨ urlich Bestandteil der hier vorliegenden Auflage. Als Beispiele genannt seien nur die Cremer’sche Optimalimpedanz (im Kapitel u ¨ber Schalld¨ ampfer) und die vielleicht wichtigste Entdeckung dieses Universalakustikers: gemeint ist der Koinzidenzeffekt, der erst eine befriedigende Erkl¨arung der Schalld¨ ammung von W¨ anden, Decken, Fenstern und anderen fl¨achigen Bauteilen ergeben hat und zum Kern des Grundlagenwissens z¨ahlt. Von der Cremer’schen (und der Cremer/Hubert’schen) Auflage unterscheidet sich diese neue Ausgabe durch eine deutlich ver¨anderte Themenauswahl. ¨ verpflichtet: von der H¨orpsychologie Cremer war dem universellen Uberblick u ¨ber die Physik der Geige, den Tonaufzeichnungsverfahren und der Bau- und Raum-Akustik; alles, was mit Akustik zu tun hatte, war sein“ Gegenstand, ”
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Vorwort
alle akustischen Teilgebiete lagen ihm am Herzen. Die neue, f¨ unfte Auflage dagegen widmet sich mehr der Ingenieurausbildung. Der Versuch, sich auf das zu beschr¨ anken, was dem heute in der Akustik praktisch t¨atigen Ingenieur an R¨ ustzeug und Verst¨ andnis not tut, hat zu der getroffenen Themenauswahl gef¨ uhrt. Aus diesem Anspruch heraus legen die Vorlesungen“ vor allem Wert auf ” die wichtigsten Maßnahmen zur Beruhigung der akustischen Umwelt. Alle Kapitel zwischen der elastischen Entkopplung (Kapitel 5) und der Beugung (Kapitel 11) haben direkt und indirekt die Frage zum Gegenstand, wie die Lautst¨ arke in den praktisch wichtigsten akustischen Umgebungen – in Geb¨ auden und im Freien n¨ amlich – verringert werden kann. Nat¨ urlich l¨asst sich u ¨ber dieses Ziel erst sprechen, wenn auch die inhaltlichen Voraussetzungen daf¨ ur schon geschaffen worden sind. Die Schalld¨ammung von W¨anden etwa kann nur begreifen, wer schon etwas u ¨ber K¨orperschall und insbesondere u ort hat. Deshalb werden den genannten ¨ber die Biegewellen auf Platten geh¨ Maßnahmenkapiteln“ die Medienkapitel“ 2 bis 4 vorangestellt, um u ¨ber” ” haupt erst das erforderliche Grundlagenwissen u ¨ber die Natur von Schall und Schwingungen zu erarbeiten. Als Einleitung dienen einige Bemerkungen u ¨ber die Wahrnehmung von Schall. Den Schluss bilden die wichtigsten Mess- und Sende-Einrichtungen der Akustik: die Mikrophone, Lautsprecher und K¨orperschallaufnehmer. Spezielle Messverfahren sind vorher schon in den betreffenden Kapiteln behandelt worden oder bilden sogar deren Ausgangspunkt; so beginnt z.B. das Kapitel u ¨ber Absorption mit der Frage, wie diese durch Messung charakterisiert werden kann. Der Verfasser dankt f¨ ur die Hilfe, die ihm bei der Erarbeitung dieses Buches zuteil wurde. Insbesondere sei B¨ arbel T¨ opfer-Imelmann f¨ ur die grafische Gestaltung und Tanja Lescau f¨ ur das geduldige Schreiben großer Teile von Herzen gedankt.
Berlin, im Juli 2002,
Michael M¨ oser
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Inhaltsverzeichnis
1
Wahrnehmung von Schall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.1 Terz- und Oktav-Filter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Die H¨ orfl¨ ache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Die A-Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.4 Zeitlich ver¨ anderliche Ger¨ ausche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 1.7 Ubungsaufgaben ........................................
1 8 10 11 13 15 15 15
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Grundbegriffe der Wellenausbreitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Eindimensionale Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.1 Grundgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.2 Fortschreitende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.3 Komplexe Schreibweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2.4 Stehende Wellen und Resonanzph¨anomen . . . . . . . . . . . . . 2.3 Dreidimensionale Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.4 Energie- und Leistungstransport . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.1 Zeitbereichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.2 Frequenzbereichsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.5.3 Messfehler und Grenzen des Verfahrens . . . . . . . . . . . . . . 2.5.4 Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.7 Wellenaufsteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.9 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 2.10 Ubungsaufgaben ........................................
19 20 27 27 33 37 38 42 44 50 51 51 55 59 60 66 68 70 70
XVI
Inhaltsverzeichnis
3
Schallausbreitung und Schallabstrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.1 Ungerichtete Schallabstrahlung von Punktquellen . . . . . . . . . . . . 75 3.2 Ungerichtete Schallabstrahlung von Linienquellen . . . . . . . . . . . . 77 3.3 Volumenquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.4 Das Schallfeld zweier Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 3.5 Lautsprecherzeilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 3.5.1 Eindimensionale Kolbenmembran . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.5.2 Die Formung von Haupt- und Nebenkeulen . . . . . . . . . . . 99 3.5.3 Elektronisches Schwenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 3.5.4 Fernfeldbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3.6 Schallabstrahlung von Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 3.6.1 Schallfeld auf der Achse vor einer Kreis-Membran . . . . . 115 3.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 3.8 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 ¨ 3.9 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
4
K¨ orperschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 4.2 Die Biegewellengleichung f¨ ur St¨ abe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 4.3 Die Ausbreitung der Biegewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4.4 Stabresonanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 4.4.1 Unterst¨ utzte Stabenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 4.4.2 Eingespannte Stabenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 4.4.3 Freie Stabenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 4.5 Biegeschwingungen von Platten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 4.5.1 Die Wellengleichung und ihre L¨osungen . . . . . . . . . . . . . . 143 4.5.2 Plattenresonanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 4.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 4.7 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 ¨ 4.8 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151
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Elastische Isolation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament . . . . . . . . 155 5.2 Dimensionierung elastischer Lagerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 5.3.1 Fundament-Impedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 5.3.2 Die Wirkung der Fundament-Impedanz . . . . . . . . . . . . . . 165 ¨ 5.4 Ermittlung des Ubertragungspfades . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 5.5 Messung des Verlustfaktors . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 5.6 Die dynamische Masse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 5.7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 5.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 5.9 Literaturhinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 ¨ 5.10 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179
Inhaltsverzeichnis
XVI I
6
Schallabsorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 6.1 Schallausbreitung im Kundtschen Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 6.1.1 Rohre mit Rechteck-Querschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 6.1.2 Rohre mit Kreis-Querschnitt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 6.2 Messungen im Kundtschen Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 6.2.1 Mini-Max-Verfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 6.2.2 Wellentrennung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 6.3 Die Wandimpedanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196 6.4 Theorie des quasi-homogenen Absorbers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 6.5.1 Die unendlich dicke“ por¨ ose Schicht . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 ” 6.5.2 Die por¨ ose Schicht endlicher Dicke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 6.5.3 Der por¨ ose Vorhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 213 6.5.4 Resonanzabsorber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 6.6 Der schr¨ age Schalleinfall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 6.7 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 6.8 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 ¨ 6.9 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228
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Grundlagen der Raumakustik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 7.1 Das diffuse Schallfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 7.1.1 Nachhall . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 7.1.2 Der station¨ are Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 7.1.3 Messung des Absorptionsgrades im Hallraum . . . . . . . . . 246 7.2 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 7.3 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248 ¨ 7.4 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248
8
Schalld¨ ammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 8.1 Messung der Luftschalld¨ ammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 8.3 Zweischalige Bauteile (biegeweiche Vorsatzschalen) . . . . . . . . . . 270 8.4 Trittschalld¨ ammung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 8.4.1 Messung des Trittschallpegels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 8.4.2 Verbesserungsmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 8.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 8.6 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282 ¨ 8.7 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 282
9
Schalld¨ ampfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen . . . . . . . . . . 286 9.1.1 Einfacher Querschnittssprung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 9.1.2 Verzweigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 9.1.3 Kammerschalld¨ ampfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 9.1.4 Kammer-Kombinationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299
XVIII
Inhaltsverzeichnis
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 9.2.1 Der schallhart berandete Kanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 9.2.2 Der schallweich berandete Kanal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307 9.2.3 Der Schalld¨ ampfer mit beliebiger Wandungsimpedanz . . 309 9.2.4 N¨ aherungsbetrachtungen f¨ ur die Grundmode . . . . . . . . . . 310 9.2.5 Wandungen aus absorbierenden Schichten . . . . . . . . . . . . 313 9.2.6 Wandungen aus Resonatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 9.2.7 Beliebige Querschnittsgeometrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 9.2.8 Exakte Berechnung bei beliebiger Impedanz . . . . . . . . . . 322 9.3 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 9.4 Literaturhinweis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 ¨ 9.5 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 10 Schallschutzw¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 10.1 Beugung an der schallharten Schneide . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 10.2 N¨ aherung f¨ ur das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 10.3 Bedeutung der H¨ ohe von Schallschutzw¨anden . . . . . . . . . . . . . . . 353 10.4 Schallschutzw¨ alle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 10.5 Absorbierende Schallschutzw¨ ande . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 356 10.6 Bedeutung des Schalldurchganges durch die Abschirmwand . . . 359 10.7 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 10.8 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 10.9 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 ¨ 10.10Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 361 10.11Anhang: MATLAB-Programm f¨ ur die Fresnel-Integrale . . . . . . . 363 11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 11.1 Das Kondensatormikrophon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368 11.2 Richtungsempfindlichkeit von Mikrophonen . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 11.3 Das elektrodynamische Mikrophon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 11.4 Der elektrodynamische Lautsprecher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 11.5 Akustische Antennen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 386 11.5.1 Mikrophon-Zeilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 11.5.2 Zweidimensionale Sensor-Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . 395 11.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 11.7 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 ¨ 11.8 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 12.1 Der Einfluss von Nachbildefehlern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 12.1.1 Gekreuzt laufende Wellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 12.2 Reflexion und Absorption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 12.3 Aktive Stabilisierung selbsterregter Schwingungen . . . . . . . . . . . 418 12.4 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 12.5 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427
Inhaltsverzeichnis
XIX
¨ 12.6 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 ¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern . . . . . . . . . 429 ¨ 13.1 Eigenschaften von Ubertragern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 13.1.1 Linearit¨ at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 13.1.2 Zeitinvarianz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 431 13.2 Beschreibung durch die Impulsantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 13.3 Das Invarianz-Prinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 13.4 Fourier-Zerlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 437 13.4.1 Fourier-Reihen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 13.4.2 Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 447 ¨ 13.4.3 Die Ubertragungsfunktion und der Faltungssatz . . . . . . . 450 13.4.4 Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 13.4.5 Impulsantworten und Hilbert-Transformation . . . . . . . . . 454 13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ¨ortlich verteilter Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 456 13.5.1 Abstrahlung von Ebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 458 13.5.2 Abstrahlung von Biegewellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 13.5.3 Akustische Holographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 461 13.5.4 Dreidimensionale Schallfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 463 13.6 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 466 13.7 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 467 ¨ 13.8 Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 468 A
Rechnen mit Pegeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 A.1 Dekadischer Logarithmus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 473 A.2 Pegel-Umkehrgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 474 A.3 Gesetz der Pegeladdition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 475
B
Komplexe Zeiger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 B.1 Einf¨ uhrung in das Rechnen mit komplexen Zahlen . . . . . . . . . . . 479 B.2 Verwendung komplexer Zeiger zur Beschreibung akustischer Vorg¨ ange . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 481
C
¨ L¨ osungen der Ubungsaufgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 ¨ C.1 Ubungsaufgaben aus Kapitel 1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 485 ¨ C.2 Ubungsaufgaben aus Kapitel 2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 489 ¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 494 ¨ C.4 Ubungsaufgaben aus Kapitel 4 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 506 ¨ C.5 Ubungsaufgaben aus Kapitel 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 512 ¨ C.6 Ubungsaufgaben aus Kapitel 6 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 515 ¨ C.7 Ubungsaufgaben aus Kapitel 7 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 523 ¨ C.8 Ubungsaufgaben aus Kapitel 8 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 ¨ C.9 Ubungsaufgaben aus Kapitel 9 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 529 ¨ C.10 Ubungsaufgaben aus Kapitel 10 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531
XX
Inhaltsverzeichnis
¨ C.11 Ubungsaufgaben aus Kapitel 11 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 534 ¨ C.12 Ubungsaufgaben aus Kapitel 12 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 ¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 553
1 Wahrnehmung von Schall
Unter Wahrnehmung versteht man (nach R. Guski) den ’Prozess der Aufnahme von Information mit dem Ergebnis der Wahrnehmung’. Dass ein Schallereignis wahrgenommen werden kann, setzt dabei eine einfache physikalische Wirkungskette voraus. Eine Schallquelle versetzt die sie umgebende Luft in kleine Schwingungen, diese werden in Folge von Kompressibilit¨at und Masse der Luft u ¨bertragen und gelangen zum Ohr des H¨orers. Physikalisch finden dabei kleine Druckschwankungen p in der u ¨bertragenden Luft (bzw. dem Gas oder der Fl¨ ussigkeit) statt. Man bezeichnet diesen, dem atmosph¨ arischen Ruhedruck p0 u ¨berlagerten Wechseldruck, als Schalldruck p. Er ist die wichtigste akustische Feldgr¨oße, die naturgem¨aß ortsund zeitabh¨ angig ist. Vom Sender abgestrahlt entsteht ein r¨aumlich verteiltes Schallfeld, das zu jedem Zeitpunkt andere Momentandr¨ ucke besitzt. Das an einem Ort beobachtete Schallereignis besitzt im wesentlichen zwei Merkmale: Es zeichnet sich durch Klangfarbe und durch Lautst¨arke aus. Das physikalische Maß f¨ ur die Schallst¨ arke ist der Schalldruck; das Maß f¨ ur die Farbe ist die Frequenz f , die die Anzahl der Periodendauern pro Sekunde in der Einheit Hertz (Hz) angibt. Der technisch interessierende Frequenzbereich umfasst dabei nicht nur den H¨ orbereich des menschlichen Ohres, der etwa von 16 Hz bis 16.000 Hz (kurz auch 16 kHz) reicht. Der unterhalb davon angesiedelte Infraschall spielt zwar auf dem Gebiet des Luftschalls selten eine Rolle, in ihm sind vor allem die Schwingungen von Festk¨orpern relevant (z.B. Fragen des Ersch¨ utterungsschutzes). Im u ¨ber dem H¨orbereich liegenden Ultraschall reichen die Anwendungen von der akustischen Modelltechnik bis hin zur medizinischen Diagnosetechnik und zerst¨ orungsfreien Materialpr¨ ufung. Die Grenzen des hier ausschließlich interessierenden H¨orschalls sind nat¨ urlich nicht scharf angebbar. Abh¨ angig von Faktoren wie etwa dem Lebensalter (aber auch z.B. der Dauerbelastung durch Arbeitsl¨arm oder der gewohnheitsm¨ aßigen Beschallung mit zu lauter Musik) ist die obere Grenze individuell verschieden. Der Wert von 16 kHz bezieht sich auf einen gesunden Menschen von etwa 20 Jahren, die obere Grenze nimmt danach um etwa 1 kHz pro Lebensdekade ab.
2
1 Wahrnehmung von Schall
Die untere, ebenfalls nur ungef¨ ahr bestimmbare Grenze, stellt eine Flimmergrenze dar. Bei sehr tiefen Frequenzen kann man die Elemente einer Ereignisfolge (z.B. einer Reihe von Schl¨ agen) noch wohl voneinander unterscheiden. Steigt die Frequenz u ¨ber die Flimmerfrequenz von (etwa) 16 Hz an, so werden die Elemente nicht mehr einzeln wahrgenommen, sie scheinen dann vielmehr ¨ zu einem andauernden Ger¨ ausch zu verschmelzen. Ein solcher Ubergang findet zum Beispiel statt, wenn allm¨ ahlich einsetzender Regen wahrgenommen wird: Man h¨ ort zun¨ achst das Klopfen der Einzeltropfen gegen die Fensterscheiben, bis das Ger¨ ausch bei entsprechender Regendichte in ein gleichm¨aßiges Prasseln u orens liegt u ¨bergeht. Die Flimmergrenze des H¨ ¨brigens bei der selben Frequenz, bei der die Bildfolge eines Filmes eine Kontinuit¨at der Bewegungen vorzut¨ auschen beginnt.
Bild 1.1. Violinen-Klangspektren (aus: Meyer, J.: Akustik und musikalische Auff¨ uhrungspraxis. Verlag Erwin Bochinsky, Frankfurt 1995)
In der Akustik ist der Begriff Frequenz meist an sogenannte reine T¨one gebunden, die in einem zeitlich sinusf¨ ormigen Verlauf bestehen. Nur in ¨außerst seltenen F¨ allen wird ein solch exakt-mathematisch definierter Vorgang bei
1 Wahrnehmung von Schall
3
nat¨ urlichen Schallen auch wirklich beobachtet werden k¨onnen. Selbst der Ton eines Musikinstrumentes enth¨ alt mehrere Farben: Erst das Zusammenwirken von mehreren harmonischen (reinen) T¨ onen bildet den Instrumentenklang (Beispiele siehe Bild 1.1). Allgemeiner kann man einen beliebigen Zeitverlauf durch seine entsprechende Frequenzzusammensetzung repr¨asentieren, er ist – ¨ ahnlich wie beim Licht – in sein Spektrum zerlegbar. Beliebige Signale lassen sich durch eine Summe von reinen T¨onen (mit unterschiedlichen Amplituden und Frequenzen) darstellen. Diese Vorstellung der aus vielen Frequenzkomponenten zusammengesetzten Signale f¨ uhrt direkt dazu, dass die akustische Wirkung von Schall¨ ubertragern (wie zum Beispiel von W¨anden und Decken in Geb¨ auden, die in Kapitel 8 geschildert sind) vern¨ unftigerweise durch Frequenzg¨ ange beschrieben wird. Kennt man beispielsweise den Schalld¨ ammmaß-Frequenzgang einer Wand, so l¨asst sich leicht vorstellen, wie ¨ dieser auf die Ubertragung von gewissen Schallen bekannter Frequenzinhalte, zum Beispiel von Sprache, wirkt. Fast immer ist das D¨ammmaß tieffrequent schlecht und hochfrequent gut: Die Sprache wird also nicht nur insgesamt leiser, sondern dazu auch noch dumpf durch die Wand u ¨bertragen. Die intuitive Vorstellung, dass sich allgemeine Signale als Zusammensetzungen von T¨onen auffassen lassen, ist f¨ ur das Verst¨ andnis der meisten in diesem Buch geschilderten Sachverhalte von großem Nutzen. Das mathematische Fundament der Entwicklung eines gegebenen Signals in viele reine T¨one ist in Kapitel 13 dieses Buches ausf¨ uhrlich erl¨ autert. Die Tonh¨ ohenempfindung des Menschen ist nun so beschaffen, dass man die H¨ ohendifferenz zweier Tonpaare dann als gleich h¨ort, wenn das Frequenzverh¨ altnis (und nicht etwa die Frequenzdifferenz) bei beiden Paaren gleich ist. Die Unterschiede im Paar mit den Frequenzen fa1 und fa2 und im Paar aus fb1 und fb2 werden als gleich empfunden, wenn fa1 fb1 = fa2 fb2 ¨ gilt. Man wird also beispielsweise die Uberg¨ ange von 100 Hz auf 125 Hz und von 1000 Hz auf 1250 Hz als gleiche H¨ ohen¨ anderung empfinden. Dieser Gesetzm¨ aßigkeit des relativen H¨ oheneindrucks“ wird in der Musik Rechnung ge” tragen, bei der Unterteilungen in Oktaven (= Verdopplungen einer Frequenz) und in andere Tonintervalle wie Sekunde, Terz, Quart, Quint, etc. schon lange benutzt werden, die sich alle auf die Verh¨ altnisse zweier Frequenzen und nicht auf den absoluten Zuwachs in Hz“ beziehen. ” Diese relative Gesetzm¨ aßigkeit, die allgemeiner besagt, dass Reize R um einen gewissen Prozentsatz erh¨ oht werden m¨ ussen, damit sich gleiche Empfindungs¨ anderungen einstellen, ist nicht auf die Tonh¨ohenempfindung beschr¨ankt sondern trifft auch f¨ ur andere Sinneswahrnehmungen zu. Ein besonders einfaches, der unmittelbaren Erfahrung leicht zug¨angliches Beispiel ist die Gewichtsempfindung beim Heben von Gegenst¨ anden. So wird man z.B. durch den direkten Vergleich herausfinden k¨ onnen, ob einer Tafel Schokolade (von 200 g) ein Streifen (von 20 g) fehlt; ebenso l¨ asst sich durch ’Wiegen mit der
4
1 Wahrnehmung von Schall
Hand’ vermutlich feststellen, ob bei einem Liter Milch (1000 g) ein Glas (von 100 g) schon weggetrunken worden ist, und auch bei einer Getr¨ankekiste von 10 Flaschen mit zusammen 10 Litern (10 kg) kann man wohl den Verlust einer Flasche (1 kg) durch Anheben beurteilen. Unmerklich bleiben dagegen Verlust oder Zuwachs von 20 g oder 100 g bei der vollen Getr¨ankekiste, und auch dem ¨ Liter Milch wird man die Anderung um 20 g nicht anmerken k¨onnen. Auch w¨ urde wohl niemand behaupten, dass der Zuwachs von einem Kilogramm unabh¨ angig vom Ausgangsreiz (200 g, 1 kg oder 10 kg) die gleiche Empfindungs¨ anderung bewirkt. Ganz offensichtlich gilt auch hier ein relatives Gesetz, nach dem ein Ausgangsreiz prozentual – relativ – ge¨andert werden muss, damit sich die gleiche Empfindungs¨ anderung einstellt. Nat¨ urlich wird man Oktaven (Frequenzverdopplungen) als gr¨oßere Intervalle h¨ oren als z.B. Terzen (mit dem Faktor 1,25 in der Frequenz), auch Gewichtsverdopplungen werden gewiss als gr¨ oßer empfunden als Steigerungen um 10 Prozent auf den Faktor 1,1. Zusammengefasst kann man also feststellen, dass der Zuwachs der Empfindung ΔE f¨ ur die bislang genannten physikalischen Reize (Tonh¨ ohenempfindung und Gewichtsempfindung) proportional zum Verh¨ altnis aus absolutem Reizzuwachs ΔR und dem Ausgangsreiz R ist: ΔE = k
ΔR . R
(1.1)
Dabei ist k eine Proportionalit¨ atskonstante. F¨ ur den Reiz Tonh¨ohe“ bezeich” net R = f die Frequenz, f¨ ur die Gewichtsempfindung ist R = m die zu hebende Masse. Das mit Gl.(1.1) bezeichnete Gesetz der ’relativen Empfindungs¨anderung’ bildet die wichtigste Grundlage f¨ ur die Wahrnehmungspsychologie. Es geht auf Weber zur¨ uck, der es bereits 1834 bei Versuchen mit Gewichtsbelastungen hergeleitet hat. Eine solche relative Gesetzm¨ aßigkeit Gl.(1.1) trifft auch f¨ ur die Lautst¨arkeempfindung zu. Wenn einer Versuchsperson durch wiederholtes Umschalten zun¨ achst ein Schallereignis-Paar mit den Schalldr¨ ucken p und 2p und danach ein Paar mit (beispielsweise) 5p und 10p dargeboten wird, dann sollte der wahrgenommene Lautst¨ arkeunterschied in beiden Paaren als gleich empfunden werden. Wenigstens in etwa folgen also sowohl Tonh¨ohenempfindung als ¨ auch die Lautst¨ arkewahrnehmung dem Gesetz der relativen Anderung (1.1). Nat¨ urlich m¨ ochte man nun auch noch den Zusammenhang zwischen den Gr¨ oßen R und E selbst ermitteln. Auch wenn es problematisch (und vermutlich unm¨ oglich) ist, Empfindungen wirklich zu quantifizieren, stellt sich doch die Frage nach dem prinzipiellen Zusammenhang zwischen Reiz und Empfindung. Auf welcher Empfindungsskala lassen sich verschieden große Reize einordnen? Erst mit der Antwort auf diese Frage k¨onnen Reize hinsichtlich ihrer tats¨ achlichen Wirkung auf den Menschen eingeordnet werden. Die gesuchte Empfindungskennlinie“ E = E(R) l¨asst sich recht einfach ” ¨ aus dem Anderungsgesetz konstruieren, wenn man zun¨achst zwei Punkte im Achsenkreuz aus Reiz R und Empfindung E wie in Bild 1.2 w¨ahlt. Sinnvol-
1 Wahrnehmung von Schall
5
ler Weise nimmt man f¨ ur einen dieser Punkte den Schwellreiz R0 , bei dem die Empfindung E = 0 erst einsetzt: Reize R < R0 unterhalb der Schwelle kann man nicht wahrnehmen, man ben¨ otigt quasi ein Mindestangebot an Reiz, um diesen auch zu empfinden. F¨ ur den zweiten, willk¨ urlich gew¨ahlten Punkt wird hier der doppelte Schwellreiz R = 2R0 festgelegt und diesem eine (beliebige) Empfindung E0 zugeordnet. Das Prinzip des weiteren Kurvenverlaufes ergibt sich dann aus der Betrachtung von Empfindungen 2E0 , 3E0 , ur die Empfindung 2E0 muss man wegen des Gesetzes der relativen 4E0 . . . . F¨ Empfindungs¨ anderung Gl.(1.1) den zu E0 geh¨orenden Reiz verdoppeln. Weort zu 2E0 also R = 4R0 . Ebenso geh¨ort zu 3E0 der Reiz gen E0 = E(2R0 ) geh¨ 8R0 , zu 4E0 der Reiz 16R0 . . . . Wie man sieht, l¨asst die Steigung der Kurve E = E(R) mit wachsendem Reiz sehr rasch nach. Je st¨arker die Empfindung schon ist, desto mehr Reizzuwachs muss draufgesattelt“ werden, um noch ” einen gewissen Empfindungszuwachs (z.B. E0 ) zu erzielen. 5
4
E/E0
3
2
1
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
R/R0
Bild 1.2. Qualitativer Zusammenhang zwischen Reiz R und Empfindung E
Nat¨ urlich l¨ asst sich der Zusammenhang E = E(R) auch formal aus dem ¨ Anderungsgesetz (1.1) bestimmen. Dazu geht man zu infinitesimal kleinen ¨ Anderungen dE und dR u ¨ber : dE = k
dR . R
Daraus erh¨ alt man durch Integration E = 2.3k lg(R/R0 ) ,
(1.2)
6
1 Wahrnehmung von Schall
worin lg den dekadischen Logarithmus bezeichnet (man bedenke, dass die Logarithmen verschiedener Basen zueinander proportional sind, z.B. ist ln x = 2, 3 lg x, siehe auch Anhang A). Die Lautst¨ arkeempfindung ist also proportional zum Logarithmus des physikalischen Reizes (hier der SchalldruckAmplitude). Dieser durch vielf¨ altige Untersuchungen wenigstens grob als richtig nachgewiesene Zusammenhang ist als Weber-Fechner-Gesetz bekannt. Das Funktionieren der Sinneswahrnehmung nach einem logarithmischen Gesetz (Verlauf siehe nochmals Bild 1.2) ist eine h¨ochst sinnvolle Entwicklung, die sich vermutlich durch die Evolution f¨ ur Menschen (und wohl auch f¨ ur Tiere) herausgebildet hat. W¨ ahrend das logarithmische Gesetz einerseits schwache Reize kurz oberhalb der Wahrnehmungsschwelle R = R0 stark hervorhebt und so gut empfindbar“ macht, werden sehr große Reize in ihrer Wahrneh” mung stark abgeschw¨ acht; hier wirkt die Logarithmus-Kennlinie als eine Art ¨ von Uberlastschutz“. Insgesamt wird so ein sehr breiter physikalischer Wer” tebereich (schmerzfrei) erfahrbar, es k¨ onnen mehrere Zehnerpotenzen in der physikalischen Gr¨ oßenordnung u ¨berdeckt werden. Aus der Entwicklungsgeschichte der Spezies d¨ urfte wohl hervorgehen, dass das Weber-Fechner-Gesetz vor allem f¨ ur jene Sinneswahrnehmungen zutrifft, f¨ ur die es auf Grund der vor¨ gefundenen Umwelt einerseits und den (Uber-)Lebens-Notwendigkeiten andererseits eine weite Spanne sinnlich erfahrbar zu machen galt. Zum Beispiel wird die Temperaturempfindung wahrscheinlich nicht einem relativen Gesetz folgen, weil der Temperaturbereich, in dem h¨oher entwickeltes Leben u ¨berhaupt vorkommt, stark beschr¨ ankt ist und weil Schwankungen von Zehnteloder Hundertstel-Grad f¨ ur die Individuen bei keiner Temperatur interessieren. F¨ ur das Sehen mit ja lebenserhaltender Bedeutung bei geringstem Licht in der Nacht und in grellster Sonne bei Tage wird dagegen gewiss eine relative Gesetzm¨ aßigkeit f¨ ur die Empfindung zu erwarten sein. Das gilt auch f¨ ur die Gewichtswahrnehmung bei der es darauf ankommt, geringste noch zu haltende Massen im 1 g Bereich und grosse Gewichte von einigen 10000 g sinnlich handhabbar zu machen. Auch die Lautst¨ arkewahrnehmung folgt dem logarithmischen Weber-Fechner-Gesetz wohl deswegen, weil an das Ohr sowohl die Aufgabe der Wahrnehmung sehr leiser Schalle – wie vom Fall eines Blattes in ruhigster Umgebung – als auch sehr laute Ger¨ausche – wie das Tosen von Wassermassen in naher Nachbarschaft – gestellt worden ist. Tats¨achlich k¨ onnen Menschen Schalldr¨ ucke wahrnehmen, die von ca. 20 · 10−6 N/m2 bis 2 etwa 200N/m reichen, wobei der obere Wert grob die Schmerzgrenze bezeichnet. Es werden also etwa 7 Zehnerpotenzen vom Lautst¨arke-H¨oren u ¨berdeckt, das ist ein außerordentlich großes physikalisches Intervall. Wenn man es zur Veranschaulichung in Entfernungen u ¨bersetzt, so erh¨alt man z.B. das Intervall von 1 Millimeter gegen¨ uber 10 Kilometer. Das Wunderwerk Ohr macht einen so breiten Wertebereich tats¨ achlich erfahrbar und nutzt dabei das Gesetz der relativen Empfindungs¨ anderung, aus dem das Weber-Fechner-Gesetz Gl.(1.2) direkt folgt. Vielleicht l¨ asst sich die Qualit¨ at des menschlichen Ohres am Vergleich mit einem optischen Ger¨ at ermessen, dass eine ¨ ahnliche Reizskala u ¨berdeckt. Es
1 Wahrnehmung von Schall
7
m¨ usste im Millimeter-Bereich ebenso gut operieren k¨onnen wie im KilometerBereich. Es ist nun naheliegend, auch f¨ ur das technische Maß zur Bezifferung der Schalldruck-Gr¨ oße nicht den physikalischen Schalldruck selbst, sondern eine logarithmierte Gr¨ oße zu verwenden. National und International wird der Schalldruckpegel L 2 p p L = 20 lg = 10 lg (1.3) p0 p0 mit p0 = 20 · 10−6 N/m2 als gut handhabbares, aussagekr¨aftiges Maß verur eine wendet. Die Bezugsgr¨ oße p0 entspricht dabei etwa der H¨orschwelle (f¨ Frequenz von 1000 Hz, wie der n¨ achste Abschnitt zeigt ist die H¨orschwelle frequenzabh¨ angig), sodass 0 dB den gerade noch“ bzw. gerade nicht mehr“ ” ” h¨ orbaren Schall etwa bezeichnet. Wenn nicht anders vermerkt, ist unter p der Effektivwert des Zeitverlaufes zu verstehen (englisch RMS: root mean square). Die Angabe dB (Dezibel)bedeutet keine Maßeinheit, sie soll auf die Verwendung des logarithmischen Bildungsgesetzes hinweisen. Der Vorfaktor 20 (bzw. 10) in Gl.(1.3) ist so gew¨ ahlt worden, dass 1 dB etwa der Unterschiedsschwelle zwischen zwei Dr¨ ucken entspricht: Wenn sich zwei Schalle um 1 dB unterscheiden, so empfindet man sie gerade noch als unterschiedlich laut. Wie man auch der Tabelle 1.1 entnehmen kann, ist durch die Pegelzuordnung der 7 Zehnerpotenzen umfassende physikalische Schalldruck auf einer von etwa 0 bis 140 dB reichenden Skala abgebildet worden. In Tabelle 1.1 sind auch einige Beispiele f¨ ur Pegel-Gr¨ oßenordnungen allt¨aglicher Ger¨auschSituationen genannt. Tabelle 1.1. Zuordnung zwischen Schalldruck und Schalldruckpegel Schalldruck p (N/m2 , effektiv)
Schalldruckpegel L (dB)
Situation/ Beschreibung
2 10−5 2 10−4 2 10−3 2 10−2 2 10−1 2 100 2 101 2 102
0 20 40 60 80 100 120 140
H¨ orschwelle Wald bei wenig Wind Bibliothek B¨ uro dicht befahrene Stadtstraße Presslufthammer, Sirene Start von D¨ usenflugzeugen Schmerzgrenze
Bemerkenswert ist, dass selbst die mit den gr¨oßten Pegeln verkn¨ upften Schalldr¨ ucke sehr viel kleiner sind als der atmosph¨arische Gleichdruck von circa 105 N/m2 . Der Schalldruck-Effektivwert bei 140 dB betr¨agt dagegen arischen Drucks. Der große Vor200 N/m2 und damit nur 1/500 des atmosph¨ teil bei der Verwendung von Schallpegeln besteht unbestreitbar darin, dass
8
1 Wahrnehmung von Schall
sie (etwa) ein Maß f¨ ur die empfundene Lautst¨arke bilden. Wie fast immer ziehen Vorteile auf der einen Seite Nachteile an anderer Stelle nach sich: Beim Rechnen mit Pegeln muss genauer nachgedacht und ein etwas h¨oherer Aufwand in Kauf genommen werden. Wie groß ist zum Beispiel der Gesamtpegel von mehreren Einzelquellen mit bekannten Einzelpegeln? Die Herleitung des Pegeladditionsverfahrens“ (in dem die Pegel eben gerade NICHT addiert ” werden), das mit N Ltot = 10 lg 10Li /10 (1.4) i=1
f¨ ur inkoh¨ arente Teilschalle Antwort auf die Frage gibt, ist in Anhang A ausf¨ uhrlich geschildert (N = Anzahl der inkoh¨ arenten Teilschalle der Teilpegel Li ). Beispielsweise geben drei gleichlaute Kraftfahrzeuge den Gesamtpegel Ltot = 10 lg 3 10Li /10 = 10 lg 10Li /10 + 10 lg 3 = Li + 4, 8 dB , der um 4, 8 dB u ¨ber dem Einzelpegel liegt (und der nicht etwa 3 mal so groß wie der Einzelpegel ist).
1.1 Terz- und Oktav-Filter In manchen F¨ allen ist ein hochaufl¨ osendes Verfahren zur Bestimmung spektraler Inhalte von Signalen erw¨ unscht. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn es sich um Messungen an einem m¨ oglicherweise schmalbandigen Resonator handelt, bei dem gerade die Bandbreite des Resonanzgipfels die eigentlich interessierende Messgr¨ oße bildet (siehe Kapitel 5.5). Ein solches hochaufl¨osendes Verfahren besteht z.B. in der sehr oft benutzten, sogenannten FFT-Analyse (FFT: Fast Fourier Transform). Sie wird in diesem Buch nicht behandelt, es sei dazu vor allem auf das Werk von Oppenheim und Schafer: Digital Signal Processing (Prentice Hall, Englewood Cliffs New Jersey 1975) verwiesen. Oft ist auch eine hohe Aufl¨ osung weder erw¨ unscht noch erforderlich. Wenn man z.B. einen Eindruck von der Frequenzzusammensetzung von Straßenverkehrsger¨ ausch oder Schienenger¨ ausch haben m¨ ochte, dann ist es sinnvoll, den Frequenzbereich in nicht zu viele Intervalle zu unterteilen. Einzelheiten innerhalb der gr¨ oberen Intervalle w¨ aren sehr wenig aussagekr¨aftig, sie w¨aren recht zuf¨ allig und w¨ urden von Messung zu Messung stark streuen. Innerhalb breiterer Frequenzb¨ ander dagegen sind Messungen gut reproduzierbar (vorausgesetzt nat¨ urlich, dass sich z.B. die Verkehrsverh¨altnisse nicht ¨andern). Auch werden zu messtechnischen Zwecken oft gezielt breitbandige Signale benutzt. Das ist z.B. bei raumakustischen und bauakustischen Messungen der Fall, die durchweg mit (meist weißem) Rauschen als Anregesignal durchgef¨ uhrt werden. Spektrale Einzelheiten interessieren hier nicht nur nicht mehr, sie w¨ urden gewiss dar¨ uber hinaus von der eigentlichen Aussagekraft des Messergebnisses eher ablenken.
1.1 Terz- und Oktav-Filter
9
Die Messung der Frequenzzusammensetzung von Signalen in breiteren Teilb¨ andern wird mit Hilfe von Filtern durchgef¨ uhrt. Darunter werden elektrische Netzwerke verstanden, die eine angelegte Spannung nur in einem ganz bestimmten Frequenzbereich durchlassen. Das Filter wird gekennzeichnet durch seine Bandbreite Δf , durch die untere Durchlassgrenze fu und die obere Durchlassgrenze fo und durch die Mittenfrequenz fm (siehe Bild 1.3). Die Bandbreite ist gleich der Differenz aus fo und fu , Δf = fo - fu .
Filterverstärkung H = Uaus/Uein
2
1.5
fu
fo
1
Durchlaß− band
Sperrband
Sperrband
0.5
0
Frequenz
Bild 1.3. Prinzipverlauf des Frequenzganges von Filtern (Bandp¨ assen)
In der Akustik werden fast nur Filter mit konstanter relativer Bandbreite benutzt. Bei ihnen ist die Bandbreite proportional zur Mittenfrequenz des Filters, mit wachsender Mittenfrequenz w¨ achst also auch die Bandbreite des Filters an. Die wichtigsten Vertreter von Filtern konstanter relativer Breite sind das Oktavfilter und das Terzfilter. F¨ ur alle Filter konstanter relativer Breite gilt fm = fu fo Damit liegen alle Filter-Kenn-Frequenzen fest, wenn man noch den Quotienten der Bandgrenzen fu und fo angibt: Oktavfilter: fo = 2fu , √ √ daraus folgt fm = 2fu und Δf = fo − fu = fu = fm / 2. Terzfilter: fo = Damit ist
√ 3
2fu = 1, 26fu .
10
1 Wahrnehmung von Schall
fm =
√ 6
2fu = 1, 12fu
und
Δf = 0, 26fu .
Man bezeichnet Terzen auch als Drittel-Oktaven, weil drei sich nicht u berschneidende Terzen, die nebeneinander liegen, eine Oktave ausmachen ¨√ √ √ ( 3 2 3 2 3 2 = 2). Die Bandgrenzen und die Mittenfrequenzen der Terzen und Oktaven sind in den Normbl¨ attern DIN 45651 und 45652 festgelegt. Bei der Pegel-Messung wird immer angegeben, mit welchen Filtern die Messung durchgef¨ uhrt wurde. Da bei der Messung mit (den breiteren) Oktavfiltern mehr Frequenzanteile durchgelassen werden als bei (den schmaleren) Terzfiltern, liegen die Oktavpegel stets h¨ oher als die Terzpegel. Der Vorteil bei der Messung der Terzpegel besteht in der h¨oheren Aufl¨osung (mehr Messpunkte im gleichen Frequenzbereich) des Spektrums. Nat¨ urlich kann man aus den gemessenen Terzpegeln die zugeh¨ origen Oktavpegel mit Hilfe des Gesetzes (1.4) berechnen. Ebenso lassen sich aus den Terz- oder Oktavpegeln die zu breiteren Frequenzintervallen geh¨ orenden Pegel mit Hilfe der Pegeladdition (1.4) berechnen. Beispielweise wird h¨ aufig der (unbewertete) Linearpegel angegeben. Er enth¨ alt alle Frequenzanteile zwischen 16 Hz und 20 kHz. Er wird entweder direkt mit einem entsprechenden Filter gemessen, oder er kann aus den im Band liegenden Terz- oder Oktavpegeln bestimmt werden (im Fall der Umrechnung aus Oktavpegeln w¨ are N = 11, und die Mittenfrequenzen der Filter durchlaufen die Werte 16 Hz, 31, 5 Hz, 63 Hz, 125 Hz, 250 Hz, 500 Hz, 1 kHz, 2 kHz, 4 kHz, 8 kHz und 16 kHz). Der Linearpegel ist stets gr¨oßer als alle Teilpegel, aus denen er berechnet wird.
1.2 Die H¨ orfl¨ ache Sehr h¨ aufig wird bei akustischen Messungen ein anderer Einzahl-Wert, der sogenannte A-bewertete Schalldruckpegel“ angegeben. Da das zugeh¨orige ” Messverfahren in etwa die Empfindlichkeit des menschlichen Ohres nachbildet, seien zun¨ achst einige wenige Grundtatsachen u ¨ber den Frequenzgang der Ohrempfindlichkeit geschildert. Die Ohrempfindlichkeit h¨ angt von der Tonh¨ohe ab. Im Bild 1.4 ist diese durch H¨ orversuche gefundene Frequenzabh¨angigkeit dargestellt. Eingetragen in das Schalldruckpegel-Frequenzdiagramm sind die Kurven gleicher Lautst¨ arke-Wahrnehmung. Man kann sich zum Beispiel vorstellen, dass die Kurven gleicher Lautst¨ arke-Wahrnehmung folgendermaßen entstanden sind. Einer Versuchsperson wird abwechselnd eine Frequenz von 1 kHz mit einem bestimmten Pegel und eine zweite Frequenz dargeboten mit der Maßgabe, die empfundene Lautst¨ arke der zweiten Frequenz so selbst am Regler einzustellen, dass beide Schalle als gleich laut empfunden werden. Durch Variation der zweiten Frequenz entsteht die Kurve gleicher Lautst¨arke, die man einfacherweise ¨ durch den Pegel des 1 kHz-Tones bezeichnet. Durch Anderung des 1 kHzPegels entsteht eine Kurvenschar, die H¨ orfl¨ ache genannt wird. Zum Beispiel sagt sie aus, dass man einen 100 Hz Ton von etwa 70 dB tats¨achlichem Schalldruckpegel und einen 1000 Hz Ton von 60 dB tats¨achlichem Schalldruckpegel
1.3 Die A-Bewertung
11
als gleich laut empfindet, etc. Wie man sieht, ist das Ohr im mittleren Frequenzbereich viel empfindlicher als bei den sehr hohen oder sehr tiefen Frequenzen. Seit einiger Zeit sind die Kurven gleicher Lautst¨arke-Wahrnehmung erneut in die Diskussion geraten weil sich herausgestellt hat, dass Messmethoden und Messbedingungen nicht ohne Einfluss auf das Ergebnis sind.
120
Schalldruckpegel dB
100 80
90 80
60
70 60
40
50 40
20
30 20
0
10 0 Phon
−20 10
100
1000
10000
f/Hz
Bild 1.4. Linien gleicher Lautst¨ arke-Wahrnehmung
1.3 Die A-Bewertung Wie man schon an der H¨ orfl¨ ache erkennen kann, ist der Zusammenhang zwischen den objektiven Gr¨ oßen Schalldruck bzw. Schalldruckpegel und der subjektiven Gr¨ oße Lautst¨ arke in Wirklichkeit sehr kompliziert. Zum Beispiel ist der Frequenzgang der Ohrempfindlichkeit stark vom Pegel abh¨angig, die Kurven mit hohem Pegel haben einen deutlich flacheren Verlauf als die mit den kleineren Pegeln. Auch h¨ angt die subjektive Wahrnehmung Lautst¨arke“ nicht ” nur von der Frequenz, sondern auch von der Bandbreite des Schallereignisses ab. W¨ urde man versuchen, eine Messtechnik so zu entwickeln, dass alle Ohreigenschaften dabei ber¨ ucksichtigt w¨ urden, so w¨are das nur mit sehr großem Aufwand zu realisieren. National und international wird mit einem frequenzbewerteten Schallpegel gearbeitet, der auf die Grundtatsachen der Ohrempfindlichkeit wenigstens in etwa R¨ ucksicht nimmt, dabei aber noch mit vergleichsweise einfachem Aufwand bestimmt werden kann. Dieser sogenannte A-bewertete Schallpegel“ ” enth¨ alt alle Frequenzanteile des H¨ orbereichs. Praktisch wird der dB(A)-Wert
12
1 Wahrnehmung von Schall
mit Hilfe des A-Filters gemessen, dessen Frequenzgang in Bild 1.5 mit wiedergegeben ist. Die A-Filterkurve stellt in etwa die Umkehrung der Kurve gleicher Lautst¨ arke mit dem Pegelwert von 30 dB bei 1 kHz dar. Wie man erkennt, haben die tiefen und die sehr hohen Frequenzen einen wesentlich geringeren Anteil am dB(A)-Wert als die mittleren Frequenzen. Nat¨ urlich kann man den
20 D dB 0 Dämpfung [dB]
C
A
−10
B+C
−20 D −30 B −40 −50
A B C D
A
−60 −70 101
2
5
102
2
5 103 2 Frequenz f [Hz]
5
104
Hz
5
Bild 1.5. A-, B-, C- und D-Filterkurven
A-bewerteten Pegel auch aus den gemessenen Terzpegeln bestimmen. Zu den Terzpegeln werden die im Bild 1.5 angegebenen Pegelwerte addiert, und danach wird nach dem Gesetz der Pegeladdition (1.4) der Gesamtpegel – nun in dB(A) – berechnet: N L(A) = 10 lg (1.5) 10(Li +Δi )/10 i=1
Dabei sind die Abschw¨ achfaktoren Δi dem Bild 1.5 zu entnehmen. Sie k¨onnen in DIN 45 633 nachgelesen werden. Teilweise sind die Faktoren Δi auch in der ¨ Ubungsaufgabe 2 zu diesem Kapitel genannt. Bild 1.6 gibt ein praktisches Beispiel f¨ ur die genannten Pegel-Gr¨oßen anhand eines Signals, das in weißem Rauschen besteht. Die Terzpegel, der unbewertete Gesamtpegel (Lin) und der A-bewertete Gesamtpegel (A) sind bestimmt worden. Wie man, sieht nimmt der Terzpegel bei weißem Rauschen mit wachsender Frequenz um 1 dB von Terz zu Terz zu. Der lineare (unbewertete) Gesamtpegel ist gr¨ oßer als jeder Terzpegel, der A-bewertete Pegel liegt hier nur wenig unter dem unbewerteten Gesamtpegel (zu weißem Rauschen ¨ siehe auch Ubungsaufgabe 3).
1.4 Zeitlich ver¨ anderliche Ger¨ ausche
13
F¨ ur spezielle Ger¨ ausche werden in Ausnahmef¨allen (insbesondere bei Fahrzeugen, beim Flugverkehr und beim Schießl¨ arm) mittlerweile auch andere Bewertungen (B, C und D) benutzt (siehe auch Bild 1.5). Gesetzliche Regelungen dagegen stellen bis heute auf den dB(A)-Wert ab. Linear gebildeten Einzahlwerten – welches Filter zu ihrer Herstellung auch immer benutzt worden sein mag – haftet immer etwas Problematisches an, weil in ihnen teils erhebliche Wahrnehmungs-Unterschiede nicht zum Vorschein kommen. Zum Beispiel werden durch die A-Bewertung tieffrequente und laute Ger¨ ausche viel st¨ arker abgeschw¨ acht als durch die tats¨achliche Wahrnehmung (siehe Bild (1.4)). Die A-Kurve reduziert Ger¨ ausche im oberen Pegelbereich der H¨ orfl¨ ache weit mehr als das Ohr, nur im unteren Pegelbereich stimmen A- und Ohr-Bewertung auch wirklich etwa u ¨berein. Keine einfache Frequenzbewertung kann die daraus m¨ oglicherweise entstehenden Ungerechtigkeiten wirklich beheben. Auch sind einfach verst¨ andliche und leicht anwendbare Bewertungsverfahren unverzichtbar.
Terzpegel dB
60
50
40
30
20
125
250
500
1000
2000
f/Hz
Lin
A
Bild 1.6. Terzpegel, unbewerteter und A-bewerteter Pegel von bandbegrenztem weißem Rauschen
1.4 Zeitlich ver¨ anderliche Ger¨ ausche Bei gleichbleibenden, station¨ aren Ger¨ auschen (z.B. von einem Motor mit konstanter Drehzahl, einem Staubsauger oder dergleichen) ist die Feststellung des Pegels recht einfach. Wegen der Gleichf¨ ormigkeit des Ger¨ausches gen¨ ugt die Angabe des A-Pegels (oder der Terzpegel, falls gew¨ unscht).
14
1 Wahrnehmung von Schall
Wie aber bemisst man intermittierende Signale, wie Sprache, Musik und Verkehrsl¨ arm? Nat¨ urlich ließe sich einfach der Pegel-Zeitverlauf aufschreiben, aber das gen¨ ugt nicht: Es sollen die verschiedensten Ger¨ausch-Situationen (z.B. in zwei verschiedenen Straßen) als Ganzes m¨oglichst einfach auch quantitativ miteinander verglichen werden, und das ist anhand der Zeitverl¨aufe gewiss sehr schwierig. Um einfache Vergleichszahlen zu bekommen m¨ ussen Mittelwerte u ausch-Situation angemessene Mitte¨ber eine geeignete, der Ger¨ lungszeit gebildet werden. Am gebr¨ auchlichsten (und einfachsten) ist der sogenannte ’energie-¨aquivalente Dauerschallpegel’ Leq . Er beruht auf dem Schalldruckquadrat im (langen) zeitlichen Mittel: ⎛ ⎞ ⎛ ⎞ T 2 T pef f (t) 1 1 dt⎠ = 10 lg ⎝ 10L(t)/10 dt⎠ (1.6) Leq = 10 lg ⎝ T p20 T 0
0
(p0 = 20 10−6 N/m2 ). Darin bedeutet pef f (t) den Zeitverlauf des Effektivwertes und L(t) = 10lg(pef f (t)/p0 )2 den Pegel-Zeitverlauf. Das Quadrat eines Signal-Zeitverlaufes bezeichnet man auch als ’Signalenergie’, der energie-¨aquivalente Dauerschallpegel gibt so gesehen die mittlere Signalenergie an; daraus erkl¨ art sich die etwas volumin¨ ose Namensgebung. Das Schalldrucksignal kann dabei nach einem A-Filter (oder nach Terzfilterung etc.) gewonnen worden sein, dann handelt es sich eben um den A-bewerteten energie-¨aquivalenten Pegel (etc.). Je nach Bedarf und Anwendung werden unterschiedlichste Integrationszeiten T zwischen einigen Sekunden oder Minuten bis hin zu Stunden verwendet. ur Regelwerke (wie die TA-L¨ arm) definieren Grenzwerte durch den Leq , der f¨ gewisse, mehrere Stunden umfassende Bezugszeitr¨aume bestimmt wird. So umfasst z.B. der Bezugszeitraum ’nachts’ meist die Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr, also 8 Stunden. Bei Messungen wird oft zun¨achst eine sehr viel kleinere Mittelungszeit benutzt, um den Einfluss von Hintergrundger¨auschen gering zu halten. Aus der Anzahl der Ereignisse wird dann auf den Leq , bezogen auf eine viel l¨ angere Zeit, geschlossen. Sei beispielsweise der Leq von einer S-Bahn-Strecke neben einer Straße zu u ufen. Dann misst man ¨berpr¨ zun¨ achst den energie-¨ aquivalenten Dauerschallpegel f¨ ur eine Mittelungsdauer, die ungef¨ ahr einer einzelnen Vorbeifahrt entspricht, z.B. also den auf 30 Sekunden bezogenen Leq (30s). Angenommen, die Bahn fahre (pausenlos) im 5-Minuten-Takt: dann ergibt sich der Langzeit-Leq (bezogen auf mehrere Stunden, z.B. f¨ ur die Bezugszeitr¨ aume ’tags’ oder ’nachts’) einfach aus Leq (lang) = Leq (30s) − 10lg(5min/30s) = Leq (30s) − 10 dB. ¨ Die Verwendung von Mittelwerten ist z.B. f¨ ur die Festlegung und Uberpr¨ ufung von Grenzwerten oft sinnvoll und u ¨brigens auch unerl¨asslich. Andererseits verwischen Mittelwerte – wie ja gerade von ihnen gefordert – Einzelheiten in der zeitlichen Struktur und schildern sehr ungleiche Situationen unter Umst¨ anden im gleichen Licht. Es kann durchaus sein, dass die einmal pro
¨ 1.7 Ubungsaufgaben
15
Stunde erfolgende Vorbeifahrt eines Hochgeschwindigkeitszuges und das Dauerger¨ ausch einer dicht befahrenen Straße ¨ ahnlich große Leq in langen Bezugszeitr¨ aumen besitzen. Wirken beide Quellen zusammen, so kann die eine der beiden Quellen unter Umst¨ anden im Leq sogar fast nicht in Erscheinung treten ¨ (siehe auch Ubungsaufgabe 5). Der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel bildet nur das einfachste Mittel zur Charakterisierung von zeitlich intermittierenden Schallen. Statistische Aussagen u ¨ber das Auftreten von Schallpegeln lassen sich gewinnen mit Hilfe der sogenannten Summenh¨ aufigkeitspegel, die mit dem Takt-MaximalVerfahren ermittelt werden.
1.5 Zusammenfassung ¨ Die Wahrnehmung von Schall gehorcht einem relativen Gesetz: Anderungen werden als gleich empfunden, wenn der Reiz um einen gewissen Prozentsatz vergr¨ oßert wird. Das Weber-Fechner-Gesetz, nach dem die Empfindung proportional zum Logarithmus des Reizes ist, stellt eine Schlussfolgerung aus dieser Tatsache dar. Die physikalischen Schalldr¨ ucke werden deshalb nach Logarithmieren durch Pegel mit der ’Pseudoeinheit’ Dezibel (dB) ausgedr¨ uckt. Die etwa 7 Zehnerpotenzen umfassende, f¨ ur den Menschen relevante Schalldruck-Skala wird dadurch auf eine u ¨bersichtliche Pegelskala von etwa 0 dB (H¨ orschwelle) bis etwa 140 dB (Schmerzgrenze) abgebildet. Um auch den Frequenzgang des H¨ orens wenigstens grob zu ber¨ ucksichtigen, benutzt man die das Ohr nachbildende A-Bewertung. Die mit A-Filterung bestimmten Pegel werden in der Pseudoeinheit dB(A) angegeben. F¨ ur zeitlich intermittierende Schalle benutzt man zur Quantifizierung zeitliche Mittelwerte, insbesondere wird der sogenannte ’energie-¨aquivalente Dauerschallpegel’ verwendet.
1.6 Literaturhinweise Eine Einf¨ uhrung in die Sinneswahrnehmung bietet das Buch von Rainer Guski: Wahrnehmen – ein Lehrbuch (Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1996). Ein auch physiologisch orientiertes Werk (es enth¨alt u.a. auch die Darstellung der Geh¨ or-Anatomie und der Reizleitung) ist Hearing – an Introduction to ” Psychological and Physiological Acoustics“ von Stanley A. Gelfand (Marcel Dekker, New York 1998).
¨ 1.7 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 An einem Immissionsort herrscht bereits ein A-bewerteter Schalldruckpegel von 50 dB(A) aus dem Schalleintrag einer benachbarten Fabrik. Nun soll in
16
1 Wahrnehmung von Schall
50 m Entfernung zum Immissionsort noch eine Pumpe errichtet werden. Welchen A-Pegel darf die Pumpe h¨ ochstens am Immissionsort alleine erzeugen, damit der Gesamtpegel die Grenze von 55 dB(A) nicht u ¨berschreitet? Aufgabe 2 Ein Ger¨ ausch enthalte nur die in der Tabelle genannten Frequenzbestandteile. f /Hz LT erz /dB
Δi /dB
400 500 630
78 76 74
-4,8 -3,2 -1,9
800 1000 1250
75 74 73
-0,8 0 0,6
Man bestimme • • •
die beiden unbewerteten Oktavpegel, den unbewerteten Gesamtpegel und den A-bewerteten Gesamtpegel.
Die ben¨ otigte A-Bewertung ist in der letzten Spalte der Tabelle angegeben. Aufgabe 3 Ein Ger¨ ausch, das aus sogenanntem weißem Rauschen besteht, l¨asst sich dadurch definieren, dass der Terzpegel von Terz zu Terz (aufsteigend) um 1 dB anw¨ achst (siehe auch Bild 1.6). Um wieviel steigen dann die Oktavpegel von Oktav zu Oktav? Um wieviel gr¨ oßer ist der Gesamtpegel gegen¨ uber dem kleinsten Terzpegel, wenn N Terzen im Ger¨ ausch enthalten sind? Man gebe den Zahlenwert f¨ ur N = 10 an. Aufgabe 4 Ein Ger¨ ausch, das aus sogenanntem rosa Rauschen besteht, l¨asst sich dadurch definieren, dass die Terzpegel f¨ ur alle enthaltenen Terzen gleich sind. Um wieviel steigen dann die Oktavpegel von Oktav zu Oktav, und wie groß sind sie? Um wieviel gr¨ oßer ist der Gesamtpegel, wenn N Terzen im Ger¨ausch enthalten sind? Man gebe den Zahlenwert f¨ ur N = 10 an.
¨ 1.7 Ubungsaufgaben
17
Aufgabe 5 An einem Immissionsort neben einer Straße wird der energie-¨aquivalente Dauerschallpegel f¨ ur den Bezugszeitraum ’tags’ (16 Stunden) ein Wert von 55 dB(A) festgestellt. Daneben wird eine neue Hochgeschwindigkeits-Strecke f¨ ur die Bahn gebaut. Der auf 2 Minuten bezogene Leq einer Zugvorbeifahrt betr¨ agt 75 dB(A). Die Eisenbahn verkehrt alle 2 Stunden. Wie groß ist der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel bezogen auf den langen Zeitraum ’tags’ • a) vom Zug alleine und • b) von beiden Quellen gemeinsam? Aufgabe 6 Eine S-Bahn verkehre tags¨ uber von 6 Uhr bis 22 Uhr alle 5 Minuten, und nachts von 22 Uhr bis 2 Uhr alle 20 Minuten (von 2 Uhr bis 6 Uhr sei Betriebspause ohne Zugverkehr). Eine einzelne Zugvorbeifahrt dauert 30 Sekunden, f¨ ur diese Zeitdauer wird ein Schallpegel von Leq (30s) = 78 dB(A) gemessen. Wie groß ist der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel f¨ ur die Bezugszeitr¨aume ’tags’ und ’nachts’ ? Aufgabe 7 Die Messung des Schalldruckpegels L eines interessierenden Vorganges (z.B. der Emission von einer S-Bahn wie in der vorigen Aufgabe) kann – den Umst¨ anden entsprechend – nur bei vorhandenem Hintergrundger¨ausch (z.B. von einer Straße) durchgef¨ uhrt werden. Angenommen, das Hintergrundger¨ ausch besitze einen um ΔL kleineren Pegel als der zu messende Vorgang: Wie groß ist dann der tats¨ achlich gemessene Gesamtpegel? Man gebe die allgemeine Gleichung f¨ ur den Messfehler an und die Zahlenwerte f¨ ur ΔL = 6 dB, ΔL = 10 dB und ΔL = 20 dB. Aufgabe 8 Wie in Aufgabe 7 wird ein Messwert in Gegenwart eines St¨orger¨ausches bestimmt. Wie groß muss der St¨ orabstand sein, damit der Messfehler 0, 1 dB betr¨ agt? Aufgabe 9 Manchmal, in eher seltenen F¨ allen werden noch feinere Aufl¨osungen als Terzen bei Filtern mit relativer konstanter Bandbreite, sogenannte ’Sechstel-Oktaven’ benutzt. Man nenne die Gleichungen f¨ ur • die Folge der Mittenfrequenzen, • die Bandbreite und • die Bandgrenzen.
18
1 Wahrnehmung von Schall
Aufgabe 10 In einer Berechnung, in der die drei zu einer Oktave geh¨orenden Terzpegel und der Oktavpegel genannt sind, erscheint dem Betrachter einer der Terzpegel zweifelhaft zu sein. Wie kann er den Zahlenwert pr¨ ufen, wenn er davon ausgeht, dass alle anderen drei Werte stimmen?
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Die wichtigsten qualitativen Aussagen u ¨ber die Ausbreitung von Schall kann man im Grunde der Alltagserfahrung entnehmen. Wenn man kurzzeitige, ¨ofter wiederholte Vorg¨ ange beobachtet (z.B. ein Kind, das mit einem Ball rhythmisch auf den Boden schl¨ agt, Hammerschl¨ age an einem Bau, u.v.m.), dann stellt man leicht fest, dass zwischen der optischen Wahrnehmung und der Ankunft des akustischen Signals eine Zeitverz¨ ogerung liegt, die um so gr¨oßer ist, je gr¨ oßer der Abstand des Beobachters von der Quelle ist. Wenn man davon absieht, • • •
dass sich der Schall nat¨ urlich mit wachsender Entfernung zur Quelle abschw¨ acht, dass Schallquellen Richtwirkungen haben k¨onnen und dass z.B. auch Echos durch große Reflektoren (Hausw¨ande) gebildet werden, oder, allgemeiner, wenn man von der akustischen Umgebung“ (Erd” boden, B¨ aume, Str¨ aucher, etc.) abstrahiert,
dann kann man feststellen, dass in der unterschiedlichen Zeitverz¨ogerung f¨ ur verschiedene Beobachtungsabst¨ ande auch schon der einzige Unterschied liegt: Insbesondere h¨ oren sich die Schallsignale in jedem Beobachtungspunkt gleich an, sie haben die gleiche Frequenzzusammensetzung. Schallfelder (in Gasen) ver¨ andern bei der Ausbreitung ihre Signalgestalt also im Prinzip nicht. Weil die Signalgestalt beim Wellentransport nicht auseinander l¨auft“, nennt man ” die Ausbreitung auch nicht dispersiv“ (Dispersion = Auseinanderlaufen). Im ” Unterschied zum Schall in Gasen ist zum Beispiel die Biegewellenausbreitung auf St¨ aben und Platten dispersiv (siehe Kapitel 4). Es ist also keineswegs selbstverst¨ andlich, dass Schwingungsfelder ihren Zeitverlauf beim Transportvorgang nicht ver¨ andern. Im Gegenteil ist die nicht-dispersive Luftschallausbreitung nicht nur vom physikalischen Standpunkt etwas Besonderes: Man stelle sich nur vor, man w¨ urde in unterschiedlichen Abst¨anden von einer Quelle auch ganz unterschiedlich zusammengesetzte Schalle wahrnehmen, Sprachkommunikation w¨ are dann gewiss fast unm¨ oglich.
20
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Dieses Kapitel versucht, die genannten physikalischen Sachverhalte bei der Schallausbreitung in Gasen zu beschreiben und zu erkl¨aren. Es ist gewiss vern¨ unftig, zun¨ achst einmal Klarheit zu schaffen u ¨ber die zur Schallfeldbeschreibung erforderlichen physikalischen Gr¨ oßen und ihre grunds¨atzlichen Zusammenh¨ ange. Gleichzeitig lassen sich dabei die notwendigen Grundkenntnisse u ¨ber die Thermodynamik von Gasen auffrischen, wobei stillschweigend im folgenden ideale Gase vorausgesetzt werden. Die experimentelle Erfahrung begr¨ undet diese Annahme f¨ ur Luftschall im H¨orfrequenzbereich mit sehr hoher Genauigkeit.
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen Wenn man zun¨ achst von einer festen, gegebenen Gasmasse M ausgeht, dann w¨ urde man ihren physikalischen Zustand beschreiben durch • das Volumen VG , das sie einnimmt, • ihre Dichte G , • den Druck pG in ihr und durch • ihre Temperatur TG . F¨ ur (Gedanken-)Experimente mit kleinen, festen Gasmassen, die man zum Beispiel in Beh¨ altnisse mit innen ortsunabh¨ angig konstantem Druck und ortsunabh¨ angig konstanter Dichte einsperrt, ist vielleicht die Zustandsbeschreibung durch das Volumen, die Temperatur und den Druck am anschaulichsten; die Dichte G = M/VG erscheint dann als eine redundante Gr¨oße, die sich aus dem Volumen ergibt. Bei der Betrachtung von großen (sogar unendlich großen) Massen und Volumina, wie sie bei Schallfeldern interessieren, ist dagegen die Zustandsbeschreibung durch Druck, Dichte und Temperatur angemessen. Weil jedoch – wie erw¨ ahnt – hier auch die Anfangsgr¨ unde der Thermodynamik in Gasen aufgefrischt werden sollen, basieren die folgenden ¨ Uberlegungen manchmal auf Gedanken-Experimenten mit festen Gasmassen. Die dabei herausgearbeiteten Erkenntnisse werden dann in geeigneter Weise auf die bei Schallfeldern interessierenden Gr¨ oßen u ¨bertragen. Nat¨ urlich stellt sich nun die Frage, in welchem Zusammenhang die genannten Zustandsgr¨ oßen stehen. Die Erwartungen, die man vern¨ unftigerweise an eine feste Gasmasse (die beispielsweise in einem Gef¨aß mit ver¨anderlichem Volumen untergebracht ist) richten wird, lassen sich etwa so beschreiben: • Aufheizen des Gases wird bei konstantem Volumen eine Druckerh¨ohung pG ∼ TG nach sich ziehen und • der Druck im Gas ist umgekehrt proportional zu seinem Volumen, pG ∼ 1/VG . Stellt man noch in Rechnung, dass eine vergr¨oßerte Masse (bei konstantem Druck und bei konstanter Temperatur) auch einen gr¨oßeren Platzbedarf besitzt, so lassen sich diese Aussagen in der sogenannten Boyle-MariotteGleichung zusammenfassen. Sie lautet
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen
pG V G =
M RTG . Mmol
21
(2.1)
Dabei ist unter Mmol eine Materialkonstante, n¨amlich die sogenannte molare ” Masse“, zu verstehen. Mmol bezeichnet das Molekulargewicht in Gramm“ des ” betreffenden Stoffes. Zum Beispiel ist (siehe das Periodensystem der Elemente) Mmol (N2 ) = 28 g und Mmol (O2 ) = 32 g, daraus ergibt sich Mmol (Luft) = 28, 8 g (bekanntlich besteht die Luft zu etwa 20% aus Sauerstoff und zu etwa 80% aus Stickstoff). R = 8, 314 N m/K (K=Kelvin=Maßeinheit der absoluten Temperatur, 0◦ C = 273 K) ist die allgemeine Gaskonstante. Wie schon gesagt benutzt man bei der Beschreibung von Schallfeldern die Dichte statt des Volumens, f¨ ur akustische Zwecke“ wird deshalb (2.1) in ” R G T G (2.2) pG = Mmol umgeformt. Eine grafische Darstellung von Gl.(2.2) kann leicht anhand von Isothermen gegeben werden, Kurven TG = const. sind einfach Geraden in der pG G -Ebene (siehe Bild 2.1). Sie lassen sich als Kennlinienschar auffassen. Zur Beschreibung des Pfades, den die drei Zustandsgr¨oßen in dieser Kennlinienschar tats¨ achlich durchlaufen, ben¨ otigt man noch eine zweite Information. In der Tat dr¨ uckt die Boyle-Mariotte-Gleichung noch nicht vollst¨andig aus, wie ¨ sich eine (z.B. gezielt im Experiment vorgenommene) Anderung einer Gr¨oße auf die anderen Gr¨ oßen auswirkt. Verringert man zum Beispiel das Volumen eines Gases (durch Eindr¨ ucken eines Kolbens in ein Gef¨aß etwa), dann kann ¨ ¨ sich das ja sowohl in einer Anderung des Drucks ebenso wie in der Anderung der Temperatur auswirken. Dar¨ uber gibt die Boyle-Mariotte-Gleichung noch keine detaillierte Auskunft, sie besagt lediglich, dass der Quotient dieser beiden Gr¨ oßen ver¨ andert wird. Man muss also zus¨atzliche Beobachtungen anstellen, um Aufschluss zu erhalten. Die Erfahrung lehrt, dass die Geschwindigkeit, mit der Verdichtungsvorg¨ ange vorgenommen werden, und die Umgebung, in der sie stattfinden, ausschlaggebende Bedeutung besitzen. Wird die genannte Verdichtung eines Gases in einem Kolben n¨amlich sehr rasch (oder in einer nicht w¨ armeleitenden, isolierten Umgebung) durchgef¨ uhrt, dann kann man beobachten, dass die Temperatur im Gas steigt. Weil ja nun W¨armeleitungsvorg¨ ange sehr langsamer Natur sind und lange Zeit ben¨otigen (und in der isolierten Umgebung ja sogar ausgeschlossen sind), kann die beobachtete Temperaturerh¨ ohung nicht durch W¨ armeenergieaufnahme von außen zustande gekommen sein. Die Temperatur¨ anderung ist demnach ausschließlich das Resultat des Verdichtungsvorgangs selbst. Nur wenn man die Volumen¨anderung des Gases so langsam und in einer gut W¨arme leitenden Umgebung vornimmt, dass es dabei zu einem Temperaturausgleich zwischen innen und außen kommen kann, l¨ asst sich die Innentemperatur auch konstant halten. Mit anderen Worten: Gerade f¨ ur isotherme Verdichtungen ist der Prozess der W¨ armeleitung eine entscheidende Voraussetzung.
22
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Wie gesagt ist die W¨ armeleitung ein sich nur langsam vollziehender Vorgang, isotherme Ausgleichsvorg¨ ange ben¨ otigen also lange Zeit. Schallfelder dagegen unterliegen (von den tiefsten Frequenzen abgesehen) sehr raschen zeitlichen Wechseln. Man kann deshalb nur annehmen, dass sich Schallvorg¨ange ohne Beteiligung der W¨ armeleitung im Gas abspielen. Anders ausgedr¨ uckt, aber inhaltsgleich: F¨ ur Schallfelder kann man (fast) immer von Gasen ohne W¨armeleitf¨ ahigkeit ausgehen, W¨ armetransportvorg¨ange spielen keine Rolle. Solche Zustands¨anderungen in einem Gas, das keine W¨armeleitf¨ahigkeit besitzt, heißen adiabatisch“. Die Tatsache, dass Schallvorg¨ange adiabatischer ” Natur sind, bedeutet nat¨ urlich auch, dass sie nicht gleichzeitig isotherm ablaufen k¨ onnen, denn dann w¨ aren sie ja gerade an W¨armeleitung gebunden. Notwendigerweise muss die Gastemperatur deshalb ebenso wie Druck und Dichte bei Schallereignissen zeitlichen (und ¨ ortlichen) Wechseln unterliegen. Etwas sp¨ ater wird noch gezeigt werden, dass alle drei Gr¨oßen sogar stets den gleichen Orts- und Zeitverlauf besitzen, von Skalierungskonstanten nat¨ urlich abgesehen. 2 1.8 T + dTp + dTρ 1.6 adiabatisch
1.4
dpG isochor
G
p /p
0
1.2 1
dρG
0.8
T + dTp
isobar T
0.6 0.4 0.2 0 0
0.5
1
ρG/ρ0
1.5
2
Bild 2.1. Isothermen mit Zusammensetzung der adiabatischen Verdichtung aus einem isobaren und einem isochoren Teilschritt (p0 und 0 sind beliebige Skalierungskonstanten, z.B. Ruhedruck und Ruhedichte)
F¨ ur die adiabatische Zustandsgleichung ließe sich hier gewiss auf die Literatur verweisen. Weil die Herleitung aber weder besonders schwierig noch
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen
23
sehr umfangreich ist, sei sie hier dennoch angegeben. Der Ausgangspunkt der Betrachtung besteht einfach darin, dass man sich den insgesamt ohne NettoW¨ armeenergieaufnahme vollziehenden adiabatischen Prozess zusammengesetzt vorstellt aus einem Schritt mit konstanter Dichte und einem Schritt ¨ mit konstantem Druck (siehe auch Bild 2.1). Von allen Anderungen sei angenommen, dass sie infinitesimal klein sind. Mit den Teilschritten gehen dabei zwangsl¨ aufig die Temperatur¨ anderungen dTp (f¨ ur pG = const.) und dT (f¨ ur ur beide Teilschritte treten nat¨ urlich auch W¨armeG = const.) einher. F¨ fl¨ usse auf, denn nur das adiabatische Ganze kommt ohne Nettow¨armefluss aus. Um die adiabatische Gesamt¨ anderung zusammenzusetzen, m¨ ussen die Teil-W¨ armeaufnahmen in ihrer Summe gerade Null ergeben: dEp = −dE .
(2.3)
Beim isobaren Teilschritt wird die W¨ armemenge dEp = M cp dTp
(2.4)
aufgenommen (cp =spezifische W¨ arme bei konstantem Druck). Beim isochoren Teilschritt ( = const. und V = const. sind bei fester Masse aussagegleich) wird (2.5) dE = M cV dT aufgenommen (cV =spezifische W¨ arme bei konstantem Volumen). F¨ ur den durch (2.3) definierten adiabatischen Vorgang ist also dT = −κ dTp mit κ=
cp . cV
(2.6)
(2.7)
Die infinitesimal kleinen Temperatur¨ anderungen bei konstantem Druck und ¨ bei konstanter Dichte werden jetzt noch durch die entsprechenden Anderungen von Druck (beim isochoren Schritt) und Dichte (beim isobaren Schritt) ausgedr¨ uckt. Dazu wird (2.2) nach der Gastemperatur aufgel¨ost: TG =
Mmol pG . R G
Daraus folgt dTp Mmol pG =− dG R G 2 und
dT Mmol 1 = . dpG R G
Gleichung (2.6) ist also gleichbedeutend mit
(2.8)
24
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung dpG
dT G dpG G = − pG d =− = −κ , G dTp pG dG 2 G
oder mit
dpG dG =κ . pG G
Integriert man noch beide Seiten, so folgt zun¨ achst κ G G pG = κ ln = ln , ln p0 0 0 und schließlich folgt daraus die adiabatische Zustandsgleichung κ G pG = . p0 0
(2.9)
Dabei sind die Integrationskonstanten schon so gew¨ahlt worden, dass (2.9) auch f¨ ur die statischen Gr¨ oßen p0 und 0 erf¨ ullt ist. Gl.(2.9) beschreibt – wie gesagt – den Zusammenhang zwischen Druck und Dichte in einem Gas ohne W¨ armeleitung“, sie ist eine unmittelbare Folge aus der Annahme, dass ” bei dem Verdichtungsvorgang keine W¨ arme aufgenommen wird. F¨ ur die in der Akustik fast ausschließlich interessierenden zweiatomigen Gase betr¨agt κ = 1, 4. Es bleibt nun nur noch u ¨brig, die in der Boyle-Mariotte-Gleichung (2.2) und in der adiabatischen Zustandsgleichung (2.9) genannten Gesetzm¨aßigkeiten auf die Beschreibung von Schallfeldern u ¨bersichtlicher zuzuschneiden. Bei den akustischen Gr¨ oßen handelt es sich ja um sehr kleine, den statischen Ru¨ hegr¨ oßen u ortliche) Anderungen. Vern¨ unftigerweise ¨berlagerte zeitliche (und ¨ spaltet man deshalb die Gesamtgr¨ oßen (daher auch der Index G) in einen statischen Anteil und in einen Wechselanteil auf: pG = p0 + p G = 0 + TG = T0 + T .
(2.10a) (2.10b) (2.10c)
Hierin sind p0 , 0 und T0 die Ruhegr¨ oßen ohne Schall“, p, und T stellen ” ¨ die durch Beschallung hervorgerufenen Anderungen dar. Die den Ruhegr¨oßen u oßen seien als Schalldruck, Schalldichte und Schalltempe¨berlagerten Schallgr¨ ratur bezeichnet. Diese Schallfeldgr¨ oßen sind verglichen mit den Ruhegr¨oßen winzig klein. Wie in Kapitel 1 genannt, betr¨ agt der Schalldruck-Effektivwert bei einer Beschallung mit (gef¨ ahrlich lauten) 100 dB gerade 2 N/m2 . Der Luftdruck dagegen besitzt etwa den Wert von 100000 N/m 2 ! Nat¨ urlich m¨ ussen sowohl die Ruhegr¨ oßen als auch die Gesamtgr¨oßen die Boyle-Mariotte-Gleichung (2.2) erf¨ ullen, nicht aber die Schallfeldgr¨oßen alleine, weil sie ja nur Bestandteile des Ganzen bilden. Im Gegenteil, setzt man (2.10a,b,c) in Gleichung (2.2) ein, so erh¨ alt man
2.1 Thermodynamik von Schallfeldern in Gasen
p0 + p =
R R (0 + )(T0 + T ) ≈ (0 T0 + 0 T + T0 ) . Mmol Mmol
25
(2.11)
Im letzten Schritt ist das (quadratisch kleine) Produkt aus Schalltemperatur und Schalldichte T vernachl¨ assigt worden. Weil wie gesagt auch die statischen Ruhegr¨ oßen selbst die Boyle-Mariotte-Gleichung (2.2) erf¨ ullen (es gilt also p0 = R0 T0 /Mmol ), folgt aus der letzten Gleichung f¨ ur die Schallfeldgr¨oßen p=
R (0 T + T0 ) . Mmol
(2.12)
Etwas u ¨bersichtlicher wird diese Gleichung noch, wenn man durch den Ruhealt dann n¨ amlich druck p0 teilt, man erh¨ p T = + . p0 0 T0
(2.13)
Wenn man die auftretenden Quotienten als relative Gr¨oßen“ bezeichnet, dann ” besagt (2.13), dass der relative Schalldruck gleich der Summe aus relativer Schalldichte und relativer Schalltemperatur ist. Den zweiten Zusammenhang zwischen den Schallfeldgr¨oßen liefert die adiabatische Zustandsgleichung (2.9), die im Folgenden noch auf die vergleichsweise sehr kleinen Schallfeldgr¨ oßen zugeschnitten wird. Zun¨ achst ist festzustellen, dass die adiabatische Zustandsgleichung (2.9) einen nichtlinearen Zusammenhang zwischen Druck und Dichte im Gas kon¨ statiert. Andererseits interessieren nur kleinste Anderungen um den Arbeitspunkt (0 , p0 ); deshalb kann die gekr¨ ummte Kennlinie (2.9) durch ihre Tangente in diesem Arbeitspunkt ersetzt werden. Mit anderen Worten ausgedr¨ uckt: Die Kennlinie kann linearisiert werden, weil quadratische Anteile und alle h¨ oheren Potenzen der Taylorentwicklung mit Fug und Recht vernachl¨ assigt werden k¨ onnen. Dazu werden die Schallfeldgr¨ oßen nach Gl.(2.10) in die f¨ ur die Gesamtgr¨ oßen geltende adiabatische Zustandsgleichung (2.9) eingesetzt: κ κ 0 + p0 + p p =1+ = = 1+ . (2.14) p0 p0 0 0 Die nach dem linearen Glied abgebrochene Potenzreihen-Entwicklung von f (x) = (1 + x)κ um x = 0 besteht in f (x) = 1 + κx, also gilt p =1+κ . 1+ p0 0 Die linearisierte, auf die Zwecke der Akustik zugeschnittene adiabatische Zustandsgleichung lautet also p =κ . (2.15) p0 0 Weil der Schalldruck eine gut durch Mikrophone messbare Gr¨oße bildet, die Schalldichte dagegen nur indirekt aus dem Druck bestimmt werden kann, werden Schallfelder fast immer durch Angabe ihrer Druckverteilung beschrieben.
26
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Deswegen werden auch alle nachfolgenden Betrachtungen – soweit m¨oglich – durch Dr¨ ucke formuliert. Dazu muss dann die m¨oglicherweise vorkommende Schalldichte noch durch den Druck ersetzt werden. Deshalb wird (2.15) nach der Dichte aufgel¨ ost p = 2 , (2.16) c mit p0 (2.17) c2 = κ . 0 Wie man erkennt, sind Schalldruck und Schalldichte gleiche Zeit- und Ortsfunktionen. Eliminiert man mit Hilfe von (2.15) noch in (2.13) die relative Dichte, so erh¨ alt man f¨ ur die relative Schalltemperatur T p 1 p = − = 1− . T0 p0 0 κ p0 Alle drei relativen Gr¨ oßen haben also die gleiche Signalgestalt, sie unterscheiden sich nur durch einen Zahlenfaktor. Die Betrachtungen im n¨ achsten Abschnitt werden zeigen, dass die in (2.17) eingef¨ uhrte Konstante c eine besondere physikalische Bedeutung besitzt: c bezeichnet die Schallausbreitungsgeschwindigkeit im Gas. Obwohl darin nat¨ urlich kein Beweis gesehen werden kann, spricht die Dimensionskontrolle wenigstens nicht gegen diese Behauptung: dim(p) N m3 kg m m m = = = . dim(c) = 2 2 dim() m kg s kg s Die Dimension von c, dim(c), ist also tats¨ achlich eine Geschwindigkeit. Setzt man noch die (auch f¨ ur die statischen Gr¨oßen g¨ ultige) BoyleMariotte-Gleichung (2.2) in (2.17) ein, so erh¨ alt man f¨ ur die Schallgeschwindigkeit c R c= κ T0 . (2.18) Mmol Sie h¨ angt nur vom Material und von der absoluten Temperatur, nicht aber von Ruhedruck oder Ruhedichte ab. Als Kontrolle seien die Parameter von ur Luft Mmol = 28.8 10−3 kg bei T0 = 288 K (15◦ C) eingesetzt; man erh¨alt daf¨ den bekannten Wert von c = 341 m/s. F¨ ur praktische Anwendungen reicht es nahezu immer aus, Temperaturschwankungen von bis zu 10◦ C unter den Tisch fallen zu lassen und mit dem gerundeten Wert von 340 m/s zu rechnen. Erw¨ ahnenswert ist vielleicht, dass die (im freien Gas nicht zutreffende, also falsche) Annahme isothermer Verdichtung bei Schallvorg¨angen auf die zu kleine Ausbreitungsgeschwindigkeit RT0 cadia ciso = = √ ≈ 0.85cadia Mmol κ
2.2 Eindimensionale Schallfelder
27
f¨ uhren w¨ urde. Tats¨ achlich hat man erst aus der Diskrepanz zwischen ciso und Messwerten gelernt, dass Schall-Verdichtungsvorg¨ange eben nicht isotherm, sondern adiabatisch ablaufen. Nat¨ urlich m¨ ussen gemessene Schallgeschwindigkeiten gleich cadia sein.
2.2 Eindimensionale Schallfelder 2.2.1 Grundgleichungen Der vorige Abschnitt diente dazu, zun¨ achst einmal Klarheit zu schaffen u ¨ber die bei Schallfeldern vorkommenden physikalischen Zustandsgr¨oßen Schalldruck, Schalldichte und Schalltemperatur. Der folgende Abschnitt wendet sich nun der eigentliche Kernfrage von Akustik zu: Wie ist das Ph¨anomen der (nicht-dispersiven) Wellenausbreitung von Schall in Gasen physikalisch zu erkl¨ aren und zu beschreiben? Um zun¨ achst auf grunds¨ atzliche Aussagen zu kommen, seien die in der Einleitung genannten Einfl¨ usse – wie die Abschw¨ achung mit der Entfernung und Reflexionen – anfangs ausgeschlossen. Es bleibt dann der allereinfachste Fall eines eindimensionalen Schallfeldes u ¨brig, das nur von einer einzigen RaumKoordinate abh¨ angt. Ein solcher eindimensionaler Wellenleiter ließe sich zum Beispiel durch ein luftgef¨ ulltes Rohr mit starrer, unbeweglicher Wandung herstellen, in dem das Schallfeld quasi eingesperrt und so auf eine Ausbreitungsrichtung – die Rohr-Achse – gezwungen wird (dass auch damit nicht immer wirklich Schallfelder erzeugt werden, die u ¨ber dem Rohr-Querschnitt konstant sind, das wird im Kapitel 6 u uhrlich behandelt). ¨ber Schallabsorption ausf¨ Bereits aus der grundlegenden Vorstellung, dass es sich bei Gasen um elastisch deformierbare und massebehaftete Medien handelt, folgen bereits die wichtigsten Eigenschaften der Schallfelder, die in ihnen vorkommen. Eine sehr einfache und einleuchtende Erkl¨ arung f¨ ur die Wellentransportvorg¨ange erh¨alt man n¨ amlich, wenn man sich die eindimensionale Lufts¨aule in viele kleine Segmente zerlegt denkt (Bild 2.2) und den Segmenten abwechselnd jeweils nur Masseneigenschaft“ und Federeigenschaft“ gedanklich zuordnet. Auf diese ” ” Weise entsteht ein sogenannter Kettenleiter als Modell f¨ ur die Lufts¨aule. Die Anregung der Lufts¨ aule wird z.B. durch einen Lautsprecher erzeugt; u ¨bertragen auf den Kettenleiter gibt der Lautsprecher die Bewegung der ersten Masse links in Bild 2.2 an. Wird sie zum Beispiel pl¨otzlich nach rechts ausgelenkt, so wird dabei die erste (Luft-) Feder verdichtet, sie u ¨bt damit eine Kraft auf die n¨ achste Masse aus. Zu Beginn des Vorganges bewegt sich diese Masse zun¨ achst nicht. Weil Massen bekanntlich tr¨age“ sind, reagieren sie nicht ” sofort, sondern erst versp¨ atet“ mit einer Auslenkung. Zur Erinnerung an die ” Bedeutung des Tr¨ agheitsgesetzes gibt Bild 2.3 die Zeitverl¨aufe von pl¨otzlich eingeschalteter Kraft und Bewegung der ihr ausgesetzten freischwebenden“ ” Masse: Die Masse wird erst allm¨ ahlich in Bewegung gesetzt. Beim Kettenleiter setzt deshalb die Bewegung der zweiten Masse verz¨ogert gegen¨ uber der
28
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
m
m s
m s
m s
Bild 2.2. Zerlegung einer Lufts¨ aule in (kleine) Teilvolumina, die abwechselnd nur in Massen m und in Federelementen s bestehen
Federkraft ein. Die Masse spannt dabei die Feder rechts von ihr und wird ¨ dadurch gebremst. Es entsteht so eine Versp¨ atung“ bei der Ubertragung der ” Auslenkung von Masse zu Masse“. Das Ganze wiederholt sich nat¨ urlich l¨angs ” der Kette, es findet eine Wanderbewegung der urspr¨ unglich links eingepr¨agten St¨ orung des Ruhezustandes mit endlicher Geschwindigkeit statt.
Kraft Masse m F(t)
ξ(t)
Auslenkung ξ(t)
F(t)
t Bild 2.3. Freie Masse und Beispiel f¨ ur einen Kraft-Zeitverlauf und den daraus folgenden Bewegungs-Zeitverlauf
2.2 Eindimensionale Schallfelder
29
Erkennbar m¨ ussen hier zwei verschiedene Geschwindigkeitsbegriffe klar voneinander unterschieden werden. Einmal breitet sich das St¨orungsmuster mit einer gewissen Wandergeschwindigkeit“ entlang des Wellenleiters aus. ” Man nennt sie auch Ausbreitungsgeschwindigkeit oder Wellengeschwindigkeit, in diesem Buch wird sie stets mit dem Buchstaben c bezeichnet. Davon wohl zu unterscheiden ist die Geschwindigkeit der lokalen Gasmassen, die sich um ihre Ruhelage bewegen, w¨ ahrend die Welle u ¨ber sie hinwegl¨auft“. Zur bes” seren Unterscheidung benennt man die Geschwindigkeit lokaler Gaselemente mit dem Wort Schnelle“. In diesem Buch wird die Schnelle stets mit dem ” Buchstaben v gekennzeichnet. Die genannten physikalischen Gedankeng¨ ange sollen nun in Gleichungen gefasst werden. Dazu sind naturgem¨ aß zwei Betrachtungen erforderlich: einmal muss diskutiert werden, auf welche Weise die Luftfederst¨ uckchen durch die Bewegungen ihrer Begrenzungen links und rechts von ihnen verdichtet werden, und dann muss noch formuliert werden, auf welche Weise die Luftmassenst¨ uckchen durch die auf sie wirkenden Federkr¨ afte zu beschleunigten Bewegungen veranlasst werden. Zu beiden Betrachtungen werden kleine Luftvolumina mit der L¨ ange Δx herangezogen. Weil die Beschreibung der Sachverhalte durch Ableitungen und Funktionen am einfachsten ist, l¨asst man anschließend das (der besseren Anschauung halber zun¨ achst als endlich ausgedehnt betrachtete) L¨ angenelement zur infinitesimalen L¨ ange dx schrumpfen. Die Verdichtung innerhalb eines Gaselementes bei bewegten Enden l¨asst sich einfach aus der Tatsache herleiten, dass die zwischen den beiden Enden vorhandene Masse dabei unver¨ anderlich bleibt: Wird ein Luftelement ver¨ formt, dann wirkt sich das in einer Anderung der Dichte aus. In Ruhe – ohne Schall – betr¨ agt die Masse des in Bild 2.4 eingezeichneten Gaselementes SΔx0 (S = Querschnittsfl¨ ache). Wird es – mit Schall – einer elastischen Deformation durch Bewegung der linken Begrenzungsfl¨ache um ξ(x) und durch Bewegung der rechten Begrenzungsfl¨ ache um ξ(x + Δx) ausgesetzt, so wird die Masse diesmal durch S [Δx + ξ(x + Δx) − ξ(x)] G angegeben. Weil die beschallte“ Masse wie gesagt gleich der Ruhemasse ist, gilt mit G = 0 + ” (0 + ) [Δx + ξ(x + Δx) − ξ(x)] S = 0 ΔxS , oder, nach Division durch die Fl¨ ache S und Ausmultiplizieren Δx + 0 [ξ(x + Δx) − ξ(x)] + [ξ(x + Δx) − ξ(x)] = 0 .
(2.19)
Die quadratisch kleinen Produkte aus Schalldichte und Teilchenauslenkungen k¨ onnen bis zu den h¨ ochsten noch interessierenden Pegeln vernachl¨assigt werden. Deshalb erh¨ alt man f¨ ur die hier interessierende Schalldichte = −0
ξ(x + Δx) − ξ(x) . Δx
Im Grenzfall infinitesimal kleiner Gaselemente Δx → dx geht der rechts auftretende Differenzenquotient in den Differentialquotienten u ¨ber:
30
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Bild 2.4. Deformation eines Elementes aus der Gass¨ aule f¨ uhrt zur Dichte¨ anderung in ihm
∂ξ(x) . =− 0 ∂x
(2.20)
Die Schalldichte ergibt sich also unmittelbar aus der Ortsableitung der Teilchenauslenkung. Letztere wird auch als Dehnung“ (oder auch als Dilatation) ” ¨ bezeichnet. Die hier herausgearbeitete und f¨ ur die weiteren Uberlegung sehr wichtige Erkenntnis besteht also darin, dass die relative Schalldichte gleich der negativen Dehnung ist. Gl.(2.20) heißt auch ’Kontinuit¨atsgleichung’. Mehr am Rande sei darauf hingewiesen, dass sie sich auch als FederGleichung deuten l¨ asst. Setzt man n¨ amlich f¨ ur die Schalldichte im vorletzten Schritt noch den Schalldruck = p/c2 ein und multipliziert mit der Seitenfl¨ ache S, so erh¨ alt man Sp = −S0 c2
ξ(x + Δx) − ξ(x) . Δx
Die linke Seite Sp gibt die in der Gasfeder mit der L¨ange Δx durch elastische Deformation hergestellte Federkraft F an. F¨ ur Federn mit bewegten Enden gilt nach dem Hookeschen Gesetz Sp = −s(ξ(x + Δx) − ξ(x)) , worin s die Federsteife bedeutet. F¨ ur Schichten aus elastischem Material (wie dem Gaselement) mit der Fl¨ ache S und der Dicke Δx ist s=
ES . Δx
(2.21)
E bezeichnet eine Materialkonstante, den sogenannten Elastizit¨atsmodul des Materials (zur anschaulichen Begr¨ undung von (2.21) sei darauf hingewiesen, dass zur Herstellung einer gewissen Auslenkungsdifferenz der Enden um so
2.2 Eindimensionale Schallfelder
S[ 6
31
S[ [ 6
Y [ [
[
Bild 2.5. Kr¨ afte f¨ uhren zur beschleunigten Bewegung eines Elementes aus der Gass¨ aule
mehr Kraft aufgewendet werden muss, je gr¨ oßer die Schichtfl¨ache ist und um so kleiner die Schichtdicke ist). Offensichtlich h¨angt der Elastizit¨atsmodul von Gasen durch die Gleichung (2.22) E = 0 c2 mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit zusammen. Die zweite, noch nicht erledigte Betrachtung zum Ph¨anomen der Schallausbreitung bestand in der Frage, auf welche Weise die Gasteilchen durch die auf sie wirkenden Federkr¨ afte zu beschleunigten Bewegungen veranlasst werden. Die Antwort gibt das Newtonsche Tr¨ agheitsgesetz, das auf das in Bild 2.5 gezeigte (kleine) Volumenelement aus der Gass¨aule angewandt wird. Die Beschleunigung ∂ 2 ξ/∂t2 der in ihm enthaltenen Masse wird verursacht durch die links dr¨ uckende“ Kraft Sp(x), von der noch die rechts zur¨ uckdr¨ uckende“ ” ” Kraft Sp(x+Δx) abgezogen werden muss. Die von dieser Kraftdifferenz verursachte Beschleunigung ist um so kleiner, je gr¨ oßer die Masse m des Elementes ist. Nach Newton ist damit ∂2ξ S [p(x) − p(x + Δx)] , = ∂t2 m oder, mit m = Volumen mal Dichte = ΔxS0 ∂2ξ 1 p(x + Δx) − p(x) . =− ∂t2 0 Δx Schließlich l¨ asst man das Segment schrumpfen und erh¨alt mit p(x + Δx) − p(x) ∂p = Δx ∂x das Tr¨ agheitsgesetz der Akustik“: ” ∂2ξ ∂p 0 2 = − . (2.23) ∂t ∂x (2.20) und (2.23) bilden die Grundgleichungen der Akustik, alle (eindimensionalen) Schallereignisse erf¨ ullen sie. Wie gesagt beschreibt (2.20) die Verdichtung des elastischen Kontinuums Gas“ auf Grund ortsabh¨angiger Auslenkun” gen; (2.23) andererseits sagt umgekehrt aus, wie die Auslenkungen auf Grund lim
Δx→0
32
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
der Verdichtungen zustande kommen. Beide Betrachtungen zusammengenommen liefern die Erkl¨ arung der Wellenausbreitung, wie das ja f¨ ur den Kettenleiter diskutiert worden ist. Zwei Betrachtungen zusammenf¨ ugen“ heißt in der ” Sprache von Formeln, zwei Gleichungen ineinander einsetzen. In (2.20) und (2.23) wird deshalb die Auslenkung eliminiert. Das geschieht durch zweifache Ableitung von (2.20) nach der Zeit 1 ∂2 ∂3ξ =− 2 0 ∂t ∂x∂t2 und durch Ableitung von (2.23) nach dem Ort: ∂3ξ 1 ∂2p =− . 2 ∂x∂t 0 ∂x2 Daraus folgt unmittelbar ∂2p ∂2 = 2 , 2 ∂x ∂t oder, wenn man schließlich noch wie angek¨ undigt die Schalldichte mit = p/c2 nach (2.16) durch den Schalldruck ersetzt ∂2p 1 ∂2p = . ∂x2 c2 ∂t2
(2.24)
Gleichung (2.24) heißt WELLENGLEICHUNG, alle Schallereignisse m¨ ussen ihr gen¨ ugen. Die n¨ achsten Abschnitte betrachten die prinzipiellen L¨osungen der Wellengleichung. Wie gezeigt folgt die Wellengleichung aus den beiden ’akustischen Grundgleichungen’, dem Kompressions-Gesetz Gl.(2.20) und dem auf Schallfelder zugeschnittenen Tr¨ agheitsgesetz Gl.(2.23) zusammen mit dem ’Materialgesetz’ = p/c2 . In diesen beiden Gleichungen tritt die Teilchenauslenkung ξ auf. Es ist sinnvoll, diese durch die Schallschnelle v(x, t) =
∂ξ ∂t
(2.25)
auszudr¨ ucken. Im n¨ achsten Abschnitt wird der Grund daf¨ ur genannt: F¨ ur den einfachsten Fall fortschreitender Wellen sind die Signalformen von Druck und Schnelle gleich, und deshalb ist es in der Akustik allgemein u ¨blich, nicht die Auslenkung, sondern die Schallschnelle zur Beschreibung der Schwingvorg¨ ange zu benutzen. Auch in diesem Buch wird in Zukunft nur noch die Schallschnelle benutzt. Aus diesem Grund werden hier die Grundgleichungen (2.20) und (2.23) nochmals, nun aber nur noch unter Verwendung von Druck und Schnelle, notiert. Das allgemeine Kompressionsgesetz lautet damit ∂v 1 ∂p =− , ∂x 0 c2 ∂t
(2.26)
2.2 Eindimensionale Schallfelder
33
und das Tr¨ agheitsgesetz besteht in 0
∂v ∂p =− . ∂t ∂x
(2.27)
Beide Gleichungen gelten allgemein, also auch f¨ ur Felder, in denen Wellen beider Laufrichtungen auftreten. Alle folgenden Kapitel werden nur noch auf die Notation in (2.26) und (2.27) Bezug nehmen. Dabei wird außerhalb von diesem Kapitel 2 die Beistellung des Index 0 in 0 zur Kenntlichmachung des Gleichanteils der Dichte weggelassen, weil Verwechslungen nicht mehr vorkommen k¨ onnen: Nur hier in diesem Kapitel 2 wird die Schalldichte betrachtet und benutzt, sie wird nicht wieder auftreten. 2.2.2 Fortschreitende Wellen Allgemein sind beliebige Funktionen, die nur vom Argument t − x/c“ oder ” nur vom Argument t + x/c“ abh¨ angen, L¨ osungen der Wellengleichung (2.24): ” p(x, t) = f (t ∓ x/c) .
(2.28)
Dabei steht f (t) f¨ ur eine Signalform, deren spezifische Gestalt vom Sender – der Schallquelle – hergestellt wird. Unter c ist die im vorigen Abschnitt schon definierte Konstante zu verstehen; vorausgreifend war schon angedeutet worden, dass mit c die Schallausbreitungsgeschwindigkeit bezeichnet wird. Die folgenden Bemerkungen werden diese Tatsache rasch beweisen. Zun¨achst aber sei kurz erl¨ autert, warum (2.24) als Wellengleichung bezeichnet wird. Der Name ergibt sich aus einer graphischen Darstellung ihrer L¨osungen (2.28) als Ortsfunktion, wie in Bild 2.6 f¨ ur feste, eingefrorene“ Zeiten (hier f¨ ur f (t − x/c), ” also f¨ ur das negative Vorzeichen im Argument). Die Darstellung besteht in einer Kurvenschar gleicher Ortsfunktionen, die durch Parallelverschiebung ineinander u ¨bergehen. Der Gaszustand Schalldruck“ wandert offensichtlich mit ” konstanter Geschwindigkeit entlang der x-Achse. Die Wanderbewegung der ortlichen Zustandsbeschreibung wird als Welle“ bezeichnet. ¨ ” Die noch offene Frage der physikalischen Bedeutung der Konstanten c in der Wellengleichung ist leicht gekl¨ art. Man muss sich dazu nur vorstellen, dass ein bestimmter Funktionswert f (in Bild 2.6 ist gerade das Maximum von f gew¨ ahlt), der zur Zeit t an der Stelle x liegt, w¨ahrend Δt um Δx wandert: f (x, t) = f (x + Δx, t + Δt) . Das ist gerade dann der Fall, wenn (t − x/c) in beiden F¨allen gleich ist, also f¨ ur x x + Δx t − = (t + Δt) − c c Daraus folgt Δx =c. Δt
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Δ x
p(x,t) = f(t−x/c)
34
t=0
t= Δ t
x
Bild 2.6. Prinzipdarstellung von p = f (t−x/c) als Ortsverlauf f¨ ur zwei verschiedene Zeiten t = 0 und t = Δt
Weil der Quotient aus Wegstrecke und der daf¨ ur ben¨otigten Zeit gleich der Geschwindigkeit ist, beschreibt c die Funktions-Transport-Geschwindigkeit“, ” die Ausbreitungs-Geschwindigkeit der Welle also. Wie man sieht, ist sie von der Signalgestalt f unabh¨ angig, insbesondere werden auch alle Frequenzen mit gleicher Geschwindigkeit transportiert. Die Tatsache, dass sich die Signalgestalt l¨ angs der Ausbreitung nicht ¨ andert, ist eine sehr wichtige Eigenschaft der Schallausbreitung in Gasen (man vergleiche mit den dispersiven Biegewellen auf St¨ aben und Platten, siehe Kapitel 4), die gewiss zu den wichtigsten physikalischen Vorbedingungen akustischer Kommunikation (z.B. durch Sprache) z¨ ahlt. Wenn nur eine in eine bestimmte Richtung laufende Welle auftritt, spricht man von fortschreitenden Wellen, Kombinationen von gegenl¨aufigen Wellen enthalten stehende Wellen (siehe auch Abschnitt 2.5). F¨ ur fortschreitende Wellen alleine mit p(x, t) = f (t − x/c) liefert das Tr¨agheitsgesetz (2.23) der Akustik ∂f (t − x/c) 1 ∂f (t − x/c) p ∂p dt = − dt = dt = , 0 v = − ∂x ∂x c ∂t c dass Schalldruck und Schallschnelle in einem konstanten, orts- und zeitunabh¨ angigen Verh¨ altnis 0 c stehen, das auch als Wellenwiderstand oder Kennwiderstand des Mediums bezeichnet wird: p(x, t) = 0 c . v(x, t)
(2.29)
Gl.(2.29) erlaubt auch eine sehr einfache Antwort auf die noch offene Frage, auf welche Weise die Signalform f (t) des Schalldruckes von der Schallquelle
2.2 Eindimensionale Schallfelder
35
aufgepr¨ agt wird. Bei dem dazu erforderlichen Modell wird angenommen, dass im eindimensionalen Wellenleiter (z.B. einem luftgef¨ ullten Rohr, wie eingangs erw¨ ahnt) • keine Reflexionen vorkommen (das Rohr endet also in einem anschaulich als ’Wellensumpf’ bezeichneten, hochwirksamen Absorber) und dass • die Schallquelle aus einer gestreckten (planen) Membran (z.B. eines Lautsprechers) besteht, die mit der als bekannt vorausgesetzten MembranSchnelle vM (t) um ihre Ruhelage in x = 0 schwingt. Da Reflexionen nicht auftreten, besteht der Schalldruck nur aus der in xRichtung laufenden fortschreitenden Welle der Form p(x, t) = f (t − x/c) , und f¨ ur die Schallschnelle v im Wellenleiter gilt nach Gl.(2.29) v(x, t) = p(x, t)/0 c = f (t − x/c)/0 c . Die Mediumschnelle v muss an der Stelle der Quelle x = 0 mit der Membranschnelle u ¨bereinstimmen, es gilt also f (t)/0 c = vM (t) , und demnach sind Schalldruck p(x, t) = 0 cvM (t − x/c) und Schallschnelle v(x, t) = vM (t − x/c) im Wellenleiter einfach • durch das Quellsignal ’Membranschnelle vM (t)’ bestimmt und • durch die Tatsache, dass es sich hier um fortschreitende Wellen handeln muss. Etwas allgemeiner (und formaler) ausgedr¨ uckt ist hier zun¨achst ein Ansatz f¨ ur den Schalldruck gemacht worden, der die Wellengleichung erf¨ ullt, und dessen genaue Gestalt dann erst aus einer ’Randvorgabe’ an der Stelle x = 0, v(0, t) = vM (t), bestimmt wird. Diese Vorgehensweise bezeichnet man als ’L¨osung eines Randwertproblems’; das allereinfachste Beispiel daf¨ ur ist oben betrachtet worden. Gr¨ oßenordnung der Feldgr¨ oßen F¨ ur fortschreitende Wellen erlaubt (2.29) die Einsch¨atzung von Schnellen und Auslenkungen der Gr¨ oßenordnung nach. Ein doch schon recht großer Pegel von 100 dB entspricht bekanntlich einem Druck-Effektivwert von peff = 2 N/m2 .
36
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
In einer ebenen fortschreitenden Welle ist veff = peff /0 c, mit 0 = 1, 2 kg/m3 und c = 340 m/s ist veff = 5 · 10−3 m/s = 5 mm/s. Die lokale Teilchengeschwindigkeit Schnelle“ ist demnach praktisch immer sehr, sehr klein ver” glichen mit c = 340 m/s. Auch die Auslenkungen sind nicht eben groß. Sie lassen sich aus veff (2.30) ξeff = ω berechnen, reine T¨ one und v = dξ/dt vorausgesetzt. F¨ ur 1000 Hz w¨are ξeff ≈ 10−6 m = 1μm! Die Auslenkungen sind also oft nur einige Tausend Atomdurchmesser groß. Dagegen k¨ onnen die in der Akustik auftretenden Beschleunigungen durchaus betr¨ achtlich sein. Aus beff = ωveff (2.31) erh¨ alt man wieder f¨ ur 100 dB Schalldruckpegel und f = 1000 Hz etwa beff = 30 m/s2 , immerhin die dreifache Erdbeschleunigung. Harmonische Zeitverl¨ aufe Aus guten Gr¨ unden betrachtet man oft Schall- und Schwingereignisse mit harmonischem (=cosinusf¨ ormigem) Zeitverlauf. Allgemein muss der Schalldruck einer in x-Richtung fortschreitenden, harmonischen Welle die Gestalt p(x, t) = p0 cos ω(t − x/c)
(2.32)
besitzen. Meist schreibt man statt (2.32) mit k = ω/c kurz p(x, t) = p0 cos(ωt − kx) ,
(2.33)
das spart etwas Schreibarbeit. Die Gr¨ oße k wird Wellenzahl genannt. Nun enth¨ alt ω bekanntlich die zeitliche Periode, es ist ω = 2πf =
2π , T
(2.34)
worin T die Periodendauer bedeutet. Ebenso gut muss dann die Wellenzahl k die o ¨rtliche Periode enthalten: k=
2π ω = . c λ
(2.35)
Die ¨ ortliche Periodenl¨ ange wird allgemein als Wellenl¨ange bezeichnet. Wie man sieht, ist der Begriff an reine T¨ one gebunden. F¨ ur die Wellenl¨ange gilt nach (2.34) und (2.35) c λ= . (2.36) f
2.2 Eindimensionale Schallfelder
37
Schalldruck
Zeit t
−1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild 2.7. Ortsverlauf des Schalldrucks einer fortschreitenden Welle f¨ ur konstante ¨ Zeiten. Uberdeckt wird eine halbe zeitliche Periodendauer. Die Schallschnelle v hat wegen v = p/0 c den gleichen Orts- und Zeitverlauf.
Bei den nicht-dispersiven Luftschallwellen ist also die Wellenl¨ange umgekehrt proportional zur Frequenz; u ¨berdeckt wird etwa ein Bereich von λ = 17 m (f = 20 Hz) bis λ = 1, 7 cm (f = 20.000 Hz). Dieser Bereich ist außerordentlich groß. Es wird wohl nicht u ¨berraschen, dass man die Gr¨oße von Gegenst¨ anden in der Akustik (ebenso wie in der Optik) immer an der Wellenl¨ange zu messen hat. Die meisten Gegenst¨ ande und Anordnungen sind im entsprechend tiefen Frequenzbereich, in dem ihre Abmessungen klein gegen¨ uber der Wellenl¨ ange sind, akustisch unsichtbar“. Bei den hohen Frequenzen sind sie ” dagegen akustisch wirksam, indem sie – je nach Fall – Schallabsorber oder mehr oder minder komplizierte Reflektoren bzw. Diffusoren darstellen. Die genannten und in Gl.(2.32) notierten Sachverhalte f¨ ur die fortschreitenden Wellen bei reinen T¨ onen sind in Bild 2.7 nochmals graphisch dargestellt. Beim Schalldruck handelt es sich um einen cosinus-f¨ ormigen Ortsverlauf, der zeitlich mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit c nach rechts wandert. Wegen Gl.(2.29) haben Druck und Schnelle ¨ ortlich und zeitlich die gleiche Signalgestalt. 2.2.3 Komplexe Schreibweise In diesem Buch werden die Wellen bei reinen T¨onen in Zukunft nur noch durch ihre komplexen Amplituden beschrieben. Nutzen, Zweck und Vorteil der Beschreibung reellwertiger Vorg¨ ange durch komplexe Zahlen werden im Anhang B2 ausf¨ uhrlicher erl¨ autert. Wie dort gezeigt wird beschreibt man eine cosinus-f¨ ormige Welle, die in x-Richtung wandert, durch die ortsabh¨angige komplexe Amplitude
38
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
p(x) = p0 e−jkx . Ebenso sind Wellen mit der Ausbreitung in negative x-Richtung durch p(x) = p0 ejkx bezeichnet. Wenn Reflexionen oder Wellen entgegengesetzter Laufrichtung aus anderen Gr¨ unden (z.B. bei zwei Quellen oder bei Reflexion) vorkommen, k¨ onnen auch Summen der beiden Terme auftreten. Die R¨ uckabbildung der komplexen Amplituden, die nur ein Beschreibungswerkzeug darstellen, auf die stets reellen Zeit- und Ortsverl¨ aufe ist durch die sogenannte Zeitkonvention p(x, t) = Re p(x)ejωt (2.37) definiert. Die Zeitkonvention Gl.(2.37) gilt f¨ ur reine T¨one als Anregung und f¨ ur alle physikalischen Gr¨ oßen, also z.B. auch f¨ ur alle Schnellekomponenten beliebiger Schall- und Schwingungsfelder, f¨ ur elektrische Spannungen und Str¨ome, etc. . Komplexe Amplituden werden auch kurz als ’Zeiger’ oder ’komplexe Zeiger’ bezeichnet. Im Folgenden wird oft die aus einem als bekannt angenommenen Schalldruck-Ortsverlauf resultierende Schallschnelle ben¨otigt. Wie erw¨ahnt erfolgt diese Berechnung nach dem akustischen Tr¨ agheitsgesetz (2.27), das in komplexer Schreibweise j ∂p v= (2.38) ω0 ∂x lautet. 2.2.4 Stehende Wellen und Resonanzph¨ anomen Wenn eine fortschreitende Welle auf ein Hindernis trifft, dann kann es dort reflektiert werden. Ist der eindimensionale Wellenleiter gleich auf zwei Seiten begrenzt – z.B. links durch eine Schallquelle und rechts durch einen Reflektor wie hier im Folgenden angenommen – dann treten stehende Wellen und Resonanzerscheinungen auf. Bei der genannten Modellvorstellung f¨ ur den eindimensionalen Wellenleiter (und bei reinen T¨onen) besteht die komplexe Schalldruckamplitude aus den zwei Anteilen p(x) = p0 [e−jkx + rejkx ] .
(2.39)
Wie gesagt beschreibt der erste Summand eine in +x-Richtung, der zweite Summand eine in −x-Richtung laufende Welle. p0 bezeichnet die Amplitude der auf den Reflektor zueilenden Welle. Im Ansatz (2.39) f¨ ur das Schallfeld ist ber¨ ucksichtigt worden, dass die in −x-Richtung r¨ ucklaufende Welle noch um den Reflexionsfaktor r gegen¨ uber der hinlaufenden Welle abgeschw¨acht sein kann, wenn es sich um eine unvollst¨ andige Reflexion (z.B. durch eine teilweise
2.2 Eindimensionale Schallfelder
39
Absorption am Rohrst¨ uck-Ende in x = 0, siehe dazu auch Kapitel 6) handelt. Die zum Schalldruck (2.39) geh¨ orende x-gerichtete Schallschnelle errechnet sich nach (2.38) zu v(x) =
p0 −jkx k [e p0 [e−jkx − rejkx ] = − rejkx ] . ω0 0 c
(2.40)
Es sei jetzt zun¨ achst der Einfachheit halber angenommen, dass der in x = 0 angesiedelte Reflektor “schallhart“ ist. Er muss also entweder in einer großen, unbeweglichen Masse oder in einem elastisch nicht deformierbaren, starren K¨ orper bestehen, der deshalb keine Bewegungen ausf¨ uhrt. Weil die Luftteilchen, die den Reflektor in x = 0 benetzen, die bewegungslose, ruhende Reflektorfl¨ ache nicht durchstoßen k¨ onnen, muss auch ihre Geschwindigkeit (die durch die Schallschnelle beschrieben wird) gleich Null sein: v(x = 0) = 0 .
(2.41)
Der den schallharten Reflektor kennzeichnende Reflexionsfaktor r betr¨agt aus diesem Grund nach (2.40) r =1. (2.42) Damit gilt f¨ ur die Ortsverl¨ aufe von Schalldruck p(x) = 2p0 cos kx und von Schallschnelle v(x) =
−2jp0 sin kx . 0 c
(2.43)
(2.44)
Mit Hilfe der Zeitkonvention gewinnt man daraus die Verl¨aufe u ¨ber Ort und Zeit: (2.45) p(x) = 2p0 cos kx cos ωt und v(x) =
2p0 sin kx sin ωt . 0 c
(2.46)
Wie auch immer die noch nicht n¨ aher betrachtete Schalldruckamplitude p0 mit der Schallquelle zusammenh¨ angt, die Gleichungen (2.45) und (2.46) beschreiben in jedem Fall eine stehende Welle. Die beiden Orts-Verl¨aufe von Druck und Schnelle sind f¨ ur einige feste Zeiten in den Bildern 2.8 und 2.9 wiedergegeben. Man bezeichnet das Schallfeld als stehend, weil die Ortsfunktion stehen bleibt und sich nicht zeitlich verschiebt; sie wird lediglich in der ¨ortlichen Amplitude mit der Zeit auf- und abgeblendet“. Schalldruck und ” Schallschnelle bilden offensichtlich bei stehenden Wellen anders als bei fortschreitenden Wellen kein festes, orts- und zeitunabh¨angiges Verh¨altnis; im Gegenteil sind die Verl¨ aufe unterschiedlicher, phasenverschobener Natur.
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Schalldruck
40
−1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Schallschnelle
Bild 2.8. Ortsverlauf des Schalldrucks in einer stehenden Welle f¨ ur konstante Zeiten. ¨ Uberdeckt wird eine zeitliche Periodendauer.
−1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild 2.9. Ortsverlauf der Schallschnelle in einer stehenden Welle f¨ ur konstante ¨ Zeiten. Uberdeckt wird eine zeitliche Periodendauer.
Wie schon eingangs erw¨ ahnt erkl¨ aren sich Resonanzerscheinungen aus den Vielfachreflexionen an den beiden Rohr-Enden. Zu ihrer Erl¨auterung sei jetzt
2.2 Eindimensionale Schallfelder
41
angenommen, dass das eindimensionale Gaskontinuum an der Stelle x = −l durch eine konphas als Ganzes schwingende Fl¨ache angeregt wird, deren angig ist. Nat¨ urlich muss die Schnelle dieser Schnelle v0 von y also unabh¨ schwingenden Fl¨ ache mit der des Schallfeldes u ¨bereinstimmen. Nach Gl.(2.44) ist also 2jp0 v0 = v(−l) = sin kl , (2.47) 0 c und demnach gilt
−j0 cv0 (2.48) 2 sin kl f¨ ur den Zusammenhang zwischen Feldkonstante p0 und quellbeschreibender Gr¨ oße v0 . Unter den Resonanzfrequenzen eines Schwingers versteht man allgemein diejenigen Frequenzen, bei denen sich im verlustfreien Fall ein Schall- oder Schwingungsfeld auch noch bei beliebig schwacher Quelle einstellt. Kurz sagt man deshalb auch, dass es sich bei den Resonanzerscheinungen um “Schwingungen ohne Anregung“ handelt. F¨ ur das hier behandelte, beidseitig reflektierend verschlossene luftgef¨ ullte Rohrst¨ uck treten Resonanzen offensichtlich f¨ ur sin(kl) = 0, also f¨ ur kl = nπ (n = 1, 2, 3, ...) auf. Wegen k = ω/c = 2πf /c = 2π/λ gilt demnach f¨ ur die Resonanzfrequenzen p0 =
f=
nc . 2l
(2.49)
F¨ ur die zu den Resonanzfrequenzen geh¨ orenden Wellenl¨angen λ gilt l=n
λ . 2
(2.50)
Die Resonatorl¨ ange teilt sich also im Resonanzfall in ganzzahlige Vielfache der halben Wellenl¨ ange auf. Dieses Ergebnis besitzt eine anschauliche Begr¨ undung. Eine von der Quelle abgestrahlte Welle legt auf ihrem Weg u uck zur ¨ber den Reflektor und zur¨ Quelle, an der sie ein zweites Mal reflektiert wird, die Laufstrecke 2l zur¨ uck. Schließt sie dabei gleichphasig an die soeben neu emittierte Welle an, dann betr¨ agt die Wellensumme das Doppelte der Teile. Im eingeschwungenen, station¨ aren Zustand hat sich dieser gleichphasige Anschluss schon beliebig oft vollzogen, das Feld hat sich also bereits zur Resonanz aufgeschaukelt. Beim gleichphasigen Anschluss werden also (unendlich viele) vollst¨andig gleiche Ortsverl¨ aufe addiert, deren Summe dann eben auch u ¨ber alle Grenzen w¨achst. Der gleichphasige Anschluss findet genau dann statt, wenn die Laufstrecke 2l ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenl¨ ange betr¨agt; daraus folgt ebenfalls 2l = nλ. In den Resonanzfrequenzen wird das oben durchgerechnete Schallfeld unendlich groß. Der Grund daf¨ ur besteht einfach in der hier getroffenen Annahme, dass die Schallwellen weder bei ihrer Ausbreitung entlang des Mediums
42
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
noch bei den Reflexionen an den R¨ andern geschw¨acht werden. Diese Voraussetzung erm¨ oglicht zwar eine besonders einfache Betrachtung des Schallfeldes, sie ist dabei allerdings nicht realistisch. In Wirklichkeit wird dem Schallfeld in einem mit Gas gef¨ ullten Rohrst¨ uck stets Energie entzogen, sei es durch die hier vernachl¨ assigte viskose Reibung an den Rohrw¨anden, sei es durch die endliche Schalld¨ ammung von Wandung und Abschluss. Im praktischen Versuch wird man z.B. immer das innere Schallfeld mehr oder weniger gut auch außen h¨ oren k¨ onnen. Bei den meisten R¨ aumen, die wir allt¨ aglich benutzen, wie Wohnungen, H¨ ors¨ ale (und viele mehr) verhalten sich die Begrenzungsfl¨achen (zumindest bei den entsprechenden Frequenzen) weder vollst¨andig reflektierend noch vollst¨ andig absorbierend, sie besitzen also Reflexionsfaktoren, die dem Betrage nach zwischen 0 und 1 liegen. In diesem Fall setzt sich das Schallfeld stets aus fortschreitenden und aus stehenden Wellen zusammen, wie eine ein¨ fache Uberlegung wieder anhand des eindimensionalen Kontinuums zeigt. Die in Gl.(2.39) aufgef¨ uhrte hinlaufende Welle p0 e−jkx kann gedanklich aufgespalten werden in den vollst¨ andig reflektierten Anteil rp0 e−jkx und in den nicht reflektierten Anteil (1 − r)p0 e−jkx : p0 e−jkx = rp0 e−jkx + (1 − r)p0 e−jkx .
(2.51)
Damit besteht das in Gl.(2.39) genannte Gesamtfeld aus p(x) = rp0 (e−jkx + ejkx ) + (1 − r)p0 e−jkx .
(2.52)
Der erste Term mit dem Faktor r beschreibt wie gezeigt eine stehende, der zweite Term mit dem Faktor 1 − r eine fortschreitende Welle. Von den Extremf¨ allen r = 0 und r = 1 abgesehen bestehen Schallfelder also immer aus beiden Wellentypen. Sind die Begrenzungsfl¨achen von R¨aumen weder vollst¨ andig absorbierend noch vollst¨ andig reflektierend, dann tritt immer eine Mischung aus stehenden und fortschreitenden Wellen auf. Man bezeichnet fortschreitende Wellen auch als ’aktives Feld’ und stehende Wellen als ’reaktives Feld’. Allgemein setzen sich so gesehen Schallfelder aus aktiven und reaktiven Anteilen zusammen.
2.3 Dreidimensionale Schallfelder ¨ Die Ubertragung der im vorigen Abschnitt erl¨ auterten eindimensionalen Schallausbreitung auf den allgemeineren dreidimensionalen Fall gestaltet sich nicht schwierig. Die dreidimensionale Erweiterung des Massenerhaltungsprinzips (2.20) muss nur ber¨ ucksichtigen, dass das die konstante Masse aufnehmende Volumenelement nun Dehnungen in allen drei Raumrichtungen erfahren kann. An Stelle von (2.20) tritt also einfach ∂ξy ∂ξz ∂ξx − − . =− 0 ∂x ∂y ∂z
(2.53)
2.3 Dreidimensionale Schallfelder
43
Weil das Schallfeld in Zukunft – wie erw¨ ahnt – durch Druck und Schnelle beschrieben werden soll, wird (2.53) nach der Zeit abgeleitet und = p/c2 eingesetzt: 1 ∂p ∂vx ∂vy ∂vz =− − − . (2.54) 0 c2 ∂t ∂x ∂y ∂z Noch einfacher gestaltet sich die dreidimensionale Erweiterung des akusti¨ schen Tr¨ agheitsgesetzes. Kr¨ afte betreffende Uberlegungen lassen sich auf die Richtungskomponenten getrennt anwenden. In (2.27) muss also nur noch der Vollst¨ andigkeit halber angemerkt werden, dass hier die x-Komponente der Schnelle gemeint ist, und hinzu kommen die gleichlautenden Kr¨aftebilanzen in den beiden anderen Raumrichtungen: ∂vx ∂p =− ∂t ∂x ∂vy ∂p =− 0 ∂t ∂y ∂vz ∂p 0 =− . ∂t ∂z
0
(2.55a) (2.55b) (2.55c)
Zur Herleitung der dreidimensionalen Wellengleichung wird die Schnelle aus (2.54) und (2.55a), (2.55b), (2.55c) eliminiert. Wenn man (2.55a) nach x, (2.55b) nach y und (2.55c) nach z ableitet und danach in die nach t differenzierte Gleichung (2.54) einsetzt, so erh¨ alt man die Wellengleichung ∂2p ∂2p ∂2p 1 ∂2p + + = . ∂x2 ∂y 2 ∂z 2 c2 ∂t2
(2.56)
Die Gleichungen (2.54) bis (2.56) werden oft auch in der Schreibweise vektorieller Differentialoperatoren genannt. Gleichbedeutend mit (2.54) ist die Fassung (div = Divergenz von) div v = −
1 ∂p . 0 c2 ∂t
(2.57)
Gleichung (2.55a) bis (2.55c) entsprechen (grad = Gradient von) grad p = −0
∂v , ∂t
(2.58)
und die Wellengleichung lautet (Δ = Delta-Operator) Δp =
1 ∂2p . c2 ∂t2
(2.59)
Die Formulierungen (2.57) bis (2.59) lassen sich als unabh¨angig von einem speziellen, benutzten Koordinatensystem ansehen, sie k¨onnen also z.B. durch Verwendung eines mathematischen Nachschlagewerkes direkt in ein bestimmtes, erw¨ unschtes Koordinatensystem (etwa Zylinder- oder Kugel-Koordinaten)
44
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
u ¨bersetzt“ werden. So gesehen erscheinen die Gleichungen (2.54), (2.55), ” (2.55), (2.55) und (2.56) nur als kartesische Ausgabe“ der allgemeineren Be” ziehungen (2.57) bis (2.59). Die Wellengleichung in Zylinderkoordinaten wird in Kapitel 10 dieses Buches ben¨ otigt und kann dort nachgeschlagen werden. In diesem Buch findet man die Beschreibungen durch vektorielle Differentialoperatoren sonst an keiner Stelle, sie sind hier mehr der Vollst¨andigkeit halber genannt. In der Sprache der mathematischen Feldtheorie ausgedr¨ uckt bedeuten (2.57) bis (2.59), dass das Schallfeld vollst¨ andig durch Angabe einer skalaren Ortsfunktion p beschrieben werden kann, deren Gradient das vektorielle Schnellefeld v angibt. Die akustische Feldtheorie, bei der die Wellengleichung unter Annahme gewisser Randbedingungen gel¨ost wird, ist nur teilweise (in Kapitel 10 und in Kapitel 13) Gegenstand dieses Buches; der interessierte Leser sei hier vor allem auf das Werk von P.M. Morse und U. Ingard: Theoretical Acoustics (McGraw Hill, New York 1968) verwiesen. Erw¨ ahnenswert ist jedoch gewiss noch, dass man aus den Grundgleichungen (2.57) bis (2.59) noch direkt (und etwas formal) zeigen kann, dass es sich bei allen Schallfeldern um wirbelfreie, auch als konservativ“ bezeichnete ” Felder handelt. Weil stets rot grad = 0 (rot = Rotation von) gilt, ist insbesondere rot v = 0 .
(2.60)
Die Eigenschaft der Wirbelfreiheit ist eine Besonderheit der Ausbreitung in Gasen, die zum Beispiel f¨ ur die Schwingungsausbreitung in festen K¨orpern nicht zutrifft.
2.4 Energie- und Leistungstransport Wie die Betrachtungen in den Abschnitten 2.1 und 2.2 gezeigt haben, besteht das Wesen der Schallwellenausbreitung in lokalen Verdichtungen des Mediums (die durch den Druck beschrieben werden), die mit gleichfalls lokalen Schwingungen der Gaselemente einhergehen; das ganze St¨orungsmuster“ (bezogen ” auf den Ruhezustand) wandert dann - bei fortschreitenden Wellen - entlang einer ¨ ortlichen Achse. Das bedeutet nat¨ urlich auch, dass das Medium lokal und momentan Energie speichert: Die Kompression von Gasen erfordert ebenso Energieaufwand wie die beschleunigte Bewegung von Gasmassen. Man kann das auch am oben schon einmal benutzten Ersatzmodell Kettenleiter“ ablesen, dessen Federn ” die Speicher potentieller Energie und dessen Massen die Speicher kinetischer Energie bilden. F¨ ur die kinetische Energie einer Masse m, die mit der Geschwindigkeit v bewegt wird, gilt bekanntlich
2.4 Energie- und Leistungstransport
Ekin =
1 mv 2 . 2
45
(2.61)
F¨ ur eine Feder mit der Federsteife s, die mit einer Kraft F zusammengedr¨ uckt wird, ist 1 F2 . (2.62) Epot = 2 s Aus diesen beiden Gleichungen kann die in einem Gas-Volumenelement ΔV momentan gespeicherte Energie EV bestimmt werden. Das Volumenelement soll wieder klein“ sein, es besitze die Dicke Δx und die Querschnitts” fl¨ ache S. F¨ ur die kinetische Energie gilt nach Gl.(2.61) Ekin =
1 0 v 2 ΔV . 2
F¨ ur die potentielle (Feder-)Energie gilt mit F = pS und mit s = ES/Δx = 0 c2 S/Δx (siehe (2.21) und (2.22)) Epot =
1 p2 ΔV 1 p2 S 2 Δx = . 2 0 c2 S 2 0 c2
Demnach ist f¨ ur die insgesamt im Volumenelement gespeicherte Energie 2 p 1 2 (2.63) + 0 v ΔV . EΔV = 2 0 c2 Weil jeder Gaspunkt einen Energiespeicher darstellt, bezeichnet man 2 p 1 2 E= + 0 v (2.64) 2 0 c2 als Energiedichte des Schallfeldes. Bei kleinen Volumina V ist die in ihnen gespeicherte Energie dann einfach EV = EV .
(2.65)
Der Energiezustand in einem Gas hat nat¨ urlich ebenso Wellencharakter wie die Feldgr¨ oßen Druck und Schnelle. Wenn insbesondere eine fortschreitende ebene Welle vorhanden ist: p = f (t − x/c)
und v = p/0 c
(siehe (2.28) und (2.29)), dann ist E(x, t) =
x 1 2 p2 t − = f 0 c2 0 c2 c
(2.66)
zwar in der Signalgestalt dem Druckquadrat gleich, aber auch damit ist ein Transportvorgang l¨ angs der x-Achse beschrieben. Nat¨ urlich l¨auft die gespeicherte Energie mit dem Schallfeld mit“ und ist wie dieses eine Welle. Die zu ”
46
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
einem festen Zeitpunkt vorhandene Energieverteilung ist etwas sp¨ater“ eben ” auch wo anders hin“ verlagert worden. Zusammenfassend kann man sich also ” bei ebenen fortschreitenden Wellen vorstellen, dass die Quelle Energie abgibt, und diese wandert mit Schallgeschwindigkeit durch das Gas. Die Energie ist dem Sender dabei unwiederbringlich verloren gegangen. Vor allem f¨ ur station¨ ar (also dauernd“) betriebene Quellen beschreibt ” man den offensichtlich vorhandenen Energietransport leichter durch eine Leistungsgr¨ oße. (Zur Erinnerung an den Unterschied zwischen den Begriffen Energie und Leistung darf vielleicht die heimische Gl¨ uhbirne erw¨ahnt werden. Die Leistung gibt an, wie viel MOMENTANE Wirkung an Licht und W¨arme vorhanden ist. Was man an das Elektrizit¨ atswerk bezahlen muss, ist jedoch die Energie, die sich aus dem Produkt von Brenndauer und Leistung ergibt. Der Energieverbrauch w¨ achst linear mit der Zeit, die Leistung ist deren zeitliche ¨ Anderung, also die Zeitableitung des Energie-Zeitverlaufs.) Weil es sich bei der Schallausbreitung um ¨ ortlich verteilte Vorg¨ange handelt, muss notwendigerweise bei der Betrachtung des akustischen Leistungsflusses die Fl¨ache mitbetrachtet werden, durch welche diese Leistung hindurchtritt. Zum Beispiel w¨ achst bei einer ebenen Welle die durch eine Fl¨ache S hindurchfließende Leistung mit S an. Es ist deswegen sinnvoll, diese Leistung durch das Produkt P = IS
(2.67)
zu beschreiben. Die damit definierte Gr¨ oße I heißt Intensit¨at, wie diese akustische Schallleistungs-Fl¨ achendichte genannt wird. Allgemein bildet die Intensit¨ at einen Vektor, der in Richtung der Wellenausbreitung zeigt. F¨ ur (2.67) ist zun¨ achst wieder von eindimensionalen Schallvorg¨angen ausgegangen worden, I z¨ ahlt also (in der in diesem Kapitel stets verwendeten Notation) in x-Richtung. Auch wurde angenommen, dass sich die Intensit¨at entlang der Fl¨ ache S nicht ¨ andert. Nat¨ urlich sind Energiedichte und Leistungsdichte zusammenh¨angende Gr¨oßen. Ihre Beziehung untereinander ergibt sich aus dem Prinzip der Energieerhaltung, das hier wieder auf ein (kleines) Element der Gass¨aule wie in Bild 2.4 angewendet wird. Die an der Stelle x + Δx aus ihm w¨ahrend der Zeit Δt herausfließende Energie betr¨ agt I(x + Δx)SΔt, die in diesem Zeitintervall zufließende Energie ist I(x)SΔt. Die Differenz aus Energie-Zufluss und Energie-Abfluss muss sich auswirken im Unterschied V E(t + Δt) − V E(t) der zu den Zeiten t + Δt und t gespeicherten Energien: SΔx (E(t + Δt) − E(t)) = S (I(x) − I(x + Δx)) Δt . Nachdem beide Seiten durch SΔxΔt geteilt worden sind und die Grenz¨ uberg¨ange Δx → 0 und Δt → 0 vollzogen worden sind, erh¨alt man ∂I ∂E =− . ∂x ∂t
(2.68)
Insbesondere f¨ ur Leistungs- und Intensit¨ atsmessungen stellt sich nat¨ urlich die Frage, wie sich die Intensit¨ at aus den Feldgr¨oßen Druck und Schnelle
2.4 Energie- und Leistungstransport
47
bestimmen l¨ asst. Zusammen mit der Energiedichte nach (2.64) enth¨alt (2.68) bereits die Antwort: 1 ∂p2 p ∂p ∂I ∂v 2 1 ∂v =− + 0 =− + 0 v ∂x 2 0 c2 ∂t ∂t 0 c2 ∂t ∂t (wobei von der Kettenregel ∂p2 /∂x = 2p ∂p/∂x Gebrauch gemacht worden ist). Hierin dr¨ uckt man noch nach (2.26) ∂p/∂t durch ∂v/∂x und nach (2.27) ∂v/∂t durch ∂p/∂x aus: ∂I ∂v ∂p ∂(pv) =p +v = . ∂x ∂x ∂x ∂x Durch Integration erh¨ alt man daraus das Resultat I(t) = p(t)v(t) .
(2.69)
Die Intensit¨ at ist also einfach gleich dem Produkt aus Schalldruck und Schallschnelle. Das gilt auch im allgemeinen, dreidimensionalen Fall, f¨ ur den (2.69) durch I = pv (2.70) ersetzt wird. Die durch eine Fl¨ ache S hindurchtretende Leistung errechnet sich allgemein zu P =
I dS ,
(2.71)
worin dS das vektorielle Fl¨ achenelement bedeutet (es steht u ¨berall senkrecht auf der Fl¨ ache S). Zur Charakterisierung station¨ arer Quellen wird der zeitliche Mittelwert von Intensit¨ at oder Leistung angegeben, also 1 I¯ = T
T I(t)dt
(2.72)
P (t)dt .
(2.73)
0
und 1 P¯ = T
T 0
Eine einfache Vorstellung der zeitlichen Struktur von Intensit¨at und Leistung erh¨ alt man, wenn Signale in Form von reinen T¨onen, also p = Re{pejωt } und v = Re{vejωt }, vorausgesetzt werden. Die Intensit¨at ergibt sich in diesem Fall aus I = pv = Re{pejωt }Re{vejωt } , oder, mit Re{z} = (z + z ∗ )/2 (wie immer bedeutet auch hier komplexe Gr¨ oße), aus
∗
die konjugiert
48
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
I = pv =
1 jωt (pe + p∗ e−jωt )(vejωt + v ∗ e−jωt ) 4
1 (pv ∗ + p∗ v + pvej2ωt + p∗ v ∗ e−j2ωt ) 4 1 (2.74) = Re{pv ∗ + pvej2ωt } . 2 Wie man sieht, enth¨ alt die Intensit¨ at (und damit auch die Leistung) einen zeitunabh¨ angigen Gleichanteil, den man als Wirkintensit¨at =
1 I¯ = Re{pv ∗ } 2
(2.75)
(und entsprechend als Wirkleistung) bezeichnet. Die Wirkintensit¨at (und die Wirkleistung) ist mit dem zeitlichen Mittelwert identisch. Dazu kommt ein sogenannter ’Blindanteil’ IB =
1 Re{pvej2ωt } , 2
(2.76)
der mit der doppelten Frequenz schwingt. Im zeitlichen Mittel liefert der Blindanteil keinen Beitrag. Anders als in der Elektrotechnik (bei welcher der Blindleistungsfluss f¨ ur die Dimensionierung von Leiterquerschnitten eine Rolle spielt) interessiert die Blindleistung in der Akustik nicht (denn hier findet man die von der Natur bescherten ’Leitungen’ vor, ohne etwas an ihnen ¨andern zu k¨ onnen). F¨ ur die Gr¨ oße der Wirkleistung ist die Phasenbeziehung zwischen Druck und Schnelle ausschlaggebend. Sind diese beiden Feldgr¨oßen wie bei ebenen ur fortschreitenden Wellen mit p = 0 cv gleichphasig, dann gilt allgemein f¨ beliebige Zeitverl¨aufe p2 (t) . (2.77) I(t) = 0 c Bei reinen T¨ onen p = p0 cos(ωt − kx) geht die Intensit¨at also zweimal pro Periode T = 1/f durch Null; das ist eine bloße Konsequenz aus dem zeitlichen Verlauf des Feldes und der Tatsache, dass Intensit¨at und Leistung quadratische Gr¨ oßen sind. Der zeitliche Mittelwert ergibt sich einfach mit v = p/0 c aus Gl.(2.75)zu peff 2 1 Re{pp∗ } = (2.78) I¯ = 20 c 0 c √ (peff = Effektivwert, bekanntlich gilt peff = |p|/ 2). Wie man den Gleichungen (2.45) und (2.46) entnehmen kann, sind Druck und Schnelle andererseits bei stehenden Wellen um ±90◦ phasenverschoben; in diesem Fall findet also wegen p = jßv (ß bedeutet eine reellwertige Gr¨oße) Gl.(2.75) zufolge im zeitlichen Mittel kein Leistungstransport statt. Im n¨achsten Abschnitt zur Intensit¨ atsmesstechnik wird darauf nochmals ausf¨ uhrlicher an geeigneter Stelle eingegangen.
2.4 Energie- und Leistungstransport
49
Zur Intensit¨ atsmessung bei ebenen fortschreitenden Wellen gen¨ ugt offensichtlich die Messung des Schalldrucks alleine. Aus diesem Grunde werden Schallleistungsmessungen h¨ aufig im Freifeld (z.B. im reflexionsarmen Raum) in großen Abst¨ anden zur Quelle durchgef¨ uhrt. Unter diesen Messvoraussetzungen kann man davon ausgehen, dass lokal tats¨achlich p = 0 cv gilt. Zur Schallleistungsmessung zerlegt man sich eine um die Quelle herumgelegte (gedachte) H¨ ullfl¨ ache in N kleine“ Teilfl¨ achen Si ; auf jeder Teilfl¨ache wird der ” Schalldruck-Effektivwert bestimmt. Die abgestrahlte Schallleistung ergibt sich dann aus N peff,i 2 Si . (2.79) P¯ = 0 c i=1 Schließlich sei noch erw¨ ahnt, dass man auch Leistung und Intensit¨at durch Pegel beschreibt. Dabei definiert man die erforderlichen Bezugsgr¨oßen P0 und I0 in I¯ LI = 10 lg (2.80) I0 und in P¯ Lw = 10 lg (2.81) P0 so, dass sich gleiche Zahlenwerte f¨ ur Druckpegel L, f¨ ur Intensit¨atspegel LI und ur den speziellen Fall einer ebenen fortschreitenden f¨ ur Leistungspegel Lw f¨ Welle ergeben und diese in Luft eine Fl¨ ache von S = 1 m2 durchsetzt. Mit 2 peff mit p0 = 2 10−5 N/m2 L = 10 log p0 ergibt sich also I0 = und
p0 2 = 10−12 W/m2 0 c
P0 = I0 × 1 m2 = 10−12 W
(2.82) (2.83)
2
(mit 0 c = 400kg/m s). F¨ ur die Leistungsmessung nach dem H¨ ullfl¨achenverfahren sollten folgende Normen ber¨ ucksichtigt werden: • EN ISO 3740: Bestimmung des Schallleistungspegels von Ger¨auschquellen - Leitlinien zur Anwendung der Grundnormen (von 2000) • EN ISO 3744: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Schalldruckmessungen - H¨ ullfl¨ achenverfahren der Genauigkeitsklasse 2 f¨ ur ein im wesentlichen freies Schallfeld u ¨ber einer reflektierenden Ebene (von 1995) • EN ISO 3745: Bestimmung der Schallleistungs- und Schallenergiepegel von Ger¨ auschquellen aus Schalldruckmessungen - Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 f¨ ur reflexionsarme R¨ aume und Halbr¨aume (von 2003)
50
•
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
EN ISO 3746: Ermittlung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Schalldruckmessungen - H¨ ullfl¨ achenverfahren der Genauigkeitsklasse 3u ¨ber einer reflektierenden Ebene (von 2000)
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren Wie soeben ausgef¨ uhrt l¨ asst sich die Messung der Schallleistung im Freifeld und bei ausreichend großen Abst¨ anden zur Quelle auf die Ermittlung des Schalldrucks auf einer Messfl¨ ache zur¨ uckf¨ uhren. Das setzt die nicht immer tats¨ achlich auch gegebene Verf¨ ugbarkeit eines besonderen, reflexionsarmen Messraumes voraus. Auch lassen sich manche technischen Schallquellen gar nicht in eine reflexionsarme Umgebung schaffen, das ist oft entweder unm¨ oglich oder w¨ are viel zu aufwendig. Es gibt also Grund genug f¨ ur ein Leistungs-Messverfahren, das auf spezielle Umgebungsbedingungen m¨oglichst nicht angewiesen sein soll. Notwendigerweise muss ein solches Verfahren die Bestimmung der Schallschnelle beinhalten. Der Grundgedanke beim Intensit¨ats-Messverfahren besteht deshalb darin, den zur Schnelle-Messung erforderlichen Druckgradienten durch die Druckdifferenz zwischen zwei Mikrophonorten abzusch¨atzen. Statt der wahren Schnelle mit ∂v ∂p 0 =− ∂t ∂x wird also die gemessene Schnelle 0
∂vM p(x) − p(x + Δx) = ∂t Δx
(2.84)
zur Bestimmung der Intensit¨ at benutzt. Dabei bezeichnen x und x + Δx die Orte, in denen die beiden bei der Intensit¨ ats-Messtechnik verwendeten Druckempf¨ anger angebracht sind. Die Richtung des Abstandes Δx zwischen den beiden Messpositionen muss dabei keineswegs mit der tats¨ achlichen (oder vermeintlichen) Richtung der Schallausbreitung u bereinstimmen; mit den nachfolgend n¨aher beschriebenen ¨ Verfahren wird stets diejenige vektorielle Intensit¨ats-Komponente bestimmt, deren Richtung in die durch die beiden Messorte hindurchlaufende Achse z¨ ahlt. Nat¨ urlich bildet (2.84) eine Approximation f¨ ur die wahre“ Schallschnelle, ” die mit Hilfe von (2.84) hergestellte Sch¨ atzung f¨ ur die Intensit¨at wird systematische Fehler enthalten, die hier genauer zu untersuchen sind. Vorab m¨ ussen jedoch die Messverfahren in den Details geschildert werden, die Fehlerbetrachtung – die dann auch die Grenzen des Verfahrens angibt – folgt anschließend. Wie schon erw¨ ahnt sind Leistungsmessungen vor allem f¨ ur station¨ar betriebene ( dauernd laufende“) Quellen sinnvoll, davon wird im Folgenden aus” gegangen. F¨ ur solche Schalle kann das sich auf (2.84) st¨ utzende Intensit¨atsMessverfahren entweder direkt auf den zeitlichen Mittelwert der lokalen In-
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
51
tensit¨ at abzielen (die dazu erforderlichen Signale k¨onnen dabei auch z.B. Agefiltert sein), oder es kann die spektrale Zusammensetzung aus Frequenzbestandteilen im Vordergrund des Interesses stehen. Im Folgenden wird sowohl auf die Ermittlung der Intensit¨ at im Zeitbereich als auch im Frequenzbereich eingegangen. 2.5.1 Zeitbereichsverfahren Zur Bestimmung der Intensit¨ at muss die Druckdifferenz in (2.84) noch mit Hilfe eines analogen elektrischen Netzwerkes oder mit einem digitalen Prozessor zeitlich integriert werden: 1 [p(x) − p(x + Δx)] dt . (2.85) vM (t) = Δx0 Der Zeitverlauf der Intensit¨ at ergibt sich als das Produkt von Druck und Schnelle. Da man nun u ur den Druck verf¨ ugt, die an ¨ber zwei Messsignale f¨ zwei nah benachbarten Orten gewonnen worden sind, verwendet man f¨ ur den Druck den Mittelwert der beiden Signale pM (t) =
1 [p(x) + p(x + Δx)] , 2
damit ist I(t) = pM (t)vM (t) =
1 [p(x) + p(x + Δx)] 20 Δx
(2.86)
[p(x) − p(x + Δx)] dt . (2.87)
Der zeitliche Mittelwert ergibt sich wieder mit Hilfe eines analogen oder digitalen Integrators zu I¯ =
1 20 ΔxT
T
[p(x) + p(x + Δx)]
[p(x) − p(x + Δx)] dtdt ,
(2.88)
0
worin T die Mittelungszeit bedeutet. 2.5.2 Frequenzbereichsverfahren Harmonische Zeitverl¨ aufe Es sei hier zun¨ achst angenommen, dass die anregende Schallquelle einen einzelnen Ton einer gewissen, bekannten (oder leicht messbaren) Frequenz abgebe. Diese Annahme er¨ offnet eine besonders einfache Behandlung des Verfahrens zur Bestimmung der Intensit¨ at. Dar¨ uber hinaus erlaubt diese Vorbetrachtung
52
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
eine Kontrolle der im folgenden Abschnitt vorgenommenen Betrachtung f¨ ur den allgemeineren Fall mit beliebigen Zeitverl¨ aufen. Hier werden die komplexen Amplituden der Schalldrucksignale in den Orten x und x + Δx mit p(x) und p(x + Δx) bezeichnet. Es gilt also gem¨aß der geschilderten Zeitkonvention p(x, t) = Re{p(x)ejωt } und p(x + Δx, t) = ur die komplexe Re{p(x+Δx)ejωt }. Mit diesen Bezeichnungen wird aus (2.84) f¨ Amplitude der Schallschnelle vM =
−j [p(x) − p(x + Δx)] . ω0 Δx
(2.89)
Auch diesmal wird der Druck pM aus dem Mittelwert der Messgr¨oßen bestimmt: 1 (2.90) pM = [p(x) + p(x + Δx)] . 2 Der zeitliche Mittelwert der Intensit¨ at (die Wirkintensit¨at) wird demnach und wegen Gl.(2.75) aus 1 IM = Re {pM vM ∗ } 2 1 Re {j [p(x) + p(x + Δx)] [p∗ (x) − p∗ (x + Δx)]} (2.91) = 4ω0 Δx gebildet (∗ = konjugiert komplex). Weil pp∗ eine reellwertige Gr¨oße darstellt, bleibt nach dem Ausmultiplizieren der Klammern nur IM =
1 Re {−j [p(x)p∗ (x + Δx) − p∗ (x)p(x + Δx)]} 4ω0 Δx
u ¨brig. Mit Re{−jz} = Re{−j(x + jy)} = y = Im{z} gilt auch IM =
1 Im {p(x)p∗ (x + Δx) − p∗ (x)p(x + Δx)} , 4ω0 Δx
oder, wegen Im{z − z∗} = 2Im{z}, folgt schließlich IM =
1 Im {p(x)p∗ (x + Δx)} . 2ω0 Δx
(2.92)
Wie man sieht, ben¨ otigt man zur Berechnung von IM nur die beiden Amplituden p(x) und p(x + Δx) und die Phasendifferenz zwischen ihnen. Beliebige Zeitverl¨ aufe Bei beliebigen Zeitsignalen der Schallquelle ist f¨ ur die Durchf¨ uhrung des Verfahrens ’im Frequenzbereich’ naturgem¨ aß eine Zerlegung der an den Orten x und x + Δx vorgefundenen Zeitverl¨ aufe p(x, t) und p(x + Δx, t) in Frequenzbestandteile erforderlich. Eine ausf¨ uhrlichere Beschreibung, wie solche
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
53
hier offensichtlich erforderlichen spektralen Zerlegungen vorgenommen werden, gibt Kapitel 13, dessen genaue Kenntnis hier jedoch noch nicht vorausgesetzt werden soll. Deshalb versuchen die folgenden Betrachtungen eher, einem plausiblen, anschaulichen Konzept zu folgen. Zun¨ achst kann festgestellt werden, dass die Beobachtung der erforderlichen Zeitsignale nur w¨ ahrend einer gewissen, endlichen Zeitdauer T u ¨berhaupt erfolgen kann, eine wirklich ’unendlich lange’ Beobachtung ist unm¨oglich. Grunds¨ atzlich sind also die Signale nur in einem gewissen Intervall 0 < t < T bekannt. Andererseits sind Intensit¨ atsmessungen fast ausschließlich f¨ ur station¨ar betriebene Quellen sinnvoll. Es ist deshalb vern¨ unftig anzunehmen, dass sich die Signale auch außerhalb des Intervalles 0 < t < T ’¨ahnlich’ verhalten wie innerhalb dieses Intervalles. Am einfachsten dr¨ uckt man diese Erwartung aus, indem man annimmt, dass sich die Signale mit der Beobachtungszeit T periodisch wiederholen, dass also p(x, t + T ) = p(x, t) (und nat¨ urlich auch p(x + Δx, t + T ) = p(x + Δx, t) gilt. Dabei muss die Dauer T nicht etwa mit einer wahren physikalischen Periode (z.B. der Umdrehung eines laufenden Motors) u ¨bereinstimmen, im Gegenteil bedeutet T eine vom Anwender (mehr oder weniger) willk¨ urlich gew¨ ahlte Messzeit. Dass mit dieser mathematisch ’strengen’ Periodisierung dennoch kein nennenswerter Fehler einhergehen kann, das leuchtet f¨ ur station¨ are Signale unmittelbar ein: lokale Intensit¨at und global abgegebene Leistung k¨ onnen kaum davon abh¨angen, welches Zeitst¨ uck der Dauer T aus dem langdauernden station¨ aren Signal herausgegriffen wird. Außerdem kann man nat¨ urlich noch u ¨ber mehrere Stichproben der L¨ange T mitteln. unstlich) periodisierDer Vorteil, der mit der genannten Voraussetzung (k¨ ter Signale gewonnen wird, besteht einfach darin, dass nur ganz bestimmte, diskrete Frequenzen nω0 (mit ω0 = 2π/T ) im Signal vorkommen k¨onnen; das macht die Betrachtungen zun¨ achst etwas einfacher. Wie z.B. auch Gl.(13.38) zeigt, k¨ onnen n¨ amlich die Zeitverl¨ aufe p(x, t) und p(x + Δx, t) durch die Fourier-Reihen ∞ p(x, t) = pn (x)ejnω0 t (2.93) n=−∞
und p(x + Δx, t) =
∞
pn (x + Δx)ejnω0 t
(2.94)
n=−∞
dargestellt werden. Die Gr¨ oßen pn (x) und pn (x + Δx) bilden die komplexwertigen spektralen Amplituden des jeweiligen Zeitverlaufes. Wie die komplexen Amplitudenfolgen pn (x) und pn (x + Δx) aus den (periodischen) Zeitverl¨aufen p(x, t) und p(x+Δx, t) berechnet werden k¨ onnen, das ist in Gl.(13.37) geschildert. Weil in der Akustik zeitliche Gleichanteile im Schalldruck nicht vorkommen (Gleichdr¨ ucke bilden keine Wellen und sind auch nicht h¨orbar), wird im Folgenden p0 (x) = p0 (x + Δx) = 0 vorausgesetzt. Es sei daran erinnert, dass f¨ ur beide spektrale Folgen die ’konjugierte Symmetrie’ p−n = p∗n (∗ = kon-
54
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
jugiert komplex) gelten muss, weil die durch Summation entstehenden Zeitverl¨ aufe p(x, t) und p(x + Δx, t) selbst naturgem¨aß reellwertig sein m¨ ussen. Die Summation muss nicht wirklich u uhrt werden; wel¨ber alle Grenzen ausgef¨ che Frequenzen noch enthalten sind, das h¨ angt vom vorgeschalteten Filter ab (oder von der Messeinrichtung selbst, die nat¨ urlich selbst stets Tiefpasscharakter oder Bandpasscharakter besitzt). Mit Hilfe der beiden soeben aufgef¨ uhrten Reihenzerlegungen geht Gl.(2.88) u ¨ber in T ∞ 1 ¯ I= [pn (x) + pn (x + Δx)]ejnω0 t 20 ΔxT n=−∞ 0
∞
1 [pm (x) − pm (x + Δx)]ejmω0 t dt . jmω 0 m=−∞
(2.95)
In der zweiten Summe ist der Summationsindex der gr¨oßeren Klarheit halber mit m bezeichnet worden. Nach Ausmultiplizieren entsteht I¯ =
1 20 ΔxT
T ∞
∞
[pn (x) + pn (x + Δx)]
0 n=−∞ m=−∞
1 [pm (x) − pm (x + Δx)]ej(n+m)ω0 t dt . jmω0 Wegen
(2.96)
T ej(n+m)ω0 t dt = 0 . 0
f¨ ur n + m = 0 (f¨ ur n + m = 0 wird das Integral gleich T ) bleiben nur die Summanden mit m = −n u ¨brig, es gilt also I¯ =
∞ −1 [pn (x) + pn (x + Δx)] 20 Δx n=−∞
1 [p−n (x) − p−n (x + Δx)] . (2.97) jnω0 F¨ ur eine der Teilsummen, die man nach Ausmultiplizieren der Klammern erh¨ alt, gilt ∞ pn (x)p−n (x) =0, jnω0 n=−∞ weil sich je zwei Summanden mit n = N und n = −N zusammen zu Null erg¨ anzen und weil p0 (x) = 0 vorausgesetzt worden ist. Ebenso gilt nat¨ urlich ∞ pn (x + Δx)p−n (x + Δx) =0. jnω0 n=−∞
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
55
Damit bleibt f¨ ur die Wirkintensit¨ at nach Gl.(2.97) ∞ 1 1 [pn (x)p−n (x + Δx) − pn (x + Δx)p−n (x)] 20 Δx n=−∞ jnω0
I¯ =
u ¨brig, oder, wegen der genannten ’konjugierten Symmetrie’, I¯ =
∞ 1 1 [pn (x)p∗n (x + Δx) − pn (x + Δx)p∗n (x)] . 20 Δx n=−∞ jnω0
Die prinzipielle Form der Summanden besteht also in (z − z ∗ )/j, daf¨ ur gilt aber einfach (z − z ∗ )/j = 2 Im{z}. Daraus folgt schließlich I¯ =
∞ 1 1 Im{pn (x)p∗n (x + Δx)} . 0 Δx n=−∞ nω0
(2.98)
Der Ausdruck Im{pn (x)p∗n (x + Δx)}/nω0 0 Δx bildet den Frequenzgang der Wirkintensit¨ at. Offensichtlich kann man jeden Frequenzbestandteil als einen von allen anderen Frequenzen unabh¨ angigen Energiespeicher auffassen; die Gesamtintensit¨ at wird einfach aus der Summe der spektralen Intensit¨atsanteile gebildet. Der Term pn (x)p∗n (x + Δx) wird h¨ aufig auch als spektrale Kreuzleistung bezeichnet, die spektrale Intensit¨ at ergibt sich aus ihrem Imagin¨arteil. 2.5.3 Messfehler und Grenzen des Verfahrens Hochfrequenter Fehler Das augenf¨ alligste und sofort einleuchtende Problem bei der Intensit¨atsmessung besteht darin, dass die Differenzenbildung an Stelle der Differentiation nur bei großen Wellenl¨ angen und entsprechend tiefen Frequenzen eine richtige Sch¨ atzung abgeben kann. Eine einfachste Modellannahme zeigt die Gr¨oße des auftretenden Fehlers. Es sei dazu eine sich in x-Richtung ausbreitende fortschreitende Welle p(x) = p0 e−jkx als Schallfeld angenommen. Die zu diesem Feld geh¨orende wahre Intensit¨at I ist 1 p0 2 1 I = Re {pv ∗ } = 2 2 0 c wobei von v = p/0 c f¨ ur fortschreitende Wellen Gebrauch gemacht wurde. Die nach (2.92) gemessene Intensit¨ at dagegen ist IM =
p0 2 p0 2 Im e−jkx ejk(x+Δx) = sin kΔx . 2ω0 Δx 2ω0 Δx
56
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Demnach ist
IM 0 c sin kΔx = sin kΔx = . I ω0 Δx kΔx
(2.99)
Nur f¨ ur tiefe Frequenzen kΔx 1 sind wegen sin kΔx/kΔx ≈ 1 gemessene und wahre Intensit¨ at identisch. Bereits f¨ ur kΔx = 2πΔx/λ = 0, 18 · 2π wird sin kΔx/kΔx = 0, 8; in diesem Fall betr¨ agt mit 10 lg IM /I = −1 der Fehler gerade 1 dB. Der Messfehler ist demnach nur dann kleiner als 1 dB, wenn etwa Δx < λ/5 gilt. F¨ ur einen Abstand von nur x = 2, 5 cm ließe sich also bis λ = 12, 5 cm und damit bis zu f = c/λ = 2700 Hz messen, wenn der Fehler nicht gr¨ oßer als 1 dB werden darf. Tieffrequenter Fehler Ein zweiter, die untere Frequenzgrenze betreffender Fehler besteht kurz gesagt darin, dass die aus den zwei Mikrophonen bestehende Intensit¨ats-Messsonde auf Grund von kleinen Phasenfehlern eine Art von Phantom-Intensit¨at“ vor” spiegelt, die es gar nicht gibt. Zur Erl¨ auterung dieses Effektes muss klargestellt werden, dass sowohl Schallfelder existieren, die mit einem Leistungstransport im zeitlichen Mittel verkn¨ upft sind als auch solche, die gerade ohne mittlere Leistungszufuhr auskommen. Es handelt sich dabei im ersten Fall um fortschreitende, im zweiten Fall um stehende Wellen, die beide in einem vorangegangenen Kapitel schon behandelt worden sind. Im Folgenden m¨ ussen zun¨ achst noch die Leistungstransporte bei diesen beiden grunds¨atzlichen Wellentypen geschildert werden. Leistungstransport bei fortschreitenden Wellen Fortschreitende Wellen mit p(x) = p0 e−jkx und mit
p(x, t) = Re p(x)ejωt = p0 cos(ωt − kx)
bestehen ihrer Natur nach wie erl¨ autert in einem Ortsverlauf, der mit der Zeit wandert (siehe Bild 2.7). Zwischen den Schalldr¨ ucken an zwei sich um Δx unterscheidenden Mikrophonorten herrscht die Phasendifferenz Δϕ = kΔx = 2πΔx/λ. Die Wirkintensit¨ at betr¨ agt I = p0 2 /20 c. Leistungstransport bei stehenden Wellen Wie vorne schon erkl¨ art besitzen stehende Wellen den Schalldruck-Orts-ZeitVerlauf p(x, t) = Re p(x)ejωt = 2p0 cos kx cos ωt , (2.100) f¨ ur die Schallschnelle gilt
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
2p0 sin kx sin ωt . v(x, t) = Re v(x)ejωt = 0 c
57
(2.101)
Die beiden Orts-Verl¨ aufe sind f¨ ur viele feste Zeiten in Bild 2.8 zu sehen. Zwischen zwei Mikrophonorten herrscht immer entweder die Phasendifferenz Δϕ = 0◦ oder die von Δϕ = 180◦ . Wie schon ausgef¨ uhrt transportieren stehende Wellen im zeitlichen Mittel keine Intensit¨at und keine Leistung, f¨ ur diese Tatsache sprechen auch die Druckknoten in Bild 2.8. In den Knoten ist wegen p = 0 auch die Intensit¨ at I(t) = p(t)v(t) = 0 f¨ ur alle Zeiten gleich Null, durch Fl¨ achen mit p = 0 dringt also niemals Leistung. Das Gleiche gilt nat¨ urlich auch f¨ ur die Schnelle-Knoten. Wegen des Prinzips der Energieerhaltung kann dann aber durch jede dazu parallele Fl¨ache im zeitlichen Mittel ebenfalls keine Leistung fließen. Das zeigt nat¨ urlich auch die Rechnung. Aus Druck und Schnelle folgt die Intensit¨ at I(x, t) =
4p0 2 p0 2 sin kx cos kx sin ωt cos ωt = sin 2kx sin 2ωt . 0 c 0 c
(2.102)
Im zeitlichen Mittel ist also die Intensit¨ at an jedem Ort gleich Null. Die Tatsache, dass stehende Wellen ohne Energiezufuhr von außen auskommen, erkl¨ art sich aus den f¨ ur sie gemachten Annahmen. Zum Beispiel geht bei einer (angenommenen) Totalreflexion keine Energie verloren. Weil auch die Luft hier als verlustfrei aufgefasst worden ist, kann eine Schallwelle zwischen zwei Reflektoren beliebig oft hin- und herlaufen, ohne an Energie zu verlieren. In der Praxis ist die Annahme ganz fehlender Verluste nat¨ urlich immer mehr oder weniger stark verletzt, wie schon erw¨ ahnt. Man kann also zusammenfassend feststellen, dass Leistungstransport an Schallfelder gebunden ist, in denen an zwei Orten auch Dr¨ ucke unterschiedlicher Phase vorkommen. Sind dagegen die Signale an zwei (beliebig gew¨ahlten) Orten vollst¨ andig gleich- oder gegenphasig, dann liegt kein Leistungstransport im zeitlichen Mittel vor. Damit ist aber auch der zweite Problembereich der Intensit¨ atsmesstechnik beschrieben. In einer halligen Umgebung mit wenig Absorption an den W¨ anden bestehen die Schallfelder mehr oder weniger in stehenden Wellen. Wenn dann in der Messapparatur ein kleiner Phasenfehler zwischen den beiden Mikrophonsignalen entsteht, dann wird dadurch eine gar nicht vorhandene Wirkintensit¨ at vorgespiegelt. Auch die Intensit¨atsmesstechnik ist also nicht wirklich vollst¨ andig von der Wahl des Messraumes unabh¨ angig; R¨ aume mit langen Nachhallzeiten sind f¨ ur sie nicht gut geeignet. F¨ ur eine rechnerische Einsch¨ atzung des auf Grund von Phasenfehlern zustande kommenden Messfehlers muss zun¨ achst ein Schallfeld angenommen werden, das sowohl stehende als auch fortschreitende Wellen enth¨alt: p = pp e−jkx + ps cos kx ,
(2.103)
worin pp die Amplitude der fortschreitenden und ps die der stehenden Welle bezeichnet, beide Gr¨ oßen werden im Folgenden als reellwertig angesehen.
58
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Der Effekt der ’falsch’ vorgespiegelten Intensit¨at kommt haupts¨achlich durch die stehende Welle zustande: Durch den kleinen Phasenfehler werden vor allem f¨ ur sie gar nicht vorhandene Wirkintensit¨ats-Anteile bestimmt. Der Einfluss dieses Fehlers ist naturgem¨ aß am gr¨ oßten, wenn auch die stehende Welle die gr¨ oßten Werte besitzt. Das ist in den Druckb¨auchen, also z.B in der N¨ ahe des Punktes x = 0 der Fall. Man erh¨alt deshalb eine Fehlerabsch¨ atzung ’f¨ ur den schlimmsten Fall’, wenn x = 0 als eine Messposition gew¨ ahlt wird. Wenn man weiter hinreichend tiefe Frequenzen bzw. ausreichend große Abst¨ ande mit kΔx 1 voraussetzt, dann liefert zun¨achst die Messvorschrift (2.92) einen sehr genauen Sch¨ atzwert f¨ ur die wahre Intensit¨at, wenn kein Phasenfehler bei der Messung vorliegt. Der Ausdruck I = IM =
1 Im {p(0)p∗ (Δx)} 2ω0 Δx
beschreibt demnach die wahre Intensit¨ at ohne Messfehler. Die mit dem Phasenfehler gemessene Intensit¨ at ist IM =
1 Im p(0)p∗ (Δx)ejϕ . 2ω0 Δx
Weil nur die Phasendifferenz zwischen den Messsignalen z¨ahlt, kann p(0) als reellwertig angesehen werden, es ist also IM Im{p∗ (Δx)ejϕ } Im{p(Δx)e−jϕ } = = . I Im{p∗ (Δx)} Im{p(Δx)} Die Annahme, dass es sich bei dem Phasenfehler um eine kleine Gr¨oße handelt, ist berechtigt; Mikrophon-Hersteller geben z.B. ϕ = 0, 3◦ (!) als Phasentoleranz an. Mit e−jϕ = 1 − jϕ wird IM Im{(1 − jϕ)p(Δx)} Im{jϕp(Δx)} Re{p(Δx)} = = 1− = 1− ϕ , (2.104) I Im{p(Δx)} Im{p(Δx)} Im{p(Δx)} wobei noch Im{jz} = Re{z} benutzt wurde. Nach (2.103) ist mit kΔx 1 p(Δx) = pp e−jkΔx + ps cos(kΔx) ≈ pp + ps − jpp kΔx , und folglich wird aus (2.104) IM p p + ps ϕ =1+ϕ =1+ I kΔxpp kΔx
ps 1+ pp
.
(2.105)
Unter praktischen Verh¨ altnissen ist ϕ/kΔx selbst bei tiefen Frequenzen eine kleine Zahl (f¨ ur ϕ = 0, 3π/180, f = 100 Hz und x = 5 cm ist z.B. ϕ/kΔx ≈ 1/20). Der Phasenfehler spielt also nur dann eine Rolle, wenn die Amplitude oßer ist als die der fortschreitenden Welle, des stehenden Wellenfeldes ps viel gr¨ asst sich das Verh¨altnis aus gemessener ps pp . Unter dieser Voraussetzung l¨ at I zu Intensit¨ at IM und wahrer Intensit¨
2.5 Intensit¨ ats-Messverfahren
IM ϕ ps =1+ I kΔx pp
59
(2.106)
absch¨ atzen. Wenn man einen Messfehler von 1 dB noch akzeptiert, dann muss bei der Messung ϕ ps < 0, 2 (2.107) kΔx pp eingehalten werden. Weil die linke Seite von Gl.(2.107) mit fallender Frequenz w¨ achsa,t bedeutet sie die Festlegung einer unteren Bandbegrenzung des Messbereiches: ϕ 5c ps f> . (2.108) 2π Δx pp Mit ϕ = 0, 3π/180 (das entspricht also 0,3◦ ) und Δx = 0, 05 m wird daraus zum Beispiel ungef¨ ahr ps f > 28 Hz . pp Bei ps = 10 pp ließe sich etwa ab f = 280 Hz mit der Toleranz von 1 dB messen. Wie Kapitel 6 zeigti, m¨ ussten die W¨ ande des Messraumes dazu schon etwa einen Absorptionsgrad von α = 0, 3 besitzen. Gleichung (2.99) verlangt m¨ oglichst kleine Messabst¨ande Δx, damit bei m¨ oglichst hohen Frequenzen noch fehlerfrei gemessen werden kann. In (2.108) wird andererseits ein großes Δx zur Ber¨ ucksichtigung tiefer Frequenzen verlangt. Bei breitbandigen Messungen wird deshalb der Frequenzbereich meist in zwei Intervalle aufgeteilt und mit zwei unterschiedlichen Mikrophonabst¨anden behandelt. 2.5.4 Normen F¨ ur die Messung von Intensit¨ at und Leistung mit Hilfe des geschilderten Verfahrens sollten folgende Normen beachtet werden: •
ISO 9614-1: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Intensit¨ atsmessungen - Teil 1: Messungen an diskreten Punkten (von 1995) • EN ISO 9614-2: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Intensit¨ atsmessungen - Teil 2: Messung mit kontinuierlicher Abtastung (von 1996) • EN ISO 9614-3: Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨auschquellen aus Intensit¨ atsmessungen - Teil 3: Scanning-Verfahren der Genauigkeitsklasse 1 (von 2003) • DIN EN 61043: Elektroakustik; Ger¨ ate f¨ ur die Messung der Schallintensit¨ at; Messung mit Paaren von Druckmikrophonen (von 1994)
60
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium Dieser Abschnitt versucht zu kl¨ aren, welche prinzipiellen Ph¨anomene und Effekte im sich bewegenden Medium aus Gas zu erwarten sind. Bekanntlich z¨ ahlen Bewegungen immer relativ zu einem Punkt oder Koordinatensystem, das man sich dann als ruhend vorstellt. Die Frage nach dem fließenden Medium meint also – pr¨ aziser ausgedr¨ uckt – die Betrachtung von Medium, Schallquelle und Empfangseinrichtung (Ohr oder Mikrophon) relativ zueinander. Dabei interessieren vor allem die drei folgenden, oft auftretenden Situationen: 1. Herrscht Wind im Freien, dann bleiben Schallquelle und Schallempf¨anger ortsfest am Boden, w¨ ahrend das Medium als Ganzes u ¨ber sie hinwegl¨auft. Hier denkt man sich also Sender und Ohr oder Mikrophon unbeweglich fest, w¨ ahrend das Gas davonstr¨ omt. 2. H¨ aufig erlebt man im Alltag – selbst fast ruhend – Quellen, die mit der Fahrgeschwindigkeit U gegen¨ uber der Luft bewegt werden, z.B. die Sirene von Einsatzfahrzeugen der Polizei oder Feuerwehr. Hier denkt man sich also den ruhenden Empf¨ anger fest im ruhenden Medium, w¨ahrend die Quelle relativ zu diesen beiden bewegt wird. 3. Und schließlich kann noch die Empfangseinrichtung (das Ohr des Fahrers in einem Fahrzeug z.B.) auf die im Medium ruhende Quelle zu- oder wegbewegt werden. Hier denkt man sich also die ruhende Quelle fest im ruhenden Medium, w¨ ahrend der Empf¨ anger relativ zu diesen beiden bewegt wird. Diese drei F¨ alle bilden zwei Gruppen mit einem sehr erheblichen Unterschied. Im ersten Fall n¨ amlich bleibt der Abstand zwischen Sender und Empf¨ anger zu allen Zeiten gleich, auch die Laufzeit des Schalles zwischen den beiden ist konstant und zeitunabh¨ angig. Aus diesem Grund wird das Schallsignal ohne Verzerrungen der Signalgestalt u ¨bertragen. Werden andererseits Sender und Empf¨ anger relativ zueinander bewegt, dann ist der Abstand zwischen ihnen und die zugeh¨ orige Signal-Laufzeit T selbst zeitver¨anderlich, und ¨ deshalb wird das Schallsignal durch die Ubertragung verformt. Eine anschauliche Darstellung des genannten Unterschieds versucht Bild 2.10. Hier wird das zum Zeitpunkt t0 emittierte Signal mit der Laufzeit T (t0 ) u ¨bertragen, das zur Zeit t0 + ΔT gesendete Signal dagegen ben¨otige die Laufanger. Nur wenn – wie bei zueinander in Ruhe zeit T (t0 + ΔT ) zum Empf¨ verharrenden Quelle und Empf¨ anger – die beiden Laufzeiten gleich sind, also wenn T (t0 ) = T (t0 + ΔT ) gilt, dann ist das Empfangssignal ein unverzerrtes Abbild des Quellsignales. Bei reinen T¨ onen als Quellsignal (Frequenz fQ ) entsteht dann am Empf¨ anger die gleiche Frequenz, f¨ ur die Empfangsfrequenz fE gilt also fE = fQ . Wie Kapitel 13 zeigt besteht darin eine wichtige Eigen¨ schaft von allen zeitinvarianten (und linearen) Ubertragern: Bei ihnen sind die Frequenzen von Anregung (Quelle) und Wirkung (Empf¨anger) immer gleich groß.
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium Sendesignal
61
Empfangssignal
Laufzeit T(t0) Laufzeit T(t0+ΔT)
ΔT t = t0
t = t 0 + ΔT
Zeit t
Bild 2.10. Prinzipskizze zur Erkl¨ arung des Dopplereffekts
Bewegungen von Sender und Empf¨ anger relativ zueinander bilden fast ¨ schon das Urbild von zeitver¨ anderlichen (zeitvarianten) Ubertragern. Hier sind die beiden Laufzeiten T (t0 ) und T (t0 + ΔT ) unterschiedlich gross, weil sich w¨ ahrend des Zeitintervalles ΔT der Abstand zwischen Quelle und Empfangspunkt ge¨ andert hat. Deshalb erfahren sendeseitige reine T¨one bei der ¨ Ubertragung eine Ver¨ anderung der Frequenz, die Frequenzen von Sender und Empf¨ anger fQ und fE sind damit unterschiedlich groß. Dieser Effekt wird (nach seinem Entdecker) Dopplereffekt genannt. Die aufgef¨ uhrten Anordnungen aus ruhenden oder bewegten Quellen und Empf¨ anger relativ zueinander und/oder zu einem ruhenden oder bewegten Medium lassen sich anschaulich vergleichen mit einem str¨omenden Fluss oder einem ruhenden See, auf dessen Oberfl¨ ache Wellen entlanglaufen (siehe z.B. Bild 2.11); letztere symbolisieren die Luftschallwellen im Gas. Zun¨ achst sei der erstgenannte Fall mit am Ufer ruhender Quelle und einem ebenfalls dort stehenden Beobachter betrachtet (Bild 2.11). Die ruhende Quelle kann man sich beispielhaft vorstellen wie ein Schlagwerk, das mit der Periode TQ wiederholt auf die Wasserfl¨ ache aufschl¨agt, die Quellfrequenz betr¨ agt dabei fQ = 1/TQ . Bei ruhendem Medium U = 0 laufen die so erzeugten St¨ orungen mit der Geschwindigkeit c den Wellenleiter entlang, sie w¨ urden w¨ ahrend einer zeitlichen Periode gerade das St¨ uck Δx = cTQ zur¨ ucklegen. Bei str¨ omendem Medium werden die St¨ orungen vom Fluid nat¨ urlich einfach mitgenommen, sie laufen also der Quelle mit der Geschwindigkeit c + U ’davon’, w¨ ahrend einer zeitlichen Periode legen sie deshalb die Strecke Δx = (c+U )TQ zur¨ uck. Der ¨ ortliche Abstand zweier St¨ orungen bezeichnet die ¨ortliche Periode und damit die Wellenl¨ ange λ. Sie ist gerade gleich der von den St¨orungen w¨ahrend TQ zur¨ uckgelegten Strecke und betr¨ agt deshalb
62
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Bild 2.11. Prinzipskizze zur Erkl¨ arung des Dopplereffekts bei mit dem Fluid mitbewegtem Empf¨ anger
λ=
c+U . fQ
(2.109)
Die Wellenl¨ ange hat sich also gegen¨ uber dem ruhenden Medium vergr¨oßert. Dabei ist es u ollig gleichg¨ ultig, ob das Wellengebirge vom Ufer aus ¨brigens v¨ oder von einem mit dem Fluid mittreibenden Empf¨anger beobachtet (fotografiert) wird. Auch von einem mit der Str¨ omung mitschwimmenden Schiff aus wird die gleiche Wellenl¨ ange wie vom Ufer aus beobachtet. Wie eingangs erw¨ ahnt sind hier die Frequenzen von Quelle und Empf¨anger gleich. Das ergibt sich auch aus der anschaulichen Vorstellung des laufenden Wellengebirges. W¨ ahrend der Zeit ΔT schiebt sich das St¨ uck (c + u)ΔT am ahrend ΔT vorbeiziehenden St¨orunEmpf¨ anger vorbei. Die Anzahl NE der w¨ gen betr¨ agt deswegen (c + U )ΔT Δx = . λ λ Das Verh¨ altnis NE /ΔT bezeichnet die Empfangsfrequenz NE =
(2.110)
NE . (2.111) ΔT Aus Gl.(2.109) folgt dann erwartungsgem¨ aß fE = fQ . Eine sehr ¨ ahnliche Betrachtung ergibt nun auch die Doppler-Verschiebung an einem mit dem Fluid mitschwimmenden Empf¨anger. Da der Wellentransport mit der Laufgeschwindigkeit c an ihm vorbeizieht (siehe Bild 2.11), gilt f¨ ur die Anzahl NE der an ihm vorbeilaufenden Wellenl¨angen diesmal fE =
NE =
cΔT . λ
(2.112)
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium
63
Daraus folgt nach Einsetzen der Wellenl¨ ange nach Gl.(2.109) NE /ΔT =
c c = fQ . λ c+U
(2.113)
Die linke Seite bezeichnet wieder die Empfangsfrequenz. In der rechten Seite k¨ urzt man noch das Geschwindigkeits-Verh¨ altnis U/c durch die Machzahl M ab: U . (2.114) M= c F¨ ur die Doppler-Verschiebung bei ruhender Quelle (Frequenz fQ ) und mit dem bewegten Medium mitlaufendem Empf¨ anger (Frequenz fE ) gilt also fE =
fQ . 1+M
(2.115)
Wie eingangs erkl¨ art z¨ ahlen nur Relativbewegungen. Ob also – wie bisher angenommen – das Fluid sich mit einem in ihm eingebetteten Empf¨anger bewegt und die Quelle (am Ufer) steht, oder ob man Fluid und Empf¨anger als ruhend ansieht und die Quelle in entgegengesetzter Richtung davonlaufen l¨asst, das muss sich v¨ ollig gleich bleiben. Immer dann, wenn Fluid und Empf¨anger zueinander in Ruhe bleiben und gemeinsam bewegt werden, beschreibt also Gl.(2.115) die Doppler-Verschiebung. Es versteht sich wohl von selbst, dass M dabei eine vorzeichenbehaftete Gr¨ oße ist; negative Werte von U (Quelle und Empf¨ anger laufen dann aufeinander zu) bleiben hier und im Folgenden zugelassen.
Welle mit Geschwindigkeit c gegenüber See (Fluid)
auf See (im Fluid) ruhende Quelle
c
QF
stehender See (Fluid)
ruhendes Ufer E U mit U gegenüber See (Fluid) bewegter Empfänger
Bild 2.12. Prinzipskizze zur Erkl¨ arung des Dopplereffekts bei im Fluid ruhender Quelle und bewegtem Empf¨ anger
64
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Die Doppler-Verschiebung ¨ andert sich hingegen im eingangs aufgef¨ uhrten dritten Fall, bei welchem nun die Quelle mit dem Medium mitgef¨ uhrt wird. Die einfachste Vorstellung, die man sich davon machen kann, ist vielleicht die von Bild 2.12: In einem ruhenden See (Fluid) befindet sich eine gleichfalls ruhende Quelle, der Empf¨ anger am Ufer dagegen bewege sich mit der Geschwindigkeit U in Bild 2.12 nach links. Nat¨ urlich interessiert sich das Wellenfeld auf dem See gar nicht f¨ ur die Bewegungen des Empf¨ angers am Ufer, es ist also einfach λ=
c . fQ
(2.116)
Die Anzahl der Perioden NE des Wellengebirges, das w¨ahrend ΔT am bewegten Empf¨ anger vorbeieilt, ist NE =
(c − U )ΔT Δx = . λ λ
(2.117)
Weil der Empf¨ anger den Seewellen davon zu laufen versucht, ziehen die Wellen nur mit der Geschwindigkeit c-U an ihm vorbei. F¨ ur die Anzahl der Perioden ahrend ΔT am bewegten Empf¨anger vorbeil¨auft, NE des Wellengebirges, das w¨ gilt deswegen fE =
c−U (c − U ) NE = = fQ = (1 − M )fQ . ΔT λ c
(2.118)
Gl.(2.118) beschreibt die Doppler-Verschiebung, wenn Medium und Schallquelle zueinander ruhen. Wie man sieht, muss man also unterscheiden, ob sich der Sender oder der Empf¨ anger relativ zum Medium bewegt, in diesen beiden F¨allen ergeben sich unterschiedliche Doppler-Verschiebungen. Bei Bewegungen der Quelle relativ ¨ zum Medium kommt eine Anderung der Wellenl¨ange hinzu. Die Unterschiede in den Gesetzm¨ aßigkeiten (2.115) und (2.118) sind allerdings f¨ ur kleinere Machzahlen sehr gering, wie auch Bild 2.13 lehrt. Man bedenke auch, dass eine Machzahl von nur 0,1 in Luft schon einer Geschwindigkeit von 34 m/s und damit mehr als 120 km/h entspricht; gr¨ oßere Geschwindigkeiten treten in der Akustik nur sehr selten auf. Trotzdem gelten die genannten Gesetzm¨ aßigkeiten nicht nur auch f¨ ur ne¨ gative Machzahlen, sondern sogar auch noch f¨ ur den Fall der Uberschallgeschwindigkeit |M | > 1, solange die in (2.110) bzw. in (2.117) aufgef¨ uhrten Anzahlen nicht kleiner als Null werden. Am ehesten interessiert in diesem Geschwindigkeitsbereich |M | > 1 wohl der im Fluid ruhende Empf¨anger und die ¨ demgegen¨ uber bewegte Quelle; das entspricht dem mit Uberschallgeschwindigkeit auf einen Beobachter zukommenden oder von ihm weg fliegenden Flug¨ zeug. Vielleicht stellt man sich zur Erkl¨ arung am einfachsten den Ubergang ¨ |M | < 1 zum Uberschall |M | > 1 vor. Zun¨ achst wird die Wellenl¨ange nach Gl.(2.109) bei negativen Geschwindigkeiten mit wachsendem |M | immer kleiner; die Wellenausbreitung kommt sozusagen immer schwerer gegen den Wind an, bis sie schließlich in Flugrichtung der bewegten Quelle im Gegenwind bei
2.6 Wellenausbreitung im bewegten Medium
65
2
fE/fQ
1.5
Quelle bewegt sich im Medium
1
Quelle ruht im Medium 0.5
0 −0.5
−0.25
0
0.25
0.5
Machzahl M
Bild 2.13. Doppler-Verschiebungen f¨ ur Quellen, die im Medium ruhen, und f¨ ur Quellen, die im Medium bewegt werden.
|M | = 1 ganz zusammenbricht. F¨ ur |M | > 1 findet dann in Flugrichtung gar ¨ keine Wellenausbreitung mehr statt. Eine auf den Beobachter mit Uberschall zueilende Quelle kann deshalb nicht geh¨ ort werden; erst wenn sie vorbeigeflogen ist, wird sie auch wahrnehmbar. Die bisherigen Betrachtungen bedienten sich zur Kl¨arung des Grunds¨atzlichen eindimensionaler Wellenleiter. Bei r¨ aumlicher Schallausbreitung unter Wind mit auf der Erdoberfl¨ ache ruhender Quelle und gleichfalls ruhendem Beobachtungs-System ergibt sich zwar keine Dopplerverschiebung, jedoch vollzieht sich die Schallausbreitung mit richtungsabh¨angiger Wellenl¨ange, wie leicht nachzuvollziehen ist: Mit dem Wind ist die Wellenl¨ange gr¨oßer als gegen den Wind, und seitlich dazu ist sie von der Str¨omungsgeschwindigkeit sogar noch unbeeinflusst. Allgemein l¨ asst sich zeigen, dass man das Schallfeld pM (x, y, z) f¨ ur kleine Machzahlen M aus dem Schallfeld bei ruhendem Medium p(x, y, z) wie folgt n¨ aherungsweise berechnen kann: pM (x, y, z) = ejkM x p(x, y, z) .
(2.119)
Dabei ist eine mit der Geschwindigkeit U in x-Richtung laufende Str¨omung angenommen worden, k bedeutet die Wellenzahl im ruhenden Medium (k = ω/c = 2π/λ). Die schon genannten Effekte k¨onnen an der Darstellung der Teilchenbewegung in Bild 2.14 abgelesen werden. Der Deutlichkeit halber bl¨ ast hier der Wind mit einer schon recht großen Machzahl von M = 0, 33 (400 km/h etwa) von links nach rechts.
66
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Bild 2.14. Teilchenbewegung bei Schallausbreitung im str¨ omenden Medium (M = 0, 33) bei ruhender Quelle u ¨ber dem ruhenden Koordinatensystem aufgetragen
2.7 Wellenaufsteilung Mit gutem Grund sind in den vorangegangenen Abschnitten dieses Kapitels stets Nichtlinearit¨ aten vernachl¨ assigt worden. Bis zu den h¨ochsten gerade noch wahrnehmbaren Pegeln von bis zu 140 dB sind die Schallfeldgr¨oßen Schalldruck p, Schalldichte und Schalltemperatur T so klein verglichen mit den statischen Ruhegr¨ oßen p0 , 0 und T0 , dass quadratische Ausdr¨ ucke in den Feldgr¨ oßen stets weggelassen werden konnten. Wachsen die Pegel allerdings noch weiter u ur Menschen ertr¨agliche ¨ber das f¨ Maß hinaus, wie z.B. bei mit Beschallung durchgef¨ uhrten Tests f¨ ur SatellitenTeile, dann gewinnen die Nichtlinearit¨ aten an Bedeutung. Nun geh¨ort die ’Akustik der h¨ ochsten Pegel’ sicherlich nicht zu den eigentlichen Themen ’Technischer Akustik’. Einige (wenige) Bemerkungen, welcher Effekt in dem genannten Grenzgebiet haupts¨ achlich zu erwarten ist, werden jedoch wohl auch nicht schaden. Der wichtigste Sachverhalt ist leicht zu verstehen. Wie im letzten Abschnitt geschildert ¨ andert sich die Schallausbreitungsgeschwindigkeit im str¨omenden Medium. Nun beschreibt aber gerade auch die Schallschnelle die lokale Bewegung des Mediums, in dem sich das Schallgeschehen abspielt. Deshalb erh¨ oht sich die Schallgeschwindigkeit in Bezirken ’mit großer Schnelle in Ausbreitungsrichtung’, in Bezirken ’mit großer Schnelle entgegen der Ausbreitungsrichtung’ wird sie etwas verringert. Es laufen also die Schnelle-Maxima ¨ ’mit Uberschallgeschwindigkeit’ und daher rascher als die Schnelle-Minima, die im Prinzip mit ’Unterschallgeschwindigkeit’ laufen. Ein Maximum entfernt sich demnach von einem vorangegangen Minimum und n¨ahert sich dem ihm folgenden Minimum an. Dieser Effekt l¨ asst sich durch eine Simulations-
2.7 Wellenaufsteilung
67
rechnung demonstrieren, deren Ergebnis in Bild 2.15 vorgestellt wird. Hier ist wiedergegeben zun¨ achst die lineare Welle vl (x, t) = v0 cos ω(t −
x ) c
(2.120)
und dann noch die nichtlineare Welle v(x, t) = v0 cos ω(t −
x 2πx ) = v0 cos (ωt − ) (2.121) c + vl (x, t) λ(1 + vl (x, t)/c)
jeweils f¨ ur t = 0 als Ortsfunktion f¨ ur den Fall v0 = 0, 025 c, das entspricht einem Pegel von etwa 163 dB. Viel kleinere Schnelle-Amplituden bringen den gezeigten Effekt nat¨ urlich zum Erliegen. Weil sich - wie gesagt - die Maxima auf die jeweils folgenden Minima zubewegen nimmt die Steilheit der entsprechenden Flanken zu, woraus sich der Name des Effekts erkl¨art. Wie man erkennt w¨ achst die Aufsteilung mit dem Abstand von der (hier in x = 0 gedachten) Quelle. In einem gewissen ’kritischen’ Abstand xc r w¨ urde also ein Maximum das n¨ achste Minimum eingeholt haben, es k¨ame zu einer Art von ¨ ’Uberschlag’, ahnlich wie bei Meereswellen. ¨ 0.03
vl
v
0.02
v/c
0.01
0
−0.01
−0.02
−0.03 0
1
2
3
4
5
x/λ
Bild 2.15. Simulation der Wellenaufsteilung mit v0 = 0, 025c f¨ ur Zeitpunkte ωt = 2nπ
Der kritische Abstand l¨ asst sich aus dem angenommenen Modell leicht bestimmen. F¨ ur Zeitpunkte ωt = 2nπ liegen die Maxima bei xmax =n, λ(1 + v0 /c)
68
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
die darauf folgenden Minima bei xmin = n + 1/2 , λ(1 − v0 /c) ¨ Im Uberschlagspunkt ist xmax = xmin , daraus folgt n=
1 1 − v0 /c ≈ xcr /λ . 4 v0 /c
(2.122)
So gesehen ist es also nur eine Frage des Abstandes von der Quelle, bis sich die Wellenaufsteilung einstellt. F¨ ur den im Bild 2.15 gezeigten Fall betr¨agt xcr /λ ≈ 10. Bei 100 dB ist andererseits v0 ≈ 7 10−3 m/s und damit v0 /c ≈ ¨ also 2 10−5 , oder xcr ≈ 104 λ. Selbst bei 1000Hz l¨age der Uberschlagspunkt in etwa 3,5 km Entfernung von der Quelle. Es d¨ urfte klar sein, dass u ¨ber so große Laufstrecken die innere, unvermeidlich D¨ampfung im Medium l¨angst f¨ ur die Gl¨ attung des aufgesteilten Signales gesorgt hat, die Pegelabnahme mit der Entfernung bei der Ausbreitung im dreidimensionalen Kontinuum tut ein ¨ Ubriges. Zu erw¨ ahnen ist nur noch, dass sich die vorne angedeuteten (und dann ¨ vernachl¨ assigten) Nichtlinearit¨ aten tats¨ achlich auch als eine Anderung der Schallgeschwindigkeit deuten lassen. Am einfachsten zeigt man das wohl an der adiabatischen Zustandsgleichung, wenn in ihr nun auch noch der quadratisch kleine Term in der Taylor-Entwicklung mit ber¨ ucksichtigt wird. Mit f (x) = (1 + x)κ ≈ 1 + κx + κ(κ − 1)x2 /2 erh¨ alt man an Stelle von 2.15 nun p κ(κ − 1) 2 κ−1 ( ) = κ [1 + =κ + ]. p0 0 2 0 0 2 0
(2.123)
Wenn jetzt noch wie vorne c2 = κp0 /0 benutzt wird, so erh¨alt man schließlich p = c2N ,
(2.124)
worin cN eine nichtlineare, orts- und zeitabh¨ angige Schallgeschwindigkeit c2N = c2 [1 +
κ−1 ] 2 0
(2.125)
bedeutet. Es l¨ asst sich auf ¨ ahnlichem Weg leicht zeigen, dass der im MassenErhaltungsprinzip nach Gl.(2.19) enthaltene nichtlineare Ausdruck ebenfalls ¨ als eine (zus¨ atzliche, nichtlineare) Anderung der Schallgeschwindigkeit gedeutet werden kann.
2.8 Zusammenfassung ¨ Schall besteht in (sehr) kleinen Anderungen p des Druckes, der Dichte und T der Temperatur in Gasen, die sich wellenf¨ ormig im Medium mit der Wellengeschwindigkeit c ausbreiten. Bei reinen T¨onen besitzen die Wellen die
2.8 Zusammenfassung
69
¨ Wellenl¨ ange λ = c/f . W¨ armeleitung tritt bei den sehr schnellen Anderungen der Schallvorg¨ ange nicht auf, die drei Zustandsgr¨oßen erf¨ ullen deshalb – neben der Boyle-Mariotte-Gleichung – die adiabatische Zustandsgleichung. Aus der Boyle-Mariotte-Gleichung folgt f¨ ur die akustischen Gr¨oßen p T = + . p0 0 T0 Die adiabatische Zustandsgleichung auf akustische Gr¨oßen zugeschnitten lautet p = 2 . c Darin bedeutet c die Schallausbreitungsgeschwindigkeit, sie betr¨agt R c= κ T0 Mmol und h¨ angt damit nur vom Stoff (der Gasart) und von der Temperatur ab. Die mit den Dichte¨ anderungen einhergehenden Bewegungen der lokalen Luft werden durch ihre Geschwindigkeit, die Schallschnelle v, bezeichnet. F¨ ur ebene fortschreitende Wellen (im reflexionsfreien Wellenleiter) ist das Verh¨altnis aus Druck und Schnelle konstant: p = 0 c v . Die Konstante 0 c wird als Wellenimpedanz oder als Kennwiderstand des Mediums bezeichnet. Stehende Wellen werden aus zwei fortschreitenden Wellen gleicher Amplitude und entgegengesetzter Laufrichtung gebildet. Sie entstehen also entweder durch Reflexion oder zwischen Quellen. Bei unvollst¨andiger Reflexion setzt sich das Schallfeld sowohl aus fortschreitenden (’aktiven’) als auch aus stehenden (’reaktiven’) Anteilen zusammen. Nimmt die Schallenergie in einem gasgef¨ ullten Volumen weder durch innere Verluste noch durch Transport nach außen ab, so entstehen Resonanzen. F¨ ur eindimensionale Wellenleiter lassen diese sich auch aus dem ’Prinzip des gleichphasigen Anschlusses’ erkl¨ aren. Mit der Schallausbreitung l¨ auft die momentan im Medium gespeicherte Schallenergie mit. Letztere setzt sich aus den zwei Anteilen ’Bewegungsenergie’ und ’Kompressionsenergie’ zusammen. Der Schallenergie-Transport wird durch die Intensit¨ at I = P/S beschrieben, sie ist gleich dem Verh¨altnis aus der die Fl¨ ache S durchsetzenden Leistung P und der Fl¨ache S selbst. Wie man zeigen kann, besteht allgemein die Intensit¨ at aus dem Produkt von Druck und Schnelle I = pv . Schallleistungsmessungen k¨ onnen deshalb wie beim Intensit¨ats-Messverfahren auf der Bestimmung von v z.B. durch Verwendung eines Mikrophonpaares
70
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
fußen, oder die Messung wird unter Freifeldbedingungen im Fernfeld vorgenommen, weil sich die Intensit¨ at in diesem Fall alleine aus dem Schalldruck bestimmen l¨ asst. Bei Relativbewegungen zwischen Quelle und Empf¨anger tritt der DopplerEffekt auf. Damit sind Frequenzverschiebungen gemeint, die sich aus der selbst zeitabh¨ angigen Verz¨ ogerungszeit zwischen Sender und Empf¨anger erkl¨ art. Die Dopplerfrequenz h¨ angt geringf¨ ugig davon ab, ob die Quelle oder der Empf¨ anger gegen¨ uber dem Medium ruht.
2.9 Literaturhinweise Eine exzellente und dabei leicht verst¨ andliche Beschreibung der Natur von Wellen gibt das Buch Waves and Oscillations“ von K. U. Ingard (Cambridge ” University Press, Cambridge 1990). Es behandelt die akustischen Wellen in Gasen, Fluiden und Festk¨ orpern und geht auch auf andere Wellenarten – wie elektromagnetische Wellen und Wellen an der Wasseroberfl¨ache – ein. Zur Intensit¨ atsmesstechnik sei das Buch von F. Fahy “Sound Intensity“ (Elsevier, London und New York 1995) empfohlen.
¨ 2.10 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Welche der folgenden Funktionen in Ort und Zeit erf¨ ullen die Wellengleichung? f1 (x, t) = ln(t + x/c) f2 (x, t) = e(x−ct) f3 (x, t) = sh(ß(ct + x)) f4 (x, t) = cos(ax2 + bx3 − ct) Aufgabe 2 Zu Versuchszwecken wird der Hohlraum zwischen den Scheiben von Doppelfenstern mit Wasserstoff (Dichte 0,084 kg/m3 ), mit Sauerstoff (Dichte 1,34 kg/m3 ) oder mit Kohlendioxyd (Dichte 1,85 kg/m3 ) bef¨ ullt. Damit die Scheiben weder nach außen noch nach innen ausbeulen, ist der Druck in der Gasbef¨ ullung gleich dem Luftdruck außen. •
Wie groß sind die Schallgeschwindigkeiten in den genannten zweiwertigen Gasen (Dichte von Luft = 1, 21 kg/m3 , Schallgeschwindigkeit = 340 m/s)? ur die genannten Gase • Wie groß sind die Elastizit¨ atsmodule E = 0 c2 f¨ und f¨ ur Luft? • Wie groß sind die Wellenl¨ angen f¨ ur die Frequenz von 1000 Hz?
¨ 2.10 Ubungsaufgaben
71
Aufgabe 3 In einer ebenen fortschreitenden Welle wird ein Effektivwert des Schalldruckes von 0, 04 N/m2 festgestellt. Wie groß ist • • • • •
die Schallschnelle (man rechne mit 0 c = 400 kg/sm2 ), die Teilchenauslenkung f¨ ur die Frequenzen von 100 Hz und 1000 Hz, die Schallintensit¨ at, die Schallleistung, die durch eine Fl¨ ache von 4 m2 hindurchtritt und Schalldruckpegel, Schallintensit¨ atspegel und Schallleistungspegel f¨ ur die Fl¨ ache von 4 m2 ?
Aufgabe 4 Auf einer w¨ urfelf¨ormigen H¨ ullfl¨ ache, die eine Schallquelle umschließt, werden im reflexionsarmen Raum die in der Tabelle genannten A-bewerteten Schalldruckpegel gemessen. Die 6 Teilfl¨ achen der H¨ ulle betragen jeweils 2 m2 . Wie groß ist der A-bewertete Schallleistungspegel der Quelle? Teilfl¨ ache 1 2 3 4 5 6
L/dB(A) 88 86 84 88 84 83
Aufgabe 5 Eine mit der Frequenz von 1000 Hz betriebene Schallquelle bewege sich relativ zu einem Empf¨ anger mit der Geschwindigkeit von 50 km/h (oder 100 km/h oder 150 km/h). Wie groß ist die Empf¨ angerfrequenz, wenn • •
a) die Quelle im Medium ruht und b) der Empf¨ anger im Medium ruht.
Man betrachte dabei die beiden F¨ alle, bei denen Sender und Empf¨anger aufeinander zueilen oder von einander wegstreben. Aufgabe 6 Wie groß ist die Schallausbreitungsgeschwindigkeit in ’verbrauchter’ Luft (gemeint ist ’in Stickstoff’) und in reinem Sauerstoff jeweils bei 200 C ?
72
2 Grundbegriffe der Wellenausbreitung
Aufgabe 7 Eine sogenannte ’schallweiche’ Reflexion wird durch den Reflexionsfaktor r = −1 gekennzeichnet. Ein schallweicher Reflektor liegt n¨aherungsweise z.B. vor ¨ bei pl¨ otzlichen, großen Querschnittserweiterungen (Offnung eines Rohrst¨ uckes ins Freie, z.B. auch am unteren Ende einer Blockfl¨ote). •
Wie lautet die Gleichung f¨ ur den Ortsverlauf des Schalldruckes vor dem Reflektor im Raumbereich x < 0 (Koordinatenursprung am Reflektor angeheftet)? Wo liegen die Knoten des Druckverlaufes? • Man berechne die Schallschnelle. Wo liegen die Schnelleknoten? • Man leite die Resonanzgleichung her und gebe die ersten drei Resonanzfrequenzen f¨ ur eine Rohrl¨ ange von 25 cm an. Dabei bestehe die Schallquelle in einer gestreckten Membran im Abstand l vor dem Reflektor, welche mit einer gegebenen Schnelle v0 bewegt wird. Aufgabe 8 Wie groß sind die Wellenl¨ angen in Wasser (c=1200 m/s) bei 500 Hz, 1000 Hz, 2000 Hz und 4000 Hz? Aufgabe 9 Ein halbunendlicher, eindimensionaler Wellenleiter (luftgef¨ ulltes Rohr mit ’Wellensumpf’ am Ende) mit der Querschnittsfl¨ache S wird durch eine gestreckte (plane) Lautsprecher-Membran in x = 0 angeregt. Die Membranschnelle vM (t) sei vM (t) = v0 sin πt/T im Intervall 0 < t < T ; ausserhalb dieses Intervalls f¨ ur t < 0 und f¨ ur t > T sei vM (t) = 0. Man bestimme • • • • •
den Schalldruck f¨ ur alle Zeiten und Orte, ebenso die Schallschnelle, ebenso die Energiedichte, ebenso die Intensit¨ at und die von der Quelle insgesamt abgegebene Energie.
Wie groß ist die von der Quelle erzeugte Energie bei einer Schnelle von v0 = 0, 01 m/s = 1 cm/s, einem Durchmesser von 10 cm des Wellenleiters mit kreisf¨ ormiger Querschnittsfl¨ ache und der Signaldauer von T = 0, 01s? Aufgabe 10 Bei einer Messung mit der Intensit¨ atsmesssonde soll ein hochfrequenter Fehler von 2 dB (3 dB) toleriert werden. •
Wie groß ist das Verh¨ altnis aus Sensor-Abstand Δx und der Wellenl¨ange λ bei der h¨ ochsten zugelassenen Messfrequenz, • wie groß ist diese maximale Messfrequenz f¨ ur Δx = 2, 5 cm?
¨ 2.10 Ubungsaufgaben
73
Aufgabe 11 Welche Phasentoleranz der Mikrophone ist h¨ ochstens akzeptabel, wenn mit einer Intensit¨ atsmesssonde (Sensorabstand Δx = 5 cm) bis hinunter nach 100 Hz bei einem Stehwellenanteil von ps /pp = 10 (ps /pp = 100) auf 1 dB genau gemessen werden soll? Aufgabe 12 Ein Einsatzfahrzeug (von Polizei oder Feuerwehr) f¨ahrt mit eingeschaltetem Martinshorn bei Windstille an einem u ¨ber der Fahrbahn geeignet angebrachten Mikrophon mit konstanter Geschwindigkeit U vorbei. Vor der Vorbeifahrt wird die Frequenz von fE1 = 555, 6 Hz (des wichtigsten WarnsignalFrequenzbestandteiles) aus dem Mikrophonsignal ermittelt. Nach der Vorbeifahrt betr¨ agt diese Frequenz nur noch fE2 = 454, 6 Hz. Mit welcher Geschwindigkeit fuhr das Einsatzfahrzeug? Wie groß ist Sendefrequenz des Martinshorns?
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3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Wie die allt¨ agliche Beobachtung lehrt (und wie einer der n¨achsten Abschnitte noch zeigen wird), weisen Schallquellen oft eine Richtungs-Abh¨angigkeit des von ihnen emittierten Schalls auf. Der vom Beobachter wahrgenommene Pegel h¨ angt nicht nur vom Abstand zur Schallquelle ab; auch wenn die Quelle umkreist wird, ¨ andert sich der Pegel mit dem Winkel. Andererseits ist von einer Reihe auch technisch interessierender Quellen bekannt, dass sie allseitig etwa gleichm¨ aßig Schall aussenden. Nicht zu große Schallquellen, wie kleinere Maschinen, Austritts¨offnungen von L¨ uftungen mit niederfrequentem Schall, Arbeitsvorg¨ ange wie Rammen, H¨ammern und Schlagen und viele andere, vor allem breitbandige Vorg¨ange, besitzen oft eine praktisch wenig relevante Richtungs-Abh¨ angigkeit im hervorgerufenen Schallfeld. Allgemein kann man sogar zeigen, dass einseitig verdr¨angende Schallquellen immer dann eine ungerichtete Schallabstrahlung besitzen, wenn ihre Abmessungen klein gegen¨ uber der Wellenl¨ ange sind. Ihre Richtwirkung ist also stets bei hinreichend tiefen Frequenzen kugelf¨ ormig. Und schließlich sind bei u ¨berschl¨ agigen Vorausberechnungen der Wirkung von Schallquellen Details der Richtungs-Abh¨ angigkeit oft gar nicht bekannt, so dass man auf die (u. U. gar nicht zutreffende) Annahme allseitig gleichm¨ aßiger Emission angewiesen ist. Es besteht also Grund genug, das Kapitel u ¨ber Ausbreitung und Abstrahlung mit der ungerichteten Schallabstrahlung im Freien zu beginnen, wobei sekund¨ are Einfl¨ usse, wie z.B. Witterungsbedingungen, hier unbeachtet bleiben.
3.1 Ungerichtete Schallabstrahlung von Punktquellen Die Betrachtung ungerichteter Quellen ist besonders einfach, wenn sie anhand eines Energieprinzips durchgef¨ uhrt wird. Bei allen Schallquellen (auch bei beliebiger Richtwirkung) muss durch jede beliebige, die Quelle ganz umschließende H¨ ullfl¨ ache die gleiche akustische Leistung P hindurchtreten (Ausbreitungsverluste k¨ onnen bei nicht zu großen Quellabst¨anden vernachl¨assigt
76
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
werden). Weil das auch f¨ ur eine H¨ ulle direkt auf der Quelloberfl¨ache gilt, muss P dabei gleich der von der Quelle in das Medium eingespeisten Leistung sein. F¨ ur die ungerichtete Abstrahlung w¨ ahlt man (gedachte) Kugelfl¨achen S = 4πr2 mit dem Sender im Mittelpunkt (Bild 3.1). In gr¨oßerer Entfernung verhalten sich die ausgesandten Kugelwellen immer mehr wie ebene Wellen, weil die Kr¨ ummung der Wellenfronten nachl¨asst. Nach den LeistungsBetrachtungen in Kapitel 2 gilt also im Fernfeld P =
1 2 1 2 p S= p 4πr2 , c eff c eff
(3.1)
wobei P wie gesagt die Leistung der Schallquelle darstellt. Kugelfläche 4πr 2
Abstand r
ungerichtete Schallquelle
Bild 3.1. H¨ ullfl¨ ache in Form einer Kugeloberfl¨ ache zur Bestimmung der von einer ungerichteten Punktschallquelle abgestrahlten Leistung
Der Schalldruck verringert sich demnach umgekehrt proportional zum Abstand. Nat¨ urlich ist die Umformung von (3.1) in ein Pegelgesetz sinnvoll. Dazu wird (3.1) durch die Bezugsleistung P0 = (p0 2 / c) ·1 m2 (siehe Kapitel 2.4) dividiert und anschließend der dekadische Logarithmus genommen. Man erh¨alt so r (3.2) Lp = Lw − 20 lg − 11 dB , m worin Lp den Schalldruckpegel im Abstand r darstellt (hier wie im Folgenden bedeutet r/m den dimensionslosen Abstand, also r/m = r geteilt durch 1 Meter). Dem Abstandsgesetz (3.2) zufolge sinkt der Pegel um 6 dB pro Entfernungsverdoppelung. Befindet sich die Quelle auf einer nahezu vollst¨andig reflektierenden Unterlage (Boden), so tritt die Leistung nur noch durch eine Halbkugel hindurch. In diesem Fall erh¨ alt man statt (3.2) Lp = Lw − 20 lg
r − 8 dB . m
(3.3)
3.2 Ungerichtete Schallabstrahlung von Linienquellen
77
3.2 Ungerichtete Schallabstrahlung von Linienquellen In der Praxis kommen manchmal auch sehr lange Ger¨auschquellen vor, die zum Beispiel aus einzelnen, ungerichtet strahlenden (und inkoh¨arenten) Punktquellen bestehen k¨ onnen. Beispiele daf¨ ur sind dicht befahrene Straßen und Eisenbahnz¨ uge. Bei der Leistungsbetrachtung bezieht man sich diesmal auf Zylinder-Oberfl¨ achen (Bild 3.2) und findet (l=Strahlerl¨ange) P =
p2eff 2πrl . c
(3.4)
F¨ ur die Pegel folgt daraus Zylindermantelfläche 2πrl
Linienquelle
Abstand r
Länge l
Bild 3.2. H¨ ullfl¨ ache in Form einer Zylindermantelfl¨ ache zur Bestimmung der von einer ungerichteten Linienschallquelle abgestrahlten Leistung
r l − 10 lg − 8 dB , (3.5) m m oder, falls sich die Quelle wieder auf einer reflektierenden Unterlage befindet, Lp = Lw − 10 lg
Lp = Lw − 10 lg
r l − 10 lg − 5 dB . m m
(3.6)
Hier f¨ allt der Schalldruck also nur mit 3 dB pro Entfernungsverdoppelung. Dies hat zur Folge, dass sehr lange Quellen wie dicht befahrene Autobahnen einen sehr großen Einwirkungsbereich haben. Beispielsweise betr¨agt der in 1 km Abstand bestimmte Pegel nur 16 dB weniger als der Pegel in 25 m Abstand. F¨ ur den A-bewerteten Dauerschallpegel ist sicher ein Wert von Leq (25 m) = 76 dB(A) an einer Autobahn nicht zu hoch gegriffen, es blieben also noch 60 dB(A) nach einem Kilometer u ucklicherweise mil¨brig! Gl¨ dert der Einfluss von Boden, Bewuchs und Bebauung diese L¨armbelastung etwas ab. F¨ ur k¨ urzere Linienschallquellen (z.B. Personenz¨ uge) muss man in gr¨oßerer N¨ ahe von (3.6), f¨ ur gr¨ oßere Entfernungen dagegen von (3.3) ausgehen. In naher Nachbarschaft einer endlich langen Quelle wirkt diese wie eine
78
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
lange Linienquelle; in großen Abst¨ anden dagegen schrumpfen alle Quellen zu ¨ einem Punkt zusammen. Der Ubergangspunkt zwischen Linien- und Punktquelle liegt etwa beim Abstand rcr = l/2, wie man durch Gleichsetzen von (3.1) und (3.4) sieht. In Abst¨ anden r < rcr wirkt die Quelle wie eine Linie mit 3 dB Pegelabfall pro Entfernungsverdoppelung; f¨ ur Abst¨ande r > rcr dagegen wirkt sie wie ein Punkt mit 6 dB Pegelabfall pro Entfernungsverdoppelung. In der Praxis misst man meist nah an der Quelle, schon um den Einfluss des Hintergrundl¨ arms gering zu halten. Man kann dann nach (3.6) auf die Leistung zur¨ uckrechnen und anschließend nach (3.3) auch f¨ ur Entfernungen r > l/2 eine Prognose abgeben.
3.3 Volumenquellen Wie gezeigt ist der Effektivwert des Schalldrucks im Fall der einfachsten Idealisierung allseitig gleichm¨ aßiger Schallabstrahlung proportional zum reziproken Abstand. Nimmt man noch die Erwartung hinzu, dass das Feld in einer radial nach außen laufenden Kugelwelle besteht, so lautet der Ansatz f¨ ur den Schalldruck A (3.7) p = e−jkr r (k = Wellenzahl = ω/c = 2π/λ). Die mehr auf Grund der Plausibilit¨at formulierte Gl.(3.7) erf¨ ullt tats¨ achlich auch die Wellengleichung (2.59) in Kugelkoordinaten, wie sich leicht zeigen l¨ asst. Um ein so mathematisch ideales“ Feld mit perfekter Kugelsymmetrie zu ” erhalten, muss auch die schallsendende Anordnung sehr speziell beschaffen sein. Sie besteht aus einer atmenden Kugel“, also aus einer Kugeloberfl¨ache ” r = a, die sich mit der o ¨rtlich konstanten Schnelle va radial ausdehnt und zusammenzieht (siehe auch Bild 3.3). Man bezeichnet die atmende Kugel auch als Strahler nullter Ordnung“ oder Monopolquelle“, um auf das Nichtvor” ” handensein der Winkelabh¨ angigkeiten hinzuweisen. Die in (3.7) zun¨achst noch unbekannt gebliebene Amplitude A kann aus der Schnelle va auf der Kugeloberfl¨ ache r = a berechnet werden. ¨ Ahnlich wie in (2.27) gilt
∂p ∂v =− ∂t ∂r
(siehe auch (2.58) in Kugelkoordinaten), oder f¨ ur komplexe Amplituden und den Ansatz (3.7) A j j e−jkr A j ∂p −jkr = k− e 1− . (3.8) = v= ω ∂r rω r c kr r ur r = a folgt daraus Wegen v = va f¨
3.3 Volumenquellen
79
Bild 3.3. Schallfeld einer atmenden Kugel
A=
cva aejka . j 1 − ka
(3.9)
Wenn man sich hinfort auf kleine Quellen ka = 2πa/λ 1 beschr¨ankt, dann kann man die 1 im Nenner von (3.9) vernachl¨ assigen und erh¨alt A = jk c va a2 = jω va a2 .
(3.10)
Insgesamt ist damit der Schalldruck aus Gl.(3.7) p = jω va a2
e−jkr r
(3.11)
durch Quellgr¨ oßen und durch die Tatsache beschrieben, dass es sich um radial nach außen laufende Wellen mit sich verd¨ unnender Energie handelt. Nun w¨ are die Schallabstrahlung von einem so mathematisch exakt definierten Kugelstrahler nullter Ordnung nur von theoretischem Interesse, wenn die dabei gewonnenen Erkenntnisse nicht auf alle Volumenquellen zu u ¨bertragen w¨ aren, die klein zur Wellenl¨ ange sind. Darunter sind Quellen zu verstehen, deren wesentliches Charakteristikum in ihrer zeitlichen Volumen¨anderung oder im Ausstoß von Mediummasse besteht. Gemeint sind also expandierende K¨ orper, zum Beispiel auch einseitig verdr¨ angende Strahler wie der Lautsprecher in einem sonst geschlossenen Geh¨ ause mit allseitig zur Wellenl¨ange klei¨ nen Abmessungen, aber auch Explosionen, die Auto-Auspuff-Offnung oder ¨ sich ¨ offnende (oder schließende) Auslassventile (z.B. stellt auch das Offnen einer Sektflasche eine Volumenquelle dar). F¨ ur all diese kleinen Volumenquellen kann man ebenfalls (3.11) benutzen. Dabei besteht die quellbeschreibende Gr¨ oße in ihrem Volumenfluss Q, der allgemein mit
80
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Q=
v dS
(3.12)
s
aus der Strahlerschnelle und der Strahlerfl¨ ache S berechnet wird. Zum Beispiel ist beim Autoauspuff v(t) die Geschwindigkeit des aus der Fl¨ache S ausstr¨ omenden Gases. Der Volumenfluss Q der Originalquelle muss nun noch auf die Oberfl¨ ache der atmenden Kugel, der Ersatzquelle, verteilt werden. Bei letzterer ur Volumenquellen ist Q = 4πa2 va , also gilt allgemein f¨ p = jω Q
e−jkr . 4πr
(3.13)
Anders als bei den ebenen fortschreitenden Wellen mit p = c v wirkt die dreidimensionale Schallabstrahlung wie eine zeitliche Differentiation der Strahlerschnelle. Weil jω die Zeitableitung bedeutet und e−jkr gleich einer Verz¨ogeogerungszeit τ = r/c ist, l¨asst sich (3.13) im Zeitberung e−jωτ mit der Verz¨ reich als dQ(t − r/c) p= (3.14) 4πr dt schreiben.
Volumenfluss Q(t)
leise
laut
Zeit t Bild 3.4. Laute“ und leise“ Volumen-F¨ orderung bei gleicher Gesamtmenge ” ” Q(t)dt
Wenn eine geringe Schallerzeugung erw¨ unscht ist, dann muss die zeitliche ¨ Anderung des Volumenflusses m¨ oglichst gering eingestellt werden. Zum Bei¨ spiel ist ein pl¨ otzliches, ruckartiges Offnen von Ventilen ung¨ unstig im Sinne
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
81
des L¨ armschutzes; leiser l¨ asst sich der Vorgang durch allm¨ahliches, langsa¨ mes Offnen gestalten. Bild 3.4 versucht eine Illustration. Der SchalldruckFrequenzgang p ∼ jωQ = bS ist zur Beschleunigung b proportional. F¨ ur den Frequenzgang von Lautsprechern ist diese Tatsache nat¨ urlich von ausschlaggebender Bedeutung. In Kapitel 11 werden dann auch die hier geschilderten Gesetzm¨ aßigkeiten benutzt werden.
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen Es gibt gleich eine ganze Reihe von Gr¨ unden, sich mit dem Schallfeld von zwei (kleinen) Volumenquellen zu besch¨ aftigen. Anordnungen aus zwei ent-
kleine, als Ganzes bewegte Fläche
+
Ersatzquelle
Ersatzquelle
Ausgleichsbewegung der Luft
Bild 3.5. Eine als Ganzes bewegte kleine Fl¨ ache wirkt wie ein Dipol
gegengesetzt gleich großen Quellen kommen praktisch recht oft vor. Jede als Ganzes bewegte kleine Fl¨ ache, die nicht in ein Geh¨ause eingebaut ist, wie z.B. ein Lautsprecher ohne Box oder Schallwand, kann bei hinreichend tiefen Frequenzen als solch ein Dipol aufgefasst werden. Schiebt die Fl¨ache die Luft auf der rechten Seite nach rechts (Bild 3.5), so saugt sie auf der linken Seite ebenso an. Die rechts komprimierte Luft fließt um die Kante herum auf die Fl¨ achenr¨ uckseite und gleicht so die Dichte-Unterschiede (und damit auch die Druckunterschiede) aus, ein Effekt, den man anschaulich als Mas” senkurzschluss“ bezeichnet. Die Tatsache, dass der Vorgang durch ein Paar gegenphasiger Quellen dargestellt werden kann, f¨ uhrt auf eine nicht-konstante Richtungsverteilung und bei tiefen T¨ onen auf eine deutlich kleinere Schallabstrahlung als bei einer (vergleichbaren) Einzelquelle, wie die folgenden Betrachtungen zeigen. Bei der heute oft diskutierten aktiven L¨armbek¨ampfung“ ” wird (u.a.) versucht, einer nun einmal vorhandenen Quelle ihr phasenverkehrtes Abbild hinzuzuf¨ ugen. Auch hier besteht die einfachste Modellvorstellung also in zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen.
82
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Schließlich interessiert z.B. in der Beschallungstechnik, wie sich das Schallfeld bei Hinzuf¨ ugen einer zweiten (gleichartigen und koh¨arenten) Quelle andert. ¨ Auch bilden die Betrachtungen der Kombination aus zwei kleinen Quellen die einfachste Vorstufe f¨ ur den allgemeinen Fall, der aus beliebig vielen Teilen zusammengesetzten Quelle. Immerhin l¨ auft die letztgenannte Fragestellung auf die Betrachtung von Lautsprecherzeilen hinaus. Dar¨ uber hinaus lassen sich auch allgemein schwingende Oberfl¨ achen (z.B. Bleche, W¨ande, Decken. . . ) als (hochgradig) zusammengesetzte Strahler auffassen. Es gibt also viele gute Gr¨ unde, sich zun¨ achst mit Kombinationen aus zwei Quellen zu befassen; dabei wird auf die schon angeschnittenen Fragestellungen als praktische Anwendungen hingewiesen werden. Die im Folgenden untersuchte Modell-Anordnung wird in Bild 3.6 zusammen mit dem nun benutzten Kugel-Koordinatensystem geschildert. Vern¨ unftigerweise werden die Quellen auf der z-Achse im Abstand h voneinander angeordnet; es ergibt sich so ein rotationssymmetrisches Schallfeld, das nicht ¨ vom Umfangswinkel ϕ abh¨ angt. Ublicherweise bezeichnet man den Winkel z Aufpunkt
r
R Q2 h
ϑ Q1 ϕ
Bild 3.6. Lage der Quellen im Koordinatensystem und Benennung der Gr¨ oßen
zwischen Strahl R vom Nullpunkt zum Aufpunkt und der z-Achse als Winkel ϑ; f¨ ur diese Winkelfestlegung sind deshalb auch alle weiteren Folgegr¨oßen definiert. Zum Beispiel gilt f¨ ur das Fl¨ achenelement der (im Folgenden vorkommenden) Fl¨ achenintegration in Kugelkoordinaten dS = R2 sin ϑ dϑ dϕ .
(3.15)
Die Integrationsfl¨ ache einer Kugel wird mit 0 < ϕ < 2π und 0 < ϑ < π abgedeckt. Andererseits ist es z.B. f¨ ur Messungen durchaus u ¨blich, den Messwinkel ϑN relativ zur Strahler-Normalen zu z¨ahlen. Beide Gr¨oßen h¨angen durch
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
ϑ + ϑN = 90◦
83
(3.16)
zusammen. Wenn es im Folgenden um die Vorhersage von Richtwirkungen geht, wird ϑN benutzt; sollen dagegen Intensit¨aten zu Leistungen integriert ucken: Dann kann werden, ist es einfacher, ϑN nach Gl.(3.16) durch ϑ auszudr¨ man sich auf bekannte Formulierungen in Kugelkoordinaten verlassen. Allgemein gilt f¨ ur das Schallfeld der beiden Quellen nach (3.13) e−jkR e−jkr jω Q1 + Q2 . (3.17) p= 4π R r Wegen der Linearit¨ at der Wellengleichung besteht das Schallfeld einfach aus der Summe der Teile. Die prinzipiellen Eigenschaften des Summenfeldes lassen sich gewiss an geeignet gew¨ ahlten Beispielen demonstrieren. Zu diesem Zweck sind in den Bildern 3.7 bis 3.10 die jeweiligen Gesamtpegel der Quell-Kombination f¨ ur gleich große Quellen bei unterschiedlichen Abst¨anden a der Quellen farbkodiert gezeigt. Dabei werden - im Verh¨ altnis zur Wellenl¨ange - ’kleine’, ’mittlere’ und ’große’ Abst¨ ande a durchlaufen, n¨ amlich - in Zahlenwerten ausgedr¨ uckt - a/λ = 0, 25, a/λ = 0, 5, a/λ = 1 und a/λ = 2 durchlaufen. Die Lage der Quellen ist durch die beiden rosafarbenen Punkte markiert. Die Bilder 3.11 bis 3.14 geben dann den Fall von entgegengesetzt gleich großen Quellen (Punkte in magenta und gr¨ un) bei gleicher Abstands-Variation wieder. Die sich in den genannten Bildern abzeichnenden Tendenzen sind rasch geschildert. Beim kleinsten Abstand h = 0, 25λ und gleich großen Quellen wirken die Quellen (fast) so, als w¨ aren sie an ’ein und dem selben Ort’ angebracht, das Gesamtfeld ist im Prinzip um 6 dB heller als das der Einzelquelle alleine. Zieht man die Quellen weiter auseinander (oder ¨andert beim selben Abstand die Frequenz entsprechend), dann werden schon die ersten Interferenz-Erscheinungen sichtbar. F¨ ur h = 0, 5λ heben sich die Einzeldr¨ ucke auf der die Quellen durchstoßenden Mittelachse in ausreichender Entfernung von den Quellen gegenseitig (fast) auf, hier ist das Summenfeld offensichtlich viel kleiner als die Teile, aus denen es gebildet wird. Diese Tatsache ließe sich auch als ’destruktive Interferenz’ bezeichnen. Das ’Restschallfeld’ entsteht hier nur, weil die Abstands-Abnahmen mit 1/R und mit 1/r nicht ganz genau gleich sind. Mit wachsendem Abstand von den Quellen nimmt dieser Unterschied immer mehr ab, das Feld wird nach außen also immer dunkler. In der Mittelebene zwischen den beiden Quellen dagegen ist der Schalldruck naturgem¨ aß immer gerade doppelt so groß wie der der Einzelquellen. Wird die Frequenz weiter auf h = λ gesteigert, dann erkennt man schon ein globales Interferenzmuster aus abwechselnd ’hellen’ und ’dunklen’ Streifen, das mit weiter wachsender Frequenz - wie z.B. bei h = 2λ - immer ausgepr¨agter wird. alt es sich bei den entgegengesetzt gleich In gewisser Weise ¨ ahnlich verh¨ großen Quellen, die in den Farben Magenta und Gr¨ un angedeutet sind. Auch hier wirken sehr kleine Quellabst¨ ande in erster N¨aherung so, als w¨aren die Quellen an ein
84
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Bild 3.7. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = λ/4
Bild 3.8. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = λ/2
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
Bild 3.9. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = λ
Bild 3.10. Schallfeld bei zwei gleich großen Quellen, h = 2λ
85
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3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Bild 3.11. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = λ/4
Bild 3.12. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = λ/2
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
Bild 3.13. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = λ
Bild 3.14. Schallfeld bei zwei entgegengesetzt gleich großen Quellen, h = 2λ
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3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
und dem selben Ort angebracht. Die Feldsumme ist also global ’nahe bei Null’. Das Restschallfeld entsteht nur dadurch, dass die Quellen eben doch nicht in einem einzigen Ort angebracht werden k¨onnen. Nat¨ urlich addieren sich diesmal die Teildr¨ ucke in der Mittelebene zwischen den Quellen stets vollst¨ andig zu Null, bei kleinen Quellabst¨ anden konzentriert sich deshalb das verbleibende Restfeld auch hier mehr auf die Achse, welche die Quellen durchst¨oßt. Mit wachsender Frequenz (oder wachsendem Quellabstand) entsteht alsbald wieder Interferenz, diesmal nur mit ver¨anderten Details. So entsteht diesmal f¨ ur den Fall h = λ/2 ’konstruktive’ Interferenz auf der Quellen-Achse. Das entgegengesetzte Vorzeichen der Quellen wird gerade durch den Unterschied von einer halben Wellenl¨ ange in der Ausbreitung der Teilschalle aufgehoben; deshalb betr¨ agt in diesem Fall und Raumgebiet das Ganze (ungef¨ahr) das Doppelte eines Einzelfeldes. Werden die Quellen noch weiter auseinander gezogen, dann entsteht wieder ein immer ausgepr¨agteres Interferenzmuster aus abwechselnd hellen und dunklen Streifen ganz ¨ahnlich wie im Fall gleich großer Quellen, nur dass die genaue Lage der Streifen jetzt ’gedreht’ erscheint, wie der Vergleich der Bilder 3.10 und 3.14 lehrt. Die genannten Prinzipien und Effekte sollen nun noch ihrer Gr¨oße und Bedeutung nach gefasst werden. Nun kann ja insbesondere in der n¨aheren Umgebung der beiden Quellen r < h wird das Schallfeld sehr stark von Aufpunkt zu Aufpunkt schwanken: Mal z¨ ahlt die eine Quelle auf Grund der AbstandsAbh¨ angigkeit mehr, mal die andere. Aus diesem Grunde versucht man, eine sogenannte Fernfeldn¨ aherung“ f¨ ur Gl.(3.17) herzustellen. Wie das Folgen” de schnell zeigt, lassen sich f¨ ur das Fernfeld tats¨achlich recht einfache und u ¨bersichtliche quantitative Betrachtungen vornehmen. ¨ Die erste Vereinfachung von (3.17) beruht auf der einfachen Uberlegung, dass f¨ ur r h die durch die Entfernung bewirkte Amplitudenabnahme etwa gleich ist. Man kann also 1/r ≈ 1/R annehmen. Damit ist im ersten Schritt pfern ≈
jω Q1 e−jkR + Q2 e−jkr . 4πR
Obwohl aus 1/r ≈ 1/R nat¨ urlich auch r ≈ R folgt, m¨ ussen die Phasenfunktionen e−jkr und e−jkR wesentlich genauer untersucht werden, denn durch sie wird ja beschrieben, ob es sich um ’konstruktive’ oder ’destruktive’ Interferenz handelt, oder um ’etwas dazwischen’. Am einfachsten erkennt man das aus der Umformung pfern ≈
jω −jkR e Q1 + Q2 e−jk(r−R) . 4πR
(3.18)
Die in der Klammer zuletzt auftretende Phasenfunktion h¨angt von der auf die Wellenl¨ ange bezogenen Differenz aus den beiden Entfernungen ab. Obgleich r und R in einem prozentualen Sinn fast gleich sein k¨onnen (wie bei der Amplitudenabnahme vorausgesetzt), k¨ onnen die Unterschiede dennoch in der Gr¨ oßenordnung einer Wellenl¨ ange sein, und es ist gerade dieser ’relativ kleine’
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
89
Unterschied, der u achlichen Wert der Phasenfunktion e−jk(r−R) ¨ber den tats¨ entscheidet. ¨ Um nun zu einer besseren Ubersicht zu gelangen, wird zun¨achst r mit Hilfe des Cosinus-Satzes durch R und ϑ ausgedr¨ uckt: r2 = R2 + h2 − 2Rh cos ϑ , oder r2 − R2 = (r − R)(r + R) = h2 − 2Rh cos ϑ , bzw. nach der ja eigentlich gesuchten Differenz aufgel¨ost r−R=
h2 2Rh − cos ϑ . r+R r+R
Im Fernfeld R h erh¨ alt man also in erster N¨aherung, in der Glieder mit (h/R)2 und h¨ ohere Potenzen vernachl¨ assigt werden, r − R ≈ −h cos ϑ.
(3.19)
Gleichung (3.18) wird also n¨ aherungsweise zu pfern
jω −jkR Q2 jkh sin ϑN jkh cos ϑ e ≈ e . Q1 + Q2 e = p1 1 + 4πR Q1
(3.20)
In (3.20) bedeutet p1 den Schalldruck der Quelle 1 (Q2 = 0) alleine. Vern¨ unftigerweise beschreibt man Schallfelder durch eine globale“ Gr¨oße ” und durch die Feld-Verteilung auf die Richtungen. Der Klammerausdruck in (3.20) gibt die Richtcharakteristik des Strahlerpaares an; weil dabei nur die Unterschiede von Richtung zu Richtung interessieren, kann noch beliebig skaliert werden. Als Maß f¨ ur die Strahlerst¨ arke“ konzentriert man sich nicht ” auf einen speziellen Punkt oder eine Richtung, sinnvollerweise gibt man als globales Maß f¨ ur den Abstrahlvorgang die insgesamt abgestrahlte Leistung P an. Sie l¨ asst sich (siehe auch (3.15)) aus 1 P = 2 c
2π π 2
|pfern | R2 sin ϑ dϑ dϕ 0
nach Einsetzen von (3.20) zu P = P1
1+
(3.21)
0
Q2 Q1
2
Q2 sin (kh) +2 Q1 kh
(3.22)
berechnen (P1 = abgestrahlte Leistung von Q1 alleine). F¨ ur (3.22) ist von einem reellwertigen Verh¨ altnis Q2 /Q1 ausgegangen worden. (Hinweis: Die einzige Schwierigkeit in der Berechnung von (3.22) k¨onnte in der L¨osung des Integrales F (kh sin ϑ) mit
90
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
π F (kh sin ϑ) =
cos(kh cos ϑ)sinϑdϑ 0
bestehen. Die Substitution u = cos ϑ, du = − sin ϑdϑ f¨ uhrt auf ein einfaches Integral.) Die Diskussion des Strahlerverhaltens wird am einfachsten getrennt f¨ ur tiefe und hohe Frequenzen durchgef¨ uhrt. Tiefe Frequenzen h/λ 1 ur |x| 1 F¨ ur tiefe Frequenzen gilt nach (3.20) mit ejx ≈ 1 + jx f¨ Q2 pfern ≈ p1 1 + (1 + jkh sin ϑN ) . Q1
(3.23)
Solange der richtungsunabh¨ angige Teil 1+Q2 /Q1 nicht gleich Null ist, solange also nicht ein Dipol mit Q2 = −Q1 betrachtet wird, kann man n¨aherungsweise einfach die Quellst¨ arken addieren: Bei tiefen Frequenzen wirken die Quellen so, als w¨ aren sie in ein- und demselben Ort“ angebracht: ” Q2 . pfern ≈ p1 1 + Q1 F¨ ur die Leistung ist dann nach (3.22) wegen sin(kh)/kh ≈ 1 2 Q2 P ≈ P1 1 + . Q1 F¨ ur den Fall gleicher Quellen Q2 = Q1 verdoppelt sich der Schalldruck gegen¨ uber einer einzelnen Quelle pfern ≈ 2p1 ,
(3.24)
und die Leistung besteht dementsprechend im Vierfachen der Einzelleistung P ≈ 4P1 .
(3.25)
F¨ ur den Fall des Dipols mit Q2 = −Q1 dagegen erh¨alt man aus (3.23) pfern (Dipol) ≈ −jkhp1 sin ϑN
(3.26)
und aus (3.22) P (Dipol) ≈ 2P1
sin (kh) 1− kh
≈ P1
(kh)2 3
(3.27)
(wegen sin(x)/x ≈ 1 − x2 /6 f¨ ur |x| 1). Beim Dipol erh¨alt man also tieffrequent eine Achter-Charakteristik, wie in Bild 3.15 gezeigt. Die dreidimensionale Erweiterung entsteht durch Rotation um die Achse, an der die Einzelquellen
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
91
angeheftet sind. Die vom Dipol tieffrequent abgestrahlte Leistung ist kleiner als die der Einzelquellen: Lw (Dipol) = Lw (Einzel) + 10 lg
(kh)2 . 3
(3.28)
In Zahlenwerten ausgedr¨ uckt ist der Leistungsunterschied jedenfalls dann nicht sehr groß, wenn unrealistisch kleine Abst¨ande oder allzu tiefe Frequenzen außer Acht bleiben. F¨ ur h/λ = 1/8 betr¨ agt 10 lg((kh)2 /3) = −6, 8 dB; die vom Dipol erzeugte Leistung ist also nur um etwa 7 dB kleiner als die der Einzelquellen. Wenn man annimmt, dass die Punktquellen hier als Stellvertreter f¨ ur endlich ausgedehnte, tieffrequente technische Quellen gemeint sind, dann d¨ urfen diese selbst bei den eigentlich f¨ ur eine Leistungsminderung ja g¨ unstigen tieffrequenten Anwendungen nur recht kleine geometrische Abmessungen besitzen. F¨ ur 170 Hz mit λ = 2 m ist λ/8 = 0, 25 m; der Abstand der beiden Quellen (und damit auch die Strahler-Abmessungen) darf also h¨ochstens 25 cm betragen, um etwa 6 dB Leistungsminderung herzustellen. Gr¨oßere Abst¨ande w¨ urden eine noch kleinere Leistungs-Pegel-Differenz (bei gleicher Frequenz) nach sich ziehen. 90° 0 135°
dB
−5
45°
−10 −15 −20 +/−180°
−25
0°
−20 −15 −10 −135°
−5
−45°
0 −90°
Bild 3.15. Richtcharakteristik (links) und Teilchenbewegungen (rechts) eines Dipols. F¨ ur das rechte Teilbild betr¨ agt der Quellabstand λ/2.
In dem geschilderten Sachverhalt liegt einer der Gr¨ unde daf¨ ur, dass man die Erwartungen an die aktive L¨ armbek¨ ampfung“, jedenfalls im Falle der Ab” strahlung ins Freie, eher mit Bescheidenheit einsch¨atzen sollte. Selbst wenn zu Demonstrations-Zwecken gegenphasige Lautsprecher bei tiefen Frequenzen benutzt werden, betragen deren Mittelpunkts-Abst¨ande oft mehr als eine Viertel-Wellenl¨ ange, mit einer - dem H¨ oreindruck nach - unbefriedigenden L¨ armminderung. Hinzu kommt, dass das tieffrequente Experiment den Experimentator leicht dazu verleitet, die Lautsprecher zu u ¨bersteuern; weil man tiefe T¨ one ohnedies schlecht wahrnimmt, l¨ asst man sich leicht zu u ¨berh¨ohten
92
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Steuerspannungen verf¨ uhren. Die Folge: Die Lautsprecher klirren im h¨oherfrequenten Bereich, in dem die aktive Maßnahme sogar wirkungslos ist. Weil diese h¨ oheren Frequenzen auch noch besser wahrgenommen werden, ist die aktive Maßnahme fast nicht mehr herauszuh¨ oren. Hohe Frequenzen h λ F¨ ur hohe Frequenzen erh¨ alt man nach (3.20) Richtwirkungen, die sich u ¨ber ϑN rasch ¨ andern und dabei zwischen den Druckmaxima 2 Q2 2 2 (3.29) |pfern |max = |p1 | 1 + Q1 und den Druckminima 2 Q2 1 − Q1
2
2
|pfern |min = |p1 |
(3.30)
gleichm¨ aßig schwanken. Der Grund daf¨ ur besteht in der Interferenz der beiden Felder, deren Betr¨ age sich in den B¨ auchen (den Maxima) addieren, in den Knoten (den Minima) dagegen subtrahieren. F¨ ur die insgesamt abgestrahlte Leistung gilt nach (3.22) f¨ ur kh 1 2 Q2 P ≈ P1 1 + = P1 + P2 . (3.31) Q1 Bei hohen Frequenzen addieren sich also (anders als bei den tiefen Frequenzen) die Leistungen der Einzelquellen zur Gesamtleistung des Paares. Diese Tatsache steht im Einklang mit der bereits geschilderten Richtungsverteilung, in der Maxima und Minima abwechseln und gleich oft vorkommen. Demnach ist das mittlere Schalldruckquadrat 2 Q2 1 1 2 2 ¯ 2 . p = |pfern |max + |pfern |min = 1 + 2 2 Q1 Auch daraus ergibt sich wieder (3.31), weil das mittlere Schalldruckquadrat und die abgestrahlte Leistung zueinander proportionale Gr¨oßen sind. ur entgegengesetzt gleich F¨ ur gleich große Quellen Q2 = Q1 ebenso wie f¨ große Quellen Q2 = −Q1 findet also eine Leistungs-Verdopplung statt. Daraus folgt z.B., dass sich das als aktive L¨ armbek¨ ampfungs-Maßnahme beabsichtigte Hinzuf¨ ugen der zweiten, phasenverkehrten Quelle nicht nur nicht lohnt, sondern sogar noch einen Nachteil herstellt: Im Sinne kleinster abgestrahlter Leistung l¨ asst man die zweite, aktive“ Quelle am besten weg. Das wird auch ” deutlich, wenn man das Quellst¨ arkenverh¨ altnis V = Q2 /Q1 bestimmt, das zur minimalen abgestrahlten Leistung f¨ uhrt. Durch Differenzieren von (3.22)
3.4 Das Schallfeld zweier Quellen
93
P sin(kh) = 1 + V 2 + 2V P1 kh nach V findet man als optimales Verh¨ altnis mit minimaler Gesamtleistung“ ” Q2 sin(kh) . (3.32) Vopt = =− Q1 opt kh Wie man sieht, ist bei tiefen Frequenzen Q2 = −Q1 die beste QuellenAnsteuerung f¨ ur die zweite Quelle; je h¨ oher die Frequenz wird, desto kleiner wird die optimale Ansteuerung Q2 , wobei sie sogar das gleiche Vorzeichen wie die Originalquelle“ besitzen kann. Bei hohen Frequenzen strebt Vopt gegen ” Null. Bild 3.16 versucht noch einmal eine Illustration der genannten Sachverhalte anhand der nach (3.22) gerechneten abgestrahlten Leistung f¨ ur Q2 = Q1 , ur den (im Sinne der aktiven L¨armbek¨ampfung) Optif¨ ur Q2 = − Q1 und f¨ malfall, f¨ ur den nach (3.32) Q2 = − Q1 sin(kh)/kh ist. Tieffrequent addieren sich die Quellen, daher ein Zuwachs von 6 dB gegen¨ uber der Einzelquelle bei Q2 = Q1 und die Leistungs-Verringerung bei entgegengesetzt gleich großen Quellen Q2 = − Q1 . Bei hohen Frequenzen schließlich spielt die Phasenbeziehung der Quellen keine Rolle mehr: Hier ist die Gesamtleistung stets gleich der Summe der Einzelleistungen. 10 8 6
Q2/Q1= 1
10 lg P/P1
4 2
Q /Q = −1 2 1
0 Q /Q = −sin(kh)/kh 2 1
−2 −4 −6 −8
−10 0.125
0.25
0.5
1
2
4
h/λ
Bild 3.16. Frequenzg¨ ange der von zwei Schallquellen abgestrahlten Leistung
Die genannten Sachverhalte lassen sich auch auf eine gr¨oßere QuellenAnzahl u ¨bertragen. Bei N Quellen gilt f¨ ur tiefe Frequenzen
94
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
pges =
N jω −jkR e Qi 4πR i=1
(3.33)
(alle Abst¨ ande der Quellen sind klein verglichen mit der Wellenl¨ange) und f¨ ur hohe Frequenzen Pges =
N
Pi
(3.34)
i=1
(alle Abst¨ ande groß verglichen mit λ).
3.5 Lautsprecherzeilen Die im Schwierigkeitsgrad n¨ achste Stufe von Abstrahlproblemen besteht in der Kombination von beliebig vielen ungerichteten koh¨arenten Teilquellen, die entlang einer Achse aufgereiht sind. Praktische Realisierungen solcher eindimensionalen Strahler-Ketten d¨ urften wohl ausschließlich in Lautsprecherzeilen bestehen, wie sie in Bild 3.17 geschildert sind. Der Schnelleverlauf an der Strahleroberfl¨ ache wird hier der Einfachheit halber durch die kontinuierliche Funktion v(z) beschrieben. Die Zeile besitzt die Breite b, die stets klein verglichen mit der Wellenl¨ ange sein soll. Der Beitrag des in Bild 3.17 mit z Aufpunkt (x,z)
r
z-z Q
R dz Q zQ
ϑΝ x
0
Gehäuse Schnelle v(z Q ) ϕ
Bild 3.17. Lautsprecherzeile und verwendete geometrische Gr¨ oßen
3.5 Lautsprecherzeilen
95
eingezeichneten, infinitesimal kleinen Strahlerelementes zum Schalldruck im Aufpunkt betr¨ agt jω b v(zQ ) −jkr e dzQ , (3.35) dp = 4πr und deshalb gilt f¨ ur den Gesamtdruck jω b p= 4π
l/2 v(zQ )
e−jkr dzQ . r
(3.36)
−l/2
Darin sind l die Strahlerl¨ ange und r der Abstand zwischen Quellpunkt und Aufpunkt (x, z) r = (z − zQ )2 + x2 . Wie man sieht ist vorausgesetzt worden, dass die Teilstrahler tats¨achlich auch Volumenquellen bilden. Die Lautsprecher m¨ ussen also in ein Geh¨ause (eine Box) eingebaut sein, das den im vorigen Abschnitt geschilderten Massenkurzschluss verhindert. Das durch (3.36) beschriebene Schallfeld ist wieder rotationssymmetrisch hinsichtlich der ϕ-Richtung (Bild 3.17). Eine u ¨bersichtlichere Gestalt nimmt (3.36) in großen Entfernungen an. Zur Herleitung der aus (3.36) folgenden Fernfeldn¨aherung geht man genauso wie im vorigen Abschnitt vor. An die Stelle von (3.19) tritt f¨ ur das in zQ liegende Strahlerelement (R = Mittelpunktabstand, Bild 3.17) r − R = −zQ cos ϑ = −zQ cos(90◦ − ϑN ) = −zQ sin ϑN ,
(3.37)
ohere Potenzen) bereits weggelassen worden wobei Glieder mit zQ 2 (und h¨ sind. In welchem Frequenzbereich die letztgenannte Vernachl¨assigung auch wirklich vern¨ unftig ist, das wird im Abschnitt 3.5.4 Fernfeld-Bedingungen“ ” ausf¨ uhrlich erl¨ autert. Dar¨ uber hinaus werden nur solche Abst¨ande R l betrachtet, bei denen die Amplituden-Entfernungs-Abnahme 1/r ≈ 1/R f¨ ur alle Strahlerbezirke etwa gleich ist. Damit wird aus (3.36) im Fernfeld pfern
jωb −jkR e = 4πR
l/2 v(zQ )ejkzQ sin ϑN dzQ .
(3.38)
−l/2
Der Ausdruck vor dem Integral zeigt Schallwellen an, deren Amplitude umgekehrt proportional zum Abstand f¨ allt. Die Leistungsabgabe der ortsver¨anderlichen Quelle und die Feldverteilung auf die Abstrahlrichtungen wird durch das Integral beschrieben. Nur am Rande sei hier erw¨ahnt, dass das Integral die Fourier-Transformierte der Strahlerschnelle bildet (f¨ ur Einzelheiten dazu siehe Kapitel 13). Welche prinzipiellen Richtcharakteristika bei zusammengesetzten Strahlern zu erwarten sind und durch welche Maßnahmen diese beeinflusst werden k¨ onnen, dar¨ uber geben sicher Beispiele am besten Aufschluss. Es sei mit dem einfachsten Fall begonnen, bei dem mit v(zQ ) = v0 = const. alle Lautsprecher gleichphasig und mit gleichem Hub betrieben werden.
96
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
3.5.1 Eindimensionale Kolbenmembran F¨ ur die mit v(zQ ) = v0 bezeichnete eindimensionale Kolbenmembran wird aus (3.38) mit dem Gesamt-Volumenfluss Q = v0 bl
pfern
jωQ −jkR 1 e = 4πR l
l/2 [cos(kzQ sin ϑN ) + j(sin kzQ sin ϑN )] dzQ . −l/2
Aus Symmetriegr¨ unden entf¨ allt der Imagin¨ arteil des Integrals und man erh¨alt l sin k 2 sin ϑN sin π λl sin ϑN pfern = pQ = pQ , (3.39) k 2l sin ϑN π λl sin ϑN worin pQ den Schalldruck der kompakten“ Quelle (mit gleichem Volumen” fluss) jωQ −jkR e (3.40) pQ = 4πR bedeutet. Am einfachsten gestaltet sich die Diskussion des Ergebnisses (3.39), wenn man sich zun¨ achst allgemein u ¨ber den Verlauf der rechts vorkommenden sogenannten Spaltfunktion“ sin(πu)/πu Klarheit verschafft. Die Richtcharakte” ristik ergibt sich einfach durch u = l/λ sin ϑN als Ausschnitt |u| < l/λ aus der Spaltfunktion: Bei Variation von ϑN im Intervall – 90◦ ≤ ϑN ≤ 90◦ durchl¨auft u das Intervall – l/λ ≤ u ≤ l/λ, das deswegen die Charakteristik angibt. Die Abstrahlfunktion“ G(u) = sin(πu)/πu, aus der sich alle Richtcha” rakteristika durch Ausschnittsbildung direkt ablesen lassen, ist in den Bildern 3.18 und 3.19 gezeigt, wobei in 3.18 die Funktion selber (f¨ ur sp¨atere Zwecke) und in 3.19 die Darstellung durch Pegel gegeben wird. Ihre Haupteigenschaften seien durch die folgenden Stichworte bezeichnet: • f¨ ur u = 0 betr¨ agt ihr Wert G(0) = 1; • G(u) besteht aus abwechselnd positiven und negativen Sinus-Halb-Wellen unter der Einh¨ ullenden 1/u; • die Pegeldarstellung besteht in einer Struktur aus Hauptkeulen (mit dem Zentrum u = 0) gefolgt von Nebenkeulen (mit den Zentren u = ±(n + 0, 5), n = 1, 2, 3, . . .). Einige Beispiele der daraus folgenden Richtcharakteristika werden in Bild 3.20 a, b und c f¨ ur unterschiedliche Verh¨ altnisse aus L¨ange und Wellenl¨ange gezeigt. F¨ ur tiefe T¨ one l λ (l/λ = 0, 5 in Bild 3.20 a) entsteht eine fast ungerichtete Abstrahlung, deren Richtwirkung sich aus dem Ausschnitt |u| < 0, 5 in Bild 3.19 ergibt. Nur an den R¨ andern ϑN ≈ 90◦ ist schon eine leichte Einschn¨ urung von einigen wenigen dB zu erkennen. F¨ ur den Fall einer mitt” leren“ Frequenz l/λ = 2 (f¨ ur l = 2 m w¨ are λ = 1 m und die Frequenz mit
3.5 Lautsprecherzeilen
97
1.2 1
sin(πu)/πu
0.8 0.6 0.4 0.2 0 −0.2 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
4
5
u
Bild 3.18. Spaltfunktion, lineare Darstellung 0 −5
10 lg (sin(πu)/πu)2
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
u
Bild 3.19. Spaltfunktion, Darstellung durch Pegel
f = 340 Hz eigentlich eher noch niedrig) ist der Ausschnitt |u| < 2 relevant; die Charakteristik hat nun schon eine recht deutliche Vorzugsrichtung nach vorne, gefolgt von je einer Nebenkeule, die um etwa 13, 5 dB unter der Hauptkeule liegt. Der Einbruch“ liegt bei l/λ sin ϑN = 1, also bei sin ϑN = 0, 5 oder ” ur l = 2 m w¨are λ = 50 cm, bei ϑN = 30◦ . Bei hohen Frequenzen l/λ = 4 (f¨ die Frequenz also bei 680 Hz) schließlich verf¨ ugt die Richtcharakteristik schon
98
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 90° 0
dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −45°
−10 0 −90°
Bild 3.20. (a) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile f¨ ur l/λ = 0, 5 90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.20. (b) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile f¨ ur l/λ = 2
u undelung nach vorne mit schmaler Hauptkeule, der ¨ber eine recht scharfe B¨ beidseitig je 3 Nebenkeulen folgen. Bei Anwendungen interessiert vor allem der Schalldruck in der Hauptkeule, f¨ ur welchen p(ϑN = 0◦ ) = pQ gilt (siehe Gl.(3.39)). In diesem Fall steht die abgestrahlte Leistung eher im Hintergrund des Interesses, weshalb ihre Betrachtung hier auch unterbleibt.
3.5 Lautsprecherzeilen
99
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.20. (c) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile f¨ ur l/λ = 4
3.5.2 Die Formung von Haupt- und Nebenkeulen Manchmal ist die Struktur aus Haupt- und Nebenkeulen, wie sie bei der eindimensionalen Kolbenmembran auftritt, unerw¨ unscht. Zum Beispiel sollen zwar Zuh¨ orer-Bereiche in einem Auditorium beschallt werden, gleichzeitig aber soll das im selben Raum vorhandene Mikrophon m¨oglichst nicht von abgestrahltem Schall getroffen werden, um R¨ uckkopplungen zu vermeiden. Auch m¨ ochte man bei manchen Anwendungen gewisse Fl¨achen mit Schall versorgen, andere dagegen dabei gar nicht st¨ oren (z.B. bei Ansagen in Bahnh¨ofen). Es gibt also Anwendungen, bei denen die Nebenkeulen st¨oren und unterdr¨ uckt werden sollen; im Folgenden wird eine spezielle Methode betrachtet, wie das geschehen kann. Die Grundidee, die der Unterdr¨ uckung der Nebenkeulen dabei zu Grunde liegt, l¨ asst sich leicht aus einem einfachen Zusammenhang zwischen zeitlichen ¨ Signalen und ihrer Frequenzzusammensetzung herleiten. Ubersetzt man den Rechtecksprung“ an den Enden der Kolbenmembran in einen Zeitverlauf, ” so liegt ein Vorgang mit Einschaltknack und mit Ausschaltknack“ vor. Es ” sind diese beiden Signal-Unstetigkeiten, die f¨ ur die (recht) breitbandige Gestalt der Frequenzzusammensetzung des Rechtecksignals sorgen. In der Tat kann man die Spaltfunktion sin(πu)/πu als Frequenzspektrum des Zeitsignals deuten, wobei u = f T einzusetzen ist (T = Dauer des Signals). Es ist nun denkbar einfach, die hohen Frequenzen (sie entsprechen den Nebenkeulen) herabzud¨ ampfen: Man muss nur daf¨ ur sorgen, dass aus dem schnellen Wech¨ sel an den Signalr¨ andern ein allm¨ ahlicher, gleitender Ubergang gemacht wird. Ein Signalverlauf der Gestalt f (t) = cos2 (πt/T ) f¨ ur −T /2 < t < T /2
100
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
¨ ist gewiss wesentlich schmalbandiger als das Rechtecksignal. Ubertragen auf den Ortsverlauf bei Lautsprecherzeilen w¨ urde man also erwarten, dass ein ormiger Schnelleverlauf eine Nebenkeulen-Unterdr¨ uckung herstellt. cos2 -f¨ Aus diesem Grund befassen sich die folgenden Betrachtungen mit dem Schnelleverlauf zQ v(zQ ) = 2v0 cos2 π . (3.41) l Der Faktor 2 bewirkt, dass der insgesamt davon produzierte Volumenfluss l/2 Q=b
v(zQ )dzQ = v0 bl
−l/2
genauso groß ist wie bei der eindimensionalen Kolbenmembran. Das abgestrahlte Schallfeld l¨ asst sich in großen Entfernungen wieder nach (3.38) berechnen:
pfern
1 = pQ l
l/2
z Q ejkzQ sin ϑN dzQ . 2 cos2 π l
−l/2
Mit Hilfe von 2 cos2 α = 1 + cos 2α = 1 +
1 j2α e + e−j2α 2
wird daraus pfern
1 = pQ l
l/2
2π 2π 1 1 ejkzQ sin ϑN + ej (k sin ϑN + l )zQ + ej (k sin ϑN − l )zQ 2 2
dzQ .
−l/2
Wieder auf die Symmetrieeigenschaften gest¨ utzt lassen sich die drei Integrale leicht l¨ osen, man erh¨ alt dann sin π λl sin ϑN − 1 sin π λl sin ϑN pfern 1 sin π λl sin ϑN + 1 + + = pQ 2 π λl sin ϑN π λl sin ϑN + 1 π λl sin ϑN − 1 (3.42) f¨ ur den Schalldruck im Fernfeld. Wie im vorigen Abschnitt ist es gewiss vern¨ unftig, zun¨ achst die abstrahltypische Funktion G(u) =
sin (πu) 1 sin (π(u + 1)) 1 sin (π(u − 1)) + + πu 2 π(u + 1) 2 π(u − 1)
(3.43)
zu diskutieren: Alle von Frequenz zu Frequenz unterschiedlichen Richtcharakteristika bestehen einfach in Ausschnitten u = l/λ sin ϑN aus dem Funktionsverlauf G(u).
3.5 Lautsprecherzeilen
101
1.2 sin(πu)/πu 1 0.8 0.6
sin(π(u+1))/π(u+1)
sin(π(u−1))/π(u−1)
0.4 0.2 0 −0.2 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.21. Die drei Bestandteile der abstrahltypischen Funktion G(u) in Gl.(3.42) 1.2 1
G(u)
0.8 0.6 0.4 0.2 0 −0.2 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.22. G(u) in linearer Darstellung
Die prinzipielle Gestalt von G(u) ist rasch gekl¨art. Ihre drei Bestandteile, eine unverschobene Spaltfunktion und jeweils eine um 1 nach links und um 1 nach rechts verschobene Spaltfunktion je mit dem Faktor von 1/2, sind in Bild 3.21 eingezeichnet. Man erkennt auf einen Blick“ die Ver¨anderung ” der Summe gegen¨ uber der zur eindimensionalen Kolbenmembran geh¨orenden zentralen“ Spaltfunktion: ”
102
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 0 −5 −10
10 lg G(u)2
−15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.23. G(u), Darstellung als Pegel 90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.24. (a) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile mit Nebenkeulen-Formung f¨ ur l/λ = 0, 5
• •
die Hauptkeule wird durch die Summation in der Breite verdoppelt und je weiter weg sich der betrachtete Nebenkeulen-Bereich von der Hauptkeule befindet, desto eher erg¨ anzen sich die Bestandteile in der Summe zu Null: Die Summation wirkt wie eine betr¨ achtliche Nebenkeulen-Unterdr¨ uckung.
3.5 Lautsprecherzeilen
103
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −45°
−10 0 −90°
Bild 3.24. (b) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile mit Nebenkeulen-Formung f¨ ur l/λ = 2
Diese Effekte sind noch einmal in den Darstellungen von G(u) in Bild 3.22 (linear) und in Bild 3.23 (als Pegel) zusammengefasst. Erkennbar sind die Nebenkeulen-Bereiche in Bild 3.22 gegen¨ uber der einzelnen“ Spaltfunktionen ” deutlich abgeschw¨ acht. Bild 3.23 schildert die Konsequenzen, die sich daraus f¨ ur die Pegel ergeben. 90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.24. (c) Richtcharakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) einer Lautsprecherzeile mit Nebenkeulen-Formung f¨ ur l/λ = 4
104
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Eigentlich ist die Schilderung der Richtcharakteristika, die daraus folgt, u ussig: Sie bestehen in Ausschnitten aus G(u), die im Polardiagramm ¨berfl¨ aufgetragen werden. Bild 3.24 a,b,c nennt dennoch Beispiele mit den gleichen Parametern wie bei der Kolbenmembran. Bei den mittleren und hohen Frequenzen ist die Nebenkeulen-Unterdr¨ uckung bei gleichzeitiger HauptkeulenVerbreiterung gut zu erkennen. Es sind eine ganze Reihe von anderen Orts-Signal-Verl¨aufen bekannt, die eine Seitenkeulen-Unterdr¨ uckung herstellen. Allen ist jedoch gemeinsam, dass abgesenkte Nebenkeulen immer mit einer Verbreiterung der Hauptkeule untrennbar verkn¨ upft sind. F¨ ur das beamforming“ von Lautsprecherzeilen spie” len die Unterschiede zwischen den verschiedenen Signal-Verl¨aufen nur eine untergeordnete Rolle, die vom Einfluss von immer vorhandenen Toleranzen und Ungenauigkeiten praktisch immer verdeckt werden. Ihre Betrachtung lohnt deshalb kaum die M¨ uhe. 3.5.3 Elektronisches Schwenken Von praktischem Interesse ist jedoch die Frage, ob sich die Hauptkeule mit Hilfe von elektrischer Ansteuerung der einzelnen Elemente einer Lautsprecherzeile auf bestimmte, erw¨ unschte Richtungen ablenken l¨asst. Diese M¨oglichkeit des elektronischen Schwenks besteht, wie die folgenden Betrachtungen lehren. Tats¨ achlich ist der praktische Aufbau, mit dem das geschehen kann, sogar recht leicht herstellbar: Die Lautsprecher-Speise-Spannungen m¨ ussen alle nur gegeneinander jeweils um eine Zeit Δt verz¨ogert werden, wie in Bild 3.25 skizziert. Der (von unten gez¨ ahlt) i-te Lautsprecher erh¨alt also die Ansteuerung u(t − iΔt). Das gleiche gilt nat¨ urlich auch f¨ ur die Schnellesignale der Lautsprecher-Membrane: Die Schnelle einer weiter oben liegenden Quelle ist eine - je nach Lage - verz¨ ogerte Version der Schnelle des ersten Elements. Insgesamt wirkt also die Lautsprecherzeile, deren Elemente u ¨ber eine Kette von gleichartigen Verz¨ ogerungsleitungen angesteuert werden, selbst wie ein Wellenleiter: Wenn man idealisierend kleine Sende-Elemente voraussetzt, dann l¨asst sich die Schnelle der entlang der z-Achse angebrachten Quelle durch z + l/2 v(z, t) = f t − (3.44) cs beschreiben, worin f (t) den Schnelle-Zeitverlauf am Zeilenanfang v(−l/2, t) = f (t)
(3.45)
bedeutet. In (3.44) wird eine Ortsfunktion genannt, die mit der Zeit wan” dert“. Das damit bezeichnete Orts-Zeit-Verhalten besteht also in einer Welle. Die Konstante cs in (3.44) ist die Wellen-Ausbreitungsgeschwindigkeit, mit der sich das Schnellesignal entlang der Lautsprecherzeile fortpflanzt; es ist also cs = Δz/Δt (3.46)
3.5 Lautsprecherzeilen
105
Kette von VerzögerungsLeitungen z l/2
0
Δt
LS
Δt
LS
Δt
LS
Δt
LS
Δt
LS
LautsprecherZeile
Δz
-l/2
Eingangssignal
Bild 3.25. Lautsprecherzeile, deren Elemente u ogerungslei¨ber eine Kette von Verz¨ tungen angesteuert werden
(Δz, Δt: Abstand und Verz¨ ogerungszeit zweier Elemente, siehe Bild 3.25). F¨ ur reine T¨ one als Steuersignal f (t) = Re v1 ejωt findet man also mit
f (z, t) = Re v(z)ejωt
die bekannte Wellenbeschreibung v(z) = v1 e−j cs (z+l/2) = v0 e−j cs z ω
ω
(3.47)
f¨ ur die Welle der Zeilenschnelle. Wie bei jeder harmonischen Wellengestalt kann man das Verh¨ altnis ω/cs noch durch eine Abk¨ urzung, die StrahlerWellenzahl ks ks = ω/cs (3.48) urlich bereits die ¨ortliche Periode“, ausdr¨ ucken. Auch enth¨ alt ks (und cs ) nat¨ ” die als Strahler-Wellenl¨ ange“ λs mit ”
106
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
λs =
2π cs = f ks
(3.49)
bezeichnet wird. Ausdr¨ ucklich sei noch einmal darauf hingewiesen, dass bislang lediglich die Eigenschaften der zusammengesetzten Quelle selbst, nicht aber die Abstrahlung von ihr betrachtet worden sind: cs , ks und λs sind also QUELLEIGENSCHAFTEN, die von den MEDIUMEIGENSCHAFTEN c, k und λ (= Ausbreitungsgeschwindigkeit, Wellenzahl und Wellenl¨ange in Luft) wohl unterschieden werden m¨ ussen. Die Schallabstrahlung von der oben definierten Schallquelle ist nach (3.38) rasch berechnet: pfern
l/2
1 = pQ l
j(k sin ϑN −ks )zQ
e
dzQ = pQ
sin
kl 2 kl 2
−l/2
sin ϑN −
sin ϑN −
ks l 2 ks l 2
(3.50)
(wie immer ist pQ = jωblv0 e−jkR /4πR der Druck der kompakten“ Quelle). ” 0
10 lg [sin(π(u−2))/(π(u−2))]2
−5 −10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
5
u
Bild 3.26. G(u) nach Gl.(3.50) f¨ ur l/λs = 2
Zur Diskussion von (3.50) ist es wohl, wie in den beiden vorigen Abschnitten, am einfachsten, wieder die abstrahltypische“ Funktion ” sin (π(u − l/λs )) (3.51) G(u) = π(u − l/λs ) zu erl¨ autern. Das Abstrahlgeschehen wird auch hier durch den Ausschnitt |u| < l/λ beschrieben. (3.51) stellt einfacherweise eine um l/λs nach rechts
3.5 Lautsprecherzeilen
107
verschobene Spaltfunktion dar. Bild 3.26 gibt ein Beispiel mit l/λs = 2. Die f¨ ur die Abstrahlung entscheidende Frage besteht nun einfach darin, ob der f¨ ur die Abstrahlung sichtbare“ Ausschnitt |u| < l/λ das nach u = l/λs verschobene ” Maximum der Spaltfunktion umfasst, oder nicht. Kurzwellige Strahler (Strahlerwellenl¨ ange λs < Luftschallwellenl¨ange λ) Ist die Strahlerwellenl¨ ange λs kleiner als die Luftschallwellenl¨ange, dann liegt das Maximum der Spaltfunktion außerhalb des sichtbaren Ausschnitts |u| < l/λ. Die Abstrahlung wird hier also nur durch die Nebenkeulen beschrieben; ist λs sogar viel kleiner als λ, dann findet hier u.U. eine sehr schwache Schallabstrahlung statt, die sich je nach Strahlerl¨ange l/λ auf mehrere etwa gleichrangige Nebenkeulen verteilt. F¨ ur die hier im Vordergrund stehende Anwendung bei elektronisch geschwenkten Lautsprecherzeilen kann man vor allem daraus lernen, dass nur langwellige Zeilen λs > λ und damit cs > c f¨ ur die Praxis in Frage kommen. Langwellige Strahler (Strahlerwellenl¨ ange λs > Luftschallwellenl¨ange λ) F¨ ur langwellige Strahler λs > λ liegt die Hauptkeule der abstrahltypischen Funktion G(u), die nach u = l/λs verschoben worden ist, immer im f¨ ur die Richtcharakteristik sichtbaren Bereich. Der Hauptabstrahlwinkel ϑH ergibt sich aus l l sin ϑH = λ λs zu c λ = . (3.52) sin ϑH = λs cs Die eingangs definierte Lautsprecherzeile besitzt also f¨ ur alle Frequenzen die gleiche geschwenkte Vorzugsrichtung. Hauptkeulenbreite und Anzahl sichtbarer Nebenkeulen h¨ angen nur noch von der in Luftschallwellenl¨angen ausgedr¨ uckten Strahlerl¨ ange ab. Ist l/λ 1, dann ist auch die geschwenkte Richtcharakteristik fast richtungsunabh¨ angig (Bild 3.27 a); f¨ ur mittlere (Bild 3.27 b) und hohe (Bild 3.27 c) Frequenzen besteht die Richtcharakteristik in entsprechend gr¨ oßeren Ausschnitten aus G(u). Nat¨ urlich k¨onnen Strahlformungen (beschrieben im vorangegangenen Abschnitt) und elektronisches Schwenken miteinander kombiniert werden.
108
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 90° 0
dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −45°
−10 0 −90°
Bild 3.27. (a) Geschwenkte Charakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) f¨ ur λs /λ = 2 und l/λ = 0, 5
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.27. (b) Geschwenkte Charakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) f¨ ur λs /λ = 2 und l/λ = 2
3.5 Lautsprecherzeilen
109
90° 0 dB
−10
45°
−20 ϑN
−30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild 3.27. (c) Geschwenkte Charakteristik (links) und Teilchenauslenkungen (rechts) f¨ ur λs /λ = 2 and l/λ = 4
3.5.4 Fernfeldbedingungen Die in den vorigen Abschnitten geschilderten Betrachtungen sind stets f¨ ur das Fernfeld“ durchgef¨ uhrt worden. Um den Fortgang der Gedankenentwicklung ” und die Erl¨ auterung der Prinzipien nicht aufzuhalten, ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen das Fernfeld u uck¨berhaupt vorliegt, zun¨achst zur¨ gestellt worden. Dass ihre Beantwortung hier nachgeholt wird, dient nicht nur der gedanklichen Vollst¨ andigkeit. Wie alle in diesem Buch geschilderten Erwartungen, muss auch das in den letzten Abschnitten erl¨auterte physikalische Verhalten durch Messungen u ufbar sein: Welches sind die f¨ ur das ¨berpr¨ Fernfeld einzuhaltenden Messparameter? Erstens sei in Erinnerung gerufen, dass eine wesentliche Voraussetzung f¨ ur die Fernfeldn¨ aherung (3.38) in der Annahme der f¨ ur alle Teilstrahler etwa gleichen Amplituden-Entfernungs-Abnahme bestand. Aus dieser Annahme folgt direkt, dass der Mittelpunktsabstand R zwischen Strahler und Aufpunkt groß verglichen mit der Strahlerl¨ ange l sein muss. Die erste Fernfeldbedingung lautet also R l. (3.53) Zweitens sei daran erinnert, dass der die Phase bestimmende Ausdruck k(r − R) (als Funktion der Lage zQ des aktuellen Strahlerelementes) nur bis zum LINEAREN Anteil angen¨ ahert worden ist. Will man ergr¨ unden, unter welchen Voraussetzungen dabei keine relevanten Fehler gemacht werden, muss man bis zum QUADRATISCHEN Term n¨ ahern und dessen Einfluss diskutieren. Nach Bild 3.17 gilt f¨ ur das Dreieck aus R, r und zQ
110
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
r(zQ ) =
2 − 2Rz cos ϑ . R2 + zQ Q
2 Die Taylor-Reihe davon ist (nach dem Glied mit zQ abgebrochen) bekanntlich
r ≈ r(0) + zQ
2 zQ dr d2 r + . 2 dzQ zQ =0 2 dzQ zQ =0
Die Koeffizienten, die sich aus den Ableitungen errechnen, sind r(0) = R, dr zQ − R cos ϑ = dzQ r und damit
dr = − cos ϑ , dzQ zQ =0 dr r − (zQ − R cos ϑ) dz d2 r Q = 2 dzQ r2
und damit
d2 r R − R cos2 ϑ sin2 ϑ . = = 2 2 dzQ zQ =0 R R
Demnach gilt 2 sin2 ϑ zQ . 2R In zweiter N¨ aherung besteht also die Phasenfunktion in
r ≈ R − zQ cos ϑ +
e−jkr = e−jkR ejkzQ cos ϑ e−j
2 sin2 ϑ kzQ 2R
.
2 Will man erreichen, dass die Exponentialfunktion mit zQ im Argument durch 1 angen¨ ahert werden kann (wie f¨ ur die Fernfeldn¨aherung (3.38) vorausgesetzt worden ist), dann muss 2 sin2 ϑ kzQ π/4 2R f¨ ur alle auftretenden ϑ und zQ eingehalten werden. Weil zQ h¨ochstens l/2 und sin(ϑ) h¨ ochstens 1 werden kann, ist das stets erf¨ ullt, wenn
2π l2 1 π/4 λ 4 2R gilt, oder, nur etwas u ur ¨bersichtlicher geschrieben, f¨ l R . λ l
(3.54)
3.5 Lautsprecherzeilen
111
Gleichung (3.53) bezeichnet die zweite Voraussetzung, die f¨ ur die Brauchbarkeit der Fernfeldn¨ aherung (3.38) erf¨ ullt sein muss. Wird ein Phasenfehler von π/4 als tolerabel aufgefasst, dann kann man “ in (3.53) durch <“ ersetzen. ” ” utzt man den Begriff des Fernfeldes“ auf das Verlangen, die Drittens st¨ ” Impedanz z = p/vR (vR = Radialkomponente der Schnelle) m¨oge gleich der Impedanz der ebenen fortschreitenden Wellen c sein. Fernfeld“ heißt also ” immer auch, dass die Intensit¨ at aus einer Druckmessung bestimmt werden kann. Durch Anwenden von vR =
j ∂p ω ∂R
auf Gl.(3.38) findet man p c c = = . j j λ vR 1 + kR 1 + 2π R Die dritte Voraussetzung f¨ ur das Fernfeld verlangt also mit R λ,
(3.55)
dass der Abstand R groß verglichen mit der Wellenl¨ange sein soll. Weil kR ≈ 6, 3 f¨ ur R = λ gilt, ist die Abweichung vom Wert c stets klein, wenn “ in (3.54) ebenfalls einfach durch >“ ersetzt wird. ” ” Nochmals zusammengefasst kann man also feststellen, dass sich ein Punkt R dann im Fernfeld befindet, wenn alle drei Bedingungen
und
R l
(3.56)
R l
l λ
(3.57)
R λ
(3.58)
und zutreffen. In (3.57) und (3.58) nimmt man meist einen tolerablen Fehler in Kauf, wenn das Verlangen viel gr¨ oßer“ durch das weniger strenge gr¨oßer“ ” ” ersetzt wird. Die Bedeutung von (3.56) bis (3.58) f¨ ur den zugelassenen Messbereich wird rasch klar, wenn man sich einen gegebenen Strahler und einen festen Messabstand R vorstellt. Letzteren w¨ ahlt man so, dass nach (3.56) R l gilt; z.B. sei R = 5 m und l = 1 m. Gleichung (3.57) besagt dann, dass die Fernfeldbedingungen mit wachsender Frequenz, ab einer gewissen FrequenzGrenze, verlassen werden. Im Beispiel R = 5 m und l = 1 m gilt (3.57) nur f¨ ur λ > 20 cm, also f¨ ur Frequenzen unterhalb von 1700 Hz. Gl. (3.58) R > λ dagegen besagt, dass die Wellenl¨ ange kleiner als 5 m sein soll; der Frequenzbereich f¨ ur das Fernfeld beginnt also oberhalb von f = 68 Hz. Allgemein definieren
112
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
(3.57) und (3.58) demnach Bandgrenzen, innerhalb derer Fernfeldbedingungen vorliegen. Gl.(3.56) betrifft eine geometrische Voraussetzung. Die Fernfeldbedingungen (3.56) bis (3.58) k¨onnen ohne weiteres auf die fl¨ achenf¨ ormigen Strahler des n¨ achsten Abschnitts u ¨bertragen werden. Dabei ist unter l die gr¨ oßere der beiden Strahlerabmessungen zu verstehen.
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen Oft interessiert die Schallabstrahlung von großen schwingenden Fl¨achen wie von W¨ anden und Decken in Geb¨ auden, von Fenstern, von Blechen, die z.B. Maschinengeh¨ ause oder Teile von Kraftfahrzeugen, Flugzeugen, Eisenbahnen sein k¨ onnen: Es gibt eine sehr große Anzahl von Beispielen f¨ ur Strahler, die aus einer gestreckten, ebenen Fl¨ ache bestehen. Grund genug also, hier die zweidimensionale Erweiterung der Schallabstrahlung von eindimensionalen Quellen vorzunehmen. Die dabei verwendete Methode ist auch ganz die gleiche wie in Abschnitt 3.5. Die schwingende Ebene wird gedanklich in infinitesimal kleine Volumenquellen zerlegt, deren Dr¨ ucke im Aufpunkt durch Integration aufsummiert werden. Dabei ist freilich ein wichtiger Unterschied zum eindimensionalen, schmalen Sender zu beachten. Bei dem fl¨ achigen Sender n¨amlich wird das von einer kleinen Teilquelle hervorgerufene Schallfeld an der großen Quellfl¨ache reflektiert. Man sieht das vielleicht am einfachsten ein, wenn man sich einen kleinen schwingenden Fl¨ achenteil in einer ansonsten starren, unbewegten Ebene vorstellt, an der die Teilkugelwellen der infinitesimalen Sender vollst¨andig zur¨ uckgeworfen werden. Bei der Lautsprecherzeile ist die Reflexion des Schallfeldes eines Elementes an allen anderen ohne Erw¨ahnung beiseite gelassen worden. Diese Vernachl¨ assigung bestand ganz zurecht, weil die Zeilenbreite b stets als schmal verglichen mit der Wellenl¨ ange - und damit n¨aherungsweise als nichtreflektierend - angenommen worden ist. Bei der Abstrahlung von ausgedehnten Fl¨ achen muss nun die Reflexion am Strahler selbst ber¨ ucksichtigt werden. Weil das reflektierte Feld f¨ ur endlich ausgedehnte Fl¨ achen von ihrer Beschaffenheit und Gr¨oße ebenso wie von der Lage der aktuell betrachteten kleinen Volumenquelle abh¨angt, w¨ urde die Betrachtung des Feldes bei endlich großen strahlenden Fl¨achen im Freien“ ” außerordentlich kompliziert werden. Geht man dagegen von unendlich großen schwingenden Fl¨ achen aus, dann verschwinden diese Abh¨angigkeiten: Unbeeinflusst von seiner Lage unterliegt jedes Strahlerelement der gleichen Totalreflexion an der unendlich ausgedehnten Ebene. Die folgenden Betrachtungen gehen deshalb davon aus, dass die z-gerichtete Schnelle vz (x, y) in der ganzen Ebene z = 0 (die diesmal als Strahlerfl¨ ache gew¨ahlt wird) bekannt und gegeben ist. Das heißt andererseits nicht, dass nicht auch endlich ausgedehnte Schwinger betrachtet werden, nur sind diese dann als Teil einer sonst unbeweglich starren Schallwand mit vz = 0 aufzufassen.
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
113
Die Gr¨ oße des von einem Elementarstrahler in der Schallwand insgesamt hervorgerufenen Feldanteiles l¨ asst sich mit Hilfe eines einfachen Gedankenganges bestimmen. Dazu stellt man sich die kleine Volumenquelle zun¨achst in einem gewissen Abstand z vor dem Reflektor in z = 0 vor. Das reflektierte Feld kann man sich erzeugt denken durch eine Spiegelquelle im Punkt −z hinter der Schallwand, das Gesamtfeld wird also von den Quellen in z und −z aufgebaut. L¨ asst man nun die Originalquelle zur¨ uck in die Schallwand wandern, so erkennt man, dass die Reflexion gerade wie eine Verdopplung der Quelle bzw. wie eine Druckverdopplung wirkt. Demnach gilt wie in (3.35) f¨ ur den Anteil dp der infinitesimal kleinen Volumenquelle mit dem Volumenfluss v(xQ , yQ )dxQ dyQ dp =
jωv(xQ , yQ ) −jkr e dxQ dyQ , 2πr
worin r den Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand r = (x − xQ )2 + (y − yQ )2 + z 2
(3.59)
(3.60)
beschreibt. Der Gesamtdruck aller Strahlerteile betr¨agt damit jω p(x, y, z) = 2π
∞ ∞ v(xQ , yQ ) −∞ −∞
e−jkr dxQ dyQ . r
(3.61)
Gleichung (3.61) ist unter dem Namen Rayleigh-Integral“ bekannt. Wie ” erl¨ autert bezieht es sich auf Schnellen, die in der ganzen Ebene z = 0 gegeben sind. Bei endlich großen schwingenden Fl¨ achen setzt das Rayleigh-Integral voraus, dass diese einen Teil einer starren, unbeweglichen Schallwand bilden. (3.61) kann deswegen nur unter Einschr¨ ankungen und Vorbehalten auch auf die Schallabstrahlung von schwingenden Fl¨ achen im Freien ohne Schallwand angewandt werden, wie z.B. auf Eisenbahnr¨ ader, auf vorne und hinten offene Lautsprecher, etc. Das Rayleigh-Integral wird in diesen F¨allen auch dann eine brauchbare N¨ aherung f¨ ur das wahre Schallfeld ergeben, wenn die Abmessungen der strahlenden Fl¨ ache im hohen Frequenzbereich bereits groß verglichen mit der Wellenl¨ ange sind. F¨ ur tiefe Frequenzen dagegen spielt der Massenkurzschluss zwischen Vorder- und R¨ uckseite (z > 0 und z < 0) eine Hauptrolle beim Abstrahlgeschehen, und gerade dieser Kurzschluss ist durch die in (3.61) implizit enthaltene Schallwand ausgeschlossen worden. Tieffrequent wird das Rayleigh-Integral deshalb immer zu recht falschen Vorhersagen f¨ ur freie Strahler ohne Schallwand“ f¨ uhren. ” Das Rayleigh-Integral ist nur in seltenen Ausnahmef¨allen analytisch beherrschbar (ein Beispiel mit einer geschlossenen L¨osung von (3.61) wenigstens f¨ ur die Mittelpunktachse z = 0 wird weiter unten gegeben). Dagegen l¨asst sich wieder eine einfache und u ¨bersichtliche Fernfeldn¨aherung aus (3.61) herleiten. F¨ ur die dabei zur Beschreibung des Aufpunktes benutzten Kugelkoordinaten gilt bekanntlich
114
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
x = R sin ϑ cos ϕ y = R sin ϑ sin ϕ z = R cos ϑ (R: Abstand des Punktes (x, y, z) vom Ursprung, ϑ: Winkel zwischen z-Achse und Strahl zwischen Ursprung und Aufpunkt, ϕ: Winkel zwischen x-Achse und in die Ebene z = 0 projiziertem Strahl). F¨ ur die Fernfeldn¨ aherung ist zun¨ achst die Annahme einer endlichen Strahlerfl¨ ache erforderlich, das sei hier mit endlichen Integrationsintervallen jω p(x, y, z) = 2π
l y /2
l x /2
v(xQ , yQ )
e−jkr dxQ dyQ r
(3.62)
−ly /2 −lx /2
angedeutet. Wie in Abschnitt 3.5.4 erl¨ autert werden als Fernfeldbedingungen R l,
R λ
und R/l l/λ
vorausgesetzt (l = max(lx , ly )). Wieder darf im Fernfeld 1/r ≈ 1/R (R = Mittelpunktabstand) gesetzt und vor das Integral gezogen werden. F¨ ur r gilt 2 r2 = (x − xQ )2 + (y − yQ )2 + z 2 = x2 + y 2 + z 2 + x2Q + yQ − 2(xxQ + yyQ )
≈ R2 − 2(xxQ + yyQ ) , 2 unter Fernfeldbedingungen vernachl¨assigt werden d¨ urfen. In weil x2Q und yQ Kugelkoordinaten ausgedr¨ uckt ist also
r2 − R2 = (r − R)(r + R) = −2R(xQ sin ϑ cos ϕ + yQ sin ϑ sin ϕ) , oder (mit r + R = 2R bis auf quadratisch kleine Terme) r − R = −(xQ sin ϑ cos ϕ + yQ sin ϑ sin ϕ) . Die Fernfeld-N¨ aherung f¨ ur die Abstrahlung von Ebenen lautet also pfern (R, ϑ, ϕ) = l y /2
jω −jkR e 2πR
l x /2
·
v(xQ , yQ )ejk(xQ sin ϑ cos ϕ+yQ sin ϑ sin ϕ) dxQ dyQ
(3.63)
−ly /2 −lx /2
(das Doppelintegral rechts stellt die zweifache Fourier-Transformierte der Strahlerschnelle dar, siehe dazu auch Kapitel 13 dieses Buches). F¨ ur die meisten interessierenden Modellannahmen f¨ ur Strahler kann (3.63) einfach gel¨ ost und auf Produkte von Richtcharakteristika zur¨ uckgef¨ uhrt werden, die schon bei den Lautsprecherzeilen diskutiert worden sind. Zum Beiur |x| ≤ lx /2, spiel ist f¨ ur die rechteckf¨ ormige Kolbenmembran mit v = v0 f¨ |y| ≤ ly /2 und v = 0 sonst (mit Q = v0 lx ly )
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
pfern =
115
jωQ −jkR sin (π lλx sin ϑ cos ϕ) sin (π lλx sin ϑ sin ϕ) e . 4πR π lλx sin ϑ cos ϕ π lλx sin ϑ sin ϕ
Zu a ucken f¨ uhrt auch die Annahme wellenf¨ormiger Strahler. ¨hnlichen Ausdr¨ Insbesondere folgt aus (3.63) f¨ ur tiefe Frequenzen klx 1 und kly 1 noch l y /2 l x /2 jω −jkR e v(xQ , yQ )dxQ dyQ . (3.64) pfern 4πR −ly /2 −lx /2
In erster N¨ aherung ist also das Schallfeld zum Netto-Volumenfluss des Strahlers proportional. Bei wellenf¨ ormigen Strahlern entscheiden u.U. Kleinigkeiten u oße des Netto-Volumenflusses und damit u ¨ber die Gr¨ ¨ber die Abstrahlung, wie schon erl¨ autert. Schließlich sei noch daran erinnert, dass im Fernfeld definitionsgem¨aß die Impedanz c vorliegt. Deshalb gilt f¨ ur die Intensit¨at I=
1 |pfern |2 . 2 c
(3.65)
Die Schallleistung l¨ asst sich damit durch Integration u ¨ber eine Halbkugel berechnen: π/2 2π 1 P = |pfern |2 R2 sin ϑdϕdϑ . (3.66) 2 c 0
0
3.6.1 Schallfeld auf der Achse vor einer Kreis-Membran Bei Fernfeldbetrachtungen ist in den vorigen Abschnitten stets großer Wert darauf gelegt worden, die Voraussetzungen daf¨ ur zu nennen. Eine gewiss recht interessante Frage besteht darin, welche Effekte wohl zu erwarten sind, wenn die Fernfeldbedingungen verletzt werden. Die folgenden Betrachtungen geben eine Antwort anhand eines Beispiels. Dazu wird der Schalldruck auf der MittelAchse vor einer kreisf¨ ormigen Kolbenmembran (Schnelle v0 = const. in r < b) aus dem Rayleigh-Integral (3.61) berechnet (siehe Bild 3.28). In Polarkoordinaten xQ = RQ cos ϕQ yQ = RQ sin ϕQ dxQ dyQ = dS = RQ dRQ dϕQ ausgedr¨ uckt wird aus (3.61)
116
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
2b z
r
y
RQ
ϕQ k
d en ng n i hw ra sc mb as sme h i p on Kre
e
x
Bild 3.28. Lage der kreisf¨ ormigen Kolbenmembran im Koordinatensystem mit Bezeichnung der geometrischen Gr¨ oßen
2π b
jω v0 p= 2π
0 2 RQ
e−jkr RQ dRQ dϕQ , r
(3.67)
0
z2
+ den Abstand zwischen Strahlerelement RQ und dem worin r = Punkt auf der z-Achse bedeutet. Der Radius der Kolbenmembran wird mit b bezeichnet. Bei Drehung des Quellpunktes in Bild 3.28 um die z-Achse ¨andert sich der Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand r nicht, der Integrand in Gl.(3.67) ist angig. Deshalb wird also von ϕQ unabh¨ b p = jω v0 0
Mit Hilfe der Substitution u=
√ 2 2 e−jk RQ +z RQ dRQ . 2 + z2 RQ
2 + z2 RQ
RQ dRQ du = 2 + z2 RQ RQ = 0 u = z RQ = b u = b 2 + z 2 l¨asst sich (3.68) leicht l¨ osen: √
b 2 +z 2
√ 2 2 e−jku du = c v0 e−jkz − e−jk b +z ,
p = jω v0 z
(3.68)
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
√ 2 2 p = c v0 e−j2πz/λ 1 − e−j2π( b +z −z)/λ .
bzw.
117
(3.69)
Offensichtlich kann der Schalldruck auf der z-Achse Nullstellen besitzen. Die Lage der Nullstellen p(z0 ) = 0 ergibt sich aus (b/λ)2 + (z0 /λ)2 − z0 /λ = n . Daraus folgt (n + z0 /λ)2 = n2 + (z0 /λ)2 + 2nz0 /λ = (b/λ)2 + (z0 /λ)2 , oder
(b/λ)2 − n2 . (3.70) 2n In (3.70) durchl¨ auft n solange die Werte n = 1, 2, 3, . . . wie sich positive Werte alt man z0 /λ ergeben. Zum Beispiel erh¨ z0 /λ =
• •
f¨ ur b/λ = 1 die einzige Nullstelle z0 /λ = 0 (n = 1) auf der Membran-Mitte selbst und f¨ ur b/λ = 4 die Nullstellen z0 /λ = 7, 5 (n = 1); z0 /λ = 3 (n = 2); z0 /λ = 1, 1667 (n = 3) und wieder die Membran-Mitte z0 /λ = 0 (n = 4).
Einige Bespiele f¨ ur die axiale Pegelverteilung zeigen die Bilder 3.29, 3.30 und 3.31. Jeweils ergibt sich die am weitesten von der Quelle entfernte Nullstelle aus n = 1 zu etwa 1 zmax /λ ≈ (b/λ)2 . (3.71) 2 Im Bereich z < zmax liegen also axiale Druckknoten p = 0 vor, ihre Anzahl betr¨ agt (etwa) b/λ. Nun widerspricht aber gerade eine Schallfeld-Struktur aus abwechselnden Druck-Knoten und B¨ auchen in Abstandsrichtung (hier die z-Richtung) der Annahme des Fernfeldes: Wie Gl.(3.63) zeigt, ließe sich das Fernfeld als der Bereich von Strahlerabst¨ anden auffassen, in dem als einzige R-Abh¨angigkeit die Amplitudenabnahme mit 1/R (und damit der Pegelabfall von 6 dB pro Entfernungsverdopplung) vorkommt. Nach der das Fernfeld beschreibenden Gleichung (3.63) ist eine Struktur aus Minima und Maxima entlang der Abstandsachse im Fernfeld nicht m¨ oglich. Demnach kann der Bereich z < zmax nicht zum Fernfeld geh¨oren, nur f¨ ur z zmax = oder f¨ ur
1 b2 2λ
b z (3.72) λ b k¨ onnen Fernfeldbedingungen“ vorliegen. (3.72) ist mit der fr¨ uher abgeleiteten ” Gleichung (3.57) identisch.
118
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung 10 5 0 −5
p/ρcv0 [dB]
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 0.25
0.5
1
2
4
8
16
32
64
z/λ
Bild 3.29. Ortsverlauf des Schalldruckpegels entlang der Mittelachse z vor der Membran f¨ ur b/λ = 0, 5 10 5 0 −5
p/ρcv0 [dB]
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 0.25
0.5
1
2
4
8
16
32
64
z/λ
Bild 3.30. Ortsverlauf des Schalldruckpegels entlang der Mittelachse z vor der Membran f¨ ur b/λ = 2
Aus den genannten Betrachtungen zeigen sich umgekehrt die zu erwartenden Effekte, wenn ein zu kleiner Messabstand z gew¨ahlt und (3.72) verletzt wird. Der gemessene Pegel-Umfangsverlauf kann Schalldruck-Minima aufweisen, die zwar f¨ ur den speziellen Messabstand so auch tats¨achlich vorhanden
3.6 Schallabstrahlung von Ebenen
119
10 5 0 −5
p/ρcv0 [dB]
−10 −15 −20 −25 −30 −35 −40 0.25
0.5
1
2
4
8
16
32
64
z/λ
Bild 3.31. Ortsverlauf des Schalldruckpegels entlang der Mittelachse z vor der Membran f¨ ur b/λ = 4
sind, bei anderen, gr¨ oßeren Abst¨ anden aber gar nicht auftauchen. Die gemessene Richtcharakteristik ist also untypisch f¨ ur andere Abst¨ande, und damit ziemlich bedeutungslos. Nur im Fernfeld misst man Richtwirkungen, die sich mit wachsendem Abstand nicht mehr ver¨ andern, und gerade darin kann man auch den Zweck der Fernfeld-Definition sehen. Abschließend sei noch die zu (3.69) geh¨ orende Fernfeldn¨aherung abgeleitet. Wenn man z b voraussetzt, dann ist 1 b2 1 b2 2 2 2 , z + b = z 1 + (b/z) ≈ z 1 + = z + 2 z2 2 z und also wird
b2 pfern ≈ c v0 e−j2πz/λ 1 − e−jπ λz .
Wenn nach (3.72) b2 λz ist, dann findet man mit e−jx ≈ 1 − jx den Fernfelddruck pfern =
j c v0 b2 π −j2πz/λ jωπb2 v0 −j2πz/λ e e = . λz 2πz
(3.73)
(3.73) ist mit dem Ergebnis von (3.63) f¨ ur ϑ = 0 (das bezeichnet die z-Achse) identisch.
120
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
3.7 Zusammenfassung Pro Abstandsverdopplung verringert sich der Schalldruckpegel bei Punktquellen um 6 dB, bei Linienquellen um 3 dB. Kleine Volumenquellen erzeugen ein Schallfeld, dessen Wellenfronten Kugelschalen bilden. Quellkombinationen rufen Interferenz-Erscheinungen hervor, die Richtcharakteristika bewirken. Letztere k¨ onnen sich auch mit dem Abstand zur Quelle ¨andern, nur im durch die drei Bedingungen r >> l, r >> λ und r/l >> l/λ festgelegten Fernfeld wird die Umfangs-Charakteristik vom Abstand unabh¨angig. Beim Dipol besteht die Charakteristik in einer Doppel-Kugel. Großfl¨achige, konphas schwingende Strahler (Lautsprecherzeilen z.B.) bilden je nach Gr¨oße und Wellenl¨ ange Richtwirkungen in Form einer Hauptkeule, gefolgt von Nebenkeulen. Diese Struktur kann durch Gewichtung der Elemente gezielt ver¨andert werden. Durch Zeitverz¨ ogerungen der Lautsprecher-Steuersignale l¨asst sich die Vorzugsrichtung der Abstrahlung elektronisch schwenken. Solche (und andere) wellenf¨ ormigen Strahler erzeugen Schallfelder nur an ihren R¨andern, wenn die Strahlerwellenl¨ ange λs k¨ urzer ist als die des umgebenden Mediums λ; also f¨ ur λs < λ. Bei langwelligen Strahlern λs > λ ist die ganze Strahlerfl¨ache an der Schallentstehung beteiligt. Die Abstrahlung in der Hauptkeule l¨asst sich dann als schr¨ ag laufender Schallstrahl deuten, dessen Richtung sich aus sin ϑ = λ/λs ergibt.
3.8 Literaturhinweise Zur Vertiefung der in diesem Abschnitt behandelten Inhalte wird insbesondere vorgeschlagen das Kapitel 5 aus dem (auch sonst h¨ochst lesenswerten) Werk von E. Meyer und E.G. Neumann Physikalische und Technische Akustik“ ” (Vieweg Verlag, Braunschweig 1967) und das Kapitel 6 im Buch K¨orper” schall“ von L. Cremer und M. Heckl (Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 1996). Eine besonders empfehlenswerte inhaltliche Erg¨anzung stellt die Arbeit von M. Heckl: Abstrahlung von ebenen Schallquellen“ (ACUSTI” CA 37 (1977), S. 155 - 166) dar. Als fr¨ uhe, sehr detailreiche Arbeit zum Thema Abstrahlung sei Stenzel; Brosze, O.: Leitfaden zur Berechnung von ” Schallvorg¨ angen“ (Springer-Verlag, Berlin/G¨ ottingen/Heidelberg 1958) genannt. Und schließlich erlaubt sich der Verfasser den Hinweis auf ein eigenes Buch: M¨ oser, M.: Analyse und Synthese akustischer Spektren“ (Springer” Verlag, Berlin und Heidelberg 1988)
¨ 3.9 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 An einem Immissionsort herrscht bereits ein A-bewerteter Schalldruckpegel von 50 dB(A) aus dem Schalleintrag einer benachbarten Fabrik. Nun soll in
¨ 3.9 Ubungsaufgaben
121
50 m Entfernung zum Immissionsort noch eine Pumpe errichtet werden. Die Pumpe darf h¨ ochstens am Immissionsort den Pegel von LP = 53, 3 dB(A) alleine erzeugen, damit der Gesamtpegel die Grenze von 55 dB(A) nicht u ¨ber¨ schreitet (siehe Aufgabe 1 aus den Ubungsaufgaben zu Kapitel 1). Wie groß darf der A-bewertete Leistungspegel der Pumpe h¨ochstens sein, damit dieses Ziel erreicht wird? Aufgabe 2 An einem Wohnhaus wird ein Dauerschallpegel von 41 dB(A) gemessen, der durch Schalleintrag aus dem umliegenden Industriegebiet erzeugt wird. In der N¨ ahe soll nun eine Straße errichtet werden, f¨ ur die der prognostizierte Pegel in 25 m Abstand 50 dB(A) betr¨ agt. Wie groß muss der Abstand zwischen Haus und Straße mindestens sein, damit ein Schalldruckpegel von insgesamt 45 dB(A) nicht u ¨berschritten wird? Aufgabe 3 Ein (kleines) Ventil gibt einen Volumenstrom Q(t) nach der Skizze in Bild 3.32 ab. Man berechne den Zeitverlauf des Schalldruckquadrates in 10 m Abstand
1.2
1
Q(t)/Q0
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
t/TF
Bild 3.32. Zeitverlauf des Volumenflusses zu Aufgabe 2
f¨ ur Q0 = 1 m3 /s und f¨ ur die Flankenzeiten von TF = 0, 01 s, 0, 0316 s und 0, 1 s. Wie groß sind die vorkommenden Schalldruckpegel?
122
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
Aufgabe 4 Ein frei h¨ angender Lautsprecher stellt den (recht großen) Pegel von 100 dB in 2 m Abstand her. Wie groß sind die abgestrahlte Leistung und der Leistungspegel? Wie groß ist der Wirkungsgrad, wenn die elektrische Leistungsaufnahme 50 W betr¨ agt? Aufgabe 5 Eine Lautsprecherzeile besitze einen Schnelle-Ortsverlauf wie in der Skizze Bild 3.33 dargestellt (l=L¨ ange der Zeile). F¨ ur alle Frequenzen sollen die Richt-
1.2
1
v(z)/v0
0.8
0.6
0.4
0.2
0 −0.5
−0.4
−0.3
−0.2
−0.1
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
z/l
Bild 3.33. Ortsverlauf der Schallschnelle zu Aufgabe 4
charakteristika bestimmt werden. Aufgabe 6 F¨ ur eine Schallquelle mit der gr¨ oßten Ausdehnung von 1 m (50 cm, 2 m) sollen Fernfeldmessungen durchgef¨ uhrt werden. Zur Einhaltung der geometrischen Voraussetzung R >> l wird der Messabstand von R = 5 l, also R = 5 m (2, 5 m, 10 m) festgelegt. a) Wenn in den verbleibenden beiden Fernfeldbedingungen die Bedingung ’>>’ (’viel gr¨ oßer als’) stets durch ’f¨ unf mal gr¨oßer als’ ersetzt wird: In welchem Frequenzbereich kann die Fernfeldmessung dann durchgef¨ uhrt werden?
¨ 3.9 Ubungsaufgaben
123
b) Wenn stattdessen die Bedingung ’>>’ (’viel gr¨oßer als’) stets durch ’zwei mal gr¨ oßer als’ ersetzt wird: In welchem Frequenzbereich kann die Fernfeldmessung dann durchgef¨ uhrt werden? Aufgabe 7 Bei einer endlich langen Linienquelle (Eisenbahnzug) von 100 m L¨ange wird in 10 m Abstand der Schalldruckpegel von 84 dB(A) gemessen. Wie groß ist der Pegel in 20 m, in 200 m und 400 m Abstand? Aufgabe 8 Wie in der folgenden Skizze dargestellt seien vier Schallquellen auf den Koordinatenachsen angeordnet. z
Q
2h -jQ
jQ -Q 2h
Bild 3.34. Anordnung aus vier jeweils gegeneinander phasenverschobenen Quellen
Die Volumenfl¨ usse der Quellem seien dem Betrage nach gleich groß; jedoch sind sie, wie in der Abbildung skizziert, jeweils im Uhrzeigersinn um 90◦ gegeneinander phasenverschoben. Man berechne den Schalldruck im Raum und stelle die Teilchenbewegungen im Film f¨ ur die Parameter 2h/λ = 0,25; 0,5; 1 und 2 dar. Es seien noch folgende Hinweise gegeben: Man gehe von Linienquellen aus, deren Feld durch √ p = Ae−jkr / r beschrieben sei (r ist der Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand). Dadurch wird das Interferenzmuster (gegen¨ uber den Punktquellen) nicht beeinflusst, nur die Amplitudenabnahme nach außen verlangsamt sich. Die Schallschnelle soll nicht analytisch durch Differenzieren bestimmt werden. Zur Vereinfachung wird die Schnelle n¨ aherungsweise aus der Druckdifferenz berechnet, man nutze also die Proportionalit¨aten
124
3 Schallausbreitung und Schallabstrahlung
vx ∼ p(x + λ/100, y) − p(x, y) und vy ∼ p(x, y + λ/100) − p(x, y) . aus. Man bedenke auch, dass die Quellgr¨ oße (und damit die Skalierung der Schnelle) v¨ ollig willk¨ urlich ist. Aufgabe 9 Die Membran (Fl¨ache S) eines kleinen Lautsprechers in einer kleinen Box wird auf elektronischem Wege zu folgender Auslenkung ξ angeregt: • f¨ ur t < 0 ist ξ = 0, • f¨ ur 0 < t < TD ist ξ = ξ0 sin2 ( π2 TtD ) und • f¨ ur t > TD ist ξ = ξ0 . Wie lauten Zeit- und Orts-Verlauf des Schalldruckes im ganzen freien Raum? Aufgabe 10 Man bestimme den von der Kreis-Kolbenmembran (Radius b, in schallharter Wand) hervorgerufenen Schalldruck im Fernfeld. Aufgabe 11 Untersucht werden soll die Schallabstrahlung von Platten-Biegeschwingungen der Form v(x, y) = v0 sin (nπx/lx ) sin (mπy/ly ) (Plattenabmessungen lx und ly , Schwinger in schallharter Wand, Strahlerbereich in 0 < x < lx und 0 < y < ly ), deren Strahler-Wellenl¨angen λx = und
2lx n
2ly m beide klein verglichen mit der Luftschall-Wellenl¨ange λ sein sollen (λx << λ und λy << λ). Wie groß ist der Schalldruck im Fernfeld in erster N¨aherung, wenn auch die Querabmessungen lx und ly klein verglichen mit der Luftschallwellenl¨ ange sind? λy =
¨ 3.9 Ubungsaufgaben
125
Aufgabe 12 Wo liegen die Druckknoten auf der Achse vor einer Kreis-Kolbenmembran mit den Durchmessern b/λ = 3,5; 4,5 und 5,5? Aufgabe 13 Ein Strahlerpaar besteht aus zwei Quellen mit den Volumenfl¨ ussen Q1 und Q2 = −(1+jkh)Q1 , wobei der Abstand der Strahler mit h bezeichnet ist. Man bestimme die Richtwirkung des Strahlerpaares f¨ ur tiefe Frequenzen kh << 1.
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4 K¨ orperschall
4.1 Einleitung Unter K¨ orperschall versteht man Schwingungen und Wellen in Festk¨orpern, also z. B. in Platten, St¨ aben, W¨ anden, Schiffen, Geb¨auden etc. Begreiflicherweise ist der K¨ orperschall im Hinblick auf Schallschutz-Aufgaben von sehr großer Bedeutung: Die Luftschall-Abstrahlung in (bzw. von) den oben genannten K¨ orpern ist durch Bewegungen der K¨ orper-Oberfl¨achen hervorgerufen. Es ist also sehr oft der K¨ orperschall, der f¨ ur den entstehenden Luftschall (oder den Fl¨ ussigkeitsschall) verantwortlich ist. Auch die Luftschall-D¨ammung von W¨anden, Decken und Fenstern etc. stellt im Kern ein K¨orperschall-Problem“ ” dar. Nun besteht zwischen Luftschallwellen und Wellen in festen K¨orpern ein wesentlicher und fundamentaler Unterschied. Ein Gas (oder eine Fl¨ ussigkeit) ¨ reagiert n¨ amlich auf eine Volumen¨ anderung seiner Masse nur mit einer Ande¨ rung des Druckes; eine bloße Anderung der geometrischen Form der Gasmasse beeinflusst den Druck hingegen gar nicht (von Reibungsvorg¨angen abgesehen). Grenzfl¨ achen zwischen Gas-Volumenelementen u ¨bertragen deswegen nur Kr¨ afte senkrecht zu den Fl¨ achen. Wie man an dem einfachen Beispiel eines durchgebogenen d¨ unnen Stabes (z.B. ein Zeichenlineal) sofort sieht, setzen sich feste K¨ orper dagegen nicht nur gegen eine Verdichtung des Raumes, ¨ den sie einnehmen, zur Wehr, sondern auch gegen eine Anderung ihrer bloßen Form. An Grenzfl¨ achen von Volumenelementen in festen K¨orpern werden deshalb auch tangentiale Kr¨ afte u ¨bertragen, die man als Schubspannungen bezeichnet. Am Beispiel des statisch auf Biegung beanspruchten Stabes erkennt man das Vorhandensein der im Stab senkrecht zu seiner Achse wirkenden Kr¨ afte leicht: Es sind diese Schubkr¨ afte, die den Stab in seiner verbogenen Form halten; anderenfalls w¨ urde er diese Form nicht aufrecht erhalten k¨onnen. Statt der einzig bei Gasen vorkommenden Normalkomponente der Spanussen daher bei der Betrachtung von Volumenelementen in festen nungen m¨ K¨orpern an jeder Begrenzungsfl¨ ache drei Kraftkomponenten ber¨ ucksichtigt ¨ werden (Bild 4.1). Ahnlich wie man beim Luftschall die auf die Fl¨ache bezo-
128
4 K¨ orperschall
σz τyz
τxz τzx z
τyx
σx
τxy
τzy σy
y
x Bild 4.1. Normalspannungen und Schubspannungen am Volumenelement im Festk¨ orper
gene Kraft (den Druck) zur Beschreibung verwendet, benutzt man zur Formulierung der Kraftgesetze im K¨ orperschall die Spannungen, die gleich dem Quotient aus Kraft und Fl¨ ache sind. Man hat nun also Normalspannungen (senkrecht zur gedachten Begrenzungsfl¨ ache) und Schubspannungen (tangential zur Begrenzungsfl¨ ache) zu unterscheiden. Alle ¨ außeren Spannungskomponenten f¨ uhren nun nat¨ urlich zu einer elastischen Deformation des K¨ orpers, der mit einem zur¨ uckfedernden Einschwingen in seine Ruheform reagieren wird, wenn die ¨außeren Spannungen pl¨otzlich entfernt werden. Wie beim Luftschall erkl¨ art sich der beobachtete Schwingvorgang durch ein fortw¨ ahrendes Umwandeln von potentieller Energie, die in der Form- und Volumen¨ anderung gespeichert ist, in Bewegungsenergie der beteiligten Massen, und umgekehrt. Dieses gegenseitige Umf¨ ullen“ der Ener” giespeicher findet nicht nur zeitlich, sondern auch ¨ortlich verteilt statt, so dass Schwingungen in Wellenform auftreten. Der dreiachsige Spannungszu-
4.1 Einleitung
129
stand f¨ uhrt zum Beispiel bei St¨ aben dazu, dass zu jeder Bewegungsrichtung auch eine Wellenart geh¨ ort. Auf St¨ aben kommen vor • • •
die transversalen BIEGEWELLEN, bei denen die Auslenkungen senkrecht zur Stabachse und damit auch zur Wellen-Ausbreitungs-Richtung sind (Bild 4.2), die ebenfalls transversalen TORSIONSWELLEN durch Verdrillung der Stabquerschnitte und die longitudinalen DEHNWELLEN, bei denen sich die Auslenkungen vor allem l¨ angs der Stabachsen vollziehen (Bild 4.3).
Noch zus¨ atzlich verkompliziert werden die Verh¨altnisse dadurch, dass die Biegewellen mit Auslenkungen in beiden senkrecht zur Stabachse weisenden Richtungen vorkommen k¨ onnen. Nur bei Kreisquerschnitten (oder quadratischem Querschnitt) werden sich die beiden Biegewellen auch gleich verhalten. Wie man an einem Stab mit flachem, gestrecktem Querschnitt (Lineal) leicht feststellen kann, ist die Biegesteife allgemein von der Belastungsrichtung abh¨ angig. Dar¨ uber hinaus kommen f¨ ur St¨ abe und Platten noch weit mehr Wellenarten in Betracht, wenn man die endlichen Querabmessungen mit einbezieht. Ebenso wie beim Luftschall bilden sich dann Querverteilungen (= Moden) aus, zu denen je eine Wellenart geh¨ ort (ein Beispiel ist in Bild 4.4 aufgef¨ uhrt). Die oben genannten Wellen erscheinen nur als einfachste Sonderf¨alle der Moden. Es ist klar, dass hier nicht auf die ganze Vielfalt von in St¨aben und Platten vorkommenden K¨ orperschall-Wellen eingegangen werden kann. Der tiefer interessierte Leser sei f¨ ur eine umfassende Schilderung der Wellenarten insbesondere auf das Werk von L. Cremer und M. Heckl: K¨orperschall (Springer, Berlin 1996) verwiesen. Hier muss die Beschr¨ ankung auf das f¨ ur die n¨achsten Kapitel unbedingt Erforderliche gen¨ ugen.
Bild 4.2. Biegewellen auf St¨ aben
Bild 4.3. Dehnwellen auf St¨ aben
Haupts¨ achlich interessiert in der Technischen Akustik die BIEGEWELLENAusbreitung, denn diese Wellenform, die nat¨ urlich auch auf seitlich ausgedehnten Platten vorkommt, ist aus einem einfachen Grund die Wichtigste:
130
4 K¨ orperschall
Bild 4.4. Welle h¨ oherer Ordnung (Mode) bei dicken Platten
Hier stehen die Platten-Auslenkungen senkrecht auf der Platten- oder StabOberfl¨ ache, sie werden also viel eher eine Luftschall-Abstrahlung bewirken als Dehnwellen und Torsionswellen mit im Wesentlichen zur Oberfl¨ache tangentialen Bewegungen. Hinzu kommt ein zweiter, aus der Anschauung leicht zu ermessender Grund f¨ ur die vorrangige Rolle der Biegewellen. Die Biegung setzt n¨ amlich der anregenden ¨ außeren Kraft (in praktisch relevanten F¨allen) einen viel kleineren Widerstand entgegen als zum Beispiel bei der Beanspruchung auf Dehnung. Man kann daher annehmen, dass Biegewellen viel leichter anzuregen sind und demnach das Schwinggeschehen dominieren. Die Betrachtung der Biegewellen beginnt mit dem einfachsten Fall von St¨ aben und wird danach auf die Verh¨ altnisse bei den praktisch mehr interessierenden Platten u ¨bertragen.
4.2 Die Biegewellengleichung fu abe ¨ r St¨ Die statische Biegung von St¨ aben und Balken ist begreiflicherweise ein sehr wichtiges Thema in der Statik von Tragwerken, das seit langem gekl¨art ist. Man kann deshalb auf die Erkenntnisse der statischen Biegelehre zur¨ uckgreifen und sie hier benutzen. Neben den kinetischen Gr¨oßen der Stabauslenkung ξ(x) und des Biegewinkels β(x) (Bild 4.5), f¨ ur welche bei den hier ausschließlich interessierenden kleinen Biegewinkeln ∂ξ = tg β ≈ β ∂x
(4.1)
gilt, interessieren vor allem die Normalspannungen und Schubspannungen in den Stabquerschnitten. Wenn man wie in der statischen Biegelehre davon ausgeht, dass die L¨ angsspannungen linear von einer (l¨angsspannungsfreien) neutralen Stabfaser anwachsen (Bilder 4.5 und 4.6), dann lassen sich die L¨angsspannungen εx in einem auf die neutrale Faser wirkenden Moment M = εx ydS S
zusammenfassen. F¨ ur dieses Biegemoment gilt, dass es um so gr¨oßer ist, je st¨ arker der Stab bei der Biegung gekr¨ ummt ist. Eine vern¨ unftige Annahme ist 1 , M∼ rk
4.2 Die Biegewellengleichung f¨ ur St¨ abe
131
Biegewinkel β(x) Ruhelage Auslenkungξ(x) Stab neutrale Faser
x
Bild 4.5. Auslenkung und Biegewinkel bei der elastischen Verbiegung von St¨ aben
y
Spannungsverteilung εx(y)
neutrale Faser
Stab
resultierendes Moment
x
Bild 4.6. Spannungsverteilung und Moment bei der elastischen Verbiegung von St¨ aben
worin rk den Radius des Kr¨ ummungskreises am betreffenden Punkt des Stabes darstellt. Bekanntlich gilt f¨ ur kleine Auslenkungen 1 ∂2ξ = . rk ∂x2 Man erh¨ alt also mit der Proportionalit¨ atskonstanten B M = −B
∂2ξ , ∂x2
(4.2)
wobei das Vorzeichen von M nur deswegen so gew¨ahlt worden ist, damit M und ξ f¨ ur Wellen der Form ξ = ξ0 cos(kx − ωt) gleiches Vorzeichen besitzen. Die Proportionalit¨ atskonstante B wird als Biegesteife bezeichnet. Sie beinhaltet nicht nur die spezifische Steifigkeit E des Materials, sondern h¨angt auch noch von der Querschnittsgeometrie ab. Oben ist schon anschaulich begr¨ undet worden, dass letztere in die Biegesteife eingeht. Die Biegelehre zeigt, dass
132
4 K¨ orperschall
y 2 dydz = EI
B=E
(4.3)
S
ist. Darin bedeutet S die Stab-Querschnittsfl¨ ache, y = 0 beschreibt die Lage der neutralen Faser. Die spezifische Steifigkeit E heißt Elastizit¨atsmodul. Er ergibt sich aus der Steife s eines als Feder aufzufassenden Materialblocks der Querschnittsfl¨ ache S und der Dicke h, der nach dem Hookeschen Gesetz eine Zusammendr¨ uckung Δx erf¨ ahrt, wenn er mit einer Kraft F belastet wird: F = sΔx =
ES Δx . h
(4.4)
Der Elastizit¨ atsmodul l¨ asst sich also aus der Federsteife einer Probe und deren Oberfl¨ ache S und Dicke h aus E = sh/S bestimmen. Eine entsprechende Messanordnung zur Bestimmung des Elastizit¨ atsmoduls E wird in Kapitel 5 (Bild 5.7) geschildert. Die die Querschnittsgeometrie beschreibende Gr¨oße I heißt axiales Fl¨achentr¨ agheitsmoment. In diesem Buch interessieren ausschließlich Rechteckquerschnitte. F¨ ur diese gilt mit der Stabdicke h (sie wird in Richtung der anregenden Kraft gez¨ahlt) und der Breite b nach Gl.(4.3) I=
bh3 . 12
Als zweites Beispiel sei nur der Vollkreis (Radius a) I=
π 4 a 4
genannt. Weitere Fl¨ achentr¨ agheitsmomente findet man z.B. in Dubbel: Taschenbuch f¨ ur den Maschinenbau (Springer, Berlin 2001), einem f¨ ur Akustiker auch sonst sehr n¨ utzlichem Werk. ¨ Ahnlich wie das Biegemoment die Normalspannungen zusammenfasst, kann auch den Schubspannungen τ in Auslenkungsrichtung eine Querkraft F = τxy dydz (4.5) S
zugeordnet werden. Wie die statische Biegelehre zeigt, ergibt sich die am Querschnitt tangential angreifende, nach unten weisende Querkraft aus dem Biegemoment zu ∂M F =− . (4.6) ∂x Auf ein aus dem Stab freigeschnittenes Element (Bild 4.7) der L¨ange x wirkt nun wegen actio = reactio das transversale Kr¨ aftepaar F (x + Δx) und −F (x). Ber¨ ucksichtigt man noch eine ¨ außere Kraft Fa = Fa Δx in Auslenkungsrichtung (z. B. die Anregung des Balkens durch einen Schlag), die auf die L¨ange Δx gleichm¨ aßig verteilt ist, so verlangt das Newtonsche Gesetz
4.2 Die Biegewellengleichung f¨ ur St¨ abe
133
F(x+Δx) F(x) F a'
Δx F(x) F(x+Δx)
Bild 4.7. Freigeschnittenes Stabelement
ΔxS ξ¨ = F (x) − F (x + Δx) + ΔxFa , oder, nach Grenz¨ ubergang Δx → 0, m ξ¨ +
∂F = Fa . ∂x
(4.7)
Darin bezeichnet m die Stabmasse und Fa die ¨außere Kraft, jeweils bezogen auf die L¨ angeneinheit. (4.6) und (4.2) ergeben zusammen ∂F ∂2M ∂4ξ =− =B 4 , 2 ∂x ∂x ∂x und deshalb erh¨ alt man schließlich aus (4.7) die Biegewellengleichung m ξ¨ + B
∂4ξ = Fa . ∂x4
Sie stimmt nur insofern mit der Wellengleichung f¨ ur Gase u ¨berein, als auch hier die zweite Zeitableitung auftritt. Die wesentlichen Unterschiede zwischen Biegewellen und Luftschallwellen werden rasch klar, wenn man zu reinen T¨ onen ξ(x, t) = Re ξ(x)ejωt u ur die komplexen Amplituden geht die Biegewellengleichung f¨ ur ¨bergeht. F¨ die Auslenkung in ∂4ξ m 2 Fa ω , − ξ = ∂x4 B B bzw. f¨ ur die Schnelle v = jωξ in ∂4v jωFa m ω 2 v = − ∂x4 B B
(4.8)
u ur die manchmal noch ben¨ otigte Winkelschnelle w = dβ/dt, das Bie¨ber. F¨ gemoment M und die Querkraft F gilt nach (4.1), (4.2) und (4.6):
134
4 K¨ orperschall
∂v , ∂x B ∂2v M =− , jω ∂x2 B ∂3v . F = jω ∂x3 w=
(4.9) (4.10) (4.11)
Winkelschnelle, Moment und Querkraft k¨ onnen jeweils aus dem Schnelleverlauf berechnet werden.
4.3 Die Ausbreitung der Biegewellen Die wichtigsten prinzipiellen Merkmale der Biegewellen lassen sich mit einem Wellenansatz v = v0 e−jkB x f¨ ur die außerhalb von lokalen a aften g¨ ultige homogene Differential¨ußeren Kr¨ gleichung ∂4v m 2 ω v=0 − (4.12) 4 ∂x B erkl¨ aren. Durch Einsetzen erh¨ alt man 4 kB =
Mit kB =
m 2 ω . B
(4.13)
2π ω = λB cB
gilt f¨ ur Biegewellenl¨ ange
λB = 2π
4
B 1 √ m ω
und f¨ ur die Biegewellen-Ausbreitungs-Geschwindigkeit 4 B √ cB = ω. m
(4.14)
(4.15)
Man erh¨ alt also eine Biegewellenl¨ ange λB , die nur mit der Wurzel aus der anwachsenden Frequenz abnimmt und eine frequenzabh¨angige Ausbreitungsgeschwindigkeit besitzt. Diese Tatsachen beinhalten einen fundamentalen Unterschied zwischen Luftschallwellen und Biegewellen. Wenn man n¨amlich von der Betrachtung reiner T¨ one zu Zeitverl¨ aufen u ¨bergeht, die aus mehreren spektralen Komponenten zusammengesetzt sind, so bewirkt die frequenzabh¨angige Ausbreitungsgeschwindigkeit, dass sich die spektralen Komponenten gegenseitig davonlaufen“, und zwar um so mehr, je weiter der von ihnen zur¨ uckgelegte ” Weg und je gr¨ oßer ihr Frequenzabstand ist. Das bedeutet, dass die spektrale
4.3 Die Ausbreitung der Biegewellen
135
Zusammensetzung an zwei Stellen eines Stabes unterschiedlich ist, und daraus folgt, dass in unterschiedlichen Stellen auch ganz unterschiedliche Zeitverl¨aufe der Stabschnelle vorgefunden werden. Der Zeitverlauf verzerrt sich l¨angs der Biegewellenausbreitung.
1
Stabschnelle v/v0
0.5
0
−0.5
−1
Ort x 1
Stabschnelle v/v0
0.5
0
−0.5
−1
Zeit t
Bild 4.8. Schnelle-Impulsantwort von Biegest¨ aben. Oben: Ortsverlauf f¨ ur eingefrorene Zeit. Unten: Zeitverlauf an festem Ort.
Diesen Effekt nennt man Dispersion. Man kann ihn z.B. an der Impuls” antwort“ (= Stabschnelle, wenn der Stab in x = 0 zur Zeit t = 0 durch einen kurzen Schlag angeregt wird) in Bild 4.8 (oben) erkennen. Die hochfrequen-
136
4 K¨ orperschall
ten Bestandteile der sehr breitbandigen Anregung treffen vor den tieferen ein, im Eintreffpunkt nimmt die Momentanfrequenz allm¨ahlich ab. Eine Entsprechung findet man im f¨ ur einen festen Zeitpunkt aufgetragenen Ortsverlauf: Die hohen Frequenzen haben einen gr¨ oßeren Weg zur¨ uckgelegt als die tiefen Anteile (Bild 4.8 unten). Die in Bild 4.8 gezeigten Kurven bestehen in der graphischen Darstellung des Ergebnisses der Aufgabe 8 in Kapitel 13.
4.4 Stabresonanzen Wie allseitig begrenzte, endlich große Gasvolumina f¨ uhren auch Stabst¨ ucke Resonanzschwingungen aus, wenn u ¨ber die Enden nur wenig oder keine Schwingenergie abfließt. Resonanzfrequenzen und Schwingungsformen, die ein Stabst¨ uck ausf¨ uhrt, h¨ angen von den Lagerbedingungen der Stabenden ab. Man unterscheidet dabei vor allem die unterst¨ utzte, die eingespannte und die freie Lagerung der Stab-Endpunkte: •
Die unterst¨ utzte Lagerung besteht z.B. aus einem auf einem Punkt aufliegenden Stab. Dabei wird die Auslenkung behindert, es gilt hier also v = 0. Das Lager nimmt zwar die Biegekraft, nicht aber das Biegemoment auf. Aus diesem Grund verschwindet das Stab-Biegemoment, es ist also M = 0. Eine andere M¨ oglichkeit zur Realisierung einer unterst¨ utzenden Lagerung best¨ unde in der Befestigung mit einem (beliebig leichtg¨angigen) Scharnier. • Bei dem eingespannten Stabende werden Kraft und Moment vom Lager aufgenommen. Der Biegeschwinger kann sich nun am Lagerpunkt weder bewegen noch drehen; f¨ ur Stabschnelle und Winkelschnelle gilt also v = 0 und w = 0. • Bei einem sich an seinem Ende frei bewegenden Stab werden weder die Bewegung noch die Drehbewegung behindert; es werden weder Kr¨afte noch Momente aufgenommen. Aus diesem Grunde gilt M = 0 und F = 0. Eine rechnerische Betrachtung von Stabresonanzen erfordert im allgemeinen Fall einen Ansatz f¨ ur die Stabschnelle, der aus vier voneinander linear unabh¨ angigen L¨ osungsfunktionen der Biegewellengleichung (4.8) besteht. Weil wie gesagt - Schwingungen ohne Anregung gesucht sind, wird dabei die homogene Biegewellengleichung betrachtet (Fa = 0 in Gl.(4.8)). Mit dem genannten Ansatz m¨ ussten dann die insgesamt vier Randbedingungen an den Stabenden befriedigt werden; das w¨ urde also auf ein System von vier Gleichungen f¨ uhren. Etwas einfacher gestaltet sich die Betrachtung, wenn man symmetrische Anordnungen voraussetzt; damit sind Stabst¨ ucke gemeint, die an ihren beiden Enden u ugen. In diesem Fall lassen ¨ber die gleichen Randbedingungen verf¨ sich dann geradsymmetrische und ungeradsymmetrische Schwingungsformen getrennt betrachten. Wie das Folgende zeigt, f¨ uhrt das auf die Beschreibung mit nur zwei Gleichungen, die daf¨ ur allerdings zweimal getrennt durchgef¨ uhrt werden muss. Dabei liegen die Stabenden in den Punkten x = −l/2 und x = +l/2.
4.4 Stabresonanzen
137
F¨ ur die geradsymmetrischen Schwingungsformen wird die Stabschnelle vg = A1 cos kB x + A2 ch kB x
(4.16)
und f¨ ur die ungeradsymmetrischen Schwingungsformen die Stabschnelle vu = A1 sin kB x + A2 sh kB x
(4.17)
angesetzt. A1 und A2 sind Konstante, ch und sh bezeichnen den hyperbolischen Cosinus und Sinus. Im Folgenden werden die drei schon angedeuteten F¨ alle des beidseitig unterst¨ utzten, eingespannten oder freien Stabst¨ uckes behandelt. 4.4.1 Unterst¨ utzte Stabenden Gerade Schwingungsformen des beidseitig unterst¨ utzten Stabes Die Lagerbedingungen v(l/2) = 0 und M (l/2) = 0 f¨ ur den am Ende x = l/2 unterst¨ utzten Stab ergeben A1 cos kB l/2 + A2 ch kB l/2 = 0
(4.18)
und (weil das Moment nach Gl.(4.10) zur zweiten Ortsableitung der Schnelle proportional ist) A1 cos kB l/2 − A2 ch kB l/2 = 0 . (4.19) Durch Subtraktion dieser beiden Gleichungen erh¨alt man unmittelbar A2 = 0. Damit noch eine von Null verschiedene Schwingung ohne Anregung vorhanden sein kann, muss die Konstante A1 von Null verschieden sein, A1 = 0. Deshalb besteht die Resonanzbedingung in cos kB l/2 = 0. Daraus folgt kB l/2 = π/2 + nπ oder kB l = (2n + 1)π (4.20) (n = 0, 1, 2, ...). F¨ ur die Resonanzfrequenzen erh¨alt man damit wegen kB = 4 m ω 2 /B B 2 π . (4.21) f = (2n + 1) 2 2l m Die Gestalt der Schwingungsform in der Resonanz wird als Mode bezeichnet. F¨ ur die Moden gilt nach dem Ansatz (4.16) mit kB l/2 = π/2 + nπ und mit A2 = 0 x vg,mod = cos ((2n + 1)π ) . (4.22) l Schwingungsmoden sind beliebig skalierbar, weshalb hier willk¨ urlich A1 = 1 gesetzt wurde.
138
4 K¨ orperschall
Ungerade Schwingungsformen des beidseitig unterst¨ utzten Stabes Die Forderungen v(l/2) = 0 und M (l/2) = 0 f¨ ur den am Ende x = l/2 unterst¨ utzten Stab ergeben A1 sin kB l/2 + A2 sh kB l/2 = 0
(4.23)
und (wieder weil das Moment nach Gl.(4.10) zur zweiten Ortsableitung der Schnelle proportional ist) A1 sin kB l/2 − A2 sh kB l/2 = 0 .
(4.24)
Aus der Subtraktion dieser Gleichungen folgt wieder A2 = 0. Damit noch eine von Null verschiedene Schwingung ohne Anregung vorhanden sein kann, muss auch diesmal die Konstante A1 von Null verschieden sein, A1 = 0. Deshalb besteht die Resonanzbedingung in sin kB l/2 = 0. Daraus folgt kB l/2 = nπ oder kB l = 2nπ (4.25) (n = 1, 2, ...). F¨ ur die Resonanzfrequenzen folgt B 2 π . f = (2n) 2 2l m
(4.26)
F¨ ur die Moden gilt nach dem Ansatz (4.17) mit kB l/2 = nπ und mit A2 = 0 x vu,mod = sin (2nπ ) . l
(4.27)
Auch hier ist der Einfachheit halber mit A1 = 1 skaliert worden. Zusammenfassung f¨ ur den beidseitig unterst¨ utzten Stab Die zu den Resonanzen geh¨ orenden kB l betragen nach Gl.(4.20) und (4.25) abwechselnd ungeradzahlige und geradzahlige Vielfache von π. Zusammengefasst gilt also (4.28) kB l = mπ Insgesamt ergeben sich also die Resonanzfrequenzen wegen kB = 4 m ω 2 /B zu B 2 π (4.29) f =m 2 2l m mit m = 1, 2, 3, ..., wobei ungerade m geradsymmetrische Moden mit Formen nach Gl.(4.22) und gerade m ungeradsymmetrische Moden mit Formen nach Gl.(4.27) bedeuten. Wie man sieht w¨ achst der Abstand zwischen zwei Resonanzen quadratisch an; die Anzahl der Resonanzereignisse in einem gewissen Frequenzband fester Breite nimmt mit wachsender Mittenfrequenz des Bandes ab. In der fallenden Frequenzdichte der Resonanzen besteht ein Unterschied zu
4.4 Stabresonanzen
139
x
l/2
−l/2
Schnelle m=1
m=2
m=3
m=4
Bild 4.9. Schwingungsmoden von an den R¨ andern unterst¨ utzten St¨ aben
den Resonanzen von eindimensionalen gasf¨ ormigen Wellenleitern. Außerdem sind die Biege-Resonanzfrequenzen umgekehrt proportional zum Quadrat der Wellenleiterl¨ ange l; auch darin unterscheiden sie sich vom Luftschall, bei dem die Resonanzfrequenzen umgekehrt proportional zur L¨ange selbst sind. Die ersten vier Schwingungsmoden sind der Anschaulichkeit halber in Bild 4.9 gezeigt. 4.4.2 Eingespannte Stabenden Gerade Schwingungsformen bei eingespannten Stabenden Die Randbedingungen v(l/2) = 0 und w(l/2) = 0 f¨ ur den am Ende x = l/2 eingespannten Stab ergeben A1 cos kB l/2 + A2 ch kB l/2 = 0
(4.30)
und (weil die Winkelschnelle nach Gl.(4.9) zur Ortsableitung der Schnelle proportional ist) A1 sin kB l/2 − A2 sh kB l/2 = 0 . (4.31) Von Null verschiedene L¨ osungen A1 und A2 gibt es nur dann, wenn die Determinante des homogenen Systems der beiden letztgenannten Gleichungen verschwindet, nur dann treten Schwingungen ohne Anregung - Resonanzen auf. Aus diesem Grund besteht die Gleichung, welche die Resonanzfrequenzen bestimmt, in cos kB l/2 sh kB l/2 + sin kB l/2 ch kB l/2 = 0 ,
(4.32)
tg kB l/2 = −th kB l/2
(4.33)
oder in
140
4 K¨ orperschall
(tg=Tangens, th = hyperbolischer Tangens). (4.33) besteht in einer transzendenten Gleichung f¨ ur die Werte von kB l/2, die die Resonanzen bezeichnen. Sie kann leicht graphisch oder n¨ aherungsweise gel¨ost werden; das wird im Anschluss an die rechnerische Behandlung der ungeraden Schwingungsformen diskutiert. Ungerade Schwingungsformen bei eingespannten Stabenden F¨ ur ungerade Schwingungsformen ergeben die Randbedingungen v(l/2) = 0 und w(l/2) = 0 f¨ ur den am Ende x = l/2 eingespannten Stab A1 sin kB l/2 + A2 sh kB l/2 = 0
(4.34)
und (weil die Winkelschnelle nach Gl.(4.10) zur Ortsableitung der Schnelle proportional ist) A1 cos kB l/2 + A2 ch kB l/2 = 0 . (4.35) Von Null verschiedene L¨ osungen A1 und A2 gibt es wieder nur dann, wenn die Determinante des homogenen Systems der beiden letztgenannten Gleichungen verschwindet, nur dann treten Schwingungen ohne Anregung - Resonanzen auf. Aus diesem Grund besteht die Gleichung, welche die Resonanzfrequenzen bestimmt, in sin kB l/2 ch kB l/2 − cos kB l/2 sh kB l/2 = 0 ,
(4.36)
tg kB l/2 = th kB l/2 .
(4.37)
oder in
Zusammenfassung bei eingespannten Stabenden Nach Gl.(4.33) und (4.37) ergeben sich also die Resonanzen abwechselnd aus den Schnittpunkten der Tangensfunktion mit dem positiven und dem negativen Tangenshyperbolikus (siehe auch Bild 4.10). Selbst beim ersten Schnittpunkt mit dem kleinsten Argument kB l/2 liegt der Tangenshyperbolikus bereits sehr nahe beim Wert 1. In sehr guter N¨aherung kann man daher die Resonanzbedingung tg kB l/2 = ±1 (4.38) benutzen. Sie f¨ uhrt (wie man auch in Bild 4.10 erkennen kann) zu kB l/2 = 3π/4; 5π/4; 7π/4; ... oder zu kB l = (2m + 1)π/2 (m = 1, 2, ...). F¨ ur die Resonanzfrequenzen folgt
(4.39)
4.4 Stabresonanzen
141
2.5 2
tg(kBl/2)
1.5 1 0.5
tanh( k l/2) B tg(kBl/2)
0 −0.5
−tanh( kBl/2)
−1 −1.5 −2 −2.5 0
0.5
1
1.5
k l/(2π) B
Bild 4.10. Graphische L¨ osung der Eigenwertgleichungen (4.33) und (4.37)
1 π f = (m + )2 2 2 2l
B . m
(4.40)
F¨ ur alle praktischen F¨ alle ist die Anwendung der genannten N¨aherungsrechnung mehr als ausreichend genau. Eine noch genauere Betrachtung des ersten Schnittpunktes von Tangens und Tangenshyperbolikus ergibt statt kB l = 1, 5π f¨ ur m = 1 den genaueren Wert kB l = 1, 506π. Der Fehler bei der tiefsten Resonanzfrequenz betr¨ agt damit bereits weniger als 1 Prozent. Die geradsymmetrischen Modenformen erh¨alt man, wenn Gl.(4.31) nach ost und anschließend in den Ansatz Gl.(4.16) eingesetzt wird: A2 aufgel¨ vg,mod = cos kB x +
sin kB l/2 ch kB x . sh kB l/2
(4.41)
Weil es sich bei diesen Moden um geradsymmetrische Schwingungen in Resonanz handelt, wird darin noch kB l/2 = 3π/4; 7π/4; 11π/4... eingesetzt. Wieder ist willk¨ urlich A1 = 1 benutzt worden. Die ungeradsymmetrischen Modenformen erh¨alt man schließlich, wenn ost und anschließend in den Ansatz Gl.(4.17) einGl.(4.35) nach A2 aufgel¨ gesetzt wird: cos kB l/2 sh kB x . vu,mod = sin kB x − (4.42) ch kB l/2 Weil es sich bei diesen Moden um ungeradsymmetrische Schwingungen in Resonanz handelt, wird darin noch kB l/2 = 5π/4; 9π/4; 13π/4... eingesetzt. ahlt worden. Auch hier ist A1 = 1 gew¨ Die ersten vier Modenformen sind in Bild 4.11 aufgetragen.
142
4 K¨ orperschall
x
l/2
−l/2
Schnelle m=1
m=2
m=3
m=4
Bild 4.11. Schwingungsmoden von an den R¨ andern eingespannten St¨ aben
4.4.3 Freie Stabenden Die Resonanzen von an den R¨ andern frei schwingenden St¨aben lassen sich auf den beidseitig eingespannten Fall zur¨ uckf¨ uhren, wenn man die Ans¨atze in den Gl.(4.16) und (4.17) nicht f¨ ur die Schwingschnelle, sondern f¨ ur das Biegemoment notiert, wenn also statt (4.16) und (4.17) Mg = A1 cos kB x + A2 ch kB x
(4.43)
und f¨ ur die ungeradsymmetrischen Formen die Stabschnelle Mu = A1 sin kB x + A2 sh kB x
(4.44)
angesetzt wird. Die Randbedingung F (l/2) = 0 ist gleichbedeutend damit, dass die erste Ortsableitung des angesetzten Momentes verschwindet. Zusammen mit der Forderung M (l/2) = 0 ergeben sich daraus die Gleichungen (4.30) und (4.31) f¨ ur den geradsymmetrischen, die Gleichungen (4.34) und (4.35) f¨ ur den ungeradsymmetrischen Fall. Aus diesem Grund sind dann nat¨ urlich auch die Resonanzfrequenzen des an beiden Enden frei schwingenden Stabes gleich denen des beidseitig eingespannten Falles. F¨ ur den freien Stab gilt also auch Gleichung (4.39) (und nat¨ urlich auch (4.40)) f¨ ur die Resonanzfrequenzen. Die Schwingungsformen (durch die Schwingschnelle dargestellt) sind nat¨ urlich nicht mit denen des eingespannten Falles identisch. Die freien Schwingmoden ergeben sich durch zweifache Integration von Gleichung (4.41) zu vg,mod = cos kB x −
sin kB l/2 ch kB x sh kB l/2
(4.45)
(hierin gilt kB l/2 = 3π/4; 7π/4; 11π/4...) und durch zweifache Integration von Gleichung (4.42) zu vu,mod = sin kB x +
cos kB l/2 sh kB x ch kB l/2
(4.46)
4.5 Biegeschwingungen von Platten
143
(hierin gilt kB l/2 = 5π/4; 9π/4; 13π/4...). Auch diesmal sind die ersten vier Moden graphisch dargestellt (Bild 4.12).
x
l/2
Schnelle
−l/2 m=1
m=2
m=3
m=4
Bild 4.12. Schwingungsmoden von an den R¨ andern frei schwingenden St¨ aben
4.5 Biegeschwingungen von Platten 4.5.1 Die Wellengleichung und ihre L¨ osungen Durch a ¨hnliche (allerdings recht umfangreiche) Betrachtungen wie beim eindimensionalen Stab kann die Biegewellengleichung f¨ ur homogene Platten hergeleitet werden. Sie lautet ∂4v ∂4v ∂4v m jωp + 2 2 2 + 4 − ω2 v = . 4 ∂x ∂x ∂y ∂y B B
(4.47)
Mit p ist eine ¨ außere Fl¨ achenkraft (z. B. ein Druck) auf die Platte bezeichnet. Diesmal stellt m die auf die Fl¨ ache bezogene Plattenmasse dar: m = h
(4.48)
(Plattendichte = , h = Dicke), die ebenso wie die Platten-Biegesteife aus der Stab-Biegesteife (f¨ ur rechteckigen Querschnitt) je Breiteneinheit hervorgeht: B =
E h3 . 1 − μ2 12
(4.49)
Der die Querkontraktionszahl μ enthaltende Faktor ber¨ ucksichtigt die Tatsache, dass die Platten-Volumenelemente etwas steifer als die Stab-Elemente wirken. W¨ ahrend das Material bei der Stab-Biegung auch ein wenig seitlich
144
4 K¨ orperschall
(senkrecht zu Stab und Auslenkungsrichtung) ausweichen kann, entf¨allt diese M¨ oglichkeit bei der Platte. F¨ ur μ gilt etwa je nach Material μ < 0, 5 (meist ist sogar μ = 0, 3), so dass man im Rahmen der Genauigkeit, in der Materialassigen kann. parameter bekannt sind, stets μ2 1 vernachl¨ F¨ ur die eindimensionale Wellenausbreitung der Plattenbewegungen, die z. B. durch eine Linienkraft oder eine auftretende Schallwelle angeregt wird, geht die Biegewellengleichung u ¨ber in 1 d4 v jp 4 dx4 − v = m ω , kB
(4.50)
mit
m 2 ω (4.51) B (zu diesen Gleichungen h¨ atte man u ¨brigens auch leicht kommen k¨onnen, indem man die Stabgleichung (4.8) durch die Stabbreite teilt). Man erh¨alt also die gleichen Abh¨ angigkeiten f¨ ur die freien Biegewellen 4 kB =
v = v0 e−jkB x , die weit genug von anregenden Kr¨ aften entfernt vorliegen, wie beim Stab: 1 4 B √ , (4.52) λB = 2π m ω 4 B √ cB = ω. (4.53) m Auch bei der Platte ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Biegewellen fre¨ quenzabh¨ angig, die Ubertragung von Auslenkungen erfolgt dispergierend. Die Wellenl¨ ange ist ebenfalls umgekehrt proportional zur Wurzel der Frequenz. Ein von einer Punktkraft erzeugtes, radial-symmetrisches Feld besitzt die gleiche prinzipielle Wellengestalt wie die ebenen Plattenwellen. Aus Energiegr¨ unden muss die Amplitude dabei jedoch umgekehrt proportional zur Wurzel aus dem Abstand r zur Quelle abnehmen. F¨ ur nicht zu kleine Entfernungen von der Quelle ist also A v = √ e−jkB r . r W¨ ahrend bei der Betrachtung von Stab-Biegewellen mehr das physikalisch Grunds¨ atzliche interessiert hat, soll diesmal das Augenmerk mehr auf die praktisch zu erwartenden Verh¨ altnisse und Gr¨oßenordnungen gerichtet sein. Zun¨ achst ist festzustellen, dass die Verwendung der Biegesteife bei praktischen Rechnungen etwas unhandlich ist. Daher wird der Quotient m /B durch leichter u ¨berschaubare Material-Angaben ersetzt, dabei wird gleichzeiassigt: tig noch μ2 1 vernachl¨ m h 12 = 12 3 = 2 2 . B Eh cL h
(4.54)
4.5 Biegeschwingungen von Platten
145
Darin ist cL =
E
(wie man zeigen kann) die Longitudinal-Wellen-Geschwindigkeit bei St¨aben aus gleichem Material. Meistens verwendet man cL , Dicke h und Fl¨achenusse von Mamasse m zur akustischen Beschreibung von Platten. Die Einfl¨ terial (ausgedr¨ uckt in cL ), Dicke h und Frequenz f lassen sich in (4.52) und (4.53) nicht unmittelbar u ¨bersehen, weil die Parameter B und m sowohl ¨ vom Material als auch von der Dicke abh¨ angen. Ubersichtlich lassen sich die Abh¨ angigkeiten erkennen, wenn man (4.54) in (4.52) und (4.53) einsetzt. Man erh¨ alt so f¨ ur die Biegewellenl¨ ange die nun leicht handhabbare Gleichung hcL λB ≈ 1, 35 f und f¨ ur die Ausbreitungsgeschwindigkeit cB ≈ 1, 35 hcL f . Die folgende Tabelle 4.1 nennt die Parameter f¨ ur die praktisch wichtigsten Materialien. Die Verlustfaktor-Angaben betreffen die reine innere D¨ampfung, zu der noch Strahlungsverluste und bei vielen Konstruktionen die D¨ampfung durch Reibung an F¨ ugestellen (z. B. an Schraubverbindungen) hinzukommen. Nutzen und Bedeutung der mit dem Verlustfaktor η bezeichneten Gr¨oße sind in den Kapiteln 5 und 8 geschildert. Wie man der Tabelle 4.1 entnehmen kann, weichen die LongitudinalWellen-Geschwindigkeiten der verschiedenen Materialien nicht allzu sehr von einander ab. Grob wird der Bereich von 2000 m/s bis 5000 m/s u ¨berdeckt. Dagegen ist der Bereich von in der Akustik interessierenden Dicken sehr viel breiter. Das Autoblech von 0, 5 mm Dicke interessiert ebenso wie die 0, 5 m starke Betonwand, immerhin ein Dickenfaktor von 1:1000. Entsprechend groß ist der Wellenl¨ angenbereich. Zum Beispiel erh¨alt man f¨ ur 1000 Hz λ(0, 5 mm Blech) = 7 cm , λ(25 cm Leichtbeton) = 90 cm , zum Vergleich λ(Luft) = 34 cm . Wie man schon aus den Beispielen sieht, sind d¨ unne Platten kurzwelliger und dicke Platten langwelliger als Luft. Die Unterschiede zwischen lang-“ und kurzwelligen“ Bauteilen sind f¨ ur ” ” die Luftschalld¨ ammung der Platten von erheblicher Bedeutung, wie das entsprechende Kapitel dieses Buches ausf¨ uhrlich erkl¨art. Allgemeiner l¨asst sich die Eigenschaft kurzwelliger als Luft“ (oder eben langwelliger als Luft“) ” ”
146
4 K¨ orperschall Tabelle 4.1. Materialdaten gebr¨ auchlicher Stoffe Dichte (kg/m3 )
cL (m/s)
η
Aluminium 2700 5200 ≈ 10−4 Stahl 7800 5000 ≈ 10−4 −3 Blei 11300 1250 10 − 10−1 Kupfer 8900 3700 2 10−3 Messing 8500 3200 10−3 Schwerbeton 2300 3400 5 10−3 Leichtbeton 600 1700 10−2 Ziegel (+M¨ ortel) 2000 2500–3000 10−2 Sperrholz 600 3000 10−2 Eiche 700–1000 1500–3500 10−2 Fichte 400–700 1200–2500 10−2 Gipskartonplatten 1200 2400 8 10−3 Hartfaserplatten 600–700 2700 10−2 Plexiglas 1150 2200 3 10−2 Sand, leicht 1500 100–200 10−1 Sand, verdichtet 1700 200–500 10−2 Glas 2500 4900 2 10−3
einem Frequenz-Intervall zuordnen. Die beiden Wellenl¨angen λ0 (Luft) und λB (Biegewellen) hcL λ0 = c/f und λB ≈ 1, 35 f werden bei einer bestimmten kritischen“ Frequenz fcr gleich groß. Wie man ” durch Quadrieren der Wellenl¨ angen und anschließendes Gleichsetzen leicht zeigt gilt f¨ ur fcr c2 fcr = . 1, 82hcL Andere Namen f¨ ur die kritische Frequenz sind Grenzfrequenz“ oder Koin” ” ¨ zidenzgrenzfrequenz“ (Koinzidenz = Ubereinstimmung). F¨ ur Frequenzen •
¨ f < fcr unterhalb der kritischen Frequenz sind die Biegewellen KURZER als die Luftschallwellen, f¨ ur Frequenzen ¨ • f > fcr oberhalb der kritischen Frequenz sind die Biegewellen LANGER als die Luftschallwellen. Einige Zahlenbeispiele f¨ ur die kritische Frequenz sind • 0, 5 mm Blech: 25 kHz, • 4 mm Glas: 3 kHz, • 5 cm Gips: 530 Hz und • 25 cm Beton: 75 Hz.
4.5 Biegeschwingungen von Platten
147
Wie man erkennt, haben dicke, massive W¨ ande und Decken Grenzfrequenzen am unteren Rand des interessierenden Frequenz-Bereiches, die kritischen Frequenzen von Fenstern oder Blechen liegen dagegen am oberen Rand. D¨ unnere W¨ ande, die z.B. innerhalb von Wohnungen oder B¨ uros durchaus auch gebaut werden, verf¨ ugen u ¨ber Grenzfrequenzen mitten im interessierenden Band, mit entsprechenden Einbußen in ihrer Luftschalld¨ammung. 4.5.2 Plattenresonanzen Wie bei St¨ aben h¨ angen auch Resonanzen und Modenformen von Platten von der Beschaffenheit der Lagerung an den Plattenr¨andern ab. Mit Ausnahme des unten geschilderten, recht einfachen Falles, bei dem die Platte umlaufend auf einem Lager aufgest¨ utzt ruht, ist die Behandlung des Resonanzproblems keineswegs einfach durchf¨ uhrbar; es handelt sich im Gegenteil immer um eine recht komplizierte und langwierige Betrachtung, die in speziellen Werken zu diesem Thema viele Seiten f¨ ullt. Der interessierte Leser sei dazu auf das Werk von Leissa (Leissa, A. W.: ’Vibration of Plates’, Office of Technology Utilization, National Aeronautics and Space Administration, Washington 1969) und auf das von Blevins (Blevins, R. D.: ’Formulas for natural frequency and mode shape’, Van Nostrand Reinhold, New York 1979) verwiesen. Das letztgenannte Buch enth¨ alt u ¨brigens auch Abschnitte u ¨ber die Schwingungen von St¨aben (insbesondere auch mit Kombinationen verschiedener Randbedingungen links und rechts an den Enden). F¨ ur den Fall der an allen vier R¨ andern x = 0, y = 0, x = lx und y = ly aufliegenden, unterst¨ utzten Platte bestehen die Modenformen in v = sin (nx πx/lx ) sin (ny πy/ly )
(4.55)
(nx = 1, 2, 3, ... und ny = 1, 2, 3, ...). Die Plattenabmessungen sind mit lx und ache betr¨ agt S = lx ly . Die Plattenmoden (1,1), ly bezeichnet, die Plattenfl¨ (1,2) und (2,2) sind in den Bildern 4.13, 4.14 und 4.15 gezeigt. Die Resonanzfrequenzen erh¨ alt man durch Einsetzen der Modenformen in die (mit p = 0 homogene) Biegewellengleichung (4.47): m 2 nx π 4 nx π 2 n y π 2 ny π 4 nx π 2 ny π 2 2 ω =( ) + 2( ) ( ) +( ) = [( ) +( ) ] , B lx lx ly ly lx ly (4.56) also gilt B π nx 2 ny 2 f = [( ) + ( ) ] . (4.57) 2 lx ly m 4 kB =
Graphisch lassen sich diese Resonanzfrequenzen einfach darstellen, wenn aus der letzten Gleichung noch die Wurzel gezogen wird. Man erh¨alt dann (Bild 4.16) f¨ ur die Wurzel aus der Frequenz je einen Gitterpunkt in einem regelm¨aßigen Eigenfrequenz-Gitter mit den Gitter-Kantenl¨angen
148
4 K¨ orperschall
Bild 4.13. Schwingungsmode nx = 1 und ny = 1
Bild 4.14. Schwingungsmode nx = 1 und ny = 2
π 4 B 1 2 m lx und
π 4 B 1 . 2 m ly
Jeder Gitter-Knoten bedeutet die Wurzel aus einer Resonanzfrequenz.
4.5 Biegeschwingungen von Platten
149
Bild 4.15. Schwingungsmode nx = 2 und ny = 2
Aus dieser Betrachtung l¨ asst sich n¨ aherungsweise die Anzahl ΔN der in einem Frequenzband Δf vorhandenen Resonanzfrequenzen absch¨atzen. Dazu
(π/2) 1/2 (B'/m'') 1/4 lx
f
0,
5
(π/2) 1/2 (B'/m'') 1/4 ly
Bild 4.16. Resonanzgitter von Biegeschwingungen auf am Rande unterst¨ utzten Platten
150
4 K¨ orperschall
wird zun¨ achst die Anzahl N der im Intervall 0 bis f liegenden Resonanzen bestimmt. altnis eines Viertelkreises mit dem √ Diese ist etwa gleich dem Verh¨ ache eines Gitterelementes, es gilt also Radius f und der Fl¨ π m 1 4f N= = fS . (4.58) 2 B π B 1 m lx ly
2
Den Differenzenquotienten ΔN/Δf kann man n¨aherungsweise durch den Differentialquotienten ersetzen, ΔN m dN 1 ≈ = S , Δf df 2 B und damit gilt
m 1 ΔN = S Δf . (4.59) 2 B F¨ ur praktische Berechnungen ist es auch diesmal bequemer, das Verh¨altnis aus m und B durch die Longitudinalwellengeschwindigkeit cL und die Plattendicke h nach Gl.(4.54) auszudr¨ ucken. Damit erh¨alt man schließlich ΔN =
1, 73S Δf . hcL
(4.60)
Anders als bei St¨ aben ist also die Resonanzdichte bei Platten eine frequenzunabh¨ angige Konstante. F¨ ur ein Blech (cL = 5000 m/s) mit 1 mm Dicke und alt man beispielsweise ΔN ≈ 0, 35 Δf /Hz, in der einer Fl¨ ache von 1 m2 erh¨ Bandbreite von Δf = 100Hz liegen also unabh¨angig von der Mittenfrequenz des Bandes stets etwa ΔN = 35 Resonanzen. Ungef¨ahr alle 3 Hz tritt eine Resonanz auf. Schrumpft die Plattenfl¨ ache auf ein Zehntel mit S = 0, 1 m2 , dann liegen nur noch etwa 3, 5 Resonanzen in 100 Hz Bandbreite, der mittlere Resonanzabstand betr¨ agt dann also etwa 30 Hz. Obwohl sich die einzelnen Resonanzfrequenzen bei anderen Lagerungen am Rande (also z.B. frei beweglich aufgeh¨ angt statt am Rande aufliegend) verstimmen, bleibt die Anzahl ΔN der Resonanzen in einem (nicht zu schmalen) Band Δf davon weitgehend unber¨ uhrt. Man kann deswegen Gl.(4.60) auch unabh¨ angig von den genauen Lagerungsbedingungen f¨ ur Absch¨atzungen benutzen.
4.6 Zusammenfassung Die f¨ ur die Technische Akustik zweifellos wichtigsten K¨orperschallwellen bestehen in den auf St¨ aben und Platten auftretenden transversalen Biegewellen. Anders als bei der Wellenausbreitung in Gasen und Fl¨ ussigkeiten h¨angt
¨ 4.8 Ubungsaufgaben
151
die Biegewellenl¨ ange von der Frequenz ab, sie w¨achst proportional zur Quadratwurzel aus f . Bei K¨ orperschallsignalen, die aus mehreren Frequenzen zusammengesetzt sind, werden die Bestandteile also mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten transportiert, das f¨ uhrt zum als ’Dispersion’ bezeichneten Auseinanderlaufen der Signalgestalt. Wegen der Dispersion ist die Biegewellenl¨ ange umgekehrt proportional zur Quadratwurzel aus der Frequenz. Daraus folgt, dass die Biegewellenl¨ ange λB unterhalb einer gewissen Grenzfrequenz ange λ, f¨ ur f oberhalb von fcr gilt umgefcr kleiner ist als die Luftschallwellenl¨ ur die Abstrahlung von Biegewellen (Kakehrt λB > λ. Diese Tatsache spielt f¨ pitel 3) und f¨ ur die Schalld¨ ammung von platten¨ahnlichen Gebilden (W¨ande, Decken, Fenster, etc., Kapitel 8) eine sehr erhebliche Rolle. Die Grenzfrequenz ist umgekehrt proportional zur Dicke des Bauteils fcr ∼ 1/h, sie liegt also f¨ ur d¨ unne Bauteile hoch und f¨ ur dicke Bauteile tief. Bei endlich ausgedehnten Stabst¨ ucken und Platten treten Resonanzerscheinungen auf, wenn u ander nur wenig Schwingenergie abfließt. Die ¨ber die R¨ Resonanzfrequenzen h¨ angen dabei von den Lagerungsbedingungen ab. Bei St¨ aben nimmt der Abstand zweier Resonanzfrequenzen mit der Frequenz zu, die Dichte der Resonanzen nimmt also ab. Bei Platten ist die Resonanzdichte eine frequenzunabh¨ angige Konstante. Die Schwingungsformen in den Resonanzen werden als Moden bezeichnet.
4.7 Literaturhinweise Fraglos bildet das Werk K¨ orperschall“ von L. Cremer und M. Heckl (Springer” Verlag, Berlin und Heidelberg 1996) eine unverzichtbare Lekt¨ ure f¨ ur alle, die sich mit dem im Titel genannten Gebiet auseinandersetzen wollen. F¨ ur Resonanzvorg¨ ange und Modenformen sei vor allem auf das schon zitierte Werk von Blevins (Blevins, R. D.: ’Formulas for natural frequency and mode shape’, Van Nostrand Reinhold, New York 1979) verwiesen.
¨ 4.8 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Man bestimme die Koinzidenzgrenzfrequenzen f¨ ur • Gipsplatten von 8 cm Dicke (cL = 2000 m/s), • Fensterscheiben von 4 mm Dicke und f¨ ur • ein T¨ urblatt aus Eichenholz (cL = 3000 m/s) von 25 mm Dicke. Aufgabe 2 Man berechne die ersten 5 Resonanzfrequenzen von Aluminium-St¨aben der Dicke 5 mm von je 50 cm und 100 cm L¨ ange f¨ ur den beidseitig aufgest¨ utzten und f¨ ur den beidseitig eingespannten Fall.
152
4 K¨ orperschall
Aufgabe 3 Man bestimme die vier tiefsten Resonanzfrequenzen •
einer Fensterscheibe von 4 mm Dicke und den Abmessungen von 50 cm mal 100 cm, • einer 10 cm dicken Gipswand (cL = 2000 m/s) mit den Abmessungen 3 m mal 3 m und • einer 2 mm starken Stahlplatte mit den Abmessungen von 20 cm mal 25 cm. Aufgabe 4 Man berechne die Resonanzfrequenzen und die Modenformen des links eingespannten und rechts freien Stabes. Aufgabe 5 Ein unendlich langer Stab (oder ein Stab mit ’Wellensumpf’ an beiden Enden) wird in seiner Mitte x = 0 durch eine senkrecht auf ihn einwirkende Kraft zu Biegeschwingungen mit harmonischem Zeitverlauf angeregt. Man zeichne den Ortsverlauf der Stabschnelle und der Stabauslenkung f¨ ur die Zeiten t/T = n/20 (T =Periodendauer, n = 0, 1, 2, 3...20) im Intervall −1 < x/λB < 1. Wie lautet die Schwinggeschichte von Stabschnelle v(x = 0, t) und Stabauslenkung ξ(x = 0, t) des Stabpunktes unter dem Anregepunkt x = 0? Wann werden v(x = 0, t) und ξ(x = 0, t) erstmals in einer Periode 0 < t < T maximal? Aufgabe 6 Man berechne die Schallschnelle eines in seiner Mitte x = 0 durch eine zeitlich sinusf¨ ormige Punktkraft mit der Amplitude F0 zu Biegewellen angeregten (zweiseitig unendlich ausgedehnten) Stabes in Abh¨angigkeit vom Aufpunkt x auf dem Stab.
5 Elastische Isolation
Das wohl wichtigste Mittel, den Schwingungseintrag in Geb¨aude oder ins Erdreich zu verringern, bilden weichfedernde Zwischenelemente zwischen Maschinen, Motoren oder anderen Aggregaten und den sie tragenden Fundamenten. Anwendungsbeispiele f¨ ur diese Technik des elastischen Entkoppelns sind •
die Lagerung von Maschinen auf Einzelfedern zur Entkopplung von Geb¨auden (Bild 5.1), • Unterschottermatten f¨ ur Eisenbahn- oder U-Bahn-Gleise in der N¨ahe von H¨ ausern zur Verringerung des Ersch¨ utterungseintrages (Bild 5.2) und • der heute wohl fast immer in Geb¨ auden benutzte schwimmende Estrich (Bild 5.3, siehe auch das Kapitel u ¨ber Schalld¨ammung) Die genannten Beispiele spannen eine sehr große Bandbreite von Anwendungen und dabei verwendeten technischen L¨ osungen auf.
Bild 5.1. Maschinenlagerung auf Einzelfedern
154
5 Elastische Isolation
Bild 5.2. Elastisches Entkoppeln des Gleises vom Fahrweg-Unterbau auf einer dicken Platte
elastische Dämmschicht, meist 30 bis 40 mm Zement-Estrich, meist 40 bis 60 mm
dünne Folie
Rohdecke, meist 120 bis 350 mm
Bild 5.3. Aufbau des schwimmenden Estrichs zur Verbesserung der Trittschalld¨ ammung
Zum Beispiel erweist es sich oft (an Stelle der punktweisen MaschinenfußLagerung wie in Bild 5.1) als sinnvoll, ein Aggregat oder eine Maschine zun¨ achst auf einer festen Platte (einige Zentimeter Beton) zu befestigen und diese dann durch eine vollfl¨ achige weiche Zwischenlage vom Fundament zu entkoppeln. Oft bestehen technische Apparaturen (wie z.B. K¨ uhleinrichtungen) n¨ amlich nicht in einem kompakten Aufbau“, sondern setzen sich aus ” vielen, durch Kabel und Schl¨ auche miteinander verbundenen Einzelteilen zusammen. Nicht nur deshalb, sondern auch zur Erh¨ohung der Masse, ist die Vormontage auf einer schwereren Platte erst einmal sinnvoll. Die Vielfalt der Anwendungen deutet sich auch schon in den vielen Varianten von Federelementen und weich gestalteten Platten an, von denen Bild 5.4 einen kleinen ¨ Uberblick bietet. Die Betrachtungen in diesem Kapitel versuchen, die im Zusammenhang mit der elastischen Lagerung auftretenden Fragen sowohl vom Prinzipverst¨andnis her als auch hinsichtlich der praktischen Anwendung zu beantworten. Der n¨achste Abschnitt gibt deswegen Auskunft u ¨ber das Kernprinzip durch Be-
5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament
155
handlung des einfachsten Modells. Danach wird untersucht, welchen Einfluss die zun¨ achst vernachl¨ assigten physikalischen Effekte besitzen, um realistischere Vorstellungen in der zu erwartenden Gr¨oße von Pegelminderungen zu begr¨ unden. Schließlich wird noch auf die praktisch wichtigen Fragen eingegangen, wie elastische Lagerungen ausgelegt werden sollen und unter welchen Voraussetzungen sich diese Maßnahmen u ¨berhaupt als sinnvoll erweisen.
Bild 5.4. Beispiele von Federelementen
5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament Das einfachste Modell zur Beschreibung einer elastischen Entkopplung besteht in der Modellierung der Maschine (des Motors, des Aggregats, des Eisenbahnzuges,. . . ) als eine tr¨ age Masse, die durch eine Wechselkraft F zu Schwingungen angeregt wird und mit einer Feder verbunden auf einem starren, unbeweglichen Fundament ruht (Bild 5.5). Die in Wahrheit erhebliche Bedeutung der endlichen Fundament-Nachgiebigkeit wird erst im Abschnitt 5.3 erl¨ autert. Die immer vorhandene innere D¨ ampfung in der Feder wird durch Annahme eines viskosen Reibd¨ ampfers ber¨ ucksichtigt.
156
5 Elastische Isolation
Auf die Masse wirken die drei ¨ außeren Kr¨ afte • die anregende Kraft F , • die r¨ uckstellende Federkraft Fs mit entgegengesetzter Richtung wie F und • die ebenfalls r¨ uckstellende Reibkraft Fr . Dem Newtonschen Gesetz zur Folge verursacht die Summe der genannten Kr¨ afte die beschleunigte Bewegung der Masse: m¨ x = F − Fs − Fr ,
(5.1)
worin x die in F -Richtung gez¨ ahlte Auslenkung der Masse (x: ˙ ihre Geschwindigkeit, x ¨: ihre Beschleunigung) bedeutet. Die r¨ uckstellenden Kr¨afte Fs und Fr ergeben sich •
nach dem Hookeschen Gesetz zu (s = Federsteife) Fs = sx
•
(5.2)
und unter Annahme einer geschwindigkeitsproportionalen Reibkraft zu (r = Reibkoeffizient) (5.3) Fr = rx˙ .
Die Schwingungsgleichung f¨ ur die Masse lautet demnach m¨ x + rx˙ + sx = F .
(5.4)
Bild 5.5. Modellanordnung zur Berechnung des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes von elastischen Lagerungen mit starrem Fundament
F¨ ur reine T¨ one
x(t) = Re xejωt
(das Unterstreichen des komplexen Zeigers x wird zur Schreibvereinfachung weggelassen) wird daraus
5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament
− mω 2 x + jωrx + sx = F , oder nat¨ urlich
F . s − mω 2 + jωr
x=
157
(5.5)
(5.6)
Haupts¨ achlich interessiert bei der Beurteilung des Nutzens der elastischen Lagerung die in das Fundament eingeleitete Kraft FF , die sich aus der Federkraft und der Reibkraft zusammensetzt FF = Fs + Fr ,
(5.7)
oder mit (5.2) und (5.3) und wieder f¨ ur reine T¨one FF = (s + jωr)x ,
(5.8)
oder mit (5.6) FF =
s + jωr F . s − mω 2 + jωr
(5.9)
Als Maß f¨ ur den Erfolg der Maßnahme elastisch lagern“ gegen¨ uber der star” ” ren Befestigung“ am Fundament benutzt man die sogenannte Vergr¨oßerung V, FF (s → ∞) Fundamentkraft, starr = , (5.10) V = Fundamentkraft, elastisch FF (s) die hier nach (5.9) V =
s − mω 2 + jωr s + jωr
(5.11)
ergibt. Schließlich definiert man noch das Einf¨ ugungsd¨ammmaß (= Pegeldifferenz der Fundamentkraft ohne“ minus mit“ Maßnahme) zu ” ” RE = 10 lg |V |2 .
(5.12)
RE gibt den in Dezibel gemessenen Erfolg der elastischen Lagerung an. Erkennbar spielt bei der Interpretation der Vergr¨oßerung V (und damit des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes) die Resonanzfrequenz s (5.13) ω0 = m eine wichtige Rolle. Im d¨ ampfungsfreien Fall r = 0 k¨onnte die Massenauslenkung x nach (5.6) in der Resonanz ω = ω0 unendliche Werte besitzen. Auch verh¨ alt sich die Vergr¨ oßerung V f¨ ur tiefe Frequenzen ω ω0 offensichtlich ganz anders als f¨ ur hohe Frequenzen ω ω0 . Um eine etwas u ¨bersichtlichere Gleichung an Stelle von (5.11) zu bekommen, teilt man Z¨ahler und Nenner noch durch s und erh¨alt so eine Form, in der nur noch Frequenzverh¨ altnisse auftreten:
158
5 Elastische Isolation
V =
1−
ω2 ω02
+ jη ωω0
1 + jη ωω0
.
(5.14)
Dabei ist der Reibkoeffizient r noch durch einen dimensionslosen, sogenannten Verlustfaktor η ausgedr¨ uckt worden, rω0 η= . (5.15) s Wie in einem sp¨ateren Abschnitt erkl¨ art wird, kann der Verlustfaktor leicht aus einer Messung bestimmt werden. Es war sicher vern¨ unftig, die (etwas) schwer zug¨ angliche Gr¨ oße Reibkoeffizient r“ durch eine gut messbare Gr¨oße ” zu ersetzen. Der Verlustfaktor η liegt (mit sehr wenigen Ausnahmen) f¨ ur handels¨ ubliche Federn oder elastische Schichten im Bereich von 0, 01 < η < 1. Allgemein ist bei der Erl¨ auterung der Aussagekraft von Gleichung (5.14) auf vier Frequenzbereiche n¨ aher einzugehen: 1. Tiefe Frequenzen ω ω0 . Hier ist die elastische Lagerung noch wirkungslos: Nach (5.14) ist V ≈ 1 und damit RE ≈ 0 dB. 2. Mittlere bis hohe Frequenzen (ω ω0 , aber auch ω ω0 /η). In diesem Frequenzbereich ist V ≈− und damit RE = 10 lg
ω2 , ω02
ω4 ω = 40 lg . ω04 ω0
(5.16)
Das Schalld¨ ammmaß steigt mit der Frequenz steil mit 12 dB/Oktave an und kann dabei sehr erhebliche Werte annehmen (z.B. RE = 36 dB drei Oktaven oberhalb der Resonanzfrequenz). 3. H¨ ochste Frequenzen ω ω0 /η (und ω ω0 ). Bereits der D¨ ampfungseinfluss bremst die große Steigung nach Gl.(5.16) bei den h¨ ochsten Frequenzen ab. Hier ist nur noch V =j
ω 1 , ω0 η
und daher gilt f¨ ur das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß ω ω 1 = 20 lg RE = 20 lg − 20 lg η . ω0 η ω0
(5.17)
RE steigt hier nur noch mit 6 dB/Oktave und h¨angt vom Verlustfaktor ab. Je gr¨ oßer η, desto kleiner RE .
5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament
159
4. Resonanzbereich ω ∼ ω0 . In der direkten Umgebung der Resonanzfrequenz wirkt die elastische Lagerung sogar verschlechternd gegen¨ uber der starren Ankopplung ans Fundament. F¨ ur ω = ω0 ist jη , V = 1 + jη f¨ ur kleine Verlustfaktoren η 1 also RE ∼ = 20 lg η .
(5.18)
In der Resonanz ist das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß also negativ und die damit beschriebene Verschlechterung um so deutlicher, je kleiner der Verlustfaktor η ist.
80
Einfügungsdämmmaß R/dB
70 60 50
η
40 30 20 10 0 −10 −20 0.25
0.5
1
2
4
8
16
32
64
f/fres
Bild 5.6. Theoretisches Einf¨ ugungsd¨ ammmaß bei starrem Fundament, gerechnet f¨ ur η = 0,01; 0,0316; 0,1 und 0,316
Eine Zusammenfassung der genannten Einzelheiten f¨ ur den Frequenzgang von RE findet man in Bild 5.6. Hier ist RE u ¨ber dem Frequenzverh¨altnis ω/ω0 f¨ ur verschiedene Verlustfaktoren η aus Gleichung (5.14) (und (5.12)) berechnet und dargestellt worden. Zu erkennen sind die schon beschriebenen Tendenzen: • • •
keine Wirkung unterhalb der Resonanz, Verschlechterung in der Resonanz, abgemildert mit steigendem Verlustfaktor, in einem Frequenzband, das mit wachsendem η schm¨aler wird, steiler Anstieg von RE mit 12 dB/Oktave, und schließlich
160
•
5 Elastische Isolation
Abknicken auf eine Gerade mit nur noch 6 dB/Oktave, wobei ein wachsender Verlustfaktor η d¨ ammungsverschlechternd wirkt.
Wie man sieht, mildert ein wachsender Verlustfaktor die Nachteile in der Resonanz-Umgebung ab, begrenzt dabei aber gleichzeitig die Vorteile bei den hohen Frequenzen. Die letztgenannte hochfrequente Verschlechterung durch den Feder-Verlustfaktor ist dabei allerdings praktisch kaum von Interesse: Tats¨ achlich werden so große Einf¨ ugungsd¨ ammmaße, wie hier theoretisch berechnet, in der Praxis fast nie erreicht. Der Hauptgrund daf¨ ur besteht in der Tatsache, dass reale Fundamente nicht starr sind, sondern nat¨ urlich eine endliche Nachgiebigkeit besitzen, ein Effekt, dessen Auswirkungen im n¨achsten Abschnitt genauer untersucht werden. Wie gesagt ist die hier bei den hohen Frequenzen gefundene Begrenzung durch die D¨ ampfung selten auch praktisch relevant. Meistens wird man bei Anwendungen deshalb auch dann einen eher gr¨oßeren Verlustfaktor bevorzugen, wenn die Betriebsfrequenzen der Maschine (des Motors, des Aggregates etc.) weit oberhalb der Resonanzfrequenz liegen. Man muss n¨amlich beachten, dass beim Hochlaufen oder Anhalten der Maschine der Resonanzbereich durchlaufen wird. Die Auslenkungen, die sich in der Resonanz ergeben, sind nach (5.6) und mit (5.15) x(ω = ω0 ) =
F F = . jω0 r jηs
(5.19)
Sie m¨ ussen nat¨ urlich begrenzt werden, denn sonst kann das Aggregat tanzen“ ” und m¨ oglicherweise die Anlage besch¨ adigen. Schließlich muss noch erw¨ ahnt werden, dass der Einfluss der D¨ampfung auf das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß nat¨ urlich vom angenommenen Effekt der viskosen Reibung und damit von Gleichung (5.3) bestimmt wird. Andere Annahmen u ampfungsart (z.B. sogenannte Relaxationsd¨ampfung) sind denkbar. ¨ber die D¨ Oft wird auch versucht, die Reibung ohne genauere Kenntnis der Reibungsursache einfach durch eine komplexe Federsteife zu ber¨ ucksichtigen. An Stelle von Gleichung (5.5) tritt dann einfach − mω 2 x + s(1 + jη)x = F .
(5.20)
Wie man sieht, geht dabei die Frequenzabh¨ angigkeit der Reibungskraft verloren. Das f¨ uhrt insbesondere bei den h¨ ochsten Frequenzen zu einem anderen Einf¨ ugungsd¨ammmaß als in Bild 5.6 angegeben. Es d¨ urfte klar sein, dass theoretische Ergebnisse von den gemachten Voraussetzungen abh¨angen. Wenn man an anderer Stelle (z.B. in Firmenprospekten) eine andere, vielleicht sogar noch optimistischere Einsch¨ atzung des Einf¨ ugungsd¨ammmaßes elastischer Lagerungen findet, dann ist diese m¨ oglicherweise auf andere Annahmen, aber gewiss nicht auf physikalische Wunder gegr¨ undet.
5.2 Dimensionierung elastischer Lagerung
161
5.2 Dimensionierung elastischer Lagerung Aus der Sicht der Akustiker ist die praktische Auslegung von Federelementen eine h¨ ochst einfache Sache: Je gr¨ oßer das Verh¨ altnis aus Betriebsfrequenz(-en) ω und Resonanzfrequenz ω0 ist, desto gr¨ oßer ist auch der Erfolg der Maßnahme. Man muss also versuchen, die Resonanz so tief wie m¨oglich abzustimmen, am liebsten auf 0 Hz. Dass dies nicht m¨ oglich ist, ist offensichtlich: Die Maschine (oder um welche Schwingungsquelle es sich eben handelt) m¨ usste wegen s = 0 schon schweben, um das zu erreichen. Es sind offenbar nicht-akustische“ Bedingungen, die ” die praktische Dimensionierung der Federn oder Federschichten bestimmen. Solche Bedingungen k¨ onnen sein: a) Feder-Nennlasten Nat¨ urlich m¨ ussen die Federn so ausgelegt sein, dass sie das auf ihnen gelagerte Gewicht auch statisch auffangen k¨ onnen. F¨ ur hochwertige Federn oder elastische Schichten gibt der Hersteller meist die Belastungsbereiche der Produktpalette an. Einige Beispiele daf¨ ur sind in Tabelle 5.1 gezeigt. Produktbezeichnung 3
Dichte (kg/m ) Lastbereich bis (N/mm2 ) Verlustfaktor E-Modul (N/mm2 )
G
L
P
150 300 510 0,01 0,05 0,2 0,23 0,2 0,16 0,18 0,35 2,2 bis 0,36 bis 1,1 bis 3,6
Tabelle 5.1. Produktbeschreibung der Produktpalette SYLOMER, Dicken jeweils 12 mm oder 25 mm, jeweils Brandschutzklasse B2 (Herstellerangaben)
Das beschriebene Material ist zur fl¨ achigen Lagerung (¨ahnlich wie in Bild 5.7) gedacht. Die Fl¨ achenpressung pstat in dieser Anordnung ergibt sich bekanntlich aus Mg (5.21) pstat = S (M = Gesamtmasse, S = Lagerfl¨ ache, g = Erdbeschleunigung ≈ 10 m/s2 ). F¨ ur das Beispiel M = 1000 kg und S = 1 m2 ist also pstat = 10.000 kg m/(sm)2 = 104 N/m2 = 10−2 N/mm2 . Aus der Produktpalette in Tabelle 5.1 w¨are also der Produkttyp G zu w¨ ahlen. Ob die so definierte Lagerung nun auch akustisch noch Sinn macht, ergibt sich aus der Resonanzfrequenz. Dazu berechnet man aus dem Elastizit¨ atsmodul E der elastischen Schicht mit der Dicke d zun¨achst die Federsteife zu
162
5 Elastische Isolation Schwingerreger
Beschleunigungsaufnehmer
Kraftaufnehmer elektr. Signale Masse M
elastische Schicht, Meßobjekt
starres Fundament
Bild 5.7. Messaufbau zur Bestimmung von Elastizit¨ atsmodul E und Verlustfaktor η der elastischen Schicht mit der Oberfl¨ ache S
s=
ES , d
(5.22)
und daraus die Resonanzfrequenz 1 f0 = 2π
s 1 = M 2π
ES . Md
(5.23)
Im genannten Beispiel (M = 1000 kg, S = 1 m2 , Produkttyp G nach Tabelle 5.1 mit d = 25 mm und E = 0, 2 N/mm2 ) w¨ are also etwa f0 = 14 Hz. Sinnvoll ist die so bestimmte Isolierung, wenn die Betriebsfrequenzen f wenigstens eine Oktave u ¨ber der Resonanzfrequenz liegen. Die tiefste Betriebsfrequenz l¨ asst sich oft z.B. aus der Drehzahl der Maschine bestimmen, oder die Frequenzbestandteile m¨ ussen gemessen werden. Erforderlichenfalls l¨ asst sich die Resonanzfrequenz noch durch mehrlagige weiche Schichten, also durch Dickenvergr¨ oßerung, nach unten verschieben. Dabei setzt die Stabilit¨ at des Gesamtaufbaus nat¨ urlich Grenzen: Die Schichtdicke kann h¨ ochstens einen kleinen Prozentsatz der kleinsten Kantenl¨ange betragen. b) Betriebsbedingungen Manche Ger¨ ate erfordern, dass sie selbst nur sehr kleine Bewegungen ausf¨ uhren d¨ urfen. Das gilt z.B. f¨ ur den Laser des Mediziners oder f¨ ur Kernspin-Tomographen, aber auch f¨ ur bestimmte Druckmaschinen und f¨ ur die Halbleiterfertigung. Hier muss nat¨ urlich auf die noch erlaubten Auslenkungen R¨ ucksicht genommen werden. Das Problem ist meistens nur zu l¨osen, wenn das Ger¨at
5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit
163
auf einer recht schweren Zusatzmasse montiert wird und mit ihr zusammen weich gelagert wird. Auch bei Schienenfahrzeugen stellt nat¨ urlich die Fahrsicherheit das oberste Gebot dar. Fahrwege auf Unterschottermatten z.B. d¨ urfen sich beim Befahren nicht beliebig statisch“ einsenken. ” Gar nicht so selten steht man vor der Aufgabe, ein Material mit unbekannten Daten oder zur u agigen Absicherung auf Eignung zu pr¨ ufen. ¨berschl¨ Der Elastizit¨ atsmodul E l¨ asst sich aus einem statischen Versuch bestimmen, bei dem eine Probenfl¨ ache S (der Dicke d) mit einer Masse M gleichm¨aßig belastet und die dabei bewirkte statische Einsenkung xstat gemessen wird. Bekanntlich gibt die Kr¨ aftegleichung sxstat = M g ,
(5.24)
oder mit (5.22) d M gd = pstat , (5.25) xstat S xstat worin wieder pstat die statische Pressung (hier im Versuchsaufbau) bedeutet. Wenn keine Nennlast bekannt ist oder wenn man eine u ¨berschl¨agige Kontrolle von Herstellerangaben vornehmen will, dann kann man wie folgt verfahren. Die meisten Materialien erlauben eine Dicken¨anderung von h¨ochstens 5% bis 10% durch Belastung, aus Sicherheitsgr¨ unden geht man von h¨ochstens 5% aus. Um diese Bedingung einzuhalten, ist der erforderliche E-Modul nach (5.25) Eerf = 20pstat (5.26) E=
urlich auf den ANWENDUNGSFALL, nicht auf einen (wobei pstat diesmal nat¨ Versuchsaufbau bezogen ist). Das Material muss mindestens diesen E-Modul Eerf besitzen, damit es auch auf Dauer haltbar bleibt. Wie die Beispiele in Tabelle 5.1 zeigen, gibt (5.26) einen recht realistischen Zusammenhang zwischen Nennlast pstat und dem Material E-Modul. Der Elastizit¨atsmodul der Materialien ist etwa 10 bis 20 mal so groß wie die Nennlast. Schließlich sei noch erw¨ ahnt, dass der Elastizit¨atsmodul einer Probe auch durch Messung der Resonanzfrequenz in einem Aufbau wie in Bild 5.7 bestimmt werden kann: Nach (5.13) ist s=
ES = M ω02 . d
(5.27)
5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit Bevor der Einfluss der endlichen Fundament-Nachgiebigkeit auf das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß der elastischen Lagerung geschildert werden kann, muss diese Nachgiebigkeit selbst durch ein technisches Maß beschrieben werden. ¨ Ublicherweise wird daf¨ ur die Fundament-Impedanz benutzt, die hier zun¨achst erl¨autert werden soll.
164
5 Elastische Isolation
5.3.1 Fundament-Impedanz Die Fundament-Impedanz zF ist definiert als das Verh¨altnis aus einer das Fundament an einer festen Stelle anregenden Kraft FF und der sich daraufhin an dieser Stelle ergebenden Fundamentschnelle vF zF =
FF . vF
(5.28)
Die Impedanz zF ist umgekehrt proportional zur Beweglichkeit“ des Funda” mentes, wie man leicht sieht, wenn man (5.28) nach vF aufl¨ost: vF =
FF . zF
F¨ ur ein und dieselbe Kraftanregung FF erh¨ alt man wenig Bewegung“ f¨ ur ” betragsm¨ aßig große zF , kleine Impedanzen dagegen f¨ uhren zu großen Fundamentschnellen. Da in diesem Kapitel vorwiegend mit Auslenkungen statt mit Schnellen gerechnet wird, sei noch auf den Zusammenhang von Fundamentur reine T¨one) hingewiesen: schnelle vF und Fundamentauslenkung (f¨ vF = jωxF ,
(5.29)
woraus der sp¨ ater ben¨ otigte Zusammenhang FF = jωzF xF
(5.30)
folgt. Allgemein kann die komplexe Impedanz einen komplizierten, gegebenenfalls durch Messung zu bestimmenden Frequenzgang haben. W¨are z.B. das Fundament selbst ein einfacher Resonator (was ja z.B. f¨ ur Geb¨audedecken durchaus der Fall sein kann), dann erg¨ abe sich aus der Bewegungsgleichung (¨ ahnlich zu (5.5)) ! sF + rF vF = FF jmF ω + (5.31) jω die Fundamentimpedanz zF = jmF ω +
sF + rF . jω
(5.32)
Solche (oder noch kompliziertere) Frequenzg¨ ange der Fundament-Impedanz im Hinblick auf darauf aufgebaute elastische Lagerungen zu diskutieren, mag f¨ ur manche praktische Situationen eine lohnenswerte Aufgabe sein. Um das Wesentliche herauszuarbeiten, wird es jedoch vern¨ unftiger sein, sich auf Im” pedanztypen“ zu beschr¨ anken. Es sollen deshalb im Folgenden nur Impedanzen mit Massecharakter zF = jωmF und solche mit Federungscharakter zF = sF /jω betrachtet werden.
5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit
165
5.3.2 Die Wirkung der Fundament-Impedanz Zur Beschreibung der Auswirkung der endlichen Fundament-Impedanz ist zun¨ achst wieder - wie in Abschnitt 5.1 - das Aufstellen der Bewegungsgleichung erforderlich, wobei diesmal eine Modellannahme mit beweglichem Fundament getroffen wird (Bild 5.8). Kraft F
Fs
Fr
Feder s
Masse m
Dämpfer r
Fundament mit Impedanz z Fs
Fr
Bild 5.8. Modellanordnung zur Berechnung des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes von elastischen Lagerungen mit nachgiebigem Fundament
Nach wie vor muss die Tr¨ agheitskraft durch die Summe aus anregender Kraft und der r¨ uckstellenden Feder- und Reibungskraft aufgewogen werden. Gleichung (5.1) lautet also f¨ ur die Massenauslenkung x unver¨andert m¨ x = F − F s − Fr .
(5.33)
Diesmal jedoch ist die Federkraft zur DIFFERENZ aus Massenauslenkung x und Fundament-Auslenkung xF proportional: Fs = s(x − xF ) ,
(5.34)
und ebenso gilt f¨ ur die Reibungskraft Fr = r(x˙ − x˙F ) .
(5.35)
Die Bewegungsgleichung (5.1) lautet also m¨ x + r(x˙ − x˙F ) + s(x − xF ) = F .
(5.36)
Haupts¨ achlich interessiert wieder die in das Fundament eingeleitete Kraft FF FF = Fs + Fr = s(x − xF ) + r(x˙ − x˙ F ) .
(5.37)
166
5 Elastische Isolation
F¨ ur komplexe Amplituden ergeben (5.36) und (5.37) − mω 2 x + (s + jωr)(x − xF ) = F
(5.38)
FF = (s + jωr)(x − xF ) ,
(5.39)
und wobei noch zus¨ atzlich die Fundament-Nachgiebigkeit nach (5.30) durch FF = jωzF xF
(5.40)
beschrieben wird. Mathematisch gesehen bilden (5.38) bis (5.40) ein Gleichungssystem in den drei Unbekannten x, xF und FF , das nach den u ¨blichen Verfahren gel¨ost werden muss, wobei vor allem das Resultat f¨ ur FF interessiert. Ohne andere L¨ osungswege verhindern zu wollen, h¨ alt der Verfasser folgendes Vorgehen f¨ ur einfach und deshalb f¨ ur sinnvoll: 1. Addiere mω 2 xF zu beiden Seiten von (5.38), mit dem Resultat " # −mω 2 + s + jωr (x − xF ) = F + mω 2 xF , und dr¨ ucke darin 2. xF mit (5.40) durch FF aus: # mω 2 jmω FF = F − FF . −mω 2 + s + jωr (x − xF ) = F + jωzF zF
"
3. Daraus folgt nach (5.39) FF =
jmω s + jωr F− FF s − mω 2 + jωr zF
! .
Die Aufl¨ osung nach FF bringt schließlich FF =
s + jωr F . (s + jωr) 1 + jmω − mω 2 zF
(5.41)
Auch hier interessiert der durch die elastische Lagerung gewonnene Vorteil und deswegen die Vergr¨ oßerung V mit V =
FF (s → ∞) FF (s)
und das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß RE = 10 lg |V |2 . Aus (5.41) folgt
5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit
FF (s → ∞) =
167
F , 1 + jωm zF
die Vergr¨ oßerung wird damit zu V =1−
mω 2 s+jωr 1 + jωm zF
,
(5.42)
¨ oder, wenn man zur besseren Ubersicht wieder die Resonanzfrequenz (bei starrem Fundament) ω0 und den Verlustfaktor η nach (5.13) und (5.15) benutzt ω02 = s/m und η = so erh¨ alt man V =1−
rω0 , s
1 1 ω2 2 ω0 1 + j ωm 1 + jη zF
ω ω0
.
(5.43)
Diese etwas langatmige Rechnerei (die u ¨brigens mit zF → ∞ wieder erfreulicherweise Gleichung (5.14) zur Kontrolle liefert) zeigt immerhin einige bemerkenswerte Ergebnisse: a) Fundamentimpedanz mit Massecharakter, zF = jωmF Hierf¨ ur ist V =1−
ω02
ω2
1+
m mF
1 . 1 + jη ωω0
(5.44)
Die endliche Fundamentimpedanz wirkt wie eine Verstimmung der Resonanzfrequenz nach oben, d.h., es ist wie beim starren Fundament ω2 1 , 2 1 + jη ω ωres ω0
V =1−
(5.45)
wobei jedoch die Resonanzfrequenz von Masse (= Ger¨at) und Fundament abh¨ angt: 1 1 2 ωres + =s . (5.46) m mF Die in Abschnitt 5.1 gegebenen Interpretationen innerhalb der verschiedenen Frequenzbereiche bleiben dabei erhalten. b) Fundamentimpedanz mit Federungscharakter, zF = sF /jω Hierf¨ ur ist V =1−
ω02
ω2
1−
ω2 m sF
1 . 1 + jη ωω0
(5.47)
168
5 Elastische Isolation
Naturgem¨ aß tritt hier ein zweiter Resonanz-Effekt auf, denn Masse (= Ger¨at) und Fundament bilden selbst schon einen Resonator mit der Masse-FundamentResonanzfrequenz sF 2 ωmF . (5.48) = m Es ist damit 1 ω2 . (5.49) V =1− ω2 1 + jη ωω0 2 ω 1− 2 0
ωmF
F¨ ur praktische Anwendungen darf man wohl annehmen, dass die elastische Lagerung sehr viel weicher ist als das Fundament, es ist also s sF , und deshalb gilt ωmF ω0 . Die interessanteste Schlussfolgerung aus (5.49) ist, dass die Vergr¨oßerung V f¨ ur hohe Frequenzen ω ωmF (und kleine Federd¨ampfung η ≈ 0) frequenzunabh¨ angig wird: sF sF ω2 ≈ . (5.50) =1+ V ∼ = 1 + mF ω02 s s Das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß ist lediglich durch das Verh¨altnis der Federsteifen sF und s gegeben: sF RE ≈ 20 lg . (5.51) s Eine elastische Lagerung mit einer Feder(-schicht) der Steife, die 10% der Fundamentsteife betr¨ agt, hat also ein Einf¨ ugungsd¨ammmaß von 20 dB. Theoretisch k¨ onnte das D¨ ammmaß nach (5.49) bei hinreichend großen η sogar noch mit der Frequenz abnehmen. Der tiefe Frequenzbereich ist leicht diskutiert. Bei den tiefsten Frequenzen ist wieder (5.52) RE ≈ 0 dB , gefolgt vom Resonanzeinbruch mit negativem RE . Streng genommen ist die Resonanzfrequenz nun durch 2 ωA 2 2 ω A = ω0 1 − 2 ωmF
(5.53)
gegeben, f¨ ur sie gilt also 1 1 1 . 2 = ω2 + ω2 ωA 0 mF
(5.54)
2 Meist ist ωmF
ω02 , so dass mit ωA ≈ ω0 die Verstimmung keine Rolle spielt. In der Masse-Fundament-Resonanz“ ω ≈ ωmF hingegen nimmt RE dann ” unendlich große Werte an. Der Grund daf¨ ur ist einfach: Ohne elastische Lagerung sind Masse und Fundament in Resonanz; da keine D¨ampfung in der
5.3 Einfluss der Fundamentnachgiebigkeit
169
Fundamentfeder ber¨ ucksichtigt worden ist, wird die ins Fundament eingeleitete Kraft F (s → ∞) unendlich groß. Die durch die elastische Lagerung nun endlich große Fundamentkraft FF (s) bewirkt dann scheinbar eine beliebig ” große Verbesserung“. 40
Einfügungsdämmmaß R/dB
35 32
30 25
16
20
8
15 4
sF/s =
10 5 0 −5 −10 0.5
1
2
4
8
16
32
64
128
f/f0
Bild 5.9. Einf¨ ugungsd¨ ammmaß bei Fundament mit Federungscharakter, gerechnet f¨ ur η = 0, 01 und η(F undament) = 0, 5
Die Kurven in Bild 5.9 ber¨ ucksichtigen eine Fundament-D¨ampfung durch nachtr¨ agliche Annahme einer komplexen Federsteife sF sF → sF (1 + jηF )
(5.55)
und damit einer komplexen Resonanzfrequenz 2 2 ωmF → ωmF (1 + jηF )
(5.56)
in Gleichung (5.49) f¨ ur V , aus der dann RE = 10 lg |V |2 gerechnet worden ist.
170
5 Elastische Isolation
Bild 5.10. Einf¨ ugungsd¨ ammmaß der Unterschottermatte Sylodyn CN235. (aus : R.G. Wettschurek, W. Daiminger: Nachr¨ ustung von Unterschottermatten in einem ” S-Bahn-Tunnel im Zentrum von Berlin“ Proc. D-A-CH Tagung 2001, Innsbruck 2001) Messung: arithmetischer Mittelwert u ¨ber verschiedene Messpunkte und Zugtypen, Dreiecke: Fahrtrichtung S¨ ud; Kreise: Fahrtrichtung Nord. Rechnung: (Kurve ohne Symbole) gerechnet mit dynamischer Steifigkeit von s = 0, 022 N/mm3
Zusammenfassend kann man festhalten, dass die Fundament-Impedanz einen ganz erheblichen Einfluss auf das Einf¨ ugungsd¨ammmaß besitzt. Genaue Aussagen u ¨ber die Wirkung einer elastischen Lagerung setzen deshalb die Kenntnis von zF voraus. Allgemein l¨ asst sich nur feststellen, dass der tats¨ achliche Verlauf bei h¨ oheren Frequenzen etwa zwischen einer frequenzunabh¨ angigen Geraden und einer Geraden mit der Steigung von 12 dB/Oktave liegt.
¨ 5.4 Ermittlung des Ubertragungspfades
171
Trittschallpegel−Minderung ΔL/dB
50
40
30
20
10
0 125
250
500
1000
2000
4000
f/Hz
Bild 5.11. Gemessene Trittschallpegel-Minderung (=Einf¨ ugungsd¨ ammmaß) durch einen schwimmenden Estrich. Deckenaufbau : Rohdecke aus 120 mm Stahlbeton, darauf 35 mm Hartschaum-D¨ ammplatte, darauf 0, 2 mm PE Folie, darauf 50 mm Zementestrich.
Praktisch gemessene Werte - siehe Bilder 5.10 und 5.11 - verhalten sich entsprechend. Niemals wird der nur f¨ ur starre Fundamente geltende Anstieg mit 12 dB/Oktave wirklich erreicht. Das Beispiel in Bild 5.10 weist darauf hin, dass es sich um ein Fundament mit Federungscharakter gehandelt hat. Der Frequenzgang in Bild 5.11 ist schwer in den Einzelheiten auf einen entsprechenden Impedanz-Frequenzgang zur¨ uckzuf¨ uhren; er zeigt aber immerhin, dass mit einem schwimmenden“ ” Estrich (eine Zementschicht, die auf einer elastischen D¨ammschicht zwischen ihr und der Rohdecke ruht, siehe Bild 5.3) recht große Einf¨ ugungsd¨ammungen erreicht werden k¨ onnen. Als praktischer Rat bleibt vor allem, dass man entweder die Einzelheiten des speziellen Problemfalles genau studieren muss - oder dass man sich zumindest vor allzu optimistischen Erwartungen an die Wirkung sehr h¨ uten sollte.
¨ 5.4 Ermittlung des Ubertragungspfades Selbst bei hinreichend schweren oder steifen Fundamenten ist die praktische Anwendung von elastischen Lagerungen nicht in jedem Fall sinnvoll. Das ist z.B. dann der Fall, wenn das Schallfeld an einem interessierenden Ort nicht durch die Krafteinleitung in das Maschinen-Fundament erzeugt wird.
172
5 Elastische Isolation
Bild 5.12 skizziert eine typische Situation, die in Geb¨auden oft vorkommt. In einem Stockwerk ist ein Ger¨ at montiert, das in einem anderen Raum einen unerw¨ unscht hohen Schallpegel erzeugt. Kann sich hier eine nachtr¨agliche elastische Entkoppelung des Ger¨ ates von der tragenden Decke lohnen?
¨ Bild 5.12. Die beiden, prinzipiell in Betracht kommenden Ubertragungswege
Um das zu beantworten, muss man bedenken, dass die Schall¨ ubertragung (wie auch in Bild 5.12 skizziert) auf zwei verschiedenen Wegen erfolgen kann: 1. Durch Krafteinleitung in die Decke wird diese zu Schwingungen angeregt, die sich nat¨ urlich in angrenzende Bauteile – W¨ande und Decken – ausbreiten k¨ onnen. An den Empfangsraum-W¨anden“ strahlen die Wand” bewegungen dann wieder Luftschall ab. Der Einfachheit halber soll dieser ¨ Ubertragungsweg kurz als K¨ orperschallpfad“ bezeichnet werden. ”
5.5 Messung des Verlustfaktors
173
2. Gleichzeitig strahlen die meisten Ger¨ ate auch direkt Luftschall in den Senderaum“, in dem sie stehen. Auch dieser Luftschall wirkt auf die an” grenzenden W¨ ande als anregende Kraft (nat¨ urlich eigentlich ein ¨ortlich verteilter Druck). Dadurch werden ebenfalls Wand- und Deckenschwingungen erzeugt, die sich im Geb¨ aude ausbreiten und in den Empfangs¨ raum hineinstrahlen. Dieser Ubertragungsweg soll kurz Luftschallpfad“ ” genannt werde. Es ist klar, dass eine elastische Lagerung nur dann eine Ger¨auschminderung im Empfangsraum herstellen kann, wenn das u ¨ber den K¨orperschallpfad u ¨bertragene Schallfeld deutlich gr¨ oßer ist als das, welches u ¨ber den Luftschallpfad zustande kommt. Man muss daher gegebenenfalls durch Messungen pr¨ ufen, welcher der Anteile in der konkreten Situation u ¨berwiegt. Am einfachsten ist es, wenn dazu im Senderaum bei abgeschalteter Maschine durch Lautsprecher ein k¨ unstliches Schallfeld hergestellt wird. Aus Messungen der Pegeldifferenzen ΔLM = Empfangsraumpegel – Senderaumpegel bei Maschinenbetrieb und ΔLL = Empfangsraumpegel – Senderaumpegel bei ¨ Lautsprecherbetrieb l¨ asst sich auf den Ubertragungsweg schließen. Ist ΔLM deutlich gr¨ oßer als ΔLL , dann muss die K¨ orperschall¨ ubertragung wichtiger sein als die Luftschall¨ ubertragung. In diesem Fall ist eine elastische Entkoppelung der Maschine vom Fundament sinnvoll. Die Pegelminderung, die etwa von dieser Maßnahme erwartet werden kann, betr¨agt h¨ochstens ΔLM − ΔLL , weil danach der Luftschall¨ ubertragungsweg dominant zu werden beginnt. ¨ Ist dagegen ΔLM etwa gleich ΔLL , dann k¨onnen entweder beide Ubertragungswege etwa gleiche Bedeutung besitzen, oder aber die Luftschall¨ ubertragung ist wichtiger. Um zwischen diesen beiden M¨oglichkeiten zu entscheiden, ist eine Zusatzmessung erforderlich. Bei ihr werden k¨ unstliche Kr¨afte durch elektrische Schwingerreger oder durch geeignete H¨ammer in das Maschinenfundament eingeleitet, als Quellcharakteristikum dient der Schnellepegel auf dem Fundament. Es werden die Pegeldifferenzen ΔLM = Empfangsraumpegel – Senderaumschnellepegel bei Maschinenbetrieb und ΔLS = Empfangsraumpegel – Senderaumschnellepegel bei Schwingerregerbetrieb gemessen. Ist ubertragung ΔLM deutlich gr¨oßer als ΔLS , dann muss diesmal die Luftschall¨ wichtiger sein als die K¨ orperschall¨ ubertragung. Eine elastische Isolation ist in diesem Fall schlechterdings nutzlos: Es ist die Luftschalld¨ammung zwischen den beiden R¨ aumen, die nachgebessert werden muss (z.B. durch biegeweiche Vorsatzschalen, siehe Kapitel 8).
5.5 Messung des Verlustfaktors Zur Bestimmung des Verlustfaktors misst man bei einem Messaufbau wie in Bild 5.7 mit einem entsprechenden Aufnehmer den Frequenzgang des Verh¨altnisses aus Auslenkung x und eingeleiteter Kraft F , f¨ ur das nach Gleichung (5.6)
174
5 Elastische Isolation
x = F 1−
1 s ω2 ω02
(5.57)
+ jη ωω0
(mit ω0 nach 5.13 und η nach 5.15) erwartet wird. Bei der Messung nutzt man aus, dass bei hohen Verlustfaktoren auch große Breiten des Resonanzgipfels vorhanden sind.
20 lg x/F
3 dB
Δf
f
f0−Δf/2
0
f0+Δf/2
Bild 5.13. Definition der Halbwertsbreite Δf
Als Maß f¨ ur die Gipfelbreite wird die sogenannte Halbwertsbreite Δω benutzt (siehe auch Bild 5.13): Links und rechts vom eigentlichen Betragsmaximum in ω = ω0 gibt es Frequenzstellen ω = ω0 + Δω/2 und ω = ω0 − Δω/2, bei denen das Betragsquadrat |x/F |2 gerade halb so groß ist wie im Maximum selbst (die Halbierung des Betragsquadrats entspricht bekanntlich einer Pegeldifferenz von 3 dB zum Maximum). Den Frequenzabstand zwischen den beiden Punkten nennt man Halbwertsbreite. Den Zusammenhang zwischen Halbwertsbreite und Verlustfaktor erh¨alt man der genannten Definition nach also aus 1 1 1 2 !2 $ %2 = 2 η 2 . 1 − ω0 ±Δω/2 + η ω0 ±Δω/2 ω0 ω0 N¨ aherungsweise darf man f¨ ur Δω ω0 η
ω0 ± Δω/2 ≈η ω0
(5.58)
5.6 Die dynamische Masse
175
setzen, denn dann macht man nur einen kleinen prozentualen Fehler in η. Damit erh¨ alt man 2 2 ω0 ± Δω/2 + η 2 ≈ 2η 2 , 1− ω0 oder
1−
Mit
ω0 ± Δω/2 ω0
ω0 ± Δω/2 ω0
2 =1±
2
Δω 1 ω0 4
= ±η .
Δω ω0
2 ≈1+
Δω ω0
(wieder ist Δω/ω0 1 angenommen worden) folgt η=
Δω Δf = , ω0 f0
(5.59)
wobei noch das Vorzeichen physikalisch sinnvoll (η > 0) gew¨ahlt worden ist. Gleichung (5.59) gibt an, wie man den Verlustfaktor aus der gemessenen Halbwertsbreite Δf berechnet. Bei der Messung mit digitalen Mitteln (FFT-Analysator) muss man darauf achten, dass • •
mit einem Fenster mit m¨ oglichst schmaler Hauptkeulenbreite (meist also mit dem Rechteckfenster) gemessen wird, und dass mindestens 6, lieber aber mehr als 10 Spektrallinien innerhalb der Halbwertsbreite liegen. Gegebenenfalls kann mit Hilfe eines FFT-Zooms f¨ ur ausreichende Aufl¨ osung gesorgt werden.
5.6 Die dynamische Masse Nicht immer lassen sich Maschinen, Ger¨ ate, Drehb¨anke etc. wirklich wie in allen bisherigen Abschnitten als ’kompakte Masse’ auffassen. Sie k¨onnen im Gegenteil selbst elastischen Verformungen mit Resonanzerscheinungen ausgesetzt sein. Die bewegte“, dynamische Masse, die f¨ ur die Resonanzfrequenz ” der Lagerung quasi z¨ ahlt“, kann deshalb sehr viel kleiner als die statische ” Ruhemasse sein, wie das Folgende zeigt. Als Beispiel f¨ ur eine aus federnd verbundenen Teilen zusammengesetzte Struktur sei ein Eisenbahn- oder U-Bahn-Wagen genannt. Aus Komfortgr¨ unden f¨ ur die Fahrg¨ aste ruht die eigentliche Fahrgastkabine federnd entkoppelt auf den Rads¨ atzen. Zur Verringerung des Schwingungseintrages in das Erdreich wird nun der Fahrweg nochmals zus¨ atzlich z.B. durch eine elastische Gleislagerung oder eine elastische Unterschottermatte isoliert. Die Gesamtanordnung besteht im Prinzip aus zwei Massen und zwei Federn, wie in Bild
176
5 Elastische Isolation Auslenkungen Masse m 1 x1 Feder s 1
Kraft F Masse m 2 x2 Feder s 2
starres Fundament
Bild 5.14. Modell f¨ ur die elastische Lagerung von aus federnd verbundenen Teilen zusammengesetzte Strukturen
(5.14) skizziert. Die obere Masse m1 entspr¨ ache im Beispiel des EisenbahnWagens der Fahrgastkabine, die Feder s1 wird von den Stahlfedern zwischen ihr und den Rads¨ atzen gebildet, die Masse m2 besteht aus den Rads¨atzen, der Schiene und dem Schotterbett, den Abschluss bildet dann die Unterschottermatte s2 , deren Untergrund hier als starr angesehen wird. Die Rollanregung findet im Rad-Schiene-Kontakt statt, deshalb wirkt die anregende Kraft auf afte vernachl¨assigt worden. Schon die m2 . Der Einfachheit halber sind Reibkr¨ Bewegungsgleichung f¨ ur die Masse 1 zeigt das Wesentliche auf. Sie lautet m1 x ¨1 = s1 (x2 − x1 ),
(5.60)
oder, f¨ ur reine T¨ one der Frequenz ω und komplexe Amplituden − m1 ω 2 x1 = s1 (x2 − x1 ), woraus x1 =
(5.61)
x2 1 − ω 2 /ω12
(5.62)
s1 m1
(5.63)
mit ω1 2 =
folgt. Die in Gl.(5.63) genannte Frequenz ω1 besteht in der Resonanzfrequenz, die das obere Teilsystem aus m1 und s1 auf starrem Fundament h¨atte. Diese Resonanz ist aber in den meisten F¨ allen aus Komfortgr¨ unden sehr tief abgestimmt, man kann daher annehmen, dass wenigstens in einem großen f¨ ur die Schwingungs¨ ubertragung im Erdreich interessierenden Frequenzbereich ω >> ω1 gilt. Das bedeutet auch x1 << x2 : Die Schwingamplitude der
5.7 Ausblick
177
oberen Masse m1 kann immer gegen die Schwingamplitude der Masse m2 vernachl¨ assigt werden, die obere Masse m1 steht praktisch unbeweglich still (was ja f¨ ur die Fahrg¨ aste gerade erw¨ unscht ist). Es ist fast u ussig noch zu ¨berfl¨ ur die akustische Wirerw¨ ahnen: Nat¨ urlich ist die so abgekoppelte Masse m1 f¨ kung der elastischen Lagerung s2 unwirksam. Das zeigt auch die f¨ ur x1 << x2 hergeleitete Bewegungsgleichung der Masse m2 : m2 x ¨2 = x2 (s1 − s2 ) + F,
(5.64)
oder, im Frequenzbereich x2 =
F . s1 + s2 − m2 ω 2
(5.65)
Die in das Fundament eingeleitete Kraft betr¨ agt demnach FF = s2 x2 =
s2 F . 2 2 (1 − ω /ω12 ) (s1 + s2 )
(5.66)
mit
s1 + s2 . m2 Also st¨ utzt sich das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß ω12 =
2 2 ) R = 10lg(F/FF )2 = 10lg(1 − ω 2 /ω12
(5.67)
(5.68)
nur auf die aus Masse m2 und Federsumme s1 +s2 gebildete Resonanzfrequenz ab: Die Masse m1 ist dynamisch gar nicht vorhanden, weil von m2 durch s1 abgekoppelt. F¨ ur die Wirkung der elastischen Lagerung s2 ist diese Tatsache recht bedauerlich. Die Dimensionierung der Federschicht muss ja anhand der ’statischen’ Gesamtmasse m1 + m2 erfolgen, z.B. wie vorne erw¨ahnt so, dass das Verh¨ altnis aus statischer Einsenkung und Federdicke einen bestimmten Wert nicht u ur die dynamische Wirkung der Isolation z¨ahlt ¨berschreitet. F¨ dagegen leider nur die unter Umst¨ anden viel kleinere ’dynamische bewegte’ Masse m2 .
5.7 Ausblick Wie so oft sind auch die vorangegangenen Bemerkungen zur elastischen Lagerung notgedrungen unvollst¨ andig geblieben. Einige nicht behandelte Effekte sind im Folgenden genannt. 1. Starre K¨ orper m¨ ussen keineswegs einachsige translatorische Bewegungen ausf¨ uhren, wie hier stillschweigend angenommen. Nat¨ urlich k¨onnen Gegenst¨ ande zu jeder der drei Raumachsen je eine translatorische und eine rotatorische Schwingung ausf¨ uhren. Zur Vermeidung von zum Fundament parallelen Bewegungen und von Kippschwingungen“ sind vor allem tief ” liegende Schwerpunkte g¨ unstig, die z.B. durch Zusatzmasse (Vormontage von Motoren auf Betonplatten) erreicht werden k¨onnen.
178
5 Elastische Isolation
2. Reale Federelemente bilden oft selbst Wellenleiter, auf denen (bei h¨oheren Frequenzen) stehende Wellen vorkommen k¨onnen und die in ihren Eigenresonanzen starke Einbr¨ uche in der Einf¨ ugungsd¨ammung aufweisen.
5.8 Zusammenfassung Das elastische Entkoppeln durch Federn oder weiche, elastische Schichten zwischen K¨ orperschall-Quelle und Fundament kann die K¨orperschall-Einleitung in das Fundament erheblich verringern. Unter einfachsten Annahmen ergibt sich ein Einf¨ ugungsd¨ ammmaß, das unterhalb der Resonanzfrequenz des FederMasse-Systems etwa 0 dB betr¨ agt, hier ist die Maßnahme zwecklos. In der Resonanzfrequenz kann das D¨ ammmaß - abh¨ angig vom Verlustfaktor der Federung - negative Werte annehmen. Erst oberhalb der Resonanzfrequenz entfaltet sich die verbessernde Wirkung, das Einf¨ ugungsd¨ammmaß w¨achst hier mit 12 dB pro Oktave an. Aus der Sicht der L¨ arm- und Schwingungsbek¨ampfung besteht das Ziel also stets in einer m¨ oglichst niedrigen Abstimmung der Resonanz und damit in der Verwendung m¨ oglichst weicher Federungen. Als Faustregel f¨ ur die Auswahl von Federn oder elastischen Schichten kann man noch statische Einsenkungen zulassen, die etwa 5 bis 10 Prozent der Federl¨ange oder Schichtdicke ausmachen. Das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß kann in nicht unerheblichem Maß durch das tragende Fundament beeinflusst werden. Besitzt letzteres Massecharakter, so verschiebt sich die Resonanzfrequenz zu h¨ oheren Frequenzen. Bei Federungscharakter des Fundamentes geht das Einf¨ ugungsd¨ammmaß oberhalb der Resonanzfrequenz in einen frequenzunabh¨ angig-konstanten Wert u ¨ber, der sich aus dem Verh¨ altnis von Fundamentsteife und Federsteife ergibt. Die Wirkung der elastischen Entkopplung kann dar¨ uber hinaus deutlich von der Tatsache abh¨ angen, dass die dynamisch tats¨ achlich schwingende Masse sehr viel kleiner sein kann als die Ruhemasse der K¨ orperschall-Quelle. Vor Anwendung ist es in vielen F¨ allen ratsam zu pr¨ ufen, ob die K¨orperschall¨ Einleitung in das Fundament den haupts¨ achlichen Ubertragungsweg in das zu sch¨ utzende Gebiet darstellt.
5.9 Literaturhinweis Das Handbook of Acoustical Measurements and Noise Control“ (Herausgeber ” C. M. Harris, Verlag der Acoustical Society of America, ASA, New York 1998) gibt in seinem Kapitel 29 weitere Informationen zum elastischen Entkoppeln. Das Handbook“ ist dar¨ uber hinaus ein wertvolles Nachschlagewerk f¨ ur viele ” akustische Fragestellungen.
¨ 5.10 Ubungsaufgaben
179
¨ 5.10 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Ein Kern-Spin-Tomograph besitzt die Masse von 1000 kg. Er ruht auf vier quadratischen F¨ ußen, jeweils mit den Abmessungen von 30 cm mal 30 cm. Eine fl¨ achige Lagerung zur elastischen Entkopplung soll so ausgelegt werden, dass die statische Einsenkung des entkoppelnden elastischen Lagers das 0,05fache der Schichtdicke betr¨ agt. Wie groß muss der Elastizit¨atsmodul der Lagerung sein? Welche Schichtdicke ist erforderlich, wenn die Resonanzfrequenz auf 14 Hz abgestimmt werden soll? Aufgabe 2 Welche Federsteife muss das den Kern-Spin-Tomographen (aus Aufgabe 1) tragende Fundament besitzen, damit die Pegelminderung des Schwingeintrags ins Geb¨ aude von 6 dB (10 dB, 20 dB) erreicht wird? Aufgabe 3 Bei Betrieb des Kern-Spin-Tomographen aus den vorigen Aufgaben werden in dem Raum, in dem er aufgestellt ist (Senderaum), und in einem Wohnraum (Empfangsraum) dar¨ uber folgende Oktavpegel gemessen: f /Hz Sendepegel/dB 500 1000 2000
65,3 64,4 63,5
Empfangspegel/dB 32,0 31,4 30,4
Anschließend wird der Kern-Spin-Tomograph abgeschaltet. Bei Betrieb eines Lautsprechers werden nun folgende Pegel in Sende- und Empfangsraum gemessen: f /Hz Sendepegel(L)/dB 500 1000 2000
85,2 86,4 83,8
Empfangspegel(L)/dB 45,3 45,2 42,4
Lohnt sich eine elastische Entkopplung des Kern-Spin-Tomographen vom Fundament? Falls ja: welche Pegelminderungen lassen sich etwa durch diese Maßnahme erwarten? Wie groß ist der unbewertete Gesamtpegel im Empfangsraum nach der elastischen Entkopplung?
180
5 Elastische Isolation
Aufgabe 4 Angenommen, eine Maschine der Masse M werde von einem Fundament elastisch entkoppelt. Wenn das Fundament ebenfalls in einer Masse besteht: wie groß ist dann die Verstimmung der Resonanzfrequenz gegen¨ uber dem Fall starren Fundaments, wenn die Fundament-Masse doppelt (vierfach, achtfach) so groß ist wie die zu entkoppelnde Masse? Aufgabe 5 Als ’Resonanzfrequenz ω0η des ged¨ ampften Schwingers’ bezeichnet man die Frequenz, bei welcher der Frequenzgang |x/F |2 (siehe Gl.(5.6)) sein Maximum besitzt. Wie groß ist diese Resonanz mit D¨ ampfung, kurz auch als ’ged¨ampfte Resonanzfrequenz’ bezeichnet? Wie groß ist die kritische D¨ampfung, bei der die ged¨ ampfte Resonanzfrequenz gleich Null wird? Man dr¨ ucke die Reibkonstante r durch den Verlustfaktor η aus.
6 Schallabsorption
Bei der akustischen Gestaltung von R¨ aumen besteht sehr oft die Aufgabenstellung, die an den Raum-Begrenzungsfl¨ achen stattfindenden Schallreflexionen gezielt zu beeinflussen. So ist es z.B. in Fabrikhallen notwendig, das emittierte Maschinen-Ger¨ ausch wenigstens nicht noch durch Reflexionen in weiter weg liegende Gebiete zu transportieren; man ist also an einer m¨oglichst großen Absorption an den W¨ anden interessiert. Andererseits gilt es f¨ ur Zuh¨orerr¨aume wie H¨ or- und Konzertsaal, eine ausreichende Schallversorgung des Auditoriums auch u ¨ber Umwege zu erreichen, ohne dass dabei gleichzeitig eine zu große, durch Vielfach-Reflexionen hervorgerufene Halligkeit geschaffen wird, denn diese w¨ urde z.B. die Verst¨ andlichkeit erschweren. Solche Entwurfsziele werden durch den Einsatz von absorbierenden Wandund Deckenkonstruktionen mit definierten, der Absicht m¨oglichst angepassten Reflexions-Eigenschaften realisiert. Das vorliegende Kapitel dient der Erl¨auterung von solchen Aufbauten und der Erkl¨ arung ihrer Wirkung auf den vor ihnen liegenden Luftraum. Um das Wesentliche herauszuarbeiten wird man sich dabei am einfachsten auf den senkrechten Schalleinfall einer ebenen Welle auf eine absorbierend/ reflektierend ausgestattete Wand beziehen. Auch die messtechnische Bestimmung der akustischen Wandeigenschaften erfolgt oft f¨ ur diesen Spezialfall. Der Gewohnheit folgend, den experimentellen Nachweis der Theorie voranzustellen, beginnt das Kapitel zun¨ achst mit den Messmethoden zur Bestimmung der akustischen Wandeigenschaften.
6.1 Schallausbreitung im Kundtschen Rohr Um die Reflexion und Absorption an einer Probe des Wandaufbaues f¨ ur die definierte Bedingung senkrechten Schalleinfalles ermitteln zu k¨onnen, ist es zun¨ achst erforderlich, eine ebene Welle im Labor u ¨berhaupt erst einmal herzustellen. Sicher bringt die einfache Beschallung eines Wandst¨ ucks messtechnisch gewisse Schwierigkeiten mit sich: Eine ebene Welle ließe sich nur in klei-
182
6 Schallabsorption
nen Raumgebieten herstellen, man w¨ urde schwer reproduzierbare Ergebnisse erhalten, die von Positionierung und Richtung des Senders abh¨angen. Eindeutige und leicht wiederherstellbare Messbedingungen erreicht man dagegen, wenn der Schall in einem eindimensionalen Kontinuum eingesperrt“ ” wird, indem er von einem Rohr mit schallharter Berandung innen gef¨ uhrt und so zur Ausbreitung l¨ angst der Rohrachse gezwungen wird. Ein solches Rohr, das zur Messung der akustischen Eigenschaften eines mit einer Probe versehenen Abschlusses dient, wird Kundtsches Rohr genannt (Kundt benutzte es zum Nachweis der wellenf¨ ormigen Ausbreitung von Schall). Solange der Rohrdurchmesser klein verglichen mit der Wellenl¨ ange ist, erwartet man in ihm die Schallausbreitung ebener Wellen in Achsenrichtung. schallharte Rohrwandung
Lautsprecher
Bild 6.1. Prinzipieller Schall-Strahlen-Gang im Rohr
Weil das Kundtsche Rohr als Messmittel besonders geeignet erscheint, beginnt dieses Kapitel zur Schallabsorption“ mit seiner grunds¨atzlichen Be” trachtung anhand eines vereinfachten, zweidimensionalen Rohr-Modells, das aus zwei parallelen, schallharten Platten besteht. Im Anschluss wird noch zu u ¨berlegen sein, wie die Ergebnisse dieser zweidimensionalen, vereinfachten Betrachtung auf den realistischeren dreidimensionalen Fall u ¨bertragen werden k¨ onnen. Zwischen den zun¨ achst betrachteten parallelen schallharten Platten in y = 0 und in y = h breiten sich wegen der an diesen sich ereignenden Reflexionen (wie im Bild 6.1 skizziert wird) schr¨ ag hin- und herlaufende Wellen im Zick” Zack-Kurs“ aus. Diese einfache und gewiss zutreffende Vorstellung l¨asst sich wie folgt in einer Gleichung fassen: p = p0 e−jkx x e−jky y + rejky y .
(6.1)
Darin sind die Wellenzahlen der Querrichtung ky und der Ausbreitungsrichachst noch unbekannt. Wie kx und ky beschaffen sind, diese Frage tung kx zun¨ bildet gerade den Hauptgegenstand der folgenden Betrachtungen, denn diese beiden Gr¨ oßen beschreiben das Prinzipielle der Schall¨ ubertragung im (zweiogliche Querverteilung, kx gibt an, dimensionalen) Rohr: ky bestimmt die m¨ wie diese das Rohr entlangl¨ auft. Weil hier vor allem das Grunds¨atzliche des
6.1 Schallausbreitung im Kundtschen Rohr
183
Schall¨ ubertragers Rohr“ interessiert, sind bez¨ uglich der Achsrichtung x keine ” Reflexionen zugelassen worden, das Rohr wird also entweder als unendlich ” lang“, oder jedenfalls als reflexionsfrei abgeschlossen“ aufgefasst. ” F¨ ur die Wellenzahl ky der Querrichtung kann man nun wegen der schallharten Berandungen in y = 0 und y = h leicht eine Aussage treffen. Diese beiden Randbedingungen verlangen n¨ amlich, dass die Schnellekomponente senkrecht zu den Berandungen y = 0 und y = h gleich Null ist. Es ist also ∂p ∂p = =0 ∂y y=0 ∂y y=h an den seitlichen Begrenzungen. Die erste Randbedingung an der Stelle y = 0 liefert r = 1. Damit wird aus Gl.(6.1) p = 2p0 e−jkx x cos ky y . Die zweite Randbedingung an der Stelle y = h verlangt sin ky h = 0 . Diese sogenannte Eigenwertgleichung“ des Rohres hat die L¨osungen ” nπ ky = ; n = 0, 1, 2, . . . . h
(6.2)
ur die DruckEs gibt also nur ganz bestimmte m¨ ogliche Wellenzahlen ky f¨ Querverteilungen im Rohr; sie werden als Eigenwerte“ bezeichnet. Zu je” dem Eigenwert geh¨ ort ein ganz bestimmter Druckverlauf fn (y) bez¨ uglich der y−Richtung nπy fn (y) = cos ky y = cos , h der Eigenfunktion“ oder Mode“ des Rohres genannt wird. Das Wort Mode“ ” ” ” bedeutet Zustand“, die Moden bestehen also in allen Druckzust¨anden, die ” auf Grund der Randbedingungen im Rohr vorkommen k¨onnen. Welche der Moden in welcher Zusammensetzung im Rohr vorkommen, dar¨ uber kann hier noch nicht entschieden werden. Man muss deshalb zun¨achst alle M¨ oglichkeiten (und die damit verbundenen schr¨agen Wellenlaufrichtungen) zulassen. Deswegen lautet der allgemeine, sich aus (6.1) ergebende Druckansatz jetzt ∞ nπy e−jkx x . pn cos (6.3) p= h n=0 Die m¨ oglicherweise auftretenden, cosinus-f¨ ormigen Druck-Moden zeichnen sich (wegen den Randbedingungen) durch die B¨auche an den R¨andern aus. Sie sind f¨ ur n = 0, 1, 2 und 3 in Bild 6.2 wiedergegeben. Es handelt sich einfach um Ausschnitte aus der Cosinus-Funktion, die so auf den Kanalquerschnitt u ¨bertragen werden, dass sich immer verschwindende Ableitungen (= Druck” Bauch“) an den R¨ andern ergeben.
184
6 Schallabsorption
y schallharte Wandung h
0 n=0
n=1
n=2
n=3
Bild 6.2. Schalldruck-Quermoden (zweidimensionaler Kanal)
Wie gesagt interessiert nun vor allem die prinzipielle Natur der Ausbreitung der einzelnen Moden, die durch die zugeh¨orige, vom Modenindex n abh¨ angige Wellenzahl kx beschrieben wird. Letztere erh¨alt man einfach aus der zweidimensionalen Wellengleichung ∂2p ∂2p + 2 + k2 p = 0 2 ∂x ∂y (k = ω/c), die kx2 = k 2 −
nπ 2
h f¨ ur (6.3) verlangt. Beim Wurzelziehen zur Berechnung von kx muss man voraussetzen, dass die Wellenzahl kx entweder eine Schallausbreitung entlang der x-Achse oder ein vom Sender weg exponentiell fallendes Nahfeld beschreibt: ⎧ ⎨+ k 2 − nπ 2 ; |k| > nπ h , h (6.4) kx = ⎩−j nπ 2 nπ 2 − k ; |k| < , h
h
denn exponentielles Wachstum vom Sender weg ergibt physikalisch ebensowenig einen Sinn wie eine auf den Sender zulaufende Welle. Der Eindeutigkeit wegen sei erw¨ ahnt, dass unter beiden Wurzeln in (6.4) ausdr¨ ucklich positive, reelle Zahlenwerte verstanden werden sollen. Offensichtlich geh¨ ort zu einer Mode n eine Grenzfrequenz fn = n
c . 2h
(6.5)
Nur f¨ ur Frequenzen f > fn oberhalb der modalen Grenzfrequenz fn findet f¨ ur die betreffende Querverteilung auch eine Wellenausbreitung mit der entuckt sich in einer reellen sprechenden Wellenzahl kx statt. Diese Tatsache dr¨ Wellenzahl kx aus. F¨ ur Frequenzen unterhalb der modalen Grenzfrequenz f < fn dagegen findet f¨ ur diese Mode keine Schallabstrahlung mehr statt, es liegt lediglich ein rasch abfallender Feldverlauf vor, der in gr¨oßerer Entfernung vom Sender
6.1 Schallausbreitung im Kundtschen Rohr
185
nicht mehr merklich ist. Diese Tatsache dr¨ uckt sich in einer rein imagin¨aren Wellenzahl kx aus. Man bezeichnet die erst ab einer gewissen Frequenz u ¨berhaupt einsetzende modale Wellenfortleitung auch als cut-on“ Effekt mit der cut-on“-Frequenz ” ” fn . Der Effekt bewirkt, dass unterhalb der tiefsten Grenzfrequenz f1 = c/2h (bei der die Rohrbreite h gerade gleich der halben Wellenl¨ange ist, λ1 /2 = h) nur ein Schallfeld in Form einer ebenen Welle n = 0 in nicht zu kleiner Entfernung vom Sender merklich sein kann. Benutzt man also das Rohr nur unterhalb dieser Grenzfrequenz, dann k¨ onnen fast unabh¨angig von der Gestalt des Lautsprechers und seiner ¨ ortlichen Schnelleverteilung nur ebene Wellen vorkommen. Diese Tatsache wird f¨ ur die Messung an Absorber-Proben ausgenutzt. Obwohl die Bestimmung der im Ansatz (6.3) noch unbestimmt gebliebenen ur die weitere Betrachtungen eigentlich nicht unbedingt Druckkoeffizienten pn f¨ erforderlich ist, bleibt es doch unbefriedigend, die Berechnung des Schallfeldes nicht zu Ende gebracht zu haben. Auch sind die erforderlichen Betrachtungen doch recht fundamental, und seien deshalb genannt. Der Schl¨ ussel zur Beantwortung der genannten Frage liegt einfach darin, dass die hier schon betrachtete ¨ ortliche Struktur des Schallfeldes immer von der Umgebung (hier den schallharten Platten), die sich in dieser Umgebung dann einstellende Gr¨ oße des Schallfeldes aber immer von der Schallquelle bestimmt wird. So auch hier. Am einfachsten nimmt man in x = 0 eine flache, gestreckte Membran an, die die Schnelleverteilung v0 (y) besitzen m¨oge. Die aus dem Ansatz (6.3) berechnete, x-gerichtete Schallschnelle muss in x = 0 mit der vorgegebene Membranschnelle v0 (y) u ¨bereinstimmen. Daraus erh¨alt man ∞ nπy j ∂p 1 kx v0 (y) = cos . = p n ω ∂x x=0 c n=0 k h Diese Bestimmungsgleichung f¨ ur die noch unbekannten modalen Amplituden asst sich leicht l¨ osen. Dazu w¨ ahlt man zun¨achst beliebig eine bestimmte, pn l¨ interessierende Druckamplitude mit dem Index m aus. Obige Gleichung kann ost werden. Zuerst multipliziert man nun ganz einfach wie folgt nach pm aufgel¨ beide Seiten mit cos(mπy/h) und integriert: ∞ mπy nπy mπy 1 kx 2 2 cos dy = dy . pn cos v0 (y) cos c n=0 k h h h h h h
h
0
0
Wegen 2 h
h cos 0
nπy h
cos
mπy h
⎧ ⎪ ⎨0, n = m dy = 1, n = m = 0 ⎪ ⎩ 2, n = m = 0
186
6 Schallabsorption
bleibt von der Summe nur das Glied mit n = m u ¨brig. Damit hat man tats¨ achlich nach pm aufgel¨ ost, es gilt f¨ ur diese Druckamplitude pm
k 2 = c kx h
h v0 (y) cos
mπy h
dy ;
m = 0
(6.6)
0
p0 =
c h
h v0 (y)dy
(6.7)
0
ur m = 0). Weil m beliebig gew¨ ahlt worden ist, spielt die tats¨achliche (kx = k f¨ Wahl gar keine Rolle: Es ist ganz egal, WELCHES m benutzt wurde. Deshalb lassen sich ALLE pm aus der obigen Gleichung ausrechnen. Man bezeichnet die geschilderte Methode auch - etwas mathematischer - als Entwicklung der ” Lautsprecherschnelle nach den Rohr-Eigenfunktionen“. Ausdr¨ ucklich sei zum Schluss nochmals unterstrichen, dass die MODALE ZUSAMMENSETZUNG nat¨ urlich NICHT durch cut-on-Effekte bestimmt wird; sie ist einzig eine Frage der Quellstruktur. Die manchmal ge¨außerte Ansicht, die Moden k¨ amen unterhalb ihrer Grenzfrequenz gar nicht vor, ist ein Irrtum: Sie treten zwar als Nahfelder auf, aber das heißt nat¨ urlich nicht, dass es sie gar nicht gibt. Wie das Kapitel u ¨ber Schalld¨ampfer zeigt, ist der genannte Irrtum sogar ziemlich fundamental: Er w¨ urde einigen Schalld¨ampfern eine gar nicht wirklich vorhandene unendlich gute“ Wirkung bescheinigen. ” Es bleibt noch die Frage, wie sich die Verh¨ altnisse ¨andern, wenn die bisherige einfache zweidimensionale Idealisierung des Kanals durch zwei parallele, schallharte Platten aufgegeben wird und durch reale dreidimensionale Kan¨ale ersetzt wird. Der Antwort darauf sind die beiden folgenden Abschnitte gewidmet. 6.1.1 Rohre mit Rechteck-Querschnitt Am einfachsten gestalten sich die Betrachtungen der dreidimensionalen Ausbreitung f¨ ur den Rechteckkanal mit vier Begrenzungsfl¨achen. Wieder m¨ ussen an den R¨ andern y = 0, a und z = 0, b Druckb¨ auche vorliegen, deshalb bestehen die zweidimensionalen Druckmoden in p=
∞ ∞ n=0 m=0
pnm cos
nπy a
cos
mπz b
e−jkx x ,
(6.8)
worin a und b die Querabmessungen des Rechteck-Querschnitts bezeichnen. Die Moden sind also einfach Produkte von eindimensionalen Querverteilungen. Wie man wieder aus der Wellengleichung sieht, betragen die cut-onFrequenzen c n2 m2 + , (6.9) fnm = 2 a2 b2
6.1 Schallausbreitung im Kundtschen Rohr
187
deren tiefste (f01 bzw. f10 ) durch die gr¨ oßere Querabmessung gegeben ist. Es hat sich also am Prinzip nichts ge¨ andert: Zweidimensional wie dreidimensional l¨ asst sich das Schallfeld im Rohr aus Moden zusammensetzen. Jede Mode verf¨ ugt dabei u ¨ber einen cut-on-Effekt. Die modalen Amplituden errechnen sich aus der Quelle. 6.1.2 Rohre mit Kreis-Querschnitt Und diese beiden Sachverhalte gelten schließlich auch f¨ ur das zylindrische Rohr mit Kreisquerschnitt, das f¨ ur Messungen sehr oft benutzt wird. Auch daf¨ ur ¨ andert sich nichts am Prinzip des aus Querverteilungen zusammengesetzten Schallfeldes, von denen jede eine cut-on-Frequenz besitzt. Far den Schalldruck gilt ∞ ∞ r −jkz z e pnm cos (nϕ) Jn xnm . (6.10) p= b n=0 m=1 Darin stellen r, ϕ, z die Koordinaten des Kreiszylinders dar, die Koordinate z bildet die Achse des Rohres mit der schallharten Wandung in r = b. Der Einfachheit halber sind nur geradsymmetrische Druckverteilungen cosnϕ zugelassen worden (im allgemeineren Fall ohne Symmetrien kommen noch Ausdr¨ ucke mit sin(nϕ) dazu). Unter Jn (x) sind die in Bild 6.3 gezeigten sogenannten Besselfunktionen der Ordnungen n mit n = 0, 1, 2, · · · zu verstehen. 1.2 1
n=0
0.8 1 Jn(x)
0.6
2
3
4
5
6
7
0.4
8
0.2 0 −0.2 −0.4 0
2
4
6
8
10
x
Bild 6.3. Besselfunktionen Jn (x) der Ordnungen 0 bis 8
Die Faktoren xnm geben die Nullstellen der (ersten) Ableitung der Besselfunktionen an, die sich (etwa) auch in Bild 6.3 ablesen lassen. Beispielsweise
188
6 Schallabsorption
gilt f¨ ur die ersten Nullstellen der Ableitung von J0 (x) x01 = 0, x02 ≈ 3, 8 und x03 ≈ 6, 7 (die auf 3 Nachkommastellen genaueren Zahlenwerte findet man in der folgenden Tabelle). Einige Moden Jn (xnm r/b) cos(nϕ) sind in Bild 6.4 zusammengestellt.
Bild 6.4. Beispiele f¨ ur Schalldruck-Quermoden im Kanal mit Kreisquerschnitt (a) xnm =3,832 (links oben) (b) xnm =4,201 (rechts oben) (c) xnm =5,331 (links unten) (d) xnm =7,016 (rechts unten)
F¨ ur die Wellenzahlen kz , die die Schallausbreitung der Moden in RohrAchsrichtung beschreiben, gilt wegen der Wellengleichung kz2 = k 2 − (
xnm 2 ) . a
(6.11)
Ist die rechte Seite in dieser Gleichung positiv, dann handelt es sich bei der betreffenden Mode um eine ausbreitungsf¨ ahige Welle mit reeller Wellenzahl. Wird die rechte Seite dagegen negativ, dann liegt ein Nahfeld mit imagin¨arer Wellenzahl vor. Daher geh¨ oren zu den Moden die cut-on-Frequenzen fnm = xnm
c , 2πa
wobei f¨ ur xnm ein Zahlenwert aus der folgenden, aufsteigend geordneten Tabelle eingesetzt wird. Die tiefste cut-on-Frequenz
6.2 Messungen im Kundtschen Rohr xnm 0 1,841
3,054
3,832
4,201
5,331
6,706
189
7,016
Tabelle 6.1. Nullstellen xnm der Besselfunktionen, der Gr¨ oße nach geordnet. Aus diesen Faktoren k¨ onnen die cut-on Frequenzen kreiszylindrischer Rohre berechnet werden.
f1 = 0, 59
c 2a
(6.12)
ist etwa gleich groß wie bei einem quadratische Rechteck-Kanal (f1 = 0, 5c/b, √ b = Seitenl¨ ange) mit gleicher Fl¨ ache (b = πa). Auch im kreiszylindrischen Rohr besteht das Schallfeld aus einer Modensumme. Jede Mode besitzt einen cut-on-Effekt. Die modalen Amplituden errechnen sich auch diesmal aus der Quelle.
6.2 Messungen im Kundtschen Rohr Wie der letzte Abschnitt zeigt ist das Kundtsche Rohr ein Modenfilter; es kann deshalb unterhalb der tiefsten cut-on-Frequenz zur gezielten Erzeugung einer ebenen Welle genutzt werden. Damit verf¨ ugt man u ¨ber eine Messeinrichtung zur Charakterisierung von teilweise absorbierenden und teilweise reflektierenden Anordnungen bei senkrechtem Schalleinfall. Zu diesem Zweck wird das Rohr am Ende mit einer Probe des zu untersuchenden Aufbaues (z.B. einer Schicht aus Faserd¨ammstoff auf starrem Untergrund) abgeschlossen (Bild 6.5). Das sich im Rohr bei Anregung mit reinen T¨ onen einstellende Schalldruckfeld besteht aus dem auf die Probe zueilenden und dem reflektierten Wellenanteil: p = p0 e−jkx + rejkx . (6.13) Dabei bedeutet r den Druckreflexionsfaktor der Probe, der gleich dem Verh¨altnis p− /p+ aus den Schalldr¨ ucken von hinlaufender p+ = p0 e−jkx
(6.14)
p− = p0 rejkx
(6.15)
und r¨ ucklaufender Welle an der Stelle der Probenoberfl¨ ache x = 0 ist. Weil die Reflexion allgemein eine Phasenverschiebung der Wellenteile beinhalten kann, ist der Reflexionsfaktor r = Rejϕ
(6.16)
(R= Betrag von r) als komplexe Zahl anzusehen. Zum Beispiel muss das in eine r¨ uckseitig schallhart begrenzte Absorberschicht eindringende Schallfeld
190
6 Schallabsorption
Bild 6.5. Messaufbau zur Bestimmung von Absorptionsgrad und Impedanz im Rohr
zweimal die Schichtdicke passieren, bis es als reflektierte Welle die Schichtoberfl¨ ache wieder verl¨ asst. Die damit verbundene Laufzeit muss notwendigerweise durch einen komplexwertigen Reflexionsfaktor erfasst werden. Wie gesagt dr¨ uckt (6.13) das Wellenfeld durch die Summe zweier gegenl¨ aufiger Wellen aus, wobei der reflektierte Anteil p− wegen R ≤ 1 eine kleinere Amplitude besitzen kann; darin ist gerade der Fall unvollst¨andiger Refle¨ xion enthalten. Um sich einen Uberblick u ¨ber den Ortsverlauf des Schallfeldes zu verschaffen, denkt man sich die hinlaufende Welle p+ in einen vollst¨andig reflektierten Anteil und den verbleibenden Rest zerlegt: p+ = p0 re−jkx + p0 (1 − r)e−jkx . Das Gesamtfeld p = p0 r e−jkx + ejkx + p0 (1 − r)e−jkx = 2p0 r cos(kx) + p0 (1 − r)e−jkx ist demnach aus der Summe einer stehenden Welle ps = 2p0 r cos(kx)
(6.17)
und einer in x- Richtung fortschreitenden Welle pf = p0 (1 − r)e−jkx
(6.18)
6.2 Messungen im Kundtschen Rohr
191
zusammengesetzt (siehe auch Kapitel 2.5), p = ps + p f . Wie man sich leicht vorstellen kann, dr¨ uckt sich das Zusammenspiel von stehender und fortschreitender Welle in der Welligkeit des ¨ortlich gemessenen Effektivwertes aus. Bei Totalreflexion r = 1 wird das Schallfeld n¨amlich nur von der stehenden Welle mit dem Effektivwert p˜ r=1:
p˜2 = 2p20 cos2 (kx)
(siehe auch Bild 6.5) bestimmt, ein Ortsverlauf mit großer Welligkeit. Ohne Reflexion r = 0 dagegen w¨ are das Wellenfeld nur durch die fortschreitende Welle p2 r = 0 : p˜2 = 0 2 mit ¨ ortlich konstantem Effektivwert gegeben. Zwischen diesen beiden Extremf¨ allen stellt sich eine Welligkeit p˜min /˜ pmax des Ortsverlaufs ein, die sich durch das Zusammenwirken von stehender und fortschreitender Welle erkl¨art. pmax des Ortsverlaufs p˜(x) direkt ein Offensichtlich ist die Welligkeit p˜min /˜ Maß f¨ ur den Reflexionsfaktor, den man deshalb aus der Messung dieses Druckverh¨ altnisses bestimmen kann. 6.2.1 Mini-Max-Verfahren Die interessierende Messvorschrift l¨ asst sich leicht herleiten. Dazu wird zun¨achst der Ortsverlauf des quadrierten Effektivwertes aus (6.13) berechnet: 1 2 1 1 |p| = pp∗ = p20 e−jkx + Rej(kx+ϕ) ejkx + Re−j(kx+ϕ) 2 2 2 # 1 2" (6.19) = p0 1 + R2 + 2R cos(2kx + ϕ) . 2
p˜2 =
Die Maximalwerte davon treten offensichtlich bei 2kx + ϕ = 0, ±2π, ±4π, . . . auf, f¨ ur sie gilt p˜2max =
1 1 2 p0 1 + R2 + 2R = p20 (1 + R)2 . 2 2
(6.20)
Die Minimalwerte treten bei 2kx + ϕ = ±π, ±3π, . . . auf, f¨ ur sie gilt p˜2min =
1 1 2 p0 1 + R2 − 2R = p20 (1 − R)2 . 2 2
(6.21)
Demnach gilt f¨ ur das Verh¨ altnis μ=
p˜min 1−R , = p˜max 1+R
(6.22)
192
6 Schallabsorption
oder R=
1−μ . 1+μ
(6.23)
(6.23) gibt unmittelbar die Messvorschrift zur Ermittlung des ReflexionsfaktorBetrages an. Durch Verschieben einer Messsonde auf der Rohr-Achse (Bild 6.5) k¨ onnen Maximum und Minimum des Effektivwertes leicht ermittelt werden. Da nur das Verh¨ altnis interessiert, ist eine Kalibration nicht erforderlich. Meist gibt man zur Charakterisierung von Proben nicht den Reflexionsfaktor R, sondern den Verlustgrad β an. Er ist definiert als das Verh¨altnis aus der durch die Probenoberfl¨ ache fließenden Leistung P β und der auf sie auftreffenden Leistung P + : Pβ . β= P+ Allgemein setzt sich dabei die dem Rohr entzogene Leistung P zusammen aus einem wirklichen Verlustanteil P α , der durch Umwandlung von Schallenergie in W¨ arme zustande kommt und einem Anteil P τ , der den Transport von Schallenergie nach außen beinhalten kann (z.B. bei einem offenen oder fast ” offenen“ Rohr), Pβ = Pα + Pτ . ¨ Ahnlich wie beim Verlustgrad β definiert man: • den Absorptionsgrad α = P α /P + und • den Transmissionsgrad τ = P τ /P + . Offensichtlich gilt β =α+τ . Nat¨ urlich kann man bei der beschriebenen Messung im Rohr nur die Gesamtverluste β, nicht aber ihre Ursachen α und τ aufschl¨ usseln. Bei fast allen Anwendungen ist die Interpretation jedoch einfach: • Bei absorbierenden Proben mit r¨ uckseitigem schallhartem Abschluss ist immer β = α; es sind fast immer solche Proben, die praktisch interessieren. • Bei d¨ unnen, leichten Abschl¨ ussen ohne absorbierende Schicht ist β = τ . Solche sehr leichten Abschl¨ usse kommen praktisch nicht sehr oft vor; sie werden hier mehr der vollst¨ andigen Beschreibung wegen aufgef¨ uhrt. Ein Beispiel best¨ unde in einer kleinen Fl¨ achenmasse (einem Vorhang aus nichtpor¨ osem Material) zur Abtrennung eines Raumteiles. Der Zusammenhang zwischen Reflexionsfaktor R und Verlustgrad β ergibt sich aus dem Energieerhaltungssatz P+ = Pβ + P− , worin P − die reflektierte Leistung bezeichnet. Da es sich um ebene Wellen handelt ist P − = R2 P + ,
6.2 Messungen im Kundtschen Rohr
193
daraus folgt mit der Definition von β P + = βP + + R2 P + , oder β = 1 − R2 .
(6.24)
Durch Einsetzen von (6.23) erh¨ alt man schließlich den Zusammenhang zwischen β und dem Welligkeitsparameter μ: β=
2 . 1 + 12 μ + μ1
(6.25)
Wie gezeigt l¨asst sich der Verlustgrad (und der Betrag des Reflexionsfaktors) aus der Welligkeit des ¨ ortlichen Schalldruck-Effektivwert-Verlaufs berechnen. Zur Bestimmung der Phase ϕ des Reflexionsfaktors kann man dar¨ uber hinaus noch die Lage der relativen Extrema heranziehen. Da die Minima im allgemeinen praktisch genauer lokalisiert werden k¨onnen als die Maxima, benutzt man dazu die Lage xmin des ersten, vor der Probe vorgefundenen Minimums, f¨ ur das 2kxmin + ϕ = ±π
oder ϕ=π
|xmin | ±1 λ/4
(6.26)
gilt (man beachte xmin < 0 wegen der gew¨ ahlten Lage des Koordinatenursprungs, es gilt also xmin = − | xmin |). Damit ist dann auch der komplexe Reflexionsfaktor r = Rejϕ bekannt. Bei dem oben geschilderten Verfahren der Bestimmung des Absorptionsgrades aus der Welligkeit sollte darauf geachtet werden, dass zur Ermittlung von μ das zur Probe n¨achst-benachbarte Minimum verwendet wird. Der Grund daf¨ ur besteht in den unvermeidlichen Verlusten, welche eine D¨ ampfung der Schallwelle l¨ angst ihres Ausbreitungsweges bewirken. Als physikalische Ursachen daf¨ ur kommt die immer vorhandene, allerdings sehr geringe innere Luftd¨ ampfung, aber auch die Energieabgabe nach außen in Frage: Nat¨ urlich haben Rohrwandungen oft eine hohe, dabei aber gewiss endlich große Luftschalld¨ ammung, so dass immer auch ein wenig Schallenergie durch die Wandung nach außen dringt (bei selbstgebauten Rechteckkan¨ alen z.B. aus Holz tritt dieser Effekt oft recht deutlich zu Tage). Beide Ursachen scheinen eine Minderung des Reflexionsfaktors hervorzurufen und zwar umso mehr, je l¨ anger der Weg des vom Sender abgegebenen Schalles ist. Man beobachtet also immer einen h¨ oheren Absorptionsgrad als tats¨achlich durch die Probe gegeben, und zwar um so mehr, je weiter sich der Messpunkt von der Probenfl¨ ache entfernt. F¨ ur ein Rohr mit schallhartem Abschluss w¨are also der beobachtete Reflexionsfaktor
194
6 Schallabsorption
R = 1 − ΔR|x| an der Stelle x um die Rohrverluste ΔR|x| scheinbar vermindert. Sehr kleine D¨ ampfungen pro L¨ ange ΔR sind im Normalfall sicher realistisch. F¨ ur sie ist dann nach (6.20) und (6.21) 1 2 2 p (1 + 1 − ΔR|x|) ≈ 2p20 2 0 1 1 2 = p20 (1 − (1 − ΔR|x|)) ≈ p20 ΔR2 x2 . 2 2
p˜2max = p˜2min
Die Rohrd¨ ampfung ist praktisch nur in den Minima erkennbar, die minimalen Effektivwerte liegen auf der Geraden u ¨ber x √ pmin = p0 ΔRx/ 2 . Die Maxima dagegen bleiben von den Verlusten fast unber¨ uhrt. Bei Anwendung des hier beschriebenen Verfahrens sollte die Norm EN ISO 10534-1: ’Akustik - Bestimmung des Schallabsorptionsgrades und der Impedanz in Impedanzrohren - Teil 1: Verfahren mit Stehwellenverh¨altnis’ (von 2001) beachtet werden. 6.2.2 Wellentrennung Der Absorptionsgrad kann auch mit einer aus zwei Mikrophonen bestehenden Sonde gemessen werden. Diese Methode ¨ ahnelt der Intensit¨atsmesstechnik, bei der die Schallschnelle – im Prinzip – ebenfalls aus zwei Mikrophonsignalen bestimmt wird. Etwas formaler gedacht l¨ asst sich der Wellenansatz p = p0 e−jkx + rejkx f¨ ur die Ausbreitung im eindimensionalen Kontinuum als Feldbeschreibung mit den beiden unbekannten Parametern p0 und r auffassen, die aus zwei gemessenen Schalldr¨ ucken bestimmt werden. Man bestimmt auf diese Weise letztlich die Amplituden der beteiligten gegenl¨ aufigen Wellen. Deshalb k¨onnte man das Verfahren auch als ’Wellentrennung’ bezeichnen. Die beiden Messmikrophone bestimmen bei der Wellentrennung den Druck p1 an der beliebig gew¨ ahlten Stelle x = x und den Druck p2 an der Stelle x = x − Δx. F¨ ur den Quotienten p1 /p2 der komplexen Amplituden gilt dann p1 e−jkx + rejkx = −jk(x−Δx) . p2 e + rejk(x−Δx)
(6.27)
Daraus erh¨ alt man f¨ ur den Reflexionsfaktor r = −e−j2kx
1− 1−
p1 jkΔx p2 e p1 −jkΔx . p2 e
(6.28)
6.2 Messungen im Kundtschen Rohr
195
Wie man sieht ist der Betrag R des Reflexionsfaktors r von der Wahl des Messortes x unabh¨ angig. Das Schalldruckverh¨altnis muss nach Betrag und Phase ermittelt werden. Dass gerade in der Phase eine wesentliche Information enthalten ist erkennt man aus der Annahme eines reellwertigen Druckverh¨ altnisses (das stehenden Wellen entspricht). In diesem Fall ist n¨amlich mit (1 − p1 cos kΔx) − j p1 sin kΔx) p2 p2 |r| = (1 − pp12 cos kΔx) + j pp12 sin kΔx) der Betrag des Reflexionsfaktors – unabh¨ angig von der Gr¨oße des Druckverh¨ altnisses p1 /p2 – stets R = 1. Nur mit der richtigen Phaseninformation also k¨ onnen nicht vollst¨ andig reflektierende Anordnungen beschrieben werden. So ergibt sich zum Beispiel f¨ ur p1 /p2 = e−jkΔx aus Gl.(6.28) ganz zutreffend r = 0. Bei der Messung muss nicht notwendigerweise mit monofrequenten Signalen angeregt werden, im Gegenteil ist breitbandige Anregung durch weißes oder rosa Rauschen u ¨blich. In diesem Fall ist zun¨achst die Ermittlung der komplexen Amplitudenspektren durch eine numerische Spektralzerlegung (z.B. mit Hilfe eines FFT-Analysators) erforderlich. Unter p1 /p2 ist dann das Verh¨ altnis der zu einer enthaltenen Frequenz ω geh¨orenden komplexen Amplituden ’nach Fourieranalyse der Signale’ zu verstehen. Der Wert der Wellenzahl k = ω/c wird aus der zugeordneten Frequenz berechnet. Damit l¨asst sich Gl.(6.28) auch direkt als Frequenzgang r lesen, der mit Hilfe von α = 1 − |r|2 auch direkt in den Frequenzgang des Absorptionsgrades umgerechnet werden kann. Wegen der Verwandtschaft zum Intensit¨ atsmessverfahren sind auch die Probleme und Fehlerquellen bei der Zwei-Mikrophon-Technik zur Messung der Schallabsorption ¨ ahnlich. Die meisten Reflektoren absorbieren tieffrequente Schalle nur schlecht. Im Rohr entstehen deshalb vorwiegend stehende Wellen. Kleine Unterschiede im Phasengang der Mikrophone (die u ¨brigens auch durch nicht genau angegebene Messabst¨ ande Δx erzeugt werden k¨onnen) spiegeln dann eine gar nicht vorhandene Intensit¨ at in Rohr-Achsenrichtung vor. Zeigt diese auf den Rohrabschluss zu, dann ist der gemessene Wert des Absorptionsgrades gr¨ oßer als der tats¨ achliche Wert. Zeigt die Intensit¨at vom Rohrabschluss weg und damit zur Quelle hin, dann scheint der Abschluss ’aktiv’ geworden zu sein; ein negativer Absorptionsgrad w¨are die Folge. Auch das ’Wellentrennungs-Verfahren’ ist genormt, siehe dazu die Norm EN ISO 10534-2: ’Akustik - Bestimmung des Schallabsorptionsgrades und der ¨ Impedanz in Impedanzrohren - Teil 2: Verfahren mit Ubertragungsfunktion’ (von 1998). Abschließend sei noch ein drittes Verfahren zur Messung des Absorptionsgrades erw¨ ahnt. Dieses sogenannte ’In-situ-Messverfahren’ ist vor allem f¨ ur die Beobachtung von absorbierenden Aufbauten von Interesse, von denen die Vermutung besteht, dass diese u ¨ber kurz oder lang ihre schluckenden
196
6 Schallabsorption
Eigenschaften ¨ andern, die also ’altern’ k¨ onnen. Insbesondere besteht dieser Verdacht f¨ ur besondere Fahrbahnbel¨ age von Straßen (’Fl¨ usterasphalt’), weil sich die Poren durch Abrieb und Staubeintrag zusetzen k¨onnen. Das Verfahren kommt mit nur einem einzigen Sensor aus. Das Mikrophon befindet sich dabei zwischen einem Lautsprecher und der zu pr¨ ufenden Oberfl¨ ache. Die Lautsprecher-Ansteuerung erfolgt mit einem kurzzeitigen Impuls. Das Mikrophon empf¨ angt sowohl den Schalldruck-Zeitverlauf der auf den Reflektor zulaufenden Welle als auch den reflektierten Anteil. Zur Bestimmung des Reflexionsfaktors - und damit auch des Absorptionsgrades - ist noch eine Zusatzinformation u ¨ber die hinlaufende Welle alleine erforderlich. Diese kann man entweder erhalten, • wenn sich hinlaufender und r¨ ucklaufender Anteil auf Grund ihrer zeitlichen Verschiebung gegeneinander im Messsignal voneinander trennen lassen, • oder durch eine zweite Messung ohne Reflektor, bei der z.B. die Sendeund Messeinrichtung vom Reflektor weg auf eine zu ihm parallele Richtung gedreht wird. Die Einzelheiten des Verfahrens sind in der ISO 13472-1: ’Akustik - Messung der Schallabsorptionseigenschaften vor Ort - Teil 1: Freifeldverfahren’ (von 2002) geschildert.
6.3 Die Wandimpedanz Die im letzten Abschnitt behandelten Gr¨ oßen und die zugeh¨origen Messverfahren beantworten die Frage, wie ein nun einmal vorhandener Wandaufbau“ ” akustisch wirkt. R¨ uckschl¨ usse, f¨ ur welche spezifischen Wandaufbauten welche akustischen Wirkungen erwartet werden k¨ onnen, sind mit dem bisherigen Beschreibungsapparat nicht m¨ oglich. Eine Gr¨ oße, die den speziellen Aufbau einer reflektierenden Einrichtung beschreibt, ist die Wandimpedanz z. Unter ihr soll einfach das Verh¨altnis aus Druck und Schallschnelle auf der Wandoberfl¨ ache x = 0 verstanden werden: z=
p(0) . v(0)
(6.29)
In welcher Weise die Wandimpedanz den jeweiligen Wandaufbau beschreibt, diese Frage ist Gegenstand des Kapitels 6.5. Im vorliegenden Abschnitt wird zun¨ achst nur nach dem Zusammenhang zwischen der neuen und ” den alten Gr¨ oßen“ gefragt. Der Zusammenhang zwischen der Aufbau-beschreibenden Gr¨oße z und der Wirkungs-beschreibenden Gr¨ oße β (bzw. α oder τ ) ist rasch gekl¨art. Mit der getroffenen Wahl des Koordinatensystems so, dass dessen Nullpunkt wieder auf der Wandoberfl¨ ache liegt, ist (6.30) p = p0 e−jkx + rejkx
6.3 Die Wandimpedanz
und v=
p0 −jkx j ∂p = e − rejkx ω ∂x c
197
(6.31)
im Bereich x < 0 vor der Wand. Die Wandimpedanz ist also durch z 1+r = c 1−r
(6.32)
mit dem Reflexionsfaktor verkn¨ upft. Wie schon erw¨ ahnt benutzt man statt des Reflexionsfaktors fast immer den Absorptionsgrad. Deshalb wird jetzt noch der Zusammenhang zwischen β und z angegeben. Dazu l¨ ost man (6.32) nach r auf, r=
z c z c
−1 +1
,
und rechnet daraus den Verlustgrad β aus: β = 1 − |r|2 =
4Re {z/ c} 2
2
[Re {z/ c} + 1] + [Im {z/ c}]
.
(6.33)
Aus naheliegenden Gr¨ unden bezeichnet man (6.33) als Anpassungsgesetz“. ” Wie man sieht wird n¨ amlich ein großer Verlustgrad f¨ ur den Anpassungsfall z = c erreicht, dann ist β = 1. Dieser Fall kann hergestellt werden entweder durch eine vollst¨ andig schluckende Anordnung α = 1 (und τ = 0 ); oder theoretisch auch durch eine einfache (reflexionsfrei gedachte) Rohr-Fortf¨ uhrung mit τ = 1 (bei α = 0). Wie man sieht sind Imagin¨ arteile der Impedanz immer sch¨adlich ” f¨ ur die Absorption“: β ist ein Maximum immer dann, wenn der Imagin¨arteil von z gleich Null wird, Im{z} = 0. Bei der Behandlung und Betrachtung von Wandimpedanzen wird sp¨ ater ihr komplexwertiger Frequenzgang in der komplexen Wandimpedanz-Ebene graphisch eingetragen werden. F¨ ur jede fest gew¨ ahlte Frequenz gewinnt man einen bestimmten komplexen Zahlenwert – ¨ einen Punkt in der komplexen z/ c - Ebene. Andert man die Frequenz, dann wandert der Punkt entlang einer Kurve, die ORTSKURVE genannt wird. Kennt man jetzt noch die Linien konstanten Verlustgrades in der komplexen Wandimpedanzebene, dann kann man aus der Kurvenschar β = const. und der Ortskurve auch den Frequenzgang von β ablesen. Die Linien β =const. in der Wandimpedanzebene erh¨alt man durch folgende einfache Betrachtungen. Nur um Schreibarbeit zu sparen setzt man f¨ ur Real- und Imagin¨ arteil von z/ c in (6.33) kurz x und y, x = Re{z/ c},
y = Im{z/ c} ,
(6.34)
dann wird aus (6.33) (x + 1)2 −
4 x + y2 = 0 . β
Wie man aus dem Vergleich mit der allgemeinen Kreisgleichung
(6.35)
198
6 Schallabsorption
(x − xc )2 + (y − yc )2 = a2
(6.36)
(xc , yc : Mittelpunkts-Koordinaten, a = Radius des Kreises) erkennt, beschreibt die umgeformte Gleichung (6.35)
x−
2
2 −1 β
4 β
+ y2 =
1 −1 β
(6.37)
Kreise. Linien β =const. sind demnach Kreise mit Mittelpunkten auf der reellen Achse und der Mittelpunkts-Koordinate xc =
und dem Radius a=
4 β
2 −1 β
(6.38)
1 −1 β
.
(6.39)
Bild 6.6 zeigt einige Linien β = const. f¨ ur β = 0, 5; 0,55; 0,6. . . 0,9 und 0.95 (hier ist - wie im Folgenden stets - α = β angenommen worden). Wie man sieht umschlingen die Kreise einander; ihr Mittelpunkt wandert mit fallendem β immer weiter nach rechts, w¨ ahrend der Radius zunimmt. Man bezeichnet die Kurven β =const. auch als Apollonische Kreise“. Im Fall β = 1 wird der ” Kreis zum Punkt z/ c = 1. Zu β = 0 geh¨ ort die imagin¨are Achse. 2.5
2
1.5
1
α=
Im(z/ρc)
0.5
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0
−0.5
−1
−1.5
−2
−2.5
0
1
2
3
4
5
6
Re(z/ρc)
Bild 6.6. Kreise konstanten Absorptionsgrades in der Wandimpedanz-Ebene
6.4 Theorie des quasi-homogenen Absorbers
199
6.4 Theorie des quasi-homogenen Absorbers In den letzten Abschnitten sind die Begriffe zur Beschreibung von schallreflektierenden und schallabsorbierenden Anordnungen erkl¨art worden. Im Folgenden wird auf die physikalischen Anordnungen selbst und den durch sie bewirkten Absorptionsgrad eingegangen. Dabei spielt insbesondere das Absorbermaterial eine wichtige Rolle, das zum Zweck der gezielten Schallabsorption benutzt wird. Verwendet werden por¨ ose, faserige Materialien, die aus vielen Fasern oder Zellen zusammengesetzt sind, z.B. Glas- bzw. Mineralwolle, Kokosfasern, Filze, Holzschliff oder offenzellige Sch¨ aume. Die wesentliche Eigenschaft von aus solchen Materialien hergestellten Platten besteht darin, dass sie einer durch sie hindurchfließenden Luftstr¨ omung einen Widerstand rs entgegensetzen. Dadurch stellt sich eine Druckdifferenz (6.36) p1 − p2 = rs U = ΞdU zwischen Vorder- und R¨ uckseite ein, die dem Widerstand rs und der Geschwindigkeit U der Gleichstr¨ omung proportional ist. Nat¨ urlich wird der Str¨omungswiderstand bei gleichem Material umso gr¨ oßer sein, je gr¨oßer die Dicke d der Platte ist. Um das Material durch eine von seinen Abmessungen unabh¨angige Konstante zu beschreiben, f¨ uhrt man den l¨ angenspezifischen Str¨omungswiderstand rs Ξ= d ein. Nach Gleichung (6.36) ist die physikalische Dimension von Ξ Rayl Ns , (6.37) = 10−3 m4 cm die man h¨ aufig nach der genannten Dimensionsumrechnung in Rayl/cm, den Str¨ omungswiderstand dann in Rayl (1 Rayl = 10 N s/m3 ) angibt. Der technisch interessierende Bereich des l¨ angenspezifischen Str¨omungswiderstandes betr¨ agt etwa 5 Rayl/cm < Ξ < 100 Rayl/cm. Der Zahlenwert h¨angt vor allem von der Packungsdichte“ der Fasern im Material, aber auch von anderen ” Parametern (wie z.B. von der Faser-Orientierung relativ zur Str¨omungsrichtung) ab. Der physikalische Grund f¨ ur den Druckabfall entlang der Dicke des Str¨omungswiderstandes besteht in der Reibung, der die parallel am Absorberskelett entlangstreifenden Luftteilchen ausgesetzt sind. Diese Reibung entsteht durch die Viskosit¨ at (= Z¨ ahigkeit) der Luft in den sehr d¨ unnen Kan¨alen, die bei gr¨ oßeren Kanal-Durchmessern kaum eine Rolle spielen w¨ urde. Deshalb kann man die Gleichung (6.36) auch als Kr¨ aftegleichung deuten, wobei die rechte Seite die der ¨ außeren Kraft (pro Fl¨ ache) entgegenwirkende Reibungskraft (pro Fl¨ ache) darstellt. Nat¨ urlich ist es gerade die viskose Reibung in den Poren und Kan¨alen, die por¨ ose und faserige Materialien zum gezielten Einsatz der LuftschallAbsorption geeignet machen: Sie verwandelt die Bewegungsenergie des Schallfeldes in W¨ arme und entzieht dem Schallfeld unwiederbringlich Leistung (nur dim (Ξ) =
200
6 Schallabsorption
Ab W so ü r rb f e l er a m us at er ia l
bei den tiefsten Frequenzen spielt die W¨ armeabgabe des Schallfeldes an die Fasern zus¨ atzlich eine Rolle). Man kann daher jetzt schon absehen, dass sich der Einsatz von por¨ osen Absorbern vor allem dann lohnt, wenn diese auch tats¨ achlich in einem Gebiet mit großen Schnelle-Amplituden liegen. Befinden sich andererseits Absorber in Raumgebieten mit kleinen Schnelle-Amplituden - z.B. d¨ unne Absorberschichten vor schallharten W¨anden - dann l¨asst sich nur eine sehr geringe Schluckwirkung erwarten. Es ist dieses einfache Prinzip, das die Wirkungsweise der meisten, sp¨ ater eingehender beschriebenen AbsorberAnordnungen und deren Konstruktionsregeln teilweise anschaulich erkl¨art.
Sp(x+Δx)
Sp(x)
FR
x
x+Δx
Bild 6.7. Kr¨ aftegleichgewicht an einem gasgef¨ ullten W¨ urfel aus Absorbermaterial
Zur Herleitung der Grundgleichungen f¨ ur die Schallausbreitung im por¨osen Medium betrachtet man wieder ein Volumenelement SΔx (Bild 6.7), das sich in einem Kontinuum des Mediums befindet. In der bereits in Kapitel 2 f¨ ur das faserfreie Gas aufgestellten Kr¨ aftegleichung muss im Fall des Absorbermaterials die Reibungskraft nun zus¨ atzlich ber¨ ucksichtigt werden. Wenn man annimmt, dass (6.36) auch auf Wechselbewegungen angewandt werden darf, dann betr¨ agt die Reibungskraft ΞΔxSv, sie wirkt der Bewegungsrichtung der Schnelle v entgegen. Es ist also ∂v = S [p(x) − p(x + Δx)] − ΞΔxSv . ∂t Nach dem Grenz¨ ubergang Δx → 0 wird daraus ΔxS
∂p ∂v =− − Ξv . ∂t ∂x
(6.38)
(6.39)
In der Herleitung von (6.39) ist allerdings noch eine Ungenauigkeit enthalten. Ausdr¨ ucklich bezog sich n¨ amlich die Kr¨ aftegleichung (6.36) f¨ ur die Reibungskraft auf eine Geschwindigkeit in der Luft vor (und hinter) einer d¨ unnen
6.4 Theorie des quasi-homogenen Absorbers
201
Schicht aus por¨ osem Material. Der Reibungsterm Ξv meint also eine ¨außere“ ” Schnelle ve , die mit der inneren Schnelle vi im der Luft im Fasermaterial nicht v¨ ollig u ¨bereinstimmt. Weil die Luft zwischen den Fasern eingezw¨angt ist, muss vi wegen der Erhaltung des Durchflusses etwas gr¨oßer als ve sein. Nat¨ urlich bezieht sich andererseits die Tr¨ agheitskraft pro Volumen ∂v/∂t auf die tats¨ achliche (mittlere) Bewegung der Luft zwischen den Fasern, also auf die innere“ Schnelle vi . Korrekt lautet (6.39) also ” ∂p ∂vi =− − Ξve . (6.40) ∂t ∂x Zur einheitlichen Beschreibung sollte man sich auf die Verwendung entweder von vi oder ve festlegen. Weil nat¨ urlich vor allem die Kopplung mit ¨außeren Luftschallfeldern interessiert, wird die ¨ außere Schnelle ve zur Beschreibung gew¨ ahlt. Man erh¨ alt damit den Vorteil, alles auf ¨außere“ Schnellen bezie” hen zu k¨ onnen; bei den Randbedingungen an Trennstellen zwischen Luft und por¨ osem Medium braucht man dann nur noch die Gleichheit der (¨außeren) Schnellen vor und hinter der Trennstelle zu verlangen. Wenn man nun im sogenannten Rayleigh-Modell“ des Absorbermaterials ” zun¨ achst annimmt, dass die Fasern des Skeletts gestreckt sind und parallel liegen, so sind innere“ und ¨ außere“ Schnellen durch die Porosit¨at σ (σ < 1) ” ” Volumen der Luft im Absorber σ= Gesamtvolumen des Absorbers miteinander verkn¨ upft. Unter dieser Annahme ist die Porosit¨at gleich dem Verh¨ altnis aus Summenfl¨ ache der luftf¨ uhrenden Kan¨ale an der Grenze zur freien Luft zur Gesamtoberfl¨ ache des Absorbers. Wegen der Massenerhaltung gilt also ve = σvi Ber¨ ucksichtigt man noch in einem Strukturfaktor κ (κ > 1), dass einige der Kan¨ ale im Absorber blind“ sein k¨ onnen und mitten im Material als Sackgasse ” enden oder Umwege bilden (Bild 6.8 versucht, diese Vorstellung anschaulich zu machen), so ergibt sich im Verh¨ altnis zur inneren Schnelle eine noch geringere außere Schnelle ¨ σ ve = vi . κ Gleichung (6.40) geht also u ¨ber in ∂p κ ∂ve =− − Ξve . σ ∂t ∂x
(6.41)
Wenn nicht anders angegeben ist bei den hier diskutierten Beispielen stets σ = κ = 1 benutzt worden, um zun¨ achst nur auf das Wesentliche einzugehen. F¨ ur eine vollst¨ andige Beschreibung der Schallvorg¨ange ben¨otigt man noch eine Beschreibung der Kompressions-Vorg¨ ange im Absorbermaterial. Wenn das Faser-Skelett als starr angesehen wird, dann ist wie im Falle ohne Absorptionsmaterial
202
6 Schallabsorption
Bild 6.8. Struktur aus Taschen und Sackgassen im Absorbermaterial (Prinzipskizze)
∂vi 1 ∂ve 1 ∂p = =− 2 . ∂x σ ∂x c ∂t
(6.42)
Hier wurde noch ve = σvi benutzt, denn bei der Federeigenschaft kleiner Volumina kommt es nur auf die eingeschlossene Luftmenge, nicht aber auf die Art der Verteilung - die Struktur - an. F¨ ur reine T¨ one und komplexe Amplituden gehen die Feldgleichungen (6.41) und (6.42) in ∂p 1 (6.43) ve = − jωκ/σ + Ξ ∂x und
∂ve jωσ =− 2p ∂x c
(6.44)
u ¨ber. Zusammen ergeben (6.41) und (6.42) die Wellengleichung im por¨osen Medium ∂2p Ξσ 2 p=0. (6.45) +k κ−j ∂x2 ω Dabei ist wie immer k = ω/c die Wellenzahl in Luft. Die L¨osungen der Wellengleichung f¨ ur das Absorbermaterial p = p0 e±jka x mit der komplexen Absorberwellenzahl √ Ξσ ka = k κ 1 − j ωκ
(6.46)
(6.47)
stellen ged¨ ampfte Wellen dar. Zerlegt man ka n¨amlich nach Real- und Imagin¨ arteil, ka = kr − jki
6.4 Theorie des quasi-homogenen Absorbers
203
(kr und ki positive reelle Zahlen), dann ist der Druck (6.46) p = p0 e±jkr x e±ki x
(6.48)
in beiden F¨ allen in Ausbreitungsrichtung ged¨ampft. Als Kenngr¨oßen f¨ ur die Wellen benutzt man die Schallgeschwindigkeit ca ca =
ω kr
und den Pegelverlauf l¨ angs der Ausbreitungs-Richtung (jetzt der positiven xRichtung): D(x) = −20 lg e−ki x = 8, 7ki x , (6.49) der Pegel f¨ allt also linear entlang der Ausbreitung. Um eine Vorstellung zu bekommen kann man z.B. den Pegelabfall entlang einer gewissen Materialschicht der Dicke d (6.50) D(d) = 8, 7ki d als Kennwert angegeben. Die wichtigsten in der komplexen Wellenzahl ausgedr¨ uckten Sachverhalte erkennt man am einfachsten, wenn die Frequenzbereiche unter und oberhalb der Knickfrequenz Ξσ ωk = (6.51) κ getrennt betrachtet werden. Die Knickfrequenz liegt dabei f¨ ur den normalen“ ” Bereich von 5 Rayl/cm < Ξ < 50 Rayl/cm im Intervall von etwa 500 Hz < ff < 5000 Hz. Frequenzbereich unterhalb der Knickfrequenz ω ωk F¨ ur ω ωk ist
√ ka ≈ k κ
−j
1−j √ ωk = √ k κ ω 2
ωk . ω
Hier gilt 2 ω ca = c . κ ωk
(6.52)
Die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist hier frequenzabh¨angig, der Wellentransport also dispersiv.
204
6 Schallabsorption
Frequenzbereich oberhalb der Knickfrequenz ω ωk F¨ ur ω ωk ist
√ √ 1 ωk σ Ξ =k κ−j √ . ka ≈ k κ 1 − j 2 ω 2 κ c
Hier ist also die Wellenausbreitung nicht dispersiv: c ca = √ . κ
(6.53)
F¨ ur die D¨ ampfung D(d) gilt f¨ ur ω ωk 4, 35σ Ξd . D(d) = √ κ c
(6.54)
Die D¨ ampfung D(d) erreicht f¨ ur f > fk einen konstanten Wert. Sie kann dabei eine beachtliche Gr¨ oße besitzen. Wie man den folgenden Abschnitten entnehmen kann, kommen vor allem por¨ ose Schichten zur Anwendung, f¨ ur die der entscheidende D¨ ampfungsquotient Ξd/ c grob das Intervall 0, 25 < Ξd/ c < 8 u ampfung von bis zu etwa 35 dB ¨berdeckt. Das bedeutet eine D¨ entlang der Schichtdicke f¨ ur alle Frequenzen f > fk . Wie soeben gezeigt lassen sich leicht hohe innere D¨ampfungen im por¨osen Material erreichen. Andererseits muss man beachten, dass ein im Material l¨ angs der Ausbreitungsrichtung rasch abnehmender Pegel jedoch nicht als Indikator f¨ ur eine große Schallschluckung angesehen werden kann. F¨ ur eine hohe Absorption muss das Schallfeld erst einmal in den Absorber auch eindringen k¨ onnen um auch geschluckt zu werden. Wenn es wegen mangelhafter Anpassung schon an der Oberfl¨ ache reflektiert wird, dann nutzt auch der gr¨oßte in¨ nere Pegelabfall nichts. Uber die Absorption entscheidet - wie gezeigt - alleine die Anpassung der f¨ ur die auftreffende Schallwelle wirksamen Wandimpedanz. Bei den im Folgenden betrachteten Wandaufbauten wird oft die Schnelle im Absorbermaterial nach Gl.(6.43) aus einem Druckansatz zu berechnen sein. Es ist daf¨ ur etwas bequemer, den Nennerausdruck in (6.43) durch die Wellenucken: zahl ka nach (6.47) auszudr¨ ω κ σΞ ωκ ka2 ω κ +Ξ =j 1−j =j . j σ σ ω κ σ κk 2 Damit wird aus (6.43) ve =
j σk ∂p . cka2 ∂x
(6.55)
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
205
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen Ob ein Aufbau u ugt, das ¨ber eine gute oder eine schlechte Absorption verf¨ kann zun¨ achst zwei prinzipiell m¨ ogliche Gr¨ unde haben: • Entweder kann ein geeignetes (oder eben auch ein ungeeignetes) absorbierendes Material verwendet worden sein, oder • der konstruktive Aufbau - seine Geometrie also - ist angemessen (oder eben auch weniger angemessen) eingestellt worden. Wie die konstruktiven Details einer Anordnung ihrem Zweck angemessen ausgelegt werden, das muss nat¨ urlich f¨ ur jede prinzipielle Anordnung besprochen werden. Welches Material - welcher Str¨ omungswiderstand also - andererseits sinnvoll verwendet wird, das l¨ asst sich am einfachsten an Hand einer Anordnung diskutieren, bei der alle Dicken und L¨angen als Einflussgr¨oßen entfallen: an der Reflexion und Absorption am ’por¨osen Halbraum’ also. Nat¨ urlich bildet diese Anordnung gleichzeitig auch den einfachst-m¨oglichen Fall, der schon deshalb an den Anfang gestellt wird. Auch kann man sich die un” endlich dicke“ Schicht aus absorbierendem Material durch eine endlich dicke Schicht ersetzt denken, wenn Dicke und D¨ ampfung so groß sind, dass die Reflexion an der R¨ uckseite keine Rolle spielt. Der por¨ose Halbraum l¨asst sich deshalb als Grenzfall auffassen. Die Absorption einer endlich dicken Schicht ist nat¨ urlich immer durch die der unendlich dicken Schicht gleichen Materials begrenzt. 6.5.1 Die unendlich dicke“ por¨ ose Schicht ” Die Betrachtung des Halbraumes ist deswegen so einfach, weil im Absorber keine Reflexion auftritt und so nur eine einzige Welle in x-Richtung zu ber¨ ucksichtigen ist: p = p0 e−jka x . Mit Hilfe von (6.55) erh¨ alt man daraus f¨ ur die Kennimpedanz des por¨osen Mediums p c ka . = za = ve σ k Da an der Trennebene x = 0 zwischen Luft und Absorber die Gleichheit der Dr¨ ucke und der ( ¨ außeren“) Schnellen vorliegen muss ” pLuf t (0) p(0) = , vLuf t (0) ve (0) ist die f¨ ur das Luftschallfeld wirksame Wandimpedanz z∞ gleich der Kennimpedanz za im absorbierenden Medium: √ √ κ κ Ξσ ωk = c . (6.56) 1−j 1−j z∞ = za = c σ ωκ σ ω
206
6 Schallabsorption
Wenn man von Porosit¨ at σ und Strukturfaktor κ absieht, dann wird die Wirkung des por¨ osen Halbraumes einzig durch das Verh¨altnis aus Frequenz und Knickfrequenz bestimmt. Die Ortskurve ist leicht gezeichnet: a) F¨ ur tiefe Frequenzen ω ωk ist √ κ ωk −jπ/4 z∞ ≈ c e . σ ω Die Ortskurve in der komplexen z-Ebene besteht in einer Geraden, die mit der reellen Achse einen Winkel von −45◦ einschließt (siehe auch Bild 6.9). 2.5
2
1.5
1
α=
Im(z/ρc)
0.5
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0
−0.5
−1
−1.5
ω
−2
−2.5
0
1
2
3
4
5
6
Re(z/ρc)
Bild 6.9. Impedanz-Ortskurve des por¨ osen Halbraumes
b) F¨ ur hohe Frequenzen ω ωk ist √ κ 1 ωk 1−j . z∞ ≈ c σ 2 ω Die Ortskurve dreht von der Geraden ab und strebt einem Punkt auf der reellen Achse und damit der maximalen Absorption zu. F¨ ur σ = κ = 1 ist die hochfrequente Impedanz fast angepasst, also nahezu gleich c.
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
207
1
Absorptionsgrad α
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0.032
0.063
0.125
0.25
0.5
1
2
f/fk
Bild 6.10. Absorptionsgrad des por¨ osen Halbraumes
c) F¨ ur die Knickfrequenz ω = ωk selbst ist die Absorption bereits recht hoch. F¨ ur ω = ωk folgt aus √ √ 4 1−j = 2e−jπ/4 = 2e−jπ/8 ≈ 1, 2e−jπ/8 f¨ ur die Impedanz
√
κ −jπ/8 e , σ das ist ein Punkt sehr nahe bei der reellen Achse (siehe Bild 6.9) mit schon großer Absorption. Die genaue Rechnung mit dem Anpassungsgesetz (6.33) liefert den Absorptionsgrad von α(ω = ωk ) = 0, 93 (gerechnet f¨ ur σ = κ = 1). z∞ (ω = ωk ) ≈ 1, 2 c
Insgesamt l¨ asst sich feststellen, dass die Knickfrequenz in etwa u ¨ber die Eignung eines Materials zur Schallabsorption entscheidet: im Frequenzbereich oberhalb der Knickfrequenz ist der Absorber gut, im Frequenzbereich darunter weniger gut geeignet, wobei die Grenze - wie so oft - nicht wirklich scharf gezogen ist. Jedenfalls kann das Absorber-Material im Frequenzbereich weit unterhalb der Knickfrequenz keine wirklich gute Absorption mehr herstellen. Schon aus dieser Sicht w¨ urde man eigentlich immer einen m¨oglichst kleinen l¨ angenspezifischen Str¨ omungswiderstand bevorzugen, und die erforderliche D¨ ampfung des eingedrungenen Schalles dann durch lange Laufstrecken, also durch große Schichtdicken, erzeugen. Die Erw¨agung des n¨otigen Aufwandes hat naturgem¨aß das gerade entgegengesetzte Ziel, n¨amlich m¨oglichst Platz zu sparen und den Schall auf m¨ oglichst kurzen Wegen zu d¨ampfen. Immer werden dabei Kompromisse erforderlich sein, wie das Folgende zeigt.
208
6 Schallabsorption
6.5.2 Die por¨ ose Schicht endlicher Dicke Die einfachste Konstruktion, die man zur Schallabsorption wirklich auch benutzen kann, besteht in einer Schicht aus por¨ osem Material, die auf eine schallharte Wand aufgebracht wird (Bild 6.11). In etwa kann man den Frequenzgang des Absorptionsgrades α schon aus der Anschauung einsch¨atzen. Da die Reflexion an der schallharten Wand mit einem Schnelleknoten an der Wand erfolgt, entf¨ allt auf die Absorberschicht vor der Wand jedenfalls dann ein Bereich mit kleiner Schnelle, wenn die Schichtdicke klein verglichen mit der Wellenl¨ange ist. Weil Absorber Bewegungsenergie in W¨ arme verwandeln, ist α bei tiefen
Schnelle
Druck
−1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild 6.11. Ortsverlauf der Effektivwerte von Schalldruck und Schallschnelle vor einem schallharten Reflektor
Frequenzen sehr gering. Erst wenn der erste Schnellebauch, der im Abstand einer Viertel-Wellenl¨ ange vor der Wand liegt, mit wachsender Frequenz in den Absorber wandert, liegen Bezirke mit großen Schnelle-Amplituden im absorbierenden Material: Der Absorptionsgrad wird groß. Macht man die Wellenl¨ ange zun¨ achst noch etwas k¨ urzer, so wird die por¨ose Schicht ein wenig schlechter ausgenutzt, das Minimum liegt etwa bei d = λ/2. Danach steigt α wieder zu d = 3λ/4 an, und so fort. Insgesamt erh¨alt man so nach dem ersten Maximum einen schwach schwankenden Verlauf, der allm¨ahlich etwa gegen den Wert der unendlich dicken Schicht strebt. Zur Berechnung der Wandimpedanz und damit des Absorptionsgrades ben¨ otigt man einen Ansatz, in dem das Schallfeld aus gegenl¨aufigen Wellen mit dem Reflexionsfaktor r = 1 an der r¨ uckseitigen schallharten Wand gebildet wird:
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
209
p = p0 e−jka (x−d) + ejka (x−d) kσ p0 e−jka (x−d) − ejka (x−d) , v= cka
(6.57) (6.58)
wobei die Schallschnelle nach (6.55) aus dem Druck bestimmt worden ist. Sie erf¨ ullt bereits die Randbedingung v(x = d) = 0. Die von außen f¨ ur das Luftschallfeld wirksame Impedanz ist (wieder wegen der Gleichheit von Dr¨ ucken und Schnellen vor und hinter der Trennfl¨ache x = 0 zur Luft) z=
c ka p(0) = −j ctg(ka d) = −jz∞ ctg(ka d) . v(0) σ k
(6.59)
Die Diskussion des Verhaltens endlich dicker por¨oser Schichten soll zun¨achst ur diese ist in erster N¨aherung bei tiefen Frequenzen |ka d| 1 beginnen. F¨ wegen ctg(ka d) ≈ 1/ka d z ≈ −j
c2 1 c 1 = −j . σ kd σd ω
(6.60)
Durch (6.60) ist die reine Federimpedanz der im Skelett des Absorbers eingeschlossenen Luft mit der Federsteife c2 /σd beschrieben. Die erste N¨aherung liefert mit α = 0 keine Absorption; erst eine N¨aherung zweiter Ordnung w¨ urde (winzig) kleine Absorptionsgrade α = 0 bestimmen k¨onnen. F¨ ur tiefe Frequenzen beginnt die Ortskurve auf der negativen imagin¨aren Achse, die in Richtung auf den Ursprung durchlaufen wird. F¨ ur h¨ ohere Frequenzen wandelt man am einfachsten den ctg(ka d) in Exponentialfunktionen um, ctg(ka d) =
ejka d + e−jka d cos(ka d) 1 + e−j2ka d = j jka d = j , sin(ka d) e − e−jka d 1 − e−j2ka d
und erh¨ alt aus (6.59)
1 + e−j2ka d . (6.61) 1 − e−j2ka d Eine Vorstellung der Ortskurve kann man gewinnen, wenn man noch den Frequenzbereich oberhalb der Knickfrequenz ω > ωk annimmt. Hier ist 1 Ξ 1 Ξd ka = kd − j . ka d = kd ≈ kd 1 − j k 2 ω 2 c z = z∞
Damit wird aus (6.61) z = z∞
1 + e−j2kd e−Ξd/ c . 1 − e−j2kd e−Ξd/ c
(6.62)
Es ist naheliegend, Punkte zu betrachten, bei denen der Bruch auf der rechten Seite reell ist. Dabei unterscheidet man noch die F¨alle e−j2kd = +1 und e−j2kd = −1:
210
6 Schallabsorption
a) d = (2n + 1) λ4 F¨ ur Frequenzen, bei denen d 1 n = + , n = 0, 1, 2, . . . λ 4 2 gilt, ist wegen 2kd = 4πd/λ = π + 2πn 1 Ξd 1 − e−Ξd/ c z = z∞ . = z th ∞ 2 c 1 + e−Ξd/c
(6.63)
Wie im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, kann man f¨ ur ω > ωk etwa z∞ ≈ c setzen. Damit bezeichnet (6.63) Punkte etwa auf der reellen Achse, deren Abstand zum Ursprung um den Faktor th(Ξd/2 c) gegen¨ uber c verringert sind (zur Erinnerung enth¨ alt Bild 6.12 eine Darstellung des hyperbolischen Tangens, th(x)). 1 0.9 0.8 0.7
th(x)
0.6 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 0
0.5
1 x
1.5
2
Bild 6.12. Verlauf der Tangenshyperbolikus-Funktion th(x)
b) d = n λ2 F¨ ur Frequenzen, bei denen d n = , λ 2 gilt, ist wegen 2kd = 4πd/λ = 2πn
n = 1, 2, 3, . . .
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
z = z∞
1 + e−Ξd/ c z ∞ . = 1 − e−Ξd/c th 12 Ξd c
211
(6.64)
(6.64) bezeichnet Punkte etwa auf der reellen Achse, deren Abstand zum Ursprung um den Faktor 1/th(Ξd/2 c) gegen¨ uber c vergr¨oßert sind. 2.5
Ξ d/ρc = 0,5
2
1.5
1
1
α=
Im(z/ρc)
0.5
2
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0
−0.5
−1
−1.5
−2
−2.5
0
1
2
3
4
5
6
Re(z/ρc)
Bild 6.13. Ortskurven der Impedanz por¨ oser Schichten vor schallharter Wand.
Wie man auch in Bild 6.13 sehen kann, werden nun die Punkte nach Fall ” a“ und Fall b“ bei steigender Frequenz abwechselnd durchlaufen, wobei (von ” kleinen oben nicht ber¨ ucksichtigten Unterschieden abgesehen) immer wieder eine kreis¨ ahnliche Ortskurve u ¨berdeckt wird. Der prinzipielle Verlauf des Absorptionsgrades u ¨ber der Frequenz l¨asst sich nun leicht einsch¨ atzen: • Kleine Widerst¨ ande Ξd/ c besitzen zwar eine tiefe Knickfrequenz, sie ergeben aber große Kreise der Ortskurve. Der Absorptionsgrad ist noch klein und besitzt einen u ¨ber der Frequenz schwankenden Verlauf. • Mit wachsendem Widerstand Ξd/ c nimmt die Absorption zu. Andererseits w¨ achst die Knickfrequenz. Sie gibt wie vorne erkl¨art grob die Frequenzgrenze an, ab der das Material eine Anpassung erlaubt. • Bei weiterem Anwachsen des Str¨ omungswiderstand wird die Knickfrequenz immer weiter gesteigert, das Material ist also immer schlechter angepasst, der Absorptionsgrad nimmt wieder ab. Auch die in den Bildern 6.14 und 6.15 gezeigten Beispiele des Absorptionsgrades bei Variation des Str¨ omungswiderstandes lehren, dass ein mittlerer
212
6 Schallabsorption
Str¨ omungswiderstand f¨ ur eine gute Absorption erforderlich ist. Die jeweils zugeh¨ orige Knickfrequenz ergibt sich dabei aus d Ξd 1 = λk c 2π (λk = Wellenl¨ ange in der Knickfrequenz). Sie liegt also f¨ ur den Fall mit noch = 1 beispielsweise bei d/λ = d/λk = 0, 16, bei vergleichsweise kleinem Ξd c Ξd c = 4 ist die Knickfrequenz dann schon mit d/λ = d/λk = 0, 64 um zwei Oktaven h¨ oher abgestimmt.
2 1
4
8
Absorptionsgrad α
0.8
1
0.6
Ξ d/ρc = 0,5
0.4
0.2
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
d/λ
Bild 6.14. Absorptionsgrad por¨ oser Schichten vor schallharter Wand.
Offensichtlich stellt sich ein ann¨ ahernd optimaler Frequenzgang“ von α ” f¨ ur den mittleren Str¨ omungswiderstand von Ξd/ c = 2 ein. Gut absorbierende Aufbauten sollten etwa diesen Wert aufweisen. Die akustische Wirkung betr¨ agt dann α > 0, 6 im Frequenzbereich oberhalb von etwa d/λ = 0, 1, wie man Bild 6.15 entnimmt. Sollen beispielsweise 340 Hz bereits mit α = 0, 6 bed¨ ampft werden, dann kann das mit einer Schicht von 10 cm Dicke bewerkstelligt werden. Noch viel tiefer abgestimmte Absorber w¨ urden eine betr¨achtliche Schichtdicke ben¨ otigen. Aber das ist nicht das einzige Problem: Weil das optimale Produkt aus Str¨ omungswiderstand und Schichtdicke auch bei dicken Schichten unver¨ andert Ξd/ c = 2 betr¨ agt, w¨ urde eine wirklich tieffrequente Abstimmung sehr kleine Str¨ omungswiderst¨ ande Ξ erforderlich machen. Das w¨are nur mit einem sehr lockeren, kaum noch gebundenen und daher instabilen Material u ¨berhaupt machbar. Aus diesem Grund und wegen des Platzbedarfs sind por¨ ose Schichten endlicher Dicke f¨ ur sehr tieffrequente Absorption ungeeignet.
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
213
2
1
1
Absorptionsgrad α
0.8 4
8
0.6 Ξ d/ρc = 0,5
0.4
0.2
0 0.01
0.1
1
d/λ
Bild 6.15. Wie Bild 6.14, jedoch mit logarithmisch skalierter Frequenz-Achse.
6.5.3 Der por¨ ose Vorhang Um bei den großen notwendigen Dicken por¨ oser Schichten f¨ ur die Absorption tiefer Frequenzen Material zu sparen und weil Materialien mit kleinen Str¨ omungswiderst¨ anden Ξ nur schwer handhabbar sind, kann man d¨ unne Schichten mit gr¨ oßerem Ξ als Vorhang in einem gewissen Abstand vor der Wand anbringen (Bild 6.16). d LuftHohlraum p1
p2
v
v
starre Wand
a Absorberschicht
Bild 6.16. Por¨ oser Vorhang vor schallharter Wand
Auch f¨ ur diese Anordnung kann man den Absorptionsgrad zun¨achst anschaulich einsch¨ atzen. Er wird nur dann groß sein, wenn die por¨ose Schicht in etwa von einem Schnellebauch im Schallfeld vor der Wand getroffen wird. Die Maxima von α liegen also bei 1 n + =a. αmax : λ 4 2
214
6 Schallabsorption
Dazu geh¨ oren die Frequenzen c f= a
1 n + 4 2
.
(6.65)
Die Minima mit α ≈ 0 liegen bei αmin :
λ
n =a. 2
Dazu geh¨ oren die Frequenzen f=
cn . a2
(6.66)
Dabei werden die Gipfel umso breiter sein, je gr¨oßer die Vorhangdicke d ist. Zur Berechnung setzt man d¨ unne Absorberschichten voraus. Die Druckdifferenz p1 − p2 der Dr¨ ucke p1 und p2 vor und hinter dem Vorhang kann dann in Analogie zu (6.36) durch den Str¨ omungswiderstand p1 − p2 = Ξdv
(6.67)
abgesch¨ atzt werden. Dabei wurde angenommen, dass sich die Schicht nicht elastisch verformt: v bezeichnet die Schnelle sowohl vor als auch hinter dem Vorhang. Aus dem letzten Abschnitt ist die Impedanz z2 = p2 /v des Luftraumes bekannt (man braucht dazu nur σ = 1 und ka d = ka in (6.59) zu setzen): z2 =
p2 = −j c ctg(ka) , v
(6.68)
so dass man aus (6.67) die Impedanz z des Gesamtaufbaus z=
p2 p1 = Ξd + = Ξd − j c ctg(ka) v v
(6.69)
erh¨ alt. Die Ortskurve (Bild 6.17) ist hier eine Parallele zur imagin¨aren Achse, die wegen der Periodizit¨ at des Kotangens mehrfach u ¨berdeckt wird. Wie stets wird α ein Maximum immer dann, wenn die Ortskurve die reelle Achse kreuzt. Das ist der Fall f¨ ur π ctg(ka) = 0 ; also ka = + nπ , 2 was nat¨ urlich mit (6.65) inhaltsgleich ist. Die Maxima betragen αmax =
4 Ξd c Ξd c
2 = +1
4 Ξd c
+
c Ξd
+2
.
(6.70)
Sie bleiben gleich, wenn man das Verh¨ altnis Ξd/ c durch seinen Kehrwert ersetzt. Wie man leicht durch Verschieben der Ortskurve im Bild 6.17 einsieht, haben
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
215
2.5
2
1.5
1
α=
Im(z/ρc)
0.5
0,9
0,8
0,7
0,6
0,5
0
−0.5
−1
ω
−1.5
−2
−2.5
0
1
2
3
4
5
6
Re(z/ρc)
Bild 6.17. Ortskurve der Impedanz des por¨ osen Vorhanges 1 1 2
Absorptionsgrad α
0.8 4
0,5
0.6
0.4 Ξd/ρc = 0,25 0.2
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
a/λ
Bild 6.18. Absorptionsgrad des por¨ osen Vorhanges
•
kleine Widerst¨ ande Ξd/ c schmale Absorptionsgipfel: bei Frequenz¨anderung von ctg(ka d) = 0 weg werden rasch viele unterschiedliche Linien α =const. geschnitten; • große Widerst¨ ande Ξd/ c breite Absorptionsgipfel: bei Frequenz¨anderung achst nur wenig andere Linien α =const. von ctg(ka d) = 0 weg werden zun¨ geschnitten.
216
6 Schallabsorption
Zusammenfassend (siehe auch Bild 6.18) kann man feststellen, dass zueinander im Kehrwert stehende Widerst¨ ande Ξd/ c zwar gleiche Absorptionsmaxima, aber sehr unterschiedliche Gipfelbreiten haben. Im Zweifel wird man sich also immer eher f¨ ur zu große Widerst¨ande entscheiden. Wegen des Platzbedarfes (er ist gleich groß wie bei der Schicht endlicher Dicke) sind auch por¨ ose Vorh¨ ange fast nur als H¨ ohenabsorber zu verwenden. 6.5.4 Resonanzabsorber Einen wirksameren Tiefenabsorber erh¨ alt man, wenn man den por¨osen Vorhang noch mit einer Masse beschwert: Wie das Folgende zeigt, bewirkt die dazugekommene Massenimpedanz bei einer tiefen Frequenz eine Kompensation der durch den Kotangens in (6.69) gegebenen Federimpedanz. Damit gelingt bei gleichem Platzbedarf die Herstellung einer Wandimpedanz ohne ” Imagin¨ arteil“ bei einer niedrigeren Frequenz als ohne Zusatzmasse, und darin liegt der Vorteil des Resonanzabsorbers. Die Wandimpedanz des in Bild 6.19 d
p1
p2
LuftHohlraum
starre Wand
a Flächenmasse m" Absorberschicht
Bild 6.19. Aufbau des Resonanz-Absorbers
geschilderten Aufbaues l¨ asst sich leicht aus dem Tr¨agheitsgesetz bestimmen. F¨ ur die Druckdifferenz p1 − p2 vor und hinter der Masse gilt p1 − p2 = jωm v
(6.71)
ache), und also ist (m = Masse pro Fl¨ z=
p2 p1 = jωm + = jωm + z2 , v v
worin z2 die Impedanz des por¨ osen Vorhangs (6.69) darstellt. F¨ ur den mit einer Masse beaufschlagten por¨ osen Vorhang ist also z = jωm − j c ctg(ka) + Ξd .
(6.72)
Die bloße Gestalt der Ortskurve ist die gleiche wie beim por¨osen Vorhang (Bild 6.17), wobei allerdings diesmal ganz andere Frequenz-Zuordnungen vorliegen. Statt in den Frequenzen ctg(kd) = 0 beim por¨osen Vorhang liegen die Frequenzpunkte mit maximaler Absorption beim Resonanzabsorber in
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
ωm ωa = . c c
ctg(ka) = ctg
217
(6.73)
Die transzendente Gleichung (6.73) zur Bestimmung der Frequenzstellen mit α = αmax l¨ asst sich graphisch leicht l¨ osen: Es handelt sich dabei um die Schnittstellen der Kotangens-Funktion und einer Geraden, deren Steigung proportional zu m ist. Wie auch das Bild 6.20 zeigt, liegen die Frequenzen mit maximalem α deshalb um so niedriger, je gr¨ oßer der Massenbelag m ist. Darin liegt wie gesagt der eigentliche Vorteil von Resonanzabsorbern gegen¨ uber ein-
1 ctg k a 0
0.5 Gerade, Steigung~m" 0
−0.5
−1 0
0.25
0.5
0.75
1
a/λ
Bild 6.20. Graphische Bestimmung der Frequenzen mit maximaler Absorption
fachen por¨ osen Vorh¨ angen: Durch den zus¨ atzlichen Massenbelag kann bei unver¨ anderter Konstruktionstiefe eine niedrigere Frequenz-Abstimmung vor allem des ersten Absorptionsgrad-Maximums erreicht werden. Ein typischer Frequenzgang des Absorptionsgrades von Resonanzabsorbern ist in Bild 6.21 gezeigt. Am Vergleich mit Bild 6.18 erkennt man die deutlichen Verschiebungen der Maxima, wobei deren H¨ ohe αmax selbst nat¨ urlich unver¨andert geblieben ist: Genauso wie beim por¨ osen Vorhang ist αmax =
4 Ξd c
+
c Ξd
+2
durch Gl. (6.70) gegeben. Bei praktischen Anwendungen interessiert vor allem der tiefste Gipfel. Wenn man davon ausgeht, dass in dessen Frequenzbereich nur Wellenl¨angen vorkommen, die groß gegen¨ uber der Hohlraumtiefe a sind, dann kann man den
218
6 Schallabsorption
1
Absorptionsgrad α
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
a/λ
Bild 6.21. Absorptionsgrad eines Resonanzabsorbers (mit Ξd/ c = 1 und m /a = 2 gerechnet)
Kotangens wieder durch sein reziprokes Argument ersetzen. Im Frequenzbereich des tiefsten Gipfels ist damit n¨ aherungsweise c2 . (6.74) z = Ξd + j ωm − ωa Die Abstimmfrequenz des Absorptionsmaximums ist gleich der Resonanzfrequenz c2 (6.75) ωres = am des aus Fl¨ achenmasse m und Luftpolstersteife c2 /a gebildeten einfachen Masse- Feder-Schwingers. Nun wird eine erw¨ unschte Abstimmfrequenz nur durch das Produkt von Hohlraumtiefe a und Massenbelag m eingestellt. Man k¨onnte also ebenso gut leichte Bel¨ age mit gr¨ oßerer Hohlraumtiefe wie schwere Bel¨age mit geringerem Platzbedarf kombinieren. Dabei ist allerdings zu bedenken, welche Konsequenzen eine solche Wahl f¨ ur die Bandbreite der Absorption hat: Wie wirkt sich eine von der Resonanzfrequenz abweichende Anregefrequenz auf den Absorptionsgrad aus? Am einfachsten l¨ asst sich diese Frage beantworten, wenn man nur kleine Frequenz¨ anderungen gegen¨ uber der Resonanz zul¨asst. In diesem Fall kann man den Imagin¨ arteil der Impedanz in (6.74) durch das erste Glied der Taylor-Reihe ersetzen:
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
c2 d(ωm − c2 /ωa) = (ω − ωres ) ωm − ωa dω ω=ωres 2 c = 2m (ω − ωres ) . = (ω − ωres ) m + 2 ωres a Es ist damit α=
Ξd c
2 +1 +
4 Ξd c $
2m c (ω
%2 .
219
(6.76)
(6.77)
− ωres )
¨ Ublicherweise dr¨ uckt man die Gipfelbreite durch den Frequenzabstand Δω derjenigen beiden Punkte rechts und links vom Maximum aus, bei denen der Absorptionsgrad auf die H¨ alfte seines Maximalwertes abgesunken ist: α(ω = ωres ± Δω/2) =
1 αmax . 2
Der Absorptionsgrad betr¨ agt nun gerade dann die H¨alfte seines Maximalwertes, wenn die beiden Ausdr¨ ucke im Nenner von (6.77) gleich groß sind; also ist !2 !2 Ξd 2m (ωres ± Δω/2 − ωres ) = +1 , c c oder
Ξd + c . (6.78) m Die Halbwertsbreite ist demnach umgekehrt proportional zum Massenbelag m . Aus diesem Grund verwendet man meist kleine Massen, wenn man an gr¨oßerer Bandbreite interessiert ist, und muss daf¨ ur eine etwas gr¨oßere Hohlraumtiefe f¨ ur die Tiefabstimmung in Kauf nehmen. Die Bilder 6.22 und 6.23 fassen nochmals die Abh¨angigkeit des (tiefsten) Absorptionsgrad- Gipfels von den ihn bestimmenden Parametern zusammen. Wie man sieht (und aus (6.78) abliest) sind: Δω =
• die Gipfel bei konstantem m f¨ ur große Str¨ omungswiderst¨ande Ξd/ c breiter, die Maxima selbst sind wieder f¨ ur zueinander reziproke Ξd/ c gleich; • die Gipfel bei konstantem Ξd/ c umso schm¨aler, je gr¨oßer m ist. Die Gr¨ oßenordnung der praktisch verwendbaren Massenbel¨age ist (verglichen mit Fenstern, Blechen oder gar W¨ anden) ziemlich klein. Das zeigt ein Beispiel, bei dem ein Resonanzabsorber auf 200 Hz abgestimmt werden soll. Der Akustiker w¨ urde nun nat¨ urlich gern eine m¨oglichst große Hohlraumtiefe a benutzen, um eine kleine Masse und damit eine große Bandbreite herzustellen. Nat¨ urlich darf er - aus anderen Gr¨ unden - nicht viel umbautes Raumvolumen abzwacken“ (eine Ausnahme bildet bei hohen R¨aumen die Decke); es ” sei deshalb angenommen, dass der Aufwand an Tiefe auf 10 cm begrenzt ist (immerhin w¨ aren beim por¨ osen Vorhang oder bei der endlich dicken Schicht λ/4 ≈ 40 cm erforderlich!). Daraus ergibt sich mit
220
6 Schallabsorption
Ξ d/ρc = 1
1
Absorptionsgrad α
0.8
0.6
2
0,5
4
0,25
0.4
0.2
0 0.125
0.25
0.5
1
2
4
8
f/fres
Bild 6.22. Absorptionsgrade von Resonanzabsorbern (mit m ω0 / c = 2 gerechnet) m"ω0/ρc = 0,5
1
1
Absorptionsgrad α
0.8 2
4
0.6
8
0.4
0.2
0 0.125
0.25
0.5
1
2
4
8
f/fres
Bild 6.23. Absorptionsgrade von Resonanzabsorbern (mit Ξd/ c = 1 gerechnet) 2 m = c2 /ωres a
ein Zahlenwert von etwa m = 0, 850 kg/m2 . Die Halbwertsbreite (bei Ξd/ c = 1) betr¨ agt dann etwa Δf = 150 Hz, der Absorber wirkt“ also etwa von ” 125 Hz bis 275 Hz. Man sieht daran, dass dem Akustiker eine Massenhalbierung (und damit eine Verdopplung der Bandbreite und leider auch der
6.5 Spezielle absorbierende Anordnungen
221
Tiefe a) entgegenk¨ ame. Auch Resonanzabsorber haben offensichtlich oft einen erheblichen Platzbedarf, wenn sie tieffrequent und breitbandig wirken sollen. Wegen der erw¨ unschten kleinen Massenbel¨age realisiert man diese oft durch Luftmengen, die in den Bohrungen von gelochten Platten bewegt werden. Wie in Bild 6.24 dargestellt wird, besteht die absorbierende Gesamtan¨ ordnung dann aus einer als unbeweglich starr anzusehenden Platte mit Offnungen, die in die Absorber-Hinterlegung m¨ unden; die Platte ist in einem gewissen Abstand vor einer schallharten Wand montiert. Es fragt sich nun lediglich, durch welche Gleichung die f¨ ur gleichm¨aßige Massenverteilung geltende Kr¨ aftegleichung p1 − p2 = jωm v ersetzt werden muss. Dazu wird die zu einem einzelnen Loch geh¨orende Masse betrachtet. Sie erf¨ ahrt links und rechts die Kr¨ afte p1 SL und p2 SL (SL =Lochfl¨ache). Das Tr¨ agheitsgesetz verlangt also p1 − p 2 =
M jωvM , SL
(6.79)
wobei M die im Loch bewegte Masse und vM ihre Schnelle bedeutet. Nun wird gewiss nicht nur die im Lochvolumen selbst vorhandene Luftmasse bewegt, sicherlich werden davor und dahinter liegende Luftmengen mitgenommen werden. F¨ ur Kreisl¨ ocher mit dem Radius b kann man annehmen, dass die dadurch begr¨ undete Loch-M¨ undungs-Korrektur“ jeweils vor und hinter dem ” Loch durch eine Halbkugel gegeben ist, deren Radius gleich dem Lochradius
Lochabstand
gelochte Platte
e
d
Kreislöcher Radius b
LuftHohlraum
starre Wand
a W
Absorberschicht
Bild 6.24. Aufbau des Resonanz-Absorbers mit Lochplatten
ist. Es ist also (W = Lochdicke “ = Wandungsdicke) ” 4π 3 2 b , M = πb W + 3 oder
222
6 Schallabsorption
M 4 = W + b . SL 3
(6.80)
Jetzt muss man noch ber¨ ucksichtigen, dass die ¨außere“ Schnelle v im Schall” feld und die Lochschnelle vM sehr unterschiedlich sein k¨onnen: Die pro Sekunde auf die Lochplatte innerhalb einer Fl¨ ache S auftreffende Masse muss sich durch die in S enthaltene Gesamt-Lochfl¨ ache SLtot hindurch zw¨angen“. ” Aus der Massenerhaltung folgt SLtot vM = Sv , oder vM =
S v v= , SLtot σL
(6.81)
ache darstellt: wobei σL den Lochanteil an der Plattenfl¨ ache der L¨ ocher/Gesamtfl¨ache . σL = Fl¨ Zusammengenommen ist also durch Einsetzen von (6.80) und (6.81) in (6.79) W + 43 b v. (6.82) p1 − p2 = jω σL ¨ Alle vorangegangenen Uberlegungen u ¨ber Resonanzabsorber bleiben erhalten, wenn nur bei den Lochplatten die wirksame Fl¨achenmasse“ aus den Loch” plattendaten zu (W + 4b/3) (6.83) m = σL berechnet wird. Wie man sieht besteht die bewegte Masse m NICHT in der in den L¨ ochern gespeicherten Masse, wie manchmal irrt¨ umlich behauptet wird. Weil der Lochanteil σL immer deutlich kleiner als 1 ist (meist liegt σL zwischen 0,1 und 0,3), ist die zu ber¨ ucksichtigende Masse m viel gr¨oßer als W . Es sei noch erw¨ ahnt, dass die M¨ undungskorrektur anders als oben angegeben in Wahrheit das 1,25-fache einer Kugel“ insgesamt betr¨agt. Eine bessere ” ¨ Ubereinstimmung mit praktischen Anordnungen erh¨alt man deshalb, wenn (6.83) noch durch (W + 5b/3) m = (6.84) σL ersetzt wird. Das Beispiel σL = 0, 1; W = b = 1 cm mit m = 350 g/m2 zeigt, dass die erforderlichen Massenbel¨ age leicht herstellbar sind. Die Bauformen von Resonanzabsorbern sind vielf¨altig. Die oben angesprochene Variante der mit Absorbermaterial hinterlegten Lochplatten wird oft f¨ ur Akustikdecken benutzt, weil sich hier meistens genug Platz f¨ ur eine Niedrigabstimmung findet. Andere Aufbauten bestehen z.B. in offenzelligen Sch¨aumen
6.6 Der schr¨ age Schalleinfall
223
mit verdickter Oberfl¨ ache, welche die Zusatzmasse bildet. Bereits seit einiger Zeit werden auch Folienabsorber benutzt, die vom Luftschallfeld zu Membranund Biegeschwingungen angeregt werden und dem Feld dadurch Schallenergie entziehen. Sie k¨ onnen auch bis zu den tiefsten Frequenzen hin abgestimmt werden.
6.6 Der schr¨ age Schalleinfall In der Anwendungspraxis trifft die Schallwelle fast nie wirklich senkrecht auf die Absorberfl¨ ache, im Gegenteil ist in R¨ aumen der diffuse, allseitige Schalleinfall eine realistischere Annahme. Aus diesem Grund sei hier noch der Frage nachgegangen, wie sich die Schallabsorption bei schr¨ag auftreffenden Wellen ¨andert. Die Antwort ist leicht, wenn dabei lokal wirksame absorbierende y
Hohlraum-Segmente Absorberschicht Ξd
schräger Einfall starrer Abschluß
ϑ
x
schallharte Trennelemente
a
Bild 6.25. Die Anordnung aus einer absorbierenden Schicht vor einer Wand mit segmentiertem Hohlraum dazwischen l¨ asst sich als lokal wirksam auffassen, weil Querkopplungen in y-Richtung unterdr¨ uckt werden.
Anordnungen vorausgesetzt werden. Bei ihnen sollen definitionsgem¨aß Ausgleichsvorg¨ ange in der zur Oberfl¨ ache parallelen y-Richtung nicht auftreten. Bei einem por¨ osen Vorhang in einem gewissen Abstand vor einer schallharten Wand z.B. (siehe Bild 6.25) setzt das die Segmentierung des Lufthohlraumes durch gleichfalls schallharte Trennelemente voraus. Nur in diesem Fall unterbleibt eine Kopplung der so voneinander getrennten parallelen Lufthohlr¨aume.
224
6 Schallabsorption
L¨ asst man die Segmentierung weg, dann ergibt sich bei schr¨agem Einfall im Hohlraum ebenfalls ein schr¨ ag laufendes Feld aus stehenden Wellen; die Wirkung ist nicht mehr rein lokal. Anordnungen nach dem Schema in Bild 6.25 lassen sich also als lokal wirksam auffassen und deshalb wieder durch eine ortsunabh¨ angige Impedanz beschreiben. Auch direkt auf schallharte W¨ande aufgebrachte absorbierende Schichten lassen sich als lokal reagierend auffassen, wenn ihre innere D¨ ampfung bei ausreichend großem Str¨omungswiderstand hoch ist. F¨ ur eine schr¨ ag unter dem Winkel ϑ auf die absorbierende Anordnung auftreffende Welle pein = p0 e−jkxcosϑ+jkysinϑ (6.85) setzt sich das aus Schalleinfall und reflektiertem Anteil bestehende Gesamtfeld aus p = p0 (e−jkxcosϑ+jkysinϑ + rejkxcosϑ+jkysinϑ ) (6.86) = p0 ejkysinϑ (e−jkxcosϑ + rejkxcosϑ ) zusammen. Die ortsunabh¨ angige Wandimpedanz z ergibt sich also aus z=
p j ∂p ω ∂x
und das bedeutet r=
=
ρc 1 + r , cosϑ 1 − r
z c cosϑ z c cosϑ
−1 +1
.
(6.87)
(6.88)
Alle vorangegangenen Betrachtungen f¨ ur den senkrechten Schalleinfall bleiben also erhalten, nur dass die Wandimpedanz mit cosϑ multipliziert werden muss. Nach Gl.(6.88) werden Impedanzen, die gegen¨ uber der Anpassung zu gross sind, durch den schr¨ agen Einfall in ihrer Wirkung abgemildert, wie man am Absorptionsgrad des por¨ osen Vorhanges in Bild 6.26 ablesen kann. Zu kleine Impedanzen hingegen werden noch weiter verringert, der Absorptionsgrad nimmt jetzt mit dem Einfallswinkel ab (Bild 6.27). Eine ¨ ahnliche Tendenz wie beim por¨ osen Vorhang ergibt sich auch bei einer por¨ osen Schicht direkt auf schallhartem Untergrund. Hier sind die Einzelheiten etwas verwickelter, weil diesmal Real- und Imagin¨arteil der Impedanz durch den Str¨ omungswiderstand beeinflusst sind. Wie die Bilder 6.28 und 6.29 zeigen, nimmt bei großen Str¨ omungswiderst¨anden nur die tieffrequente Absorption mit dem Einfallswinkel zu, hochfrequent l¨asst die Schallschluckung etwas nach. Bei kleinen Str¨ omungswiderst¨anden sinkt das Absorptionsverm¨ ogen dagegen mit dem Einfallswinkel. Zum Abschluss sei noch vorgeschlagen, zur Nachbildung des diffusen Schalleinfalls den Absorptionsgrad u ¨ber viele Einfallsrichtungen zu mitteln.
6.6 Der schr¨ age Schalleinfall
225
ϑ = 00, 150, 300, 450, 600 1
Absorptionsgrad α
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
a/λ
Bild 6.26. Absorptionsgrad des por¨ osen Vorhangs mit Ξd/ρc = 2 bei schr¨ agem Schalleinfall.
1
ϑ = 00, 150, 300, 450, 600
Absorptionsgrad α
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
a/λ
Bild 6.27. Absorptionsgrad des por¨ osen Vorhangs mit Ξd/ρc = 0, 5 bei schr¨ agem Schalleinfall.
226
6 Schallabsorption
1
Absorptionsgrad α
0.8 0
0.6
0
0
0
0
ϑ = 0 , 15 , 30 , 45 , 60
0.4
0.2
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
d/λ
Bild 6.28. Absorptionsgrad der por¨ osen Schicht mit Ξd/ρc = 5 bei schr¨ agem Schalleinfall.
1
Absorptionsgrad α
0.8
0.6 ϑ = 00, 150, 300, 450, 600 0.4
0.2
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
d/λ
Bild 6.29. Absorptionsgrad der por¨ osen Schicht mit Ξd/ρc = 1 bei schr¨ agem Schalleinfall.
6.7 Zusammenfassung Die Messung des Absorptionsgrades von Wandaufbauten wird f¨ ur den senkrechten Schalleinfall im Kundtschen Rohr vorgenommen. Dabei wird der Frequenzbereich durch die tiefste cut-on-Frequenz der h¨oheren Quermoden be-
6.8 Literaturhinweise
227
grenzt. Das Messprinzip beruht darauf, dass das Schallfeld abh¨angig vom Reflexionsfaktor der Probe aus fortschreitenden und stehenden Wellen zusammengesetzt ist: Bei vollst¨ andiger Reflexion treten nur stehende, bei vollst¨andiger Absorption nur fortschreitende Wellen auf. Bei teilweiser Reflexion entsteht daher ein ¨ ortlicher Effektivwertverlauf des Schalldruckes mit Minima und Maxima. Das Verh¨ altnis aus Druck-Minimum zu Druck-Maximum ist unmittelbar ein Maß f¨ ur die Wandabsorption: Ist das Verh¨altnis nahe bei Null, dann ist auch die Absorption gering, umgekehrt weisen Druckverh¨altnisse nahe bei 1 auf großen Absorptionsgrad hin. Zur Beschreibung von Wandaufbauten wird die Wandimpedanz z eingef¨ uhrt, die gleich dem Verh¨ altnis aus Druck und Schnelle auf der Wandoberfl¨ ache ist. Das ’Anpassungsgesetz’ regelt den Zusammenhang zwischen Absorptionsgrad α und Wandimpedanz z. Es besagt, dass Imagin¨arteile der Wandimpedanz immer sch¨ adlich f¨ ur die Absorption sind und dass sich α = 1 nur f¨ ur den Anpassungsfall z = ρc einstellt. Große innere D¨ampfungen im Absorbermaterial nutzen also nur dann etwas, wenn das ¨außere Schallfeld auch in das Material eindringen kann und nicht schon an der Oberfl¨ache reflektiert wird. Tieffrequente Schallabsorption ist mit por¨ osen Schichten nur unzureichend zu erzielen. Resonanzabsorber k¨ onnen hier in gewissem Umfang f¨ ur Verbesserungen sorgen.
6.8 Literaturhinweise Wie f¨ ur ein Lehrbuch ja gar nicht anders m¨ oglich ist hier gleich eine ganze Reihe von Fragen und Problemen unbehandelt geblieben. Um nur Beispiele zu nennen: •
Ist es immer zutreffend, von einem starren Absorberskelett auszugehen, oder m¨ ussen dessen elastische Eigenschaften in Rechnung gestellt werden? • Wie sind die heute zunehmend verwendeten sogenannten mikroperforierten Absorber zu verstehen? • Wie sind die Konstruktionsregeln f¨ ur Membran- und Folien-Absorber? Die Antworten auf diese (und andere) Fragen muss anderen B¨ uchern u ¨berlassen bleiben. Viele, vor allem auch theoretische Fragestellungen sind im Werk von F.P. Mechel: Schallabsorber“, B¨ ande 1 bis 4, (Hirzel Verlag, Stutt” gart ab 1995) beantwortet. Schließlich bildet auch das entsprechende Kapitel 9 Schallabsorption“ von H.V. Fuchs und M. M¨ oser im Taschenbuch der Tech” ” nischen Akustik“(Herausgeber G. M¨ uller und M. M¨oser, Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 2004) einen reichen Wissensschatz u ¨ber Schallabsorption. Hier finden sich auch zahlreiche Literaturangaben, die man zur Vertiefung spezieller Gebiete nutzen kann. Ein in praktischer Hinsicht sehr wertvoller Ratgeber mit vielen Anwendungsbeispielen und teils sehr innovativen L¨ osungen f¨ ur die Gestaltung von
228
6 Schallabsorption
Absorption bildet das im Springer-Verlag (Berlin, Heidelberg, New York 2007) erschienene Buch von H.V. Fuchs Schallabsorber und Schalld¨ampfer“. ”
¨ 6.9 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Man verschaffe sich mit Hilfe graphischer Darstellungen einen anschaulichen ¨ Uberblick u ¨ber den Orts- und Zeitverlauf des Schalldruckes im Kundtschen Rohr, dessen Abschluss einen Reflexionsfaktor von r = 0, 25, r = 0, 5 und r = 0, 75 besitzt. Man zeichne dazu den jeweiligen Ortsverlauf bei zeitlich harmonischer Anregung f¨ ur die Zeiten t = nT /20 (n = 0, 1, 2, 3, ...; T =Periodendauer). Aufgabe 2 Man berechne den Frequenzgang von Absorptionsgrad und Wandimpedanz eines im Kundtschen Rohr vermessenen Aufbaues, der in einer 8 cm dicken Schicht aus Holzfasern-Beton-Gemisch vor schallhartem Abschluss besteht. Die Tabelle gibt die Messwerte von maximalem Pegel Lmax , von minimalem Pegel Lmin und den Abstand |xmin | des ersten Druck-Minimums von der Oberfl¨ ache des Messobjektes an. Frequenz/Hz Lmax /dB Lmin /dB |xmin |/cm 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800
76,9 70,3 75,8 71,2 64,5 71 72,3 66,9 70,2 73,4 76 76,5 71,6 56,9 61,1 60,5 65,6
62,1 62,5 72,2 62,7 52,5 56,1 56,3 52,3 56,6 61,4 67,3 69,4 64,2 50,4 52,2 51,1 54,7
34,3 20 18 19,5 15 12,3 10 8,8 7,3 6,5 5,5 5,7 5,7 5,3 4,8 4,4 3,9
¨ 6.9 Ubungsaufgaben
229
Aufgabe 3 Man berechne den Absorptionsgrad, die Phase ϕ des Reflexionsfaktors und die Lage des ersten Minimums bei der Messung im Kundtschen Rohr f¨ ur folgende Wandimpedanzen: • z/ c = 1 + j, • z/ c = 2 + j, • z/ c = 1 + 2j, • z/ c = 3 + j und • z/ c = 1 + 3j. Aufgabe 4 Wie groß sind Wandimpedanz und Absorptionsgrad einer Schicht aus por¨osem Material mit den Daten • Ξ = 104 N s/m4 , σ = 0, 97, κ = 2, • Ξ = 104 N s/m4 , σ = 0, 97, κ = 1, • Ξ = 2 104 N s/m4 , σ = 0, 97, κ = 2 und • Ξ = 2 104 N s/m4 , σ = 0, 97, κ = 1 jeweils mit der Schichtdicke von 10 cm vor einer schallharten Wand bei den Frequenzen von 200Hz, 400Hz, 800Hz, und 1600Hz? Aufgabe 5 Angenommen, die Absorptionsgrade aus Aufgabe 4 sollen f¨ ur einen Wasserschalld¨ ampfer hergestellt werden (cW asser = 1200 m/s, W asser = 1000 kg/m3 ). Welcher Str¨ omungswiderstand und welche Schichtdicken sind dann erforderlich (Porosit¨ at σ und Strukturfaktor κ bleiben unver¨andert)? Aufgabe 6 Ein Resonanzabsorber soll auf die Resonanzfrequenz von 250 Hz (350 Hz, 500 Hz) mit der relativen Bandbreite von 0,5 = Δf /fres eingestellt werden. In der Resonanzfrequenz selbst soll α = 1 erreicht werden. Welche Hohlraumtiefen und Massenbel¨ age sind erforderlich? Aufgabe 7 Der kleinste Massenbelag aus Aufgabe 6 (m = 0, 51kg/m2 ) soll durch eine sehr d¨ unne Lochplatte (Dicke W vernachl¨ assigbar klein) realisiert werden. Der Lochanteil betrage 0,05 (0,1). Welche Lochradien sind erforderlich?
230
6 Schallabsorption
Aufgabe 8 In welchem Abstand sind die Kreisl¨ ocher anzuordnen, wenn der Lochanteil von 0,05 (0,1) erreicht werden soll? Man gehe von gleichabst¨andiger Lochanordnung (quadratisches Lochgitter) aus. Aufgabe 9 Man bestimme die tiefsten Cut-On-Frequenzen von Rohren mit Rechteckquerschnitt und den Querabmessungen von 5 cm und 7 cm (6 cm und 9 cm). Aufgabe 10 Man demonstriere die Abh¨ angigkeit des Absorptionsgrades bei schr¨agem Schalleinfall vom Einfallswinkel f¨ ur einen dicken por¨osen Absorber (Halbraum) mit Ξ = 104 N s/m4 , σ = 0, 9 und die Frequenz von 1000 Hz (500 Hz) durch eine Kurvenschar mit dem Parameter κ = 1, 2, 4, 8 und 16. Aufgabe 11 Die maximal m¨ ogliche Belegung von Lochplatten mit Kreisl¨ochern ist erreicht, wenn der Mittelpunktsabstand der L¨ ocher gleich dem Lochdurchmesser ist. Wie groß ist die maximale Lochbelegung? Man gehe wieder von gleichabst¨ andiger Lochanordnung (quadratisches Lochgitter) aus. Aufgabe 12 Wie groß ist die D¨ ampfung der h¨ oheren Moden (n > 1) im Kundtschen Rohr aus zwei parallelen, schallharten Platten, wenn die Moden unterhalb ihrer cut-on-Frequenzen angeregt werden? Aufgabe 13 Man bestimme die tiefsten Cut-On-Frequenzen von Rohren mit Kreisquerschnitt und dem Durchmesser von 5 cm, 10 cm und 15 cm. Aufgabe 14 In einer dicken Schicht aus Absorbermaterial wird eine D¨ampfung von 1 dB/cm (= Pegelabfall entlang einer Strecke von 1 cm) mit Hilfe einer Sonde gemessen. Die Frequenz liege oberhalb der den Absorber kennzeichnenden Knickfrequenz ωk , die Porosit¨ at ist zu σ = 0, 95 und der Strukturfaktor zu κ = 2 bestimmt worden. Wie groß ist der l¨ angenspezifische Str¨omungswiderstand des Materials? Man dr¨ ucke den Wert auch in Rayl/cm aus.
7 Grundlagen der Raumakustik
Wenn man in einem geschlossenen Raum eine zuvor u ¨ber l¨angere Zeit betriebene Schallquelle pl¨ otzlich abschaltet, so h¨ ort man einen Nachhall. Seine Dauer h¨ angt von der Raumgr¨ oße und von der Raum-Ausgestaltung ab; der Nachhall ist kurz bei kleinen R¨ aumen und bei solchen, die dem Schall eine große absorbierende Fl¨ ache bieten. Große Volumina mit wenig Absorption besitzen dagegen lange Nachhalldauern, die leicht einige Sekunden erreichen. In der Zeit von beispielsweise 2 s hat der Schall einen Weg von fast 700 m zur¨ uckgelegt, die Raumbegrenzungen also bereits mehrfach getroffen; die Schallwellen sind an den W¨ anden mehrmals und unter den verschiedensten Winkeln reflektiert worden. Jede Reflexion an einer (schallharten) ebenen Fl¨ache l¨asst sich auch als von einer an der Wand gespiegelten Quelle herstammend auffassen. Um auch Mehrfach-Reflexionen durch Quellen darzustellen, m¨ ussen danach auch den Spiegelquellen wieder neue Spiegelquellen h¨ oherer Ordnung zugeordnet werden. F¨ ur einen Rechteckraum erh¨ alt man so einen ganzen Sternenhimmel“ von ” Ersatzquellen, der in Bild 7.1 f¨ ur eine Ebene wiedergegeben ist. Die dreidimensionale Erweiterung hat man sich analog vorzustellen. Das Schallfeld im Raum kann man sich insgesamt ersetzt denken durch die Summe der gleichzeitig von der Originalquelle und allen Spiegelquellen ausgehenden Teilschalle, die Verz¨ ogerungen zwischen den Anteilen werden dabei durch die Laufstrecken der von den Spiegelquellen ausgesandten Schalle zum Betrachtungspunkt ausgedr¨ uckt. Sendet die Originalquelle einen kurzen Impuls aus, so erh¨alt man ein Echogramm wie in Bild 7.2. Nur f¨ ur die ersten R¨ uckw¨ urfe wird der Eintreffzeitpunkt der Impulse vor allem von der gegenseitigen Lage von Sender und Empf¨ anger und deren Positionen im Raum bestimmt. F¨ ur h¨ohere Reflexionen (entsprechend Spiegelquellen h¨ oherer Ordnung) verwischen sich die Unterschiede immer mehr, denn die Dimensionen des Raumes werden bald gegen¨ uber den Entfernungen zu den Spiegelquellen vernachl¨assigbar. Die Anzahl N der bis zur Zeit t eingetroffenen Impulse (t = 0 entspricht dem Sendezeit-
232
7 Grundlagen der Raumakustik
Bild 7.1. Spiegelschallquellen eines Rechteckraumes. Begrenzungsfl¨ achen des Originalraumes durch Schraffur hervorgehoben
Bild 7.2. Zeitfolge der R¨ uckw¨ urfe in einem von ebenen W¨ anden begrenzten Raum
punkt der Originalquelle) kann man daher absch¨atzen durch die Anzahl der Quellen, die innerhalb einer Kugel mit dem Radius r = ct liegen. Die Anzahl der R¨ uckw¨ urfe ist etwa gleich dem Verh¨ altnis aus dem Kugelvolumen Vs und dem Volumen V des Originalraumes, N=
4π (ct)3 Vs = . V 3 V
(7.1)
F¨ ur ein Volumen von V = 200 m3 ergibt das beispielsweise etwa 800.000 Reflexionen innerhalb der ersten Sekunde. Wie man an Gleichung (7.1) und an Bild 7.2 sieht, nimmt die Dichte der eintreffenden Impulse
7 Grundlagen der Raumakustik
233
ΔN dN (ct)2 ≈ = 4πc (7.2) Δt dt V immer mehr zu, die Gr¨ oße der eintreffenden Energieimpulse wird dagegen mit wachsender Zeit wegen der immer entfernteren Spiegelquellen mit Ein ≈
1 (ct)2
kleiner. Im zeitlichen Mittel ergibt sich die in einem Raumpunkt merkliche Energie E als Produkt aus der Anzahl der pro Zeiteinheit eintreffenden Impulse und ihrer Gr¨ oße ΔN E = Ein = const . Δt Die Energiedichte im Raum nimmt also bald einen zeitlich konstanten Wert an. Das gleiche gilt auch f¨ ur die ¨ ortliche Energieverteilung: Je mehr die Raumdimensionen gegen¨ uber den Entfernungen der Spiegelquellen verschwinden, desto geringer muss der Einfluss der Lage eines Beobachtungspunktes sein. Man erwartet also sowohl f¨ ur die ¨ ortliche als auch f¨ ur die zeitliche Energieverteilung konstante Verl¨ aufe, solange - wie bisher vorausgesetzt - keine D¨ ampfung im Raum vorhanden ist. Nun lehrt die Erfahrung zwar durchaus, dass man in ausreichend halligen R¨ aumen in nicht zu naher Nachbarschaft der Quelle tats¨achlich in jedem Raumort etwa die gleiche Lautst¨ arke vorfindet; zeitlich jedoch klingt der Nachhall stets allm¨ ahlich ab. Der Grund daf¨ ur besteht nat¨ urlich in der Schw¨achung, die die Schallwellen durch D¨ ampfung l¨ angs der Ausbreitungswege und durch Absorption an den W¨ anden (und der Raumeinrichtung) erfahren. Man wird daher in die folgenden Betrachtungen u ¨ber die Schallausbreitung in R¨aumen gerade vor allem die Verluste mit einbeziehen m¨ ussen. Dadurch wird die Tatsache eines r¨ aumlich gleichverteilten Schallfeldes nicht gleichzeitig beeinflusst. Ein solches Schallfeld – es wird anschaulich als diffus“ bezeichnet – wird ” in erster, statistischer“ N¨ aherung jedenfalls f¨ ur kleine D¨ampfungen vorlie” gen. Im Einklang mit der anhand der Spiegelquellen gewonnenen Anschauung scheint der diffuse Schall in jedem Raumpunkt etwa aus allen Richtungen gleichermaßen einzutreffen. Es soll also unter einem diffusen Schallfeld ein Feld verstanden werden, das sowohl bez¨ uglich der Einfallsrichtungen als auch bez¨ uglich des ¨ ortlichen Pegels gleichverteilt ist. Ein solches ideal-diffuses“ Schallfeld in R¨aumen kann nat¨ urlich wieder ” nur eine idealisierte Fiktion sein, reale R¨ aume verf¨ ugen sicher u ¨ber gewisse Abweichungen davon. Je h¨ oher die Absorption im Raum und an den W¨anden ist, desto mehr werden die wahren Verh¨ altnisse den Annahmen widersprechen. Auch f¨ ur ungleichm¨ aßig angebrachte Absorber – z.B. hohe Absorption an den W¨ anden, aber nicht an Decke und Boden – wird die Annahme der RichtungsAllseitigkeit nicht wirklich erf¨ ullt sein, es w¨ urde in diesem Beispiel zu einem sogenannten Flatterecho“ kommen k¨ onnen. Andererseits wird man mit der An” nahme statistischer Gleichverteilung wenigstens grob eine Einsch¨atzung u ¨ber
234
7 Grundlagen der Raumakustik
Schallfelder in R¨ aumen erhalten, die mit exakteren Mitteln nur mit riesigem Aufwand und in kaum u ¨berschaubarer Weise erreichbar ist. Beim Rechteckraum mit den noch relativ einfach definierten parallelen Begrenzungsfl¨achen kann man mit wellentheoretischen Methoden wenigstens noch f¨ ur den Fall der kompletten Reflexion an den W¨ anden einige grunds¨atzliche Aussagen machen. Liegen dagegen teilweise Schallschluckungen vor und sind diese sogar r¨aumlich verteilt und durch gr¨ oßere Gegenst¨ ande im Raum bestimmt, die zus¨atzlich Streu- und Beugungswirkung besitzen, dann k¨onnen strenge“ Rechnungen ” mit Hilfe der Wellentheorie aufgrund ihrer Komplexit¨at nicht mehr durchgef¨ uhrt werden. Im folgenden werden deshalb nur stark vereinfachende Betrachtungen angestellt. Dabei muss man sich im Klaren dar¨ uber sein, dass die getroffenen Vereinfachungen in den Details – z.B. in der ¨ortlichen Verteilung – nur noch statistisch einen Sinn ergeben. Wenn von einem ¨ortlich konstanten Pegel im diffusen Feld gesprochen wird, dann ist in Wahrheit ein r¨aumlicher Mittelwert gemeint, den man durch eine Vielzahl von Messungen in mehreren Aufpunkten ermittelt hat. Bevor die Betrachtungen anhand der angenommenen Gleichverteilung auf Ort und Richtung beginnen, soll noch die Komplexit¨at der wellentheoretischen Betrachtungen selbst f¨ ur den einfachen, verlustfreien Rechteckraum illustriert werden. F¨ ur diesen – er habe die Kantenl¨ angen lx , ly und lz – verlangen die Randbedingungen einen Schalldruck der Form ∞ ∞ ∞ ny πy nz πz nx πx cos cos , pnx ny nz cos p(x, y, z) = lx ly lz n =0 n =0 n =0 x
y
z
da an allen Begrenzungsfl¨ achen Druckb¨ auche vorliegen m¨ ussen. Jede der ¨ortlichen, dreidimensionalen Moden geht nun mit einer Resonanzfrequenz einher, die sich aus der Wellengleichung zu 2 2 2 ny π nz π nx π ω + + k= = c lx ly lz ergibt. Die Resonanzstellen kann man graphisch im Frequenzraum“ durch ” ein dreidimensionales Gitter darstellen (Bild 7.3), wobei jeder aus dem Gitter herausgeschnittene W¨ urfel die Kantenl¨ angen c/2 lx , c/2 ly und c/2 lz besitzt. Die Anzahl M der bis zu einer Frequenz f vorgefundenen Resonanzfrequenzen ergibt sich n¨ aherungsweise aus dem Volumen einer Achtelkugel mit dem Radius f geteilt durch das Volumen eines W¨ urfels: 3 π 3 f 4π f V . (7.3) M = 6c3 = 3 c 8l l l x y z
Bei einem (kleinen) Raumvolumen von V = 200 m3 werden bereits bis zur Frequenz von nur 340 Hz etwa 800 Resonanzen u ¨berdeckt! Die Eigenfrequenzdichte betr¨ agt
7 Grundlagen der Raumakustik
2 ΔM dM 4π f ≈ = V . Δf df c c
235
(7.4)
Im Beispiel w¨ are also ΔM/Δf = 60/Hz f¨ ur f = 1000 Hz; auf ein Frequenzintervall von 1 Hz Bandbreite entfallen bei f = 1000 Hz etwa 60 Resonanzstellen. Diese Zahlen machen wohl deutlich, dass nur die Annahme statistischer ¨ Verteilungen eine noch bew¨ altigbare Ubersicht u ¨ber die Schallvorg¨ange in geschlossenen R¨ aumen bieten kann. Ein diffuses Schallfeld, das nach Definition einen (etwa) ortsunabh¨angigen Pegel und einen aus allen Richtungen gleichermaßen erfolgenden Schalleinfall beinhaltet, kann nat¨ urlich nur mit hinreichend breitbandigen Signalen hergestellt werden. Ein reiner Ton f¨ uhrt zwangsl¨aufig in schwach ged¨ampften R¨ aumen zu stehenden Wellen mit ausgepr¨ agten B¨auchen und Knoten. Nur wenn viele stehende Wellen gleichzeitig angeregt werden, k¨onnen sich diese zu einem nahezu ortsunabh¨ angigen, diffusen Schallfeld zusammensetzen.
Fr
u eq
en
zf
c/
2l
z
c/2l y c/2l x
Bild 7.3. Graphische Darstellung der Resonanzfrequenzen durch das Resonanzgitter. Jeder Gitterknoten bezeichnet eine Resonanzfrequenz
¨ Ublicherweise verlangt man deshalb f¨ ur raumakustische Messungen ein Zusammenspiel von Signalbandbreite Δf und Raumvolumen V so, dass bei terzbreiter oder oktavbreiter Rauschanregung ΔM/Δf ≈ 1/Hz
236
7 Grundlagen der Raumakustik
eingehalten wird. Gleichung (7.4) gibt dann den zugelassenen Messfrequenzbereich an, f¨ ur den 1 c3 1800 Hz f≥ ≈ Hz 4πV V /m3 gilt. F¨ ur V = 200 m3 z.B. k¨ onnte man also erst ab etwa 125 Hz messen. Die praktische Bedeutung der Forderung ΔM/Δf > 1/ Hz ergibt sich z.B. aus der Bandbreite des bei raumakustischen Messungen oft verwendeten Terzbandrauschens, f¨ ur das bekanntlich Δf = 0, 23fm (fm = Mittenfrequenz) gilt. Demnach besagt die genannte Forderung, dass in der Terz mit fm = 125 Hz mindestens etwa M = 30 (fm = 200 Hz: mindestens M = 50) Resonanzen enthalten sein sollen.
7.1 Das diffuse Schallfeld
Ventil
In etwa kann man sich das Schallgeschehen in einem Raum vorstellen wie das F¨ ullen eines undichten Gef¨ aßes mit Wasser (Bild 7.4): Wie die Wasserzuleitung beim Gef¨ aß f¨ ullt der Schallsender nach dem Einschalten den Raum allm¨ ahlich mit Schallenergie, bis ein gewisser Gleichgewichtszustand erreicht ist. Der dann eingependelte Pegel (Fl¨ ussigkeits- oder eben Schallpegel) erkl¨art sich durch den Ausgleich zwischen Zufluss und dem Abfluss durch die Undichtigkeiten, die dem Energieentzug durch Absorption entsprechen. Schaltet man die Quelle nach Erreichen des station¨ aren, eingeschwungenen Zustandes wieder ab, so sinkt der Pegel wieder, die Fl¨ ussigkeit bzw. die Schallenergie fließt ab.
Leistungszufluss P
Behälter V
EnergieInhalt
Absorptions(Sicker-) Fläche A
Abfluss
Bild 7.4. Analogie zwischen dem Fl¨ ussigkeitspegel in einem undichten Gef¨ aß und dem akustischen Energieinhalt eines Raumes
7.1 Das diffuse Schallfeld
237
Man erwartet also einen Zeitverlauf des diffusen Schallfeldes nach dem Schema des Bildes 7.5, das die naheliegende Unterteilung in die Zeitbereiche Anhall“, station¨ arer Zustand“ und Nachhall“ wiedergibt. Alle drei Ab” ” ” schnitte k¨ onnen durch eine Energiebilanz beschrieben werden, die einer Massenbilanz bei der Gef¨ aß-Analogie entspricht. Ebenso wie die w¨ahrend der Zeit ¨ Δt zufließende Fl¨ ussigkeit sich verteilen muss auf eine Anderung des Gef¨aßinhaltes und auf den w¨ ahrend der gleichen Zeit stattfindenden Abfluss, muss die vom Sender w¨ ahrend Δt zugef¨ uhrte Leistung P sich zusammensetzen aus ¨ einer Anderung der im Raum gespeicherten Energie E und der w¨ahrend Δt abfließenden Verlustleistung PL : P Δt = V ΔE + PL Δt ,
(7.5)
Leistung
worin E die r¨ aumliche Energiedichte und V das Raumvolumen bezeichnen.
Schalldruckquadrat
t
Anhall
stationärer Zustand
Nachhall
Schalldruckpegel
t
t
Bild 7.5. Prinzipverlauf des diffusen Schallfeldes u ¨ber der Zeit
Es ist nun sicher sinnvoll anzunehmen, dass die Verlustleistung PL proportional zur aktuell vorhandenen Energiemenge EV ist. Wie bei der Fl¨ ussig-
238
7 Grundlagen der Raumakustik
keit fließt umso mehr Schall (Fl¨ ussigkeit) ab, je h¨oher der Pegelstand gerade ist, wie man mit einem Loch am Fuß eines Gef¨aßes leicht verifizieren kann. ur den mit Schallenergie gef¨ ullten Nat¨ urlich ist die Annahme PL ∼ EV auch f¨ Raum physikalisch sinnvoll, weil die Verlustleistung in einer absorbierenden Einrichtung stets mit der Gr¨ oße des Feldes (quadratisch) zunimmt. Es gilt also PL = γEV , (7.6) wobei γ eine Verlust-Raumkonstante“ ist, die mit der absorbierenden Fl¨ache ” zusammenh¨ angt. Im Falle der Fl¨ ussigkeit w¨ urde γ die Art, Beschaffenheit und Lage der Auslass¨ offnungen – kurz: Die Abflussfl¨ache – beschreiben. F¨ ur die Raumakustik sind in γ alle im Raum vorhandenen absorbierenden Fl¨achen enthalten. Man erh¨ alt aus (7.5) und (7.6) im Grenzfall Δt → 0 die Energiebilanz dE P = − γE . dt V
(7.7)
Gleichung (7.7) dr¨ uckt lediglich die genannte Vorstellung eines Raumgef¨aßes“ ” durch eine Formel aus. Dabei ist die Energiedichte nur indirekt aus SchalldruckMessungen bestimmbar, man muss sich also noch u ¨ber den Zusammenhang zwischen Druck und Energiedichte Klarheit verschaffen. Wegen der Annahme allseitig gleichm¨ aßigen Schalleinfalles aus allen Richtungen zugleich kann man davon ausgehen, dass die Schallschnelle im kurzen zeitlichen und ¨ortlichen Mittel gleich Null ist; im wesentlichen speichert der Raum also nur potentielle Energie. Deshalb ist p˜2 , (7.8) E= c2 worin p˜ den Druck-Effektivwert im diffusen Feld bezeichnet. 7.1.1 Nachhall Wenn man den Leistungs-Zufluss f¨ ur das Gef¨ aß Raum“ f¨ ur die Schallener” gie abschaltet, dann l¨ auft der Raum allm¨ ahlich leer. Wie lange dieser Prozess dauert, das h¨ angt wie gesagt von der in der Verlustkonstanten ausgedr¨ uckten Abflussfl¨ ache ab: Große Fl¨ achen f¨ uhren zu einem raschen, kleine Fl¨achen dagegen zu einem langsamen, lange dauernden Abflussvorgang. Es ist also naheliegend, die Verlusteigenschaften des Raumes durch die Messung seiner Nachklingdauer zu quantifizieren. F¨ ur den bei t = 0 abgeschalteten Sender liefert die Gleichung (7.7) mit P = 0 die einleuchtende Tatsache, dass die Schallenergie mit E = E0 e−γt
(7.9)
nach dem Abschaltzeitpunkt exponentiell f¨ allt. Nach (7.8) gilt dann f¨ ur den Effektivwert des Schalldruckes
7.1 Das diffuse Schallfeld
239
p˜2 (t) = p˜2 (0)e−γt , und daher gilt f¨ ur den Schalldruckpegel L(t) = 10 lg
p˜2 = L(t = 0) − γt10 lg e . p20
(7.10)
Der Pegel f¨ allt linear mit der Zeit. Wie man an einem Beispiel in Bild 7.6 sehen kann, findet man diesen Pegel-Zeitverlauf bei gen¨ ugend diffusen Feldern in der Tat auch etwa bei Messungen wieder.
Bild 7.6. Pegelschrieb eines Nachhall-Vorganges
Die noch nicht n¨ aher bestimmte Verlustzahl γ kann jetzt einfach aus der Steigung der Pegel-Zeit-Geraden berechnet werden. Man verwendet dazu jedoch nicht die mathematische Steigung“ der Kurve – Messkurven sind selten ” so glatt, dass ihre Differentiation zu einem vern¨ unftigen Ergebnis f¨ uhren w¨ urde – sondern die sogenannte Nachhallzeit T , die als diejenige Zeit definiert ist, die nach dem Abschalten des Senders vergeht, bis die Schallenergie auf den millionsten Teil des Anfangswertes abgeklungen ist. Das entspricht also der Zeit, w¨ ahrend der ein Pegelabfall um 60 dB stattfindet. Nach (7.10) gilt daher 60 = γ T 10 lg e , oder
13.8 . (7.11) T Praktisch ist die Ermittlung der Nachhallzeit eine einfach zu bewerkstelligende Messaufgabe. Man braucht z.B. nur den Pegel-Zeit-Verlauf nach Abschalten der Quelle mit einem Pegelschreiber zu registrieren. Meist benutzt man nicht den ganzen Pegelabfall von 60 dB, sondern schließt aus der 30 dBDifferenz auf die halbe Nachhallzeit (etc.), man w¨ urde sonst einen zu hohen Abstand gegen¨ uber den auch in Bild 7.6 erkennbaren (elektrischen oder γ=
240
7 Grundlagen der Raumakustik
tats¨ achlichen) Fremdger¨ auschen einhalten m¨ ussen. Wie schon ausgef¨ uhrt kann die Schallabsorption stark frequenzabh¨ angig sein, die Messung muss also f¨ ur mehrere Frequenzb¨ ander - meist in Terz- oder Oktavschritten - durchgef¨ uhrt werden. Bild 7.7 gibt ein Beispiel des Frequenzganges der Nachhallzeit eines Hallraumes, u ¨ber dessen Verwendungszweck noch zu reden sein wird. 10
Nachhallzeit T/s
8
6
4
2
0 125
250
500
1000
2000
4000
8000
f/Hz
Bild 7.7. Frequenzgang der Nachhallzeit des Hallraumes im Institut f¨ ur Str¨ omungsmechanik und Technische Akustik, TU-Berlin
7.1.2 Der station¨ are Zustand Die Nachhallphase diente der messtechnischen Charakterisierung der RaumVerlusteigenschaften. Den vorausplanenden Akustiker interessiert nun nat¨ urlich die Frage sehr, wie sich denn diese Verlusteigenschaften auf die im Raum vorhandene Lautst¨ arke auswirkt und wie man letztere durch Maßnahmen gezielt beeinflussen kann. Am einfachsten findet man begreiflicherweise die Antwort auf diese Fragen, wenn man sich Quellen im Dauerbetrieb“ – den ” sogenannten station¨ aren Zustand also – vorstellt. Nach einer hier nicht interessierenden Anhall-Phase im dann erreichten eingeschwungenen Zustand des diffusen Feldes ¨andert sich der Energieinhalt des Raumes nicht mehr, es ist dE =0. dt Die vom Sender zugef¨ uhrte Leistung dient jetzt nur noch zur Deckung der Verluste, es ist also nach (7.7), (7.8) und (7.11)
7.1 Das diffuse Schallfeld
P 13.8 13.8 p˜2 = γE = E= . V T T c2
241
(7.12)
Mit Hilfe von (7.12) kann man den Schalldruckpegel aus den Raumeigenschaften Volumen V und Nachhallzeit T und aus der Sendeleistung P vorausberechnen. Aus guten Gr¨ unden ist man daran interessiert, die Nachhallzeit eines Raumes gezielt einzustellen. Ein Ziel dabei kann es sein, den Raum durch Bed¨ ampfen m¨ oglichst leise zu machen, das ist vor allem der Fall f¨ ur Zweckr¨ aume (wie B¨ uros oder Fabrikhallen). In anderen F¨allen sollen bestimmte, erw¨ unschte Nachhallzeiten eingestellt werden von denen bekannt ist, dass sie f¨ ur gut h¨ orbare“ R¨ aume je nach Nutzungsart erforderlich sind. So sollen Kon” zerts¨ ale beispielsweise etwa 2 s Nachhallzeit, Vorlesungsr¨aume dagegen ein T von etwa 0, 5 s besitzen. Um die Einstellung der Nachhallzeit m¨ oglich zu machen, muss ihr Zusammenhang zu den im Raum vorhandenen Absorbern betrachtet werden, denn letztere bilden nat¨ urlich die Mittel zur Beeinflussung der Nachhallzeit. Dazu denkt man sich zun¨ achst alle im Raum vorhandenen absorbierenden Fl¨achen in Teilfl¨ achen zerlegt, die jeweils konstante Eigenschaften besitzen. Dann wird die auf eine Teilfl¨ ache S im Raum einseitig auftreffende Leistung Pin betrachtet (wenn ein Gegenstand Vorder- und R¨ uckseite besitzt – wie ein Mensch z. B. – dann besteht er eben aus zwei oder mehreren getrennten Teilfl¨achen). Kennt man den Absorptionsgrad der Fl¨ ache, dann kann man die absorbierte Leistung Paus aus der auftreffenden Leistung berechnen: Paus = αPin .
(7.13)
H¨ angt der Absorptionsgrad eines Aufbaues noch von der Einfallsrichtung ab, dann benutzt man f¨ ur α einen u ¨ber die Richtungen gemittelten Wert. Wie immer auch die betrachtete Fl¨ ache in den Sternenhimmel“ der Spie” gelquellen in Bild 7.1 gelegt wird, es tr¨ agt doch immer nur die H¨alfte der Quellen zum einseitigen Leistungs-Auftreffen bei. Der Einfachheit halber sei der von dieser H¨ alfte der Quellen hervorgerufene Schalldruck mit p1/2 bezeichnet. W¨ urde der Schall nur unter einem Winkel zur Fl¨achen-Normalen auftreffen (Bild 7.8), dann w¨ are der Leistungstransport auf die Fl¨ache zu mit dem Gesamtdruck p1/2 der relevanten Quellen-H¨alfte durch Pϑ = S
p˜21/2 c
cos ϑ
(7.14)
verkn¨ upft. Da im vorausgesetzten diffusen Feld Schalleinfall aus allen Richtungen gleichermaßen auftritt, muss f¨ ur den Gesamtzusammenhang zwischen der auf die Fl¨ ache auftreffenden Leistung und dem Druck noch u ¨ber alle Einfallsrichtungen gemittelt werden. Weil cos ϑ alle Wert zwischen Null und 1 gleichermaßen annimmt setzt man im Mittel cos ϑ = 1/2 und findet f¨ ur das diffuse Feld
242
7 Grundlagen der Raumakustik
Pin =
p˜21/2 2 c
S.
(7.15)
Bild 7.8. Einseitig auf die Fl¨ ache S aus allen Richtungen auftreffende Intensit¨ at
Es ist nicht eben schwer, den nur von der H¨ alfte der Quellen herstammenden Druck durch den Gesamtdruck im diffusen Feld auszudr¨ ucken. Wie fr¨ uher gezeigt (siehe Kapitel 3, Abschnitt 3.4) lassen sich auch koh¨arente Schallquellen dann als inkoh¨ arent auffassen, wenn ihr Abstand groß gegen¨ uber der Wellenl¨ ange ist und wenn unter dem Schalldruckquadrat ein r¨aumlicher Mittelwert verstanden wird. Diese Voraussetzungen sind ohnehin schon als gegeben angenommen worden. Deshalb ist das Schalldruckquadrat der H¨alfte der Quellen gerade halb so groß wie das aller Quellen: p˜21/2 =
1 2 p˜ . 2
(7.16)
Die von einer Seite auf eine Fl¨ ache S auftreffende Leistung Pin ist also durch den Schalldruck im diffusen Raum-Feld wie folgt gegeben: Pin =
p˜2 S . 4 c
(7.17)
Die von der Fl¨ ache aus dem Schallfeld herausgenommene Leistung betr¨agt deshalb p˜2 αS . Paus = αPin = 4 c Zum Schluss zieht man noch alle im Raum in Frage kommenden Teilfl¨achen Si in Betracht. Insgesamt folgt daraus Paus =
p˜2 A, 4 c
(7.18)
worin f¨ ur A schon die Summe aller absorbierenden Teilfl¨achen genommen worden ist:
7.1 Das diffuse Schallfeld
A=
αi Si .
243
(7.19)
i
Die sich aus den Produkten von allen Fl¨ achen und deren Absorptionsgraden ergebende Gr¨ oße A wird ¨ aquivalente Absorptionsfl¨ache“ genannt. Weil man ” sich die Absorptionswirkung auch durch eine entsprechend kleinere Fl¨ache mit dem Absorptionsgrad α = 1 ersetzt denken kann, ist f¨ ur A auch der Begriff der offenen Fensterfl¨ ache“ gebr¨ auchlich. Ihr Zusammenhang mit der Nachhallzeit ” T geht aus der Betrachtung des eingeschwungenen, station¨aren Schallzustandes im Raum hervor, in welchem die vom Sender zugef¨ uhrte Leistung P gleich der insgesamt absorbierten Leistung Paus ist. Vergleicht man (7.12) und (7.18), so findet man die nach ihrem Entdecker benannte Sabinesche Nachhall-Formel 13, 8V A = . cT 4 Meist benutzt man die dimensionslose“, f¨ ur Luft geltende Form ” T /s = 0, 163
V /m3 . A/m2
(7.20)
Die in der Sabine Formel enthaltene Proportionalit¨at zwischen Nachhallzeit und Raumvolumen entspricht auch der anschaulichen Vorstellung. Es leuchtet unmittelbar ein, dass ein großes Volumen V mit einer viel l¨angeren Nachhallschleppe reagiert als ein kleines Volumen, wenn beide mit der gleichen Absorptionsfl¨ ache A ausgestattet werden. Schon das bereits verwendete Beispiel mit V = 200 m3 eines W¨ urfel” raumes“ (Kantenl¨ ange a = 5, 85 m) zeigt auch, dass man aus der Sabine Formel etwa realistische Nachhallzeiten berechnet. Nimmt man alle W¨ urfelseitenfl¨ achen 6a2 mit α = 0, 05 als schwach absorbierend an, so betr¨agt die Nachhallzeit T = 3, 3 s. Beachtet werden muss noch, dass die gesamte, im Raum und an den Begrenzungsfl¨ achen stattfindende Energieumwandlung von Schall in W¨ arme in der ¨ aquivalenten Absorptionsfl¨ache A vollst¨andig zusammengefasst ist. Nat¨ urlich w¨ urde man auch in R¨aumen mit wirklich kompletter Reflexion an allen Seiten eine endlich lange Nachhalldauer ermitteln, daf¨ ur w¨ urden die (geringen, aber vorhandenen) Verluste l¨angs der Schallausbreitungswege sorgen. Insgesamt setzt sich also A aus den Anteilen A = Aα + AL
(7.21)
zusammen, wobei Aα den gezielt durch Fl¨ achen-Absorption einstellbaren Anteil und AL den Anteil durch die unvermeidlichen Verluste im Medium Luft repr¨ asentiert. F¨ ur die praktisch relevanten F¨ alle kann man den AusbreitungsAnteil AL meistens vernachl¨ assigen. Es sei hier nur noch erw¨ahnt, dass die unvermeidlichen Verluste nat¨ urlich um so h¨ oher sind, je gr¨oßer das beschallte Volumen ist. Es gilt (7.23) AL /m2 = ν V /m3 .
244
7 Grundlagen der Raumakustik
Dabei ist ν eine Materialkonstante“, die vor allem von der Frequenz und der ” Luftfeuchtigkeit abh¨ angt. N¨ aherungsweise gilt die Erfahrungsgleichung 2 f 80 10−3 , (7.24) ν= ϕ/% kHz worin ϕ die relative Luftfeuchtigkeit in Prozent angibt. Die unvermeidliche Absorption w¨ ahrend der Schallausbreitung nimmt demnach mit wachsender Luftfeuchte ab. Ohne sonstige Absorption im Raum erh¨ alt man aus Gl.(7.24) als gr¨oßtm¨ ogliche Nachhallzeit also Tmax = 0, 163 V /AL = 0, 163/ν = 80/(f /kHz)2 , wenn man von einer (oft in Innenr¨ aumen etwa vorhandenen) Luftfeuchtigkeit von ϕ = 40% ausgeht. Man sieht leicht ein, dass die damit gegebene nat¨ urliche Nachhall-Begrenzung erst bei den h¨ ochsten Frequenzen eine Rolle spielen kann. Offen geblieben ist noch die anfangs gestellte Frage des quantitativen Zusammenhanges zwischen Schalldruckpegel im station¨aren Zustand und Absorption im Raum. Die Tatsache, dass im station¨aren Zustand zugef¨ uhrte Leistung P und Verlustleistung Paus gleich groß sind, gibt die Antwort. Nach (7.18) ist n¨ amlich Paus p˜2 A = 2 2 P0 4p0 m (P0 =Bezugsleistung= p20 / c · 1 m2 , p0 =Bezugsschalldruck) und damit gilt f¨ ur den Schalldruckpegel L und Leistungspegel der Quelle Lp L = Lp − 10 lg A/m2 + 6 dB .
(7.25)
Daraus l¨ asst sich bei gegebener Schallleistung und bekannter Absorptionsfl¨ache der Druckpegel (im o ¨rtlichen Mittel) vorausberechnen. Wie man sieht kann man den Diffusfeldpegel in R¨ aumen um 3 dB pro Verdopplung der Absorptionsfl¨ ache verringern. Die Zusatzausstattung eines Raumes mit Absorption ist allerdings hinsichtlich der erwarteten Pegelsenkungen nur dann wirklich erfolgreich, wenn die urspr¨ unglichen Nachhallzeiten ziemlich lang waren. K¨ urzere Nachhallzeiten (etwa im Bereich von 1 s) bieten nur sehr selten noch Spielraum f¨ ur Pegelverringerungen. Gleichung (7.25) kann auch zur Bestimmung der von einer Quelle (z.B. einer Maschine) abgegebenen Leistung durch Messung des mittleren Raumpegels benutzt werden, wenn die Nachhallzeit des Messraumes bekannt ist (siehe auch die Norm EN ISO 3741: ’Bestimmung der Schallleistungspegel von Ger¨ auschquellen aus Schalldruckmessungen - Hallraumverfahren der Genauigkeitsklasse 1’ von 1999). F¨ ur diese Leistungsmessung im Hallraum m¨ ussen R¨ aume mit m¨ oglichst großer und gut reproduzierbarer Nachhallzeit verwendet werden, damit die Voraussetzungen des diffusen Feldes erf¨ ullt sind. Dabei darf
Schalldruckpegel L
7.1 Das diffuse Schallfeld
245
A = A1, T = T1
3 dB
Hallradien A = 2A1, T = T1/2
log(r)
Bild 7.9. Ortsverlauf des Schallfeldes in gleichgroßen R¨ aumen mit den Absorptionsfl¨ achen A1 und 2A1
die Messung der einzelnen, f¨ ur die r¨ aumliche Mittelung erforderlichen Schalldruckpegel nat¨ urlich nicht zu nahe bei der Quelle erfolgen. In großer N¨ahe zur der Quelle u uber dem (fast) nur aus Reflexionen ¨berwiegt ihr Direktfeld gegen¨ gebildeten Hallfeld; u ¨ber dem Abstand von der Quelle ist ein ¨ortlicher Pegel¨ verlauf wie in Bild 7.9 zu erwarten. Dabei h¨ angt der Ubergangspunkt zwischen den Grenzf¨ allen von der H¨ ohe des diffusen Feldes ab: F¨ ur kleine absorbierende Fl¨ achen reicht es bis in gr¨ oßere Quellen-Nachbarschaft. Eine Absch¨atzung des ¨ Ubergangspunktes kann man aus der im Freien g¨ ultigen Gleichung f¨ ur das Direktfeld P = 4πr2 p2direkt / c und Gleichung (7.18) P = Ap2diffus /4 c herleiten. Wenn man den Hallradius rH so festlegt, dass er den Abstand von der Quelle bezeichnet, in dem die Schallanteile von direktem und diffusem Feld gleich 2 groß sind, so erh¨ alt man 4πrH = A/4, oder rH =
1√ A. 7
(7.26)
F¨ ur Abst¨ ande r > rH besteht also das Gesamtfeld fast nur aus diffusem Anteil, f¨ ur r < rH etwa nur aus dem Direktschall der Quelle. Entsprechend sind Messungen, die ausdr¨ ucklich das gleichm¨ aßige Raum-Schallfeld zum Gegenstand haben, stets außerhalb des Hallradius durchzuf¨ uhren. Bei R¨ aumen mit verteilter Kommunikation“ wie Caf´es und Restaurants ” ist es sehr wichtig darauf zu achten, dass normale Gespr¨achspartner“ nicht ” vorwiegend vom diffusen Feld und damit vor allem von fremden Gespr¨achen und Ger¨ auschen mit Schall versorgt werden. In einer solchen schlechten Akustik bleibt den Individuen nur der dann ja auch meist intuitiv beschrittene Ausweg, die eigene Lautst¨ arke zur besseren Verst¨andigung immer weiter zu
246
7 Grundlagen der Raumakustik
steigern (solche R¨ aume sind eigentlich nur zu ertragen, weil in ihnen oft trotzdem gute Laune herrscht; akustisch sind sie kleine Katastrophen). Als Maßzahl ließe sich hier vielleicht eine Art Individualit¨ atsradius“ rI wie folgt vorschla” gen. Angenommen, es befinden sich N gleichzeitig mit gleicher akustische Leistung sprechende Menschen im Raum. Dann bewirkt die Leistung N P dieser N inkoh¨ arenten Quellen den Schalldruck p2diffus = 4 cN P/A im Diffusfeld. Der Individualit¨ atsradius wird als derjenige Abstand definiert, bei dem das von einem einzelnen Sprecher erzeugte Direktfeld p2direkt = cP/4πr2 gleich dem Diffusfeld von N Personen ist 1 A . rI = 7 N Erhebt man Anspruch auf ungest¨ orte Unterhaltung“ im Abstand von 0, 4 m, ” dann wird damit gleichzeitig eine Absorptionsfl¨ache von etwa 8 m2 pro Person (insgesamt also A = 8N m2 ) verlangt, eine ganz ordentliche Forderung. F¨ ur nicht zu dicht mit Tischen ausgestattete Restaurants kann sie meistens durch vollfl¨ achige Belegung der Decke mit Absorption realisiert werden. Beliebte, mit dicht gedr¨ angten Besuchern gef¨ ullte Stehkneipen lassen dem Akustiker meist keine Chance. 7.1.3 Messung des Absorptionsgrades im Hallraum F¨ ur den gezielten Einsatz von absorbierenden Auskleidungen f¨ ur raumakustische Zwecke ist es oft erforderlich, ihren Absorptionsgrad gerade unter den Bedingungen des Schalleinfalles aus vielen, verteilten Richtungen unter Laborbedingungen zu messen. Man kann diese Messung in einem Hallraum vornehmen, der in leerem Zustand die Nachhallzeit (T in s, V in m3 , A in m2 ) Tleer = 0, 163 V /Aleer
(7.27)
besitzen m¨ oge. In Aleer sind alle Verlustursachen des Hallraums, also auch die der Ausbreitung, zusammengefasst. Bringt man anschließend eine absorbierende Fl¨ ache S (die bei den u aumen mit ungef¨ahr V = 200 m3 ¨blichen Hallr¨ 2 etwa S = 10 m betragen soll) in den Hallraum ein, so erh¨oht sich die absorbierende Fl¨ ache auf (7.28) A = Aleer + ΔA, wenn man zu recht davon ausgeht, dass die Abdeckung eines HallraumOberfl¨ achen-Teiles nur eine sehr geringe Rolle spielt. Bei dem Beispiel V = 200 m3 , Raumbegrenzungen SR = 200 m2 und einer Messfl¨ache von 10 m2
7.2 Zusammenfassung
247
f¨ ur den Absorber m¨ usste man streng genommen Aleer um 5% korrigieren. So genau sind die Nachhallzeiten allerdings gar nicht messbar, die Messtoleranz streut erheblich mehr. Man darf also den Abdeckungsfehler“ getrost außer ” acht lassen. Zur durch die Probe vergr¨ oßerten Absorptionsfl¨ache misst man die Nachhallzeit T = 0, 163 V / (Aleer + ΔA) . (7.29) Demnach l¨ asst sich die Absorptionsfl¨ ache der Probe 1 1 V − ΔA = 0, 163 − Aleer = 0, 163 V T T Tleer
(7.30)
durch Messung der Nachhallzeiten T und Tleer mit und ohne Probe ermitteln. Hieraus kann man den Absorptionsgrad A α=
ΔA S
errechnen (S = Probenfl¨ ache). Es kann vorkommen, dass man dabei Absorptionsgrade von α > 1 ermittelt, die physikalisch eigentlich nicht vorkommen d¨ urften. Die Ursache daf¨ ur besteht darin, dass die Voraussetzung der ¨ortlichen Gleichverteilung nicht streng erf¨ ullt ist. So erh¨ alt man an den Kanten des stets eine endliche Dicke aufweisenden Materials immer Beugungseffekte, die auch dann zu einem Druckstau in der N¨ ahe der Kanten f¨ uhren, wenn die Kantenfl¨achen schallreflektierend abgedeckt werden. Auf diese Weise errechnet man etwas gr¨oßere Absorptionsgrade als in Wahrheit vorhanden. Die genannte Messung sollte unter Beachtung der Norm EN ISO 354: ’Akustik - Messung der Schallabsorption in Hallr¨ aumen’ (von 2003) durchgef¨ uhrt werden.
7.2 Zusammenfassung In geschlossenen R¨ aumen stellt sich bei ausreichender Signalbandbreite und nicht zu großer Absorption ein diffuses Schallfeld ein. F¨ ur Abst¨ande zur Quelle, die gr¨ oßer als der Hallradius sind, ist der dort vorherrschende Diffusfeldpegel etwa u ¨berall gleich, der Schalleinfall erfolgt aus allen Richtungen zugleich. Die ¨ ortlich gleichverteilte Schallenergie verh¨alt sich dann ¨ahnlich wie die Fl¨ ussigkeit in einem undichten Gef¨ aß: Bei Leistungszufuhr w¨achst der Energieinhalt und damit der Raumpegel zun¨ achst an und erreicht dann ein station¨ ares Gleichgewicht, in welchem der Schalldruckpegel noch von der ’akustischen Undichtigkeit’ des Raumes abh¨ angt. Letztere wird durch die ’¨aquivalente Absorptionsfl¨ ache’ oder die ’scheinbare offene Fensterfl¨ache’ quantifiziert, in der alle im Raum wirksamen Verlustmechanismen zusammengefasst sind. Pro Verdopplung der ¨ aquivalenten Absorptionsfl¨ache reduziert sich der Raumschallpegel im eingeschwungenen Zustand um 3 dB.
248
7 Grundlagen der Raumakustik
Nach Abschalten einer Quelle f¨ allt der Pegel im Raum linear mit der Zeit, die Steigung der Geraden w¨ achst dem Betrage nach mit der Absorptionsfl¨ ache an. Diese Tatsache nutzt man zur Messung der Raumverluste, die durch die Nachhallzeit T ausgedr¨ uckt werden. Darunter wird diejenige Zeit verstanden, in welcher der Pegel um 60 dB abnimmt. Der Zusammenhang zwischen Nachhallzeit und Absorptionsfl¨ ache wird durch die Sabine-Gleichung A = 0, 163 V /T (Absorptionsfl¨ ache A in m2 , Volumen V in m3 , T in s) ausgedr¨ uckt. Sie gibt an, wie sich die Nachhallzeit eines Raumes gezielt ver¨andern l¨ asst, sie kann auch zur Bestimmung der in einem Raum vorhandenen Absorptionsfl¨ ache aus gemessenen Nachhallzeiten benutzt werden.
7.3 Literaturhinweise Das Werk Room Acoustics“ von H. Kuttruff (Elsevier Science Publishers, ” London 1991) enth¨ alt nicht nur einen h¨ ochst lehrreichen und interessanten Wissensschatz u uber hinaus sehr gut lesbar ¨ber Raumakustik, es ist dar¨ und verst¨ andlich geschrieben. Eine sehr tiefgehende und detailreiche Schilderung findet man auch in L. Cremers und H.A. M¨ ullers mehrb¨andigem Werk Die wissenschaftlichen Grundlagen der Raumakustik“(Hirzel Verlag, Stutt” gart 1978).
¨ 7.4 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Man bestimme die Schallleistung einer Schallquelle, deren Pegel im diffusen Schallfeld im Hallraum mit V = 200 m3 gemessen worden sind. Die Pegel im ortlichen Mittel (es ist ein w¨ ahrend der Messzeit sich bewegendes Mikrophon ¨ benutzt worden) sind zusammen mit der Nachhallzeit des Hallraumes in der folgenden Tabelle genannt. f /Hz LT erz /dB T /s 400 500 630 800 1000 1250
78,4 80,6 79,2 80 84,4 84,2
5 4,8 4,1 3,6 3,6 3,5
Wie groß ist der A-bewertete Schalldruckpegel? Wie groß sind die Schallleistungspegel in Terzen? Wie groß ist der A-bewertete Schallleistungspegel der Quelle (die A-Bewertung ist in Aufgabe 1, Kapitel 1 genannt)?
¨ 7.4 Ubungsaufgaben
249
Die gleiche Schallquelle wird in einen Wohnraum mit V = 100 m3 und einer (mittleren) Nachhallzeit von 0, 8 s gebracht. Wie groß ist der A-bewertete Schalldruckpegel in diesem Raum? Wie groß ist der entsprechende Hallradius? Aufgabe 2 In einem Cafe mit der Grundfl¨ ache von 110 m2 und 3 m H¨ohe werden folgende Nachhallzeiten gemessen: f /Hz T /s 500 1000 2000
3,8 3,2 2,8
Wie groß sind die ¨ aquivalenten Absorptionsfl¨achen und die Hallradien? Wie a ¨ndern sich die Nachhallzeiten und die Schalldruckpegel im diffusen Feld (bei gleicher Quelle), wenn die Decke des Raumes vollfl¨achig mit einem Absorber ausgekleidet wird, dessen Absorptionsgrad α = 0, 6 bei 500 Hz, α = 0, 8 bei 1000 Hz und α = 1 bei 2000 Hz betr¨ agt? Aufgabe 3 Im Hallraum mit V = 200 m3 wird eine Probe eines absorbierenden Aufbaues ache vermessen. Die Nachhallzeiten im leeren Hallraum und im von 10 m2 Fl¨ Hallraum mit der Probe betragen: f /Hz Tleer /s 500 630 800 1000
5,8 5,2 4,8 4,6
Tmit /s 3,2 2,8 2,3 2,0
Wie groß sind die Absorptionsfl¨ achen und die Absorptionsgrade des absorbierenden Aufbaues? Aufgabe 4 Man berechne f¨ ur einen Rechteckraum der Abmessungen 6 m, 5 m und 4 m die ersten zehn Resonanzfrequenzen. Wie groß ist die Anzahl der in einer Terz liegenden Resonanzfrequenzen bei den Mittenfrequenzen von 200 Hz, 400 Hz und 800 Hz?
250
7 Grundlagen der Raumakustik
Aufgabe 5 In einem Raum mit V = 1000 m3 wird eine Nachhallzeit von 1, 8 s im Frequenzmittel gemessen. Eine Maschine erzeuge in diesem Raum einen gewissen Schalldruckpegel L1 im diffusen Feld. Um wieviel muss sich die ¨aquivalente Absorptionsfl¨ ache des Raumes ¨ andern, damit der Pegel beim gleichzeitigen Betrieb von N gleichartigen Quellen unver¨ andert bleibt? Aufgabe 6 Es wird ein Schalldruckpegel von 100 dB im Diffusfeld eines Raumes mit V = 500 m2 festgestellt. Wie groß ist die Energiedichte im Raum, wie groß ist die gesamte gespeicherte Energie? Wie lange brennt ein Gl¨ uhl¨ampchen der Leistung von 1 W att, wenn man ihm diese Energie auf elektrischem Wege zur Verf¨ ugung stellen k¨ onnte? Aufgabe 7 Zwei R¨ aume mit den Volumina V1 und V2 seien u ur¨off¨ber eine gemeinsame T¨ ur) gekoppelt. Bei geschlossener nung der Fl¨ ache ST miteinander (bei offener T¨ T¨ ur (mit sehr hoher Schalld¨ ammung) werden die ¨aquivalenten Absorptionsfl¨ achen A1 und A2 aus den jeweils gemessenen Nachhallzeiten bestimmt, sie sind damit bekannt. Bei ge¨ offneter Verbindungst¨ ur ST wird in Raum 1 eine Schallquelle mit dem Leistungspegel LP betrieben. a) Wie groß ist die Pegeldifferenz ΔL = L1 − L2 zwischen den beiden R¨ aumen? b) Wie groß ist der Schalldruckpegel L1 in Raum 1? Man gebe die Zahlenwerte f¨ ur V1 = 200 m3 , V2 = 100 m3 , A1 = 20 m2 , A2 = 2 16 m und LP = 95 dB an. Aufgabe 8 In einem Raum mit dem Volumen von 80 m3 werden die in der folgenden Tabelle genannten Nachhallzeiten in Terzschritten gemessen. Im Raum wird eine Schallquelle betrieben, deren Terz-Schallleistungspegel LP ebenfalls in der Tabelle aufgef¨ uhrt sind. Wie groß ist der A-bewertete Schalldruckpegel im Raum? Zur Erleichterung der Bearbeitung ist die A-Bewertung in der letzten Spalte der Tabelle angegeben.
¨ 7.4 Ubungsaufgaben f /Hz T /s LP /dB
Δi /dB
400 500 630
1,8 1,6 1,4
78 76 74
-4,8 -3,2 -1,9
800 1000 1250
1,2 1,0 1,0
75 74 73
-0,8 0 0,6
251
“This page left intentionally blank.”
8 Schalld¨ ammung
In diesem Kapitel wird die Schall¨ ubertragung zwischen den R¨aumen eines Geb¨ audes (bzw. von außen ins Geb¨ aude) behandelt. Das praktisch recht wichtige Thema betrifft also den Schutz von Innenr¨ aumen vor Straßen- und Nachbarschaftsl¨ arm. Der in einen Raum eindringende L¨arm kann eine der beiden folgenden Ursachen haben: 1. Direkt auf W¨ ande oder Decken des Geb¨ audes wirken Kr¨afte ein, wie z.B. durch Begehen eines Fußbodens oder durch Betrieb einer im Geb¨aude stehenden Maschine. Die Krafteinleitung bewirkt Schwingungen der Geb¨audeteile, es entsteht K¨ orperschall, der auch in entferntere Stockwerke fortgeleitet wird. Die Schwingungen der Geb¨audeteile regen die sie umgebende Luft zur Schallabstrahlung an. Insgesamt kann man diesen SchallEntstehungsweg kurz durch die Stichworte Kr¨afte → K¨orperschall → ” Luftschall“ zusammenfassen (Bild 8.1). 2. Auch das in einem Raum erzeugte Luftschallfeld, z.B. durch Sprechen, Betrieb von Unterhaltungselektronik oder von Maschinen emittiert, stellt bez¨ uglich der umgebenden W¨ ande und Decken eine Kraftanregung dar, die diesmal o ¨rtlich verteilt ist und nicht mehr (wie eben) punktf¨ormig erfolgt. Auch hierdurch werden Schwingungen in den Bauteilen erzeugt, ¨ der Ubertragungsweg l¨ asst sich kurz durch Luftschall → K¨orperschall → ” Luftschall“ beschreiben (Bild 8.1). Beiden Anregeformen von Schall in Geb¨ aude-R¨aumen ist gemeinsam, dass ¨ die Ubertragung nicht notwendigerweise auf einem direkten“ Weg stattfin” det (Bild 8.2). Die Schwingungsausbreitung kann viele Wege nehmen, weil angrenzende Bauteile untereinander Schwingenergie austauschen k¨onnen. Zum ¨ direkten Ubertragungsweg u ¨ber die Trennwand (bzw. Decke) zum angrenzenden Raum kommen noch viele andere, sogenannte Nebenwege hinzu. Im allgemeinen Fall kann man nicht einmal sicher ohne Messungen feststellen, welcher der Wege der wichtigste ist. Beispielsweise kann die direkte Trennwand durch geeigneten Aufbau eine so hohe Schalld¨ammung besitzen, dass
254
8 Schalld¨ ammung
die Flanken¨ ubertragung den Hauptpfad darstellt. Die noch weitergehende schalltechnische Verbesserung einer Trennwand muss also nicht immer ein ger¨ auschminderndes Resultat in der Gesamtd¨ ammung hervorbringen.
¨ Bild 8.1. Ubertragung und Entstehung von Luftschall in Geb¨ auden
Weg Flanke−Flanke
Quelle
Direktweg Empfangs− raum Weg Flanke−Direkt
¨ Bild 8.2. Beispiele f¨ ur Schall-Ubertragungswege zwischen zwei R¨ aumen
An diesen Bemerkungen kann man ablesen, welche Komplexit¨at das Problem der Schall¨ ubertragung in Geb¨ auden in Wahrheit besitzt. Hier k¨onnen ¨ nat¨ urlich nur die Grundlagen betrachtet werden. Die folgenden Uberlegungen betreffen deshalb nur die Schall¨ ubertragung durch die direkte Trennwand. In
8.1 Messung der Luftschalld¨ ammung
255
vielen, aber eben nicht in allen F¨ allen wird damit auch der Haupt¨ ubertragungsweg charakterisiert. Zum Beispiel sind sicher die Fenster der Schwach¨ punkt in der Schalld¨ ammung nach außen, man darf dann die Ubertragung u assigen. Auch f¨ ur schwere flankierende Bau¨ber andere Bauteile oft vernachl¨ teile (z.B. W¨ ande mit einer Fl¨ achenmasse von mehr als 300 kg/m2 ) kann man außer bei extremen Anforderungen davon ausgehen, dass der direkte Weg auch der wichtigste ist. Einer guten Tradition folgend beginnt das Kapitel zun¨achst mit den Messmethoden zur Bestimmung der Schalld¨ammung von Bauteilen.
8.1 Messung der Luftschalld¨ ammung Bei der Messung des Schalld¨ ammmaßes bildet das Messobjekt die Trennwand zwischen zwei R¨ aumen (Bild 8.3), die im Folgenden als Sende- und Empfangsraum bezeichnet werden. Wie im Kapitel u uhrlicher ge¨ber Raumakustik ausf¨ zeigt wird, h¨ angt der in einem Raum vorhandene Schallpegel nicht nur von der eindringenden Leistung, sondern auch von der akustischen Raumausstattung mit Absorptionsfl¨ ache ab. W¨ urde man als Maß f¨ ur die Schalld¨ammung einer Wand gegen¨ uber Luftschall einfach die aus den Pegeln im Sende und Empfangsraum gebildete Differenz benutzen, so w¨are diese Zahl nicht nur f¨ ur die Wand-Eigenschaften, sondern zugleich f¨ ur die Absorptionsfl¨ache des Empfangsraumes charakteristisch.
Senderaum, Pegel L S
Empfangsraum, Pegel L , E Absorptionsfläche A E
Quelle
Gebäude Messobjekt Trennwand, Fläche S
Bild 8.3. Messanordnung zur Bestimmung des D¨ ammmaßes der Trennwand zwischen zwei R¨ aumen
Grunds¨ atzlich benutzt man daher als wandbeschreibendes Maß den Transmissionsgrad τ = PE /PS , (8.1) der das Verh¨ altnis aus der in den Empfangsraum durch die Trennwand u ¨bertragenen Leistung PE zur sendeseitig auf die Wand auftreffenden Leistung PS darstellt. Setzt man zu beiden Seiten des Trennelements diffuse Schallfelder voraus, so gilt nach Gl. (7.17) f¨ ur die auftreffende Leistung
256
8 Schalld¨ ammung
PS =
p˜S 2 S , 4 c
worin p˜s den Effektivwert des Schalldruckes im Senderaum beschreibt, S ist die Fl¨ ache des Bauelementes (Bezeichnungen siehe auch Bild 8.3). Im Empfangsraum ist im hier betrachteten eingeschwungenen, station¨aren Zustand die zugef¨ uhrte Leistung gleich der absorbierten Leistung (Gl. (7.18)) PE =
p˜E 2 AE 4 c
aquivalente Absorptionsfl¨ ache des Empfangsraumes ist. Den wobei AE die ¨ Transmissionsgrad p˜E 2 AE (8.2) τ= 2 p˜S S dr¨ uckt man noch durch das Schalld¨ ammmaß R R = 10 lg 1/τ = LS − LE − 10 lg
AE S
(8.3)
¨ ur R bei kleinen Uberaus, womit man sinnvollerweise große Zahlenwerte f¨ tragungen erh¨ alt. Unter den Pegeln im Sende- und Empfangsraum LS und urlich wieder r¨ aumliche Mittelwerte zu verstehen (damit sind die LE sind nat¨ Pegel der Schalldruckquadrate jeweils im o ¨rtlichen Mittel gemeint). Aus den genannten Gr¨ unden ist noch eine Messung der Nachhallzeit TE im Empfangsraum erforderlich, aus der dann mit Hilfe der Sabine-Formel die a¨quivalente Absorptionsfl¨ ache berechnet wird. Wie auch die Beispiele von gemessenen Frequenzg¨angen R in den Bildern 8.9, 8.10 und 8.11 zeigen, sind die Schalld¨ammmaße von Bauteilen frequenzabh¨ angig, sie steigen in der Tendenz mehr oder minder rasch mit der Frequenz an. Die Messung wird daher unter Variation der Frequenz, meist in Terz- oder Oktavschritten, vorgenommen. Als Pr¨ ufschall wird Rauschen entsprechender Bandbreite benutzt. Man erh¨alt so einen Frequenzgang von R, der im sogenannten bauakustischen“ Frequenzbereich zwischen 100 Hz ” und 3, 15 kHz ermittelt wird. H¨ ohere Frequenzen interessieren nicht, weil die D¨ ammung hier fast immer groß ist. Bei tieferen Frequenzen l¨asst die Ohrempfindlichkeit rasch nach, auch ist die Messung nur schwer durchf¨ uhrbar und ungenau. Im Grunde ist damit das Schalld¨ ammmaß durch seinen Frequenzgang klar beschrieben, der sich in einer gewissen Anzahl von Zahlenwerten ausdr¨ uckt. Damit andererseits die unterschiedlichsten Konstruktionen und Bauarten von W¨ anden, Decken, Fenstern, T¨ uren ... miteinander m¨oglichst einfach in ihrer Gesamt-D¨ ammwirkung verglichen werden k¨ onnen, fasst man den Frequenzgang von R noch zu einem Einzahlwert zusammen. Dies geschieht durch Vergleich des gemessenen D¨ammmaß-Frequenzganges mit einer genormten Bezugskurve“ B, die auch in Bild 8.4 dargestellt ist. Die ”
8.1 Messung der Luftschalld¨ ammung
257
Bezugskurve und das im Folgenden n¨ aher erkl¨arte Auswerteverfahren sind in der DIN EN ISO 717 genormt (das Messverfahren selbst legt die DIN EN ISO 140 fest). Der Vergleich der Messkurve R mit der Bezugskurve B zur Bestimmung des Einzahlwertes geschieht wie folgt. Die Bezugskurve wird solange in 1dB-Schritten in Richtung auf die Messkurve verschoben, bis die Summe der ” Unterschreitungen“ SU SU = U nterschreitungen der Messkurve gegen¨ uber der Bezugskurve weniger als 32 dB betr¨agt (Bild 8.4). Bei der Verschiebung werden nur die Unterschreitungen gez¨ahlt (also die Stel¨ len, wo die verschobene Bezugskurve u ¨ber der Messkurve liegt), Uberschreitungen werden nicht ber¨ ucksichtigt. Der 500 Hz - Punkt der verschobenen Bezugskurve bezeichnet jetzt das sogenannte ’bewertete’ Schalld¨ammmaß Rw . W¨ are die Bezugskurve beispielsweise (im sehr speziellen Fall eines entsprechenden Messergebnisses) nicht zu verschieben, dann betr¨ uge Rw = 52 dB (Bild 8.4). Die genannte Summe der Unterschreitungen entspricht bei 16 Terzb¨andern etwa einer mittleren Unterschreitung“ von 2 dB. Die praktische Berechnung ” von Rw wird nach ’trial and error’ durchgef¨ uhrt: Man probiert solange Verschiebungen in 1-dB-Schritten aus, bis man ’die Richtige’ gefunden hat. Am einfachsten geht das nat¨ urlich mit dem Computer. Bild 8.4 versucht, die geschilderte Auswerteprozedur zu veranschaulichen. Grob gibt Rw das mittlere“ Schalld¨ ammmaß im mittleren“ Frequenzbe” ” ur normale“ Bedingungen reich an. Setzt man in (8.3) noch AE ∼ S (was f¨ ” in Wohnr¨ aumen und f¨ ur W¨ ande, nicht f¨ ur Fenster, ganz gut stimmt), so kann man etwa die Pegeldifferenz absch¨ atzen: LS − LE = Rw .
(8.4)
Diese allerdings nicht eben sehr genaue Absch¨atzung wird praktisch oft ben¨ otigt. Die Frage nach der in einem Raum tats¨achlich vorhandenen L¨armbelastung bei bekannter D¨ ammung und bei bekanntem Außenpegel stellt sich h¨ aufig. Die Absch¨ atzung (8.4) kann vor allem dann ziemlich verkehrt sein, wenn der Frequenzgang R des Schalld¨ ammmaßes ganz anderen Schwankungen als die Bezugskurve unterliegt und wenn die wichtigste“ Frequenz wesentlich ” unter 500 Hz liegt. Eine wirklich korrekte Vorausberechnung des Empfangspegels LE kann man nur nach Gl.(8.3) machen, wozu der Frequenzgang von urlich l¨asst LS , von R und im Prinzip auch von AE bekannt sein muss. Nat¨ sich der so errechnete Frequenzgang von LE dann auch wieder in Einzahlwerte (dB(A) etc.) umrechnen. In der Ingenieur-Alltags-Praxis sind die genannten Kenntnisse selten vorhanden (bzw. es ist viel zu teuer, sie zu beschaffen). Man erh¨ alt dann mit (8.4) wenigstens einen Anhaltswert. Hinweise, wie das ermittelte Schalld¨ ammmaß eingesch¨atzt werden kann, gibt der Anforderungskatalog der DIN 4109 ’Schallschutz im Hochbau’. Sie
258
8 Schalld¨ ammung
Bild 8.4. Zur Definition des bewerteten Schalld¨ ammmaßes Rw . B = Bezugskurve, Bv = verschobene Bezugskurve, M = Messwerte, U = Unterschreitungen von M gegen¨ uber Bv (aus: K. G¨ osele und E. Schr¨ oder: Schalld¨ ammung in Geb¨ auden, Kap. 8 in ”Taschenbuch der Technischen Akustik”, Springer, Berlin und Heidelberg 2004, Herausgeber G. M¨ uller und M. M¨ oser)
nennt ’Mindestanforderungen’ f¨ ur die jeweiligen Anwendungsgebiete (z.B. Wohnr¨ aume, R¨ aume in Krankenh¨ ausern, etc.) ebenso wie Richtwerte f¨ ur den gehobenen Schallschutz.
8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile Wie schon eingangs erw¨ ahnt folgt die Schall¨ ubertragung von einem Senderaum u ¨ber eine Wand oder Decke in einen angrenzenden Empfangsraum einer einfachen Wirkungskette: Die auftreffende Luftschallwelle verbiegt“ die Wand ” elastisch, die Wandschwingungen wirken als Schallsender f¨ ur den Empfangsraum.
8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile
259
Eine m¨ oglichst einfache Modellvorstellung soll Aufschluss u ¨ber den Einfluss der Wand-Parameter (Masse, Dicke, Biegesteife . . . ) auf die Luftschalld¨ ammung liefern. Wie in Bild 8.5 skizziert besteht das Modell aus drei Teilen: 1. Dem Senderaum“ 1, der hier als luftgef¨ ullter Halbraum angenommen ” wird. Das Schallfeld besteht aus der schr¨ ag einfallenden Welle pa = p0 e−jkx cos ϑ ejkz sin ϑ
(8.5)
und dem reflektierten Feld pr = rp0 ejkx cos ϑ ejkz sin ϑ . Das Gesamtfeld im Teilraum 1 besteht aus beiden Teilen p1 = pa + pr = p0 ejkz sin ϑ e−jkx cos ϑ + rejkx cos ϑ .
(8.6)
(8.7)
2. Dem Empfangsraum“ 2, der ebenfalls als luftgef¨ ullter Halbraum auf” gefasst wird. Der Einfachheit halber wird angenommen, dass alle Ortsabh¨ angigkeiten bez¨ uglich der z-Richtung vom einfallenden Schallfeld pa in Gleichung (8.5) aufgepr¨ agt werden. Der in den Empfangsraum abgestrahlte Schall wird demnach durch p2 = tp0 e−jkx cos ϑ ejkz sin ϑ
(8.8)
beschrieben, wobei t den Transmissionsfaktor bedeutet. 3. Die Wand schließlich wird durch die Druckdifferenz p1 (0, z) − p2 (0, z) zu Schwingungen vw angeregt, die L¨ osungen der Biegewellengleichung (siehe Kapitel 4.5) 1 d4 vW j 4 dz 4 − vW = m ω (p1 (x = 0, z) − p2 (x = 0, z)) kB
(8.9)
sind. Wenn man auch f¨ ur die Wandschwingungen annimmt, dass sie bez¨ uglich der z-Richtung ebenso verlaufen wie das einfallende Schallfeld“ ” vW = v0 ejkz sin ϑ ,
(8.10)
dann folgt aus (8.9) mit (8.7) und (8.8) v0 =
(1 + r − t) jp0 m ω ( kk44 sin4 ϑ − 1)
(8.11)
B
f¨ ur die Amplitude v0 der Wandwelle vW . Die gesuchten, noch unbekannten Gr¨ oßen sind der Reflexionsfaktor r und der Transmissionsfaktor t. Sie ergeben
260
8 Schalld¨ ammung z Schalleinfall p
Wandschnelle v
a
1
2 x Einfallswinkel ϑ Schalldurchgang p 2
reflektierte Welle p r
Wand mit der Flächenmasse m’’
Bild 8.5. Modellannahme zur Berechnung des Schalld¨ ammmaßes einer Einfachwand. pa = einfallendes Schallfeld, pr = reflektiertes Schallfeld, p1 = pa + pr = Gesamtfeld vor der Wand, p2 = u ¨bertragenes Schallfeld
sich einfach aus der Tatsache, dass die Schnellen in der Luft vor und hinter ussen: der Wand beide mit der Wandschnelle vW u ¨bereinstimmen m¨ j ∂p1 v1 (x = 0) = = vW (8.12) ω ∂x x=0 und v2 (x = 0) =
j ∂p2 = vW . ω ∂x x=0
(8.13)
(8.12) und (8.13) sind gleichbedeutend mit p0 cos ϑ(1 − r) = v0 c
(8.14)
p0 cos ϑ = v0 . c
(8.15)
r =1−t.
(8.16)
und t Es ist also t = 1 − r, oder
(8.11) und (8.15) ergeben schließlich t cos ϑ =
j c (1 + r − t) . m ω ( kk44 sin4 ϑ − 1)
(8.17)
B
Darin eliminiert man noch r nach (8.16) und erh¨alt den vor allem interessierenden Transmissionsfaktor
8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile
t=
k4 4 kB
2j c mω
sin4 ϑ − 1 cos ϑ +
2j c m ω
,
261
(8.18)
aus dem man den Transmissionsgrad τ = |t|2
(8.19)
und das Luftschalld¨ ammmaß R = 10 lg 1/τ gewinnt. Bei der Deutung des Ergebnisses (8.18) spielt das Verh¨altnis aus Biegeange λ eine besondere Rolle. Der Klamwellenl¨ ange λB und Luftschallwellenl¨ merausdruck im Nenner von Gleichung (8.18) ist n¨amlich 4 4 2 k λB f 4 4 4 sin ϑ − 1 = sin ϑ − 1 = sin ϑ − 1 . 4 2 kB λ4 fcr F¨ ur λB << λ (entsprechend f << fcr ) unterhalb der Koinzidenzgrenzfrequenz ist dieser Ausdruck nahezu unabh¨ angig vom Einfallswinkel etwa gleich -1. Im Frequenzbereich f >> fcr (λB >> λ) dagegen h¨angt der Klammerausdruck sehr vom Einfallswinkel ϑ ab, insbesondere kann der Ausdruck auch Null werden. Deshalb ist eine Fallunterscheidung f << fcr und f >> fcr erforderlich. a) Frequenzbereich unterhalb der Grenzfrequenz f << fcr Hier ist t≈
2jc m ω . 2jc m ω − cos ϑ
(8.20)
Das darin vorkommende Verh¨ altnis c/ωm ist in fast allen F¨allen eine ur nur 100 Hz und sehr kleine Zahl: Es ist ja c = 400 kg/m2 s, selbst f¨ m“ = 10 kg/m2 ist m“ω = 6300 kg/m2 s. Wenn man davon ausgeht, dass der streifende Einfall ϑ = 90◦ mit t = 1 kaum vorkommt und das Schalld¨ammmaß nicht bestimmen wird, dann kann man also 2 2 c 1 2 τ = |t| ≈ (8.21) m ω cos2 ϑ und
R = 10 lg
m ω 2 c
2 + 10 lg cos2 ϑ
(8.22)
setzen. Wenn man noch diffusen Schalleinfall aus allen Richtungen gleichermaßen annimmt, dann muss man in (8.22) noch einen mittleren Einfallswinkel alt so f¨ ur diesen Fall von ϑ = 45◦ einsetzen und erh¨
262
8 Schalld¨ ammung
R = 10 lg
m ω 2 c
2 − 3 dB .
(8.23)
Gleichung (8.23) wird Massegesetz der Luftschalld¨ammung“ oder auch Ber” ” gersches Massegesetz“ genannt. Es besagt, dass R mit 6 dB/Oktave und ebenfalls mit 6 dB/Massenverdopplung steigt. Wie man sieht, spielt im Frequenzbereich f << fcr die Biegesteife der Wand keine Rolle. Man kann deshalb in diesem Frequenzbereich von biege” weichen W¨ anden“ sprechen. Meist nennt man eine Schale oder Wand biege” weich“, wenn ihre Grenzfrequenz oberhalb des interessierenden Frequenzbereiches liegt. b) Frequenzbereich oberhalb der Grenzfrequenz f >> fcr Zun¨ achst ist in Bild 8.6 das sich nach Gl.(8.18) ergebende Schalld¨ammmaß R = −10 lg |t|2 an Hand eines Beispieles gezeigt. Wie man an der Abbildung (und in Gl.(8.18)) erkennt, gibt es oberhalb der Grenzfrequenz einen bestimmten kritischen“ Einfallswinkel ϑcr , bei dem sich ein Totaldurchgang t = 1 des ” Schallfeldes (jedenfalls dem einfachen Modell zur Folge) einstellt: f¨ ur ϑ = ϑcr mit fcr λ kB sin ϑcr = = (8.24) = k λB f scheint die Wand akustisch nicht vorhanden“ zu sein. Der Grund f¨ ur dieses ” Resultat besteht in der Tatsache, dass einfallendes Luftschallfeld und Wandschwingungen f¨ ur ϑ = ϑcr perfekt aneinander angepasst sind. Die Spurwellenl¨ ange λs des Luftschallfeldes direkt auf der Wand (siehe Bild 8.7) λs = λ/ sin ϑ
(8.25)
stimmt f¨ ur ϑ = ϑcr gerade mit der Biegewellenl¨ange u ¨berein: ϑ = ϑcr :
λs = λ/ sin ϑcr = λB .
(8.26)
Man nennt diesen Effekt Spuranpassung“. Wie man sieht tritt er nur ober” halb der Spuranpassungsgrenzfrequenz auf. Diese wird oft auch einfach als Grenzfrequenz“ oder als kritische Frequenz“ bezeichnet. ” ” In der vorher geschilderten (vereinfachten) Modellannahme erh¨alt man ¨ wie gesagt f¨ ur ϑ = ϑcr nach Gleichung (8.18) einen Ubertragungsfaktor von t = 1. Obwohl dadurch gewiss auf einen f¨ ur die Luftschalld¨ammung sehr wichtigen physikalischen Effekt aufmerksam gemacht wird, ist ein Ergebnis t = 1 praktisch doch nicht sehr befriedigend: Totaldurchgang durch eine Wand kann wohl kaum selbst unter idealen Messbedingungen wirklich beobachtet werden. Als einfachste Erkl¨ arung daf¨ ur bietet sich die bei einer Platte ja immer vor¨ handene D¨ ampfung an. Ahnlich wie in Kapitel 5 bei der Federsteife versucht man hier die Wandverluste durch eine komplexe Biegesteife auszudr¨ ucken. Man ersetzt also
8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile
263
Bild 8.6. Abh¨ angigkeit des Schalld¨ ammmaßes vom Einfallswinkel ϑ und vom Frequenzverh¨ altnis f /fcr f¨ ur das Beispiel mit c/m ω = 0,1
Einfallsrichtung
ϑ
λs λ
Wand
Bild 8.7. Eine schr¨ ag einfallende Schallwelle mit der Wellenl¨ ange λ in Ausbreitungsrichtung hinterl¨ asst in der Wandebene x=0 einen Schalldruck mit der Wellenl¨ ange λs = λ/sinϑ
B → B (1 + jη) ,
(8.27)
worin η den Wandverlustfaktor bedeutet. Damit wird die Biegewellenzahl komplex
264
8 Schalld¨ ammung 4 kB =
4 m 2 m kB ω2 = . ω → B B (1 + jη) 1 + jη
(8.28)
Aus Gleichung (8.18) wird dann t = λ4
B λ4
2j c m ω
sin4 ϑ (1 + jη) − 1 cos ϑ +
2jc m ω
.
(8.29)
In der Spuranpassung ϑ = ϑcr (mit λB sin ϑ/λ = 1) ist also t(ϑ = ϑcr ) =
2c m ω 2 c m ω
+ η cos ϑcr
.
(8.30)
Die Schall¨ ubertragung h¨ angt jetzt f¨ ur hinreichend große Frequenzen vom Verlustfaktor ab. Zur Nachbildung realistischer Umst¨ ande nimmt man wieder diffusen“ ” Schalleinfall aus allen Richtungen gleichermaßen an. Diese Situation wird beschrieben durch den mittleren Transmissionsgrad 1 τ¯ = π/2
π/2 π/2 1 2 τ (ϑ) dϑ = |t (ϑ)| dϑ π/2 0
(8.31)
0
und dem Schalld¨ ammmaß R = −10 lg τ¯ .
(8.32)
Die Integration in (8.31) kann nur n¨ aherungsweise analytisch durchgef¨ uhrt werden. Die etwas langatmige Prozedur zur gen¨aherten L¨osung des Integrals wird im folgenden in Form eines Unterkapitels geschildert. Wer sich nicht f¨ ur die Einzelheiten interessiert vers¨ aumt nichts, wenn er es u ¨berschl¨agt, die n¨ achsten 13 Formeln ausl¨ asst und bei Gl.(8.46) weiterliest. N¨ aherungsweise Berechnung der Schalld¨ ammung oberhalb der Grenzfrequenz Die n¨ aherungsweise Berechnung des Integrals (8.31) wird unter den folgenden beiden Voraussetzungen durchgef¨ uhrt: 1. Es wird der Frequenzbereich weit oberhalb“ der kritischen Frequenz be” trachtet, f fcr . Es ist also λB λ. 2. Es wird angenommen, dass der Winkelbereich ϑ ≈ ϑcr den Wert des Integrals bestimmt. Mit
λ (8.33) λB folgt aus λB λ, dass ϑcr ein kleiner Winkel ist. Deshalb kann man cos ϑ ≈ ur den Imagin¨ arteil des Nenners von (8.29) cos ϑcr ≈ 1 setzen. Weiter gilt f¨ sin ϑcr =
8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile
j
265
!
!
2 c 2 c λ4 + η B4 sin4 ϑ cos ϑ ≈ j +η , m ω λ m ω
(8.34)
weil hier sin ϑ ≈ sin ϑcr ≈ λ/λB und cos ϑ ≈ 1 eingesetzt werden kann. N¨aherungsweise ist also τ0 τ¯ = π/2
π/2 0
dϑ λ4 ( λB4
2 sin ϑ − 1)2 + ( m2c ω + η) 4
mit der Abk¨ urzung
τ0 =
2 c m ω
,
(8.35)
2 .
(8.36)
F¨ ur ausreichend große Frequenzen und nicht zu kleine Verlustfaktoren η ist η
2 c , m ω
und deshalb wird τ0 τ¯ = π/2
π/2 0
dϑ λ4B λ4
2
sin4 ϑ − 1
.
(8.37)
+ η2
Mit der Variablensubstitution λB sin ϑ λ λB λB cos ϑdϑ ≈ dϑ du = λ λ λ du dϑ ≈ λB u=
wird daraus τ0 λ τ¯ = π/2 λB
λ B /λ
du 2
0
(u4 − 1) + η 2
.
(8.38)
Wie gesagt geht man davon aus, dass nur der Winkelbereich ϑ ≈ ϑcr interessiert. Das entspricht dem Bereich u ≈ 1. Damit kann man etwa setzen u4 − 1 = u2 − 1 u2 + 1 ≈ 2 u2 − 1 = 2 (u − 1) (u + 1) ≈ 4 (u − 1) * +, * +, ≈2
und man bekommt
≈2
(8.39)
266
8 Schalld¨ ammung
τ0 λ τ¯ = π/2 λB
λ B /λ
0
du
τ0 λ 1 = 2 2 π/2 λB 16 16 (u − 1) + η
λ B /λ
du 2
(u − 1) + (η/4)
0
2
.
(8.40) Schließlich erh¨ alt man mit der Substitution y = u − 1 und daher du = dy das tabellierte Integral τ0 λ τ¯ = 8π λB
λB /λ−1
dy y 2 + (η/4)
−1
2
,
das man in einer Integraltafel nachschlagen kann. Damit wird ! 4 λB 4 τ0 λ 1 arc tg −1 + arc tg τ¯ = 8π λB η/4 η λ η
(8.41)
(8.42)
(arc tg ist der inverse Tangens). F¨ ur kleine η und wegen λB λ nehmen beide arc tg-Terme den Wert von π/2 an. Damit ist τ¯ = τ0
λ 1 . λB 2η
(8.43)
Wenn man darin noch τ0 und λ = λB
fcr f
einsetzt, erh¨ alt man das einfache und u ¨bersichtliche Resultat 2 2 c fcr 1 τ¯ = . m ω f 2η
(8.44)
(8.45)
F¨ ur das Schalld¨ ammmaß gilt demnach f¨ ur Frequenzen f > fcr oberhalb der Grenzfrequenz 2 m ω f + 5 lg + 10 lg 2η . (8.46) R = 10 lg 2 c fcr Das D¨ ammmaß R steigt hier etwas steiler als im Bereich f < fcr mit ¨ 7, 5 dB/Oktave an und wird vom Wandverlustfaktor beeinflusst. Uber die genaue Verlustursache ist dabei nichts ausgesagt, der Verlustfaktor beinhaltet alle tats¨ achlich vorkommenden Verlustmechanismen wie innere D¨ampfung und Schwingenergie-Abgabe an angrenzende Bauteile. Eine Zusammenfassung der Frequenzg¨ ange des Schalld¨ammmaßes von Einfachw¨ anden unterhalb und oberhalb der Grenzfrequenz enth¨alt Bild 8.8. In der N¨ ahe der Grenzfrequenz selbst versagen die beiden oben geschilderten Betrachtungen, die beiden Asymptoten sind im Bild 8.8 willk¨ urlich miteinander
Schalldämmmaß R
8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile
η = 0,1; 0,2; 0,4
10 dB
0.125
267
0.25
0.5
1
2
4
8
f/fcr
Bild 8.8. Prinzipverlauf des Schalld¨ ammmaß-Frequenzganges einer Einfachwand 50
Schalldämmmaß R in dB
40
30
20
10
0 125
250
500
1000
2000
4000
8000
f/Hz
Bild 8.9. Schalld¨ ammmaß einer Glasscheibe mit m“ = 15 kg/m2 und fcr = 2500 Hz
verbunden worden. Man erkennt aber auch so schon, dass das Schalld¨ammmaß in diesem Frequenzbereich nach unten abknickt“, und dass dieser Effekt ” vom Verlustfaktor abh¨ angt (und, wie man zeigen kann, von den hier gar nicht ber¨ ucksichtigten Wandabmessungen).
268
8 Schalld¨ ammung 80
Schalldämmmaß R in dB
70
60
50
40
30 125
250
500
1000
2000
4000
f/Hz
Bild 8.10. Schalld¨ ammmaß einer Ziegelwand mit m“ = 400 kg/m2 und fcr = 130 Hz
Einige praktische Messbeispiele sind in den Bildern 8.9, 8.10 und 8.11 wiedergegeben. Sie haben eine doch recht a ¨hnliche Struktur wie der theoretische 50
Schalldämmmaß R in dB
40
30
20
10
0 125
250
500
1000
2000
4000
f/Hz
Bild 8.11. Schalld¨ ammmaß einer Gipswand mit m“ = 60 kg/m2 und fcr = 350 Hz
8.2 Luftschalld¨ ammung einschaliger Bauteile
269
Verlauf. Insbesondere kann man den Einbruch in der Koinzidenzgrenze gut erkennen. Auff¨ allig ist, dass der Koinzidenzeinbruch umso drastischer zu Tage tritt, je h¨ oher die Grenzfrequenz ist. Theoretische Betrachtungen u ¨ber W¨ande endlicher Fl¨ ache best¨ atigen diese Tendenz u ¨brigens. ¨ Nicht immer ist die Ubereinstimmung zwischen Theorie und Messung so gut wie in den Bildern 8.9 bis 8.11. Es gibt eine ganze Reihe von Einfl¨ ussen, die die Schalld¨ ammung gegen¨ uber der Rechnung verschlechtern, z.B. • Undichtigkeiten (wichtig bei T¨ uren und Fenstern), • innere Inhomogenit¨ aten (z.B. Risse im Mauerwerk, aber auch eine Steinstruktur mit lokalen Resonanzen wie bei d¨ unnwandigen Hohlblocksteinen), • Dickenresonanzen der Wand (Vorder- und R¨ uckseite bewegen sich dann nicht mehr gleich, die Biegewellen-Theorie stimmt dann nicht mehr) • por¨ ose Baumaterialien, bei denen sich die Schall¨ ubertragung eher u ¨ber die Poren als u ¨ber das Skelett vollzieht (z.B. hat eine Betonwand - insbesondere bei Gasbeton - eine wesentlich h¨ ohere Schalld¨ammung, wenn die Oberfl¨ achen durch Putz verschlossen werden).
Bild 8.12. Abh¨ angigkeit des bewerteten Schalld¨ ammmaßes Rw von der Fl¨ achenmasse bei Einfachw¨ anden aus u osele und E. Schr¨ oder: ¨blichen Baustoffen (aus: K. G¨ Schalld¨ ammung in Geb¨ auden, Kap. 8 in ”Taschenbuch der Technischen Akustik”, Springer, Berlin und Heidelberg 2004, Herausgeber G. M¨ uller und M. M¨ oser)
Aus diesen Gr¨ unden (es mag noch einige mehr geben) ist es oft in der Anwendung erforderlich, sich mehr auf Erfahrungswerte als auf die obigen Formeln zu verlassen. Anhaltswerte hierf¨ ur gibt Bild 8.12, in welchem das bewertete Schalld¨ ammmaß von W¨ anden und einschaligen Konstruktionen u ¨bli¨ cher Baustoffe enthalten ist. Das Plateau“ stammt hier vom Ubergang von ” Schalen, die praktisch im ganzen Frequenzbereich biegeweich sind (sehr hohe
270
8 Schalld¨ ammung
Grenzfrequenz bei sehr kleinen Massen) zu den biegesteifen Schalen, deren Grenzfrequenz mit der Dicke (und damit mit der Masse) abnimmt. In Einzelf¨ allen sollte die Literatur auf entsprechende Erfahrungsberichte gepr¨ uft werden (z.B. Fasold und Sonntag: Bauphysikalische Entwurfslehre, Band IV: Bauakustik, Verlagsgesellschaft Rudolf M¨ uller, K¨oln 1971).
8.3 Zweischalige Bauteile (biegeweiche Vorsatzschalen) Eine recht einfache und preiswerte Methode, die Schalld¨ammung einer Wand zu verbessern besteht darin, sie mit einer zweiten, vorgesetzten Schale zu versehen. Wie die Betrachtungen aus dem vorigen Abschnitt zeigen, kann die zus¨ atzliche Schale dabei nicht direkt mit der ersten verbunden werden: das w¨ urde bei kleinen zus¨ atzlichen Fl¨ achenmassen eine nur unwesentliche Erh¨ ohung des Schalld¨ ammmaßes bewirken. Die zweite Schale muss getrennt aufgest¨ andert werden. Immer wird der Platzbedarf gering zu halten sein. Man kann also zwischen den Platten einen Hohlraum annehmen, dessen Dicke d verglichen mit der Luftschallwellenl¨ ange - klein ist. Der Hohlraum wirkt dann als Feder mit der fl¨ achenbezogenen Steife s =
c2 . d
(8.47)
Der Druck pi im Hohlraum zwischen den Platten ist dann pi =
s (v1 − v2 ) jω
(8.48)
(siehe auch Bild 8.13). Das setzt nat¨ urlich voraus, dass die Querkopplungen der Volumenelemente im Hohlraum parallel zu den W¨ anden vernachl¨ assigbar sind, andernfalls w¨ urde man parallel zu den Schalen stehende Wellen und Resonanzen erhalten. Mit der obigen Annahme der reinen Federwirkung“ wurde also bereits ein mit Mi” neralwolle bed¨ ampfter Hohlraum vorausgesetzt, dessen Str¨omungswiderstand die seitliche Entkopplung im Flachraum“ zwischen den W¨anden bewirkt. ” Fast immer wird die Vorsatzschale d¨ unn sein. Man kann also annehmen, dass ihre Grenzfrequenz oberhalb des interessierenden Frequenzbereiches liegt. Wie im vorigen Abschnitt erl¨ autert spielen dann dynamische Biegekr¨afte keine Rolle. Die biegeweiche Vorsatzschale reagiert deshalb nur mit ihrer Tr¨agheitskraft auf den sie anregenden Hohlraumdruck, d.h., es ist pi = jωm2 v2 ,
(8.49)
worin m2 die Fl¨achenmasse der Vorsatzschale bezeichnet. In (8.49) ist noch angenommen worden, dass der Schalldruck im Empfangsraum“ rechts von ” der Vorsatzschale (Bild 8.13) dem Betrage nach viel kleiner ist als pi :
8.3 Zweischalige Bauteile (biegeweiche Vorsatzschalen)
271
Bild 8.13. Modellannahme zur Berechnung des Schalld¨ ammmaßes einer Doppelwand. pa = einfallendes Schallfeld, pr = reflektiertes Schallfeld, p1 = pa + pr = Gesamtfeld vor der Wand, p2 = u ¨bertragenes Schallfeld, pi = Druck im absorbergef¨ ullten Hohlraum
|p2 (x = 0)| << |pi | . Wenn man weiter nur schwere, massive Originalw¨ande“ (Index 1) voraus” setzt, dann kann man davon ausgehen, dass ihre Schwingungen durch das Hinzuf¨ ugen der Vorsatzschale nur sehr unwesentlich beeinflusst werden. Man darf also n¨ aherungsweise die oben f¨ ur die Einfachwand gefundenen Ergebnisse f¨ ur die Schwingungen der Wand 1 u ¨bernehmen. Aus Gleichung(8.15) und (8.10) wird dann v1 =
p0 t1 cos ϑ ejkz sin ϑ , c
(8.50)
wobei wegen (8.18) t1 =
2jc m 1ω
k4 k14
sin4 ϑ − 1 cos ϑ +
2j c m 1ω
(8.51)
¨ den Ubertragungsfaktor der Einfachwand“ 1 ohne Vorsatzschale darstellt. ” Die Schwingungen v2 der Vorsatzschale lassen sich nun leicht berechnen: (8.49) in (8.48) eingesetzt, ergibt jωm2 v2 = oder v2 =
s (v1 − v2 ) , jω
v1 1−
ω 2 m 2 s
=
v1 2 . 1− ω ω2 0
(8.52)
272
8 Schalld¨ ammung
Hohlraumfeder s und Vorsatzschale m2 bilden einen einfachen Resonator mit der Resonanzfrequenz ω0 mit ω02 =
s . m2
In ω = ω0 k¨ onnte die Vorsatzschale wegen der unber¨ ucksichtigt gebliebenen D¨ ampfung theoretisch beliebig große Bewegungen ausf¨ uhren. Die nachtr¨agliche Einf¨ uhrung eines Feder-Verlustfaktors w¨ urde auch hier wieder Abhilfe schaffen. Setzt man (8.50) in (8.52) ein, so erh¨ alt man v2 =
p0 t1 jkz sin ϑ . 2 cos ϑ e c 1 − ω ω2
(8.53)
0
Nat¨ urlich gilt f¨ ur den von der Vorsatzschale in den Empfangsraum abgestrahlten Schalldruck wie in Gleichung (8.8) der Ansatz p2 = tp0 e−jkx cos ϑ ejkz sin ϑ ,
(8.54)
worin diesmal t den Transmissionsfaktor der Doppelwand bedeutet. Wie vorher erh¨ alt man t aus der Bedingung j ∂p2 = v2 . ω ∂x x=0 Einfacherweise ist t=
t1 2 , 1− ω ω2
(8.55)
0
und damit
oder
2 1 ω2 1 1 + 10 lg , R = 10 lg = 10 lg 2 = 10 lg 1 − 2 τ t ω0 τ1 2 ω2 R = R1 + 10 lg 1 − 2 , ω0
(8.56)
ammmaß der Einfachwand (Index 1) bedeutet. worin R1 das Schalld¨ N¨ aherungsweise setzt sich das Luftschalld¨ammmaß der Doppelwand also zusammen aus der Summe des D¨ ammmaßes der schwereren Wand und einem frequenzabh¨ angigen Term, den man als Einf¨ ugungsd¨ammmaß RE der Vorsatzschale bezeichnen kann: R = R 1 + RE mit
ω2 RE = 10 lg 1 − 2 ω0 Man erkennt daran, dass die Vorsatzschale
(8.57) 2 .
(8.58)
8.3 Zweischalige Bauteile (biegeweiche Vorsatzschalen)
273
• unterhalb der Resonanz ω ω0 mit RE = 0 unwirksam ist, • in der Resonanz ω = ω0 verschlechternd wirkt (nat¨ urlich wird die Verschlechterung der Gr¨ oße nach vom Feder-Verlustfaktor bestimmt) und • erst oberhalb der Resonanz ω ω0 einen wirklichen Vorteil von RE ≈ 40 lg(ω/ω0 ) bietet, der sehr steil mit 12 dB/Oktave ansteigt. Zur Dimensionierung l¨ asst sich vor allem sagen, dass man aus der Sicht der Ger¨ auschbek¨ ampfung die Resonanzfrequenz so tief wie m¨oglich“ haben ” m¨ ochte. Aus c2 60 Hz 1 f0 = ≈ m2 2π m2 d d kg/m2 m
folgt, dass man also im Prinzip an schweren Vorsatzschalen im großen Abstand d vor der urspr¨ unglichen Einfachwand interessiert ist. Das Beispiel m“ 2 = 10 kg/m2 und d = 10 cm mit f0 = 60 Hz zeigt, dass man mit vertretbarem Aufwand hinreichende Tiefabstimmungen unterhalb des bauakustischen ” Frequenzbereiches“ (den man u ¨blicherweise bei 100 Hz beginnen l¨asst) ohne allzu schwere Vorsatzschalen erreichen kann. F¨ ur biegeweiche Vorsatzschalen lehrt die Erfahrung, dass die obige Absch¨ atzung der D¨ammmaß-Verbesserung in der Tendenz so schlecht nicht ist, vorausgesetzt nat¨ urlich, dass der Hohlraum ausreichend mit Mineralwolle bed¨ ampft ist und feste Verbindungen (sogenannte K¨orperschallbr¨ ucken) der Schalen nicht vorhanden sind. Bild 8.14 zeigt eine gemessene D¨ammmaßVerbesserung. Es werden recht hohe Werte von RE erreicht, die wenigstens doch im mittleren Messfrequenzbereich etwa auch dem Gesetz (8.58) entsprechen. Biegeweiche Vorsatzschalen (meistens aus Gipsplatten oder Gipskartonplatten mit Dicken ab etwa 10 mm) sind das wichtigste Mittel des Akustikers bei der nachtr¨ aglichen Sanierung von Bauwerken. F¨ ur leichte zweischalige Konstruktionen (unter denen auch Doppelfenster zu verstehen sind) stimmen die oben genannten u agigen Berechnungen oft weniger gut ¨berschl¨ mit praktischen Erfahrungen u ur liegt teilweise in den ¨berein. Der Grund daf¨ nicht ber¨ ucksichtigten Einfl¨ ussen. Zum Beispiel entf¨allt die Hohlraumd¨ampfung bei den Doppelfenstern, auch kann man bei etwa gleichen Schalen nicht mehr davon ausgehen, eine von ihnen schwinge unbeeinflusst von der anderen. Wie wesentlich die Hohlraumd¨ ampfung ist, zeigt sich bei Versuchen an zweischaligen Gipsplatten-Konstruktionen (Bild 8.15): Die fehlende Absorption verschlechtert die D¨ ammung drastisch. Es ist daher f¨ ur Fenster versucht worden, die D¨ ampfung wenigstens noch an der Laibung vorzunehmen, indem die Hohlraum-R¨ ander absorbierend ausgestattet werden (Bild 8.16), immer¨ hin mit nennenswertem Erfolg. Andere Versuche, die Ubertragung u ¨ber den Hohlraum zu beeinflussen, wurden mit Gasf¨ ullungen gemacht (Bild 8.17), die gleichfalls eine deutliche Wirkung zeigen. Solche Einfl¨ usse und (praktisch nat¨ urlich wichtige) Details k¨onnen hier nicht ausf¨ uhrlich behandelt werden. Einige Konstruktionsregeln und Abh¨angig-
274
8 Schalld¨ ammung 50
Verbesserungsmaß ΔR in dB
40
30
20
10
0 125
250
500
1000
2000
f/Hz
Bild 8.14. Verbesserungsmaß ΔR des Schalld¨ ammmaßes einer Gipswand (Dicke 80 mm) durch eine biegeweiche Vorsatzschale mit m2“ = 4 kg/m2 , Hohlraumtiefe 65 mm, mit Mineralwolle ausgef¨ ullt
¨ keiten lassen sich jedoch aus den oben geschilderten Uberlegungen und aus der 60
Schalldämmmaß R in dB
50
40
30 mit Mineralwolle im Hohlraum 20 ohne Mineralwolle im Hohlraum 10 125
250
500
1000
2000
4000
f/Hz
Bild 8.15. Schalld¨ ammmaße einer zweischaligen Gipsplattenwand (fcr = 2000 Hz) mit und ohne Mineralwolle im Hohlraum
8.3 Zweischalige Bauteile (biegeweiche Vorsatzschalen)
275
Verbesserungsmaß ΔR in dB
10
8
6
4
2
0 125
250
500
1000
2000
4000
f/Hz
Bild 8.16. Verbesserungsmaß ΔR der Schalld¨ ammung eines Doppelfensters (5 mm und 8 mm Glas, Hohlraum 24 mm dick) durch Auskleiden der Hohlraumr¨ ander mit 50 mm Mineralwolle
praktischen Erfahrung begr¨ unden. Im Sinne eines hohen Schalld¨ammmaßes ist es g¨ unstig 50
Schalldämmmaß R in dB
40
mit Helium gefüllt
mit Luft gefüllt 30
20
10
0 125
250
500
1000
2000
4000
f/Hz
Bild 8.17. Schalld¨ ammmaß eines Doppelfensters aus 8 mm und 4 mm Glas, Hohlraum 16 mm mit Luft- und mit Helium-F¨ ullung
276
• • • • •
8 Schalld¨ ammung
schwere Gesamtmassen zu verwenden und diese nach M¨oglichkeit ungleich auf die Schalen zu verteilen (gleichschwere Schalen vermeiden), eine große Hohlraumtiefe einzuplanen, den Hohlraum m¨ oglichst vollfl¨ achig mit Absorbermaterial zu bed¨ampfen, Undichtigkeiten zu vermeiden (bei Fenstern ist der Rahmen oft wichtiger als das Glas), und K¨ orperschallbr¨ ucken (damit sind feste Verbindungen der Schalen gemeint) auf jeden Fall zu vermeiden.
Insbesondere der letzte Punkt muss f¨ ur die Bauausf¨ uhrung unterstrichen werden. Vorsatzschalen m¨ ussen unbedingt getrennt aufgest¨andert werden, es kommen nur weich-federnde Halterungen an der Original-Wand“ zur Verbes” serung der Stand-Stabilit¨ at in Frage. Br¨ ucken k¨onnen die Grenzfrequenz der Gesamtkonstruktion verschieben, so dass im Resultat ein schlechteres D¨ammmaß vorliegen kann als ohne Vorsatzschale! Auch sch¨atzt man vorhandene Verbindungen zwischen Originalwand und Zusatzschale leicht falsch ein, so dass man sich einen zus¨ atzlichen, verschlechternden Resonanzeffekt mitten im interessierenden Frequenzbereich einhandeln kann. Dieser Fehler wird manchmal bei Fassadenverkleidungen mit zu steifer Anbindung an die Hauswand gemacht.
8.4 Trittschalld¨ ammung Unter Trittschall“ versteht man den von einer Wand oder einer Geb¨audedecke ” abgestrahlten Luftschall, wenn eine in einem anderen Raum gelegenen Decke durch Begehen, das R¨ ucken von St¨ uhlen oder den Betrieb von K¨ uchenger¨aten ¨ und Ahnlichem zu K¨ orperschallschwingungen angeregt wird. Man meint damit also nicht ausschließlich die Schallabstrahlung in den unter der Decke liegenden Raum. Zum Beispiel ist es durchaus u ¨blich, den Trittschallpegel“ in ” ¨ der Wohnung UBER einem Raum mit Publikumsverkehr (Restaurant, Bar, Diskothek, ...) zu ermitteln und gegebenenfalls Minderungsmaßnahmen zu empfehlen. 8.4.1 Messung des Trittschallpegels Zur einheitlichen Klassifizierung des von einem Bauteil ausgehenden Trittschalles benutzt man eine genormte Kraftquelle zur Anregung des betreffenden Bodens, das sogenannte Norm-Trittschall-Hammerwerk (Bild 8.17). Es besteht aus f¨ unf H¨ ammern (je 500 g), die mechanisch durch einen Motor bewegt nacheinander aus definierter H¨ ohe auf den Boden fallen (Schlagfrequenz 5 Hz). Solange der Motor l¨ auft, wiederholt sich der Vorgang periodisch (und macht einen riesigen und deshalb gut messbaren Spektakel). Im Empfangsraum werden die Empfangspegel LE (in Terzen oder Oktaven im ¨ortlichen Mittel) bestimmt. Da man noch die Absorption im Raum ber¨ ucksichtigen
8.4 Trittschalld¨ ammung
277
Bild 8.18. Trittschallhammerwerk zur Bestimmung des Norm-Trittschallpegels. Die Wiedergabe eines etwas ¨ alteren Modelles erlaubt den freien Einblick, in modernere Ger¨ ate kann man meist nicht hineinschauen.
muss (in einem stark ged¨ ampften Raum klingt der Trittschall leiser als in einem schwach ged¨ ampften), ist der Norm-Trittschallpegel Ln durch Ln = LE + 10 lg AE /A0
(8.59)
gegeben, worin AE die ¨ aquivalente Absorptionsfl¨ache des Empfangsraumes ist. Der Bezugswert ist A0 = 10 m2 , man rechnet LE also auf einen Raum mit einer Absorptionsfl¨ ache von AE = 10 m2 um. Zur Bestimmung des Trittschallschutzes werden die Terz-Trittschallpegel Ln mit einer Bezugskurve bewertet. Das geschieht genauso wie bei der Bestimmung des bewerteten Schalld¨ ammmaßes, nur dass hier die Summe der ¨ Uberschreitungen der Messwerte gegen¨ uber der Bezugskurve z¨ahlen. Die Be¨ zugskurve wird also verschoben bis die Summe der Uberschreitungen weniger als 32 dB betr¨ agt, der bei 500 Hz abgelesene Wert der verschobenen Bezugskurve bezeichnet dann den bewerteten Norm-Trittschallpegel (Bild 8.19). Bezugskurve und Auswerteverfahren sind ebenfalls in der DIN EN ISO 717 genormt (Messverfahren in DIN EN ISO 140). 8.4.2 Verbesserungsmaßnahmen Bild 8.20 zeigt einige Norm-Trittschallpegel von Rohdecken. Sie liegen etwa im Bereich von 70 dB bis 90 dB. Wie man sieht f¨allt der Pegel mit etwa 10 dB pro Massenverdopplung (eine physikalische Erkl¨arung daf¨ ur findet man in L. Cremer, M. Heckl: K¨ orperschall, Springer, Berlin 1995). Verglichen mit den Forderungen nach DIN 4109 sind die Werte der Rohdecken viel zu hoch. Es gibt jedoch einige einfache Mittel, die eine Verbesserung des Trittschallschutzes auch ohne große Massenerh¨ohung mit vertretbarem Aufwand erreichen k¨ onnen. Die Gr¨ oßenordnung der erzielbaren Verbesserungen zeigt Tabelle 8.1. Die Gehbel¨ age lassen sich im Prinzip als auf den Fußboden aufgebrachte Federschicht“ auffassen. Zusammen mit der aufprallenden Masse M der ”
278
8 Schalld¨ ammung
Bild 8.19. Zur Definition des Norm-Trittschallpegels. B = Bezugskurve, Bv = ver¨ = Uberschreitungen ¨ schobene Bezugskurve, M = Messwerte, U von M gegen¨ uber Bv (aus: K. G¨ osele und E. Schr¨ oder: Schalld¨ ammung in Geb¨ auden, Kap. 8 in ”Taschenbuch der Technischen Akustik”, Springer, Berlin und Heidelberg 2004, Herausgeber G. M¨ uller und M. M¨ oser) Tabelle 8.1. Trittschallverbesserungsmaß gebr¨ auchlicher Fußbodenausf¨ uhrungen Gehbel¨ age Linoleum, PVC-Bel¨ age ohne Unterlage Linoleum auf 2 mm Korkment PVC-Belag mit 3 mm Filz Nadelfilzbelag Teppich, dickere Ausf¨ uhrung
3 bis 7 dB 15 dB 15 bis 19 dB 18 bis 22 dB 25 bis 35 dB
schwimmende Estriche Zementschicht auf Wellpappe Hartschaumplatten, steif Hartschaumplatten,weich Mineralfaserplatten
18 dB etwa 18 dB eta 25 dB 27 bis 33 dB
H¨ ammer beim Hammerwerk oder des Beines beim Gehen ergibt sich ein FederMasse-System mit der Resonanzfrequenz 2 = ωres
s . M
8.4 Trittschalld¨ ammung
279
Bild 8.20. Norm-Trittschallpegel massiver einschaliger Rohdecken in Abh¨ angigkeit von ihrer fl¨ achenbezogenen Masse (aus: K. G¨ osele und E. Schr¨ oder: Schalld¨ ammung in Geb¨ auden, Kap. 8 in ”Taschenbuch der Technischen Akustik”, Springer, Berlin und Heidelberg 2004, Herausgeber G. M¨ uller und M. M¨ oser)
Ebenso wie bei den Doppelw¨ anden beginnt die entkoppelnde Wirkung oberhalb der Resonanzfrequenz, woraus sich die verbessernde Wirkung weichfedernder Bel¨ age ja erkl¨ art. Da ein kurzer Kraftstoß alle Frequenzen gleichermaßen enth¨ alt, ist bei gen¨ ugend tiefer Abstimmung der Resonanz ein betr¨achtlicher spektraler Energieanteil von der Entkopplung betroffen, die Minderungen sind hoch. Man erkennt an diesen Bemerkungen aber auch, dass die aufprallende Masse selbst in das Ergebnis eingeht. Das Hammerwerk bildet daher das Begehen einer Decke sicher nicht gerade sehr gut nach, denn die beim Begehen relevanten Massen sind gewiss viel gr¨ oßer. Die mit dem Hammerwerk erzielten Verbesserungen entsprechen deshalb nur bedingt der bei anderer Krafteinleitung vorgefundenen Pegelminderung. Andererseits muss das Hammerwerk ohnehin einen praktikablen Kompromiss darstellen, denn es sollen nat¨ urlich auch Ger¨ ausche von fallenden Gegenst¨ anden, die Deckenanregung durch Lautsprechergeh¨ ause usw. im Trittschallpegel charakterisiert werden. Bei der Gruppe der schwimmenden Estriche in obiger Tabelle ist die entkoppelnde Wirkung eines Resonators zum Konstruktionsprinzip des Deckenaufbaues gemacht worden. Dazu wird wie im Bild (5.3) auf die Rohdecke eine
280
8 Schalld¨ ammung
Trittschallpegel−Minderung ΔL/dB
50
40
30
20
10
0 125
250
500
1000
2000
4000
f/Hz
Bild 8.21. Verbesserung des Trittschallschutzes durch einen schwimmenden Estrich
federnde Schicht aufgebracht, die eine Fl¨ achenmasse (meist einen ZementEstrich) tr¨ agt. Die Pegelminderung betr¨ agt wie bei der Luftschalld¨ammung ΔL = 20 lg
ω ωres
2 ,
wobei ωres die Resonanzfrequenz mit 2 = ωres
s m2
ist (s“ = fl¨ achenspezifische Steife der Federschicht, m2“ Fl¨achenmasse des Estrichs). Bild 8.21 zeigt die Messwerte eines Beispieles. Die Aufbau-Regeln sind a ¨hnlich wie bei der Verbesserung der Luftschalld¨ammung durch biegeweiche Vorsatzschalen. K¨ orperschall-Br¨ ucken m¨ ussen vermieden werden. Es ist darauf zu achten, dass der schwimmende Estrich (der Zementbelag) nicht unmittelbar an die flankierenden W¨ ande anschließt. Das kann z.B. geschehen durch Hochziehen der federnden Schicht an den flankierenden W¨anden oder durch die Verwendung von Randd¨ ammstreifen. Wichtiger noch ist die sorgf¨ altige und vorsichtige Verlegung der D¨ammschicht. Es entstehen leicht L¨ ocher, die mit dem aufgegossenen Zement K¨orperschallbr¨ ucken bilden und die verbessernde Wirkung zunichte machen. Das Eindringen von Zement an Stoßkanten von Bahnen verhindert man durch b¨ undiges Aufbringen und Abdecken mit Plastikfolie vor dem Vergießen bzw. durch u ¨berlappendes Legen der Bahnen. Manchmal entstehen auch Probleme durch die in der elastischen D¨ ammschicht verlegten Heizungsrohre. Bei der
8.5 Zusammenfassung
281
Bauausf¨ uhrung muss auf die Verwendung weichummantelter Rohre unbedingt geachtet werden. Schließlich ist noch zu erw¨ ahnen, dass untergeh¨angte Decken unter dem angeregten Bauteil eine weit geringere Wirkung zeigen als schwimmende Estri¨ che. F¨ ur die als biegeweiche Vorsatzschale abgeh¨angte Decke wird die Ubertragung durch die beim Trittschall gleichfalls angeregten flankierenden W¨ande nicht vermindert; beim richtig verlegten schwimmenden Estrich wird die Flanken¨ ubertragung dagegen gleichfalls reduziert. Untergeh¨angte Decken sind daher nur f¨ ur leichte Decken mit schweren flankierenden W¨anden erfolgversprechend.
8.5 Zusammenfassung Die Luftschalld¨ ammung einschaliger Konstruktionen wie W¨ande, Decken und Fenster, wird vor allem bestimmt von der erst oberhalb einer Grenzfrequenz fcr einsetzenden Spuranpassung zwischen der schr¨ag auf die Konstruktion auftreffenden Luftschallwelle und der Platten-Biegewelle. F¨ ur Frequenzen f < fcr unterhalb der auch als ’kritische Frequenz’ oder ’Koinzidenzgrenzfrequenz’ bezeichneten Frequenzgrenze sind die Biegewellen k¨ urzer als die Luftschallwellen, deshalb tritt Spuranpassung nicht auf. Elastische Spannungen in der Wand oder Platte spielen deshalb hier keine Rolle, das Bauteil reagiert nur mit Tr¨ agheitskr¨ aften auf die Luftschall-Anregung. Das Schalld¨ammmaß R h¨ angt nur vom Verh¨ altnis der Massenimpedanz der Wand jωm“ und dem Kennwiderstand des umgebenden Mediums c ab, R w¨achst deshalb bei Frequenzverdopplung und bei Massenverdopplung jeweils um 6 dB. Im Frequenzbereich f > fcr oberhalb der Grenzfrequenz ist die Biegewellenl¨ange gr¨ oßer als die Luftschallwellenl¨ ange. Daher stellt sich stets f¨ ur einen durch sin ϑ = λ(Luf t)/λ(Biege) bezeichneten Winkel Spuranpassung zwischen den beteiligten Wellenarten ein. Das einfachste theoretische Modell ohne Ber¨ ucksichtigung von Wandverlusten ergibt f¨ ur diesen Einfallswinkel den Totaldurchgang der auftreffenden Schallwelle. Wird die D¨ampfung der Platte mit in Rechnung gestellt und u ¨ber alle Schalleinfallsrichtungen zur Nachbildung des diffusen Schalleinfalles gemittelt, dann ergibt sich ein D¨ammmaß, das mit 7, 5 dB pro Oktave anw¨ achst und vom Verlustfaktor η abh¨angt. Im Frequenzbereich der Grenzfrequenz fcr selbst erleidet das D¨ammmaß einen Einbruch, der f¨ ur niedrige Grenzfrequenzen flacher ausf¨ allt als f¨ ur hohe fcr . Die Grenzfrequenz ist umgekehrt proportional zur Dicke h der Platten, fcr ∼ 1/h (siehe Kapitel 4). Nachbesserungsmaßnahmen der Luftschalld¨ammung vorhandener Wandaufbauten k¨ onnen mit getrennt aufgest¨ anderten biegeweichen Vorsatzschalen durchgef¨ uhrt werden. Die verbessernde Wirkung setzt erst oberhalb der Masse-Feder-Masse-Resonanz des aus Wand-Lufthohlraum-Wand gebildeten Schwingers ein und w¨ achst dann theoretisch mit 12 dB pro Oktave an. Tritt-
282
8 Schalld¨ ammung
schallverbesserungen werden vorzugsweise mit schwimmenden Estrichen erreicht. Die Messung des Luftschalld¨ ammmaßes erfordert die Bestimmung der mittleren Pegel in Sende- und Empfangsraum und der ¨aquivalenten Absorptionsfl¨ ache aus der Nachhallzeit im Empfangsraum, weil der sich in letzterem einstellende Pegel nicht nur von der Schalld¨ ammung der Wand, sondern auch von den Raum-Verlusten abh¨ angt. Aus gleichem Grund werden auch bei der Bestimmung des Norm-Trittschallpegels die Messpegel mit der ¨aquivalenten Absorptionsfl¨ ache des Empfangsraumes korrigiert.
8.6 Literaturhinweise Zum Weiterlesen seien folgende beiden B¨ ucher empfohlen: G¨osele, Sch¨ ule, K¨ unzel: Schall. W¨ arme. Feuchte (Bauverlag, Wiesbaden 1997) und W. Fasold, E. Sonntag und H. Winkler: ”Bauphysikalische Entwurfslehre” (Verlag f¨ ur Bauwesen, Berlin 1987). Bei Messungen und Messauswertungen soll die DIN EN ISO 140 ”Messung der Schalld¨ ammung in Geb¨auden und von Bauteilen” (mehrere Teile) zu Rate gezogen werden.
¨ 8.7 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Man bestimme das frequenzabh¨ angige Schalld¨ ammmaß einer Wand von 10 m2 Fl¨ ache, wenn folgende Schalldruckpegel in Sende- und Empfangsraum und die angegebene Nachhallzeit des Empfangsraumes (V = 140 m3 ) gemessen wurden. f /Hz LS /dB 400 500 630 800 1000 1250
78,4 76,6 79,2 80,0 84,4 83,2
LE /dB TE /s 48,2 43,8 42,2 41 40 40,6
2 1,8 1,7 1,6 1,6 1,5
Aufgabe 2 Wie groß ist die Resonanzfrequenz des Aufbaues einer biegeweichen Vorsatzschale mit der Fl¨ achenmasse von 12, 5 kg/m2 (25 kg/m2 ) in 5 cm (in 10 cm) Abstand vor einer (viel schwereren) Originalwand?
¨ 8.7 Ubungsaufgaben
283
Aufgabe 3 Wie groß ist das Schalld¨ ammmaß von Autoblech (Stahlplatte von 0, 5 mm Dicke) bei 100 Hz (200 Hz, 400 Hz, 800 Hz)? Man pr¨ ufe zuvor die H¨ohe der Koinzidenzgrenzfrequenz. Aufgabe 4 Wie groß ist das Schalld¨ ammmaß einer Betonwand (Schwerbeton) von 35 cm Dicke mit dem Verlustfaktor von η = 0, 1 bei 200 Hz, 400 Hz, 800 Hz und 1600 Hz? Aufgabe 5 Ein Fenster der Fl¨ ache von 3 m2 mit dem Schalld¨ammmaß von 30 dB ist in eine Wand der Fl¨ache von 15 m2 (ohne Fenster) mit dem D¨ammmaß von 60 dB eingelassen. Wie groß ist das D¨ ammmaß der Kombination? Bei einem (sehr hohen) Verglasunganteil von 50 Prozent der Gesamtfl¨ache: wie groß ist dann das D¨ ammmaß der Kombination? Aufgabe 6 Bei einem Doppel-Fenster (9/16/13 mm) sind die folgenden Schalld¨ammmaße in Terzen festgestellt worden:
Frequenz/Hz RT erz /dB 100 125 160 200 250 315 400 500 630 800 1000 1250 1600 2000 2500 3150
29,4 36,9 41,8 38,2 42,4 40,9 39,4 41,9 46,6 44,5 42,4 43,8 47,1 51,0 49,6 39,9
Bezugskurve/dB 33 36 39 42 45 48 51 52 53 54 55 56 56 56 56 56
Wie groß ist das bewertete Schalld¨ ammmaß Rw ?
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9 Schalld¨ ampfer
Unter Schalld¨ ampfern versteht man allgemein technische Einrichtungen, die ein durch sie hindurchtransportiertes Schallfeld auf diesem ihrem Ausbreitungspfad m¨ oglichst abschw¨ achen. Der bekannteste Schalld¨ ampfer ist sicher der in Kraftfahrzeugen. Er besteht aus gasf¨ uhrenden Rohrleitungen, die den Motor mit einem Topf“ oder ” T¨opfe unter sich verbinden. Er endet schließlich in einem Auslassrohr, dem sogenannten Endrohr. Im Prinzip besteht also ein solcher Schalld¨ampfer aus Rohrleitungen mit pl¨ otzlich wechselndem Querschnitt. Sehr oft werden Schalld¨ ampfer auch eingesetzt bei L¨ uftungs- und KlimaAnlagen. Wohl jede luftf¨ uhrende Leitung zur Be- und Entl¨ uftung von Konzerts¨ alen, Opernh¨ ausern und anderen Versammlungsr¨aumen (wie Hallen f¨ ur Kongresse oder Ausstellungen) d¨ urfte mit einem Schalld¨ampfer versehen sein. Auch in vielen industriellen Anlagen, in denen z.B. Luft-Stoff-Gemische durch Gebl¨ ase in Rohren transportiert werden, entstehen oft ganz erhebliche L¨armprobleme, die durch entsprechende akustische Behandlung“ der Schall¨ uber” tragung im Leitungsinneren wenigstens teilweise gel¨ost werden k¨onnen. Zur Verringerung der Schalll¨ angsleitung durch Rohre und Kan¨ale kommen vor allem zwei grunds¨ atzliche M¨ oglichkeiten in Betracht. Entweder verwendet man wie beim Autoauspuff schallharte Rohrleitungen, deren Querschnitt sich in Achsrichtung pl¨ otzlich erweitert oder verringert. Solche Aufbauten sind Reflexionsd¨ ampfer, sie wirken naturgem¨ aß ausschließlich durch Reflexion des Schalles an ihrem Einlass, weil Schallenergie-Umwandlung in W¨arme weder beabsichtigt ist noch eine Rolle spielt. Ein zweites, alternatives Grundprinzip besteht in Rohren, deren Wandungen eine beliebige akustische Oberfl¨ achenbeschaffenheit besitzen, die z.B. durch Belegen mit Absorptionsmaterial hergestellt wird. Bei solchen Wan” dungsd¨ ampfern“ ließe sich die beabsichtigte Wirkung also als Schallenergieverlust in die Rohrwandung hinein beschreiben. Man w¨are deshalb geneigt, dieses Funktionsprinzip als Absorptionsd¨ ampfer“ zu beschreiben. Eine ge” nauere, im Folgenden genauer erkl¨ arte Betrachtung zeigt allerdings, dass die Hauptwirkung auch bei den Wandungsd¨ ampfern gar nicht immer durch Schall-
286
9 Schalld¨ ampfer
absorption hervorgebracht wird. Schon der Fall einer schallweich mit z = 0 belegten Wandung ergibt eine sehr hohe akustische Wirkung, die offensichtlich nicht durch Absorption herbeigef¨ uhrt wird: Durch eine Fl¨ache z = 0 tritt bekanntlich keine Schallleistung hindurch. Man kann daran erkennen, dass auch Wandungsd¨ ampfer durch Reflexion wirken k¨onnen, die Absorption an der Wandung bildet nicht notwendigerweise die physikalische Ursache f¨ ur das hergestellte Einf¨ ugungsd¨ ammmaß. Deshalb ist die oft getroffene Klassifizierung in Reflexionsd¨ampfer und in Absorptionsd¨ ampfer unpr¨ azise: Das tats¨ achlich wirksame Prinzip l¨asst sich durch diese Unterscheidung nur unzureichend beschreiben, weil der Haupteffekt bei beiden D¨ ampfertypen“ nicht in der Umwandlung von Schallener” gie in W¨ arme bestehen muss. Auch k¨ onnte man die Bezeichnung D¨ampfer“ ” als irref¨ uhrend auffassen, wenn man D¨ ampfung mit Dissipation gleichsetzt. In diesem Kapitel soll das Wort D¨ ampfung“ ausnahmsweise eher umgangs” sprachlich, n¨ amlich einfach als Pegelabfall l¨ angs einer Strecke benutzt werden, wie gesagt muss die Ursache daf¨ ur nicht immer in Dissipation bestehen.
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen Die Betrachtungen in diesem Abschnitt zielen auf Rohre mit kleinerem Querschnitt oder auf entsprechend tiefe Frequenzen: Die Kanal-Querabmessungen sind stets als klein gegen¨ uber der Wellenl¨ ange angenommen. Typische Anwendungsbeispiele sind also • •
Kfz-Abgasanlagen, der Rohrdurchmesser betr¨agt hier 5 cm, und das tieffrequente Ventilatorbrummen (oft unter 100 Hz) in L¨ uftungskan¨ alen von 30 cm bis 50 cm Breite.
9.1.1 Einfacher Querschnittssprung Die allereinfachste M¨ oglichkeit zur Erzeugung eines Reflektors f¨ ur einen ein¨ dimensionalen Wellenleiter besteht in der pl¨ otzlichen Querschnitts-Anderung des Rohres (Bild 9.1).
S1
S2
Schalleinfall
Bild 9.1. Einfacher Querschnittssprung
¨ Reflexion und Transmission lassen sich aus einfachen Uberlegungen bestimmen. Dazu ber¨ ucksichtigt man im linken (halbunendlichen) Rohrteil eine
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
287
einfallende, von der Quelle herstammende und eine am Querschnittssprung reflektierte Welle p1 = p0 e−jkx + rejkx (9.1) mit der Schallschnelle v1 =
p0 −jkx j ∂p1 = e − rejkx . ω ∂x c
(9.2)
F¨ ur den rechten Kanalast wird angenommen, dass er reflexionsfrei sei, es bildet sich demnach nur die u ¨bertragene Welle p2 = tp0 e−jkx
(9.3)
und
p0 −jkx e (9.4) c aus. Der noch unbekannte Reflexionsfaktor r und der ebenfalls unbekannte ¨ Transmissionsfaktor t werden aus den beiden Ubergangsbedingungen an der Trennfl¨ ache x = 0 bestimmt. Zu beiden Seiten der Trennstelle x = 0 liegen gleiche Dr¨ ucke vor, 1 + r = t, (9.5) v2 = t
und die pro Zeiteinheit links durch den Querschnitt str¨omende Masse S1 v1 (0) und die rechts durch den Querschnitt str¨ omende Masse S2 v2 (0) sind gleich: S1 v1 (0) = S2 v2 (0) ,
(9.6)
(1 − r) S1 = tS2 .
(9.7)
oder, mit (9.2) und (9.4),
Die Gleichungen (9.5) und (9.7) formulieren die Konsequenzen der Randbedingungen hinsichtlich Transmission und Reflexion, ineinander eingesetzt ¨ ergeben sie den Ubertragungsfaktor t=
2 1 + SS21
(9.8)
und den Reflexionsfaktor r =t−1=
1 − S2 /S1 . 1 + S2 /S1
(9.9)
Die akustische Wirkung des Schalld¨ ampfers wird durch die von ihm u ¨bertragene Schallleistung angegeben. Deshalb interessiert vor allem der Transmissionsgrad 4 SS21
2
τ=
S2 p20 |t| S2 2 durchgelassene Leistung = = |t| = auftreffende Leistung S1 p20 S1
1+
2 SS21
+
S2 S1
2 . (9.10)
288
9 Schalld¨ ampfer
Etwas u ur den Transmissionsgrad noch ¨bersichtlicher wird der Ausdruck f¨ durch Erweitern mit S1 /S2 τ=
4 S2 S1
+
S1 S2
+2
.
(9.11)
Das Einf¨ ugungsd¨ammmaß R gegen¨ uber dem gestreckten Kanal mit S2 = S1 ergibt sich zu 1 S2 S1 R = 10 lg 1/τ = 10 lg + +2 . (9.12) 4 S1 S2 Kanalerweiterungen wirken demnach ebenso wie Kanalverengungen, wenn das Verh¨ altnis aus gr¨ oßerem Querschnitt zu kleinerem Querschnitt gleich bleibt. Das bedeutet auch, dass die D¨ ammungen bei Beschallung von links“ ” und von rechts“ gleich groß sind. ” Bild 9.2 gibt den Verlauf von R u ¨ber dem Querschnittsverh¨altnis wieder. Die Resultate sind trotz betr¨ achtlichem Aufwand nicht besonders hoch. Bei Kreisrohren mit einem Radiusverh¨ altnis 1:2 und demnach einem Fl¨achenverh¨ altnis von 1:4 erh¨ alt man nur R = 1, 9 dB. F¨ ur ein Einf¨ ugungsd¨ammmaß von R = 6, 5 dB wird schon ein Radiusverh¨ altnis von 1:4 mit dem Fl¨achenverh¨ altnis 1:16 ben¨ otigt; das w¨ are ein betr¨ achtlicher Aufwand. 10
Einfügungsdämmmaß R/dB
9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0.03125
0.125
0.5
2
8
32
S2/S1
Bild 9.2. Einf¨ ugungsd¨ ammmaß des einfachen Querschnittssprunges
F¨ ur sp¨ atere Zwecke sei noch darauf hingewiesen, dass der Reflexionsfaktor r nach (9.9) f¨ ur sich erweiternde Rohre S2 > S1 negativ wird (das entspricht im Prinzip einer schallweichen Reflexion), f¨ ur sich verj¨ ungende Rohre S2 < S1
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
289
dagegen positive Werte annimmt (das entspricht im Prinzip einer schallharten Reflexion). 9.1.2 Verzweigungen ¨ Ahnlich einfach wie beim einfachen Querschnittssprung gestaltet sich die Betrachtung der Abzweigung von einer Rohrleitung (Bild (9.3). Auch kommen y
SA Teilraum A
x S
Teilraum 1
S
Teilraum 2
Bild 9.3. Rohr mit Abzweigung
Abzweigungen in der Praxis h¨ aufig vor, und sie erlauben einen ersten Einblick in die sp¨ ater eingehender geschilderten Wandungsschalld¨ampfer. Gr¨ unde zur Behandlung der Kanalverzweigung sind also genug vorhanden. Vereinfachend sei dabei angenommen, dass im gestreckten Kanal nicht auch noch ein Querschnittssprung auftritt; die Rohr¨ aste links und rechts vom Abzweig sollen also gleiche Querschnittsfl¨ achen S besitzen. F¨ ur den Fall tiefer Frequenzen, bei denen in allen Kanal¨ asten nur die Grundmoden auftreten, m¨ ussen die Ans¨atze f¨ ur die Teilr¨ aume 1 und 2 links und rechts von der Abzweigung ebenso wie im vorigen Abschnitt gemacht werden: p1 = p0 e−jkx + rejkx (9.13) mit der Schallschnelle v1 =
p0 −jkx j ∂p1 = e − rejkx . ω ∂x c
(9.14)
F¨ ur den rechten Kanalast wird wieder angenommen, dass er reflexionsfrei sei, es bildet sich demnach nur die u ¨bertragene Welle p2 = tp0 e−jkx mit
(9.15)
290
9 Schalld¨ ampfer
p0 −jkx e (9.16) c aus. Beim in y-Richtung abzweigenden Ast sollen sowohl Rohrst¨ ucke mit reflexionsfreiem Abschluss (in diesem Fall betr¨agt die Eingangsimpedanz zA = pA (y = 0)/vA (y = 0) = c) als auch endlich lange, an ihrem Abucke behandelt werden. schluss in y = lA schallhart abgeschlossene Rohrst¨ agt dann die Eingangsimpedanz Beim schallharten Abschluss in y = lA betr¨ des Abzweiges (siehe Kapitel 6) zA = pA (y = 0)/vA (y = 0) = −j c ctg(klA ). Anders ausgedr¨ uckt wird hier also angenommen, dass die Eingangsimpedanz zA des abzweigenden Astes bekannt sei, wobei die beiden genannten Sonderf¨ alle besonders interessieren sollen. Die zwei Unbekannten Reflexionsfak¨ tor r am Einlass und Ubertragungsfaktor t der Fortf¨ uhrung folgen aus den ¨ Ubergangsbedingungen an der Stoßstelle x = 0 und y = 0. Alle drei Dr¨ ucke m¨ ussen gleich groß sein: v2 = t
p1 (0) = pA (0) = p2 (0) ,
(9.17)
1+r =t.
(9.18)
das liefert wieder Wegen der Massenerhaltung ist der in die Stoßstelle hinein fließende Vousse lumenfluss Sv1 (0) gleich der Summe der heraus fließenden Volumenfl¨ SA vA (0) + Sv2 (0): (9.19) Sv1 (0) = SA vA (0) + Sv2 (0) . alt man Wird nun noch durch Sp1 (0) geteilt, so erh¨ v1 (0) SA vA (0) v2 (0) SA vA (0) v2 (0) = + = + , p1 (0) S p1 (0) p1 (0) S pA (0) p2 (0)
(9.20)
wobei Gl.(9.17) benutzt wurde. Der Ausdruck pA (0)/vA (0) ist gleich der Einaltnis p2 (0)/v2 (0) bedeutet die gangsimpedanz zA des Abzweiges, das Verh¨ Impedanz c in der Fortf¨ uhrung 2, es gilt also v1 (0) 1 1−r SA 1 1 = = , + p1 (0) c 1 + r S zA c
(9.21)
oder, unter Zuhilfenahme von Gl.(9.18), SA c 2−t = +1, t S zA
(9.22)
¨ woraus schließlich der Ubertragungsfaktor t folgt: t=
1 1+
1 SA 1 2 S zA / c
.
(9.23)
Im Folgenden werden die eingangs bereits genannten haupts¨achlich interessierenden F¨ alle eines selbst reflexionsfrei abgeschlossenen abzweigenden Astes und einer abbiegenden ’Sackgasse’ mit schallhartem Abschluss diskutiert.
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
291
¨ Verzweigung in reflexionsfrei abgeschlossene Aste Ist der Abzweig mit der Querschnittsfl¨ ache SA selbst an seinem Ende reflexionsfrei abgeschlossen, dann betr¨ agt die Eingangsimpedanz zA des Astes wie gesagt zA = c. Der Transmissionsfaktor t h¨angt damit nach (9.23) nur vom Fl¨ achenverh¨ altnis SA /S ab : t=
1 1+
1 SA 2 S
.
(9.24)
Wenn alle drei Kanal¨ aste mit SA = S gleiche Querschnittsfl¨achen besit10
Einfügungsdämmmaß R/dB
9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 0.125
0.25
0.5
1
2
4
8
SA/S
Bild 9.4. Einf¨ ugungsd¨ ammmaß der Verzweigung
zen, dann sind die Schallfelder in der gestreckten Kanal-Fortf¨ uhrung und im Abzweig gleich. Die Verzweigung des Schallfeldes ist lediglich das Resultat von Erhaltungsprinzipien, in denen die Winkel, die Abzweig und Fortf¨ uhrung mit der Zuleitung bilden, gar keine Rolle spielen. Aus diesem Grund m¨ ussen die beiden nach der Verzweigung jeweils weitergeleiteten Wellen identisch ugungsd¨ammmaß betr¨agt also sein. F¨ ur SA = S ist tA = t = 2/3, das Einf¨ R = 10lg(1/t2 ) = 3, 5 dB (tA = Transmissionsfaktor des Abzweiges). Das f¨ ur andere Fl¨ achenverh¨ altnisse sich ergebende Einf¨ ugungsd¨ammmaß ist in Bild 9.4 gezeigt. Bei den gr¨ oßeren Fl¨ achenverh¨altnissen SA /S bedenke man, dass die Voraussetzung nicht vorhandener h¨oherer Moden schon bei tieferen Frequenzen nicht mehr erf¨ ullt zu sein braucht; die hier abgeleitete einfache Theorie gilt dann nicht mehr.
292
9 Schalld¨ ampfer
Verzweigung in reflektierend abgeschlossene Rohrst¨ ucke F¨ ur den Fall der Verzweigung in ein nach der L¨ange lA schallhart abgeschlossenes Rohrst¨ uck betr¨ agt die Eingangsimpedanz dieser ’Sackgasse’ (siehe Kapitel 6.5) zA = −j ctg(klA ). (9.25) c Damit ist der Impedanz-Frequenzgang des sogenannten ’λ/4 - Resonators’ beschrieben, der f¨ ur klA = π/2 + nπ (n=0,1,2,...), oder gleichbedeutend f¨ ur lA = λ/4 + nλ/2
(9.26)
Nullstellen aufweist, die Resonanzen anzeigen: Impedanzwerte z = 0 signalisieren immer, dass die damit bezeichnete Struktur ’beliebig leicht’ zu Schwingungen angeregt werden kann. Der Transmissionsfaktor der Kanalweiterf¨ uhrung 1 t= (9.27) 1 1 − j 12 SSA ctg(kl A) wird in den in (9.26) genannten Resonanzfrequenzen ebenfalls gleich Null. In den Resonanzen des Abzweiges sperrt letztere die Kanalweiterf¨ uhrung offensichtlich komplett! In den zwischen zwei Resonanzen liegenden ’Antiresonanzen’ dagegen wird die Impedanz zA unendlich groß, der Abzweig kann damit gedanklich durch eine schallharte Fl¨ ache ersetzt werden, der Transmissionsfaktor wird t = 1. Die Bandbreite der Sperrwirkung um die Resonanzfrequenzen herum h¨ angt vom Querschnittsverh¨ altnis SA /S ab, wie man auch dem Bild (9.5) entnehmen kann. Die vollst¨ andige Kanalsperrung in den Resonanzfrequenzen des Abzweiges hat ihre Ursache in der einfachen Tatsache, dass hier Querabh¨ angigkeiten (in x-Richtung) des Schalldruckes im abknickenden Ast von vornherein einfach nicht zugelassen worden sind. Im noch folgenden Abschnitt u ampfer, mit denen ebenfalls eine Wan¨ber die Wandungsschalld¨ dungsimpedanz von Null hergestellt werden kann, wird die hier vernachl¨assigte Ortsabh¨ angigkeit des Schallfeldes dann ber¨ ucksichtigt; diese f¨ uhrt dann zu zwar hohen, aber endlich großen Einf¨ ugungsd¨ ammmaßen. Zum Abschluss dieses Abschnittes sei noch kurz auf die Kreuzung von zwei Kan¨ alen eingegangen (Bild 9.6), wobei der Einfachheit halber angenommen sei, dass alle Kanal¨ aste reflexionsfrei abgeschlossen sind und alle Kanal-Querschnittsfl¨ achen gleich groß sind. In diesem Fall stellen sich in den 3 Abzweigen identische Wellenfelder mit gleichen Transmissionsfaktoren t ein. Wegen der Gleichheit aller Dr¨ ucke an der Kreuzungsstelle gilt 1 + r = t,
(9.28)
wobei r den Reflexionsfaktor in der Zuleitung bedeutet. Die Verzweigung des Volumenflusses verlangt
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
293
10
Einfügungsdämmmaß R/dB
9 8 SA/S = 7 6
2
5
1
4
0.5
3 2 1 0 0
0.25
0.5
0.75
1
lA/λ
Bild 9.5. Wirkung des Abzweigs in Form eines λ/4 - Resonators
1 − r = 3t .
(9.29)
Transmissionsfaktor t
Daraus folgt t = 1/2. An der genannten Kanalkreuzung betr¨agt das Einf¨ ugungsd¨ammmaß also offensichtlich gerade 6 dB.
Reflexionsfaktor r
Transmissionsfaktor t Transmissionsfaktor t
Schall-Zuleitung
Bild 9.6. Kanalkreuzung
294
9 Schalld¨ ampfer
9.1.3 Kammerschalld¨ ampfer Einfache Querschnittsspr¨ unge sind nicht sonderlich wirksam, wie man dem vorangegangenen Abschnitt 9.1.1 entnehmen kann. Durch eine Kombination von zwei Reflektoren zu einer Kammer der L¨ange l (Bild 9.7) lassen sich ¨ erheblich gr¨ oßere Wirkungen erzielen, wie die folgenden Uberlegungen zeigen.
S1
S2
S3
Schalleinfall Reflektor 1
Reflektor 2
Bild 9.7. Kammer-Schalld¨ ampfer
Auf dem Zuleitungsast setzt sich das Schallfeld wieder aus hinlaufender und aus reflektierter Welle zusammen: (9.30) p1 = p0 e−jkx + rejkx . F¨ ur die Schallschnelle folgt daraus mit v = v1 =
j ∂p ω ∂x
und k = ω/c:
p0 −jkx e − rejkx . c
(9.31)
Nat¨ urlich k¨ onnte man f¨ ur die Kammer einen ¨ ahnlichen Ansatz aus entgegengesetzt laufenden Wellen machen. Die nachfolgende Rechnung gestaltet sich jedoch etwas einfacher, wenn man diesmal f¨ ur die L¨osungen der Wellengleichung die Linearkombination p2 = p0 (α sin kx + β cos kx) mit v2 =
jp0 (α cos kx − β sin kx) c
(9.32)
(9.33)
verwendet. Der Teilraum 3 ist wieder reflexionsfrei abgeschlossen, hier gibt es also nur die durchgelassene Welle (9.34) p3 = p0 te−jk(x−l) mit v3 =
p0 −jk(x−l) te . c
(9.35)
¨ Die Ubergangsbedingungen p1 = p2 und S1 v1 = S2 v2 am Reflektor x = 0 liefern
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
295
1+r =β
(9.36)
S1 (1 − r) = jαS2 .
(9.37)
und Aus p2 = p3 und S2 v2 = S3 v3 in x = l folgt α sin kl + β cos kl = t
(9.38)
S2 (α cos kl − β sin kl) = −jtS3 .
(9.39)
und Die Gleichungen (9.36) bis (9.39) stellen ein Gleichungssystem in den 4 Unbekannten α, β, t und r dar. Weil wieder vor allem die Transmission interessiert l¨ ost man (9.38) und (9.39) nach α und β auf: ! S3 cos kl (9.40) α = t sin kl − j S2 ! S3 β = t cos kl + j sin kl . S2
und
(9.41)
In (9.36) und (9.37) wird der Reflexionsfaktor r eliminiert: β + jα
S2 =2. S1
(9.42)
Einsetzen von (9.40) und (9.41) in (9.42) liefert schließlich f¨ ur den Transmissionsfaktor t ! S2 S3 S3 sin kl + j cos kl =2, sin kl − j t cos kl + j S2 S1 S2 bzw.
t=
cos kl 1 +
S3 S1
2
+ j sin kl
S3 S2
+
S2 S1
.
(9.43)
Der Transmissionsgrad τ besteht aus dem Verh¨altnis von durchgelassener zu auftreffender Leistung, f¨ ur ihn gilt also τ=
S3 2 |t| = S1
cos2 kl 1 +
S3 S1
2
4 SS31 + sin2 kl
S3 S2
+
S2 S1
2 .
(9.44)
F¨ ur eine einfache Interpretation ist es naheliegend, die Querschnittsfl¨achen von Zufluss und Abfluss mit S3 = S1 gleichzusetzen. Daf¨ ur wird τ=
4 4 cos2 kl + sin2 kl
S1 S2
+
S2 S1
2 .
296
9 Schalld¨ ampfer
Dieser Ausdruck l¨ asst sich noch etwas vereinfachen:
τ= 2
4 + sin kl
4 S1 S2
+
S2 S1
2
= −4
1+
1 4
1 S1 S2
−
S2 S1
2
.
(9.45)
2
sin kl
Das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß betr¨ agt demnach 2 1 S1 S2 2 R = 10 lg 1/τ = 10 lg 1 + − sin kl . 4 S2 S1
(9.46)
Die D¨ ammwirkung der Kammer ist also – anders als die des einfachen Querschnittssprunges – frequenzabh¨ angig (siehe auch die Bilder 9.8 und 9.9 a,b,c). Sie hat dabei eine periodische Gestalt, in der abwechselnd Minima und Ma25
Einfügungsdämmmaß R/dB
S2/S1= 32 20 16
15 8 10 4 5 2 0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
l/λ
Bild 9.8. Einf¨ ugungsd¨ ammmaß von Kammer-Schalld¨ ampfern
xima R = Rmin = 0 dB
f¨ ur kl = 0, π, 2π, . . .
und
R = Rmax
1 = 10 lg 1 + 4
S1 S2 − S2 S1
2 f¨ ur kl =
π 3π 5π , , , . . . (9.47) 2 2 2
vorkommen. Die Maxima nehmen dabei diesmal gr¨oßere Werte an. Zum Beispiel ist Rmax = 6, 5 dB f¨ ur S2 /S1 = 4 (einfacher Querschnittssprung:
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
297
R = 1, 9 dB) und Rmax = 18, 1 dB f¨ ur S2 /S1 = 16 (einfacher Querschnittssprung: R = 6, 5 dB). Die Frequenzen fn , bei denen die Maxima R = Rmax liegen, sind 1c 3c 5c , , ,... . 4l 4l 4l
fn =
(9.48)
F¨ ur die zugeh¨ origen Wellenl¨ angen λ = c/fn gilt l=
1 3 5 λ, λ, λ, . . . . 4 4 4
(9.49)
Die Kammerl¨ ange betr¨ agt also in den Maxima ungerade Vielfache einer Viertel-Wellenl¨ ange. Dass die Frequenzen mit gr¨ oßter Wirkung“ gerade aus der Bedingung ” L¨ ange = λ/4+nλ/2“ hervorgehen, das l¨ asst sich auch anschaulich begr¨ unden. ” Die gr¨ oßte Wirkung wird man n¨ amlich gerade dann erwarten, wenn die am Kammerende und dann nochmals am Kammeranfang (damit also bereits doppelt) reflektierte Welle gerade gegenphasig zur am Kammeranfang aktuell auftreffenden Welle ist. Weil die Laufstrecke der doppelt reflektierten Welle 2l ist und weil Gegenphasigkeit eine Verschiebung um λ/2 + nλ bedeutet, folgt aus ¨ dieser Uberlegung ebenfalls l = λ/4+nλ/2. Insgesamt bildet die Kammer also einen durch die Kammerl¨ ange in der Frequenz und durch das Querschnittsverh¨ altnis in der Wirkungsh¨ ohe einstellbaren Schalld¨ampfer mit ganz guter“ ” Wirkung, die allerdings nur in bestimmten Frequenzintervallen vorliegt. In der Praxis interessiert meist vor allem das erste, tieffrequente Maximum n = 0. Seine Wirkungsbandbreite l¨ asst sich beschreiben durch den Frequenzabstand Δf = f1+ − f1− der beiden Frequenzen f1− und f1+ links und rechts vom Maximum, in denen R = Rmax − 3 dB ist. Außerhalb der Minima R = 0 dB und f¨ ur Fl¨ achenverh¨ altnisse S2 /S1 , die nicht zu nahe beim Wert S2 /S1 = 1 liegen, kann das Schalld¨ ammmaß durch 2 S1 S2 2 − −6 R ≈ 10 lg sin kl S2 S1 angen¨ ahert werden. Deshalb gilt f¨ ur f1+ und f1− 2 π f1± l 1 2 = , sin c 2 oder nat¨ urlich
2 π f1+ l 3π = c 4
Es ist also Δf = f1+ − f1−
2 π f1− l π = . c 4 3 1 c 1c − = = f1 . = 8 8 l 4l und
(9.50)
Die 3 − dB Bandbreite ist also gerade genauso groß wie die Mittenfrequenz f1 (Frequenz des ersten Maximums).
298
9 Schalld¨ ampfer 10 Messung
Rechnung
Einfügungsdämmmaß / dB
8
6
4
2
0 0
500
1000
1500
2000
2500
f/Hz
Bild 9.9. (a) Gerechnete und gemessene Einf¨ ugungsd¨ ammung eines KammerSchalld¨ ampfers S2 /S1 = 4, l = 5 cm (Messung aus der Diplomarbeit von J. L. Barros)
Die Bilder 9.9 a,b,c zeigen, dass Theorie und Wirklichkeit recht gut u ¨bereinstimmen. Die leichten Frequenzverschiebungen zwischen praktischen 10 Messung
Einfügungsdämmmaß / dB
8 Rechnung 6
4
2
0 0
500
1000
1500
2000
2500
f/Hz
Bild 9.9. (b) Gerechnete und gemessene Einf¨ ugungsd¨ ammung eines KammerSchalld¨ ampfers S2 /S1 = 4, l = 10 cm (Messung aus der Diplomarbeit von J. L. Barros)
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
299
10
Einfügungsdämmmaß / dB
8
Messung
Rechnung
6
4
2
0 0
500
1000
1500
2000
2500
f/Hz
Bild 9.9. (c) Gerechnete und gemessene Einf¨ ugungsd¨ ammung eines KammerSchalld¨ ampfers S2 /S1 = 4, l = 15 cm (Messung aus der Diplomarbeit von J. L. Barros)
und theoretischen Kurven lassen sich dadurch erkl¨aren, dass die akustische ” L¨ ange“ von Kammern etwas kleiner ist als die geometrische L¨ange (bei den d¨ unneren Zu- und Ableitungen w¨ aren verl¨ angernde und damit die Kammer verk¨ urzende M¨ undungskorrekturen in der Berechnung erforderlich). Dass man mit Auspufft¨ opfen ohne Absorption“ schon ganz gute Wirkun” gen erreichen kann, zeigt ein Beispiel. Immerhin kann man bei einem Rohrdurchmesser von 5 cm, einem Topfdurchmesser von (realistischen) 20 cm und einer Topfl¨ ange von 25 cm bei 340 Hz ein Einf¨ ugungsd¨ammmaß von 18 dB erreichen, das bei 170 Hz und 510 Hz auf 15 dB absinkt. Ein gleicher Wirkungsverlauf liegt dann auch im Intervall von 850 Hz bis 1190 Hz (Mittenfrequenz = 1020 Hz) vor. Es ist naheliegend, die L¨ ucke im Frequenzband um 680 Hz durch einen zweiten, zus¨ atzlichen Topf zu schließen, wie in Bild 9.10 skizziert. Der n¨achste Abschnitt ist deshalb der Kombination von Kammern gewidmet.
9.1.4 Kammer-Kombinationen Es soll nun das Problem eines D¨ ampfers betrachtet werden, der aus N Rohrst¨ ucken mit unterschiedlichen Querschnittsfl¨achen Si , i = 1, 2, . . . N und einer Zuleitung und einer Abflussleitung besteht (siehe auch Bild 9.10).
300
9 Schalld¨ ampfer
Die theoretische Betrachtung beinhaltet naturgem¨aß zwei Schritte: ¨ 1. die Ubertragung an einem Querschnittssprung und ¨ 2. die Ubertragung l¨ angs eines Rohrst¨ uckes mit konstantem Querschnitt.
S1
S2
S3
l2
S4
S5
l4
l3
Bild 9.10. Schalld¨ ampfer aus mehreren Kammern
S i-1
0
Si Si
pi(li), vi(li)
pi(0), vi(0)
Dazu wird an jedem Rohrst¨ uck i eine Koordinate xi angeheftet, xi = 0 beschreibt den Schalleinlass, xi = li den Auslass (siehe Bild 9.11). Druck und Schnelle am Einlass sind also durch pi (0) und vi (0), am Auslass durch pi (li ) ur die Abflussleitung aus dem D¨ampfer (das N + 1-te, und vi (li ) bezeichnet. F¨
S i+1
li
xi
¨ Bild 9.11. Definition der Gr¨ oßen zur Beschreibung der Ubertragung l¨ angs eines Rohr-Abschnittes
halbunendliche Rohrst¨ uck) wird Reflexionsfreiheit angenommen, die Impedanz ist also pN +1 (0) zN +1 (0) = = c . (9.51) vN +1 (0)
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
301
¨ Mit Hilfe der nun schon mehrfach verwendeten Ubergangsbedingungen an einem Querschnittssprung pi (li ) = pi+1 (0) und Si vi (li ) = Si+1 vi+1 (0) l¨ asst sich die Impedanz am Ende des Rohrst¨ uckes mit niedrigerer Ordnung aus der Impedanz am Anfang des Rohrst¨ uckes mit h¨oherer Ordnung bestimmen: zi (li ) =
Si pi+1 (0) Si pi (li ) = = zi+1 (0) . vi (li ) Si+1 vi+1 (0) Si+1
(9.52)
Wenn man, wie in (9.51) ausgedr¨ uckt, mit dem Gesamtauslass beginnt, dann kann man zun¨ achst mit (9.52) auf die End-Impedanz zN (lN ) im letzten Rohrst¨ uck zur¨ uckrechnen. Der n¨ achste Schritt besteht in der Berechnung des Feldgr¨ oßen-Verh¨ altnisses z = p/v am Rohrst¨ uck-Anfang, zN (0), aus dem uck-Ende. Danach beginnt man wieder von Verh¨ altnis zN (lN ) am Rohrst¨ ” vorne“ mit (9.52) und rechnet zN −1 (lN −1 ) aus zN (0), daraus wieder zN −1 (0), und das wird solange wiederholt, bis man am Rohr-Einlass angelangt ist. Was noch zu tun bleibt ist die Berechnung des Zusammenhanges zwischen zi (0) und zi (li ). Am einfachsten macht man den Ansatz pi (xi ) = αi cos k (xi − li ) + βi sin k (xi − li ) .
(9.53)
Wie man leicht durch Einsetzen von xi = li sieht, muss αi einfach gleich dem Druck an der Stelle li sein, αi = pi (li ), und wegen vi (xi ) =
j ∂pi j {αi sin k (xi − li ) − βi cos k (xi − li )} =− ω ∂xi c
(9.54)
ist βi zur Schnelle in xi = li proportional: jβi = vi (li ) . c Mithin lassen sich an jeder beliebigen Stelle xi im i-ten Rohrst¨ uck Druck und Schnelle, pi (xi ) und vi (xi ), vollst¨ andig durch die Feldgr¨oßen am Rohrst¨ uckucken: Ende xi = li ausdr¨ pi (xi ) = pi (li ) cos k (xi − li ) − j c vi (li ) sin k (xi − li ) und vi (xi ) = −
j pi (li ) sin k (xi − li ) + vi (li ) cos k (xi − li ) . c
Die Impedanz am Rohrst¨ uck-Anfang, zi (0) = pi (0)/vi (0) l¨asst sich damit leicht aus der am Rohr-Ende, zi (li ) = pi (li )/vi (li ), ausrechnen:
302
9 Schalld¨ ampfer
zi (0) = c
zi (li ) c cos kli + j sin kli jzi (li ) c sin kli + cos kli
.
(9.55)
Wie schon erw¨ ahnt hangelt“ man sich in der Rechnung am D¨ampfer von ” ” hinten nach vorne“ entlang: Abwechselnd (9.52) und (9.55) anwendend landet man schließlich am Anfang des ersten Rohrst¨ uckes, z1 (0). Den Abschluss bildet nun der Ansatz f¨ ur den (halbunendlichen) Einlasskanal pE = p0 e−jkx1 + rE ejkx1 (9.56) p0 −jkx1 jkx1 vE = e − rE e (9.57) c (bei dem das selbe Koordinatensystem wie beim Rohrst¨ uck 1, x1 , verwendet wird: Wie gewohnt durchst¨ oßt die x1 -Achse das Einlass-Kanal-Ende an der Stelle x1 = 0). Es ist zE (0) 1 + rE So z1 (0) = , = c 1 − rE S1 c
(9.58)
So z1 (0) S1 c So z1 (0) S1 c
(9.59)
oder rE =
−1
.
+1
Der Energieerhaltungssatz verlangt 2
τ = 1 − |rE | .
(9.60)
Das Einf¨ ugungsd¨ammmaß ist wieder R = −10 lg τ . Bild 9.12 zeigt durchgerechnete Beispiele, eines davon versucht Breitbandigkeit herzustellen. Mit der oben geschilderten Prozedur k¨ onnen auch Rohre mit beliebiger axialer Querschnitts¨ anderung S = S(x) – wie in Bild 9.13 skizziert – berechnet werden. Dabei wird der kontinuierliche Verlauf S(x) in viele kleine Treppenstufen“ zerlegt (¨ ahnlich wie in Bild 13.2 aus Kapitel 13). Sowohl die ” theoretische Rechnung von solchen periodisch verbeulten Rohren“ wie auch ” praktische Messungen ergeben vor allem, dass sich schmalbandig ziemlich gute Wirkungen bereits bei von 1 nicht sehr abweichenden Fl¨achenverh¨altnissen erzielen lassen. Bild 9.14b gibt das an einer Probe ermittelte Messergebnis wieder. Bild 9.14a zeigt die theoretischen Verl¨aufe f¨ ur die im Bild genannten Querschnittsfunktionen S(x). Nur in seltenen Ausnahmef¨allen wird man das recht große, aber sehr schmalbandige Einf¨ ugungsd¨ammmaß in der Praxis auch nutzen k¨ onnen: Das lohnt sich nur bei einem reinen Ton, dessen Frequenz nicht auch noch (z.B. durch die Drehzahl des Motors) ver¨anderlich ist. Obendrein ergibt sich die Frequenz maximaler Wirkung aus λw = λ/2 (Wandungsperiode = Luftschallwellenl¨ ange/2), so dass schon aus Aufwandsgr¨ unden nur hohe, allenfalls mittlere Frequenzen f¨ ur Anwendungen in Frage kommen k¨ onnten.
9.1 Querschnitts¨ anderungen schallharter Rohrleitungen
303
Einfügungsdämmmaß R/dB
25
20
l4/l2=l3/l2=1 l4/l2=l3/l2=0,5
15
10
5
0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
l2/λ
Bild 9.12. Wirkung eines Schalld¨ ampfers aus drei Rohrst¨ ucken wie in Bild 9.10 mit S1 = S3 = S5 und S2 = S4 = 4S1 x Auslassfläche S
0
Einlassfläche S
0
’’laufende’’ Fläche S(x)
Bild 9.13. Rohr mit ver¨ anderlichem Querschnitt entlang der Rohrachse
Bild 9.14. (a) Berechnetes Einf¨ ugungsd¨ ammmaß von beulstrukturierten Rohren mit der Periode λw und dem Fl¨ achenverh¨ altnis S(x)/S0 = 1 + ε sin 2πx/λw f¨ ur ε = 0, 1; 0, 15; 0, 2; 0, 25; 0, 3 und 0, 35, Rohrgesamtl¨ ange = 5λw
304
9 Schalld¨ ampfer
Bild 9.14. (b) Gemessenes Einf¨ ugungsd¨ ammmaß von beulstrukturierten Rohren f¨ ur ε = 0, 25, Rohrgesamtl¨ ange: 5λw
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer In diesem Abschnitt werden Schalld¨ ampfer behandelt, die durch Auskleidung der Kanalwandung mit einer geeignet gew¨ ahlten Impedanz hergestellt werden. Praktisch muss man dazu sehr oft einen breiten Kanal in viele einzelne Durchf¨ uhrungen aufteilen, wie in Bild 9.15 skizziert ist. Oft m¨ ussen z.B. in
Gehäuse
Zuluft mit Schall
beruhigte Abluft Kulissen aus Absorbermaterial
Bild 9.15. Aufbau von Kulissen-Schalld¨ ampfern
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
305
Bel¨ uftungsanlagen große Mengen Frischluft gef¨ordert werden. Weil andererseits nur Kan¨ ale mit kleinen Abst¨ anden der sie seitlich begrenzenden Fl¨achen auch große D¨ ampfungen besitzen k¨ onnen, sind Bauarten als Kulissend¨ampfer (Bild 9.15) oft erforderlich. Hier soll nur das Wirkprinzip solcher – und ¨ahnlicher anderer – D¨ampferAufbauten erkl¨ art werden. Als einfachst-m¨ ogliche Modell-Anordnung wird der zweidimensionale Kanal (∂/∂z = 0 in Bild 9.18) behandelt, dessen Wandung in einer schallharten Platte bei y = 0 und in einer dazu parallelen Platte mit gegebener Luftschall-Impedanz bei y = h besteht. Vor Betrachtung dieser Modellanordnung ist es gewiss sinnvoll, zun¨achst an die bereits in Kapitel 6 gesammelten Erkenntnisse u ¨ber den vielleicht einfachsten Sonderfall – den schallhart berandeten Kanal – zu erinnern und in Hinblick auf die vorkommenden D¨ ampfungen zu erg¨anzen. Danach wird der einfachste neue“ Fall behandelt: Die Kanalauskleidung in y = h mit der ” schallweichen Impedanz von z = 0. Wie man sehen wird best¨ unde darin ein hochwirksamer Schalld¨ ampfer. Zwar st¨ oßt die Realisierung von z = 0 durchaus auf Schwierigkeiten; trotzdem lohnt die Betrachtung, denn sie tr¨agt einiges zur Erkl¨ arung von Funktionsprinzipien bei. Danach wird dann eine N¨aherungsbetrachtung f¨ ur den Fall mit allgemeiner Impedanz durchgef¨ uhrt, die schließlich zum Schluss noch der exakten Problembehandlung gegen¨ ubergestellt wird. 9.2.1 Der schallhart berandete Kanal Der Kanal mit beidseitig schallharter Berandung ist bereits in Kapitel 6 behandelt worden; es gen¨ ugt deshalb, die dort in den Gleichungen (6.3) und (6.4) (siehe S. 183) zusammengefassten Ergebnisse zu rekapitulieren. Der Schalldruck setzt sich aus cosinusf¨ ormigen Querverteilungen – den Moden – zusammen; jede Mode besitzt dabei eine gewisse Wellenzahl kx in KanalAchsrichtung, die ihr Ausbreitungsverhalten beschreibt. Es ist p=
∞
pn cos
n=0
nπy −jkx x e . h
(9.61)
ussten (wenn sie interessieren) aus der SchallDie modalen Amplituden pn m¨ quelle bestimmt werden; das setzt nat¨ urlich dann auch eine (meist gar nicht vorhandene) genaue Kenntnis der Quelle voraus. Jede Mode besitzt eine andere Wellenzahl kx in Ausbreitungsrichtung, die durch Einsetzen der Summanden von (9.61) in die Wellengleichung errechnet wird (siehe auch (6.4), S. 184). Zusammen mit der Tatsache, dass reflexionsfreie Schallfelder stets von der Quelle weg abnehmen m¨ ussen, erh¨ alt man f¨ ur die modalen Wellenzahlen ⎧ ⎨ + k 2 − nπ 2 ; |k| ≥ nπ h h . (9.62) kx = ⎩ −j nπ 2 nπ 2 −k ; |k| ≤ h
h
306
9 Schalld¨ ampfer
Die Mode n = 0 zeichnet sich durch die rein reelle Wellenzahl kx = k0 aus; grunds¨ atzlich wird also im schallhart berandeten Kanal die Grundmode n = 0 – die ebene Welle – stets unged¨ ampft u ¨bertragen. Allgemein beschreibt ja der Imagin¨ arteil einer (wie auch immer gearteten) Wellenzahl die D¨ampfung des damit bezeichneten Wellentyps. Mit der Zerlegung in Real- und Imagin¨arteil kx = kr − jki
(9.63)
verh¨ alt sich also das Feld dieser Wellenart wie p ∼ e−jkx x = e−jkr x e−ki x .
(9.64)
Der zugeh¨ orige Pegel-Ortsverlauf L = 10 lg |p| ∼ 10 lg e−2ki x = −ki x20 lg e = −8, 7 ki x 2
(9.65)
¨ f¨ allt linear mit x. Ublicherweise gibt man zur D¨ampfungsbeschreibung die uckes der x-Achse an, dessen L¨ange gerade Pegeldifferenz Dh entlang eines St¨ gleich dem Kanalquerschnitt gew¨ ahlt wird. Es gilt also allgemein f¨ ur die modale D¨ ampfung (9.67) Dh = 8, 7ki h . Beim schallhart berandeten Kanal haben die Moden n > 0 (f¨ ur Frequenzen unterhalb ihrer cut-on-Frequenz, siehe Kapitel 6) die D¨ampfungen (9.68) Dh = 8, 7 (nπ)2 − (kh)2 . N¨ aherungsweise gilt also f¨ ur tiefe Frequenzen kh nπ Dh ≈ 8, 7nπ = 27, 3n .
(9.69)
Damit sind sehr hohe modale D¨ ampfungen bezeichnet. Die Mode n = 1 nimmt um 27, 3 dB (n = 2: 54, 6 dB) pro Kanalbreite in L¨angsrichtung des Kanals ab; 4 Kanalbreiten von der Quelle weg ist diese Mode also schon um mehr als 100 dB (n = 2: 200 dB) reduziert! Ein praktischer Nutzen l¨ asst sich daraus f¨ ur die im Abschnitt Kundt” sches Rohr“ geschilderte Messtechnik ziehen, bei der die h¨oheren Moden st¨ oren, w¨ ahrend die Grundmode n = 0 erw¨ unscht ist. F¨ ur den Einsatz als Schalld¨ ampfer w¨ are die schallharte Wandung hingegen nur zu gebrauchen, wenn die Quelle keine Grundmode n = 0 anregen w¨ urde. Das w¨ urde sehr spezielle Quell-Konfigurationen voraussetzen, die in der praktischen Ger¨auschbek¨ ampfung sicher kaum eine Rolle spielen d¨ urften. F¨ ur allgemeine Aussagen, die f¨ ur jede Quelle das prinzipiell Machbare“ angeben, l¨asst sich nur ” der schlechtest-m¨ ogliche Fall“ angeben, der in der Mode mit der kleinsten ” D¨ ampfung besteht. Hier wie in den folgenden Abschnitten wird deshalb stets nach der kleinsten modalen D¨ ampfung Dh der Moden gefragt. Beim Kanal mit schallharter Berandung ist die kleinste D¨ ampfung einfach Dh = 0; dieser Kanal ist nat¨ urlich als Schalld¨ ampfer unbrauchbar.
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
307
9.2.2 Der schallweich berandete Kanal Wie das Folgende zeigt, liefert bereits die einfache schallweiche Berandung mit der Randbedingung p(y = h) = 0 (9.70) einen hochwirksamen Schalld¨ ampfer. F¨ ur die Quermoden wird wegen der Randbedingung ∂p/∂y = 0 f¨ ur y = 0 wieder ein Cosinusverlauf angesetzt p ∼ cos qy .
(9.71)
Wegen der Randbedingung (9.70) an der Impedanzfl¨ache in y = h erh¨alt man diesmal aber f¨ ur die Eigenwerte q qh = π/2 + nπ
f¨ ur n = 0, 1, 2, 3, . . . .
(9.72)
Das Schallfeld setzt sich diesmal also aus p=
∞
y pn cos((π/2 + nπ) )e−jkx x h n=0
(9.73)
zusammen. Die Quermoden der Form cos((π/2 + nπ) hy ) sind in Bild 9.16 gezeigt.
n=0
n=1
n=2
n=3
Bild 9.16. Schalldruck-Quermoden im oben mit z = 0 und unten mit z → ∞ berandeten (zweidimensionalen) Kanal
Aus der Wellengleichung folgen die modalen Wellenzahlen kx zu ⎧ 2 ⎪ ⎪ ⎨ + k 2 − (n+1/2)π ; |k| ≥ (n+1/2)π h h kx = . 2 ⎪ (n+1/2)π (n+1/2)π ⎪ 2 ⎩ −j −k ; |k| ≤ h h
(9.74)
Beim schallweich berandeten Kanal verf¨ ugen also alle Moden u ¨ber eine von Null verschiedene cut-on-Frequenz, f¨ ur die fn =
n + 1/2 c 2h
(9.75)
308
9 Schalld¨ ampfer
gilt. Immerhin betr¨ agt die tiefste cut-on-Frequenz 1700 Hz bei einer Kanalbreite von 5 cm. F¨ ur Frequenzen darunter ist keine Mode ausbreitungsf¨ahig, alle Querverteilungen stellen in L¨ angsrichtung ged¨ampfte Nahfelder dar; das gilt diesmal auch f¨ ur die Mode n = 0 mit der tiefsten cut-on-Frequenz. N¨aherungsweise gilt f¨ ur tiefe Frequenzen kh λ/2 nach (9.67) und (9.74) Dh = 8, 7(n + 1/2)π = 13, 7 + 27, 3n .
(9.76)
Im schlechtesten Fall mit n = 0 nimmt also das Gesamtschallfeld bei den tiefen Frequenzen um 13, 7 dB pro Kanalbreite in L¨angsrichtung ab. Das ist ein f¨ ur praktische Verh¨ altnisse außerordentlich hoher Wert, der sogar nur wenig unter dem maximal erreichbaren Wert von Dh,max = 19, 1 dB (siehe dazu den u achsten Abschnitt) liegt. ¨bern¨ Es w¨ are also f¨ ur praktische Anwendungen h¨ochst w¨ unschenswert, schallweiche Oberfl¨ achen m¨ oglichst breitbandig herzustellen. Nun ist es aber gar nicht leicht, u ache mit der Impedanz z = 0 zu schaffen. Wie ¨berhaupt eine Fl¨ im Kapitel u autert, l¨asst sich das nur durch einen ¨ber Resonanzabsorber erl¨ unged¨ ampften Aufbau in Form eines Resonators verwirklichen; dieser hat die Impedanz z = jωm − s /jω mit einem Nulldurchgang z = 0 in der Resonanzfrequenz ω = ωres = s /m . F¨ ur Frequenzen unterhalb oder oberhalb der Resonanz stellen sich dagegen endliche Impedanzwerte mit Steifeverhalten (Im{z} < 0) oder Masseverhalten (Im{z} > 0) ein. Die Frage, welche zugeh¨ orige D¨ampfung Dh sich dann noch einstellt, ist gleichzeitig die praktisch sehr interessierende Frage nach der Breitbandigkeit der Wirkung von Kan¨ alen, deren Wandungen durch Resonatoren ausgekleidet sind. F¨ ur Frequenzen f oberhalb der tiefsten cut-on Frequenz f > f0 wird die Mode n = 0 zu einer unged¨ ampften Welle. Liegt die Frequenz noch unterhalb der cut-on-Frequenz der n¨ achsth¨ oheren Mode n = 1, dann stellt sich in einiger Entfernung von der Quelle u ¨berall die in Bild 9.17 gezeigte Querverteilung des Schalldruckpegels ein (vorausgesetzt nat¨ urlich noch, dass diese Mode von der Quelle auch tats¨ achlich angeregt wird). Wie man sieht wird das Schallfeld in Form eines Schallstrahles gef¨ uhrt, der Pegel nimmt von der Strahl-Mitte in y = 0 - der schallharten Berandung - zur schallweichen Seite hin ab. F¨ ur einen auf zwei Seiten schallweich berandeten Kanal w¨ urde das Strahl-Maximum in der Mitte zwischen den Grenzfl¨achen liegen. Oberhalb der tiefsten cut-on-Frequenz erfolgt also eine Strahl-Bildung, wobei der Schallstrahl die seitlichen Begrenzungsfl¨ achen quasi nicht ber¨ uhrt. Die weitergeleitete Schallleistung konzentriert sich auf die Kanal-Mitte. Von einem prinzipiellen Standpunkt aus ist es noch bemerkenswert, dass bei der schallweichen Berandung unterhalb der tiefsten cut-on-Frequenz mit der sehr hohen Kanal-D¨ ampfung Dh keine Energieverluste entstehen. Durch die schallweiche Oberfl¨ ache p(y = h) = 0 tritt nat¨ urlich keine Leistung hindurch, die Kanalwandung entzieht also dem Schallfeld im Inneren keine Ener-
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
309
gie. Auch ein Kanal mit schallweicher Wandung wirkt deshalb durch Reflexion am Einlass.
L(y)/dB
5 dB
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
y/h
Bild 9.17. Pegelverlauf L(y) = 10 lg |cos(πy/2h)| der Grundmode
9.2.3 Der Schalld¨ ampfer mit beliebiger Wandungsimpedanz Die in den n¨ achsten Abschnitten geschilderten Betrachtungen behandeln zun¨ achst das einfachst-m¨ ogliche zweidimensionale D¨ampfermodells. Wie Bild 9.18 zeigt besteht es aus einer schallharten Platte in y = 0 und aus einer dazu y
Oberflächenimpedanz z
h x schallharte Wandung
Bild 9.18. Modell-Anordnung zur Berechnung der Kanal-D¨ ampfung durch Wandungsbelegung mit der Impedanz z
parallelen Ebene in y = h mit der Impedanz z. F¨ ur die Feldgr¨oßen in y = h
310
9 Schalld¨ ampfer
gilt also p (y = h) = zvy (y = h) .
(9.77)
¨ Den Anfang der Uberlegungen bildet eine N¨ aherung, die nicht nur die Tendenzen der Wirkungsweise aufzeigt, sondern oft auch in der Gr¨oßenordnung zu schon recht brauchbaren Ergebnissen f¨ uhrt. Wie alle N¨aherungen st¨oßt jedoch auch diese an ihre Grenzen; was jenseits von diesen liegt, versucht der anschließende Abschnitt wenigstens anzudeuten. 9.2.4 N¨ aherungsbetrachtungen f¨ ur die Grundmode Der Hauptunterschied zwischen einer schallharten und einer mit der endlichen Impedanz z ausger¨ usteten Wandung besteht einfach darin, dass im zweiten Fall Massenfluss durch die Impedanzfl¨ ache hindurchschwingt; f¨ ur z → ∞ ist das ausgeschlossen. Es ist naheliegend, diesen Effekt zun¨achst n¨aherungsweise eben auch anhand des akustischen“ Massenerhaltungssatzes (2.54) ” ∂vx ∂vy jω + = − 2p. (9.78) ∂x ∂y c zu betrachten. Wenn man sich auf kleine Kanalbreiten h λ beschr¨ankt und nur auf die Grundmode abzielt, dann kann man in (9.78) den Differentialquotienten ∂vy /∂y durch den Differenzenquotienten ersetzen: ∂vx vy (h) − vy (0) jω + = − 2p . ∂x h c
(9.79)
F¨ ur große Impedanzen z wird die Schalldruck-Querverteilung etwa konstant sein. Unter dieser Voraussetzung l¨ asst sich die Schnelle durch Druck und Impedanz ausdr¨ ucken (9.80) vy (h) = p/z . Mit vy (0) = 0 wird aus (9.79) ∂vx =− ∂x
jω 1 + 2 c zh
p.
(9.81)
Wie erw¨ ahnt stellt p/zh die durch die Impedanz hindurchtretende Masse (pro Zeiteinheit und Fl¨ ache) in Rechnung. Die Kr¨ aftegleichung j ∂p vx = (9.82) ω ∂x bleibt von der Wandungsimpedanz nat¨ urlich unbeeinflusst. Man kann sie dazu benutzen, um die Schnelle in (9.81) durch den Schalldruck auszudr¨ ucken; man findet durch Ableiten von (9.82) nach x jω j ∂2p 1 p, = − + ω ∂x2 c2 zh
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
oder, vereinfacht, ∂ 2 p ω2 + 2 ∂x2 c
1 1−j z c kh
311
p = 0.
(9.83)
Gleichung (9.83) bildet eine eindimensionale Wellengleichung f¨ ur den Schalldruck. Sie bietet eine vereinfachte Darstellung der Grundmoden-Ausbreitung f¨ ur große“ Impedanzen und kleine Kanalbreiten h λ. Was genau unter ” großen z“ zu verstehen ist, dar¨ uber kann erst die exaktere Rechnung im ” n¨ achsten Abschnitt Auskunft geben. Die in (9.83) enthaltenen Aussagen u ¨ber die Kanald¨ampfung lassen sich aus der zugeh¨ origen Wellenzahl kx ablesen; sie betr¨agt j . (9.84) kx = k 1 − z c kh Wie schon geschildert ist im Imagin¨ arteil der Wellenzahl kx = kr − jki die D¨ ampfung enthalten (siehe Gleichungen (9.64) und (9.65)), es gilt Dh = 8, 7ki h. F¨ ur praktische Ausf¨ uhrungen von Wandungsaufbauten kommen vor allem Schichten aus por¨ osem Absorbermaterial auf schallhartem Untergrund und eine Belegung der Wandung mit Resonatoren in Frage. Zur Diskussion der durch diese beiden Anordnungen hergestellten Kanald¨ampfung sind einige Vorbemerkungen zur Wirkung der drei prinzipiell m¨oglichen Impedanztypen vorteilhaft. Im Fall des (nahezu) verlustfreien Resonators ist die Impedanz stets imagin¨ ar, und zwar mit negativem Imagin¨arteil im Steifebereich unterhalb der Resonanzfrequenz, mit positivem Imagin¨arteil im Massebereich oberhalb der Resonanzfrequenz. F¨ ur por¨ ose Schichten mit nicht zu kleinem Str¨ omungswiderstand strebt die Impedanz dagegen mit wachsender Frequenz einem (positiven) reellen Wert entgegen. Im Prinzip interessieren also praktisch vor allem entweder imagin¨are Impedanzen mit positivem oder negativem Imagin¨arteil, oder reelle Impedanzen. a) Steifeimpedanz z = −j|z| F¨ ur Steifeimpedanzen ist die Wellenzahl kx = k
1+
1 |z| c kh
(9.85)
stets reell: Der Kanal ist unged¨ ampft. Im Steifebereich der Impedanz ist die Wandungsbelegung v¨ollig nutzlos. Von einem physikalischen Standpunkt aus ist noch bemerkenswert, dass sich uber der freien Ausbreitung verdie Schallgeschwindigkeit cx im Kanal gegen¨ ringert. Aus kx = ω/cx folgt
312
9 Schalld¨ ampfer
cx =
c 1+
.
(9.86)
1
|z| c kh
Eine Realisierung best¨ unde in einer (d¨ unnen) Schicht aus por¨osem Material, das ja bei tiefen T¨ onen stets wie eine Feder wirkt (siehe Abschnitt 6.5.2, S. 208): j z =− c kd (d: Schichtdicke). F¨ ur diesen Fall wird also c cx = 1+
.
(9.87)
d h
b) Masseimpedanz z = j|z| Impedanzen mit Masseverhalten f¨ uhren zur Kanal-Wellenzahl 1 . kx = k 1 − |z| c kh
(9.88)
Diese Wandungsbelegung zieht nur dann eine Kanald¨ampfung nach sich, wenn das Argument unter der Quadratwurzel negativ ist, also wenn |z| kh < 1 . c
(9.89)
Prinzipiell steigen Impedanzen mit Masseverhalten immer mit der Frequenz an. Gleichung (9.89) bezeichnet deshalb eine Bandgrenze, nur unterhalb von ihr ist die Kanald¨ ampfung von Null verschieden. Bei imagin¨ aren Wandungsimpedanzen tritt grunds¨atzlich im zeitlichen Mittel keine Leistung durch diese Fl¨ ache. Etwaige D¨ampfungen werden also nicht durch Leistungsabgabe an die Wandung hergestellt. Das Wirkprinzip besteht hier, wie beim Kanal mit schallweicher Berandung, in der Erzeugung einer nicht ausbreitungsf¨ ahigen Grundmode. c) Reelle Impedanz z = |z| Reellwertige Impedanzen auf der Kanalwandung f¨ uhren zu Kanal-Wellenzahlen 1 , (9.90) kx = k 1 − j |z| c kh die immer eine D¨ ampfung enthalten. Wenn man statt großer Impedanz“ wei” tergehend noch
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
313
|z| kh > 1 c fordert, dann l¨ asst sich (9.90) noch durch 1 kx k 1 − j 2
1
|z| c kh
(9.91)
¨ ann¨ ahern. Richtig gibt (9.91) den Ubergang zur schallharten Wandung mit wachsendem |z| wieder; je gr¨ oßer |z|/ c, desto schlechter die D¨ampfung. Umgekehrt kann man jedoch nicht aus (9.91) darauf schließen, dass mit kleinen |z| auch beliebig hohe Dh erzielbar w¨ aren: F¨ ur die zu (9.91) f¨ uhrende Rechnung waren ausdr¨ ucklich große Impedanzen vorausgesetzt worden. Aus den erl¨ auterten Wirkprinzipien der drei Impedanztypen lassen sich die D¨ ampfungsfrequenzg¨ ange von Realisierungen einsch¨atzen. Als tats¨achlich benutzbare Wandungsaufbauten kommen wie gesagt entweder eine absorbierende Schicht mit r¨ uckseitigem schallhartem Abschluss oder eine Wandungsbelegung mit Resonatoren in Frage; beide werden im Folgenden diskutiert. ¨ Dabei ist der Ubergang fließend: Die zun¨ achst diskutierte por¨ose Schicht geht bei kleinem Str¨ omungswiderstand in den Resonator u ¨ber. 9.2.5 Wandungen aus absorbierenden Schichten Der Impedanzfrequenzgang von r¨ uckseitig schallhart abgeschlossenen por¨osen Schichten der Dicke d z ka = −j ctg(ka d) (9.92) c k
mit der Wellenzahl ka = k
1−j
Ξ ω
im por¨ osen Material ist in Abschnitt 6.5.2 schon ausf¨ uhrlich diskutiert worden. Die dort geschilderten Sachverhalte werden hier noch einmal aufgegriffen und hinsichtlich der Kanald¨ ampfung benutzt (siehe auch Bild 6.13, S. 211). Die Bilder 9.19a,b,c enthalten durchgerechnete Beispiele nach (9.84), wobei Str¨ omungswiderstand Ξd/ c und Schichtdicke d variiert werden. Sie dienen zur Illustration der im Folgenden genannten Prinzipien. Zur Erinnerung sei hier nochmals der Zusammenhang zwischen der Kanal-Wellenzahl kx und der Wandungsimpedanz z wiederholt, es gilt (siehe Gl.(9.84)) j kx = k 1 − z . c kh Wie in Abschnitt 6.5.2 ausf¨ uhrlich geschildert wirkt die Wandungsimpedanz f¨ ur tiefe Frequenzen d λ wie eine Feder; wegen ctg(ka d) ≈ 1/ka d
314
9 Schalld¨ ampfer
gilt z/ c = −j/kd. Demnach erwartet man f¨ ur den Kanal mit einer por¨osen Schicht als Wandung bei den tiefen Frequenzen eine reelle Wellenzahl kx und deshalb keine Kanald¨ ampfung, also Dh ≈ 0 dB (siehe auch Bild 9.19a,b,c). Mit wachsender Frequenz kreuzt die Impedanz bei etwa d ≈ λ/4 die reelle Achse. Weil die Impedanzwerte (f¨ ur kleine Str¨omungswiderst¨ande, siehe Bild 6.13) gering sind, strebt die d¨ ampfende Wirkung hier ihrem ersten Maximum zu. Die Kanald¨ ampfung setzt also f¨ ur kleine Ξd/ c pl¨otzlich und mit hohen Maximalwerten ein. Weil die Impedanz mit wachsendem Str¨omungswiderstand aber zunimmt, f¨ allt das Maximum um so geringer aus, je gr¨oßer der Str¨ omungswiderstand ist (siehe auch die Bilder 9.19a,b,c): Das erste Maximum nimmt mit wachsendem Str¨ omungswiderstand ab. Im weiteren Frequenzverlauf kreuzt die Impedanz ein zweites Mal die reelle Achse, und zwar eine Oktave u ¨ber der ersten λ/4- Dickenresonanz“, also etwa ” f¨ ur d λ/2. Hier nimmt die Impedanz vergleichsweise große Werte an die um so gr¨ oßer sind, je kleiner der Str¨ omungswiderstand ist (vergleiche Bild 6.13). Mithin liegt hier ein Minimum des D¨ ampfungsmaßes. Es ist um so geringer, je kleiner Ξd/ c ist. Mit wachsendem Str¨ omungswiderstand w¨achst also das Minimum nach oben. Im Prinzip wiederholt sich danach der Frequenzgang von Dh : Die Impedanz durchl¨ auft im weiteren Verlauf ja etwa einen Kreis, so dass sich eine quasi-periodische“ Struktur ergibt, wie auch die Bilder 9.19a,b,c zei” gen. Selbst wenn die großen, schmalbandigen Maximalwerte von Dh bei dem kleinsten Str¨ omungswiderstand nicht ganz stimmen sollten (sie treten f¨ ur kleine Impedanzen auf, f¨ ur welche die Anwendbarkeit von Gl.(9.84) ja zweifelhaft ist), erkennt man doch das Prinzip: Der Frequenzgang von Dh besteht bei kleinen Str¨ omungswiderst¨ anden abwechselnd aus Maxima, die mit wachsendem Str¨ omungswiderstand abnehmen, und Minima, die mit wachsendem Str¨ omungswiderstand zunehmen. Auf diese Weise erh¨alt man dann bei gr¨oßeren Str¨ omungswiderst¨ anden glatte, fast nicht mehr schwankende Verl¨aufe von Dh . Entweder kann man also in schmalen B¨ andern recht hohe D¨ampfungen (von h¨ ochstens Dh ≈ 13, 7 dB in den Punkten mit sehr kleiner Impedanz) erreichen und muss sich dann mit kleinen Dh außerhalb dieser Maxima zufrieden geben; oder man stellt vergleichsweise kleine, daf¨ ur aber sehr breitbandige ¨ D¨ ampfungen Dh bei mittleren Str¨ omungswiderst¨anden Ξd/ c her. Ubertreibt man den Str¨ omungswiderstandes durch Wahl eines zu großen Wertes von Ξd, dann strebt die Impedanz dem Fall schallharter Berandung zu; deshalb nimmt die Kanald¨ ampfung bei zu großen Ξd wieder ab. Offensichtlich gibt es auch hier eine Art Optimum f¨ ur den breitbandigen Einsatz, das etwa im Bereich von 2 ≤ Ξd/ c ≤ 4 liegt. F¨ ur breitbandige Schalle sind Kammfilter“ nach Art der schwach ged¨ampf” ten Resonatoren nat¨ urlich unbrauchbar: Es n¨ utzt nichts, einen kleinen Bandbereich aus dem Signal fast ganz herauszunehmen und den großen Rest“ ” daf¨ ur ungehindert passieren zu lassen. Anwendungen von wenig ged¨ampften Resonatoren liegen deshalb nur f¨ ur spezielle, tonale St¨orschallfelder vor, die
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
315
10 9 8
Kanaldämpfung Dh/dB
1 7 6 5
2
4 3 2 1 0 0
8
4 0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
h/λ
Bild 9.19. (a) Kanald¨ ampfung Dh f¨ ur Auskleidung mit absorbierenden Schichten, d/h = 2. Die Zahlen an den Kurven geben den Wert von Ξd/ c an 10 9
1
Kanaldämpfung Dh/dB
8 7 6
2
5 4 3 2 4
1 0 0
0.1
0.2
0.3
8
0.4
0.5
h/λ
Bild 9.19. (b) Kanald¨ ampfung Dh f¨ ur Auskleidung mit absorbierenden Schichten, d/h = 4. Die Zahlen an den Kurven geben den Wert von Ξd/ c an.
praktisch nur eine einzige Frequenzkomponente enthalten. Der n¨achste Abschnitt wird auf diesen durchaus nicht ungew¨ohnlichen Fall n¨aher eingehen, bei dem es zum Beispiel nur um den Grundton eines Ventilatorklangs (etwa bei der Entl¨ uftung von Tiefgaragen) geht.
316
9 Schalld¨ ampfer 10 1
9
Kanaldämpfung Dh/dB
8 7 6
2
5 4 3 2
0 0
8
4
1 0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
h/λ
Bild 9.19. (c) Kanald¨ ampfung Dh f¨ ur Auskleidung mit absorbierenden Schichten, d/h = 8. Die Zahlen an den Kurven geben den Wert von Ξd/ c an.
In sehr vielen praktischen F¨ allen m¨ ussen Schalld¨ampfer vor allem auch breitbandig ausgelegt werden. Nat¨ urlich darf die Frischluftzufuhr eines Konzertsaales nicht mit dem Außenl¨ arm verunreinigt sein, unabh¨angig von dessen Frequenzzusammensetzung. Auch die Schalld¨ampfer f¨ ur Kraftfahrzeuge m¨ ussen – schon wegen der sich st¨ andig ¨ andernden Drehzahl – breitbandig ausgelegt werden. In diesen F¨ allen m¨ ussen die schon genannten nicht zu großen ” und nicht zu kleinen“, mittleren Str¨ omungswiderst¨ande in der Wandungsbelegung mit Absorptionsmaterial vorgesehen werden, die etwa im Intervall 2 ≤ Ξd/ c ≤ 4 liegen. Diese Wahl f¨ uhrt zu breitbandigen Wirkungen, dabei werden Erfolge von h¨ ochstens Dh = 3 dB bis 4 dB erzielt, je nach Schichtdicke d. Wie erw¨ ahnt belegen die Bilder 9.19 (a,b,c), dass es f¨ ur die Gr¨oße von ur h¨ohere Frequenzen sind Dh nur wenig auf dicke Schichten d ankommt; f¨ die Werte von Dh - bei ausreichendem Str¨ omungswiderstand - von der Dicke d wenig beeinflusst. Große Dicken d ben¨ otigt man andererseits, wenn tiefussen. Wie man auch den frequente D¨ ampfungen Dh hergestellt werden m¨ Bildern 9.19(b,c) entnehmen kann setzt die d¨ampfende Wirkung etwa eine Oktave unterhalb der ersten Dickenresonanz d = λ/4, also etwa f¨ ur d = λ/8 ein. Sollen noch 100Hz dieser D¨ ampfung unterzogen werden, dann betr¨agt die erforderliche Schichtdicke 42, 5 cm. Wird vern¨ unftiger Weise noch Ξd = 4 c verlangt, dann betr¨ agt der l¨ angenspezifische Str¨omungswiderstand demnach etwa Ξ = 4000N s/m4 . Dieser Wert ist sehr klein, er setzt eine ziemlich geringe Packungsdichte der Fasern und damit recht locker gebundenes Material voraus. W¨ urde man f¨ ur noch tiefere Frequenzen noch gr¨oßere Dicken d
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
317
mit unver¨ andertem Str¨ omungswiderstand Ξd/ c = 4 vorsehen wollen, dann w¨ are daf¨ ur nochmals eine Verringerung des l¨ angenspezifischen Widerstandes Ξ und daher eine noch lockerere Struktur notwendig. Hier wird man rasch an die Grenze des Machbaren stoßen. Prinzipiell sind deshalb Wandungsd¨ampfer aus absorbierenden Schichten f¨ ur die sehr tieffrequente D¨ampfung ungeeignet. 9.2.6 Wandungen aus Resonatoren F¨ ur die Realisierung von Wandungsbelegungen mit Resonatoren kommen zwei M¨ oglichkeiten in Betracht, die hier beide diskutiert werden sollen. Entweder kann man dazu wie in Bild 9.20 gezeigt ein Rohrb¨ undel benutzen. Die Rohrst¨ ucke sind dabei alle gleich lang und an der an die Wandung angrenzenden Seite offen, auf der R¨ uckseite schallhart verschlossen. Der Resonanzfall (mit der tiefsten Resonanzfrequenz) tritt hier ein, wenn die L¨ange der Rohrst¨ ucke eine Viertel-Wellenl¨ ange betr¨ agt. Deshalb wird dieser Aufbau im Folgenden als λ/4-Resonator bezeichnet. Eine andere Realisierung-M¨ oglichkeit besteht darin, die genannten Rohrst¨ ucke noch durch Massenbel¨ age m auf ihrer offenen Seite vom Kanal abzugrenzen. Das kann z.B. durch Verwendung von Lochplatten geschehen (siehe Abschnitt 6.5.4). Dieser Aufbau er¨ offnet die M¨oglichkeit einer tieferen Abstimmung der tiefsten Resonanzfrequenz bei gleicher Rohrl¨ange a. Anders ausgedr¨ uckt l¨ asst sich durch den Massenbelag bei gleicher Resonanzfrequenz Konstruktionstiefe a einsparen. λ/4-Resonatoren Die durch das Rohrb¨ undel hergestellte Wandungsimpedanz betr¨agt wie in Gl.(9.92) z = −j ctg(ka) , (9.93) c nur dass diesmal k die Wellenzahl in Luft bedeutet und dass statt der Schichtdicke d die Rohrl¨ ange a einzusetzen ist. Der Prinzipverlauf der D¨ ampfung Dh geht als Grenzfall mit kleinem Str¨ omungswiderstand aus dem vorigen Abschnitt hervor und ist dort schon genannt: Es handelt sich um einen schmalbandigen Verlauf, der in der Resonanz ka = kR a = π/2 mit (etwa) Dh = 13, 7 dB des schallweich berandeten Kanals einsetzt. Das Bandende kE der Wirkung kann aus (9.84) und (9.93) 1 tg(ka) kx = k 1 + =k 1+ kh ctg(ka) kh bestimmt werden. Das Bandende kE wird erreicht, wenn die Kanal-Wellenzahl reell wird, also f¨ ur h tg kE a = −kE h = − kE a . (9.94) a
318
9 Schalld¨ ampfer
Bild 9.20. Aufbau eines Kanals mit Wandungsbelegung aus Resonatoren in Form von hinten abgeschlossenen Rohrst¨ ucken der Tiefe a
Die letzte Umformung in (9.94) ist gemacht worden, weil sich daraus eine einfache graphische L¨ osung dieser transzendenten Gleichung gewinnen l¨asst. Wie auch Bild 9.21 zeigt, ist kE a durch den Schnittpunkt der Tangens-Funktion tg kE a und der Geraden −h/a kE a gegeben. Je kleiner die Geradensteigung h/a ist, desto weiter rechts liegt der Schnittpunkt und umso gr¨oßer ist die Bandbreite. Die Bandbreite w¨ achst also mit der Konstruktionstiefe a. Wie man sieht betr¨ agt die maximal m¨ ogliche Bandbreite dabei wegen kE = 2kR h¨ochstens eine Oktave. 5
4
3
tg(kEa)
2
1
tg(k a) E
0
−1
− kEa h/a
−2
−3
−4
−5
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
kEa/π
Bild 9.21. Grafische L¨ osung der transzendenten Gleichung (9.94)
Die in Bild 9.21 als Beispiel eingezeichnete Gerade gibt den Fall h/a = 1 wieder. Wie man leicht abliest liegt daf¨ ur der Schnittpunkt bei kE a/π ≈ 0, 65. Das Bandende der Wirkung ist also etwa durch
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
319
fE 0, 65π kE a = ≈ 1, 3 = fR kR a 0, 5π gegeben. 15
Kanaldämpfung Dh in dB
12
a/h=2 9
6
a/h=4 3
0 0
0.5
1
1.5
2
2.5
f/f
res
Bild 9.22. Mit dem Aufbau aus Bild 9.20 gemessene D¨ ampfungs-Frequenzg¨ ange (Messungen von T. Kohrs)
Tats¨ achlich aber ergibt sich f¨ ur den Fall a = h noch gar kein brauchbarer Schalld¨ ampfer, weil hier die cut-on-Frequenz der Mode n = 0 des schallweich berandeten Kanals mit der Resonanzfrequenz der Rohrst¨ ucke u ¨bereinstimmt. Dass man mit a = h noch keine Erfolge verbuchen kann zeigt auch die maximale D¨ ampfung Dmax in der Resonanzfrequenz, die sich aus Gl.(9.74) (mit n = 0) wie folgt absch¨ atzen l¨ asst: π 2 π2 2 Dmax = 8, 7ki h = 8, 7h − (kh)2 = − k = 8, 7 2h 4 π2 h2 π h2 2 8, 7 − (ka) 2 = 8, 7 1− 2 4 a 2 a (wegen ka=π/2 in der Resonanzfrequenz). F¨ ur h = a betr¨agt die maximale ur a = 2h wird das maximal M¨ogliche D¨ ampfung offenbar Dmax =0. Erst f¨ (13, 7 dB) mit Dmax = 11, 9 dB etwa ausgesch¨opft. Einige experimentell ermittelte D¨ ampfungsmaße Dh sind in Bild 9.22 wiedergegeben. Dabei wurde der Bild 9.20 geschilderte Aufbau verwendet. Man kann erkennen, dass die Verbindungslinie in Form einer Geraden zwischen
320
9 Schalld¨ ampfer
dem schallweichen“ Punkt in der Resonanzfrequenz und dem 0 dB-Punkt ” am Bandende schon eine ganz brauchbare N¨ aherung ergibt. Wandungsbelegungen mit Resonatoren sind offenkundig einzig bei schmalbandigen Ger¨ auschen brauchbar, f¨ ur breitbandigen Schall sind sie nicht geeignet. Bei der Dimensionierung legt man sich zun¨achst auf die zu bek¨ampfende Frequenz und damit auf die Rohrl¨ ange a fest. Je nach erforderlicher Bandbreite (die sich z.B. durch Drehzahlschwankungen oder Temperaturunterschiede zwischen Sommer und Winter ergeben kann) legt man dann die Kanalbreite h fest. F¨ ur tiefe Frequenzen sind so betr¨achtliche Bautiefen erforderlich, dass man von Realisierungen in dieser Bauform sicher eher absehen sollte. Beispielsweise w¨ are f¨ ur die Resonanzfrequenz von 100 Hz a = 85 cm erforderlich. Mit den im n¨ achsten Abschnitt genannten Aufbauten l¨asst sich Platz sparen. Resonatoren mit Massenbelag Wie gesagt l¨ asst sich eine Einstellung der Resonanzfrequenz mit kleineren Rohrl¨ angen als a = λ/4 durch Abdeckung der Rohrst¨ ucke mit einem Massenbelag m erreichen (siehe auch Abschnitt 6.5.4, S. 216). In diesem Fall ist 2 2 ωm ω m a ω h h z c kh = j − kh = j = j . − 1 − 1 2 c c ωa c2 a ωres a Zur Absch¨ atzung der Bandbreite geht man wieder von . / 1 1 / kx = k 1 − j z = k0 1 − 2 ω c kh −1 h 2 ωres
a
aus. Das Bandende ωE wird dann durch 2 ω h =1 − 1 2 ωres a oder durch ωE = ωres
a +1 h
(9.95)
markiert. Auch beim Aufbau ’mit Massenbelag’ ist eine gewisse Tiefe a ≥ h f¨ ur nicht zu schmale Bandbreiten erforderlich. Im Prinzip ist dabei jedoch eine viel kleinere absolute Dicke a erforderlich als ohne Massenbelag. 9.2.7 Beliebige Querschnittsgeometrien Zum Abschluss der n¨ aherungsweisen Betrachtung von Kan¨alen mit durch die Wandungsbelegung hergestellter D¨ ampfung sei noch kurz auf andere KanalQuerschnittsgeometrien eingegangen (Bild 9.23). Der Massenerhaltungssatz,
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
321
Impedanzbelegung
vn
Umfangsstück U
Querschnittsfläche S
schallharter Wandungsteil
Bild 9.23. Zur Definition der Gr¨ oßen in (9.97)
auf ein schmales Kanalst¨ uck der L¨ ange Δx angewandt, ergibt an Stelle von (9.79) die allgemeine Gleichung ∂vx U jω + vn = − 2 p . ∂x S c
(9.96)
Darin ist S die Kanal-Querschnittsfl¨ ache und U der mit der Impedanz belegte Umfang. Setzt man wieder vn = p/z ein, so findet man jω ∂vx 1 =− p. (9.97) + ∂x c2 zS/U ¨ An die Stelle von zh in Gl.(9.81) tritt also zS/U . Weil darin die einzige Anderung besteht wird aus Gl.(9.84) j (9.98) kx = k 1 − z S . ckU ¨ Alle schon genannten Uberlegungen k¨ onnen in entsprechender Weise u ¨bernommen werden. Als Kontrolle dieses Ergebnisses diene der weiter oben geschilderte Fall des Rechteckkanals mit schallharten Fl¨ achen und einer mit z ausgestatteten Fl¨ ache an der oberen Kanalbegrenzung. Die mit z ’belegte Querl¨ange’ sei l, dann ist mit der Kanalh¨ ohe h die Querschnittsfl¨ache S = hl und der belegte Umfang U = l. Das ergibt gerade wieder S/U = h. F¨ ur zweifl¨achige Belegung ist U = 2l und daher S/U = h/2. Das wirkt also wie eine Halbierung der Impedanz. In etwa verdoppeln sich dadurch die erreichbaren D¨ampfungen, z.B. ist Dh,max ≈ 27 dB f¨ ur den zweiseitig schallweich ausgekleideten Kanal. F¨ ur Kreisquerschnitte (Radius b) und vollst¨andige Belegung entlang des Umfangs gilt S = πb2 und U = 2πb, also S/U = b/2.
322
9 Schalld¨ ampfer
Schließlich sein noch erw¨ ahnt, dass man unter stark vereinfachenden Annahmen die Kanald¨ ampfung auch aus dem (f¨ ur den senkrechten Schalleinfall bestimmten) Absorptionsgrad der Kanalwandung absch¨atzen kann. In der praktischen Anwendung benutzt man meist por¨ose Schichten als Kanalwandungen. F¨ ur h¨ ohere Frequenzen und gr¨ oßere Str¨omungswiderst¨ande Ξd (d=Schichtdicke) ist die zugeh¨ orige Wandungsimpedanz etwa reell (siehe das Kapitel u ¨ber Schallabsorber, insbesondere Bild 6.13). Man kann also Gl.(9.91) sinngem¨ aß benutzen und findet 1 1 kx k 1 − j |z| . (9.99) 2 kS c
U
F¨ ur den Pegelabfall l¨ angs einer Strecke l in L¨ angsrichtung gilt wie in Gl.(9.67) Dl = 8, 7ki l = 4, 35 |z|
l
S c k U
.
(9.100)
Andererseits besagt das Anpassungsgesetz Gl.(6.33) f¨ ur reelle Impedanzen α=
4Re {z/ c} 2
2
[Re {z/ c} + 1] + [Im {z/ c}]
≈
4Re {z/ c} 2
[Re {z/ c} + 1]
4|z|/c 4 , ≈ 2 (|z|/c + 1) |z|/c
≈
(9.101)
wenn gr¨ oßere Impedanzverh¨ altnisse |z|/c vorausgesetzt werden. Aus Gl.(9.100) und Gl.(9.101) folgt die nach ihrem Entdecker genannte ’Piening- Formel’ Dl ≈ 1, 1
Ul α, S
(9.102)
die man f¨ ur eine erste, grob u agige Orientierung u ¨berschl¨ ¨ber die zu erwartende D¨ ampferwirkung benutzen kann. 9.2.8 Exakte Berechnung bei beliebiger Impedanz In fast allen praktischen Anwendungen sind die im vorigen Abschnitt geschilderten Absch¨ atzungen und Prinzipien f¨ ur die Kanald¨ampfung genau genug: Entweder zielt man auf Breitbandigkeit und damit auf Wandungsabsorption mit ohnedies großer Impedanz ab; oder man wendet die schmalbandig hochwirksame Resonator-Belegung an, die in der Resonanzfrequenz mit der hohen schallweichen“ D¨ ampfung beginnt und dann sehr rasch zum Bandende hin ” abf¨ allt. Weil es andererseits doch immer auch etwas unbefriedigend bleibt, sich nur auf N¨ aherungen zu verlassen, und weil die folgende Berechnung auch nicht sehr schwierig ist, sei hier doch noch auf die Frage der exakten Berechnung des Schallfeldes zwischen den parallelen Ebenen y = 0 (mit v = 0) und y = h (mit der Impedanz z) eingegangen.
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
323
Die Randbedingung ∂p/∂y = 0 f¨ ur y = 0 erfordert den Ansatz p = A cos(ky y)e−jkx x
(9.103)
f¨ ur die Moden der Querverteilung. Die Wellenzahlen ky folgen aus der Randbedingung in der Ebene z = h, p(h) = zv(h): cos(ky h) = −
jky z z/ c sin ky h = −jky h sin ky h ω kh
oder − j(ky h) tg(ky h) =
kh . z/ c
(9.104)
Gleichung (9.104) bildet die sogenannte Eigenwertgleichung f¨ ur die Schallausbreitung im Kanal. Die L¨ osungen von (9.104) geben alle vorkommenden Querwellenzahlen ky an. Die daraus resultierenden axialen Wellenzahlen kx folgen wieder aus der Wellengleichung, die f¨ ur (9.103) 2 2 (9.105) kx h = (kh) − (ky h) verlangt. In kx sind die modalen Wellen-Eigenschaften enthalten, insbesondere gilt auch hier nat¨ urlich Dh = −8, 7Im{kx h} . Alle schon behandelten Sonderf¨ alle m¨ ussen in der Eigenwertgleichung wiedergefunden werden. In der Tat, f¨ ur z → ∞ geht (9.104) in sin ky h = 0 und also ur z = 0 ergibt diese Kontrolle mit in ky h = nπ (n = 0, 1, 2, . . .) u ¨ber. Auch f¨ cos ky h = 0 die Eigenwerte ky h = π/2 + nπ (n = 0, 1, 2, . . .), das ist das schon fr¨ uher hergeleitete Ergebnis. Diese Beispiele geben auch Auskunft u ¨ber das in (9.104) enthaltene Prinzip: Diese transzendente Gleichung hat nicht eine, sondern (unendlich) viele L¨ osungen. Die Ausbreitung wird allgemein durch eine Vielzahl von Moden beschrieben, deren Wellenzahlen s¨ amtlich L¨ osungen von (9.104) sind. Wenn die modalen Amplituden nicht bekannt sind, berechnet man die Kanald¨ampfung stets aus der Mode mit der kleinsten D¨ ampfung Dh , die als Grundmode“ ” bezeichnet wird. Auch die im vorigen Abschnitt schon betrachtete N¨aherung f¨ ur diese Grundmode bei großer Impedanz geht aus (9.104) wieder hervor. Setzt man |z/ c| kh voraus, dann kann man f¨ ur die Grundmode in (9.104) tg ky h ≈ ahern und findet ky h ann¨ kh 2 (ky h) = j , z/ c
und daher kx h =
2
(kh) − j
kh z/ c
324
9 Schalld¨ ampfer
wie in (9.84). Der einzige, hier noch nicht behandelte, in der Praxis wenigstens auch manchmal relevante Fall besteht in kleinen, imagin¨aren Impedanzen, der bei der Wandungsbelegung mit Resonatoren in der N¨ahe der Resonanzfrequenz vorkommt. F¨ ur |z/ c| kh kann man im Bereich der Grundmode ky h =
π +Δ 2
(|Δ| π/2) annehmen. Aus (9.104) wird dann n¨aherungsweise π π sin π + Δ π π 1 kh 2 2 +Δ 2 +Δ +Δ ≈j =j 1+ = . ≈j −j 2 sin Δ Δ 2Δ z/ c cos π2 + Δ Nach Δ aufgel¨ ost, Δ=−
π 2 kh 1 + j z/ c
,
folgt daraus schließlich die Querwellenzahl ky zu ky h =
kh π j z/ c 1 z/ c π π π +Δ≈ 1 + j . = ≈ kh 2 2 1 + j z/ 2 1 − j z/ c 2 kh c kh
Im letzten Schritt ist noch 1/(1 − x) ≈ 1 + x f¨ ur |x| 1 benutzt worden. Die axiale Wellenzahl ist damit 2 z/ c π2 2 1+j (9.106) kx h = (kh) − 4 kh oder f¨ ur hinreichend tiefe Frequenzen kh π/2 z/ c π z/ c π kx h ≈ −j 1+j = −j . 2 kh 2 kh F¨ ur die Kanald¨ ampfung gilt also Dh = −8, 7Im {kx h} = 13, 7 1 − Im
z/ c kh
! .
(9.107)
F¨ ur die Herleitung von (9.107) ist eine N¨ aherung der Tangens-Funktion in der N¨ ahe ihrer Polstelle gemacht worden, die – wie erw¨ahnt – kleine Impedanzen voraussetzt. Nun sind N¨ aherungen in der Polstelle“ immer sehr empfindlich ” gegen¨ uber kleinen Abweichungen, und deshalb verliert (9.107) mit wachsender Impedanz rasch an G¨ ultigkeit. Immerhin l¨ asst sich jedoch eine Einsch¨atzung u ¨ber die Wirkung der Impedanztypen bei kleinen Absolutwerten ablesen. Wie man sieht nimmt n¨ amlich die Kanald¨ ampfung mit wachsender (kleiner) Massenimpedanz z = j|z| ab. Mit wachsender (kleiner) Federungsimpedanz dagegen nimmt Dh zu und kann offensichtlich auch gr¨oßer als Dh = 13, 7 dB (wie im Fall z = 0) werden.
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
325
Andererseits ist f¨ ur gr¨ oßere Steifeimpedanz wie vorne erl¨autert u ¨berhaupt keine Kanald¨ ampfung Dh = 0 zu erwarten. Dh muss also bei kleinen, dem Betrage nach wachsenden Steifeimpedanzen zun¨achst bis zu einem Maximalwert hin zunehmen, und danach sehr rasch kleiner werden und gegen Null streben. Offensichtlich existiert eine Optimal-Impedanz im Steifebereich der Impedanz, f¨ ur die Dh den gr¨ oßtm¨ oglichen Wert Dh,opt annimmt. Die Frage der Optimalimpedanz l¨ asst sich am einfachsten an einer grafischen Darstellung der Eigenwertgleichung − jw tg w = β
(9.108)
beantworten, die hier zun¨ achst allgemein erl¨ autert sei. In (9.104) ist der K¨ urze wegen w = ky h und β = kh/(z/ c) gesetzt worden. (9.108) beschreibt eine transzendente Gleichung, in der β gegeben und die L¨ osungen w gesucht sind. Am einfachsten findet man diese L¨osungen anhand einer Wertetabelle der komplexen Funktion F (w) = −jw tg(w), die man mit einem Computer leicht erstellen kann. Zum Beispiel k¨onnte man eine Matrix von komplexen Funktionswerten F berechnen, wobei in einer Zeile der Imagin¨ arteil von w = wr + jwi konstant gehalten wird, w¨ahrend der Realteil wr mit der Spaltennummer systematisch variiert wird. Auf diese Weise gewinnt man eine tabellarische Beschreibung von F (w), die Zeilen geben die Funktionswerte f¨ ur wi = const., die Spalten f¨ ur wr = const. an. F¨ ur einen gegebenen Wert von β ließen sich so durch Auffinden von F (w) = β in der Tabelle die L¨ osungen der Eigenwertgleichung ablesen. Die Aussagen der Matrix k¨ onnen aber auch grafisch dargestellt werden. Zum Beispiel k¨ onnen die komplexen Werte von F (w), die sich f¨ ur wi = const. und ver¨ anderlichem wr in einer Zeile der Matrix ergeben, in einer Grafik zu einer Linie miteinander verbunden werden. Man erh¨alt so Linien wi = const. in der komplexen Zahlenebene, sie sind in Bild 9.24 dargestellt. Entlang einer Linie wi = const. variiert wr , und zwar wird in Pfeilrichtung wachsend 0 ≤ wr ≤ π u ¨berstrichen (das Kurvenende wr = π kann außerhalb des dargestellten Bereichs liegen). Die Kurven wi = const. k¨onnen sich selbst schneiden: Das bedeutet ja nur, dass die Eigenwertgleichung (9.108) eben auch mehrere L¨ osungen hat. W¨ urde man ein gr¨ oßeres Intervall von wr als hier benutzt w¨ ahlen, dann w¨ urde die komplexe Ebene auch mehrfach u ¨berdeckt. Damit man f¨ ur ein beliebigen (gegebenen) Wert von β den zugeh¨origen Eigenwert w mit der kleinsten D¨ ampfung leicht und sicher ablesen kann sind in Bild 9.25 noch die Linien wr = const. gezeigt. Z.B. liest man f¨ ur β = 1, 5 + j 0, 5 aus Bild 9.24 etwa wi = 0, 8 und aus Bild 9.25 etwa wr = 1 ab. Aus diesen Darstellungen von F (w) muss sich auch die L¨osung des Optimalproblems ablesen lassen. Dazu ist zun¨ achst festzustellen, dass wegen 2 kx h = (kh) − w2 ≈ −jw = wi − jwr (f¨ ur kh |w|) der Realteil wr der L¨ osung w die D¨ampfung bestimmt; es ist ja
9 Schalld¨ ampfer
Dh ≈ 8, 7wr .
3
2.5
Im(−jwtg(w))
2
wi=
1.5
1,1
1
0,9
0,8
0,7 0,6 0,5
1
0.5
0
−0.5
w
r
−1
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
Re(−jwtg(w))
Bild 9.24. Linien wi = const.
3
2.5
2
2,1 2
1,8 Im(−jwtg(w))
326
1.5
1,6 1
1,4
0.5
0
−0.5
wr = 0.4 −1
0
0.6
0.5
0,8 1
1 1.5
1,2 2
Re(−jwtg(w))
Bild 9.25. Linien wr = const.
2.5
3
9.2 Wandungsschalld¨ ampfer
327
Wie gesagt schneiden sich die Kurven wi = const. selbst, der Schnittpunkt bezeichnet f¨ ur den damit definierten Wert von β zwei Moden mit w = w1 = wr1 +jwi und w = w2 = wr2 +jwi , die unterschiedliche D¨ampfungen wr1 und wr2 besitzen. Dabei ist w1 der Wert von w, bei dem die Kurve den Schnittpunkt in Pfeilrichtung das erste Mal passiert, w2 der Wert, bei dem die Kurve das zweite Mal den Schnittpunkt durchl¨ auft. Es gilt also wr1 < wr2 . Die Kanald¨ ampfung Dh wird stets auf die Mode mit der schw¨achsten D¨ampfung gest¨ utzt, es ist also Dh ≈ 8, 7wr1 . Wenn man nun die Entwicklung der Kurvenschar wi = const. mit wachsendem wi verfolgt, so erkennt man, dass die Schleife“, die die Kurven bei der ” R¨ uckkehr in den Schnittpunkt mit sich selbst nehmen, immer enger werden. oßer, w¨ ahrend wr2 gleichzeitig abnimmt. Mit zunehmendem wi wird also wr1 gr¨ Schließlich kollabiert die Schleife zu einem Punkt. Er heißt Windungspunkt; in ihm gilt w1 = w2 , die beiden w-Werte des Schnittpunktes fallen zusammen. Der Windungspunkt gibt die maximal m¨ ogliche Kanald¨ampfung Dh,opt an: wr1 kann zwar weiter zunehmen; gleichzeitig muss dann aber wr2 unter den Optimalwert fallen, so dass die kleinstm¨ ogliche D¨ampfung geringer werden w¨ urde. Offensichtlich bildet der Windungspunkt w1 = w2 eine zweifache Nullstelle von G(w) = β + jw tgw . (9.109) F¨ ur den Windungspunkt kann man aus Bild 9.24 und aus Bild 9.25 etwa βopt ≈
kh = 2, 05 + j 1, 6 zopt / c
(9.110)
ablesen. Daraus folgt f¨ ur die Optimalimpedanz zopt h (1, 9 − j 1, 5) . c λ
(9.111)
Sie besteht also in einer kleinen Steifeimpedanz mit zus¨atzlichem, etwa gleich großem Realteil. Die sich f¨ ur z = zopt einstellende maximale D¨ampfung Dh,opt kann aus Bild 9.25 abgelesen werden. Sie betr¨ agt mit wr,opt = 2,1 offensichtlich Dh,opt = 8, 7wr,opt = 18, 3 dB. ¨ Zur Kontrolle des genannten Ergebnisses k¨onnen folgende Uberlegungen herangezogen werden. Der genannte Windungspunkt bildet wie erw¨ahnt eine doppelte Nullstelle von (9.109). Wie im Reellen ist das der Fall, wenn sowohl G(w) = 0
(9.112)
als auch
dG (w) =0 dw erf¨ ullt sind. (9.113) f¨ uhrt nach elementarer Rechnung auf
(9.113)
328
9 Schalld¨ ampfer
sin 2w + 2w = 0.
(9.114)
Die (einzige) L¨ osung von (9.114) muss ebenfalls den Windungspunkt angeben. Gl.(9.114) l¨ asst sich numerisch rasch und sicher l¨osen, das Ergebnis betr¨agt wopt = 2, 106 + j1, 126 ,
(9.115)
woraus ebenfalls die Optimald¨ ampfung Dh,opt = 18, 3 dB folgt. Die Frage, worin das maximal M¨ ogliche besteht, ist von einem wissenschaftlichen Standpunkt aus gesehen immer interessant. Praktisch ist die diskutierte Optimalimpedanz allerdings fast g¨ anzlich bedeutungslos. Sie w¨are allenfalls nur sehr schmalbandig in der N¨ ahe der Resonanzfrequenz eines Resonators herstellbar. Zum Abschluss sei noch eine Bemerkung zur numerischen L¨osung der Eigenwertgleichung (9.108) angef¨ ugt, die sich keineswegs als besonders schwierig erweist. Mit Funktionen zu arbeiten, die Polstellen enthalten, ist bei numerischen Verfahren immer ung¨ unstig. Deshalb formt man die Eigenwertgleichung zur Vermeidung dieses Problems in H(w) = jw sin w + β cos w = 0
(9.116)
um. Diese Funktion l¨ asst sich rasch und sicher programmieren und auf Nullstellen untersuchen. Es gen¨ ugt dabei, einen schmalen Streifen (von etwa 0 < wi < 5) oberhalb der reellen Achse zu betrachten, in dem alle Nullstellen (auch die h¨ oherer Moden) enthalten sein m¨ ussen, weil außerhalb des Streifens f¨ ur noch gr¨ oßere wi etwa j sin w ≈ − cos w gilt. Auch reicht es aus, die numerische Nullstellensuche auf den Betrag |H(w)| zu st¨ utzen.
9.3 Zusammenfassung Das Wirkprinzip von Kanalschalld¨ ampfern kann in Reflexion und in Absorption bestehen. Reine Reflexionsd¨ ampfer sind z.B. Querschnittsspr¨ unge, Verzweigungen und eingef¨ ugte Kammern (z.B. Auspufft¨opfe). Auch Wandungsd¨ampfer bilden bei imagin¨ arer Wandungsimpedanz reine Reflektoren. Allgemein gilt das Prinzip, dass man entweder bei gleichem Aufwand schmalbandig recht hohe Einf¨ ugungsd¨ ammmaße erreichen kann, oder man muss breitbandig mit vergleichsweise kleiner Wirkung zufrieden sein. Beispiele f¨ ur schmalbandige D¨ ampfer sind Rohre mit in L¨angsrichtung periodisch ver¨ anderlichem Querschnitt bei kleinem Hub der Verengungen und Erweiterungen, die Wandungs-Auskleidung mit schwach ged¨ampften Resonatoren und die nur in einem Frequenzpunkt herstellbare Wandungs-Optimalimpedanz. Breitbandige, aber kleinere Schalld¨ ampfungen Dh erh¨alt man bei Wandungsimpedanzen aus absorbierenden Schichten mit etwa Ξd/c = 4. Große Pegelminderungen lassen sich dabei dann nur durch entsprechende L¨ange des D¨ ampfers herstellen.
¨ 9.5 Ubungsaufgaben
329
9.4 Literaturhinweis F.P. Mechel hat einen wichtigen Teil seines Werkes Schallabsorber“(B¨ande 1 ” bis 4, Hirzel Verlag, Stuttgart, ab 1995) dem Thema der schallschluckenden bzw. reaktiven Kanalauskleidung gewidmet.
¨ 9.5 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Ein kreiszylindrischer Kammerschalld¨ ampfer (ohne absorbierende Auskleidung) soll im Frequenzbereich zwischen 200 Hz und 600 Hz ein Einf¨ ugungsd¨ ammmaß von mindestens 7 dB herstellen. Wie sind die erforderlichen Topfabmessungen (Durchmesser und L¨ ange), wenn der Topf in ein Rohr von 5 cm Durchmesser eingef¨ ugt wird? Wie groß ist die tiefste cut-on-Frequenz des Topfes? Aufgabe 2 Man bestimmte die tieffrequente D¨ ampfung Da eines Kanals (quadratischer Querschnitt, Kantenl¨ ange a), der auf dem ganzen Umfang mit der Impedanz c (2 c) belegt ist. Wie groß ist die D¨ ampfung Db bei kreisf¨ormigem Querschnitt (Radius b)? Aufgabe 3 Die Wandung eines Schalld¨ ampfers wird zur Reduktion von Netzbrummen (Frequenz = 50Hz) einseitig mit unged¨ ampften Resonatoren ausgestattet. Die Hohlraumtiefe im Resonator betrage 50 cm (1 m). Welcher Massenbelag ist erforderlich? Aufgabe 4 Angenommen, die Netzfrequenz ¨ andere sich um 5 Hz auf 55 Hz oder auf 45 Hz. Wie ¨ andert sich dann die Wandungsimpedanz, die in Aufgabe 3 definiert worden ist? Welche Konsequenzen h¨ atte das f¨ ur die Kanald¨ampfung? Wie groß ist die maximal erreichbare Kanald¨ ampfung? Es sei dabei angenommen, dass die Kanal-Querabmessung h = 0, 25 m betr¨agt.
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10 Schallschutzw¨ ande
Ein jeder Mitmensch kennt aus eigener Anschauung den Versuch, l¨astigen L¨ arm zu vermeiden, indem man ein Hindernis zwischen sich und den Erzeuger bringt. Dem Presslufthammer oder dem Rasenm¨aher trachtet man hinter dem n¨ achsten Haus zu entgehen; bei der Erholung in Waldesstille schl¨agt man rasch den Weg u achsten H¨ ugel ein, wenn die Motors¨age der Forstarbeiter ¨ber den n¨ die Stille zerschneidet. Ebenso weiß auch ein jeder, wie fruchtbar - oder eben fruchtlos - solche Versuche sind. Der Blickkontakt zur Quelle ist l¨angst durch große Hindernisse ausgeschlossen, der L¨ arm dringt dennoch mit nur m¨aßiger oder mittelm¨aßiger Abschw¨ achung an das Ohr. Offensichtlich gelingt dem Schall, was unser Blick nicht kann: Er beugt sich um das Hindernis herum, weicht also von der geraden Ausbreitung ab. Der physikalische Effekt heißt deshalb Beugung“. ” In unserer l¨ armreichen Welt hat die Frage große Bedeutung, wie bereits vorhandene oder neu zu bauende Schallschirme (Geb¨aude, W¨ande, W¨alle . . . ) gezielt zum Schutz gegen Bel¨ astigung (und Krankheit) genutzt und welche Pegelminderungen damit erreicht werden k¨ onnen. Allein in Deutschland d¨ urfte die L¨ ange von L¨ armschutzw¨ ande an Straßen und Schienenwegen sicherlich in Tausenden von Kilometern gez¨ ahlt werden. Wie groß ihre Wirkung ist, welche Pegelsenkung von ihnen bereitgestellt wird, das sind Fragen, die zum Kerngebiet von Technische Akustik geh¨ oren, und die hier deshalb aufgegriffen werden. Andererseits lassen sich hier nicht alle Beugungsph¨anomene behandeln. Zum Beispiel h¨ angt die Beugung gewiss von der K¨orpergestalt des Hindernisses ab, ein hier nicht diskutierter Einfluss. Das Folgende muss sich auf das Prinzipielle und Grunds¨ atzliche mit Betrachtungen an Hand einer m¨oglichst einfachen Anordnung konzentrieren. Deshalb handelt der folgende Abschnitt von der Beugung an einer schallharten, halbunendlich ausgedehnten Schneide, die von einer schr¨ ag einlaufenden Welle getroffen wird (Bild 10.1). Dieses Beugungsproblem ist u ¨brigens vor etwa 60 Jahren zuerst von Sommerfeld in seinen Vorlesungen u ur Licht) behandelt wor¨ber Theoretische Physik“ (f¨ ” den (Sommerfeld, A.: ’Vorlesungen u ¨ber Theoretische Physik’, Akademische
332
10 Schallschutzw¨ ande
Verlagsgesellschaft, Leipzig 1964). Verglichen mit den großen physikalischen Entdeckungen des gleichen Jahrhunderts, dem Werk Albert Einsteins, ist die auch quantitative Erfassung des Beugungsph¨anomens erstaunlich jung. Bis heute geh¨ ort das Thema auch keineswegs immer zum Repertoire der AkustikAusbildung. Vielleicht liegt der Grund daf¨ ur zum Teil einfach darin, dass sich die in Wahrheit recht einfach fassbaren und einleuchtenden Sachverhalte erst nach einigem Rechnen mit Formeln ergeben, wie das Folgende zeigt.
10.1 Beugung an der schallharten Schneide Die Modellanordnung, die den nun folgenden Betrachtungen zu Grunde liegt, ist in Bild 10.1 vorgestellt. Sie besteht aus einer Volumen-Linienquelle im Abstand a vor dem Ende einer halbunendlichen Schneide, das gleichzeitig den Ursprung des Koordinatensystems bildet. Es werden hier die Koordinaten des Kreiszylinders verwendet, der Winkel ϕ z¨ ahlt mathematisch positiv relativ zur Oberseite des dargestellten, beliebig d¨ unnen Schallschirmes. Der Winkel ϕu ¨berdeckt nur das Intervall 0 ≤ ϕ ≤ 360◦ ; Werte ausserhalb des genannten Intervalls sind nicht zugelassen. Die Lage der Quelle ist durch den Winkel ϕ0 bezeichnet. Es wird hier der zweidimensionale Fall behandelt, l¨angs der ¨ auf der Zeichenebene senkrecht stehenden Richtung treten keine Anderungen auf (∂/∂z = 0). Der innerhalb des Zylinders mit dem Radius a liegende Bereich wird als ’Teilraum 1’, der außerhalb in r > a liegende Bereich wird als ’Teilraum 2’ bezeichnet. Im Zylinderkoordinatensystem nimmt die Wellengleichung f¨ ur den Schalldruck folgende Gestalt an: r2
∂2p ∂2p ∂p + + r + k2 r2 p = 0 ∂r2 ∂r ∂ϕ2
(10.1)
(k = ω/c = 2π/λ = Wellenzahl der freien Wellen). Diese Wellengleichung im zylindrischen Koordinatensystem ist in vielen mathematischen Nachschlagewerken zu finden. Die L¨ osungsfunktionen in ϕ-Richtung werden nun so angesetzt, dass sie stehende Wellen in Umfangsrichtung bilden und dabei die Randbedingungen auf der Schirmoberkante und auf der Unterkante (∂p/∂ϕ = 0 f¨ ur ϕ = 0 und f¨ ur ϕ = 360◦ ) erf¨ ullen. Offensichtlich m¨ ussen die m¨oglichen ϕ-Abh¨angigkeiten durch p ∼ R(r) cos (nϕ/2) (10.2) (n=0,1,2,3,..) gegeben sein, denn gerade diese Cosinus-Verl¨aufe erf¨ ullen wie verlangt die Randbedingungen auf Ober- und Unterseite der schallharten Schneide. Damit reduziert sich die Wellengleichung auf die gew¨ohnliche Differentialgleichung r2
∂2R ∂R + (k 2 r2 − (n/2)2 )R = 0 . +r 2 ∂r ∂r
(10.3)
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
333
Einfallsrichtung
a
Schallquelle
Ab
sta
nd
Aufpunktwinkel j
Einfallswinkel j0
Schallschirm Beugungswinkel b Abstand r
Aufpunkt (r,j)
Bild 10.1. Geometrische Gr¨ oßen am halbunendlichen Schirm. Beugungswinkel β = ϕ − π − ϕ0
Die L¨ osungen dieser sogenannten Besselschen Differentialgleichung bestehen in den Besselfunktionen Jn/2 (kr) und Neumannfunktionen Nn/2 (kr) mit den nicht-ganzzahligen Ordnungen n/2. F¨ ur die ersten 10 Ordnungen n sind die Funktionen in den Bildern 10.2 und 10.3 gezeigt. Die Funktionen sind tabelliert und (z.B.) in MATLAB als Standard-Routine enthalten. Wie man an den Bildern erkennt handelt es sich im Wesentlichen um SinusFunktionen mit schwach fallender Amplitude. Das wird auch an den beiden folgenden, f¨ ur große Argumente x g¨ ultigen N¨ aherungen deutlich. Es gilt 2 Jn/2 (x) cos (x − nπ/4 − π/4) (10.4) πx und
334
10 Schallschutzw¨ ande
2 sin (x − nπ/4 − π/4) . (10.5) πx Fortschreitende Wellen bestehen offensichtlich aus Summen von Besselund Neumannfunktionen. Die sogenannten Hankelfunktionen erster und zweiter Art sind definiert als Nn/2 (x)
(1)
Hn/2 (x) = Jn/2 (x) + jNn/2 (x)
(10.6)
1
n= 0 0.75
1
2
0.5
3
4
5 6 7 8 9
Jn/2(x)
0.25 0 −0.25 −0.5 −0.75 −1 0
1
2
3
4
5 x
6
7
8
9
10
Bild 10.2. Besselfunktionen Jn/2 (x)
und als (2)
Hn/2 (x) = Jn/2 (x) − jNn/2 (x) .
(10.7)
Offensichtlich handelt es sich bei der Hankelfunktion erster Art im Prinzip um eine im Koordinatensystem nach innen in −r-Richtung laufende, bei der Hankelfunktion zweiter Art um eine nach außen in +r-Richtung laufende Welle. Ein wichtiger Unterschied zwischen Neumann- und Besselfunktionen besteht in der Tatsache, dass erstere in x = 0 Polstellen aufweisen, die sich u ur n = 0 und sonst wie x−n/2 verhalten. Die Besselfunk¨brigens wie ln(x) f¨ tionen dagegen besitzen endliche Werte (J0 (0) = 1, Jn/2 (0) = 0). F¨ ur die in Bild 10.1 gekennzeichneten Teilr¨aume m¨ ussen nun unterschiedliche Ans¨ atze f¨ ur den Schalldruck gemacht werden. Teilraum 1 In Teilraum 1 zwischen Wandkante und dem Kreis mit dem Radius a, auf dem die Quelle liegt, kann der Druck an der Stelle der Wandkante nicht u ¨ber
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
335
1 0.75 0.5
n= 0 0.25
1 2
Nn/2(x)
3 0
4 5 6 7 8 9
−0.25 −0.5 −0.75 −1 0
1
2
3
4
5 x
6
7
8
9
10
Bild 10.3. Neumannfunktionen Nn/2 (x)
alle Grenzen wachsen; im Gegenteil muss das Schallfeld (außer an der Stelle der Quelle selbst) u ¨berall endlich große Werte besitzen. Aus diesem Grund kommen Neumannfunktionen als Ansatzfunktionen nicht in Frage. Deshalb wird f¨ ur den Teilraum 1 der Ansatz p1 =
∞
an/2 Jn/2 (kr) cos (nϕ/2)
(10.8)
n=0
gemacht. Dabei sind die Gr¨ oßen an/2 unbekannte Koeffizienten, die noch aus den Randbedingungen auf der Trennfl¨ ache zwischen den Teilr¨aumen und der Quelle bestimmt werden m¨ ussen. Teilraum 2 Das Wellenfeld in Teilraum 2 kann nur aus in +r-Richtung laufenden Wellen bestehen. Aus dem Unendlichen kann kein Schallfeld zur¨ uckkommen. Weil auch sonst keine Reflektoren vorliegen, k¨ onnen auch keine isolierten, stehenden Wellen vorhanden sein. F¨ ur den Teilraum 2 muss also der Ansatz p2 =
∞
(2)
bn/2 Hn/2 (kr) cos (nϕ/2)
(10.9)
n=0
formuliert werden. Wie schon gesagt m¨ ussen nun noch die Koeffizienten an/2 und bn/2 aus den Randbedingungen auf dem Kreis mit dem Radius a bestimmt werden.
336
10 Schallschutzw¨ ande
Dazu wird der Kreis r = a einmal innenseitig im Teilraum 1 in r = a − ε und einmal aussenseitig im Teilraum 2 in r = a + ε (jeweils mit einem sehr kleinen ε → 0) umfahren. Dabei ergeben sich an der gleichen Stelle ϕ nat¨ urlich immer auch die gleichen Dr¨ ucke, und zwar auch an der Stelle der Quelle ϕ = ϕ0 . Zwar kann hier das Schallfeld sehr groß werden, weil jedoch die angenommene ungerichtete Schallquelle den gleichen Schalldruck zu beiden Seiten erzeugt, sind die Dr¨ ucke p1 (a − ε, ϕ0 ) und p2 (a + ε, ϕ0 ) gleich groß unabh¨angig davon, wie groß sie tats¨achlich sind. Es gilt also ohne Einschr¨ankungen kurzgefasst p1 (a, φ) = p2 (a, φ) .
(10.10)
Auch f¨ ur die r-gerichtete Schallschnelle vr muss man in jeder Stelle ϕ auf den beiden Kreisen u ¨berall den gleichen Werte antreffen, es ist also auch ur den Ort der Quelle. Zu beivr1 = vr2 . Das gilt diesmal freilich nicht f¨ den Seiten der Quelle erzeugt sie entgegengesetzt gleich große Schallschnellen. Bei einer (beliebig kleinen) Punktquelle und beliebiger N¨ahe zur Quelle auf den beiden Kreisen unterscheiden sich demnach die beiden Schallschnellen an der Stelle der Quelle um einen unendlich großen Betrag. Die Differenzfunktion vr2 − vr1 ist also u ¨berall gleich Null, außer an der Stelle ϕ = ϕ0 . In ϕ = ϕ0 ist die Differenzfunktion unendlich groß. Ein solche Funktion, die u ¨berall gleich Null ist und nur in einem einzigen Punkt einen dann unendlich großen Wert besitzt, ist die Diracsche Deltafunktion δ(ϕ − ϕ0 ). Es gilt also vr1 (a, ϕ) − vr2 (a, ϕ) = Q0 δ(ϕ − ϕ0 ) .
(10.11)
Dabei bedeutet Q0 eine Quellgr¨ oße, deren Bedeutung erst sp¨ater gekl¨art werden soll. Die Bestimmung der noch unbekannten Koeffizienten an/2 und bn/2 aus den Randbedingungen Gl.(10.10) und Gl.(10.11) ben¨otigt nun nur noch fundamentale Rechenschritte. Am einfachsten ist es vielleicht, die Randbedingung gleicher Dr¨ ucke in r = a zu einer Neuformulierung zu benutzen. Diese Randbedingung ist n¨ amlich in den nun neu formulierten Ans¨atzen p1 =
∞
(2)
(10.12)
dn/2 Hn/2 (kr)Jn/2 (ka) cos (nϕ/2)
(10.13)
dn/2 Jn/2 (kr)Hn/2 (ka) cos (nϕ/2)
n=0
und p2 =
∞
(2)
n=0
bereits erf¨ ullt. Die Differenzfunktion vr1 (a, ϕ)−vr2 (a, ϕ) ergibt sich aus dieser Neuformulierung wegen vr = j/(ω) ∂p/∂r zu ∞ j (2) (2) dn/2 [Hn/2 (ka)Jn/2 (ka)−Hn/2 (ka)Jn/2 (ka)] cos (nϕ/2) = Q0 δ(ϕ−ϕ0 ). c n=0 (10.14)
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
337
Darin bedeutet die Ableitung nach dem Argument (also ∂/∂kr). Die enthaltene rechteckige Klammer l¨ asst sich erheblich vereinfachen: (2)
[Hn/2 Jn/2 − Hn/2 Jn/2 ] = j[Jn/2 Nn/2 − Jn/2 Nn/2 ] = (2)
2j πka
(10.15)
(im letzten Schritt ist ein Additionstheorem f¨ ur die Bessel- und Neumannfunktionen benutzt worden, siehe dazu ein geeignetes Taschenbuch der Mathematik, z.B. Abramowitz, M. (Hrsg.); Stegun, I. A.(Hrsg.): ’Handbook of Mathematical Functions’, 9th Dover Printing, New York 1972). Damit bleibt schließlich ∞ πkaQ0 δ(ϕ − ϕ0 ) dn/2 cos (nϕ/2) = − (10.16) 2 n=0 als Bedingungsgleichung f¨ ur die Koeffizienten dn/2 u ¨brig. Sie kann leicht wie folgt nach einer speziellen Unbekannten dm/2 aufgel¨ost werden. Dazu werden beide Seiten mit cos (mϕ/2) multipliziert und u ¨ber das Intervall 0 < ϕ < 2π integriert. Auf der linken Seite entstehen dadurch die Integrale 2π cos (nϕ/2) cos (mϕ/2)dϕ . 0
Diese Integrale sind stets gleich Null, außer f¨ ur den Fall n = m, f¨ ur den
2π cos2 (mϕ/2)dϕ =
π, 2π,
m = 0 m=0
0
gilt. Damit bleibt von der Summe in Gl.(10.16) nur der Summand mit n = m u ¨brig und es ist kaQ0 dm/2 = − cos (mϕ0 /2) , (10.17) 2εm wobei noch der K¨ urze wegen εm =
1, 2,
m = 0 m=0
gesetzt worden ist. Gl.(10.17) gilt f¨ ur jeden beliebig ausgew¨ahlten Koeffiur jeden Index m. Gl(10.17) gibt demnach alle Kozienten dm/2 und damit f¨ effizienten dm/2 an. Damit ist das Schallfeld im ganzen Raum durch p1 = − und durch
∞ kaQ0 1 (2) Jn/2 (kr)Hn/2 (ka) cos (nϕ/2) cos (nϕ0 /2) 2 n=0 εn
(10.18)
338
10 Schallschutzw¨ ande
p2 = −
∞ kaQ0 1 (2) H (kr)Jn/2 (ka) cos (nϕ/2) cos (nϕ0 /2) 2 n=0 εn n/2
(10.19)
beschrieben. Zun¨ achst muss nun noch die Quellgr¨ oße Q0 betrachtet werden. Dies geschieht am einfachsten anhand eines Sonderfalles. Dazu wird die Quelle auf den Winkel von ϕ0 = 180◦ gedreht. Die schallharte Schneide wendet nun der Quelle ihre Seite mit der Dicke von Null zu, f¨ ur die Quelle ist die schallharte Schneide daher akustisch unsichtbar. Das Schallfeld ist deshalb genauso verteilt wie ohne schallharte Schneide; im genannten Sonderfall liegt also das ungest¨ orte Schallfeld der Quelle ’im Freien’ vor. Am einfachsten wird die Quelle sicherlich durch den Schalldruck beschrieben, den sie im Abstand a von ihr erzeugt. Dieser Druck liegt u.a. auch im Ursprung des Koordinatensystems vor und wird deshalb in Zukunft mit pQ (0) bezeichnet. Damit soll angedeutet werden, dass mit pQ (0) der Druck der Quelle alleine im Nullpunkt gemeint ur n > 0 ist. Da nur die Besselfunktion der Ordnung Null wegen Jn/2 (0) = 0 f¨ in der Summe f¨ ur p1 einen Beitrag liefert, gilt (mit J0 (0) = 1) −
kaQ0 (2) H0 (ka) = pQ (0) . 4
Dieses Ergebnis wird nun in Gl.(10.18) und Gl.(10.19) eingesetzt. Die ¨ortliche Schalldruckverteilung lautet damit also (2) ∞ Hn/2 (ka) 2 Jn/2 (kr) (2) cos (nϕ/2) cos (nϕ0 /2) ε H (ka) n=0 n
(10.20)
(2) ∞ Hn/2 (kr) 2 Jn/2 (ka) (2) cos (nϕ/2) cos (nϕ0 /2) . ε H (ka) n=0 n
(10.21)
p1 = pQ (0)
0
und p2 = pQ (0)
0
Obwohl diese Gleichungen zweifellos das Schallfeld zutreffend beschreiben, sind sie doch recht un¨ ubersichtlich und k¨ onnten allenfalls durch ComputerProgramme auf ihre Aussagen hin untersucht werden. Um die Inhalte direkt herauszusch¨ alen werden im Folgenden schrittweise Vereinfachungen vorgenommen. Eine erste Vereinfachung muss sich aus dem Sonderfall der weit entfernten Schallquelle ergeben. Der Schalleinfall besteht dann nur noch in einer schr¨ag unter dem Winkel ϕ0 einfallenden ebenen Welle. Die N¨aherungen Gl.(10.4) und (10.5) ergeben f¨ ur die Hankelfunktion zweiter Art 2 −j(x−nπ/4−π/4) (2) e , (10.22) Hn/2 (x) πx und damit geht (10.20) u ¨ber in
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
p(r, ϕ) = p1 = pQ (0)
∞ 2ejnπ/4 Jn/2 (kr) cos (nϕ/2) cos (nϕ0 /2) . εn n=0
339
(10.23)
Gl.(10.23) gilt mit sich immer weiter entfernender Quelle auch immer genauer; im Grenzfall der ebenen Welle mit unendlich weit entfernter Quelle gibt sie also die korrekte L¨ osung und stellt dann nicht etwa eine N¨aherung dar. Der Teilraum 2 ist nun ins Unendliche ger¨ uckt und interessiert daher nicht mehr. Die Gl.(10.23) gibt nun das Schallfeld im ganzen Raum an. Um das anzudeuten ist in Gl.(10.23) statt p1 auch schon kurz p geschrieben worden, und das wird nun beibehalten. Nun ist der Ausdruck f¨ ur den Schalldruck zwar etwas einfacher geworden, weil ein nicht sehr wichtig erscheinender Parameter (der Quellabstand) nicht mehr auftritt; u ¨bersichtliche, leicht zu verstehende Ergebnisse sind je¨ doch noch immer nicht direkt ablesbar. Uberdies ist die Konvergenz der Reihe rechts vor allem von der Wahl des Abstandes r abh¨angig. Gerade bei, im Anwendungsfall besonders interessierenden, großen Abst¨anden (Wohngebiete neben Straßen mit Schallschutzw¨ anden) wird die numerische Berechnung sehr aufwendig, weil die Besselfunktionen mit wachsender Ordnung erst dann klein werden, wenn die Ordnung gr¨ oßer wird als das Argument kr. Das sind Gr¨ unde genug, in den einschl¨ agigen Tabellenwerke nach anderen Darstellungsformen zu suchen. In der Tat findet man z.B. in dem Werk (das u ¨brigens auch sonst sehr zu empfehlen ist) der Autoren Gradshteyn, Ryzhik: Table of Integrals, Series and Products (Academic Press, New York 1965), dort Seite 973, Nr. 8.511.5, die M¨ oglichkeit, die Reihe auf der rechten Seite durch die sogenannten Fresnel-Integrale auszudr¨ ucken. Die Anwendung der dort genannten Gleichung darf gewiss dem Leser u ¨berlassen bleiben. Man erh¨alt nach einfachster Rechnung f¨ ur den Schalldruck 1 + j jkr cos(ϕ−ϕ0 ) p(r, ϕ) = pQ (0) e φ+ + ejkr cos(ϕ+ϕ0 ) φ− , (10.24) 2 ¨ worin zur besseren Ubersicht √ √ 1−j ϕ − ϕ0 ϕ − ϕ0 +C − jS 2kr cos 2kr cos φ+ = 2 2 2 und φ− =
√ √ 1−j ϕ + ϕ0 ϕ + ϕ0 +C − jS 2kr cos 2kr cos 2 2 2
(10.25)
(10.26)
benutzt worden ist. Die dabei auftretenden sogenannten Fresnel-Integrale sind durch x 2 (10.27) cos t2 dt C (x) = π 0
und durch
340
10 Schallschutzw¨ ande
S (x) =
2 π
x
sin t2 dt
(10.28)
0
definiert. Sie sind in Bild 10.4 gezeigt (das verwendete MATLAB-Programm zur Berechnung von C und S ist im Anhang zu diesem Kapitel zur freien Benutzung f¨ ur jedermann abgedruckt). 1 0.9
Fresnel−Integrale
0.8 0.7
C(x)
0.6 0.5 0.4 0.3 S(x)
0.2 0.1 0 0
1
2
3
4 x
5
6
7
8
Bild 10.4. Fresnel-Integrale S(x) und C(x)
Diese Darstellung des Schalldruckes bietet gegen¨ uber der Reihenform in Gl.(10.23) große Vorteile. Die Fresnel-Integrale sind nicht nur sehr einfach zu programmieren (siehe den Anhang zu diesem Kapitel), sie k¨onnen u ¨berdies gerade f¨ ur die vor allem interessierenden großen Abst¨ande r recht einfach angen¨ ahert werden. Damit wird eine direkte und unmittelbare Einsch¨atzung des Schallfeldes m¨ oglich gemacht. Wie man erkennt, handelt es sich bei C und S um Funktionen, die bei wachsendem Argument mit abnehmender Amplitude um den Wert von 1/2 schwanken. N¨ aherungen f¨ ur die Fresnel-Integrale lauten deshalb f¨ ur x >> 1 1 1 +√ sin x2 2 2πx 1 1 S (x) − √ cos x2 . 2 2πx
C (x)
(10.29) (10.30)
F¨ ur negative Argumente muss die aus den Definitionen (10.27) und (10.28) folgende Symmetrie
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
C (−x) = −C (x) S (−x) = −S (x)
341
(10.31) (10.32)
beachtet werden. Ausdr¨ ucklich sei noch daran erinnert, dass der f¨ ur den Umfangswinkel ϕ zugelassene Wertebereich 0 < ϕ < 2π betr¨agt. Winkel außerhalb dieses Intervalls - insbesondere negative Winkel - sind nicht erlaubt, sie f¨ uhren zu falschen Ergebnissen bei der Auswertung. Auch f¨ ur die Einfallsrichtung ϕ0 sind positive Werte vorausgesetzt. Wie oben ausgef¨ uhrt, ist unter pQ (0) in Gl.(10.24) derjenige Schalldruck zu verstehen, den die einfallende ebene Welle ohne Abschirmwand (im Freien) im Koordinatenursprung r = 0 erzeugen w¨ urde. F¨ ur die schr¨ ag einfallende ebene Welle alleine gilt bekanntlich pein = pQ (0) ejk(x cos ϕ0 +y sin ϕ0 ) , oder, mit x = rcosϕ und y = rsinϕ f¨ ur die Koordinatensysteme (x, y) und (r, ϕ), und wegen cosϕ cosϕ0 + sinϕ sinϕ0 = cos(ϕ − ϕ0 ), pein = pQ (0) ejkr cos(ϕ−ϕ0 ) .
(10.33)
Die Amplitude der ebenen Welle ist naturgem¨aß ortsunabh¨angig und betr¨agt u ur das Einf¨ ugungsd¨ammmaß der halbunendlichen ¨berall pQ (0). Deshalb gilt f¨ Wand p(r, ϕ) 2 . (10.34) RE = −10 lg pQ (0) Das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß kann nat¨ urlich von Ort zu Ort verschieden sein. Vielleicht ist es angebracht, zun¨ achst einmal einige Ergebnisse durch anschauliche Darstellungen typischer Anwendungsf¨alle vorzustellen. Dazu werden die Auslenkungen der Aufpunkte im elastischen Kontinuum aus Gas berechnet, 1 ∂p 1 ∂p ξx = ; ξy = (10.35) ω 2 ∂x ω 2 ∂y und anhand eines Punktrasters dargestellt (siehe die Bilder 10.5 bis 10.7). Die Ableitungen kann man n¨ aherungsweise aus Differenzenquotienten gewinnen, also z.B. aus dp/dx ≈ (p(x + Δx) − p(x))/Δx (f¨ ur die Bilder 10.5 bis 10.7 ist Δx = λ/100 benutzt worden, eine Wahl, die sich auch sonst gut bew¨ ahrt), wobei p jeweils aus Gl.(10.24) bestimmt wird. Das so entstandene ¨ Bewegungsmuster ist leicht zu lesen: Uberdichte“ der Punkte (gegen¨ uber ” dem gleichabst¨ andigen Muster ohne Schall“) zeigt Schalldichte und Schall” druck oberhalb der atmosph¨ arischen Gr¨ oßen an ( Unterdichte“: unterhalb), ” der Abstand zweier Gebiete mit hoher (niedriger) Kompression zeigt die Wellenl¨ ange an. Die Bilder geben das jeweilige Schallfeld f¨ ur eine bestimmte, feste (eingefrorene) Zeit wieder; mehrere solche Momentaufnahmen (z.B. f¨ ur t/T = 0; 1/50; 2/50; . . . , 49/50 mit T = Periodendauer) nacheinander w¨ urden einen Trickfilm ergeben, der die zeitliche Geschichte der Wellenausbreitung schildert.
342
10 Schallschutzw¨ ande
Die so hergestellten Momentaufnahmen des Schallfeldes in den Bildern 10.5 bis 10.7 zeigen vern¨ unftige Tendenzen. Neben der Tatsache, dass es sich offenbar wirklich u ¨berall um Wellen handelt, •
sind die Randbedingungen zu beiden Seiten der schallharten Schneide erf¨ ullt, • ist die Reflexion an der Schirmoberseite mit dem Resultat stehender Wellen im Bereich ϕ < π − ϕ0 zu erkennen, • besteht das Gesamtfeld im Lichtbereich“ π − ϕ0 < ϕ < π + ϕ0 nur in der ” ungest¨ ort vorbeilaufenden einfallenden ebenen Welle, und schließlich • ist die erwartete Beugungswelle in das Schattengebiet (je nach Einfallswinkel mehr oder weniger gut) erkennbar. F¨ ur den Schattenbereich ist anzumerken, dass die sichtbare Dynamik der Darstellungsweise in Teilchenbewegungs-Bildern wie in den Bildern 10.5 bis und 10.7 sch¨ atzungsweise etwa 10 dB betr¨ agt, weswegen Einf¨ ugungsd¨ammmaße von RE > 10 dB auf diese Weise optisch kaum darstellbar sind. Eine hinsichtlich des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes ’besser lesbare’ Darstellung gibt Bild 10.8 mit der farbkodierten Wiedergabe des Einf¨ ugungsd¨ammmaßes (wobei das Koordinatensystem gleichzeitig noch so gedreht worden ist, dass die Wand hier rosa eingezeichnet - ’aufrecht steht’ und der Schall-Einfall von links erfolgt).
Bild 10.5. Teilchenbewegungen im Schallfeld vor der halbunendlichen Schneide, Einfallswinkel ϕ0 = 90◦
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
343
Bild 10.6. Teilchenbewegungen im Schallfeld vor der halbunendlichen Schneide, Einfallswinkel ϕ0 = 60◦
Bild 10.7. Teilchenbewegungen im Schallfeld vor der halbunendlichen Schneide, Einfallswinkel ϕ0 = 45◦
344
10 Schallschutzw¨ ande
Bild 10.8. Farbkodierte Darstellung des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes, Einfallswinkel ϕ0 = 90◦
Wie erw¨ ahnt besteht einer der Vorteile der Schallfelddarstellung durch Gl.(10.24) in den recht einfach durchf¨ uhrbaren N¨aherungsbetrachtungen. Diese werden hier nicht nur zur Untersuchung des nat¨ urlich vorrangig interessierenden Schattenfeldes angestellt; zur Kontrolle des Ergebnisses seien dar¨ uber hinaus auch noch der Reflexionsbereich, der ’Lichtbereich’ und die Schattengrenze betrachtet. Welche Raumbezirke mit diesen Bezeichnungen gemeint sind, das ist in Bild 10.9 wiedergegeben. Weil die Umgebung der Schirmkante r ≈ 0 praktisch fast nicht interessant ist, wird im Folgenden kr >> 1 vorausgesetzt. ¨ Uber das prinzipielle Verhalten der Gr¨ oßen φ+ und φ− entscheidet das Vorzeichen des Argumentes in den zugeh¨ origen Fresnel-Integralen, denn diese schwanken um den Wert 1/2 f¨ ur positive Argumente und um −1/2 f¨ ur negative Argumente (siehe Gl.(10.31) und Gl.(10.32)). Wenn√man mit u jeweils das Argument der √ Fresnel-Integrale bezeichnet, also u = 2kr cos(ϕ − ϕ0 )/2 f¨ ur φ+ und u = 2kr cos(ϕ + ϕ0 )/2 f¨ ur φ− , dann folgt aus Gl.(10.29) bis Gl.(10.32) φ ≈ 1−j und
falls u > 0
und |u| 1
(10.36)
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
345
Einfallsrichtung
Reflexionsgrenze
Reflexion
Einfallswinkel j0
Licht
Schallschirm Schattengrenze Schatten
Bild 10.9. Bezeichnung der Raumbezirke 2
je−ju φ≈ √ 2π |u|
falls u < 0
und
|u| 1 .
(10.37)
Mit den in Gl.(10.36) und Gl.(10.37) genannten Vereinfachungen l¨asst sich nun das prinzipielle Verhalten des Schallfeldes in den genannten Raumbezirken leicht diskutieren. a) Reflexionsbereich Der Bereich Reflexion“ ist durch ” ϕ < π − ϕ0 gekennzeichnet. In ihm ist ϕ − ϕ0 π < − ϕ0 2 2 und
ϕ + ϕ0 π < . 2 2
Demnach gilt cos
ϕ − ϕ0 >0 2
cos
ϕ + ϕ0 >0. 2
und
346
10 Schallschutzw¨ ande
Die beiden Argumente der auftretenden Fresnel-Integrale sind demnach positiv, damit gibt Gl.(10.36) die N¨ aherung sowohl f¨ ur φ+ als auch f¨ ur φ− an. Es ist also im Reflexionsbereich nach Gl.(10.24) mit (1 − j)(1 + j) = 2 (10.38) p (r, ϕ) ≈ pQ (0) ejkr cos(ϕ−ϕ0 ) + ejkr cos(ϕ+ϕ0 ) . Der erste Term beschreibt (siehe Gl.(10.33)) das einfallende, der zweite Term das in ϕ = 0 reflektierte Feld. b) Lichtbereich Der Bereich Licht“ bezeichnet den Raumteil, in dem die ungest¨orte, einfal” lende Welle als Resultat erwartet wird. Hier ist π − ϕ0 < ϕ < π + ϕ0 , und demnach gilt
und
π π ϕ − ϕ0 − ϕ0 < < 2 2 2 π ϕ + ϕ0 π < < + ϕ0 . 2 2 2
Aus diesem Grund ist cos
ϕ − ϕ0 >0 2
und
ϕ + ϕ0 <0. 2 Es ist also φ+ ≈ 1 − j, f¨ ur die vorausgesetzten großen Abst¨ande kr >> 1 uber φ+ dagegen wird φ− nach Gl.(10.37) klein und kann deswegen gegen¨ vernachl¨ assigt werden. Demnach besteht das Gesamtfeld nach Gl.(10.24) cos
p (r, ϕ) = pQ (0) ejkr cos(ϕ−ϕ0 ) ganz richtig nur aus der einfallenden Welle. Die Betrachtungen im Reflexions-Bereich und im Licht-Bereich dienten mehr der nachtr¨ aglichen Kontrolle der Gleichungen; die folgenden Betrachtungen im Schattenbereich dagegen geben an, welcher Nutzen vom Schallschirm erwartet werden kann. c) Schattengrenze Auf der Schattengrenze ϕ = π + ϕ0 gilt
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
347
ϕ − ϕ0 π = 2 2 und
ϕ + ϕ0 π = + ϕ0 . 2 2 Das Argument der Fresnel-Integrale f¨ ur φ+ ist, wegen cos(ϕ − ϕ0 )/2 = 0, ebenfalls gleich Null, und es ist mit S = C = 0 φ+ =
1−j . 2
Das Argument der Fresnel-Integrale f¨ ur φ− ist wegen cos
ϕ + ϕ0 <0 2
negativ. Nach Gl.(10.37) kann man dann φ− wieder gegen¨ uber φ+ vernachl¨ assigen und erh¨ alt 1 p (r, ϕ) = pQ (0) e−jkr . 2
(10.39)
F¨ ur gr¨ oßere Entfernungen von der Schirmkante erh¨alt man demnach auf der Schattengrenze eine Halbierung des einfallenden Schallfeldes. Man k¨onnte diese Tatsache als durch den Schirm hergestellte halbe Abdeckung“ der weit ” entfernten Quelle deuten, ¨ ahnlich wie beim Sonnenuntergang, bei dem zu einem bestimmten Zeitpunkt nur das halbe Himmelsgestirn sichtbar ist. Auf der Schattengrenze strebt das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß mit der Entfernung gegen RE = 6 dB .
(10.40)
d) Schattengebiet Im Schattengebiet ϕ > ϕ0 + π gilt
und
ϕ − ϕ0 π > 2 2
ϕ + ϕ0 π > + ϕ0 . 2 2 Diesmal sind die Argumente aller Fresnel-Integrale negativ, und es ist deshalb nach Gl.(10.37) 2 ϕ−ϕ0 je−j2kr cos 2 φ+ ≈ √ √ 0) 2π 2kr cos (ϕ−ϕ 2
348
10 Schallschutzw¨ ande 2 ϕ+ϕ0
φ− ≈ √
je−j2kr cos 2 . √ 0) 2π 2kr cos (ϕ+ϕ 2
Demnach gilt f¨ ur den Druck ⎫ ⎧ ⎬ j − 1 e−jkr ⎨ 1 1 + p = pQ (0) √ √ 2 2π 2kr ⎩ cos (ϕ−ϕ0 ) cos (ϕ+ϕ0 ) ⎭ 2 2
(10.41)
(f¨ ur die Argumente der Exponentialfunktionen ist von cos(α) − 2 cos2 (α/2) = cos(α) − (1 + cos(α)) = −1 Gebrauch gemacht worden). F¨ ur Betrachtungen im Schatten ist es recht naheliegend zu vermuten, dass es auf den Abstand eines Punktes zur Schattengrenze ϕ = ϕ0 + π ankommt. Aus diesem Grund sei hier der sogenannte Beugungswinkel β eingef¨ uhrt. Er z¨ ahlt relativ zur Schattengrenze, d.h. es gilt ϕ = π + ϕ0 + β . F¨ ur die beiden Winkelausdr¨ ucke in Gl.(10.41) ist also cos ϕ − ϕ0 = sin β 2 2 und
cos ϕ + ϕ0 = sin β + ϕ0 . 2 2
F¨ ur kleine Beugungswinkel gelten die hier f¨ ur das Schattengebiet abgeleiteten N¨ aherungen ohnedies nicht (siehe die obigen Bemerkungen zur Schattengrenze), man muss also mittlere bis gr¨ oßere“ Beugungswinkel voraussetzen. ” F¨ ur (etwa) 30◦ < β < 120◦ und 0◦ < ϕ0 < 90◦ unterscheiden sich aber sin(β/2 + ϕ0 ) und sin(β/2) nicht sehr. Man darf deshalb in Gl.(10.41) den zweiten Term durch den ersten absch¨ atzen: (j − 1) e−jkr √ , p ≈ pQ (0) √ 2π 2kr sin β2 f¨ ur das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß gilt dann pQ (0) 2 ≈ 10 lg 4π 2 r sin2 β . RE = 10 lg p λ 2
(10.42)
(10.43)
asst sich noch geometrisch deuDer darin enthaltene Ausdruck 2r sin2 (β/2) l¨ ten. Er ist n¨ amlich gleich dem Unterschied U aus dem Weg, den ein Schallstrahl von der weit entfernten Quelle abknickend“ u ¨ber die Schirmkante zum ” Aufpunkt nimmt, und aus dem direkten“ Weg des Schallstrahles zum Auf” punkt bei weggelassener Wand (Bild 10.10). Diese Wegdifferenz heißt Umweg U , f¨ ur ihn gilt nach Bild 10.10
10.1 Beugung an der schallharten Schneide
U = r − D = r − r cos β = r (1 − cos β) = 2r sin2 und folglich ist
RE ≈ 10 lg 2π
2U
λ
349
β , 2
.
(10.44)
Gleichung (10.44) heißt Umweggesetz“, weil es besagt, dass die von Schall” schutzw¨ anden hervorgerufene Einf¨ ugungsd¨ ammung nur vom Verh¨altnis aus Umweg und Wellenl¨ ange abh¨ angt.
Schall-Einfall
Schallschirm b
..
r b
D
Bild 10.10. Schallumweg U = Kantenweg r - Direktweg D
Praktisch alle Berechnungen der Wirkung von Schallschutzw¨anden (siehe z.B. VDI 2720: Schallschutz durch Abschirmung im Freien) werden auch heute noch nach Gl.(10.44) oder jedenfalls doch nach einer sehr ¨ahnlichen N¨aherung durchgef¨ uhrt. In dieser Richtlinie (und auch sonst manchmal in der Literatur) wird der Umweg (etwas unanschaulich) als ’z-Wert’ bezeichnet. Das Umwegprinzip wird auch auf Quellen mit endlichem Wandabstand angewandt. Der Umweg wird dann aus der weiter unten noch genannten geometrischen Betrachtung berechnet. Die Reflexion am Boden wird vernachl¨assigt. Nach Gl.(10.44) sind die folgenden prinzipiellen Tendenzen f¨ ur Schallschutzw¨ ande zu erwarten: •
Das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß ist frequenzabh¨angig, f¨ ur tiefe Frequenzen ist die Wirkung schlechter als f¨ ur hohe Frequenzen. • M¨ oglichst hohe Schallschutzw¨ ande sind f¨ ur m¨oglichst große Umwege erforderlich.
350
•
10 Schallschutzw¨ ande
Tiefliegende Quellen direkt auf Straße oder Schiene sind f¨ ur die abschattende Wirkung g¨ unstiger als hochliegende Schallerzeuger.
Das Reifenger¨ ausch eines LKW wird also besser abgeschattet als ein hochliegendes, offenes Auspuffrohr. Bei Eisenbahnz¨ ugen ist die Wandwirkung f¨ ur die Lok schlechter als f¨ ur den angeh¨ angten Wagen, weil beim Wagen fast nur der Rad-Schiene-Kontakt, bei der Lok jedoch auch noch die obenliegenden Luftschlitze f¨ ur den Motor z¨ ahlen.
10.2 N¨ aherung fu ammmaß ¨ r das Einfu ¨ gungsd¨ Obwohl das Umweggesetz sicher die wesentlichen Grundprinzipien bei der Abschirmung herausstellt, ist es doch in der Angabe des tats¨achlichen Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes ungenau. Eine noch genauere N¨aherung f¨ ur den wahren Sachverhalt erh¨ alt man aus der folgenden N¨ aherungsgleichung: √ 2πN ) + 5 dB . (10.45) RE = 20 lg ( √ th( 2πN ) Darin ist N die sogenannte Fresnel-Zahl N = 2U/λ
(10.46)
und th bezeichnet den hyperbolischen Tangens. Gl.(10.45) ist dem ’Taschenbuch der Technischen Akustik’ (Springer-Verlag, Berlin 2004, Herausgeber G. M¨ uller und M. M¨ oser) entnommen. Die Genauigkeit der von der N¨ aherung Gl.(10.45) gemachten Aussage l¨asst sich untersuchen, indem sie mit dem Ergebnis aus der exakten Gleichung (10.24) verglichen wird. Dazu w¨ ahlt man (bei festem Einfallswinkel ϕ0 ) am besten U/λ als unabh¨ angige Variable und zeichnet eine Kurvenschar f¨ ur das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß mit dem Beugungswinkel als Parameter. Die f¨ ur die numerische Auswertung mit Hilfe von Gl.(10.24) erforderlichen Gr¨oßen ergeben sich dann aus r U 1 = λ λ 2 sin2 β/2 und aus ϕ = ϕ0 + π + β. Die so berechnete Kurvenschar ist in Bild 10.11 wiedergegeben. Wie man sieht ergeben sich im gezeigten Intervall von Beugungswinkeln Fehler von h¨ ochstens 2 dB. Sollen die Ergebnisse noch genauer sein, dann muss man entweder selbst Gl.(10.24) programmieren oder die in Bild 10.12 eingetragenen Kurven benutzen (sie sind nach Gl.(10.24) gerechnet). Wie man in Bild 10.11 erkennen kann, gibt Gl.(10.45) auch f¨ ur kleine Beugungswinkel β eine recht genaue N¨ aherung an. An der Schattengrenze N = 0 ist nach Gl.(10.45) RE = 5 dB (wegen th(x) = x f¨ ur kleine x); der vorne abgeleitete, korrekte Wert von 6 dB wird also nur ganz knapp unterschritten.
10.2 N¨ aherung f¨ ur das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß
351
30 β = 10°, 20°, 30°, ... ,80° 25
Einfügungsdämmmaß /dB
Näherung 20 exakt
15
10
5
0 1
2
4
8
16
Umweg U/λ
Bild 10.11. Vergleich der N¨ aherung Gl.(10.45) (durchgezogene Linie) mit der exakten Rechnung (gestrichelt) nach Gl.(10.24), gerechnet f¨ ur ϕ0 = 450 25 0
β= 45
Einfügungsdämmmaß/dB
20
200 15
150 100
10 50 5
0 1
0
β= 0
2
4
8
16
r/λ
Bild 10.12. Einf¨ ugungsd¨ ammmaß nach Gl.(10.24) f¨ ur kleinere Beugungswinkel, gerechnet f¨ ur ϕ0 = 450
√ F¨ ur Fresnel-Zahlen N > 0, 36 gilt 0, 9 < th( 2πN ) ≤ 1. Der Rechenfehler betr¨ agt f¨ ur N > 0, 36 deshalb stets weniger als 1 dB, wenn man den hyperbolischen Tangens in (10.45) gleich 1 setzt. Mit der in der Akustik u ¨blichen Genauigkeit gilt also f¨ ur N > 0, 36
352
10 Schallschutzw¨ ande
RE = 10 lg (2πN ) + 5dB .
(10.47)
Die Bestimmung der Einf¨ ugungsd¨ ammung ist damit auf rein geometrische Betrachtungen reduziert, deren qualitative und quantitative Bedeutung f¨ ur die praktische Anwendung hier noch diskutiert werden sollen. Bild (10.13) zeigt eine typische Anordnung aus Quelle (Abstand aQ zur Wand), Schallschirm der uber der Quelle) und Einwirkungsort E, der um hE u H¨ ohe hS (¨ ¨ber der Quelle liege und den Abstand aE von der Wand besitze. Bei Straße oder Schiene liegen die Hauptquellen auf dem Fahrweg; die H¨ohen hS und hE z¨ahlen dann relativ zu diesem. F¨ ur den Kantenweg K (=Strahlenweg von Q nach E u ¨ber die Schallschutzwand E, Empfänger, Einwirkungsort
hS
hE
Q, Quelle aQ
aE
Boden
Bild 10.13. Anordnung aus Quelle Q, Schallschutzwand der H¨ ohe hS und Einwirkungsort E
Schirmspitze) folgt nach zweimaliger Anwendung des Satzes von Pythagoras K = h2S + a2Q + (hS − hE )2 + a2E , f¨ ur den Direktweg gilt D=
h2E + (aE + aQ )2 .
Der Umweg U betr¨ agt U = K − D. In der Praxis liegen die sch¨ utzenswerten Gebiete fast immer so weit entfernt, dass aE >> hS gilt. Typisch sind gewiss Entfernungen aE von mindestens 100 Metern oder sogar mehreren hundert Metern und Schirmh¨ ohen von selten mehr als 5 Metern. Praktisch immer gilt also aE >> hS . Die Ausdr¨ ucke mit (hS − hE )2 bzw. mit h2E sind also sehr viel kleiner als a2E , solange hE nicht zu sehr u ¨ber die Schirmh¨ohe hS hinausw¨achst. Betr¨ uge beispielsweise aE = 20(hS − hE ), dann w¨are ja (hS − hE )2 = a2E /400 eine vergleichsweise außerordentlich kleine Zahl, die den Wert der betroffenen Wurzel fast nicht beeinflusst. Die quadratisch kleinen Terme in den Wurzeln k¨ onnen also vernachl¨ assigt werden. Daf¨ ur erh¨ alt man K = h2S + a2Q + aE und D = aE + aQ . angt also der Umweg U mit F¨ ur grosse Abst¨ ande aE h¨
10.3 Bedeutung der H¨ ohe von Schallschutzw¨ anden
U =K −D =
h2S + a2Q − aQ
353
(10.48)
ugungsfast nicht von Messabstand aE und Messpunkth¨ohe hE ab. Das Einf¨ d¨ ammmaß wird daher ausschließlich durch Quellabstand aQ und Schirmh¨ohe angig von der Wahl des Empfangspunktes E. hS bestimmt, es ist fast unabh¨ ¨ Aus dieser Uberlegung kann auch die realistische Gr¨oßenordnung des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes abgesch¨ atzt werden. Als Beispiel sei eine (etwa u ¨bliche) 5 m Wand an einer breiten, dreispurigen Straße betrachtet. Die Spurbreite betr¨ agt etwa 3, 5 m, hinzu kommen noch einmal 3 m Abstand vom Fahrbahnrand zur Schallschutzwand (z.B f¨ ur die Standspur). In etwa kann man die Quelle in der Straßenmitte, also in ungef¨ ahr 8 m Entfernung zur Wand annehmen. Damit ergibt sich ein Umweg von 1, 43 m. Die Schwerpunktfrequenz f¨ ur Verkehrsl¨ arm liegt bei etwa 1000 Hz mit λ = 0, 34 m. Die Fresnelzahl betr¨ agt damit N = 8,44. Wegen N > 0, 36 kann Gl.(10.47) benutzt werden, und aus ihr ergibt sich R = 22, 2 dB. Bemerkenswert ist noch, dass der Umweg U u ¨ber dem Abstand aQ zwischen Wand und Quelle monoton abnimmt. Die Wirkung der Schallschutzwand ist also um so gr¨ oßer, je n¨ aher Quelle und Wand zusammengebracht werden k¨ onnen.
10.3 Bedeutung der H¨ ohe von Schallschutzw¨ anden Nat¨ urlich fragt sich noch, welche Vorteile eine vergr¨oßerte Bauh¨ohe der Wand zu bieten hat. Wenn bei ansonsten unver¨ anderter Situation eine h¨ohere Schallschutzwand h2 gegen¨ uber der bisherigen H¨ ohe h1 vorgesehen wird, dann wird damit der Vorteil ΔR U2 (10.49) ΔR = 10lg( ) U1 f¨ ur das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß erreicht. Dabei bezeichnen U1 und U2 die zu orenden Umwege. Der gewonnene Vorteil h¨angt jetzt noch vom h1 und h2 geh¨ Quellabstand ab. Das Intervall, in dem der Zugewinn ΔR liegen muss, kann allgemein jedoch einfach eingesch¨ atzt werden. Der minimale Zugewinn ergibt sich dann, wenn die Wand bereits ’gut wirkt’; das ist der Fall f¨ ur einen kleinen Wandabstand zur Quelle. Dann sind nach Gl.(10.48) die Umwege gleich den H¨ohen und es gilt h2 ΔRmin = 10lg( ) . (10.50) h1 F¨ ur weit entfernte Quellen andererseits, deren Abstand a viel gr¨oßer ist als die Wandh¨ ohe h, gilt etwa
a2 + h2 ≈ a +
h2 , 2a
also betr¨ agt der Umweg U ≈ h2 /2a. Deswegen gilt
(10.51)
354
10 Schallschutzw¨ ande
ΔRmax = 20lg(
h2 ) = 2ΔRmin . h1
(10.52)
F¨ ur weit entfernte Quellen wirkt sich also ein Bauh¨ohenzuwachs in einem gr¨ oßeren D¨ ammungsgewinn aus als f¨ ur nah an der Wand angesiedelte Quellen. Die Verbesserungen sind dabei - jedenfalls unter realistischen Annahmen - nicht allzu hoch. Wird z.B. statt einer Wand von 5 m H¨ohe eine mit 6 m H¨ ohe gebaut, dann liegt der Zugewinn an D¨ammung zwischen 0, 8 dB und 1, 6 dB, abh¨ angig von der Lage der Quelle. Selbst die Verdopplung der Bauh¨ ohe bewirkt nur Verbesserungen zwischen 3 und 6 dB. Hohe erforderliche Einf¨ ugungsd¨ ammmaße sind bei Schallschutzw¨ anden recht teuer. Wie das Beispiel im vorigen Abschnitt zeigt k¨onnen Schallschutzw¨ande grob etwa 20 dB Einf¨ ugungsd¨ ammung erzielen. Noch deutlich gr¨oßere D¨ammmaße w¨ urden wahre Wand-Giganten erforderlich machen. Schallschutzw¨ande bilden damit gewiss ein wichtiges Hilfsmittel zur L¨armbek¨ampfung; ebenso gewiss stellen sie allerdings auch kein Allheilmittel dar.
10.4 Schallschutzw¨ alle Das einfache Modell eines Hindernisses in Form einer halbunendlichen Wand hat eine recht u ¨bersichtliche Beschreibung des Beugungs- und Reflexionsgeschehens ergeben. Daf¨ ur sind doch einige Fragen offen geblieben. Lassen sich z.B. die Berechnungsvorschriften ohne weiteres auch auf andere Geometrien wie zum Beispiel auf Schallschutzw¨ alle an Stelle von W¨anden u ¨bertragen? Z.B l¨ asst sich auch die Wirkung keilf¨ ormiger Schallschutzw¨ande (also von Schallschutzw¨ allen) theoretisch berechnen (siehe die Bilder 10.14 und 10.15). Die Wiedergabe des Formelapparates w¨ urde hier gewiss zu weit f¨ uhren. Zwei numerische Auswertungen davon seien hier jedoch in den Bildern 10.14 ¨ und 10.15 wiedergegeben. Wie man in Bild 10.14 erkennt, spielt der Offnungs◦ ur γ < 90◦ winkel unterhalb von 90 praktisch keine Rolle, man kann also f¨ ◦ ganz zu recht das Umweggesetz benutzen, oberhalb von 90 dagegen werden die Abweichungen vom Umweggesetz rasch signifikant, hier liegen schlechtere ur die gestreckte halbunendliche Schneide ergeben w¨ urden. RE vor als sie sich f¨ ¨ Offnungswinkel von mehr als 120◦ kommen durchaus bei Hausd¨achern und aufgesch¨ utteten Erdw¨ allen vor; wie man sieht muss man mit zum Teil nicht unerheblichen Einbußen bei der Schalld¨ ammung gegen¨ uber gleich hohen, gestreckten W¨ anden rechnen.
10.4 Schallschutzw¨ alle
355
25
Einfügungsdämmmaß/dB
20
15
10
Keilöffnungswinkel in Grad = 0, 30, 60, 90, 120
5
0 0
5
1
2
4
r/λ
Bild 10.14. Einf¨ ugungsd¨ ammmaß von keilf¨ ormigen Schallschutzw¨ allen, gerechnet f¨ ur den Einfallswinkel ϕ0 = 600 und den Beugungswinkel β = 600
Bild 10.15. Reflexion und Beugung an keilf¨ ormigen Schallschutzw¨ allen
356
10 Schallschutzw¨ ande
10.5 Absorbierende Schallschutzw¨ ande In der praktischen Anwendung werden Schallschutzw¨ande fast immer auf der der Quelle zugewandten Innenseite absorbierend ausgef¨ uhrt. Dieser Abschnitt versucht den dadurch f¨ ur den Schallschutz bewirkten Vorteil zu kl¨aren. ¨ Wie einfache Uberlegungen zeigen, spielt die auf die Wand aufgebrachte Schallabsorption nur dann eine Rolle, wenn die relevanten Begrenzungsfl¨achen einen relativ kleinen Abstand zueinander haben. Das ist der Fall bei der Vorbeifahrt von großen Fahrzeugen - wie z.B. von Eisenbahnz¨ ugen oder Lastkraftwagen. Hier kann der Abstand zwischen den Begrenzungsfl¨achen - der Wand und der Fahrzeughaut - u.U. recht klein sein. Zwar liegen bei den genannten großen Ger¨ auscherzeugern die eigentlichen Quellen tief, sie bestehen n¨ amlich haupts¨ achlich aus dem Reifenger¨ausch oder dem Rollger¨ausch des Rad-Schiene-Kontaktes. Bei reflektierender Schallschutzwand wird das Schallfeld dann aber auf einem Zick-Zack-Kurs (wie in Bild 10.16) nach oben gef¨ uhrt und trifft dann schließlich unter einem f¨ ur die Abschirmwirkung recht ung¨ unstigen Winkel auf die Kante. Dieser Effekt bewirkt quasi eine Verlagerung der Quelle von Schiene oder Straße zu einem viel h¨oher gelegenen Ort. Dadurch sinkt die d¨ ammende Wirkung ganz betr¨achtlich.
Bild 10.16. Prinzipweg des Schallstrahles von der Quelle zur Schirmkante bei Schallschutzw¨ anden mit oder ohne Absorption auf der Quellseite
F¨ ur Vorbeifahrten von kleineren Quellen dagegen spielt die Reflexion an Fahrzeug selbst kaum eine Rolle. Mehrfach-Reflexionen k¨onnen nur auftreten, wenn zu beiden Seiten des Fahrweges Schallschutzw¨ande errichtet worden sind. Meist sind die Abst¨ ande dann aber so groß, dass der Schalleinfall von Original-Quellen ebenso wie von Spiegelquellen mehr oder weniger streifend erfolgt. Vermieden werden kann der genannte Zick-Zack-Effekt bei großen Ger¨auscherzeugern in naher Nachbarschaft zur Wand durch die Benutzung von quellsei-
10.5 Absorbierende Schallschutzw¨ ande
357
Bild 10.17. Schalldruckpegel bei vollst¨ andig absorbierenden (oben) und bei vollst¨ andig reflektierenden (unten) W¨ anden.
358
10 Schallschutzw¨ ande
tig absorbierenden Schallschutzw¨ anden. Welche Unterschiede dabei vorkommen k¨ onnen zeigt eine Simulationsrechnung. Zwei Ergebnisse davon sind beispielhaft in Bild 10.17 gezeigt. Die Simulation beruht auf der Annahme von Spiegelquellen, deren Felder ebenfalls an der jeweils entsprechenden Wand gebeugt werden. Der Einfachheit halber wurde jeweils angenommen, dass der Pegel der Quelle im Freien in 1 m Abstand 100 dB betr¨agt. Gerechnet wurde f¨ ur die Schwerpunkt-Frequenz von Verkehrs-Ger¨auschen bei 500 Hz. Man erkennt die starke Ortsabh¨ angigkeit der durch die Absorption erreichten Verbesserung. In extremeren F¨ allen k¨ onnen tats¨ achlich recht große Verbesserungen der Wandabsorption zugeschrieben werden. Messbeispiele f¨ ur die Wirkung der absorbierenden Belegung im Schattengebiet hinter der Wand gibt Bild 10.18. In ihm sind die Pegelminderungen angegeben, die sich durch die quellseitige Wandabsorption gegen¨ uber einer reflektierenden Wand ergeben. Bei der Messung wurde dazu die absorbierende Wandbelegung mit Blechen abgedeckt, die Pegel sind mit und ohne diese Abdeckung ermittelt worden. Die so bestimmten Verbesserungen waren betr¨ achtlich, wie Bild 10.18 lehrt. Auch der qualitative Zusammenhang zwischen Abschirmwirkung und Absorption ist hier nachgewiesen: Der h¨ ochste Absorptionsgrad f¨ uhrt auch zur gr¨oßten Pegeldifferenz. Hier betrug allerdings der Abstand zwischen Wand und Reflektor (einem Lastkraftwagen) nur 1 m, Wand und LKW waren beide 4 m hoch. Diese Situation wird allenfalls einmal in einem Baustellenbereich auch wirklich auftreten; unter ’normalen’ Verh¨ altnissen sind die Abst¨ ande deutlich gr¨oßer.
Bild 10.18. Terzpegelminderung im ¨ ortlichen Mittel (30 Messpositionen) durch absorbierende Belegung, gemessen hinter einer 3, 5 m hohen Wand bei LKWVorbeifahrt (LKW-H¨ ohe ebenfalls 3, 5 m) in 1 m Abstand von der Wand f¨ ur drei un¨ terschiedliche absorbierende Belegungen. W¨ ande der Fa. Rieder, Maishofen, Osterreich.
10.6 Bedeutung des Schalldurchganges durch die Abschirmwand
359
Wie erw¨ ahnt zeigt sich, dass diese großen Verbesserungen sehr rasch mit dem Abstand zwischen Reflektor (in Bild 10.16: das Fahrzeug) und Schallschutzwand nachlassen. Bei einem Abstand, der gleich der H¨ohe der Schallschutzwand ist, bleiben nur etwa 3 dB Verbesserung durch die Absorption u ur große Fahrzeuge wie Lastkraftwagen ¨brig. Weil dieser Effekt auch nur f¨ auftritt und bei den kleinen Quellen wie Personenwagen und Motorr¨adern nicht vorkommt, spielt die Absorption von Schallschutzw¨anden an Straßen hinsichtlich des Immissionspegels meist nur eine sehr kleine, unbedeutende Rolle.
10.6 Bedeutung des Schalldurchganges durch die Abschirmwand Schließlich w¨ are noch zu erw¨ ahnen, dass auch der Schalldurchgang durch die Wand selbst eine Rolle spielen kann, wenn die Schallschutzwand keine ausreichende Schalld¨ ammung besitzt. Die Schallversorung auf der Wandr¨ uckseite vollzieht sich sowohl durch die oben behandelte Beugung als auch durch die ¨ Wand hindurch. Allgemein sind also zwei Ubertragungswege zu ber¨ ucksichtigen. Sie seien hier durch die Transmissionsgrade τB f¨ ur den Beugungspfad ur den Durchgangspfad bezeichnet. Das zu den Transmissionsund durch τD f¨ graden geh¨ orende Schalld¨ ammmaß betr¨ agt nach dessen Definition 1 R = 10 lg( ) . τ
(10.53)
Weil f¨ ur beide Wege ein und dieselbe Quelle z¨ahlt, gilt f¨ ur den GesamtTransmissionsgrad (10.54) τges = τB + τD . Deswegen besteht das Gesamt-D¨ ammmaß aus Rges = 10 lg
1 τges
= 10 lg
1 1 = 10 lg −R /10 . B τ B + τD 10 + 10−RD /10
(10.55)
Etwas u ur auch ¨bersichtlicher kann man daf¨ Rges = 10 lg
10RB /10 = RB − 10 lg(1 + 10(RB −RD )/10 ) 1 + 10(RB −RD )/10
(10.56)
schreiben. Demnach bewirkt ein Durchgangsd¨ammmaß von RD = RB eine Verschlechterung von 3 dB in der Gesamtwirkung gegen¨ uber einer sehr gut d¨ ammenden Wand. F¨ ur RD = RB + 6 dB betr¨agt das Gesamt-D¨ammmaß ur RD = RB + 10 dB gilt schließlich Rges = RB − 0, 4 dB. Rges = RB − 1 dB; f¨ Wie oben gezeigt sind selbst kleinere Zugewinne an D¨ammung oft nur mit nicht unbetr¨ achtlichen Bauh¨ ohenzuw¨ achsen erreichbar. Deshalb sollte wenigstens beim Schalldurchgang keine D¨ ammung ’verschenkt’ und etwa RD = RB + 6 dB angestrebt werden.
360
10 Schallschutzw¨ ande
10.7 Ausblick Andere, angesichts der praktischen Bedeutung von Schallschirmen ja wichtige und deshalb viel diskutierte Fragen zur Beeinflussung ihrer Wirkung betreffen • die Bodenreflexion, • Wind und Wetter, • Ausbreitungsd¨ ampfung u ¨ber große Entfernungen, • Bewuchs, • unkonventionelle, zum Beispiel u angende Geometrie, ¨berh¨ • und andere, hier nicht genannte Einfl¨ usse.
10.8 Zusammenfassung Das Beugungsfeld im geometrischen Schatten hinter einer sehr langen, schallharten und d¨ unnen Wand gehorcht dem ’Umweggesetz’, nach dem sich das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß der Wand aus der Differenz von ’Schallweg u ¨ber die Kante des Schirmes’ und ’Direktweg ohne Wand’ - jeweils bezogen auf die Wellenl¨ ange - ergibt. F¨ ur praktische Verh¨ altnisse ergeben sich D¨ammmaße, die nur von der Wandh¨ ohe und vom Wand-Quellabstand abh¨angen. Nur selten betragen die dabei realisierbaren Einf¨ ugungsd¨ammmaße mehr als 20 dB. ¨ Je nach Offnungswinkel kann das Einf¨ ugungsd¨ammmaß von W¨allen etwas schlechter sein als das von gleich hohen gestreckten W¨anden. Zur Vermeidung von Vielfachreflexionen zwischen Quelle und Schallschutzwand, die die Abschirmwirkung beeintr¨ achtigen, wird f¨ ur Absorption auf der Quellseite der Wand gesorgt. Das Durchgangsd¨ ammmaß von Schallschutzw¨anden sollte mindestens um etwa 6 dB u ammmaß liegen, damit das Gesamt-D¨ammmaß ¨ber dem Beugungsd¨ nicht wesentlich vom Schalldurchgang beeinflusst wird.
10.9 Literaturhinweise Zum Vertiefen des Stoffes sei vor allem das Werk von Skudrzyk, E.: The Foundations of Acoustics (Springer, Wien 1971) empfohlen. Die Frage der Beeinflussung des Beugungsfeldes durch Impedanzgebung wird in M¨oser, M.: ’Die Wirkung von zylindrischen Aufs¨ atzen an Schallschirmen’ (ACUSTICA 81 (1995), S. 565-586) behandelt. Als Nachschlagwerk u ¨ber mathematische Funktionen ist das Buch von Abramowitz, M. (Hrsg.); Stegun, I. A.(Hrsg.): ’Handbook of Mathematical Functions’ (9th Dover Printing, New York 1972) von großem Wert.
¨ 10.10 Ubungsaufgaben
361
¨ 10.10 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Man berechne die Pegelminderung bei Bauh¨ ohen¨anderung von 4 m auf 5, 5 m, von 4 m auf 7, 5 m, von 5, 5 m auf 7, 5 m und von 7, 5 m auf 10 m von Schallschutzw¨ anden, wenn die Immissionsorte weit entfernt sind (Abst¨ande mehrere hundert Meter) und keine Sichtverbindung zu den Quellen besteht. Als Quellabst¨ ande sollen die Fahrbahn-Mitten einer dreispurigen Straße benutzt werden (Quell-Abst¨ ande zur Wand 6, 7 m, 10, 5 m und 15 m, Quellen auf der Fahrbahn). Man nehme an, dass die Schwerpunktfrequenz des Verkehrsger¨ausches bei 1000 Hz liegt. Aufgabe 2 Wie groß sind die Einf¨ ugungsd¨ ammmaße von Schallschutzw¨anden der Bauh¨ohen 4 m, 5, 5 m, 7, 5 m und 10 m f¨ ur weit entfernte Immissionsorte ohne Sichtverbindung zu den Quellen mit den Abst¨ anden 6, 7 m, 10, 5 m und 15 m zur Wand? Man rechne auch diesmal mit f = 1000 Hz. Aufgabe 3 Wenn man sehr nah bei der Wand liegende Quellen und sehr weit von der Wand weg liegende Quellen ber¨ ucksichtigt: wie groß sind die maximale und die minimale Pegelminderung bei Bauh¨ ohen¨ anderung von 4 m auf 5, 5 m, von 4 m auf 7, 5 m, von 5, 5 m auf 7, 5 m und von 7, 5 m auf 10 m von Schallschutzw¨ anden, wenn die Immissionsorte weit entfernt sind (Abst¨ande mehrere hundert Meter) und keine Sichtverbindung zu den Quellen besteht? Aufgabe 4 Um wieviel liegt das Gesamt-D¨ ammmaß Rges unter dem Beugungsd¨ammmaß ammmaß der Schallschutzwand um 6 dB kleiner RB , wenn das Durchgangsd¨ ist als RB ? Aufgabe 5 Wie in der folgenden (nicht maßst¨ ablichen) Skizze dargestellt sollen zwischen einer Quelle und einem Empf¨ anger zwei unterschiedliche W¨ande vorhanden sein. Praktisch kommt eine solche Situation beispielsweise vor, wenn eine Bahnstrecke neben einer Straße liegt, wobei letztere beidseitig mit Schallschutzw¨ anden ausgestattet ist. Wie groß ist das Einf¨ ugungsd¨ammmaß, wenn die Schwerpunktfrequenz 500 Hz betr¨ agt?
362
10 Schallschutzw¨ ande Wand 2 Wand 1
4m
Quelle
5m
2m Empfänger
2m
3m
3m
Bild 10.19. Anordnung aus Quelle, Empf¨ anger und zwei W¨ anden in Aufgabe 5
Aufgabe 6 Wenn in der Anordnung der vorangegangenen Aufgabe 5 die kleinere der beiden Schallschutzw¨ ande von 4 m H¨ ohe weggelassen wird und alles sonst unver¨ andert bleibt, um wieviel ¨ andert sich dann das Einf¨ ugungsd¨ammmaß am Empfangspunkt?
10.11 Anhang: MATLAB-Programm f¨ ur die Fresnel-Integrale
10.11 Anhang: MATLAB-Programm fu ¨ r die Fresnel-Integrale function [cfrenl,sfrenl] = fresnel(xarg) x=abs(xarg)/sqrt(pi/2); arg=pi*(x^2)/2; s=sin(arg); c=cos(arg); if x>4.4 x4=x^4; x3=x^3; x1=0.3183099 x2=0.10132 cfrenl=0.5 + sfrenl=0.5 if
- 0.0968/x4; 0.154/x4; x1*s/x - x2*c/x3; x1*c/x - x2*s/x3;
xarg<0 cfrenl=-cfrenl; sfrenl=-sfrenl;
end else a0=x; sum=x; xmul=-((pi/2)^2)*(x^4); an=a0; nend=(x+1)*20; for n=0:1:nend xnenn=(2*n+1)*(2*n+2)*(4*n+5); an1=an*(4*n+1)*xmul/xnenn; sum=sum + an1; an=an1; end cfrenl=sum; a0=(pi/6)*(x^3); sum=a0; an=a0; nend=(x+1)*20;
363
364
10 Schallschutzw¨ ande
for n=0:1:nend xnenn=(2*n+2)*(2*n+3)*(4*n+7); an1=an*(4*n+3)*xmul/xnenn; sum=sum + an1; an=an1; end sfrenl=sum; if xarg<0 cfrenl=-cfrenl; sfrenl=-sfrenl; end end
11 Elektroakustische Wandler fu ¨ r Luftschall
Die Grundlage einer jeden naturwissenschaftlichen oder ingenieurwissenschaftlichen Disziplin bildet die Messung der interessierenden Gr¨oßen. Alle in diesem Buch benannten physikalischen Effekte m¨ ussen durch Messungen auch nachweisbar sein; die akustische Messtechnik zum Nachweis von tats¨achlicher Emission und Immission geh¨ ort zum Alltagsgesch¨aft der Technischen Akustik. Gr¨ unde genug also, hier die beiden praktisch wichtigsten Luftschallmikrophone - das Kondensatormikrophon und das elektrodynamische Mikrophon - n¨ aher zu betrachten, die den Kern einer jeden Mess- und AuswerteEinrichtung ausmachen. Nat¨ urlich gibt es viel mehr Typen, z.B. der auf Biegung beanspruchte Piezoschwinger in Telefonkapseln, die heute g¨angigen, sehr preiswerten Elektret-Mikrophone, die (altert¨ umlichen) Kohle-Mikrophone und elektromagnetischen Mikrophone, und damit ist die Liste noch keineswegs vollst¨ andig. Mehrere Gr¨ unde sprechen f¨ ur die hier getroffene Auswahl: 1. Der einzige Mikrophontyp, der den in der Normung genannten Genauigkeitsanforderungen gen¨ ugt, ist das Kondensatormikrophon. F¨ ur Absolutmessungen wie die Feststellung eines Pegels ist es deshalb unverzichtbar. Man bedenke, dass als zu hoch festgestellte Pegel erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen k¨onnen; Pr¨azision ist hier deshalb oberstes Gebot. Kondensatormikrophone sind in der Herstellung aufwendig und deshalb nicht billig. 2. F¨ ur Relativmessungen dagegen kann man weit preisg¨ unstigere Mikrophone einsetzen: Wenn nur die Pegeldifferenz (z.B. zwischen zwei R¨aumen bei der Messung der Luftschalld¨ ammung) oder der Pegelabfall wie bei der Messung der Nachhallzeit z¨ ahlt, kann man auch die preisg¨ unstigeren, daf¨ ur im Absolutwert ungenaueren elektrodynamischen Mikrophone verwenden. Auch f¨ ur Studiozwecke sind elektrodynamische Mikrophone vollkommen ausreichend. 3. Und schließlich w¨ are die Behandlung noch anderer Typen in großen Teilen redundant: Alle Wandler haben ¨ ahnliche mechanische Aufbauten (oder lassen sich doch ¨ ahnlich wie hier beschreiben), und bei (fast) allen wird der
366
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Frequenzgang vom mechanischen Aufbau bestimmt, wie sich im Folgenden noch zeigen wird. Schließlich interessieren f¨ ur viele Messungen auch die Einrichtungen zur gezielten Herstellung von Schall, die Lautsprecher. Auch hier soll die Beschr¨ ankung auf den g¨ angigsten Typ, den elektrodynamischen Lautsprecher, gen¨ ugen. Lautsprecher und Mikrophone fasst man unter dem Oberbegriff elektroakustische Wandler“ zusammen, um damit anzudeuten, dass hier ent” weder akustische Energie in elektrische verwandelt wird, oder umgekehrt. Ihrem Wesen nach sind die hier behandelten Wandler-Prinzipien (und andere) reversibel: Sie k¨ onnen sowohl als Mikrophon als auch als Lautsprecher benutzt werden. Beispielsweise versetzt man beim elektrodynamischen Lautsprecher die an der Membran befestigte Spule, die in ein Magnetfeld eintaucht, durch Wechselstr¨ ome in Schwingungen. Durch die Membran erfolgt so eine Luftschallabstrahlung. Die gleiche Einrichtung kann man aber auch als Mikrophon benutzen: Die Wechselkr¨ afte des Schalldrucks versetzen die Membran in Bewegungen, welche eine induzierte Spannung zur Folge haben, die an der Spule abgegriffen werden kann. Dabei wird nat¨ urlich die spezifische Bauart dem Zweck entsprechen. Naturgem¨ aß muss man bei den Wandlern sowohl ihren mechanischen Aufbau als auch ihren elektrischen Schaltkreis in Betracht ziehen. Die mechanische Funktionsweise besteht nun einfach darin, dass eine Relativbewegung zwischen der Membran und dem Geh¨ ause durch Druckkr¨afte und durch elektromagnetische Kr¨ afte erzeugt wird. Da das Geh¨ause entweder vergleichsweise schwer oder starr befestigt ist, kann man es als ruhend ansehen. Es interessiert also nur die Bewegung der Membran mit der Masse m, die noch die Masse einer Spule, oder anderer mit der Membran mitbewegter Teile, enthalten kann. Auf sie wirkt die ¨ außere Kraft F = F p + Fe ,
(11.1)
worin Fp die Druckkraft und Fe die elektromagnetische Kraft repr¨asentiert. Man kann gewiss • f¨ ur Mikrophone Fe Fp und • f¨ ur Lautsprecher Fp Fe annehmen. Es w¨ are ein schlechter Schallempf¨anger, bei dem die elektrisch r¨ uckwirkende Kraft gegen¨ uber der anregenden Druckkraft auch nur vergleichbar groß w¨ are. Ebenso werden Lautsprecher in ihrer Abstrahlung nicht wesentlich von dem von ihnen erzeugten Luftschallfeld r¨ uckwirkend beeinflusst. Gleichwohl sind diese R¨ uckwirkungen stets vorhanden, sie bleiben hier vernachl¨ assigt. Wie gesagt bestehen alle hier vorgestellten Wandler im wesentlichen aus einer Masse (ggf. inklusive einer mitbewegten Zusatzmasse), die federnd an einem schweren, fast unbeweglichen Geh¨ ause befestigt ist. Der mechanische Aufbau besteht also immer in einem einfachen Resonator, der in Kapitel 5 schon
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
367
ausf¨ uhrlich diskutiert worden ist. Nach den Betrachtungen in Abschnitt 5.1 Wirkung elastischer Lagerung auf starrem Fundament“ gilt f¨ ur die Auslen” kung x der mit der Feder s am unbeweglichen Geh¨ause befestigen Masse m, die der Kraft F ausgesetzt ist (siehe Gleichung (5.6, S. 157))
Bild 11.1. Frequenzgang von Auslenkung (oben) und Schnelle (unten) beim einfachen Resonator
x=
F/s F = . 2 s − mω 2 + jωr 1− ω + jη ωω0 ω2 0
Dabei bedeuten wie in Kapitel 5.1
(11.2)
368
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
ω0 =
s m
die Resonanzfrequenz und
rω0 s den Verlustfaktor des mechanischen Wandleraufbaus (siehe auch (5.46) und (5.15), S. 158). Wie die folgenden beiden Abschnitte zeigen, beruht das Wandlerprinzip beim Kondensatormikrophon auf der Membran-Auslenkung x selbst; die Ausgangsspannung U ∼ x ist beim Kondensatormikrophon proportional zur Auslenkung x. Elektrodynamische Mikrophone dagegen nutzen das Induktionsgesetz aus, f¨ ur sie gilt deswegen U ∼ v = jωx. Es ist dieser Unterschied in den beiden Typen, der auch f¨ ur die von einander verschiedenen Frequenzg¨ange letztendlich verantwortlich ist. Wie man in Bild 11.1 sieht, ist der Frequenzgang von v/F = jωx/F nat¨ urlich einfach die (in mathematisch positive Richtung) gedrehte“ Version von x/F . Der Frequenzgang von Hx = x/F ” ist konstant unterhalb der Resonanzfrequenz und f¨allt oberhalb von ihr mit 12 dB/Oktave ab. Der Frequenzgang Hv = jωx/F = jωHx dagegen steigt mit 6 dB/Oktave zur Resonanzfrequenz hin und nimmt danach mit ebenfalls 6 dB/Oktave ab. Es ist dieser Unterschied, der sich in den Frequenzg¨angen der betroffenen Wandler niederschl¨ agt, wie das Folgende zeigt. η=
11.1 Das Kondensatormikrophon Das Kernst¨ uck dieses Mikrophontyps besteht aus einem Kondensator, dessen eine Elektrode von der hauchd¨ unnen, sehr leichten Membran gebildet wird; die Gegenelektrode dagegen ist vergleichsweise sehr massiv und schwer. Ein Beispiel des konstruktiven Aufbaus eines Kondensatormikrophons ist in Bild 11.4 gegeben. Das Wandlerprinzip besteht darin, dass sich die Kapazit¨at des Kondensators mit der Membranauslenkung x ¨ andert. Bekanntlich ist die Kapazit¨at eines Plattenkondensators umgekehrt proportional zum Plattenabstand d: C0 ∼
1 . d
(11.3)
Wenn nun also der Plattenabstand bei Beschallung um x verringert wird, dann ist 1 . (11.4) C∼ d−x Weil die in (11.3) und (11.4) nicht mitgeschriebene Proportionalit¨atskonstante die gleiche ist, folgt daraus C = C0
d 1 = C0 . d−x 1 − x/d
(11.5)
11.1 Das Kondensatormikrophon
369
Dabei bedeutet C0 die Ruhekapazit¨ at des Kondensators. Nat¨ urlich muss die Mikrophon-Kapazit¨ at zun¨achst mit einer Gleichspannung versorgt werden, damit u ¨berhaupt ein elektrisches Signal nach außen abgegriffen werden kann. Den prinzipiellen Schaltkreis zeigt Bild 11.2. Er besteht in dem geschlossenen Kreis aus Kapazit¨at, Ohmschem Widerstand R und Gleichspannungsquelle U0 . Der Widerstand R stellt bereits den nachfolgenden, sehr hochohmigen Verst¨ arker zur Weiterverarbeitung der außerordentliche kleinen Wechselspannung an ihm dar. Die Ruhekapazit¨at betr¨agt ur U0 nat¨ urlich nur einige 10−11 F arad, mehr ist technisch kaum erreichbar. F¨ sind Werte zwischen etwa 20 V und 200 V gebr¨auchlich, diese Vorspannung ¨ wird begrenzt durch die Uberschlagsgefahr zwischen den Elektroden. d Gegenelektrode
Membran x
I R
UC
U
U0 Bild 11.2. Prinzip des Kondensatormikrophons
F¨ ur die Kondensatorspannung im Kreis gilt gem¨aß der Definition des Begriffs Kapazit¨ at“ ” Q Q x Uc = = . (11.6) 1− C C0 d Die Ausgangsspannung U ergibt sich aus dem Spannungsverlauf Uc + U − U0 = 0 zu U = U0 − Uc .
(11.7)
Eine sehr einfache und nur f¨ ur die allertiefsten Frequenzen versagende Einsch¨ atzung des Mikrophon-Frequenzganges gewinnt man auf Grund folgender ¨ Uberlegung. Wenn der Ausgangswiderstand R viel gr¨oßer ist als der Wechselstromwiderstand 1/jωC0 des Kondensators, dann wird der Schaltkreis prakur Frequenzen tisch wie offen“ betrieben. F¨ ur R 1/ωC0 , damit also f¨ ” ω 1/RC0 , fließt nahezu kein Strom im Kreis. Aus diesem Grund muss man die elektrische Ladung auf den Elektroden des Kondensators als einge” froren“ und unver¨ anderlich betrachten k¨ onnen. N¨aherungsweise gilt also im Frequenzbereich ω 1/RC0 mit Q ≈ Q0 in (11.6)
370
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Uc =
x x Q0 1− = U0 1 − C0 d d
(11.8)
(wegen U0 = Q0 /C0 ). Damit ist nach (11.7) U = U0
x d
die Ausgangsspannung U direkt zur Membranauslenkung x proportional. In dem genannten Frequenzbereich gilt mit (11.2) also zusammengefasst S U0 sd U = . 2 p 1− ω + jη ωω0 ω2
(11.9)
0
Dabei ist noch vorausgesetzt worden, dass sich die Membrankraft aus dem Produkt von Druck und Membran߬ ache ergibt, F = pS ,
(11.10)
eine Annahme, die gewiss zutrifft, solange die Membran-Quer-Abmessungen klein verglichen mit der Luftschallwellenl¨ ange sind. Der Frequenzgang (11.9) wird ausschließlich durch den des mechaniur den Mikrophonschen Aufbaus Hx (ω) = x/F bestimmt, Hx (ω) ist also f¨ Frequenzgang ausschlaggebend. Die Annahme von eingefrorenen Ladungen auf dem Kondensator ist u ¨brigens nicht nur eine N¨ aherung f¨ ur hinreichend große Frequenzen. Es gibt auch dauerpolarisierte Bauarten, bei denen statt des Kondensators piezokeramische Schichten verwendet werden; sie kommen ohne Gleichspannungsquelle aus. Wie gesagt gilt (11.9) nur f¨ ur Frequenzen ω ωk , wobei ωk durch ωk = 1/RC0
(11.11)
definiert ist. Diese Kennfrequenz“ ωk (wegen des in ω = ωk knickenden ” Frequenzganges auch als Knickfrequenz“ bezeichnet, siehe auch Bild 11.3) ” liegt bei allen Kondensatormikrophonen sehr niedrig, typisch bei etwa fk = ωk /2π 10 Hz. Der Frequenzgang des Mikrophons ist damit eigentlich im relevanten Frequenzbereich genau genug beschrieben. Es ist andererseits nicht gerade schwierig, den Ladungsfluss zu oder von den Elektroden zu ber¨ ucksichtigen. Die Kondensatorladung setzt sich allgemeiner aus dem Gleichanteil Q0 und einer Wechselladung q zusammen: Q = Q0 + q . Die Kondensatorspannung Uc wird dann nach (11.6) Uc =
x x Q0 x Q0 + q q q Q 1− 1− = ≈ + = U0 − U0 + . C C0 d C0 d C0 d C0
11.1 Das Kondensatormikrophon
371
Dabei ist der quadratisch kleine Term mit xq vernachl¨assigt worden, die Wechselgr¨ oßen sind klein verglichen mit den Gleichanteilen q Q0 und x d. F¨ ur die Ausgangsspannung U ist damit nach (11.7) U = U0
x q − . d C0
Hier kommen nur noch Wechselgr¨ oßen vor. Die Wechselladung q kann noch mit q = I/jω durch den Wechselstrom im Kreis ausgedr¨ uckt werden: U = U0
x I − , d jωC0
oder, wegen des Ohmschen Gesetzes I = U/R f¨ ur den Ausgangswiderstand R U = U0
x d
1+
1 jωRC0
= U0
x d
1 − j ωωk
.
(11.12)
Der elektrische Aufbau des Kondensatormikrophons wirkt also wie ein Hochpass mit der Knick- (oder Kenn-) Frequenz ωk . F¨ ur ω > ωk ist der Frequenzgang konstant, f¨ ur ω < ωk w¨ achst er mit der Steigung von 6 dB/Oktave von tiefen Frequenzen her kommend gegen die Knickfrequenz an. Der Gesamtfrequenzgang, der sich mit F = pS in (11.2) und aus (11.12) ergibt, S U0 U , sd Gup = = (11.13) 2 ωk p 1−j 1 − ω2 + jη ω ω
ω0
ω0
besteht also in einem Bandpass, der von der elektrischen Knickfrequenz ωk bei tiefen T¨ onen und von der mechanischen Resonanz ω0 bei hohen T¨onen ¨ begrenzt wird (Bild 11.3). Im Ubertragungsbereich ωk ω ω0 betr¨agt die Empfindlichkeit S Gup,0 = U0 . (11.14) sd Als gr¨ oßte Betriebsfrequenz gibt man u ¨blicherweise den Punkt an, bei dem ur diesen Punkt gilt also Gup um 1 dB u ¨ber Gup,0 liegt. F¨ Gup 2 0,1 Gup,0 = 10 = 1, 25 . F¨ ur ausreichend kleine η und wegen ω ωk folgt 2 1 ω2 = 0, 8 , = 1− 2 ω0 1, 25 oder ω 0, 3ω0 f¨ ur die Betriebsgrenze des Mikrophons.
(11.15)
372
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall Tabelle 11.1. Technische Daten von Kondensatormikrophonen ¨ Durchmesser Ubertragungsfaktor Frequenzbereich Dynamikbereich (mm) (mV /P a) (Hz) (dB(A)) 3,2 6,4 12,7 23,8
1 4 12,5 50
6,5 – 140 k 4 – 100 k 4 – 40 k 4 – 18 k
55 36 22 11
– – – –
168 164 160 146
20
Knickfrequenz 20 lg [GUp/GUp0]
10
0
η = 0,2; 0,4; 0,8 −10
−20 −8
−7
−6
−5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
log f/f 2
res
Bild 11.3. Theoretischer Frequenzgang des Kondensatormikrophons. Die elektrische Knickfrequenz ωk liegt hier willk¨ urlich, aber realistisch gew¨ ahlt gerade 7 Oktaven unter der Resonanzfrequenz. Gerechnet f¨ ur η = 0, 2; 0, 4 und 0,8
Einige Daten handels¨ ublicher Mikrophone gibt die folgende Tabelle: Die in der Tabelle 11.1 angegebene Empfindlichkeit ist nach dem Signalverst¨ arker, der Bestandteil des Mikrophons ist, gemessen. Wie man sieht sind großfl¨ achige Mikrophone empfindlicher als solche mit kleiner Membranfl¨ache, etwa entsprechend dem Fl¨ achenverh¨ altnis. Die Hauptschwierigkeit bei Kondensatormikrophonen besteht in ihrem Eigenrauschen, das auf den sehr hochohmigen Widerstand zur¨ uckgef¨ uhrt werden kann. Die noch (mit 1 dB Genauigkeit) messbaren Pegel sind bei den kleinen Typen recht groß; sie taugen also nicht zur Messung leiser Schalle, f¨ ur die empfindlichere Mikrophone mit großer Membranfl¨ ache eingesetzt werden m¨ ussen. Wie man an der Tabelle abliest, nimmt die Resonanzfrequenz mit wachsender Membranfl¨ ache ab, eine Tendenz, die hier noch n¨aher betrachtet werden soll. Die theoretische Resonanzfrequenz betr¨ agt
11.1 Das Kondensatormikrophon
ω02 =
373
s , m
wobei sich die Gesamtsteife aus den zwei Anteilen s = sE + sL
(11.16)
zusammensetzt. Der Steifeteil sE stellt die Lagersteife der Membran dar, sL ist die Steife des Luftpolsters zwischen den Elektroden mit sL =
c2 S . d
(11.17)
In der Herstellung entsteht die Membran aus einer d¨ unnen, vorgespannten Metallfolie, die u ater tragenden Ring gelegt und dort befestigt ¨ber den sie sp¨ wird. Der Steifeteil sE wird von der Eigenspannung der Membran bewirkt. Die Masse m ist nicht ganz so groß wie die tats¨achliche Membranmasse, m bezeichnet die etwas kleinere bewegte“ Membranmasse. ” Eine oft genannte Lehrmeinung vertritt die Ansicht, dass der Luftsteifeteil oßer sei als die Lagerungssteife sE . Weil nun aber (bei Verwendung der sL gr¨ gleichen Metallfolie) f¨ ur alle Gr¨ oßen die Masse m = m S mit der Fl¨ ache w¨achst, w¨ urde sich aus der Annahme sL sE die Resonanzfrequenz c2 c2 S = (11.18) ω02 = dm S m d ergeben. Demnach m¨ usste die Resonanzfrequenz unabh¨ angig von der Membranfl¨ ache sein; in der obigen genannten Tabelle gezeigte Erfahrung belegt eine andere Tendenz. Es scheint viel eher plausibel zu sein, dass die Lagerungssteife sE u ¨berwiegt und von der Mikrophongr¨oße unabh¨angig ist; in diesem Fall gilt sE ω02 = . (11.19) m S Die Resonanzfrequenz w¨ urde demnach umgekehrt proportional zum Durchmesser der Membran abnehmen; die Zahlenwerte in der Tabelle weisen auf diesen Zusammenhang hin. Auch der in Bild 11.4 geschilderte technische Aufbau eines Kondensatormikrophons spricht f¨ ur die Annahme sL sE , denn durch die Lochung der Hinterelektrode wird die Luftschicht-Steife drastisch herabgesetzt: Bei Zusammendr¨ ucken des Kondensators kann die Luft durch die Bohrungen entweichen und braucht so nicht komprimiert zu werden, das bewirkt eine deutliche Herabsetzung der Schicht-Steife. Die Perforation der Gegenelektrode dient denn auch nicht haupts¨ achlich der hergestellten Steife-Verringerung, ihr Zweck besteht vielmehr in der Bed¨ ampfung des Resonanzgipfels durch die Reibung, der die viskose Luft beim Passieren der Bohrungen ausgesetzt ist. Im Wesentlichen
374
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Bild 11.4. Fallbeispiel eines Kondensatormikrophons
11.2 Richtungsempfindlichkeit von Mikrophonen
375
wird der Verlustfaktor η durch diesen Effekt hergestellt; die Resonanzfrequenz dagegen wird fast nur durch die Parameter der Membran selbst eingestellt. Der in Bild 11.4 mit gezeigte Frequenzgang belegt, dass die Resonanzd¨amp¨ fung gut gelingt. Eine leichte Uberh¨ ohung der Resonanzfrequenz kann sogar n¨ utzlich sein, wenn mehr auf den schr¨ agen, seitlichen Schalleinfall abgezielt wird; siehe dazu auch den folgenden Abschnitt. Die hochempfindliche Mikrophonmembran w¨ urde selbst bei kleineren Luftdruckschwankungen zerst¨ort werden, wenn nicht eine Verbindung zwischen innen und außen in Form einer Kapillare f¨ ur Druckausgleich sorgen w¨ urde. Im wesentlichen wirkt die in der ur die Druckdifferenz Kapillare vorhandene Luft wie eine Masse mk , so dass f¨ Δp zwischen Außenraum und der Luft zwischen den Elektroden Δp = jω
mk v SQ
(SQ = Kapillarenquerschnitt, mk = in der Kapillare bewegte Masse, v deren Schnelle) gilt. Damit erreicht man tieffrequent den Druckausgleich Δp ≈ 0, hochfrequent dagegen wird der Innenraum vom Außenraum entkoppelt. Bei tiefen Frequenzen wird durch den Druckausgleich die Empfindlichkeit des Mikrophons herabgesetzt. Offenbar liegt bei dem in Bild 11.4 wiedergegebenen Mikrophontyp die elektrische Knickfrequenz noch deutlich unterhalb der Knickfrequenz der Kapillare. Wie man der Tabelle 11.1 von Mikrophonen entnehmen kann, ist die Diskussion dar¨ uber, welcher Steifeanteil die gr¨ oßere Rolle spielt, vielleicht von wissenschaftlichem, kaum aber von praktischem Interesse: Bei allen aufgef¨ uhrten Gr¨ oßen wird der gesamte, praktisch vorkommende Frequenzbereich abgedeckt (eine Ausnahme bildet lediglich der Ultraschallbereich). In der Praxis liegen denn auch die Nachteile gr¨ oßerer Mikrophone gegen¨ uber den kleineren nicht in der abnehmenden Resonanzfrequenz, sondern viel eher in der sich bei großen Membranen schon im mittleren Frequenzbereich bemerkbar machenden Richtungsempfindlichkeit; diesem Thema ist der n¨achste Abschnitt gewidmet.
11.2 Richtungsempfindlichkeit von Mikrophonen Grunds¨ atzlich treten zwei prinzipielle Effekte auf, die bei h¨oheren Frequenzen f¨ ur eine Richtungsempfindlichkeit von Mikrophonen sorgen k¨onnen: 1. In ihrem geometrischen Gesamtaufbau mit Geh¨ause, evtl. Haltegriff und Schutzgitter, bilden Mikrophone Reflektoren gegen¨ uber dem einfallenden Schallfeld: Wie alle Messeinrichtungen st¨ oren sie im Prinzip die Gr¨oße, die zu messen sie bestimmt sind. Die Reflexion kann je nach Beschallungsrichtung unterschiedlich sein. Sie f¨ uhrt jedoch stets zu einer Druckerh¨ohung, der sich einstellende Schalldruck kann dabei h¨ochstens das Doppelte des einfallenden Feldes betragen. Reflexionen am Mikrophon wirken also wie
376
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
ein Anwachsen der Empfindlichkeit, die auf h¨ochstens 6 dB begrenzt ist. Druckstaus am Mikrophon sind deshalb eher marginale, nebens¨achliche Ph¨ anomene, die man allenfalls zu kleinen Frequenzgangkorrekturen durch Formgebung nutzen kann. 2. Ausgepr¨ agte, stark winkelabh¨ angige Empfindlichkeiten bei hohen Frequenzen lassen sich nicht aus Reflexionen am Mikrophonk¨orper begr¨ unden. Vielmehr beruhen rasch ver¨ anderliche Richtcharakteristika auf der Tatsache, dass der Schalldruck auf der Membranfl¨ache ortsabh¨angig ist. Die Membrankraft ergibt sich nur bei tiefen Frequenzen aus dem Produkt pS; allgemeiner gilt auch f¨ ur hohe Frequenzen (11.20) F = p dS . S
Bei entsprechend kleinen Wellenl¨ angen und schr¨ager Beschallung treten auf der Membran Bezirke mit gegenphasigen Dr¨ ucken auf, die Gesamtkraft kann deswegen u. U. sogar Null werden.
Z
2b
Kreismembran y
Z X
Schalleinfall J Y
Bild 11.5. Lage der Kreismembran (Radius b) im Koordinatensystem
Die Konsequenzen der druck-integrierenden Membranwirkung“ (11.20) ” k¨onnen f¨ ur eine kreisf¨ ormige Membran leicht berechnet werden, wenn man dabei die Reflexion an der Membran außer acht l¨asst. Dazu wird eine schr¨ag auf die Membran auftreffende ebene Welle angenommen. Wie Bild 11.5 zeigt, wird der Winkel zwischen der Laufrichtung mit ϑ bezeichnet. Bekanntlich wird die Welle im eingezeichneten Koordinatensystem durch p = p0 ejkx sin ϑ ejkz cos ϑ
(11.21)
beschrieben. Damit wird aus dem Druckintegral (11.20) unter Benutzung von x = r cos ϕ
11.2 Richtungsempfindlichkeit von Mikrophonen
b 2π F = p0
b 2π e
0
377
jkr sin ϑ cos ϕ
dϕrdr = p0
0
cos (kr sin ϑ cos ϕ) dϕrdr . 0
0
Das innere Integral ergibt die Besselfunktion nullter Ordnung, es bleibt b πJ0 (k sin ϑ r) rdr .
F = 2p0 0
Auch dieses Integral findet man in einer Integraltafel (z.B. in: Gradshteyn,I.S.; Ryzhik, I.M.: Table of Integrals, Series and Products. Academic Press, New York 1965, S. 634, Nr. 5.52 1), mit deren Hilfe man schließlich 2J1 (kb sin ϑ) 2J1 (kb sin ϑ) p0 = Sp0 . (11.22) kb sin ϑ kb sin ϑ ur die Mikrophon(J1 = Besselfunktion erster Ordnung) berechnet. Im Ausdruck f¨ Empfindlichkeit (11.13) f¨ ur das Kondensatormikrophon, bzw. (11.29) f¨ ur das elektrodynamische Mikrophon, muss man also noch S durch F = πb2
S → S G (u) mit G (u) =
2J1 (u) u
(11.23) (11.24)
und u = kb sin ϑ
(11.25)
ersetzen. Alle Richtcharakteristika gewinnt man (wie im Kapitel 3 u ¨ber Abstrahlung) aus den jeweils durch u = kb begrenzten Ausschnitten aus der Funktion G(u). Letztere ist - ebenso wie 3 charakteristische Beispiele f¨ ur Richtcharakteristika in den Bildern 11.6b,c,d - in Bild 11.6a gezeigt. Bei tiefen Frequenzen spielt die Einfallsrichtung keine Rolle, alle Richtungen weisen die gleiche Mikrophon-Empfindlichkeit auf. Erst wenn die Membranabmessung und die Wellenl¨ ange in die gleiche Gr¨oßenordnung kommen, ergeben sich ausgepr¨ agtere Winkelverl¨ aufe. Messkurven sind in Bild 11.4 enthalten. Man bemerke noch, dass die in den Bildern 11.6 b) und c) geschilderten Richtwirkungen f¨ ur handels¨ ubliche Mikrophone schon f¨ ur recht hohe Frequenzen auftreten. Zum Beispiel bedeutet kb = 2πb/λ = 2, 5 selbst f¨ ur den schon recht großen Durchmesser von 2b = 2, 5cm eine Wellenl¨ange von λ = 0, 03 m, das entspricht der Frequenz von etwa 10 kHz. In Bild 11.6b,c,d ist die Winkelabh¨ angigkeit bei fester Frequenz f¨ ur drei F¨ alle aufgetragen; ebenso gut kann man nat¨ urlich den Frequenzgang bei festem Einfallswinkel auftragen, Bild 11.7 zeigt Beispiele. Bei den hohen Frequenzen erh¨ alt man je nach Einfallsrichtung jeweils einen anderen Frequenzgang. Zusammen mit der Mikrophon-Formgebung (die die Reflexion am Mikrophonk¨ orper beeinflusst) und der Wahl des Mikrophon-Verlustfaktors kann
378
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall 0 −5 −10
10 lg (2J1(u)/u)2
−15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
u
Bild 11.6. (a) Richtungsfunktion G(u) = 2J1 (u)/u 90°
90°
0 dB
90°
0
−10
45°
dB
−20
0
−10
45°
dB
−20 ϑ
−30 −40
0°
ϑ
−30
−40
−50
0°
−50
−40
−40
−30
−30
−30
−20
−20
−10 0 −90°
0°
−20 −45°
−10 0 −90°
(b)
ϑ
−30
−40
−45°
45°
−20
−40
−50
−10
−45°
−10 0 −90°
(c)
(d)
Bild 11.6. Richtcharakteristik f¨ ur (b) umax = kb = 2, 5 (c) umax = kb = 5 (d) umax = kb = 10
man diese Frequenzg¨ ange noch bis zu einigen dB beeinflussen. Mikrophone, deren Frequenzgang bei 0◦ Einfallswinkel so mit einem optimiert glatten ” Frequenzgang“ versehen sind, nennt man Freifeld-Mikrophone“. Ist dage” gen der 45◦ -Frequenzgang optimiert, dann spricht man von einem Diffusfeld” Mikrophon“, wobei man ausdr¨ ucklich davon ausgeht, dass im diffusen Feld agt. der mittlere Einfallswinkel 45◦ betr¨
11.3 Das elektrodynamische Mikrophon
379
25 Resonanzfrequenz
20 15 Knickfrequenz
20 lg [GUp/GUp0]
10 5 0 −5
ϑ = 0; 30; 60
−10 −15 −20 −25 −8
−7
−6
−5
−4
−3
−2
−1
0
1
2
log2 f/fres
Bild 11.7. Frequenzg¨ ange des Kondensatormikrophons f¨ ur verschiedene Einfallsrichtungen. Die elektrische Knickfrequenz ωk liegt hier willk¨ urlich, aber realistisch gew¨ ahlt gerade 7 Oktaven unter der Resonanzfrequenz. Gerechnet f¨ ur η = 0, 5 und b/λ = 0, 4 in der Resonanzfrequenz.
11.3 Das elektrodynamische Mikrophon Beim elektrodynamischen Mikrophon wird das physikalische Prinzip eines Wechselstrom-Generators ausgenutzt: Werden Leiterschleifen in einem Magnetfeld senkrecht zu den Feldlinien bewegt, so wird in ihnen eine elektrische Spannung induziert. H¨ aufigste Bauart ist das Tauchspulenmikrophon (Bild 11.10), bei dem eine mit der Membran bewegte Spule in den ringf¨ormigen Spalt eines Topfmagneten eintaucht. Elektrisch kann man es als reale Spannungsquelle mit dem Innenwiderstand Ri + jωL und der idealen Spannungsquelle Ui (Induktionsspannung) Ui = Bv
(11.26)
auffassen. Hierin ist B die magnetische Induktion im Luftspalt, ist die Leiterl¨ ange und v die Schnelle von Spule und Membran. Der Kreis wird durch den Lastwiderstand Ra geschlossen, an welchem die Wandlerspannung U abgegriffen wird (Bild 11.8). F¨ ur sie ist U = Ui − (Ri + jωL) I ,
(11.27)
bzw. mit (11.26) und I = U/Ra U=
Ra B v. Ra + Ri + jωL
(11.28)
380
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall I Ui
U
Ra Ri
jωL
Bild 11.8. Schaltskizze des elektrodynamischen Mikrophons
Hier ist also die Wandlerspannung der Membranschnelle proportional. Den ¨ Ubertragungsfaktor U/p erh¨ alt man, indem v = jωx nach Gl.(11.2) durch die Kraft F = pS ausgedr¨ uckt wird (R = Ra + Ri ): U=
1+
jω Ra RBS s 2 L jω R 1− ω ω02
+ j ωω0 η
p .
(11.29)
Wegen der nicht beliebig klein zu machenden Masse von Membran und Spule kommt hier eine Hochabstimmung der Resonanz ω0 nicht in Frage. Bei praktischen Verh¨ altnissen liegt sie sogar tiefer als die Knickfrequenz ωk = R/L .
(11.30)
Bei tiefen Frequenzen ω ω0 beginnt demnach der Frequenzgang mit einem Anstieg mit ω (entsprechend 6 dB/Oktave), worauf – wegen der groß zu w¨ ahlenden D¨ ampfung – ein schwacher, breiter Resonanzgipfel folgt. 20 10 0 Knickfrequenz Up0
−30
20 lg [G /G
−20
Up
]
−10 η = 0,2; 0,4; 0,8
−40 −50 −60 −70 −80 −2
−1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
log f/f 2
res
Bild 11.9. Theoretischer Frequenzgang eines elektrodynamischen Mikrophons. Die elektrische Knickfrequenz liegt hier willk¨ urlich gew¨ ahlt 6 Oktaven u ¨ber der Resonanzfrequenz. Gerechnet f¨ ur η = 0, 2; 0, 4 und 0,8
11.3 Das elektrodynamische Mikrophon
Bild 11.10. Spezielle Ausf¨ uhrung eines elektrodynamischen Mikrophons
381
382
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Zwischen ω0 und ωk f¨ allt der Frequenzgang mit 1/ω (entsprechend der Steigung von −6 dB/Oktave) ab (Bild 11.9). Oberhalb von ωk schließt sich die Abnahme der Empfindlichkeit mit −12dB/Oktave an. F¨ ur ein Mikrophon w¨ are ein solcher Frequenzgang nicht zu gebrauchen, wenn es nicht gel¨ ange, ihn mit einigen Kunstgriffen“ zu begradigen. Durch ” Ankopplung zus¨ atzlicher mechanischer Schwingkreise – z.B. in Form besonderer Hohlr¨ aume hinter der Membran – erzielt man entsprechend abgestimmte und in der Breite eingestellte Resonanzeffekte. Um eine u ¨ber den ganzen Frequenzbereich wirksame Kompensation des Frequenzganges zu erhalten, schafft man mehrere Resonatoren durch Unterteilung des zur Verf¨ ugung stehenden Luftraumes im Mikrophon-Geh¨ ause in mehrere verschieden große Volumina, die u auche mit der f¨ ur die Membran direkt wirksamen Luft¨ber kleine Schl¨ steife verbunden sind. Die Luft in den Schl¨ auchen wirkt als Masse, das angekoppelte Volumen als Steife des damit erhaltenen einfachen Resonators, dessen Resonanzfrequenz durch Schlauchl¨ ange und Volumen eingestellt werden k¨ onnen. F¨ ur die D¨ ampfung sorgen absorbierende Stoffe (Filz) und Labyrinthe mit großen Reibungsoberfl¨ achen (Bild 11.10). Auf diese Weise erh¨alt man zufriedenstellende Frequenzg¨ ange, die Studio-Anforderungen gen¨ ugen. Erw¨ ahnenswert ist sicher noch, dass der Phasengang des elektrodynamischen Mikrophons in jeder Resonanz um 180◦ dreht. Weil der Aufbau der mechanischen Resonatoren nicht hochpr¨ azise erfolgt (das w¨ urde den Preis unverh¨ altnism¨ aßig in die H¨ ohe treiben), k¨ onnen betr¨achtliche Phasenschwankungen zwischen einzelnen Exemplaren auftreten. Wenn es also, wie bei der Intensit¨ atsmesstechnik (Kapitel 2), gerade auf gleichen Phasengang zweier Mikrophone ankommt, sind elektrodynamische Mikrophone ungeeignet.
11.4 Der elektrodynamische Lautsprecher Der elektrodynamische Lautsprecher ist das reversible Pendant zum elektrodynamischen Mikrophon: Wird an die Spule eine a¨ußere Spannung angelegt, so erf¨ ahrt sie eine elektrische Kraft
worin I=
F = BI ,
(11.31)
U Ri + Ra + jωL
(11.32)
durch die Impedanz des Lautsprechers Ri + jωL und den Innenwiderstand Ra der Spannungsquelle gegeben ist (Bild 11.11). Nach (11.2) gilt f¨ ur die Membranschnelle v v=
jωB/s (Ri + Ra + jωL) 1 −
ω2 ω02
+ j ωω0 η
U .
(11.33)
11.4 Der elektrodynamische Lautsprecher
383
Sie besitzt also den gleichen prinzipiellen Frequenzgang wie das entsprechende Mikrophon (Bild 11.9). Nun interessiert nat¨ urlich die Membran-Schnelle nicht sehr, viel mehr kommt es auf den in einem gewissen Abstand hervorgerufenen Schalldruck an.
I U
Ra R jωL
Ri
Bild 11.11. Schaltskizze des elektrodynamischen Lautsprechers
Die Abstrahlung von bewegten Membranen ist in Kapitel 3 geschildert, man braucht also nur die dort bereits genannten Sachverhalte hier zu rekapitulieren. Zur Verhinderung des tieffrequenten Massenkurzschlusses (und der damit einhergehenden Verschlechterung der Abstrahlung) werden Lautsprecher in eine Box (oder eine große“ Schallwand) eingebaut. Sie wirken damit ” bei tiefen Frequenzen wie eine Volumenquelle (s. Abschnitt 3.3 mit Gl.(3.13), S. 80) jωπb2 v −jkr jωQ −jkr e e = , (11.34) p≈ 4πr 4πr worin b den Membranradius bezeichnet. Es gilt also f¨ ur b λ p=
e−jkr −ω 2 πb2 B/s U. 2 ω 4πr (Ri + Ra + jωL) 1 − ω + j η 2 ω0 ω
(11.35)
0
Auch beim Lautsprecher ist die elektrische Knickfrequenz ωk =
Ri + Ra L
(11.36)
viel h¨ oher als die sogar mit Absicht m¨ oglichst tiefgelegte Resonanzfrequenz. Gleichung (11.35) lehrt n¨ amlich, dass im Frequenzband ω0 < ω < ωk der Schalldruck-Frequenzgang konstant ist, in diesem Band ist |p| ≈
ω02 πb2 B/s U. (Ri + Ra )4πr
Zur Resonanzfrequenz hin steigt der Frequenzgang mit 12 dB/Oktave an, allt er mit 6 dB/Oktave. Der sich theoretisch ergebende oberhalb von ωk f¨ Frequenzgang ist in Bild 11.12 geschildert. Im Prinzip hat die LautsprecherAbstrahlung Bandpasscharakter, unten durch die mechanische Resonanz, oben durch die Knickfrequenz begrenzt.
384
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall 10
0
20 lg [GpU/GpU0]
Fernfeld
−10 z = 10 b −20
−30
−40 −2
−1
0
1
2
3
4
5
6
7
8
log2 f/fres
Bild 11.12. Theoretischer Frequenzgang eines elektrodynamischen Lautsprechers. Die elektrische Knickfrequenz liegt hier willk¨ urlich gew¨ ahlt 6 Oktaven u ¨ber der Resonanzfrequenz. Gerechnet f¨ ur η = 0, 8 und im Fernfeld oder f¨ ur einen festen Punkt auf der Mittelachse vor dem Lautsprecher
Bei h¨ oheren Frequenzen setzt dann – wie in Kapitel 3 besprochen – die Richtcharakteristik der Abstrahlung ein, f¨ ur jeden Abstrahlwinkel liegt hochfrequent ein anderer Frequenzgang von p/U vor. Gleichung (11.34) gilt bei hohen Frequenzen weiter unter Fernfeldbedingungen auf der Mittelachse vor der Lautsprechermembran. Allgemeiner l¨ asst sich der Schalldruck auf der zAchse vor der Membran nach (3.68) durch √ 2 2 p = cv0 e−jkz 1 − e−jk( z +b −z) beschreiben. F¨ ur einen festen Punkt auf der z-Achse ergibt sich dann der in Bild 11.12 mit eingetragene Frequenzgang der Lautsprecher-Abstrahlung. Der in der Praxis nutzbare Frequenzbereich schrumpft noch dadurch, dass die Lautsprechermembran bei h¨ oheren Frequenzen nicht immer eine konphas ¨ schwingende Fl¨ ache darstellt. Ahnlich wie bei den Biegeschwingungen von Platten und St¨ aben stellen sich Eigenschwingungen ein, die mit dynamischen Verformungen der Membran einhergehen. Die Fl¨ache zerf¨allt“ dabei in ge” genphasig schwingende Teilsender, und das f¨ uhrt zu einer Verschlechterung der Abstrahlwirkung. Da man auf leichte und daher nicht sehr steife Membrane angewiesen ist (denn sonst w¨ urde die oberhalb der Resonanz wirksame Massenimpedanz allzu groß), kann man die Steifigkeit nur durch Formgebung erh¨ ohen und damit die Eigenschwingungen so hoch wie m¨oglich abstimmen. Zu diesem Zweck werden NAWI-Membranen (NAWI = Nicht abwickelbare
11.4 Der elektrodynamische Lautsprecher
385
Bild 11.13. a) Spezielle Ausf¨ uhrung eines elektrodynamischen Lautsprechers, b) sein Frequenzgang
Fl¨ache) benutzt. Bild 11.13 zeigt den praktischen Aufbau eines elektrodynamischen Lautsprechers nebst dem dazugeh¨ orenden Frequenzgang. In etwa wird der vorhergesagte Bandpasscharakter best¨ atigt. Es handelt sich um einen ausgesprochenen Breitbandlautsprecher, der etwa von 100 Hz bis 8 kHz nutzbar ist. Abschließend sei noch angemerkt, dass die Wirkungsgrade von Lautsprechern sehr klein sind und selten mehr als 1% betragen.
386
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
11.5 Akustische Antennen Bei einigen Messaufgaben, die unter Zuhilfenahme von Mikrophonen durchgef¨ uhrt werden, steht die ¨ ortliche Verteilung der Schallquellen im Vordergrund des Interesses. Anwendungs-Beispiele daf¨ ur sind rasch gefunden. Wenn man sich auf einen unvoreingenommenen Standpunkt ohne Vorwissen stellt, dann fragt sich z.B., welche Teile eines vorbeifahrenden Kraftfahrzeuges oder eines an Schienen gebundenen Fahrzeuges eigentlich den Hauptanteil an der gesamten Abstrahlung tragen, sind es die R¨ ader oder der Motor, oder kommen andere, noch nicht erw¨ ahnte technische Einrichtungen (wie L¨ ufter, Stromabnehmer, etc.) daf¨ ur in Frage? Antworten auf solche Fragen werden mit Hilfe von sogenannten ’akustischen Antennen’ (oder ’Arrays’) gefunden, zwei Anwendungen daf¨ ur sind hier in den Bildern 11.14 und 11.15 gezeigt.
Bild 11.14. Schallquellenverteilung einer Zugvorbeifahrt mit 240 km/h (von ’akustik-data’ mit 29 Mikrophonen gemessen). SPL steht f¨ ur die englische Bezeichnung Sound Pressure Level f¨ ur Schalldruckpegel. Dieses Bild deutet auf die haupts¨ achliche Bedeutung des Rad-Schiene-Kontaktes hin, dar¨ uber hinaus ist sogar noch der Einfluss des Stromabnehmers erkennbar.
Offensichtlich war f¨ ur diese Bilder ein Messinstrument erforderlich, dass in gewisse, interessierende Richtungen geschwenkt werden kann und das andere, dann unerw¨ unschte Richtungen unterdr¨ ucken kann. Dieses Messinstrument ließe sich als ’akustische Antenne’ bezeichnen und bildet den Gegenstand dieses Abschnittes.
11.5 Akustische Antennen
387
3.5 3
Schalldruckpegel (280-4500 Hz) [dB(A)] 78 to 80 74 to 76 70 to 72 76 to 78 72 to 74 68 to 70
82+ 80 to 82
2.5
66 to 68 64 to 66
2 1.5 1 0.5 0 -0.5 -1
-0.5
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
5.5
6
6.5
7
Fahrzeugkoordinate [m] Bild 11.15. Schallquellenverteilung bei einer Vorbeifahrt eines Kleinlasters mit 120 km/h (von ’akustik-data’ gemessen). Deutlich kann man die Bedeutung des ReifenFahrbahn-Kontaktes als dominante Schallquelle erkennen.
Elektronisch schwenkbare, auf Vorzugsrichtungen einstellbare Anordnungen f¨ ur die Abstrahlung von Schall sind mit den Lautsprecherzeilen (siehe den Abschnitt 3.5 dieses Buches) schon behandelt worden. Mit einem ganz analogen, ¨ ahnlichen Empf¨ angeraufbau aus mehreren, ¨ortlich verteilten Mikrophonen lassen sich nun auch ganz ¨ ahnliche elektronisch schwenkbare, verstellbare Richtcharakteristika f¨ ur die Empf¨ angerzeile herstellen. Hier wie dort geschieht das durch Verz¨ ogerung der einzelnen Mikrophon- bzw. Sensor-Signale ¨ gegeneinander, wie das Folgende zeigen wird. Die Ahnlichkeit zwischen dem ’Sende-’ und dem ’Empfangsproblem’ ist sogar noch weitergehend: auch bei den ’akustischen Antennen’ k¨ onnen, ebenso wie bei den Lautsprecherzeilen, durch Gewichtung der (Empfangs-) Signale Seitenkeulen-Unterdr¨ uckungen erreicht werden. 11.5.1 Mikrophon-Zeilen Der einfachste und am leichtesten durchschaubare Aufbau besteht in einer Zeile aus gleichabst¨ andig angeordneten Mikrophonen. Der Aufbau und seine Lage in dem im Folgenden verwendeten Koordinatensystem sind in Bild 11.16 geschildert. Diese Mikrophon-Anordnung sei kurz auch als ’Linienarray’ bezeichnet.
388
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
z
(x,y,z) ϑ z y ϕ
x
Δx
Bild 11.16. Mikrophonzeile aus gleichabst¨ andig angeordneten Sensoren (durch die Kreisfl¨ achen symbolisiert) mit dem hier verwendeten Kugel-Koordinatensystem
Der Algorithmus zur Auswertung der Mikrophonsignale beruht auf einer ¨ sehr einleuchtenden Uberlegung. Wenn alle Mikrophonsignale keinerlei Verschiebung gegeneinander besitzen, dann ist der Effektivwert Sef f der Summe S aller Mikrophon-Ausgangssignale erheblich gr¨oßer als f¨ ur den Fall, bei dem die einzelnen Signale alle gegeneinander zeitlich verz¨ogert sind. F¨ ur ein Signal r(t) mit ’kurzer’ Dauer (z.B. ein schmaler Rechteckverlauf) gilt n¨amlich f¨ ur den Fall ohne Verz¨ ogerungen der Teile gegeneinander 2 Sef f (0)
1 = T
T 2 [N r(t)]2 dt = N 2 ref f , 0
wobei ref f den Effektivwert eines Einzelsignales r(t) darstellt. Sind jedoch alle Signale jeweils um gewisse, untereinander ungleiche und von Null verschiedene Verz¨ ogerungszeiten τi = 0 gegeneinander verschoben, dann besteht Sef f in
11.5 Akustische Antennen
2 Sef f (τ )
1 = T
389
T N −1 2 [ r(t − τi )]2 dt = N ref f . 0
i=0
In Pegeln ausgedr¨ uckt ist demnach der Effektivwert der unverz¨ogerten Signale um 10lgN gr¨ oßer als der der gegeneinander verz¨ogerten Signale, es gilt also 2 2 10lg[Sef f (τ )/Sef f (0)] = 10lgN . Diese Tatsache kann man zur ’Ortung’ von auf die Mikrophonzeile auftreffende Schallwellen nutzen. Bei schr¨ agem Schalleinfall auf das Linienarray unter den Winkeln ϑein und ϕein sind die sonst v¨ollig gleichen Mikrophonangige Zeiten τi gegeneinander verschoben. signale um gewisse, von ϑein abh¨ Der Effektivwert der Signalsumme w¨ are also vergleichsweise klein (n¨amlich 2 2 Sef f (0) = N ref f , wie oben gezeigt). Wenn man nun andererseits die Signale k¨ unstlich im Computer (oder durch Verz¨ ogerungsleitungen) in gewissen, kleinen Zeitschritten geeignet gegeneinander verschiebt, dann findet man nur f¨ ur den speziellen Fall, in welchem die durch den schr¨agen Schalleinfall hergestellten Verz¨ ogerungszeiten gerade wieder k¨ unstlich r¨ uckg¨angig gemacht worden 2 2 2 sind, den ’großen’ Wert Sef ur alle anderen, quasi ’versuchsf = N ref f . F¨ weise’ herbeigef¨ uhrten k¨ unstlichen Verz¨ ogerungen der einzelnen Kan¨ale l¨age 2 2 ¨ anderlichen Verz¨ogerungsder ’kleine’ Wert Sef f = N ref f vor. Uber einer ver¨ zeit aufgetragen w¨ urde also ein um 10lgN aus dem sonst (etwa) gleichm¨aßigkonstanten Pegelverlauf herausragendes Maximum darauf hindeuten, dass eine schr¨ ag einlaufende Welle eben diese speziellen Verz¨ogerungszeiten τi an den Mikrophonorten hinterlassen hat. Nat¨ urlich ist es nun noch sinnvoll, die Verz¨ogerungszeiten τ durch die Einfallsrichtung auszudr¨ ucken. An einem Punkt z auf der z-Achse des in Bild 11.16 eingezeichneten Koordinatensystems betr¨agt der Laufzeitunterschied gegen¨ uber dem Koordinatenursprung z τ = cos ϑ . (11.37) c (c = Schallgeschwindigkeit). Dabei z¨ ahlen positive τ vorauseilend gegen¨ uber dem Punkt z = 0. Durch Variation aller m¨ oglicherweise vorkommenden ’versuchsweisen’ Einfallsrichtungen im Intervall 00 < ϑ < 1800 entstehen die ’versuchsweisen’ Verz¨ ogerungszeiten in den Mikrophonorten, f¨ ur welche dann die Summation durchgef¨ uhrt wird. Die ’versuchsweisen’ Einfallsrichtungen werden von nun an als ’Beobachtungswinkel’ ϑ bezeichnet. In den im Folgenden gezeigten Diagrammen wird nat¨ urlich stets u ¨ber dem variablen ’Beobachtungswinkel’ aufgetragen. Um eine m¨ oglichst einfache und anschauliche Begr¨ undung des AuswerteAlgorithmus f¨ ur das Linienarray anzugeben, sind bislang ’kurze’ zeitliche Signale angenommen worden. Dieses auch durch die Handlungsaufforderung ’Verz¨ ogere und summiere’ kurz bezeichnete Verfahren wird tats¨achlich auch in der Anwendungspraxis nahezu immer verwendet. F¨ ur l¨ angere Zeitsignale allerdings h¨ angt das mit ’Verz¨ogere und Summiere’ hergestellte Mess- und Auswerte-Ergebnis von Dauer und Beschaffenheit des
390
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
¨ Signals ab, weil dann je nach Verz¨ ogerungszeit Uberlappungen entstehen. Zur Diskussion des allgemeinen Falles ist es daher vern¨ unftig, gedanklich eine Zerlegung in reine T¨ one (siehe Kapitel 13) vorzunehmen und die Frequenzbestandteile getrennt zu diskutieren. Im Folgenden wird deshalb die Wirkung des genannten Algorithmus u anderlichen Frequenz ω betrachtet. ¨ber der ver¨ F¨ ur die nun angenommene zeitlich sinusf¨ ormige Signalgestalt wird die erforderliche Verz¨ ogerung mit der Zeit τ durch die Multiplikation der komplexen Amplitude mit e−jωτ hergestellt. Weil wie gesagt die an der positiven z-Achse vorgefundenen Signale vorauseilen und das durch Verz¨ogern wieder r¨ uckg¨angig gemacht werden muss, gilt f¨ ur den ’Verz¨ ogere und summiere’-Algorithmus nun S(ϑ) =
N −1
pi e−jkzi cos ϑ .
(11.38)
i=0
Wie man sieht stellt nun S(ϑ) die Summe der komplexen (noch phasenverschobenen) Folge der Mikrophon-Amplituden pi dar. Der Einfachheit halber erfolgt die Notation bereits in Schalldr¨ ucken (es ist also eine geeignete Kalibration vorausgegangen). Die prinzipielle Gestalt dieser Richtcharakteristika l¨asst sich am einfachsten diskutieren, wenn angenommen wird, dass das einfallende Schallfeld aus ag einlaufenden Welle der Form einer unter den Winkeln ϑein und ϕein schr¨ pein = p0 ejkz(z cos ϑein +x cos ϕein sin ϑein +y sin ϕein sin ϑein )
(11.39)
besteht. Sie erzeugt an den Mikrophonorten zi die Schalldr¨ ucke pi = p0 ejkzi cos ϑein .
(11.40)
In diesen Fall besteht also die gebildete Signalsumme in S(ϑ) = p0
N −1
e−jkzi (cos ϑ−cos ϑein ) .
(11.41)
i=0
F¨ ur die gleichabst¨ andige Mikrophonzeile gilt f¨ ur die Mikrophonorte zi zi = −l/2 + iΔx .
(11.42)
(i = 0, 1, 2, ..., N − 1, l= Gesamtl¨ ange der Zeile = Δx(N − 1)). Damit wird aus der Signalsumme S(ϑ) = p0 ejkl/2
N −1
e−jkΔx i (cos ϑ−cos ϑein ) .
(11.43)
i=0
Mit Hilfe der Summenformel f¨ ur geometrischen Reihe N −1 i=0
qi =
1 − qN 1−q
(11.44)
11.5 Akustische Antennen
391
erh¨ alt man aus (11.43) mit q = e−jkΔx(cos ϑ−cos ϑein ) S(ϑ) = p0 ejkl/2
1 − e−jkΔx N (cos ϑ−cos ϑein ) . 1 − e−jkΔx(cos ϑ−cos ϑein )
(11.45)
Dieser Ausdruck l¨ asst sich vor allem hinsichtlich seines Betrages noch etwas k u ¨bersichtlicher schreiben,wenn e−j 2 Δx N (cos ϑ−cos ϑein ) aus dem Z¨ahler und k e−j 2 Δx(cos ϑ−cos ϑein ) aus dem Nenner herausgezogen wird: S(ϑ) =
−j k 2 Δx N (cos ϑ−cos ϑein ) jkl/2 e p0 e k e−j 2 Δx(cos ϑ−cos ϑein )
ej 2 Δx N (cos ϑ−cos ϑein ) − e−j 2 Δx N (cos ϑ−cos ϑein ) k
k
ej 2 Δx(cos ϑ−cos ϑein ) − e−j 2 Δx(cos ϑ−cos ϑein ) k
k
.
alt man daraus f¨ ur den ausschließlich interessieMit eja − e−ja = 2j sin a erh¨ renden Betrag |S(ϑ)| = p0 | = p0 |
sin[ k2 Δx N (cos ϑ − cos ϑein )] sin [ k2 Δx(cos ϑ − cos ϑein )]
sin[πN Δx λ (cos ϑ − cos ϑein )] |. Δx sin[π λ (cos ϑ − cos ϑein )]
|
(11.46)
F¨ ur die Interpretation dieses Ergebnisses ist es g¨ unstig, zun¨achst die verallgemeinerte Variable Δx Ω= (cos ϑ − cos ϑein ) (11.47) λ einzuf¨ uhren. Die so entstandene Funktion G(Ω) = |
sin[πN Ω] |. sin[πΩ]
(11.48)
ist recht einfach zu diskutieren: • G(Ω) ist periodisch mit der Periode 1: es ist G(Ω + 1) = G(Ω), • G(Ω) besitzt pro Periode N − 1 Nullstellen Ω = n/N (n = 1, 2, 3, ...) und • im Punkt Ω = 0 betr¨ agt G(0) = N (wegen sin x = x f¨ ur kleine x). Eine graphische Darstellung von G, bestehend aus einer Periode, ist in Bild 11.17 wiedergegeben. Aus dem Verlauf von G(Ω) l¨ asst sich die jeweilige Gestalt der Richtcharakteristika S(ϑ) ablesen. Weil die Zuordnung zwischen dem Beobachtungswinkel ϑ und der Variablen Ω durch Gl.(11.47) beschrieben ist, bestehen die Intervalle in ’Ausschnitten’ aus der Funktion G im Intervall Ωmin < Ω < Ωmax mit
(11.49)
392
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
0 −5
Ωmin
Ω
max
2Δx/λ
−10
G(Ω)/dB
−15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −0.5
−0.25
0 Ω
0.25
0.5
Bild 11.17. Richtungsfunktion G(Ω) zur Erzeugung der Richtcharakteristika f¨ ur N =25 Sensoren
Ωmin = − und mit
Δx (1 + cos ϑein ) λ
Δx (1 − cos ϑein ) . λ Dieses Intervall wird bei Variation des Beobachtungswinkels im Intervall 0 < ϑ < 1800 von oben nach unten (also beginnend bei Ωmax f¨ ur ϑ = 00 ) durchlaufen. Die Breite des u ¨berdeckten Intervalls betr¨agt ΔΩ = Ωmax − Ωmin = 2Δx/λ (siehe auch Bild 11.17). ¨ Die aus diesen Uberlegungen hervorgehenden Richtcharakteristika sind in den Bildern 11.18 bis 11.20 f¨ ur Δx/λ = 0,125, 0,25 und 0,5 gezeigt. Wie allgemein f¨ ur Richtcharakteristika u ahlen die in diesen Bildern angegebenen ¨blich z¨ Winkel ϑn und ϑein,n relativ zur Normalenrichtung der Mikrophonzeile, es gilt also ϑn = ϑ − 900 und ϑein,n = ϑein − 900 . Kontrast und Sch¨ arfe k¨ onnen aus der Gestalt der erhaltenen Resultate f¨ ur eine einzelne einfallende Welle eingesch¨ atzt werden. Dabei muss man sich f¨ ur die praktische Anwendung vorstellen, dass mehrere Schallquellen mit unterschiedlichen Quellst¨ arken und Einfallsrichtungen gleichzeitig vorhanden sind. In diesem Fall besteht das durch ’Verz¨ ogere und summiere’ gebildete AusΩmax =
11.5 Akustische Antennen
393
0 −5 −10
−20
n
D(ϑ )/dB
−15
−25 −30 −35 −40 −45 −50 −90
−60
−30
0 ϑn/Grad
30
60
90
Bild 11.18. Richtcharakteristik D(ϑn ) u ur ¨ber dem Beobachtungswinkel ϑn f¨ Δx/λ = 0, 125, Schalleinfall unter ϑein,n = 30◦ , gerechnet f¨ ur N =25 Sensoren
gangssignal nat¨ urlich ebenfalls in einer Summe von gegeneinander je nach Einfallsrichtungen verschobenen Funktionen G(Ω). Wenn dabei noch ’deutliche’ Einzelmaxima auf das Vorhandensein mehrerer Quellen hinweisen sollen, dann m¨ ussen die Einzelmaxima - die sogenannten ’Hauptkeulen’ - m¨oglichst schmal sein. Wenn weiter noch ’schwache’ Quellen bei Vorhandensein von ’st¨ arkeren’ Quellen geortet werden sollen, dann sollten die Pegelabst¨ande zwischen Hauptkeulen und Nebenkeulen m¨ oglichst groß sein, denn andernfalls verschwindet die Hauptkeule der schwachen Quelle unter den Nebenkeulen der starken. Insgesamt sind also schmale Hauptkeulen und große Abst¨ande zwischen Haupt- und Nebenkeulen erw¨ unscht. Aus den Richtcharakteristika und den angegebenen Gleichungen lassen sich f¨ ur diese beiden Eigenschaften, die die Qualit¨at der Messeinrichtung angeben, folgende allgemeine Prinzipien ablesen: •
Je tiefer die Frequenz, je kleiner also das Verh¨altnis aus Sensorabstand und Wellenl¨ ange Δx/λ ist, desto kleiner ist auch die Breite des u ¨ber dem Winkel aufzutragenden Intervalles. Demzufolge sind die Keulen und insbesondere auch die Hauptkeule bei tiefen Frequenzen breit, ihre Breite nimmt mit wachsendem Verh¨ altnis Δx/λ und daher mit wachsender Fre-
394
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
0 −5 −10
n
D(ϑ )/dB
−15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −90
−60
−30
0 ϑn/Grad
30
60
90
Bild 11.19. Richtcharakteristik D(ϑn ) u ur ¨ber dem Beobachtungswinkel ϑn f¨ Δx/λ = 0, 25, Schalleinfall unter ϑein,n = 30◦ , gerechnet f¨ ur N =25 Sensoren
quenz ab. Bei tiefen Frequenzen ist die Aufl¨osung schlecht, sie verbessert sich mit wachsender Frequenz. • Die beste Aufl¨ osung im Sinne kleinster Hauptkeulenbreite erh¨alt man f¨ ur Δx/λ=0,5. Noch gr¨ oßere, bei Variation von ϑ u berdeckte Intervalle sollte ¨ man nicht zulassen, denn dann w¨ urde mehr als eine Periode von G(Ω) u atte zur Folge, dass mehrere Hauptkeulen in der ¨berdeckt werden. Das h¨ Richtcharakteristik sichtbar w¨ urden; damit kann dann keine eindeutige Zuordnung zu einem Einfallswinkel mehr erfolgen. • Der Pegelabstand zwischen der Hauptkeule und der kleinst-m¨oglichen Nebenkeule betr¨agt 20lgN (wegen G(0) = N und weil die Einh¨ ullende von G f¨ ur Ω = 1/2 zu 1/ sin πΩ = 1 wird). Die Vergr¨oßerung des HauptkeulenNebenkeulen-Abstandes durch die Verwendung einer gr¨oßeren Anzahl N von Sensoren vollzieht sich also langsam. Um nennenswerte Verbesserungen zu erzielen m¨ ussen (etwa) Verdopplungen vorgesehen werden. • Das gilt auch f¨ ur die Hauptkeulenbreite ΔΩHK = 2/N , die nur langsam mit wachsendem N abnimmt. Zum Schluss sei noch hervorgehoben, das die Mikrophonsignale von ϕein unabh¨ angig sind (siehe Gl.(11.40)): wenn die Schalleinfallsrichtung um die z-
11.5 Akustische Antennen
395
0 −5 −10
n
D(ϑ )/dB
−15 −20 −25 −30 −35 −40 −45 −50 −90
−60
−30
0 ϑn/Grad
30
60
90
Bild 11.20. Richtcharakteristik D(ϑn ) u ur ¨ber dem Beobachtungswinkel ϑn f¨ Δx/λ = 0, 5, Schalleinfall unter ϑein,n = 30◦ , gerechnet f¨ ur N =25 Sensoren
Achse in Bild 11.16 gedreht wird, dann bleiben die Mikrophonspannungen davon unber¨ uhrt. Treten mehrere einfallende Wellen mit gleichem Winkel ϑein , aber unterschiedlichen Winkeln ϕein gleichzeitig auf, dann bestehen die auf der z-Achse vorgefundenen Signale in der Summe der Teildr¨ ucke. Hinsichtlich der Umfangsrichtung ϕ summiert die Mikrophonzeile also alle einfallenden Bestandteile auf. Wenn auch in der Umfangsrichtung noch Quellen, bzw. einfallende Schallanteile voneinander diskriminiert werden sollen, dann sind zweidimensionale Mikrophon-Anordnungen erforderlich. Gewiss gen¨ ugt hier in diesem Lehrbuch die Schilderung der grundlegenden Idee von Mikrophon-Antennen. Im folgenden Abschnitt sind deshalb nur einige k¨ urzere Bemerkungen zu den fl¨achigen Anordnungen genannt. 11.5.2 Zweidimensionale Sensor-Anordnungen Die einfachste zweidimensionale Erweiterung von Mikrophon-Zeilen, die dann auch noch eine Ortung in der Umfangsrichtung ϕ erlaubt, besteht in der kreuzweisen Anordnung von zwei senkrecht zueinander angebrachten Mikrophon-
396
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Zeilen, wie das in Bild (11.21) dargestellt ist. Kurz sei eine solche MikrophonAnordnung auch als ’Kreuzarray’ bezeichnet.
z
(x,y,z) ϑ z y ϕ
x
Δx
Bild 11.21. Kreuzf¨ ormige Anordnung aus gleichabst¨ andig angeordneten Mikrophonen
Die Simulationsrechnung zur Ermittlung der Array-Eigenschaften erfolgt genauso wie beim Linienarray: die zeitverz¨ ogerten Signale werden aufsummiert. Unter der Annahme von reinen T¨ onen entspricht das wieder der Phasenverschiebung der komplexen Amplituden, die komplexe Amplitude des Array-Ausganges besteht also in S(ϑ) =
N −1
pi e−jk(zi cos ϑ+xi cos ϕ sin ϑ) ,
(11.50)
i=0
wobei die Mikrophon-Positionen mit (xi , zi ) bezeichnet sind und pi wie vorne die komplexe Amplitude des Mikrophon-Signales am Sensor i darstellt. Die Gr¨ oßen ϑ und ϕ geben Eine anschauliche Darstellung der f¨ ur das Kreuzar-
11.5 Akustische Antennen
397
ray so erzielten Resultate der Simulationsrechnung kann beispielsweise ’quasifotographisch’ erfolgen. Dazu stellt man sich eine zum Array parallele ’Fotoebene’ vor. In jedem Punkt der Fotoebene wird dann der Pegelwert farbkodiert angegeben, der von der akustischen Antenne in der durch den Foto-Punkt bezeichneten Einfallsrichtung bestimmt worden ist. Solche Darstellungen sind f¨ ur das Kreuzarray in den Bildern 11.22 und 11.23 gezeigt.
Bild 11.22. Quasi-fotographische Darstellung des mit dem Kreuzarray bestimmten Pegelverlaufes. Der kleine helle, rosafarbene Punkt in Bildmitte gibt die wahre Einfallsrichtung der einfallenden ebenen Welle wieder. Die schwarzen Punkte symbolisieren das Kreuzarray. Der Abstand zweier Mikrophone betr¨ agt Δx/λ = 0,5. Rechts ist die Pegel-Skalierung angegeben.
¨ Eine einfache Uberlegung erkl¨ art die Haupteigenschaften der gezeigten Bilder. F¨ ur den senkrechten Schalleinfall einer in −y-Richtung fortschreitenden Welle (Bild 11.22) bildet das Kreuzarray f¨ ur den Beobachtungspunkt ’ohne Verz¨ ogerungszeiten’ ϑ = 900 , ϕ = 900 die Signalsumme, die im 2N -fachen der (untereinander v¨ ollig gleichen) Einzelsignale bestehen. Dabei bezeichnet N die Anzahl der Sensoren pro Zeile. Wenn die Schalleinfallsrichtung nun von ϑein = 900 , ϕein = 900 um die z-Achse auf eine andere Richtung ϑein = 900 , ϕein = 900 gedreht wird, dann ist die Summe u ¨ber die l¨angs der z-Achse angeordneten Sensoren gleich N , die Summe u ¨ber die l¨angs der x-Achse angeordneten Sensoren dagegen (etwa) gleich Null. Damit wird also der Beobachtungsrichtung ϑ = 900 , ϕ = 900 diesmal das N -fache Einzelsignal zugeordnet, obwohl eine ganz andere tats¨ achliche Einfallsrichtung vorliegt. Der
398
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Bild 11.23. Quasi-fotographische Darstellung des mit dem Kreuzarray bestimmten Pegelverlaufes. Der kleine helle, rosafarbene Punkt rechts oben gibt die wahre Einfallsrichtung der einfallenden ebenen Welle wieder. Die schwarzen Punkte symbolisieren das Kreuzarray. Der Abstand zweier Mikrophone betr¨ agt Δx/λ = 0,5. Rechts ist die Pegel-Skalierung angegeben.
Pegelabstand zwischen der ’wahren’ Einfallsrichtung (nach wie vor nat¨ urlich mit dem Wert 2N ) und der senkrechten Beobachtungsrichtung mit dem Wert N betr¨ agt also nur 6 dB. Dieser Pegelabstand zwischen der Hauptkeule und der n¨ achst h¨ oheren Seitenkeule ist recht gering. Die Darstellung in Bild 11.22 zeigt, dass die Hauptkeule gebildet wird aus zwei senkrecht zueinander liegenden ’hellen’ Streifen, deren Helligkeiten summiert werden; der Schnittpunkt der Streifen gibt dann die Lage der Quelle an. Diese Prinzip bleibt f¨ ur den schr¨ agen Schalleinfall in Bild 11.23 nat¨ urlich erhalten, nur dass die Streifen nun keine Geraden mehr bilden sondern eine etwas kompliziertere geometrische Form besitzen. Das Kreuzarray hat zwei durch seine Struktur bestimmte ’Vorzugsrichtungen’, es behandelt quasi nicht alle Einfallsrichtungen gleich. H¨ aufig werden die Mikrophone wegen der genannten Nachteile des Kreuzarrays stattdessen auf einem Ring angeordnet (Bild 11.24). Diese Anordnung besitzt keine ausgepr¨ agten Vorzugsrichtungen mehr, sie behandelt alle Einfallsrichtungen gleich. Die mit dem Ringarray erzielten Pegelverteilungen sind quasi-fotographisch f¨ ur zwei Beispiele in Bild 11.25 aufgef¨ uhrt. Wie man sieht ist hier der Quellbereich von einem ’dunklen Ring’ umgeben, der Hinweis auf die Lage der Quelle ist dadurch viel deutlicher als beim Kreuzarray.
11.5 Akustische Antennen
399
3 2
y
1 0 −1 −2 −3
−4
−3
−2
−1
0
1
2
3
4
x
Bild 11.24. Ringf¨ ormige Anordnung aus gleichabst¨ andig angeordneten Mikrophonen
Es sei noch darauf hingewiesen, dass die ’scheinbare’ Bildqualit¨at der gezeigten ’quasi-fotographischen’ Darstellung in erheblichem Maße von dem dabei benutzten Pegelbereich abh¨ angt. Die Bilder erscheinen sch¨arfer, die Quellbezirke konzentrierter, wenn kleinere Pegelintervalle benutzt werden. In der praktischen Anwendung werden solche kleinen ’Tricks’ und Nachbesserungen begreiflicherweise gern und oft verwendet. In diesem Lehrbuch stehen nat¨ urlich ’Zahlen und Fakten’, und nicht ’sch¨ one Bilder’ im Vordergrund des Interesses. Um dennoch den Einfluss der Bild-Dynamik auf des Erscheinungsbild zu demonstrieren zeigt Bild 11.26 die genau gleichen F¨alle wie in Bild 11.25, nur mit ge¨ andertem Pegelintervall der Darstellung. Kreuz- und Ring-Array sind hier mehr exemplarisch betrachtet worden. Nat¨ urlich kommen auch noch andere Geometrien wie Anordnungen aus drei Geraden, Spiralen und quadratische Feld-Belegung in Frage, einige davon werden auch tats¨ achlich in der Praxis benutzt. Auch m¨ ussen die Mikrophonabst¨ ande nicht alle untereinander gleich sein. Wenn man die Abst¨ande von innen nach außen wachsen l¨ asst, dann wird das Array gr¨oßer. Das hat bei tiefen Frequenzen den Vorteil einer besseren Aufl¨osung.
400
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Bild 11.25. Quasi-fotographische Darstellung des mit dem Ringarray bestimmten Pegelverlaufes. Der kleine rosafarbene Punkt gibt wieder jeweils die wahre Einfallsrichtung an. Die schwarzen Punkte symbolisieren das Ringarray. Der Abstand zweier Mikrophone betr¨ agt Δx/λ = 0,5. Rechts ist die Pegel-Skalierung angegeben.
11.5 Akustische Antennen
401
Bild 11.26. So erscheint die quasi-fotographische Darstellung des mit dem Ringarray bestimmten Pegelverlaufes, wenn nur das dargestellt Pegelintervall kleiner gemacht wird.
402
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
11.6 Zusammenfassung Bei den Schallempf¨ angern sind Kondensatormikrophon und elektrodynamisches Tauchspulenmikrophon behandelt worden. Die Frequenzg¨ange beider Typen werden fast ausschließlich durch den mechanischen Aufbau bestimmt. F¨ ur Pr¨ azisionsmessungen, wie sie oft in der Praxis erforderlich sind, kommen wegen des sehr glatten Frequenzganges nur Kondensatormikrophone in Frage. F¨ ur Relativmessungen, wie z.B. bei der Messung von Pegeldifferenzen oder Nachhallzeiten, oder f¨ ur Audiozwecke gen¨ ugen auch die kosteng¨ unstigeren elektrodynamischen Typen. Wenn der Phasengang der Mikrophone eine große Rolle spielt, etwa bei der Intensit¨ atsmesstechnik (Kapitel 2), m¨ ussen ebenfalls Kondensatormikrophone benutzt werden. Die Richtcharakteristik von Mikrophonen resultiert vor allem aus der Tatsache, dass die auf die Membran einwirkende Gesamtkraft durch das Schalldruck-Integral u ¨ber die Membranfl¨ache bestimmt ist. Daraus ergeben sich Richtwirkungen, die je nach Verh¨altnis des Membrandurchmessers zur Wellenl¨ ange in einer Haupt-Nebenkeulen-Struktur bestehen. Der Schalldruck-Frequenzgang von elektrodynamischen Lautsprechern be¨ sitzt Bandpasscharakter, der Frequenzgang ist im Ubertragungsbereich etwa konstant. Der Grund daf¨ ur besteht haupts¨ achlich in der Tatsache, dass der ¨ Schalldruck in einiger Entfernung von Volumenquellen zur zeitlichen Anderung des Volumenflusses und damit zur Membranbeschleunigung proportio¨ nal ist. Der Ubertragungsbereich wird unten durch die mechanische Resonanz und oben etwa durch die elektrische Knickfrequenz begrenzt. ’Akustische Antennen’, die aus einer gewissen Anzahl von ¨ortlich verteilten Mikrophonen bestehen, k¨ onnen Schalldruckpegel als Funktion der Einfallsrichtung ermitteln. Dies geschieht durch Summation der gegeneinander zeitlich verschobenen Wandler-Ausgangssignale. Die Richtcharakteristika des damit insgesamt hergestellten Messger¨ ates ¨ ahneln denen von Lautsprecherzeilen und besitzen die gleichen Tendenzen: breite Haupt- und Neben-Keulen bei kleineren Verh¨ altnissen aus Wandler-Gesamtabmessung und Wellenl¨ange; schmale, trennscharfe Keulenstruktur, wenn das genannte Verh¨altnis klein wird.
11.7 Literaturhinweise Eine sehr wertvolle Erg¨ anzung und Erweiterung zu den Themen dieses Kapitels bildet das Buch ’Akustische Messtechnik’ (Herausgeber M. M¨oser), das im Jahr 2007 beim Springer-Verlag (Berlin und Heidelberg) erscheinen wird.
¨ 11.8 Ubungsaufgaben
403
¨ 11.8 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Welche Frequenzen geh¨ oren zu den in Bild 11.6 wiedergegebenen Richtcharakteristika, wenn die Membran einen Durchmesser von 25 mm besitzt? Aufgabe 2 Ein Beschleunigungsaufnehmer besteht aus einem piezoelektrischen Element, das mechanisch als elastische Schicht aufgefasst werden kann (siehe auch das folgende Prinzipbild). Die Unterseite des Piezoelementes wird auf dem Objekt (starr) befestigt, dessen Beschleunigung am vermessen werden soll. Auf der Oberseite ist die elastische Keramik mit einer Masse beschwert. Die Ausgangsspannung U (nach einem geeignet gew¨ ahlten sogenannten ’Ladungsverst¨arker’ f¨ ur den sehr kleinen Ladungsfluss) ist proportional zur Federkraft Fs auf das Piezoelement, U = EFs , wobei E eine frequenzunabh¨angige Wandlerkonstante darstellt. Wie ist der Frequenzgang von U/am ? Masse m Fs x, a Piezoelement, Federsteife s Messobjekt, Beschleunigung a m
am
Bild 11.27. Prinzipieller Aufbau eines Beschleunigungsaufnehmers f¨ ur K¨ orperschallmessungen
Aufgabe 3 ¨ Ein Mikrophon besitze den Ubertragungsfaktor von 10 mV /P a (1 P a = 1 N/m2 ). An seinem Ausgang wird eine Wechselspannung von 20 μV (Effektivwert) gemessen, die nur durch das Mikrophon-Eigenrauschen zustande gekommen ist. Wie groß w¨ are der Schalldruckpegel vor einem idealen, rauschfreien, sonst aber gleichen Mikrophon, der gerade diese Spannung erzeugt? Man nennt diesen so definierten Pegel auch den ’Ersatzschalldruckpegel’.
404
11 Elektroakustische Wandler f¨ ur Luftschall
Aufgabe 4 Bei welchen Einfallswinkeln ϑ liegen allgemein die ’Einbr¨ uche’ (Ausgangsspannung = 0) in der Richtcharakteristik von Mikrophonen G(ω, ϑ) =
2J1 (kb sin ϑ) kb sin ϑ
(b=Membran-Radius)? Man gebe die Zahlenwerte f¨ ur b/λ = 1; 2 und 3 an. Wie groß ist die zu den b/λ-Werten jeweils geh¨ orende Frequenz f¨ ur den MikrophonDurchmesser von 2b = 2, 5 cm (2b = 1, 25 cm)?
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
Schon im Kapitel u ¨ber die Schallabstrahlung ist die M¨oglichkeit genannt worden, ’Schall mit Schall’ auszul¨ oschen: Je nach Abstand zweier gegenphasig betriebener Quellen ergibt sich eine mehr oder weniger große Minderung der abgestrahlten Schallleistung. Man kann eine der beiden Quellen ’als absichtlich zur anderen Quelle zum Zweck der L¨ armbek¨ampfung hinzugef¨ ugt’ deuten. Darin besteht sozusagen das Urbild der sogenannten aktiven L¨armbek¨ampfung, die manchmal auch, vielleicht etwas u ¨berzeichnet, ’Antischall’ genannt wird. In diesen Begriffen fasst man allgemein alle diejenigen L¨armminderungsverfahren zusammen, die auf der Verwendung von elektroakustischen Wandlern (Kapitel 11) fußen. Die st¨ orende, quasi unvermeidlich gegebene Schallquelle nennt man dabei die ’prim¨ are’ Quelle, derjenige elektroakustische Wandler, der zum Zwecke der L¨ armbek¨ ampfung hinzugef¨ ugt wird, heißt ’sekund¨ ar’. Das im Abschnitt (3.4) ’Schallfeld zweier Quellen’ ausf¨ uhrlich diskutierte Beispiel f¨ ur aktive L¨ armminderung lehrt aber auch schon, dass solche aktiven Methoden auf Anwendungen ’unter vereinfachenden Umst¨anden’ beschr¨ankt sind. Erfolgreich ist das Hinzuf¨ ugen der zweiten Quelle n¨amlich nur in Sonderf¨ allen: •
Nur unter der Voraussetzung tiefer Frequenzen im St¨orschall erfolgt eine global wirksame Minderung der abgestrahlten Schallleistung. Um diese Reduktion erfolgreich wirklich auch herzustellen m¨ ussen die Frequenzen bei ausgedehnteren technischen prim¨ aren Quellen entweder sehr tief sein, oder der prim¨ are Schallerzeuger muss ziemlich kleine Abmessungen besitzen. • F¨ ur h¨ ohere Frequenzen kann man zwar die sekund¨are Quelle stets so betreiben, dass sich in einem gew¨ unschten Raumpunkt ein sehr kleines, im Idealfall sogar verschwindendes Summenfeld durch Interferenz einstellt, diese Wirkung ist allerdings lokal stark begrenzt. Unweigerlich gilt f¨ ur das globale Schallfeld, dass die abgestrahlte Leistung in der Summe der Teilleistungen (ohne Vorhandensein der jeweils anderen Quelle) besteht. Die
406
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
aktive Maßnahme ist also nur dann sinnvoll, wenn ihr Ziel eben auch nur im Schutz eines kleinen Raumgebietes besteht. Solche g¨ unstigen Sonderf¨ alle, bei denen z.B. nur tiefe T¨one oder kleine Raumgebiete betroffen sind, haben dabei durchaus praktische Relevanz. Einige Einsatzgebiete, in denen aktive L¨ armbek¨ ampfung erfolgreich betrieben wird, sind im Folgenden genannt.
Bild 12.1. Ger¨ auschspektren in einem Turbo-Propeller-getriebenen Flugzeug ohne (NVS aus) und mit (NVS ein) aktiver Unterdr¨ uckung der Schallabstrahlung. (aus: J. Scheuren ’Aktive Beeinflussung von Schall und Schwingungen’, Kapitel 13 in G, M¨ uller,G. und M. M¨ oser: Taschenbuch der Technischen Akustik, Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 2004)
•
•
•
Nur kleine sch¨ utzenswerte Raumgebiete und tiefe Frequenzen kommen z.B. in Propeller-Flugzeugen am Ohr von Passagieren vor. In die Kopfst¨ utzen integrierte Lautsprecher k¨ onnen den Propeller-Drehklang gezielt und erfolgreich in der St¨ orwirkung mindern (siehe Bild 12.1). ¨ Ahnlich lassen sich in Kraftfahrzeugen die Motordrehkl¨ange beeinflussen, entweder durch die ohnehin vorhandenen Lautsprecher oder durch zus¨atzliche, wieder in die N¨ ahe des betreffenden Ohres gebrachte Quellen (siehe Bild 12.2). Ein besonders erfolgreiches Einsatzgebiet sind die Kopfh¨orer in der Pilotenkanzel von Flugzeugen. Ihr Gewicht ist schon aus Gr¨ unden des Tragekomforts stark begrenzt, was eine schlechte Schalld¨ammung bei tiefen Frequenzen zur Folge hat. Durch phasenverkehrtes Nachbilden des Signals, das dem außen an der Kopfh¨ orerschale angebrachten Mikrophon entnommen wird, und geeigneter Wiedergabe durch die Membran l¨asst sich die Schalld¨ ammung des Kopfh¨ orers ganz erheblich gerade im Frequenzbereich
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
407
Bild 12.2. Prinzipskizze eines Systems zur aktiven Beeinflussung von PkwInnenger¨ auschen. (aus: J. Scheuren ’Aktive Beeinflussung von Schall und Schwingungen’, Kapitel 13 in G. M¨ uller und M. M¨ oser: Taschenbuch der Technischen Akustik, Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 2004)
Bild 12.3. Schalld¨ ammkurve eines Piloten-Headsets mit (a) und ohne (b) aktiver Ger¨ auschkompensation (aus: J. Scheuren ’Aktive Beeinflussung von Schall und Schwingungen’, Kapitel 13 in G. M¨ uller und M. M¨ oser: Taschenbuch der Technischen Akustik, Springer-Verlag, Berlin und Heidelberg 2004)
des tieffrequenten ’Dr¨ ohnens’ aktiv verbessern (Bild 12.3). Gleichzeitig wird das Funkverkehr-Signal mit eingeblendet. • Auch f¨ ur die Schallausbreitung in Kan¨ alen liegen - jedenfalls unterhalb der tiefsten cut-on-Frequenz - g¨ unstige Voraussetzungen f¨ ur die aktive L¨armbek¨ ampfung vor, weil die Laufrichtung des Schallfeldes festliegt und sich
408
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
nur ebene Wellen ausbreiten k¨ onnen. Aktive Schalld¨ampfer bieten deswegen eine ernsthafte Alternative zu ihrer passiven Konkurrenz (Kapitel 9).
0.19m
1.0m
Sekundärlautsprecher
Plexiglasplatten Lufthohlraum
1.25m
Fehlermikrofone
Holzrahmen Mauer
Bild 12.4. Prinzipaufbau des Doppelfensters mit aktiver Verbesserung der Luftschalld¨ ammung. (aus: A. Jakob, M. M¨ oser. Verbesserung der Schalld¨ ammwirkung von Doppelschalen durch aktive Minderung des Hohlraumfeldes, DAGA 2000)
•
Und schließlich sei noch als Beispiel erw¨ ahnt, dass man die Schalld¨ammung von Doppelfenstern im Bereich der Masse-Feder-Masse-Resonanz (Kapitel (8.3)) aktiv durch in die Fensterlaibung integrierte Lautsprecher deutlich verbessern kann (siehe Bilder 12.4 und 12.5 f¨ ur Prinzipaufbau und Wirkung). Die ’g¨ unstigen Bedingungen’ liegen hier in der Tatsache, dass die passive Schalld¨ ammung in der meist niedrig abgestimmten Resonanz gering ist. Wirklich lohnenswert k¨ onnte hier die aktive Verbesserung sein, wenn es auf kleine und vor allem leichte Fenster ankommt; als Einsatzfelder bieten sich hier also wieder vor allem der Flugzeugbau und allgemeiner der Fahrzeug-Leichtbau an.
Gewiss ließe sich die Liste der zukunftsweisenden Anwendungen erheblich erweitern. Andererseits l¨ asst sich absehen, dass z.B. die breitbandige aktive Beruhigung großer Volumina sicher nicht in den Bereich der technischen M¨oglichkeiten f¨ allt. Schon aus Platzgr¨ unden k¨ onnen hier die Aspekte der elektronischen und technischen Realisierung und die erforderlichen Algorithmen f¨ ur die Prozessoren nicht aufgegriffen werden, der Leser wird daf¨ ur auf die Literatur verwiesen. Hier ist die Beschr¨ ankung auf einige wesentliche akustische Prinzipien und Grundlagen erforderlich : •
Die oben aufgef¨ uhrten praktischen Beispiele lassen die Frage entstehen, durch welche Mechanismen der aktiv erzielte Erfolg in der Gr¨oße begrenzt ist. Allgemein gilt, dass die H¨ ohe der Pegelminderung durch immer vor-
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
409
80
mittlerer Schalldruckpegel [dB]
Warmlaufen und Starten eines Hubschraubers 70
60
50
40
30
Δ L100 = 18.4 dB ΔL = 17.9 dB 125 Δ Ltotal= 16.7 dB ΔL = 15.6 dB(A) A
20
50
100
200
ohne aktive Maßnahme mit aktiver Maßnahme
400 800 Frequenz [Hz]
1600
3150 L
total
Bild 12.5. Wirkung (mittlerer Pegel im Empfangsraum) des Doppelfensters mit aktiver Verbesserung der Luftschalld¨ ammung am Beispiel eines Testsignales, das dem Starten und Warmlaufen eines Hubschraubers entspricht. (aus: A. Jakob, M. M¨ oser, C. Ohly. Ein aktives Doppelglas-Fenster mit geringem Scheibenabstand, DAGA 2002)
handene Ungenauigkeiten bei der Nachbildung des prim¨aren Feldes durch die sekund¨ are Quelle gegeben ist. Wenn prim¨arer und sekund¨arer Schall nicht genau negativ gleich groß sind, dann ist ihre Summe eben von Null verschieden, und daher bestimmt der Nachbildefehler die Gr¨oße der aktiven Pegelminderung. Als illustrierendes Beispiel f¨ ur die Wirkung dieses Fehlers werden dann noch sich kreuzende Wellen betrachtet, die zusammen in einem Punkt die Schallfeldsumme von Null ergeben. Der ’Fehler’ ber¨ ucksichtigt dann einfach Ohren oder andere Empf¨anger, die sich nicht genau am richtigen Platz befinden, eine Diskussion, die f¨ ur den Schutz kleiner Raumgebiete innerhalb großer Volumina (z.B. im Flugzeug) das Wesentliche aufzeigt. • Von einem grunds¨ atzlichen Standpunkt her l¨asst sich feststellen, dass passive und aktive Schalld¨ ampfer u ¨ber gleiche prinzipielle M¨oglichkeiten verf¨ ugen: Mit beiden Methoden l¨ asst sich Schall nicht nur reflektieren, sondern auch absorbieren. • Und schließlich ist erw¨ ahnenswert, dass sekund¨are Schallquellen wie in allen obigen Anwendungen nicht nur in der Lage sind, nun einmal vorhandene Schallfelder durch Interferenz und Hinzuf¨ ugen von Schall zu Schall in der Gr¨ oße zu ver¨ andern, sie k¨ onnen durchaus auch in den SchallEntstehungsprozess selbst eingreifen. Das allerdings ist nur m¨oglich f¨ ur eine ganz bestimmte Klasse von Schallquelllen, n¨amlich solchen, die ei-
410
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
ner Selbsterregung unterliegen. Beispiele f¨ ur selbsterregte Schwingungen gibt es viele, es sei hier nur der Ton eines angeblasenen Resonators (Flaschenton) oder Flatterschwingungen (z.B. eines Tuches in starkem Wind) genannt. Der (vor der Zusammenfassung) letzte Abschnitt dieses Kapitels gibt Auskunft u ¨ber die Physik und Beispiele der Selbsterregung, und wie sie aktiv verhindert werden kann.
12.1 Der Einfluss von Nachbildefehlern Die Wirkungs-Einschr¨ ankung in der aktiven L¨ armbek¨ampfung, die durch den Fehler in der sekund¨ aren Nachbildung des prim¨aren Schallfeldes verursacht wird, l¨ asst sich leicht an einem einfachen Modell quantifizieren. Wie auch immer der Fehler tats¨ achlich verursacht wird, er kann doch stets darauf zur¨ uckgef¨ uhrt werden, dass sich Signale mit nicht genau gleichen Amplituden und mit einer gewissen Phasenverschiebung Φ zum Gesamtfeld u ¨berlagern. In komplexen Zeigern von Schalldr¨ ucken formuliert (Index p: Prim¨ar, Index s: Sekund¨ ar) w¨ are also der Gesamtdruck aus pges = pp − ejΦ ps
(12.1)
zusammengesetzt. Die Gr¨ oßen pp und ps bezeichnen die Amplituden der Teilschalle, ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit k¨onnen sie hier als reell (und positiv) angesehen werden. Φ beschreibt den Phasenfehler. Im ’Idealfall’ vollst¨ andiger Ausl¨ oschung w¨ are Φ = 0 und ps = pp . Das AmplitudenBetragsquadrat des Gesamtfeldes betr¨ agt | p2ges |= (pp − ejΦ ps )(pp − e−jΦ ps ) = p2p + p2s − 2ps pp cos(Φ).
(12.2)
F¨ ur die durch die aktive Maßnahme bereitgestellte Pegelminderung ΔL gilt mithin ΔL = 10 lg(p2p / | p2ges |) = −10 lg(1 +
p2s ps − 2 cos(Φ)). 2 pp pp
(12.3)
Darin kann man noch das Amplitudenverh¨ altnis durch die korrespondierende Pegeldifferenz aus Pegel des prim¨ aren und Pegel des sekund¨aren Feldes alleine
bzw.
L dif f = Lp − Ls = 10 lg(p2p /p2s ) ,
(12.4)
p2s = 10−Ldif f /10 p2p
(12.5)
ausdr¨ ucken. Die Kurvenscharen, die sich unter Variation von Ldif f und Φ ergeben, sind in Bild 12.6 dargestellt. Nur sehr kleine Toleranzen f¨ uhren zu hohen Pegelminderungen ΔL. Zum Beispiel ben¨otigt man zur Herstellung einer Pegelminderung von mehr als 25 dB Amplitudenfehler von weniger als
12.1 Der Einfluss von Nachbildefehlern
411
Ldif f = 0, 5 dB und h¨ ochstens 4 Grad Phasenfehler. F¨ ur Pegelminderungen u urfen die Amplitudenfehler selbst bei Φ = 0 nicht mehr ¨ber 40 dB d¨ als Ldif f = 0, 1 dB betragen (das entspricht einem Unterschied von nur einem Prozent)! Mit wachsendem, erw¨ unschtem Erfolg der aktiven Maßnahme werden immer h¨ ohere, schließlich nicht mehr realisierbare Genauigkeiten ben¨otigt. Die Begrenzung der aktiv erreichten Erfolge ist also recht deutlich alleine schon durch immer vorhandene Ungenauigkeiten in der aktiven Nachbildung des prim¨ aren Feldes durch das sekund¨ are gegeben. 50 45
Pegelminderung Δ L
40
0
φ in Grad =
2 4
35
6 8
30
10
25 20 15
20
30
40
50
10 5 0 −1.5
−1
−0.5
0
0.5
1
1.5
Pegeldifferenz Ldiff
Bild 12.6. Erreichte Pegelminderung in Abh¨ angigkeit von Amplituden- und Phasenfehler im sekund¨ aren Feld
Bei der in Kapitel 3 beschriebenen Anordnung aus zwei gegenphasigen Quellen kann der endliche Quellabstand als Fehlerursache gedeutet werden, nur im Verh¨ altnis zur Wellenl¨ ange sehr kleine Abst¨ande liefern dann auch global große Pegelminderungen; auch ist die Wirkung ortsabh¨angig. 12.1.1 Gekreuzt laufende Wellen Eine ebenfalls stark ortsabh¨ angige, aktiv hergestellte Pegelminderung erh¨alt man naturgem¨ aß auch dann, wenn nur auf die Beruhigung kleiner Raumgebiete abgezielt wird, wie beim Passagier in Flugzeug oder Auto. Qualitative Aussagen u oße des gesch¨ utzten Raumgebietes lassen sich auf Grund ¨ber die Gr¨ einer einfachen Modellannahme machen, bei der zwei sich kreuzende Schallwellen angenommen werden, deren Laufrichtungen senkrecht aufeinanderstehen und die sich absichtsgem¨ aß in einem Punkt gerade zu Null erg¨anzen. Wenn
412
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
dieser Hauptwirkungspunkt mit dem Ursprung des Koordinatensystems zusammenf¨ allt und die Wellenlaufrichtungen die Winkel von 45◦ und −45◦ mit der y-Achse einschließen, dann ist das aus den beiden fortschreitenden Wellen zusammengesetzte Schallfeld mit ϑ = 45◦ durch
oder durch
pges = p0 [e−jkx cos(ϑ)−jky sin(ϑ) − ejkx cos(ϑ)−jky sin(ϑ) ]
(12.6)
pges = −2jp0 sin[kx cos(ϑ)]e−jky sin(ϑ)
(12.7)
gegeben. F¨ ur das Amplituden-Betragsquadrat gilt demnach |pges |2 = 4p20 sin2 [kx cos(ϑ)].
(12.8)
Das aktiv hergestellte Einf¨ ugungsd¨ ammmaß betr¨agt also ΔL = 10lg
|p0 |2 = −10 lg[4 sin2 [kx cos(ϑ)]], |pges |2
(12.9)
es w¨ achst mit x 0 wegen der dort vollst¨ andigen gegenseitigen Ausl¨oschung der Teilschalle u ¨ber alle Grenzen. Wie man sieht sind die Linien gleicher Pegelminderung hier Geraden x = const. Eine Beschreibung der r¨aumlichen Ausdehnung von Wirkungsgebieten k¨ onnte z.B. die Grenzen der Gebiete angeben, in denen die Pegelminderung u ¨berall mindestens 6 dB oder 12 dB, oder allgemeiner ein gewisses Vielfaches von 6 dB betr¨agt. F¨ ur diese Betrachtung setzt man das Argument im Logarithmus von Gl.(12.9) gleich einer Zweierpotenz mit geradzahligem Exponenten: 4 sin2 [kx cos(ϑ)] = 2−2N .
(12.10)
Wegen −10 lg(2−2N ) = 20N lg(2) = 6N gibt N = 1 den Fall der 6 dB-Grenze, N = 2 den der 12 dB-Grenze (usw.) an. Offensichtlich gilt sin[kx cos(ϑ)] = 2−(N +1) .
(12.11)
F¨ ur N ≥ 1 ist die rechte Seite stets klein gegen¨ uber 1. Deshalb kann man die Sinusfunktion links durch ihr Argument ersetzen kx cos(ϑ) = 2−(N +1) .
(12.12)
Auf diese Weise erh¨ alt man schließlich mit ϑ = 45◦ x/λ =
1 √
π 2
1 2N +1
=
0,225 . 2N +1
(12.13)
Die durch N bezeichnete Zone reicht wegen der Symmetrie von −x bis x, deswegen ist die Zonenbreite Δx doppelt so groß: Δx/λ =
0, 45 . 2N +1
(12.14)
12.2 Reflexion und Absorption
413
Selbst bei der doch recht bescheidenen Forderung einer Pegelminderung von mindestens 6 dB betr¨ agt die Breite des Raumgebietes, in dem diese Reduktion erreicht oder u ¨berschritten wird, nur etwas mehr als eine Zehntelwellenl¨ange, bei 100 Hz also circa 34 cm, bei 1000 Hz nur noch 3, 4 cm. Bei jedem Anwachsen der Forderung um 6 dB halbiert sich der Raumbereich, f¨ ur 12 dB bleiben also nur 0,055 Wellenl¨ angen u ¨brig. Diese Tatsachen machen noch einmal drastisch deutlich, dass aktive L¨ armbek¨ ampfung sich sehr oft vor allem f¨ ur tieffrequente Schalle eignet. Bei mittleren und hohen Frequenzen k¨onnten Passagiere von Flugzeugen oder Autos den Kopf kaum noch bewegen, um u ¨berhaupt in den Genuss aktiver Minderung zu kommen.
12.2 Reflexion und Absorption Mit aktiven Methoden lassen sich ebenso wie bei der passiven L¨armbek¨ampfung einfallende Schallwellen nicht nur reflektieren, sondern auch absorbieren, wie das Folgende zeigt. Am einfachsten gestalten sich prinzipielle Erkl¨arungen immer am eindimensionalen Kontinuum, deshalb sei hier die aktiv hergestellte Ger¨ auschminderung in luftgef¨ ullten Rohren oder Kan¨alen betrachtet. Die Frequenz befinde sich unterhalb der tiefsten cut-on-Frequenz der ersten, nichtebenen Mode. Die naheliegende Modellanordnung ist in Bild 12.7 skizziert. primäre (oben) und sekundäre (unten) Welle
primäre (oben) und sekundäre (unten) Welle
Lautsprecher
Kanal x
0
Bild 12.7. Prinzipskizze zum Wellenfeld aus prim¨ aren und sekund¨ aren Anteilen
Der abgebildete Kanal steht stellvertretend z.B. f¨ ur eine L¨ uftungsleitung oder f¨ ur einen Schornstein, an dem die aktive Quelle seitlich angebracht ist. Von der letzteren wird angenommen, dass sie in die Raumteile links und rechts von ihr gleichermaßen abstrahlt; es handelt sich also um eine ungerichtete Quelle. Wenn ihr Schallfeld das r-fache der einfallenden Schallwelle betr¨agt, dann setzt sich das Gesamtfeld in den Raumbezirken links (Teilraum 1, x < 0) und rechts von der Quelle (Teilraum 2, x > 0) aus
und
p1 = p0 (e−jkx + rejkx )
(12.15)
p2 = p0 (1 + r)e−jkx
(12.16)
414
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
zusammen. Der stromab liegenden Raumbezirk 2 ist gerade dann mit p2 = 0 vor Schall vollst¨ andig gesch¨ utzt, wenn r = −1 eingestellt wird. Im stromauf liegenden Raumbezirk 1 stellt sich dann die stehende Welle p1 = −2jp0 sin(kx) ein. Die sekund¨ are Quelle wirkt offensichtlich wie ein Reflektor. Die Gr¨oße r kann deshalb unmittelbar als aktiv bereitgestellter Reflexionsfaktor gedeutet werden. Die vollst¨ andige Ausl¨ oschung stromab mit r = −1 besteht in einer schallweichen“ Reflexion, bei welcher der Druck am Reflektorort mit ” p2 (0) = 0 zusammenbricht. Die sekund¨ are Quelle stellt das Gesamtfeld so ein, dass durch Rohrquerschnitte links und rechts von ihr insgesamt jeweils keine Leistung fließt. Der sekund¨ are Lautsprecher gibt dabei also gar keine Energie an den Kanal ab. F¨ ur andere Faktoren r jedoch ¨ andert sich der Leistungsfluss der sekund¨ aren Quelle. Allgemein muss die vom Lautsprecher dem Kanal zugef¨ uhrte Leistung PL gleich der Differenz der rechts und links von ihm durch den Kanalquerschnitt in x-Richtung transportierten Leistungen sein: PL = P2 − P1 .
(12.17)
Wenn die von der sekund¨ aren Quelle aus nach rechts fließende Gesamtleistung P2 gr¨ oßer ist als die links davon durch den Querschnitt zugef¨ uhrte Leistung P1 , P2 > P1 , dann gibt der Lautsprecher Leistung an den Kanal ab. Wenn andererseits P2 kleiner ist als P1 , P2 < P1 , dann nimmt der Lautsprecher Leistung aus dem Kanal auf und wirkt so als Senke. F¨ ur P1 gilt P1 =
Sp20 (1 − |r|2 ) 2c
(12.18)
(S=Kanalquerschnittsfl¨ ache), und f¨ ur P2 ist P2 =
Sp20 |1 + r|2 . 2c
(12.19)
Demnach besteht die von der sekund¨ aren Quelle in den Kanal eingespeiste Leistung in Sp20 [|1 + r|2 − (1 − |r|2 )] . (12.20) PL = 2c Nat¨ urlich l¨ asst sich die sekund¨ are Welle durch entsprechende LautsprecherAnsteuerung nach Betrag und Phase einstellen; das wird durch den komplexen Faktor r r = Rejφ (12.21) ausgedr¨ uckt. R bedeutet dabei den Betrag von r. Wegen |1 + r|2 = (1 + Rejφ )(1 + Re−jφ ) = 1 + R2 + 2R cos(φ)
(12.22)
wird aus Gl.(12.20) PL = 2P0 (R2 + R cos(φ)) = 2P0 R(R + cos(φ)),
(12.23)
12.2 Reflexion und Absorption
415
worin noch zur Abk¨ urzung die Leistung P0 der hinlaufenden Welle alleine P0 =
Sp20 2c
(12.24)
eingesetzt worden ist. Offensichtlich l¨ asst sich die Phase φ so einstellen, dass der Lautsprecher entweder Leistung in den Kanal einspeist, f¨ ur negative cos φ kann er aber auch als Energiesenke benutzt werden. F¨ ur φ = 180◦ ist PL = −2P0 R(1 − R).
(12.25)
Wie man durch Differenzieren nach R leicht zeigt, stellt sich die maximale Energieabgabe vom Kanal in den Lautsprecher hinein bei R = 1/2 ein. In diesem Fall ist (12.26) PL,max = −P0 /2. Wegen r=-1/2 w¨ urde diese, durch die sekund¨are Quelle herbeigef¨ uhrte Absorption zur Halbierung des Schallfeldes im Raumteil 2 stromab vom Lautsprecher und damit zur Pegelminderung von 6 dB f¨ uhren. Lautsprecher k¨onnen also bei geeigneter Phasensteuerung relativ zum einfallenden Feld auch als Energiesenken benutzt werden. Das Energieerhaltungsprinzip wird dabei nicht verletzt, weil Lautsprecher reversible Wandler darstellen, die entweder elektrische Energie in akustische verwandeln, oder aber umgekehrt aus akustischer Energie elektrische gewinnen k¨ onnen. In welche Richtung die Leistung dabei fließt, das ist lediglich eine Frage des elektrischen und mechanischen Betriebszustandes. Bei letzterem z¨ ahlt das fremde, prim¨are Schallfeld, gegen das der Lautsprecher arbeiten muss: Ist der Gesamtdruck vor der Membran um 180◦ gegen¨ uber der senkrecht auf der Membran stehenden Schnelle phasenverschoben, dann bildet der Lautsprecher zwangsl¨ aufig einen Schallschlucker. Im Prinzip ließen sich also Lautsprecher auch als Generatoren verwenden, die elektrische Leistungen ans Netz liefern. Die akustischen Leistungen sind allerdings außerordentlich klein und z¨ ahlen kaum verglichen mit der elektrischen Verlustleistung, die man stets bei Lautsprecherbetrieb wegen des elektrischen Innenwiderstandes dieser Quelle erst einmal aufbringen muss. Eine noch wirksamere Schallschluckung als im oben diskutierten Fall l¨asst sich herstellen, wenn die sekund¨ are Quelle mit einer Reflexion verkn¨ upft wird; unter dieser Voraussetzung kann die prim¨are Welle sogar vollst¨andig geschluckt werden. Der Vorteil gegen¨ uber einem reinen Reflexionsd¨ampfer (r = −1 in den obigen Betrachtungen) liegt auf der Hand: Das stromab liegende Raumgebiet wird ebenfalls vollst¨ andig beruhigt, dabei entsteht aber stromauf keine stehende Welle, die ja unter Umst¨anden auch noch Resonanzerscheinungen unterliegen kann. Letztere werden durch die vollst¨andige sekund¨ are Absorption ausgeschlossen. Der Reflektor kann dabei sowohl passiv - z.B. durch ein offenes Rohrende - wie aktiv durch eine zweite sekund¨are Quelle hergestellt werden. Es sei hier als Beispiel der Fall behandelt, bei dem auch der Reflektor durch einen zweiten sekund¨ aren Lautsprecher bereitgestellt wird, wie Bild 12.8 zeigt.
416
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung -l
0 x
Schalleinfall 1
2
3
Lautsprecher
Kanal
Lautsprecher B A
Bild 12.8. Aktive Ger¨ auschminderung im Kanal mit zwei sekund¨ aren Quellen
Zweckgem¨ aß soll das sekund¨ are Lautsprecherpaar nach links in der Summe kein sekund¨ ares Schallfeld erzeugen. Eine solche Quellkombination, die in eine Richtung keinen Schall abgibt, l¨ asst sich einfach mit einer Verz¨ogerungsleitung herstellen. Das sekund¨ are Feld im Teilraum 1 links von beiden Quellen besteht n¨amlich in p1,sek = Ap0 [ejkx + Bejk(x+l) ], (12.27) wobei A und B die in Bild 12.8 mit eingezeichneten komplexen Verst¨arkungen bedeuten. Der Ausdruck ejkl bei dem Wellenterm f¨ ur die linke Quelle besagt nur, dass der von dieser Quelle emittierte Schall dann an einem links davon liegenden Ort eben auch fr¨ uher eintrifft, wenn beide Quellen gleichzeitig ein Signal aussenden w¨ urden. Wird nun die linke Quelle mit B = −e−jkl
(12.28)
angesteuert, dann ergibt sich p1,sek = 0 im ganzen Teilraum 1. Die Verst¨arkung B entspricht dabei wie gesagt einer Laufzeitverz¨ogerung: Wenn ein Signal von der rechten sekund¨ aren Quelle bis zur linken sekund¨aren Quelle gewandert ist, dann muss letztere gerade in diesem Moment das Feld der ersteren phasenverkehrt reproduzieren, damit insgesamt gar kein sekund¨ares Schallfeld nach links abgestrahlt wird. Auch im Freien w¨ urde ein solches Quellenpaar auf einer Halbachse kein Feld erzeugen, ein Beispiel zur Veranschaulichung ist in Bild 12.9 wiedergegeben. Es bleibt nur noch u ¨brig, die Gesamtansteuerung A so zu w¨ahlen, dass beide Quellen zusammen gerade das von links einfallende prim¨are Feld in Teilraum 3 kompensieren. Das sekund¨ are Feld betr¨agt dort p3,sek = Ap0 [e−jkx + Be−jk(x+l) ] .
(12.29)
Nat¨ urlich braucht diesmal der Schall zu einem Empfangsort x von der linken Quelle l¨ anger als von der rechten Quelle, woraus sich das Verz¨ogerungsglied im zweiten Ausdruck in der Klammer erkl¨ art. Da nun B = −e−jkl nochmals eine Zeitverz¨ ogerung herstellt gilt insgesamt
12.2 Reflexion und Absorption
417
Bild 12.9. Schallabstrahlung ins Freie von Schallquellen, die durch zeitverz¨ ogerte Ansteuerung nach links zusammen das Schallfeld p = 0 erzeugen. Der Quellabstand betr¨ agt hier λ/4.
p3,sek = Ap0 [e−jkx − e−j2kl e−jkx ] = Ap0 e−jkx [1 − e−j2kl ].
(12.30)
Die zur Kompensation der prim¨ aren Welle pprim = p0 e−jkx erforderliche komplexe Verst¨ arkung A betr¨ agt also A=−
1 , 1 − e−j2kl
(12.31)
denn dann ist p3,sek = −pprim . Wie man sieht kann diese Verst¨arkung A nicht f¨ ur alle Frequenzen wirklich auch aufgebracht werden; die obige Gleichung verlangt n¨amlich unendlich große Verst¨arkung f¨ ur 2kl = 2nπ oder, in Wellenl¨ angen ausgedr¨ uckt, f¨ ur l = nλ/2 .
(12.32)
Dieser Sachverhalt leuchtet auch unmittelbar ein. Bei den genannten Frequenzen und Wellenl¨ angen sind die beiden sekund¨aren Quellen entweder gerade gegenphasig oder gerade gleichphasig. Deshalb m¨ ussen die Felder links und rechts von ihnen immer dem Betrage nach u bereinstimmen. Wenn also ¨ die sekund¨ aren Quellen zusammen aufgabengem¨aß nach links kein Feld erzeugen, dann senden sie auch nach rechts kein Schallfeld aus. Letzteres dennoch zu Kompensationszwecken zu verlangen, setzt dann eben unendlich große Verst¨ arkungen voraus. Bei Anwendungen w¨ are dann nat¨ urlich wieder die Begrenzung des aktiv auch nutzbaren Frequenzbereiches erforderlich. Im nutzbaren Frequenzband aber liegt es auf der Hand, dass die beschriebene sekund¨ are Quellstruktur tats¨ achlich einen aktiven Absorber bildet. Die von links auf die Lautsprecher zulaufende, einfallende Welle wird nicht reflektiert, weil das Quellenpaar in den Teilraum 1 gar nicht sendet. Die einfallende
418
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
Schallleistung kommt aber auch in Teilraum 3 nicht an, weil hier vollst¨andige Beruhigung hergestellt worden ist. Demnach muss die einfallende Schallenergie - wie eingangs erw¨ ahnt - geschluckt worden sein. Dass dabei die rechte, stromab liegende Schallquelle die Rolle eines Reflektors u ¨bernimmt, w¨ahrend die linke den Absorber bildet, zeigen einfache Betrachtungen. Weil sich vor Reflektoren immer stehende Wellen ausbilden und weil umgekehrt stehende Wellen einen Indikator f¨ ur Reflektoren darstellen, muss die linke Quelle einen Absorber bilden. Die Rolle der rechten Quelle als Reflektor ergibt sich dann aus dem Gesamt-Wellenfeld im Teilraum 2 zwischen den Quellen. Hier ist p2 = p0 [e−jkx + Aejkx + ABe−jk(x+l) ] = p0 [e−jkx + A(ejkx − e−jk(x+2l) )]. (12.33) Nach einsetzen von A erh¨ alt man nach kurzer Rechnung p2 = p0
e−jkx − ejkx . 1 − e−j2kl
(12.34)
Das Schallfeld zwischen den beiden sekund¨ aren Quellen besteht also aus einer stehenden Welle, die durch schallweiche Reflexion am rechten Lautsprecher mit dem Resultat p2 (x = 0) = 0 entstanden ist.
12.3 Aktive Stabilisierung selbsterregter Schwingungen Unter bestimmten Voraussetzungen l¨ asst sich auch mit elektroakustischen Quellen in den Schallentstehungs-Mechanismus selbst eingreifen. Diese M¨oglichkeit besteht f¨ ur selbsterregte, angefachte Schwingungen. Sie k¨onnen nicht nur in der Gr¨ oße verringert, sondern sogar ganz zum Erliegen gebracht werden. Sich selbst anfachende Schwingungen existieren in großer Zahl und Mannigfaltigkeit. Zu den selbsterregten, angefachten Quellen z¨ahlen alle geblasenen oder gestrichenen Musikinstrumente, wie Fl¨ote, Klarinette, Saxophon und Fagott und Geige, Cello und Kontrabass. Auch viele str¨omungsindu¨ zierte Selbsterregungen wie z.B. das Uberblasen einer Flasche (HelmholtzResonator) oder umstr¨ omte Tragfl¨ achen oder Bauwerke wie Schornsteine, Br¨ ucken oder Leitungen z¨ ahlen zur Klasse der Anfachvorg¨ange. Die wesentlichen Eigenschaften von selbsterregten Schwingungen lassen sich vielleicht am besten durch ein Beispiel aus dem Bereich der aerodynamisch erzeugten Selbsterregungen erkl¨ aren. Bei einem umstr¨omten Gegenstand umschließen - wie in den Bildern 12.10 und 12.11 angedeutet die Str¨ omungslinien den K¨ orper. Bei einer symmetrischen Struktur sind die Str¨ omungslinien oberhalb und unterhalb gleich dicht. Nach dem BernoulliPrinzip entsteht durch die verdichteten Stromlinien ein Unterdruck. Ist der K¨orper in Ruhe, so sind die Unterdr¨ ucke oben und unten gleich groß, die Gesamtkraft bleibt also gleich Null. Das ¨ andert sich, wenn der K¨orper - z.B. als Teil eines Schwingers - bereits selbst eine Geschwindigkeit besitzt. Zeigt diese
12.3 Aktive Stabilisierung selbsterregter Schwingungen
419
v=0
Bild 12.10. Anstr¨ omung eines ruhenden K¨ orpers (Prinzipbild)
v
Bild 12.11. Anstr¨ omung eines nach oben bewegten K¨ orpers (Prinzipbild)
wie in Bild 12.11 nach oben, dann verdichten sich die Stromlinien oben mehr als unten, der K¨ orper wird dann nach oben gesogen. Zeigt die Geschwindigkeit nach unten, dann ist auch die Gesamtkraft nach unten gerichtet. Immer also zeigen die ¨ außeren, durch die Aerodynamik hergestellten Kr¨afte in die gleiche Richtung wie die K¨ orpergeschwindigkeit. Es sei nun angenommen, dass der umstr¨ omte K¨orper noch federnd befestigt sei, zum Beispiel am Ende eines Stabes, wie Bild 12.12 das andeutet. Die mechanische Struktur wirkt im Kern wie ein einfacher Schwinger, der K¨orper bildet die Masse m, der elastisch verformbare Stab stellt die Federsteife s dar. Angenommen, es sei eine kleine (z.B. durch Zuf¨alligkeiten erzeugte) Schwingung bereits vorhanden. Immer dann, wenn das Profil am Stabende die Ruhelage (mit dann maximaler Geschwindigkeit) passiert, erf¨ahrt es eine ¨außere Kraft in Richtung seiner Geschwindigkeit. Es ist, als ob man dem K¨orper im richtigen Augenblick einen Schlag versetzt, der die Schwingung immer wieder aufs Neue unterst¨ utzt. Dadurch wachsen die Amplituden ’wie von selbst’ an. Die daf¨ ur n¨ otige Energie wird aus dem Energiereservoir ’Str¨omung’ entnommen. Die Analogie zu einer Kinderschaukel, der man immer im rechten Augenblick einen Schubs versetzt, ist naheliegend. Die typische Zeitgeschichte des Anfachvorganges ist in Bild 12.13 geschildert. Dass die Amplituden nach dem zun¨ achst einsetzenden Anfachvorgang dann zumeist nicht weiter anwachsen, l¨ asst sich aus einer nichtlinearen Begrenzung erkl¨aren. Beim Beispiel des K¨ orpers in der Str¨ omung w¨ achst ja auch der Widerstand, den er bei seiner Be-
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung Halterung; Wand
420
Schnelle v aerodynamische Kraft F(v)
Stab Messaufnehmer
Profil in Strömung sekundäre Kraft V, φ
komplexe Verstärkung
Schwingerreger
Schnelle v
Bild 12.12. Resonator aus Stab (= federnde Lagerung) und Profil (= Masse) in der Str¨ omung. F¨ ur sp¨ atere Betrachtungen ist auch schon der sekund¨ are Kreis mit eingezeichnet worden.
0
Zeit t
Bild 12.13. Zeitverlauf einer selbsterregten Anfachschwingung
wegung quer zur Str¨ omung erf¨ ahrt. Die hemmende Widerstandskraft w¨achst proportional zu einer h¨ oheren Potenz der Profilschnelle v an, sie kompensiert dann bei gr¨ oßeren Schnellen die aerodynamischen Kr¨afte. Die Schwingung erreicht so einen periodischen Grenzzyklus (der u ¨brigens wegen der Nichtlinearit¨ at nicht mehr streng sinusf¨ ormig ist). Zusammenfassen lassen sich die genannten physikalischen Grund¨ uberlegungen in einer Kennlinie, welche die prinzipielle Abh¨angigkeit der aerodynamischen Kraft F (v) von der Profilschnelle angibt (Bild 12.14). Weil das Pro-
Aerodynamische Kraft F(v)
12.3 Aktive Stabilisierung selbsterregter Schwingungen
421
0
0
Schnelle v
Bild 12.14. Abh¨ angigkeit der aerodynamischen Kraft von der Profil-Schnelle
dukt aus Kraft und Schnelle gleich der dem Stab zugef¨ uhrten Schwingleistung ist, nimmt der Resonator Leistung auf, solange dieses Produkt gr¨oßer als Null ist. Bei kleinen Amplituden f¨ uhrt das zum Anwachsen der Schwingung. Ab einer gewissen (nichtlinearen) Grenze wird der ’Hahn’ der Energiezufuhr dann schließlich zugedreht. Die Kennlinie verl¨ asst den linearen Bereich und nimmt negative Werte an. W¨ ahrend einer kompletten Schwingung wird dann in der Nettobilanz keine Leistung zugef¨ uhrt. Auch durch Gleichungen kann der Vorgang - jedenfalls in seinem linearen Teil - recht einfach beschrieben werden. Die Schwingungsgleichung f¨ ur den Resonator lautet allgemein m
d2 x dx + sx = F (v) + F0 . +r dt2 dt
(12.35)
F0 stellt dabei die kleine, durch Zuf¨ alligkeiten hergestellte Kraft dar (z.B. durch einen vorbei schwimmenden Wirbel erzeugt), die zum Start der Schwingung ben¨ otigt wird. Wie u ¨blich bedeutet m die Masse, s die Steife des Schwingers und r die vorgefundene Reibkonstante, die f¨ ur die D¨ampfung sorgt. Wenn man sich nur f¨ ur den Anfachvorgang selbst interessiert, dann kann man die Abh¨ angigkeit der aerodynamischen Kraft F (v) durch das erste Glied der Taylorentwicklung ersetzen: F (v) raero v.
(12.36)
Im Bereich kleiner Schwingungen zeigen Kraft und Schnelle wie gesagt in die gleiche Richtung. Die Gr¨ oße raero ist also eine reelle Zahl und gr¨oßer als Null. Die Bewegungsgleichung lautet damit
422
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
m
d2 x dx + sx = F0 . + (r − raero ) dt2 dt
(12.37)
Wie man sieht wirkt die aerodynamische Kraft wie ein Reibterm mit negativer D¨ ampfung. Das beschreibt nur nochmals das schon genannte Energieprinzip: Ein negativer Reibkoeffizient steht stellvertretend f¨ ur die Tatsache, dass dem Schwinger Energie von außen zugef¨ uhrt wird. Offensichtlich entsteht die Anfachschwingung, wenn der aerodynamische Koeffizient u ¨berwiegt: instabil: raero > r.
(12.38)
Weil die Selbsterregung von alleine w¨ achst bezeichnet man sie auch als ’instabilen’ Vorgang. Stabilit¨ at ohne Schwingungen herrscht dagegen f¨ ur stabil: raero < r.
(12.39)
Die Anfachung setzt dann gar nicht erst ein, weil die Verluste gr¨oßer sind als die zugef¨ uhrte Energie. Sehr viele Strukturen im allt¨aglichen Leben bilden potenzielle Kandidaten f¨ ur angefachte Schwingungen. Dazu z¨ahlen Bauwerke wie Schornsteine und Br¨ ucken im Wind ebenso wie die Tragfl¨achen von Flugzeugen. Dass sie (fast immer) stabil bleiben, wird nur der Tatsache ausreichend großer D¨ ampfung gedankt. Die physikalischen Einzelheiten der aerodynamischen Kr¨ afte k¨ onnen gewiss ganz anderen und weit komplexeren Gesetzm¨aßigkeiten unterliegen als in den obigen sehr einfachen (laminaren) Vorstellungen angenommen. Dennoch haben alle str¨ omungsinduzierten Selbsterregungen gemeinsam, dass die Schwingenergie durch einen sich selbst regelnden Vorgang der Str¨ omung entnommen wird, und das wirkt wie eine negative D¨ampfung. Auch das Flattern von B¨ andern oder T¨ uchern im Wind, wie u ¨brigens auch die Wind-induzierten Wasserwellen, sind selbsterregte Vorg¨ange, bei denen nur Kr¨ afte und Auslenkungen o ¨rtlich verteilt sind. Aus dem Bereich der Technischen Akustik stellt wohl der schon erw¨ahnte angeblasene Helmholtz-Resonator (wie bei der Flasche bestehend aus einem abgeschlossenen Luftvolumen, das die Steife bildet, und einer Luftmasse in Schlitz oder Flaschenhals, siehe auch Bild 12.15) zu den wichtigsten Beispielen angefachter Schwinger. Die physikalischen Vorg¨ange kann man sich ganz a ¨hnlich vorstellen wie beim Stab mit Profil: Die im Schlitz (oder Flaschenhals) befindliche Luftmasse erf¨ ahrt durch die Str¨ omung eine Kraft nach oben (oder nach unten), wenn ihre Geschwindigkeit ebenfalls nach oben (oder nach unten) zeigt, und diese Kraft ist umso gr¨ oßer, je gr¨ oßer die Geschwindigkeit der Luftmasse ist. Man kann also ohne weiteres wenigstens die Prinzip-Aussage der in Bild 12.14 genannten Kennlinie auch auf die Schallentstehung bei HelmholtzResonatoren anwenden. Die Schallabstrahlung nach außen ist dabei u ¨brigens ein bloßes Nebenprodukt des Anfachvorganges und f¨ ugt diesem lediglich eine geringe D¨ ampfung zu. Im Inneren des Resonators ist der Pegel sehr viel gr¨oßer als in seiner ¨ außeren Umgebung. Die Idee, diesen oder andere Selbsterregungen mit Hilfe von elektroakustischen Quellen zu bed¨ ampfen und damit unter Umst¨anden sogar vollst¨andig zu
12.3 Aktive Stabilisierung selbsterregter Schwingungen
423
beruhigen, ist nun sehr naheliegend. Dass das m¨oglich ist, belegen die in die¨ sem Kapitel abgeleiteten Uberlegungen. Wandler k¨onnen, wie gezeigt, auch als Schlucker mechanischer Energie benutzt werden, und das bewirkt eine elektrisch hergestellte D¨ ampfung der selbsterregten Struktur. Praktisch ließe sich das beim angefachten Stab mit Profil durch einen Schwingerreger machen (Bild 12.12). Damit auch immer wirklich die richtige Schwingfrequenz f¨ ur die sekund¨ are Kraft getroffen wird, besteht die Ansteuerung des Schwingerregers aus einem Messaufnehmer-Signal nach geeigneter Aufbereitung durch Verst¨ arker und Phasenschieber. Beim Helmholtz-Resonator sorgt der vom Mikrophonsignal angesteuerte Lautsprecher f¨ ur die Entnahme von Schallenergie (Bild 12.15). Dabei kann es auf Genauigkeit in der Entnahme der SchwinStrömung U
Schlitz
Mikrofon
Lufthohlraum
Lautsprecher V
Verstärker
φ
Phasenschieber
Bild 12.15. Helmholtz-Resonator, gebildet aus Lufthohlraum (bildet die Steife) und Schlitz (enth¨ alt die schwingende Masse), zusammen mit dem elektroakustischen R¨ uckkopplungspfad aus Mikrophon, Verst¨ arker, Phasenschieber und Lautsprecher zur aktiven Stabilisierung
genergie durch den elektroakustischen Saugkreis gar nicht ankommen. Solange nur die sekund¨ ar hergestellten Verluste gr¨ oßer sind als die von der Selbsterregung zugef¨ uhrte Energie, kommt die Schwingung vollst¨andig zum Erliegen, weil der Anfachprozess dann gar nicht erst einsetzt. Falls Lautsprecher oder Schwingerreger erst im Grenzzyklus eingeschaltet werden, dann klingt die Schwingung - wie jeder ged¨ ampfte Vorgang - aus, je nach insgesamt eingestellten Verlustgr¨ oßen. Dass ’Nachbildegenauigkeiten’ hier fast keine Rolle spielen zeigen auch einfache Berechnungen anhand des Resonatormodells in Gl.(12.35). Diesmal wird lediglich noch die aktiv bereitgestellte Kraft auf der rechten Seite abgezogen (das negative Vorzeichen ist hier beliebig so gew¨ahlt worden, dass 0◦ Phasenverschiebung den besten Fall bedeuten)
424
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
m
d2 x dx + sx = F (v) − Fakt + F0 . +r dt2 dt
(12.40)
Wie oben kann man beide Kr¨ afte f¨ ur kleine Schwingamplituden durch ihre lineare N¨ aherung ersetzen, f¨ ur F (v) durch Gl.(12.36) und f¨ ur Fakt durch Fakt rakt v.
(12.41)
Im Bereich kleiner Amplituden wird dann also (jetzt schon f¨ ur reine T¨one der Kreisfrequenz ω notiert) (jωm +
s + r − raero + rakt )v = F0 . jω
(12.42)
Der Hauptunterschied zu Gl.(12.37) besteht darin, dass zwar r und raero reelle und positive Zahlen sind, die durch Verst¨ arker und Phasenschieber einstellbare Gr¨ oße rakt dagegen ist komplex: rakt = Rakt ejΦ .
(12.43)
worin nat¨ urlich Rakt den Betrag von rakt darstellt. Gl.(12.42) - nach Realund Imagin¨ arteil sortiert - besteht also in ([jωm +
s + jRakt sin(Φ)] + [r − raero + Rakt cos(Φ)])v = F0 . jω
(12.44)
Bekanntlich gibt die Nullstelle des Imagin¨ arteils der Impedanz (denn gerade diese Gr¨ oße ist durch den Klammerausdruck gegeben) den Resonanzfall und damit auch die Resonanzfrequenz an. Letztere ergibt sich also aus ωm −
s + Rakt sin(Φ) = 0. ω
(12.45)
Offensichtlich besitzt die mit dem elektroakustischen R¨ uckkopplungskreis versehene Gesamtsystem je nach Phasenverschiebung und Verst¨arkung eine andere Resonanzfrequenz als die rein mechanische passive Struktur. Durch das Ankoppeln des aktiven Kreises hat man also sozusagen eine neue hybride mechanisch-elektrische Zwitterstruktur geschaffen, deren Eigenschaften eben auch von den mechanischen wie von den elektrischen Parametern abh¨angen. Die Stabilit¨ atseigenschaften des hybriden Schwingers ergeben sich aus dem Vorzeichen des Impedanz-Realteils. Wenn dieser gr¨oßer als Null ist, dann tritt Stabilit¨ at ein. Das ist der Fall f¨ ur Rakt cos(Φ) > raero − r ,
(12.46)
oder, nur durch einen dimensionslosen Ausdruck ersetzt, f¨ ur Rakt /r >
raero /r − 1 . cos(Φ)
(12.47)
12.3 Aktive Stabilisierung selbsterregter Schwingungen
425
10
stabil (Schwingung erlischt)
8
Grenzlinie für r /r = aero 2 3 4 5 6 Rakt/r
6
4
2
instabil (Schwingung wird angefacht) 0 −90
−45
0
Phase Φ in Grad
45
90
Bild 12.16. Stabilit¨ atskarte der aktiv hergestellten Beruhigung
Ist Gl.(12.47) nicht erf¨ ullt, dann herrscht Instabilit¨at mit dem selbstanwachsenden Vorgang. Die Grenze zwischen stabilem und instabilem Gebiet in der (Rakt /r, Φ)-Ebene gibt die Stabilit¨ atsgrenze an. Die Grenzlinie ist in Bild 12.16 f¨ ur einige Werte von raero /r angegeben. Wie erw¨ahnt kommt es hier auf Fehler nur an, wenn dabei die Stabilit¨ atsgrenze u ¨berschritten wird. Parameter¨ anderungen so, dass diese im stabilen Bereich bleiben, sind unerheblich. Man hat also einen recht großen Bereich von Phasen und Verst¨arkungen zur Verf¨ ugung, um Ruhe herzustellen. Die genannten Effekte und Prinzipien lassen sich im Versuch an einem Helmholtz-Resonator auch nachweisen. Bild 12.17 zeigt zwei der typischen Spektren, die man mit dem in Bild 12.15 skizzierten Aufbau erh¨alt. Wiedergegeben sind die Amplitudenspektren am Mikrophon im Inneren des Resonators. Der Pegel kann hier bis zu 140 dB betragen! Dass sich eine breiter Parameterraum f¨ ur die Verst¨ arkung des elektroakustischen Kreises ergibt, zeigt Bild 12.18. Dargestellt werden hier die erreichten Pegelminderungen f¨ ur die jeweilige Resonanzfrequenz gegen¨ uber dem ausgeschalteten Lautsprecher. Die Amplitudenspektren in Bild 12.17 zeigen die mit den eingestellten Parametern sehr erfolgreiche (und im Versuchsverlauf u ¨brigens auch als sehr angenehm empfundene) aktive D¨ ampfung. Gleichzeitig kann in einem anderen Frequenzbereich durchaus auch eine Anhebung des vorgefundenen, breitbandigen Rauschens auftreten. Parameter, die also f¨ ur die selbsterregte Schwingung ’g¨ unstig’ im Sinne der Stabilisierung sind, k¨onnen also durchaus auf andere Schallanteile nachteilige Wirkungen haben. Insbesondere k¨onnen Probleme auftreten, wenn zwei verschiedene Schwingungsmoden mit unterschiedlichen Resonanzfrequenzen am Selbsterregungsprozess beteiligt sind. Unter
426
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung 150
Schalldruckpegel/dB
140 Lautsprecher aus
130
120 Lautsprecher an 110
100
90 0
100
200
300
400
500
Frequenz/ Hz
Bild 12.17. Amplitudenspektren am innenliegenden Mikrophon 100 90
Pegelminderung ΔL in dB
80
Phase Φ =
70
0
75
900 60 50
1050
40
450
30
0
30
20 10 0 −20
0
15 −15
−10
−5
0
5
Verstärkung der offenen Schleife, dB
Bild 12.18. Pegelminderung in der Resonanzfrequenz
Umst¨ anden kann die erfolgreiche Kontrolle einer Mode zur gleichzeitigen Destabilisierung der anderen f¨ uhren. In den Spektren wird dann ein Gipfel vermindert, w¨ ahrend ein zweiter aus dem Rauschen herausw¨achst.
¨ 12.6 Ubungsaufgaben
427
12.4 Zusammenfassung Aktive Methoden, die das Prinzip der Interferenz gezielt nutzen, eignen sich zur L¨ armbek¨ ampfung vor allem dann, wenn die ¨ortliche und/oder die zeitliche Gestalt des St¨ orschallfelds eine einfache Struktur besitzt. Typische Anwendungsbeispiele sind daher Motorger¨ ausche in kleinen Schutzgebieten, z.B. am Fahrer-Ohr in einem Auto oder im Kopfh¨ orer des Flugzeugpiloten. Dabei kann die aktive Maßnahme sowohl die Reflexion als auch die Absorption des einfallenden Schallfeldes beinhalten. Zur Herstellung großer Pegelminderungen sind sehr hohe Nachbildegenauigkeiten f¨ ur das sekund¨are Feld erforderlich. Wenn beispielsweise die Laufrichtungen nicht bekannt sind oder nicht nachgebildet werden k¨ onnen, dann sind die hervorgebrachten Ger¨auschsenkungen je nach Frequenz ¨ ortlich stark begrenzt. Weil sich elektroakustische Quellen auch als Schallenergie-Senke benutzen lassen, k¨ onnen sie zur Verhinderung angefachter, selbsterregter Schall- oder Schwingprozesse verwendet werden. Die so herbeigef¨ uhrte Stabilisierung des sonst instabilen Vorganges bringt diesen ganz zum Erliegen. Fehler in den Parametern des sekund¨ aren Kreises spielen nur dann eine Rolle, wenn dabei die Grenze des breiten Stabilit¨ atsbereiches u ¨berschritten wird.
12.5 Literaturhinweise ¨ Als sehr informative Ubersichtsarbeit sei das Kapitel ’Aktive Beeinflussung von Schall und Schwingungen’ von J. Scheuren (Kapitel 13 in G. M¨ uller und M. M¨ oser: Taschenbuch der Technischen Akustik. Springer -Verlag, Berlin 2004) empfohlen. Eine ausf¨ uhrliche Darstellung auch der Algorithmen und Regelungsstrategien bietet das Buch von Hansen and Snyder: Active Control of Noise and Vibration, E and FN SPON, London 1997.
¨ 12.6 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 In einem eindimensionalen Wellenleiter - dem schallharten Rohr - liegen zwei gegenl¨ aufige Wellen vor. Man zeige allgemein, dass sich die Gesamtleistung im Rohr zusammensetzt aus der Leistungs-Differenz der in +x-Richtung und in −x-Richtung laufenden Wellen alleine. Alle Leistungen werden dabei in positive x-Richtung gez¨ ahlt, betroffen sind die zeitlichen Mittelwerte (die Wirkleistungen). Aufgabe 2 Ein einzelner, seitlich an einem eindimensionalen Wellenleiter angebrachter Lautsprecher (wie in Bild 12.7 gezeigt) kann zur Schallabsorption benutzt
428
12 Grundlagen der aktiven L¨ armbek¨ ampfung
werden. Wie groß ist der so herstellbare maximale Absorptionsgrad? Wie muss die sekund¨ are Quelle daf¨ ur betrieben werden? Wie groß sind im Optimalfall die Gesamt-Leistungsfl¨ usse (von der sekund¨ aren Quelle aus gesehen) nach rechts, nach links und in die sekund¨ are Quelle hinein? Aufgabe 3 Wie in der folgenden Prinzipskizze gezeigt soll das Schallfeld der prim¨aren Volumenquelle Q0 durch zwei gleich große, jeweils im Abstand h von der prim¨ aren Quelle angeordnete sekund¨ are Volumenquellen mit den Volumenfl¨ ussen −βQ0 aktiv verringert werden. Wie groß ist allgemein die von den drei Quellen zusammen abgestrahlte Schallleistung in Abh¨angigkeit von β (β sei reell) und von kh; man bestimme insbesondere auch den Frequenzgang der Schallleistung, wenn der Netto-Volumenfluss aller drei Quellen zusammen gleich Null ist (β = 1/2). Man berechne außerdem noch den Verst¨arkungsfaktor β f¨ ur den Fall kleinst-m¨ oglicher, von allen drei Schallquellen zusammen abgegebener Leistung. Aufpunkt
z
r1
R -ßQ 0 h
ϑ
r2
Q0 ϕ
h -ßQ 0
Bild 12.19. Anordnung aus prim¨ arer Quelle Q0 und den beiden sekund¨ aren Gegenquellen
13 Eigenschaften und Beschreibung von ¨ Ubertragern
Eigentlich bedarf es wohl kaum noch einer Begr¨ undung daf¨ ur, dass zu einem Buch u ¨ber ’Technische Akustik’ auch ein Kapitel u ¨ber die grunds¨atzlichen ¨ Eigenschaften und die Beschreibung von Ubertragern geh¨ort. Die vorange¨ gangen Kapitel dienten ja der Betrachtung einer F¨ ulle von Ubertragern, seien es Mikrophone, Lautsprecher, Schalld¨ ampfer-Kan¨ale, W¨ande, elastische Lagerungen: alle diese Konstruktionen u ¨bertragen ein zeitliches Anregesignal und ¨ ver¨ andern es dabei. Oft werden Ubertrager auch als ’Systeme’ bezeichnet, deshalb k¨ onnte dieses Kapitel auch ’Grundlagen der Systemtheorie’ heißen. ¨ Allgemein soll hier unter einem Ubertrager (oder einem System) eine jede Einrichtung zu verstehen sein, die aus einem zeitlichen Signal ein zweites, durch irgendeine Verformung aus dem ersten entstandenes, sogenanntes Ausgangssignal macht. Das Anregesignal x(t) wird als ’Eingangssignal’ bezeichnet und ließe sich als ’Ursache’ f¨ ur einen zeitlichen Vorgang ansehen, das Ausgangssignal y(t) k¨ onnte dann wohl auch durch den Begriff ’Wirkung’ gekenn¨ zeichnet werden. Wie man an einem konkreten Ubertrager sinnvoll Eingangssignal x(t) und Ausgangssignal y(t) w¨ ahlt, das h¨angt von den Gegebenheiten, dem Zweck der Betrachtung und durchaus auch von der Wahl des Betrachters ab. Z.B. wird es gewiss sinnvoll sein, bei einem Mikrophon den anregenden Schalldruck-Zeitverlauf als Eingang und die Mikrophon-Spannung als Ausgang aufzufassen; nichts spr¨ ache andererseits dagegen, den Strom-Zeitverlauf im elektrischen Kreis als Ausgang aufzufassen. Will man erst einmal das lokale Geschehen bei einem Lautsprecher betrachten, dann w¨ urde man die Speisespannung als Eingang und die Membranschnelle als Ausgang definieren, ebensogut ließe sich alternativ auch die Membranbeschleunigung verwenden. Interessiert auch noch die Abstrahlung, dann w¨are der Ausgang vern¨ unftigerweise wohl das Schalldrucksignal in einem Punkt. Sollte jedoch aus irgend einem Grund die Luftschall-Schnelle interessieren, dann ließe sich nat¨ urlich auch diese als Ausgang benutzen. Die Operation L soll hinfort die genaue Art und Weise bezeichnen, in ¨ welcher der Ubertrager das Eingangssignal in ein Ausgangssignal verwandelt:
430
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
y(t) = L[x(t)] .
(13.1)
Dabei darf man sich jede beliebige, wohldefinierte Verformung eines ebenso beliebigen Eingangssignals x(t) zu einem Ausgang y(t) vorstellen, die durch L bewirkt wird. Um nur ein Beispiel aus der großen, denkbaren Vielfalt herauszugreifen: ein entsprechendes Filter verformt z.B. ein periodisch wiederholtes Dreiecksignal zu einer Sinusfunktion gleicher Frequenz. ¨ Neben den in diesem Buch in reicher Zahl genannten Ubertragern sei z.B. noch ein Gleichrichter genannt, von denen wir u ¨brigens jeder (mindestens) so viele besitzen, wie wir Ger¨ ate mit Netzanschluss unser eigen nennen. Seine Aufgabe besteht ebenfalls in einer Signalverformung, er macht n¨amlich aus einer Wechselspannung (m¨ oglichst) eine Gleichspannung. Der Quadrierer ist ¨ ein nah verwandter Ubertrager, er wird in Zukunft auch einmal als Beispiel zur Veranschaulichung herangezogen werden, um die im Folgenden erarbeiteten Sachverhalte zu veranschaulichen.
¨ 13.1 Eigenschaften von Ubertragern 13.1.1 Linearit¨ at ¨ Ubertrager k¨ onnen sich linear oder nichtlinear verhalten. Linear werden sol¨ che Systeme genannt, f¨ ur die das Prinzip der ungest¨orten Uberlagerung stets angewendet werden kann, f¨ ur die also bei beliebigen Signalen x1 (t) und x2 (t) und beliebigen Konstanten c1 und c2 L[c1 x1 (t)] + L[c2 x2 (t)] = c1 L[x1 (t)] + c2 L[x2 (t)]
(13.2)
¨ gilt. Die Reaktion des Ubertragers auf eine Linearkombination von Signalen ¨ ist gleich der Summe der Teilreaktionen. Das ’Prinzip der ungest¨orten Uberlagerung’ wird auch als ’Superpositionsprinzip’ bezeichnet. ¨ Fast alle in diesem Buch genannten Ubertrager verhalten sich linear, solange die Eingangssignale eine gewisse, von Fall zu Fall unterschiedliche Grenze nicht u ubertragung unter (etwa) ¨berschreiten. Z.B. ist die Luftschall¨ 130 dB faktisch linear. F¨ ur sehr große Pegel oberhalb von 140 dB allerdings wird auch die Schallausbreitung in Luft zu einem nichtlinearen Ph¨anomen. Auch die elektroakustischen Wandler sind bei ausreichend kleinen Anregegr¨ oßen linear. Nur bei den h¨ ochsten empfangenen Schalldr¨ ucken weisen Mikrophone Nichtlinearit¨ aten auf. Etwas h¨ aufiger treten Nichtlinearit¨aten bei Lautsprechern dann auf, wenn ihre Eingangsspannung vor allem bei preiswerteren Exemplaren zwecks großer Lautst¨ arke-Ausbeute u ¨bertrieben eingestellt wird. Ein einfaches, dabei vielleicht ein wenig konstruiert wirkendes Beispiel f¨ ur ¨ einen nichtlinearen Ubertrager besteht im Quadrierer y(t) = x2 (t). Schon dieses Beispiel zeigt, dass nichtlineare Systeme die Signalfrequenz eines harmonischen Eingangssignals ver¨ andern. F¨ ur x(t) = x0 cos ωt ist
¨ 13.1 Eigenschaften von Ubertragern
431
x20 (1 + cos 2ωt) . (13.3) 2 Das Ausgangssignal enth¨ alt also einen Gleichanteil und einen Anteil mit der doppelten Frequenz des Einganges. Darin besteht allgemeiner die Konsequenz aus einer Nichtlinearit¨ at: zu einer Eingangsfrequenz entstehen im Ausgangssignal neue, zus¨ atzliche Frequenzen. Obwohl das sehr oft der Fall ist, m¨ ussen diese neuen Frequenzen nicht immer - wie beim Quadrierer - Vielfache der Eingangsfrequenz sein; es k¨ onnen z.B. durchaus auch Frequenz-Halbierungen und allgemeine, gebrochene Frequenzverh¨ altnisse auftreten. ¨ Wie oben schon angedeutet ist der Ubergang zwischen dem linearen und ¨ dem nichtlinearen Bereich eines Ubertragers in Wahrheit fließend. Deshalb werden Maßzahlen f¨ ur den Nichtlinearit¨ atsgrad angegeben. Am bekanntesten ist der sogenannte Klirrfaktor (er besteht in der Summe der AusgangsAmplituden der nicht im Eingang enthaltenen Frequenzen geteilt durch die ¨ Ausgangs-Amplitude mit der Eingangsfrequenz). Statt einen Ubertrager mit dem Beiwort ’linear’ zu charakterisieren, w¨ are die Angabe des Klirrfaktors als Funktion der Eingangsamplitude und der Frequenz pr¨aziser. Dieser ist allerdings oft unmessbar klein, wie zum Beispiel bei der Luftschall¨ ubertragung unter 100 dB (und in vielen anderen, in diesem Buch besprochenen F¨allen). Benutzer von heute aus der Mode gekommenen Tonbandger¨aten werden sich an das Aussteuern vor Aufnahmen erinnern. Damit ist in Wahrheit der Klirrfaktor auf (etwa) 0,03 begrenzt worden. y(t) = x2 (t) = x20 cos2 ωt =
13.1.2 Zeitinvarianz ¨ Zeitinvariant wird ein Ubertrager dann genannt, wenn die Systemreaktion L[x(t)] bei beliebiger Zeitverz¨ ogerung τ des Einganges ebenfalls nur um τ verz¨ ogert wird. F¨ ur beliebige x(t) und τ soll also y(t − τ ) = L[x(t − τ )]
(13.4)
gelten, wobei nat¨ urlich f¨ ur die unverz¨ ogerten Varianten y(t) = L[x(t)] vorausgesetzt worden ist. ¨ die in diesem Buch besprochen worden sind, verhalten Fast alle Ubertrager, sich nicht nur linear, sie sind u ¨berdies auch noch als zeitinvariant angenommen worden. Zeitvariante Systeme sind solche, deren Parameter sich nach einer gewissen Zeit merklich ver¨ andert haben. Z.B. kann sich in einem Saal w¨ahrend einer Darbietung die Temperatur und damit auch die Schallgeschwindigkeit andern, streng genommen handelt es sich also bei der Schallausbreitung im ¨ ¨ Raum um eine zeitvariante Ubertragung. Andererseits erfolgt die Erw¨armung oft so langsam, dass man in kleinen, nur wenige Minuten betragenden Zeitintervallen, die beispielsweise f¨ ur Messungen vorgesehen sind, von Zeitinvarianz ausgehen kann. Das einzige in diesem Buch besprochene wirklich zeitvariante System besteht in der Schall¨ ubertragung, bei der Sender und Empf¨anger relativ zu einander bewegt werden (siehe den Abschnitt zur Schallausbreitung im bewegten
432
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
Medium), denn hier ¨ andert sich die Laufzeit zwischen Quellort und Mikrophonort selbst zeitlich. Der dabei auftretende Effekt besteht in der DopplerVerschiebung der Signalfrequenz. Nicht nur nichtlineare, sonder offensichtlich auch zeitvariante Systeme ¨ andern demnach die Frequenz des Eingangssignals, ¨ bei der Ubertragung findet eine Frequenzver¨ anderung statt. Andererseits scheint die Erfahrung zu zeigen, dass lineare und zeitinva¨ riante Ubertrager frequenztreu sind. Besteht der Signaleingang eines linearen und zeitinvarianten Systems aus einem harmonischen Signal (also einer Cosinus-Funktion) einer gewissen Frequenz, dann bildet der Ausgang ebenfalls ein harmonisches Signal gleicher Frequenz, das dabei nur eine andere Amplitude und eine andere Phase als der Eingang besitzen kann. Alle in diesem Buch besprochenen Beispiele weisen auf dieses Prinzip hin. Tats¨achlich l¨asst sich allgemein zeigen, dass das Gesetz der Frequenztreue f¨ ur alle linearen und ¨ zeitinvarianten Ubertrager gilt; der Beweis wird im u ¨bern¨achsten Abschnitt gef¨ uhrt werden.
13.2 Beschreibung durch die Impulsantwort Am einfachsten beschreibt man die Wirkung eines inhomogenen Ganzen, indem man es gedanklich in viele (im Grenzfall: in unendlich viele) nicht mehr zerkleinerbare Bestandteile zerlegt und die Wirkung der Bestandteile f¨ ur sich betrachtet. So verf¨ ahrt man zum Beispiel, wenn das Schwerefeld eines inhomogenen K¨ orpers interessiert. Man zerlegt ihn in (infinitesimal) kleine W¨ urfel mit konstanter Dichte. F¨ ur jeden W¨ urfel kann man dann das Schwerefeld bestimmen; das Ganze ist dann die Summe der Teile (das l¨auft auf die Berechnung eines Integrals hinaus). ¨ Genauso kann man auch bei der Ubertragungs-Beschreibung verfahren. Man zerlegt das Eingangssignal in nicht mehr verkleinerbare Teile, betrachtet ¨ dann die Ubertragung dieser Teile und setzt dann das Ausgangssignal durch Summation zusammen, wobei im letzten Schritt die vorausgesetzte Linearit¨at und Zeitinvarianz genutzt werden. Aus Gr¨ unden der Anschaulichkeit erfolgt die Zerlegung zun¨achst in endlich breite Bausteine, die beliebig schmalen gehen dann als Grenzfall aus den endlich breiten hervor. Zuerst muss der Baustein selbst definiert werden. Bei endlicher Breite besteht er in der in Bild 13.1 gezeigten Rechteckfunktion rΔT (t), deren Funktionswert 1/ΔT im Intervall −ΔT /2 < t < ΔT /2 betr¨agt, außerhalb dieses Intervalls ist rΔT (t) = 0. Das Integral u ¨ber rΔT (t) ist demnach unabh¨ angig von ΔT gleich 1, solange nur der Integrationsbereich das Intervall −ΔT /2 < t < ΔT /2 ganz enth¨ alt (a, b > ΔT /2): b rΔT (t)dt = 1. −a
(13.5)
13.2 Beschreibung durch die Impulsantwort
433
Die Zerlegung des Eingangssignals x(t) in eine aus gegeneinander verschobenen Bausteinen bestehende Reihe in eine Treppenfunktion ergibt die N¨aherungsfunktion ∞ x(nΔT )rΔT (t − nΔT ) (13.6) xΔT (t) = n=−∞
(siehe Bild 13.2), die nat¨ urlich bei endlichem ΔT die Originalfunktion x(t) nur unbefriedigend nachbildet; erst der Grenz¨ ubergang ΔT → 0 kann f¨ ur eine exakte Nachbildung sorgen, erst dann sind wirklich auch ’nicht zerkleinerbare’ Bausteine definiert worden.
rΔ T(t)
rΔ T
ΔT
1/Δ T
t
Bild 13.1. Rechteckfunktion rΔT (t)
Wenn es sich - wie vorausgesetzt - um einen linearen und zeitinvarianten ¨ ¨ Ubertrager handelt, dann kann die Ubertragung von xΔT (t) einfach berechnet werden, wenn bekannt ist, wie das System auf eine einzelne Rechteckfunktion rΔT (t) reagiert. Diese Information wird nun als gegeben vorausgesetzt, es ist also (13.7) hΔT (t) = L[rΔT (t)] bekannt. Wegen der Linearit¨ at und der Zeitinvarianz gilt dann
yΔT (t) = L[
∞
x(nΔT )rΔT (t − nΔT )] =
n=−∞
∞
x(nΔT )L[rΔT (t − nΔT )]
n=−∞
=
∞ n=−∞
x(nΔT )hΔT (t − nΔT )
(13.8)
434
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
xΔT(t)
Signal
x(t)
0
Zeit t
Bild 13.2. Originalsignal x(t) und Nachbildung durch Treppenfunktion xΔT (t)
f¨ ur die Systemantwort auf den Eingang xΔT (t). Beim Grenz¨ ubergang ΔT → 0 geht die Rechteckfunktion in die (unendlich schmale) Diracsche Delta-Funktion u ¨ber: lim rΔT (t) = δ(t)
ΔT →0
(13.9)
die nur in t = 0 einen von Null verschiedenen (unendlich großen) Funktionswert besitzt. Diese Deltafunktion erf¨ ullt ihren Zweck, nicht weiter zerkleinerbar zu sein. Das Integral u ¨ber die Deltafunktion existiert und ist gleich 1 (a, b > 0): b δ(t)dt = 1. (13.10) −a
Wegen ihres etwas ungew¨ ohnlichen Aussehens wird die Delta-Funktion auch als Sonderfunktion bezeichnet. Mit kleiner werdendem ΔT r¨ ucken die einzelnen Rechteckfunktionen rΔT (t− nΔT ) immer n¨ aher zueinander, ihre Dichte wird immer gr¨oßer. Im Grenzfall ΔT → 0 liegen die Bestandteile rΔT (t − nΔT ) beliebig nahe beieinander, deshalb geht die diskrete Verz¨ ogerungszeit nΔT in die kontinuierliche Variable τ u ur yΔT (t) wird eine ¨ber: nΔT → τ . Aus der Summation in der Gleichung f¨ Integration, aus dem diskreten Abstand ΔT zwischen zwei Rechteckfunktionen wird das infinitesimal kleine Element dτ . Damit ergibt sich also f¨ ur die exakte Beschreibung des Systemausganges
13.2 Beschreibung durch die Impulsantwort
435
∞ x(τ )h(t − τ )dτ .
y(t) =
(13.11)
−∞
¨ Darin ist h(t) offensichtlich die Antwort des Ubertragers auf den Deltaf¨ ormigen Eingang, es ist ja h(t) = lim hΔT (t) = lim L[rΔT (t)] = L[ lim rΔT (t)] = L[δ(t)] (13.12) ΔT →0
ΔT →0
ΔT →0
Die Systemantwort h(t) auf den Delta-Impuls am Eingang wird als Impulsantwort bezeichnet. Das Integral auf der rechten Seite von Gl.(13.11) wird Faltungsintegral genannt, weil in h(t − τ ) die Integrationsvariable mit negativem Vorzeichen auftritt: auf einem (nicht gegenst¨ andlichen) Blatt aufgezeichnet ergibt sich der Funktionsverlauf h(t − τ ) u ¨ber τ aus h(τ ) durch Falten des Blattes an der Stelle τ = t und Umknicken des Blattes um 180◦ . Die Namensgebung kn¨ upft an dieser geometrischen Vorstellung an und verweist dabei nicht auf die eigentliche Substanz der Betrachtungen: diese besteht in der Zerlegung des Eingangssignals in die (unzerkleinerbaren) Delta-f¨ormigen Bestandteile ∞ x(τ )δ(t − τ )dτ ,
x(t) =
(13.13)
−∞
¨ aus der sich der Ubertrager-Ausgang wie oben gezeigt berechnen l¨asst. Die Operation auf der rechten Seite von Gl.(13.11), die auf Eingangssignal x(t) und Impulsantwort h(t) angewandt wird, heißt ’Faltung’. Das Ausgangs¨ signal eines linearen und zeitinvarianten Ubertragers ist gleich der Faltung aus Impulsantwort und Eingangssignal. Dabei k¨ onnen Eingangssignal und Impulsantwort miteinander vertauscht werden, d.h. es gilt ∞
∞ x(τ )h(t − τ )dτ =
y(t) = −∞
h(τ )x(t − τ )dτ ,
(13.14)
−∞
wie man leicht mit einer Variablensubstitution in Gl.(13.11) zeigen kann (man setzt dazu u = t − τ und deshalb du = −dτ und schreibt anschließend f¨ ur u einfach wieder τ ). Die Faltung ist also invariant gegen¨ uber der Vertauschung ¨ der Signale, auf der sie angewandt wird. Bei einem Ubertrager k¨onnen demnach Eingangssignal und Impulsantwort vertauscht werden, ohne dass sich der Ausgang dabei ¨ andert. ¨ Der Kern der geschilderten Uberlegungen besteht in der Zerlegung von Signalen in nicht mehr dichter packbare Delta-Impulse, die deshalb beliebig schmal sein m¨ ussen. Damit ihr Integral von Null verschieden ist muss der Funktionswert notwendigerweise im Mittelpunkt unendlich groß sein. Dieser Gedankengang kann mit der bekannten Reihenzerlegung von gegebenen
436
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
Funktionen verglichen werden, nur dass hier die Integration u ¨ber unendlich schmale Teile an die Stelle der Summation u ¨ber diskrete Elemente tritt. Der Zweck der Darstellung von Signalen durch ihren Delta-Kamm (so ließe sich ¨ Gl.(13.13) auch bezeichnen) besteht darin, dass nun der Ubertrager-Ausgang aus dem derart zerlegten Eingang unmittelbar berechnet werden kann. Das ist nat¨ urlich auch direkt aus der Zerlegung (13.13) ohne den Umweg u ¨ber die aus didaktischen Gr¨ unden an den Anfang gestellte Zerlegung in eine Treppenfunktion m¨ oglich: ∞ x(τ )δ(t − τ )dτ ] . (13.15) y(t) = L[ −∞
Wegen der vorausgesetzten Linearit¨ at darf die Reihenfolge von Integration und Operation L vertauscht werden: ∞
∞ L[x(τ )δ(t − τ )]dτ =
y(t) = −∞
x(τ )L[δ(t − τ )]dτ .
(13.16)
−∞
Auf Grund der angenommen Zeitinvarianz wird daraus nat¨ urlich ebenfalls wieder ∞ x(τ )h(t − τ )dτ . y(t) = −∞
¨ Faltungsintegral und Impulsantwort h(t) beschreiben die Ubertragung im Zeitbereich, indem die Wirkungen vieler gegeneinander verschobener Eingangsimpulse auf der Ausgangsseite aufaddiert werden. Der Hauptnachteil dieser Methode besteht oft in einer gewissen Unanschaulichkeit der Impuls¨ antwort zur Charakterisierung der Ubertragung. Z.B. ist die in einem Empfangsraum ankommende Reaktion auf einen Knall im Senderaum, der durch eine einschalige (d¨ unne) Wand u ¨bertragen worden ist, eine Art von ’verl¨angertem’ Impuls; tats¨ achlich besteht die Impulsantwort in einer sehr rasch abklingenden Exponentialfunktion (h(t) ∼ e−t/T mit T = m /c f¨ ur den senkrechten Schalleinfall und f¨ ur t ≥ 0, f¨ ur t < 0 ist nat¨ urlich h(t) = 0, f¨ ur die Bezeichnungen siehe auch Kapitel 8). Obwohl daraus die Schall¨ ubertragung gewiss korrekt berechnet werden kann, l¨ asst sich doch der Impulsantwort nur sehr schwer eine anschauliche, leicht einpr¨ agsame Deutung des physikalischen Ph¨ anomens entnehmen. ¨ Die Beschreibung der Ubertragung mit Hilfe von Frequenzg¨angen, die in den folgenden Abschnitten betrachtet wird, bietet dagegen ein unmittelbar einleuchtendes und eing¨ angiges Konzept, in dessen Zentrum die Klang¨ verf¨ arbung von Signalen durch die Ubertragung steht.
13.4 Fourier-Zerlegung
437
13.3 Das Invarianz-Prinzip Schon im vorletzten Abschnitt ist die Vermutung aufgestellt worden, dass ¨ lineare und zeitinvariante Ubertrager ein harmonisches (sinusf¨ormiges) Eingangssignal stets unverzerrt u ¨bertragen: Das Ausgangssignal besteht ebenfalls stets in einem harmonischen Signal gleicher Frequenz, lediglich Amplitude und ¨ Phase werden durch den Ubertrager ge¨ andert, die Signalgestalt selbst ist also ¨ invariant gegen¨ uber der Ubertragung. Dass dieses vermutete Prinzip tats¨ achlich allgemein gilt, l¨asst sich mit Hilfe des Faltungsintegrales (13.14) zeigen. Dazu wird ein Eingangssignal x(t) = Re{x0 ejωt }
(13.17)
mit der komplexen Amplitude x0 angenommen. Der zugeh¨orige Ausgang ergibt sich nach Gl.(13.14) zu ∞
∞ jω(t−τ )
y(t) =
h(τ )Re{x0 e
}dτ = Re{x0 e
jωt
−∞
h(τ )e−jωτ dτ } .
(13.18)
−∞
Das letzte Integral h¨ angt nur von der Signalfrequenz ω ab, es ist dabei insbesondere von t unabh¨ angig. Setzt man zun¨ achst kurz ∞
h(τ )e−jωτ dτ ,
(13.19)
y(t) = Re{H(ω)x0 ejωt } ,
(13.20)
H(ω) = −∞
so erh¨ alt man und das beweist die aufgestellte Behauptung: ist der Eingang harmonisch mit der Frequenz ω, dann ist auch der Ausgang harmonisch mit der gleichen ¨ Frequenz. Die Ubertragung wird vollst¨ andig beschrieben durch Angabe der Amplituden¨ anderung |H| und der Phasenverschiebung ϕ, die im komplexen ¨ Ubertragungsfaktor H(ω) = |H|ejϕ (13.21) zusammengefasst sind.
13.4 Fourier-Zerlegung ¨ Es ist eine bestechend einfache und recht naheliegende Idee, die Ubertragung von allgemeinen Signalen beliebiger anderer Form auf die von harmonischen Signalverl¨ aufen zur¨ uckzuf¨ uhren. Dazu muss ein gegebener Signalverlauf, z.B. der Eingang x(t) eines Systems, durch eine Funktionenreihe der Form x(t) = xn ejωn t (13.22) n
438
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
dargestellt werden. Ist das erst einmal geschafft (das heißt, sind die erforderlichen Frequenzen ωn und die dazugeh¨ origen komplexen Amplituden xn ¨ ermittelt), dann gestaltet sich die Beschreibung von Ubertragungsvorg¨ angen sehr einfach. Es muss sich n¨ amlich auf Grund des Invarianzprinzips (und der daf¨ ur ja schon vorausgesetzten Linearit¨ at) der Ausgang stets aus den gleichen Frequenzen wie der Eingang zusammensetzen, wobei nur die Einzelamplituden ¨ durch die Ubertragung ge¨ andert werden k¨ onnen: H(ωn )xn ejωn t (13.23) y(t) = n
Je nach Eingangssignal treten andere Frequenzen mit anderen Amplituden auf, die ja gerade f¨ ur das spezielle Signal charakteristisch sind. Sollen alle ¨ M¨ oglichkeiten erfasst werden, dann muss der komplexwertige Ubertragungsfaktor H nun f¨ ur alle Frequenzen bekannt sein. Eine vollst¨andige Beschrei¨ bung der Ubertragung erh¨ alt man also aus dem Frequenzgang H(ω). Um anzudeuten, dass dabei die Frequenz als kontinuierliche Variable aufzufassen ¨ ist, wird H(ω) als Ubertragungsfunktion bezeichnet. Die Beschreibung der ¨ ¨ Ubertragung durch den Frequenzgang der Ubertragungsfunktion l¨asst eine recht anschauliche Interpretation zu. Wenn man sich den Eingang in Frequenzen - bildlich gesprochen in Klangfarben - zerlegt denkt, dann kann die ¨ Ubertragung als eine reine Verf¨ arbung aufgefasst werden. Ein u ¨ber eine Wand u ¨bertragenes Schallsignal z.B. klingt im Empfangsraum leiser und dumpfer, ¨ weil die Ubertragungsfunktion bei hohen Frequenzen klein wird. ¨ Voraussetzung f¨ ur dieses Konzept, Ubertragungen als Klangverf¨arbungen aufzufassen, ist, dass beliebige Signale durch eine Funktionenreihe mit harmonischen Bestandteilen tats¨ achlich auch dargestellt werden k¨onnen, wie Gl.(13.22) fordert. Die folgenden Abschnitte sind den Einzelheiten dieser meist auch als Fourier-Zerlegung bezeichneten Dekomposition gegebener Signale und der Frage ihrer Existenz gewidmet. Dabei sei nochmals die Ausgangsidee hervorgehoben. In Gl.(13.22) wird der Versuch unternommen, ein gegebenes, bekanntes Signal x(t) durch eine Funktionenreihe auszudr¨ ucken. Die Elemente der Funktionenreihe bestehen dabei in harmonischen, sinusf¨ormigen Signalen mit (vielen) unterschiedlichen Frequenzen. Der Grund f¨ ur die Darstellung von etwas ja eigentlich schon Bekanntem ’mit anderen Mitteln’ besteht einfach ¨ darin, dass sich dann - unter Anwendung des Invarianzprinzips - Ubertragungen mit einfachen und anschaulichen Mitteln beschreiben lassen. 13.4.1 Fourier-Reihen Die Betrachtungen zur Fourier-Zerlegung beginnen mit dem einfachsten Fall, bei dem die zu zerlegende Funktion selbst mit der Periode T periodisch ist. Der Vorteil bei dieser Annahme besteht darin, dass von vornherein feststeht, welche Frequenzen vorkommen k¨ onnen: die in Gl.(13.22) noch nicht n¨aher
13.4 Fourier-Zerlegung
439
spezifizierten Frequenzen ωi sind von Anfang an bekannt. Die in Gl.(13.22) auftretenden Bausteine besitzen allgemein die Perioden Tn ωn =
2π . Tn
(13.24)
In einer Reihenentwicklung f¨ ur eine periodische Funktion T d¨ urfen nur Bausteine auftreten, deren Periodendauern Tn ganzzahlig in T enthalten sind. F¨ ur die Perioden der Bestandteile, die u ¨berhaupt vorkommen k¨onnen, gilt also Tn =
T . n
(13.25)
Es wird nun eine ’Modellfunktion’ definiert, die - so will es die Aufgabenstellung - nur aus den Bestandteilen zusammengesetzt ist, in die zerlegt werden soll. Es wird also xM (t) =
N
t
An ej2πn T
(13.26)
n=−N
definiert. Wie man sieht, sind hier zun¨ achst jeweils N positive und N negative Frequenzen ωn zugelassen worden Man bedenke dabei, dass es sich hier um eine mathematische und nicht um eine physikalische Formulierung handelt. Eine negative Frequenz im Sinne eines Zahlenwertes ωn < 0 bildet nat¨ urlich eine sinnvolle Gr¨ oße, auch wenn die Frequenz eines periodischen Vorganges im Sinne von ’Anzahl pro Sekunde’ ebenso nat¨ urlich eine positive Zahl darstellt. ¨ Ubrig bleibt nun nur die Aufgabe, die Koeffizienten An so zu bestimmen, dass sich Modellfunktion xM (t) und gegebenes Signal x(t) m¨oglichst nicht unterscheiden. Wird das (ideal und damit fehlerfrei) erreicht, dann ist damit auch die beabsichtigte Reihenentwicklung vorgenommen worden; Modell und Original sind dann gleich. Es gibt (mindestens) zwei unterschiedliche Verfahren, mit denen die unbekannten Amplituden An so aus dem gegebenen Signal x(t) bestimmt werden, dass sich ein ’kleiner’, mit wachsendem N immer mehr abnehmender Fehler f¨ ur xM (t) ergibt. Meist wird dazu die mittlere quadratische Abweichung E E=
1 T
T |x(t) − xM (t)|2 dt
(13.27)
0
minimiert. Dieses Verfahren wird als ’Methode des kleinsten Fehler-Quadrates’ (kurz auch einfach mit ’least squares’) bezeichnet. Auf diese – etwas unanschaulichere – Vorgehensweise wird hier nicht eingegangen, sie ist in vielen Werken geschildert, in denen die Fouriersummen betrachtet werden. Zun¨achst sei hier das viel anschaulichere Verfahren vorgestellt, bei dem die unbekannten Amplituden An so bestimmt werden, dass Modell xM (t) und Original x(t) in 2N + 1 gleichabst¨ andigen Zeitpunkten u ¨bereinstimmen. Die Koeffizienten An werden also im Folgenden so berechnet, dass
440
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
xM (iΔt) = x(iΔt)
(13.28)
f¨ ur i = 0, 1, 2, 3, ...2N gilt. Dabei betr¨ agt das Inkrement Δt Δt =
T . 2N + 1
(13.29)
Bild 13.3 versucht das Verfahren anhand einer Grafik zu illustrieren.
Signal x(t)
Stützstellen
0
1
t/T
Bild 13.3. Anpassung von xM (t) an x(t) in den St¨ utzstellen t = iΔt, in denen xM (iΔt) = x(iΔt) gesetzt wird.
Die 2N + 1 Bedingungsgleichungen (13.28) liefern jetzt aus der Modelldefinition (13.26) das Gleichungssystem f¨ ur die gesuchten Koeffizienten: N
ni
An ej2π 2N +1 = x(iΔt) .
(13.30)
n=−N
Wie gesagt gibt Gl.(13.30) das Gleichungssystem zur Bestimmung der gesuchten Koeffizienten An an. Durch Einsetzen von i = 0, 1, 2, 3, ..., 2N entstehen aus (13.30) 2N + 1 Gleichungen. Dieses Gleichungssystem kann nun leicht nach einer (beliebig gew¨ahlten) ost werden. Dazu wird die i-te Gleichung des Unbekannten Am wie folgt aufgel¨ mi Systems (13.30) mit e−j2π 2N +1 multipliziert, das ergibt zun¨achst
13.4 Fourier-Zerlegung N
An ej2π
(n−m)i 2N +1
= x(iΔt)e−j2π 2N +1 . mi
441
(13.31)
n=−N
Anschließend werden alle 2N + 1 Gleichungen dieses Gleichungssystems aufaddiert: 2N 2N N (n−m)i mi An ej2π 2N +1 = x(iΔt)e−j2π 2N +1 . (13.32) i=0 n=−N
i=0
Die Umkehrung der Summationen-Reihenfolge links ergibt N
An
n=−N
2N
ej2π
(n−m)i 2N +1
i=0
=
2N
x(iΔt)e−j2π 2N +1 . mi
(13.33)
i=0
Die innere Summe auf der linken Seite bildet eine geometrische Reihe mit 2N
ej2π
(n−m)i 2N +1
=0,
(13.34)
1 = 1 + 1 + 1 + ... = 2N + 1 ,
(13.35)
i=0
wenn n − m = 0 gilt. F¨ ur n = m ist 2N i=0
j2π
e
(n−m)i 2N +1
=
2N i=0
Alle Elemente in der Summe mit dem Laufindex n auf der linken Seite von (13.33) sind deshalb gleich Null, mit Ausnahme nur des einzigen Summanden mit n = m. Demnach wird also (13.33) mit den ausgef¨ uhrten Rechenoperaur tionen tats¨ achlich wie beabsichtigt nach der Unbekannten Am aufgel¨ost, f¨ die 2N mi 1 Am = x(iΔt)e−j2π 2N +1 . (13.36) 2N + 1 i=0 gilt. Gl.(13.36) gibt die Aufl¨ osung des Gleichungssystems (13.30) nach der speziell ausgew¨ ahlten Unbekannten Am an. Weil es v¨ollig gleichg¨ ultig ist, welche ur alle spezielle Unbekannte Am dabei ausgesucht worden ist, gilt Gl.(13.36) f¨ Unbekannten Am . Alle Amplituden An der Modellfunktion Gl.(13.26) sind damit aus dem Originalsignal x(t) berechnet. Von einem grunds¨ atzlichen Standpunkt aus ist damit gezeigt worden, dass ein gegebenes Signal in einer endlichen, aber beliebig hohen Anzahl von Punkten durch die Funktionenreihe (13.26) exakt nachgebildet werden kann. Die Aufgabenstellung ist demnach sinnvoll und l¨ osbar (und das gilt ja keineswegs f¨ ur jede andere denkbare Aufgabenstellung). Wie gut - oder schlecht - ein gegebenes Signal x(t) nun durch sein Modell xM (t) nachgebildet wird, das zeigen zun¨ achst durchgerechnete Beispiele. Die Bilder 13.4 bis 13.6 demonstrieren anhand eines als Beispiel gew¨ahlten Signals aus drei aneinander gesetzten Geradenst¨ ucken den Vergleich von Original x(t)
442
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern 1 0.9 0.8
x(t) 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3
x (t) M 0.2 0.1 0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
t/T
Bild 13.4. Nachbildung eines abknickenden Signals mit N =8. Wiedergegeben ist nur eine Periode der periodischen Signale x und xM . 1 0.9 0.8
x(t) 0.7 0.6 0.5 0.4 0.3
x (t) M 0.2 0.1 0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
t/T
Bild 13.5. Nachbildung eines abknickenden Signals mit N =16. Wiedergegeben ist nur eine Periode der periodischen Signale x und xM .
und Nachbildung xM (t) f¨ ur N = 8, N = 16 und N = 32. Wie man sieht ist die Nachbildung mit nur 17 Punkten (N=8) bereits recht gut; f¨ ur 65 Punkte (M=32) liegen die Unterschiede zwischen x und xM bereits in der Gr¨oßenordnung der Strichbreite in der grafischen Darstellung; Unterschiede sind kaum
13.4 Fourier-Zerlegung
443
1 0.9 0.8 0.7 0.6
x(t)
0.5 0.4 0.3 0.2
x (t)
0.1 0 0
M
0.2
0.4
0.6
0.8
1
t/T
Bild 13.6. Nachbildung eines abknickenden Signals mit N =32. Wiedergegeben ist nur eine Periode der periodischen Signale x und xM . Die Unterschiede zwischen Signal x und Signalnachbildung xM liegen hier schon in der Gr¨ oßenordnung der Strichdicke.
noch auszumachen. Die Reihe konvergiert auch zwischen den diskreten St¨ utzstellen (in denen x und xM ohnedies gleich sind) sehr rasch gegen das Signal, dessen Entwicklung sie darstellt. Der Grund daf¨ ur ist leicht erkl¨art: zwischen ¨ den diskreten St¨ utzstellen (den Punkten t = iΔt) treten keine großen Anderungen im zu entwickelnden Signal auf, der Signalverlauf ist ’glatt’. In der mathematischen Fachsprache bezeichnet man ein solches Signal als ’stetig’. F¨ ur stetige Signale - so lehrt das Beispiel - hat man also keine Schwierigkeiten f¨ ur die beabsichtigte Reihenentwicklung zu erwarten. Es gen¨ ugt eine (vergleichsweise) geringe Anzahl 2N+1 von zu ber¨ ucksichtigenden Frequenzen und von St¨ utzstellen. Im Prinzip konvergiert also die Reihe mit wachsendem N ’rasch’ gegen das Signal, das sie repr¨ asentiert, wenn dieses einen stetigen Verlauf besitzt. ¨ F¨ ur Signale, die nun umgekehrt gerade große Anderungen zwischen zwei St¨ utzstellen vollziehen, ist andererseits auch eine langsame Konvergenz der Reihe zu erwarten. Der schlechteste Fall tritt dabei gewiss dann ein, wenn die Funktion ’springt’, also unstetig ist. Beispiele f¨ ur ein solches Signal und seine Reihenentwicklungen mit verschiedenen St¨ utzstellen-Anzahlen sind in den Bildern 13.7, 13.8 und 13.9 gezeigt. Offensichtlich werden diesmal sehr viel mehr St¨ utzstellen und Reihenglieder ben¨ otigt, damit das Modell xM eine ’gute’ Nachbildung von x bildet. Die Gr¨ unde f¨ ur diese mit wachsendem N sehr langsame Konvergenz lassen sich wie folgt beschreiben:
444
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
•
Auf den aufsteigenden Kurvenast mit (im Grenzfall) unendlich großer Steigung entf¨ allt bei jedem endlich großen N gar keine St¨ utzstelle, deshalb muss die Nachbildung dieses Kurvenastes ’schlecht’ sein. Erst bei wirklich unendlich vielen St¨ utzstellen kann der Kurvenast vern¨ unftig nachgebildet werden. • Die Funktionenreihe (13.26) besteht aus Element-Funktionen, die selbst u urlich kann ein Signal in der Unste¨berall stetige Funktionen bilden. Nat¨ tigkeitsstelle nicht wirklich durch die Summe von endlich vielen stetigen Funktionen nachgebildet werden, dazu sind sehr viele - idealerweise unendlich viele - Reihenglieder erforderlich. Man erkennt daher auch in den Bildern 13.7 bis 13.9, dass das prinzipielle Problem der Nachbildung in der Unstetigkeitsstelle auch bei wachsendem N bestehen bleibt. Die stetigen Nachbar¨ aste werden zwar immer besser erfasst, wenn N gr¨ oßer gemacht wird; die bloße Tatsache aber, dass xM u ¨berschwingt und offensichtlich durch den Mittelwert aus linksseitigem und rechtsseitigen Grenzwert in der Unstetigkeitsstelle verl¨ auft, bleibt auch bei wachsendem N bestehen (in der Unstetigkeit t0 gilt xM (t0 ) = (x(t0 − ε) + x(t0 + ε))/2, wie man auch in Bild 13.7 noch recht gut erkennen kann). Diesmal konvergiert also zwar ebenfalls die Reihe in jedem Punkt gegen das gegebene Signal, aber nun so, dass die ’Problemzone’, in welcher die Unstetigkeit liegt, immer schm¨aler gemacht wird; erst bei wirklich unendlich vielen Summanden in der Reihe verschwindet sie ganz. 1
x(t)
0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4
x (t) M 0.3 0.2 0.1 0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
t/T
Bild 13.7. Nachbildung eines unstetigen Signals mit N =16. Wiedergegeben ist nur eine Periode der periodischen Signale x und xM .
13.4 Fourier-Zerlegung
445
1
x(t)
0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4
x (t) M 0.3 0.2 0.1 0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
t/T
Bild 13.8. Nachbildung eines unstetigen Signals mit N =32. Wiedergegeben ist nur eine Periode der periodischen Signale x und xM .
1
x(t)
0.9 0.8 0.7 0.6 0.5 0.4
x (t) M 0.3 0.2 0.1 0 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
t/T
Bild 13.9. Nachbildung eines unstetigen Signals mit N =64. Wiedergegeben ist nur eine Periode der periodischen Signale x und xM .
446
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
¨ Das dabei auftretende Uberschwingen kurz vor und kurz nach der Unstetigkeitsstelle, das bei jedem endlichen N in einem mit wachsendem N nur immer schmaleren Zeitintervall auftritt, ist unter dem Namen ’Gibbsches Ph¨anomen’ wohlbekannt. Wie man auch den Bildern 13.7 bis 13.9 entnehmen kann ¨ bleibt die maximale H¨ ohe des Uberschwingens dabei von der Wahl von N unbeeinflusst. Es stellt sich nun noch die Frage, in welche Form die Gl.(13.36) f¨ ur die Amplituden u utzstellenanzahl immer weiter gesteigert wird ¨bergeht, wenn die St¨ und schließlich noch u achst. Dabei wird das Inkrement Δt ¨ber alle Grenzen w¨ - der Abstand zweier St¨ utzstellen - immer kleiner und konvergiert gegen Null. Die diskreten Punkte iΔt gehen dann notwendigerweise in die kontinuierliche Zeit t u ¨ber. Der Ausdruck 1/(2N + 1) bedeutet das Verh¨altnis aus Inkrement Δt und der Periodendauer T , 1/(2N + 1) = Δt/T . Aus dem Inkrement Δt wird das infinitesimal kleine Abstandselement dt, aus der Summe wird ein Integral. Auf diesem Wege erh¨ alt man im Grenzfall An =
1 T
T
x(t)e−j2πn T dt . t
(13.37)
0
Diese Gleichung gibt an, auf welchem Wege die Koeffizienten der FourierReihendarstellung eines periodischen Signals x(t) berechnet werden. Wird in der Reihendarstellung des Signals eine unendlich große Anzahl von Summanden ber¨ ucksichtigt, dann konvergiert die Modellfunktion xM an jeder Stelle t gegen das gegebene Signal x. Man kann deshalb auch kurz x(t) =
∞
t
An ej2πn T
(13.38)
n=−∞
schreiben. Der Integrand in Gl.(13.37) ist mit T periodisch. Aus diesem Grund d¨ urfen die Integrationsgrenzen beliebig verschoben werden, solange nur die Intervallbreite dabei unver¨ andert gleich T bleibt. Insbesondere gilt also auch 1 An = T
T /2
x(t)e−j2π T . nt
(13.39)
−T /2
Diese Form wird im n¨ achsten Abschnitt ben¨ otigt. Gl.(13.37) (oder (13.39)) l¨ asst sich auch als ’Transformationsgleichung’ oder ’Abbildung’ bezeichnen. Das Signal x wird dabei abgebildet in die Zahlenfolge An . Gl.(13.38) zeigt dann, wie aus der Abbildung An das Original x wiedergewonnen werden kann; diese Gleichung heißt deshalb auch ’inverse Transformation’ (auch ’R¨ ucktransformation’ oder ’R¨ uckabbildung’). Eine Analogie zu dieser mathematisch definierten Abbildung besteht z.B. in einem Foto-Positiv und seinem zugeh¨ origen Foto-Negativ. Nat¨ urlich sind (bei
13.4 Fourier-Zerlegung
447
einem idealen Fotoapparat) Positiv-Bild und Negativ-Bild durch ein geeignetes Verfahren auseinander herstellbar, und beide enthalten die gleiche Information. Genauso ist es auch bei der Fourier-Summen-Transformation: Das Signal x wird in An ’mit anderen Mitteln’ dargestellt; Information wird dabei weder erzeugt noch vernichtet. Trotzdem ist die Anwendung der Transformation ¨ sinnvoll: Sie erlaubt die einfache Beschreibung von Ubertragungsvorg¨ angen. Wie bei der Foto-Analogie ist die Fourier-Summen-Transformation umkehrbar eindeutig. Jedes periodische Signal besitzt genau eine eindeutige Darstellung An . 13.4.2 Fourier-Transformation Nat¨ urlich sollen nicht nur periodische Signale in ihre Frequenzbestandteile zerlegt werden; dies soll auch f¨ ur beliebige andere, nicht-periodische Signale durchgef¨ uhrt werden k¨ onnen. Weil alle praktisch vorkommenden Signale stets einen Anfang und ein Ende besitzen, interessieren dabei besonders solche ’einmaligen’ Vorg¨ange, die sich dadurch auszeichnen, dass sie außerhalb eines gewissen, wie auch immer angebbaren Zeitintervalles - der Signaldauer - gleich Null sein sollen. Die im letzten Abschnitt erarbeiteten Prinzipien lassen sich nun anwenden, wenn aus dem Zeitsignal zun¨ achst ein beliebiges St¨ uck (das nicht mit der Signaldauer u ¨bereinstimmen muss) herausgeschnitten wird und als beliebig, zun¨ achst v¨ ollig willk¨ urlich gew¨ ahlte Periodendauer angesehen wird. Das ist im Prinzipbild 13.10 dargestellt. Das Signal wird gedanklich k¨ unstlich periodisch fortgesetzt, damit ihm ein Amplitudenspektrum wie im vorigen Abschnitt zugewiesen werden kann. Anschließend l¨ asst man die Periodendauer T wachsen. Das bedeutet, dass die beiden gestrichelten Linien rechts und links von der Mitte in Bild 13.10 nach außen wandern. Die n¨achste Periode kommt also immer sp¨ ater und sp¨ ater, und die vorangegangene Periode verschiebt sich immer weiter in die Vergangenheit: im Grenzfall unendlicher Periodendauer ist das Signal endlicher Dauer zutreffend beschrieben. Beim Grenz¨ ubergang T → ∞ muss nun zun¨ achst beachtet werden, dass der Abstand Δf = 1/T der Frequenzen n/T immer kleiner wird; die diskreten Frequenzen gehen dann in eine kontinuierliche Frequenzvariable u ur ¨ber: n/T → f . Die Tatsache, dass f¨ eine Beschreibung allgemeiner, v¨ ollig beliebiger Signale auch jede beliebige Frequenz zugelassen werden muss, ist ja auch selbstverst¨andlich: Anders als bei den periodischen Signalen gibt es jetzt keinen Grund mehr, irgendwelche speziellen Frequenzen zu bevorzugen oder zu benachteiligen. Das Zulassen beliebiger Frequenzen erfordert nat¨ urlich die kontinuierliche Frequenzvariable f zur Beschreibung. Zur Abk¨ urzung wird in Zukunft die Kreisfrequenz ω = 2πf benutzt. Damit wird aus (13.39)
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
Signal
448
künstliche Periode
Zeit t
−T/2
T/2
Bild 13.10. Endlich langes, ’einmaliges’ Zeitsignal
1 lim An = lim T →∞ T →∞ T
T /2
x(t)e−jωt dt .
(13.40)
−T /2
Der Grenzwert der rechten Seite betr¨ agt allerdings Null. Dabei konvergiert das enthaltene Integral f¨ ur eine feste Frequenz ω gegen einen festen Wert. ¨ Uberschreitet n¨ amlich die k¨ unstlich gew¨ ahlte Periodendauer Anfang und Ende des Signals, dann ¨ andert sich der Wert des Integrales mit weiter wachsendem T nicht mehr. Da dieser Wert jedoch noch durch T geteilt wird, strebt der Gesamtgrenzwert gegen Null. Man kann also die folgenden Betrachtungen nicht auf den Grenzwert von An beziehen, es ist offensichtlich sinnvoll, das oße strebt einem Grenzwert zu, der Produkt T An zu benutzen, denn diese Gr¨ nicht stets Null betr¨ agt. Es wird also das Spektrum X(ω) von x(t) zu ∞ X(ω) = lim T An = T →∞
x(t)e−jωt dt .
(13.41)
−∞
definiert. X(ω) heißt auch Fourier-Transformierte von x(t). Es fragt sich nun noch, wie die R¨ ucktransformationsvorschrift aussieht. Dazu wird der Grenz¨ ubergang auf Gl.(13.38) angewandt: ∞ t 1 T An ej2πn T . T →∞ T n=−∞
x(t) = lim
¨ Jetzt sind noch folgende Uberg¨ ange durchzuf¨ uhren:
(13.42)
13.4 Fourier-Zerlegung
449
• Aus 2πn/T wird die kontinuierliche Frequenzvariable ω, • aus T An wird X(ω), • der Frequenzabstand 1/T geht in den infinitesimal kleinen Abstand df u ¨ber (1/T → df = dω/2π) und • aus der Summation wird eine Integration. Insgesamt erh¨ alt man also die R¨ ucktransformationsvorschrift 1 x(t) = 2π
∞ X(ω)ejωt dω .
(13.43)
−∞
Gl.(13.43) heißt auch inverse Fouriertransformation. An den im letzten Abschnitt genannten Prinzipien und Gedankeng¨angen hat sich nichts Wesentliches ge¨ andert, außer dass im Interesse des Erfassens beliebiger Signale durch harmonische Bausteine diesmal nicht mehr u ¨ber diskrete Teile summiert werden kann; notwendigerweise muss an die Stelle der Summation eine Integration treten. Deswegen wird die Fouriertransformation auch als eine Integraltransformation bezeichnet. Wie bei den Fouriersummen bildet die Fourier-Transformation eine eindeutige und umkehrbare Abbildung eines Signals, deren Zweck darin besteht, das Signal durch ’Summation’ (eiur die gentlich ’Integration’) reiner T¨ one der Form ejωt zu erkl¨aren. Auch f¨ Fourier-Transformation gilt insbesondere die oben geschilderte Foto-Analogie. F¨ ur die noch folgenden Betrachtungen ist es manchmal bequemer, Abk¨ urzungen zu benutzen. Um auf die Tatsache hinzuweisen, dass es sich bei X(ω) um die Transformierte von x(t) handelt wird in Zukunft kurz ∞ X(ω) = F{x(t)} =
x(t)e−jωt dt
(13.44)
−∞
geschrieben. Ebenso bedeutet −1
x(t) = F
1 {X(ω)} = 2π
∞ X(ω)ejωt dω ,
(13.45)
−∞
dass x(t) gleich der R¨ ucktransformierten von X(ω) sein m¨oge. Wegen der Eindeutigkeit und Umkehrbarkeit heben sich die Operationen F und F−1 gegenseitig auf, d.h., es gilt
und ebenso
F−1 {F{x(t)})} = x(t)
(13.46)
F{F−1 {X(ω)}} = X(ω) .
(13.47)
450
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
Abschließend sei noch angemerkt, dass Signal x(t) und Spektrum X(ω) nicht die gleiche physikalische Dimension besitzen. Offensichtlich gilt f¨ ur die Dimensionen Dim[x(t)] Dim[X(ω)] = Dim[x(t)]s = . (13.48) Hz Aus diesem Grund wird X(ω) manchmal auch als Amplitudendichtefunktion bezeichnet. ¨ 13.4.3 Die Ubertragungsfunktion und der Faltungssatz Der Grund f¨ ur die Einf¨ uhrung der Fourier-Transformation bestand wie er¨ w¨ ahnt darin, dass sich mit diesem Hilfsmittel die Ubertragung bei linearen und zeitinvarianten Systemen durch eine Multiplikation mit der komplexwertigen ¨ Ubertragungsfunktion beschreiben l¨ asst. Wegen des Invarianzprinzips folgt aus der Fourierdarstellung des Eingangssignals (13.43), dass der Ausgang stets die Gestalt ∞ 1 H(ω)X(ω)ejωt dω (13.49) y(t) = 2π −∞
¨ besitzen muss. Im Frequenzbereich ist die Ubertragung also beschrieben durch ¨ das Produkt der Fouriertransformierten des Einganges und einer Ubertra¨ gungsfunktion H(ω), die den Ubertrager charakterisiert; die Fouriertransformierte Y (ω) des Ausganges y(t) besteht in Y (ω) = H(ω)X(ω) .
(13.50)
¨ Immer erlaubt die Ubertragungsfunktion die Berechnung des Ausgangssignals bei bekanntem Eingang. Andererseits ist in einem der letzten Abschnitte ¨ gezeigt worden, dass die Impulsantwort des Ubertragers diesen ebenfalls vollst¨ andig beschreibt. Auch die Impulsantwort gestattet die Bestimmung des Ausganges aus dem Eingang und bildet daher eine ebenso vollst¨andige Dar¨ ¨ stellung des Ubertragers wie H(ω). Ubertragungsfunktion und Impulsantwort charakterisieren also ein und die selbe Sache und k¨onnen deshalb nicht unabh¨ angig voneinander sein; sie m¨ ussen im Gegenteil in einem bestimmten, festen Zusammenhang stehen. Dieser Zusammenhang kann leicht aus dem Faltungsintegral Gl.(13.11) hergeleitet werden. Dazu wird es der Fouriertransformation unterzogen: ∞ ∞ Y (ω) = F{y(t)} =
x(τ )h(t − τ )dτ e−jωt dt .
(13.51)
−∞ −∞
Die Reihenfolge der enthaltenen Integrationen darf umgekehrt werden, d.h. es ist
13.4 Fourier-Zerlegung
∞ Y (ω) =
∞
oder
∞ x(τ )e
Y (ω) =
h(t − τ ) e−jωt dt dτ ,
(13.52)
h(t − τ ) e−jω(t−τ ) dt dτ ,
(13.53)
x(τ ) −∞
−∞
∞
−jωτ
−∞
451
−∞
Das innere Integral besteht gerade in der Fouriertransformierten der Impulsantwort (der formale Beweis ließe sich durch die Variablensubstitution u = t − τ f¨ uhren), das dann noch verbleibende Integral stellt die Transformierte X(ω) von x(t) dar. Es ist also Y (ω) = F{h(t)}X(ω) .
(13.54)
Durch Vergleich mit (13.50) erh¨ alt man f¨ ur den gesuchten Zusammenhang ¨ zwischen Impulsantwort h(t) und Ubertragungsfunktion H(ω) H(ω) = F{h(t)} .
(13.55)
¨ Die Ubertragungsfunktion ist also die Fouriertransformierte der Impulsantwort. Von einem mathematischen Standpunkt aus gesehen ist oben einfach gezeigt worden, dass die Faltung im Zeitbereich der Multiplikation im Frequenzbereich entspricht. Es gilt ∞ x(τ )h(t − τ )dτ } ,
X(ω)H(ω) = F{
(13.56)
−∞
wobei nat¨ urlich X(ω) = F{x(t)} und H(ω) = F{h(t)} Fourier-Paare sind. Dieser Zusammenhang wird ’Faltungssatz’ genannt. Auch f¨ ur ein Produkt zweier zeitlicher Signale gilt der Faltungssatz nur in etwas abgewandelter Form. Wie der Leser leicht durch R¨ ucktransformieren des rechtsstehenden ’Faltungsintegrales’ im Frequenzbereich (wie oben vorgef¨ uhrt) zeigen kann ist x(t)g(t) = F
−1
1 { 2π
∞ X(ν)G(ω − ν)dν} ,
(13.57)
−∞
wobei ebenfalls x, X und g, G Fourierpaare bilden. Die Faltung im Frequenzbereich entspricht der Multiplikation im Zeitbereich, nur dass hier im Faltungsintegral der Faktor 1/2π auftritt. 13.4.4 Symmetrien Die Symmetrieeigenschaften von Fourier-Transformierten spezieller Signale bilden Grundlagenwissen, das hier kurz erl¨ autert werden soll.
452
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
Reellwertige Signale Das Spektrum eines reellwertigen Verlaufes x(t) ∞ X(ω) =
x(t)e−jωt dt .
−∞
geht in sich selbst u ur ω der Wert von −ω eingesetzt wird und ¨ber, wenn f¨ beide Seiten konjugiert komplex genommen werden (∗ ): ∞
∗
X (−ω) =
x(t)e−jωt dt .
−∞
Es gilt also offensichtlich
X ∗ (−ω) = X(ω) .
(13.58)
Das Betragsspektrum ist demnach geradsymmetrisch |X(−ω)|2 = |X(ω)|2 ,
(13.59)
der Realteil des Spektrums ist ebenfalls geradsymmetrisch Re{X(−ω)} = Re{X(ω)} :,
(13.60)
der Imagin¨ arteil dagegen ist mit Im{X(−ω)} = −Im{X(ω)} :,
(13.61)
ungeradsymmetrisch. Das gilt f¨ ur jedes reelle Signal unabh¨angig von seinem Verlauf. Reellwertige und geradsymmetrische Signale Ein Signal, das mit xg (−t) = xg (t) geradsymmetrisch ist, besitzt ein reellwer¨ tiges Spektrum, wie folgende einfache Uberlegungen zeigen. Im Integral ∞ X(ω) =
x(t)e
−jωt
∞ x(t)[cos(ωt) − j sin(ωt)]dt
dt =
−∞
−∞
ist das Produkt x(t)sin(ωt) eine ungeradsymmetrische Funktion, das Integral u ¨ber diesen Teil des Integranden ist damit gleich Null. Es bleibt also nur die reellwertige Transformierte ∞ x(t)cos(ωt)dt
X(ω) = −∞
u arteil ist gleich Null, Im{X(ω)} = 0, der Realteil nat¨ urlich ¨brig. Der Imagin¨ nach wie vor geradsymmetrisch, Re{X(−ω)} = Re{X(ω)}.
13.4 Fourier-Zerlegung
453
Reellwertige und ungeradsymmetrische Signale Ein Signal, das mit xu (−t) = −xu (t) ungeradsymmetrisch ist, besitzt ein rein imagin¨ ares Spektrum: Im Integral ∞ x(t)[cos(ωt) − j sin(ωt)]dt
X(ω) = −∞
ist das Produkt x(t)cos(ωt) eine ungeradsymmetrische Funktion, das Integral u ¨ber diesen Teil des Integranden ist damit gleich Null. Es bleibt also nur die imagin¨ are Transformierte ∞ X(ω) = −j
x(t)sin(ωt)dt −∞
u urlich ¨brig. Der Realteil ist gleich Null, Re{X(ω)} = 0, der Imagin¨arteil nat¨ nach wie vor ungeradsymmetrisch, Im{X(−ω)} = −Im{X(ω)}. Zerlegung in symmetrische und unsymmetrische Anteile Allgemeine reelle Signale ohne Symmetrieeigenschaften k¨onnen stets wie folgt in einen geradsymmetrischen und einen ungeradsymmetrischen Teil zerlegt werden: x(t) =
1 1 [x(t) + x(−t)] + [x(t) − x(−t)] = xg (t) + xu (t) . 2 2
Darin ist nat¨ urlich xg (t) =
1 [x(t) + x(−t)] 2
xu (t) =
1 [x(t) − x(−t)] 2
(13.62)
der gerade Teil und
der ungerade Anteil. Das Spektrum von xg (t) ist reell, das Spektrum von xu (t) rein imagin¨ar. Allgemein kann man daher feststellen, dass die Fouriertransformierte des geraden Signalteiles gleich dem Realteil des Gesamtspektrums von x(t) ist: Re{X(ω)} = F{xg (t)} .
(13.63)
Ebenso korrespondiert der ungerade Signalteil mit dem Imagin¨arteil des Gesamtspektrums: jIm{X(ω)} = F{xu (t)} (13.64) (mit z=Re{z}+ j Im{z} f¨ ur jedes komplexe z).
454
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
13.4.5 Impulsantworten und Hilbert-Transformation Die genannte Tatsache, dass geradsymmetrischer und ungeradsymmetrischer Signalanteil mit Real- und Imagin¨ arteil des Spektrums zusammenh¨angen, hat eine interessante Konsequenz f¨ ur die Transformierten von Impulsantworten. ¨ Letztere bestehen ja aus der Reaktion eines Ubertragers auf die DeltaFunktion δ(t). Die Anregung beginnt also erst im Zeitpunkt t = 0. Aus diesem Grunde kann die Systemantwort h(t) f¨ ur negative Zeiten ebenfalls nur gleich Null sein. Nach dem Kausalit¨ atsprinzip (’von nichts kommt nichts’) kann die Impulsantwort ebenfalls erst in t = 0 (fr¨ uhestens) beginnen. F¨ ur kausale Impulsantworten gilt also h(t < 0) = 0 . Nun kann aber andererseits eine Impulsantwort – wie jedes Signal – in gerade und ungerade Anteile zerlegt werden: h(t) = hg (t) + hu (t) . Nat¨ urlich m¨ ussen dabei hg und hu f¨ ur Zeiten t < 0 auch negativ gleich groß sein, denn nur dann kann die Impulsantwort auch kausal sein. Es muss also hu (t < 0) = −hg (t < 0) gelten. Wegen den vorausgesetzten Symmetrieeigenschaften von hg und hu folgt dann f¨ ur positive Zeiten hu (t > 0) = hg (t > 0) , oder, zusammengefasst hu (t) = sign(t) hg (t) (sign(t > 0) = 1, sign(t < 0) = −1). Bild 13.11 illustriert diese Sachverhalte noch einmal. F¨ ur negative Zeiten sind hu und hg entgegengesetzt gleich groß. Daraus folgt aber, dass sie f¨ ur positive Zeiten gleich groß sind. F¨ ur t > 0 ist aus diesem Grund hu = hg = h/2. Zusammengefasst l¨asst sich also feststellen, dass der ungerade Signalteil wie gezeigt aus dem geraden Signalanteil berechnet werden kann, wenn es sich um eine kausale Impulsantwort handelt. Weil nun aber die Transformierte des geraden Anteils hg gleich dem Realteil ¨ Re{H(ω)} der Ubertragungsfunktion H(ω) ist und der ungerade Anteil hu ¨ mit dem Imagin¨ arteil Im{H(ω)} der Ubertragungsfunktion H(ω) korrespondiert, m¨ ussen dann auch Real- und Imagin¨ arteil von H voneinander abh¨angen. In der Tat l¨ asst sich der Zusammenhang zwischen Re{H(ω)} und Im{H(ω)} leicht bestimmen, indem hu (t) = sign(t) hg (t) zun¨achst transformiert wird jIm{H(ω)} = F{hu (t)} = F{sign(t) hg (t)} und anschließend noch hg (t) durch hg (t) = F−1 {Re{H(ω)}} ausgedr¨ uckt wird:
13.4 Fourier-Zerlegung
455
h(t)
h (t) u
0
h (t) g
hg(t), hu(t)
0
Zeit t
Bild 13.11. Zerlegung der kausalen Impulsantwort h(t) in geraden Teil hg (t) und ungeraden Teil hu (t) am Beispiel eines Ausschwingvorganges
Im{H(ω)} = −jF{hu (t)} = −jF{sign(t)F−1 {Re{H(ω)}}} .
(13.65)
Gl.(13.65) konstatiert den Zusammenhang, in dem Realteil und Imagin¨arteil ¨ der Ubertragungsfunktion eines jeden kausalen (linearen und zeitinvarianten) ¨ Ubertragers stehen m¨ ussen. Es w¨ urde z.B. bei Messungen, Auswertungen oder ¨ theoretischen Berechnungen ausreichen, den Realteil der Ubertragungsfunktion zu bestimmen; der Imagin¨ arteil kann dann aus ihm ausgerechnet werden. Die Operationskette auf der rechten Seite von Gl.(13.65) wird ’HilbertTransformation’ genannt. Nat¨ urlich stellt sie insofern eine Transformation dar, als aus einem Spektrum ein anderes berechnet wird. Sie dient dabei aber nicht - wie die Fourier-Transformation - der Darstellung eines Signals durch viele andere Signale; die Hilbert-Transformation konstatiert im Gegenteil einen Zusammenhang zwischen Re{H(ω)} und Im{H(ω)} so, dass der ¨ damit bezeichnete Ubertrager sich kausal verh¨ alt. ¨ Fourier-Auswertungen von Messsignalen in Form von Ubertragungsfunk¨ tionen bestimmen immer die komplexe Ubertragungsfunktion und enthalten daher eine gewisse Redundanz. Es k¨ onnte eine interessante Frage sein, ob sich diese Redundanz zur Beurteilung z.B. der G¨ ute des Ergebnisses nutzen ließe.
456
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ortlich verteilter Schallfelder ¨ Die Anwendung der Fourier-Transformation ist nicht auf zeitliche Verl¨aufe und ihre Frequenzzerlegung beschr¨ ankt. Dass in den Gleichungen (13.44) und (13.45) unter dem Symbol t die Zeitvariable und unter ω die Frequenzvariable verstanden wird, das ist lediglich ein Vereinbarung, um den Gr¨oßen eine gewisse physikalische Bedeutung mitzugeben. Ebensogut ließe sich diese Vereinbarung auch ¨ andern, ohne weiteres k¨ onnte man unter t auch eine ¨ortliche Variable - eine Koordinatenrichtung mit der Dimension m (Meter) - verstehen, unter ω w¨ are dann eine Wellenzahlvariable (mit der Dimension 1/m) zu verstehen. Kurz: ob die Zerlegung in Harmonische auf Zeitfunktionen oder auf Ortsfunktionen angewandt wird, das bleibt sich gleich, nur f¨ ur die unterlegte ¨ Bedeutung der Variablen wird eine Anderung vollzogen. Andererseits wird es nur Verwirrung und Unklarheit schaffen, wenn einmal verwendete Symbole eine neue, andere Bedeutung erhalten. Um das zu vermeiden wird auch in Zukunft die (eindimensionale) Koordinatenachse mit x und die Wellenzahl mit k bezeichnet. F¨ ur die Fouriertransformation einer Ortsfunktion g(x) und ihr Wellenzahlspektrum G(k) gilt also nun an Stelle von (13.44) und (13.45) ∞ G(k) = F{g(x)} =
g(x)e−jkx dx
(13.66)
−∞
und g(x) = F
−1
1 {G(k)} = 2π
∞ G(k)ejkx dk .
(13.67)
−∞
Gl.(13.67) fasst die Ortsfunktion g(x) auf als zusammengesetzt aus vielen Wellenfunktionen G(k)ejkx ; Gl.(13.66) gibt an, wie die zugeh¨orige Amplitudendichtefunktion G(k) aus dem Ortsverlauf g(x) gewonnen werden kann. Der Vorteil, den die Fourier-Transformation von Ortsfunktionen bietet, besteht darin, dass mit ihr die allgemeine L¨ osung der Wellengleichung - ausgedr¨ uckt ebenfalls durch Fourier-Transformierte - direkt angegeben werden kann. Zur Schilderung dieser Tatsache und der sich daraus ergebenden Konsequenzen seien im Folgenden der Einfachheit halber zun¨achst zweidimensionale Felder betrachtet (∂/∂z = 0), der allgemeinere, dreidimensionale Fall wird im Anschluss behandelt. Weiter wird von der Helmholtzgleichung ∂2p ∂2p + + k02 p = 0 ∂x2 ∂y 2
(13.68)
ausgegangen, die aus der Wellengleichung (2.56) folgt, wenn unter allen Feldgr¨ oßen in Zukunft entweder komplexe Amplituden bei Schallfeldanregung
13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ¨ ortlich verteilter Schallfelder
mit einem reinen Ton oder Amplitudendichten nach zeitlicher Fourier-Transformation verstanden werden. Die Wellenzahl der freien Wellen wird jetzt mit k0 bezeichnet (es gilt k0 = ω/c), sie muss von der Wellenzahlvariablen k der ortlichen Fourier-Transformation wohl unterschieden werden. ¨ In Analogie zu (13.67) macht man nun f¨ ur den Schalldruck den Ansatz p(x, y) = F
−1
1 {P (k, y)} = 2π
∞ P (k, y)ejkx dk ,
(13.69)
−∞
man dr¨ uckt also in jeder Ebene y = const. den ¨ortlichen Schalldruck durch seine Wellenzahlenzerlegung P (k, y) aus, die nat¨ urlich in jeder Ebene y = const. einen anderen Verlauf besitzen, also von y abh¨angen kann. Aus der Helmholtzgleichung (13.68) folgt dann direkt ∂ 2 P (k, y) + (k02 − k 2 )P (k, y) = 0 . ∂y 2
(13.70)
Die L¨ osung dieser gew¨ ohnlichen Differentialgleichung aber ist nun denkbar einfach gefunden; sie lautet P (k, y) = P+ (k)e−jky y + P− (k)ejky y . Dabei wird die Wellenzahl ky wie folgt definiert: + k02 − k 2 , k02 > k 2 ky = −j k 2 − k02 , k 2 ≥ k02 .
(13.71)
(13.72)
Hier ist das Vorzeichen beim Wurzelziehen (wie sonst auch an einigen anderen Stellen in diesem Buch) so gew¨ ahlt worden, dass das Schallfeld e−jky y entweder • eine in positive y-Richtung laufende Welle (k02 > k 2 ) oder • ein in y-Richtung abklingendes, exponentiell fallendes Nahfeld (k 2 > k02 ) bedeutet. Die allgemeine L¨ osung der Helmholtzgleichung lautet mit dieser Definition 1 p(x, y) = 2π
∞
[P+ (k)e−jky y + P− (k)ejky y )]ejkx dk .
(13.73)
−∞
F¨ ur das Weitere sei jetzt noch angenommen, dass im Teilraum y > 0 weder Quellen noch Reflektoren vorhanden seien; in diesem Fall k¨onnen weder Wellen in negative y-Richtung noch mit y wachsende Nahfelder auftreten und es verbleibt nur noch ∞ 1 P+ (k)e−jky y ejkx dk (13.74) p(x, y) = 2π −∞
457
458
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
f¨ ur das Gesamtfeld. Gl.(13.74) er¨ offnet vor allem zwei Anwendungsm¨oglichkeiten, auf die im Folgenden n¨ aher eingegangen wird. 13.5.1 Abstrahlung von Ebenen Die ’klassische’ Anwendung der Wellenzerlegung einer Ortsfunktion besteht gewiss in der Berechnung der Schallabstrahlung von einer schwingenden Fl¨ache oder Ebene, die hier zun¨ achst geschildert werden soll. Dazu sei angenommen, die y-Komponente der Schnelle vy (x) sei in einer Ebene entweder durch eine Annahme oder durch Messung nach Betrag und Phase bekannt. Der Einfachheit halber wird hier angenommen, der so beschriebene Strahler befinde sich in der Ebene y = 0. Alles, was zu tun bleibt, ist den Zusammenhang zwischen der in Gl.(13.74) bisher noch unbekannt gebliebenen Amplitudendichte P+ (k) und der Strahlerschnelle vy (x) aufzuzeigen. Das ist leicht getan. Zun¨ achst wird die aus dem Ansatz Gl.(13.74) folgende Schnelle gebildet, sie betr¨ agt 1 1 j ∂p = vy (x, y) = ω ∂y 2π c
∞ −∞
ky P+ (k)e−jky y ejkx dk . k0
(13.75)
F¨ ur y = 0 muss auf der rechten Seite die Fouriertransformierte Vy (k) der Strahlerschnelle vy (x) auftreten, es gilt also Vy (k) =
1 ky P+ (k) , c k0
(13.76)
womit die Amplitudendichte P+ (k) aus der Strahlerschnelle berechnet ist. Zusammengefasst gilt also p(x, y) = c
1 2π
∞ −∞
k0 Vy (k)e−jky y ejkx dk , ky
(13.77)
worin Vy (k) wie gesagt die Fouriertransformierte von vy (x) darstellt: ∞ Vy (k) =
vy (x)e−jkx dx .
(13.78)
−∞
Zur Interpretation von Gl.(13.77) wird noch die Wellenzahlvariable k durch die zugeordnete Wellenl¨ angenvariable λ mit k = 2π/λ ausgedr¨ uckt. Damit lassen sich nochmals die schon in Kapitel 3 angedeuteten Prinzipien aus Gl.(13.77) ablesen:
13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ¨ ortlich verteilter Schallfelder
•
Nur langwellige Strahleranteile mit λ > λ0 (λ0 =Luftschallwellenl¨ange) und deshalb |k| < k0 besitzen nach Gl.(13.72) eine reellwertige Wellenzahl ky in y-Richtung. Nur diese langwelligen Strahleranteile werden als schr¨ag laufende Welle abgestrahlt und sind auch in gr¨oßeren Entfernungen vom Strahler noch merklich. • Kurzwellige Strahleranteile mit λ < λ0 und |k| > k0 dagegen weisen eine orige Schallfeldanteil besitzt desweimagin¨ are Wellenzahl ky auf. Der zugeh¨ gen Nahfeld-Charakter, der nur in der Nachbarschaft des Strahlers in y = 0 merklich ist, nach außen immer mehr abnimmt und in großen Abst¨anden dann schließlich keinen Beitrag mehr zum Schallfeld liefert. Ein langwelliger Strahleranteil λ > λ0 wird unter dem Winkel sin ϑ = −
λ0 λ
(13.79)
als ebene Welle schr¨ ag abgestrahlt, wie der Vergleich des Strahleranteiles e−jky y ejkx mit der allgemeinen Form einer solchen Welle p = p0 e−jk0 xsinϑ e−jk0 ycosϑ
(13.80)
zeigt. Der Winkel ϑ z¨ ahlt hier relativ zur y-Achse ’nach oben’, die Welle l¨auft aber schr¨ ag ’nach unten’, das wird durch das negative Vorzeichen ausgedr¨ uckt. Im Fernfeld (das in Kapitel 3 schon genauer definiert worden ist) sind also nur noch die langwelligen Wellenzahl-Anteile |k| < k0 des Strahlers vorhanden, weil sich die kurzwelligen Anteile nur auf die Strahlern¨ahe konzentrieren und dann rasch abfallen. F¨ ur die Abstrahlung in große Entfernungen ist nur der ’sichtbare’ Ausschnitt |k| < k0 wirksam, der zu den langen Strahlerwelort. Innerhalb des sichtbaren, langwelligen Ausschnitlenl¨ angen λ > λ0 geh¨ tes ist jedem Wellenzahlenbestandteil eine spezifische Abstrahlrichtung zugeordnet. Aus diesem Grund besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Richtcharakteristik eines Strahlers und der Fouriertransformierten der Strahlerschnelle. In Gl.(3.38), in Kapitel 3 aufgestellt f¨ ur schmale Strahlerstreifen mit der Breite b, l¨ asst sich denn auch das Integral auf der rechten Seite durch die Fouriertransformierte der Strahlerschnelle ausdr¨ ucken:
pfern
jω b −jk0 R e = 4πR
l/2 vy (x)ejk0 x sin ϑ dx =
jω b −jk0 R e Vy (k = −k0 sin ϑ) , 4πR
−l/2
(13.81) worin V die in Gl.(13.78) definierte Fouriertransformierte der Strahlerschnelle bedeutet. Die Umfangsverteilung des Schallfeldes ist gleich der SchnelleTransformierten, offensichtlich bildet die Abstrahlung in große Entfernungen einen physikalischen ’Fourier-Transformator’. Der in Wahrheit einfache Hintergrund dieser Tatsache besteht wie gesagt lediglich darin, dass jeder Strahler-Wellenzahl eine spezielle Laufrichtung zugeordnet ist.
459
460
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
13.5.2 Abstrahlung von Biegewellen Zur Schilderung des Prinzipiellen an der Schallabstrahlung von einer mit Biegewellen schwingenden Platte sei zun¨ achst von der endlichen Plattendimension und anderen Effekten – wie der Amplitudenabnahme vom Krafteinleiteort weg und D¨ ampfungserscheinungen – abgesehen. Die Schallschnelle werde also in der ganzen Ebene y = 0 durch vy (x) = v0 e−jkB x
(13.82)
beschrieben, wobei die Biegewellenzahl kB = 2π/λB (λB = Biegewellenl¨ange) bedeutet (Haupteigenschaften der Biegewellen und ihrer Ausbreitung auf Platten siehe Kapitel 4). Die Fouriertransformierte dieses monochromatischen Vorganges (monochromatisch: aus nur einer Wellenkomponente bestehend) muss Delta-f¨ ormig sein. Es ist Vy (k) = 2πv0 δ(k + kB ) ,
(13.83)
wie man leicht durch Einsetzen von (13.83) in Gl.(13.67) zeigt. F¨ ur den von dieser Quelle abgestrahlten Schalldruck gilt dann nach Gl.(13.77) p(x, y) = cv0
k0 −jky y −jkB x e e , ky
worin die Wellenzahl ky hier mit 2 + k02 − kB ky = 2 −j kB − k02
2 k02 > kB 2 kB ≥ k02 .
(13.84)
(13.85)
abgek¨ urzt worden ist. Die prinzipiellen Qualit¨ aten dieses von der monochromatischen Biegewelle hergestellten Luftschallfeldes sind den schon geschilderten allgemeinen Prinzipien direkt zu entnehmen: •
oßer als die Luftschallwellenl¨ange ist die Strahlerwellenl¨ ange (hier: λB ) gr¨ ag laufende Welle unter dem Winkel ϑ mit sin ϑ = λ0 , dann wird eine schr¨ −λ0 /λB abgestrahlt, urzer als die Luftschallwellenl¨ange λ0 • f¨ ur eine Strahlerwellenl¨ ange λB , die k¨ ist, existiert dagegen nur ein von der Strahlerfl¨ache weg exponentiell abklingendes Nahfeld, das im zeitlichen Mittel keine Leistung transportiert. Dass bei kurzen Biegewellen unterhalb der Koinzidenzgrenzfrequenz dennoch von Null verschiedene Schallfelder auch in gr¨oßeren Abst¨anden von der strahlenden Fl¨ ache festgestellt werden k¨ onnen, das h¨angt mit der praktisch ja stets nur endlich großen Strahlerfl¨ ache zusammen. Die Tatsache, dass sich f¨ ur kurzwellige Strahler endlicher Abmessung eine schwache Rest-Abstrahlung ergibt, l¨ asst sich auch aus einem anschaulichen
13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ¨ ortlich verteilter Schallfelder
Prinzip begr¨ unden, das in Bild 13.12 skizziert ist. Im Sinne einer etwas einfacheren Vorstellung sind hier kurzwellige Strahlerschnellen in Form von stehenden Wellen abgebildet (stehende Wellen ergeben sich bekanntlich als Summe von zwei entgegengesetzt laufenden fortschreitenden Wellen; ebenso gut l¨asst sich eine fortschreitende Welle auch als Summe zweier stehender Wellen auffassen). Wenn die Abst¨ ande der gegenphasig schwingenden Bezirke klein sind verglichen mit der Luftschallwellenl¨ ange (wenn also λB λ0 ), dann ergibt sich in den beiden gezeigten F¨ allen ein Muster aus Ersatzquellen mit schnell wechselndem Vorzeichen. Fast alle“ Schallquellen heben sich dabei gegeneinander ” in ihrer Wirkung auf: Je ein Paar mit entgegengesetztem Vorzeichen l¨asst sich n¨ aherungsweise wie an einem Platz“ auffassen, der von ihm insgesamt pro” duzierte Volumenfluss ist also gleich Null. Das vom Paar hervorgerufene Bewegungsfeld in der umgebenden Luft besteht in bloßen Masseverschiebungen. Die mit dem sich hebenden Strahlerbezirk ebenfalls angehobene Luftmasse wird seitlich zu dem sich senkenden Strahlerbezirk geschoben. Welche Rest-Schallabstrahlung“ bei solchen kurzwelligen Strahlern ent” steht, das h¨ angt ganz offensichtlich vor allem davon ab, ob jede lokale Einzelquelle auch auf einen Nachbarn trifft, mit dem sie sich zu Null erg¨anzt. In der Strahlermitte ist das stets der Fall; an den Strahlerr¨andern dagegen k¨ onnen Einzelquellen ohne Partner“ u ¨brigbleiben. Wie man in Bild 13.12 ” sieht, ist der Kurzschluss von Paaren bei Strahlerschwingungen mit B¨auchen ” an den R¨ andern“ vollst¨ andig, die Schallabstrahlung deshalb sehr, sehr gering. Im Fall mit Knoten an den R¨ andern“ dagegen bleiben außen liegende Strah” lerbezirke u ¨brig, die wie Volumenquellen wirken. Verglichen mit langwelligen Strahlern (mit Beteiligung der ganzen Strahlerfl¨ache am Abstrahlgeschehen) ist hier die Abstrahlung zwar immer noch gering, weil die meisten“ Strah” leranteile gar nicht zur Abstrahlung beitragen; verglichen mit dem Fall mit ” B¨ auchen an den R¨ andern“ ist das Schallfeld jedoch weit gr¨oßer, weil diesmal ein Nettovolumenfluss u ¨brig bleibt. Das Schallfeld eines Biegewellenleiters, der einen Schwingungsknoten am oberen Ende und einen Schwingungsbauch am unteren Ende besitzt, ist in Bild 13.13 gezeigt. Die Teilchenauslenkungen sind mit den Mitteln der oben geschilderten Fourier-Akustik aus der Schnellevorgabe des Strahlers berechnet worden. Der obere Rand mit Schwingungsknoten ist gut als Schallquelle identifizierbar; vom Schwingungsbauch wird dagegen weit weniger abgestrahlt. 13.5.3 Akustische Holographie Eine weitere, interessante Anwendung der oben genannten Zerlegung von Schallfeldern in Wellenfunktionen l¨ angs einer Koordinatenrichtung besteht in der sogenannten ’akustischen Holographie’, die im Folgenden erkl¨art wird. Der Gedankengang gestaltet sich wie folgt. Misst man in einer ganzen Ebene (z.B. in der Ebene y = d vor dem Strahler) den Ortsverlauf des Schall-
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462
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern Strahler−Schnelle
+ +
+ + − −
+ + − −
− −
Ersatzquellen Strahler−Schnelle
+
+ + − −
+ + − −
−
Ersatzquellen
Bild 13.12. Ersatzquellen f¨ ur kurzwellige Strahler mit Schwingungsbauch oder Schwingungsknoten an den R¨ andern
Bild 13.13. Schallfeld eines kurzwelligen Strahlers mit Schwingungsknoten am oberen, Schwingungsbauch am unteren Ende. Der Schwingungsknoten am oberen Ende bildet eine Volumenquelle, um die herum sich eine Schallausbreitung mit kreisf¨ ormigen Wellenfronten ergibt. Der Bauch am unteren Ende strahlt fast nicht.
druckes p(x, d) nach Betrag und Phase, dann ist damit auch dessen Wellenzahlenspektrum bestimmt: ∞ P+ (k, d) = F{p(x, d)} =
p(x, d)e−jkx dx .
(13.86)
−∞
Aus dem Vergleich von Gl.(13.86) mit Gl.(13.74) folgt dann P+ (k) = P+ (k, d)ejky d .
(13.87)
13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ¨ ortlich verteilter Schallfelder
Damit kann das Schallfeld im ganzen Raum aus Gl.(13.74) bestimmt werden, solange die Voraussetzungen erf¨ ullt sind (keine Reflektoren oder Quellen im ’Rekonstruktionsraum’, der hier in y > 0 besteht). Es besteht also prinzipiell die M¨ oglichkeit, in einer Ebene zu messen und daraus auf jede andere Ebene zu schließen, ein Gedanke, den man wohl am zutreffendsten als ’Holographie’ bezeichnet. Erforderlich ist daf¨ ur nur noch ein numerisches Verfahren, welches die Fourier-Transformation und ihre Inverse auf numerischem Wege berechnet. Die prinzipielle Methode ist dabei nicht nur auf den Schalldruck begrenzt, ebensogut kann man aus dem in einer Ebene bekannten Druck auch die Schallschnellekomponenten im ganzen Raum nach Gl.(13.75) bestimmen. Das Hauptproblem bei der akustischen Holographie bilden die Strahleranteile mit k¨ urzeren Wellenl¨ angen als im umgebenden Medium, f¨ ur welche die Wellenzahl ky der y-Richtung nach Gl.(13.72) imagin¨ar ist, ky = −j | ky |. Sind kleine Ungenauigkeiten bzw. Fehler in den Messwerten p(x, d) und damit auch in P+ (k, d) enthalten, dann gehen diese wegen der Multiplikation mit der Exponentialfunktion e|ky |d im kurzwelligen Strahlerbereich in Gl.(13.87) sehr stark in die Berechnung ein. Die damit berechneten Ortsverl¨aufe enthalten dann hochverst¨ arktes (¨ ortliches) Rauschen, das die Qualit¨at der Resultate stark beeintr¨ achtigt. Diesen Effekt kann man vermeiden oder verringern durch Messung in m¨ oglichst kleinen Abst¨ anden d von der Strahleroberfl¨ache, oder durch Verzicht auf die Ber¨ ucksichtigung allzu kurzer Strahlerwellenl¨angen. 13.5.4 Dreidimensionale Schallfelder Alle in den vorangegangenen Teilen des Abschnittes zur Fourier-Akustik genannten Sachverhalte und Methoden lassen sich ohne Schwierigkeiten auf den allgemeineren, dreidimensionalen Fall der Abstrahlung von Ebenen u ¨bertragen, wenn dabei die zweidimensionale Fourier-Transformierte f¨ ur alle vorkommenden Ortsfunktionen benutzt wird, wenn also ∞ ∞ G(kx , ky ) =
g(x, y)e−jkx x e−jky y dxdy
(13.88)
−∞ −∞
mit der R¨ ucktransformationsvorschrift 1 g(x, y) = 4π 2
∞ ∞ G(kx , ky )ejkx x ejky y dkx dky
(13.89)
−∞ −∞
definiert und im Weiteren verwendet wird. Der Einfachheit halber sei hier wie in Kapitel 3 angenommen, dass der Strahler mit bekannter, z-gerichteter Schnelle vz (x, y) in der Ebene z = 0 (x, y-Ebene) liege. Das Schallfeld im ganzen Raum z > 0 (von dem wieder angenommen wird, dass in ihm weder ein Reflektor oder eine sonstige Schallquelle vorhanden sei) berechnet sich dann (¨ ahnlich wie in (13.74)) aus
463
464
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
1 p(x, y, z) = 4π 2
∞ ∞
P+ (kx , ky )e−jkz z ejkx x ejky y dkx dky .
(13.90)
−∞ −∞
Dabei ist die (zweifache) Fouriertransformierte P+ (kx , ky ) des Schalldruckes p(x, y, 0) in der Ebene z = 0 mit der (zweifachen) Fouriertransformierten Vz (kx , ky ) der Strahlerschnelle vz (x, y) (Definitionen der Transformierten in Gl.(13.88)) durch k0 (13.91) P+ (kx , ky ) = c Vz (kx , ky ) kz verkn¨ upft. Wegen der Wellengleichung gilt f¨ ur die Wellenzahl kz der zRichtung ⎧ ⎨+ k 2 − (kx2 + ky2 ) , k02 > kx2 + ky2 0 kz = (13.92) ⎩−j (k 2 + k 2 ) − k 2 , k 2 + k 2 ≥ k 2 . x y x y 0 0 Auch Gl.(13.92) hat zum Inhalt, dass kurzwellige Strahleranteile kx2 + ky2 ≥ ahrend langwellige Strahlerbestandteile k02 nur Nahfelder nach sich ziehen, w¨ kx2 +ky2 < k02 in Form einer schr¨ ag laufenden ebenen Welle abgestrahlt werden. Erforderlichenfalls erh¨ alt man aus Gl.(13.90) durch Differenzieren auch die Schallschnelle-Komponenten. Sieht man die Strahlerschnelle vz (x, y) als gegeben an, dann erm¨oglicht der genannte Formelapparat die Berechnung des Schallfeldes im Halbraum z > 0 vor dem Strahler. Ebensogut l¨ asst sich aber auch der Schalldruck (nach Betrag und Phase) in einer ganzen Ebene z = d durch Messung bestimmen, womit wieder die M¨ oglichkeit der akustischen Holographie er¨offnet wird. Es kommt lediglich darauf an, welche der vorkommenden Gr¨oßen als bekannt vorausgesetzt wird. Die hier in diesem Kapitel betrachtete Fourier-Akustik beruht wie gesagt auf der Vorstellung, dass beliebige Ortsfunktionen durch eine Wellensumme in der Form des Fourierintegrales Gl.(13.66) zusammengesetzt werden k¨onnen. Wird diese Zerlegung in Strahlerwellenl¨ angen auf die Strahlerschnelle angewandt, dann erlaubt die Linearit¨ at des Abstrahlvorganges die getrennte Betrachtung der von den einzelnen Strahlerwellenzahlen hervorgebrachten Schallfelder; das Gesamtfeld ergibt sich dann einfach ’aus der Summe der Teile’ (pr¨ azise: dem Integral u ¨ber die entsprechenden Wellenzahlenspektren). Dieses Berechnungsverfahren ließe sich kurz auch als ’Methode der Zerlegung in Wellenl¨ angen’ bezeichnen. Diesem Verfahren steht die in Kapitel 3 erl¨ auterte ’Methode der Zerlegung in Punktquellen’ gegen¨ uber, bei der das Schallfeld aus dem Rayleigh-Integral jω p(x, y, z) = 2π
∞ ∞ vz (xQ , yQ ) −∞ −∞
e−jkr dxQ dyQ r
berechnet wird, wobei r den Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand
(13.93)
13.5 Fourier-Akustik: Die Wellenl¨ angen-Zerlegung ¨ ortlich verteilter Schallfelder
r = (x − xQ )2 + (y − yQ )2 + z 2
(13.94)
beschreibt. Selbstverst¨ andlich m¨ ussen die Verfahren ’Zerlegung in Wellen’ und ’Zerlegung in Quellen’ zu identischen Resultaten f¨ uhren. Tats¨achlich l¨asst sich dieses Faktum auch mit Hilfe des Faltungssatzes beweisen. Im Ausdruck 1 p(x, y, z) = 4π 2
∞ ∞ c −∞ −∞
k0 −jkz z e Vz (kx , ky )ejkx x ejky y dkx dky kz
(13.95)
f¨ ur den Schalldruck, der nach Einsetzen von Gl.(13.91) in Gl.(13.90) entsteht, kann das r¨ uckzutransformierende Wellenzahlenspektrum aufgefasst werden als Produkt einer ’abstrahltypischen’ Funktion H(kx , ky , z) mit H(kx , ky , z) = c
k0 −jkz z e kz
(13.96)
und der ’strahlertypischen’ Funktion Vz (kx , ky ): 1 p(x, y, z) = 4π 2
∞ ∞ H(kx , ky , z)Vz (kx , ky )ejkx x ejky y dkx dky .
(13.97)
−∞ −∞
Die ’abstrahltypische Funktion’ H(kx , ky , z) ist nichts anderes als die (¨ortliche) ¨ Ubertragungsfunktion die angibt, wie ein Wellenl¨angensegment des Strahlers zur Abstrahlung beitr¨ agt. Dass Vz (kx , ky ) den Strahler selbst durch Angabe seiner Wellenl¨ angen-Zerlegung beschreibt, das ist wohl evident. Der Schalldruck im Raum ergibt sich demnach durch R¨ ucktransformation des Produktes H(kx , ky , z)Vz (kx , ky ), und aus diesem Grund l¨asst sich p(x, y, z) auch aus der Faltung der zugeh¨ origen R¨ ucktransformierten berechnen. Sei also zun¨achst mit h(x, y, z) die R¨ ucktransformierte von H(kx , ky , z) bezeichnet, gelte also 1 h(x, y, z) = 4π 2
∞ ∞ H(kx , ky , z)ejkx x ejky y dkx dky .
(13.98)
−∞ −∞
Die anschauliche Bedeutung von h(x, y, z) ergibt sich dabei aus folgender ¨ Uberlegung. F¨ ur eine Delta-f¨ ormige Quelle vz (x, y) = δ(x)δ(y) besteht die Fourier-Transformierte der Strahlerschnelle in Vz (kx , ky ) = 1. In diesem speziellen Fall liest man durch Vergleich von Gl.(13.97) und Gl.(13.98) p(x, y, z) = h(x, y, z) ab. Offensichtlich beschreibt h(x, y, z) demnach die ’¨ortliche Impulsantwort’, die Raumreaktion auf eine Delta-f¨ ormige Quelle im Ursprung also. Der Schalldruck im Raum muss nun schließlich auch aus der Faltung von Strahlerschnelle und ¨ ortlicher Impulsantwort
465
466
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
∞ ∞ vz (xQ , yQ )h(x − xQ , y − yQ , z)dxQ dyQ .
p(x, y, z) =
(13.99)
−∞ −∞
berechnet werden k¨ onnen. Die ¨ ortliche Impulsantwort h(x, y, z) aber l¨asst sich ¨ aus den in Kapitel 3 geschilderten Uberlegungen recht einfach ermitteln. Da es sich um eine in den Halbraum z > 0 strahlende Volumenquelle vz (x, y) = δ(x)δ(y) mit dem Volumenfluss von Q = 1 handelt, gilt nach Gl.(3.13) h(x, y, z) =
√ 2 2 2 jω e−jk x +y +z , 2π x2 + y 2 + z 2
(13.100)
womit Gl.(13.99) schließlich in das Rayleigh-Integral (13.93) u ¨bergeht. Das Rayleigh-Integral, welches das ’Verfahren der Quellenzerlegung’ exakt fasst, kann also auch mit Hilfe des Faltungssatzes aus der ’Methode der Wellenzerlegung’ begr¨ undet werden. Beide Verfahren sind vollst¨andig a¨quivalent. Schließlich ist noch zu erw¨ ahnen, dass die in Kapitel 3.6 abgeleitete Fernfeldn¨ aherung (wie bei ’eindimensionalen’ Strahlern) die Fouriertransformierte der Strahlerschnelle enth¨ alt. Durch Vergleich von Gl.(3.63) mit Gl.(13.88) (angewandt auf die Strahlerschnelle) erh¨ alt man n¨amlich jω −jkR e Vz (kx = − sin ϑ cos ϕ, ky = −k sin ϑ sin ϕ) , 2πR (13.101) wobei (R, ϑ, ϕ) das Koordinatensystem der Kugelkoordinaten angibt. Nat¨ urlich wird damit wieder nur ausgedr¨ uckt, dass jeder (langwelligen) Wellenl¨angenKombination (λx , λy ) des Strahlers (mit kx = 2π/λx und ky = 2π/λy ) eben auch eine spezielle Laufrichtung zugeordnet ist, die sich direkt aus Gl.(13.101) entnehmen l¨ asst. pfern (R, ϑ, ϕ) =
13.6 Zusammenfassung ¨ ¨ Lineare und zeitinvariante Ubertrager (LTI-Ubertrager) gehorchen dem Invarianzprinzip: liegt ein Eingangssignal aus einem reinen Ton vor (damit ist ein sinusf¨ ormiger Zeitverlauf gemeint), dann besteht das Ausgangssignal stets ¨ ebenfalls in einem reinen Ton gleicher Frequenz. Die Ubertragung von reinen T¨onen • •
findet also ohne Verzerrung der Signalform statt und ¨ deshalb wird sie vollst¨ andig durch die von der Ubertragung bewirkten Ver¨ anderung von Amplitude und Phase des Eingangssignals beschrieben.
Einen gut u ¨berschaubaren und leicht handhabbaren Beschreibungsap¨ parat f¨ ur die (LTI-) Ubertragung beliebiger, allgemeiner Eingangssignale (Sprache, Motorger¨ ausche, Musik,... , um nur Beispiele zu nennen) erh¨alt
13.7 Literaturhinweise
467
man deswegen durch die Signal-Reihen-Darstellung aus reinen T¨onen unterschiedlicher Frequenzen und komplexwertiger Amplituden (bei periodischen Vorg¨ angen) oder - im Grenzfall bei nicht-periodischen (’einmaligen’) Vorg¨ angen - durch die Integration u one mit variabler Frequenz. Die ¨ber T¨ mathematischen Dekompositions- und Kompositions-Verfahren in reine T¨one und aus reinen T¨ onen heißen ’Fourier-Reihen-Entwicklung’ (bei periodischen Zeitverl¨ aufen) und ’Fourier-Transformation’ (im nicht-periodischen Fall). Sie sind beide naturgem¨ aß umkehrbar eindeutig: zu einem speziellen Zeitverlauf geh¨ ort genau eine spezifische Transformierte, und umgekehrt. ¨ Im so geschaffenen Frequenzbereich l¨ asst sich jede (LTI-)Ubertragung durch das Produkt aus dem Spektrum des Eingangssignals X(ω) (damit ist ¨ die Fourier-Transformierte des Eingangssignals bezeichnet) und der Ubertragungsfunktion H(ω) beschreiben: f¨ ur das Spektrum des Ausgangssignals Y (ω) ¨ gilt Y (ω) = H(ω)X(ω). Letztlich wird so die Ubertragung zur¨ uckgef¨ uhrt auf die Betrachtung der akustischen Farbzusammensetzung des Eingangssignals ¨ und der verf¨ arbenden Wirkung des Ubertragers. F¨ ur die Behandlung der Schallabstrahlung von Ebenen erweist sich die Fourier-Transformation von Ortsfunktionen als n¨ utzlich. Dadurch wird der Strahler in viele Bestandteile unterschiedlicher Strahler-Wellenl¨angen zerlegt, diese Zusammensetzung ist typisch f¨ ur den betreffenden Strahler. Die Betrachtung der Abstrahlung einzelner Komponenten ergibt das grunds¨atzliche Wirkungs-Prinzip der Schallabstrahlung: •
kurze Strahlerwellenl¨ angen (deren Wellenl¨ angen kleiner sind als die Weluhren nur zu Nahfeldern auf der Strahlenl¨ ange im umgebenden Medium) f¨ leroberfl¨ ache, • langwellige Strahlerbestandteile dagegen werden unter einem gewissen, von den beiden beteiligten Wellenl¨ angen abh¨ angenden Winkel in Form einer ebenen Welle schr¨ ag abgestrahlt und sind daher auch im Fernfeld merklich. Weil jeder Strahlerwellenl¨ ange nur ein einziger, wohldefinierter Abstrahlwinkel zugeordnet ist, ergibt sich die Richtcharakteristik im Fernfeld unmittelbar aus ¨ dem langwelligen Anteil des Strahler-Wellenzahlspektrums. Uber diese wohl wichtigste Erkenntnis der ’Fourier-Akustik’ hinaus er¨offnet letztere noch die prinzipielle M¨ oglichkeit zur akustischen Holographie, bei welcher das Schallfeld im ganzen Raum aus dessen Vermessung in einer Ebene (nach Betrag und Phase) m¨ oglich gemacht wird.
13.7 Literaturhinweise Der Verfasser verdankt sein Wissen u ¨ber die systemtheoretischen Grundlagen zu einem nicht unerheblichen Teil dem Werk von Rolf Unbehauen (Unbehauen, R.: ’Systemtheorie’, R. Oldenbourg Verlag, M¨ unchen 1971), das u. a. auch auf die Fourier-Transformation eingeht.
468
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
Der Zeitschriftenbeitrag von Manfred Heckl (Heckl,M.: ’Abstrahlung von ebenen Schallquellen’, ACUSTICA 37 (1977), S. 155 - 166) bildet wohl den ersten und grundlegenden Anstoß zur Fourier-Akustik. Als Fundament der Fourier-Transformation ist nach Meinung des Verfassers vor allem das Werk von Papoulis (Papoulis, A.:’The Fourier Integral and Its Applications’, McGraw-Hill, New York 1963) zu nennen.
¨ 13.8 Ubungsaufgaben Aufgabe 1 Man berechne das Amplitudenspektrum An des mit T periodischen RechteckSignals, das innerhalb einer Periode in −T /2 < t < T /2 durch 1, |t| < TD /2 x(t) = 0, sonst definiert ist. TD (TD < T ) nennt die Einschaltdauer innerhalb der Periode. Wie konvergiert An prinzipiell? Aufgabe 2 Allgemein kann man davon ausgehen, dass die prinzipielle Konvergenzeigenschaft der Amplituden An sich bei allen unstetigen Funktionen verh¨alt wie beim Rechtecksignal in Aufgabe 1. Dies vorausgesetzt: •
Wie konvergieren die An eines stetigen Signals, dessen erste Ableitung aber unstetig ist? • Wie konvergieren die An eines stetigen Signals mit stetiger erster Ableitung, aber unstetiger zweiter Ableitung? • Wie konvergieren die An eines stetigen Signals mit den ersten m stetigen Ableitungen, aber unstetiger m + 1-ter Ableitung?
Man kommentiere die Ergebnisse im Hinblick auf die Anzahl der f¨ ur eine numerisch wirklich durchgef¨ uhrte ’gute’ Nachbildung xM f¨ ur x. Aufgabe 3 Welche physikalische Dimension besitzt die in Bild 13.1 geschilderte Rechteckfunktion rΔT (t)? Welche physikalische Dimension besitzt die Deltafunktion δ(t)?
¨ 13.8 Ubungsaufgaben
469
Aufgabe 4 Man beweise den sogenannten ’Energiesatz’, demzufolge ∞
1 |x(t)| dt = 2π
∞ |X(ω)|2 dω
2
−∞
−∞
gilt. Man benutze dazu den Faltungssatz, der sich auf das Produkt zweier Zeitsignale bezieht. Das linke Integral ließe sich als ’zeitliche Signalenergie’, das rechte Integral als ’spektrale Signalenergie’ bezeichnen. So gesehen stellt der Energiesatz ein Erhaltungsprinzip auf. Aufgabe 5 Man beweise, dass die sogenannte Autokorrelationsfunktion ∞ a(t) =
x(t + τ )x∗ (τ )dt
−∞
gleich der R¨ ucktransformierten von |X(ω)|2 ist: a(t) = F−1 {|X(ω)|2 } Man benutze dazu den Faltungssatz, der sich auf das Produkt zweier Spektren bezieht. Hier sind der Allgemeinheit halber komplexe Zeitfunktionen zugelassen worden. F¨ ur reellwertige Zeitfunktionen entf¨ allt das Konjugiert-Zeichen ∗ . Aufgabe 6 ¨ Man zeige, dass f¨ ur jeden linearen und zeitinvarianten Ubertrager die Zusammenh¨ ange • zwischen den komplexen Amplituden x und y von Eingang und Ausgang • und zwischen den Fourier-Transformierten X(ω) und Y (ω) von Eingang und Ausgang identisch sind. Aufgabe 7 Man berechne die Impulsantwort f¨ ur die Auslenkung x der Masse bei einem ¨ einfachen Resonator (siehe Kapitel 5) aus der Ubertragungsfunktion
470
¨ 13 Eigenschaften und Beschreibung von Ubertragern
H(ω) =
X(ω) = F (ω) 1−
1 s ω2 ω02
+ jη ωω0
.
Dabei ist ω0 = s/m die Resonanzfrequenz des Schwingers, η bezeichnet den Verlustfaktor. Hinweise: Das einfachste L¨ osungsverfahren besteht in der Benutzung des Residuen-Satzes. Alternativ f¨ uhrt aber auch eine Partialbruchzerlegung zum Erfolg. Aufgabe 8 Man berechne die Impulsantwort der Schallschnelle eines durch eine Punktkraft Fa = F0 δ(x)δ(t) zu Biegewellen angeregten Stabes in Abh¨angigkeit vom Aufpunkt x auf dem Stab. Bemerkung: Darin bezeichnet F0 den im Kraftverlauf enthaltenen Gesamtimpuls, d.h. die Einheit von F0 ist dim(F0 ) = N s. ¨ Hinweise: Gesucht ist also die R¨ ucktransformierte der Ubertragungsfunktion F0 √ (e−jkB x − je−kB x ) V (ω) = 4kB m B (g¨ ultig nur f¨ ur ω > 0), die sich (wegen des in Aufgabe 6 genannten Sachverhaltes) unmittelbar aus der L¨ osung der letzten Aufgabe in Kapitel 4 ergibt. Man beachte, dass V (−ω) = V ∗ (ω) gelten muss; sonst w¨are die gesuchte Impulsantwort nicht reell. Die Bedeutung der Gr¨ oßen kann Kapitel 4 entnommen werden, dort findet man auch die Wellenzahl kB der Biegewellen. Aufgabe 9 Man bestimme die Fourier-Transformierte der Gaussfunktion 2
f (t) = f0 e−γt . Aufgabe 10 Man bestimme die Richtcharakteristik im Fernfeld eines Strahlerstreifens der Breite b (b << λ0 ) mit dem Schwingungsverlauf vy (x) = v0 e−|x|/x0 . Aufgabe 11 Gegeben sei die Schwinggeschwindigkeit eines Strahlerstreifens der Breite b (b << λ0 ) v0 vy (x) = [ej2πnx/l + εe−j2πnx/l ] 2
¨ 13.8 Ubungsaufgaben
471
(0 < x < l, l= L¨ ange). Man zeige, dass es sich f¨ ur ε = 1 um einen Schwingungsverlauf mit B¨ auchen an den R¨ andern x = 0 und x = l, f¨ ur ε = −1 mit Knoten an den R¨ andern handelt. Aus der fouriertransformierten Schwingschnelle soll weiter der Unterschied in der jeweils abgestrahlten Leistung f¨ ur ε = 1 und ε = −1 qualitativ deutlich gemacht werden. Aufgabe 12 Man bestimme die Fourier-Transformierte der Amplituden-modulierten Signale f1 (t) = g(t)ejω0 t und f2 (t) = g(t) cos ω0 t : Dabei ist g(t) eine Einh¨ ullende (z.B. eine Gaussfunktion) u ¨ber der Tr¨agerfrequenz ω0 . Aufgabe 13 Ein eindimensionaler, reflexionsfreier Wellenleiter, auf welchem sich ein Schalloder Schwingungsfeld v(x, t) mit der (reellen) Wellenzahl k ausbreitet, bildet den Gegenstand dieser Aufgabe. Dabei kann k = k(ω) √ eine beliebige Frequenzabh¨ angigkeit besitzen, z.B. ist bei Biegewellen k ∼ ω. Auf dem Wellenleiter wird an der Stelle x = 0 der Amplituden-modulierte Schwingungsverlauf v(0, t) = g(t) cos ω0 t vorgefunden. Dabei ist g(t) wie in Aufgabe 11 eine Einh¨ ullende (z.B. die Gaussfunktion) von der hier angenommen sei, dass sie schmalbandigen Charakter habe. Man beschreibe n¨ aherungsweise, wie sich dieses Signal auf dem Wellenleiter fortpflanzt.
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A Rechnen mit Pegeln
A.1 Dekadischer Logarithmus Der dekadische Logarithmus ist als Umkehrung des Potenzrechnens mit der Basis 10 definiert. Gilt zwischen zwei Zahlen x und y der Zusammenhang x = 10y ,
(A.1)
dann bezeichnet man y auch als den dekadischen Logarithmus von x: y = lg x .
(A.2)
Der von (A.1) und (A.2) genannte Sachverhalt l¨asst sich auch als folgende Aufgabe beschreiben: Gesucht ist zu einer gegebenen Zahl x eine zweite Zahl mit dem Namen Logarithmus von x“ so, dass 10 hoch diese zweite Zahl ” wieder x ergibt; x = 10lg(x) . Auch hier ist nat¨ urlich nichts weiter ausgesagt, als dass Logarithmieren und 10 hoch nehmen“ sich als Operationen gegenseitig ” aufheben. Einige Zahlenwerte, die direkt daraus folgen, wie lg(10) = 1 lg(100) = 2 lg(10n ) = n zeigen nochmals, dass die Logarithmuskurve gerade die prinzipielle Gestalt der Empfindungskennlinie in Bild 1.2 besitzt. Aus der Definition folgen unmittelbar einfache Rechenregeln. Zum Beispiel gilt f¨ ur das Produkt ab = 10lg(ab) wegen a = 10lg(a) und b = 10lg(b) 10lg(a) 10lg(b) = 10(lg(a)+lg(b)) = 10lg(ab)
474
A Rechnen mit Pegeln
und deshalb ist die Produktregel lg(ab) = lg(a) + lg(b) .
(A.3)
lg(a/b) = lg(a) − lg(b) .
(A.4)
lg(ab ) = b lg(a) .
(A.5)
Ebenso gilt Auch ist ¨ Beim Ubergang zu einer anderen Basis wird die oben benutzte 10 durch eine beliebige andere Zahl ersetzt. Der Logarithmus von x zur Basis a ist also definiert durch (A.6) x = aloga (x) . Der Zusammenhang von Logarithmen verschiedener Basen l¨asst sich wie folgt herstellen. F¨ ur zwei Basen a und b gilt nach (A.6) aloga (x) = blogb (x) . Wendet man darauf die Operation loga an, so erh¨alt man loga (aloga (x) ) = loga (x) = loga (blogb (x) ) = logb (x) loga (b) , also loga (x) = logb (x) loga (b) .
(A.7)
Alle Logarithmuskurven haben also unabh¨ angig von ihrer Basis (bis auf die Skalierung der Abszisse) gleiche Gestalt. Dem zuk¨ unftigen Akustiker sei noch der Wert lg 2 = 0, 3 ans Herz gelegt; er wird ihn oft brauchen.
A.2 Pegel-Umkehrgesetz Die Pegeldefinition L = 10 lg(p/p0 )2 (p0 = 2 10−5 N/m2 = Bezugsschalldruck) l¨ asst sich durch bilden von 10L/10 lg(x) wegen 10 = x nach dem Schalldruckquadrat aufl¨osen:
p p0
2 L
= 10 10 .
(A.8)
Nat¨ urlich kann man den physikalischen Schalldruck aus dem Pegel wiedergewinnen.
A.3 Gesetz der Pegeladdition
475
A.3 Gesetz der Pegeladdition H¨ aufig steht man vor der Aufgabe, aus mehreren Pegeln einen zu machen. Einfaches Beispiel: Zwei PKW erzeugen (an der selben Stelle) einzeln die Pegel L1 und L2 . Wie groß ist der Gesamtpegel bei gleichzeitigem Betrieb ¨ beider PKW? Ahnliche Fragestellungen kommen sehr oft vor. Die PKW stehen dabei stellvertretend f¨ ur die Erzeugung von sogenannten ’inkoh¨ arenten’ Signalen. Damit sind allgemein Signale gemeint, die von nicht zusammenh¨ angenden Quellen herstammen. Das dr¨ uckt sich zum Beispiel darin aus, dass die Signale nicht die gleichen Frequenzen enthalten. Es w¨ are schon ein sehr großer Zufall, wenn die Motoren der beiden PKW mit genau der gleichen Drehzahl liefen. Andere Beispiele f¨ ur inkoh¨arente Signale sind Sprachsignale verschiedener Sprecher, das Rauschen von zwei Straßen oder anderen Rausch-Verursachern wie Wasserf¨ allen oder B¨achen und schließlich das Vorbeiziehen von Bahnen oder Flugzeugen. Nat¨ urlich d¨ urfen die genannten Beispiele auch ’gemischt’ vorkommen: auch Sprecher und Bach oder PKW und Flugzeuge sind zueinander inkoh¨ arent. Wir leben also nachgerade in einer Welt aus inkoh¨arenten Quellen, in der koh¨ arente Quellen eher die Ausnahme bilden. Koh¨arent werden andererseits solche Signale genannt, hinter denen sich ein und die selbe Ursache verbirgt: Zum Beispiel sind elektrische Maschinen, die von einem einzigen Netz gespeist werden, nat¨ urlich koh¨ arent und enthalten alle die gleichen Frequenzen. Das gleiche gilt auch f¨ ur Lautsprecher, die von der selben Spannungsquelle gespeist werden. Das einfachste Modell f¨ ur ein Signal aus zwei inkoh¨arenten Bestandteilen besteht in dem aus zwei unterschiedlichen Frequenzen zusammengesetzten Summensignal: p = p1 cos ω1 t + p2 cos ω2 t . Der quadrierte Effektivwert, f¨ ur den allgemein p2eff
1 = T
T p2 (t)dt
(A.9)
0
gilt, wird demnach zu p2eff
1 = T
T (p21 cos2 ω1 t + p22 cos2 ω2 t + 2p1 p2 cos ω1 t cos ω2 t) dt . 0
Wenn, wie vorausgesetzt, die Frequenzen ω1 und ω2 ungleich sind, dann wird das letzte Integral wegen cos ω1 t cos ω2 t = (cos(ω1 − ω2 )t + cos(ω1 + ω2 )t)/2 sehr viel kleiner als die beiden ersten Anteile. Es bleibt damit p2eff =
1 2 p1 + p22 = p2eff,1 + p2eff,2 . 2
(A.10)
476
A Rechnen mit Pegeln
Der quadrierte Effektivwert des Gesamtsignals ist also gleich der Summe der einzelnen Effektivwertquadrate. Allgemeiner gilt f¨ ur ein aus N unterschiedlichen Frequenzen zusammengesetztes Signal N 2 p2eff,i . (A.11) peff = i=1
Das Gesetz der Pegeladdition ergibt sich aus (A.11), indem noch alle Effektivwerte durch Pegel ausgedr¨ uckt werden (p0 = Bezugsschalldruck = 2 10−5 N/m2 ) Lges = 10 lg p2eff /p20 = 10 lg
N i=1
p2eff,i /p20 = 10 lg
N
10Li /10 .
(A.12)
i=1
Gleichung (A.12) heißt Gesetz der Pegeladdition“. Es besagt, dass die Pegel ” gerade NICHT addiert werden, sondern dass aus den Teilpegeln auf die Teileffektivwertquadrate zur¨ uckgerechnet werden muss, deren Summe dann das Quadrat des Gesamteffektivwertes ergibt. Das Gesetz der Pegeladdition wurde oben durch die Betrachtung eines Summensignals aus reinen T¨ onen begr¨ undet, eine recht leicht durchf¨ uhrbare Methode, bei der nur einfache Integrale zu berechnen sind. Es gibt noch eine zweite, vielleicht etwas weniger formale Herleitung des Gesetzes, die mehr das Vorstellungsverm¨ ogen benutzt und hier noch vorgestellt werden soll. Sie geht von der Annahme v¨ ollig regelloser Vorg¨ ange aus; damit sind z.B. Zahlenfolgen gemeint, deren Abfolge auf keine Weise vorhergesagt oder berechnet werden kann. Einfache Beispiele bestehen in der Zahlenfolge, die beim W¨ urfeln entstehen oder beim Werfen mit einer M¨ unze, wenn ihre beiden Seiten mit je einer Zahl (z.B. +1 und -1) bezeichnet werden. Solche Signale k¨onnen z.B. auch mit Hilfe eines Zufallsgenerators im Computer erzeugt werden. Wenn man ein solches Signal dann (mit einer geeigneten Abspielgeschwindigkeit) u oren sie sich sehr ¨ahnlich wie der oben ¨ber Lautsprecher wiedergibt, dann h¨ angef¨ uhrte Wasserfall an. Man bezeichnet diese Signale deshalb allgemein als weißes Rauschen. Was passiert nun, wenn zwei voneinander g¨anzlich unabh¨angige weiße Signale addiert werden? Zur Antwort wird wieder von der einfachst-m¨oglichen Annahme ausgegangen. Sie besteht in der zweiwertigen Zahlenfolge, die z.B. beim M¨ unzenwerfen entsteht. Es sind nun also zwei solcher Folgen zu addieren, die miteinander in keinerlei Verbindung stehen, die also z.B. durch zwei verschiedene M¨ unzen und M¨ unzenwerfer entstanden sind oder von zwei unterschiedlichen Rauschquellen herstammen. Der Einfachheit halber sei die endliche Folgenl¨ ange N angenommen. Die Summe der Folgen besitzt folgende Eigenschaften: •
Auf die N/2 Zahlenwerte +1 der einen Zahlenfolge entfallen je zur H¨alfte die Werte +1 und -1 der zweiten Folge. In der Summe sind demnach N/4 Nullen und N/4 mal der Wert 2 enthalten.
A.3 Gesetz der Pegeladdition
477
•
Auch auf die N/2 Zahlenwerte -1 der einen Zahlenfolge entfallen je zur H¨ alfte die Werte +1 und -1 der zweiten Folge. Die Folgen-Summe enth¨alt demnach ein weiteres Mal N/4 Nullen und N/4 mal den Wert -2. • Insgesamt besteht die Summenfolge also aus N/2 Nullen, aus N/4 mal dem Wert 2 und N/4 mal dem Wert -2. Die Summe der quadrierten Elemente der Summenfolge betr¨agt also 4N/2 = 2N . Der quadratische Mittelwert ist also gleich 2. Auch hier zeigt sich, dass die quadrierten Effektivwerte der Teile wie in (A.10) zu summieren sind, wenn der Effektivwert der Summenfolge gebildet werden soll.
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B Komplexe Zeiger
Anhang B dient • •
einer kurzen Einf¨ uhrung in die Definition von komplexen Zahlen und ihrer Rechenregeln und zur Erl¨ auterung, wie und warum komplexe Zahlen zur Beschreibung von akustischen Vorg¨ angen benutzt werden.
B.1 Einfu ¨ hrung in das Rechnen mit komplexen Zahlen Komplexe Zahlen lassen sich als Punkte in einer Ebene auffassen, eine der beiden Achsen besteht dabei in der Zahlengeraden der reellen Zahlen (hier auch als x-Achse bezeichnet). Meistens stellt man eine komplexe Zahl graphisch (wie in Bild B.1) durch die Verbindungslinie zwischen Ursprung und Punkt dar; diese Linie nennt man Zeiger“. ”
Im{z}
Iz
I
z
y
ϕ x
Re{z}
Bild B.1. Darstellung der komplexen Zahl z in der komplexen Ebene
480
B Komplexe Zeiger
Wie bei jedem Zahlenkalk¨ ul besteht der Grund zur Definition in den Operationsm¨ oglichkeiten, die daraus entstehen. Alle Rechenregeln und Operationen f¨ ur komplexe Zahlen lassen sich denn auch aus der Absicht herleiten, dass ein j“ genanntes Element einen beliebigen Zeiger um 90◦ im mathematisch ” positiven Sinn drehen soll. So entsteht die zur x-Achse senkrechte y-Achse, sie geht aus der reellen Zahlengeraden x durch Multiplikation mit j hervor. Eine komplexe Zahl l¨ asst aus dem nicht gedrehten“ und dem durch Drehung ” ” entstandenen Anteil“ zusammensetzen: z = x + jy .
(B.1)
Dabei sind x und y reelle Zahlen. Bei der Addition komplexer Zahlen geht man vor wie in der Algebra ge¨ ¨ wohnt. In der Mathematik werden Apfel nur zu Apfeln und Birnen nur zu Birnen gez¨ ahlt; ebenso werden nicht drehende“ und drehende“ Elemente ” ” getrennt summiert. Mit z1 = x1 + jy1 und z2 = x2 + jy2 ist z1 + z2 = (x1 + x2 ) + j(y1 + y2 ) .
(B.2)
Alle reellen Gr¨ oßen d¨ urfen auch negative Werte besitzen, (B.2) enth¨alt also auch die Subtraktion. Aus der Definition Multiplikation mit j dreht um 90◦“ folgt, dass j mit ” j multipliziert die Zahl −1 ergibt: j j = j 2 = −1 .
(B.3)
Ebenso ist j 3 = −j, j 4 = 1, etc. Den Sachverhalt (B.3) schreibt man auch als √ j = −1 . (B.4) Deshalb bezeichnet man j auch als imagin¨ are“ Einheit. Den Achsenabschnitt ” x der komplexen Zahl z nach (B.1) nennt man den REALTEIL von z, kurz x = Re{z} .
(B.5)
¨ Den Achsenabschnitt y nennt man den IMAGINARTEIL von z, kurz y = Im{z} ,
(B.6)
z = x + jy = Re{z} + jIm{z} .
(B.7)
also auch Man beachte, dass y eine reelle Zahl bezeichnet. Unter dem Betrag |z| einer komplexen Zahl versteht man die L¨ ange des Zeigers, nach Pythagoras ergibt sich aus Bild B.1 |z| = x2 + y 2 . (B.8) Der Zeiger l¨ asst sich auch beschreiben durch seinen Betrag und den Winkel, den er mit der reellen Achse einschließt. Wegen
B.2 Verwendung komplexer Zeiger zur Beschreibung akustischer Vorg¨ ange
481
x = |z| cos ϕ
(B.9)
y = |z| sin ϕ
(B.10)
z = |z|(cos ϕ + j sin ϕ) .
(B.11)
und ist Der Betrag des Zeigers cos ϕ + j sin ϕ ist gleich 1. An den Potenzreihenentwicklungen cos ϕ =
∞ n=0
(−1)n
ϕ2n (2n)!
und
sin ϕ =
∞ n=0
(−1)n
ϕ2n+1 (2n + 1)!
und ejϕ =
∞ ∞ ∞ ∞ j 2n ϕ2n j 2n+1 ϕ2n+1 ϕ2n (−1)n ϕ2n+1 + = +j (−1)n (2n)! (2n + 1)! (2n)! (2n + 1)! n=0 n=0 n=0 n=0
stellt man fest, dass cos ϕ + j sin ϕ = ejϕ
(B.12)
gilt. Gleichung (B.12) ist sehr n¨ utzlich, wenn Multiplikationen oder Divisionen ausgef¨ uhrt werden sollen. Seien z1 = |z1 |ejϕ1 und z2 = |z2 |ejϕ2 , dann gilt z1 z2 = |z1 ||z2 |ej(ϕ1 +ϕ2 )
(B.13)
|z1 | j(ϕ1 −ϕ2 ) e . |z2 |
(B.14)
und ebenso z1 /z2 =
Nach (B.13) bewirkt die komplexe Multiplikation von z1 mit z2 eine Drehung angerung“ von z1 um den Faktor |z2 |. von z1 um ϕ2 und eine Verl¨ ” Die Wurzel aus einer komplexen Zahl z = |z|ejϕ ist √ z = ± |z|ejϕ/2 . (B.15)
B.2 Verwendung komplexer Zeiger zur Beschreibung akustischer Vorg¨ ange ¨ Alle in diesem Buch behandelten Ubertragungsvorg¨ ange haben zwei grunds¨atzliche Eigenschaften:
482
B Komplexe Zeiger
1. Sie sind (bei hinreichend kleinen Amplituden) linear; das Prinzip der un¨ gest¨ orten Uberlagerung kann angewandt werden. 2. Die Strukturen selbst sind zeitunver¨ anderlich. Zum Beispiel kann man annehmen, dass sich bei der Schallabstrahlung ins Freie die Schallgeschwindigkeit nicht ¨ andert, auch besteht das Schallfeld in der Summe der Teilfelder, die von den Summanden in einer Lautsprecherspannung einzeln hervorgerufen worden sind. Auch bei W¨anden ist vern¨ unftigerweise davon auszugehen, dass Masse und Biegesteife sich zeitlich nicht a ¨ndern und dass sie nach dem Superpositionsprinzip auf Kr¨aftesummen rea¨ gieren. Ahnliche Bemerkungen kann man f¨ ur alle in diesem Buch behandelten ¨ akustischen Ubertrager anstellen. ¨ Allen linearen und zeitinvarianten Ubertragern ist gemeinsam, dass sie auf eine zeitlich sinusf¨ ormige Anregung stets auch mit einem Sinuston gleicher Frequenz antworten (siehe dazu auch Kapitel 13 dieses Buches). Wird z.B. eine Wand mit einem Sinuston beschallt, dann ist empfangsseitig der gleiche Ton zu h¨ oren, der nat¨ urlich noch in der Amplitude abgeschw¨acht und phasenverschoben ist. Auch ein Mikrophon, dem Druck p0 sin ω0 t ausgesetzt, liefert eine Ausgangsspannung mit gleicher Signalform und Frequenz; und auch der Schalldruck in dem mit einem Sinuston beschallten Kanal - um noch ein drittes Beispiel zu nennen - hat stets ebenfalls die Signalgestalt dieses Sinustones - mit ortsabh¨ angiger Amplitude und Phase. ¨ F¨ ur alle hier zur Debatte stehenden Ubertrager gilt also, dass ihr Aus” gang“ y(t) y(t) = |H(ω)|x0 cos(ωt + ϕH + ϕx ) (B.16) eine um ϕH phasenverschobene und um |H| in der Amplitude verst¨arkte“ ” Version des Einganges“ ” (B.17) x(t) = x0 cos(ωt + ϕx ) bildet. Dabei bezeichnet der Ausgang y die Schwingreaktion (die Membranauslenkung, die Ausgangsspannung, den Schalldruck im Kanal, . . . ) und der Eingang x die Anregung (die Lautsprecherspannung, die eingeleitete ¨ Kraft, . . . ). Die Tatsache, dass die Signalform bei der Ubertragung von reinen T¨ onen nicht ge¨ andert wird, ist eine ganz spezielle und keineswegs selbstverst¨ andliche Eigenschaft von linearen, zeitinvarianten Strukturen und der Sinusform. Zum Beispiel werden andere Signalgestalten (etwa dreieckf¨ormige oder rechteckig periodisch) ganz und gar nicht unverformt u ¨bertragen; selbst die einfache Zeitableitung bei der Abstrahlung von Volumenquellen in Kapitel 3.3 nach Gl. (3.14) bewirkt eine Signalverformung, bei der z.B. aus dem Dreiecksverlauf eine Rechteckgestalt entsteht. Die Besonderheit, dass die Sinusform stets unge¨andert u ¨bertragen wird, ¨ f¨ uhrt zu einer sehr einfachen Beschreibung: Bei reinen T¨onen wird die Ubertragung vollst¨ andig durch einen Verst¨ arkungsfaktor“ |H(ω)| (der nat¨ urlich ” auch kleiner als 1 oder gar dimensionsbehaftet sein kann) und durch die Phasenverschiebung ϕH beschrieben.
B.2 Verwendung komplexer Zeiger zur Beschreibung akustischer Vorg¨ ange
483
¨ Es ist naheliegend, diese Wirkungen des Ubertragers auf das Eingangssignal durch eine komplexe Multiplikation zu beschreiben. Damit das m¨oglich wird, m¨ ussen den reellen Zeitsignalen von Eingang und Ausgang zun¨achst komplexe Amplituden zugeordnet werden. Dies geschieht mit Hilfe der sogenannten Zeitkonvention f (t) = Re{f ejωt } . (B.18) Hierin ist f die komplexe Amplitude, die zur Beschreibung des reellwertigen Vorgangs f (t) benutzt wird. Mit f = |f |ejϕf
(B.19)
bewirkt (B.18) die Abbildung von der komplexen Amplitude f auf die reelle und beobachtbare Wirklichkeit f (t) = |f | cos(ωt + ϕf ) .
(B.20)
Die Zeitkonvention (B.18) erlaubt die Beschreibung von Sinus-Signalen durch komplexe Amplituden, wobei - nach (B.19) - die Signalamplitude mit dem Betrag der komplexen Amplitude gleichgesetzt wird, der Winkel ϕf ist gleich der Phase des Signals. ¨ Damit ist die Beschreibung einer Ubertragung durch komplexe Multiplikation m¨ oglich geworden. Die Operation y=Hx
(B.21)
¨ gibt die vollst¨ andige Ubertragungsbeschreibung, sie enth¨alt die reelle Amplitudenverst¨ arkung |H| ebenso wie die Phasenverschiebung ϕH . In der Tat zeigt die mit x = |x|ejϕx y = |y|ejϕy H = |H|ejϕH vorgenommene Probe f¨ ur die zeitlichen Signale y(t) = |x||H| cos(ωt + ϕx + ϕH ) , dass y(t) die um |H| verst¨ arkte und um ϕH phasenverschobene Version des Eingangs ist. Der große Vorteil der Verwendung komplexer Zahlen besteht in den viel u uhrenden Rechenoperationen. ¨bersichtlicher und sehr viel leichter durchzuf¨ Zum Beispiel ist die Signalsumme x(t) = x1 cos(ωt + ϕ1 ) + x2 cos(ωt + ϕ2 )
(B.22)
selbst wieder ein Sinuston mit einer Gesamtamplitude xges und einer Gesamtphase ϕges
484
B Komplexe Zeiger
x(t) = xges cos(ωt + ϕges ) . Wie groß xges und ϕges sind, das ist ohne Verwendung von komplexen Zeigern gar nicht einfach auszurechnen; die Durchf¨ uhrung der Rechnung erfordert geh¨ origes Geschick und Erfahrung mit Additionstheoremen. Mit Zeigern dagegen ist (B.23) xges = x1 + x2 mit x1 = x1 ejϕ1
(B.24)
x2 = x2 ejϕ2
(B.25)
und ein Kinderspiel. Auch die Beschreibung von Wellen gestaltet sich mit Hilfe der genannten Definition komplexer Amplituden sehr einfach. Die in positive x-Richtung laufende Welle wird durch p = p0 e−jkx (B.26) beschrieben. Der einzig messbare, reellwertige Schalldruck-Orts-Zeit-Verlauf ist p(x, t) = Re{pejωt } = Re{p0 ej(ωt−kx) } = p0 cos(ωt − kx) (B.27) (k = ω/c: Wellenzahl). Allgemein lassen sich Schallfelder reiner T¨one durch eine komplexwertige Ortsfunktion beschreiben.
C ¨ L¨ osungen der Ubungsaufgaben
¨ C.1 Ubungsaufgaben aus Kapitel 1 Aufgabe 1 Der gesuchte Pegel der Pumpe sei mit LP bezeichnet. F¨ ur den Gesamtpegel Lges gilt 10Lges /10 = 105,5 = 10LP /10 + 105 . Daraus folgt 10LP /10 = 105,5 − 105 oder LP = 10lg(105,5 − 105 ) = 53, 3 dB(A) . Aufgabe 2 Die beiden Oktavpegel betragen L(500 Hz) = 81, 1 dB und L(1000 Hz) = 78, 8 dB. F¨ ur den unbewerteten Gesamtpegel gilt L(lin) = 83, 1 dB und f¨ ur den A-bewerteten Gesamtpegel L(A) = 81, 2 dB. Aufgabe 3 Die Oktavpegel wachsen mit 3 dB pro Verdopplung der Mittenfrequenz. Der unbewertete Gesamtpegel ergibt sich aus N −1
Lges = 10lg(
10(L+i)/10 ) ,
i=0
wobei L den Terzpegel der tiefsten Terz bedeutet. Mit Hilfe der Summenformel f¨ ur die geometrische Reihe findet man
486
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben N −1
10i/10 =
i=0
10N/10 − 1 . 101/10 − 1
Der Gesamtpegel liegt damit um ΔL = 10lg
10N/10 − 1 101/10 − 1
u ur N =10 ergibt das ΔL = 15, 4 dB. ¨ber dem Terzpegel L der tiefsten Terz. F¨ Aufgabe 4 Die Oktavpegel sind ebenfalls untereinander alle gleich, sie sind um 4, 8 dB gr¨ oßer als die Terzpegel. Der Gesamtpegel liegt um ΔL = 10 lg N u ¨ber dem Terzpegel. F¨ ur N=10 ist der Gesamtpegel also um 10 dB gr¨oßer als der Terzpegel. Aufgabe 5 Der auf eine lange Zeit (z.B. 16 Stunden) bezogene energie-¨aquivalente Dauerschallpegel der Bahnstrecke alleine betr¨ agt Leq (Bahn) = Leq (Bahn, 2 min) − 10 lg
120 min = 2 min
Leq (Bahn, 2 min) − 17, 8 = 57, 2 dB(A) Aus dem Gesetz der Pegeladdition ergibt sich dann der Langzeit-Pegel von Straße und Schiene zusammen zu Leq (Gesamt) = 59, 2 dB(A). Aufgabe 6 Der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel f¨ ur den Bezugszeitraum ’tags’ ergibt sich aus Leq (tags) = Leq (30s) − 10lg
5min = 78 − 10 = 68 dB(A) . 30s
Der energie-¨ aquivalente Dauerschallpegel f¨ ur den Bezugszeitraum ’nachts’ ergibt sich aus Leq (nachts) = Leq (30s) − 10lg
8Stunden 20min − 10lg = 30s 4Stunden
= 78 − 16 − 3 = 59 dB(A) .
¨ C.1 Ubungsaufgaben aus Kapitel 1
487
Aufgabe 7 F¨ ur den tats¨ achlich gemessenen Pegel Lm gilt Lm = 10lg(10L/10 + 10LH /10 ) . Dabei ist L der eigentlich zu messende Pegel des interessierenden Vorganges alleine; LH der Pegel des Hintergrundger¨ ausches alleine. Falls LH um ΔL unter L liegt, also f¨ ur LH = L − ΔL, gilt Lm = 10lg(10L/10 + 10(L−ΔL)/10 ) = 10lg(10L/10 (1 + 10−ΔL/10 )) = = 10lg(10L/10 ) + 10lg(1 + 10−ΔL/10 ) = L + ΔLF , ausch verursachten Messfehler mit wobei LF den durch das Hintergrundger¨ ΔLF = 10lg(1 + 10−ΔL/10 ) bedeutet. F¨ ur • ΔL = 6 dB betr¨ agt ΔLF = 1 dB, • f¨ ur ΔL = 10 dB ist ΔLF = 0, 4 dB und • f¨ ur ΔL = 20 dB betr¨ agt ΔLF = 0, 04 dB. Aufgabe 8 Die letzte Gleichung aus der L¨ osung von Aufgabe 7 wird nach 10−ΔL/10 aufgel¨ ost: 10−ΔL/10 = 10ΔLF /10 − 1 . Beide Seiten logarithmiert und dann mit 10 multipliziert ergibt ΔL = −10lg(10ΔLF /10 − 1) . F¨ ur ΔLF = 0, 1 dB folgt daraus der erforderliche St¨orabstand von ΔL = 16, 3 dB. Ein Messfehler von 1 dB erfordert also einen St¨orabstand von 6 dB (siehe Aufgabe 7); f¨ ur einen Messfehler von nur 0, 1 dB ist ein St¨orabstand von 16, 3 dB n¨ otig. Aufgabe 9 F¨ ur Sechstel-Oktaven gilt f¨ ur die Bandgrenzen fo und fu √ 6 fo = 2fu , denn dann ergeben 6 Sechstel-Oktaven eine ganze Oktave. F¨ ur die Mittenfrequenz gilt √ 12 fm = 2 fo fu = 2fu ,
488
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
und deshalb ist f¨ ur die Bandbreite des Durchlassbandes √ 6 Δf = fo − fu = ( 2 − 1)fu . Die Mittenfrequenzen gehorchen dem Gesetz √ 6 (n+1) (n) = 2fm , fm (n)
wobei fm die Mittenfrequenz des n-ten Filters bedeutet. Aufgabe 10 Der Oktavpegel Lokt ergibt sich nach dem Gesetz der Pegeladdition aus den drei Terzpegeln L1 , L2 und L3 zu Lokt = 10lg(10L1 /10 + 10L2 /10 + 10L3 /10 ) , oder 10Lokt /10 = 10L1 /10 + 10L2 /10 + 10L3 /10 . Deswegen gilt 10L3 /10 = 10Lokt /10 − 10L1 /10 − 10L2 /10 , bzw. L3 = 10lg(10Lokt /10 − 10L1 /10 − 10L2 /10 ) , uft werden kann. womit der ’unsichere’ Terzpegel L3 nachgepr¨
¨ C.2 Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
489
¨ C.2 Ubungsaufgaben aus Kapitel 2 Aufgabe 1 Die Funktionen f1 , f2 und f3 erf¨ ullen die Wellengleichung, f4 dagegen bildet keine L¨ osung der genannten partiellen Differentialgleichung. Beispiel f¨ ur den Nachweis: ∂ 2 f1 1 =− , 2 ∂t (t + x/c)2 1 ∂ 2 f1 1 =− 2 , ∂x2 c (t + x/c)2 also gilt ∂ 2 f1 1 ∂ 2 f1 = . ∂x2 c2 ∂t2 Aufgabe 2 Bei gleichem statischem Druck und gleichem Verh¨altnis der spezifischen W¨ armen verhalten sich die Quadrate der Schallgeschwindigkeiten verschiedener Gase zueinander umgekehrt wie ihre Dichten: c2 (Gas) (Luf t) = . 2 c (Luf t) (Gas) Daraus erh¨ alt man die Schallgeschwindigkeit f¨ ur Wasserstoff zu c = 1290 m/s, f¨ ur Sauerstoff ist c = 323 m/s, und f¨ ur Kohlendioxyd gilt c = 275 m/s. Die Elastizit¨ atsmodule sind wegen E = c2 = κp0 (p0 = statischer Druck) alle gleich und betragen E = 1, 4 105 kg/ms2 = 1, 4 105 N/m2 . Die Wellenl¨ angen betragen bei der Frequenz von 1000 Hz • • • •
λ = 1, 29 m f¨ ur Wasserstoff, λ = 0, 323 m f¨ ur Sauerstoff, λ = 0, 275 m f¨ ur Kohlendioxyd und λ = 0, 34 m f¨ ur Luft.
Aufgabe 3 • • • • • •
Schallschnelle = 10−4 m/s = 0, 1 mm/s. ur 100 Hz, Teilchenauslenkung = 0, 16 10−6 m f¨ ur 1000 Hz. Teilchenauslenkung = 0, 016 10−6 m f¨ Schallintensit¨at = 4 10−6 W/m2 , Schallleistung = 16 10−6 W . Schalldruckpegel = 20 lg(2 103 ) = 66 dB = Intensit¨atspegel. Leistungspegel = Intensit¨ atspegel + 10 lg(S/1m2 ) = 72 dB.
490
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 4 Aus den Gleichungen(2.79) bis (2.83) folgt zun¨ achst allgemein bei N gleichen Teilfl¨ achen Si N N P Si p2ef f,i Si Li /10 = = 10 . P0 1m2 i=1 p20 1m2 i=1
F¨ ur den Leistungspegel gilt daher Lw = 10 lg (
N N Si Li /10 Si 10 ) = 10 lg ( 10Li /10 ) + 10 lg ( 2 ) . 2 1m i=1 1m i=1
Damit erh¨ alt man hier Lw = 96, 7dB(A). Aufgabe 5 Die Machzahlen betragen 0,0408 (50 km/h); 0,0817 (100 km/h) und 0,1225 (150 km/h). Daraus erh¨ alt man folgende Empf¨anger-Frequenzen, wenn sich Quelle und Empf¨ anger voneinander fort bewegen:
Empf¨ anger im Fluid ruhend 960, 8 Hz 924, 5 Hz 890, 1 Hz
Quelle im Fluid ruhend 959, 2 Hz 918, 3 Hz 877, 5 Hz
Wenn sich Quelle und Empf¨ anger aufeinander zu bewegen erh¨alt man folgende Empf¨ anger-Frequenzen:
Empf¨ anger im Fluid ruhend 1042, 5 Hz 1089, 0 Hz 1139, 6 Hz
Quelle im Fluid ruhend 1040, 8 Hz 1081, 7 Hz 1122, 5 Hz
Aufgabe 6 Die Schallgeschwindigkeit in Stickstoff (N2 ) betr¨agt bei 293 K (= 200 C) 349 m/s, in Sauerstoff ist c = 326, 5 m/s. In ’schlechter’ Luft ist die Schallgeschwindigkeit etwas gr¨ oßer.
¨ C.2 Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
491
Aufgabe 7 Druck-Ortsverlauf: p = p0 sin kx . Schnelle-Ortsverlauf: v=
jp0 cos kx . c
Resonanzgleichung: cos kl = 0 . (l=L¨ ange) oder kl = π/2 + nπ mit n = 0; 1; 2... bzw. 1 n c f =( + ) . 4 2 l Die ersten drei Resonanzfrequenzen betragen 340 Hz, 1020 Hz und 1700 Hz. Aufgabe 8 In Wasser betragen die Wellenl¨ angen bei 500 Hz: λ = 2, 4 m, bei 1000 Hz: λ = 1, 2 m, bei 2000 Hz: λ = 0, 6 m und bei 4000Hz: λ = 0, 3 m. Aufgabe 9 Feld- und Energiegr¨ oßen im Intervall 0 < t − x/c < T (ausserhalb dieses Intervalles f¨ ur t − x/c < 0 und f¨ ur t − x/c > T sind alle Gr¨oßen gleich Null): π(t − x/c) T π(t − x/c) p(x, t) = 0 c v0 sin T p2 (x, t) 2 π(t − x/c) 2 = 0 c v0 sin I(x, t) = 0 c T 2 π(t − x/c) p (x, t) E(x, t) = = 0 v02 sin2 0 c2 T Die von der Quelle erzeugte Energie EQ ist – nach Abgabe – vollst¨andig im Feld gespeichert, es gilt also ∞ c(t+T ) π(t − x/c) EQ = S dx E(x, t) dx = 0 v02 S sin2 T 0 ct v(x, t) = v0 sin
Mit sin2 x = (1 − cos 2x)/2 wird daraus c(t+T ) 0 v02 0 v02 2π(t − x/c) S dx = ScT 1 − cos EQ = 2 T 2 ct Die von der Quelle erzeugte Energie bei einer Schnelle von v0 = 0, 01 m/s = 1 cm/s, einem Durchmesser von 10 cm des Wellenleiters mit kreisf¨ormiger Querschnittsfl¨ ache S = π 0, 052 m2 und der Signaldauer von T = 0, 01s betr¨ agt damit EQ = 1, 6 10−6 W s.
492
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 10 F¨ ur das Verh¨ altnis aus gemessener Intensit¨ at IM und wahrer Intensit¨at I gilt nach Aufgabenstellung IM 10lg = −2 (−3) , I und daher sin kΔx = 10−0,2 (10−0,3 ) = 0, 63 (0, 5) . kΔx Aus einer geeignet erzeugten Wertetabelle f¨ ur die Spaltfunktion sin kΔx/kΔx findet man kΔx = 0, 5π (kΔx = 0, 6π), also muss Δx/λ < 1/4 = 0, 25 eingehalten werden (Δx/λ < 0, 3). Hieraus ergibt sich mit Δx = 2, 5 cm als Frequenzgrenze der Messung f = 3, 4 kHz (f = 4, 1 kHz). Aufgabe 11 Es muss
ϕ f Δx pp < 2π 5c ps
f¨ ur die Phasentoleranz ϕ eingehalten werden. Mit f = 100 Hz, Δx = 5 cm und ps /pp = 10 erh¨ alt man eine noch tolerable Phasentoleranz von ϕ < 0, 3 10−3 (0, 3 10−4 ) , 2π das entspricht – in Grad ausgedr¨ uckt – dem Phasenfehler von 0, 11◦ (0, 011◦ ). Aufgabe 12 Vor dem Passieren des Mikrophons f¨ ahrt der Einsatzwagen auf den Empf¨anger zu, der Zusammenhang zwischen Sendefrequenz fQ und Empfangsfrequenz fE1 besteht deshalb in fQ fE1 = 1 − |M | (M =Machzahl). Danach entfernt sich die Quelle vom Empf¨anger, es gilt also fE2 =
fQ . 1 + |M |
Aus diesen beiden Gleichungen folgt fE2 1 − |M | , = fE1 1 + |M | oder
¨ C.2 Ubungsaufgaben aus Kapitel 2
|M | =
1− 1+
fE2 fE1 fE2 fE1
493
.
alt man daraus M = 0, 1, das Mit fE1 = 555, 6 Hz und fE2 = 454, 6 Hz erh¨ entspricht einer Geschwindigkeit von U = |M |c = 34 m/s = 122, 4 km/h. F¨ ur die Quellfrequenz fQ findet man aus fQ = fE1 (1 − |M |) und aus fQ = fE2 (1 + |M |) u ¨bereinstimmend fQ = 500 Hz.
494
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3 Aufgabe 1 Der A-bewertete Schallleistungspegel darf h¨ ochsten 95, 3 dB(A) betragen (Pumpe auf fester, reflektierender Unterlage). Aufgabe 2 Zun¨ achst wird der Pegel LStr ausgerechnet, den die Straße h¨ochstens besitzen darf. F¨ ur den Gesamtpegel Lges = 45 dB(A) gilt 10Lges /10 = 10List /10 + 10LStr /10 , worin List = 41 dB(A) den (Ist-)Pegel vor Bau der Straße bedeutet. Damit darf der Straßenpegel nicht gr¨ oßer als LStr = 10 lg 10(Lges /10 − 10List /10 ) = 42, 8 dB(A) werden. Weil die Straße in 25 m Abstand einen Pegel von 50 dB(A) erzeugt, m¨ ussen 7, 2 dB durch das Abstandsgesetz ’¨ uberbr¨ uckt’ werden. Weil man bei der Straße von einer Linienquelle ausgehen muss gilt also 10 lg
R = 7, 2 , 25 m
worin R den gesuchten Abstand zwischen Haus und Straße bildet. Demnach ist R = 107,2/10 25 m = 131, 2 m . Aufgabe 3 ¨ Die zeitliche Anderung des Volumenflusses ist nur in den Zeitintervallen 2 < t/TF < 3 und 7 < t/TF < 8 von Null verschieden; in diesen Intervallen ist dQ/dt = const = Q0 /TF . Deshalb ergibt sich der in Bild C.1 skizzierte Verlauf des Schalldruckquadrates. F¨ ur die im Bild definierte Gr¨oße pA gilt pA =
Q0 . 4πrTF
F¨ ur Q0 = 1 m3 /s und TF = 0, 01 s erh¨ alt man pA = 0, 95 N/m2 (pA = 2 ur TF = 0, 0316 s und pA = 0, 095 N/m2 f¨ ur TF = 0, 1 s), wobei 0, 3 N/m f¨ mit = 1, 2 kg/m3 gerechnet worden ist. Wenn man hier als Schalldruckpegel L = 20 lg pA /p0 . mit p0 = 2 10−5 N/m2 definiert, dann betr¨ agt der Pegel L(0, 01 s) = 93, 6 dB in den beiden Zeitintervallen, in denen der Schalldruck von Null verschieden ist (L(0, 0316 s) = 83, 6 dB und L(0, 1s) = 73, 6 dB).
¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
495
1.2
1
p2(t)/p2A
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
t/TF
Bild C.1. Zeitverlauf des Schalldruckquadrates
Aufgabe 4 Der Leistungspegel betr¨ agt 117 dB. Die Leistung ist daher gleich P = 1011,7 P0 = 0, 5 W . Der Wirkungsgrad besitzt also den Wert von 0,01. Aufgabe 5 Der Schalldruck im Fernfeld betr¨ agt pf ern =
l sinϑN ) jω b l v0 −jkR sin2 ( kl jω b l v0 −jkR sin2 (π 2λ 4 sinϑN ) e e = . kl l 2πR 2πR ( 4 sinϑN )2 (π 2λ sinϑN )2
Die Richtcharakteristika bestehen in Ausschnitten aus der sin2 (πu)/(πu)2 Funktion, die durch u = ±l/(2λ) begrenzt sind. Aufgabe 6 Wegen R = 5 l gilt 5 >> l/λ und 5 l >> λ f¨ ur die beiden verbleibenden Fernfeldbedingungen. • a) Aus der ersten Bedingung folgt dann λ > l, aus der zweiten Bedingung λ < l. Die Messung kann deswegen nur f¨ ur f = 340 Hz (680 Hz, 170 Hz) vorgenommen werden. • b) Aus der ersten Bedingung folgt dann 2, 5 > l/λ oder λ > l/2, 5. Aus der zweiten Bedingung folgt λ < 2, 5 l. Die Messung kann also im Frequenzintervall von f = 136 Hz bis f = 850 Hz (im Intervall 272Hz bis 1700 Hz; im Intervall 68 Hz bis 425 Hz) vorgenommen werden.
496
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 7 Der Pegel in 20 m Abstand betr¨ agt 3 dB weniger als in 10 m Abstand, damit also 81 dB(A). F¨ ur die Berechnung der Pegel in 200 m und 400 m Abstand muss zun¨achst der Leistungspegel der Linienquelle (auf schallharter Unterlage) berechnet ur die Punktwerden. F¨ ur diesen gilt Lw = 119 dB(A). Daraus errechnet sich f¨ schallquelle in 200 m Abstand der Druckpegel von 65 dB(A), in 400 m Abstand bleiben dann noch 59 dB(A) u ¨brig. Aufgabe 8 Im Prinzip wird durch die fortlaufende Phasenverschiebung von Quelle zu Quelle eine sich w¨ ahrend einer Periode drehende Quelle erzeugt, die bei den tieferen Frequenzen eine Spiralwelle abstrahlt (siehe die folgenden Bilder, welche die L¨ osung der gestellten Aufgabe bilden). Bei h¨oheren Frequenzen treten dann ¨ ortlich verteilte Interferenzen auf. Zur freien Verf¨ ugung ist im Anschluss an die Bilder das Matlab-Programm und die zugeh¨ orige Routine f¨ ur die Filmdarstellung wiedergegeben.
Bild C.2. Schallfeld der Quellen f¨ ur 2h/λ = 0,25
¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
Bild C.3. Schallfeld der Quellen f¨ ur 2h/λ = 0,5
Bild C.4. Schallfeld der Quellen f¨ ur 2h/λ = 1
Bild C.5. Schallfeld der Quellen f¨ ur 2h/λ = 2
497
498
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
clear all xmax=3.; abstand=0.5; dx=2*xmax/60; dy=dx; for ix=1:1:61 x=-xmax + (ix-1)*dx; for iy=1:1:61 y=-xmax + (iy-1)*dy; x1=x-abstand/2; x2=x+abstand/2; [phi1,r1]=cart2pol(x1,y); [phi2,r2]=cart2pol(x2,y); [phi3,r3]=cart2pol(x,y-abstand/2); [phi4,r4]=cart2pol(x,y+abstand/2); p = j*(exp(-j *2*pi*r1)./sqrt(r1) - exp(-j *2*pi*r2)./sqrt(r2)); p = p + exp(-j *2*pi*r3)./sqrt(r3) - exp(-j *2*pi*r4)./sqrt(r4); [phi1,r1]=cart2pol(x1,y+0.01); [phi2,r2]=cart2pol(x2,y+0.01); [phi3,r3]=cart2pol(x,y-abstand/2+0.01); [phi4,r4]=cart2pol(x,y+abstand/2+0.01); py = j*(exp(-j *2*pi*r1)./sqrt(r1) - exp(-j *2*pi*r2)./sqrt(r2)); py = py + exp(-j *2*pi*r3)./sqrt(r3) - exp(-j *2*pi*r4)./sqrt(r4); [phi1,r1]=cart2pol(x1+0.01,y); [phi2,r2]=cart2pol(x2+0.01,y); [phi3,r3]=cart2pol(x+0.01,y-abstand/2); [phi4,r4]=cart2pol(x+0.01,y+abstand/2); px = j*(exp(-j *2*pi*r1)./sqrt(r1) - exp(-j *2*pi*r2)./sqrt(r2)); px = px + exp(-j *2*pi*r3)./sqrt(r3) - exp(-j *2*pi*r4)./sqrt(r4); vx(iy,ix) = (p-px)*10; vy(iy,ix) = (p-py)*10; if r1<0.1 vx(iy,ix)=0; vy(iy,ix)=0; end if r2<0.1 vx(iy,ix)=0; vy(iy,ix)=0; end
¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
if r3<0.1 vx(iy,ix)=0; vy(iy,ix)=0; end if r4<0.1 vx(iy,ix)=0; vy(iy,ix)=0; end end end r=0.1; dphi=2*pi/99. for i=1:1:100 phi=(i-1)*dphi; x=r*cos(phi); y=r*sin(phi); xrefl(i)=x-abstand/2.; yrefl(i)=y; xrefl2(i)=x+abstand/2; yrefl2(i)=y; xrefl3(i)=x; yrefl3(i)=y+abstand/2; xrefl4(i)=x; yrefl4(i)=y-abstand/2; end npoints=61; M=particlequadru(vx,vy,npoints,xmax, xrefl,yrefl,xrefl2,yrefl2,xrefl3,yrefl3,xrefl4,yrefl4); Es folgt die Routine zur Filmdarstellung: function[M]=particlequadru(vx,vy,npoints,xmax, xrefl,yrefl,xrefl2,yrefl2,xrefl3,yrefl3,xrefl4,yrefl4); xmin=-xmax; ymin=xmin; ymax=xmax; frames=50; scale=1; point_style = ’k.’; [x,y]=meshgrid(1:npoints,1:npoints);
499
500
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
command =’axis off’; v=[vx,vy]; [vmaxval,vmaxpos]=mmax(abs(v)); [vmax,temppos]=max(real(v(vmaxpos))); phase=angle(v(vmaxpos(temppos))); dx=real(vx*exp(j*phase)); dy=real(vy*exp(j*phase)); figure(’Position’,[50 20 500 500],’color’,[1 1 1]); %Scale movie answer=’yes’; while answer==’yes’ cla; plot(x+dx*scale,y+dy*scale,point_style,’Markersize’,5) axis([-1 npoints+2 -1 npoints+2]) hold on axis equal; axis manual; eval(command); answer=questdlg(’Scale Particle Movement’, ... ’Continue Scaling?’, ... ’yes’,’no’,’yes’); if strcmp(answer,’no’),break,end prompt={’Multiplication Factor:’}; title=’Scale Particle Movement’; lineNo=1; def={num2str(scale)}; scale=inputdlg(prompt,title,lineNo,def); if isempty(scale),break,end; scale=str2num(char(scale)); end scale %Plot single frames of movie and combine them M=moviein(frames); for k=0:frames-1; cla; axis equal; axis manual; eval(command); dx=real(vx*exp(j*2*pi/frames*k)); dy=real(vy*exp(j*2*pi/frames*k)); plot(x+dx*scale,y+dy*scale,point_style,’Markersize’,5) % reflectors ax=(npoints-1)/(xmax-xmin);
¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
bx=1-ax*xmin; ay=(npoints-1)/(ymax-ymin); by=1-ay*ymin; xm=ax*xrefl + bx; ym=ay*yrefl + by; hp=plot(xm,ym); set(hp,’LineWidth’,3.,’Color’,’k’) xm=ax*xrefl2 + bx; ym=ay*yrefl2 + by; hp=plot(xm,ym); set(hp,’LineWidth’,3.,’Color’,’k’) xm=ax*xrefl3 + bx; ym=ay*yrefl3 + by; hp=plot(xm,ym); set(hp,’LineWidth’,3.,’Color’,’k’) xm=ax*xrefl4 + bx; ym=ay*yrefl4 + by; hp=plot(xm,ym); set(hp,’LineWidth’,3.,’Color’,’k’) M(:,k+1) = getframe; end %Play movie answer=’yes’; while answer==’yes’ answer=questdlg(’’, ... ’Play it again ?’, ... ’yes’,’no’,’yes’); if strcmp(answer,’no’),break,end movie(M,8,30); % 8 times, 30 pics/sec end
function [m,i]=mmax(a) %MMAX Matrix Maximum Value. % MMAX(A) returns the maximum value in the matrix A. % [M,I] = MMAX(A) in addition returns the indices of % the maximum value in I = [row col].
501
502
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
% D.C. Hanselman, University of Maine, Orono ME 04469 % 1/4/95 % Copyright (c) 1996 by Prentice Hall, Inc. if nargout==2, %return indices [m,i]=max(a); [m,ic]=max(m); i=[i(ic) ic]; else, m=max(max(a)); end
Aufgabe 9 Mit Hilfe der Umformung sin2 x = 0, 5 − 0, 5 cos 2x findet man f¨ ur den Volumenfluss der Quelle im Zeitintervall 0 < t < TD Q(t) =
π Sξ0 t sin (π ). 2 TD TD
1.5 ξ(t) 1
Q(t)
0.5
0 p(t) −0.5
−1
−1.5 −0.5
0
0.5
1
1.5
t/TD
Bild C.6. Bild zur L¨ osung von Aufgabe 8. Signalverl¨ aufe ξ, Q, und p f¨ ur r/c = TD /4, jeweils durch ihr Maximum dividiert.
Daraus folgt nach dem Gesetz f¨ ur Volumenquellen im Freien
¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
p(r, t) =
503
π Sξ0 t − r/c ) 2 cos (π T 8 r TD D
im Zeitintervall 0 < t < TD . F¨ ur t < 0 und f¨ ur t > TD ist p = 0. Alle Zeitverl¨ aufe sind im oben wiedergegebenen Bild dargestellt. Aufgabe 10 Im Fernfeld besteht der von der kreisf¨ ormigen Kolbenmembran hervorgerufene Schalldruck in √2 2 b −xq b jω v0 −jkR pfern (R, ϑ, ϕ) = e ejk(xQ sin ϑ cos ϕ+yQ sin ϑ sin ϕ) dyQ dxQ , 2πR √2 2 −b −
b −xq
wobei u ache integriert wird. Wegen der Rotationssymmetrie ¨ber die Kreisfl¨ (das Schallfeld muss vom Umfangswinkel ϕ unabh¨angig sein) gen¨ ugt die Betrachtung einer Halbebene; hier wird als Betrachtungs-Halbebene ϕ = 0 gew¨ ahlt. Damit vereinfacht sich der Fernfeld-Druck zu √2 2 b −xq b jω v0 −jkR e ejkxQ sin ϑ dyQ dxQ . pfern (R, ϑ, ϕ) = 2πR √2 2 −b −
b −xq
Weil der Integrand von yq unabh¨ angig ist folgt daraus
pfern (R, ϑ, ϕ) =
jω v0 −jkR = e πR
jω v0 −jkR e πR
b ejkxQ sin ϑ
b2 − x2q dxQ =
−b
b
[cos (kxQ sin ϑ) + j sin (kxQ sin ϑ)]
b2 − x2q dxQ ,
−b
oder, aus Symmetriegr¨ unden 2jω v0 −jkR e pfern (R, ϑ, ϕ) = πR
b
cos (kxQ sin ϑ)
b2 − x2q dxQ .
1
1 − u2 du .
0
Die Substitution u = xq /b liefert 2jω v0 b2 −jkR pfern (R, ϑ, ϕ) = e πR
cos (kbu sin ϑ) 0
504
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Das enthaltene Integral ist tabelliert (siehe z.B. Gradshteyn, I.S.; Ryzhik,I.: Table of Integrals, Series, and Products. Academic Press, New York and London 1965; dort Seite 953, Nr. 8.411.8 mit ν = 1. Hinweis: es gilt Γ (3/2)Γ (1/2) = π/2). Damit erh¨ alt man pfern (R, ϑ, ϕ) =
jω v0 b2 −jkR J1 (kb sin ϑ) e , R kb sin ϑ
worin J1 die Besselfunktion der Ordnung 1 bedeutet. Zur Kontrolle der Rechnung setze man einen Punkt auf der z-Achse (also ϑ = 0) ein. Mit ur kleine x erh¨ alt man ganz richtig wieder das in Gl.(3.73) J1 (x)/x = 1/2 f¨ genannte Ergebnis. Bemerkenswert ist, dass die Richtcharakteristika von Sendern und Emp¨ f¨ angern sehr große Ahnlichkeiten besitzen (siehe Kapitel 11.2, in dem auch die hier relevanten Richtcharakteristika abgelesen werden k¨onnen). Aufgabe 11 Zur L¨ osung ist nur die Bestimmung des Volumenflusses Q der Plattenschwingung erforderlich; in erster N¨ aherung lassen sich die bezeichneten kurzwelligen Strahler als ungerichtete Volumenquellen auffassen. F¨ ur den Volumenfluss gilt ly lx sin (nπx/lx ) sin (mπy/ly ) dx dy =
Q = v0 0
= v0
0
l x ly (cos (nπ) − 1)(cos (mπ) − 1) . nmπ 2
Nur falls die Ordnungen n und m beide ungerade Zahlen sind ist der Volumenfluss ungleich Null, er betr¨ agt dann Q = v0
4lx ly . nmπ 2
Der Schalldruck im Fernfeld ergibt sich damit aus pf ern =
jω0 Q −jkR e . 2πR
Aufgabe 12 •
F¨ ur b/λ = 3, 5 erh¨ alt man die 3 Druckknoten in den Stellen z/λ = 5,625; 2,0625 und 0,5417 . • F¨ ur b/λ = 4, 5 erh¨ alt man die 4 Druckknoten in den Stellen z/λ = 9,625; 4,0625; 1,875 und 0,5313 . • F¨ ur b/λ = 5, 5 erh¨ alt man die 5 Druckknoten in den Stellen z/λ = 14,625; 6,5625; 3,5417; 1,7813 und 0,525.
¨ C.3 Ubungsaufgaben aus Kapitel 3
505
Aufgabe 13 Im Fernfeld (und nur in diesem ist die Angabe der Richtcharakteristik sinnvoll) gilt Q2 jkhsinϑN pf ern = p1 [1 + e ] Q1 (p1 ist das Feld der Quelle Q1 alleine), also ist hier pf ern = p1 [1 − (1 + jkh)ejkhsinϑN ] . Mit ez ∼ ur |z| << 1 erh¨ alt man daraus = 1 + z f¨ pf ern = p1 [1 − (1 + jkh)(1 + jkhsinϑN )] ∼ = −jkh(1 + sinϑN )p1 , wobei der Summand zweiter Ordnung (mit (kh)2 ) vernachl¨assigt worden ist. Die Richtcharakteristik ist nierenf¨ ormig, sie besitzt einen einzigen Einbruch bei ϑN = −90◦ . Sie ist im folgenden Bild (zur H¨alfte) wiedergegeben. Nat¨ urlich ist die Charakteristik spiegelsymmetrisch, es gilt pf ern (180◦ − ϑN ) = pf ern (ϑN ) . Es mag erw¨ ahnenswert sein, dass das Prinzip nicht verletzt ist, nach welchem das Schallfeld bei tiefen Frequenzen in erster N¨aherung durch die ’Quellensumme an ein und demselben Ort’ gegeben ist. In erster N¨aherung sind Quellensumme und Schallfeld beide gleich Null.
90° 0 dB
−10
45°
−20 −30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild C.7. Richtcharakteristik des Strahlerpaares
506
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
¨ C.4 Ubungsaufgaben aus Kapitel 4 Aufgabe 1 Die Koinzidenzgrenzfrequenzen betragen f¨ ur • Gipsplatten von 8 cm Dicke (cL = 2000 m/s) 397 Hz, • Fensterscheiben von 4 mm Dicke 3241 Hz und f¨ ur • ein T¨ urblatt aus Eichenholz (cL = 3000 m/s) von 25 mm Dicke 847 Hz. Aufgabe 2 Am einfachsten dr¨ uckt man zun¨ achst den etwas unanschaulichen Ausdruck B/m durch die Longitudinalwellengeschwindigkeit und die Stabdicke aus. Mit B = Eh3 b/12 und m = hb wird: B Eh2 = h2 c2L /12 . = m 12 Daraus errechnet man mit cL = 5200 m/s f¨ ur Aluminium die Resonanzfrequenzen • f¨ ur den unterst¨ utzen Stab f = 0, 45 m2 h cL /l2 (m = 1, 2, 3, .) und • f¨ ur den eingespannten Stab f = 0, 45 (m + 0, 5)2 h cL /l2 (m = 1, 2, 3, .). Daraus berechnet man f¨ ur die Stabl¨ ange von 1 m die Resonanzfrequenzen • •
f¨ ur den unterst¨ utzen Stab von f /Hz = 11,7; 46,8; 105,3; 187,2; 292,5 und f¨ ur den eingespannten Stab f /Hz = 26,3; 73,1; 143,3; 236,9; 353,9.
F¨ ur die Stabl¨ ange von 50 cm sind alle Resonanzfrequenzen vier mal so groß. Aufgabe 3 Auch hier werden zun¨ achst Biegesteife und Plattenmasse durch Longitudinalwellengeschwindigkeit und Plattendicke ausgedr¨ uckt: f = 0, 45[(
nx 2 ny ) + ( )2 ]h cL , lx ly
Durch Variation von nx = 1; 2 und ny = 1; 2 und erh¨alt man folgende Resonanzfrequenzen: • Fensterscheibe von 4 mm Dicke und den Abmessungen von 50 cm und 100 cm: 44, 1 Hz; 70, 6 Hz; 149, 9 Hz und 176, 4 Hz. • 10 cm dicke Gipswand (cL = 2000m/s) mit den Abmessungen 3 m mal 3 m: 20 Hz; 50 Hz; 50 Hz (doppelte Resonanz) und 80 Hz. • 2 mm starke Stahlplatte mit den Abmessungen von 20 cm mal 25 cm: 184, 5 Hz; 400, 5 Hz; 522 Hz und 738 Hz.
¨ C.4 Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
507
Aufgabe 4 Der Stab liege im Intervall 0 ≤ x ≤ l und sei in x = 0 eingespannt (v = 0 und dv/dx = 0 in x = 0) und in x = l frei (d2 v/dx2 = 0 und d3 v/dx3 = 0 in x = l). Da keine Symmetrie vorliegt muss der Ansatz f¨ ur die Schnelle hier vier L¨ osungsfunktionen enthalten: v = A sin kB x + B sh kB x + C cos kB x + D ch kB x . Wegen v(0) = 0 gilt D = −C, aus dv/dx = 0 in x = 0 folgt B = −A. Damit bleibt f¨ ur die Schnelle v = A[sin kB x − sh kB x] + C[cos kB x − ch kB x] . Die Randbedingung d2 v/dx2 = 0 in x = l liefert, v = A[sin kB l + sh kB l] + C[cos kB l + ch kB l] , wegen d3 v/dx3 = 0 gilt noch v = A[cos kB l + ch kB l] − C[sin kB l − sh kB l] . Der Resonanzfall - die Schwingung ohne Anregung - tritt ein, wenn die Determinante der beiden letzten Gleichungen verschwindet: [sin kB l + sh kB l][sin kB l − sh kB l] + C[cos kB l + ch kB l]2 = 0 . Daraus folgt cos kB l = −
1 ch kB l
f¨ ur die Resonanzfrequenzen. Diese Gleichung l¨ asst sich leicht graphisch l¨osen, wie Bild C.8 zeigt. Die niedrigste Resonanzfrequenz ergibt sich offensichtlich recht genau aus kB l/2π = 0, 3, gleichbedeutend mit kB l = 0, 6π (der genaue Wert betr¨ agt kB l = 0, 597π, dieser Unterschied ist nat¨ urlich ohne jede praktische Bedeutung). F¨ ur alle h¨ oheren Resonanzen gilt cos kB l = 0 und daher kB l = 3π/4 + nπ. Die Modenformen bestehen in v = [sin kB x − sh kB x] +
cos kB l + ch kB l [cos kB x − ch kB x] , sin kB l − sh kB l
wobei noch die oben genannten Eigenwerte kB l eingesetzt werden. Die ersten vier Moden sind im folgenden Bild C.9 eingetragen.
508
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben 1.5
1 cos(k l) B 0.5
0
−0.5 −1/cosh(k l) B −1
−1.5 0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
k l/(2π) B
Bild C.8. Graphische L¨ osung der Eigenwertgleichung
m=1
m=2
m=3
m=4
Bild C.9. Schwingungsmoden des unten eingespannten und oben freien Stabes
Aufgabe 5 Der Ansatz f¨ ur die Stabschnelle rechts von der Punktkraft f¨ ur x > 0 beinhaltet eine nach rechts laufende Welle und ein in x-Richtung abklingendes Nahfeld: v = v0 (e−jkB x + Ae−kB x ) . Das Schwingungsfeld muss symmetrisch sein, d.h., es gilt v(−x) = v(x) . Beim Ausf¨ uhren der Schwingung kann der Stab unter der Punktkraft nicht durchknicken, deshalb muss an der Stelle x = 0 β=
∂v =0 ∂x
¨ C.4 Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
509
gelten. Daraus folgt A = −j und daher v = v0 (e−jkB x − je−kB x ) f¨ ur den komplexen Zeiger der Stabschnelle. Zeit- und Ortsverlauf folgen dann aus der Zeitkonvention zu v(x, t) = v0 Re{(e−jkB x − je−kB x )ejωt } . Die in der Aufgabenstellung verlangten Kurven f¨ ur die Stabschnelle sind in ¨ den beiden folgenden Abbildung wiedergegeben, der besseren Ubersicht wegen getrennt f¨ ur die beiden Halbperioden. Die Kurven f¨ ur die Auslenkungen sind wegen ξ = v/jω gleich, dabei jedoch um 90◦ gegen¨ uber der Schnelle phasenverschoben. 2 1.5 1
v/v0
0.5 0 −0.5 −1
t/T=0, 1/20, 2/20, ... ,10/20
−1.5 −2 −1
0
1
x/λB
Bild C.10. Stabschnelle zu Aufgabe 5
Die Schnelle in x = 0 ergibt sich aus v(x, t) = v0 Re{(1 − j)ejωt } . Mit 1−j = wird daraus
√
2 e−j 4
π
√ π v(x, t) = v0 2 cos (ωt − ) . 4 Die Schnelle in x = 0 wird also erstmals f¨ ur t/T = 1/8 maximal.
510
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben 2 1.5
t/T = 10/20, 11/20, 12/20, ... , 20/20
1
v/v0
0.5 0 −0.5 −1 −1.5 −2 −1
0
1
x/λB
Bild C.11. Stabschnelle zu Aufgabe 5
Die Auslenkung ξ(x = 0) folgt durch zeitliche Integration der genannten Schnelle zu √ 2v0 π sin (ωt − ) . ξ(x, t) = ω 4 Die Auslenkung in x = 0 wird also erstmals f¨ ur t/T = 3/8 maximal. Aufgabe 6 Der erste Schritt zur L¨ osung der Aufgabe besteht wie bei der vorangegangen Aufgabe im Ansatz der homogenen Biegewellengleichung ∂4v 4 − kB v =0, ∂x4 der nur eine von der Quelle weglaufende Welle und ein von ihr weg abklingendes Nahfeld ber¨ ucksichtigt: v(x) = vW e−jkB x + vN e−kB x . Dieser Ansatz gilt nur f¨ ur x > 0, nat¨ urlich stellt sich ein symmetrisches Schwingungsfeld v(−x) = v(x) ein. Weil auch diesmal der Stab in seiner Mitte nicht knickt, muss wie vorher ∂v(x)/∂x = 0 f¨ ur x = 0 gelten, daraus folgt vN = −jvW . Deshalb vereinfacht sich der Ansatz wieder zu
¨ C.4 Ubungsaufgaben aus Kapitel 4
511
v(x) = vW [e−jkB x − je−kB x ] . Die rechts von der Punktkraft im Stab vorhandene Biegekraft F (x 0) errechnet sich daraus zu F (x 0) =
3 2BkB 2ωm B ∂3v = vW = vW , 3 jω ∂x ω kB
4 = m ω 2 /B benutzt wurde. Die Biegekraft wobei im letzten Schritt noch kB im Stab links von der anregenden Punktkraft ist ebenso groß. Weil die Summe aller drei Kr¨ afte Null ergeben muss folgt
vW =
F0 kB . 4ωm
Schließlich erh¨ alt man damit durch einsetzen in den Ansatz die Schnelle v(x) =
F0 F0 kB −jkB x √ [e−jkB x − je−kB x )] . [e − je−kB x ] = 4ωm 4kB m B
Im letzen Schritt ist noch 2 F0 kB F0 kB F0 ω = = 4ωm 4kB ωm 4kB ωm
m F √0 . = B 4kB m B
benutzt worden, um das Ergebnis etwas u ¨bersichtlicher hinsichtlich seiner Frequenzabh¨ angigkeit zu gestalten.
512
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
¨ C.5 Ubungsaufgaben aus Kapitel 5 Aufgabe 1 Das Gewicht des Kern-Spin-Tomographen betr¨agt 104 N (mit der Erdbeschleunigung g = 10 m/s2 gerechnet), die Aufstandsfl¨ache 0, 36 m2 , die Fl¨achenpressung also pstat = 2, 8 104 N/m2 = 0, 028 N/mm2 . Der E-Modul muss 20 mal so groß sein, also ist E = 0, 56 N/mm2 = 56 104 N/m2 zu verlangen. Die erforderliche Schichtdicke erh¨ alt man am einfachsten aus der statischen Einsenkung xstat = M g/s (M =Masse), in der das Verh¨ altnis s/M durch die Resonanzfrequenz ausgedr¨ uckt wird: g xstat = 2 . ωres Wegen xstat = d/20 folgt daraus d=
20g g ≈ 2 . 2 ωres 2fres
F¨ ur eine Resonanzfrequenz von 14 Hz ist demnach die Schichtdicke von 2, 6 cm erforderlich. Aufgabe 2 Die Pegelminderung ist begrenzt durch RE = 20 lg
sF s
F¨ ur 6 dB Pegelminderung muss also die Federsteife des Fundaments doppelt so ur 10 dB Erfolg muss groß sein wie die Lagersteife s = ES/d = 7, 8 106 N/m. F¨ die Fundamentsteife 3,16 mal so groß sein, f¨ ur 20 dB muss die Fundamentsteife 10 mal so groß sein wie die Lagersteife. Aufgabe 3 Bei Betrieb des Tomographen (Index T) betrug die Pegeldifferenz ’Empfangspegel - Sendepegel’:
f /Hz 500 1000 2000
LE (T ) = Empfangspegel - Sendepegel dB -33,3 -33,0 -31,1
¨ C.5 Ubungsaufgaben aus Kapitel 5
513
Bei Betrieb des Lautsprechers ergab sich folgende Pegeldifferenz:
f /Hz
LE (L) = Empfangspegel - Sendepegel dB
500 1000 2000
-39,9 -41,2 -41,4
Der Pegel im Empfangsraum kommt offensichtlich nicht vorwiegend durch Luftschall¨ ubertragung, sondern vor allem durch K¨orperschall¨ ubertragung zu ¨ Stande. Eine elastische Lagerung ist also sinnvoll. Sie reduziert die Ubertragung auf dem K¨ orperschallweg. Die Wirkung dieser Maßnahme findet eine Grenze, wenn die K¨ orperschall¨ ubertragung soweit reduziert worden ist, dass dann die noch verbleibende Luftschall¨ ubertragung u ¨berwiegt. Die maximal m¨ ogliche Pegelsenkung durch elastisches Entkoppeln ergibt sich deshalb zu ΔL = LE (T ) − LE (L) zu f /Hz 500 1000 2000
LE (T ) − LE (L) dB 6,6 8,2 10,3
Die Pegelsituation nach dem elastischen Entkoppeln w¨ urde demnach im Empfangsraum bei Betrieb des Tomographen wie folgt erwartet werden:
f /Hz 500 1000 2000
Empfangspegel nach elastischem Entkoppeln 25,4 23,2 20,1
Der unbewertete Gesamtpegel w¨ urde also 28, 2 dB betragen. Aufgabe 4 Die Resonanzfrequenz erh¨ oht sich multiplikativ um den Faktor 1,22 (1,12: vierfache; 1,06: achtfache Masse) gegen¨ uber dem Fall starren Fundaments.
514
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 5 Die ged¨ ampfte Resonanzfrequenz ω0η erh¨ alt man, indem die erste Ableitung von 1 x | |2 = F (1 − ω 2 /ω02 )2 + (ηω/ω0 )2 nach ω gleich Null gesetzt wird. Daraus erh¨ alt man ω0η = ω0 1 − η 2 /2 , wobei ω0 die unged¨ ampfte Resonanz (also die Resonanz f¨ ur η = 0) darstellt. Es ist nat¨ urlich immer die ged¨ ampfte Resonanzfrequenz, die bei√Messungen zu Tage tritt. Die kritische D¨ ampfung betr¨ agt offensichtlich η = 2.
¨ C.6 Ubungsaufgaben aus Kapitel 6
515
¨ C.6 Ubungsaufgaben aus Kapitel 6 Aufgabe 1 Die drei folgenden Bilder bilden die L¨ osung der Aufgabe. Dargestellt ist das letzte Rohrst¨ uck, dessen L¨ ange eine Wellenl¨ ange betr¨agt. Der Reflektor befindet sich in x = 0. Es handelt sich jeweils um sinusf¨ormige Ortsverl¨aufe, die unter Abnahme und Zunahme ihrer Amplituden (allm¨ahliches ’Auf- und Abblenden’) mit wachsender Zeit von links nach rechts wandern. Sehr deutlich lassen sich die Einh¨ ullenden u ¨ber der jeweiligen Kurvenschar und damit auch die Ortsverl¨ aufe der Effektivwerte erkennen. Mit wachsendem Reflexionsfaktor streben Minima und Maxima der Gr¨ oße nach immer weiter auseinander.
p(x,t)/p0
2
0
−2 −1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild C.12. Ortsverlauf des Schalldruckes f¨ ur die festen Zeiten t = nT /20(n = 0, 1, 2, 3, ..., 19) und f¨ ur den Reflexionsfaktor von r = 0, 25 (p0 =Amplitude der einfallenden Welle alleine).
516
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
p(x,t)/p0
2
0
−2 −1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild C.13. Ortsverlauf des Schalldruckes f¨ ur die festen Zeiten t = nT /20(n = 0, 1, 2, 3, ..., 19) und f¨ ur den Reflexionsfaktor von r = 0, 5 (p0 =Amplitude der einfallenden Welle alleine).
p(x,t)/p0
2
0
−2 −1
−0.75
−0.5
−0.25
0
x/λ
Bild C.14. Ortsverlauf des Schalldruckes f¨ ur die festen Zeiten t = nT /20(n = 0, 1, 2, 3, ..., 19) und f¨ ur den Reflexionsfaktor von r = 0, 75 (p0 =Amplitude der einfallenden Welle alleine).
¨ C.6 Ubungsaufgaben aus Kapitel 6
517
Aufgabe 2 Die Frequenzg¨ ange von Absorptionsgrad und Wandimpedanz des Aufbaues, der in einer 8 cm dicken Schicht aus Holzfasern-Beton-Gemisch vor schallhartem Abschluss besteht, betragen:
Frequenz/Hz α Re{z/c} Im{z/c} 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600 1700 1800
0,52 0,83 0,96 0,79 0,64 0,52 0,47 0,53 0,57 0,64 0,79 0,85 0,84 0,87 0,87 0,76 0,69
1,52 1,23 1,40 2,03 3,55 5,44 4,76 4,05 2,32 2,09 1,54 1,94 2,24 2,05 2,40 2,31 1,92
-2,31 -0,98 -0,27 1,05 1,22 0,59 -2,71 -2,24 -2,29 -1,87 - 1,16 -0,69 -0,41 -0,34 -0,86 -1,10 -1,61
Aufgabe 3 Die gesuchten Zahlenwerte lauten:
z/ c
α
|xmin |/λ
ϕ 0
1+j 0,8 63, 4 2+j 0,8 26, 60 1+2j 0,5 45, 00 3+j 0,706 12, 50 1+3j 0,308 33, 70
0,162 0,213 0,188 0,233 0,203
Aufgabe 4 Wenn man mit c = 340 m/s und = 1, 21 kg/m3 rechnet erh¨alt man folgende Zahlenwerte:
518
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
f¨ ur Ξ = 104 N s/m4 und κ = 2
f /Hz
z/ c
200 0,84 - j 2,58 400 0,93 - j 0,97 800 1,49 + j 0,10 1600 1,05 - j 0,57
α 0,33 0,78 0,96 0,93
f¨ ur Ξ = 104 N s/m4 und κ = 1
f /Hz 200 400 800 1600
z/ c 0,82 0,86 1,01 1,37
-
j 2,71 j 1,24 j 0,42 j 0,49
α 0,31 0,69 0,96 0,94
f¨ ur Ξ = 2 104 N s/m4 und κ = 2
f /Hz 200 400 800 1600
z/ c 1,65 1,73 1,92 1,42
-
j 2,73 j 1,30 j 0,78 j 0,56
α 0,46 0,76 0,84 0,92
f¨ ur Ξ = 2 104 N s/m4 und κ = 1
f /Hz 200 400 800 1600
z/ c 1,62 1,61 1,56 1,25
-
j 2,85 j 1,52 j 0,97 j 0,74
α 0,43 0,71 0,83 0,89
¨ C.6 Ubungsaufgaben aus Kapitel 6
519
Aufgabe 5 Der l¨ angenspezifische Str¨ omungswiderstand z¨ ahlt stets nur im Verh¨altnis zur Dichte des Fluids; Ξ f¨ ur Wasser m¨ usste daher 826 mal so groß wie f¨ ur Luft gew¨ ahlt werden. Die Schichtdicke muss im Verh¨altnis der Wellenl¨angen und daher im Verh¨ altnis der Schallgeschwindigkeiten wachsen; die Schichtdicken f¨ ur Wasser m¨ ussten also 3,53 mal so groß sein wie f¨ ur Luft. Aufgabe 6 Wegen α = 1 in der Resonanzfrequenz muss ein Absorbermaterial mit Ξd = c gew¨ ahlt werden. Die erforderliche Fl¨ achenmasse ergibt sich aus der verlangten Halbwertsbreite zu m =
c Ξd + c = . 2πΔf πΔf
Daraus erh¨ alt man die erforderlichen Massenbel¨age von 1, 02 kg/m2 (f¨ ur ur fres = 350 Hz fres = 250 Hz und damit Δf = 125 Hz), 0, 73 kg/m2 (f¨ und damit Δf = 175 Hz) und 0, 51 kg/m2 (f¨ ur fres = 500 Hz und damit Δf = 250 Hz) (gerechnet mit c = 400 kg/m2 s). Die Hohlraumtiefe folgt aus a=
c2 c2 = , 2 m 2 m ωres 4π 2 fres
oder, unter Einsetzen der obigen Gleichung f¨ ur den Massenbelag a=
cΔf c = , 2 4πfres 8πfres
mit Δf /fres = 0,5 im letzten Schritt. Hieraus folgen a = 5, 4 cm (fres = 250 Hz), a = 3, 9 cm (fres = 350 Hz) und a = 2, 7 cm (fres = 500Hz). Aufgabe 7 Aus b=
3 m σL 5
ur σL = 0, 1. erh¨ alt man b = 1, 26 cm f¨ ur σL = 0, 05 und b = 2, 53 cm f¨ Aufgabe 8 Der Mittelpunktsabstand zweier L¨ ocher im quadratischen Lochgitter sei mit ur die Belegung gilt damit la bezeichnet. F¨
520
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
σL =
πb2 . la2
Es ist also la = b Der Faktor la /b =
π σL
π . σL
betr¨ agt 7,93 f¨ ur σL = 0,05 (5,6 f¨ ur σL = 0,1).
Aufgabe 9 Die tiefste cut-on-Frequenz ergibt sich aus der gr¨oßeren Querabmessung zu 2429 Hz (1889 Hz). Aufgabe 10 Die beiden folgenden Diagramme bilden die L¨osung der Aufgabe.
1
Absorptionsgrad α
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
30
60
90
Einfallswinkel/Grad
Bild C.15. Absorptionsgrad des Halbraums, f = 1000 Hz f¨ ur κ = 1, 2, 4, 8 und 16 (von oben nach unten).
¨ C.6 Ubungsaufgaben aus Kapitel 6
521
1
Absorptionsgrad α
0.8
0.6
0.4
0.2
0 0
30
60
90
Einfallswinkel/Grad
Bild C.16. Absorptionsgrad des Halbraums, f = 500 Hz f¨ ur κ = 1, 2, 4, 8 und 16 (von oben nach unten).
Fazit: Große Strukturfaktoren haben eine richtungsselektive Absorption zur Folge. Aufgabe 11 Die maximale Lochbelegung betr¨ agt σL = π/4 (siehe auch Aufgabe 6 mit b = la /2). Aufgabe 12 Die Antwort zu dieser Frage findet sich im Kapitel 9.2.1. Aufgabe 13 Die tiefsten Cut-On-Frequenzen von Rohren mit Kreisquerschnitt betragen 4012 Hz, 2006 Hz und 1337 Hz f¨ ur die Durchmesser von 5 cm, 10 cm und 15 cm, wenn mit c = 340 m/s und der N¨ aherungsgleichung f1 = 0, 59 c/d (d = Durchmesser) gerechnet wird. Aufgabe 14 Aus Gl.(6.54): 4, 35σ Ξd D(d) = √ κ c
522
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
erh¨ alt man Ξ=
√ κ D(d) c . 4, 35σ d
Mit c = 400 kg/m2 s, σ = 0, 95, κ = 2 und D(d)/d = 1/1 cm folgt daraus Ξ = 13, 7 103 N s/m4 = 13, 7 Rayl/cm.
¨ C.7 Ubungsaufgaben aus Kapitel 7
523
¨ C.7 Ubungsaufgaben aus Kapitel 7 Aufgabe 1 Der A-bewertete Schalldruckpegel betr¨ agt 89 dB(A). Am einfachsten bestimmt man weiter zun¨achst nach der Sabine-Formel die Absorptionsfl¨ achen und dann die Leistungspegel. Es ergeben sich folgende Resultate: f /Hz
A/m2
400 500 630 800 1000 1250
6,5 6,8 8,0 9,1 9,1 9,3
LP,T erz /dB 80,5 82,9 82,2 83,6 88 87,9
Der A-bewertete Schallleistungspegel betr¨ agt 92, 5 dB(A). Mit der Absorptionsfl¨ ache des Wohnraumes A = 20, 4 m2 erh¨alt man den Schalldruckpegel von L = 85, 4 dB(A) f¨ ur das diffuse Feld im Wohnraum. Aufgabe 2 ¨ Aquivalente Absorptionsfl¨ achen und Hallradien vor Umbau: f /Hz 500 1000 2000
A/m2
rH /m
14,2 16,8 19,2
0,54 0,59 0,63
¨ Aquivalente Absorptionsfl¨ achen, Nachhallzeiten und Pegelreduktion ΔL nach Umbau, wenn man die Abdeckung urspr¨ unglich bereits vorhandener Absorptionsfl¨ ache durch die neue Decken-Ausstattung vernachl¨assigt (also eine urspr¨ unglich vollst¨ andig reflektierende Decke angenommen wird):
f /Hz 500 1000 2000
A/m2
T /s
80,2 104,8 129,2
0,7 0,5 0,4
ΔL/dB 7,5 8 8,3
524
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 3
f /Hz 500 630 800 1000
ΔA/m2
α
4,6 5,4 7,4 9,2
0,46 0,54 0,74 0,92
Aufgabe 4 Die ersten zehn Resonanzfrequenzen sind 28, 3 Hz, 34 Hz, 42, 5 Hz, 44, 3 Hz, 51, 1 Hz, 54, 4 Hz, 56, 7 Hz, 61, 4 Hz, 66, 1 Hz und 68 Hz, wenn mit c = 340 m/s gerechnet wird. Nach Kapitel 1 betr¨ agt die Terzbandbreite Δf = 0, 23 fm . Damit ist die Anzahl der Resonanzen in der Terz gleich ΔM = 0, 92πV
fm c
3 .
Daraus erh¨ alt man folgende Zahlenwerte: • ΔM = 71 f¨ ur die Terzmittenfrequenz von 200 Hz, • ΔM = 565 f¨ ur die Terzmittenfrequenz von 400 Hz und • ΔM = 4518 f¨ ur die Terzmittenfrequenz von 800 Hz. Aufgabe 5 Es ist nat¨ urlich die N-fache Fl¨ ache gegen¨ uber dem Betrieb nur einer Quelle erforderlich. Der Gleichgewichtszustand bleibt erhalten, wenn bei N-fachem Zufluss auch f¨ ur den N-fachen Abfluss gesorgt wird. Aufgabe 6 Der Schalldruckeffektivwert betr¨ agt 2 N/m2 , die Energiedichte besitzt den −5 3 Wert von 2, 94 10 W s/m , wenn man mit c = 400 kg/m2 s und c = 340 m/s rechnet. Die insgesamt gespeicherte Energie umfasst 14, 7 10−3 W s. Das L¨ ampchen w¨ urde 0, 0147 s brennen, also allenfalls kurz aufblitzen.
¨ C.7 Ubungsaufgaben aus Kapitel 7
525
Aufgabe 7 Zur Beantwortung der Fragen beginnt man mit der Betrachtung der Leistungsbilanzen f¨ ur die beiden R¨ aume. F¨ ur den Raum 1 besteht die zufließende Leistung aus der Summe der Quellleistung PQ und der durch die T¨ ur¨ offnung aus Raum 2 zur¨ uckfließenden Leistung p22 ST /4c (p2 : Effektivwert des Schalldruckes in Raum 2). Die Verlustleistung f¨ ur den Raum 1 ergibt sich aus der Absorptionsfl¨ache A1 und der T¨ ur¨ offnung ST zu p21 (A1 + ST )/4c (p1 : Effektivwert des Schalldruckes in Raum 1). Daher gilt im eingeschwungenen Zustand PQ +
p2 (A1 + ST ) p22 ST = 1 . 4c 4c
ur Die in den Raum 2 aus Raum 1 gelieferte Leistung betr¨agt p21 ST /4c. F¨ die Verlustleistung in Raum 2 z¨ ahlt die Summe aus dessen Absorptionsfl¨ache und der T¨ ur¨ offnung; die Verlustleistung ist demnach gleich p22 (A2 + ST )/4c. Die Bilanz ergibt also p21 ST p2 (A2 + ST ) = 2 . 4c 4c Aus der letztgenannten Gleichung ergibt sich die Pegeldifferenz zwischen den R¨ aumen ΔL = L1 − L2 = 10 lg (1 + A2 /ST ) . Wenn weiter die Leistungsbilanz f¨ ur den Raum 2 nach p22 aufgel¨ost wird und in die Leistungsbilanz f¨ ur den Raum 1 eingesetzt wird, so erh¨alt man PQ =
ST p21 A1 ST [1 + {1 − }] . 4c A1 ST + A2
Hieraus folgt die Bestimmungsgleichung f¨ ur den Schalldruckpegel in Raum 1 zu A1 ST ST − 10 lg [1 + {1 − }] + 6 . m2 A1 ST + A2 Wie man sieht ist die Angabe der Raumvolumina zur Beantwortung der Fragen u ussig. Mit den in der Aufgabenstellung genannten Angaben ¨berfl¨ erh¨ alt man ΔL = 9, 5 dB und L1 = 87, 6 dB. L1 = LP − 10 lg
Aufgabe 8 Zun¨ achst bestimmt man nach der Sabine-Formel die ¨aquivalenten Absorptionsfl¨ achen und anschließend die A-bewerteten Schalldruckpegel in Terzen LA,T erz . Die Resultate sind in der folgenden Tabelle genannt. Aus den Terz-Schalldruckpegeln nach A-Bewertung gewinnt man mit Hilfe des PegelAdditionsverfahrens den A-bewerteten Gesamtpegel von L = 77, 1 dB(A).
526
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben f /Hz A/m2 LA,T erz /dB 400 500 630
7,24 8,15 9,31
70,6 69,7 68,4
800 10,87 1000 13,04 1250 13,04
69,8 68,8 68,4
¨ C.8 Ubungsaufgaben aus Kapitel 8
527
¨ C.8 Ubungsaufgaben aus Kapitel 8 Aufgabe 1
f /Hz LS - LE /dB 400 500 630 800 1000 1250
30,2 32,8 37,0 39,0 44,4 42,6
A/m2 11,4 12,7 13,4 14,3 14,3 15,2
R/dB 29,6 31,8 35,7 37,4 42,8 40,8
Aufgabe 2 Mit = 1, 21 kg/m3 und c = 340 m/s erh¨ alt man folgende Resonanzfrequenzen: • f¨ ur die Fl¨ achenmasse von 12, 5 kg/m2 in 5 cm Abstand fres = 75, 3 Hz, • f¨ ur die Fl¨ achenmasse von 25 kg/m2 in 5 cm Abstand fres = 53, 2 Hz, • f¨ ur die Fl¨ achenmasse von 12, 5 kg/m2 in 10 cm Abstand fres = 53, 2 Hz und • f¨ ur die Fl¨ achenmasse von 25 kg/m2 in 10 cm Abstand fres = 37, 6 Hz. Aufgabe 3 Die sehr kleine Dicke des Blechs resultiert (mit der LongitudinalwellenGeschwindigkeit von Stahl cL = 5000 m/s) in der sehr hohen Koinzidenzgrenzfrequenz von 25, 4 kHz. F¨ ur die genannten Frequenzen kann das Blech daher als biegeweich aufgefasst werden. Mit der Dichte von Stahl Stahl = 7800 kg/m3 ergibt sich die Fl¨ achenmasse zu m = 3, 9 kg/m2 . Wenn weiter die Kennimpedanz von Luft zu c = 400 kg/m2 s gesetzt wird, dann betr¨agt das Schalld¨ ammmaß bei 100 Hz nur R = 6, 7 dB (und w¨achst mit 6 dB pro Frequenzverdopplung an, wird also bei 200 Hz zu 12, 7 dB, bei 400 Hz zu 18, 7 dB etc). Aufgabe 4 Die Koinzidenzgrenzfrequenz der Wand liegt mit 53, 4 Hz sehr niedrig. Die Wand muss daher bei den genannten Frequenzen als biegesteif angesehen werden. Das Schalld¨ ammmaß der Wand mit der Masse von m = 805 kg/m2 betr¨ agt damit R = 57, 9 dB bei 200 Hz und w¨achst dann mit 7, 5 dB pro Oktav an, betr¨ agt also bei 400 Hz R = 65, 4 dB, bei 800 Hz R = 72, 9 dB, und so fort.
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
528
Aufgabe 5 Der Transmissionsgrad der Gesamtkonstruktion errechnet sich aus der Addition der Leistungen, die durch die Teile u ¨bertragen werden: Sgesamt τgesamt = SF enster τF enster + SW and τW and , woraus τgesamt =
SF enster SW and τF enster + τW and Sgesamt Sgesamt
und damit wegen R = −10 lg(τ ) Rgesamt = −10 lg(
SF enster −RF enster /10 SW and −RW and /10 10 + 10 ) Sgesamt Sgesamt
folgt. F¨ ur das Fenster von 3 m2 in einer Gesamtwand von 18 m2 Fl¨ache folgt daraus das D¨ ammmaß von Rgesamt = 37, 8 dB. F¨ ur das Fenster, das gerade die halbe Gesamtfl¨ache einnimmt, ist Rgesamt = 33 dB. Aufgabe 6 Das bewertete Schalld¨ ammmaß betr¨ agt Rw = 45 dB.
¨ C.9 Ubungsaufgaben aus Kapitel 9
529
¨ C.9 Ubungsaufgaben aus Kapitel 9 Aufgabe 1 Bei Kammerd¨ ampfern sind die 3-dB-Breite des Gipfels im Einf¨ ugungsd¨ammmaß und die Mittenfrequenz des Gipfels gleich groß. Deshalb ist hier eine Mittenfrequenz von 400 Hz verlangt. Wenn die maximale Einf¨ ugungsd¨ammung in der Mittenfrequenz gerade 10 dB betr¨ agt, dann sind die in der Aufgabenstellung genannten Forderungen erf¨ ullt. Die Mittenfrequenz gen¨ ugt der Bedingung l/λ = 1/4, die Topfl¨ange l ergibt sich daraus mit λ = 0, 85 m zu l = 0, 213 m. Im Maximum des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes gilt 1 S1 S2 2 10Rmax /10 = 1 + ( − ) . 4 S2 S1 Da Rmax = 10 dB verlangt sind, folgt daraus S1 S2 − =6. S2 S1 Die L¨ osung dieser quadratischen Gleichung in S2 /S1 ergibt S2 /S1 = 6, 16 (oder, nat¨ urlich S2 /S1 = 1/6, 16 ). Weil die Fl¨achen S2 und S1 sich wie die Quadrate der Durchmesser d2 und d1 verhalten, ist also d2 = 2, 48 d1 = 12, 4 cm erforderlich. Aufgabe 2 Zun¨ achst gilt n¨ aherungsweise f¨ ur den Imagin¨ arteil der Wellenzahl bei tiefen Frequenzen und reeller Impedanz z ki =
1 c , 2 zh
wobei nach den Erl¨ auterungen im Abschnitt ’beliebige Querschnittsgeometrien’ f¨ ur h das Verh¨ altnis aus Umfang und Querschnittsfl¨ache S/U eingesetzt werden muss: 1 c ki = . 2 zS/U F¨ ur den Rechteckquerschnitt (Kantenl¨ ange a) ist S/U = a/4, f¨ ur den Kreisquerschnitt (Radius b) gilt S/U = b/2. Daraus folgt Da = 8, 7ki a = 17, 4 und
c z
c . z Man erh¨ alt Da = 17, 4 dB und Db = 8, 7 dB f¨ ur z = c. F¨ ur z = 2 c ist Da = 8, 7 dB und Db = 4, 3 dB. Db = 8, 7ki b = 8, 7
530
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 3 Die maximal erreichbare D¨ ampfung folgt aus z = 0 in der Resonanz mit Dh (max) = 13, 5 dB. F¨ ur die Bemessung des erforderlichen Massenbelags ist zun¨achst festzustellen, dass die Hohlraumtiefe d des Resonators im hier interessierenden Frequenzbereich von etwa 50 Hz stets (viel) kleiner als eine Viertel-Wellenl¨ange von etwa 1, 7 m ist. Man kann deshalb (n¨ aherungsweise) mit der Resonanzfrequenz c2 ω02 = m d rechnen. Der sich daraus ergebende Massenbelag m betr¨agt 2, 83 kg/m2 (bei der Hohlraumtiefe von 50 cm; bei 100 cm: 1, 42 kg/m2 ). Aufgabe 4 Die Impedanz des unged¨ ampften Resonators l¨asst sich wie folgt beschreiben: z ω0 m ω ω0 =j [ ] − c c ω0 ω
(ω0 = Resonanzfrequenz). Der Faktor ω0mc betr¨agt 2,22 (bei der Hohlraumtiefe von 50 cm; bei 100 cm: 1,11). Verschiebt sich die Frequenz um 5 Hz nach unten auf 45 Hz, dann wird die Impedanz zu einer Steifeimpedanz; der Schalld¨ampfer ist dann wirkungslos geworden. Verschiebt sich die Frequenz dagegen um 5 Hz nach oben auf 55 Hz, dann erh¨ alt man eine Masseimpedanz. Die eckige Klammer in der letztgenannten Gleichung nimmt dann den Wert von etwa 0,2 an. Die Kanal-Wellenzahl betr¨ agt f¨ ur Masseimpedanzen 1 1 = −jk |z| −1, kx = k 1 − |z| c kh c kh die D¨ ampfung Dh ergibt sich deshalb zu Dh = 8, 7ki h = 8, 7kh
1 |z| c kh
−1.
Die Impedanz betr¨ agt dann z/ c = j 0, 44 f¨ ur d = 0, 5 m (z/ c = j 0, 22 f¨ ur d = 1 m). Mit kh = 0, 25 f¨ ur 55 Hz und h = 0, 25 m erh¨alt man |z|kh/ c = 0, 11 f¨ ur d = 0, 5 m (und |z|kh/ c = 0, 055 f¨ ur d = 1 m). ur d = 0, 5 m und Dh = 9 dB f¨ ur d = 1 m. Es ist damit Dh = 6, 2 dB f¨ Bei gr¨ oßerem Aufwand an Bautiefe d liegt also die gr¨oßere Bandbreite der Wirkung vor.
¨ C.10 Ubungsaufgaben aus Kapitel 10
531
¨ C.10 Ubungsaufgaben aus Kapitel 10 Aufgabe 1 Aus der zweimal angewandten N¨ aherungsgleichung √ 2πN ) + 5 dB RE = 20 lg ( √ th( 2πN ) erh¨ alt man folgende Pegelminderungen in dB durch Bauh¨ohen¨anderung einer Schallschutzwand: Quellabstand: 6, 7 m 10, 5 m 15 m 4 m auf 5, 5 m 4 m auf 7, 5 m 5, 5 m auf 7, 5 m 7, 5 m auf 10 m
2,5 4,8 2,3 2,0
2,6 5,1 2,5 2,2
2,7 5,3 2,6 2,3
Aufgabe 2 Aus der in der letzten Aufgabe genannten Gleichung ergibt sich das Einf¨ ugungsd¨ ammmaß in dB der Schallschutzw¨ ande zu: Quellabstand: 6, 7 m 10, 5 m 15 m 4 m H¨ ohe 5, 5 m H¨ ohe 7, 5 m H¨ ohe 10 m H¨ ohe
21,1 23,6 25,9 28,0
19,3 22,0 24,5 26,7
17,9 20,6 23,2 25,5
Aufgabe 3 Minimale und maximale Pegelminderung in dB durch Bauh¨ohen¨anderung einer Schallschutzwand Minimal Maximal 4 m auf 5, 5 m 4 m auf 7, 5 m 5, 5 m auf 7, 5 m 7, 5 m auf 10 m
1,4 2,7 1,3 1,2
2,8 5,5 2,7 2,5
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
532
Aufgabe 4 Es gilt dann Rges = RB − 7 dB. Aufgabe 5 Der Gesamtumweg U ergibt sich hier sinngem¨ aß aus der Differenz der Summe der 3 Kantenwege K1 , K2 und K3 und dem Direktweg D (siehe die folgende Abbildung): U = K1 + K 2 + K 3 − D .
K2
K1 5m
4m
Quelle
K3
2m D
2m
3m
Empfänger
3m
Bild C.17. Kantenwege K1 , K2 und K3 und Direktweg D
Die Teilwege ergeben sich jeweils aus den rechtwinkligen Dreiecken zu K1 = 22 + 22 m = 2, 83 m , K2 = 12 + 32 m = 3, 16 m , K3 = 52 + 32 m = 5, 83 m und D=
22 + 82 m = 8, 25 m .
Der Gesamtumweg betr¨ agt damit U = 3, 57 m, die Fresnelzahl ist N = 2U/λ = 10, 5 f¨ ur 500 Hz. Daraus ergibt sich (mit Hilfe der in der L¨osung zu Aufgabe 1 schon genannten Gleichung) RE = 23, 2 dB. Aufgabe 6 Ohne die kleinere der beiden W¨ ande ergibt sich der Kantenweg aus K = 2 52 + 32 m = 11, 66 m ,
¨ C.10 Ubungsaufgaben aus Kapitel 10
533
der Direktweg bleibt D = 8, 25 m unver¨ andert wie in Aufgabe 5. Der Umweg betr¨ agt damit also U = 3, 41 m und die Fresnelzahl N = 2U/λ = 10, 03 f¨ ur 500 Hz. Die Abnahme des Einf¨ ugungsd¨ ammmaßes ΔD erh¨alt man aus dem Verh¨ altnis der Fresnelzahlen ΔD = 10 lg zu ΔD = 0, 2 dB.
N (mit) N (ohne)
534
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
¨ C.11 Ubungsaufgaben aus Kapitel 11 Aufgabe 1 Die Frequenzen betragen • kb = 2, 5: f = 10, 8 kHz, • kb = 5: f = 21, 6 kHz und • kb = 10: f = 43, 2 kHz. Aufgabe 2 F¨ ur die Federkraft gilt bekanntlich Fs = s(x − xm ) . Hierin muss noch die Auslenkung x der Masse durch die Federkraft ausgedr¨ uckt werden. Das Tr¨ agheitsgesetz ergibt m
d2 x = −Fs , dt2
oder, in komplexen Amplituden gedacht, x= Daraus folgt Fs = Fs
Fs . mω 2
s − sxm , mω 2
oder
s ) = −sxm . mω 2 Schließlich erh¨ alt man damit f¨ ur die gesuchte Federkraft Fs (1 −
Fs = −
sxm , s 1 − mω 2
oder, da der Zusammenhang zur Fußpunkt-Beschleunigung am = −ω 2 xm interessiert, sω 2 xm sam Fs = − 2 s = s . 2 ω −m ω −m Nat¨ urlich z¨ ahlt auch hier nur das Verh¨ altnis aus Frequenz ω und Resonanzfrequenz ω0 (mit ω02 = s/m): Fs =
−mam . 1 − (ω/ω0 )2
¨ C.11 Ubungsaufgaben aus Kapitel 11
535
F¨ ur Frequenzen weit unterhalb der Resonanzfrequenz ist damit die Federkraft Fs = −mam frequenzunabh¨ angig. Die Empfindlichkeit des Wandlers w¨ achst mit der Masse m. In der Resonanz wird der Frequenzgang durch die D¨ ampfung bestimmt. F¨ ur Frequenzen weit oberhalb der Resonanzfrequenz s/m ist Fs = sam /ω 2 , der Frequenzgang der Empfindlichkeit f¨allt also mit 12 dB/Oktave. Insgesamt entspricht damit der Frequenzgang dem Verlauf in Bild 11.1 (oberes Teilbild). Die Frequenzg¨ ange von Kondensatormikrophon und Beschleunigungsaufnehmer sind also sehr ¨ahnlich. Aufgabe 3 Der Ersatzschalldruck betr¨ agt 2 10−3 N/m2 , der Ersatzschalldruckpegel also 40 dB. Aufgabe 4 Zun¨ achst ben¨ otigt man die ersten Nullstellen der Funktion J1 (u). Durch Nachschlagen in einem Tabellenwerk oder auch einfach durch ausprobieren mit einem Computerprogramm (z.B. in Matlab) findet man J1 (u) = 0 f¨ ur u=3,83; 7,02; 10,2; 13,3 und 16,5. Die ’Einbruchswinkel’ erh¨alt man aus sin ϑ =
u , 2πb/λ
wobei u die soeben genannten Zahlenwerte – die Nullstellen von J1 (u) – durchl¨ auft. Damit erh¨ alt man folgende Winkel f¨ ur die Einbr¨ uche: • f¨ ur b/λ=1: ϑ = 37,6◦ ; • f¨ ur b/λ=2: ϑ = 17,7◦ ; 34◦ und 54,3◦ ; • f¨ ur b/λ=3: ϑ = 11,7◦ ; 21,9◦ ; 32,8◦ , 44,9◦ und 61,1◦ . Die Frequenzen betragen •
f¨ ur 2b = 2, 5 cm: 20,4 kHz (b/λ = 1); 40,8 kHz (b/λ = 2) und 61,2 kHz (b/λ = 3); • f¨ ur 2b = 1, 25 cm: 40,8 kHz (b/λ = 1); 81,6 kHz (b/λ = 2) und 102,4 kHz (b/λ = 3);
sie liegen also (mehr oder weniger weit) im Ultraschall-Bereich.
536
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
¨ C.12 Ubungsaufgaben aus Kapitel 12 Aufgabe 1 Nach Voraussetzung besteht das Schallfeld aus dem Druck p = p+ e−jkx + p− ejkx und der Schnelle v=
1 (p+ e−jkx − p− ejkx ) . c
F¨ ur die Wirkintensit¨ at gilt I=
1 1 Re(pv ∗ ) = Re((p+ e−jkx + p− ejkx )(p∗+ ejkx − p∗− e−jkx )) 2 2 c
(Re = Realteil von, ∗ : konjugiert komplexe Gr¨ oße). Daraus folgt I=
1 (|p+ |2 − |p− |2 + Re(p∗+ p− ej2kx − p+ p∗− e−j2kx )) 2 c
Wegen Re(z − z ∗ ) = 0 gilt also I=
1 (|p+ |2 − |p− |2 ) , 2 c
und das sollte gezeigt werden. Aufgabe 2 Diese Frage wird in Abschnitt 12.2 im Grunde beantwortet. Der Absorptionsgrad muss hier sinngem¨ aß zu α = −PL /P0 (PL : durch den Lautsprecher zugef¨ uhrte Leistung, P0 : Leistung der auftreffenden, prim¨aren Welle alleine) definiert werden. Der maximal m¨ ogliche Absorptionsgrad betr¨agt 0,5. Die prim¨are Quelle muss daf¨ ur im Ort x = 0 (dort ist die sekund¨are Quelle angebracht) gerade das -0,5-fache der prim¨ aren Welle erzeugen. Der Schalldruck halbiert sich also nach rechts gegen¨ uber dem Fall ohne sekund¨are Quelle. Die nach rechts fließende Leistung betr¨ agt demnach nur noch ein Viertel der prim¨aren Leistung P0 alleine, P2 = P0 /4. Im Teilraum x < 0 fließt die Leistung (in x-Richtung gez¨ ahlt) P1 = P0 (1 − |r|2 ) , das ergibt im Optimalfall |r| = 0, 5 den Wert von P1 = 3P0 /4. Die Differenz aus P1 und P2 - sie betr¨ agt P0 /2 - wird vom Lautsprecher ’verschluckt’.
¨ C.12 Ubungsaufgaben aus Kapitel 12
537
Aufgabe 3 Grunds¨ atzlich werden Schallleistungen immer am einfachsten im Fernfeld bestimmt. Aus diesem Grund wird zun¨ achst die Fernfeldn¨aherung f¨ ur den Gesamtdruck angegeben. Bis auf quadratisch kleine Gr¨oßen gilt im Fernfeld f¨ ur die Abst¨ ande der Aufpunkte zu den sekund¨ aren Quellen wegen des Cosinussatzes r1 = R − h cos ϑ und
r2 = R − h cos (180◦ − ϑ) = R + h cos ϑ .
F¨ ur den Gesamtdruck im Fernfeld gilt daher p=
jω Q0 e−jkR (1 − β(ejkh cos ϑ + e−jkh cos ϑ )) 4π R
oder
jω Q0 e−jkR (1 − 2β cos (kh cos ϑ)) . 4π R Die Intensit¨ at im Fernfeld ergibt sich daraus zu p=
I=
1 |p|2 1 ω Q0 2 = ( ) (1 − 2β cos (kh cos ϑ))2 . 2 c 2 c 4πR
Die Schallleistung P errechnet sich durch Integration u ¨ber eine Kugeloberfl¨ ache im Fernfeld (Radius) R zu 2π π
π 2
P =
IR2 sinϑ dϑ .
IR sinϑ dϑ dϕ = 2π 0
0
0
Nach Einsetzen von I erh¨ alt man π/2 P = P0 (1 − 2β cos (kh cos ϑ))2 sinϑ dϑ . 0
Im letzten Schritt ist noch ausgenutzt worden, dass die Leistungsfl¨ usse durch die obere und die untere Halbkugel aus Symmetriegr¨ unden gleich groß sind. Zur Abk¨ urzung ist außerdem noch P0 =
1 (ω Q0 )2 c 8π
gesetzt worden. P0 bezeichnet die Leistung der prim¨aren Quelle alleine (also den Fall β = 0). Das Integral kann einfach gel¨ ost werden, wenn man die Variablensubstitution
538
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
u = cosϑ du = −sinϑ dϑ benutzt. Mit ihr erh¨ alt man 1 (1 − 2β cos (khu))2 du .
P = P0 0
Nun macht man noch am besten von cos2 x = (1 + cos2x)/2 Gebrauch und findet schließlich P/P0 = 1 + 2β 2 − 4β
sin(2kh) sin(kh) + 2β 2 . kh 2kh
Diese Leistung ist f¨ ur den Fall β = 1/2 ohne Nettovolumenfluss f¨ ur alle drei Quellen zusammen (Q0 (1 − 2β) = 0) in der folgenden Abbildung gezeigt. Die beiden anderen wiedergegebenen Kurven sind zum Vergleich mit dem Fall nur einer einzigen Gegenquelle (siehe Kapitel 3) angegeben, wobei einmal die sekund¨ are Quelle negativ so groß ist wie die prim¨are, der zweite Fall bezieht sich auf den Optimalfall der Leistungsminimierung. 10
5 Q
/Qprim= −1
sek
0
10 lg P/P1
Q
/Qprim= −sin(kh)/kh
sek
−5
−10
−15
−20 0.1
zwei Gegenquellen, β = 1/2
1
10
h/λ
Bild C.18. Minderung des Schallleistungspegels bei einer Gegenquelle (die beiden oberen Kurven bei den tiefen Frequenzen) und bei zwei Gegenquellen mit β = 1/2 .
Dieses Ergebnis zeigt, dass man durch das Hinzuf¨ ugen einer zweiten sekund¨ aren Schallquelle zwar eine verbesserte Wirkung im Frequenzband der
¨ C.12 Ubungsaufgaben aus Kapitel 12
539
ger¨ auschmindernden Wirkung herstellen kann; die Breite des Frequenzbandes ¨andert sich dadurch jedoch nicht. Wenn man die Ableitung der Leistung nach β gleich Null setzt, dann erh¨alt man den Fall kleinster abgestrahlter Leistung. F¨ ur diesen ist β= 1 erforderlich.
sin(kh) kh + sin(2kh) 2kh
540
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13 Aufgabe 1 Das Resultat lautet
sin (nπTD /T ) . 2nπ Prinzipiell verhalten sich die Amplituden also ’wie 1/n’. Gl¨ ucklicherweise ist das nicht v¨ ollig richtig; der Z¨ ahler sorgt daf¨ ur, dass mit wachsendem n dann auch Vorzeichenwechsel auftreten, die die Konvergenz beeinflussen. W¨are An wirklich exakt und nicht nur n¨ aherungsweise proportional zu 1/n, dann w¨ urde die Funktionenreihe gar nicht konvergieren. Bekanntlich ist die Reihe An =
∞ 1 na n=1
(a > 0) divergent f¨ ur a ≤ 1 und konvergent nur f¨ ur a > 1. Aufgabe 2 Die Reihenentwicklung des jeweils zur Debatte stehenden Signals sei mit x(t) =
∞
t
An ej2πn T
n=−∞
bezeichnet. F¨ ur die erste Ableitung gilt dann ∞ t dx j2π = nAn ej2πn T . dt T n=−∞
Wenn nun x stetig, die erste Ableitung aber unstetig ist, dann muss nach der prinzipiellen Erkenntnis aus der vorangegangenen Aufgabe nAn ∼ 1/n gelten. Also verh¨ alt sich in diesem Fall An wie 1/n2 . Damit ist aber auch der Hauptunterschied zwischen dem unstetigen Fall der Bilder 13.7 bis 13.9 und dem abknickenden Fall der Bilder 13.4 und 13.5 genannt. Bei der Unstetigkeit konvergiert An wie 1/n, beim Knick wie 1/n2 . Was das (bei einer gewissen ur die Anzahl der zu ber¨ ucksichtigenden ’hohen’ G¨ ute der Nachbildung xM ) f¨ Summanden heißt, das wird an einem ganz einfachen Beispiel klar. Angenommen, es seien die ersten hundert Summanden ber¨ ucksichtigt (N = 100). Bei der Unstetigkeit liegt der letzte Summand n = N dann also in der Gr¨oßenordnung des 0,01-fachen des ersten Summanden. Beim Knick dagegen ist bereits das 0,0001- fache erreicht. Das f¨ uhrt nat¨ urlich dazu, dass die Reihe beim Knick viel fr¨ uher abgebrochen werden kann als beim Sprung. F¨ ur die zweite Ableitung gilt
¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13
541
∞ t dx j2π 2 2 =( ) n An ej2πn T . dt T n=−∞
Ist das Signal nebst erster Ableitung stetig, die zweite Ableitung aber unstetig, dann verh¨ alt sich also An wie 1/n3 . Ist das Signal nebst den ersten m Ableitungen stetig, die (m + 1)-te Ableitung aber unstetig, dann verh¨alt sich An wie 1/nm+2 . Aufgabe 3 F¨ ur die physikalische Dimension der Rechteckfunktion rΔT (t) gilt allgemein Dim[rΔT (t)] =
1 . Dim[t]
Das gilt nat¨ urlich auch f¨ ur die Deltafunktion, die ja den Grenzfall der Rechteckfunktion darstellt: 1 Dim[δ(t)] = . Dim[t] Man beachte also, dass es sich bei der Delta-Funktion nicht um eine dimensionslose, sondern im Gegenteil gerade um eine dimensionsbehaftete Funktion handelt. Aufgabe 4 Der Faltungssatz f¨ ur das Produkt zweier Signale besagt, dass die Transformierte des Produktes der Zeitverl¨ aufe gleich dem Faltungsintegral der beiden Spektren ist: ∞
−jωt
x(t)g(t)e −∞
1 dt = 2π
∞ X(ν)G(ω − ν)dν . −∞
F¨ ur das Integral u ¨ber das Produkt zweier Signale erh¨alt man daraus ∞ −∞
1 x(t)g(t)dt = 2π
∞ X(ν)G(−ν)dν . −∞
Zum Beweis des behaupteten Energiesatzes muss nun das Spektrum von x∗ (t) bestimmt werden (∗ : konjugiert komplex). Dabei sind der Allgemeinheit wegen komplexe Zeitfunktionen zugelassen worden. F¨ ur reellwertige Zeitfunktionen entf¨ allt das Konjugiert-Zeichen ∗ einfach. Wegen x(t) =
1 2π
∞ X(ω)ejωt dω −∞
542
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
ist x∗ (t) =
1 2π
∞
X ∗ (ω)e−jωt dω ,
−∞
oder 1 x (t) = 2π
∞
∗
X ∗ (−ω)ejωt dω
−∞
(wie sich formal mit der Substitution u = −ω auch zeigen ließe). Daraus folgt dann ∞ ∞ 1 ∗ x(t)x (t)dt = X(ν)X ∗ (ν)dν , 2π −∞
−∞
wie behauptet. Aufgabe 5 Ausgangspunkt ist der Faltungssatz f¨ ur das Produkt zweier Spektren: 1 2π
∞
∞ X(ω)H(ω)e
jωt
x(τ )h(t − τ )dτ .
dω =
−∞
−∞
Gesucht wird jetzt die Fourier-R¨ ucktransformierte, die zu X ∗ (ω) geh¨ort. Aus ∞
x(t)e−jωt dt
(C.1)
x∗ (t)ejωt dt ,
(C.2)
x∗ (−t)e−jωt dt
(C.3)
X(ω) = −∞
folgt
∞
∗
X (ω) = −∞
oder
∞
∗
X (ω) = −∞
(wie sich formal mit der Substitution u = −t auch zeigen ließe). Die inverse Transformierte zu X ∗ (ω) ist also x∗ (−t). Daraus folgt 1 2π
∞
∗
∞ jωt
X(ω)X (ω)e −∞
Daf¨ ur l¨ asst sich auch
dω = −∞
x(τ )x∗ (τ − t)dτ .
¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13
1 2π
∞
∞
∗
jωt
X(ω)X (ω)e
dω =
−∞
543
x(τ + t)x∗ (τ )dτ .
−∞
schreiben. Aufgabe 6 Gem¨ aß Aufgabenstellung ist zu zeigen, dass man bei linearen und zeitinvari¨ anten Ubertragern y(t) = L{x(t)} ebensogut mit Fourier-Transformierten wie mit komplexen Amplituden rechnen kann. Obwohl diese Tatsache nat¨ urlich von sehr fundamentaler Bedeutung ist, gestaltet sich ihr formaler Beweis nicht gerade sehr schwierig: Komplexe Amplituden Mit x(t) = Re{xejωt } und y(t) = Re{yejωt } folgt durch einsetzen Re{yejωt } = L{Re{xejωt }} = Re{xL{ejωt }} , oder nat¨ urlich yejωt = xL{ejωt } . Fourier-Transformierte Mit 1 x(t) = 2π und y(t) =
1 2π
∞ X(ω)ejωt dω −∞
∞ Y (ω)ejωt dω −∞
erh¨ alt man ∞
∞ jωt
Y (ω)e −∞
dω = L{ −∞
∞ jωt
X(ω)e
X(ω)L{ejωt }dω
dω} = −∞
oder nat¨ urlich Y (ω)ejωt = X(ω)L{ejωt } .
544
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 7 Wegen der Kausalit¨ at ist h(t < 0) = 0, f¨ ur t > 0 gilt h(t) =
ω02 −ηω0 t/2 e sin ωd t , sωd
wobei die ged¨ ampfte Resonanzfrequenz ωd durch ωd = ω0 1 − η 2 /4 definiert ist. Aufgabe 8 Zun¨ achst gilt allgemein
1 v(t) = 2π
∞ V (ω)e
jωt
−∞
1 dω = 2π
∞ [Re{V (ω)}+jIm{V (ω)}][cos ωt+j sin ωt]dω. −∞
Wegen den im Hinweis zur L¨ osung genannten Symmetrien Re{V (−ω)} = Re{V (ω)} und Im{V (−ω)} = −Im{V (ω)} wird daraus 1 v(t) = π
∞ Re{V (ω)} cos ωt − Im{V (ω)} sin ωtdω . 0
Hieran erkennt man nochmals, dass die aufgef¨ uhrten Symmetrien stets zu einer reellwertigen R¨ ucktransformierten f¨ uhren. Im speziellen Fall gilt nun also ∞ v(t) = F
√ √ cos (αx ω) cos (ωt) + sin (αx ω) sin (ωt) √ dω ω
0
∞ + F
√
e−αx
ω
√
sin (ωt) dω , ω
0
wobei die Abk¨ urzungen
α=
4
m B
¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13
545
und
F0 √ 4πα m B zur Ersparnis von Schreibarbeit eingef¨ uhrt worden sind. Mit Hilfe von cos α cos β+ sin α sin β = cos (α − β) wird √ ∞ cos (αx ω − tω) √ v(t) = F dω ω F =
0
∞ + F
√
e−αx
ω
√
sin (tω) dω . ω
0
√ √ Die Variablensubstitution ω = u mit dω = 2udu und deshalb dω/ ω = 2du liefert v(t) = F (I1 + I2 ) mit
∞ cos (tu2 − αxu)du
I1 = 2 0
und
∞ I2 = 2
e−αxu sin (tu2 )du .
0
F¨ ur das zweite Integral macht man noch von −1 = j 2 = jj Gebrauch: ∞ ∞ jj αxu 2 I2 = 2 e sin (tu )du = 2 [cos (jαxu) + j sin (jαxu)] sin (tu2 )du 0
0
∞ sin (tu2 − jαxu) + sin (tu2 + jαxu)du
= 0
∞ cos (tu2 − jαxu) − cos (tu2 + jαxu)du ,
+ j 0
wie man unter Verwendung der entsprechenden Additionstheoreme leicht zeigt. Die jeweils letztgenannten Integrale in den Gleichungen f¨ ur I1 und I2 sind tabelliert (siehe z.B. Gradshteyn, I.S.; Ryzhik, M. : Table of Integrals, Series and Products, Academic Press, New York und London 1965, S. 397, Nr. 3.693.1 und Nr. 3.693.2). Die gesuchte Impulsantwort v(t) lautet damit m x2 F0 v(t) = √ − π/4) . cos ( B 4t 2 πt m3 B Eine Darstellung dieses Ergebnisses als Orts- und Zeitverlauf ist in Bild 4.8 gezeigt.
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
546
Aufgabe 9 Es gilt
∞ F (ω) = f0
2
e−γt e−jωt dt =
−∞
∞ = 2f0
2
e−γt cos ωtdt
0
aus Symmetriegr¨ unden. Das Integral ist tabelliert (siehe z.B. Gradshteyn, I.S.; Ryzhik, M. : Table of Integrals, Series and Products, Academic Press, New York und London 1965, S. 480, Nr. 3.987.1). Man erh¨alt π −ω2 /4γ e F (ω) = f0 γ Bemerkenswert daran ist, •
dass die Transformierte der Gauss-Funktion selbst eine Gauss-Funktion ist, die Signalform bleibt (im Prinzip) von der Fourier-Transformation unber¨ uhrt, und • dass breite, glatte Zeitverl¨ aufe (kleine γ) schmalbandig sind, w¨ahrend sich rasch ¨ andernde Zeitsignale (große γ) breitbandige Transformierte aufweisen. In der nachfolgenden Grafik wird f (t) wiedergegeben. F (ω) hat wie gesagt die gleich Gestalt, wobei die Bandbreite mit abnehmendem T0 (=1/γ) w¨achst. 1.5
Gaussfunktion e−γ t
2
T0 = 1s; 0,9s; 0,8s; ... ;0,1s 1
0.5
0 −1
0
1
t/s 2
Bild C.19. Gaussfunktion e−γt mit γ = 1/T02
¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13
547
Aufgabe 10 Zun¨ achst wird die Fourier-Transformierte der Strahlerschnelle berechnet: ∞ Vy (k) = v0 e−|x|/x0 e−jkx dx . −∞
Da die Sinusfunktion eine ungeradsymmetrische Funktion bildet, bleibt davon nur ∞ Vy (k) = 2v0 e−x/x0 coskx dx 0
u ¨brig. Wenn man nicht in einer Integraltafel nachschlagen will kann man das in ∞ Vy (k) = 2v0 Re{ e−x/x0 ejkx dx} 0
u uhren; man erh¨ alt so ¨berf¨ Vy (k) = 2v0 x0 Re{
2v0 x0 1 1 + jkx0 }= } = 2v0 x0 Re{ . 1 − jkx0 (1 − jkx0 )(1 + jkx0 ) 1 + (kx0 )2
Daraus gewinnt man nach Gl.(13.81) den Schalldruck im Fernfeld: pfern =
2v0 x0 jω b −jk0 R jω b −jk0 R e e Vy (k = −k0 sin ϑ) = ;. 4πR 4πR 1 + (k0 x0 sinϑ)2
Einige Richtcharakteristika f¨ ur kleine und große Strahler gibt das folgende Bild.
90°
x0/λ0 = 1/8; 1/4; 1/2; 1; 2
0 dB
−10
45°
−20 −30 −40 −50
0°
−40 −30 −20 −10
−45°
0 −90°
Bild C.20. Richtcharakteristik des Nahfeld-Schwingers
548
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
Aufgabe 11 F¨ ur ε = 1 gilt 2nπx , l dieser Verlauf hat stets Maxima (’B¨ auche’) in x = 0 und x = l. F¨ ur ε = −1 gilt 2nπx v = jv0 sin , l dieser Verlauf hat stets Nullstellen (’Knoten’) in x = 0 und x = l. Die Fouriertransformierte lautet v = v0 cos
V (k) =
kl(1 + ε) + 2nπ(1 − ε) jv0 l −jkl (e − 1) 2 (kl)2 − (2nπ)2
Dieses Wellenzahlenspektrum wird f¨ ur kleine k (|kl| << 2nπ) im Fall ε = −1 dem Betrage nach sehr kleiner als im Fall ε = −1: f¨ ur kleine k ist |V (k)ε=−1 | << |V (k)ε=1 | , deswegen ist die tieffrequente Leistungsabgabe f¨ ur ε = −1 sehr viel geringer. Aufgabe 12 ∞ F1 (ω) =
−jωt
f1 (t)e −∞
∞ dt =
g(t)e−j(ω−ω0 )t dt = G(ω − ω0 ) ,
−∞
wobei G(ω) die Transformierte der Einh¨ ullenden g(t) alleine ist. Die Transformierte des Produktes ist also gleich der um ω0 verschobenen Transformierten der Einh¨ ullenden. F¨ ur F2 (ω) gilt wegen cosx = (ejx + e−jx )/2 F2 (ω) =
1 [G(ω − ω0 ) + G(ω + ω0 )] . 2
Aufgabe 13 Wie aus der vorangegangenen Aufgabe folgt betr¨agt die Fouriertransformierte des in x = 0 vorgefundenen Signals V (0, ω) =
1 [G(ω − ω0 ) + G(ω + ω0 )] , 2
wobei G(ω) die Fouriertransformierte der Einh¨ ullenden g(t) bildet. Die Komponente mit der Frequenz ω l¨ auft mit der Wellenzahl k(ω) den Wellenleiter entlang, deshalb gilt f¨ ur die Fouriertransformierte an einem beliebigen Ort
¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13
549
V (x, ω) = V (0, ω)e−jk(ω)x . Das Signal v(x, t) der Schwingung ergibt sich durch R¨ ucktransformation zu 1 v(x, t) = 2π
∞ jωt
V (x, ω)e −∞
1 dω = 4π
∞
[G(ω−ω0 )+G(ω+ω0 )]e−jk(ω)x ejωt dω.
−∞
Wenn wie vorausgesetzt G(ω) eine schmalbandige Funktion bildet, dann liefern nur die Frequenzbereiche ω ≈ ω0 und ω ≈ −ω0 einen Beitrag zum Integral. ω ≈ ω0 : In dem kleinen, nur z¨ ahlenden Frequenzband um ω0 herum kann man k(ω) durch die ersten beiden Glieder der Taylorreihe ersetzen: k(ω) ≈ k(ω0 ) + (ω − ω0 )
dk |ω=ω0 . dω
Mit den Abk¨ urzungen k0 = k(ω0 ) und k0 = wird also
dk |ω=ω0 dω
k(ω) ≈ k0 + ωk0 − ω0 k0 .
Der Beitrag dieses Integrationsbereiches zum Integral v+ (x, t) betr¨agt damit 1 v+ (x, t) = 4π
=
∞
G(ω − ω0 )e−jk0 x e−jωk0 x ejω0 k0 x ejωt dω
−∞
1 −jk0 x jω0 k0 x 1 e e 2 2π
∞
G(ω − ω0 )ejω(t−k0 x) dω . −∞
Darin ist ja nach Aufgabe 12 ∞ 1 G(ω − ω0 )ejωt dω = g(t)ejω0 t , 2π −∞
und deshalb gilt ∞ 1 G(ω − ω0 )ejω(t−k0 x) dω = g(t − k0 x)ejω0 (t−k0 x) . 2π −∞
Demnach ist v+ (x, t) ≈
1 −jk0 x jω0 k0 x 1 e e g(t − k0 x)ejω0 (t−k0 x) = ej(ω0 t−k0 x) g(t − k0 x) . 2 2
550
¨ C L¨ osungen der Ubungsaufgaben
ω ≈ −ω0 : Auf gleiche Weise zeigt man v− (x, t) ≈
1 −j(ω0 t−k0 x) e g(t − k0 x) . 2
Gesamtfeld: F¨ ur v(x, t) = v+ + v− folgt daraus v(x, t) ≈ cos(ω0 t − k0 x) g(t − k0 x) = cos(ω0 (t −
k0 x)) g(t − k0 x) . ω0
Dieses Ergebnis besitzt die folgende Deutung: • Das Tr¨ agersignal cos(ω0 t) breitet sich mit der Geschwindigkeit c0 = ω0 /k0 aus, sie ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit eines (beliebig schmalbandigen) reinen Tones. Die Geschwindigkeit c0 wird PHASENGESCHWINDIGKEIT genannt. • Die Einh¨ ullende g(t) dagegen l¨ auft mit der Wellengeschwindigkeit cg = ur die demnach 1/k0 , f¨ cg =
1
| dk ω=ω0 dω
gilt. Die Geschwindigkeit cg heißt GRUPPENGESCHWINDIGKEIT. Weil Tr¨ agersignal und Einh¨ ullende unterschiedlich schnell laufen, verformt sich das Gesamtsignal w¨ ahrend des Wellentransportes. Bei der Ausbreitung verschieben sich Tr¨ agersignal und Einh¨ ullende gegeneinander. F¨ ur Biegewellen ist √ k=β ω (β ist eine Konstante). F¨ ur die Phasengeschwindigkeit gilt √ ω ω , c0 = = k β die Gruppengeschwindigkeit ist cg =
1 dk dω
√ 2 ω . = β
F¨ ur Biegewellen ist die Gruppengeschwindigkeit also gerade doppelt so groß wie die Phasengeschwindigkeit. Zur Verdeutlichung der genannten Sachverhalte ist in Bild C.21 ein Beispiel f¨ ur die Wellenausbreitung auf einem dispersiven Wellenleiter wiedergegeben. Dargestellt sind die beiden an zwei unterschiedlichen Orten x = x0 und x = aufe einer interessierenden Feldgr¨oße, z.B. der x0 + Δx vorgefundenen Zeitverl¨ Schnelle auf einem (reflexionsfreien) Biegewellenleiter. Der Deutlichkeit halber sind die Einh¨ ullenden mit eingezeichnet. Die Tr¨agerfrequenz breitet sich nicht mit der selben Geschwindigkeit wie die Einh¨ ullende aus.
¨ C.13 Ubungsaufgaben aus Kapitel 13
x =x + Δ x
x =x
0
v(t)
0
t Bild C.21. Zwei Zeitsignale auf einem dispersiven Wellenleiter
551
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Index
¨ Uberschallgeschwindigkeit, 64 ¨ Ubertrager, 431 ¨ Ubertragungsfunktion, 452, 453 ortliche Impulsantwort, 468 ¨ A-bewerteter Pegel, 11 A-bewerteter Schalldruckpegel, 10 A-Bewertung, 11 A-Filter, 12 Abbildung, 448 Abschirmwand, 341 Absorber, 199 Absorberwellenzahl, 202 absorbierende Schallschutzwand, 356 absorbierende Schicht, 313 Absorption, 415 Absorptionsd¨ ampfer, 285 Absorptionsfl¨ ache, 243 Absorptionsfl¨ ache, ¨ aquivalente, 243 Absorptionsgrad, 192 Absorptionsmaterial, 285 Abstandsgesetz, 76 Abstimmfrequenz, 218 Abstrahlung, 460 Abstrahlung von Biegewellen, 462 Abstrahlung von Ebenen, 460 Achter-Charakteristik, 90 adiabatisch, 22 adiabatische Zustandsgleichung, 24, 25 aerodynamische Kraft, 422 aktive Ger¨ auschkompensation, 408 aktive L¨ armbek¨ ampfung, 81, 91, 407, 412
aktive Pegelminderung, 412 aktive Stabilisierung, 420 aktives Feld, 42 Akustische Antenne, 387 akustische Holographie, 465 akustische Kommunikation, 34 allgemeine Gaskonstante, 21 Amplitudendichte, 460 Amplitudendichtefunktion, 452, 459 Amplitudenfehler, 413 Anfachvorgang, 421 angeblasener Helmholtz-Resonator, 424 angeblasener Resonator, 412 Anhall, 240 Anpassung, 204 Anpassungsgesetz, 197 Anschluss, gleichphasiger, 41 Anstr¨ omung, 420 Antischall, 407 apollonische Kreise, 198 atmende Kugel, 78 atmosph¨ arischer Gleichdruck, 7 Ausbreitung von Biegewellen, 134 Ausbreitungsgeschwindigkeit, 29 Ausgangssignal, 431 Auspufftopf, 299 Bandbreite, 9 Bandgrenzen, 112 Bandpasscharakter, 384 Bergersches Massegesetz, 262 Bernoulli-Prinzip, 420 Beschallungstechnik, 82
554
Index
Besselfunktion, 187, 377 Betriebsfrequenz, 160 Beugung, 331 Beugungseffekt, 247 Beugungswelle, 342 Beugungswinkel, 332, 348 bewegtes Medium, 60 bewertetes Schalld¨ ammmaß, 257 Bezugsgr¨ oße, 7 Bezugsgr¨ oßen, 49 Bezugskurve, 257, 277 Bezugsleistung, 76 Bezugsschalldruck, 476 Biegelehre, 130 Biegemoment, 130, 132 Biegeschwingungen, 143 Biegesteife, 129, 131, 143 biegeweich, 262, 269 biegeweiche Vorsatzschale, 270, 281 Biegewelle, 129 Biegewellen, 19, 462 Biegewellen-Ausbreitung, 134 Biegewellengleichung, 130, 133, 144, 259 Biegewellengleichung f¨ ur Platten, 143 Biegewellenl¨ ange, 134, 145, 261 Biegewellenzahl, 263 Biegewinkel, 130 Blindintensit¨ at, 48 Blindleistung, 48 Box, 81, 384 Boyle-Mariotte-Gleichung, 20, 24 Br¨ ucke, 420 Breitbandlautsprecher, 386 Cello, 420 cut-on-Effekt, 185, 187, 189
Delta-Operator, 43 Deltakamm, 438 Dezibel, 7 Dickenresonanz, 314 Differentialquotient, 29 Differenzenquotient, 29 diffus, 233 diffuses Schallfeld, 236 Diffusfeldpegel, 244 Diffusor, 37 Dilatation, 30 Dimensionierung, 161 DIN 4109, 257 DIN EN ISO 140, 257, 278 DIN EN ISO 717, 257, 278 Dipol, 81, 91 Dirac-Funktion, 436 Direktfeld, 245 Direktweg, 349 Dispersion, 19 dispersiv, 19, 204 div, 43 Divergenz, 43 Doppelfenster, 274, 410 Doppler-Verschiebung, 62, 63 Dopplereffekt, 60 dreidimensionales Schallfeld, 42 Druck-Bauch, 183 Druckausgleich, 375 Druckknoten, 57 Druckkoeffizient, 185 Druckreflexionsfaktor, 189 Druckstau, 247, 376 Druckverdopplung, 113 Dynamikbereich, 372 dynamische Masse, 175
D¨ ammmaß, 255 D¨ ampfertyp, 286 D¨ ampfung, 204, 306 D¨ ampfungseinfluss, 158 dauerpolarisiert, 370 Dauerschallpegel, 14 dB, 7 dB(A), 12 Dehnung, 30 Dehnwelle, 129 dekadischer Logarithmus, 6, 475 Delta-Funktion, 436
Eigenfrequenzdichte, 234 Eigenfunktion, 183, 186 Eigenrauschen, 372 Eigenschwingung, 385 Eigenwert, 183 Eigenwertgleichung, 323 eindimensionales Schallfeld, 27 Einf¨ ugungsd¨ ammmaß, 156, 157, 165, 273, 286, 341 einfacher Querschnittssprung, 286 Einfachwand, 260, 267 Eingangsimpedanz, 290
Index Eingangssignal, 431 eingefrorene Ladung, 369 eingespannt, 136 einschalige Bauteile, 258 Eisenbahnrad, 113 Eisenbahnzug, 155 elastische Isolation, 153 elastische Lagerung, 155, 161 Elastizit¨ atsmodul, 30, 132, 163 Elektret-Mikrophon, 365 elektroakustische Wandler, 365, 407 elektrodynamischer Lautsprecher, 383, 385 elektrodynamisches Mikrophon, 365, 379 elektromagnetisches Mikrophon, 365 elektronisches Schwenken, 104 Elementarstrahler, 113 Empfangsraum, 172 Empfindung, 5 Empfindungs¨ anderung, 4 Endrohr, 285 Energie, 44 energie-¨ aquivalenter Dauerschallpegel, 14 Energiedichte, 45, 47 Energieerhaltung, 57 Energiereservoir, 421 Energiesatz, 544 Energiesenke, 417 Entkoppeln, 153 Erhaltungsprinzip, 291 ¨ Ermittlung Ubertragungspfad, 171 Ersatzquelle, 231 Ersatzschalldruck, 404, 538 Ersatzschalldruckpegel, 404, 538 Ersch¨ utterung, 153 Estrich, 153 F¨ ugestellen, 145 Fagott, 420 Fahrzeug-Leichtbau, 410 Faltung, 437 Faltungsintegral, 437, 453 Faltungssatz, 452, 453, 467 Fassadenverkleidung, 276 Feder, 27 Feder-Nennlast, 161 Federelemente, 154, 155
555
Federn, 154 Federungscharakter, 167, 170 Fernfeld, 89, 95, 100, 109, 111, 115, 117, 122, 461, 468, 497 Fernfeldbedingung, 109, 111, 114, 115, 385, 497 Fernfeldn¨ aherung, 109, 111, 113, 468 FFT, 8 Filter konstanter relativer Breite, 9 Fl¨ achenmasse, 145 Fl¨ achentr¨ agheitsmoment, 132 Fl¨ ote, 420 Flachraum, 271 Flanken¨ ubertragung, 254, 281 Flaschenton, 412 Flatterecho, 233 Flatterschwingungen, 412 Flimmerfrequenz, 2 Flimmergrenze, 2 Flugzeugbau, 410 Folienabsorber, 223 fortschreitende Welle, 45, 55, 56, 190 Fortschreitende Wellen, 33 Foto-Analogie, 449 Fourier, 439 Fourier-Akustik, 458 Fourier-Reihe, 440, 448 Fourier-Transformation, 449, 451 Fourier-Transformierte, 451 Fourier-Zerlegung, 439 Fourierpaar, 454 Fouriersumme, 441 Fouriertransformation, inverse, 451 Fouriertransformierte, 453 frei, 136 Frequenzbereich, 372 Frequenzbereichsverfahren, 51 Frequenzgang, 370, 379, 383 Frequenzvariable, 450 Fresnel-Integral, 340, 346, 363 Fundament, 153, 164 Fundament-Impedanz, 164, 165 Fundamentkraft, 157 Fundamentnachgiebigkeit, 163 Funktionenreihe, 440, 443 Gasbeton, 269 Gasf¨ ullung, 274 Gegenelektrode, 368
556
Index
gegenphasig, 297 Gehbelag, 278 Geige, 420 geometrische Reihe, 487 Ger¨ auschkompensation, 408 geradsymmetrisch, 454 Gesamtpegel, 487 Gesamtsteife, 373 geschwindigkeitsproportionalen, 156 Gibb, 448 Gibbsches Ph¨ anomen, 448 gleichphasiger Anschluss, 41 Gleichspannungsquelle, 369 grad, 43 Gradient, 43 Grenzfrequenz, 146, 184, 261, 262 Grenzzyklus, 422 Grundgleichungen im por¨ osen Medium, 200 Grundmode, 289, 310–312 Gruppengeschwindigkeit, 553 H¨ orbereich, 1 H¨ orfl¨ ache, 10 H¨ orschwelle, 7 Halbwertsbreite, 173, 219 Halligkeit, 181 Hallradius, 245 Haupt¨ ubertragungsweg, 255 Hauptabstrahlwinkel, 107 Hauptkeule, 96, 99 Heizungsrohre, 281 Helmholtz-Resonator, 420 Helmholtzgleichung, 459 Hilbert-Transformation, 456, 458 Holographie, 465 Holographie, akustische, 465 Hookesches Gesetz, 30, 132, 156 hybrid, 426 imagin¨ are Wellenzahl, 185 Impedanz, 164 Impedanztyp, 313 Impulsantwort, 456 Impulsantwort, 434, 437, 453, 456 Induktionsspannung, 379 induzierte Spannung, 366 Infraschall, 1 inkoh¨ arent, 477
innere Schnelle, 201 instabil, 424 Integraltransformation, 451 Intensit¨ at, 46 Intensit¨ ats-Messtechnik, 50 Intensit¨ ats-Messverfahren, 50 Intensit¨ atsmesstechnik, 383 Intensit¨ atsmessung, 46 Intensit¨ atspegel, 491 Invarianz-Prinzip, 439 inverse Fouriertransformation, 451 inverse Transformation, 448 isobar, 22, 23 isochor, 22, 23 isotherm, 22 K¨ operschall¨ ubertragung, 516 K¨ orperschall, 127 K¨ orperschallbr¨ ucke, 273, 281 K¨ orperschallpfad, 172 Kammer-Kombination, 299 Kammerschalld¨ ampfer, 294 Kammfilter, 314 Kanalast, 289 Kanald¨ ampfung, 314 Kanalerweiterung, 288 Kanalverengung, 288 Kanalverzweigung, 289 Kantenweg, 349 Kapillare, 375 kausal, 456 Kausalit¨ atsprinzip, 456 Kennfrequenz, 370 Kennwiderstand, 34 Kettenleiter, 27, 32 Kfz-Abgasanlage, 286 Kinderschaukel, 421 kinetische Energie, 44 Klangfarbe, 1 Klarinette, 420 Klima-Anlage, 285 Klirrfaktor, 433 Knickfrequenz, 203, 370, 371, 380, 381, 384 Knoten, 57 Kohlendioxyd, 491 Koinzidenz, 146 Koinzidenzeinbruch, 269 Koinzidenzgrenzfrequenz, 146, 261, 463
Index Kolbenmembran, 96, 99, 115 Kolbenmembran, kreisf¨ ormige, 115 komplexe Amplitude, 37 komplexe Biegesteife, 262 komplexer Zeiger, 38 Kompressions-Vorg¨ ange, 201 Kompressionsgesetz, 32 Kondensator, 368 Kondensatorladung, 370 Kondensatormikrophon, 365, 368, 371 konjugiert komplex, 52 konservatives Feld, 44 Kontinuum, 31 Kontrabass, 420 Konvergenzeigenschaft, 471 Kopfh¨ orer, 408 Kr¨ ummungskreis, 131 Kreismembran, 376 Kreisrohr, 288 Kreuzarray, 397 Kreuzung, 292 kritische Frequenz, 146, 262 kritischer Einfallswinkel, 262 Kugelkoordinaten, 78 Kugelstrahler, 79 Kugelwellen, 76 Kulissend¨ ampfer, 305 Kundtsches Rohr, 181 Kurzschluss, 463 kurzwelliger Strahleranteil, 461 l¨ angenspezifischer Str¨ omungswiderstand, 199 L¨ armminderung, 407 L¨ armschutzwand, 331 L¨ uftungskanal, 286 Lagerungssteife, 373 langwelliger Strahleranteil, 461 Laufzeitverz¨ ogerung, 418 Lautsprecherpaar, 418 Lautsprecherzeile, 94, 96, 122 Leistung, 44 Leistungsmessung, 46 Leistungsmessung im Hallraum, 244 Leistungspegel, 122, 491, 498 Leitung, 420 Lichtbereich, 342, 346 linear, 432 Linearit¨ at, 432
557
Linienarray, 389 Linienquelle, 77, 123, 498 linksseitiger Grenzwert, 446 Lochplatte, 221 lokal reagierend, 224 Longitudinal-Wellen-Geschwindigkeit, 145 Luftfeuchtigkeit, 244 Luftpolstersteife, 218 Lufts¨ aule, 27 Luftschall¨ ubertragung, 516 Luftschalld¨ ammung, 147, 255 Luftschallwelle, 37 Luftschallwellenl¨ ange, 261 Luftspalt, 379 Luftsteife, 373 M¨ undungskorrektur, 222, 299 M¨ unzenwerfen, 478 Machzahl, 63, 492 magnetische Induktion, 379 Masse, 27 Masse-Feder-Masse-Resonanz, 410 Masse-Fundament-Resonanzfrequenz, 168 Massecharakter, 167 Massegesetz, 262 Masseimpedanz, 312 Massenbelag, 217 Massenerhaltungssatz, 310 Massenkurzschluss, 81, 95, 113, 384 Masseverhalten, 308 Membranauslenkung, 370 Membranfl¨ ache, 370, 372, 373 Membranmasse, 373 Membranschnelle, 185, 380, 383 Messfehler, 55, 57 Messung der Luftschalld¨ ammung, 255 Messung des Absorptionsgrades, 246 Mikrophon, 25 Mikrophon-Zeile, 388 Mineralwolle, 199 Mittenfrequenz, 9 modale D¨ ampfung, 306 modale Wellenzahl, 305, 307 modale Zusammensetzung, 186 Mode, 137, 183 Modenfilter, 189 molare Masse, 21
558
Index
monochromatisch, 463 Monopolquelle, 78 Motordrehklang, 408 Nachbildefehler, 411, 412 Nachbildegenauigkeit, 425 Nachhall, 231, 238 Nachhall-Begrenzung, 244 Nachhall-Formel, 243 Nachhallzeit, 57, 239 Nahfeld, 184, 308, 460 NAWI, 385 Nebenkeule, 96, 99 Nebenweg, 253 negativer Reibkoeffizient, 424 Nennlast, 163 Nettovolumenfluss, 464 neutrale Faser, 130 Newton, 31, 132, 156 Newtonsches Tr¨ agheitsgesetz, 31 nichtlinear, 432 Nichtlinearit¨ at, 66, 422 Norm-Trittschallpegel, 277 Normalspannung, 127, 130 offene Fensterfl¨ ache, 243 offenzelliger Schaum, 199 Ohrempfindlichkeit, 10 Oktav, 8 Oktavfilter, 9 Oktavpegel, 10, 487, 488 Optimald¨ ampfung, 328 Optimalimpedanz, 325, 327 Ortskurve, 206 Pegelabfall, 203 Pegeladdition, 8, 477, 478 Pegelschreiber, 239 Periodensystem, 21 Ph¨ anomen, Gibbsches, 448 Phasenfehler, 56, 57, 413 Phasengang, 383 Phasengeschwindigkeit, 553 Phasenschieber, 426 Piening-Formel, 322 Pieningsche Formel, 322 piezokeramische Schicht, 370 PKW-Innenger¨ ausch, 408 Platte, 129
Platten, 143 Platten-Resonanzdichte, 150 Platten-Resonanzgitter, 148 Plattenkondensator, 368 Plattenmode, 147 Plattenresonanz, 147 Plattenwellen, 144 por¨ ose Schicht, 208 por¨ oser Vorhang, 213 Poren, 269 Porosit¨ at, 201 potentielle Energie, 45, 238 Pr¨ ufschall, 256 prim¨ ar, 407 prim¨ are Quelle, 407 Propeller-Drehklang, 408 Punktquellen, 75 Quadrierer, 432 quasi-homogener Absorber, 199 Quellenzerlegung, 468 Quellpunkt-Aufpunkt-Abstand, 467 Querkontraktion, 143 Querkontraktionszahl, 143 Querkopplung, 223 Quermoden, 307 Querschnitts¨ anderung, 286 Querschnittssprung, 286 Querschnittsverh¨ altnis, 288 R¨ uckabbildung, 448 R¨ uckkopplung, 425 R¨ ucktransformation, 451 Randbedingung, 136 Randd¨ ammstreifen, 281 Raumakustik, 255 Rauschen,weißes, 478 Rayl, 199 Rayl/cm, 199 Rayleigh, 113 Rayleigh-Integral, 113, 115, 467 Rayleigh-Modell, 201 reaktives Feld, 42 Rechteckfenster, 175 Rechteckfunktion, 434 Rechteckkanal, 186 Rechteckraum, 231 rechtsseitiger Grenzwert, 446 reelle Wellenzahl, 184
Index Reflektor, 37 Reflexion, 415 reflexionsarmer Raum, 49 Reflexionsbereich, 345 Reflexionsd¨ ampfer, 285 Reflexionsfaktor, 189 Reibd¨ ampfer, 155 Reibkoeffizient, 156 Reibkonstante, 423 Reibkraft, 156 Reiz, 5 relative Luftfeuchtigkeit, 244 relative Schalldichte, 25 relative Schalltemperatur, 25 relativer Schalldruck, 25 Relaxationsd¨ ampfung, 160 Resonanz, 38, 41, 136, 368 Resonanzabsorber, 216 Resonanzdichte von Platten, 150 Resonanzeinbruch, 168 Resonanzfrequenz, 41, 157, 159, 163, 308, 368, 372, 381 Resonanzgitter von Biegeschwingungen, 148 Resonanzgitter von Platten, 148 Resonanzph¨ anomen, 38 Resonator, 317 reversibler Wandler, 417 Richtcharakteristik, 89, 95, 96, 376, 385 Richtungsempfindlichkeit, 375 Ringarray, 400 RMS, 7 Rohr, 182 Rohr-Eigenfunktion, 186 Rohrleitung, 285 root mean square, 7 rot, 44 Rotation, 44 Ruhekapazit¨ at, 369 Sabinesche Nachhall-Formel, 243 Sackgasse, 290 Saxophon, 420 Schall¨ ubertragung, 182 Schallabsorber, 37 Schallabsorption, 181 Schallabstrahlung, 75, 112 Schallabstrahlung von Ebenen, 112 Schallausbreitung, 75
559
Schallausbreitungsgeschwindigkeit, 26, 33 Schalld¨ ammmaß, 255 Schalld¨ ammung, 253 Schalld¨ ampfer, 285 Schalldichte, 24 Schalldruck, 1, 24 Schalldruck-Frequenzgang, 384 Schalldruckpegel, 7, 491 Schallempf¨ anger, 366 Schallenergie-Umwandlung, 285 Schallentstehung, 424 Schallgeschwindigkeit, 26, 203 schallharte Reflexion, 289 schallharte Schneide, 332 Schallintensit¨ at, 491 Schalll¨ angsleitung, 285 Schallleistung, 491 Schallleistungs-Fl¨ achendichte, 46 Schallleistungsmessung, 49 Schallleistungspegel, 496 Schallpegel, 8 Schallschirm, 331 Schallschlucker, 417 Schallschluckung, 417 Schallschnelle, 32 Schallschutz im Hochbau, 257 Schallschutzwall, 354 Schallschutzwand, 331 Schalltemperatur, 24 Schallumweg, 349 Schallwand, 81, 113, 384 schallweich, 286, 307 schallweiche Reflexion, 289 Schattenbereich, 342 Schattengebiet, 347 Schattengrenze, 346 Schlucker, 425 Schnelle, 29, 491 Schornstein, 420 schr¨ ager Schalleinfall, 223 Schubspannung, 127, 130 Schutzgitter, 375 Schwellreiz, 5 schwimmender Estrich, 154, 280 Schwingungsbauch, 464 Schwingungsform, 137 Schwingungsgleichung, 156, 423 Schwingungsknoten, 464
560
Index
Schwingungsmoden, 427 sekund¨ ar, 407 sekund¨ are Nachbildung, 412 sekund¨ are Quelle, 407 selbsterregt, 420 selbsterregte Anfachschwingung, 421 selbsterregte Schwingung, 412, 420 Selbsterregung, 412 Senderaum, 172 Sinneswahrnehmung, 6 Spaltfunktion, 96, 99, 107 spezifische W¨ arme, 491 Spiegelquelle, 113, 231 Spiralwelle, 498 Spuranpassung, 262 Spuranpassungsgrenzfrequenz, 262 Spurwellenl¨ ange, 262 Stab, 129 Stab-Schwingungsmoden, 139–141, 143 Stabilit¨ at, 424 Stabilit¨ atsgrenze, 427 Stabilit¨ atskarte, 426 Stabresonanzen, 136 starres Fundament, 155 station¨ are Quelle, 46 statische Einsenkung, 163 stehende Welle, 32, 38, 56, 190 Steife des Luftpolsters, 373 Steifeimpedanz, 311 Steifeverhalten, 308 Steinstruktur, 269 stetig, 445 Stickstoff, 492 Str¨ omungslinien, 420 Str¨ omungswiderstand, 199, 311, 522 Strahl-Bildung, 308 Strahler nullter Ordnung, 78 Strahlerwellenl¨ ange, 105, 107 Strahlungsverluste, 145 streifender Einfall, 261 Stromlinien, 420 Strukturfaktor, 201 Symmetrien, 454 Systemtheorie, 431 Tauchspulenmikrophon, 379 Teilchenauslenkung, 491 Teilchenbewegung, 65, 123 Teilchengeschwindigkeit, 36
Telefonkapsel, 365 Terz, 8 Terzfilter, 9 Terzpegel, 10, 487, 488 Thermodynamik, 20 Tiefenabsorber, 216 Tonbandger¨ at, 433 Tonh¨ ohenempfindung, 4 Topfmagnet, 379 Torsionswelle, 129 Totaldurchgang, 262 Totalreflexion, 57, 191 Tr¨ agheitsgesetz, 27, 31 Tr¨ agheitsgesetz der Akustik, 34 Transformation, 448 Transmissionsfaktor, 295 Transmissionsgrad, 192, 255, 287, 295 transversal, 129, 150 transzendente Gleichung, 318 Trennwand, 255 Treppenfunktion, 435 Trittschall, 276 Trittschall-Hammerwerk, 277 Trittschalld¨ ammung, 154, 276 Trittschallpegel, 276, 277 Trittschallschutz, 278 Trittschallverbesserung, 278 Ultraschall, 375 umstr¨ omte Tragfl¨ ache, 420 Umweg, 348 Umweggesetz, 349 unbewerteter Gesamtpegel, 12 unendlich dicke por¨ ose Schicht, 205 ungeradsymmetrisch, 454, 455 ungerichtete Schallabstrahlung, 75 Unstetigkeit, 446 untergeh¨ angte Decke, 281 Unterschiedsschwelle, 7 Unterschottermatte, 153, 163 Unterschreitungen, 257 unterst¨ utzt, 136 vektorielle Differentialoperatoren, 43 vektorielle Intensit¨ ats-Komponente, 50 Ventilatorbrummen, 286 Vergr¨ oßerung, 157 Verlust-Raumkonstante, 238 Verlustfaktor, 145, 158, 173, 368
Index Verlustgrad, 192 Verlustzahl, 239 Verst¨ andlichkeit, 181 Verz¨ ogerungsleitung, 104, 418 Verzweigung, 289, 292 viskose Reibung, 199 Volumenfluss, 79, 115, 121 Volumenquelle, 78, 112, 384 Volumenstrom, 121 Vorspannung, 369 W¨ armeleitung, 22 W¨ armetransport, 22 Wahrnehmung, 1 Wandaufbau, 204 Wandergeschwindigkeit, 29 Wandimpedanz, 196, 204 Wandimpedanzebene, 197 Wandler, 365 Wandungsd¨ ampfer, 285 Wandungsimpedanz, 309, 310, 313 Wandungsschalld¨ ampfer, 304 Wandverlustfaktor, 263 Wasser, 493 Wasserstoff, 491 Wasserwellen, 424 Weber-Fechner-Gesetz, 6 Wechselstrom-Generator, 379 weißes Rauschen, 13, 478 weichfedernde Zwischenelemente, 153 Welle, 33 Wellenart, 129 Wellenaufsteilung, 66 Wellenausbreitung, 19, 32 Wellengeschwindigkeit, 29
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Wellengleichung, 32, 43, 143 Wellenl¨ ange, 36 Wellenl¨ angen-Zerlegung, 458 Wellenleiter, 104 Wellensumme, 467 Wellenwiderstand, 34 Wellenzahl, 36, 182 Wellenzahlspektrum, 458 Wellenzahlvariable, 459 Wellenzerlegung, 468 Welligkeit, 191 Widerstandskraft, 422 Windungspunkt, 327 Winkelschnelle, 133 Wirbelfreiheit, 44 Wirkintensit¨ at, 48, 52 Wirkleistung, 48 wirksame Fl¨ achenmasse, 222 Wirkungsgrad, 122, 386 Zeiger, 38 Zeitbereichsverfahren, 51 zeitinvariant, 60, 433 Zeitkonvention, 38 zeitlicher Mittelwert der Leistung, 47 zeitvariant, 61 Zeitverz¨ ogerung, 19 Zerlegung, 455 Zerlegung in Wellenl¨ angen, 467 Zick-Zack-Kurs, 182 Zustands¨ anderung, 22 zweidimensionales Rohrmodell, 182 zweifache Fouriertransformierte, 466 zweischalige Bauteile, 270 zylindrisches Rohr, 187